Stenographisches Protokoll

142. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 29., und Donnerstag, 30. März 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

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142. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 29., und Donnerstag, 30. März 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 29. März 2006: 9.01 – 24.00 Uhr

Donnerstag,  30. März 2006: 0.00 –   0.21 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, die Exekutionsordnung und das Sicherheitspolizeigesetz zur Verbesserung des straf­rechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingriffen in die Privatsphäre geändert werden (Anti-Stalking-Gesetz),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geän­dert werden

2. Punkt: Zweites Protokoll aufgrund von Art. K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Euro­päischen Gemeinschaften samt Erklärungen

3. Punkt: Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemein­schaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossen­schaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Hand­lungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen, samt Schlussakte und Verein­barter Niederschrift

4. Punkt: Protokoll zu dem am 23. Februar 1995 unterzeichneten Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Rechtshilfe

5. Punkt: Protokoll zu dem am 8. Jänner 1998 unterzeichneten Auslieferungsvertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unter­zeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung


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6. Punkt: Bundesgesetz über Patientenverfügungen (Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006)

8. Punkt: Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxem­burg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Ter­rorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration samt Erklärungen der Republik Österreich und Gemeinsamer Erklärung

9. Punkt: Bericht über den Antrag 798/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria

10. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology – Austria samt Anhang

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlassen und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, sowie Bericht über den

Antrag 342/A der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, den

Antrag 612/A (E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Realisierung der S 34 (Traisentalschnellstraße), den

Antrag 242/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend vierspurigen Ausbau der B 303 bzw. E 59 und über die

Bürgerinitiative (17/BI) betreffend „Gegen den Ausbau der B 303 als Schnellstraße und in Folge als zukünftige Autobahn“

14. Punkt: Bericht über die Petition (36/PET) betreffend „Resolution der Markt­gemeinde Guntramsdorf als Anrainergemeinde der A 2“, überreicht von der Abgeord­neten Gabriele Heinisch-Hosek

15. Punkt: Bericht über den Antrag 681/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Meinung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Autobahn A 3 im Raum Wulkaprodersdorf durch Änderung des Bundesstraßengesetzes

16. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (13/BI) betreffend „Rettung des Augebiets zwischen Krems, Grafenwörth und Traismauer – Verhinderung der Donaubrücke bei Traismauer samt zugehöriger Trassenführung“

17. Punkt: Bericht über den Antrag 586/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage erfolgten Trassenverordnung zur Autobahnanschlussstelle Innsbruck-Mitte (AIM)


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18. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (20/BI) betreffend „Die Verhinderung der S 7 südlich der Lafnitz“

19. Punkt: Bericht über den Antrag 687/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Meinung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Schnellstraße S 7 im Raum Oststeiermark-Südburgenland durch Änderung des Bundesstraßengesetzes

20. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (7/BI) betreffend „Änderung des Öster­reichischen Generalverkehrsplanes“

21. Punkt: Bericht über den Antrag 90/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichten­berger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung der Bundesaus­gaben für Landesstraßen

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeits­inspektion (Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetz) und das Bundesgesetz über Seilbah­nen (Seilbahngesetz) geändert werden

23. Punkt: Akte zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973, zuletzt revidiert am 17. Dezember 1991, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001

24. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-185 d.B.) des Rechnungs­hofes, Reihe Bund 2005/12

25. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/4

26. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2003 und 2004

27. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (094 Hv 7/06x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer

28. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­gesetz geändert wird (801/A)

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch ..................................... 26

Angelobung des Abgeordneten Wolfgang Katzian .................................................... 26

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 26

Ordnungsruf ................................................................................................................. 151


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Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 3751/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 51

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß r§ 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ....... 187

Redner/Rednerinnen:

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 187

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 189

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 190

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop ........................................................... 192

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 193

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 194

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 717/A (E) betreffend nationale Maßnahmen zum Schutz vor gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 25. April 2006 zu setzen – Ablehnung .............................................  52, 303

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 52

Wortmeldungen im Zusammenhang mit der Erteilung eines Ordnungsrufes an Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 153

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 153

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 153

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 153

Aktuelle Stunde (35.)

Thema: „Die Ergebnisse des Europäischen Rates in Brüssel vom 23. und 24. März 2006“          ............................................................................................................................... 26

Redner/Rednerinnen:

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 27

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..............................................................  30, 43

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 33

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 35

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 36

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 38

Karl Donabauer ............................................................................................................ 40

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 42

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 45

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 47

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  49, 302

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sicherung des Wirtschafts- und Finanz-


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plat­zes Österreich durch lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG Skandals (4078/J) .......................................................................................... 130

Begründung: Herbert Scheibner ................................................................................ 137

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 143

Debatte:

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 154

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 156

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 159

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 162

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 162

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 162

Maximilian Walch ....................................................................................................... 165

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 167

Rudolf Parnigoni (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 169

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 169

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 171

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 173

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigungen) ......................................  174, 182

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 175

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 176

Michaela Sburny ......................................................................................................... 178

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 179

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 180

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 182

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 183

Werner Amon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 185

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG Skandals – Annahme (E 176)       181, 187

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1316 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozess­ordnung 1975, die Exekutionsordnung und das Sicherheitspolizeigesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingriffen in die Privatsphäre geändert werden (Anti-Stalking-Gesetz), über die

Regierungsvorlage (1325 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und über die

Regierungsvorlage (1326 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1383 d.B.) ............................................. 52

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1301 d.B.): Zweites Protokoll aufgrund von Art. K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Inter­essen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärungen (1384 d.B.) ............. 52


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3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1064 d.B.): Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen, samt Schlussakte und Vereinbarter Niederschrift (1385 d.B.) ...................................................................................................................... 53

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1348 d.B.): Protokoll zu dem am 23. Februar 1995 unterzeichneten Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ver­einigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Rechtshilfe (1386 d.B.) ..................................... 53

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1347 d.B.): Protokoll zu dem am 8. Jänner 1998 unterzeichneten Auslieferungs­vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung (1387 d.B.) ......................................................................................... 53

Redner/Rednerinnen:

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 53

Barbara Riener ............................................................................................................. 55

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 57

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 59

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 61

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 62

Bettina Stadlbauer ....................................................................................................... 63

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 65

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 66

Anna Franz .................................................................................................................... 68

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 69

Markus Fauland ............................................................................................................ 72

Michael Praßl ................................................................................................................ 73

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 73

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 74

Franz Glaser .................................................................................................................. 75

Annahme des Gesetzentwurfes in 1383 d.B. ................................................................ 76

Genehmigung der vier Staatsverträge in 1384, 1385, 1386 und 1387 d.B. ................... 77

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1384 und 1385 d.B.                          77

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1384 und 1385 d.B.                          77

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1299 d.B.): Bundesgesetz über Patientenverfügungen (Patientenverfügungs-Ge­setz – PatVG) (1381 d.B.) ................. 78

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 79

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 80

Dr. Christian Puswald .................................................................................................. 81


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Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 82

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 84

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 85

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 89

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 91

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 92

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 96

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 98

Karl Donabauer ............................................................................................................ 99

Maria Grander ............................................................................................................. 100

Anton Doppler ............................................................................................................ 101

Barbara Riener ........................................................................................................... 102

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 103

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 103

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 104

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 105

Markus Fauland .......................................................................................................... 105

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Möglichkeit der Errichtung von Patientenverfügungen bei den Bezirksgerichten – Ablehnung       88, 107

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 106

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1381 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Patientenverfügungs-Gesetz (E 175) ........................................................................... 107

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1334 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetz­buch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheits­gesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006) (1382 d.B.)               ............................................................................................................................. 107

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 107

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 109

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung)......................................................... 110

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 110

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 111

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 112

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 114

Johann Ledolter ......................................................................................................... 115

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 116

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 117

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gierungsvorlage (1155 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusam­menarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüber­schreitenden Kriminalität und der illegalen Migration samt Erklärungen der Republik Österreich und Gemeinsamer Erklärung (1362 d.B.) ................................... 117

Redner/Rednerinnen:

Günter Kößl ................................................................................................................ 118

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 118


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142. Sitzung / Seite 8

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 120

Markus Fauland .......................................................................................................... 122

Karl Freund ................................................................................................................. 123

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 124

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 125

Walter Murauer ........................................................................................................... 126

Anton Gaál .................................................................................................................. 127

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 128

Bundesministerin Liese Prokop ............................................................................... 129

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 195

Hermann Gahr ............................................................................................................ 196

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 197

Erwin Hornek .............................................................................................................. 197

Otto Pendl ................................................................................................................... 198

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 199

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 199

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 798/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleck­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria (1358 d.B.)                         199

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1344 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology – Austria samt Anhang (1359 d.B.)     ............................................................................................................................. 199

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 200

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 201

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 202

Josef Broukal .............................................................................................................. 205

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 206

Michaela Sburny ......................................................................................................... 208

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 210

Ing. Hermann Schultes (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 212

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 213

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 218

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 220

Mares Rossmann ....................................................................................................... 221

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 222

Beate Schasching ...................................................................................................... 223

Mag. Dr. Andrea Wolfmayr ....................................................................................... 224

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 225

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 226

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 227

Johann Kurzbauer ...................................................................................................... 227

Carina Felzmann ........................................................................................................ 228

Johannes Zweytick .................................................................................................... 229

Annahme des Gesetzentwurfes in 1358 d.B. .............................................................. 229

Genehmigung der Vereinbarung in 1359 d.B. .............................................................. 230

Gemeinsame Beratung über


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11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1368 d.B.) ............. 230

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1328 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlas­sen und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (1378 d.B.) .................................................................................................................... 230

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 230

Kurt Eder ..................................................................................................................... 231

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 233

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 234

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 236

Peter Marizzi ............................................................................................................... 237

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 238

Johann Rädler ............................................................................................................ 239

Anita Fleckl ................................................................................................................. 239

Anton Wattaul ............................................................................................................. 240

Walter Murauer ........................................................................................................... 241

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 241

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 242

Astrid Stadler .............................................................................................................. 243

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 244

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1368 und 1378 d.B. ..................................... 244

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1333 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, sowie über den

Antrag 342/A der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, den

Antrag 612/A (E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Realisierung der S 34 (Traisentalschnellstraße), den

Antrag 242/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend vierspurigen Ausbau der B 303 bzw. E 59 und über die

Bürgerinitiative (17/BI) betreffend „Gegen den Ausbau der B 303 als Schnellstraße und in Folge als zukünftige Autobahn“ (1369 d.B.) .................................................................................................. 246

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (36/PET) betref­fend „Resolution der Marktgemeinde Guntramsdorf als Anrainergemeinde der A 2“, überreicht von der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek (1370 d.B.) ......................................................................................... 246

15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 681/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berück­sichtigung der Meinung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Autobahn A 3 im Raum Wulkaprodersdorf durch Änderung des Bundesstraßengesetzes (1371 d.B.) ....................................................................................................................................... 246

16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Bürgerinitiative (13/BI) betreffend „Rettung des Augebiets zwischen Krems, Grafenwörth und


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142. Sitzung / Seite 10

Traismauer – Verhinderung der Donaubrücke bei Traismauer samt zugehöriger Trassenführung“ (1372 d.B.) .......................................................... 246

17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 586/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage erfolgten Trassenver­ordnung zur Autobahnanschlussstelle Innsbruck-Mitte (AIM) (1373 d.B.)                        247

18. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Bürgerinitiative (20/BI) betreffend „Die Verhinderung der S 7 südlich der Lafnitz“ (1374 d.B.) ....................................................................... 247

19. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 687/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berück­sichtigung der Meinung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Schnell­straße S 7 im Raum Oststeiermark-Südburgenland durch Änderung des Bun­desstraßengesetzes (1375 d.B.) ................................................................................. 247

20. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Bürgerinitiative (7/BI) be­tref­fend „Änderung des Österreichischen Generalverkehrsplanes“ (1376 d.B.) ............................................... 247

21. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 90/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung der Bundesausgaben für Landesstraßen (1377 d.B.) .................................................................................................................... 247

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ..................................................................................................................... 247

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 248

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 249

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 251

Petra Bayr ................................................................................................................... 252

Peter Haubner ............................................................................................................. 254

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 255

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 257

Anton Heinzl ............................................................................................................... 258

Christoph Kainz .......................................................................................................... 259

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 259

Franz Glaser ................................................................................................................ 260

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 261

Johann Kurzbauer ...................................................................................................... 261

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 262

Martin Preineder ..................................................................................................... ... 263

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 263

Annahme des Gesetzentwurfes in 1369 d.B. .............................................................. 264

Kenntnisnahme der acht Ausschussberichte 1370, 1371, 1372, 1373, 1374, 1375, 1376 und 1377 d.B.              ............................................................................................................................. 265

22. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1270 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion (Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetz) und das Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahngesetz) geändert werden (1379 d.B.) ....... 266

Redner/Rednerinnen:

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 266

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 267

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 267

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 267


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142. Sitzung / Seite 11

Gerhard Steier ............................................................................................................ 268

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 268

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 269

23. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1281 d.B.): Akte zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung euro­päischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973, zuletzt revidiert am 17. Dezember 1991, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 (1380 d.B.) ..................................................................................... 269

Rednerin:

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 269

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 270

24. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahr­nehmungsbericht (III-185 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/12 (1352 d.B.) .................................................... 270

Redner/Rednerinnen:

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 271

Johann Ledolter ......................................................................................................... 272

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 272

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 274

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 275

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 277

Konrad Steindl ............................................................................................................ 278

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 279

Kenntnisnahme des Berichtes III-185 d.B. ................................................................... 279

25. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrneh­mungsbericht (III-146 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/4 (1354 d.B.)                280

Redner/Rednerinnen:

Christian Faul ............................................................................................................. 280

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 281

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 282

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 283

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 284

Hermann Krist ............................................................................................................ 284

August Wöginger ....................................................................................................... 285

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 286

Erwin Hornek .............................................................................................................. 287

Kenntnisnahme des Berichtes III-146 d.B. ................................................................... 288

26. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-189 d.B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durch­schnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2003 und 2004 (1353 d.B.) ............................................................................... 288

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 288

Hermann Gahr ............................................................................................................ 289

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 290


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142. Sitzung / Seite 12

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 292

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 293

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 294

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 294

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 295

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 296

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 297

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 297

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 298

Kenntnisnahme des Berichtes III-189 d.B. ............................................................... ... 299

27. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Lan­desgerichtes für Strafsachen Wien (094 Hv 7/06x) um Zustimmung zur behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer (1346 d.B.) ............................................................................... 299

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 299

28. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz geändert wird (801/A)                     300

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 300

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 301

Josef Bucher ............................................................................................................... 301

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 301

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 302

Zuweisung des Antrages 801/A an den Finanzausschuss .......................................... 302

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 49

Petition betreffend „Mobilitätsgarantie der Bundesregierung“ (Ordnungs­num­mer 84) (überreicht von der Abgeordneten Anita Fleckl)

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 49

Bürgerinitiative betreffend „Sicher zur Schule – Ein Sitzplatz und ein Gurt für jedes Kind im Kindergarten- und Schulbus“ (Ordnungsnummer 30)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 49

1349: Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird

1350: Abkommen über die Förderung, Bereitstellung und Nutzung von GALILEO und GPS Satellitennavigationssystemen und verbundenen Anwendungen samt Anhang

1351: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheits­gesetz – GESG geändert und das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten aufgehoben wird


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142. Sitzung / Seite 13

1355: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verstän­digungsprotokoll

1356: Wasserrechtsgesetznovelle 2006

1357: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird

1363: Bundesgesetz über den Auslandsösterreicher-Fonds (AÖF-G)

1364: Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird

1365: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (2. EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz)

1366: Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird

1367: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Mineralrohstoff­gesetz und das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert werden (Anlagenrechtsnovelle 2006)

1388: Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeich­neten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

1389: Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitglied­staaten der Europäischen Union) und der Republik Bulgarien und Rumänien über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union sowie Protokoll samt Anhängen, Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, samt Anhängen und Schlussakte

Berichte ......................................................................................................................... 50

III-207: Bericht, Reihe Bund 2006/3; Rechnungshof

III-208: Bericht betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des operativen Jahresprogramms des Rates sowie des Legislativ- und Arbeits­pro­gramms der Kommission; BM f. auswärtige Angelegenheiten

III-209: 1. Österreichischer Männerbericht; BM f. soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

III-211: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der Öster­reichischen Entwicklungspolitik 2005 bis 2007; BM f. auswärtige Angelegenheiten


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142. Sitzung / Seite 14

III-212: Fünfter Bericht zur Umsetzung des Akademien-Studiengesetzes; Arbeits­jahr 2004; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anträge der Abgeordneten

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer „Halbjahres-PKW-Vignette“ für Österreichs Autobahnen (807/A) (E)

Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlust der Studien­beihilfe bei unverschuldeter Studienverlängerung (808/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Förderung des öffentlichen Verkehrs – Verantwortung des Finanzministers (809/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Förderung des öffentlichen Verkehrs – Verantwortung des Verkehrsministers (810/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheit im Sport – Sicherheitskonzepte für Sportgroßveranstaltungen (EURO 2008) – Gegen Gewalt, Hooliganismus und Rassismus im Sport“ (811/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die digitalen Rechte der KonsumentInnen (812/A) (E)

Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005, das Ärztegesetz 1998 und das Zahnärztegesetz geändert werden (Anti-Doping-Bundes­gesetz) (813/A)

Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der schulischen Integration behinderter Kinder (814/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Glückspielgesetz und sucht­präventive Maßnahmen (815/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (806/A) (Zu 806/A)

Anfragen der Abgeordneten

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend rechtswidrige Vergabe von Visa (4036/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Kunsthistorisches Museum (4037/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Galerie der Forschung (4038/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Galerie der Forschung (4039/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Galerie der Forschung (4040/J)


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142. Sitzung / Seite 15

Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verwendung der Mittel von LEADER im Rahmen des Programms Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (4041/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die von der Bundesregierung angekündigte Vereinheitlichung im Bereich der Sozialhilfe (4042/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Arbeitslosigkeit und Wiedereinstellungszusagen (4043/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Blum-Bonus“ (4044/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „erfolgreichen“ Start des Dienstleistungsschecks (4045/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die von der Bundesregierung angekündigte Vereinheitlichung im Bereich der Sozialhilfe (4046/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vermögensverhandlungen mit den Bundesländern gemäß § 11 Abs. 2 ÜG 1920 – Verkauf von Liegenschaften durch die Bundesforste (4047/J)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Veranstaltungen im Rahmen der österreichi­schen Ratspräsidentschaft im Austria Center Vienna (4048/J)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Veranstaltungen im Rahmen der österreichischen Ratspräsident­schaft im Austria Center Vienna (4049/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vorgangsweise bei Postenbesetzung in den ÖBB und Strukturverbesserungen (4050/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Finanzen (4051/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kriterien für Bildungsarbeit von Parteien nach dem Publizistikförderungsgesetz (4052/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Wachstube im Europark, Salzburg-Taxham (4053/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Forschung zu – insbesondere auch nicht­ther­mischen – Auswirkungen des Mobilfunks (4054/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Gefährdung des Hernalser Traditionsbetriebes „Manner“ durch höchst hinterfragenswürdige Pläne des Bundesdenkmalamtes (4055/J)


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142. Sitzung / Seite 16

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Finanzierung des barrierefreien Personen­verkehrs der ÖBB (4056/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend verkehrspolitische Bankrotterklärung am Bei­spiel der Schnellbahnlinie S 80 (4057/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Gebarung der Bundesagentur Austrian Development Agency (ADA) (4058/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Vollziehung Preisauszeichnungsgesetz – Marktbeobachtung in Österreich – Kontrollprogramm – Situation der Preisauszeichnung in Österreich“ (4059/J)

Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Zuverdienstgrenze beim Kindergeld (4060/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „erfolgreichen“ Start des Dienstleistungsschecks (4061/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Test für neue StaatsbürgerInnen (4062/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend angeblich steigende Zahl von Verkehrsdelikten durch Fahrzeuge des BMVIT (4063/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Codex-Alimentarius-Commission (CAC) (4064/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Durchführung von Asyleinvernahmen kosovarischer AsylwerberInnen (4065/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend 1. Anwendung von Dublin II und damit im Zusammenhang stehende Bestim­mungen des Asyl- und Fremdenrechtes, 2. die Situation nach In-Kraft-Treten des Fremdenrechtspakets (v.a. Schubhaft), 3. passives Verhalten des EU-Vorsitzlandes angesichts der Flüchtlingstragödien vor den Küsten der EU (4066/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes im Zusammenhang mit der Anfrage­beantwortung vom 21.2.2006 (3694/AB) (4067/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zerschlagung zweier Menschenhändlerringe ( (4068/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend die völkerrechtliche Bedeutung und die inner­staatliche Umsetzung von Entscheidungen des UNO-Ausschusses für Menschenrechte in Österreich (4069/J)


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142. Sitzung / Seite 17

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend drohende Zwangsunterbrechung des Studiums für einen kompletten Jahrgang der Bernhard-Gottlieb-Universitätszahnklinik Wien (4070/J)

Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend: „Studie über neue Selbstständige und Leiharbeit“ (4071/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Missbrauch von Ministeriumsressourcen zu BZÖ-FPÖ-Zwecken (4072/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Postamt 3400 Klosterneuburg (4073/J)

Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­tei­digung betreffend ausstehende Gebührenauszahlung für HNaA-Bedienstete (4074/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderungen für Kinder­betreuungseinrichtung (4075/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verfassungsfrage: „Wer darf wen abschießen?“ (4076/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Arzneimittel aus dem Internet – AGES-Studie (4077/J)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sicherung des Wirtschafts- und Finanzplatzes Österreich durch lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG Skandals (4078/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit des ÖVP-Klubs im Parlament (4079/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vogelgrippegefahren durch illegalen Geflügelhandel – Schmuggelfleisch aus China?“ (4080/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Vogelgrippegefahren durch illegalen Geflügelhandel – Schmuggelfleisch aus China?“ (4081/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Vogelgrippegefahren durch illegalen Geflügelhandel – Schmuggelfleisch aus China?“ (4082/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend bundesweite Umsetzung eines sozial gestaffelten Modells des Geburtengeldes mit Bindung an die Mutter-Kind-Pass-Untersuchung (4083/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend besonderes Service „unter Freunden“ (4084/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „von Österreich umzusetzende EU-Richtlinien und sonstige EU-Rechtsakte IV“ (4085/J)


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142. Sitzung / Seite 18

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Carinthische Musikakademie – Ossiach (4086/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Finanzierung des Koralmbahntunnels (4087/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung des Koralmbahntunnels (4088/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundeskanzleramt, Stand 1. April 2006 (4089/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4090/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4091/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4092/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4093/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4094/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4095/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4096/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4097/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4098/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Anzahl der Lehrlinge im Bundesministerium, Stand 1. April 2006 (4099/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend „Notarztwagen des österreichischen Bundesheeres“ (4100/J)

*****

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend seltsame Vorgänge im freiheitlichen Parlamentsklub (45/JPR)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit des ÖVP-Klubs im Parlament (46/JPR)


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142. Sitzung / Seite 19

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend „ÖVP-Parteiveranstaltung im Parlament“ (47/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Finanzierung des barrierefreien Personen­verkehrs der ÖBB (4056/J) (Zu 4056/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3714/AB zu 3819/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3715/AB zu 3886/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3716/AB zu 3854/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3717/AB zu 3813/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3718/AB zu 3804/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3719/AB zu 3795/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3720/AB zu 3792/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3721/AB zu 3798/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3722/AB zu 3806/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen (3723/AB zu 3894/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (3724/AB zu 3769/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (3725/AB zu 3771/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolle­ginnen und Kollegen (3726/AB zu 3777/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolle­ginnen und Kollegen (3727/AB zu 3781/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (3728/AB zu 3772/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3729/AB zu 3770/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3730/AB zu 3967/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3731/AB zu 3778/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3732/AB zu 3787/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3733/AB zu 3779/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3734/AB zu 3780/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3735/AB zu 3786/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3736/AB zu 3801/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3737/AB zu 3783/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3738/AB zu 3782/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3739/AB zu 3774/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3740/AB zu 3784/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3741/AB zu 3773/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3742/AB zu 3790/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3743/AB zu 3793/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3744/AB zu 3789/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3745/AB zu 3788/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3746/AB zu 3775/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3747/AB zu 3791/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3748/AB zu 3776/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3749/AB zu 3785/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3750/AB zu 3834/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3751/AB zu 3849/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3752/AB zu 3912/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3753/AB zu 3802/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3754/AB zu 3794/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3755/AB zu 3818/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3756/AB zu 3966/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (3757/AB zu 3796/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3758/AB zu 3797/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3759/AB zu 3805/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3760/AB zu 3943/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (3761/AB zu 3800/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (3762/AB zu 3803/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3763/AB zu 3934/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (3764/AB zu 3826/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3765/AB zu 3840/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3766/AB zu 3971/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3767/AB zu 3814/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 22

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (3768/AB zu 3843/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (3769/AB zu 3861/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (3770/AB zu 3850/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (3771/AB zu 3808/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3772/AB zu 3855/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (3773/AB zu 3862/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (3774/AB zu 3812/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (3775/AB zu 3821/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rosemarie Schönpass, Kolleginnen und Kollegen (3776/AB zu 3828/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3777/AB zu 3839/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Kolleginnen und Kollegen (3778/AB zu 3842/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (3779/AB zu 3844/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (3780/AB zu 3845/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3781/AB zu 3827/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3782/AB zu 3829/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kollegin­nen und Kollegen (3783/AB zu 3846/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (3784/AB zu 3851/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3785/AB zu 3830/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3786/AB zu 3879/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3787/AB zu 3962/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (3788/AB zu 3807/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3789/AB zu 3857/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (3790/AB zu 3863/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3791/AB zu 3820/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (3792/AB zu 3824/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3793/AB zu 3832/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3794/AB zu 3837/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (3795/AB zu 3847/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (3796/AB zu 3848/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (3797/AB zu 3809/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3798/AB zu 3815/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3799/AB zu 3822/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3800/AB zu 3838/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3801/AB zu 3856/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (3802/AB zu 3841/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 24

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3803/AB zu 3835/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3804/AB zu 3876/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3805/AB zu 3935/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3806/AB zu 3915/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3807/AB zu 3897/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3808/AB zu 3884/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3809/AB zu 3853/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (3810/AB zu 3825/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3811/AB zu 3831/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3812/AB zu 3823/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3813/AB zu 3883/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (3814/AB zu 3921/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (3815/AB zu 3852/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3816/AB zu 3811/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3817/AB zu 3836/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3818/AB zu 3816/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3819/AB zu 3817/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3820/AB zu 3833/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3821/AB zu 3859/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3822/AB zu 3858/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3823/AB zu 3860/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3824/AB zu 3916/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3825/AB zu 4032/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (Zu 3744/AB zu 3789/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (41/ABPR zu 43/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (42/ABPR zu 45/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (43/ABPR zu 44/JPR)

 


09.01.07


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Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 26

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 142. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 140. und 141. Sitzung vom 2. März 2006 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler und Wimmer.

09.02.07 Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung ein­gelangt, dass Herr Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Herr Wolfgang Katzian in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Binder-Maier, um die Ver­lesung der Gelöbnisformel.

 


9.02.38

Schriftführerin Gabriele Binder-Maier: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


9.02.57

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Ich gelobe.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter wird durch Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein vertreten.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll wird durch Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat vertreten.

09.04.02Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:


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142. Sitzung / Seite 27

„Die Ergebnisse des Europäischen Rates in Brüssel vom 23. und 24. März 2006“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.04.03

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Wir wollen diesen Nationalratstag mit einem erfreulichen Thema beginnen, nämlich mit der Analyse des Europäischen Rates unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Schüssel. Wir werden uns an diesem Tag ohnehin noch genug mit den Skandalen rund um die BAWAG und ein rotes Netzwerk in Österreich beschäftigen. Aber, meine Damen und Herren, das ist ein weniger erfreuliches Kapitel. Lassen Sie uns daher zunächst nicht in die Karibik, sondern nach Brüssel blicken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in der letzten Woche, am 23./24. März, einen Europäischen Rat unter dem Vorsitz Österreichs erlebt, der auch, so glaube ich, ganz entscheidende Weichen­stellungen gebracht hat. Ich verstehe daher nicht – und darf das gleich zu Beginn sagen –, dass kleinliche Oppositionspolitiker heute sagen, dort sei nichts Konkretes beschlossen worden.

Meine Damen und Herren von der Opposition, lassen Sie das doch! Wenn Österreich den Vorsitz in Europa innehat und wirklich gute Ergebnisse nach Hause bringt, so lassen Sie doch diese kleinlichen Unterstellungen! Es ist wirklich Großartiges beschlos­sen worden, und Österreich konnte sich in Europa profilieren. Und darüber sollten wir uns alle freuen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schon bei der Frage, die eine Präsidentschaft zu bestimmen hat, nämlich welche Themen bei einem solchen Gipfel besprochen werden, haben wir ein klares Signal gesetzt: Beschäftigung, Wachstum, Energie.

Beschäftigung und Wachstum – das sind die drängenden Fragen, die sich jeder österreichische und europäische Bürger heute stellt, weil es ihm wichtig ist, dass seine Kinder, dass seine Enkelkinder und dass er selbst in einem Arbeitsprozess einen Arbeitsplatz haben und dort erfolgreich sein können. Und darum ist Beschäftigung und Wachstum das entscheidende Thema, das Österreich ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schauen Sie sich die konkreten Beschlüsse dazu an! Diese können sich tatsächlich sehen lassen. Bezüglich Beschäftigung hat unter österreichischem Vorsitz das Gremium der höchsten Staats- und Regierungschefs in Europa beschlossen, dass wir pro Jahr zwei Millionen Arbeitsplätze zusätzlich schaffen wollen, die, herunter ­ge­brochen auf jedes Mitgliedsland, bedeuten, dass es dort wieder eine Perspektive gibt, dass es Beschäftigung gibt und dass es Programme gibt, wie man eine solche Beschäftigung erreichen kann, meine Damen und Herren. (Abg. Öllinger: Welche?) Das soll kein konkretes Ziel sein? – Das ist ein ganz konkretes Ziel, das vielen Menschen wieder Hoffnung gibt.

Ich darf erläutern, wie wir diesbezüglich in Österreich vorgegangen sind. Wir haben schon ein Beschäftigungsprogramm vorgelegt. Im letzten Jahr haben wir ein Paket für mehr Beschäftigung im Umfang von 285 Millionen €, zusätzlich für das Jahr 2006, beschlossen. Was wird da gemacht? – Da wird nicht nur Geld ausgegeben; da wird genau versucht, dort Arbeit zu schaffen, wo Arbeit nachgefragt wird, indem man Aus­bildung in den Gesundheitsberufen fördert, indem man Ausbildung in den Pflege­berufen fördert, indem man Wiedereinstiegshilfe gibt.


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142. Sitzung / Seite 28

Das sind ganz konkrete Maßnahmen, die jetzt in einem großen europäischen Kontext 25 Beschäftigungsprogramme ergeben werden und damit Arbeitslosigkeit wirklich an der Wurzel bekämpfen. Genau das wollen wir! Und darum ist das ein großer Erfolg für Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: Sehen Sie die konkreten Ziele für junge Menschen an, die vielleicht noch gar keinen Arbeitsplatz haben! Bis zum Jahr 2007 – so hat es der Europäische Rat be­schlossen – wird dem Thema, dass junge Schulabgänger einen Arbeitsplatz bekom­men sollen, Priorität eingeräumt, indem man sich das Ziel setzt, innerhalb von sechs Monaten, innerhalb eines Jahres einem jungen Schulabgänger einen Arbeitsplatz zu vermitteln, eine Lehrstelle zu vermitteln, eine Weiterbildungsmöglichkeit zu bieten.

Das bedeutet, dass junge Menschen eine ganz konkrete Perspektive bekommen. Das soll kein konkretes Ziel sein? – Meine Damen und Herren! Das ist ein ganz ambiti­onierter Plan, der zwar zuerst überall umgesetzt werden muss, aber innerhalb eines Jahres, bis 2007, muss das stehen. Ich halte das für einen entscheidenden Fortschritt für Europa insgesamt und begrüße dies daher sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was haben wir Österreicher in Europa vorzuweisen? Was haben wir bereits getan? – Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich konkret eine Lehrstellenoffensive mit dem so genannten Blum-Bonus gestartet. Jedes Unternehmen, das zusätzliche Lehrstellen schafft, bekommt einen speziellen Bonus des Staates.

Was hat das bewirkt? – Wir können uns heute alle miteinander freuen, dass öster­reichweit schon 9 000 zusätzliche Lehrstellen geschaffen wurden, das heißt, junge Leute haben eine konkrete Perspektive. Und das ist uns ganz besonders wichtig. Auf europäischer Ebene, im europäischen Kontext bedeutet das, dass es in 25 Mitglieds­ländern eine solche Offensive geben wird. In 25 Mitgliedsländern haben daher junge Menschen, die heute keinen Job haben, in der Zukunft eine konkrete Jobaussicht, weil nationale Programme dafür sorgen müssen, dass diese Perspektive bis Ende 2007 steht. Und das wollen wir: Jobs für junge Leute in Europa! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehen wir uns das Thema Wachstum an! Wenn wir in Europa heute eine Chance haben wollen, uns am Weltmarkt zu bewähren, in diesem schwierigen Konkurrenz­kampf erfolgreich zu sein, dann brauchen wir konkrete Maßnahmen. In welchem Sektor? – Im Sektor Forschung und Entwicklung. Wir haben ein hohes Ausbildungs­niveau. Wir können diese Karte ausspielen. Daher müssen wir alles daransetzen, dass in diesem Sektor auch mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.

Deshalb gibt es den ganz konkreten Beschluss des Europäischen Rates, dass bis zum Jahre 2010 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3 Prozent anzusteigen haben.

Ja, meine Damen und Herren, das sind ganz konkrete Ziele – und nicht irgendein Gerede um die Zukunft. Da muss jedes Mitgliedsland ein ambitioniertes Programm vorlegen, damit es Forschung und Entwicklung geben kann, und dafür werden Mittel zur Verfügung gestellt. Und das bedeutet ebenso, dass wir bis 2010 100 Milliarden € mehr für Forschung als heute ausgeben werden. Das sind ganz konkrete Zahlen – und das wird auch entscheidend zur Wettbewerbsfähigkeit Österreichs beitragen. Das ist ein konkretes Ziel – und das wollen wir in Europa: mehr Wachstum. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Schauen wir uns den Sektor Energie an: Zu Beginn der österreichischen EU-Prä­sidentschaft mussten wir schmerzlich feststellen, wie sehr wir von den Energie­lieferungen aus nicht-europäischen Ländern abhängig sind. Zu Beginn des Jahres, zu


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142. Sitzung / Seite 29

Beginn der österreichischen EU-Präsidentschaft gab es in Europa eine Energiekrise, da 50 Prozent der Gaslieferungen aus Russland nicht mehr geflossen sind. Das hat aber bei uns allen, wie ich meine, zu einer – eher schmerzhaften – Aufrüttelungsphase geführt. Und daher hat die österreichische EU-Präsidentschaft – richtigerweise – auf dem letzten Frühjahrsgipfel das Thema Energie ganz prioritär gereiht.

In Europa müssen wir von dieser Abhängigkeit wegkommen, wir brauchen ambi­tionierte Ziele, damit erneuerbare Energieträger gefördert werden sowie Nachhaltigkeit im Energieprozess eine größere Rolle als bisher spielt. – Und: gesagt, getan! Schauen Sie sich die Ergebnisse an: Ganz konkrete Ziele wurden in diesem Zusammenhang formuliert, und ebenso erstellt wurde ein Aktionsplan zur Energieeffizienz, in dem wir in Zukunft auch durch Technologieförderung einsparen – gerade dort eben, wo Energie heute vielleicht in einem zu hohen Maße verbraucht wird.

Weiters gibt es den ganz konkreten Plan, dass erneuerbare Energie bis zum Jahre 2015 eine Marke von 15 Prozent erreicht haben soll. Ein sehr ambitioniertes und vollkommen richtiges Ziel, wie ich meine.

Wir in Österreich haben ja dazu schon viel geleistet: Schauen Sie sich beispielsweise nur unsere Projekte zum Bereich Biomasse an; ebenso die Energieerzeugung mit Wasserkraft in unserem Lande! Das braucht jedoch auch insgesamt eine europäische Perspektive.

Diese konkreten Ziele zeigen jedenfalls, dass Nachhaltigkeit erstmals ein großes Thema in Europa ist – und genau das wollen wir auf dem Energiesektor erreichen: nicht abhängig sein, sondern erneuerbare Energie fördern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gesamt gesehen, meine Damen und Herren, heißt das, dass Bundeskanzler Dr. Schüssel mit seiner EU-Vorsitzführung die richtigen Themen gewählt hat – und dass er eine Vorsitzführung an den Tag gelegt hat, die sich wirklich sehen lassen kann. Das muss man erst einmal zusammenbringen, dass diese konkreten Ziele durch Beschlüsse des Europäischen Rates umgesetzt werden! Und diese Maßnahmen tragen natürlich auch eine österreichische Handschrift.

Schauen Sie sich an, meine Damen und Herren, was wir hinsichtlich Beschäftigung sowie Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gemacht haben, wie wir das in den Griff zu bekommen versuchen! Schauen Sie sich an, was wir in Richtung Wachstum, Forschung und Entwicklung getan haben! Österreich ist da heute auf dem dritten Platz in der Europäischen Union! Das ist eine Marke, die uns erst jemand nachmachen muss.

Daher: Wir haben, wie ich meine, allen Grund, auch diesbezüglich zufrieden zu sein.

Seitens der Opposition in Österreich wird kritisiert, dass noch nicht alles, was in Europa ein Problem ist, erledigt sei. – Dazu kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Nach drei Monaten unserer Präsidentschaft kann das wohl auch niemand erwarten!

Lassen Sie mich jemanden die österreichische Präsidentschaft beurteilen, der nicht gerade als großer Freund Österreichs gilt. Jacques Chirac, der Präsident Frankreichs, sagte, die österreichische Vorsitzführung sei sowohl im Hinblick auf Ideen, Dynamik als auch Führung hervorragend und sehr, sehr gut vorbereitet. Der Gipfel habe, so Chirac weiter, unter besten Bedingungen stattgefunden; die konkreten Beschlüsse seien ein Beweis dafür, dass Europa vorankomme.

Meine Damen und Herren! Bundeskanzler Dr. Schüssel ist nicht nur ein guter öster­reichischer Regierungschef, sondern mittlerweile auch ein Staatsmann europäischen Formats. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.14



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.14.45

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hoher Nationalrat! Ich darf kurz zum Europäischen Rat Stellung nehmen. Am Anfang waren ja viele Themen und Ziele, die wir uns vorgenommen haben, sehr umstritten. Als wir im Hauptausschuss vorige Woche zusammengekommen sind, war es ja so, dass praktisch alle konkreten gemeinsamen Vorhaben von einer Mehrheit der Mitgliedstaaten abgelehnt bezie­hungsweise noch lange nicht akzeptiert wurden. Unserem Team ist es jedoch gelun­gen – ausdrücklich hervorheben für alle möchte ich jetzt unseren ständigen Vertreter bei der EU, Botschafter Gregor Woschnagg, die Außenministerin, alle Fachminister, also wirklich das gesamte Team –, alle Ziele, die wir uns vorgenommen haben, in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates unterzubringen. Und das ist etwas, was nicht selbstverständlich gewesen ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Zweites: Wir haben uns ganz bewusst vorgenommen, dass wir das österreichische Modell einer guten Zusammenarbeit – nicht immer ohne Diskussionen, aber eine echte, ehrlich gemeinte Zusammenarbeit – zwischen den verschiedenen Ebenen von Regierung und Sozialpartnern sozusagen auch auf die europäische Ebene heben wollen. Daher haben wir – das geschah zum ersten Mal – die Vertreter der euro­päischen Sozialpartner zu den Beratungen des Europäischen Rates hinzugezogen. Der Vertreter der europäischen Gewerkschaften, Méndez, und der Vertreter der euro­päischen Arbeitgeber, Seillière, haben gemeinsam mit dem Präsidenten der Euro­päischen Zentralbank – auch eine Premiere – ihre Vorstellungen, wie wir Wachstum und Beschäftigung in Europa beleben können, vorgetragen.

Ich glaube, dass da schon die österreichische Handschrift zu erkennen ist, etwas, was hoffentlich Schule macht, denn gemeinsam sind wir zweifelsohne stärker, als wenn jeder sozusagen auf eigene Faust agiert.

Was ist also bei diesen Beratungen vereinbart worden, meine Damen und Herren, und zwar zunächst einmal im Bereich Wachstum und Beschäftigung, ein Thema also, das auch bei diesem Frühjahrsgipfel diskutiert wurde? – Wir sind nicht zufrieden mit der Vorstellung der ersten sechs Jahre der Lissabon-Strategie. Jetzt aber haben wir eine historische Chance: eine steigende Konjunktur, und der Optimismus in den großen EU-Ländern wächst. In Frankreich gibt es da vielleicht eine Sondersituation, aber sonst gibt es, wie ich meine, recht gute Erwartungen.

Ganz konkret haben wir uns vorgenommen, durch geeignete Maßnahmen, vor allem natürlich hinsichtlich Rahmenbedingungen der bald 27 EU-Mitgliedstaaten zwei Mil­lionen zusätzliche Arbeitsplätze jedes Jahr neu zu fördern, was ein Beschäftigungs­wachstum von etwa 1 Prozent pro Jahr bedeutet. Das würde bis zum Jahre 2010 zehn Millionen Arbeitsplätze zusätzlich ergeben. Ein ganz wichtiges und konkretes Ziel – und dieses ist auch erreichbar, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist natürlich nicht von den Regierungen oder von der Kommission zu schaffen – da ändere ich meine Linie überhaupt nicht –, denn Arbeitsplätze werden von den Be­trieben geschaffen, vor allem von den mittelständischen Betrieben, auch ein Thema, das zum ersten Mal breit auf europäischer Ebene diskutiert wurde. In der EU gibt es 23 Millionen Klein- und Mittelbetriebe – und diese sind unsere Hoffnung in Bezug auf Beschäftigungs- und zusätzliche Wachstumspolitik, und zwar eben gerade auch was zusätzliche Arbeitsplätze betrifft.


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Wenn wir diesen Betrieben das Arbeiten, das Unternehmen erleichtern, dann lebt die Hoffnung. Nochmals: Es ist das ein erreichbares Ziel! Nehmen Sie nur Österreich, eines der Länder, das da ja immer als Vorbild, als Vorzeigeland genannt wird, genauso wie Dänemark, Finnland oder Schweden. Österreich gehört zu diesen drei, vier EU-Vorzeigeländern.

In Österreich werden wir heuer voraussichtlich ein Beschäftigungswachstum von 1,3 Prozent haben. Also: 1 Prozent Beschäftigungswachstum für alle ist erreichbar, eben mit Maßnahmen, die wir in Österreich längst umgesetzt haben. Und viele Themen, die wir uns vorgenommen haben, finden sich ja jetzt im europäischen Arbeitsprogramm. So sollen zum Beispiel 85 Prozent aller 22-Jährigen eine allgemeine höhere Bildung abgeschlossen haben. Jeder junge Europäer soll bis Ende 2007 entweder einen Arbeitsplatz, eine Lehrstelle oder eine Weiterbildungsmöglichkeit angeboten bekommen – bis Ende 2010 sogar innerhalb von vier Monaten.

Weiteres Ziel: Reduzierung der Zahl der Schulabbrecher auf 10 Prozent. Das ist meiner Meinung nach überhaupt einer der wichtigsten Punkte, dass wir die jungen Menschen in dieser Wachstum- und Beschäftigungsstrategie nicht vergessen, sondern ihnen – im Gegenteil – alle Chancen der Welt ermöglichen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Bereich Forschung also ganz konkrete Unterstützung, eben durch das – obwohl anfangs sehr umstritten – Europäische Institut für Technologie. Dazu hat es ja eigentlich genau die gleiche Diskussion wie in Österreich gegeben: Die europäischen Universitäten haben sich gefürchtet, dass ihnen Geld weggenommen wird, das Max-Planck-Institut beispielsweise oder auch andere Institutionen haben die Sorge geäußert, dass Parallelbürokratien entstehen würden, und so weiter. – Wir haben ein Ja zum EIT, zum Europäischen Institut für Technologie, erreicht, aber: Da darf es keine Mega-Bürokratie geben, sondern das hat ein schlankes und schlagkräftiges Netzwerk zu sein.

Und wir werden heute mit dem Beschluss zum österreichischen IST, dem Institute of Science and Technology, goldrichtig liegen, denn damit haben wir den Anschluss an diese europäische Strategie geschafft, etwas, was wir ja immer vorgehabt haben, wie Sie ja wissen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ganz konkret ist auch das gemeinsame Ziel: 3 Prozent für Forschung. Das war weit, weit entfernt – wir liegen jetzt bei 2 Prozent. Zum ersten Mal ist es uns gelungen – wiederum ein Dankeschön vor allem an dich, Herr Vizekanzler, und an die Bil­dungsministerin –, dass wir in einem Annex festgeschrieben haben, was jedes ein­zelne Land leisten muss, um dieses gemeinsame Ziel – pro Jahr Steigerung des Forschungszuwachses – zu erreichen.

Wir haben uns daneben noch vorgenommen, den Mittelstand besonders ins Zentrum zu rücken. Wir wollen geringere Gebühren, vereinfachte Berichtspflichten in der Statistik, ein wichtiges und zugleich ärgerliches Thema für alle Klein- und Mittel­betriebe, umsetzen. Wir haben den Auftrag an die Kommission erteilt, dass sie berechenbare und quantifizierbare Richtlinien vorlegt, wie man die Verwaltungskosten für kleine Betriebe senken kann. Das haben die Niederländer exzellent vorexerziert, und wir werden uns überlegen, ob wir nicht dieses Modell, das jetzt auch die Kom­mission prüft, auf Österreich übertragen wollen.

Wir wollen es einem Jungunternehmer ermöglichen, innerhalb einer Woche einen Betrieb gründen zu können; wir wollen eine zentrale Anlaufstelle, einen One-Stop-Shop bis 2007 schaffen. Die Kommission hat nach längerem Widerstand sogar zugestimmt, die Höhe der so genannten De-minimis-Regel, unterhalb der keine


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Überprüfung mit Verzerrung des Binnenmarktes durch die Kommission stattfindet, zu verdoppeln. Damit ist eine langjährige Forderung Österreichs erstmals erfüllt.

Wir haben die Europäische Investitionsbank in die Pflicht genommen. Sie wird jetzt für Forschung, für die Transeuropäischen Netze und die Mittelstandsfinanzierung wesent­lich mehr Geld ausgeben, für Mittelstand und F & E 15 Milliarden € zusätzlich und für Energieeffizienz und Transeuropäische Netze ebenfalls 25 Milliarden € zusätzlich. Ganz konkrete Maßnahmen, die mithelfen werden, das Ziel, 2 Millionen Jobs pro Jahr zusätzlich, erreichen zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehr spannend war natürlich die Debatte um die neue Energiepolitik. Das ist ein neues Thema, sicherlich auch durch den „Weckruf“ Anfang des Jahres hervorgerufen, als die Gaslieferungen von Russland halbiert wurden. Bundesminister Martin Bartenstein hat innerhalb von vier Tagen durch sehr kluge und umsichtige Verhandlungen die Liefer­kapazität wieder voll herstellen können. Es war das ein sehr gutes Zusammenspiel mit der Kommission, mit Russland, mit der Ukraine, mit allen Bereichen also.

Dieses Thema der neuen Energiepolitik zu debattieren, Versorgungssicherheit, Wett­bewerbsfähigkeit stärken und dazu die Umweltqualität, die Umweltverträglichkeit erhöhen und verbessern, das war natürlich eine sehr spannende Diskussion, eine Diskussion eingeleitet durch Angela Merkel. Wir haben uns einige konkrete Ziele vorgenommen:

Erstens: Der grenzüberschreitende Stromhandel soll 10 Prozent erreichen, was ein wichtiges Thema ist, weil damit natürlich auch die Netze gestärkt werden müssen, weil wir damit auch in einem Krisenfall einander besser helfen können. Es hat schon etliche Blackouts gegeben, in der Schweiz, in Hessen, in Italien, in Großbritannien. Das ist also ein ganz wichtiger Bereich.

Nächstes Ziel: Stärkung und Steigerung des Gesamtanteils der erneuerbaren Energie auf 15 Prozent – sehr umstritten anfangs. Wir sind im Moment weit von diesem Ziel entfernt, aber es ist erreichbar, wenn wir sozusagen die Bremsklötze wegräumen und mehr Kraftwerke zulassen. Vor allem im Bereich Wasserkraft liegen enorme Reserven brach. Da können wir übrigens über die Möglichkeiten an privatem Kapital an die 1 000 Milliarden € freimachen für den Ausbau der Netze, für neue Kraftwerke, für Pipelines. Da stecken Job-Chancen drinnen, die mit diesen Beschlüssen im Rücken jetzt leichter realisiert werden können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben uns vorgenommen, den Einsatz der Biotreibstoffe deutlich anzuheben, und zwar auf 8 Prozent. Ehrlich gesagt, ich wäre sogar noch ehrgeiziger gewesen, aber ich gebe zu, da ist noch sehr viel Forschungsarbeit zu leisten. Die zweite Generation der Bio-Treibstoffe ist abzuwarten. Wir brauchen neue Motoren. Die jetzigen werden kaputt, wenn man mehr als 5 oder fast 6 Prozent dazumischt. Aber in diesem Bereich steckt noch Potential.

Weiters ein ganz wichtiger Beschluss: Gemeinsam wollen wir uns eine Energie­einsparung von etwa 20 Prozent vornehmen, damit wir das optimal ausschöpfen können.

Meine Damen und Herren! Für die nächste Zeit – und das gehört ja zu diesem Rat noch dazu – haben wir uns vorgenommen, vor allem jetzt im Trilog, mehr Klarheit durch die neue Finanzvorschau für das Budget für die Jahre 2007 bis 2013 zu schaffen. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Der Finanzminister wird in diesen Tagen mit allen Ländern, mit dem Parlament und mit der Kommission entscheidende Gespräche führen.


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Wir bereiten eine Subsidiaritätskonferenz vor, die in der Woche nach Ostern in St. Pölten, eben unter österreichischem Vorsitz, stattfinden soll.

Die Erweiterungsdebatte, vor allem die Frage der Aufnahmefähigkeit der Euro­päischen Union, ein Thema, das die Außenministerin ja immer schon massiv einge­fordert hat, wird jetzt von allen akzeptiert und soll auch in einem Sondergipfel der Außenminister über die Zukunft Europas Ende April/Anfang Mai abgesichert werden.

Wir wollen das europäische Lebensmodell nicht nur diskutieren, sondern auch konkret niederschreiben. Und wir wollen den 9. Mai als Europatag zu einer solchen breiten Diskussion nützen.

Wir arbeiten an der Errichtung einer Europäischen Grundrechtsagentur in Wien. Vielleicht könnte dort sogar auch das Institut für Gleichbehandlung – „gender equality pact“ – angesiedelt werden.

Und wir wollen dann im Sommer sozusagen eine Choreographie für die nächsten Schritte im Prozess der Europäischen Verfassung unterbreiten.

Meine Damen und Herren, wir haben also ein reiches Arbeitsprogramm! Und wir sind dabei, wie ich meine, nicht schlecht unterwegs. Vieles ist bereits geschehen, wie etwa diese Woche der höchst interessante Abschluss Europäischer Führerschein, Euro­päische Wegekostenrichtlinie, Themen, die seit vielen, vielen Präsidentschaften unerledigt geblieben sind, aber: Viel Arbeit haben wir noch vor uns! Wir zählen dabei auf Ihre Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Rednerliste ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Seine Redezeit beträgt, so wie die aller anderen, die jetzt an der Debatte teilnehmen, 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


9.26.47

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns die Ergebnisse dieses EU-Gipfels unter der Präsidentschaft Österreichs anschauen, so haben wir, glaube ich, mehrfachen Grund zur Freude.

Erster Punkt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung dieses Gipfels waren ge­prägt durch Autorität, durch Dynamik und durch Ideenreichtum. – Das ist nicht die Meinung der Regierungsvertreter, meine Damen und Herren; Michael Spindelegger hat es schon gesagt: Das ist die Meinung des französischen Staatspräsidenten Chirac, jenes Chirac, der noch vor wenigen Jahren einer der Hauptexponenten der Sanktionen gegen Österreich war. Präsident Chirac hat auch gesagt: Bisher hat Österreich eine exzellente Präsidentschaft hingelegt. – Höchstes Kompliment von einem Gegner dieser Regierung noch im Jahr 2000.

Herr Bundeskanzler, ich glaube, die Professionalität, die Kompetenz und das Geschick deiner Verhandlungsführung haben auch den französischen Präsidenten überzeugt. Wir sind wieder wer in Europa, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ähnliche Stimmen kamen von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hat gemeint: Wolfgang Schüssel hat als Ratspräsident die politischen Weichen für die Zukunft gestellt.

Jean-Claude Juncker, ein Europäer erster Stunde, Premierminister Luxemburgs, hat gemeint, er ist sehr zufrieden mit den Ergebnissen, und was ihn sehr beeindruckt hat,


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ist der feste Wille von Wolfgang Schüssel, die gesetzten Ziele auch durchzusetzen. Wir kennen das von der österreichischen Politik, aber nun auch auf europäischer Ebene: der feste Wille, politische Ziele durchzusetzen.

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Es ist das Verdienst von Wolfgang Schüssel, Ursula Plassnik und unseres ganzen Teams, dass wir jenes Thema an die oberste Stelle in der Europäischen Union gesetzt haben, das, glaube ich, heute die Menschen am meisten bewegt, am meisten berührt.

Wir können feststellen, dass die EU als Sicherheitsplattform, als Friedensplattform, als Plattform der Stabilität als selbstverständlich betrachtet wird. Wo die Menschen aber hohe Erwartungshaltungen haben, das sind die Bereiche Wachstum, Beschäftigung und Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren, ich kann mich noch erinnern, dass jahrelang, auch von der Opposition, kritisiert wurde, dass etwa im Bereich der Währungspolitik im Maastricht-Vertrag sehr konkrete quantitative Ziele festgehalten sind, aber Ähnliches nicht für die Beschäftigungspolitik gilt. Erstmals ist es gelungen, dass die Mitgliedstaaten eine Selbstverpflichtung aufnehmen, wonach pro Jahr zwei Millionen Arbeitsplätze zu schaffen sind.

Meine Damen und Herren, das ist ein Riesenfortschritt, ein Quantensprung in der europäischen Politik, erstmals quantifizierbare Zielsetzungen im Bereich Arbeit, Be­schäftigung und Arbeitsplätze zu schaffen!

Ähnlich ist es im Bereich der Forschung: die Festlegung einer Forschungsquote von 3 Prozent als Selbstverpflichtung der einzelnen Mitgliedsländer, die Errichtung des Europäischen Instituts für Technologie, wo wir unser Institute of Science and Tech­nology einbringen werden. Das sind alles Zielsetzungen, meine Damen und Herren, die noch vor dem Gipfel als eher kaum zu realisieren gegolten haben.

Dritter Punkt, meine Damen und Herren: Es ist das Verdienst Österreichs, dass wir erstmals die Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe in Europa so stark betont haben. Wir haben in Europa 24 Millionen Klein- und Mittelbetriebe, die 140 Millionen Arbeits­plätze schaffen. Und die Rechnung von unserem Bundeskanzler war eine sehr einfache, er hat gemeint: Wenn nur jeder zweite Betrieb einen Arbeitsplatz schafft, so haben wir bis 2010 diese zusätzlichen 10 Millionen Arbeitsplätze.

Warum kann da Österreich mit gutem Beispiel in Europa vorangehen, meine Damen und Herren? – Weil wir glaubwürdig sind, weil wir nachweisen können, dass wir seit der politischen Wende im Jahr 2000 eine Politik für Klein- und Mittelbetriebe gemacht haben. Es war die Abkehr von jener Politik, die verstaatlichte defizitäre Großbetriebe, siehe verstaatlichte Industrie, gefördert hat. Es war ein bewusstes Zugehen auf das Potential der Klein- und Mittelbetriebe, die der Jobmotor in unserem Land sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich könnte jetzt eine lange Liste anführen, welche Maßnahmen wir seit dem Jahr 2000 gesetzt haben: steuerliche Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns, Körper­schaftsteuersenkung für die vielen kleinen GesmbHs, Abschaffung der 13. Um­satzsteuer und, und, und.

Ein vierter Punkt, meine Damen und Herren; ich sage das vor dem Hintergrund dessen, was sich derzeit in Frankreich abspielt: Streiks, Demonstrationen, Straßen­kämpfe: Es war unser Bundeskanzler, der als Ratspräsident auf europäischer Ebene unseren Exportartikel Sozialpartnerschaft eingebracht hat. Bei allen Problemen, die die Sozialpartnerschaft derzeit hat, weil eine Säule im Moment in Schwierigkeiten ist: Dieser österreichische Exportschlager Sozialpartnerschaft, wo es darum geht, dass man sich zusammensetzt, gemeinsam die Probleme diskutiert und gemeinsam die


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Herausforderung bewältigt, ist ein europäisches Modell, und es ist das Verdienst unseres Bundeskanzlers, der Frau Außenministerin und des gesamten Teams, dass wir diese Themen durchgesetzt haben: erstens Beschäftigungspolitik als Priorität in der EU, zweitens Einbringen der Klein- und Mittelbetriebe als Jobmotor und drittens Sozialpartnerschaft, sozialer Dialog statt Arbeitskampf. Das ist das Verdienst unserer Präsidentschaft und wird lang über dieses halbe Jahr hinaus wirken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Cap. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.32.14

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ja, Herr Bundeskanzler, was erzählen Sie uns hier?! Sie haben in Österreich über 380 000 Arbeitslose zu verantworten! Sie haben einen so genannten Beschäftigungszuwachs, der keiner ist, weil es im Volläquivalent einen Verlust von 30 000 bedeutet! Ich frage mich: Was haben Sie bis jetzt in der Euro­päischen Union gemacht, noch vor der Zeit, als Sie Ratspräsident waren, wo die Arbeitslosigkeit auf 30 Millionen angestiegen ist?

Das, was Sie uns hier geschildert haben, kann höchstens das Ergebnis einer Plauder­stunde eines 5-Uhr-Treffens gewesen sein, denn es ist unverbindlich, es ist unkonkret, und es gibt letztlich keine Verpflichtung. (Abg. Mag. Molterer: Das könnte der Strache auch sagen! Der „Strache der SPÖ“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sagen ja selbst die ganze Zeit, wir haben eine Selbstverpflichtung. Also es bleibt einem jeden überlassen, ob er es macht oder ob er es nicht macht. Und das muss man den Zusehern und Zuhörern auch mitteilen, damit sie nicht glauben, dass das fixe Be­schlüsse sind. (Abg. Großruck – in Richtung SPÖ –: Ihr seid Arbeitsplatzvernichter, nicht -schaffer!)

Ich kann mich noch gut erinnern, wie es eine Beschäftigungsinitiative schon vor Jahren in der Europäischen Union gegeben hat, wo die österreichische Bundesregierung nichts gemacht hat. Und ich kann mich gut erinnern, wie die Diskussion begonnen hat über die Lockerung der Maastricht-Kriterien, damit man das Geld für Beschäftigungs­initiativen einsetzen kann, und der Herr Finanzminister Grasser in Europa herum­gezogen ist und gesagt hat: Jeder, der da mitmacht, soll gleich das Stimmrecht verlieren! – Das alles unter Ihrer Duldung, Herr Bundeskanzler!

Jetzt stellen Sie sich her – weil Ihnen die PR-Berater gesagt haben, wenige Monate vor den Nationalratswahlen brauchen Sie ein bisschen eine Sozialrhetorik, Herr Bun­deskanzler – und betreiben Sozialrhetorik, jetzt entdecken Sie plötzlich Bereiche, die wir seit Jahren hier thematisieren, aber nur rhetorisch, ohne Verbindlichkeit, ohne konkrete Umsetzungsmaßnahmen. (Rufe bei der ÖVP: BAWAG! BAWAG!) Das ist in Wirklichkeit Ihr Ergebnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sind ja sonst so fleißig beim Zitieren internationaler Medien. Wieso haben Sie heute nichts zitiert? Ich kann Ihnen sagen, warum: weil das, was Sie da als Ergebnis eines 5-Uhr-Treffens in der Europäischen Union eingebracht haben, in den inter­nationalen Medien keinen Niederschlag gefunden hat, und zwar wegen notorischer Bedeutungslosigkeit. Das ist das Problem, weil das in Wirklichkeit eben keine Verbindlichkeit nach sich zieht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Energiepolitik. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.) – Konzentrieren Sie sich lieber ein bisschen, und schreiben Sie mit! – Das, was Sie zur Energiepolitik eingebracht haben, das hat der Club of Rome vor 36 Jahren schon gesagt. Jetzt entdecken Sie das Energiesparen. Ich frage mich: Welche Schritte haben


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Sie gegen die Atomenergie, gegen die Renaissance der Atomenergie unternommen? Da sagen Sie: Um Gottes willen nur nicht anrühren, das soll weiter nationale Angelegenheit bleiben! (Rufe bei der ÖVP: Kreisky! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß schon, wo die Zuständigkeiten sind.

Aber was tun Sie eigentlich in Ihrer Funktion als Ratspräsident, damit wir diesen Renaissancebestrebungen der Atomenergie entgegenwirken können, die wieder auf dem Vormarsch ist? Da haben Sie nichts getan, und da sind Sie natürlich nicht bereit, dies hier einzugestehen, aber es ist die Wahrheit.

Dann kommt noch etwas: Verfassungsvertrag. Sie haben noch nicht einmal die Rats­präsidentschaft begonnen, war schon wieder Sendepause bei Ihnen, was den Verfassungsvertrag betrifft, weil das nicht abgesprochen war mit den Holländern, die sofort gesagt haben: Aus, Pause, das geht so nicht! – Ich sehe die Außenministerin Plassnik heute noch vor mir, wie sie eingestehen musste: gescheitert!

Sie sagen, Sie haben einen Zielkatalog – man kann über viele Punkte des Zielkata­loges selbstverständlich diskutieren –, aber wo war die Vorbereitung für diesen Ziel­katalog, damit er nicht bloß ein Zielkatalog ist, sondern ein konkretes, verbindliches Umsetzungsmaßnahmenprogramm? – Natürlich nicht vorhanden. Wieder unprofes­sionell!

Lesen Sie die „Presse“, da gibt es einen kleinen, aber trotzdem sehr interessanten Artikel: „Verhofstadt wirbt für ,Kerneuropa‘“!

Sie forcieren diesen Erweiterungsprozess in dem Tempo, wie es weder von der Bevölkerung gewollt noch von der EU vertragen wird. Sie sagen außerdem, Sie haben das Wort „Aufnahmefähigkeit“ erfunden, was auch nicht stimmt, denn in den Kopenhagener Kriterien steht längst drinnen, dass, wenn man neue Mitglieder aufnimmt, die Aufnahmefähigkeit zu prüfen ist. – Was haben Sie denn in den letzten sechs Jahren gemacht, um zu definieren, was die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union ist? Nichts haben Sie gemacht! Sie forcieren einen zügellosen Erweiterungs­prozess, und das provoziert ganz genau das, was Herr Verhofstadt heute in der „Presse“ sagt: Das wird zu einem Kerneuropa führen.

Das heißt, die EU wird sich erweitern, erweitern, erweitern. Ein feiner Kern wird sich bilden, und Österreich werden wir suchen müssen auf der Landkarte. Das ist das Ergebnis Ihrer Nichtpolitik! Und daher haben diejenigen Recht, die gesagt haben, es ist eine Ratspräsidentschaft der Ratlosigkeit und der Inaktivität. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein! Dieser Redner ist „Experte“! Der „Strache der SPÖ“!)

9.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Die Luft ist draußen, Herr Cap!)

 


9.37.37

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Cap der Regierung und uns allen Unprofessionalität vorwirft, dann kann ich das nur als Kompliment auf­fassen. Ich gestehe Ihnen das zu, gegenüber Ihrer Politik sind wir unprofessionell, denn so einen professionellen Pleiten-, Pech- und Pannendienst, wie Sie ihn zusam­mengebracht haben, schaffen wir sicherlich nicht. Da sind wir unprofessionell, das sei Ihnen zugestanden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Von ARBÖ über BAWAG bis ÖGB haben Sie Ihre Professionalität unter Beweis gestellt. Wir sind stolz auf die Unprofessionalität, die Sie uns vorwerfen, meine Damen und Herren. (Abg. Heinzl: Was ist mit dem Herrn Rosenstingl?)


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142. Sitzung / Seite 37

Es stimmt schon, diese EU-Präsidentschaft ist unaufgeregt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.) – Mein Gott, Herr Darabos, meine Güte! Ja werfen Sie uns irgendwelche Meinungsumfragen vor?! Das ist wirklich lustig von Ihnen. Warten wir den Wahltag ab, wenn es darum geht, wer in Zukunft dieses Land regiert: Ihre BAWAG, Ihre Gewerkschaftsfunktionäre, Ihre SPÖ-Funktionäre, die glauben, dass das Land in ihrer Machtsphäre ist, wo man alles machen kann, vom Postenschacher über Stiftungen bis zu Karibikgeschäften (Abg. Parnigoni: Sie müssen von Postenschacher reden!) – oder diese Koalition, die seit dem Jahr 2000 gezeigt hat, gegen Ihren Widerstand, gegen den Widerstand auch der Europäischen Union, wie man ein Land professionell führt und wie man auch eine EU-Präsidentschaft professionell führt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vor dieser Entscheidung, Herr Darabos, müssen Sie sich fürchten – nicht wir! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Diese unsere EU-Präsidentschaft ist unaufgeregt, aber effizient. Es ist ja nicht einfach, so schwierige Charaktere wie einen Herrn Berlusconi oder einen Herrn Chirac unter einen Hut zu bringen und einmal klarzumachen, dass es notwendig ist, sich auch auf der europäischen Ebene mit diesen wichtigen Fragen der Arbeitsmarktpolitik und der Beschäftigungsprogramme zu beschäftigen, dass es nicht nur darum geht, Sonntagsreden zu halten, sondern dass man auch ganz konkrete Maßnahmen setzen muss, Zukunftsmaßnahmen wie etwa die Erhöhung der Mittel für Forschung und Entwicklung.

Auch da ist Österreich beispielgebend, wie man gerade auch jetzt sieht: Wir haben heute die Elite-Universität auf der Tagesordnung, und in diesem Zusammenhang bin ich sehr froh und sehr stolz darauf – es war dies auch eine Initiative unseres Vizekanzlers und unserer Wissenschaftssprecherin Bleckmann –, dass wir im Zuge der Schaffung dieser Elite-Universität – Sie waren da immer dagegen, dagegen und wieder dagegen – gesagt haben: Ja, wir machen das, aber wir wollen gleichzeitig auch die Mittel für die Forschung erhöhen. – 30 Millionen € mehr für die Forschung im Zuge des Beschlusses für die Elite-Universität, das ist beispielgebend auch für Europa!

Als Wissenschaftssprecher habe ich Mitte der neunziger Jahre noch gefordert, dass wir 2 Prozent Forschungsquote erreichen – das war unter einer SPÖ-geführten Regierung nicht möglich. Heute freuen wir uns, dass wir auf dem Weg in Richtung 3 Prozent für die Forschung, für die Zukunft der Wirtschaft und der Bevölkerung hier in Österreich sind. Darauf kann man stolz sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass auf diesem Gipfel über die zukünftige Energiepolitik diskutiert worden ist, das ist auch wichtig, damit man sieht: In Europa, in der Europäischen Union wollen wir auch diese wichtigen Fragen der Energiepolitik gemeinsam lösen! Das sind Dinge, die man auf europäischer Ebene diskutieren muss! – Bei den erneuerbaren Energien soll es in Zukunft einen Anteil von 15 Prozent geben, was gut ist, aber – und da muss man natürlich schon die Stimme erheben – wir müssen als Land, das Gott sei Dank über keine Atomkraftwerke verfügt, auch den Weg weiterverfolgen, dass es eine Road map, einen Fahrplan für einen Ausstieg Europas aus der Kernenergie geben muss.

Vor allem muss man immer wieder auch Kritik erheben, wenn es darum geht, in den neuen Mitgliedsländern der Europäischen Union unsichere Kraftwerke, wie zum Bei­spiel Temelín, nicht noch zu erweitern, sondern eine Schließungsoption zu diskutieren. Das haben wir auch den Österreichern versprochen, als wir – zähneknirschend, aber doch – der Erweiterung in diesem Bereich zugestimmt haben, und das müssen wir auch einhalten. Und ich bin überzeugt, dass auch die Bundesregierung auf diesem Weg bleiben wird.


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Meine Damen und Herren, wir werden aber auch in der Erweiterungsstrategie eine klare Linie festhalten müssen. Diesbezüglich gibt es ja, wie man aus internationalen Pressestimmen erkennen kann, ein wirkliches Lob, nämlich aus der Türkei. Wenn dort nämlich kritisiert wird, dass Österreich hier auf der Bremse steht, das Österreich in seiner Präsidentschaft unterstützt, dass im Erweiterungsprozess mit der Türkei auch politische Kriterien angewandt werden, und als Kommentar in einer türkischen Zeitung zu lesen ist:

„Aus Sicht eines Türkei-Beitritts ist die österreichische Präsidentschaft aber bisher verfehlt“, dann nehmen wir diese „Verfehlung“ gerne zur Kenntnis, denn wir stehen dazu, dass ein Land, das die Kriterien für eine Vollmitgliedschaft der Europäischen Union nicht erfüllt, diese Mitgliedschaft auch nicht erreichen kann und dass wir auch nach wie vor davon ausgehen, dass es besser wäre, eine Partnerschaft für Europa zu machen, als 20 Jahre lang über einen Beitritt mit der Türkei zu verhandeln, der ohnehin nicht möglich sein wird.

Es wird in dieser Präsidentschaft noch einiges zu tun geben: über die europäische Verfassung, über die Sicherheitspolitik, über den Nahostkonflikt und den Balkan zu diskutieren. Die erste Hälfte, glaube ich, war unaufgeregt, aber effizient, die zweite Hälfte wird auch die entsprechende Dynamik bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Aber es war eher unaufgeregt und ineffizient!)

9.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig-Piesczek. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.43.34

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Schlüsselsatz in der Rede des Bundeskanzlers zur Bilanz der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft war: Viel ist noch zu tun! – Wenn man also die blumigen Selbstdarstellungen, das Lobhudeln, die Seifenblasen abzieht und es auf den messbaren Erfolg und auf das tatsächlich Durchgesetzte reduziert, dann bleibt wenig bis gar nichts übrig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Das ist aber Ihre Sicht!)

Sie nehmen es auch mit den Fakten nicht sehr genau! Wenn der Bundeskanzler davon spricht, dass Österreich einen Spitzenplatz bei niedriger Arbeitslosigkeit in Europa einnimmt, dann hat er offensichtlich übersehen, dass Österreich diesen Spitzenplatz schon sehr lange verloren hat (Abg. Öllinger: Das stimmt!) und insbesondere bei der Jugendarbeitslosigkeit eine extrem besorgniserregende Entwicklung zu verzeichnen hat – und das aber im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, wo der Trend bei der Arbeitslosigkeit mittlerweile so aussieht, dass diese sinkt. (Abg. Mag. Hakl: Ja, weil sie so hoch ist! – Abg. Großruck: Wenn Sie von ... was verstünden, ...!) Österreich ist eines der wenigen Länder, wo die Arbeitslosigkeit weiter ansteigt! (Beifall bei den Grünen.)

Mit keinem Wort erwähnt, Herr Bundeskanzler, haben Sie auch die selbst gesteckten Ziele, mit denen in der österreichischen Bevölkerung auch von Ihrer Seite sehr hohe Erwartungen geweckt wurden. Im Herbst gab es noch eine große, vollmundige Ankündigung, dass die Anti-Atom-Politik ein Schwerpunkt der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft sein werde und dass es eine Initiative zum europäischen Atomausstieg geben werde und auch eine Initiative zum EURATOM-Vertrag, der seit 50 Jahren die völlig ungerechte und wettbewerbsverzerrende Förderung der Atom­energie in Europa festschreibt. – Jetzt möchte ich gerne wissen, was beim Gipfel in diesen Schlussfolgerungen tatsächlich von diesem groß angekündigten Ziel übrig geblieben ist! Sie haben das heute mit keinem einzigen Wort erwähnt, und die


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Ergebnisse sind auch dementsprechend: Es gibt kein einziges konkretes Ergebnis – Stichwort Atomausstieg Europas. Im Gegenteil: Mittlerweile ist der österreichische Beschluss, die Ratspräsidentschaft, Ihre Politik so sehr an die Kommissionspolitik angepasst, dass man nicht mehr unterscheiden kann, ob das jetzt ein Atom­befürworterland ist oder ein anderes.

Sie sind ganz nahe an der Kommissionsposition von Barroso, der ein deklarierter Atombefürworter ist, und es ist bezeichnend, dass Sie auf das Eröffnungsreferat der deutschen Bundeskanzlerin Merkel, die den deutschen Atomausstieg wieder rück­gängig machen will, Bezug genommen haben. Das war Ihre Referenz in Ihrer Rede! (Beifall bei den Grünen.)

Nachhaltige Energiepolitik, wettbewerbsfähige, sichere Energiepolitik schaut ganz anders aus! Sie haben heute von neuen Netzen gesprochen, von Sicherheit. (Abg. Großruck: Sind Sie schlecht vorbereitet?) Sie haben gesagt, dass der Weckruf „Gasstreit“ zu Beginn dieses Jahres einige aufgeweckt hat, auch den Wirtschafts­minister Bartenstein. (Abg. Großruck: Sie sind schlecht vorbereitet! – Filibuster, eine Filibusterei ist das!) Ich muss sagen, das war wirklich der letzte Weckruf, den man irgendwie hören könnte, denn diesen Weckruf gibt es, glaube ich, seit 20 Jahren. Das Problem der Abhängigkeit von Energieimporten, vor allem aus geopolitisch instabilen Regionen, ist ein Problem, das, so denke ich, dem Wirtschaftsminister nicht erst seit Weihnachten bekannt sein sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Die Strategie der Atom-Lobby in Europa war sehr, sehr klar und auch durchschaubar. Sie haben das mit schönen Worten in Österreich immer so zugedeckt, dass Sie gesagt haben, wir müssen Zwentendorf nicht aufsperren, und das als Erfolg verkauft haben. Um das geht es im Moment eigentlich nicht. Es geht im Moment darum, wie der euro­päische Energiemix ausschauen wird, und bei diesem Energiemix haben sich vor allem die Franzosen mit einer Strategie durchgesetzt, die überhaupt nicht raffiniert ist, aber die man hätte bekämpfen müssen – was Sie nicht getan haben –, nämlich die Atom­energie als Lösung für die Klimaschutzproblematik zu verkaufen. Und es findet sich jetzt in Ihren Schlussfolgerungen dieses Rates unter dem Decknamen „Low Emission Technology“ bereits die Vorbereitung für eine fixe Atomquote auf europäischer Ebene. – Die Vorbereitung für eine fix verankerte Atomquote unter dem Deckmantel „Low Emission Technology“! (Abg. Mag. Molterer: Das ist eine Behauptung!) – In Frankreich wird die Atomenergie bereits ganz offen als erneuerbare Energiequelle bezeichnet.

Sie, Herr Bundeskanzler, haben mit keinem Wort weder den Boom der erneuerbaren Energiequellen in Österreich noch die Chance, die dieser Bereich für die europäische Ebene geboten hätte – vor allem die Arbeitsplatzchancen, die in diesem Bereich veran­kert sind –, erwähnt. (Abg. Murauer: Da haben Sie aber nicht zugehört!) Wenn man sich das in Deutschland anschaut, dann kann man feststellen, dass der dort von den Grünen vorbereitete Weg im Jahr 2004  150 000 Arbeitsplätze gebracht hat; heuer sind es schon 170 000 Arbeitsplätze! Es könnten ohne Probleme 300 000 Arbeitsplätze sein.

In Österreich ist es ähnlich: In Österreich gibt es einen Boom – aber trotz der Politik, nicht wegen der Politik! (Beifall bei den Grünen. – Ironische Heiterkeit des Abg. Hornek.) Heuer sind erstmals mehr Holzheizungen als Ölheizungen installiert worden. Aber es werden in Österreich immer noch Ölheizungen installiert, sogar mit öffentlichen Förderungen. Jede Preissteigerung pro Barrel belastet hier die Haushalte – 250 € sind es heuer. Das ist eine Energiepolitik, an der Bartenstein nicht im Geringsten etwas zu ändern gedenkt – und Sie, Herr Bundeskanzler, wie aus Ihrer Rede zu entnehmen ist, offensichtlich auch nicht.


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Jeder zusätzliche Euro, der für Öl und für Gas aufgewendet wird, vernichtet in Österreich und in der Europäischen Union Arbeitsplätze. Anstatt das anzugreifen und diese Strategie der erneuerbaren Energiequellen als konsequenten europäischen Weg vorzuschlagen, reden Sie hier von Netzen und irgendwie von Sicherheit. Ich weiß nicht, was Ihre Strategie ist. Vielleicht die neue Nabucco-Gaspipeline aus dem Iran? Ob das Ihr Verständnis von Sicherheit ist, weiß ich nicht, aber offensichtlich ist es so. Sie haben das heute mit keinem Wort erwähnt.

Was uns sehr schmerzt, ist, dass die große Hoffnung, die Sie in der österreichischen Bevölkerung geweckt haben, nämlich im Bereich des europäischen Atomausstiegs einen Schritt voranzukommen und die österreichische Präsidentschaft nicht nur als eine rein moderierende zu verstehen – bei der man ja nirgendwo anecken will und immer versucht, sehr nahe an der Position der Kommission zu sein –, sondern auch einmal vorzupreschen, enttäuscht wurde. Die Franzosen und die Engländer lachen uns aus bei diesem Verständnis von einer Präsidentschaft (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die lachen maximal Sie aus!), wo man sich ausschließlich auf einen diplomatischen Standpunkt zurückzieht und nicht einmal auch Vorschläge macht und Initiativen setzt, selbst wenn sie kontroversiell sind. Das haben Sie in diesem Bereich völlig ver­schlafen, und ich kann es nur so werten, dass Sie das einfach überhaupt nicht interessiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.49.52

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Meine Damen und Herren an den Fernsehschirmen! Zunächst zum ersten Debattenredner der großen Oppositionspartei: Ich verstehe schon, dass Ihnen zurzeit nicht zum Lachen zumute ist, nur: Solch einen Beitrag verdient sich das österreichische Parlament nicht! Ein destruktiver Vortrag, der sich ausnahmslos an negativen Betrachtungen ausrichtet – das ist absolut entbehrlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, es ist richtig, was vor kurzem in einer Zeitung geschrieben wurde, nämlich: Österreich hat es besser! – Zwar nicht überall, denn wir haben einige Baustellen, einige selbst eingerichtete Baustellen, die selbst die ARBÖ-Fahrer nicht mehr repa­rieren können, es ist nun einmal so, aber ich denke, wir haben es in vielen anderen Bereichen besser. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Jedenfalls ist die Politik, die heute gemacht wird, besser, als sie vor Jahren war: Wir haben eine Beschäftigung, wir haben einen ordentlichen Staatshaushalt und vieles mehr, was herzeigbar ist. Seit Jahren wird bei uns eine zukunftsweisende Regierungspolitik gemacht, wo nichts dem Zufall überlassen wird, sondern die gut vorbereitet ist. Das ist die Handschrift von Herrn Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und seinem Team! (Beifall bei der ÖVP.)

Und das hat auch zum Erfolg beim EU-Gipfel geführt – das kann man doch überall klar erkennen! Auch dieser Stil war erkennbar, vor allem die Einbeziehung der euro­päischen Sozialpartner, die Beiholung des Präsidenten der Europäischen Zentral­bank – das alles, glaube ich, ist herzeigbar, das ist wichtig, und dieser Weg führte auch nicht nur zum Erfolg, sondern hat Einigkeit gezeigt und Gemeinsamkeit demonstriert und hat somit über ganz Europa hinweg Zustimmung gefunden. Das braucht Europa! Europa braucht Stärke, Europa braucht Position in der Weltpolitik und in der Weltwirtschaft!

Herr Bundeskanzler, das zentrale Thema war Arbeit – auch in Österreich ein sehr wichtiges Thema, und fast alle Debattenredner unserer Gruppe haben sich schon


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damit beschäftigt, dass es das Ziel ist, etwa zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist eine Chance für viele Klein- und Mittelbetriebe, vor allem auch in den peripheren Räumen. Es schafft dort Wertschöpfung, was ganz wichtig ist! Ich glaube, das ist auch deshalb entscheidend, weil die Menschen Arbeit brauchen, weil wir ihnen Hoffnung geben müssen und sie nicht warten lassen dürfen, bis sie irgendwo eine Versorgung erhalten.

Vor allem die Arbeitsmöglichkeit für die Jugend muss uns ein zentrales Anliegen sein, und es geht aus den Positionspapieren sehr klar hervor, dass man gerade dieser Frage eine besonderen Bedeutung beigemessen hat. Ich denke, das ist deshalb wichtig, weil Arbeit auch Sicherheit schafft. Und wenn das alles bewerkstelligt werden kann, besonders auch in Österreich, dann, glaube ich, werden wir auch viele anstehende Probleme besser lösen – so, wie wir auch die Frage der Standort-Position in Europa gut lösen konnten. Wenn Sie mir vielleicht kurz Ihre Aufmerksamkeit schenken: Von 25 Staaten haben wir hier die dritte Position! – Das wurde uns doch nicht geschenkt! Das ist doch hart erarbeitet worden, mit einer zukunftsorientierten und guten Politik.

Das Nächste ist die Energiewirtschaft. Ich denke, dass wir zum Jahreswechsel vor einer großen Krise gestanden sind, die Gott sei Dank nicht von allen wahrgenommen wurde, aber es war an der Zeit zu handeln. Und die Neuausrichtung dahin gehend, Abhängigkeit zu reduzieren, Eigenvorsorge zu stärken und intelligente Energie­bewirt­schaftung zu machen, stimmt mich zuversichtlich. Wenn gesagt wird, dass der Anteil der erneuerbaren Energie auf 15 Prozent angehoben werden soll, dann ist das natürlich eine große Vorgabe. Das umzusetzen bedarf der Mitwirkung von vielen, vielleicht von uns allen. Genauso soll auch der Anteil der Biotreibstoffe auf 8 Prozent angehoben werden. Ich denke, dass das nicht nur ein Programm für die Agrar­wirtschaft ist, sondern das ist ein Programm für die österreichische, ja für die euro­päische Volkswirtschaft!

Das, glaube ich, sind die Dinge, die wir heute besprechen sollen, genauso wie auch die ländliche Entwicklung. Es geht nicht an, dass wir dieses wichtige Thema nur mit einem Neidkomplex betrachten. Hier geht es darum, dass wir nicht die Mittel senken, sondern die Mitteln sichern, so wie es gelungen ist, und damit schaffen wir Arbeitsplätze auch dort, und das ist für die gesamte Wirtschaft wichtig, das ist für das Land wichtig, damit das Land lebt, damit das Land blüht!

Nach dieser Politik der Sachlichkeit, die ehrlich ist, die planbar ist, die die Zeit zum Gestalten nützt, haben die Menschen Sehnsucht. Wenn Österreich von außen bewer­tet wird, dann steht – man konnte es vor kurzem lesen –: „Erfolgsmodell Österreich: Die Alpenrepublik übernimmt für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Das kleine Nachbarland zeigt es allen“, wie Politik und Wirtschaft aufeinander gut abgestimmt und erfolgreich für die Menschen dargeboten werden können.

Danke, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Bravo!)

9.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich Herrn Abgeordnetem Dr. Einem das Wort erteile, möchte ich die Damen und Herren Abgeordneten daran erinnern, dass wir in der Präsidialkonferenz übereingekommen sind, nicht im Plenum zu telefonieren. Ich sage das aus gegebenem Anlass. Herr Abgeordneter Faul ist jetzt gerade nicht im Saal, aber er hat 4 Minuten lang telefoniert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Er hat mit der BAWAG telefoniert!) Ich wollte nur den Vorredner nicht unterbrechen.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Einem. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 



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9.55.32

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sie sollten uns nicht vorwerfen, dass wir Sie nicht auch loben. Herr Bundeskanzler, einen guten Futterverwerter nennt man jemanden, der wenig isst und trotzdem zunimmt. Sie sind einer, der sehr wenig Erfolg zu berichten hat und sich trotzdem so hinstellt. Das finde ich bewundernswert, wie Sie das machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Und das Zweite, Herr Bundeskanzler, ist Folgendes – ich will Sie auch in einem zweiten Punkt noch loben und anerkennen: Es ist nämlich unbestreitbar, dass die österreichische Präsidentschaft die Organisation der Präsidentschaft sehr professionell durchführt. Das bestreiten wir nicht. Und ich glaube auch, dass das Klima, das Sie in den Sitzungen verbreiten, durchaus positiv zu nennen ist; das bestreiten wir auch nicht. Was wir aber bestreiten, ist, dass das, was Sie uns hier als Ihr Vorhaben berichtet haben, und das, was Sie uns hier als Ihr Ergebnis berichtet haben, besonders anspruchsvoll gewesen wäre.

Lassen Sie es mich an zwei, vielleicht drei Dringen darstellen: Sie selbst – ich zitiere Bundeskanzler Schüssel – sagen:

„Die Konjunktur ist gut. Wenn wir uns anstrengen, könnten wir zwei Millionen Arbeitsplätze pro Jahr schaffen.“

Ja, es wäre eine tolle Geschichte, wenn das etwas wäre, nur: Müssen Sie sich dafür überhaupt anstrengen, Herr Bundeskanzler? – Die Antwort ist: Nein, Sie müssen sich überhaupt nicht anstrengen! Das ist nämlich genau das, was die Wirtschaftsforscher prognostizieren. Sie haben sich Ihr Ziel genau dort festgelegt, wo es ohnedies eintritt, und sagen dann: Das war unser anspruchsvolles Ziel!, und wenn es dann eingelöst werden sollte, dann sagen Sie: Das waren wir! – Das waren überhaupt nicht Sie! Wenn es eingelöst wird, dann waren es die Wirtschaftsforscher, die richtig prognostiziert haben. Sie haben dazu wenig, um nicht zu sagen gar nichts beigetragen. (Abg. Scheibner: Die Wirtschaftsforscher schaffen Arbeitsplätze?)

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt ansprechen: Sie haben auch heute wieder gesagt und die Frau Außenministerin hat in der „Pressestunde“ gesagt und Sie haben auch letzte Woche in Brüssel immer wieder gesagt, der Staat schaffe keine Arbeits­plätze, das schaffen nur die Unternehmer. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) – Toll!

Nur: Darf ich Sie fragen, Herr Bundeskanzler, wer eigentlich für die Dinge zuständig ist, die in der Lissabon-Strategie vereinbart sind? Wer ist denn das, der Infrastruktur­investitionen zahlt? Ist das der Staat oder sind das die Unternehmen? Wer macht denn das mit den Straßen und mit den Schienen und mit der Kanalisation?

Oder lassen Sie mich ein Zweites fragen: Wie ist denn das mit der Bildung, die so wichtig ist, um den Standort Europa zu retten? Wer zahlt die Schulen und die Lehrer? Wer macht das mit den Universitäten? (Abg. Großruck: Der Steuerzahler!) Machen das alles die Unternehmer oder macht das der Staat mit den Mitteln der Steuerzahler?

Herr Bürgermeister, das ist doch ein bisschen billig! (Abg. Großruck: Und damit auch wieder die Wirtschaft!) Also macht es der Staat oder macht es nicht der Staat? – Nein, es machen die Lohnsteuerzahler den Hauptteil davon. Da irren Sie auch!

Ich frage Sie einfach nur: Schafft der Staat Arbeitsplätze – kann er oder kann er nicht? (Abg. Rädler: Das war ja das Versprechen der SPÖ: Wir schaffen Arbeitsplätze!) Wer finanziert denn die Grundlagenforschung, wenn nicht der Staat sie finanziert? Bei der anwendungsorientierten Forschung, da sind natürlich die Unternehmen tätig, ja – aber bei der Grundlagenforschung sagen Sie mir doch bitte nicht, dass das die Privaten finanzieren! (Abg. Mag. Hakl: Deswegen geben wir ja so viel Geld ...!) – Diese Gelder,


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meine sehr geehrten Damen und Herren, kann der Staat ausgeben, wenn er sie ausgibt. Der Punkt ist nur: Sie wollen sie nicht ausgeben! Die Kindergärten hat Herr Bartenstein jetzt gerade entdeckt. Erstaunlich! Sie haben sechs Jahre lang nichts getan, um die Zahl der Kinderbetreuungsplätze zu erhöhen. Wer zahlt denn Kinder­betreuungsplätze, wenn es um deren Schaffung geht? Ist das der Staat oder sind das die Unternehmen?

Herr Bundeskanzler, bleiben Sie uns mit dieser Ideologie vom Hals! Das, worum es geht, ist, dass Sie so tun, als ob es so wäre, und genau das steht auch in dem Programm drinnen: Kein Geld für all diese Maßnahmen! Die Unternehmen sollen tun, wenn sie haben.

Lassen Sie mich noch ein Weiteres ansprechen: KMU-Förderung. Auch Herr Stumm­voll ist nicht müde geworden zu sagen: Diese Regierung steht für Mittelstands­förderung! (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!) – Einen Schmarr’n, Herr Abgeordneter, einen Schmarr’n! (Abg. Mag. Molterer: Herr Einem, das sagt man doch nicht!) Der Herr Bundeskanzler sagt, er habe den Arbeitgebervertreter in Europa eingeladen. Er hat den Industrievertreter in Europa eingeladen, und er hat ausdrücklich dem Vertreter der kleinen und mittleren Unternehmen gesagt, dass er nicht teilnehmen darf. – „Tolle“ Leistung! (Abg. Mag. Molterer: Sie gehen ja auf das Niveau von Cap, Herr Einem!)

Die Steuerreform, die Sie mit Ihrer Regierung gemacht haben, Herr Bundeskanzler, hat dazu geführt, dass die großen Unternehmen im Rahmen der KöSt-Senkung 1,1 Milliar­den € geschenkt bekommen haben. Was haben denn die kleinen Unternehmen bekommen, wenn ich fragen darf? – Denen haben Sie sogar noch die Investitions­begünstigung gestrichen! (Abg. Dr. Stummvoll: So ein Unsinn! – Abg. Mag. Hakl: Einkommensteuersenkung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, bei den Angaben, die Sie hier machen, kann man getrost sagen: Sie haben sich nichts vorgenommen! Sie haben hier so getan, als ob es großartig wäre, und es ist so ähnlich wie das, was Sie im Inland leisten: Sie behaupten, die Zahl der Arbeitsplätze steigt – in Wahrheit sind es Teilzeit-Arbeitsplätze, und wenn man sie in Vollzeit-Äquivalenten ausrechnet, wird deutlich, dass mehr verloren gegangen ist, als gewonnen wurde. – Herr Bundes­kanzler, das ist eine armselige Bilanz! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: So ein Unsinn!)

10.00


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Debatte zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Er hat, so wie jeder andere, 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Bundes­kanzler.

 


10.01.01

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter Einem, das ist eine interessante Frage, die Sie aufwerfen: Ob sozusagen das, was ist oder was wir uns vorgenommen haben – übrigens gemeinsam vorgenommen haben, das bestreitet ja niemand –, automatisch kommt oder ob das konkrete Maßnahmen erfordert. – Na, natürlich erfordert das konkrete Maßnahmen!

Wir sind heute zum Beispiel im Ranking – das ist ja auch in dieser Woche veröffentlicht worden, und der Sprecher der ÖVP-Fraktion, Spindelegger, hat ja auch darauf hin­gewiesen – zum ersten Mal auf dem „Stockerl-Platz“ – wir sind zum ersten Mal unter die besten drei der Europäischen Union vorgestoßen! –, und wenn Sie glauben, das ist automatisch gewesen oder ist das Versagen von sechs Jahren Regierungspolitik von uns beiden hier (auf sich selbst sowie auf den neben ihm auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzler Gorbach weisend) und den Regierungsfraktionen, muss ich


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sagen: Das ist allemal ein schöner „Misserfolg“, wenn man sich unter 27 auf den dritten Platz nach vorne gearbeitet hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dort waren wir unter Ihrer Führung nie – das sage ich auch einmal sehr, sehr deutlich.

Zweiter Punkt: Herr Dr. Einem, Sie waren doch selbst einmal Infrastrukturminister (Oje-Rufe bei der ÖVP), wenn ich mich dunkel erinnere (Abg. Scheibner: Sehr dunkel war das!), Sie kennen doch die Zahlen! Also, automatisch ist es nicht, dass wir in Österreich heute doppelt so viel in Schiene und Straße investieren als zu Ihrer Zeit! Automatisch ist das nicht, das ist Anstrengung (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) – obwohl wir in dieser Zeit das Budget in Ordnung gehalten haben, obwohl wir in dieser Zeit die größte Entlastung gemacht haben.

Nur ein kleines Beispiel: Automatisch ist es nicht, dass wir heute jedes Jahr Unter­neh­mensgründungs-Rekorde haben, wesentlich mehr Unternehmer ... (Abg. Dr. Einem: Und die höchste Arbeitslosigkeit!)

Entschuldigen Sie: Im Jahr scheitern 5 000, 6 000, 7 000 Unternehmer – und wir haben Neugründungen von 31 000! Wollen Sie jetzt bitte jeden Unternehmer pragmati­sieren? – Dann landen wir wirklich in einer Art von Wirtschaft, die so nie funktionieren kann! Das Leben und das Gebären ist viel, viel größer als die Zahl derer, die scheitern – und das ist notwendig in einer lebenden Wirtschaft!

Seien Sie doch mit uns stolz darauf, dass wir es geschafft haben, dass wir Grün­derrekorde haben, dass wir den Mittelstand um 1,4 Milliarden entlastet haben! Auto­matisch, Herr Abgeordneter Einem, war das nicht, das will ich hier ausdrücklich festhalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder nehmen Sie das Thema Forschung her. Es gab ja einmal eine Forschungs­offensive, die Viktor Klima und ich in Gang zu bringen versucht haben. Das Ganze ist nur liegen geblieben, es ist leider Gottes eben der Elan stecken geblieben. Seit dem Jahr 2000 investieren wir – und zwar Wirtschaft und Staat gemeinsam – um das Doppelte mehr als vor dem Jahr 2000!

Wenn Sie glauben, das ist automatisch – mit Verlaub gesagt: Das erforderte harte Anstrengungen! Das erforderte zwei Reformdialoge, eine völlige Neuordnung der Forschungslandschaft, die Gründung des Instituts für Science and Technology – gegen die Sie zuerst gewesen sind, wo Sie aber jetzt Gott sei Dank doch mitgehen –, was ich für ganz wichtig halte und außer Streit stelle. Aber das waren keine Selbst­verständ­lichkeiten!

Wir haben international die beste indirekte steuerliche Forschungsförderung! – Auto­matisch? – Nein, Herr Abgeordneter Einem, automatisch war das nicht, auch wenn Sie dagegen gestimmt haben; das sei hier auch vermerkt. Zu der Automatik, die Sie behaupten, haben Sie nichts beigetragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Noch ein Punkt: der Arbeitsmarkt. – Bitte, automatisch ist es nicht, dass wir heute, obwohl wir eine gute Konjunktur haben, doppelt so viel für aktive Arbeitsmarkt­förderung ausgeben wie in der Zeit, als ... (Abg. Dr. Einem: Doppelt so viele Arbeits­lose gibt es!) Doppelt so viele Arbeitslose?! – Na, bitte! Herr Abgeordneter, machen wir gemeinsam einmal einen Blick auf die Zahlen, dann werden Sie sehr viel realitätsnäher werden (Abg. Broukal: Sie haben Recht! Es sind nur 56 Prozent mehr!): Wir haben Rekordbeschäftigung – das sage ich hier ausdrücklich –, wir haben tatsächlich eine steigende Arbeitslosenrate, und wir arbeiten daran, dass sie sinkt! Wir investieren 300 Millionen in diesen Tagen und hoffen, dass das auch wirkt!


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Automatisch ist das nicht! Und mit dem Niederreden von allem, was hier geschehen ist, wird die Lage in Österreich nicht besser. Das sage ich mit bestem Wissen und Gewissen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage noch etwas dazu, wenn Sie die jungen Menschen erwähnen: Wir haben mit Egon Blum einen eigens dafür Beauftragten gemacht, und Michael Häupl, Bürger­meister von Wien – ich habe mit ihm persönlich ein sehr, sehr entspanntes und gutes Verhältnis all die Jahre hindurch –, hat jetzt darum gebeten, dass er einen Termin für ein gemeinsames Gespräch mit Egon Blum bekommt. Und ich bin sehr dafür, denn unser Sorgenkind ist natürlich der Wiener Arbeitsmarkt. In den meisten anderen Bundesländern sinkt ja bereits die Arbeitslosigkeit, bei der Jugend, bitte, sinkt die Arbeitslosigkeit durch unsere Maßnahmen! – Automatisch ist das nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Einem, Sie wären auch gut beraten – Sie wissen, dass ich Sie als intellektuellen Gesprächspartner und Diskutanten schätze –, Sie wären gut beraten, wenn Sie nicht in das Rohr der Allgemeinkritik – alles ist schlecht, alles geht zugrunde!, verkaufts mei Gwand, i’ fahr’ in Himmel! – mit einstimmen. – Das ist nicht wahr! Österreich steht gut da, und nach diesem Europäischen Rat glaube ich, dass auch Europa ein Stück besser dasteht, wenn wir es ernst meinen, was wir beschlossen haben. – Wir nehmen es ernst. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.06.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Kollege Cap, eigentlich müssten einem als Nachredner von Ihnen die zur Verfügung stehenden 5 Minuten Redezeit viel zu wertvoll sein, als dass man auf Ihre Rede eingeht. Ich glaube, Ihre heutige Performance richtet sich selbst; ein paar Vorredner haben bereits darauf verwiesen.

Bevor ich zu Europa komme, noch ein Satz zu Herrn Kollegen Stummvoll. Sie haben gesagt, Herr Kollege, seit 2000 geht es bergauf mit diesem Land, seit 2000 ist Ende der Schuldenpolitik, seit 2000 gibt es Reformen in diesem Land. – Jetzt frage ich mich: Welche Partei ist im Jahr 2000 in die Regierung gekommen, dass es so bergauf geht, dass wir uns so positiv entwickeln? Welcher Klub hat federführend dazu beigetragen, dass nach 16 Jahren Schwarz-Rot oder Rot-Schwarz, wie auch immer man das nennen mag, eine so erfolgreiche Politik Platz gegriffen hat? – Ich kann mich nur bei den Kolleginnen und Kollegen meines Klubs und unseren Regierungsmitgliedern bedanken: Das BZÖ und unsere Klubmitglieder sind Beweis für Qualität! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Gut.

Europa. – Die Vorredner haben es bereits aufgezeigt: Europa ist ein wichtiges Thema. Keine Frage. Die Polarisierung spricht für sich: Ich glaube, dass Europa einerseits als Friedens- und Wirtschaftsprojekt natürlich wichtig ist und von allen außer Frage gestellt wird – wir alle wissen, wir brauchen einen Gegenpol zu Asien, zu Amerika, zu aufstrebenden Wirtschaftsmächten, wir müssen hier etwas dagegen stellen –, anderer­seits ist die Skepsis bei den Menschen groß. Wir haben nach wie vor Angst vor Europa, wir haben Angst vor Brüssel, wir spüren bei den Menschen draußen Angst vor Zentralismus. Und ich glaube, dass man in einem dualen System beides erledigen muss: Ich glaube, es reicht nicht, nur die Erfolge von Europa herauszustreichen, die herzeigbar sind – in vielen Bereich, nicht in allen! –, ich glaube, wir müssen diese


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Sorge und diese Angst der Bevölkerung sehr wohl ernst nehmen, und wir müssen auch dafür sorgen, dass die Themen, die uns tagtäglich beschäftigen, erledigt werden.

Es wurden schon einige Vorhaben und einige positive Dinge herausgestrichen: Es wurde das europaweit einheitliche Führerscheinsystem erwähnt – ein neues, visio­näres System, das hier wirklich einheitliche Rahmenrichtlinien schafft (Abg. Öllinger: Was hat das mit den Ängsten, mit den Befürchtungen zu tun?) –, es wurde über eine Wegekostenrichtlinie gesprochen, die nach Jahren endlich erledigt werden konnte, und der Herr Bundeskanzler hat auch darüber gesprochen, dass wir heimische Projekte, wie zum Beispiel den Brenner-Basistunnel, erledigen konnten.

Was der Herr Bundeskanzler nicht dazugesagt hat, ist: Welcher Minister war es, der all diese wichtigen Projekte auf die Schiene gebracht hat? Welcher Minister und welches Ressort haben hier konkrete Erfolge erzielt? – Es war das Ressort von Hubert Gorbach, unserem Vizekanzler, und ich möchte an dieser Stelle auch einmal danke dafür sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Molterer.)

Herr Kollege Öllinger, und da kommen wir zur Angst: Die Angst der Menschen, glaube ich, besteht auf Grund der Gesamtstimmung. Ich glaube, die Angst hat mit der EU-Verfassung zu tun, die Angst hat natürlich mit der Erweiterungsdiskussion zu tun – Klubobmann Herbert Scheibner hat bereits darüber gesprochen –, die Angst hat mit der Budgetpolitik zu tun, die Angst ist eine, die sich nicht an einem kleinen konkreten Thema festmachen lässt, sondern die Gesamtstimmung erzeugt diese Angst.

Diese Gesamtstimmung – das haben wir beim Volksbegehren gesehen, das vor wenigen Wochen abgehalten wurde – ist nach wie vor da, und diese 260 000 Leute, die unterschrieben haben, muss man ernst nehmen. Wenn auch mit dem Volks­begehren Polemik betrieben wurde, müssen wir das ernst nehmen. Diese Menschen sind hingegangen und haben unterschrieben, weil ihnen das ein Anliegen ist. Ich glaube, da sind wir gefordert, da müssen wir etwas machen. Hier können wir nicht zuschauen und warten, dass die Angst weiter steigt, die Skepsis weiter steigt und am Ende des Tages ein wichtiges und gutes Projekt dadurch gefährdet wird, dass man diese Dinge nicht ernst nimmt.

Budgetpolitik, ein Thema, das sehr oft diskutiert wurde. – Ich glaube, hier muss man wirklich umdenken, hier sollte man wirklich auch neue Ansätze finden. Gott sei Dank, es sprechen nun auch alle führenden Vertreter über alternative Finanzierungs­mög­lichkeiten. Man beginnt, über eine Devisenspekulationssteuer zu diskutieren, man ver­sucht wenigstens, ein System zu erneuern, das über Jahrzehnte hin unverändert war. Es gibt welche, die mehr einzahlen, als sie herausbekommen, und es gibt andere, die mehr Geld bekommen, als sie einzahlen. Hier sollte man wirklich einmal das Gesamt­system evaluieren, hier sollte man wirklich einmal versuchen, neue Ansätze zu finden, sonst werden wir irgendwann einmal in einer Sackgasse landen, und vor dieser Sackgasse fürchten sich die Menschen. Und wenn die Leute in den Dörfern, in den Städten Angst vor der Europäischen Union haben, so ist das ein Zeichen, das man ernst nehmen sollte, denn hier besteht Handlungsbedarf.

Abschließend darf ich auch noch einen konkreten Teilbereich herausgreifen: die Agrarpolitik. Die Agrarpolitik ist eine europäische Politik, ein Bereich, in dem die Politik in Europa gemacht wird. Bundesminister Pröll hat ja die Ländliche Entwicklung abgeschlossen, hat den Grünen Pakt präsentiert, wo zwar das Gesamtvolumen – Kollege Donabauer hat es angesprochen – durchaus herzeigbar ist – man konnte hier sehr viel Geld sichern –, aber der Fehler liegt im Detail. Der Fehler liegt hier ganz klar im Detail, und es gibt Berechnungen verschiedenster Berufsvertretungen, dass die Bauern hier Kürzungen zu erwarten haben, dass es hier zu 15- bis 20-prozentigen


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Förderkürzungen kommen wird, dass es im Bereich der Biobauern, im Bereich der extensiven Betriebe zu 30- bis 40-prozentigen Kürzungen kommen wird.

Meine geschätzten Damen und Herren, das wird sich die Landwirtschaft nicht leisten können! Das wird weiter dazu führen, dass wir die Bauern nicht auf den Betrieben halten können. Das wird uns zusätzliche Sorge machen, und wir sind hier sicher auch als Berufsvertreter gefordert, besonders darauf einzuwirken, dass das System über­dacht wird, dass man in diese Achse vielleicht mehr Geld bekommt, dass man die Prozentverteilung aufschnüren kann, dass man eine Deckelung macht. Wir müssen hier neue Ansätze suchen, denn ich glaube (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen) – mein Schlusssatz, Herr Präsident! –, wir müssen um jeden Arbeitsplatz in diesem Land kämpfen. Und es ist auch jeder Arbeitsplatz auf einem Bauernhof ein wichtiger, ein Arbeitsplatz, um den es sich zu kämpfen lohnt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.12.43

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Der Erstredner der ÖVP, Herr Kollege Spindelegger, hat behauptet, der Bundeskanzler habe für diesen Euro­päischen Rat die richtigen Themen gewählt. Eines dieser Themen, die wichtig gewesen wären, hat der Bundeskanzler aber heute verschwiegen. Eines hat er nicht thematisiert beim Gipfel, eines hat er widerstandslos geschehen lassen: Dass nämlich bei diesem Gipfel der erste Schritt in Richtung einer Renaissance der Atomkraft fixiert wurde. Das, Herr Bundeskanzler, haben Sie auch heute verschwiegen, dass Sie dem widerstandslos zugestimmt haben. (Beifall bei den Grünen.)

Da werden manche fragen: Warum war das denn so? – In diesem Ratsbeschluss steht drinnen, dass es eine fixe Quote für Niedrigemissionstechnologien geben soll. Schauen wir uns an, welche Niedrigemissionstechnologien es gibt – Öl und Gas gehören sicher nicht dazu –: Erneuerbare: Wind, Wasser, Sonne, Biomasse. (Abg. Großruck: Wasserkraft, die Sie verhindern wollen!) Dafür gibt es schon eine fixe Quote, das muss man nicht neu festschreiben. Was bleibt also über? – Die Atomkraft.

Herr Bundeskanzler, Sie haben auch in der Sitzung des Hauptausschusses letzte Woche gesagt: Jedes Land hat das Recht auf seinen eigenen Energiemix. Ich weiß, es ist so in der EU. Es ist immer noch so. Aber anders gesagt heißt das: Jeder macht, was er will, was ihm gerade wichtig erscheint.

In einem Artikel in „Die Zeit“-online hat ein Journalist geschrieben, dieser eigene Energiemix komme ihm so vor wie eine Art Nationalheiligtum. – Herr Bundeskanzler! Nationalheiligtümer oder Heiligtümer überhaupt haben in der Politik aber wirklich nichts verloren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Was heißt das? Was bedeutet das?)

Von einer österreichischen Präsidentschaft hätte ich mir diesbezüglich etwas anderes erwartet. Sie haben ja auch vor der Präsidentschaft gesagt, wie wichtig Ihnen die Anti-Atom-Politik sein wird, wie wichtig Ihnen zum Beispiel eine Euratom-Ausstiegs­konferenz sein wird. Das haben Sie damals gesagt. Und wissen Sie, was Sie damals hätten tun können? – Sie hätten Verbündete suchen können innerhalb der EU, bei den anderen Mitgliedstaaten; es gibt ja immer noch mindestens zwölf, die keine Atomkraft wollen. Aber wo war denn eine Initiative in diese Richtung? Haben Sie jemals versucht, hier Verbündete zu finden, um schon vor dem Gipfel zu sagen: Nein, für eine


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europäische Energiepolitik ist Atomkraft keine Linie!? Haben Sie gesagt: Nein, wir wollen tatsächlich erneuerbare Energien und dort mehr investieren und einen Ausstieg aus der Atomkraft, so wie die rot-grüne Bundesregierung in Deutschland es vorgelegt hat!? – Nein, nichts davon hat man gehört! Sie haben das einfach geschehen lassen.

Herr Bundeskanzler, diesen Vorwurf, ebenfalls in „Die Zeit“, getitelt mit „Energisch lethargisch“, diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. Sie haben heute nicht ein Sterbenswörtchen über diese Renaissance der Atomkraft gesagt, und die öster­reichische Bevölkerung wird Ihnen klarmachen, dass das nicht der Weg ist, den Sie gehen sollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Und was ist positiv aus der Sicht der Grünen?)

Da verblasst leider auch der kleine Fortschritt, der bei der Energieeffizienz erzielt wurde. Er verblasst hinter diesem hier fixierten ersten Schritt in Richtung einer Renais­sance der Atomkraft.

Andere Versprechungen haben Sie auch bei diesem Rat fixiert – aber nur Ver­sprechungen, keine konkreten Schritte. Pro Jahr 2 Millionen neue Jobs? – Welche Programme sind das denn? Wo steht da etwas Konkretes? Ob Ihnen die Millionen von Jugendlichen in Europa, die Jobs brauchen und wollen, damit sie ein Einkommen haben, aber auch, damit sie Zukunftsperspektiven haben, das glauben werden? – Ich sehe da ein großes Fragezeichen dahinter.

Auch in Österreich ist das für mich mehr als fraglich. Die ÖVP hat heute behauptet, zusätzlich 9 000 Lehrstellen wurden geschaffen. Das Wirtschaftsministerium selber sagt, 2005 waren es 3 307, noch dazu mit 7 000 Blum-Förderungen: Das hat 33,6 Mil­lionen € gekostet. Nichts also von 9 000 Stellen – 3 000 Plätze für Lehrlinge waren es nur! Und 17 000 junge Leute warten noch auf Lehrplätze.

Wo sind die konkreten Initiativen? Von Versprechungen, Herr Bundeskanzler, werden die Jugendlichen weder satt, noch haben sie ein Einkommen, noch eine Lebens- und Berufsperspektive, die sie ja über einen Arbeitsplatz bekommen könnten. (Abg. Amon: Haben Sie einen Vorschlag?)

Ein Letztes noch. Sie schwärmen neuerdings vom europäischen Lebensmodell. Herr Bundeskanzler, das klingt toll. Ich weiß, Sie sind Meister darin, sozusagen schwär­merisch zu sein und mit neuen Begriffen zu arbeiten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Unser Verdacht – unser wohlbegründeter Verdacht! – ist aber, dass es Ihnen dabei um Sozialabbau geht. Und das wollen Sie damit verdecken. Herr Bun­deskanzler, auch wenn Sie das mit einem schönfärberischen Begriff versehen, werden Ihnen – auch in Österreich – jene, die tatsächlich schon an der Armutsgrenze und in der Armut leben, wie Alleinerzieherinnen, das nicht glauben. Die werden Ihnen das nicht glauben, und davon werden diese Menschen auch nicht satt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.18.15Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4036/J bis 4077/J; Zurückziehung: 4056/J;

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 45/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 3714/AB bis 3825/AB;

Berichtigung zur Anfragebeantwortung: Zu 3744/AB;

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 41/ABPR bis 43/ABPR;

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 806/A;

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird (1349 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert und das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten aufgehoben wird (1351 d.B.),

Wasserrechtsgesetznovelle 2006 (1356 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (1357 d.B.),

Bundesgesetz über den Auslandsösterreicher-Fonds (AÖF-G) (1363 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1364 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (2. EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz) (1365 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Tierärztegesetz geändert wird (1366 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Mineralrohstoffgesetz und das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert werden (Anlagenrechts­novel­le 2006) (1367 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 84 betreffend „Mobilitätsgarantie der Bundesregierung“, überreicht von der Abgeordneten Anita Fleckl,

Bürgerinitiative Nr. 30 betreffend „Sicher zur Schule – Ein Sitzplatz und ein Gurt für jedes Kind im Kindergarten- und Schulbus“;

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initia­tiven an andere Ausschüsse:

Außenpolitischer Ausschuss:

Petition Nr. 74 betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berück­sichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,

Petition Nr. 80 betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“, überreicht vom Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol und den Abgeordneten Klaus


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Wittauer, Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johan­nes Schweisgut, Helga Machne und Hermann Gahr;

Gesundheitsausschuss:

Petition Nr. 66 betreffend „Verbot des direkten Verkaufs von Frettchen in Tierhand­lungen“, überreicht von den Abgeordneten Klaus Wittauer und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer;

Unterrichtsausschuss:

Petition Nr. 75 betreffend „Bestmögliche universitäre Aus- und Weiterbildung aller PädagogInnen“, überreicht vom Abgeordneten Dr. Robert Rada;

Verfassungsausschuss:

Bürgerinitiative Nr. 28 betreffend „Gehörlose und Schwerhörige fordern gleichwertiges Service vom ORF – Wer 100 % Gebühren bezahlt, muss 100 % Service bekommen“;

Verkehrsausschuss:

Petition Nr. 76 betreffend „Wahrung und Schutz der BürgerInnen-Interessen im Rah­men der Errichtung der Eisenbahn-Hochleistungsstrecke im Raum Klagenfurt“, über­reicht von der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk,

Petition Nr. 79 betreffend „JA! Zur Wohnqualität – NEIN! Zum LKW-Dauerparken im Wohngebiet“, überreicht vom Abgeordneten Dietmar Keck;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll (1355 d.B.),

Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kom­men und vom Vermögen (1388 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/3 (III-207 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Tschechischen Republik, dem König­reich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, der Helleni­schen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Groß­britannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Bulgarien und Rumänien über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union sowie Protokoll samt Anhängen, Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, samt Anhängen und Schlussakte (1389 d.B.);


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Verkehrsausschuss:

Abkommen über die Förderung, Bereitstellung und Nutzung von GALILEO und GPS Satellitennavigationssystemen und verbundenen Anwendungen samt Anhang (1350 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Außenpolitischer Ausschuss:

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend EU-Arbeits­programm 2006 auf der Grundlage des operativen Jahresprogramms des Rates sowie des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission (III-208 d.B.),

Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Fort­schrei­bung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungspolitik 2005 bis 2007 (III-211 d.B.);

Gleichbehandlungsausschuss:

1. Österreichischer Männerbericht der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (III-209 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Fünfter Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Um­setzung des Akademien-Studiengesetzes; Arbeitsjahr 2004 (III-212 d.B.).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt: Der freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäfts­ord­nung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 4078/J der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sicherung des Wirtschafts- und Finanz­platzes Österreich durch lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG Skandals dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3751/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beant­wortung 3751/AB der Anfrage 3849/J der Abgeordneten Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend unglaubliche Anschüttungen gegenüber der Sicherheits­exekutive durch den Direktor des KHM durch die Frau Bundesministerin für Inneres abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.


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10.20.07 Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass der Abgeordnete Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber beantragt hat, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 717/A (E) der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend nationale Maßnahmen zum Schutz vor gentechnisch veränderten Organis­men eine Frist bis 25. April 2006 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlung in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 5, 9 und 10, 11 und 12, 13 bis 21 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Herr Kollege Pointner, könnten Sie so nett sein, mir nicht Ihren Allerwertesten zuzu­wenden? (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitlicher Parlamentsklub 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.

Über diese Redezeit entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

10.21.501. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1316 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, die Exekutionsordnung und das Sicherheitspolizeigesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingriffen in die Privatsphäre geändert werden (Anti-Stalking-Gesetz), über die

Regierungsvorlage (1325 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und über die

Regierungsvorlage (1326 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1383 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1301 d.B.): Zweites Protokoll aufgrund von Art. K.3 des Vertrags über die Europäische Union zum


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Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärungen (1384 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1064 d.B.): Abkom­men über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft an­dererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlun­gen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen, samt Schlussakte und Vereinbarter Niederschrift (1385 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1348 d.B.): Protokoll zu dem am 23. Februar 1995 unterzeichneten Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Rechtshilfe (1386 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1347 d.B.): Protokoll zu dem am 8. Jänner 1998 unterzeichneten Auslieferungsvertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unter­zeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung (1387 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ihre Wunsch­redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.24.21

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich denke, dass es immens wichtig und höchst an der Zeit ist, dass Österreich ein wirksames Anti-Stalking-Gesetz bekommt – aber leider ist das jetzt nicht der Fall. Das Gesetz, das uns heute vorliegt, ist ein Gesetz, das im besten Fall auf halbem Weg stecken geblieben ist, es entspricht jedenfalls nicht der Vier-Parteien-Entschließung, die dieses Hohe Haus an die Regierung gerichtet hat und mit der ein wirkungsvoller Schutz von Stalking-Opfern gefordert wurde.

Das, was sich von dieser Gesetzesvorlage ablesen lässt, und noch mehr von dem Prozess, wie es bis heute zu dieser Gesetzesvorlage gekommen ist, ist, dass dem Bemühen, ein wirkungsvolles Anti-Stalking-Gesetz zu gestalten, ein wenig die Ernst­haftigkeit fehlt und dass letzten Endes übrig bleibt, dass in einem Bereich, wo gerade Frauen die große Mehrheit der Betroffenen, der Opfer darstellen, nur Schutz zweiter Klasse gewährt wird – im Unterschied zu anderen Bereichen, wo das Strafgesetzbuch einschreitet. (Beifall bei den Grünen.)


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Der Prozess dieser Gesetzwerdung ist gekennzeichnet von Dingen, die – und man möchte das schon fast so nennen – an Schlamperei erinnern, und von Verweigerung der Kooperation innerhalb der Regierung. Lassen Sie mich diese Vorwürfe auch begründen.

Als Erstes – nach langer Vorbereitungsphase, nach langem Munkeln über geheim­nisvolle Arbeitsgruppen im Ministerium, wobei man nicht genau wusste, woran sie arbeiten – gab es einen Entwurf, der in Begutachtung ging, bei dem erst in letzter Minute das Finanzministerium meinte: Hoppala, so sicher nicht, wir legen ein Veto ein, denn das enthält ja keine Kostenabschätzung!

Jetzt frage ich mich einerseits, warum das dem Gesetz nicht gleich beigefügt wurde, frage mich andererseits aber auch, was der Finanzminister vorher die gesamte Zeit gemacht hat, bis er draufgekommen ist, dass die Kostenabschätzung fehlt.

Es hat dann wieder lange gedauert, bis eine vage Kostenabschätzung nachgereicht wurde, deren Intention im Wesentlichen, glaube ich, eine Beschwichtigung war, so nach dem Motto: Es wird schon nicht viel kosten! Interessanterweise darf der Gewalt­schutz für Frauen nicht viel kosten – im Unterschied zu anderen Bereichen, die Ihnen wichtig sind, wo Sie mit Razzien mit vollem Kaliber hineinfahren; da spielt das Geld keine Rolle. Es soll auch so sein, dass Kriminalität wirksam bekämpft wird. Im Gewaltschutzbereich, wo hauptsächlich Frauen die Opfer sind, spielen die Kosten aber sehr wohl eine Rolle für diese Regierung. Ich meine, das sollte auf keinen Fall so sein!

Schließlich hat Ministerin Gastinger dann doch einen Gesetzentwurf vorgelegt – in letzter Minute hat sich jedoch das Innenministerium quergelegt und gesagt: Das könnt ihr schon machen, aber nicht mit uns! Das geht uns als Polizei nichts an, wir stellen kein Personal, keine Ressourcen zur Verfügung, damit dieses Gesetz wirkungsvoll um­gesetzt werden kann!

Was soll denn das für eine strafgesetzliche Regelung sein, die in Wirklichkeit auch dringend eine sicherheitspolizeiliche Regelung erfordert, um wirkungsvoll zu sein, wo die Polizei und das Innenressort sagen: Das soll aber bitte ohne uns abgewickelt werden!? – Das sagen Sie Frauen, das ist Ihre Botschaft! Wenn es um Gewalt gegen Frauen geht – und Stalking ist im Wesentlichen eine Form von Gewalt gegen Frauen –, sagen Sie, das gehe Sie nicht viel an.

Lassen Sie mich die inhaltlichen Kritikpunkte zusammenfassen: Stalking tritt in unterschiedlichsten Formen auf, die darauf abzielen, einen vom Opfer jedenfalls sehr unerwünschten Kontakt herzustellen. Ob dieser Kontakt über Auflauern vor der Haustüre, am Arbeitsplatz, über ständige Telefonanrufe, SMS, E-Mails und so weiter geschieht, tut letzten Endes wenig zur Sache. Es geht um unerwünschten Kontakt, der zu einer Form von Psychoterror wird und bei dem, wie wir aus Studien wissen, mit schweren gesundheitlichen und psychischen Folgen als Konsequenz gerechnet wer­den muss.

Das, was notwendig wäre, ist, dass man in einem solchen Fall sofort einschreitet und ein Kontaktverbot verhängt. Das einzig wirksame Mittel ist – das ist auch aus internationalen Erfahrungen bekannt –, dass die Polizei ein sofortiges Kontaktverbot verhängt und zum Beispiel eine Wegweisung veranlassen kann. Wir haben im Gewaltschutzbereich die besten Erfahrungen mit dem Wegweisungsrecht.

Was aber fehlt in dieser Gesetzesvorlage ganz besonders? – Jegliche Form eines Kontakt­verbotes! Sie unterbinden das sofortige Einschreiten der Polizei und schicken die Opfer einmal auf den mühsamen Weg zu den Gerichten. Wer Stalking-Opfer ist, der möge doch zuerst einmal vor Gericht ziehen und dort eine einstweilige Verfügung erwirken.


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Das heißt im Klartext: Es dauert lange, es ist für Menschen leichter machbar, die einigermaßen juristisch bewandert sind oder sich einen Rechtsanwalt leisten können, die im Regelfall ein gewisses Bildungsniveau haben, sich das zutrauen und vor den gesetzlichen Autoritäten wenig zurückschrecken. Alle anderen, die diesen mühsamen Weg nicht gehen können, werden keinen Schutz vor Stalking erfahren, weil Sie das in Ihrem Gesetz nicht vorsehen. Ich halte das für blamabel. (Beifall bei den Grünen.)

Weiters fällt auf, dass es bei der Begutachtung einiges an Kritik an der Regierungs­vorlage gab, auch von der Stadt Wien, wo man betreffend Anti-Stalking schon Erfahrungen gesammelt hat. Doch was war Ihre Reaktion darauf? – Das Gesetz wurde weiter verwässert; statt nachzuverbessern, statt dringende, wichtige Dinge zu ergän­zen, haben Sie die Bestimmungen noch einmal verwässert. Sie sagen: Bei allen Stalking-Formen, die sozusagen via Telekommunikation ausgeübt werden, gibt es kein Offizialdelikt mehr, sondern nur noch ein Antragsdelikt! – Im Unterschied zu Ihrer eigenen Regierungsvorlage, Frau Ministerin! Sie hatten ja am Anfang gedacht, es wäre wichtig, da ein Offizialdelikt zu verankern. Jetzt aber schwächen Sie die Situation und die Ausgangslage der Opfer noch weiter ab. Das ist das Ergebnis der Begutachtungen, im Rahmen derer Sie Kritik geerntet haben.

Ich frage mich, ob das nicht auch mit einer gewissen Form von Verharmlosung zu tun hat, wie wir sie ja auch von Sprechern des Innenressorts kennen, die über die Medien salopp mitteilen ließen: Man kann doch nicht jemanden ins Gefängnis stecken, weil er Rosen schickt! – Entschuldigung, wenn er vielleicht täglich Rosen schickt und es dezidiert unerwünscht ist, wenn es Psychoterror ist, Rosen zu schicken, dann muss das natürlich geahndet werden! Sie glauben, dass das eine Kavaliersgeste ist. Sie machen aus einem Gewaltakt ein Kavaliersdelikt! (Beifall bei den Grünen.)

In Summe kann man also herauslesen, dass Sie in Wirklichkeit der Verharmlosung des Stalkings Vorschub leisten, weil Sie es im Gesetz nicht ernsthaft und nicht seriös behandeln und weil es Ihnen offensichtlich reicht, dem Namen nach ein Anti-Stalking-Gesetz vorgelegt zu haben.

Dasselbe Muster finden wir bei der mitbehandelten Novelle des Umweltstrafrechtes, wo Sie die Europa-Konvention sehr wirtschaftsfreundlich interpretieren und bei weitem nicht ausschöpfen, was die Konvention zuließe, und wo es Ihnen auch reicht, dem Namen nach das Umweltstrafrecht novelliert zu haben.

Sie meinen, dass es reicht, Dinge dem Namen nach zu erledigen – wir meinen, es ist unabdingbar, Dinge dem Inhalt nach korrekt, ernsthaft und seriös zu erledigen. Ich kann Ihnen daher nur sagen: Ihre Arbeit und Ihre Vorlagen reichen jedenfalls nicht! (Beifall bei den Grünen.)

10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. Ihre Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.32.26

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Gastinger! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich aus der Praxis heraus dem Thema Anti-Stalking widmen – und nicht den Werdegang des Gesetzes zitieren. Ich darf heute mit einem Beispiel beginnen; ich wurde von einer Betroffenen autorisiert, das heute hier darzulegen.

Vor zirka einem Monat habe ich in der Beratungsstelle einen Anruf bekommen, bei dem eine Lehrerin Folgendes schilderte: Sie hat seit November immer wieder Anrufe bekommen – es hat sich aber der Anrufer nicht gemeldet. Es ist ihr dann ein bisschen angst und bange geworden. Und es war dann so, dass im Umfeld ihrer Familie jemand


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mit ihrem Namen ins Internet eingestiegen ist – ob das schon eine Ahnung war oder wirklich Zufall, sei dahingestellt. Auf jeden Fall war dann mit ihrem Namen versehen eine Seite im Erotikbereich sichtbar, mit ihrer Telefonnummer. Es war eine Foto­montage. Sie hat gesagt: Ich bin fix und fertig gewesen, ich habe geglaubt, ich bin vergewaltigt worden. – So hat sie das als Frau empfunden.

Sie hat zuerst geglaubt, das sei ein Scherz von jugendlichen Schülern, und hat das bei der Gendarmerie angezeigt – es wurde verfolgt und dabei festgestellt, dass ein Ex-Partner, mit dem sie vor sechs Jahren eine Beziehung hatte, das ins Internet gestellt hatte. Inzwischen ist sie wieder verheiratet, ist auch verzogen, aber dieser Ex-Partner ist an der gleichen Schule wie sie.

Sie hat erklärt, dass sie aus allen Wolken gefallen ist, denn sie und ihr Ex-Partner sind sich in dieser Zeit ganz normal begegnet, freundliches Auftreten, kein Problem. – Und dann erfährt sie das.

Diese Schule ist in einer kleinen Gemeinde. Man kann sich vorstellen, dass sie sich nicht mehr in diese Schule getraut hat. Die Schulbehörde hat auch nicht gleich reagiert. Diese Frau hat das gemeldet, der Direktor hat alle Schritte in die Wege geleitet, aber sie konnte mir bis zum gestrigen Tag nicht sagen, ob dieser Kollege suspendiert ist oder nicht. Juristen haben mir gesagt, es müsste so sein, aber es war noch nicht klar.

In unserem Gespräch haben sie und ich erarbeitet, dass ihr Schutz jetzt auf jeden Fall Vorrang hat. Sie ist dann in den Krankenstand gegangen und hat eine Psychotherapie begonnen.

Gott sei Dank unterstützt auch die Familie, nämlich ihr Gatte, sie sehr – das ist nicht bei allen Opfern der Fall.

Diese Lehrerin hat sich an mich gewandt, weil sie schon einmal bei mir war, nämlich auf Grund von Mobbing. Und jetzt komme ich zu dem Vergleich: Ich glaube, dass Stalking mit Mobbing sehr vergleichbar ist. Es geht um Psychoterror, es geht um schikanöses Verhalten, und es geht in diesem Sinne bei Stalking um Beharrlichkeit – von Mobbing spricht man bei schikanösem Verhalten über einen gewissen Zeitraum hinweg.

Wesentlich dabei ist, dass die betroffene Person wirklich in ihren Lebensumständen eingeschränkt ist. Das führt zu Gesundheitsschädigungen, Krankenständen et cetera, was neben dem persönlichen Leid letztendlich auch zu hohen volkswirtschaftlichen Kosten führt.

Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass die Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel und die Ministerinnen Gastinger und Prokop den Mut hatten, uns dieses Gesetz zur Beschlussfassung vorzulegen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dipl.-Ing. Achleitner.)

Wir bewegen uns in diesem Bereich auf Neuland. Es geht sehr um Empfindungen und Gefühle, und in diesem Bereich Beweisbarkeit zu erbringen, ist nicht immer einfach. In einer Ausschussfeststellung wurde festgehalten – und das ist gut so –, dass die Wirk­samkeit dieses Gesetzes evaluiert wird, Kollegin Weinzinger, um bei neuen Erkennt­nissen die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.

Ich danke gerade auch als Beraterin – man fühlt sich da oft ohnmächtig – für diesen Schritt von mehr Gerechtigkeit für die Betroffenen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dipl.-Ing. Achleitner.)

10.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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10.36.57

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gos­podo! Herr Präsident! Frau Ministerin Gastinger! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn einer Rosen schickt, dann kann man ihn doch nicht ein Jahr einsperren! – Das ist der bedeutungsschwangere Satz, den das Innenministerium zum Thema Stalking heuer gefunden hat. Ich glaube, es war Anfang des Jahres, nämlich im Jänner, als sich die Frau Ministerin – in diesem Fall muss ich es so sagen – so bemüht hat, ein Anti-Stalking-Gesetz in Österreich im Auftrag des Nationalrates auf die Beine zu stellen. Frau Kollegin Weinzinger hat ja schon darauf hingewiesen, dass es eine Vier-Parteien-Entschließung und Aufforderung an die Frau Bundesministerin war, dem Nationalrat ein entsprechendes Gesetz vorzulegen. Also: Wenn einer Rosen schickt, dann kann man ihn doch nicht ein Jahr einsperren!

Wenn einer einmal Rosen schickt, dann wird man ihn tatsächlich nicht ein Jahr einsperren, sondern, Frau Ministerin, man wird sich darüber freuen, wenn derjenige, der die Rosen schickt, auch derjenige ist, über den man sich freut – das ist nämlich entscheidend!

Ich lege keinen Wert auf Rosen von Menschen, die mir durch das Schenken von Rosen wehtun wollen – Sie sicher auch nicht, Frau Ministerin –, und schon gar nicht, wenn es nicht einmal, sondern täglich Rosen sind!

Die Rosen sind jetzt quasi nur ein Begriff, der zeigt, was unerwünscht ist: permanente Nachstellung, permanenter unerwünschter Kontakt, ob in Form von Rosen oder in anderer Form, wie etwa durch SMS, Telefonterror oder Terror, wie ihn Kollegin Riener geschildert hat, oder auch sozusagen durch das physische In-die-Nähe Kommen, das Vor-der-Tür-Stehen, das Abpassen bei der Straßenbahn oder das Sich-Bewegen am Arbeitsplatz oder irgendwo in der Nähe und in Sichtkontakt. Wenn diese permanente Nachstellung und dieser unerwünschte Kontakt da sind, dann ist das Stalking, meine Damen und Herren, ist gleich Psychoterror, und das sollte und wird in Österreich strafbar sein. (Abg. Scheibner: Wieso seid ihr dann dagegen?)

Damit bin ich noch ganz bei der Frau Ministerin, sogar bei Herrn Klubobmann Scheibner, damit bin ich noch bei Ihnen. Die Frage ist nur, Frau Ministerin: Wie kommt eine betroffene Person – jetzt fasse ich das geschlechtsneutral, es kann ja auch Männern passieren, dass sie zu häufig Rosen bekommen, aber solche Fälle sind mir eigentlich noch nicht wirklich bekannt – dazu, dass ihr die Staatsgewalt, wenn Sie so wollen – und um diese geht es im Strafrecht –, auch Schutz bietet? Und da setzt mein Kritikpunkt an, den ich hier noch einmal wiederholen und noch einmal dezidiert auch Klubobmann Scheibner zur Kenntnis bringen möchte, damit er versteht, warum die Grünen mit diesem Anti-Stalking-Gesetz, wie es im Strafgesetzbuch jetzt festgelegt wird, nicht zufrieden sind.

Der Grund dafür ist nämlich, Herr Klubobmann Scheibner, dass es den Opfern – in der Regel sind es weibliche Opfer – nicht in der Geschwindigkeit, dass Gesund­heits­schäden verhindert werden können, möglich ist, zu erreichen, dass Maßnahmen dagegen gesetzt werden. Dies ist ja der Punkt an der ganzen Geschichte!

Wenn jemand so schwer beeinträchtigt wird, dass es eine Körperverletzung ist und man somit gesundheitlichen Schaden nimmt, dann braucht man ja im Wesentlichen keine Stalking-Bestimmungen. Die Stalking-Bestimmungen sollen ja verhindern, dass jemand Schaden an seiner Gesundheit nimmt, dass etwa eine Frau durch Psychoterror nervlich, wie Frau Riener es geschildert hat, so beeinträchtigt wird, dass sie nicht mehr arbeitsfähig ist. Dazu, dass dieser Schutz gewährleistet wird, wird es aber, meine Damen und Herren, in Österreich nicht kommen, denn in Österreich vertritt das


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Innenministerium die Auffassung: Wenn einer Rosen schickt, dann kann man ihn doch nicht ein Jahr einsperren!

Wenn so etwas aus dem Mund oder aus dem APA-Ticker oder aus der Schreib­maschine oder aus dem Computer des Innenressorts kommt, dann frage ich mich, wie potentielle Stalkingopfer in Österreich Vertrauen in die Exekutive werden entwickeln können, nämlich dahin gehend, dass die Exekutive dann einschreitet, um sie zu schützen, bevor sie krank und fix und fertig sind. – Das ist es, was uns daran nicht gefällt! (Beifall bei den Grünen.)

Genau der Punkt ist es, dass es keine Möglichkeit beziehungsweise Verpflichtung für sofortiges Einschreiten der Polizei gibt, die dazu führen würden, dass es den nötigen Schutz gibt und dass die strafrechtlichen Bestimmungen auch wirken. (Abg. Scheibner: Stimmt ja nicht!) Das ist der Punkt!

Wenn dieses Verfahren so ist, dass man zuerst einmal eine Anzeige machen, zur Polizei gehen und das dort irgendwie erläutern, lang und breit erzählen muss und dann eine einstweilige Verfügung erwirken muss – man muss einmal den Richter bezie­hungsweise die Richterin überzeugen, dass das ein für die Gesundheit und das Wohlbefinden schädliches Verhalten ist –, dann wird das nicht zielführend sein. (Abg. Scheibner: Haben Sie das Gesetz auch gelesen?) Erst irgendwann einmal, wenn das alles ohnehin schon ein unglaublich langer Prozess ist, wo man ohnehin schon fast fix und fertig ist, kann vielleicht die Polizei zum Schutz der Opfer einschreiten.

Das ist nicht Anti-Stalking-Gesetzgebung und wirkungsvoller Schutz der Opfer vor Stal­king, wie wir ihn uns vorstellen! Deshalb, Frau Ministerin, lehnen wir die StGB-Bestimmungen ab, weil die entsprechende Umsetzung im Sicherheitspolizeigesetz, das dann nämlich die wirklich effiziente und unmittelbare Hilfe verspricht ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Entschuldigen Sie, Frau Rednerin. – Darf ich die Leute an den Fernsehkameras daran erinnern, nicht in die Unterlagen der Abgeordneten hinein zu filmen.

Am Wort ist die Rednerin.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Damit bin ich auch schon am Schluss meiner Ausführungen.

Die Kolleginnen und Kollegen haben jetzt vielleicht verstanden, dass es einen Unter­schied gibt zwischen sozusagen Wahljahragitation, die da lautet: Wir haben ein Anti-Stalking-Gesetz beschlossen!, und dem konkreten Schutzbedürfnis der einzelnen Opfer, die ja jetzt womöglich glauben, geschützt zu sein.

Ich kann es zahlenmäßig nicht genau sagen, aber 90 Prozent der Fälle sind sicher mit Stalking im unmittelbaren, also engeren familiären oder ehemals familiären Umfeld konfrontiert. Der häufigste Fall von Stalking geschieht innerhalb von Partnern bezie­hungsweise Expartnern, also von Menschen, die einander kennen oder gekannt haben, die eine nahe Beziehung zueinander hatten, wie in jenem Fall, der von Frau Riener geschildert wurde. Genau das erst späte Einschreiten der Polizei und der leider so langatmige und langwierige Prozess der Opfer, um sich von staatlichen Stellen tatsächlich Schutz zu holen, sind die Gründe dafür, warum wir mit diesem Anti-Stalking-Gesetz, das wir als unzureichend ablehnen, eben nicht zufrieden sind. (Beifall bei den Grünen.)

Ein letztes Wort noch, meine Damen und Herren, zu den Umweltstrafbestimmungen. Ja, jeder Staat hat die Möglichkeit, Konventionen, Richtlinien dann sozusagen ins nationale Recht zu implementieren, wie halt der Spielraum ist, den die Konvention zulässt. Österreich hat mit diesen neuen Bestimmungen im Strafgesetzbuch in einigen


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Fällen sehr wohl Präzisierungen vorgenommen. Aber die internationalen Normen, die Österreich die Möglichkeit geben würden, auszugestalten und schärfere, konkretere Bestimmungen zu erlassen, und zwar gegen die Verursacher, die sich gerade in Um­weltverfahren – jetzt sage ich es ein bisschen salopp – im Bereich von Wirtschaft und Unternehmen befinden, wurden vom Spielraum her natürlich so interpretiert, dass sie möglichst wenig weh tun.

Wenn es um die Gefährdung der Bevölkerung durch ganz grobe, ganz willkürliche und grob fahrlässige Beeinträchtigung der Umwelt geht, dann sollte man den Spielraum jetzt auch im Sinne der Gesundheit und des Wohlergehens der Bevölkerung so eng wie möglich fassen. Aber das ist von dieser Regierung nicht zu erwarten. Deshalb hoffe ich auf die nächste. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


10.45.43

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Das Beispiel mit den Rosen, das ja mehrfach hier erwähnt worden ist, verzerrt etwas den Blick, worum es hier eigentlich geht. Daher muss man, wie ich meine, vielleicht zu Beginn noch einmal betonen: Es geht um wesentlich mehr. Es geht doch um massives Nachgehen. Eigentlich ist es immer eine Art Vorbewegung in vielen der Fälle, wo wir dann mit Gewalttätigkeit konfrontiert sind. Es ist ein Schutzgesetz, das eigentlich zu einem Zeitpunkt beginnt, zu dem wir in den Medien immer wieder über derartige Fälle lesen, wo dann der Einzelne, die Einzelne zur Polizei geht und sagt: Ich fühle mich bedroht!

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Ihnen Ihre Tochter, sollten Sie eine haben, wenn sie nach Hause kommt, erzählt, dass ihr, wenn sie aus der Straßenbahn aussteigt und nach Hause geht, zehn Meter hinter ihr jemand nachgeht – nicht einmal, nicht zweimal, sondern das passiert die ganze Zeit. Ich weiß nicht, ob Sie, meine Damen und Herren, dann sagen würden: Na ja, das macht doch nichts, das ist eine Kleinigkeit, das sind sozusagen Rosen, die man dir zukommen lässt!

Insofern muss man schon sagen, Frau Minister: Ich gratuliere Ihnen zwar, dass wir dieses Gesetz überhaupt hier haben, es ist ja eine sozialdemokratische Vorlage, es hatte seine Geburtsstunde im Wiener Gemeinderat, insofern war es natürlich nicht leicht für Sie, das gegenüber Ihrem Koalitionspartner ÖVP hier durchzusetzen, also insofern gratuliere ich Ihnen, aber es ist halt hier leider Gottes dem Herrn Bun­deskanzler und leider auch der Frau Innenminister gelungen, was ich sehr bedauerlich finde, eigentlich all das, was noch sinnhafterweise in ein Gewaltschutzgesetz – denn es ist nichts anderes, es heißt ja auch: Schutz vor beharrlicher Verfolgung – hinein­gehört hätte, wieder herauszunehmen und zu sagen: Na ja, die Polizei setzen wir da nicht ein! Kümmert euch selber darum! Wenn jemand verfolgt wird, dann soll er zunächst einmal zu Gericht gehen und soll dort einen Antrag stellen! Dann bekommt er einen entsprechenden Beschluss! Mit diesem kann er dann zur Polizei gehen, und dann wird vielleicht hier ein Rechtsschutz existieren! – Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, wie lange das dauert.

Man hätte aus dem viel machen können. Die Regierung Schüssel zeigt einmal mehr, wie man aus viel wenig macht. Dass man gerade bei einer Materie, die Persön­lichkeitsrecht, Selbstbestimmung, Schutz vor Gewalt zum Inhalt hat, gerade jetzt während der Zeit der EU-Präsidentschaft Österreichs so umgeht, dass man da in


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keiner Weise eigentlich den europäischen Normen entsprechend vorgeht, das ist schon sehr beschämend. Das möchte ich dem Herrn Bundeskanzler hier doch ins Stammbuch schreiben.

Es wurden auch Beispiele genannt. Wir haben auch noch andere Beispiele, etwa jenes Beispiel, wo der Geschiedene – Frau Kollegin Partik-Pablé, wir haben es ja auch im Ausschuss besprochen – eine Wohnung gegenüber jener seiner Exgattin bezogen hat, sich dort hingestellt hat, eine Kamera, einen Feldstecher ausgerichtet hat und dort gewohnt hat.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Ist das in Ordnung? Wollen wir das so haben? Soll das tatsächlich so sein? Oder soll es da einen entsprechenden Schutz geben? – Wir sagen: Dieser Schutz ist notwendig! Daher war es auch so, dass bereits vor längerem, nämlich vor drei Jahren, im Wiener Gemeinderat unter Stadträtin Brauner eine Initiative gestartet worden ist, deren Ergebnisse wir gemeinsam – das muss man auch dazu sagen – im Justizausschuss in eine Entschließung gefasst haben, wobei wir gesagt haben: Wir, alle Parteien im Justizausschuss, wollen da eine Verbesserung! Wir haben auch eine Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes darin gefordert. Das soll heißen: Auch die Exekutive soll für den Fall, dass ein Einzelner in Not ist und sich an sie wendet, einschreiten können.

Ich finde es wirklich erschütternd, meine Damen und Herren, dass gerade eine Frau, nämlich die Frau Innenministerin, jene war, die, als dieses Gesetz seinen Weg genom­men hat und eine durchaus ambitionierte Vorlage von der Frau Justizministerin ver­sendet worden ist, dann plötzlich abgeblockt und erklärt hat: Na ja, brauchen wir das wirklich? Brauchen wir diesen Schutz? Und derjenige, der damals ihr Sprecher war, hat dann die Geschichte von den Rosen gebracht. Dazu möchte ich Sie fragen: Wenn einer Frau, zum Beispiel Ihrer Tochter, sollten Sie eine haben, wenn sie im Finsteren nach Hause geht, zehn Schritte hinter ihr jemand immer wieder nachgeht, kann man das dann wirklich als „jemandem Rosen geben“ verstehen, meine Damen und Herren?

Wenn ich mir anschaue, wer das war, dann kann ich feststellen: Es war der jetzige Kommunikationschef der Bundesregierung, nämlich Herr Rauch. Wenn das Ihre Einstellung ist, mit den Menschen im Land so umzugehen, und derjenige, der einen derart zynischen Ansatz zum Schutz unserer Kinder und Frauen hat, jetzt der Sprecher der Regierung wird, meine Damen und Herren, dann können wir uns vorstellen, was von Bundeskanzler Schüssel wirklich zu halten ist!

Ich darf noch ganz kurz auf einige andere Gesetzesmaterien zu sprechen kommen, die heute beschlossen werden und die wir auch unterstützen. Wir halten das Privileg, dass die gefährliche Drohung zukünftig auch dann von Amts wegen strafbar ist, wenn sie von Angehörigen ausgesprochen wird, für vernünftig. Es darf keinen Unterschied machen, ob jemand von einem Außenstehenden, vom Ehegatten oder von einem anderen Verwandten bedroht wird. Wir wollen Gewalt nicht, egal, von wem auch immer sie ausgeübt wird.

Es gibt jetzt auch bei der Ehenötigung eine Änderung und vor allem auch bei Missbrauch des Autoritätsverhältnisses. Leider Gottes ist es so, dass wir immer wieder feststellen müssen, dass Missbräuche eines Autoritätsverhältnisses, Sexualdelikte gegenüber Jugendlichen, gegenüber Kindern nicht so selten durch Seelsorger statt­finden. Daher danke ich auch hier für die Bereitschaft der Bundesregierung, diese Seelsorger ausdrücklich in die Strafbestimmung mit aufzunehmen.

Insofern werden wir, nachdem wir auch maßgeblich mit daran beteiligt waren, dieses Gesetz auf den Weg zu schicken, dem zustimmen. Ich verstehe die Einwendungen der Grünen, ich hätte mir auch mehr gewünscht. Ich darf sagen, Frau Bundesminister: Dass Sie das gegenüber dem Herrn Bundeskanzler und der Innenministerin immerhin


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auch noch durchgesetzt haben, dazu gratuliere ich Ihnen wirklich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

10.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé – 5 Minuten Wunschredezeit – zu uns. – Bitte.

 


10.51.57

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die sachlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Jarolim, die durchaus kritisch waren (Abg. Scheibner: Überraschend!) – es war überraschend, dass sie sachlich waren –, respektiere ich ja noch. Aber zu den Grünen muss ich schon sagen: Sie tun immer so, als ob Sie so wahnsinnig für die Frauen eintreten würden. Aber in diesem Fall, nur weil Ihnen einige Punkte dieses Gesetzes nicht passen, stimmen Sie ganz einfach nicht zu und wären eigentlich dafür, dass wir weiterhin ohne Anti-Stalking-Gesetz auskommen müssen. – Also das ist doch wirklich sehr widersprüchlich. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Frau Abgeordnete Weinzinger und Frau Abgeordnete Stoisits, es ist doch wirklich alles, was Sie gesagt haben, an den Haaren herbeigezogen! Sie verzerren die wirklichen Verhältnisse. Sie behaupten, es hätte eine geheimnisvolle Arbeitsgruppe im Justiz­ministerium gegeben. – Die war überhaupt nicht geheimnisvoll. Die Frau Minister hat immer wieder gesagt, reden wir erst über das Anti-Stalking-Gesetz, wenn die Arbeits­gruppe zu einer Entscheidung gekommen ist.

Sie behaupten, die Ernsthaftigkeit fehlt. – Überhaupt nicht! Die Frau Minister hat immer wieder erklärt, wie wichtig ihr die Sache ist. Ich weiß nicht, wie viele sozialistische Justizminister oder jene, die Ihnen zugeordnet werden können, dieses Thema nicht in Angriff genommen haben. Stalking gibt es seit Jahrzehnten, aber kein sozialistischer Justizminister oder Innenminister hat sich je darum gekümmert. Frau Minister Gastinger hat es getan! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie behaupten, für Frauen gäbe es nur einen Schutz zweiter Klasse. – Völlig absurd! Sie sagen weiters, die Polizei geht das überhaupt nichts an. Also ich würde Sie wirklich bitten, nicht zu verunsichern, sondern wenigstens einigermaßen bei der Wahrheit zu bleiben!

Wenn es zu Gewaltanwendungen kommt, haben wir ja jetzt schon das Wegweiserecht. Zehn Tage lang muss der Täter von der Wohnung wegbleiben. Wenn eine dauerhafte Wegweisung erreicht werden soll, dann geht man zum Gericht. Jemand bekommt eine einstweilige Verfügung. Ich habe noch nie gehört, dass es da Probleme mit der Zeit gibt, dass die Gerichte zu säumig sind, sondern das funktioniert. Genauso wird es auch funktionieren beim Verbot der Kontaktaufnahme.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Abgeordneten der Grünen tun ja so, als ob überhaupt kein Einschreiten erfolgen könnte, wenn permanent Rosen geschickt werden oder es Telefonanrufe oder die Belästigung durch SMS gibt. – Das stimmt ja überhaupt nicht, sondern man geht zu Gericht. Stalking setzt ja voraus, dass es eine beharrliche, das heißt, eine ständige Belästigung gibt. Stalking ist ja nicht bei ein­maliger Belästigung gegeben, sondern bei mehrmaliger.

Jetzt wird jemand viermal telefonisch terrorisiert. Am fünften Tag geht die Frau – meistens handelt es sich um Frauen – zu Gericht und beantragt eine einstweilige Verfügung. Sie muss dort nur glaubhaft machen, dass sie terrorisiert wird, und das genügt. Es gibt praktisch keine Anhörung des Gegners. Dann steht die Frau schon unter dem Schutz der Exekutive.


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Es ist völlig an den Haaren herbeigezogen, wenn Sie sagen, Frauen hätten keinen Schutz durch dieses Gesetz, sondern – ganz im Gegenteil! – das Gesetz wird vielen Frauen, aber auch Männern, die gestalkt werden, helfen, die Exekutive wird ein­schreiten, die Gerichte werden schnell arbeiten. Dafür wird die Frau Minister bürgen. Das Verfahren ist nicht so, dass es in die Länge gezogen werden kann.

Ich frage mich, warum auch Sie, Herr Abgeordneter Jarolim, bei aller Sachlichkeit, die ich Ihnen heute attestiere, sagen, es wird ein langwieriger Prozess stattfinden. – Das stimmt ja überhaupt nicht! Eine einstweilige Verfügung ist kein langwieriger Prozess, sondern ist ganz einfach eine sehr schnelle Maßnahme, mit der das Gericht reagieren kann.

Ich möchte noch zu einigen Punkten, die Kollege Jarolim schon angeschnitten hat, die mir aber sehr wesentlich erscheinen, die von den Anti-Stalking-Bestimmungen über­deckt werden, sprechen. Erstens geht es um ein wichtiges Thema, nämlich um Genitalverstümmelung. Bisher hat es auch bei diesem Delikt die normalen Verjäh­rungsfristen gegeben. Jetzt beginnt die Verjährungsfrist erst, wenn das Opfer volljährig ist. Damit ist ein wesentlicher Schritt gesetzt worden, um auch nach einem lang­wierigen Prozess und nachdem die Opfer lange geschwiegen haben, gerichtlich einschreiten und eine Bestrafung des Täters herbeiführen zu können.

Die Zwangsverheiratung und die damit verbundene Nötigung sind schon angeschnitten worden. Jetzt ist die Nötigung nicht mehr privilegiert; die Familie war ja privilegiert bei der Nötigung, das heißt geringerer Strafrahmen und so weiter. Das gibt es jetzt nicht mehr, sondern wenn eine Frau – meistens sind es Frauen – zur Heirat gezwungen wird, dann fällt das unter den strafgesetzlichen Tatbestand der Nötigung.

Sehr wichtig ist, dass bei der gefährlichen Drohung die Ermächtigung, also das Ermächtigungsdelikt, wegfällt. Wir, ich in meiner Eigenschaft als Richterin haben es immer wieder erlebt: Am Freitag sind die Frauen geschlagen worden und zu Gericht gegangen, haben gegen den Mann Anzeige erstattet. Am Montag waren sie wieder da – da hat sich der Mann wieder auskuriert und sie versöhnt – und haben die Ermächtigung zurückgezogen. Das ist immer wieder so gegangen, aber niemals sind die Männer bestraft worden. Ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig. Möglicherweise werden die Frauen nicht so schnell oder nicht so oft zu Gericht gehen, aber wenn eine einmal zu Gericht geht, dann muss sie auch damit rechnen, dass der Mann, der sie geschlagen hat, auch zur Verantwortung gezogen wird.

Wie gesagt: Die ganzen Bestimmungen, die wir heute beschließen, stehen unter dem Einfluss, dass wir jeden Druck auf andere Personen und jede Gewaltanwendung wirklich ahnden wollen. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Anti-Stalking-Bestim­mung, auch wenn die Grünen nicht mitstimmen, sehr zum Vorteil von allen, insbe­sondere von Frauen entwickeln wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.59.00

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Zwei Anmerkungen zum vorliegenden Gesetzespaket.

Anti-Stalking-Gesetz: Ich bin der Meinung, dass es im Gegensatz zu dem, was wir von der grünen Fraktion gehört haben, ein wirksames Gesetz ist, ein wirksames Gesetz, das schon lange überfällig ist, denn die Terrorisierung Einzelner durch zwar nicht Aus­sprechen einer gefährlichen Drohung, aber so Naherücken, dass es in der Luft liegt,


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gab und gibt es schon immer. Dies ist in den letzten Jahren durch die Kom­munikationsformen SMS, E-Mail et cetera noch verstärkt und besser möglich worden. Ich erinnere an das Beispiel, das Kollegin Riener mit dem Internet gebracht hat, wo es um das Bestellen quasi unter Verwendung personenbezogener Daten ging.

Das war bisher entweder überhaupt nicht zu ahnden oder der oder die Betroffene mussten den mühsamen zivilrechtlichen Weg einschlagen. Jetzt geht der Gesetzgeber her und stellt all diese Dinge unter eine erhebliche Strafdrohung, nämlich bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.

Es geht aber nicht nur um die Strafdrohung allein – gerade, wenn es um das Handeln von Menschen geht, die oft aus einer psychischen Extrem- und Sondersituation heraus handeln –, sondern auch um die Möglichkeit des wirksamen Einschreitens.

Was wir hier heute vorlegen, ist gleichzeitig eine Änderung der Exekutionsordnung, sodass all die Dinge, die Sie eingefordert haben – das Verbot von Kontaktaufnahmen, Aufenthaltsverbote, das Verbot von der Weitergabe von Daten und so weiter –, sofort mit einstweiligen Verfügungen ausgesprochen werden können.

Ich halte das für eine rechtlich saubere und wirkungsvolle Vorgangsweise. Die KollegInnen von den Grünen und Herr Kollege Jarolim müssen sich schon die Frage gefallen lassen, warum in den letzten Jahren bei Verbesserungen im Sicher­heitspolizeigesetz und in der Strafprozessordnung von Ihrer Seite nicht mitgegangen wurde, weil angeblich dem Polizeistaat Vorschub geleistet wurde, und Sie jetzt all diese Maßnahmen, die wir heute setzen, in den Bereich der Sicherheitspolizei hinein­bekommen wollen. (Abg. Dr. Jarolim: Sie haben ja keine Ahnung! – Abg. Öllinger: Na na, bitte!) Das ist ein Widerspruch in Ihrer Justizpolitik, den Sie uns erklären müssen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens, meine Damen und Herren, möchte ich auf den Opferschutz aufmerksam machen – dieser wurde von meiner Vorrednerin Partik-Pablé schon erwähnt. Ich halte es für wichtig und richtig, dass Österreich mit dem Verbot der Nötigung zur Zwangs­verheiratung, mit der Abschaffung der Ausnahme der Privilegierung der gefährlichen Drohung im Familienkreis – jetzt wird es zum Offizialdelikt –, genauso wie mit der Verlängerung der Verjährung beim barbarischen Verbrechen der Genitalverstüm­melung klare Signale setzt, diese Dinge in Österreich verfolgbar zu machen. Ich halte es für notwendig, dass auch in einer Auseinandersetzung von Kulturen Österreich ein klares Signal setzt, dass für uns die Würde der Person und die Unantastbarkeit der Person notfalls auch mit Hilfe des Strafrechts für jede und jeden Betroffenen, der sich in Österreich aufhält, verteidigt wird.

Insgesamt, so denke ich, ist dies ein weiterer Fortschritt in einer Reihe von beachtens­werten Justizreformen der letzten Jahre zur Hebung der Rechtssicherheit und zum Schutz der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadl­bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.03.18

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Kollege Tancsits, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Wenn Sie schon von Wider­spruch sprechen, dann möchte ich gleich einmal einen anderen Widerspruch auf­zeigen. Auf der einen Seite bringt Frau Kollegin Riener ein wirklich tragisches Beispiel, wo eine Frau via Internet, via E-Mail belästigt wird. Auch Kollege Tancsits spricht davon, dass Stalking auf Grund der neuen Technologien verstärkt zum Thema wurde, auf das man aufpassen und dem man etwas entgegensetzen muss. Gleichzeitig


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machen Sie genau in dem Bereich Ausnahmen, wodurch es wieder die einstweilige Verfügung braucht und nicht die Polizei von sich aus handeln kann. Das ist meiner Meinung nach ein Widerspruch, der einmal aufgeklärt gehört!

Aber das Anti-Stalking-Gesetz ist ein Gesetz, das in die richtige Richtung geht. Es ist ein erster Schritt. Zur Erinnerung: Die Ausgangssituation ist so, dass laut einer Studie in Wien jede fünfte Frau Opfer eines Stalkers wird. Von allen Stalking-Opfern sind 80 Prozent Frauen. Das heißt, es ist dringend notwendig, diese Frauen zu schützen, und wir brauchen ein Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Das liegt jetzt vor und das ist grundsätzlich gut so.

Dieses Gesetz wurde unter Frau Ministerin Gastinger eingebracht, aber wenn wir uns die Chronologie der Gesetzwerdung ansehen, dann können wir feststellen, dass es dieses Gesetz nicht deswegen gibt, weil Frau Ministerin Gastinger zuständig ist, sondern obwohl sie zuständig ist, und auch nur deshalb, weil es eine tatkräftige Unter­stützung der SPÖ gegeben hat. Das können Sie noch so oft in Frage stellen. Das Gesetz würde es so nicht geben, wenn nicht die SPÖ so darauf gedrängt und vor allem die Vorarbeiten geleistet hätte! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Gemacht haben es aber wir!)

Im November 2003 hat es auf Initiative der damaligen Wiener Frauenstadträtin Mag. Renate Brauner eine Fachkonferenz zum Thema Psychoterror gegeben. Damals ist es das erste Mal in Österreich auf die politische und auf die öffentliche Agenda gesetzt worden, und damals schon wurden Erfahrungen ausgetauscht und Lösungs­möglichkeiten diskutiert.

Im Juli 2004 hat die jetzige Wiener Frauenstadträtin Mag. Sonja Wehsely bei einer Pressekonferenz mit den Experten und Expertinnen einen möglichen Fahrplan und eine Strategie skizziert, wie dieses Gesetz implementiert werden könnte. Es folgte ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss auf Wiener Ebene im September 2004 – auch das geschah auf Grund der Initiative der SPÖ –, worin die Bundesgesetzgebung ersucht wurde, tätig zu werden. Darauf folgten Resolutionen in den Landtagen von Niederösterreich, der Steiermark, Oberösterreich, dem Grazer Gemeinderat, dem Linzer Gemeinderat und so weiter. Das geschah immer wieder auf Initiative der SPÖ, und – das muss auch positiv erwähnt werden – alle Fraktionen haben dann mitge­stimmt.

Auf Bundesebene waren die SPÖ-Frauen auch unter dem Vorsitz von Präsidentin Mag. Barbara Prammer federführend in der Vorbereitung für die Erarbeitung eines Anti-Stalking-Gesetzes. Unter anderem wurde im Jahr 2004 eine bundesweite Kam­pagne unter dem Motto „Selbstbestimmt leben: Ohne Gewalt!“ durchgeführt, wobei die Hauptforderung damals die Einführung eines Anti-Stalking-Gesetzes war.

Am 2. März 2005 – wieder auf Initiative der SPÖ – hat die Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek mit Dr. Jarolim und den grünen Kolleginnen Stoisits und Weinzinger einen Antrag betreffend wirksame gesetzliche und andere Maßnahmen gegen Stalking eingebracht. Damals haben auch schon ÖVP und FPÖ signalisiert, sie könnten mitgehen. Leider sind sie bei diesem Antrag nicht mitgegangen, sie konnten nicht über ihren eigenen Schatten springen: ein klassisches Beispiel, wie Parteipolitik bei ÖVP und FPÖ vorgeht, nur weil der Vorschlag von einer anderen Partei kam und gegen die Interessen der Betroffenen gearbeitet wurde.

Schließlich ist in der Justizausschusssitzung vom 19. April 2005 ein geänderter Antrag mit allen Stimmen aller Fraktionen beschlossen worden. Der Antrag war zwar nicht so optimal – er war, wie man so schön sagt, ein eher weicher Antrag – und war nicht so weit gehend wie der Antrag, den wir zuvor eingebracht hatten, aber uns – im Gegen­satz dazu, wie Sie immer handeln – war das Thema einfach zu wichtig, um auf


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unserem Status quo zu beharren. Besser ein kleiner Schritt und ein Anfang als überhaupt nichts. – Das war unsere Devise, und außerdem gab es damals im Ausschuss auch noch einen Plan, dass das Anti-Stalking-Gesetz bis Jänner 2006 in Kraft treten sollte.

Im Oktober 2005 erfolgte ein Gesetzentwurf von der Justizministerin, der sehr mangel­haft war. Das haben auch zahlreiche Stellungnahmen ausgedrückt. Dieser hätte im Jänner 2006 durch den Ministerrat gehen sollen. Dann hat sich das Innenministerium quergelegt, und auch – nicht zu vergessen – das Finanzministerium. Dieses hat auf einmal die Finanzierbarkeit angezweifelt und so weiter. Alles in allem war dies keine professionelle Vorgangsweise der Justizministerin.

Nach vielen Hindernissen wird jetzt ein Gesetz beschlossen, das zwar nicht ganz so ist, wie wir es ursprünglich vorgeschlagen haben, aber es ist ein erster Schritt und das ist ganz wichtig. Ich denke, die NGOs, die Experten, Expertinnen, die mit den Betrof­fenen arbeiten, können mit diesem Gesetz leben. Das ist wichtig. Darum stimmen wir heute auch zu. Wir müssen uns aber auf alle Fälle ansehen, wie sich das auf die Betroffenen auswirkt und dann gegebenenfalls rasch handeln. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Achleitner –: Geh, sag ihnen, wie es wirklich war! – Abg. Heinisch-Hosek: Genau so!)

 


11.08.50

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Bundesministerinnen! Hohes Haus! Frau Kollegin Stadlbauer, Sie tun wirklich so, als ob die SPÖ selbst nicht vor dem Jahr 2000 in der Regierung gewesen wäre! Sie hatten damals eine Frauenministerin, Frau Mag. Prammer, und daher frage ich Sie: Warum haben Sie dieses Gesetz nicht damals schon umgesetzt? Gott sei Dank gibt es jetzt eine BZÖ-ÖVP-Regierung, die dieses Problem tatkräftig aufgegriffen und auch umgesetzt hat.

Wir stehen auch nicht an, Probleme, die dargestellt werden, aufzugreifen und sie zu lösen. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass wir letztes Jahr hier im Hohen Haus gemeinsam mit VertreterInnen der SPÖ eine Enquete zum Internationalen Frauentag abgehalten haben, im Rahmen derer wir diese Thematik gemeinsam diskutiert haben, die jetzt in dieser Gesetzesvorlage daliegt.

Frau Kollegin Weinzinger, Frau Kollegin Stoisits, Sie heften sich immer auf Ihre Fahnen, Politik für Frauen zu machen und dies zu Ihrem Schwerpunkt zu machen. Und genau dann, wenn es darum geht, Maßnahmen umzusetzen, wenn es darum geht, ganz konkrete Taten zu setzen, sind Sie nicht dabei und sagen: Nein, da machen wir nicht mit! Das tun wir nicht!

Unsere Devise ist, nicht zu jammern, nicht heiße Luft zu reden, sondern wirklich aktiv zu handeln, wenn es um Verbesserungen der Situation der Frauen geht. Es sind in erster Linie Frauen, die von Stalking betroffen sind. Über 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen, aber natürlich können auch Männer gestalkt werden, und auch für jene ist es wichtig, dass genau diese Möglichkeiten, die jetzt im Gesetz vorliegen, greifen.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Anti-Stalking-Gesetz wird das deutliche Signal gesetzt, dass wir jegliche Gewalt insbesondere an Frauen nicht wollen, dass wir das nicht akzeptieren. Mit diesem Gesetz haben Frauen erstmals die Chance, sich zu wehren, wenn zum Beispiel der Ex-Mann ständig vor der Tür steht und lauert, sie zwar


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nicht körperlich bedrängt, aber durch ständige Verfolgung Psychoterror ausübt, was bis zum Auslösen einer Krankheit führen kann.

Bis jetzt konnte man erst eingreifen, wenn wirklich etwas passiert ist, wenn tätlich angegriffen worden ist oder wenn beim Opfer eine tatsächliche psychische Erkrankung vorliegt. Frauen mussten sich bis jetzt immer damit abfinden, dass diese Situation belächelt wurde, verharmlost wurde und dass sie darauf hingewiesen worden sind: Das ist ja Privatsache, mit dem musst du schon selbst zurechtkommen!

Durch das neue Anti-Stalking-Gesetz kann die Frau im vorliegenden Fall, den ich gerade geschildert habe, bei der Polizei anrufen, und der Stalker muss sich vor Gericht und vor der Polizei verantworten und kann bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe erhalten.

Wesentlich ist auch noch, dass in diesem Gesetz vorliegt, dass die Stalkingopfer in ihrer akuten Situation aktiv unterstützt werden und dass sie die Möglichkeit haben, durch Interventionsstellen eine psychosoziale Rechtsbegleitung zu erfahren.

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich mich einer Aussage der Obfrau des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser anschließen, die sicher tagtäglich mit Schicksalen von Frauen zu tun hat und die sich bei der Justizministerin Karin Gastinger bedankt, denn sie meint: Karin Gastinger ist die erste Justizministerin, die sich so aktiv eingesetzt hat für ein Gesetz, das vor allem Frauen helfen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.13

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Mag. Gastinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


11.13.23

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungskollegin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohes Hau­ses! Ich möchte gleich an das anschließen, was Frau Abgeordnete Achleitner gesagt hat: Gerade bei der Gesetzwerdung dieses Anti-Stalking-Gesetzes haben wir sehr eng mit den Kriseninterventionsstellen zusammengearbeitet, sei es jetzt mit den Frauen­häusern oder den Kriseninterventionsstellen der Stadt Wien. Ich kann nur sagen, dass dieser Entwurf in enger Abstimmung mit diesen Stellen erfolgt ist und dass mir diese Stellen mitgeteilt haben, dass dies ein ganz maßgeblicher Schritt im Sinne des Opferschutzes ist und dass diese Kriseninterventionsstellen mit dieser Gesetzes­vorlage sehr zufrieden sind.

Das Nächste, was ich Ihnen noch mitteilen wollte, ist Folgendes: Wenn wir den euro­päischen Vergleich bezüglich der Regelungen im Bereich Stalking anschauen, sehen wir, dass es diese in Großbritannien, in den Niederlanden, in Schweden und in Belgien gibt. Das sind die einzigen vier Länder in Europa, die eine Anti-Stalking-Regelung haben. In Deutschland wurde bereits unter Rot-Grün vier Jahre lang versucht, eine Anti-Stalking-Regelung praktisch umzusetzen. Das ist nicht gelungen. Es ist nach wie vor noch im Regierungsprogramm in Deutschland, doch es gibt dort bis dato noch keine Anti-Stalking-Regelung.

Uns ist es während unserer Regierungszeit gelungen, innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten, wie es Frau Abgeordnete Stadlbauer hier konkret ausgeführt hat, einen Entwurf für eine Anti-Stalking-Regelung, der ein umfassendes Konzept zum Schutz der Opfer vorsieht, umzusetzen. Ich denke, das ist eine gute Lösung gewesen.

Was Sie auch nicht vergessen dürfen, ist, dass das ein Bereich war, der nicht im Regie­rungsprogramm dieser Regierung vorgesehen war, sondern dass es ein zusätz­liches Vorhaben war, das wir zum Schutz der Opfer, die, wie Sie richtig ausgeführt haben, großteils Frauen sind, sehr gerne durchgeführt haben.


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Wenn ich mir die Redebeiträge vor allem der Frau Abgeordneten Weinzinger und der Frau Abgeordneten Stoisits, aber auch teilweise des Herrn Abgeordneten Jarolim und der Frau Abgeordneten Stadlbauer anhöre, so möchte ich unbedingt Folgendes feststellen: Wir haben hier ein Offizialdelikt vorgesehen! Wir haben hier einen neuen Straftatbestand vorgesehen, wo die Polizei, wenn jemand anruft oder wenn Sie, Frau Abgeordnete Stadlbauer, anrufen und sagen: Ich werde gestalkt! Vor meiner Tür steht wieder ein Mann!, kommen muss. Das ist ein Offizialdelikt. Wenn Sie anzeigen, Sie haben eine Körperverletzung, Sie wurden gerade geschlagen, dann muss auch die Polizei kommen. (Abg. Stadlbauer: Aber es gilt nicht in allen Fällen!)

Das ist richtig. Es gilt nicht in dem Bereich, wo man mit Internet oder Telefon und sons­tiger Kontaktaufnahme zu tun hat. Frau Abgeordnete, Sagen Sie mir bitte, wie die Polizei einschreiten soll, wenn das Stalking über das Internet geht! Sagen Sie mir das bitte!

Wir haben uns sehr intensiv damit auseinander gesetzt. Wir haben den Weg gewählt – und ich denke, das ist ein guter –, dass wir gesagt haben, das ist ein Antragsdelikt. Das bedeutet, dass das Opfer diese Unterlagen sammeln muss, gerade was diesen sensiblen Bereich mit Telefon, SMS, Internet und Ähnlichem anbelangt, weil es ja ein beharrliches Verfolgen sein muss – das heißt, über einen gewissen Zeitraum mit einer gewissen Intensität –, und einen Antrag bei der Staatsanwaltschaft stellen muss. Dann schreitet selbstverständlich wieder die Polizei ein.

Wir haben sogar zusätzlich einen Opferschutz eingebaut. Wir haben vorgesehen, dass alle Opfer des Stalkings, die zu Gericht gehen, eine Möglichkeit haben, juristische und psychosoziale Prozessbegleitung auf Kosten des Justizministeriums zu erhalten. Das darf auch nicht ungesagt bleiben!

Sie tun so, als ob wir das Stalking verharmlosen! Das hat mich am meisten erschüttert! Ich bin sicher jemand, der das auch aus Erzählungen von Opfern, wie es Frau Abge­ordnete Riener schon gesagt hat, kennt. Ich kenne es durch einen Mann, der gestalkt wurde. Es trifft Männer genauso wie Frauen. Ich weiß, wie schlimm das ist. Und wir haben es jetzt geschafft, dass wir in unserem Strafgesetzbuch, in einem Strafgesetz­buch, das genau unseren Wertekatalog widerspiegelt, festlegen, dass wir psychische Gewalt gegen Menschen in Österreich nicht dulden werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt jetzt einen Straftatbestand, der Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr vorsieht. Sie müssen sich vorstellen: bis zu einem Jahr wegen Psychoterrors! Wir haben auch vorgesehen, dass es für die Opfer jetzt nicht nur die Möglichkeit gibt, dass ein straf­gerichtliches Verfahren eingeleitet wird, sondern auch, mit dieser einstweiligen Ver­fügung ein Kontaktverbot durchzusetzen.

Ich stehe nicht an, hier zu sagen, ich persönlich hätte mir auch gewünscht, dass es ähnlich dem Gewaltschutzgesetz eine Regelung nach dem Sicherheitspolizeigesetz gibt. Das hätte ich mir gewünscht. Aber ich sage Ihnen auch ganz ehrlich – und des­wegen freut mich auch, dass die Redebeiträge der SPÖ in diese Richtung gehen –: Mir ist es lieber, ich habe das, was ich habe – das ist wirklich ausgeklügelt und durchdacht im Rahmen dessen, was möglich war – als gar nichts. Das sage ich Ihnen ehrlich. Ich habe nicht vor, den Weg, den Deutschland mit Rot-Grün gegangen ist, zu gehen, nämlich nichts zu haben, weil es keine Einigung gegeben hat. Das ist dort aber so. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich will ein Anti-Stalking-Gesetz haben, von dem mir auch die Interventionsstellen bestätigen, dass das ein wichtiges, richtiges Gesetz ist. Wir haben auch – das wissen Sie auch – vorgesehen, dass der Hohe Nationalrat eine Entschließung verabschieden wird, wonach dieses Gesetz evaluiert werden wird und wo man dann, sollte sich durch


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die Praxis in der einen oder anderen Richtung Verbesserungsbedarf ergeben, sicher­lich auch nachjustieren kann. Ich hoffe jedenfalls, dass dieses Gesetz greift.

Ich kann alle Opfer von Stalking nur ersuchen und auffordern, sich an die Kriseninter­ventionsstellen zu wenden und die Unterstützung anzunehmen. Sie brauchen sich nicht vor Kosten zu fürchten. Auch dafür haben wir vorgesorgt, dass das nicht ein Gesetz für reiche Stalkingopfer, sondern für alle Stalkingopfer wird, weil wir auch die psychosoziale und juristische Prozessbegleitung mit vorgesehen haben.

Wenn Sie gestalkt werden, kann ich Ihnen nur eines dringend empfehlen: Sammeln Sie die Beweise, dann wird dieses Gesetz wirklich griffig werden! Wir bewegen uns hier wirklich in einem Randbereich – deswegen war es auch so schwierig, den Tat­bestand festzulegen –, wo es genau darauf ankommt, die Beweise zu sammeln.

Ich meine, dass wir mit diesem Gesetz einen ganz wichtigen und richtigen Schritt zum Schutze der Opfer von Stalking, also von Psychogewalt, setzen, und bin daher sehr froh, dass wir es heute hier im Nationalrat beschließen werden.

Zu den anderen Bereichen: Erfreulich ist, dass wir die gefährliche Drohung im Familienbereich auch in ein Offizialdelikt umwandeln konnten.

Der Bereich der Genitalverstümmelung ist ebenfalls ein ganz wesentlicher. Uns ist es gelungen, europaweit wirklich einen Fortschritt zu erzielen, denn es gibt sehr wenige Länder in Europa, die gerade im Bereich traditionsbedingte Gewalt und hier vor allem im Bereich Genitalverstümmelung in Bezug auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen so weit sind wie Österreich. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort kommt Frau Abgeordnete Franz. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.21.20

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerinnen! Hohes Haus! Dass nun in das Strafgesetzbuch ein neuer Straftatbestand, nämlich die beharr­liche Verfolgung, aufgenommen wird, bringt für die Betroffenen endlich die Gewissheit, gesetzlich geschützt zu werden. Es ist tatsächlich ein guter Weg, wie wir soeben von Frau Ministerin Gastinger gehört haben, der hier eingeschlagen wird. Das Anti-Stalking-Gesetz soll auch noch in diesem Jahr in Kraft treten, und zwar mit 1. Juli.

Die Bezeichnung „stalking“ kommt aus der Jägersprache und heißt so viel wie: „sich an eine Beute heranpirschen“; bei uns sagt man dazu „wildern“. Stalker sind tatsächlich wild, denn sie leiden unter Persönlichkeitsstörungen und weisen ein geringes Selbst­wertgefühl auf. Obwohl Stalker eher als krank einzustufen sind, müssen die Verfolgten gesetzlich geschützt werden.

Australische Wissenschafter unterteilen die Stalker in fünf Kategorien. Zum einen sind es Ex-Partner – das ist die größte Gruppe –, zum anderen nahe Verwandte oder Freunde, die durch eine gezielte Verfolgung eine Aussöhnung erzwingen wollen.

Es gibt weiters jene Stalker, die in ihre Opfer verliebt sind und durch beharrliche Ver­folgung versuchen, eine intime Beziehung herzustellen. Diese Gruppe weist meistens psychische Störungen auf.

Es gibt Stalker, die versuchen, ein Treffen mit Menschen zu erreichen, in die sie nicht verliebt sind. Diese Gruppe neigt zur Selbstüberschätzung und ist narzisstisch veranlagt. Für diese Stalker ist es nicht nachvollziehbar, warum ihnen ihre Opfer mit Ablehnung begegnen.


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Ärgerliche Stalker verbreiten Angst und Schrecken durch Belästigungen. Oft werden Berufsgruppen wie Rechtsanwälte, Ärzte oder auch Lehrer von ihnen verfolgt, weil sie glauben, dass diese ihnen geschadet hätten. Diese Stalker gehören in die Kategorie der Paranoiden.

Zur letzten Kategorie zählen Verfolger, die sich das Ziel gesetzt haben, ihre Opfer tätlich anzugreifen. Betroffene Menschen werden meist über Wochen und Monate verfolgt. Vergewaltigungen treten in dieser Gruppe häufig auf. Diese Stalker versuchen immer, die Kontrolle zu behalten, und neigen zu hoher Gewaltbereitschaft.

Leider sind die Auswirkungen des Stalkings auf die Betroffenen beträchtlich. Wir haben schon einiges darüber gehört; das Beispiel von Frau Riener war wirklich beein­druckend. Zwei Drittel der Opfer werden von Schlafstörungen und Alpträumen geplagt. Knapp 10 Prozent berichten über Angst während der Verfolgung bis hin zu panik­artigen Zuständen. Mit diesem Gesetz wird nun endlich sichergestellt, dass Stalking­opfer nicht allein gelassen werden und dass sie auch professionelle Hilfe durch bewährte Opferschutzeinrichtungen erhalten können. Es ist daher tatsächlich unver­ständlich und unbegreiflich und schade, dass die Grünen hier nicht mitgehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.24.42

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass heute dieses Gesetz gegen Stalking beschlos­sen werden kann, gleicht, sprichwörtlich gesagt, wirklich einer schweren Geburt. In der Parlamentskorrespondenz wird das etwas schöner umschrieben, denn da steht, das Gesetz „hat zuletzt starke öffentliche Beachtung gefunden“.

Dieses Anti-Stalking-Gesetz wird von der SPÖ seit langem gefordert. Insbesondere das Finanz- und das Innenministerium haben sich aber mit Händen und Füßen gegen dieses Gesetz gegen Psychoterror gewährt, auf Druck der Opposition und der Öffentlichkeit musste die Regierung schließlich beigeben.

Der vorliegende Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung, ist aber nicht das, was wir uns unter einem effektiven, einem starken und wirksamen Schutz vorstellen. Haupt­kritikpunkt ist, dass Stalking mittels Kommunikationsmittel kein Offizialdelikt ist, son­dern nur auf Antrag des Opfers verfolgt werden kann, wodurch auch die Position des Opfers geschwächt wird.

Es fehlt auch ein effektiver Schutz der betroffenen Personen. Das heißt, auch eine Änderung im Sicherheitspolizeigesetz nach dem Beispiel des Wegweiserechtes wäre notwendig. Ohne diesen Sofortschutz durch die Polizei ist es sehr schwierig, sich ohne rechtlichen Beistand gegen die Belästigung durch Stalker effektiv und kostengünstig zu wehren.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Bettina Stadlbauer, Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses 1383 d.B.

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses 1383 d.B. wird geändert wie folgt:


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142. Sitzung / Seite 70

Zu Artikel I

1. In Z 6 wird in § 107a der Abs. 3 gestrichen.

2. Zu Z 15: in § 181e wird sowohl in der Überschrift wie auch in Abs. 1 das Wort „grob“ gestrichen.

Zu Artikel III

Zu Z 1: In § 382g Abs. 2 lautet der erste Satz:

„Das Gericht kann mit dem Vollzug von einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 Z 1, 2 und 3 die Sicherheitsbehörden betrauen.“

*****

Beim Frauennotruf der Stadt Wien ist jede zehnte Anruferin, die Hilfe sucht, Opfer von Stalking. Insgesamt – wir haben es schon gehört – sind 80 Prozent der Opfer Frauen und 90 Prozent der Täter Männer. 60 bis 70 Prozent der Opfer kennen die Täter. 80 Prozent der weiblichen Stalking-Opfer werden durch ihren Expartner gestalkt und haben auch in ihrer Beziehung bereits Gewalt erlebt. 70 Prozent der Stalking-Opfer sind so massiv davon betroffen, dass sie in ihrem weiteren persönlichen Leben, auch in ihrem Lebensstil eingeschränkt sind, das heißt, sie vermeiden soziale Kontakte, sie wechseln sehr oft den Wohnsitz, müssen oft auch den Arbeitsplatz wechseln bezie­hungsweise verlieren ihn und haben Probleme in einer neuen Beziehung.

Ich denke, diese Zahlen veranschaulichen den dringenden Handlungsbedarf in dieser Frage. Daher kann ich nur sagen, meine Fraktion stimmt diesem Gesetz zu, wenn wir auch nicht umfassend damit zufrieden sind.

Frau Ministerin Gastinger hat auch zugegeben, dass es eine bessere Variante gäbe –dieser besseren Variante sind wir verpflichtet! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Mag. Becher eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, auch ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Bettina Stadlbauer, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolle­ginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1316 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, die Exe­kutionsordnung und das Sicherheitspolizeigesetz zur Verbesserung des straf­rechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingriffen in die Privatsphäre geändert werden (Anti-Stalking-Gesetz), über die Regierungsvorlage (1325 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird und über die Regierungsvorlage (1326 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1383 d.B.)


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Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1316 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, die Exekutions­ordnung und das Sicherheitspolizeigesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingrif­fen in die Privatsphäre geändert werden (Anti-Stalking-Gesetz), über die Regierungs­vorlage (1325 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird und über die Regierungsvorlage (1326 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1383 d.B.) wird geändert wie folgt:

Zu Artikel I

1. In Z 6 wird in § 107a der Abs. 3 gestrichen.

2. Zu Z 15: in § 181e wird sowohl in der Überschrift wie auch in Abs. 1 das Wort „grob“ gestrichen.

Zu Artikel III

Zu Z 1: In § 382g Abs. 2 lautet der erste Satz:

„Das Gericht kann mit dem Vollzug von einstweiligen Verfügungen nach Abs. 1 Z 1, 2 und 3 die Sicherheitsbehörden betrauen.“

Begründung:

Zu Artikel I:

Zu 1. (§ 107a): Der betreffende Abs.3 soll gestrichen werden, weil die gegenüber dem Begutachtungsentwurf geänderte Regelung abgelehnt wird, dass die beharrliche Verfolgung im Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels oder über Dritte nunmehr ein Antragsdelikt darstellen soll. Es ist unzumutbar, dass das Opfer erst einen Antrag stellen muss und auf das Ergebnis desselben warten muss, selbst dann, wenn dieses Verfahren beschleunigt durch­geführt wird. Auch könnte ein Antrag gewaltbereite Täter dazu veranlassen, das Opfer „aus Rache“ für die Einleitung des gerichtlichen Strafverfahrens zu „bestrafen“. Es soll also auch im gegebenen Zusammenhang das Offizialprinzip gelten.

Zu 2. (§ 181e StGB): Es ist nicht einzusehen, warum beim „umweltgefährdenden Betreiben von Anlagen“ nur „grob fahrlässiges“ und nicht – wie im ursprünglichen Vorschlag vorgesehen – „fahrlässiges“ Verhalten inkriminiert werden sollte.

Zu Artikel III ((§ 382g Abs.2):

Nach dem Abänderungsantrag sollte sinnvollerweise das Gericht mit dem Vollzug von einstweiligen Verfügungen die Sicherheitsbehörden auch dann betrauen können, wenn es um das Verbot brieflicher, telefonischer und sonstiger Kontaktaufnahmen geht.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Fauland. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



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142. Sitzung / Seite 72

11.29.07

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terinnen! Folgendes muss ich einleitend schon festhalten, und das ist mir ein Bedürfnis, weil das aus den Reihen der SPÖ so angeklungen ist:

Frau Kollegin Becher, die Regierung ist ganz sicherlich nicht auf Ihren Druck hin umgefallen und hat klein beigegeben!

Frau Kollegin Stadlbauer, dieses Gesetz ist zustande gekommen, weil es eine Justizministerin Karin Gastinger gibt, und nicht, obwohl es eine gibt!

Das möchte ich hier einmal ganz stark betonen und Ministerin Gastinger auch meinen Dank und meine Anerkennung dafür aussprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20 Prozent der Gestalkten sind Männer. Es wird aber sehr oft vergessen, dass das eben nicht nur ein reines Frauenthema ist. Ich kenne einen Fall aus meinem Bekanntenkreis, wo von außen versucht worden ist, eine Ehe zu zerstören. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Betreffenden hat versucht, durch Anrufe bei der Ehefrau, durch E-Mails, durch Briefe einen Keil in die Beziehung zu treiben. Sie hat versucht, die Ehefrau aufzustacheln, damit diese ihren Mann verdächtigt, eine Freundin zu haben. Daher ist es auch aus Sicht der Männer sehr gut, dass es dieses Gesetz gibt.

Zum von Kollegin Riener aufgezeigten Fall sei noch zu erwähnen – die Frau Justiz­ministerin hat das schon angemerkt –: Selbstverständlich gilt auch für diese Art der Belästigung auf Grund der Änderung des Strafgesetzbuches als Konsequenz eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Das gilt selbstverständlich auch – wenn man sich die Erläuterungen ein bisschen näher anschaut – für alle Vergehen dieser Art mittels Telekommunikation, aber auch für das Schalten von unrichtigen Anzeigen, und eine Internetanzeige in dieser Art und Weise ist da ganz sicherlich nicht ausgenommen.

Sehr problematisch aber gerade im Bereich der neuen Medien ist die Nachvoll­ziehbarkeit. Es wurde der Weg gewählt, dass der Betroffene darlegen muss, wie die SMS aussehen, wie die E-Mails aussehen, um dem Staat die Möglichkeit zu geben, einzuschreiten. Das ist, glaube ich, rein vom Technischen her auch der einzig gangbare Weg.

Gerade die Grünen als Schützer der Demokratie und der Freiheiten maßen sich immer an, jederzeit aufzuzeigen, wenn es eine Telefonüberwachung zu viel gibt, maßen sich auch an, andauernd zu kritisieren, wenn bei irgendwelchen Providern die Daten für die Justizbehörden frei zugänglich gemacht werden sollen. In diesem Fall wäre gerade das ein möglicher Weg. Daher muss ich sagen, da vermisse ich schon Ihre Glaub­würdigkeit, meine Damen und Herren von den Grünen. Es ist einmal so und einmal so, und das ist nicht gerade das, was man unter Professionalität in der Politik versteht.

Der Bereich der neuen Medien beschränkt sich nicht auf Österreich und den öster­reichischen Rechtsraum. Jemand, der gezielt und bewusst und professionell so etwas macht, wird auf einen Server ausweichen, der irgendwo in der Südsee steht, sich außerhalb unseres Rechtssystems befindet. Ständig werden zum Beispiel diverse Raub­kopien und auch anderes ausgelagert, und somit ist es der österreichischen Justiz nicht mehr möglich, darauf zuzugreifen.

Um dem Einhalt gebieten zu können, ist es wirklich notwendig, dass das Opfer alles dokumentiert, dann zur Behörde geht und alles vorlegt. Dann kann die Behörde in Österreich gegen die betreffende Person wirklich tätig werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.32



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142. Sitzung / Seite 73

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Praßl. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.32.59

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich möchte mich mit der Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung und im Speziellen ein wenig mit dem Umweltstrafrecht beschäftigen.

Ein mehr als seit drei Jahren bestehender Rahmenbeschluss des Europäischen Rates, genau gesagt vom 27. Jänner 2003, verpflichtet Österreich dazu, eine Veränderung im nationalen Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung vorzunehmen. Artikel 2 und Artikel 3 des Rahmenbeschlusses machen es notwendig, bestehende Gesetzes­bestimmungen zu verändern beziehungsweise neue Paragraphen hinzuzufügen. Es muss dazugesagt werden, dass bei diesen Änderungen nur das unbedingt Erfor­derliche getan wird, um die völkerrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Die Anforderungen an die Regierungsvorlage lassen sich an den Schwerpunkten der Umweltkriminalität in den Mitgliedstaaten messen. Das sind zum Beispiel: Schäden oder zumindest potentielle Gefahren, die Beeinträchtigungen durch Umweltmedien nach sich ziehen, bestimmte für Mensch oder Umwelt schädliche oder zumindest gefährliche Verhaltensweisen des rechtswidrigen Umganges mit gefährlichen Abfällen oder radioaktiven Stoffen sowie das Betreiben von gefährlichen Anlagen und rechts­widrige Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Tieren und Pflanzen der geschützten Art und mit der Ozonschicht, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die bestehenden Vorsatzdelikte werden im Hinblick auf deren Schutzbereich angepasst. Als Beispiel möchte ich hier etwa die Ausweitung im Bereich zum Schutz der Denkmäler und fremde Sachen erwähnen.

Zum anderen müssen aber, wie schon erwähnt, auch Fahrlässigkeitsdelikte eingefügt werden. Neue Strafbestimmungen werden hier geschaffen; Strafbestimmungen gegen den fahrlässigen unerlaubten Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen sowie gegen das fahrlässige umweltgefährdende Betreiben von Anlagen.

Erhalten bleiben Elemente im Strafgesetzbuch als Gefährlichkeitsdelikte beziehungs­weise potentielle Gefährdungsdelikte, sie werden aber im Hinblick auf die zu schützenden Rechtsgüter angepasst und eingefügt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


11.35.54

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsident! Frau Regierungskollegin! Hohes Haus! Als Frauenministerin ist es für mich eine große Freude, dass heute dieses Anti-Stalking-Gesetz beschlossen werden kann. Ich möchte mich ausdrücklich bei Frau Bundesminister Gastinger dafür bedanken, dass sie es noch in dieser Legislaturperiode zustande gebracht hat, dieses Gesetz dem Parlament zuzuleiten und dafür auch eine Mehrheit zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bedauere außerordentlich, dass die SPÖ hier nicht über ihren Schatten springen kann, zumal sie selbst sagt, dass sie seit langem dieses Anti-Stalking-Gesetz gefordert hat. „Stalking“ ist sicher ein neuer Begriff, aber so neu ist der Begriff nicht, dass er nicht


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schon 1995 bekannt gewesen wäre, und in der Legislaturperiode von 1995 bis 1999 hat es eine Frauenministerin Barbara Prammer, einen Innenminister Schlögl – vielleicht hat er sich ja mit Händen und Füßen gewehrt; Gott sei Dank hat Frau Bundesminister Prokop sich nicht mit Händen und Füßen gewehrt – und einen Justizminister Michalek gegeben. Also niemand hätte Sie daran gehindert, dieses Gesetz in den Ministerrat zu bringen. Jetzt, weil die Trauben vielleicht zu hoch gehangen sind, beleidigt zu spielen und nicht mitzugehen, halte ich nicht für sehr demokratisch. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Mag. Gastinger.) – Ach so, Entschuldigung! Die Grünen gehen nicht mit, die SPÖ geht mit. – Entschuldigung! Ich freue mich, dass das anerkannt wird! Ich nehme alles zurück und freue mich ganz besonders. Das war ein Missverständnis!

Ich bedauere, dass die Grünen nicht mitgehen, denn ich glaube auch, dass, wie Frau Bundesminister Gastinger bereits gesagt hat, es besser ist, ein Gesetz durchzu­bringen, als ewig zu verhandeln und dann kein Gesetz zu haben. Es wird für die Betrof­fenen in jedem Fall eine wesentliche Verbesserung ihrer Situation sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Besonders bedanken möchte ich mich bei Frau Bundesminister Gastinger auch noch dafür, dass sie im Bereich der traditionsbedingten Gewalt eine Verschärfung der Maßnahmen erreicht hat, dass sie die Genitalverstümmelung und vor allem auch die Frage der Zwangsheirat zu Offizialdelikten gemacht und damit sichergestellt hat, dass allfällige Anzeigen auch durch Druck auf die Betroffenen nicht zurückgezogen werden können.

In diesem Sinne, glaube ich, können wir mit diesem Gesetz heute eine wesentliche Verbesserung für Frauen in unserem Land, für von Gewalt oder Psychoterror bedrohte Frauen in unserem Land beschließen. Ich bedanke mich noch einmal ausdrücklich dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.39.02

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Auch ich bin froh, dass endlich dieses Anti-Stalking-Gesetz vorgelegt wird. Nachdem Frau Ministerin Rauch-Kallat darauf hingewiesen hat, dass die SPÖ schon in den Jahren 1995 bis 1999 die Möglichkeit gehabt hätte, dieses Gesetz zu beschließen, weise ich darauf hin, dass wir im Jahre 1996 das Gewaltschutzgesetz, das Opfer vor Gewalt in der Familie schützen soll, hier beschlossen haben. Es war nicht einfach – vielleicht können Sie sich erinnern –, in Regierungskoalition mit Ihnen dieses Gewaltschutzgesetz zu verhandeln. Und soweit ich mich erinnere, waren die FPÖ-Abgeordneten damals dagegen. Eine einzige Abgeordnete ist damals aufge­standen und hat mit uns gestimmt. Es war Kollegin Haller, ich kann mich noch gut erinnern, sehr geehrte Damen und Herren!

Das Thema „Gewalt gegen Frauen, Gewalt in der Familie, Gewalt im Familienkreis“ zu enttabuisieren, zu diskutieren und öffentlich zu machen, was etwas Wesentliches ist, war immer ein Anliegen der SPÖ beziehungsweise der SPÖ-Frauen. Wir haben uns immer vehement dafür eingesetzt, dass das diskutiert wird und dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Überall in Europa – auch im Europarat, wo ich Mitglied bin – wird das Gewaltschutzgesetz immer wieder als Erfolgsgeschichte zitiert, und Österreich wird eingeladen, vorzustellen, wie wunderbar es funktioniert. Und wenn wir hier heute – Gott sei Dank, sage ich – eine weiterführende Gesetzesmaterie in


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diesem Bereich der Gewaltanwendung beschließen, dann ist dies nur konsequent und gut und richtig.

Lassen Sie mich aber auch noch zu einem anderen Punkt Stellung nehmen: Für mich ist es unverständlich, warum Telefonterror und Stalking, wenn sie über andere Kom­munikationsmittel, wie zum Beispiel per E-Mail oder SMS, ausgeübt werden, keine Offizialdelikte sein sollen. Die Erklärungen vom Kollegen Fauland sind mir nicht einsichtig, wenn er meint, dass sozusagen ein SMS-Stalker unbedingt vom Ausland oder von überseeischen Gebieten seine SMS abschickt. Ich bin überzeugt davon, dass das vor allem vor Ort passiert. Zumindest wäre es sehr wohl möglich.

Ich bin aber froh darüber, dass wir die Möglichkeit haben, nach zwei Jahren dieses Gesetz zu evaluieren und dann, wenn es sich herausstellt, dass es so nicht funktioniert, diesen Mangel zu beheben und aus einem Antragsdelikt ein Offizialdelikt zu machen und es dann in dieser Form zu beschließen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist dringend notwendig, auch hier im Hohen Haus festzustellen, dass bei Verurteilungen auf Grund des Tatbestandes „Stalking“ ein außergerichtlicher Tatausgleich von vornherein ausgeschlossen wird. Das ist, glaube ich, etwas sehr Zentrales, denn bei Stalking wäre es kontraproduktiv, den Kontakt zwischen Opfern und Tätern über den außergerichtlichen Tatausgleich wieder herzu­stellen. Genau das will man ja vermeiden, und daher sollte ein außergerichtlicher Tatausgleich in diesen Fällen keinesfalls möglich sein.

In diesem Sinne werden wir dieser Gesetzesvorlage zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

11.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Glaser. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.43.06

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Ministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Strafgesetzbuch und in der Strafpro­zess­ordnung 1975 werden auch andere sensible Materien geregelt, und da möchte ich mich ganz kurz mit jenen, welche den Umweltbereich betreffen, beschäftigen.

Es gibt beispielsweise Strafverschärfungen bei unerlaubtem Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen, aber auch in jenen Fällen, in welchen diesbezügliche umwelt­gefährdende Anlagen betrieben werden. Des Weiteren gibt es Strafverschär­fungen im Fall von Beeinträchtigungen der Umwelt durch Vorsatz und Fahrlässigkeit beziehungsweise bei umweltgefährdendem Behandeln und Verbringen von Abfällen.

Ich glaube, dass diese Strafverschärfungen durchaus richtig und notwendig sind, meine aber, dass es gerade in diesem Bereich notwendig ist, bereits einen Schritt vorher anzusetzen, und zwar bei der Erstellung von Bescheiden, wo die Verwaltung gefordert ist.

Ich möchte Ihnen kurz ein Beispiel aus meiner näheren Umgebung erzählen: Die ungarische Gewässerbehörde hat die burgenländische darauf aufmerksam gemacht, dass im Bereich der Raab hohe Salzkonzentrationen auftreten würden. Nach langer Suche hat man dann endlich den Verursacher gefunden, und zwar den Betreiber einer geothermischen Anlage, die weit stromaufwärts ihren Standort hat.

Dieser Betreiber, der ja an und für sich etwas sehr Lobenswertes tut, nämlich heißes Wasser für das Heizen von Häusern zu nutzen, hatte ursprünglich die Auflage, dieses genutzte Wasser wieder zu reinjizieren. Da sich das dann als technisch sehr schwierig


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und finanziell sehr teuer erwiesen hat, hat man einen neuen Bescheid erwirkt, wonach das genutzte Wasser in den vorbeifließenden Bach eingebracht werden kann.

Sie können sich vorstellen, dass 70 Tonnen Salz täglich und noch zusätzlich Ölderivate für diesen Fluss und für den Fischbestand dort, also für die gesamte Ökologie dieses Flusses, keine positiven Auswirkungen haben. Also trotz eines rechtsgültigen Bescheides gibt es da große Probleme mit der Umwelt.

Wir werden mit diesem Gesetz in diesem Fall nicht sehr viel ausrichten können, aber wir müssen uns sehr wohl Sorge um die Umwelt in diesem Bereich machen. Damit will ich Folgendes sagen: Sorge um die Umwelt kann nicht allein mittels Gesetz geregelt werden, sondern muss in allen Bereichen, und zwar auch im Vorfeld, wahrgenommen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Nun gelangen wir zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass wir jetzt eine relativ lange, umfangreiche Abstimmung vor uns haben, und ich ersuche Sie daher, auch dementsprechend ruhig mit mir die Abstimmung durchzuführen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Strafrechtsände­rungs­gesetz 2006 in 1383 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht und hinsichtlich jeden Teiles dieses Abänderungsantrages getrennte Abstimmung verlangt.

Ein weiteres Verlangen auf getrennte Abstimmung hat Frau Abgeordnete Mag. Stoisits eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zunächst zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 18, 19, 20 und 21 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diese Teile des Gesetzentwurfes aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungs­antrag betreffend Artikel 1 Ziffer 6 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das findet nicht die Mehrheit und ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 1 Ziffer 6 in der Fassung des Ausschussberichtes ab­stimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Ziffer 15 bezieht.


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Jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel 1 Ziffer 15 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag betreffend Artikel 3 Ziffer 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Zweites Protokoll auf Grund von Art. K.3 des Vertrages über die Europäische Union zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften samt Erklärungen in 1301 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich ersuche bei Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänische, englische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, niederländische, portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassung dieses Übereinkommens dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegen­heiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen über die Zusammen-


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arbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beein­trächtigen, samt Schlussakte und Vereinbarter Niederschrift in 1064 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich lassen jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, niederländische, polnische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Protokolls dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Ab­schluss des Staatsvertrages: Protokoll zu dem am 23. Februar 1995 unterzeichneten Vertrag mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen im Sinne des Artikel 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Rechtshilfe in 1348 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zu dem am 8. Jänner 1998 unter­zeichneten Auslieferungsvertrag mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 des am 25. Juni 2003 unterzeichneten Ab­kommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über Auslieferung in 1347 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte die Damen und Herren bei Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.53.54 6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1299 d.B.): Bun­desgesetz über Patientenverfügungen (Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG) (1381 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.54.17

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Durch die Neugestaltung der Patientenverfügung sollen eindeutige und transparente Regelungen geschaffen wer­den, die es Patienten ermöglichen, medizinische Behandlungen auch bei Verlust ihrer Handlungsfähigkeit abzulehnen. Auch wir von der SPÖ verlangen seit längerem die Möglichkeit der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung, damit der Patient, wenn er noch im Vollbesitz seiner Einsichts- und Urteilsfähigkeit ist, verbindlich fest­legen kann, welche Behandlung er ablehnen will. Patienten erlangen durch diese Möglichkeit Einfluss auf ihre künftige medizinische Behandlung, und ihr Wille wird auch dann noch beachtet, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sind, diesen zu äußern.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist zwar besser als der ursprüngliche Vorschlag, der zur Diskussion vorgelegt wurde, er weist aber unserer Ansicht nach trotz allem noch wesentliche Mängel auf.

Erster wesentlicher Mangel, den wir sehen, sind die formalen Hürden beziehungsweise die strengen Formvorschriften. So wird bei dieser verbindlichen Patientenverfügung verlangt a) eine umfassende ärztliche Aufklärung und b) die Errichtung derselben vor einem Rechtsanwalt, Notar oder einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patienten­vertretungen. Hinzu kommt noch, dass nach Ablauf von fünf Jahren die Patienten­verfügung erneuert werden muss.

All diese strengen Erfordernisse – so sieht es auch die Caritas der Diözese Innsbruck Tiroler Hospizgemeinschaft – schränken die Autonomie eher ein, als dass sie diese erweitern. Des Weiteren wird befürchtet – nicht nur von Frau Dr. Medicus von der Tiroler Hospizgemeinschaft, sondern vom Großteil der Expertinnen und Experten, die am diesbezüglichen Hearing teilgenommen haben –, dass diese Form der verbind­lichen Patientenverfügung auf Grund der Formerschwernisse sozusagen ein Minderheitenprogramm werden könnte.

Wie in dieser Regierungsvorlage vorgesehen, können verbindliche Patientenver­fügun­gen auch vor einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen errichtet werden, und in diesem Zusammenhang stellt sich für meine Fraktion als besonderer Mangel dar, dass die Patientenanwaltschaften in Österreich unterschiedliche Struktu­ren aufweisen. So ist beispielsweise die Patientenanwaltschaft in Tirol nur für die Kran­kenanstalten zuständig, sie kann also nicht für niedergelassene Ärzte tätig werden beziehungsweise für Patienten, die dort ihre Krankheiten behandeln lassen bezie­hungsweise die dort ihre Verfügung errichten möchten. Außerdem sind die Patienten­anwaltschaften sehr unterschiedlich ausgestattet, und zwar sowohl in personeller Hinsicht als auch im Hinblick auf ihr Betätigungsfeld.

Ein anderer Schwachpunkt dieser Regierungsvorlage ist der, dass die Kosten für die Errichtung einer Patientenverfügung relativ hoch sind, und zwar auf Grund dessen, dass man diese vor einem Notar oder vor einem Rechtsanwalt errichten muss. Sie werden auf 100 bis 300 € geschätzt.  – Mein Kollege Puswald wird sich dazu noch im Detail äußern.

Ein weiterer großer Schwachpunkt dieser Regierungsvorlage ist unseres Erachtens auch der, dass neben den hohen Kosten der Gang zum Notar oder zum Anwalt für viele Bürger in unserem Staat keine Selbstverständlichkeit ist, sondern er für sie noch immer eine Hürde beziehungsweise eine große Schwelle bedeutet, sodass er dann eher unterlassen wird.


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Als letzten Punkt möchte ich hier noch ansprechen die Frage eines entsprechenden Registers; ein Punkt, der mir sehr wichtig erscheint. Es muss erwähnt werden, dass in dieser Regierungsvorlage für eine Registrierung von verbindlichen Patientenverfügun­gen nicht vorgesorgt ist. Was nützt mir, sehr geehrte Damen und Herren, die beste verbindliche Patientenverfügung, wenn sie nicht aufgefunden werden kann? Dafür ist im Gesetzentwurf keine Vorsorge getroffen worden.

Auch wenn im Ausschuss dafür plädiert wurde, entweder einen entsprechenden Vermerk auf der e-card zu machen oder ein eigenes Register anzulegen, so muss doch gesagt werden, dass diese Gesetzesvorlage derlei Dinge noch nicht vorsieht, und wir wissen sehr wohl, dass, wenn heute dieses Gesetz beschlossen wird, es einen Monat nach dessen Kundmachung schon in Geltung sein wird.

Dass die Frage der Registrierung noch nicht gelöst ist, stellt unserer Auffassung nach einen der größten Schwachpunkte dieses Gesetzentwurfes dar. Daher können wir ihm leider nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.00.05

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister Gastinger! Frau Minister Rauch-Kallat! Ich bin seit elf Jahren Justizausschuss-Vorsitzende, und ich muss sagen: Es hat mich noch nie ein Gesetz dermaßen emotionell belastet wie die Patientenverfügung. Es war für mich erschreckend, wie leichtfertig in der Diskussion über das Leben anderer entschieden worden ist. Es war für mich erschreckend, aus dem Mund eines Notars zu hören, er hätte einen Klienten, dessen Vater schon seit Wochen an die Decke starrt, und wozu hält man den noch am Leben, da müsste doch endlich die Patientenverfügung her.

Erschreckend für mich war auch, im Hearing aus dem Mund eines Universitäts­profes­sors zu hören, der Gesetzgeber solle doch gleich einen Katalog von Behandlungs­methoden fixieren, auf die automatisch verzichtet wird. – Hohes Haus! So einen Unsinn lehnt die ÖVP strikt ab! (Beifall bei der ÖVP.) Jeder Mann und jede Frau hat das Recht auf Behandlung, und niemand – wirklich niemand! – darf sich als Richter über lebenswertes oder nicht lebenswertes Leben aufspielen!

Ich möchte als Gesetzgeber beziehungsweise hier im Parlament keinen Beitrag zu einer Gesellschaft leisten, welche den Alten und Kranken suggeriert, dass sie auf eine Behandlung verzichten sollen. Es soll keine Entwicklung geschaffen werden, die Druck auf ältere Menschen ausübt, etwa nach dem Motto, sie würden zur Last fallen oder zu viel kosten. Daher ist es der falsche Zugang, allen ganz leicht eine Patientenverfügung zu ermöglichen und möglichst allen schon von vornherein eine Patientenverfügung einzureden. Wir als Gesetzgeber haben die Aufgabe, dies zu verhindern. Ich wollte auch kein Gesetz haben, wonach Erben und sonstige Begünstigte, Nutznießer – das können auch Heimleitungen sein – über Leben und Tod entscheiden, wonach Koma-Patienten „entsorgt“ werden können, damit Erben an ihr Geld kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das galt es, bei diesem Gesetz zu verhin­dern. Daher haben wir den Zugang nicht leichtfertig gestaltet, sondern sehr wohl mit sorgsamer Überlegung auch formalistisch ausgeprägt. (Beifall bei der ÖVP.) Der Gesetzgeber hat die Menschenwürde bis zuletzt zu schützen und eine Entsor­gungsgesellschaft, in der leichtfertig Verfügungen zu unterschreiben sind, damit man Kosten spart, möglichst zu verhindern.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Patientenverfügung ist eine Willens­erklärung, durch die man medizinische Behandlung ablehnt. Das wird in aller Regel lebensverkürzend sein und ist daher ein enorm schwerwiegender Entschluss und eine schwerwiegende Entscheidung. Es gibt hier im Hohen Haus Gott sei Dank einen Konsens darüber, dass wir aktive Sterbehilfe nicht wollen und auch niemals zulassen werden.

Das Spannungsfeld bei diesem Gesetz ist einerseits von der ärztlichen Behandlungs­pflicht geprägt, andererseits aber darf kein Arzt gegen den Willen eines Patienten behandeln. Solange der Patient sich artikulieren kann, ist das ja auch kein Problem: Er kann eine Behandlung ablehnen, und der Arzt hat sich daran zu halten. Aber wenn er sich nicht mehr artikulieren kann, weil er beispielsweise im Koma liegt, dann ist er fremdbestimmt. Diese Fremdbestimmung muss sehr, sehr sorgsam geprüft werden. Sie darf nicht übereilt vorweg festgelegt werden.

Das heißt, wenn man sich schriftlich festlegt, soll man rechtlich beraten sein und soll man auch vom medizinischen Standpunkt aus genau wissen, was man ablehnt, damit Missbrauch verhindert wird, denn niemand darf sich von irgendjemandem sozusagen eine Patientenverfügung wünschen oder diese fordern. Weder die Verwandten dürfen ums Bett stehen, so nach dem Motto: Unterschreibe jetzt endlich, weil die Therapie so viel kostet!, noch die Heimleitungen dürfen Patientenverfügungen fordern, so nach dem Motto: Verzichte vorweg auf diese Behandlung, damit du einen Heimplatz bekommst! – Für derartigen Druck haben wir eine Strafbestimmung vorgesehen. Eine Gesellschaft, die so etwas zulässt, wollen wir nicht.

Ich hoffe, dass dieses Instrument nicht leichtfertig angewandt wird, sondern dass vielmehr sehr sorgsam damit umgegangen wird, und dass das neue Instrument zu mehr Sensibilität für das Sterben in Würde führt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)

12.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt zu Wort Herr Abgeordneter Dr. Puswald. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.05.48

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Frau Präsidentin! Damen auf der Regie­rungsbank! Damen und Herren im Hohen Haus und auf der Besuchertribüne! Ich bin ja in sehr weiten Teilen bei Ihnen, Frau Kollegin Fekter. (Abg. Wittauer: Du sagst dann über die BAWAG vielleicht auch noch ein bisschen!) – Ich komme dann gleich darauf zurück, lieber Kollege. Es freut mich, dass ihr in politischer Selbstmordabsicht das Thema so breittreten wollt.

Aber zurück zu Frau Kollegin Fekter. – Wir sind uns im Inhalt eigentlich über die Frak­tionsgrenzen hinweg einig, auch darüber, was die Emotionalität betrifft und, wie Sie ausgeführt haben, dass nicht leichtfertig über das Leben gesprochen werden darf, dass man nicht übereilt verfügen soll. All das ist theoretisch jetzt schon möglich. In der medizinischen und rechtlichen Praxis werden häufig Patientenverfügungen errichtet, und es ist unbestritten, dass dem Patienten das Recht zusteht, nach seinem Willen bestimmte Behandlungen und Handlungen vorweg zu deklarieren.

Dabei werfen sich allerdings massiv Rechtsfragen auf, die Sie, wie Sie gesagt haben, mit der nötigen Klarheit und Transparenz regeln wollten. Wir sind nach dem Hearing, das im letzten Justizausschuss unter Beteiligung zahlreicher Experten stattgefunden hat, der Meinung, dass genau diese Klarheit und Transparenz nicht geschaffen wurde. Es geht da wahrscheinlich wirklich um die heikelsten Momente im Leben eines Men­schen, über die der Mensch entweder noch in gesunden Zeiten oder dann schon


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gezeichnet von Krankheiten entscheiden soll. Das sind so differenzierte Lebens­situationen, die wir uns als Außenstehende zwar Gott sei Dank nicht vorstellen können, aber mit etwas Einfühlungsvermögen nachvollziehen können.

Daher bin ich der Meinung, man hätte mit diesem Gesetz vor allem einen Punkt viel ausführlicher behandeln und genauer regeln sollen, und man hätte auch den Mut haben sollen – das wurde bereits angesprochen –, die Kostenfrage offen zu dis­ku­tieren. Es ist die Möglichkeit eröffnet – und da bin ich auch bei Ihnen, Frau Kollegin –, dass man fachkundigen Rat medizinisch und rechtlich zwingend vorschreiben sollte. Man muss aber, wenn man A sagt, auch B sagen: Hochqualifizierter Rat, wenn er seriös und mit der ausreichenden Zeitnahme erstattet wird, kostet etwas! Was nichts kostet, ist bekanntlich nichts wert. Diese Kosten sollen aber nicht dazu führen, dass man allenfalls denjenigen, die betroffen sind, die Möglichkeit nimmt, für eine solche ent­setzliche Notlage vorzukehren, weil es ihnen an Geld mangelt.

Daher wäre es anständig gewesen, diese Frage ausführlich zu diskutieren und auch mit den Interessenvertretungen der Notare und Anwälte, was die Kosten betrifft, klare Gespräche zu führen, denn alles über einen Leisten zu schlagen und zu sagen, dass es zwischen 100 € und 200 € oder vielleicht auch 300 € kosten wird, wird uns nicht weiterführen, denn das ist nicht wahr, es kann viel weniger kosten. (Abg. Dr. Fekter: Die Patientenanwaltschaft kostet nichts!)

Die Patientenanwaltschaft ist ein anderes Thema. Wir sprechen jetzt bewusst – das haben Sie ja angesprochen und das haben wir auch im Justizausschuss diskutiert – über die Kosten, die bei einer seriösen fachlichen Beratung entstehen werden und müssen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Wurm und Dr. Fekter.)

Es betrifft vor allem das Zusammenwirken. Es wird notwendig sein, dass Ärzte und Juristen gemeinsam die Beratung durchführen, und das kostet Geld; im Übrigen Geld – und das soll jetzt nicht makaber ins Treffen geführt werden –, das man dem Staat vielleicht durch aufwendige Behandlungen erspart, wenn der Patient verfügt, wie er zu verfügen beabsichtigt. Dann muss man aber auch den Mut haben, zu sagen, wer diese Kosten bezahlt. Es wäre zum Beispiel recht und billig, die Frage zu stellen, ob man nicht aus der Sozialversicherung diese Kosten aufbringt, nämlich nicht nur für den medizinischen Teil, sondern auch für den rechtlichen Teil, denn letztlich läuft das Ganze in das Gesundheitsressort hinein, und hier wäre eine anständige Diskussion vonnöten gewesen. (Abg. Dr. Fekter: ... keine Patientenverfügung! Das ist doch kein Instrument für jedermann! Das soll eine Ausnahme sein!)

Sie haben diese Diskussion, obwohl wir im Herzen, in der Emotion und auch in der Sache einer Meinung sind, abgebrochen und auf halbem Wege unterbunden. Daher kommen wir leider zu keinem Konsens, was zu bedauern ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt zu Wort Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.09.48

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich muss sagen: Das, was Frau Abgeordnete Fekter hinsichtlich der moralischen und ethischen Gesichtspunkte gesagt hat, hat sicher eine sehr große Berechtigung. Auch mich hat es überrascht, dass eigentlich weder in der Öffentlichkeit noch bei unserem Experten-Hearing Kritik daran geübt worden ist, dass man an so einer


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Patientenverfügung arbeitet. Ganz im Gegenteil: Es gab einhellige Zustimmung zu dieser Patientenverfügung.

Ich glaube aber nicht, dass die Motivation diejenige ist, dass man diskutiert über den Wert oder Unwert des Lebens oder über die Kosten, darüber, was ein kranker Mensch kostet, sondern ich glaube eher, dass wir heute nicht mit ansehen wollen oder können, wie Menschen leiden, die in Wirklichkeit nicht mehr existieren würden, die nicht mehr leben würden, weil ihre körperlichen oder geistigen Funktionen bereits ausgesetzt haben, wenn es nicht die Möglichkeiten der modernen Medizintechnik gäbe – der modernen Medizintechnik gelingt ja heute Unwahrscheinliches! –, und in Wirklichkeit würde man sagen: Eigentlich hätte man den Menschen in Ruhe sterben lassen sollen! – Ich glaube, das sind die Beweggründe für die Patientenverfügung.

Wie gesagt, wir hatten ein Experten-Hearing, und die Experten haben eigentlich durch die Bank – es waren Vertreter des Hospizes und verschiedener Vereinigungen wie des Seniorenrates und so weiter anwesend – das alles gutgeheißen. Das Einzige, was kritisiert worden ist, sind die strengen Formvorschriften, und man hat gemeint: Beim Testament braucht man ja auch keine strengen Formvorschriften! – Ich bekenne mich zu diesen strengen Formvorschriften, denn beim Testament geht es schließlich nur um das Vermögen, wogegen es bei der Patientenverfügung um das Leben geht. Es geht darum: Möchte ich, wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann, weiter ernährt werden, weiter beatmet werden und so weiter? – Das ist meiner Meinung nach viel weiter reichend, als wenn ich nur über meinen Schmuck, über mein Haus oder sonst irgendetwas verfüge.

Daher glaube ich, dass es richtig ist, dass wir diese Hürde eingezogen haben, dass die Patientenverfügung nur vor einem Notar, einem Rechtsanwalt oder einem Patienten­anwalt errichtet werden kann. Erstens soll sich jeder, der so eine Verfügung über sein Leben macht, Folgendes gut überlegen: Will ich das wirklich? Es soll dies nicht aus einer Augenblickssituation heraus geschehen. Zweitens soll es auch den Arzt verpflich­ten. Ich bin wirklich dagegen, dass der Wille des Patienten vom Arzt ausgelegt wird. Der Arzt soll wissen: Das ist eine verbindliche Patientenverfügung, ich bin daran gebunden, egal, wie ich selbst darüber denke.

Wenn ich eine solche Formvorschrift habe und verlange, dann ist auch gewährleistet, dass es klare Formulierungen gibt, dann gibt es eben keine Unsicherheit für den Arzt, sondern dann kann im Zusammenwirken der Fachleute der Patient genau festlegen, was er möchte und was nicht, denn es ist nicht die Aufgabe des Arztes und auch nicht die Aufgabe des Gerichtes, zu erforschen, was der Patient eigentlich wollte, sondern dieser soll selbst festlegen, was er möchte und was nicht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Im Hearing hat ein Vertreter der Patientenanwaltschaft gemeint, man müsste die Schwelle möglichst niedrig machen. Das hieße ja, dass jeder Zettel oder irgendetwas Hingekritzeltes auch verbindlich wäre; dafür gibt es die unverbindliche Patientenver­fügung, diese kann der Arzt dann auslegen, wie er möchte, aber für eine verbindliche ist das meiner Meinung nach wirklich zu schwach. Der Arzt müsste ja, weil er den Eid geleistet hat, Leben zu retten, auf alle Fälle alles machen, was nur möglich ist – auch in aussichtslosen Fällen –, um das Leben des Menschen zu retten, selbst wenn dieser das überhaupt nicht wollte. Deshalb, wie gesagt: keine Zettelwirtschaft, sondern ganz strenge Formvorschriften!

Was die Kosten anlangt, hat Frau Abgeordnete Wurm gemeint, es würde wegen der Kosten ein Minderheitenprogramm sein. Frau Abgeordnete Wurm! (Abg. Mag. Wurm: ... Zupancic, der Vizepräsident des Österreichischen Seniorenrates!) – Ja. Es ist ja wurscht, wer das gesagt hat; Sie haben es hier erwähnt.


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Ich glaube, dass die verbindliche Patientenverfügung ohnehin ein Minderheiten­pro­gramm sein wird, denn wer möchte eigentlich, wenn er gesund ist, schon festlegen, was mit ihm passiert, wenn er nicht mehr in der Lage ist, zu denken? Denkt nicht jeder: Vielleicht erfange ich mich doch noch, wenn ich künstliche Ernährung bekomme!? Ist es gescheit, wenn ich jetzt schon auf den Rest meines Lebens verzichte? – Ich glaube daher, dass dies ohnehin ein Minderheitenprogramm sein wird.

Für denjenigen, der es wirklich ernst meint, kann das Kostenargument meiner Meinung nach nicht schlagend sein. Der Herr Präsident der Rechtsanwaltskammer Benn-Ibler hat gesagt, es werde ungefähr 100 € kosten, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Das scheint durchaus realistisch zu sein. Vielleicht werden sich Notare, Rechtsanwälte und Patientenanwälte auch zu einer einheitlichen Lösung durchringen können. Jeden­falls bin ich der Meinung, dass es für denjenigen, der es wirklich ernst meint, nicht an den Kosten scheitern wird.

Frau Abgeordnete Wurm, Sie haben auch die Registrierung erwähnt und gemeint, dass diese wichtig wäre. Da gebe ich Ihnen Recht! Ich glaube, es wäre am allergescheites­ten, in der e-card die Patientenverfügung zu vermerken. Darüber gibt es auch schon Gespräche, nämlich, ob nicht eventuell der Hauptverband der Sozialversicherungs­träger eine Verständigung vornimmt, wenn die Frist abläuft, damit man die Patienten­verfügung wieder erneuern kann. Das wäre meiner Meinung nach eine ganz gute Regelung. Eine Registrierung muss auf alle Fälle vorhanden sein.

Zum Schluss möchte ich betonen, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verbote der Mitwirkung am Selbstmord und der Tötung auf Verlangen, also die so genannte aktive Sterbehilfe von dieser Bestimmung nicht berührt wird. Diese gesetz­widrigen Handlungen sind nach wie vor mit Strafe bedroht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.16.46

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die moderne Medizin verfügt über immer mehr Mittel und Möglichkeiten, Krankheiten zu behandeln, Leben zu verlängern und Leben zu retten. Dafür sind die meisten von uns sehr dankbar, und viele Patienten, Angehörige und Ärzte sehen das als sehr große Hilfe an. Aber es gibt auch Situationen, in denen Menschen, Patienten wünschen, eine mögliche Behandlung nicht mehr in Anspruch zu nehmen, und keine lebensverlän­gernden Maßnahmen mehr zusätzlich wollen. Darüber wollen sie eben selbstbestimmt verfügen und ihre konkreten Vorstellungen in einer Patientenverfügung festhalten.

Leider Gottes ist die heutige Vorlage aus unserer Sicht problematisch und mangelhaft. Wir können daher dieser Vorlage bedauerlicherweise nicht zustimmen. Die Argumente, die dagegen sprechen, wurden zum Teil schon von meinem Kollegen angeführt. Die finanzielle Hürde ist aus meiner Sicht ein sehr ernst zu nehmendes Argument, da ich es als sozial ungerecht empfinde, dass Menschen an einer „vorausgreifenden Selbst­bestimmung“ – wie der deutsche Nationale Ethikrat das formuliert – gehindert werden und ihnen monetäre Prügel in den Weg geworfen werden.

Vorgesehen ist aber auch, dass für so eine Patientenverfügung rechtskundige Per­sonen zu Rate gezogen werden müssen; das ist im § 6 und auch in den Materialien so vorgesehen. Darüber habe ich mit einem Mitarbeiter eines katholischen Hospizes gesprochen, und der hat gemeint: Warum schaffen es viele rechtskundige Personen nicht, ein vorgefertigtes Formular zu erstellen, das auf viele verschiedene Bedürfnisse


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und Wünsche eingeht, das eine Ausfüllung und Beglaubigung mit ärztlicher Beratung ermöglicht und in dem auch ein Widerruf vermerkt werden kann?

In diesem Sinn habe ich auch den Beitrag von Professor Barta beim Hearing ver­standen. Er hat das sinngemäß eingebracht und gemeint, dass durch die Vorschrift, einen Rechtsanwalt oder einen Notar aufzusuchen, eine Barriere entsteht, das könnte man doch in die Institutionen hineinholen und es dadurch erleichtern.

Natürlich ist die Registrierung ein ganz wesentlicher Punkt. Mit einer ordnungs­gemäßen Registrierung steht und fällt aber auch die Selbstbestimmung einer ernst zu nehmenden Patientenverfügung. Das hat im Hearing auch der Vizepräsident des Seniorenrates kritisiert; er meinte, dass es in vielen Fällen gar nicht möglich sein wird, eine Patientenverfügung rechtzeitig aufzufinden.

Die e-card wäre eine Möglichkeit dazu, eine andere Möglichkeit wäre das Mitführen einer Hinweiskarte, die auch eine gute Registrierungsvariante darstellen könnte.

Letzter Punkt: Für mich ist noch unverständlich, dass es keine Übergangslösung für die vielen Patientenverfügungen gibt, die schon bestehen und die in dieser Form keine weitere Gültigkeit haben. Ich denke, dass diese selbstbestimmten Überlegungen dieser Personen nicht entsprechend ernst genommen werden.

Aus den genannten Punkten können wir dieser Vorlage leider nicht zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.20.47

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen werden – im Gegensatz zur sozialdemokratischen Fraktion – dieser Gesetzesvorlage ihre Zustimmung geben. – Das wird dann Herr Professor Grünewald noch im Detail erläutern, nicht nur deshalb, weil ich ihn in dieser Frage für kompetenter halte, sondern auch deswegen, weil er als Arzt – es sind ja nur zwei Ärzte unter den Kolleginnen und Kollegen im Plenum des Nationalrats, Dr. Rasinger und er – sozusagen einen anderen Zugang zu dieser Thematik und einen anderen Blick darauf hat.

Wir Abgeordneten zum Nationalrat, die wir andere Berufe haben und möglicherweise auch Adressaten und Adressatinnen dieses neuen Gesetzes sind, sind froh, dass dieses Gesetz heute beschlossen wird. – Wir sind ja nicht nur als Patienten betroffen. Ein Patient kann man ja auch sein, wenn man noch nicht krank ist. Sobald man zu einem Arzt geht, ist man Patient, selbst wenn es nur um eine Beratung geht und man noch gesund ist.

Wir sind aus einem ganz spezifischen Grund froh, nämlich weil im Laufe der Dis­kussion, die eine in der Öffentlichkeit nicht allzu aufgeregte war, die Zwischentöne, die es gegeben hat, die aber – jetzt kann ich es sagen – Gott sei Dank leise geblieben sind, auch in eine andere Richtung gegangen sind, nämlich ein Patienten­verfügungs­gesetz nicht zu ermöglichen, weil die Sorge – das kann man positiv und negativ sehen – eines möglichen Missbrauchs beziehungsweise auch einer möglichen An­näherung an die Diskussion um aktive Sterbehilfe in diesem Grenzbereich eine berechtigte ist.

Ich habe in diesen Diskussionen irgendwie das Gefühl gehabt, wenn wir die Sache nicht zu Ende bringen, dann könnte sie auch wieder in die andere Richtung um­schlagen. Ich spreche jetzt auch aus der Erfahrung als Mitglied des Österreich-Kon-


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vents und aus der Erfahrung, die ich in vielen langen und intensiven Sitzungen im Rahmen des Ausschusses IV, des Grundrechtsausschusses, gewonnen habe, wo wir ja die Sterbehilfe ganz klar und auch einstimmig abgelehnt haben. Nur in wenigen Punkten gab es so eindeutigen Konsens wie in der Frage der Ablehnung der aktiven Sterbehilfe in Österreich. Wir haben dieses Thema lange diskutiert, aber nicht nur unter den Damen und Herren Mitgliedern dieses Ausschusses, die sozusagen möglicher­weise alle PatientInnen sein könnten, sondern auch mit Expertinnen und Experten, die am Hearing, das wir durchgeführt haben, um mehr Sachkundigkeit zu erhalten, teilgenommen haben,

Insofern war das Hearing im Justizausschuss, das kurz nach der Beschlussfassung durchgeführt wurde, für mich auch sehr aufschlussreich, weil es mich nämlich in jenen Punkten, in denen ich diesem Gesetz auch mit gemischten Gefühlen gegenüberstehe, bestätigt hat. Da habe ich mir gedacht, wenn mir das auffällt und wenn das dann von Menschen bestätigt wird, die mit Patientenverfügungen schon in der Vergangenheit zu tun gehabt haben oder in der Gegenwart zu tun haben, dann wird das wohl richtig sein.

Da möchte ich gleich zu Beginn Folgendes aufklären: Derjenige, der neben den VertreterInnen der Hospizbewegung meiner Meinung nach am intensivsten mit dem Thema in Berührung ist, war der Vertreter der PatientInnenanwaltschaft, Herr Dr. Bachinger. Der hat etwas gesagt, das Frau Dr. Partik-Pablé völlig missverstanden hat. Er hat nämlich im Hearing davon gesprochen – ich habe es noch einmal aus der Parlamentskorrespondenz herausgesucht –, dass er für einen möglichst niedrigschwel­ligen Zugang zum Instrument der PatientInnenverfügung plädiert, und hat seine Einrichtung natürlich als jene gesehen, die da auch ein großes Maß an Erfahrung mitbringt.

Das ist ja einer der Punkte, den wir auch in unserem Entschließungsantrag, der wegen seines Umfangs verteilt werden wird, zum Ausdruck bringen. Herr Dr. Bachinger hat es viel schöner ausgedrückt, als ich es könnte. Er hat nämlich gesagt, es müsse ver­mieden werden, dass Patientenverfügungen zu einem elitären Programm für eine kleine Gruppe werden, sozusagen ob der Hürden zum Zugang.

Eine der Hürden zum Zugang kann und wird – hoffentlich nicht allzu intensiv, aber ich befürchte, es wird eine sein – die Frage der Kosten sein. Diese Frage wurde nicht nur von Dr. Bachinger von der PatientInnenanwaltschaft angesprochen, sondern auch von Frau Mag. Teuschl von der Caritas Socialis, die jetzt in ihrem aktiven Berufsleben am intensivsten mit PatientInnen, die am Ende ihres Lebens stehen und Sterbebegleitung benötigen beziehungsweise suchen, zu tun hat. Sie hat diese Sorge dahin gehend geäußert, dass es da zwei Hürden gibt, bei denen noch nicht klar ist, wie sie mit dem neuen Gesetz zu nehmen sein werden.

Die erste Hürde ist die der Kosten für die ärztliche Aufklärung und die zweite die der Kosten für die Errichtung der Patientenverfügung.

Präsident Benn-Ibler hat von 100 bis 200 € gesprochen, die Notare haben auch Summen genannt. Ich sage Ihnen: Wenn ein Anwalt unverbindlich von 200 € spricht, dann lautet die Rechnung auf 400 €. – Das ist meine Erfahrung, und da habe ich nicht ganz Unrecht.

Ich sage Ihnen: Meine Sorge, die ich mit Bachinger und vielen anderen teile, ist, dass dieses Instrument das bleiben wird, was die Frau Dr. Fekter gesagt hat: ein Instrument, das von wenigen genutzt wird. Aber sie hat es anders gemeint, und zwar in dem Sinne gemeint, dass man nicht zu früh Verfügungen über das Ende des Lebens treffen


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möchte, das noch ganz weit weg ist. – Da bin ich ganz bei ihr, dass das zu beachten ist.

Wenn sich aber das Errichten einer Patientenverfügung bei Kosten von 200 bis 300 € für den rechtlichen Teil bewegt, während die Kosten für den ärztlichen Aufklärungsteil noch völlig offen sind – es ist ja auch noch völlig offen, wer die ärztliche Aufklärung zahlt: Zahlt sie die Sozialversicherung? Oder sind das Privathonorare von Ärzten? Oder geht man zur Caritas Socialis, die das sozusagen bisher schon bietet?; es ist also nicht ganz klar: Ist es dort kostenlos, oder ist es im Betreuungsteil inbegriffen? –, dann sind das Hürden, die genau den Zweck dieses Gesetzes nicht erfüllen, weil sie nämlich ärmere und finanziell nicht so gut gestellte Bevölkerungsteile von diesem neuen Instrument, das ich für richtig, notwendig und auch endlich gesetzlich klärbar halte, ausschließen werden.

Das ist auch der Inhalt unseres Entschließungsantrages, den ich jetzt verlesen möchte, wo wir der Frau Ministerin für Justiz die Idee und den Vorschlag unterbreiten, auch die Gerichte in das Errichten der Patientenverfügung mit einzubeziehen.

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der folgenden Punkten Rechnung trägt:

1. Für die Errichtung von Patientenverfügungen können sich alle Bürgerinnen und Bürger an das für sie zuständige Bezirksgericht wenden.

2. Die Rechtsberatung vor der Errichtung von Patientenverfügungen und die Errichtung selbst bleibt den Richterinnen und Richtern vorbehalten. Hiefür sind entsprechende personelle Vorkehrungen durch das Bundesministerium für Justiz zu treffen.

3. Die Gerichtsgebühren für die Errichtung von Patientenverfügungen werden so niedrig wie möglich angesetzt.

4. Wären auf Grund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse einer Person die Voraussetzungen zur Gewährung der Verfahrenshilfe erfüllt, ist die Errichtung ihrer Patientenverfügung kostenlos.

*****

Meine Damen und Herren! Wenn das an das Gesetz angefügt würde, dann wären zumindest meine Bedenken und meine Befürchtungen entkräftet, denn dann wäre es nicht ein Instrument, das – wie hast du das gesagt? – ein Minderheitenprogramm ist, sondern ein zielgerichtetes Instrument für Menschen, die in Autonomie – nämlich auch in finanzieller Autonomie! – über die Würde des Abschieds vom Leben im Voraus eine Bestimmung treffen.

Das wollen wir erreichen, und da sollen die Kosten niemanden daran hindern! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unterstützt und steht damit auch mit in Verhandlung.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die Möglichkeit der Errichtung von Patientenverfügungen bei den Bezirksgerichten, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justiz­ausschusses über die Regierungsvorlage (1299 d.B.): Bundesgesetz über Patienten­verfügungen (Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG) (1381 d.B.)

Die Errichtungskosten bei verbindlichen Patientenverfügungen sind beträchtlich:

Zum einen müssen gesunde Personen, die eine verbindliche Patientenverfügung errichten wollen, die Kosten des im PatVG vorgesehenen ärztlichen Aufklärungs­gesprächs aus der eigenen Tasche bezahlen, bei kranken Personen werden diese Kosten (zumindest nach der Vorstellung der Verfasser des PatVG) als Teil der Behandlungskosten von den Krankenkassen übernommen. Demnach soll eine gesunde Person, die – für den Fall, dass sie durch einen Autounfall ins Koma fällt – bestimmte Behandlungsmethoden ausschließen möchte, stärker zur Kassa gebeten werden, als eine im Zeitpunkt der Errichtung der Patientenverfügung bereits erkrankte Person. Diese Diskrepanz ist nicht einsichtig.

Zu den Kosten der ärztlichen Aufklärung gesellen sich darüber hinaus noch die Kosten der Rechtsanwälte oder Notare, die nach dem Konzept des PatVG an der Errichtung von Patientenverfügungen beteiligt sein müssen. Die „kostenfreie“ Alternative besteht zwar in der Errichtung einer Patientenverfügung bei den Patientenanwaltschaften, bedauerlicherweise muss jedoch diese prinzipiell zu begrüßende Alternative aufgrund der Feststellung des Justizausschusses nicht unbedingt kostenfrei sein.

Schließlich sei an dieser Stelle noch auf die Tatsache hingewiesen, dass nach dem jetzigen Konzept des PatVG alle diese Kosten bei jeder Erneuerung, die spätestens nach dem Ablauf von 5 Jahren erforderlich ist, wieder anfallen.

Damit wird im Endeffekt nur ein verschwindend geringer Teil der Patientenverfügungen auch tatsächlich verbindlich sein und dieses sinnvolle Instrument bei der Ausgestaltung der individuellen Entscheidungsfreiheit von Menschen beschränkt. Entscheidungs­freiheit darf jedoch ganz grundsätzlich keine finanzielle Frage darstellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzes­entwurf zuzuleiten, der folgenden Punkten Rechnung trägt:

1. Für die Errichtung von Patientenverfügungen können sich alle Bürgerinnen und Bürger an das für sie zuständige Bezirksgericht wenden.

2. Die Rechtsberatung vor der Errichtung von Patientenverfügungen und die Errichtung selbst bleibt den Richterinnen und Richtern vorbehalten. Hierfür sind entsprechende personelle Vorkehrungen durch das Bundesministerium für Justiz zu treffen.

3. Die Gerichtsgebühren für die Errichtung von Patientenverfügungen werden so niedrig wie möglich angesetzt.


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4. Wären aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse einer Person die Voraussetzungen zur Gewährung der Verfahrenshilfe erfüllt, ist die Errichtung ihrer Patientenverfügung kostenlos.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.30.39

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsident! Frau Kollegin Gastinger! Hohes Haus! Zuerst ein paar Worte zur Vorgeschichte dieses Gesetzes: Österreich hat auch als Antwort auf die Legalisierung der Sterbehilfe in Holland ein klares Bekenntnis – und zwar ein Vier-Parteien-Bekenntnis – gegen die aktive Sterbehilfe, aber für die Sterbebegleitung abgelegt und in dieser Folge auch eine parlamentarische Enquete im Mai 2001 durchgeführt, um eben Solidarität mit den Sterbenden zu bekunden und Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich zu diskutieren.

In der Folge dieser Enquete ist es im Dezember 2001 zu einem Vier-Parteien-Antrag gekommen, in dem das damalige Bundesministerium für Soziales und Gesundheit beauftragt wurde, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu entwickeln. Bundesminister Haupt hat damals sofort eine Expertengruppe eingesetzt, die von 2001 bis 2003 getagt hat.

Das Gesundheitsministerium hat nach der Änderung des Ministeriengesetzes diese Expertengruppe übernommen, einen Gesetzentwurf fertig gestellt und in Begutachtung geschickt.

Wir haben in weiterer Folge in sehr intensiver Diskussion und Auseinandersetzung vor allem mit dem Justizministerium, mit der Frau Justizminister und ihren Expertinnen und Experten, aber auch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Hospiz-Bewegung, der Organisationen, die sich ja schon seit Jahren mit dem Aufbau der Sterbebegleitung in Österreich beschäftigen, und mit der Ethikkommission versucht, diesen Gesetzentwurf zur gemeinsamen Ministerratsvorlage des Bundesministeriums für Justiz und des Bun­desministeriums für Gesundheit weiterzuentwickeln.

Worum ging es da? – Patientenverfügungen waren auch bisher möglich. Sie waren allerdings nur beachtlich, nicht verbindlich. Es ist vor allem der Caritas Socialis und der Caritas zu danken, die ja das Instrument weiterentwickelt haben, Informations­broschüren verfasst haben, aber auch Entwürfe für Patientenverfügungen gemacht haben. Im Großen und Ganzen hat sich das alles bis zum heutigen Tag jedoch im rechtsfreien Raum bewegt und hat natürlich zu Verunsicherungen bei Patientinnen und Patienten, aber auch bei Ärztinnen und Ärzten geführt.

Bei dieser gesetzlichen Regelung war es uns wichtig, eine klare Unterscheidung zu treffen, und zwar im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie, also Selbstbestim­mung, und dem Verbot aktiver Sterbehilfe und andererseits der ärztlichen Ent­scheidungspflicht, der Behandlungspflicht und auch der Entbindung von der ärztlichen Behandlungspflicht, denn die Patientenautonomie begrenzt die ärztliche Behandlungs­pflicht. – Sie kann aber nicht aktive Sterbehilfe verlangen.

Die Diskussion in diesem Spannungsfeld hat sich in den letzten eineinhalb Jahren sehr intensiv gestaltet. Wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht. Wir haben intensiv vor allem mit Expertinnen und Experten, die tatsächlich mit sterbenden und schwer


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kranken Menschen arbeiten und gearbeitet haben, mit Ärztinnen und Ärzten, aber auch mit Juristinnen und Juristen diskutiert, um zu einer bestmöglichen Lösung zu kommen.

Die vorhergehenden Redebeiträge haben ja schon gezeigt, jeder von uns war sehr betroffen, auch in Bezug auf die Frage, wie Missbrauch hintangehalten werden kann, wie sichergestellt werden kann, dass sterbende Menschen nicht durch drängende Erben sozusagen in die verbindliche Patientenverfügung getrieben werden.

Daher bestand die Notwendigkeit der intensiven ärztlichen Beratung, damit der Patient tatsächlich entscheiden kann, und die Notwendigkeit von formalen Voraussetzungen für die verbindliche Patientenverfügung und auch die Befristung der verbindlichen Patientenverfügung, die dennoch jederzeit vom Patienten oder von der Patientin selbst widerrufbar ist. – Das heißt, solange der Patient oder die Patientin in der Lage ist, sich zu artikulieren, kann er oder sie selbstverständlich auch eine verbindliche Patienten­verfügung widerrufen.

Die schriftliche verbindliche Patientenverfügung gilt vor allem dann, wenn sich der Patient oder die Patientin nicht mehr artikulieren kann, wenn er oder sie das Bewusst­sein verloren hat. Sollte die verbindliche Patientenverfügung in dieser Phase bereits abgelaufen sein, ist sie immer noch eine beachtliche Patientenverfügung – und zwar eine in einem hohen Maße beachtliche, denn wir wissen, bei der beachtlichen gibt es eine breite Palette von Verbindlichkeit, die vom Arzt oder von der Ärztin in seiner oder ihrer Verantwortung zu entscheiden ist.

Ich glaube, dass es uns mit diesem Gesetz gelungen ist, das Ziel – nämlich die Schaffung einer klaren Regelung für Patientinnen und Patienten und auch für Ärztinnen und Ärzte – zu erreichen und dass wir mit der Unterscheidung zwischen verbindlich und beachtlich ein breites Instrumentarium geschaffen haben. Eine beachtliche Patientenverfügung braucht diese Formvoraussetzung nicht, ist daher auch nicht mit solchen Kosten verbunden, und wir wissen, dass die Caritas in der Zwischenzeit schon rund 130 000 Patientenverfügungen mit Patientinnen und Patienten abgeschlossen hat, die natürlich als beachtliche weiterhin gelten, auch im Sinne einer hohen Beacht­lichkeit.

Was vielleicht noch wichtig ist: Die Handhabung in Notfällen ist natürlich auch geregelt. Das Gesetz lässt die medizinische Notfallversorgung unberührt, sofern der mit der Suche nach einer Patientenverfügung verbundene Zeitaufwand das Leben oder die Gesundheit der Patientin oder des Patienten ernstlich gefährden würde.

Natürlich sollten wir auch weiterdenken, zum Beispiel an einen Vermerk auf der Gesundheitskarte – auf der e-card – oder in weiterer Folge auf der elektronischen lebensbegleitenden Gesundheitsakte, sodass der behandelnde Arzt oder die Ärztin diese Information sehr rasch zu Verfügung hat.

Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, vor allem bei Frau Bundesminister Gastinger und ihrem Haus für die gute Zusammenarbeit bei diesem Gesetz. Ich möchte mich besonders bei der Frau Abgeordneten Maria Theresia Fekter bedanken, die uns lange begleitet hat – auch schon in der Entwicklung des Ministerratsentwurfs –, und bei der Frau Abgeordneten Partik-Pablé, die uns ebenfalls begleitet hat, aber auch bei allen Abgeordneten der Opposition für die ernsthafte Diskussion im Ausschuss, natürlich auch bei den Expertinnen und Experten, die uns auf diesem Weg begleitet haben. Ich denke, dass wir damit heute ein gutes Gesetz beschließen können, dessen Evalu­ierung in zwei oder drei Jahren sicher auch noch mögliche Verbesserungen zulässt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.38


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.38.27

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Mir fällt die Zustimmung zu diesem Gesetz außerordentlich schwer. – Das muss ich dazusagen. Ich werde aber zustimmen und werde auch erläutern warum.

Warum fällt mir das schwer? – Ich denke, das ist – viele Vorredner haben es auch bereits gesagt – die heikelste und schwierigste Entscheidung, die ich je in diesem Parlament getroffen habe. Es ist ein Gesetz, bei dem es letztendlich darum geht, dass wir die Patientinnen und Patienten darüber entscheiden lassen, ob ihnen ihr Leben noch wert erscheint oder unwert, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch gar nicht wissen, wie es ihnen dann gehen wird, wenn sie nicht mehr darüber entscheiden können.

Das ist eine so unglaublich diffizile Materie, dass mir kein anderes Gesetz je so nahe gegangen ist wie diese Beschlussfassung. Wir geben mit diesem Gesetz den Patienten die volle Verantwortung. Ob wir damit auch die Autonomie der Patienten stärken, das ist die Frage. Das muss genau untersucht werden, und da stellen sich bei mir große Zweifel ein.

Die Patienten werden gemäß dem heute zu beschließenden Gesetz selbstverständlich begleitet, jedoch von Menschen, die selbst überhaupt nicht davon betroffen sind.

Ich habe das Hearing – im Gegensatz zu manch anderen – nicht so positiv erlebt, weil in erster Linie Dinge wie etwa die Kosten zur Sprache gekommen sind; auch Patien­tenanwalt Dr. Bachinger hat wörtlich gesagt, dass diese Regelung kein Minder­heitenprogramm sein darf. Es ist mir natürlich klar, dass er im Grunde etwas anderes gemeint hat. Er hat aber erst auf unsere Nachfrage ausgeführt, was er denn eigentlich mit seiner Aussage möchte, dass es kein Minderheitenprogramm sein darf. Ich kann ihm natürlich schon folgen, aber ich finde es höchst bedenklich, wenn sich ein Experte in einem Hearing hinstellt und bekundet, dass es sich um kein Minderheitenprogramm handeln darf. Das muss doch ein Minderheitenprogramm sein.

Es darf auch nicht in erster Linie die Frage der Kosten ausschlaggebend sein, ob das Gesetz tauglich ist oder nicht. Frau Kollegin Wurm, Sie machen es sich in Ihrer Ablehnung zu leicht. Die Kosten spielen nicht die große Rolle bei so einer Ent­scheidung. Zum anderen haben wir natürlich Hürden eingebaut – und für das Verhandlungsergebnis bin ich Maria Theresia Fekter und Frau Kollegin Partik-Pablé ausdrücklich dankbar. Wir haben Rechtsanwälte und Notare eingebaut, aber auch die Patientenanwälte, und die kosten nichts. Eine Patientenverfügung ist daher für alle leistbar. Selbstverständlich soll nicht ein elitäres Programm aus dem Ganzen gemacht werden. Insofern verstehe ich schon den Herrn Patientenanwalt, aber dass es kein Minderheitenprogramm bleiben darf, das kann es wohl nicht sein.

Ich habe mir in Vorbereitung dieses Gesetzes auch sehr genau angeschaut, was im Rahmen der Begutachtung gekommen ist, auch was von den Kirchen gesagt wurde, und das möchte ich hier kritisch hinterfragen.

Die österreichischen Bischöfe haben die Leitlinie „Leben in Fülle“ herausgegeben. Sie haben sich darin auch mit der Patientenverfügung auseinander gesetzt und tatsächlich formuliert: Die Idee einer Patientenverfügung, die auf der Anerkennung bestimmter Prinzipien wurzelt, nämlich der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens, wird grund­sätzlich begrüßt. – Aber wir verfügen mit der Patientenverfügung ja geradezu über Leben! Insofern verstehe ich das, was die österreichischen katholischen Bischöfe uns


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in diesem Schreiben mitteilen, nicht ganz. Deshalb wäre mir eine tiefer greifende Diskussion in diesem Falle sehr lieb gewesen.

Ich stimme dem Gesetz deswegen zu, weil ich glaube, dass es besser ist als der derzeitige Zustand, der sehr im Graubereich liegt. Es ist sehr klug, wenn es hier eine gesetzliche Regelung gibt. Ich stimme auch deswegen zu, weil wir beschlossen haben, es in drei Jahren zu evaluieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

12.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.43.16

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Hohes Haus! Ich möchte schon auf einige Redebeiträge ein­gehen. Erstens: Der Titel dieses Gesetzes, Frau Fekter, heißt Patientenverfügung, nicht Verfügung von Angehörigen über Angehörige. Er heißt auch nicht Verfügung von HeimleiterInnen über HeiminsassInnen und auch nicht Verfügung von Ärzten gegen­über Patienten. – Das muss einmal klar sein.

Zweitens: Können wir uns vielleicht darauf einigen, dass – von einzelnen wenigen beschämenden Ausnahmen abgesehen – nicht alle ÖsterreicherInnen durch dieses Gesetz ermuntert werden oder gerade darauf warten, das Leben ihrer Eltern, Großeltern, Tanten und Erbonkeln zu verkürzen, nur um an deren Sparstrümpfe und an ihr Eingemachtes zu kommen? Das wäre eine Lebenseinstellung und eine Betrach­tung der Gesellschaft, die ich nicht teilen möchte. Für Einzelfälle ist in diesem Gesetz Vorsorge getroffen. Da gibt es Hürden und Schwellen und auch ganz kräftige Strafen, um das zu verhindern.

Ich glaube, es wird einfach Zeit, einmal zu überlegen: Was sind die Sorgen der PatientInnen? Meine Erfahrung sagt, die kommen nicht zum Arzt oder ins Krankenhaus und haben dann Angst, dort getötet zu werden, weil man ihr Leiden nicht ernst nimmt, weil man ihr Leben nicht ernst nimmt, sondern die haben vorwiegend Angst, dass es Situationen geben kann, in denen ihr Leiden unnötig weiter gegen ihren Willen verlängert wird und sie dagegen nichts machen können. Und das nehme ich schon ernst!

Wie Sie wissen, ist jede Injektion – selbst eine unter die Haut, es muss gar nicht in eine Vene sein – vor Gericht eine Körperverletzung und ich als Patient kann nein dazu sagen. Eine Frau kann nach der Diagnose Brustkrebs sagen: Nein, ich will keine anti-hormonelle Therapie, weil die meine Psyche, mein Leben, meinen Umgang mit Menschen, mein Selbstwertgefühl beeinträchtigen kann. Ich will mir meine Brust nicht amputieren lassen, selbst wenn dies das Risiko, das Leben zu verkürzen, erhöht. – Das ist bitter. Ich habe solche Situationen schon erlebt. Man kann versuchen, die Patientin zu überzeugen, aber es gibt dann einen Punkt, an dem ich sagen muss: Ja, wenn sie das im Vollbesitz des Wissens um das Risiko tut, wird mir nichts anderes übrig bleiben, als das zu akzeptieren.

Damit wir vielleicht ein wenig näher zum Thema kommen, eine ganz kurze Geschichte: Ich hatte einmal einen knapp 60-jährigen Fabrikarbeiter, der an einer akuten Leukämie erkrankt war. Ich kannte den Mann wahrscheinlich fast ein ganzes Jahr. Viele Behandlungsversuche waren von Erfolg gekrönt, aber nur über wenige Wochen. Die akute Leukämie ist wieder gekommen. Jeder weiß, dass nach dem vierten Rückfall die Chance, hier noch einmal günstig eingreifen zu können, nahezu gegen null geht, dass ein Behandlungsversuch durch die Nebenwirkungen der massiven, schweren, den


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Körper beeinträchtigenden Therapie zu 50 Prozent den Tod bedeutet. Das war ziemlich schlimm für mich, für uns, seine Angehörigen. Die Frau dieses Patienten hat sich vor wenigen Wochen in selbstmörderischer Absicht in einen Fluss gestürzt. Er hatte zwei erwachsene Kinder. Die sind zu mir gekommen und haben gesagt: Wir möchten mit unserem Papa noch einmal nach Jesolo fahren, wo wir mit ihm als Kinder gespielt haben.

Mein Chef hat es verboten, weil zu riskant. Und jetzt sage ich etwas, was ich vielleicht nicht sagen sollte. Der Chef ist dann auf Urlaub gefahren. Ich habe nochmals mit den Kindern geredet und habe gesagt: Okay, fahren Sie! Sie kamen nach zehn Tagen zurück, der Patient kam wieder zu mir und ist dann nach drei Tagen verstorben. Ich war dabei bis 4 Uhr in der Früh. Neben der ganzen Trauer der Kinder hat trotzdem die Freude und die Befriedigung durchgeklungen, mit dem Vater noch einmal dort gewesen zu sein, wo sie schon als Kinder waren. Ich habe auch keine Therapie gemacht, und das hat wahrscheinlich auch zur Lebensverkürzung beigetragen.

Um so etwas geht es: dass Patienten, wenn sie einmal nicht mehr in der Lage sind, das selbst zu wünschen, das jemandem sagen können, der dann darüber verfügen kann. Ich halte diese Verfügung, diesen Wunsch nach Verfügung über mein Leben für keinen Anschlag gegen den göttlichen Willen. Wenn mir ein Leben geschenkt wird, von wem auch immer – das kann man jetzt religiös oder anders betrachten –, ein Geschenk darf man auch zurückgeben. Das haben Geschenke so an sich, sonst sind sie kein Geschenk.

Wenn die Autonomie des Patienten von Leuten unterminiert werden soll, die sagen, das ist mir alles Wurscht, neben dem Recht auf Leben will ich dem Patienten auch die Pflicht zum Leben aufoktroyieren, dann sage ich: Wir sollten uns nicht anmaßen, anderen Menschen eine Pflicht zum Leben über den Kopf zu stülpen. Darum finde ich solch eine Verfügung notwendig und gut. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist ein erster Schritt, ein zaghafter Schritt. Durch viele Kompromisse, durch viele kritische, berechtigte und teilweise auch sehr unberechtigte Bemerkungen hat sich das in die Länge gezogen. Man hat manches verwässert.

Wir Grüne stimmen daher erst in dritter Lesung zu und bringen auch einen Abän­derungsantrag, dessen Motive ich jetzt schon angedeutet habe und die ich noch kurz ausführen will, dazu ein.

Was mir nicht gefällt: Wenn ich mein Leben autonom bestimmen will – es dreht sich nicht nur um den Tod –, so will ich auch als Lebender – mein Leben ist ein Wert – beeinflussen, welche Therapie ich will oder nicht. Das steht jedem zu. Auch Sie können beim Zahnarzt sagen: Machen Sie das oder das! Warum soll es in heikleren Fällen plötzlich verboten sein? Wir sollen Kranke als Partner erleben und nicht als Untertanen und dem System ohnmächtig Ausgelieferte. Das ist heutzutage keine Einstellung mehr, auch wenn sie sich noch nicht durchgesetzt hat.

Wenn ich diesen freien Wunsch der PatientInnen jetzt als Grundrecht betrachte, kommt es mir schon komisch vor, dass ein Grundrecht von StaatsbürgerInnen erst erkauft werden muss durch Bezahlung beim Notar, Rechtsanwalt oder sonst wo. Grundrechte müssen selbstverständlich sein und haben keinen Preis. Die sind kostenlos. Ich darf auch kostenlos meine Meinung sagen. Das nächste Mal kommt noch ein Antrag, dass ich meine Meinung nur sagen darf, wenn ich etwas zahle; vielleicht dem Parla­mentspräsidenten oder einem Klubobmann. Wohin kommen wir da? Also das sollte geändert werden!

Minderheitenprogramme hin oder her. Ein Grundrecht kann doch kein Minderheiten­programm sein. Das ist ein Widerspruch an und für sich. Es werden nur wenige tun,


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weil sich nur wenige mit dem Tod oder mit kritischen Situationen ihres Lebens beschäftigen. Okay, das ist ihr Recht, verdrängen ist auch ein Menschenrecht. Da kann man sich fragen – das ist jetzt vielleicht das Krasseste, was ich sagen kann –: Warum muss eine ärztliche Beratung, die ich im Prinzip befürworte, auch für jeden ver­pflichtend sein, der nicht an die Schulmedizin glaubt? Manche glauben an die Schamanen, an die tanzenden Derwische, an Bachblüten. Das ist auch ihr Recht, das ich irgendwo akzeptieren muss. Warum nicht? Warum hat man da so viel Angst?

Die Patientenanwaltschaften sind ein Ärgernis, das der Föderalismus uns bringt. Das sollten wir uns auch einmal eingestehen, wenn die Länder jetzt in ihre Begutachtungen hineinschreiben: Diese Kosten tragen wir nicht. Wir statten unsere Patienten­anwalt­schaft nicht so aus, dass sie Leute beraten könnten, wie eine Patientenverfügung sein soll oder nicht.

Ich finde es auch etwas kritisch, hineinzuschreiben, dieses Recht oder die Verbind­lichkeit einer Verfügung ist unwirksam, wenn sich der Stand der medizinischen Wis­senschaft bedeutend geändert hat. Wenn Sie wissen, wie Wissenschafter streiten, was der Stand der Wissenschaft einerseits und was eine bedeutende Entwicklung andererseits ist, finde ich immer wieder Hebel, den Patientenwillen sozusagen ... (Abg. Dr. Fekter: Das ist ein klassischer Irrtum! Da unterliegt er einem Irrtum, wenn er geheilt werden könnte!) – Das verstehe ich auch. Aber im Gesetz steht: Wenn entscheidende Änderungen in der Wissenschaft eintreten, wenn sich die Bedingungen geändert haben.

Aber wissen Sie, ich habe auch erlebt, dass man einem Leukämiekranken Knochen­mark transplantiert hat. Der war im sterilen Zelt. Er hat dann durch die Therapie einen Herzinfarkt bekommen und alle sind unsteril mit den Straßenschuhen hineingerannt und haben ihn wiederbelebt. Er hat aus Augen, Ohren, Mund und Nase geblutet und ist elendiglich verreckt. Das muss man auch sehen! Natürlich hätten wir ihn vielleicht noch vier, fünf Tage leben lassen können. Aber das sind Grenzsituationen, die manche Leute nicht verstehen. Warum sollen Patienten solche Grenzsituationen nicht auch überdenken und sich für diese wappnen? Auch als Gesunde? Das kann also kein Minderheitenprogramm sein.

Kurzum: Wir stimmen trotzdem zu, weil ich fürchte, dass, ich sage jetzt nicht finstere Mächte, aber dass doch sehr konservative Kreise Leuten etwas vorenthalten und Verdachtsmomente dort orten, wo sie nicht in diesem massiven Ausmaß, wie sie ausgesprochen werden, zu befürchten sind.

Wir sprechen uns für dieses Gesetz aus, weil es ein Schritt ist und wir – erfreulicher­weise von Seiten der Regierungsparteien – Abänderungsvorschläge und Feststellun­gen des Ausschusses herausverhandeln oder hineinverhandeln konnten, die eine Evaluierung des Gesetzes auf Stärken und Schwächen ermöglichen und dann vielleicht einen breiteren, hürdenfreieren Zugang zu dieser Verfügung ermöglichen und einige Verbesserungen gestatten, die ich für notwendig halte. Aber insgesamt bedanke ich mich auch, dass man diesen Schritt gesetzt hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald hat soeben den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen in seinen Kernpunkten erläutert, damit auch ordnungsgemäß eingebracht. Er ist auch ausreichend unterstützt.

Auf Grund seines Umfanges lasse ich diesen Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an alle Abgeordneten verteilen. Er steht damit auch mit in Verhandlung.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (1381 d.B.) über die Regierungsvorlage (1299 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz über Patientenverfügungen (Patienten­ver­fügungs-Gesetz  – PatVG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses (1381 d.B.) über die Regierungsvorlage (1299 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz über Patientenverfügungen (Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG) wird wie folgt geändert:

Änderung des Bundesgesetzes über Patientenverfügungen

1. § 5 samt Überschrift lautet:

„Aufklärung

§ 5. (1) Der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung hat ein Arzt-Patienten­gespräch zur Beurteilung des Vorliegens der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten voranzugehen. Der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung soll ferner eine umfassende ärztliche Aufklärung einschließlich einer Information über Wesen und Folgen der Patientenverfügung für die medizinische Behandlung voran­gehen.

(2) Der Arzt hat das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit sowie eine allfällige Aufklärung unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren und bei einer allfälligen Aufklärung auch darzulegen, dass und aus welchen Gründen der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt, etwa weil sie sich auf eine Behandlung bezieht, die mit einer früheren oder aktuellen Krankheit des Patienten oder eines nahen Angehörigen zusammenhängt.“

2. § 6 samt Überschrift lautet:

„Errichtung

§ 6. (1) Eine Patientenverfügung ist verbindlich, wenn sie schriftlich unter Angabe des Datums vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder einem fachlich geschulten Mitarbeiter der Patientenvertretungen (§ 11e Kranken- und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957) errichtet worden ist und der Patient über die Folgen der Patientenverfügung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs belehrt worden ist.

(2) Der Rechtsanwalt, Notar oder der fachlich geschulte Mitarbeiter der Patienten­vertretungen hat die Vornahme dieser Belehrung in der Patientenverfügung unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren.“

3. § 7 Abs. 1 samt Überschrift lautet:


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„Erneuerung

§ 7. (1) Eine Patientenverfügung verliert nach Ablauf von fünf Jahren ab der Errichtung ihre Verbindlichkeit, sofern der Patient nicht eine kürzere Frist bestimmt hat. Sie kann nach einer schriftlichen Bestätigung eines Arztes nach § 5 unter Angabe des Datums erneuert werden; damit beginnt die Frist von fünf Jahren neu zu laufen. Eine neuerliche rechtliche Belehrung ist bei einer Erneuerung nicht erforderlich.“

4. § 10 Abs. 1 samt Überschrift lautet:

„Unwirksamkeit

§ 10. (1) Eine Patientenverfügung ist unwirksam, wenn

1. sie nicht frei und ernstlich erklärt oder durch Irrtum, List, Täuschung oder physischen oder psychischen Zwang veranlasst wurde oder

2. ihr Inhalt strafrechtlich nicht zulässig ist.“

Begründung

Zu Z 1 (§ 5 PatVG):

Abs. 1 stellt zunächst sicher, dass die Urteils- und Einsichtsfähigkeit eines Patienten vor Errichtung einer Patientenverfügung jedenfalls durch einen Arzt zu prüfen und nach Abs. 2 in weiterer Folge zu bestätigen ist. Jede weitere medizinische Aufklärung ist hingegen optional. Die Begründungspflicht für den Arzt nach Abs. 2 besteht natürlich nur, wenn eine solche medizinische Ausklärung tatsächlich erfolgt.

Zu Z 2 (§ 6 PatVG):

Bei den Patientenanwaltschaften sollen nicht nur „rechtskundige“ Mitarbeiter Patienten­verfügungen aufsetzen können, vielmehr sämtliche MitarbeiterInnen, die entsprechend geschult worden sind.

Zu Z 3 (§ 7 Abs. 1 PatVG):

Bei der Erneuerung einer Patientenverfügung soll eine weitere rechtliche Belehrung entfallen und durch die neuerliche Bestätigung der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten durch einen Arzt ersetzt werden. Dabei ist es in Abweichung zu § 5 zusätzlich erforderlich, dass der Arzt die Bestätigung datiert, damit in weiterer Folge beurteilt werden kann, ob seit der letzten Erneuerung mehr als 5 Jahre vergangen sind oder nicht.

Zu Z 4 (§ 10 Abs. 1 PatVG):

Nachdem die vorgesehene Clausula Rebus Sic Stantibus von sämtlichen ExpertInnen im Vorfeld des PatVG einhellig abgelehnt wurde und sie zudem schwer abgrenzbare Begriffe wie „Stand der medizinischen Wissenschaft“ enthält, hat sie zu entfallen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­ministerin Mag. Gastinger. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.55.00

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Regierungskollegin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen


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Hauses! Aus den bisherigen Redebeiträgen sehen wir schon, wie sensibel dieses Thema ist, und im Grunde genommen setzt sich die Diskussion, die wir bereits in den Expertenhearings hatten, die gerade zu dieser Materie wirklich zahlreich stattgefunden haben, auch hier wieder fort.

Ich habe das Expertenhearing, das im Justizausschuss durchgeführt wurde, als sehr aufschlussreich empfunden. Ich muss auch sagen, dass mein Eindruck war, dass die Patientenverfügung in der derzeitigen Form, so wie sie vorgeschlagen und wie sie auch von den Mitarbeitern meines Hauses und den Mitarbeitern meiner Regierungs­kollegin ausgearbeitet wurde, großteils die Zustimmung gefunden hat.

Es waren schon einige Punkte dabei, über die man sicherlich diskutieren kann, weil der Zugang dazu ein unterschiedlicher ist. Das haben wir jetzt auch aus den Diskus­sionsbeiträgen ersehen. Ich spreche Herrn Dr. Grünewald an, der gerade sehr anschaulich die Lebensgeschichte eines sehr kranken Menschen dargelegt hat, oder auch Frau Abgeordnete Wurm. Es ist natürlich so, dass man über diese Form­schwellen sicherlich diskutieren kann, ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass sie richtig sind – ich sage das hier ausdrücklich noch einmal, denn wir haben uns sehr viele Gedanken darüber gemacht –, nämlich aus dem Grunde auch richtig, weil es darum geht, dass wir eine verbindliche Patientenverfügung zulassen, die zu einem Zeitpunkt greifen soll, zu dem sich der Patient selbst nicht mehr äußern kann.

So lange der Patient noch äußerungsfähig ist, also weder im Koma liegt noch geistig verwirrt ist – das kann auch der Fall sein –, kann er jederzeit sagen, ich will keine PEG-Sonde, ich will keine Spritze, ich will mir meine Brust nicht amputieren lassen, ich will das alles nicht. – Das ist jederzeit möglich, formfrei, da reicht das gesprochene Wort.

Schwieriger ist die Situation aber genau dann, wenn sich der Patient nicht mehr äußern kann. Das ist genau der Punkt, um den es wirklich geht. Es hat sich ja nicht umsonst fünf Jahre lang dahin gezogen, bis wir heute Gott sei Dank endlich so weit sind, dass wir dieses Gesetz hier beschließen können.

Das ist genau der Punkt, um den es geht: Der Patient kann sich nicht mehr äußern, kann seinen Willen nicht mehr kundtun. Wir sind nach zahlreichen Diskussionen zu dem Ergebnis gekommen, dass hier zur Sicherheit des Patienten Formvorschriften notwendig sind, damit er sich dessen klar ist, welche Behandlung er ablehnt und was das für Konsequenzen hat. Das bedeutet Aufklärung durch den Arzt, Aufklärung oder Beratung auch durch einen Rechtsberater, sprich einen Anwalt, Notar oder Patienten­anwalt. Das hat den Sinn, dass diese Willensäußerung so klar ist, dass sie dann in der Situation, in der sie greifen soll, auch für jedermann, sprich insbesondere für den Arzt, verständlich ist. Das war genau der Grund.

Diejenigen, die im Justizausschuss sitzen, werden sich sicherlich noch daran erinnern können, wie ein sehr erfahrener Familienrichter, den ich auch persönlich sehr schätze, Herr Dr. Mauthner, im Justizausschuss berichtet hat, wie schwierig es oft ist, Testamente auszulegen, wo der Erblasser gemeint hat, er legt ganz klar fest und die Nachwelt wird ganz genau wissen, was er gemeint hat. Da gibt es oft jahrelange Rechtsstreite, weil der Mensch nicht in der Lage war, sich so klar auszudrücken, dass dann wirklich ganz klar ist, was er gemeint hat. Hier ist aber der Erblasser schon verstorben und im Grunde genommen geht es um Geld für die Nachkommen. Ich meine, das ist auch schlimm, aber es ist in der Relation zum Leben natürlich vernach­lässigbar, würde ich einmal sagen.

Das hat mich aber wirklich darin bestärkt, dass es richtig war, für jene Bereiche, von denen wir meinen, das soll absolut gültig sein auch für die Zeit, zu denen sich jemand selbst nicht mehr äußern kann, Formvorschriften vorzusehen. Und ich bin auch der Meinung, dass das keine Kostenfrage sein darf. Wir haben deswegen ganz bewusst


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die Patientenanwaltschaften für die Rechtsberatung, die, wie Herr Dr. Bachinger ja ausgeführt hat, kostenfrei sein sollen, vorgesehen und damit auch einem Wunsch der Patientenanwaltschaft entsprochen. Also ich glaube, dass das der richtige Weg war.

Was sicherlich noch nachjustierungsbedürftig ist – das sehe ich auch so und da bin ich auch sehr froh, dass der Hohe Nationalrat dazu eine Entschließung verabschieden wird –, ist die Frage der Registrierung. Da gibt es verschiedene Modelle, wie man das angehen kann. Da bedarf auch einer technischen Umsetzung und vor allem einer Machbarkeitsanalyse. Dies wird sicherlich eine Frage sein, die wir uns noch weiter überlegen werden müssen. Ob es jetzt die e-card wird, ob es, so wie es die Frau Abgeordnete angesprochen hat, eine Karte wird, die man immer mitführt – ich meine, das kann man jetzt schon machen –, oder ob es allenfalls ein Register bei den Notaren wird – der Vertreter der Notariatskammer hat auch angeführt, dass dies möglich wäre –, da wird man sich sicherlich überlegen müssen, was das Zweckmäßigste ist; aber das wird sicherlich noch kommen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte ganz kurz etwas zum Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Dr. Grünewald, Freundinnen und Freunde, der vorhin eingebracht wurde, der die Einbeziehung der Gerichte beinhaltet, ausführen. Ich habe diesen nicht unterstützt. Ich habe ausdrücklich im Ausschuss gesagt, dass ich mir eine Einbeziehung der Gerichte nicht vorstellen kann. Das muss ein Missverständnis gewesen sein, offensichtlich habe ich mich dort undeutlich ausgedrückt. Ich möchte das jetzt hier klarstellen.

Ich meine, dass die Gerichte nicht dafür zuständig sind, Rechtsberatung durch­zuführen. Die Gerichte treffen Entscheidungen. Die Gerichte entscheiden, ob etwas rechtskonform ist oder nicht. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, Rechtsberatung durchzuführen. Das ist Aufgabe der rechtsberatenden Berufe und diese haben wir jetzt in dieser Patientenverfügung vorgesehen.

Ich glaube, dass das der richtige Weg ist. Ich glaube auch, dass die Gerichte – so sehr ich wirklich davon überzeugt bin, dass wir in Österreich eine hervorragende Justiz haben und mit Recht auf unsere Justiz und unsere Gerichte stolz sein können – mit dieser Frage der Rechtsberatung, wie sie hier vorgeschlagen wurde, überfordert wären, weil das einfach nicht in deren Bild passt. Das wollte ich dazu noch ganz kurz ausführen.

Das ist eine sehr sensible Materie und wir sind diesbezüglich sehr vorsichtig, bewusst sehr vorsichtig, vorgegangen. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal aus­drücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch bei den Expertinnen und Experten, die uns sehr wesentliche Beiträge dahin gehend geliefert haben, dass wir heute so weit sind, dass wir dieses Gesetz beschließen können, bedanken; und bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)

13.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Ich erteile ihr das Wort.

 


13.01.59

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh darüber, dass auch insbesondere dank der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer die teilweise unselige Debatte im Ausschuss zumindest nicht von allen heute hier in ähnlicher Weise fortgesetzt wurde. Ich finde, wir hätten uns nämlich sonst kein gutes Zeugnis ausgestellt, wenn es bei Angelegenheiten wie dieser Patientenverfügung in erster Linie um Kosten und um Formalitäten ginge.


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Worum geht es tatsächlich? – Es geht um einen ähnlich sensiblen Grenzbereich, wie wir ihn hier im Parlament, vor meiner Zeit, im Rahmen der Fristenlösung hatten. Es geht um den Grenzbereich zwischen Leben und Tod, es geht um den Grenzbereich dessen, was die Medizin kann und was sie darf.

Jeder von uns weiß, dass jeden Tag über Menschenleben verfügt wird. Es wird von Ärzten darüber verfügt, Leben zu verlängern, aber auch, sie allenfalls zu verkürzen.

Ich bin der Ansicht, dass das Einzige, was dieses Gesetz auch wirklich rechtfertigt, das ist, dass eben bereits heute über Leben verfügt wird. Dann ist es besser, dass jeder Mensch selbst über sein eigenes Leben und Sterben bereits vor jenem Zeitpunkt verfügt, zu dem sonst nur noch über ihn verfügt werden kann.

Ich bin in diesem Sinne sehr dankbar für die formalrechtlichen Schranken, die man bei der verbindlichen Patientenverfügung gezogen hat. Es geht nicht darum, dass man sich von einem Anwalt darüber beraten lassen müsste, welche Formen der Behand­lung es gibt – weil auch das schon gesagt worden ist. Das macht der Arzt. Aber es ist wichtig, dass ein Jurist, der auch in der Lage ist, den Willen des Klienten entsprechend zu formulieren, dabei ist, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Und es ist wichtig, dass man auch in dieser Angelegenheit die Möglichkeit hat, zu einem Anwalt, zu einem Notar, zu einem Menschen seines Vertrauens zu gehen und nicht zu irgendeiner Institution oder Behörde, die dafür zuständig gemacht wird.

Letztlich wird dieses Gesetz nicht alle auftretenden Probleme zu lösen in der Lage sein. Es ist klar, dass es auch dann, wenn eine eindeutige Patientenverfügung vorliegt, immer wieder bei ungenauen Formulierungen Zweifelsfälle geben wird. Es wird immer wieder und ganz besonders für Ärzte Situationen geben, in denen sie entscheiden müssen, wann ein Mensch auch in Würde sterben darf.

Die meisten alten Menschen in jenen Ländern, in denen es bereits die abzulehnende aktive Sterbehilfe gibt, fürchten sich davor, irgendwann, an Geräte angeschlossen, im Spital zu liegen – das hält der Körper sehr, sehr lange aus; das sind Möglichkeiten, die es vor gar nicht allzu langer Zeit noch nicht gab – und nicht in Frieden und in Würde sterben zu dürfen.

Ich glaube, auch zum Sterben in Würde und ohne Angst haben wir heute einen sehr sensiblen Beitrag geleistet. Und ich appelliere im Besonderen an die Ärzte, in diesem Sinne sorgsam mit den auch auf sie zukommenden Entscheidungen umzugehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


13.06.05

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Beratung, die wir jetzt führen, führen wir zu einem Thema, das sicherlich eines der schwierigsten ist, auch wenn man sich damit ein­gehend beschäftigt.

Es geht in Wirklichkeit nicht, wie schon mehrere Redner angesprochen haben, darum, Dinge zu lösen, wie Erbschaften oder abzudeckende Kostenfaktoren. Es geht letzten Endes um Menschen, es geht darum, einen Weg zu finden, dass sich Menschen in Vollbesitz ihrer Sinne und Kräfte äußern dürfen, wie sie sich die schwierigste Zeit, die Krisenzeit ihres Lebens vielleicht, vorstellen oder wie sie diese gestaltet haben möchten.


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Unter Patientenverfügung verstehen wir eine Willensäußerung, dass bestimmte Be­handlungen für den Fall abgelehnt werden, dass die Patienten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr einsichts- und urteilsfähig sind oder sich nicht mehr äußern können.

Wir haben uns mit dieser Frage im Europarat beschäftigen müssen. Dort gab es eine Vorlage zur Euthanasie vom Schweizer Kollegen Dick Marty, der darauf verwiesen hat, dass das in einigen Ländern wie Holland und Belgien zur Anwendung kommt und dass er auch vom Europarat in dieser Frage sozusagen eine Bewegung losfahren hätte wollen. Wir konnten das verhindern; ich bin sehr froh, sehr dankbar und auch glücklich für jede Stunde Diskussion, für jeden Beitrag, den wir dort leisten konnten, damit dieses Thema aufgearbeitet und dieser Vorschlag abgelehnt wurde.

Wir sind nicht die Einzigen, die diesbezüglich eine Maßnahme treffen, auch die Französische Nationalversammlung und der Deutsche Bundestag haben in den letzten Monaten ähnliche Entscheidungen getroffen. Man möchte damit sicherlich eine Antwort geben auf beziehungsweise einen Lösungsvorschlag unterbreiten für eine Situation, die wir kurz so darstellen können: Wir haben heute eine höhere Lebenserwartung. Wir haben heute andere soziale Umfelder. Es gibt eine medizinische Entwicklung, die nicht nur Segen bedeutet, sondern für viele auch, wenn sie das miterleben, eine Belastung ist. Und man versucht, hierauf eine Antwort zu geben.

Frau Bundesministerin! Ich denke, dass da sehr viel gelungen ist. Ich möchte ausdrücklich Maria Fekter danken, die sich beispielgebend und engagiert mit vielen Experten eingebracht hat.

Ich bringe es so auf den Punkt, wie ich es schon im Europarat sagte: Wir haben alles zu tun, dass Menschen auch in Zukunft in den Händen von Menschen sterben dürfen – und nicht durch die Hände von Menschen sterben müssen.

Das wollen wir erreichen. Wenn wir einen kleinen Beitrag zu dieser großen Ent­scheidung leisten können, dann, so denke ich, ist das eine gute Vorlage, die natürlich unsere Zustimmung finden wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)

13.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


13.09.31

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Ich möchte jetzt als Vertreterin eines Pflegeberufes seit 30 Jahren zu dieser Patientenverfügung etwas sagen.

Grundsätzlich bin ich dafür, dass es dieses Instrument gibt. Für mich sind es Rahmen­bedingungen, die damit sowohl für Ärzte als auch für Pflegepersonen geschaffen werden, dass endlich eine Struktur in das Ganze hineinkommt. Wir hatten jetzt schon immer Grenzfälle, wobei eine gewisse Struktur hilfreich gewesen wäre.

Sterben und Sterbende waren oft ein Tabuthema, darüber wurde nicht geredet, das wurde nicht akzeptiert. Das kann ich jedoch heute nicht mehr bestätigen. Als ich meine Arbeit begonnen habe, hat man Sterbende noch in Bäder abgeschoben, heute stirbt ein Mensch im Krankenhaus oder in einer Institution so wie zu Hause. Man nimmt ihn auch nicht aus dem Patientenzimmer heraus, obwohl das immer wieder verlangt wird. Ich denke, Sterben gehört zum Leben, so wie das Leben zum Sterben gehört.

Es ist auch gerade in der ärztlichen und pflegerischen Betreuung sehr viel Wissen, Können und auch Verantwortung notwendig. Dr. Grünewald hat teilweise angerissen, wie sensibel dieses Thema ist. Ich würde allerdings auch manchmal die Akutsituation


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mit der normalen Situation vergleichen, denn diese sieht sehr drastisch aus, wenn man das miteinander vermischt.

Es muss natürlich auch akzeptiert werden, dass es trotz dieser Regelung der Patientenverfügung weiterhin offene Fragen geben wird. Ich glaube, wir können nicht alles auf Punkt und Beistrich regeln, weil dazu einfach das Leben jedes Einzelnen von uns zu facettenreich ist. Wenn wir uns anschauen, wie sich Krankheiten entwickeln können, welche Verläufe sie nehmen können oder auch nicht, obwohl die Prognose eine ganz andere ist, dann geht eine Krankheit für den Einzelnen oft ganz anders aus. Wir müssen diesen sensiblen Bereich auch mit einkalkulieren.

Ich denke auch, dass sich der Kreis jener Personen, die eine Beratung wollen, was die Patientenverfügung betrifft, vergrößern wird, weil sich gerade Angehörige des ärzt­lichen und auch des pflegerischen Sektors – ganz gleich, wo sie arbeiten, ob im Akutkrankenhaus, im Pflegeheim, in der mobilen Pflege oder einfach zu Hause in der Pflege – mit diesen Dingen, wenn das Gesetz ist, auseinander setzen müssen und das dadurch auch Einfluss nimmt.

Ich muss in Zukunft in meiner Pflegeanamnese beziehungsweise der Arzt in seiner Arztanamnese wirklich nachfragen, ob eine Patientenverfügung vorliegt. Es gibt heute schon Patientenverfügungen, die man über die Hospiz machen kann. Es weist auch jeder darauf hin, dass er so etwas hat, dass das ein Arzt und auch ein Angehöriger unterschrieben hat. Diese 130 000 bestehenden Patientenverfügungen sind ja nicht mehr irgendwo im Verborgenen, sondern es wird sehr offen darüber geredet.

Darum noch einmal: Ich glaube, dass diese Patientenverfügung mit ihren gesetzlichen Beschränkungen, die ich auch gut finde, jedem Sicherheit und Stabilität bietet, der so etwas machen will. Da muss man gar nicht zuerst an möglichen Missbrauch denken.

Ich persönlich muss sagen, mit heutigem Datum wäre ich außer Stande, für mich selber so eine Patientenverfügung zu machen, obwohl ich seit 30 Jahren in diesem Beruf und Bereich tätig bin. Momentan möchte ich das für mich selber nicht ent­scheiden müssen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Broukal.)

13.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


13.13.08

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Ministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Grund­sätzlich ist das ein sehr schwerwiegendes Gesetz, das wir heute beraten und beschließen werden.

Ich möchte dazu sagen, dass ich mit der Definition des Kollegen Grünewald in vielen Punkten nicht einverstanden bin. Ich glaube ganz einfach, eine Patientenverfügung ist auch dazu da, dass man über ein Thema spricht und dass man nicht Angst macht, sondern dass man Angst mindert, Angst sozusagen aus den Behandlungsräumen entfernt.

Ich glaube auch, dass wir in Zukunft die Inhalte dieses Gesetzes, das wir heute beschließen, sehr ernst nehmen müssen, dass wir sehr genau beobachten müssen, wie es sich entwickelt und dass uns die Evaluierung dazu Anlass geben wird, diese Materie in bestimmten Bereichen zu überdenken.

Der modernen Medizin und Technik verdanken wir es, dass eine wesentlich längere Lebenserwartung und zugleich eine Verbesserung der Lebensqualität eingetreten ist.


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Viele Menschen sind heute dennoch verunsichert und wünschen sich Lebensqualität, aber auch Würde und Respektierung ihres Willens bis zuletzt.

Ich darf darauf verweisen, dass das in Wirklichkeit auch ein europäisches Thema ist und dass diese neuen Verfügungen in vielen Ländern debattiert und diskutiert werden. Ich meine, wir sollten hier den Wünschen der Bürger und der Ärzte Rechnung tragen, aber wirklich auch sehr auf der Hut sein, wie sich diese Patientenverfügungen ent­wickeln. In diesem Sinne bitte ich um die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Broukal.)

13.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


13.15.16

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Bezüglich dieser Patientenverfügung wurde mehrmals über die Kosten gesprochen. Ich habe im Ausschuss damit zur Diskussion beigetragen, indem ich die Familienberatungsstellen genannt habe, die letztendlich über Ärzte und Juristen verfügen. Nach Rückfragen mit Experten bin ich aber zu der Überzeugung gelangt, dass die tatsächliche Errichtung der verbindlichen Patientenverfügung vor Notaren, Rechtsanwälten oder rechtskun­di­gen Mitarbeitern der Patientenvertretungen erfolgen soll, so, wie es im Gesetz aus­geführt ist, da es ja um die Errichtung einer Urkunde und somit auch um die Haftung geht.

Aber Familienberatungsstellen und andere Beratungseinrichtungen können wie bisher bei der beachtlichen Patientenverfügung zusätzlich bei der Vorbereitung einer verbind­lichen Patientenverfügung unterstützen. Dabei kann vor allem auch der psychosozialen Aspekt aufgearbeitet werden.

Meine Kolleginnen Maria Theresia Fekter und Ulrike Baumgartner-Gabitzer haben bereits ausgeführt, wie heikel diese Gesetzesmaterie ist, wie sensibel diese Ent­scheidung für jeden von uns ist und wäre. Es geht um die Entscheidung über das eigene Leben und den eigenen Tod. Mit den Erfahrungen der Vergangenheit über etwas in der Zukunft Liegendes zu entscheiden ist fast übermenschlich. Wer von uns weiß, wie sie oder er sich in gewissen Situationen fühlen wird und welche Bedürfnisse zu diesem Zeitpunkt vorhanden sein werden. Der Lebenserhaltungstrieb ist schließlich einer der stärksten Triebe in uns und wird meist erst in lebensbedrohlichen Situationen spürbar.

Ein Bedürfnis scheint mir aber bei jedem vorhanden zu sein, Kollegin Hakl hat es schon erwähnt, nämlich das Bedürfnis nach der Würde des Lebens und des Sterbens. Deshalb ist der Erfahrungsbericht nach drei Jahren zu begrüßen, denn dieser Aspekt ... (Das Mikrophon fällt aus und die Rednerin ist im Plenarsaal nicht mehr zu hören. – Rufe bei der ÖVP – in Richtung Präsidium –: Der Ton ist weg! Freiwillige Redezeitbeschränkung!)

Deshalb ist der Erfahrungsbericht nach drei Jahren zu begrüßen, denn dieser Erfahrungsbericht wird ein Spiegel unserer Zivilgesellschaft sein, inwieweit wir in der Lage sind, den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten und nicht nur dem sozialen Umfeld Rechnung zu tragen. Wir von der ÖVP werden diesen ethisch hohen Anspruch immer in den Mittelpunkt stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. – Bitte.

 



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13.18.30

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen Bundesministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir bei den Ausschusssitzungen schon das erste Mal, in der kurzen Zeit, die ich im Parlament bin, so ergangen, dass ich den Eindruck hatte, dass uns hier ein Gesetz wirklich am Herzen liegt und dass wir um eine menschenwürdige Lösung ringen. Ich meine damit Folgendes: Kann man Gefühle, kann man Ängste, kann man Bedenken in einem sehr entscheidenden, vielleicht dem entscheidendsten Augenblick seines Lebens in ein Gesetz fassen? – Dann wird die Antwort nein lauten.

Aber wir müssen uns bemühen, einen Rahmen zu finden, in dem möglichst viele Bedingungen enthalten sind, die uns gut zu diesem Augenblick hinführen. Diese Willensäußerung pro futuro ist etwas, das wir wahrscheinlich nicht voraussehen können. Wenn ich überlege: Wenn ich jetzt eine Patientenverfügung zu bestimmen hätte, dann würde ich zögern und sie wahrscheinlich nicht machen.

Sie muss aber gemacht werden, wenn wir einsichts- und urteilsfähig sind, damit sie uns dann zu diesem entscheidenden Zeitpunkt, wo wir nicht mehr über uns bestimmen können, helfen kann.

Ich bin daher sehr dankbar dafür, dass dieses Gesetz, um das wir uns heute bemühen, eine verbindliche und eine beachtliche Verfügung zulässt, dass wir bei der verbind­lichen eine ganz genaue Aufklärung durch den Arzt haben können und dass wir uns auch Zeit lassen und uns mit diesem heiklen Moment in unserem Leben genau und lang befassen können.

Ich finde es auch richtig, dass das dann, wenn wir uns entschieden haben, in einer richtigen Form – abgesichert durch Rechtsanwalt oder Patientenanwalt – stattfinden wird.

Es sind sehr viele heikle Momente darin enthalten, wie zum Beispiel der Wunsch, die Ernährung abzulehnen. Wir müssen hier unterscheiden zwischen Pflege, also wenn die händische Verabreichung von Nahrung erfolgt, und künstlicher Ernährung. All diese heiklen Punkte spricht diese Gesetzesvorlage an, und ich glaube, dass das Gesetz helfen wird, die Selbstbestimmung von Patienten zu unterstützen und in dieser heiklen Materie durch gute ärztliche und juristische Informationen vor Missbrauch am Patienten entscheidend zu schützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

13.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. – Bitte.

 


13.21.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt einen sehr umfangreichen Ratgeber, ein Buch, kann man sagen, zur Patientenverfügung der Niederösterreichischen Patienten- und Pflegeanwaltschaft, und dieser enthält einen treffenden Untertitel, der da lautet: Die vorausschauende Selbstbestimmung des Patien­ten.

Wir behandeln heute ein sehr heikles und sensibles Thema – das hat auch schon Maria Fekter ausführlich ausgeführt –, denn diese Selbstbestimmung muss wirklich frei und ohne Einfluss gewährleistet sein. Die Menschen wünschen sich Lebensqualität, Würde und Selbstbestimmung bis zuletzt. Für den Fall des Verlustes der Selbstbestim­mungsfähigkeit sollen nun Verfügungen verbindlich dahin gehend getroffen werden,


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welche Behandlungsmaßnahmen nicht gesetzt werden sollen – ausgenommen natür­lich die aktive Sterbehilfe.

Welche Probleme der Patientenverfügung gab es bis jetzt? – Bis dato enthielt der geltende Rechtszustand keine exakten Handlungsanweisungen an behandelnde Ärztinnen und Ärzte und andere Beteiligte wie Pflegepersonal und Angehörige. Besondere Probleme entstanden bei Details wie den formellen und inhaltlichen Standards der Patientenverfügung, dem Verhältnis der Patientenverfügung zu anderen rechtlichen Rahmenbedingungen für ärztliche Behandlung und der Wirksamkeit der Patientenverfügung, das heißt der Dauer der Gültigkeit.

Diese rechtlichen Defizite führten einerseits dazu, dass PatientInnen verunsichert waren, und andererseits stellten sie die behandelnde Ärztin beziehungsweise den behandelnden Arzt vor komplexe, ethisch schwierige Fragen, die sie oder er in ärztlicher Verantwortung entscheiden musste, zum Beispiel betreffend die Urteils- und Entscheidungsfähigkeit. Letztlich waren auch die Angehörigen betroffen, die oft zusätzlich mit nicht lösbaren Problemen belastet wurden.

Ich denke, dieses neue Gesetz über Patientenverfügungen ist ein wichtiger Schritt in unserem Gesundheitswesen, und ich möchte abschließen mit einem Zitat unserer Frau Bundesministerin, die gesagt hat: Mit diesem neuen Gesetz sind wir richtungsweisend für Europa.

Ich möchte mich bei allen Institutionen bedanken, wie zum Beispiel bei der Patienten­anwaltschaft, den Ärzten, der Hospizbewegung, die in den letzten Jahren diesen Dialog geführt haben, und vor allem möchte ich mich auch bei den beiden Bundes­ministerinnen bedanken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


13.24.13

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Wenn man sich die Situation zum Beispiel in Israel mit Alt-Minister­präsident Sharon anschaut, der seit Monaten nach mehreren Hirnoperationen an­scheinend unrettbar im Koma liegt, dann stellt sich schon die Frage: Wo endet ärztliche Kunst, wo endet ärztliches Müssen, und wo ist auch der Patientenwille zu berück­sichtigen?

Rein nach dem Strafrecht ist es relativ klar: Der Arzt hat das Maximum einzusetzen. Setzt er es nicht ein, kann er jederzeit von jedem angezeigt werden, und wenn er das Leben auch nur um eine Minute verkürzt, ist er fällig.

Ich glaube, das ist aber nicht der Wunsch vieler Patienten, die oft ihr Leiden als sinnlos empfinden, und ich denke, man muss den Patienten die Möglichkeit geben, zu Zeiten, wo sie erstens verstehen, was sie unterschreiben, und zweitens wissen, was mög­licherweise auf sie zukommen könnte, ihren Willen zu äußern, nämlich: Was geschieht mit mir und meinem Körper? – Ich glaube, das ist schlicht und einfach ein Punkt der menschlichen Würde.

Diese Patientenverfügung ist eine bessere Antwort als das holländische Modell, das zum Beispiel in Belgien, möglicherweise auch in anderen Ländern, nachgeahmt wird, nämlich der aktiven Sterbehilfe, weil man sieht, dass in Holland allein dadurch nicht einwilligungsfähige Menschen auch plötzlich von Expertengremien zu Sterbeopfern erklärt werden. 3 200 Todesfälle infolge vorzeitig beendeten Lebens in Holland zeigen mir, dass es schon viel problematischer ist, als man glaubt, den so genannten Patientenwillen von Dritten erfassen zu lassen. Da, finde ich, ist eine Patienten-


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verfügung, die sauber und korrekt gemacht wird, ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Menschenwürde und in Richtung mehr Patientenwille. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

 


13.26.30

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Ministerin­nen! Hohes Haus! Zum Abschluss noch einmal ein kurzer gedanklicher Bogen. Dazu ist mir ein Text von Olga Flor in Erinnerung gekommen: „Würde und Windeln“. Zitat: Die Endabnahme des Körpers ist dann eigentlich nur mehr eine Formalität. – Ein Text über den Anfang des Lebens und noch mehr über das, was sie „funktionales Sterben“ nennt. Es geht um den schnelleren Verfall im Alter und seine Bewältigung. – Und diese Gedanken stehen auch im Zusammenhang mit der heute zu verabschiedenden verbindlichen Patientenverfügung.

Im Diskussionsprozess im Ausschuss – und ich war auch im Fachausschuss meiner Partei, wo uns Experten beraten haben – ging es immer wieder um eine Erwartung, ein Ziel: mehr Autonomie, mehr Sicherheit. Auf unser Nachfragen haben nicht nur der Rechtsanwaltskammertags-Präsident Benn-Ibler, sondern auch Medizinrechtler und die Hospizbewegung gesagt: Nein, täuschen wir uns nicht! Es wird nicht mehr Autonomie im Vollverständnis des Wortes sein, es wird auch nicht mehr Sicherheit geben.

Das ist für mich eine wichtige Rückmeldung gewesen, weil in dieser Patienten­verfügung, in dem Verfügen-Wollen auch eine Spur von Selbstüberhöhung des Menschen steckt, und vor der müssten wir uns eigentlich in Acht nehmen – auch wenn wir, wie ich meine, in einer Versicherungs-, in einer Assekuranz-Gesellschaft leben, wo wir uns gegen alle Unbilden, die das Leben auch am Ende noch bringen kann, versichern wollen und in einer Überbestimmung des Aufgeklärt-Seins auch noch für das Ende des Lebens verfügen können wollen, was da kommen mag.

Würdevolles Sterben, meine ich, ist nicht eine Frage eines 100 oder 200 € teuren Rechtsaktes, es misst sich an der Fähigkeit, den Hinfälligkeitsprozess auf hohem kulturellem und sozialem Niveau auszuhalten. Seien wir also mit dem Gesetz und den damit verbundenen Erwartungen so bescheiden, wie es uns ansteht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 


13.29.01

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Patientenverfügung möchte ich einleitend sagen, das ich es auf Grund der Tragweite dieses Gesetzes doch bedauer­lich finde, dass sich die Sozialdemokratie nicht durchgerungen hat, das mitzutragen. Alle drei Redner der SPÖ, zumindest aus meiner Sicht, haben hier nicht glaubhaft darstellen können, warum sie das Gesetz ablehnen, denn nur das Kostenargument allein sollte, wenn es um solch ein Thema geht, eigentlich nicht schlagend sein.

Wir reden hier vom individuellen Recht jedes Menschen, zu bestimmen, ob er mit allen der Medizin zur Verfügung stehenden Mitteln sein Leben verlängern lassen will oder ob er den Weg wählt zu sagen: Wenn mein Körper alleine nicht mehr in der Lage ist, mich


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am Leben zu erhalten, dann soll die Natur ihren Lauf nehmen und dann soll ich auch in Würde sterben können.

Erwähnen möchte ich auch, dass es Frau Kollegin Partik-Pablé zu verdanken ist, dass dieses Recht jetzt auch für den gesunden Menschen gilt. Der Erstansatz war ja der, dass man erst dann eine Patientenverfügung errichten kann, wenn man schon am Beginn einer Krankheit steht, deren Ende vorhersagbar ist. – Jetzt aber ist es mit dieser Patientenverfügung möglich, sich auch in jungen Jahren Gedanken zu machen über den Moment, der für uns alle einmal kommen wird, und zwar den Moment unseres Ablebens.

Meiner Ansicht nach ist es schon bedauerlich, wenn das Hauptargument einer Ablehnung diese 100 oder 200 € sind. (Abg. Mag. Wurm: Registrierung!) Was die Registrierung betrifft, wurden ja schon diverse Vorschläge gemacht. Jedenfalls aus meiner Sicht: Ich halte diesen Ansatz, die E-Card damit zu verbinden, für sehr positiv, denn dadurch wird es möglich sein, sehr bald zu wissen, dass eine Patientenverfügung vorliegt.

Wie ja bereits Vorredner ausgeführt haben: In Notfällen, dann, wenn es um die Intensivmedizin geht, wird natürlich nicht nachgefragt, sondern nur dann, wenn sich eine Krankheit sozusagen länger hinzieht.

Abschließend: Ich meine, es ist das individuelle Recht jedes Menschen, auch sein Ableben selbst zu bestimmen. Diese Patientenverfügung ist ein Schritt in diese Richtung, aber auch – das ist uns vom BZÖ ganz wichtig – unter der klaren Ansage, dass wir nie für eine aktive Sterbehilfe eintreten werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1381 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungs­antrag betreffend § 5, § 6, § 7 Abs. 1 sowie § 10 Abs. 1, jeweils samt Überschrift, eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mit Mehrheit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1381 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 175.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Möglichkeit der Errichtung von Patientenverfügungen bei den Bezirksgerichten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

13.33.51 7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1334 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börse­gesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006) (1382 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Der erste Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.34.21

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Übernahmerechts-Änderungsgesetz steht zur Dis­kussion, und Sie alle kennen wahrscheinlich die Entwicklung in der Angelegenheit Böhler-Uddeholm, die ja an sich Auslöser für diese Diskussion war.

Wir von der SPÖ haben uns bemüht, auch noch nach der letzten Sitzung des Justiz­ausschusses dazu eine Expertenrunde zusammenzustellen, Sie alle einzuladen, um zu einem Gesetzesbeschluss zu kommen, der zumindest den europarechtlichen Normen entspricht, denn es geht ja dabei um eine EU-Richtlinie, die es umzusetzen gilt. Leider Gottes sind wir jedoch mit diesem unserem Vorschlag gescheitert, und ich muss dazu sagen: Selten habe ich noch erlebt, mit welcher Nachhaltigkeit Argumente seitens der Regierungsparteien schlicht und einfach ignoriert wurden. Sie wollten diese einfach nicht wahrhaben und haben daher auch eine Diskussion darüber verhindert.

Ich darf dazu auch sagen, dass es relativ wenig Gesetzentwürfe gibt, bei denen es eine solch einhellige Ablehnung durch gerade im Justizbereich relevante Grup­pie­rungen gegeben hat: Ablehnung durch den Obersten Gerichtshof und ebenso seitens der Rechtsanwaltskammer, die davon spricht, dass bei einem solchen Übernahme­recht eigentlich das Ziel auf den Kopf gestellt wird.

Worum geht es hier eigentlich? Der Herr Bundeskanzler spricht ja immer wieder von dem entwickelten Kapitalmarkt und davon, wie sehr Österreich hier im Vordergrund stehen soll und wie sehr wir uns bemühen, in Europa eine Vorreiterrolle zu spielen,


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aber mit diesem seltsamen Entwurf passiert genau das Gegenteil. Und er erklärt uns immer wieder, wir wollen ein entwickelter Börseplatz sein.

Was passiert? Wenn ein Kleinaktionär, ein Aktionär, der an einer Gesellschaft beteiligt ist, damit konfrontiert ist, dass von heute auf morgen sich plötzlich die Beherrschungs­verhältnisse in dieser Gesellschaft ändern, dann soll er reagieren können. Ein Beispiel: In einem Unternehmen, das Autoreifen herstellt, gibt es einen beherrschenden Aktionär, der damit nichts zu tun hat. Plötzlich übernimmt die Herrschaft in diesem Unternehmen ein anderer Autoreifenhersteller, und es zeichnet sich ab, dass die Gesellschaft hier in Österreich zukünftig eine andere Rolle spielen wird als in der Vergangenheit, weil man weiß, dass etwa eine Überkapazität an Autoreifen am Markt ist und eine derartige Übernahme, noch dazu, wenn es eine feindliche ist, durchaus auch dazu führen kann, dass hier einfach nur Standorte geschlossen werden.

Jetzt soll der Aktionär natürlich die Möglichkeit haben zu sagen, wenn eigentlich von seinem ursprünglichen Investment, bei dem er sich gedacht hat, ich bin bereit, in diese Branche zu investieren, nichts mehr übrig ist und er sieht, dass plötzlich zum Beispiel ein deutscher Autoreifenhersteller das Unternehmen übernimmt und möglicherweise schließen wird: Da möchte ich nicht mehr mit dabei sein! Ich möchte meine Aktien verkaufen, und zwar zu dem Betrag, zu dem der Neue, dieses deutsche Unternehmen beispielsweise, selbst die Aktien erworben hat. Und das geht nicht, Herr Kollege Molterer! (Abg. Mag. Molterer: Bei der AMAG geht das nicht!)

Das geht deshalb nicht, weil Sie es ganz einfach nicht wollen, weil der Herr Molterer vielleicht oder der Herr Schüssel sagt: Wir wollen uns nahe Stehenden nicht weh tun, daher machen wir Folgendes. Es gibt in Österreich – und das wissen wir alle – Studien dazu, das hat sogar die Übernahmekommission in ihrer extremen Zurückhaltung zum Ausdruck gebracht. Es gibt Hauptversammlungen, und das ist das Maßgebliche, Aktionärsversammlungen, wo man schaut, wer aller vorhanden ist. Und üblicherweise ist es in Österreich so, dass zirka zwischen 12 und 15 Prozent der Anwesenden die Mehrheit haben, weil es eben so ist, dass nicht mehr kommen als 25 bis 30 Prozent. Eigentlich sollte man deshalb auch davon ausgehen, bei 15 bis 20 Prozent tritt die Beherrschung ein. Das trifft aber nicht zu, denn Sie legen uns einen Entwurf vor, in dem steht: Unter 26 beziehungsweise unter 30 Prozent reden wir nie von einer Mehrheit.

Das führt dazu, dass man natürlich in einem Unternehmen bis 26 Prozent Anteile erwerben kann, ohne dass es zu der Verpflichtung kommt, den Kleinaktionären den gleichen Betrag zu bezahlen, damit diese aus der Gesellschaft aussteigen, die zukünftig ja nicht mehr ihre sein wird, und das nur deshalb, weil Sie per Gesetz dekretieren: Bis zu 26 beziehungsweise 30 Prozent gibt es keine Beherrschung, auch wenn es zwanzig Mal eine Beherrschung ist. (Abg. Mag. Ikrath: Das ist europäischer Standard!) – Dieser europäische Standard, Kollege Ikrath, besteht eben nicht, sondern der europäische Standard sagt, dass man sich ganz genau anschauen muss, in welchem Land welche Mehrheiten gegeben sind. In England sind 30 Prozent – da gebe ich dir Recht – eine Mehrheit, weil dort 50 bis 60 Prozent jeweils anwesend sind. In Österreich ist es genau die Hälfte.

Den englischen Standard jetzt auf die österreichischen Verhältnisse zu übertragen bedeutet ganz einfach den Versuch, auf eine komplexe Frage eine einfache Antwort zu geben oder einfach die tatsächlichen Verhältnisse zu beugen, zu brechen und ein Gesetz zu machen, das eigentlich nichts anderes ist als die Bedienung einer Interes­sengruppe. Das ist schade für das Land, weil es natürlich so ist, dass man ganz genau schaut: Was passiert jetzt in Österreich? – Wenn wir da wieder in die Bananenrepublik zurückfallen (Abg. Mag. Regler: Also nein! Nein!) und wenn man sagt, das ist ohnedies egal, weil man natürlich jederzeit bis zu 30 Prozent erwerben kann, dann ist das


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erschreckenderweise eine sehr rückschrittliche Politik. (Abg. Mag. Regler: Immer die „Bananenrepublik“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, die meisten von Ihnen werden eben nicht wissen, worum es geht, nehme ich an. Aber wenn der Oberste Gerichtshof und die Rechtsanwalts­kammer sagen, das ist das Ärgste, was es überhaupt geben kann, das bedeutet, das Gesetz beziehungsweise die Zielrichtung auf den Kopf zu stellen, dann kann es in diesem Land wahrscheinlich nur mehr so gehen, dass das Herren wie Schüssel und Molterer umsetzen. Im Interesse des Landes ist es sicher nicht. Es passt zu Ihrer Gesamtpolitik und es passt dazu, dass wir in dieser europäischen Präsidentschaft nichts weiterkriegen als eher nur Blamagen. Da hätten wir uns eigentlich mehr ver­dient, meine Damen und Herren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Heute ist ein guter Tag, um über „Blamage“ zu reden! – Abg. Neugebauer – in Richtung des auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Dr. Jarolim –: Wo sind denn Sie geboren, in welcher Republik?)

13.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


13.41.14

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Justizminis­terin! Hohes Haus! Ich könnte jetzt sagen, es passt auch zu den Ausführungen des Kollegen Jarolim, dass die SPÖ einmal mehr den Beweis antritt, keine Wirtschafts­kompetenz zu haben. – Mag sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch besonders bemerkenswert, dass Kollege Jarolim im Justizausschuss gerade bei diesem Tagesordnungspunkt nicht anwesend war (Abg. Mag. Molterer: Ach so?) und Kollege Puswald, der diese Position dort vertreten hat, offensichtlich unseren Argumenten mittlerweile Rechnung getragen hat, eines Besseren belehrt ist und sich heute gar nicht mehr zu Wort meldet. Aber ich werde jetzt gerne dieses kleine Privatissimum in Wirtschaftspraxis noch einmal für den Kollegen Jarolim und wen es sonst interessieren mag nachholen.

Wenn hier von „Bananenrepublik“ gesprochen wird, dann würde ich doch zumindest einmal versuchen zu schauen, wer in Europa welche Schwellenwerte für kontrol­lierende Beteiligungen aufweist, und ich darf jetzt einige weitere „Bananenrepubliken“ anbieten: Deutschland 30 Prozent, Frankreich 33 Prozent, Großbritannien – bereits erwähnt – 30 Prozent, Portugal 33 bis 50 Prozent, Schweiz 33 Prozent, Finnland 67 Pro­zent, Norwegen 40 Prozent, Dänemark 33 bis 50 Prozent. Spanien ist das einzige europäische Land – so weit zum europäischen Standard und zu Bananen­republiken –, das derzeit eine niedrigere Schwelle hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Und zudem haben wir, Kollege Jarolim – bitte jetzt zuhören, weil du auch von Anlassgesetzgebung gesprochen hast –, mit dieser Gesetzesnovelle eine EU-Richtlinie umgesetzt. Das ist natürlich ein Anlass, aber ein Anlass, dem wir Rechnung tragen müssen.

Wir haben auch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes umgesetzt – das ist ebenso ein Anlass, den wir respektieren, indem wir diesem Erkenntnis Rechnung tragen.

Wir haben, drittens, den Erfahrungen aus der Praxis des bisherigen Übernahme­gesetzes Rechnung getragen, haben das, was gut war, in der Novelle weiter verstärkt und das, was nicht so gut funktioniert hat, korrigiert. Wir haben damit die Ver­antwortung eines Gesetzgebers, der Wirtschaftspraxiskenntnis und Wirtschaftspraxis-


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bezug hat, eingelöst. Das unterscheidet uns fundamental von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in diesem Gesetz – und da danke ich dem Justizressort und seinen extrem intensiv und engagiert arbeitenden Mitarbeitern – eines geschafft: Wir haben – Kollege Jarolim, bitte nicht telefonieren, sondern zuhören, nämlich am richtigen Ort! – die österreichischen Kernaktionäre gestärkt, indem wir Rechtssicherheit und Investitions­sicherheit jetzt so, wie es der Verfassungsgerichtshof von uns wollte, geschaffen haben.

Wir haben des Weiteren durch Syndikats- beziehungsweise durch Stimmbindungs­vereinbarungen, die wir bestehenden österreichischen Kernaktionären künftig bis zur Grenze eines Gleichordnungssyndikats ermöglichen, sichergestellt, dass österreichi­sche Kernaktionäre kontinuierlich und nachhaltig in den Unternehmen weiter bestehen und gesichert werden können. Und davon profitieren auch die Kleinaktionäre, weil damit eine stabile Wertentwicklung und steigende Aktienkurse sowie entsprechende Dividendenausschüttungen verbunden sind.

Und wir haben – das habe ich kein einziges Mal von der SPÖ gehört, die sich angeblich die Interessen der Kleinaktionäre so sehr auf ihre Fahnen schreibt – gerade die Position der Kleinaktionäre dadurch massiv gestärkt, indem wir (Abg. Ellmauer: Bei der BAWAG!) – das wollte ich jetzt nicht betonen, es ist mir schon fast unan­genehm, immer wieder daran zu erinnern; Sie wissen es ohnedies und werden es noch oft genug hören – den 15-prozentigen Preisabschlag für Kleinaktionäre im Falle von Pflichtanboten gestrichen haben. In Zukunft wird jeder Investor gleich behandelt, wenn es ein Pflichtanbot gibt, egal ob er ein großer oder ein kleiner ist.

Das ist die Politik dieser Regierung, das ist Wirtschaftskompetenz, und da kann die SPÖ – und möglicherweise auch die Opposition allgemein – noch viel lernen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Man kann nur hoffen, dass wir das nie lernen, Herr Kollege Ikrath!)

13.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet.

 


13.45.58

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat in seinen Ausführungen dargelegt, dass Kollege Puswald die Meinung der ÖVP teilen würde und sich heute nicht mehr zu Wort melden würde.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist unrichtig. Kollege Puswald wird sich zum Tagesordnungspunkt 24 zu Wort melden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Mein Gott na! Das ist eine „grenzenlos intelligente“ ...! – Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Mag. Maier –: Jacky, das war nicht wirklich gut!)

13.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich erteile es ihr.

 


13.46.35

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich werde kein Privatissimum über das Übernahmegesetz halten (Abg. Dr. Jarolim: Dem Herrn Molterer kannst du es erklären!), aber ungefähr so viel wie Kollege Ikrath in dem von ihm angekündigten Privatissimum bin ich auch imstande,


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Ihnen hier zu sagen, nämlich aus meiner Perspektive. Ich habe irgendwie gedacht, er sei fachkundig und würde das hier auch zum Ausdruck bringen. Ich sage Ihnen meine Einschätzung vom Übernahmerechts-Änderungsgesetz und damit auch die Meinung der Fraktion der Grünen und unser Stimmverhalten.

Wir werden dieses Gesetz ablehnen. Herr Kollege Ikrath, Österreich ist keine Bananenrepublik, denn in Österreich wachsen keine Bananen – das steht fest –, aber in Österreich wachsen Äpfel und Birnen, und deshalb sollte man Äpfel und Birnen nicht mischen. Wenn Sie hier die Prozentgrenzen in den jeweiligen europäischen Ländern dargestellt haben, dann sind diese zwar richtig, denn das sind absolute Grenzen, aber was Sie nicht dazugesagt haben, ist, dass es natürlich in Österreich völlig andere Strukturen an der Börse gibt als in den Ländern, die Sie hier aufgezählt haben (Abg. Neudeck: Geh, wieso? – Aber geh!), und dass es in Österreich in Wahrheit so ist – und so viel verstehe ich auch von Wirtschaft, dazu muss ich nicht eine Spitzen­managerin sein wie Sie, um das zu erkennen –, dass man vielfach schon mit einem Aktienanteil von 15 Prozent, den man hält, die bestimmende Kontrolle über ein Unternehmen haben kann, weil die Struktur eine ganz andere ist.

Und was tun Sie hier? – Die ganze Geschichte muss man auch einmal offen aussprechen. Das ist eine Anlassgesetzgebung, wo man eine EU-Richtlinie zum Anlass nimmt, um Anlassgesetzgebung zu betreiben. Jetzt wurde mir hundertmal gesagt: Das hat nichts mit Böhler-Uddeholm und der Fries-Gruppe zu tun!, überhaupt nichts habe es damit zu tun, aber es könnten ja demnächst Fälle kommen, die so ähnlich sind. Ich sage nur: Post – zum Beispiel. Und jetzt sagt man: Super ist das!

Wir haben ja zwei Fraktionen, die sagen, sie verstehen wahnsinnig viel von Wirtschaft. – Ja, sie verstehen viel von Wirtschaft, denn sie wirtschaften der Wirtschaft zu. Sie wirtschaften der Wirtschaft, den Großinvestoren zu – und nicht den Klein­aktionären, denen mit diesem Gesetz der Spielraum und die Aktionsmöglichkeiten genommen werden.

Ich bin sehr für Richtlinienumsetzung, und oft ist es so, dass es zu spät ist, Korrekturen vorzunehmen, aber in diesem Fall gibt es nirgends eine Richtlinie, wo drinnen steht, 26 Prozent müssen es sein – überhaupt nicht! –, sondern das ist eine reine Inter­pretation, eine reine lobbyistische Interessenvertretung dieser Regierungsfraktionen.

Deshalb: nicht mit uns! Wir mischen nicht Äpfel und Birnen, wir bleiben reinsortig und lehnen dieses Übernahmegesetz ab. Da orientiere ich mich in meiner Meinung an einem echten Privatissimum, nämlich dem Privatissimum des Leiters der Übernahme­kommission – und der lehnt dieses Gesetz ab. Das kann man überall nachlesen. Man kann sich auch mit ihm treffen; er ist sehr gerne bereit, denjenigen Damen und Herren, die ein Privatissimum brauchen, eines zu geben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Broukal. – Abg. Rädler: Der Einzige, der von der SPÖ klatscht, ist der Broukal!)

13.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


13.49.55

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Stoisits, Sie simplifizieren – wie immer, das sind wir ja schon gewöhnt von Ihnen.

Es ist zwar richtig, dass es Hauptversammlungen gibt, bei denen nur 15 Prozent anwesend sind, aber die Dinge, die dort abgehandelt werden, sind unwichtige Dinge. Wenn es wichtige Dinge gibt, bei denen entscheidende Weichen gestellt werden, dann kommen auch mehr Leute hin und dann ist es eben nicht möglich, dass man


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überstimmt wird. Und im Übrigen sind die Kleinaktionäre besser gestellt, weil sie nämlich bei der Übernahme mehr bekommen, weil ja der Paketabschlag wegfällt. Das haben Sie leider Gottes zu erwähnen verabsäumt, weil Sie die Dinge wieder einmal nur einseitig darstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir würden wirklich jeden, der hier sitzt, und auch die Zuseher, die nicht im Justizausschuss waren, überfordern, wenn wir detailliert über diese Gesetze, die wir hier jetzt besprechen, reden würden. Deshalb möchte ich nur zu einigen Punkten Stellung nehmen, und zwar – es ist schon angeschnitten worden –: Wir haben diese Regierungsvorlage heute zur Beschluss­fassung vorliegen, weil Reformen zum Übernahmegesetz 1999 durchzuführen waren, weil dort Probleme aufgetreten sind, die ganz einfach repariert gehören. Es werden beispielsweise unbestimmte Gesetzesbegriffe determiniert, und der maßgebliche Kontrollbegriff wird durch die Einführung eines Schwellenwertes stärker objektiviert.

Zweitens müssen wir eine EU-Richtlinie umsetzen, die uns vorschreibt, dass wir einen Richtwert festsetzen müssen. (Abg. Mag. Johann Maier: Aber nicht diesen Richtwert!) Das stimmt, ja; Sie brauchen gar nicht so mit dem Finger auf mich zu zeigen. Ich sage ja nicht, diesen Richtwert, aber wir müssen einen Richtwert festsetzen. Und das haben wir jetzt in Befolgung dieser EU-Richtlinie auch getan. Dass Sie mit diesem Richtwert nicht einverstanden sind, das steht auf einem anderen Blatt. Aber, wie gesagt: Eine EU-Richtlinie war umzusetzen.

Drittens – das ist auch schon erwähnt worden – kommen wir einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zuvor, wo bereits zu erahnen ist, was der Verfassungs­gerichtshof zu bemängeln haben wird. Und das hat nun einmal überhaupt nichts mit einer Anlassgesetzgebung zu tun, sondern aus diesen drei wichtigen Gründen hat es eben diesen Änderungsbedarf gegeben.

Eines – oder ein paar Dinge – möchte ich noch erwähnen, und zwar: Richtig und auch wichtig ist, dass der typisch österreichische Kernaktionär geschützt wird. – Dies zum Ersten.

Zweitens: Die Kommission wird mehr verrechtlicht. Das ist auch gut so, denn man weiß auf Grund des Gesetzes jetzt schon, woran man ist. Bisher sind ja die Eingriffs­möglichkeiten der Kommission vom Verfassungsgerichtshof als zu diffus bezeichnet worden, und das wird jetzt ebenfalls geändert.

Die Kommission sagt auch, wann ein beherrschender Einfluss vorhanden ist. – Das sind lauter Dinge, die wichtig sind, die zur Sicherheit der Aktionäre führen.

Oder: Es kann die Kommission auch das Ruhen des Stimmrechtes bestimmen, wenn zum Beispiel das Pflichtanbot nicht veröffentlicht wird, und ähnliche Dinge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sollten nicht immer wieder davon reden, dass es eine Anlassgesetzgebung gibt, nämlich dass ohne Grund Gesetze verändert werden, sondern nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir mehr Rechtssicherheit haben wollten, und das wird mit der Beschlussfassung über diese Regierungsvorlage heute verwirklicht. Eigentlich finde ich, dass Sie zustimmen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemel­det hat sich Frau Bundesminister Mag. Gastinger. – Bitte.

 


13.53.55

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Meine Vorredner haben es


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bereits mehrfach angesprochen: Einer der Gründe, weswegen wir dieses Über­nahmegesetz heute hier zur Abstimmung bringen – es gibt ja drei Gründe – ist, dass wir auf der einen Seite bis 20. Mai die Übernahmerichtlinie in nationales Recht um­setzen müssen, was ganz wesentlich ist, weil eine Nichtumsetzung in diesem ganz speziellen Fall auch mit sehr hohen finanziellen Konsequenzen für die Republik Österreich verbunden sein könnte. Darauf möchte ich noch einmal nachdrücklich hinweisen.

Wie Sie sicherlich auch alle, die mit der Rechtsmaterie vertraut sind, wissen, hat der Verfassungsgerichtshof im Dezember des Vorjahres einen Beschluss gefasst, wonach er sich mit dem Übernahmegesetz befassen wird, und hiezu bereits angekündigt, dass es Bedenken gegen die Bestimmtheit bestimmter Begriffe im Übernahmegesetz geben könnte. Das war auch der Grund, weswegen wir mit dieser Gesetzesvorlage dem Verfassungsgerichtshof vor seiner endgültigen Entscheidung, die wir voraussichtlich im Juni dieses Jahres zu erwarten haben, vorgreifen wollten.

Aber der dritte, ganz wesentliche Punkt – und auch dieser wurde von meinen Vor­rednern bereits mehrfach angesprochen – ist sicher der, dass wir in Österreich für Rechtssicherheit bei größeren Aktientransaktionen sorgen wollten.

Warum? – Wir wollen natürlich auch die österreichischen Kernaktionäre schützen. Wir haben in Österreich bei unseren börsenotierten Gesellschaften eine spezielle Struktur, wonach wir sehr viele Betriebe haben, bei denen österreichische Kernaktionäre mit einem Prozentsatz von 25 Prozent vertreten sind. Uns ist es mit diesem Gesetz auch wichtig gewesen, diese österreichischen Kernaktionäre zu schützen und vor allem in Zukunft hier für Rechtssicherheit zu sorgen.

Wir haben uns daher von der derzeitigen Rechtslage, die ja vor allem auch für die Wirtschaft selbst mit einer – so würde man das euphemistisch ausdrücken – sehr hohen Einzelfallgerechtigkeit verbunden ist, getrennt.

Warum „Einzelfallgerechtigkeit“? – Weil Sie nämlich, wenn Sie jetzt bei uns in Österreich investiert haben, nicht wussten, wenn Sie zum Beispiel 11 oder 12 oder 15 Prozent des Aktienkapitals einer Firma erworben haben, ob die Übernahme­kommission Ihnen dann nicht sagen wird, dass Sie tatsächlich jetzt praktisch eine Mehrheit der Aktien und damit eine Kontrolle über die Firma erworben haben, obwohl Sie das selbst gar nie wollten.

Genauso schlimm war natürlich die Situation vor allem auch beim passiven Kontroll­erwerb, wo Sie noch weniger dazu tun konnten, wenn Sie zum Beispiel ein Aktienpaket von 15 bis 16 Prozent hatten und durch den Verkauf eines anderen Großaktionärs auf einmal derjenige waren, der dann eine Mehrheit gehalten hat, und dann auf einmal gezwungen waren, von einem Tag auf den anderen ein Übernahmeangebot an alle anderen zu stellen, ohne dass Sie dafür finanziell vorgesorgt haben.

Sie sehen also, dass die derzeitige Rechtslage wirklich mit sehr vielen Unsicherheiten verbunden war. Der Bundesregierung liegt aber daran, dass hier für Rechtssicherheit gesorgt wird, für Rechtssicherheit auch für den Wirtschaftsstandort Österreich, um damit Investitionen in den Wirtschaftsstandort Österreich ermöglichen zu können.

Wie gesagt: Die Schwelle von 26 Prozent, wo wir jetzt davon ausgehen, dass ein Kontrollerwerb hier in Österreich möglich ist, resultierend aus den österreichischen Kernaktionären mit 25 Prozent plus einem Prozent.

Wir haben hier auch vorgesehen, dass, wenn jetzt jemand mehr als 26 Prozent Aktienkapital hat, die darüber hinausgehenden Stimmrechte ruhen sollen, außer man holt sich bei der Übernahmekommission über Anträge bestimmte Auflagen, damit man auch diese Stimmrechte in Anspruch nehmen kann. Und eine ähnliche Regelung


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haben wir vor allem auch beim passiven Kontrollerwerb vorgesehen, sodass wir auch hier für eine Rechtssicherheit sorgen.

Ich glaube, dass dieses Gesetz, so wie es nunmehr vorliegt, sicherlich sehr viel zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen wird. Und vor allem glaube ich auch, dass wir als Wirtschaftsstandort Österreich bei der europäischen Konkurrenz, vor allem was den Börsen- und Aktienmarkt anbelangt, sicherlich einen sehr guten Platz einnehmen werden.

Wichtig war uns natürlich auch – denn uns allen liegen natürlich auch die Klein­aktionäre am Herzen –, dass wir nunmehr den Preisabschlag von 50 Prozent für Kleinaktionäre beim Übernahmeangebot gestrichen haben. Das ist wichtig, weil wir damit nunmehr, wie es Herr Abgeordneter Ikrath, glaube ich, ausgeführt hat – oder war es Frau Abgeordnete Partik-Pablé?; sie haben beide in diese Richtung argumentiert, was ich sehr richtig finde –, den Kleinaktionären zeigen, dass sie für uns gleich viel wert sind wie die Großaktionäre.

Hinsichtlich der Hauptverhandlungspräsenz liegt es natürlich auch an den Vertretern der Kleinaktionäre, hier für größere HV-Präsenzen zu sorgen. Es kann aber nicht Aufgabe des Gesetzgebers oder des Staates sein, in die Wirtschaft dauernd irgendwie reglementierend einzugreifen. Mir ist es wichtig, dass wir Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen, aber innerhalb dieser Rahmenbedingungen muss sich die Wirtschaft frei entwickeln können.

In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Ich erteile es ihm.

 


13.59.28

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen der Frau Bundes­ministerin ist es klar geworden, dass wir im Bereich Übernahmerecht eine ganz andere Einschätzung, eine ganz andere Position vertreten.

Ich möchte noch einmal auf Kollegen Ikrath eingehen. Kollege Ikrath hat Äpfel mit Birnen verglichen – Kollegin Stoisits hat es erwähnt. Ich bleibe auch dabei, Kollege Ikrath, das war ein absolut untauglicher Vergleich. Es gibt absolut unterschiedliche Strukturen im europäischen Börsenbereich. Österreich kann nicht mit dem Börseplatz in London oder in Paris verglichen werden.

Die Frage, die man sich hier stellen muss, ist eine ganz andere, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP und vom BZÖ! Wem dient diese Regelung? – Diese Regelung dient einigen Großaktionären und dem Großkapital, aber keinesfalls den Kleinanlegern, und das ist ein wesentlicher Grund, warum wir diese Vorlage ablehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Ikrath hat gemeint, die Rechts­sicherheit und Investitionssicherheit werden verbessert. (Abg. Mag. Ikrath: Wie hat das beim ÖGB in der BAWAG ausgesehen?) Sie fragen, wie das in der BAWAG war? – Wie war das mit dem Herrn Finanzminister, der im Rahmen der Finanzmarktaufsicht seit fünf Jahren über die Karibikgeschäfte Bescheid wusste? Warum hat der Finanz­minister in diesem Bereich nicht eingegriffen? – Das Verschulden, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegt im Bereich des Finanzministeriums. Lassen Sie mich das hier mit aller Deutlichkeit einmal feststellen! (Beifall bei der SPÖ. – Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die BAWAG werden wir am Nach­mittag diskutieren. (Abg. Scheibner: Kabarettreif!) Bundesminister Grasser muss seiner Verantwortlichkeit endlich nachkommen. Das ist ein Problem, das wir in Öster­reich zu lösen haben. Das können wir nicht über das Übernahmerecht lösen, das können wir über seinen freiwilligen Rücktritt lösen, den wir uns heute erwarten werden. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn der Bankfachmann Ikrath dem Politiker Ikrath zuhören würde, dann würde er sich schämen. Mehr ist dieser Diskussion nicht hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für dieses Gesetz gab es massive Ableh­nungen. Kollegin Partik-Pablé hat uns vorgeworfen, einseitig zu agieren. Frau Kollegin, ich zitiere nun einige Stellungnahmen.

Universitätsprofessor Dr. Peter Doralt meinte im „profil“: Der Gesetzgeber wird von Sonderinteressen gelenkt.

Ich zitiere den Obersten Gerichtshof: Eine Grundannahme des Entwurfs, dass man eine österreichische börsennotierte Gesellschaft mit weniger als 30 Prozent nicht beherrschen kann, ist nach Meinung des OGH unrichtig.

Eine Stellungnahme des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages besagt: Die Opferung des zentralen Anliegens des Übernahmerechts zu Gunsten von Partikular­interessen wäre unverzeihlich und würde für Österreich mit einem Schlag den Rückfall von einem international beachteten Vorbildgesetz in den Status der kapitalmarkt­politischen Krabbelstube bedeuten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von ÖVP und BZÖ! Das sind Aussagen, die im Rahmen des Begutachtungsverfahrens getroffen worden sind. Wir halten abschließend fest: Übernahme kommt von übernehmen. Mit diesem Gesetz haben Sie sich übernommen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


14.03.26

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, noch eindeutiger kann man die Haltung und die Grundeinstellung der SPÖ nicht dokumentieren, als der Auftritt des Herrn Kollegen Maier gezeigt hat. (Abg. Mag. Molterer: Genau!) Es ist ein Lehrbeispiel dafür, wie dieser rote Filz aus SPÖ und ÖGB mit Doppelmoral und Doppelbödigkeit versucht, den Menschen in diesem Land Sand in die Augen zu streuen, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Und dafür könnte man noch viele schöne Sprichworte strapazieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Meine Damen und Herren! Diese Regierung unter Bundeskanzler Schüssel tut alles, um die internationale Reputation des Landes zu erhöhen, und zwar mittels kluger und vorausschauender, vor allem verantwortungsbewusster Wirtschaftspolitik, mittels Ge­set­zen, die die Verlässlichkeit, die Reputation unseres Heimatlandes Österreich heben, die dazu angetan sind, den Wirtschaftsstandort, die Rechts- und Investitionssicherheit zu fördern. Und gerade jene, die immer nach Verschärfungen rufen, denen immer alles zu wenig ist und die nach dem Schutz der Kleinen schreien, gehen mit dem Spargroschen, dem sauer verdienten Mitgliedsbeitrag der ÖGB-Mitglieder auf eine Art und Weise um, die all diesen schönen Erklärungen Hohn spottet.


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Was tut denn diese SPÖ? – Krank jammern, schlecht reden, unser Land und seinen guten Ruf im Ausland beschädigen. Beweise, die von der wirtschaftlichen Inkompetenz und der Unfähigkeit der SPÖ zu wirtschaften zeugen, gibt es am laufenden Band.

In diesem Netzwerk, in diesem roten Filz, der von Doppelmoral geprägt ist, entwickeln sich Glaubwürdigkeitsprobleme, die im wahrsten Sinne des Wortes unfassbar sind! Dieser Sumpf treibt Blüten: Hier wettern die roten Gewerkschafter gegen die Abfang­jäger, aber die BAWAG finanziert diese Geschäfte.

Ein weiteres Beispiel: Die SPÖ-geführte BAWAG versenkt 1,4 Milliarden € in der Karibik, und um diese Milliardenverluste zu decken, geht der ÖGB mit dem Streikfonds so fahrlässig um, dass er ihn als Sicherheit einbringt. (Abg. Parnigoni: Sie nehmen Ihren Spitzen die Pointen weg! Wir sind noch nicht bei der Dringlichen!)

Meine Damen und Herren! Jedes Gewerkschaftsmitglied hätte in etwa 1 000 € dafür aufgewendet, oder man hätte ungefähr 230 000 Rentnern zwei Jahre lang die Mindest­rente dafür geben können. (Abg. Parnigoni: Sie sind Gewerkschaftsmitglied, Herr Kollege Ledolter?)

Beispiele für diese Arroganz der Machtausübung setzen sich auch beim ARBÖ fort. Und auch da sind noch Abgeordnetenkollegen der SPÖ in hohen und wichtigen Funktionen vertreten.

Meine Damen und Herren, ich meine, dass auch mit der heutigen Debatte wieder sehr deutlich gezeigt wird, dass der SPÖ – an ihrer Spitze steht Dr. Gusenbauer – die Mitglieder und das Geld der Mitglieder ganz egal sind, dass „Heuschrecken­kapitalis­mus“ finanziert wird und dass Doppelmoral und Skrupellosigkeit, wie sie da praktiziert werden, gepaart mit wirtschaftlicher Inkompetenz und Rücksichtslosigkeit im Umgang mit den Interessen der Gewerkschaftsmitglieder, nicht dazu angetan sind, so etwas wie „startklar“ zu sein zu signalisieren! Ganz im Gegenteil! Und das sollte sich Herr Dr. Gusenbauer ins Stammbuch schreiben.

Dieser Partei unter dieser Führung werden die Wählerinnen und Wähler unser Land hoffentlich nicht anvertrauen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


14.08.11

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Kollege Maier hat uns vom Thema Übernahmegesetz weit weg geführt mit seiner Behauptung, dass Finanzminister Grasser an den schlechten Geschäften der BAWAG schuld sei. Vielleicht hätte er im Rahmen der Finanz­marktaufsicht etwas wissen müssen, das weiß ich nicht, aber das ist ja so, wie wenn Sie sagen würden, Wlaschek sei schuld, dass der „Konsum“ eingegangen ist, weil er hat auch gewusst, dass es dem „Konsum“ schlecht geht. So leicht können Sie es sich nicht machen, und so leicht können Sie uns auch nicht mit einem Übernahmegesetz „übernehmen“.

Ich stelle mir jetzt vor, ich wäre – das ist nicht möglich, denn die BAWAG gehört zu 100 Prozent dem ÖGB, wie wir alle wissen – 20-prozentiger BAWAG-Miteigentümer. (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Kollege Broukal, Sie würden weiterhin in der Zeitung von der BAWAG schreiben dürfen, weil Ihre Artikel ganz gut sind. Ich weiß nicht, ob Sie auch so viel Geld dafür bekommen, wie Kollege Elsner von der BAWAG erhalten hat. Sie schreiben aber ganz gut in der BAWAG-Zeitung, das kann hier durchaus festgehalten werden. (Abg. Broukal: Danke!) Sie würden auch schreiben, wenn ich dort beteiligt wäre.


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Gehen wir also davon aus, ich hätte 20 Prozent an der BAWAG, und jetzt macht der ÖGB eines der üblichen In-sich-Geschäfte und verkauft Anteile überteuert an eine eigene Stiftung. Müsste ich dann ein Übernahmeangebot für die gesamte Bank stellen? Wie sehen Sie das? – (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Nein, das wäre kein Geschäft! Ja vielleicht für den ÖGB, aber sicher nicht für den Kleinaktionär, der plötzlich in eine beherrschende Situation kommt und das gar nie gewollt hat.

Ich finde die 30 Prozent stimmberechtigte Aktien als etwas durchaus Positives und nichts, was man da bekritteln kann. Kollege Ikrath hat das auch im internationalen Vergleich gut dargestellt. Ich finde es auch gescheit, dass man einen Schwellenwert festgelegt hat, bei dem man sagt, in diesem Fall ist kein Übernahmeangebot zu legen, sondern die Stimmrechte ruhen einfach, um nicht beherrschend tätig zu sein.

Ich verstehe Kollegin Stoisits, die jetzt nicht da ist, nicht ganz. Sie hat gesagt, mit 15 Prozent stimmberechtigter Aktien könne man in Österreich eine Aktiengesellschaft dominieren. Das kann man meines Wissens nur dann, wenn die anderen Aktionäre zur Hauptversammlung nicht kommen oder wenn ich im Aufsichtsrat so vertreten bin wie der ÖGB bei der BAWAG, aber sonst ist das nicht möglich.

Ich finde es auch positiv, dass es ein vorgeschaltetes ... (Abg. Dr. Jarolim: Haar­sträubend!) – Herr Kollege, haarsträubend ist es vielleicht bei Ihnen, aber so hoch sind sie auch nicht. (Abg. Dr. Jarolim: So etwas Haarsträubendes habe ich noch nie gehört!) Herr Kollege, ich habe Ihnen zugehört. Ihre Rede war für einen Juristen nur parteipolitisch gefärbt, es war kein juristisches Wissen darin enthalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist völlig unrichtig!)

Ich finde es positiv, dass es ein vorgeschaltetes Verfahren geben kann, bei dem man zu einer Rechtsansicht kommen kann, ohne dass man lange Verfahren abwarten muss. Da ist ein schnelles Verfahren vorgesehen. Das ist auch eine Sicherheit für die Aktionäre, und es wäre gut, wenn die SPÖ diesem Gesetz ebenfalls zustimmen würde. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1382 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen damit zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

14.12.078. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (1155 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Bundes­republik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammen­arbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreiten-


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den Kriminalität und der illegalen Migration samt Erklärungen der Republik Österreich und Gemeinsamer Erklärung (1362 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit gelangen wir zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


14.12.54

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit dieser heutigen Gesetzesvorlage beschließen wir einen wichtigen Vertrag zwischen den Benelux-Ländern und Deutschland, Frankreich, Spanien und Österreich. Bei diesem Vertrag handelt es sich um eine wichtige Weiterentwicklung der Zusammenarbeit nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen mit dem Ziel, die Bekämpfung der grenzüber­schreiten­den Kriminalität, des Terrorismus und der illegalen Migration zu verbessern. Es sind also schwere Verbrechensformen und keine Bagatellangelegenheiten.

Internationale Kriminalität kann nur international bekämpft werden, kann nur durch enge, international ausgerichtete Polizeiarbeit erfolgreich bekämpft werden. Die inter­nationale Kriminalität hat weltweit ein Netzwerk aufgebaut, und genauso muss ein enges Netzwerk zwischen den Polizeiorganisationen aufgebaut werden, um dieser Herausforderung im Bereich der Kriminalität gerecht zu werden. Es soll also eine erweiterte intensivere grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit ermöglicht und umgesetzt werden.

Schwerpunkte der neuen Befugnisse zur Zusammenarbeit sind im Bereiche der Sach­beweise: Speicherung und Austausch der DNA-Dateien, Speicherung und Austausch von daktyloskopischen Daten, Abruf von Daten aus Fahrzeugregistern, Übermittlung von Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten, Flugsicherheitsbegleiter, Bekämpfung illegaler Migration, Entsendung von Dokumentenberatern in Staaten, die als Ausgangs- oder Transitstaaten illegaler Migration eingestuft werden, wechselseitige Unterstützung bei Rückführungen, Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen.

Wichtig ist, dass sämtliche Zugriffe vorerst anonym erfolgen und erst bei einem Treffer die anfragende nationale Kontaktstelle informiert wird. Das Übereinkommen enthält wegen der Sensibilität der Daten umfangreiche Bestimmungen über den Datenschutz. Alle datenschutzrechtlichen Bedenken konnten bei diesem Gesetz im Vorfeld aus­geräumt werden, und so können wir mit Recht behaupten, dass dieser Vertrag Voraussetzungen für mehr Sicherheit in Europa, für mehr Sicherheit in Österreich und für die Menschen in unserem Lande schafft.

Frau Ministerin, ein Dankeschön dir und deinem Team für das Engagement, dass dieser Vertrag zustande gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

 


14.16.03

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Die Grundphilosophie der SPÖ in Sachen innere Sicherheit war und ist, dass sie all jenen Initiativen, Vorhaben und Novellierungen die Zustimmung gibt, die dazu dienen, die


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Sicherheitsstandards in Österreich beziehungsweise in der Europäischen Union zu verbessern.

Gleichzeitig ist es uns aber wichtig, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger nicht beschnitten werden – es gilt, da ganz einfach bedächtig abzuwägen. Im Fall des Prümer Vertrages ist es dank der SPÖ gelungen, dass es zu einer sinnvollen Lösung gekommen ist. Wir bekennen uns natürlich zu einer Vertiefung der grenzüber­schrei­tenden Zusammenarbeit, vor allem bei der Terrorismusbekämpfung, und das muss auch ein Hauptanliegen der EU-Mitgliedstaaten sein. Mit den sieben Staaten, die sich zu diesem Vertrag zusammengeschlossen haben, ist ein erster Schritt getan. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass mehr Länder Interesse daran gezeigt hätten, und wir hätten es auch gerne gesehen, dass die österreichische Ratspräsidentschaft da erfolgreicher gewesen wäre und mehr EU-Staaten hätte mit einbinden können.

Meine Damen und Herren! Heute ratifizieren wir diesen Vertrag. Eine wesentliche Grundvoraussetzung dafür, dass wir Sozialdemokraten die Zustimmung dazu geben, ist, dass ein umfassender Datenschutz gewährleistet ist. Wir haben daher auf eine eingehende Prüfung der Materie durch den Datenschutzrat gedrängt. Dieser hat auch eine sehr umfangreiche Stellungnahme entwickelt, vorgelegt; die diesbezüglichen Forderungen sind in der Folge auf Initiative der Sozialdemokraten umgesetzt worden. Ich möchte mich daher bei den Mitgliedern des Datenschutzrates herzlich für ihre Arbeit bedanken. Ich meine, wir haben im Sinne des Datenschutzes gemeinsam sehr viel erreicht.

Uns war es ganz besonders wichtig, dass es nicht zur Errichtung einer gemeinsamen europäischen DNA-Datei gekommen ist, sondern dass jeder nationale Staat seine eigene DNA-Datei aufbaut. Wenn eine DNA-Spur nach einem Verbrechen vorliegt, kann die jeweilige Behörde eine anonymisierte Abfrage bei der jeweils anderen DNA-Datenbank durchführen und bekommt als Antwort nur, ob es einen Treffer gibt oder nicht. Das heißt, es kommt da das so genannte Hit/No-Hit-Verfahren zur Anwendung. Wenn ein Treffer vorliegt, dann wird ganz normal nach dem schon jetzt üblichen Rechtshilfeverfahren vorgegangen.

Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion im Innenausschuss hat sich all das beim Erkennungsdienst des BMI sehr genau angeschaut, also die Daten­ermittlung, Datenauswertung, den Bereich der Datenübermittlung, so wie das im Prümer Vertrag vorgesehen ist. Ich möchte festhalten und bedaure – Kollege Pilz hat sich kurzfristig von der Rednerliste streichen lassen und wird dann nach mir reden –, dass sich die Grünen offensichtlich nicht so genau informiert haben, denn anders ist es nicht zu erklären, dass sie in der letzten Sitzung des Innenausschusses vergangene Woche völlig falsche Behauptungen aufgestellt haben, obwohl der grüne Vertreter im Datenschutzrat, das sei auch gesagt, in einer Stellungnahme dieser Regelung zugestimmt hat. Trotzdem haben die Grünen im Innenausschuss von der Abschaffung des Datenschutzes in Österreich in diesem Bereich gesprochen.

Hohes Haus! Ich halte fest: Das ist eine glatte Fehleinschätzung! Hier dringt ein gewisser Populismus durch, oder, was auch möglich wäre, es war vielleicht die Information nicht im entsprechenden Ausmaß gegeben, oder es handelt sich einfach um Unkenntnis. – Wir erteilen nach einer wirklich intensiven Prüfung und Mitarbeit diesem Vertrag unsere Zustimmung.

Einen Satz noch, Frau Bundesministerin: Es helfen noch so viele Verträge, noch so viele Initiativen, die wir gemeinsam erarbeiten, wenig, wenn es nicht genügend Exekutivbeamte gibt, die all diese Maßnahmen umsetzen, wenn der Personalstand noch weiter ausgehöhlt wird und die Exekutive nicht die notwendigen Ressourcen zur


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Verfügung hat. (Abg. Murauer: Das ist ja nicht richtig, Parnigoni! Warum sagst du so etwas?)

Deswegen, meine Damen und Herren, gehört mein Respekt den MitarbeiterInnen der Exekutive, die auch unter solchen Bedingungen ihr Bestes geben und für die Aufrechterhaltung der Sicherheit in diesem Lande sorgen, denn das Recht auf Sicherheit ist natürlich ein Grundrecht, und dieses muss gewahrt bleiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Ja, auch Bankensicherheit!)

14.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz.

 


14.21.12

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschäftsordnung würde es ja normalerweise nicht vorsehen, aber wir haben jetzt zwei Reden der Österreichischen Volkspartei gehört. Ich frage mich: Wo bleibt die sozialdemokratische Stimme? (Abg. Murauer: Der Parnigoni gehört nicht zur ÖVP! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) – In diesem Zwischenruf, Herr Kollege Murauer, ist keine Sicherheit mehr zu verspüren.

Die SPÖ hat sich im Februar 2005 entschlossen, in der Sicherheitspolitik, in der Men­schenrechtspolitik, in der Kunstpolitik, in der Integrationspolitik, in der Europa-Politik, in der Türkei-Politik und in einigen anderen Politikfeldern allen Angriffen der Regierungs­parteien und insbesondere der ÖVP dadurch den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass sie einfach die Position der ÖVP übernimmt. (Abg. Mag. Darabos: Das glauben Sie ja selber nicht!) Das erleben wir seither in allen mit diesen Materien befassten Ausschüssen, und ich versichere Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozial­demokratie, das war letzten Endes keine kluge Entscheidung.

Sie müssten ja nur in der jüngeren Geschichte nachschauen. Sie haben es schon einmal probiert, als sozialdemokratischer „Schmiedl“ den blauen „Schmied“ zu bekämpfen. Damals hat es noch eine Entschuldigung gegeben, nämlich: Der blaue „Schmied“ wird immer größer, bedroht uns, wir fürchten uns, was sollen wir machen? Jetzt liegt der orange „Schmied“ auf dem Boden, und vor ihm steht der sozial­demokratische „Schmiedl“ und sagt: Ja, ihr habt vollkommen Recht, wir tragen diese Position der Regierung mit! – Das soll der Beginn einer Wende sein? Das soll eine neue Politik sein? Das soll eine Alternative sein? (Beifall bei den Grünen.)

Ich werde das jetzt anhand des Prümer Vertrages begründen. Der Prümer Vertrag hat einen Artikel 14, der lautet: „Übermittlung personenbezogener Daten“. Der Anlass sind Fußballspiele. Das wirkliche Sicherheitsproblem, das in Österreich ausreicht, Grundrechte außer Kraft zu setzen, den Überwachungsstaat auszubauen, heißt internationaler Fußball. So wird es argumentiert. Aber wenn man Artikel 14 so, wie Sie ihm zustimmen wollen, im Zusammenhang liest, und zwar so, wie er in Zukunft von den Behörden interpretiert, ausgelegt und auch exekutiert werden wird, dann lautet er:

„Zum Zweck der ... Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit einer Großveranstaltung mit grenzüberschreitendem Be­zug ... übermitteln die Vertragsparteien einander, sowohl auf Ersuchen als auch aus eigener Initiative, Daten über Personen, wenn ... andere Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von“ diesen Personen „eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, ...“.

Vier völlig unbestimmte Begriffe, vier Begriffe rein behördlichen Ermessens!


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„Andere Tatsachen“. – Wir haben im Ausschuss gefragt: Was sind die „anderen Tat­sachen“, die eine Annahme rechtfertigen? Die Antwort darauf: Na ja, andere Tatsachen als die, über die wir hier gesprochen haben.

Dann haben wir gefragt: Wer stellt fest, ob man im Vorhinein weiß, dass die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährdet werden könnte? – Na ja, das müssen die Beamten irgendwie abschätzen.

Das heißt, die Beamten müssen abschätzen, ob irgendwann Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit einer Großveranstaltung mit grenz­überschreitendem Bezug entstehen könnte, wenn andere Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person wieder zu einer Gefahr für ebendiese öffentliche Sicherheit und Ordnung werden könnte. – Und das reicht aus, um grenzüberschreitend personenbezogene Daten, ohne dass jemand einer konkreten Straftat verdächtig ist, an andere Polizeibehörden, an andere Behörden zu übermitteln?!

Dann habe ich gefragt: Stimmt das? Sind das nur sportliche Großveranstaltungen? Sind das nur Veranstaltungen rund um Sitzungen des Europäischen Rates? Könnte das auch ein Treffen von Attac sein, von Greenpeace? Könnte das ein Fall wie Genua sein? Könnte das ein Fall wie die „Volxtheater-Karawane“ sein? Könnte das ein internationales GewerkschafterInnen-Treffen sein, eine Mobilisierung gegen die Dienst­leistungsrichtlinie, sonst irgendetwas? Ist all das denkbar? – Die Antwort darauf: Ja. Ja, das ist denkbar. All das sind Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug.

Meine Damen und Herren! Das, was Sie hier vorbereiten, was Sie unterschrieben haben, ist nichts anderes als ein Freibrief für internationale Schwarze Listen für Men­schen, die der Regierung und ihren Freunden und Freundinnen in Europa suspekt sind. Sie unterschreiben ein Gesetz, das Schwarze Listen und den Austausch von Personendaten zur Erstellung Schwarzer Listen europaweit ermöglicht. Sie haben dem nicht sachlich entgegnen können. Abgeordneter Parnigoni hat der APA gegenüber nur eines erklärt: „Mehr Flop als Top“ sei das. „Mehr Flop als Top“ in der neuen sozial­demokratischen Sicherheitssprache. Warum sei es „Mehr Flop als Top“? – Weil sich nur sieben Staaten auf Schwarze Listen geeinigt haben und nicht die gesamte Europäische Union. – Abgeordneter Parnigoni hat als einziger Politiker in diesem Haus beklagt, dass nicht alle 25 bereits Schwarze Listen austauschen.

So weit sind wir, dass die Sozialdemokratie nicht nur der Regierung in Grundrechts­fragen hinterherhinkt, sich anpasst und versucht, sich unkenntlich zu machen, sondern dass sie bereits eskaliert und sagt: Ja, was die Regierung kann – wir verlangen noch mehr. Wir verlangen nicht die Schwarzen Listen von sieben Staaten, sondern von 25. Wir verlangen nicht die kleinen Schwarzen Listen, sondern die großen Schwarzen Listen!

Das ist Sozialdemokratie heute! Das ist der Vorwahlkampf. Das ist der Vorgeschmack, was es heißt, wenn eine „rote Wende“ bevorsteht und wenn Alfred Gusenbauer seine Partei für startklar erklärt. Ich wünsche Ihnen viele Startprobleme im Sinne der öster­reichischen Menschenrechte, der Grundrechte, der Bürgerrechte, fairer Asylverfahren und der Freiheit der Kunst. Ich wünsche, dass diese politische Rechnung, die zu­mindest auf demselben Niveau ist wie die von Löschnak, Schlögl und anderen vor mehr als einem Jahrzehnt, auch ein zweites Mal nicht aufgeht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 



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14.28.54

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Einleitend möchte ich zu den Aus­führungen von Herrn Kollegen Parnigoni schon anmerken, dass der Datenschutz­rat, wie Kollege Parnigoni dann ja auch selbst korrigiert hat, im Gegensatz zu ÖGB und BAWAG kein Ein-Parteien-Organ ist, sondern durch alle Parteien, die im Nationalrat sind, vertreten wird. Es ist auch sehr amüsant, wenn man sich mit den Ausführungen des Kollegen Pilz etwas intensiver beschäftigt und gleichzeitig weiß, dass der grüne Vertreter im Datenschutzrat keine Bedenken in irgendeiner Art und Weise bezüglich des Datenschutzes auf europäischer Ebene gehabt hat. Vielleicht möge man bei den Grünen den Kollegen austauschen, sollte das nicht die Parteilinie sein.

Zum Vorwurf des Kollegen Pilz, der behauptet hat, die Sozialdemokraten seien seit 2005 sozusagen eine nachgeordnete Vorfeldorganisation der ÖVP, würde ich eher sagen: Das beruht auf unserer konstruktiven Regierungsarbeit, wobei es bei der SPÖ manchmal ein Aufblitzen des Erkennens gibt, dass das, was wir hier leisten, gut ist, und die SPÖ daher dann auch Dinge mitträgt – um danach sagen zu können, dass sie auch dabei gewesen ist. Wenn es um Dinge geht, die die Bevölkerung voll mitträgt, wäre es wahrlich von der SPÖ politisch nicht klug, zu sagen, dass sie dagegen ist. Also eine gewisse Trittbrettfahrer-Taktik muss man Ihnen von der SPÖ da schon unter­stellen.

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, nämlich zum Prümer Vertrag. Das, was Kollege Pilz dazu angemerkt hat, ist nichts anderes als die Wiederholung einer Diskussion, die wir bereits im Jahre 2005 bei der Schaffung der so genannten Hooligan-Datei hatten. Auch damals konnten wir hier in diesem Saale diese ganzen Verschwörungstheorien und Schwarzmalereien vernehmen.

Meiner Überzeugung nach ist es viel wichtiger, dass sich die Europäische Union – und das hat sie mit diesem Prümer Vertrag getan – Gedanken über die Probleme im Hinblick auf die Sicherheit der Bevölkerung in Österreich, aber auch in der gesamten Union macht. Wir sind trotz allem bedroht – das muss man leider so sagen, obwohl dieses Wort nicht unbedingt schön klingt – von Terrorismus, von grenz­überschreiten­der Kriminalität und illegaler Migration. Deshalb bedarf es einer Intensivierung der Zusammenarbeit der europäischen Staaten.

Etwas ist zur Abwehr von Straftaten immer das Beste, nämlich Information, und je schneller man an Informationen kommt, desto besser ist es. Deswegen wird unsererseits eine Intensivierung des Datenaustausches vollinhaltlich unterstützt. Es geht hier einerseits – das ist schon angemerkt worden – um DNA-Daten, es geht aber auch um Daten von Kraftfahrzeugen sowie um solche betreffend Fingerabdrücke.

Im Sinne des Datenschutzes ist es uns schon sehr wichtig – das hat ja auch der Daten­schutz zu Recht eingebracht; das wurde dann im Prümer Vertrag mit berücksichtigt –, dass es nicht so sein kann, dass man alle DNA-Daten sofort, sozusagen öffentlich für die Behörden zugänglich macht. Dieses Hit/No-Hit-Verfahren ist meiner Ansicht nach etwas konkreter darzustellen, geht es dabei doch um wirklich Wesentliches. Dieses Verfahren funktioniert so, dass man eine DNA-Probe, die man aus irgendeinem Gebiet erhält, zur Verfügung stellt. Das wird mit anderen Proben verglichen – und erst dann, wenn es einen Hit, also einen Treffer gibt, indem man irgendwo anders dieselben DNA-Spuren aufgegriffen hat, kommt es im Rahmen der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit, und zwar im Rahmen der Amts- und Rechtshilfe, die es schon viel länger gibt, zur Bekanntgabe personenbezogener Daten. Das ist ein ganz wesentlicher Faktor – und das entspricht auch voll den Vorgaben des Datenschutzrates.


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Auch was das Fahrzeugregister betrifft: Da geht es nicht um so genannte Bagatell­delikte, so zum Beispiel um Falschparken oder um einfache Verwaltungs­übertretun­gen, dass man sofort international verfolgt wird, sondern da geht es um gröbere Straftaten.

Was die Großveranstaltungen betrifft, Kollege Pilz – Kollege Pilz ist jetzt, wie gehabt, nicht mehr im Saal, aber ich sage es trotzdem –: Kollege Pilz, gehen Sie zu internationalen Fußballspielen und schauen Sie sich dort die Gewaltbereitschaft dieser Leute an! Ich denke, dann werden Sie hier nicht noch einmal sagen, dass es nicht notwendig sei, im Vorhinein das Land, in dem ein solches Spiel stattfindet, darüber zu informieren, welche Leute möglicherweise über seine Grenzen kommen und dort bewusst und gezielt Gewalt ausüben! – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

14.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

 


14.33.36

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz beschließen wir heute eine Weiterentwicklung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit mit sieben EU-Ländern. Ich sehe darin einen wichtigen Schritt in Richtung sichereres Österreich.

Frau Bundesministerin Prokop und Herrn Bundeskanzler Wolfgang Schüssel darf ich zum Abschluss dieses Prümer Vertrages gratulieren. In diese Richtung hat es ja bereits von deutscher Seite her Vorstöße gegeben, die jedoch von einzelnen Schengen-Mitgliedstaaten abgelehnt wurden. Nun, während der österreichischen Rats­präsidentschaft, ist es gelungen, sieben Länder zu einer polizeilichen Kooperation zu vereinen. Ich sehe darin einen großen Erfolg – und das hat selbst die SPÖ erkannt, weil sie dem zustimmen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Internationaler Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und illegale Migration sind Probleme, mit denen nicht nur Österreich zu kämpfen hat. Es ist daher mehr als sinnvoll, Ressourcen dieser einzelnen Kooperationsländer zusammenzulegen und zu vereinheitlichen.

Das Kooperationsmodell sieht einen möglichst hohen Standard in der Zusammenarbeit vor; dies vor allem im Bereich Austausch von Informationen. DNA-Profile, Fahrzeug­daten, Fingerabdrücke und Personendaten können damit künftig den Mitgliedsländern übermittelt und untereinander abgeglichen werden. Die gewünschte Information findet sich minutenschnell am Computer des Ermittlungsbeamten – und nicht wie bisher erst nach einigen Wochen, und das dann per Post. Zur Verfolgung von Verbrechen kann jeder Staat künftig direkt auf die gespeicherten Daten des anderen zugreifen.

Das, sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wird sich enorm positiv auf die Aufklärungsrate von Verbrechen auswirken. Wünschenswert wäre aber auch, dass diese Kooperation von sieben Ländern der Beginn einer Zusammenarbeit aller Schengen-Länder ist.

Von diesem Prümer Vertrag erwarten wir uns sehr viel im Hinblick auf die Bekämpfung von internationaler Kriminalität, Terrorismus und illegaler Migration. Uns allen muss klar sein, dass von diesen Bereichen international eine immer größere Gefahr ausgeht. Als einzelner Staat können wir dagegen nur mit Einschränkungen etwas ausrichten, die Daten von sieben Ländern hingegen können uns einen entscheidenden Vorsprung bei der Ermittlungsarbeit liefern.


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt, und Bundesministerin Prokop und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sorgen dafür, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Ich erteile es ihm.

 


14.36.25

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass bereits Vorwahlkampf ist, hat man bei den Ausführungen des Kollegen Pilz gemerkt, der bei den Sitzungen des Datenschutzrates nicht anwesend war. Er konnte aber auch gar nicht anwesend sein, weil er nicht Mitglied ist.

Ich bin das einzige Mitglied des Datenschutzrates aus dem Bereich des Hohen Hauses und darf Ihnen, meine Damen und Herren, dazu Folgendes mitteilen: Im Daten­schutzrat hatten wir drei sehr ausführliche Sitzungen zu diesem Themenbereich und haben unsere Kritikpunkte einstimmig gefasst. Alle Fraktionen, die im Datenschutzrat vertreten waren, haben diese Position gemeinsam erarbeitet und auch gemeinsam dem Innenministerium übermittelt. Bei dieser Entscheidungsfindung – ich lege Wert auf diese Stellungnahme – war auch der Vertreter der grünen Fraktion dabei!

Ich verstehe daher die Argumentation des Kollegen Pilz nicht; ich verstehe die Position der Grünen insgesamt nicht, weil mit diesem Kooperationsübereinkommen der Polizei, als erstem Übereinkommen überhaupt, eine Verrechtlichung des Datenaustausches erfolgt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Europa gab es diesbezüglich folgendes Problem: Minister entscheiden im Rahmen der dritten Säule über Kooperations­ange­bote, über Auskunftsverpflichtungen, über gegenseitige Zusammenarbeit. Nationale Parlamente sind nicht eingebunden, aber auch nationale Kontrollbehörden sind nicht eingebunden. – In diesem Übereinkommen ist jetzt zum ersten Mal die Aufgabe unabhängiger Datenschutzkontrollbehörden normiert! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum ersten Mal kann in Österreich die Datenschutzkommission überprüfen und ein­greifen, meine sehr verehrten Damen und Herren – und das sehe ich als großen Erfolg der österreichischen Datenschützer! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Da Kollege Pilz Schwarze Listen angeprangert hat, sage ich ganz offen: Was hat Kollege Pilz dagegen, wenn in Bezug auf verurteilte Krawallmacher aus England, aus Polen, die zu Fußballspielen nach Deutschland, in die Schweiz oder nach Österreich kommen, diese Informationen zwischen den Polizeikooperationsstellen ausgetauscht werden?! Diese Informationen gibt es bereits jetzt, jedoch: Mit diesem Gesetz erfolgt eine Verrechtlichung und die Kontrolle durch die Datenschutzkommission, ob eben diese Daten entsprechend diesem Übereinkommen verwendet wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Als stellvertretender Vorsitzender des Datenschutzrates sehe ich die Aufgabe der österreichischen Ratspräsidentschaft darin, auf europäischer Ebene dahin gehend einzuwirken, dass diese Datenschutzbestimmungen, die nun in diesem Übereinkommen normiert sind, auch in anderen Übereinkommen der dritten Säule normiert werden.

Wir brauchen hier mehr Grundrechtsschutz, wir brauchen hier mehr Sicherheit für die österreichischen Europäer, Frau Bundesministerin. Und es ist das Anliegen der sozialdemokratischen Fraktion, dass Sie auf europäischer Ebene entsprechende Initiativen starten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Abschließend noch folgende Feststellung: Die österreichische Datenschutzkommission bekommt nun die Aufgabe, in diesem Bereich Kontrollen durchzuführen. Wir unter­stützen das mit allem Nachdruck, nur: Es fehlt an Personal! Es gibt einen Antrag der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion, der dem Verfassungsausschuss zugewiesen wurde, in dem auf dieses personelle Defizit hingewiesen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fordere Sie auf, hier für das ent­sprechende Personal zu sorgen, damit diesen Kontrollen nachgekommen werden kann, andernfalls können die Zielsetzungen dieses Übereinkommens nicht realisiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


14.41.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ihnen von der SPÖ kann es nur gut tun, dass sich die Grünen jetzt von Ihnen absetzen oder abgrenzen, überhaupt jetzt, wo Sie so in der Bredouille sind. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Es wird Ihnen sicher nur gut tun, wenn Sie sich der vernünftigen Politik anschließen, die diese Bundesregierung macht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu lange haben Sie sich gegenseitig applaudiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, Sie wissen ja genauso wie alle anderen hier, dass die öster­reichische Bevölkerung, gerade was die Bekämpfung der Kriminalität, die Herstellung der Sicherheit betrifft, auf keinen Fall den Grünen das Vertrauen schenkt, weil sie ganz genau weiß, dass Abgeordnete wie Herr Dr. Pilz oder Frau Abgeordnete Stoisits das große Bestreben haben, alles zu machen, nur um grenzüberschreitend tätige Kriminelle ja nicht zu erwischen, sondern sie eher werken zu lassen. Das kann die österreichische Bevölkerung auf keinen Fall goutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den Schwarzen Listen, von denen Herr Abgeordneter Pilz gesprochen hat, stehen ja nicht die braven Bürger, die nichts anstellen, die sich an das Recht halten und die Gesetze beachten, auf diesen Schwarzen Listen stehen jene, die uns allen das Leben schwer machen, weil sie einbrechen, Menschenhandel, illegalen Drogenhandel durchführen und was es da sonst noch alles gibt.

Auf den Schwarzen Listen stehen jene Menschen, die eine Gefahr für die Österreicher darstellen (Zwischenruf der Abg. Sburny) – wie gesagt, nicht all die Guten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete, ich habe noch nie gehört, dass auf einer Schwarzen Liste jemand steht, der nichts angestellt hat. Wir alle wissen doch, wer auf den Schwarzen Listen steht. (Abg. Sburny: Ja, das wissen wir!) Deshalb haben diese Listen auch diesen Namen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, unser aller Bestreben sollte doch darauf gerichtet sein, die Kriminalität zu bekämpfen. Gestern hat es im „Report“ einen Beitrag über internationalen Menschenhandel gegeben. (Abg. Mag. Wurm: Frauen­handel!) Frauenhandel. 7 Milliarden Dollar werden durch den Menschenhandel verdient – furchtbare Schicksale werden dargestellt. Da habe ich doch überhaupt keine Hemmungen, wenn ich diese Menschen mittels DNA-Analyse, Fingerprint oder Kennzeichen-Überwachung bekomme.

Da gibt es doch überhaupt nichts darüber zu diskutieren, und da können Sie ruhig auch zustimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ!


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Die Täter arbeiten länderübergreifend, die kümmern sich nicht um Behördenstrukturen, nicht um Datenschutz, nicht um irgendwelche anderen Gründe, nicht um Men­schenrechte oder sonst irgendetwas – die wollen ihr Geschäft machen. Und unsere Aufgabe ist es, diese Geschäftemacher aufzuspüren und die Geschäfte zu verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Abgeordneter Parnigoni, wenn Sie meinen, alle europäischen Staaten hätten diesen Vertrag unterzeichnen sollen: Ich hätte es mir auch gewünscht, aber es haben noch nicht einmal alle sieben Staaten unterschrieben.

Wie ich vom Innenministerium gehört habe, war es ein schwerer Kampf, diesen Vertrag überhaupt zustande zu bringen – Frankreich war, glaube ich, federführend, was ohnehin beachtenswert ist. Und viele osteuropäische Länder, die dringend mit unter­fertigen sollten, haben nicht einmal eine DNA-Kartei. Wir haben auch bis vor zehn Jahren keine geschlossene DNA-Kartei gehabt beziehungsweise nicht so viele Daten, dass es sich überhaupt gelohnt hätte, diese Daten auszutauschen. Wie gesagt, das Bestreben muss natürlich in diese Richtung gehen.

Da der Datenschutzrat auch angesprochen wurde: Natürlich ist es wichtig, dass die Daten geschützt werden und die Datenübermittlung auch kontrolliert wird, da gibt es überhaupt nichts zu reden, aber Priorität muss haben, Täter zu finden und die Kriminalität zu bekämpfen. Das ist auf alle Fälle richtig.

Ich weiß nicht, ob sich Frau Minister Prokop zu Wort melden wird, wahrscheinlich, daher hoffe ich, dass ich Ihnen, Frau Minister, damit nicht vorgreife. Sie, Frau Minister, haben im Ausschuss gesagt: Es gibt 12 000 offene Spuren – und keine Täter dazu. Experten sagen, man könnte 100 Fälle sofort lösen, wenn man mit Hilfe dieses Vertrages auf DNA-Daten zugreifen könnte.

Wie gesagt, man braucht ja gar nicht sehr viel Angst zu haben, wenn man nicht betroffen ist, denn zuerst wird anonym geschaut, ob diese Daten übereinstimmen, und erst dann erfolgt im Rechtshilfeübereinkommen eine Personifizierung dieser Daten. Wie gesagt, wer nichts zu befürchten hat, kann dem ohne weiteres zustimmen. Ich glaube, dass dieser Vertrag in der Kriminalitätsbekämpfung wirklich ein großer Schritt vorwärts ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

 


14.46.24

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren, auch auf der Galerie! Ich wiederhole gerne, dass dieser Prümer Vertrag eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit ist, um internationale Kriminalität, um Terrorismus zu bekämpfen, damit unser Land weiterhin sicherstes Land ist – die Bestätigung haben wir bekommen.

Die ÖVP und diese Bundesregierung stehen für Sicherheit in dieser Republik, für Sicherheit für unsere Menschen – und auch für Bankensicherheit. Es drängt sich natürlich auf, dass ich als Wehrsprecher der ÖVP ganz kurz auch auf die Banken­sicherheit hinweise (Zwischenruf der Abg. Pfeffer), denn das, was jetzt passiert, darf uns nicht mit Freude erfüllen.

Niemand von uns, insbesondere niemand von Ihnen von der SPÖ, aber auch sonst niemand, kann glücklich sein über diese Misswirtschaft bei der BAWAG, die uns international die Reputation nimmt. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Kollege Parnigoni, jetzt rede ich gar nicht davon, was beim ARBÖ los ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der ARBÖ wäre dein Kapitel, aber das ziehe ich jetzt gar nicht heran, sondern


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ich rede von der BAWAG. (Abg. Mag. Wurm: Prümer Vertrag!) Abgeordnete, die sowohl SPÖ- und ÖGB-Funktionäre als auch im Aufsichtsrat der BAWAG sind (Ruf bei der SPÖ: Was hat das mit dem Prümer Vertrag zu tun?) und im roten Filz mitmachen, stehen hier am Rednerpult, verlangen Sondersitzungen, verlangen Dringliche Anfra­gen, verlangen, alles zu kontrollieren, weil sie sich nicht vorstellen können, dass in Österreich im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung Flugzeuge beschafft werden, ohne dass es dabei dunkle Machenschaften gibt. Das gibt es aber, weil diese Bundes­regierung das nicht duldet und nicht macht! (Abg. Parnigoni: Und warum gibt es den Untersuchungsausschuss nicht?)

Und jetzt kommt das Schöne: Während Sie hier stehen, Parnigoni, während du hier heraußen stehst und Sondersitzungen verlangst, sagst du gleichzeitig der BAWAG: Bitte, finanzier uns die Flugzeuge!

Wäre ich nicht im Parlament, würde ich dir jetzt sagen: Das ist der Gipfel der Schein­heiligkeit! Aber hier würde das einen Ordnungsruf bedeuten, deswegen sage ich: Das, was hier vorgeht, ist ungeheuerlich und unmoralisch!

Die Bevölkerung soll wissen, die Damen und Herren, die jetzt hier auf der Galerie sitzen, sollen wissen, dass Sie auf der einen Seite hier herinnen im Zusammenhang mit der Luftraumüberwachung massiv gegen die Sicherheit Österreichs auftreten – sich dann aber umdrehen und sagen: Aber ein Geschäft mit unserer Bank machen wir selbstverständlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wie werden Sie das Ihren kleinen Mitgliedern, die monatlich den Gewerkschaftsbeitrag zahlen, erklären? – Aber das ist Ihr Problem, wir werden uns im Herbst auf Grund entsprechender Wahlergebnisse darüber unterhalten können.

Abschließend: Dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt für die Sicherheit in Österreich und für unsere Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

 


14.49.49

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Kollege Murauer, was diese BAWAG-Geschichte und die Eurofighter-Beschaffung mit dem Prümer Vertrag zu tun haben, weiß ich nicht; da gehört mehr als nur rege Phantasie dazu. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Man muss sagen: Thema verfehlt, setzen, fünf, lieber Freund! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir schon beim Untersuchungsausschuss sind, muss ich sagen: Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns im Eurofighter-Untersuchungsausschuss wieder sehen würden, damit wir dort die Fakten klarstellen können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Finanzieren willst du sie, aber dagegen sein!)

Frau Bundesminister! Der gegenständliche Staatsvertrag hat nicht nur mit Fußball­spielen, Großveranstaltungen und der EU-Präsidentschaft zu tun. Wenn man sich die Entwicklung der organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus in den letzten Jahren sehr seriös und verantwortungsvoll anschaut, dann muss man sagen: All das verlangt nach einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten – derzeit sind es sieben Staaten. Das ist also ein Schritt in die richtige Richtung. Von Seiten des Ministeriums werden ja bereits Gespräche mit Spanien, Italien und Finnland geführt, um einige zu nennen.


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Die Entwicklung macht ja den Ausbau der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusam­menarbeit notwendig, auch auf dem Gebiet des Informationsaustauschs ist eine Vertiefung unbedingt erforderlich. Daher stehen wir einer Weiterentwicklung der inter­nationalen Zusammenarbeit positiv gegenüber. Dieser Sicherheitsvertrag regelt, meine Damen und Herren, minutenschnelle Computerabfragen betreffend Kfz-Daten, Finger­abdrücke, DNA-Spuren zwischen Österreich und sechs weiteren EU-Staaten. Weg und Ziel stimmen hier. Die oft wochenlang dauernden polizeilichen Anfragen gehören damit dann der Vergangenheit an.

In Hinkunft kann bei der Verbrechensbekämpfung jeder Staat direkt auf die ge­speicherten Daten der anderen zugreifen, und innerhalb weniger Minuten ist klar, ob die bei uns sichergestellten DNA-Spuren mit einer strafbaren Handlung, die etwa in Deutschland oder Italien verübt wurde, im Zusammenhang stehen.

Es gilt das nationale Recht, es geht um nationale Datenbanken, und daher ist es aus unserer Sicht ungemein wichtig, Frau Bundesministerin, dass die Kontrolle auf national­staatlicher Ebene gegeben ist. Die rechtsstaatlichen Garantien müssen gesichert sein, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen müssen besondere Beach­tung finden. Das heißt für uns, dass dem Rechtsschutzkonzept vollinhaltlich Rechnung getragen werden muss, vor allem muss eine ausreichende demokratische, parlamen­tarische Kontrolle sichergestellt sein.

Für vernünftige Lösungen stehen wir immer zur Verfügung, insbesondere dann, wenn es um die Sicherheit Österreichs und seiner Bevölkerung geht. Daher werden wir diesem Staatsvertrag die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

 


14.53.28

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Terror, organisierte Kriminalität und illegale Migration kennen keine Grenzen! Der Kampf gegen diese Form der grenzüberschreitenden Kriminalität muss ebenso grenzüberschreitend geführt werden. Der gegenständliche Prümer Vertrag, den wir heute beschließen, stellt einen neuen wichtigen Schritt in der europäischen Zusammenarbeit dar.

Das moderne Update von sicherheitspolizeilichen Daten innerhalb von sieben Kern­staaten der Europäischen Union, nämlich Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, Holland und Österreich, entspricht den Möglichkeiten der Technik und dem Datenschutz.

Insbesondere mir als Menschenrechtssprecher meiner Fraktion war und ist neben dem Aspekt der Sicherheit die Einhaltung der Grundrechte ein sehr, sehr wichtiges Anlie­gen. Die technischen Voraussetzungen sind Sache der Computerexperten, für die Einhaltung der Menschenrechte aber muss die Politik sorgen. Mit dem Prümer Vertrag werden beide Aspekte berücksichtigt.

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Auch das grüne Mitglied im Datenschutzrat hat dies bestätigt, weshalb es mir unerklärlich ist, dass Sie heute hier im Nationalrat nicht zustimmen können. Auf jeden Fall sollten Sie erkennen, dass Menschenhandel, Schlepperei, terroristische und kriminelle Machenschaften nur mit europäischer Zusammenarbeit in den Griff zu bekommen sind.

Die Zeit, in der jedes Land seine eigenen Sicherheitsstrukturen allein eingesetzt hat, ist vorbei. Internationalen Verbrecherbanden müssen wir mit den modernen Mitteln der


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Kriminalitätsbekämpfung international die Stirn bieten. Es geht um Aufklärung von offenen Fällen, aber auch um die Verhinderung von neuen Straftaten.

In diesem Sinne wäre natürlich eine Ausweitung des Vertrages auf andere Länder wünschenswert – das wird auch von unserer geschätzten Innenministerin, Frau Liese Prokop, angestrebt –, bei der polizeilichen Zusammenarbeit genügt aber nicht allein der Wille oder die Unterschrift. Erst eine Modernisierung, eine technische Angleichung der Datenbanken in den beitrittswilligen Ländern kann eine erfolgreiche Zusammen­arbeit bringen. In Slowenien, Tschechien und Ungarn sind die Vorbereitungsarbeiten in diesem Bereich schon sehr weit fortgeschritten.

Wir hoffen, dass es bald zu einer Erweiterung des Vertrages kommen kann. Der Beitritt dieser direkten Nachbarländer würde für Österreich mehr Sicherheit und eine massive Erleichterung der polizeilichen Arbeit bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich von der Regierungsbank aus Frau Bundesminister Prokop. Wir haben noch 4 Minuten bis zur Behandlung der Dringlichen Anfrage. – Bitte, Frau Bundesminister.

 


14.56.28

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde meine Ausführungen ganz kurz halten. Ich möchte mich nur dafür bedanken, dass wir heute den Prümer Vertrag hier mit großer Mehrheit verabschieden können, ratifizieren können. Wir sind damit der erste der sieben Vertragspartner, der das beschließt. Das heißt in der Folge: Erst mit der Ratifizierung der anderen Staaten wird dieser Vertrag in Kraft treten.

Ich möchte vorweg auch gleich zur Kritik, dass nicht alle 25 Staaten daran teilnehmen, sagen: Wir sind diesen Weg als Erste gegangen, wir haben damit, glaube ich, ein sehr innovatives Übereinkommen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit mit dem entscheidenden Faktor, dass hier Datenschutz- und Grundrechte besonders fest­geschrieben sind. Ich werde im Rahmen des Europäischen Rates auch aufnehmen, dass wir das als Modell in anderen Datenaustauschbereichen heranziehen.

Mit dem Abgleich von DNA-Daten, Prints, aber auch Fahrzeugregistern und persön­lichen Daten haben wir die Möglichkeit, sehr schnell gegen Terrorismus, gegen grenz­übergreifende Kriminalität vorzugehen. Ich halte das für einen ganz wichtigen Faktor.

Entscheidend ist auch, dass wir mit dem automatisierten Massenabgleich offene DNA-Spuren, die 12 000 offenen Daten schneller abtesten können. Wir erhoffen uns, damit alte Fälle neu aufrollen zu können, den Opfern zu helfen, Antworten zu geben, aber auch den Angehörigen.

Ich möchte damit ein wirkliches Danke sagen. Ich glaube, dass wir mit dem Prümer Vertrag ein Modell der internationalen Polizeizusammenarbeit in einem Europa, das weniger Grenzen hat, wo die Grenzen immer mehr fallen, haben werden, dass wir darüber hinaus aber auch dem Datenschutz gerade in der polizeilichen Zusammen­arbeit eine bessere Basis geben, dass wir damit aber auch dem Grundrecht der Sicherheit besser zum Recht verhelfen. Herzlichen Dank für diese Kooperation und vor allem für diese sehr sachliche Diskussion. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.59



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142. Sitzung / Seite 130

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 8 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß Geschäftsordnung um 15 Uhr – und das ist es jetzt – stattfinden kann.

14.59.15Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend Sicherung des Wirtschafts- und Finanz­platzes Österreich durch lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG Skandals (4078/J)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 4078/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die heimische Bankenwelt wird derzeit von einem Skandal erschüttert, der einmal mehr im Bereich der SPÖ bzw. des ÖGB angesiedelt ist.

Die Ursachen dafür sind in den Vorgängen rund um hochspekulative „Heu­schreckengeschäfte“ der BAWAG zu finden, die ein bedenkliches Sittenbild der bestehenden personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen ÖGB, SPÖ, BAWAG offen legen und auch Beweise für die Inkompetenz der handelnden Akteure und ihres Umfeldes in Wirtschaftsfragen sind.

Wie dieses „rote Netzwerk“ aufgebaut ist, zeigt folgende beispielhafte Aufzählung:

SPÖ Verstrickungen im gewerkschaftlichen Bankennetzwerk

Stellvertretend für ein noch viel größeres Geflecht, das noch zu untersuchen sein wird, seien exemplarisch einige der wichtigsten Akteure „vor den Vorhang geholt“.

Gemeinsam mit dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Weninger und Ex-SPÖ Sozialministerin Hostasch ist der pensionierte Generaldirektor der BAWAG Elsner im Vorstand der Privatstiftung „Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität“, in die große Teile des Vermögens des ÖGB eingebracht wurden.

Der Vorgänger Weningers als Aufsichtsrats-Chef der BAWAG und ÖGB-Finanzchef war von 1987 bis 1997 der jetzige AK-Präsident Herbert Tumpel, dessen Ehefrau, Gertrude Tumpel-Gugerell, die ehemalige Vizegouverneurin der OeNB, als Organ der Bankenaufsicht im Auftrag derselben die Vorgänge rund um die Karibikgeschäfte der BAWAG geprüft hat.

Das Ausmaß der Verflechtungen zwischen ÖGB, BAWAG und SPÖ wird offensichtlich, wenn man sich vor Augen hält, dass mit den Personen Verzetnitsch, Nürnberger oder Csörgits hochrangige ÖGB-Funktionäre im erweiterten SPÖ-Parteipräsidium sitzen. Der nunmehr interimistisch bestellte ÖGB-Präsident Hundstorfer ist bekanntermaßen als Gemeinderat der SPÖ in Wien der Vorsitzende des Wiener Gemeinderates. Im Aufsichtsrat der BAWAG sitzt – von der Arbeiterkammer entsandt – der AK-Direktor Werner Muhm, der gleichzeitig auch im Aufsichtsrat der WIENER STADTWERKE Holding AG sitzt. Damit ist sichergestellt, dass eine Vielzahl von Wirtschaftsbetrieben im direkten Einflussbereich der SPÖ stehen. Nicht sichergestellt ist, dass ent­sprechende Wirtschaftskompetenz die Vorgänge in diesen Unternehmungen über­wacht und lenkt. Wie sonst hätte all diesen Personen über ein Jahrzehnt die Verschiebung und letztendlich Entwertung von über 1 Mrd. € BAWAG-Vermögen entgehen können.


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Welche Rolle dieses ÖGB, SPÖ und BAWAG-Netzwerk beim jüngsten sozial­demo­kratisch dominierten Banken-Skandal der II. Republik gespielt hat, führt nachfolgende Chronologie drastisch vor Augen.

Chronologie des BAWAG-Skandals

April 1994

Bekannt werden der „ersten Karibikgeschäfte der BAWAG“: Auftrag an die OeNB zur Prüfung der Veranlagungen der BAWAG bei "off-shore"-Gesellschaften durch das BMF.

Allein aufgrund der folgenden internationalen Presseberichterstattung über diesen Fall waren negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit und Liquidität der BAWAG nicht auszuschließen. Die Bank zählte damals zu den fünf größten Kreditinstituten Öster­reichs, womit auch die Möglichkeit einer Störung der Funktionsfähigkeit der öster­reichischen Kreditwirtschaft gegeben war.

Mai 1994

Sechs Jahre nach dem Start der umstrittenen „ersten Karibik-Geschäfte“ mit dem Wolfgang Flöttl, Sohn von GD Walter Flöttl, zieht sich die BAWAG auf Grund obiger Prüfung aus diesen Spekulationsgeschäften zurück.

Juli 1994

Im Endbericht der OeNB bezüglich der Prüfung der BAWAG-Veranlagungen werden hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen über Großveranlagungen und die Sorgfaltspflicht Zweifel geäußert. Weiters wird festgestellt, dass diese Sondergeschäfte keinen Niederschlag im bankaufsichtlichen Prüfungsbericht gefunden hatten. Nach Ansicht des RH waren die Sondergeschäfte quantitativ relevant und hätten bei einem Schlagendwerden des Risikos zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Vermögenslage der BAWAG führen können.

Oktober 1994

Im Hinblick auf die künftige Abwicklung derartiger "Sondergeschäfte" beauftragt das BMF die BAWAG, ehestens mehrere betriebsorganisatorische Verbesserungen vorzu­nehmen.

März 1995

Der Aufsichtsrat der BAWAG ändert seine Geschäftsordnung und dehnt den Bereich der zustimmungspflichtigen Entscheidungen der Geschäftsleitung aus (z.B. über die Vornahme von Rechtsgeschäften der BAWAG mit Vorstandsmitgliedern oder deren nahen Angehörigen).

Mai 1995

Helmut Elsner folgt Walter Flöttl als BAWAG-Chef.

Der Konsum Österreich, zu diesem Zeitpunkt mit 30,66 Prozent an der BAWAG beteiligt, schlittert in die größte Pleite der heimischen Wirtschaftsgeschichte (Gesamt­schulden: 1,24 Mrd. €). Um den Ausgleich finanzieren zu können, muss sich der Konsum von seinen BAWAG-Aktien trennen.

Juli 1995

Die BAWAG nimmt unter neuem Generaldirektor Elsner die „Karibik Geschäfte“ wieder auf. Alle Aufsichtsräte einschließlich des damaligen AR-Präsidenten Tumpel werden davon informiert.


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1996

Die Bayerische Landesbank übernimmt die BAWAG-Aktien des Konsum für 0,31 Mrd. € und kauft um weitere 0,15 Mrd. € 15,77 % aus dem Besitz des ÖGB zu und besitzt somit insgesamt 46,43 % der BAWAG.

1997

AR-Präsident Tumpel scheidet aus dem Aufsichtsrat aus und es folgt ihm Günter Weninger nach.

1998

Die BAWAG, CASINOS AUSTRIA und der Wiener Unternehmer Martin Schlaff eröffnen das (derzeit geschlossene) "Oasis"-Casino in Jericho im palästinensischen Autonomiegebiet. Israelische Zeitungen erheben den Vorwurf von finanziellen Zuwen­dungen durch die Betreiber des Casinos an Palästinenserpräsident Yassir Arafat und den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, ohne konkrete Beweise vorzulegen.

Mai 1999

Die BAWAG erwirbt 10% Anteile bei Refco. Auf Grundlage eines (heute rechtlich sehr umstrittenen) "Vorratsbeschlusses" genehmigt der BAWAG-Aufsichtsrat eine Kreditlinie an die Refco-Gruppe, die jährlich erneuert wird. In den Jahren darauf soll Refco bei der BAWAG phasenweise Verbindlichkeiten in der Größenordnung von 700 Mio. € gehabt haben.

August 2000

Die BAWAG kauft die PSK um 1,3 Mrd. € von der ÖIAG, obwohl in diesem Zeitraum laut nunmehriger Aussage des damaligen AR-Präsidenten Weninger die Bank am Rande der Insolvenz stand.

BAWAG/PSK avanciert mit einer Bilanzsumme von zusammen mehr als 50 Mrd. € vorübergehend zur drittgrößten Bankengruppe Österreichs und hält ab diesem Zeitpunkt 11,93% an der OeNB (mit den sonstigen Anteilen hält der ÖGB zusammen ca. 20% an der OeNB), die bis heute für Teile der „Bankenaufsicht“ zuständig ist.

Ende 2000

Zwischen 1995 und 2000 überantwortete die BAWAG Flöttl junior ca. 1 Mrd. €, welche dieser zum größten Teil bei dubiosen „Glücksgeschäften“ verjuxte.

Die Folgen dieser „Glücksgeschäfte“ (lt. Bericht der Finanzmarktaufsicht/FMA):

Die verlustreichen Engagements werden jedenfalls bis zum Jahr 2000 nicht in den Büchern vermerkt, geschweige denn abgeschrieben. Tatsache ist, dass das damalige BAWAG-Management, der frühere Aufsichtsratschef Herbert Tumpel, sein Nachfolger Günter Weninger und nicht zuletzt ÖGB Boss Fritz Verzetnitsch wenig unversucht gelassen haben, das Verschwinden der Gelder zu vertuschen. Seit Mitte der neunziger Jahre schleppt das Kreditinstitut einen potenziellen zusätzlichen Wertberichtigungs­bedarf in der Größenordnung von 0,55 Mrd. € - das 45fache eines durchschnittlichen jährlichen Bilanzgewinns - mit sich herum.

Der Abschlussprüfer weigerte sich daher, die BAWAG Bilanz mit einem unein­geschränkten Testat zu versehen.

Wegen dieser Bilanzprobleme übernimmt der ÖGB eine Ausfallshaftung (angeblich u.a. durch Verpfändung des Streikfonds des ÖGB) in der Höhe von 1 Mrd. €. Wäre diese schlagend geworden, hätte das den ÖGB ebenfalls in den Abgrund gerissen. (Problem dabei: Das Vermögen des ÖGB - auch der Streikfonds - besteht zu einem


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großen Teil aus BAWAG-Aktien. Damit ist die Transaktion ein "In-Sich-Geschäft" gewesen, das lt. Aussagen von Wirtschaftsprüfern nach den Rechnungslegungs­vorschriften des IFRS nicht zulässig ist.)

ÖGB-Präsident Verzetnitsch und ÖGB-Finanzreferent Weninger sowie das BAWAG-Management informieren angeblich weder die anderen Aufsichtsräte noch die Vertreter des damaligen Mitaktionärs Bayerische Landesbank. Ebenso unterbleibt die ent­sprechende Meldung an die Bankenaufsicht.

April 2003

GD Elsner geht in Pension. Er bekommt eine vorzeitig ausbezahlte Pensionsabfindung in der Höhe von 3,6 Mio. € und bleibt im Vorstand der Österreichischen Lotterien (an denen die BAWAG ca. 34% hält) mit einem Gehalt von 290.000 € p.a.

Johann Zwettler folgt ihm als Generaldirektor der BAWAG nach.

Juni 2004

Die Bayerische Landesbank verkauft dem ÖGB ihren 46,43-prozentigen BAWAG-Anteil. Zur Finanzierung muss der ÖGB einen Kredit bei der Bayerischen Landesbank aufnehmen.

Ob der Vorwurf eines überhöhten Kaufpreises (bei der Kaufpreisfestsetzung könnte der eingetretene Milliardenverlust verheimlicht worden sein) zu Recht besteht, wird noch zu untersuchen sein.

2004 zieht sich die BAWAG aus ihrer Refco-Beteiligung zurück, die Geschäfts­beziehungen mit diesem Brokerhaus bleiben jedoch bestehen.

September 2005

BAWAG und P.S.K. verschmelzen per 30. September 2005 zu einem neuen Institut. Laut der so genannten Umgründungsbilanz schreibt die neue BAWAG P.S.K. aus den Flöttl-Spekulationen exakt 534 Mio. € ab.

Diese Ausfälle werden durch Aufwertungen im Liegenschafts- und Beteiligungsbereich (z.B. den Lotterien, in denen Elsner tätig ist) aufgefangen. Die BAWAG erzielt a.o. Erträge etwa durch den Verkauf der max.mobil-Anteile, den bulgarischen MobilTel-Deal und den Ausstieg bei der Investkredit.

Mit Auffliegen der Affäre sind angeblich "nur" noch 120 Millionen offen, für welche der ÖGB nach wie vor haftet. Diese 120 Mio. € sollen die BAWAG-Beteiligung am Casino Jericho betreffen.

10.10.2005

Die BAWAG vergibt einen Blitzkredit an Refco, und erklärt innerhalb von 2 Tagen, Kredite von insgesamt 425 Mio. € an Refco gegeben zu haben.

Kurz danach gibt Refco die Entlassung von Vorstandschef Bennett bekannt.

18.10.2005

Refco ist insolvent und Refco-Chef Phillip Bennett wird in New York wegen Betrugs­verdachtes verhaftet.

11.11.2005

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) leitet ein behördliches Ermittlungsverfahren betreffend Refco ein und legt am 6.12.2005 einen umfassenden Bericht vor. Auf Anfrage der FMA teilt der damalige Vorstand mit, dass ansonst keine weiteren Verflechtungen und Beteiligungen in diesem Umfeld bestünden.


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17.11.2005

BAWAG-Chef Zwettler tritt per Jahresende zurück und Ewald Nowotny übernimmt ab 1.1.2006 den Vorstandsvorsitz.

24.3.2006

Die BAWAG bestätigt die angefallenen Verluste, und ÖGB-Finanzchef Weninger gibt seinen Rückzug als BAWAG Aufsichtsratspräsident bekannt.

Die FMA startet Vor-Ort-Prüfungen bei der BAWAG. Schwerpunkt soll eine um­fang­reiche Prüfung aller Großgeschäfte seit dem Jahre 1994 sein.

27.3.2006

ÖGB-Präsident Verzetnitsch, der AR-Vorsitzende Weninger sowie vier Vorstands­mitglieder der BAWAG treten zurück.

Soweit die Chronologie der mittlerweile der Öffentlichkeit bekannten Fakten. Was tatsächlich vorgefallen ist und noch zu Tage kommen wird, gilt es lückenlos aufzuklären.

Dieser BAWAG-Skandal ist aber nur der derzeit letzte Akt in einer langen Reihe von sozialistischen Bank-Pleiten und Pannen.

Der erste Bankenskandal, den die SPÖ zu verantworten hat, war die Länderbank-Pleite im Jahr 1981. Wegen fahrlässiger Kredite an die Pleitefirmen Eumig und Klima­technik musste der Staat damals der Länderbank unter dem neuen Generaldirektor Vranitzky 218 Mio. € zuschießen, damit diese weiter bestehen konnte. Im Jahr 1991 kosteten dubiose Länderbank-Aktivitäten in Großbritannien der Länderbank abermals 145 Mio. €. Dann wurde sie mit der Zentralsparkasse zur Bank Austria fusioniert, und die Länderbank verschwand von der Bildfläche.

In den 90er Jahren haben fahrlässige Kreditvergaben beinahe die Bank Burgenland ruiniert. Als Folge der Haftung durch das Land Burgenland beträgt der Schaden für die Steuerzahler mindestens 461 Mio. € – mehr als die Hälfte des burgenländischen Landesbudgets. Auch brauchte die SPÖ-dominierte burgenländische Landesregierung 3 Privatisierungsversuche, um die Bank mittels Verkauf zu retten. Ob es tatsächlich bei diesen drei Versuchen bleibt, wird sich erst zeigen, da ein unterlegener Bieter eine Beschwerde bei der EU-Kommission wegen unzulässiger Beihilfengewährung ange­kündigt hat.

Ein weiteres unrühmliches Kapitel in der SPÖ-Pleiten und Pannen-Chronik ist die Kapitalvernichtung beim Verkauf der BA-CA an die HVB. Anstelle einer echten Privatisierung der Bank Austria - Creditanstalt (eines Verkaufs über die Börse bzw. an institutionelle Anleger) wurde durch den Aktientausch mit der bayerischen Hypo­vereinsbank eine Kapitalvernichtung im großen Ausmaß herbeigeführt.

Das Schicksal hat es aber nicht gut mit dem Vermögen der Stadt Wien gemeint: Die Fusion war ein Flop, die HVB steckte in einer tiefen Krise und der Börsenkurs der HVB fiel ins Bodenlose. Es wurde nicht nur die größte heimischen Bank regelrecht ver­scherbelt, sondern auch ein Vermögen von ca. 1,2 Mrd. € vernichtet.

Durch die Fusion der HVB mit der UniCredit ist der seinerzeitige 22%-ige Anteil der AVZ an der BA/CA auf rund 1% bei der UniCredit geschrumpft.

Diese beispiellose Pleiten- und Pannenserie der SPÖ beschränkt sich leider nicht nur auf den Bankenbereich. Denn die wirtschaftspolitische Inkompetenz der SPÖ führte zu einer ungeheuerlichen Geldvernichtung sowohl bei der Verstaatlichten als auch bei den in ihrem Einflussbereich stehenden Unternehmen.


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SPÖ-Misswirtschaft vernichtet zigtausende Arbeitsplätze trotz Milliardenspritzen für die Verstaatlichte

In den Jahren 1981 - 1990 musste der Staat und damit der Steuerzahler an Gesell­schaften der ÖIAG (VA-AG und deren ausgegliederte Gesellschaften, VEW-AG, BBU-AG, AMAG, ELIN, Chemie Linz, SGP, EUMIG, etc.) insgesamt 4,28 Mrd. € an Kapital zuführen. Von 1982–2000 mussten vom Steuerzahler alleine für die Tilgung der Schulden 1,4 Mrd. € und für die Zinszahlungen 2,4 Mrd. € bezahlt werden. Trotzdem konnte dies nicht verhindern, dass der Beschäftigtenstand von rd. 103.000 Personen im Jahr 1986 auf rund 51.000 im Jahr 2003 im Kernbereich der ÖIAG reduziert werden musste.

Zwischen 1993 und 1998 wurden 12 ÖIAG-Beteiligungen zur Gänze (obwohl die SPÖ in der Zwischenzeit 100 %-ige Privatisierungen ablehnt) und eine Vielzahl weiterer Firmen teilweise veräußert, wobei diese Veräußerungen jedoch teilweise äußerst unprofessionell und zu Ungunsten des Staates erfolgten, wie dies der Rechnungshof im Tätigkeitsbericht für das Jahr 1999 dargestellt hat.

Das Ergebnis dieser sozialistischen Misswirtschaft bei der Verstaatlichten war ein Schuldenstand bei der ÖIAG in Höhe von 6,3 Mrd. € Ende 1999. Durch die erfolgreiche unternehmerische Führung seit dem Jahr 2000 unter der neuen Regierung konnte die ÖIAG völlig entschuldet werden und kann sogar einen namhaften Zuwachs an Arbeits­plätzen im Produktionsbereich nachweisen.

SPÖ verantwortlich für Konsumpleite

Die Pleite des Konsums im Jahr 1995 war die größte Pleite der 2. Republik mit 1,89 Mrd. € Schulden, wobei rd. 5.000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz und nicht nur viele Großlieferanten, sondern auch viele KMU´s ihr Geld verloren haben.

Die aktuellen Diskussionen rund um die AMAG und den ARBÖ zerstören jedoch jegliche Hoffnung, dass die SPÖ ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Lernfähigkeit unter Beweis stellen könnte.

SPÖ mit ARBÖ auf Kollisionskurs

Der rote Autofahrerklub ARBÖ steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Vier von neun Landesorganisationen sind massiv insolvenzgefährdet. Zusätzlich gibt es den Verdacht auf Veruntreuung von Vereinsvermögen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Jahresgage des ARBÖ-Generalsekretärs Rudolf Hellar in der Höhe von 250.000 € besonders pikant.

Obwohl BPO Gusenbauer mit der Behauptung, wonach der ARBÖ nicht zum SPÖ-Bereich gehöre, Kindsweglegung betreibt, ist es mehr als auffällig, dass fast alle ARBÖ-Funktionäre durchwegs aktive SPÖ-Funktionäre sind. Erst am 17. März ist der Sicherheitssprecher der SPÖ-Parlamentsfraktion, NAbg Parnigoni, aus dem ARBÖ-Präsidium ausgeschieden.

SPÖ schädigt AMAG-Mitarbeiterinteressen

Die AMAG wurde 1996 um den symbolischen Preis von einem Schilling an Klaus Hammerer – den jetzigen Generaldirektor – und die Constantia-Gruppe (diese hat ein Vorkaufsrecht für die Anteile von Hammerer) mit jeweils 40 Prozent-Anteil und 20 Pro­zent an die Mitarbeiterstiftung verkauft. Nun will GD Hammerer offenbar seinen Anteil verkaufen. Da der beste Preis dann zu erzielen wäre, wenn die Anteile der Mitar­beiterstiftung mitverkauft werden könnten, hat sich die Belegschaft in einer Urab­stimmung mit einer Mehrheit von 93,4 % (von über 1.500 Mitarbeitern) für den Verkauf der Mitarbeiteranteile ausgesprochen. Bei einem geschätzten Gesamtwert des Unternehmens von 700 Mio. € (Profil vom 26.1.2006) hätten die Anteile der


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Mitarbeiterstiftung einen Wert von rund 140 Mio. €. Damit könnte jeder Mitarbeiter einen „Privatisierungserlös“ von bis zu 100.000 € erzielen.

Trotz des eindeutigen Wunsches der Mitarbeiter blockiert die SPÖ aus Parteiinteresse bis jetzt in der Mitarbeiterstiftung den Verkauf der Mitarbeiteranteile.

Während die Folgen der SPÖ-Pannen und Pleiten in der Regel auf Österreich beschränkt blieben, besteht die Gefahr, dass die sozialistische Misswirtschaft im hochsensiblen Bankgeschäft zu einer Störung der Funktionsfähigkeit des öster­reichischen Finanzmarktes führen könnte.

Aus diesem Grund ist die lückenlose Aufklärung aller Vorgänge im BAWAG Skandal durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) unumgänglich. Der Bundesminister für Finanzen hat der FMA am 27.3.2006 einen diesbezüglichen Prüfungsauftrag erteilt, um verwal­tungs- und strafrechtlicher Verfehlungen zu erheben bzw. an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Gegen zwei Personen gibt es bereits Voruntersuchungen und Haftanträge, gegen weitere laufen gerichtliche Vorerhebungen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

Dringliche Anfrage

1. Der frühere BAWAG Aufsichtsratsvorsitzende und Finanzreferent des ÖGB Günter Weninger bestätigte, dass er bewusst weder den Gesamtvorstand noch den Aufsichts­rat über Milliardenverluste bzw. über die drohende Insolvenz der BAWAG informiert hat. Entspricht dieses Vorgehen den üblichen Gepflogenheiten (Corporate Governance Kodex) bzw. den gesetzlichen Vorschriften?

Wenn nein, welche Gesetze könnten verletzt worden sein? Mit welchen Verwaltungs-, Geld- oder Freiheitsstrafen würde dieses kriminelle Vorgehen in Österreich geahndet werden?

2. Welche Konsequenzen haben die Verantwortlichen der BAWAG aus dem Debakel der „ersten Karibikgeschäfte“ im Sinne der Empfehlungen der Expertenkommission und der Aufträge des BMF gezogen?

3. Die BAWAG hat mit dem Sohn des ehemaligen Generaldirektors Flöttl weiter derartige Geschäftsbeziehungen gepflogen. Ist Ihnen bekannt

a) wie hoch die Verluste aus den einzelnen Engagements waren?

b) zu welchen Zeitpunkten die Engagements abgeschlossen wurden?

c) wer in den einzelnen Perioden im Vorstand bzw. im AR vertreten war?

4. Ist es richtig, dass weder der Minderheitseigentümer Bayerische Landesbank noch die Staatskommissäre und der Aufsichtsrat der BAWAG von diesen Geschäften informiert waren?

5. Stimmt es, dass bei einem einzigen Fehlinvestment wie dem Casinobau in Jericho 120 Mio. € wertberichtigt werden könnten (obwohl der Bau lt. Zeitungsberichten nur 35 Mio. € gekostet haben soll) und dass der ÖGB in diesem Zusammenhang eine Haftungsgarantie abgegeben hat?

6. Die CASINO AUSTRIA und die Lotterien haben gegenseitig bedeutende personelle und wirtschaftliche Verflechtungen (Anteile) ist nach eigenen Aussagen der zweit­größte Steuerzahler der Republik (im Geschäftsjahr 2004: 535 Mio. € Abgaben) und die Republik ist im Wege ihres 50% Anteils an der OeNB über deren 100%Tochter, die „Münze Österreich“ an der CASINO AUSTRIA maßgeblich beteiligt. Wie beurteilen Sie


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diese Beteiligungsverhältnisse im Lichte der erfolgten Höherbewertungen der Lotterien-Anteile der BAWAG zum Zwecke der „Bilanzverbesserungen“?

7. Welcher Schaden ist dem Finanzplatz Österreich durch die beschriebenen hoch­spekulativen Geschäfte im Umfeld von BAWAG und ÖGB entstanden?

8. Können Sie ausschließen, dass der österreichische Steuerzahler durch diese Milliar­denverluste, verursacht durch hochspekulative Bankgeschäfte seitens der BAWAG, geschädigt und zur Kasse gebeten wird?

9. Steht die Übernahme einer Haftung von über 1 Mrd. € ohne Befassung der Gremien und Gewerkschaftsmitglieder mit den österreichischen Gesetzen im Einklang?

10. Wie wird die FMA weiter vorgehen bzw. welche Maßnahmen haben Sie als Finanz­minister getroffen?

11. Ist es richtig, dass SP–Finanzminister von 1995 bis 2000 trotz den verschärften Bestim­mungen im Bankwesengesetz der damaligen Bankenaufsicht/OeNB in dieser Causa keinen Prüfungsauftrag erteilt haben?

12. Welche Auswirkungen hatte die durch Sozialdemokraten zu verantwortende Miss­wirtschaft bei der Verstaatlichten Industrie, der Länderbank, Bank Austria, DDSG, AMAG, Grundig, Konsum, Bank Burgenland und sonstigen Spekulationen auf die Budget- und Finanzpolitik der Republik Österreich?

13. Laut Medienberichten wohnen neben dem ehemaligen ÖGB-Präsidenten Verzet­nitsch die ehemaligen BAWAG-Generaldirektoren Flöttl und Elsner in luxuriösen Penthäusern in der noblen Adresse am Wiener Fleischmarkt, wobei keine ortsübliche Miete entrichtet wird.

Ist es richtig, dass in diesem Zusammenhang ein Finanzstrafverfahren läuft?

In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 2 GOG verlangt, diese Dringliche Anfrage zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Scheibner als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 der Geschäfts­ordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


14.59.36

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass diese Dringliche Anfrage von höchster Aktualität ist. Es geht letztlich um den Banken- und Finanz­standort Österreich, der sich in den letzten Jahren einen überaus guten, ja hervor­ragenden Ruf erwirtschaftet hat. Die Banken haben viel Geld gemacht, sie haben in den Osten expandiert, und dies ist auch ein wichtiges Signal für den Wirtschafts­standort Österreich. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Man muss das hier klar und deutlich gleich zu Beginn sagen: Auch bei der BAWAG sind die Spareinlagen gesichert – es muss sich niemand Sorgen machen –, aber es geht uns darum, dass sich solch skandalöse Zustände, wie wir sie in den letzten Tagen und Wochen erfahren mussten, nicht wiederholen können und dass eben genau dieser Finanz- und Bankenstandort Österreich nicht gefährdet ist. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)


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Es geht auch darum, die Ursachen und die Gründe für diese skandalösen Zustände aufzuzeigen: eine Verstrickung rund um ÖGB als Eigentümer, SPÖ als Konglomerat, von Managern, die sich mehr als Glücksspieler gezeigt haben als als wirkliche Bankmanager, und Aufsichtsräten, die vielleicht vom Vereinsleben im ÖGB etwas verstehen, aber nichts von Bankgeschäften.

Es war heute schon interessant: Herr Abgeordneter Maier hat ja schon ein bisschen die Verteidigungsstrategie der SPÖ heute hier dargestellt. Er war so nervös, dass er das schon bei einem falschen Tagesordnungspunkt zum Ausdruck gebracht hat. Er hat gesagt: Schuld an der ganzen Geschichte ist nicht der ÖGB als Eigentümer, sind natürlich nicht die Aufsichtsräte, die das kontrollieren sollten, schon gar nicht die SPÖ, denn da gilt ja der Grundsatz: Nichts hören, nichts sehen und nichts sprechen! – nein, schuld an dem ganzen Desaster ist nur einer: Finanzminister Grasser. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) – Na fein! Na fein! Das alles kennen wir ja schon. Da wird noch applaudiert und genickt.

Großartig! Da habt ihr offensichtlich eine Klubsitzung gehabt, wo ihr eingeschworen worden seid: Nicht wir sind schuld, nur Grasser ist schuld!, so wie wir das schon gehabt haben. Also nicht der Dieb ist schuld am Diebstahl, sondern die Polizei ist schuld, weil sie nicht rechtzeitig am Tatort war, um den Diebstahl zu verhindern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – So ist also die Verteidigungsstrategie der SPÖ! Wunderbar! Nur schade, dass Herr Abgeordneter Maier so nervös gewesen ist und das bereits vorher hier präsentiert hat, meine Damen und Herren.

Aber es ist schon interessant, sich die Chronologie noch einmal vor Augen zu führen:

1994 war die erste Karibik-Affäre der BAWAG: Flöttl sen. an Flöttl jun., Geschäfte mit hoch riskanten Deals – um 23 Milliarden Schilling ist es damals gegangen – auf den Virgin Islands. – Das ist damals aufgedeckt worden, es hat eine Änderung des Bank­wesengesetzes gegeben.

Es hat bereits damals eine Diskussion rund um die Verantwortlichkeit gegeben, und damals war schon interessant, dass niemand dabei gewesen ist! Nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen! – Der damalige Zentralsekretär Cap hat gesagt: Das ist Sache der Gewerkschaft, dazu haben wir überhaupt keine Meinung. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – 1994!

Die Gewerkschaft sagt: Wir sind froh, dass der Aufsichtsrat jetzt in Zukunft solche Familiengeschäfte bewilligungspflichtig macht, ansonsten wollen wir nichts sagen – also nichts dazu sagen. Intern haben aber alle gewusst und hat man auch aus der Gewerkschaft gehört: Alle haben von diesen Geschäften gewusst – vielleicht nicht das tatsächliche Ausmaß, aber wer gefragt hat, der hat auch eine Antwort bekommen. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit: Besser gar nicht fragen, denn vielleicht passt einem die Antwort nicht, die man bekommt, und dann könnte man nicht sagen, man weiß von nichts, man hat nichts gehört, und deshalb braucht man auch nichts zu sagen.

Gut, jetzt hätte man sagen können, man ist eines Besseres belehrt worden und diese ganzen Geschäfte gehören der Vergangenheit an. – Dem war nicht so. Es gab dann den Wechsel von Flöttl zu Elsner, und Herr Generaldirektor Elsner hat diese Karibik-Geschäfte wieder aufgenommen, diese hoch und höchst riskanten! (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Diesmal aber – und das geben alle zu – mit vollem Wissen des Aufsichtsrates und auch des Aufsichtsratsvorsitzenden. Wer war das? – Der heutige Arbeiterkammerpräsident Tumpel, der heute auch keine Verantwortung mehr hat, auch nichts weiß, nichts sieht und nicht über diese Verantwortung spricht. – Alles klar.


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Es ist damals auch nicht besonders publik geworden und nicht groß diskutiert worden, weil ein anderer Skandal alles überdeckt hat, nämlich die „Konsum“-Pleite, mit der man bei der SPÖ auch nichts zu tun gehabt hat, auch nicht bei der Gewerkschaft – man war auch nur Eigentümervertreter, auch die BAWAG. Über eine Milliarde Schaden, Tau­sende Arbeitsplätze verloren gegangen.

Ja, zugegeben: Dieser eine Skandal in der linken Reichshälfte hat den anderen Skan­dal überdeckt! Eine Skandalwirtschaft jagt die andere. – Das alles haben Sie zu verantworten! Aber auch damals: Nichts hören, nichts sehen, nichts sprechen! Wir wissen von nichts, wir haben keine Verantwortung.

Was hat man aber damals gemacht? – Man hat 1 Milliarde € – 1 Milliarde € – ...! Man muss immer dazusagen: Es handelt sich um eine Gewerkschaftsbank! Da geht es um eine Bank, die die Interessen auch der Arbeiternehmer vertreten sollte und die auch damit geworben hat! Sie hat bei den Anlegern, bei den Arbeitern und Angestellten dafür geworben, dass sie in dieser Bank ihre Gelder anlegen, weil mit diesen Geldern auch entsprechend vorsichtig und verantwortungsvoll gewirtschaftet wird.

Was hat man gemacht? – Man hat 1 Milliarde € als Kredit getarnt an Liechtensteiner Stiftungen überwiesen – die haben so klingende Namen wie Bensor, Treval, Biamo; das klingt alles wunderbar! Was mit diesem Geld passiert ist, weiß man nicht, man weiß nur eines: dass ein Großteil von dieser Milliarde futsch ist – verspekuliert! Es ist nicht in die Bücher aufgenommen worden, und es wurde in dieser Zeit auch nicht abgeschrieben.

Aber damit nicht genug: Im Jahr 2000 hat man noch einmal gesagt: Wir probieren es noch einmal! – Nicht zufällig hat man ja Anteile an der Lotteriegesellschaft, also muss man auch in der Bank ein bisschen herumspielen. 350 Millionen € nimmt man noch einmal in die Hand als Spielkapital und gibt es wieder Flöttl jun.! – Also da kann ja niemand mehr sagen, dass man da Lehren aus 1994 gezogen hat! – Also noch einmal 350 Millionen € Spielkapital an Flöttl jun.

Das wird in Anleihen investiert, die bezeichnenderweise Namen nach US-Universitäts­städten tragen! Ich nehme an, dass das Bildungsniveau dort höher ist als die Finanz­kraft dieser Fonds, denn das waren nämlich allesamt Flops.

Dann hat man das schnell noch verlagert in so genannte Zinsenswaps, also man hat spekuliert auf steigende und fallende Zinsen – auch ganz im Interesse der Arbeit­nehmer – und hat einen Totalverlust gebaut. – Also noch einmal 350 Millionen Verlust im Jahr 2000.

Dann kam ein neuer Prüfer der Prüfungsagentur KPMG – die Frage ist: Was haben die alten Prüfer dort überprüft, die Bestätigungsvermerke gegeben haben? –, und der hat dann gesagt: Moment, da gibt es jetzt keinen Vermerk, denn da sind Haftungen ausständig, die die Bank möglicherweise gefährden könnten.

Und dann kamen Weninger und Verzetnitsch – alles bekannt –, die dann gesagt haben: So, was machen wir jetzt? – Wir geben eine Garantie, eine Haftungsgarantie, mit dem Vermögen des ÖGB ab, auch mit dem Streikfonds, damit die Gewerk­schaftsbank BAWAG kein Problem hat. Wir informieren darüber niemanden, auch nicht den eigenen Aufsichtsrat, denn sonst könnte – Zitat Weninger – etwas an die Öffent­lichkeit kommen. – Also Misstrauen auch gegenüber dem eigenen Aufsichtsrat.

Mag sein, und wahrscheinlich ist es so, dass die Bank dadurch zumindest in der Öffentlichkeit aus einigen Schwierigkeiten herausgehalten worden ist. Trotzdem war dieses Vorgehen nicht korrekt, meine Damen und Herren, darüber kann man sich hier nicht hinwegschwindeln! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und vor allem gibt es eine Verantwortung auch des Eigentümervertreters und des Aufsichts-


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ratsvorsitzenden, und zwar sowohl von Tumpel als auch von Weninger, für all diese Geschäfte in den vergangenen Jahren. – Gut, meine Damen und Herren. (Ruf bei der ÖVP: Der Herr Gusenbauer!) – Ja, dazu kommen wir noch. Na ja, der Herr Gusenbauer, der ist ja heute nicht da. (Abg. Dr. Stummvoll: Ist er schon zurück­getreten? – Abg. Neudeck: Er war nicht startklar!) Das ist ja auch wieder so ein Motto: Nichts hören, nichts sprechen und nichts sehen!, denn dann kann er auch nicht dabei gewesen sein.

Man muss sich das ja folgendermaßen vorstellen: Herr Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch, einer der höchsten Funktionäre auch der SPÖ, sagt dem eigenen Parteichef und dem Präsidium nichts darüber, dass er eine derartige Milliardenhaftung mit den Gewerkschaftsbund-Geldern übernommen hat. (Abg. Mag. Molterer: Das glaube ich nicht!) – Das gibt es nicht?! – Na ja, ich kann mir das schon vorstellen! Das wird so gewesen sein: Präsident Verzetnitsch sagt einem hochrangigen Funktionär der SPÖ: Du, pass auf, ich muss dir etwas sagen: Wir haben ein Problem mit der BAWAG; da wird eine Haftung schlagend! – Geh, davon will ich gar nichts wissen!, wird die Antwort gewesen sein.

Und dann wird er gesagt haben: Wir haben das Problem und müssen eine Haftung übernehmen, denn sonst werden auch in der Öffentlichkeit Probleme auftreten, und da könnten wir hineingezogen werden. – Sagt er: Das habe ich jetzt aber nicht gehört, und du weißt ja, du hast mir nichts darüber gesagt. – So, kann ich mir vorstellen, wird das abgelaufen sein, denn alles andere würde ja jeder Erfahrung widersprechen, wo Sie ja den Gewerkschaftsbund immer wieder als Vorfeld der SPÖ betrachten und als Ihre Klientel und als Ihr Machtspektrum, Herr Kollege Wittmann. – Das ist doch die Realität, aus der Sie hier herausflüchten wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Ungeheuerlich!)

Jetzt könnte man sich vorstellen, wenigstens jetzt – und jetzt haben aber alle gewusst, welche Probleme es gibt – ist es aus mit diesen Spekulationen! Jetzt ist endlich in der Gewerkschaft die Erkenntnis da, dass man sich nicht zum Banker eignet. – Und das ist ja auch kein Wunder, meine Damen und Herren, wenn man sich den Aufsichtsrat ansieht: Der Zentralsekretär der Gewerkschaft Metall-Textil, die Gewerkschaft der Privatangestellten sind vertreten, noch einmal die Gewerkschaft der Privatangestellten, noch einmal die Gewerkschaft der Privatangestellten, die Gewerkschaft Bau-Holz, die Gewerkschaft der Eisenbahner, die Gewerkschaft der Post, die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und der Direktor der Arbeiterkammer Wien. – Das waren die Aufsichtsräte in dieser Zeit, meine Damen und Herren, an und für sich bis jetzt!

Ja was sind denn das für Bankexperten? Da verstehe ich dann schon, wenn die alle sagen: Wir haben nichts gehört, wir haben nichts gesehen und können auch deshalb darüber nicht sprechen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Genau das ist die Kontrolle, das ist das Konglomerat, das wir hier kritisieren, meine Damen und Herren.

Deshalb ist es auch möglich gewesen, dass diese 350 Millionen, die da immer so herumschwirren, weiter herumgeschwirrt sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznet­ter.) – Herr Kollege Matznetter, erklären Sie uns einmal, wieso diese 350 Millionen, wo man weiß, die haben sich in Luft aufgelöst, wieder auftauchen und in einen BAWAG-Fonds eingebracht werden und die BAWAG dann Fondsanteile im Wert von 350 Millionen € bekommt, die dann wieder in der Bilanz angeführt werden, um diese Verluste zu kaschieren und zu vertuschen! Herr Kollege Matznetter, sagen Sie uns als Steuerberater: Was ist das? – Ist das Bilanzfälschung, oder was ist das, Herr Kollege? Das aber nach dem Jahr 2000, nicht davor! Schreien Sie nicht herum, sondern erklären Sie endlich die Fehler, die da gemacht worden sind! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Diese Fonds sind bis zum Jahre 2004 noch hin und her verschoben worden, bis sie endlich bei Briefkastenfirmen in der Karibik endgelagert worden sind. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unvorstellbar!) Und der Deal ist abgelaufen mit einer REFCO-Tochter, wo wir ja dann die Folgen gemerkt haben mit diesem 350 Millionen €-Blitzkredit, von dem auch niemand etwas gewusst haben will. – Gut, so weit, so schlecht, meine Damen und Herren.

Aber jetzt noch zur Verantwortung auch der Eigentümervertreter. Jetzt könnte man meinen, dass man nach diesen Erfahrungen, nachdem Herr Generaldirektor Elsner im Jahr 2000 dem Eigentümervertreter diese missliche Nachricht über all diese Mal­versationen übermittelt hat, sagt: Gut, lieber Generaldirektor, das war es, wir werden das alles noch einmal bereinigen, aber von dir haben wir jetzt genug und du gehst und besser nicht mehr viel darüber reden. Was ist aber passiert? – Erstens einmal ist er noch geblieben, er ist erst 2003 in Pension gegangen, hat sich aber davor noch schön seinen Pensionsanspruch abfertigen lassen: 3,6 Millionen €, nicht schlecht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie viel? – 50 Millionen Schilling!) Warum davor abfertigen lassen? – Weil sich die Steuergesetze verändert haben. Hätte er es sich bei Verlassen des Unternehmens ablösen lassen, hätte er um 12 Millionen Schilling mehr an Steuern zahlen müssen. Also der ÖGB ermöglicht dem BAWAG-Generaldirektor eine steuer­schonende Abfertigung seiner Pension. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)

Damit aber nicht genug. Eine Abfertigung hat er auch noch bekommen und dann noch zum Versüßen einen 300 000 €-Job bei den Lotterien, wo wir hören, dass er dort gar nicht anwesend war, aber bis jetzt dort in Funktion gewesen ist, meine Damen und Herren. Das ist der Dank dafür, dass er mit seiner Misswirtschaft die Bank fast an den Rand des Abgrunds gebracht hat.

Meine Damen und Herren, das müssen Sie doch erklären! Welche Konsequenzen haben Sie denn aus den Informationen gezogen, die Sie 2000 gehabt haben? – 3,6 Millionen Pensionsabfindung und einen 300 000 €-Job für den Herrn Elsner! Und jetzt kommt es noch dazu: Bis vorige Woche – und das ist wieder eine Querverbindung zur Gewerkschaft – ist Herr Elsner im Stiftungsvorstand der ÖGB-Stiftung gesessen, meine Damen und Herren! Das ist ja eigentlich auch noch ungeheuerlich. Da sitzt er mit der Frau Hostasch. Die hat natürlich auch nichts mit der SPÖ zu tun. Nichts hören, nichts sehen und nichts sprechen. Die hat nämlich gar nicht gewusst, wer sonst noch in diesem Stiftungsvorstand drinnen sitzt. Das sind aber die Leute, die anscheinend – wir wissen ja nichts Genaues – ein Milliardenvermögen des Gewerkschaftsbundes zu verwalten haben, die nicht einmal wissen, wer da noch drinnen sitzt. Es gibt da anscheinend auch keine Sitzungen. Wo werden dann die Entscheidungen über die Verwendung dieser Geldmittel getroffen?

Wunderbar, meine Damen und Herren: Der ÖGB, eine wichtige Institution für die Vertretung der Arbeiterinteressen, spielt sich da auf wie ein Großkapitalist, aber ist marktwirtschaftlich geführt wie ein Sparverein, meine Damen und Herren. Das muss auch einmal beendet werden im Interesse der Arbeitnehmer! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist eine Beleidigung für den Sparverein!)

Es gab ja vor einigen Tagen eine Diskussion genau über diesen Umstand: Warum hat man den Generaldirektor Elsner da noch so belohnt für diese Misswirtschaft, die er zu verantworten gehabt hat? Und da hat eine Journalistin in dieser Diskussion gesagt: Na ja, da ist wirklich die Frage zu stellen, war das ein Schweigegeld? Und wenn es ein Schweigegeld gewesen ist, wofür? Worüber hat er denn zu schweigen, der Herr Elsner, meine Damen und Herren?


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Auch das könnten Sie vielleicht, Herr Matznetter, wenn Sie dann ... – Der Einser-Sturm sozusagen kommt ja heute hier nicht heraus, damit man nicht verbunden wird mit dieser unangenehmen Sache. Also gibt man dem Wirtschaftsexperten Matznetter die Möglichkeit, hier herauszugehen. Erklären Sie uns das einmal: Warum wurde denn Kollege Elsner belohnt, und was hatte er denn zu verbergen? Vielleicht soll er nicht darüber Auskunft geben, warum der ÖGB im Jahr 2004, in dem man all diese Prob­leme schon gehabt hat, aber trotzdem einen Großteil dieser Verluste noch nicht abgeschrieben hat, eine Sonderdividende erhalten hat von der BAWAG im Wert von 56 Millionen €, meine Damen und Herren. 56 Millionen € Sonderdividende zusätzlich zur normalen Dividende von 15 Millionen € zur Abdeckung der Gewerkschaftsschulden aus der BAWAG entnommen, meine Damen und Herren! Ist das einer dieser Punkte, worüber die Öffentlichkeit nicht oder nicht richtig informiert werden sollte? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aufklären!) Klären Sie das einmal auf! Eine Bank, die gerade dabei ist, diese Malversationen zu sanieren, und die nicht einmal noch in der Lage gewesen wäre, das alles abzuschreiben, muss noch 56 Millionen € Sonderdividende an den Gewerkschaftsbund überweisen, weil dort anscheinend die Misswirtschaft und der Mitgliederschwund so weit gehen, dass man den eigenen Betrieb nicht mehr finanzieren kann.

Das sind die skandalösen Verstrickungen, meine Damen und Herren, zwischen einer Bank, einem Gewerkschaftsbund und einer SPÖ, die so tut, als ob sie nichts mit diesem Gewerkschaftsbund zu tun hätte, wobei aber alle Spitzenfunktionäre dieser Gewerkschaft auch Spitzenfunktionäre der SPÖ sind! Das sind die Tatsachen, meine Damen und Herren, und da können Sie sich nicht daraus hinwegstehlen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Jetzt könnte man noch immer glauben, jetzt hat man endlich die Zeichen der Zeit erkannt und wird entsprechende Maßnahmen setzen, um das alles zu bewältigen. Und was passiert jetzt? – Da wird Herr Rudolf Hundstorfer interimistisch Gewerkschaftspräsident und leitet die Gewerkschaft. Kollege Hundstorfer ist in Wien bekannt als SPÖ-Mandatar und Spitzenfunktionär (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Proporz!) und wird von den eigenen Leuten auch entsprechend charakterisiert als einer, der im Rahmen seiner Tätigkeit in der Gemeinde Wien im Zweifel die Interessen der SPÖ vor die Interessen der Gewerkschaft stellt. Wunderbares Signal an die Gewerk­schaftsmitglieder!

Oder der neue Finanzreferent Foglar aus der Gewerkschaft. Wo kommt der her? – Aus dem Aufsichtsrat der BAWAG. Der wird jetzt Finanzchef des Gewerkschaftsbundes und sitzt dann auch in diesem Stiftungsvorstand, sagt aber gleich, er weiß gar nichts von den Schulden, hat erst vorige Woche davon erfahren. – Also das sind nicht die entsprechenden Reaktionen!

Meine Damen und Herren von der SPÖ, noch ganz zum Schluss, weil in einer Reaktion Kollege Gusenbauer auf seiner Homepage sagt: Das ist ja alles nur ein Ablenkungsmanöver der Regierung von den eigenen Schwächen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) – Ich glaube eher, Sie haben noch geschaut, dass das jetzt auf die Tagesordnung kommt und nicht schleichend irgendwann im Sommer, weil Sie sich dann ein Problem erwartet haben. Aber wir sollen uns ein Beispiel nehmen, wie Sie angeblich die SPÖ saniert haben, Herr Kollege Gusenbauer, schreiben Sie auf der eigenen Homepage.

Ja, das würde uns auch interessieren, weil bei den großen Schulden, welche die SPÖ gehabt hat, und wenn Sie sagen ... (Abg. Mag. Darabos: Präzisieren Sie!) – Ja, ich präzisiere, Herr Kollege. Ich habe mir nämlich den Rechenschaftsbericht Ihrer Partei herausgeholt: Rechenschaftsbericht aus den Jahren 2001 und 2002 der Sozial-


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demokratischen Partei Österreichs. Im Jahr 2001 wird hier angeführt unter Spenden von ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Darabos, Sie rufen ständig dazwischen, Sie können sich zu Wort melden! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Spenden von auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufs- und Wirtschaftsverbänden im Jahr 2001: 2,5 Mil­lionen € (Oh-Rufe bei der ÖVP), im Jahr 2002 unter diesem Titel, also noch einmal Spenden von auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufs- und Wirtschafts­verbänden: 5,6 Millionen €. (Neuerliche Oh-Rufe bei der ÖVP.) Herr Kollege Gusenbauer, auch das würde uns interessieren: ein Berufsverband auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhend. Was haben Sie vom Österreichischen Gewerkschaftsbund zur Abdeckung Ihrer Parteischulden bekommen? (Lebhafter Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

15.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.20.33

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Werte Regierungskollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Die österreichische Bundesregierung ist seit dem Jahr 2000 ganz konsequent für eine Verbesserung und für eine Attraktivierung des Wirtschafts- und Arbeits­standortes Österreich eingetreten. Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen gesetzt, um diesen Wirtschafts- und Arbeitsstandort aufzuwerten – denken Sie an die erste und zweite Etappe der Steuerreform, Entlastung der Arbeitnehmer, der Wirt­schaft, Schwerpunkte im Bereich der Forschung und Entwicklung, der Bildung, der Infrastruktur. Alles mit der Zielsetzung: Wie können wir die Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsplätze, für mehr Wohlstand, für mehr Einkommen unserer Bevölkerung verbessern?

Wir haben uns ganz massiv für eine Aufwertung des Finanzplatzes Österreich, für einen attraktiven Kapitalmarkt eingesetzt. Die österreichische Börse ist die „best-performende“ Börse aller westlichen Industrieländer in den letzten Jahren. Es hat eine Verfünffachung der Kapitalisierung gegeben, eine Versiebenfachung der Umsätze an der Börse. Der Indexstand hat sich vervierfacht.

Wir haben massiv in die Vertrauenswürdigkeit, in die Glaubwürdigkeit des Standortes investiert. Ich darf an gemeinsame Beschlüsse hier im Hohen Haus erinnern, ein Kapitalmarktoffensive-Gesetz, ein Kapitalmarktbeauftragter, eine Mitarbeitervorsorge, eine der großen Sozialreformen, Zukunftsvorsorge. Wir haben gemeinsam die Finanz­marktaufsicht mit Verfassungsgesetz – ein Beschluss aller vier Fraktionen hier im Hohen Haus – auf meinen Vorschlag und nach intensiven Verhandlungen neu ins Leben gerufen, weil wir alle der Überzeugung waren, es braucht eine schlagkräftigere Finanzmarktaufsicht.

Wir haben ein Wirtschaftshygienegesetz beschlossen. Wir haben zuletzt auch ein Enforcement-Paket beschlossen, damit die Finanzmarktaufsicht mehr Biss hat, um hier tatsächlich prüfen und handeln zu können.

Meine Damen und Herren, denken Sie an die letzten Monate der Berichterstattung und denken Sie daran, dass wir Medienberichte hatten: „Österreich – das bessere Deutsch­land“. – Denken Sie an sachliche Berichte: Das Centre for European Reform hat


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gesagt, Österreich ist nach Schweden und Finnland das Land mit der dritthöchsten Wettbewerbsfähigkeit in ganz Europa. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich denke also, meine Damen und Herren, dass wir mit Recht sagen können, dass wir stolz sein können, dass wir ein neues Selbstvertrauen in Österreich haben können, dass wir Vertrauen aufgebaut haben und dass Österreich heute einfach gut dasteht.

Wenn wir gerade vor diesem Hintergrund nun mit diesem Finanzskandal der BAWAG konfrontiert sind, muss uns auch bewusst sein, dass das leider Gottes ein Rückschlag für den Finanzplatz ist, dann muss uns bewusst sein, dass wir eine ganze Reihe von negativen Überschriften in vielen namhaften internationalen Blättern und Magazinen haben, dann muss uns klar sein, dass es einen Finanzskandal in dieser Dimension in Österreich bisher noch nie gegeben hat. (Abg. Dr. Puswald: Doch! Abfangjäger! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nach heutigem Wissensstand hat es offensichtlich Verluste von knapp 1,4 Milliarden € gegeben, das sind knapp 20 Milliarden Schilling oder knapp 20 000 Millionen Schilling, um es in alter Währung auszudrücken.

Um Vergleiche zu ziehen: Wenn Sie daran denken, dass im Jahr 1997 die zweitgrößte Bank, die CA, verkauft wurde, dann denken Sie daran, dass sie für 17 Milliar­den Schilling verkauft wurde, mit einer Reihe von Perlen der österreichischen Indus­triegesellschaften im Beteiligungsportefeuille: Wienerberger, Lenzing, Steyr-Daimler-Puch und andere mehr.

Wenn man knapp 1,4 Milliarden € sieht und weiß, dass es ungefähr 1,3 Millionen Mitglieder des Gewerkschaftsbundes gibt, dann heißt das, meine Damen und Herren, dass mehr als 1 000 € pro Gewerkschaftsmitglied in der Karibik verspekuliert worden sind. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist die Außenpolitik der SPÖ!)

Das ist eine sehr ernste Situation, wo wir gemeinsam zwei Zielsetzungen verfolgen sollten. Erstens, meine Damen und Herren, wenn es um die Zukunft geht: Es ist mir – und ich möchte das in aller Deutlichkeit hier sagen – ein riesiges Anliegen, dazu beizutragen, dass wir die Zukunft der BAWAG sichern können und dass wir den mehr als 1,2 Millionen Sparern Sicherheit geben können. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Gaál: Das ist gesichert!)

Wir haben jetzt zwei Vorstände in der BAWAG. Ich möchte Herrn Professor Nowotny und Herrn Dr. Koren erwähnen, wobei ich hier auch sagen möchte: Ich habe volles Vertrauen zu diesen beiden Vorständen. Ich danke ihnen, dass sie zur Aufklärung dieses Finanzskandals in den letzten Tagen viel beigetragen haben und das sicherlich weiterhin tun werden, und möchte alles tun, um diese beiden Vorstände in ihrem Bestreben, die Bank abzusichern, entsprechend zu unterstützen, damit wir auch in der Lage sind, diese schwierige Situation zu meistern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Es ist vollkommen klar, dass wir alles dazu tun müssen – in die Vergangenheit gerichtet –, dass es mehr Transparenz gibt, dass es vorbehaltlose Aufklärung gibt. Es sind heute so viele Fragen unbeantwortet, so viele Fragen offen, wo es nicht möglich ist, Antworten aus heutiger Sicht zu geben, dass man einfach nur sagen kann: Im Interesse des Ansehens Österreichs, im Interesse des Vertrauens, was den Wirtschaftsstandort Österreich betrifft, muss es eine lückenlose Aufklärung geben, darf keine Frage unbeantwortet bleiben! Und ich erwarte mir, dass jeder, der zu diesem Finanzskandal beigetragen hat, der davon gewusst hat oder es auch nur toleriert hat, auch einen Beitrag zur Aufklärung leistet, dass er Wieder­gutmachung leistet und dass auch entsprechende Konsequenzen gezogen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zur Beantwortung der gestellten Fragen kommen.

Zur Frage 1:

Nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes hat der Vorstand die Gesellschaft so zu leiten, wie es das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses erfordert. Der Vorstand hat den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle relevanten Fragen der Geschäftsentwicklung einschließlich der Risikolage in der Gesellschaft und allen Konzerngesellschaften zu informieren. Aufgabe des Aufsichtsrates ist die Kontrolle des Vorstandes.

Auf Grund der derzeit bekannten Sachverhaltsmomente besteht der Verdacht, dass neben dem Bankwesengesetz auch gegen eine Reihe anderer Normen verstoßen worden sein könnte.

Ich darf folgende Information wiedergeben: Es werden mögliche Verfehlungen des Vorstandes nach dem Aktiengesetz beziehungsweise Handelsgesetzbuch zu prüfen sein. Beispielhaft seien erwähnt: Informationspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat, mangelhafte Auskünfte gegenüber dem Wirtschaftsprüfer, unvollständige Infor­mati­o­nen im Jahresabschluss beziehungsweise Lagebericht.

Hinsichtlich möglicher Verfehlungen, die nach dem Strafgesetzbuch zu ahnden sind, zum Beispiel der Auskunftspflicht des Vorstandes nach § 255 des Aktiengesetzes, ermittelt nach Medienberichten bereits die Staatsanwaltschaft Wien.

Ein weiterer Punkt: Mögliche Verfehlungen des Vorstandes nach dem Bankwesen­gesetz werden zu prüfen sein. Hier kann es um Verletzungen der Vorschriften hinsichtlich der Großveranlagungen gehen, insbesondere dass es keine Genehmigung durch den Aufsichtsrat gegeben haben könnte, oder um eine Missachtung der jährlichen Berichtspflicht, unzureichende Bildung von Gruppen verbundener Unter­nehmen, insbesondere hinsichtlich der Karibikunternehmen.

Es wird eine Verletzung der Sorgfaltvorschrift nach § 39 des Bankwesengesetzes zu prüfen sein. Es wird die unvollständige beziehungsweise die bewusst falsche Aus­kunfts­erteilung gegenüber der Finanzmarktaufsicht zu prüfen sein.

Es wird die fehlende qualitative und quantitative Ausstattung der internen Revision sowie eine mögliche Verletzung von Bilanzierungs- und Eigenkapitalvorschriften bei der Abschreibung der Verluste aus den Karibikgeschäften zu prüfen sein. (Abg. Dr. Matznetter: Wieso nicht 2001?)

Es könnte Verstöße gegen abgabenrechtliche Vorschriften gegeben haben, die eben­falls zu prüfen sein werden. Es könnte Verfehlungen des Wirtschaftsprüfers gegeben haben, die zu prüfen sein werden, insbesondere in Hinsicht auf unzureichende Prüfungshandlungen des Wirtschaftsprüfers. Voraussetzung hiefür ist vollständige Auskunft seitens des Vorstandes.

Es wird zu prüfen sein, ob der Wirtschaftsprüfer informiert war über die Lage der Karibik-Töchter, der dazugehörenden Forderungen und die Garantie des Öster­reichischen Gewerkschaftsbundes, weil dann eine Berichtspflicht nach § 63 des Bankwesengesetzes bestanden hätte, die offensichtlich nicht wahrgenommen worden ist.

Es werden schließlich Verfehlungen nach dem Vereinsgesetz zu prüfen sein, weil es – wie uns nach Medienberichten allen bekannt ist – ja eine Garantie des ÖGB offensichtlich gegeben haben dürfte und sich natürlich die Frage stellt, ob diese Garantie entsprechend den Bestimmungen des Vereinsgesetzes unter den Statuten


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des ÖGB zustande gekommen ist und in weiterer Folge auch in gesetzeskonformer Weise in den Jahresabschluss des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Aufnahme gefunden hat.

Betreffend Verletzungen des Bankwesengesetzes ist festzustellen, dass wir mit der jüngsten Novelle zum Bankwesengesetz die Verwaltungsstrafen ja wesentlich erhöht haben und weitere effiziente Sanktionsmechanismen für Verstöße geschaffen haben.

Sollte es Verstöße gegen den § 255 Abs. 1 des Aktiengesetzes geben, dann sind unter bestimmten Voraussetzungen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen bis zu 360 Tagsätzen vom Gericht her als Strafe vorgesehen.

Für Untreue im Sinne des § 153 des Strafgesetzbuches ist im Fall von Schäden, die 50 000 € überschreiten, ein Strafrahmen von bis zu 10 Jahren vorgesehen.

In diesem Zusammenhang weise ich auf die vom Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien bestätigten jüngsten Medienberichte hin, wonach die Staatsanwaltschaft Wien im Zusammenhang mit der BAWAG-REFCO-Affäre Haftanträge gegen Phillip Bennett und Wolfgang Flöttl bereits eingebracht hat.

Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag eine gerichtliche Voruntersuchung gegen den früheren REFCO-Chef Bennett und den Sohn des ehemaligen langjährigen BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl wegen Betruges beziehungsweise Untreue eingeleitet.

Zur 2. Frage, ob die Verantwortlichen aus dem ersten Karibik-Geschäft 1994 gelernt haben, darf ich ausführen:

Meines Erachtens, wenn man das verfolgt, was jetzt berichtet wurde, haben die Verantwortlichen offensichtlich aus dem ersten Karibik-Skandal 1994 nichts gelernt. Der seinerzeitige Generaldirektor Flöttl ist damals zwar zurückgetreten, sein Nach­folger als Vorstands-Vorsitzender bei der BAWAG, Herr Elsner, hat aber bereits 1995 den Aufsichtsrat informiert – damals unter dem Vorsitz des heutigen Präsidenten der Arbeiterkammer Tumpel (Ruf bei der ÖVP: Aha!) –, dass man die Karibik-Geschäfte wieder aufnehmen möchte, auch unter Beteiligung des Herrn Flöttl junior.

Der Aufsichtsrat hat diesen Antrag offensichtlich genehmigt, obwohl der damalige Präsident des Gewerkschaftsbundes auch angekündigt hatte, dass derartige Ge­schäfte abgestellt werden würden.

Konsequenzen hat es offensichtlich auch nach dem Eintritt der Verluste in der Größenordnung von 1 Milliarde € für die Betroffenen keine gegeben. (Ruf bei der ÖVP: Wahnsinn!) Im Gegenteil: Der ehemalige Generaldirektor Elsner, der die Karibik-Geschäfte laut BAWAG beauftragt hat, war bis zum Jahr 2003 BAWAG-General­direktor, seine Pensionsansprüche wurden mit einer Größenordnung von 3,5 Mil­lionen € abgefertigt, und er hat einen Job in den Lotterien bekommen, der laut Medienberichten mit weiteren 330 000 € im Jahr honoriert war. (Abg. Mag. Molterer: Irre! – Gegenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Zur Frage 3:

Nach meinem Wissensstand und nach meinen bisherigen Recherchen scheint es so zu sein, dass im Jahr 1995 Engagements im Ausmaß von 500 Millionen € in der Karibik eingegangen worden sein dürften. 1998 kamen weitere 500 Millionen € dazu. Im Jahr 2000 hat man erneut weitere 350 Millionen € eingesetzt, in Summe damit also 1 Milliarde 350 Millionen €. Davon sind nach heutigem Wissensstand 999 Millionen € durch höchst riskante Spekulationen in der Karibik verloren gegangen.

Summiert man das mit den REFCO-Verlusten, dann sprechen wir hier in Summe von 1,4 Milliarden €, die in den Sand gesetzt worden sind.


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Im Vorstand und im Aufsichtsrat, somit in den Positionen der Verantwortungsträger saßen damals – ich konzentriere mich auf die drei Jahre, die ich genannt habe –: Im Jahr 1995 Generaldirektor Elsner als Chef der BAWAG; Herr Tumpel – heutiger Arbeiterkammerpräsident – als Aufsichtsrats-Vorsitzender; Fritz Verzetnitsch als da­maliger ÖGB-Präsident und somit Eigentümervertreter.

Im Jahre 1998 wiederum Dr. Elsner als BAWAG-Generaldirektor; Herr Weninger als Aufsichtsrats-Vorsitzender; und abermals Fritz Verzetnitsch als Präsident des Gewerk­schaftsbundes, Eigentümervertreter.

Im Jahr 2000 dieselbe Konstellation: Elsner BAWAG-Generaldirektor; Weninger Auf­sichtsrats-Vorsitzender; Verzetnitsch ÖGB-Präsident, Eigentümervertreter. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Im Aufsichtsrat der BAWAG fanden sich bis zum Jahr 2000 Personen wie zum Beispiel Eleonora Hostasch oder Konsum-Vorstandsdirektor Kommerzialrat Dkfm. Edwin Schuster oder Kommerzialrat Dr. Hermann Gerharter und eine Reihe von anderen Persönlichkeiten. (Abg. Dr. Matznetter: Was ist mit Professor ...?)

Zur Frage 4:

Laut Medienberichten haben der Vorstandsvorsitzende und der Aufsichtsrats­vorsit­zende Weninger sowie der Eigentümervertreter Fritz Verzetnitsch offensichtlich von diesen Geschäften gewusst.

Nach meinen bisherigen Recherchen gehe ich davon aus, dass weder die Finanz­marktaufsicht noch die Aufsichtsbehörde Bundesministerium für Finanzen – dort, wo wir zuständig waren – oder die Staatskommissäre von den Verlusten und der schwie­rigen Situation der BAWAG, was die Möglichkeit betrifft, eine Bilanz zu erstellen, informiert waren. Auch der Aufsichtsrat wurde offensichtlich nicht vollständig unter­richtet.

Was den Minderheitseigentümer betrifft, die Bayerische Landesbank, so darf ich informieren, dass ich gestern ein Telefongespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Werner Schmidt geführt habe. Die Bayerische Landesbank war immerhin 46 Prozent-Aktionär an der BAWAG. Generaldirektor Schmidt hat mir versichert, dass er über all diese Malversationen nicht informiert worden ist und nichts davon gewusst hat. (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zur Frage 5:

Nach meinem Wissensstand waren Kosten in der Höhe von etwa 35 Millionen € für das Projekt Casinobau in Jericho zu veranschlagen. Auf Grund der nunmehr bekannten Differenzen zwischen den Errichtungskosten und dem Wertberichtigungsbedarf darf nicht ausgeschlossen werden, dass ein Transfer von anderen Engagements in diese Gesellschaft stattgefunden haben könnte.

Dies ist ebenso zu überprüfen wie eine medial behauptete mögliche Verletzung des § 307 des Strafgesetzbuches, nämlich eine Bestechung von Amtsträgern im Ausland.

Die bisherigen Recherchen geben uns Anlass zu glauben, dass der ÖGB für das Engagement der BAWAG am Casino-Projekt in Jericho in Form einer Garantie haften dürfte. Eine der BAWAG zuzurechnende Holding hält 11 Prozent an dem Casino in Jericho. Gegenüber dieser Holding hat der Österreichische Gewerkschaftsbund eine Haftung im Ausmaß von 120 Millionen € übernommen. (Abg. Dr. Fekter: Wahnsinn!)


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Zur Frage 6:

Rund ein Drittel der Anteile an den Österreichischen Lotterien werden von der Casi­nos Austria AG gehalten, ein weiteres Drittel hält die BAWAG indirekt, die diese Anteile im Zuge der Verschmelzung mit der Postsparkasse erworben hat.

Wenn nun die BAWAG in ihrer Konzernbilanz ihre Anteile an der Österreichischen Lotterien Gesellschaft aufgewertet hat, wird das eine Frage der Bewertung und der Bestätigung des Wirtschaftsprüfers in der Bilanz 2005 sein. Diese Bewertung ist jedoch ohne Einfluss auf die übrigen Beteiligungsverhältnisse, insbesondere auf die von der Casinos Austria Aktiengesellschaft gehaltenen Anteile.

Dessen ungeachtet wird aber der BAWAG-Konzern Gegenstand der Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht sein, und sie wird im Rahmen dessen natürlich auch Bewertungs­fragen zu überprüfen haben.

Die Frage 7, welcher Schaden für den Finanzplatz Österreich eingetreten ist, darf ich insofern beantworten, als leider die Malversationen der BAWAG Gegenstand der internationalen Berichterstattung sind. Es hat mehr als 60 Artikel in namhaften deutschsprachigen Medien in den letzten zwei Wochen gegeben, zum Beispiel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, im „Handelsblatt“, in der „Süddeutschen Zeitung“ in der „Welt“, in anderen. Es hat eine Reihe von Artikeln gegeben in der „Financial Times“, im „Daily Telegraph“, in der „International Herald Tribune“. Und natürlich ist das damit ein Rückschlag für den Finanzplatz.

Aber das Ziel – ich sage es nochmals –, das wir gerade vor diesem Hintergrund haben müssen, ist, den Schaden zu reduzieren, was nur durch eine lückenlose, durch eine vorbehaltlose Aufklärung mit schonungslosen Konsequenzen gehen kann, ebenso wie auf der anderen Seite die Sicherung des Institutes für die Zukunft gelingen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage 8, den möglichen Auswirkungen auf den Steuerzahler:

Ich muss darüber informieren, dass es eine Bundeshaftung nach § 1 des P.S.K.-Gesetzes gibt für Verbindlichkeiten der P.S.K., die bis zum 31. Dezember 2000 begründet worden sind. Dafür haftet der Bund nach den §§ 1346 und 1355 ABGB.

Der Bund hat aus diesem Grund, aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen selbst­verständlich ein großes Interesse an der guten wirtschaftlichen Entwicklung der BAWAG – P.S.K.-Gruppe in der Zukunft.

Ich gehe vor diesem Hintergrund davon aus, dass Gewinne der BAWAG – P.S.K. bis zur vollständigen Abarbeitung aller Schadensfälle der Vergangenheit ausschließlich zur Stärkung der Kapitalbasis der Bank verwendet werden und Ausschüttungen unter­bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sollten die Organe der Bank andere Beschlüsse fassen, gehe ich davon aus, dass die Finanzmarktaufsichtsbehörde das ihr für derartige Fälle zur Verfügung stehende Aufsichtsinstrumentarium, zum Beispiel ein Verbot von Gewinnentnahmen, konsequent und im Interesse aller, selbstverständlich auch der Sparer und anderer Gläubiger, einsetzt.

In Frage 9 geht es um die Haftung über 1 Milliarde € durch den Österreichischen Gewerkschaftsbund und ob das mit den österreichischen Gesetzen in Einklang stünde. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die Beantwortung dieser Frage in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres fällt. Allerdings möchte ich doch ausführen, dass das Vereinsgesetz selbst für kleine Vereine normiert, dass das Leitungsorgan verpflichtet ist, die Mitglieder in der Mitgliederversammlung über die Tätigkeit und die finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren.


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Ebenfalls bestehen nicht zuletzt zum Schutz der Gläubiger, aber auch der Mitglieder entsprechende Rechnungslegungsvorschriften, nach denen vom Leitungsorgan zu gewährleisten ist, dass die Finanzlage des Vereins rechtzeitig und hinreichend erkenn­bar ist. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Meine Damen und Herren, das hat in einem Land der zahlreichen Vereine auch jeder kleine Verein kennen gelernt, und es ist hinreichend bekannt, dass man die Rechnungslegungsvorschriften entsprechend ein­zuhalten hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist für mich nicht nachvollziehbar, wie es dazu kommen konnte, dass – wie in den Medien berichtet wird – Einzel­personen an den Gremien, Mitgliedern, Wirtschaftsprüfern und an den Behörden vorbei Rechtsgeschäfte in einem solchen Umfang tätigen und eine Haftung, wie kolportiert wurde, von 1 Milliarde € abschließen konnten. – Für die ordnungsgemäße Gebarung haftet in jedem Fall der Vorstand des Vereins. Ich gehe davon aus, dass die zustän­digen Behörden entsprechende Maßnahmen treffen werden.

Zu den Fragen 10 und 11, in welchen es darum geht, was die Finanzmarktaufsicht getan oder nicht getan hat. – Ich darf betonen, dass das für mich deshalb eine besonders wichtige Frage ist, weil mir heute von der Sozialdemokratischen Partei vorgeworfen wurde, dass das Bundesministerium für Finanzen alles gewusst, aber nichts getan hat. Konsequenz: Grasser ist schuld. (Abg. Dr. Puswald: Ja natürlich!)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie informieren, dass es am 1. Oktober 1995 im Finanzministerium eine Besprechung gegeben hat, bei welcher der damalige General­direktor Elsner im Finanzministerium mitgeteilt hat, dass er unter voller Information und Zustimmung des Aufsichtsrates, des damaligen Präsidenten Tumpel (Abg. Mag. Mol­terer: Aha!), aber auch der anderen Aufsichtsratsmitglieder, die Karibik-Geschäfte mit Flöttl junior wieder aufnehmen wird.

Ich darf dazusagen, um das klarzustellen, dass es nicht Aufgabe der Finanzmarkt­aufsicht ist, einer Bank Geschäfte zu verbieten. Das kann eine Aufsicht auf Basis der gesetzlichen Grundlage nicht tun. Vielmehr ist es Aufgabe der Aufsicht, zu überprüfen, ob Gesetze eingehalten werden, ob es ein entsprechendes Risikomanagement gibt, ob es eine entsprechende Sorgfaltspflicht gibt und so weiter. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich darf darüber informieren, dass es im Jahre 1995 zur Aufnahme der Geschäfte kam. Ich habe mir angesehen, was in diesem Zusammenhang im Finanzministerium getan wurde, und ich sage offen, dass ich überrascht war, dass der im Jahr 1995 verant­wortliche Finanzminister Staribacher von der Sozialdemokratie nichts getan hat, dass der nachfolgende Finanzminister Klima, späterer Bundeskanzler der Sozialdemokratie, nichts getan hat und dass danach in den Jahren 1997, 1998 und 1999 der dritte sozialdemokratische Finanzminister Edlinger nichts getan hat. (Abg. Mag. Molterer: Ach so?) Das heißt: In den Jahren 1995, 1996, 1997, 1998, 1999 bis Februar 2000 hat es keine Aufsichtshandlung im Bundesministerium für Finanzen gegeben! Das fällt in die Verantwortung der damaligen sozialdemokratischen Finanzminister! (Abg. Mag Molterer: Unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Gegenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Mein Amtsantritt erfolgte am 4. Februar 2000, und ich darf erinnern, dass ich noch im Februar 2000, also im Monat meines Amtsantrittes, die zuständige Sektion beauftragt habe, einen Vorschlag für eine Neustrukturierung der Bankenaufsicht in Österreich vorzunehmen. Es hat damals ein Gutachten von Professor Zechner gegeben, und es hat eine ganze Reihe von Allparteiengesprächen gegeben, für die ich mich bedanke, weil ich davon überzeugt bin, dass das zu einer modernen und internationalen Standards gerecht werdenden Aufsicht geführt hat. Es hat daraufhin einen gemein-


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samen Beschluss über die Errichtung der Finanzmarktaufsicht – einer weisungsfreien und unabhängigen Allfinanzaufsicht – gegeben, die in Österreich seit dem 1. Jänner 2002 tätig ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich möchte darüber informieren, dass ich veranlasst habe, dass es am 24. Oktober 2000 ein Managementgespräch mit dem BAWAG-Vorstand gegeben hat, bei dem es um Fragen wie die Sorgfaltspflicht des Vorstandes gegangen ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Weiters ist es dabei um die Frage des Engagements in der Karibik durch die BAWAG gegangen. Außerdem ist es auch konkret um die Frage gegangen, wie die BAWAG sich den Erwerb der Postsparkasse leisten konnte. (Abg. Dr. Matznetter: Haben Sie dieses Gespräch geführt?) Ich habe dieses Gespräch nicht geführt, aber ich trage Verantwortung für dieses Gespräch, weil es fünf Jahre davor solche Gespräche nicht gegeben hat, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter, ich muss Ihnen leider auch mitteilen, dass mich meine Damen und Herren, die damals verantwortlich waren, informiert haben, dass damals der zuständige Vorstand gesagt hat, dass es kein Problem bei den Karibikgeschäften und keine Verluste gibt. (Abg. Mag. Molterer: Was?) Damals hat man die Finanzmarkt­aufsicht offensichtlich expressis verbis belogen! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich darf informieren, dass es im Dezember des Jahres 2000 einen weiteren Prüfungs­auftrag des Bundesministers für Finanzen gegeben hat. Ich habe damals die Oesterreichische Nationalbank beauftragt, eine Vor-Ort-Prüfung in der BAWAG durch­zuführen. (Abg. Mag. Darabos: Herr Minister! Wer hat damals gelogen?) Für diese Vor-Ort-Prüfung des Jahres 2000/2001 war die Notenbank in meinem Auftrag verant­wortlich. Innerhalb der Notenbank war die verantwortliche Direktorin Frau Tumpel-Gugerell. (Abg. Dr. Stummvoll: Wer? – Abg. Mag. Molterer: Wer? – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Unter der Ägide der Finanzmarktaufsicht hat es im Jahr 2003 eine weitere Vor-Ort-Prüfung der BAWAG – P.S.K.-Gruppe mit dem Prüfungsschwerpunkt der Zusam­menführung beider Institute gegeben. Aus Anlass der REFCO-Bennett-Kreditge­währung im Oktober 2005 hat die Finanzmarktaufsicht sofort dieses Geschäftsumfeld einer neuerlichen Prüfung unterzogen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren, ich muss Sie auch über einen Schriftverkehr vom Dezem­ber 2005 informieren: Damals hat die Finanzmarktaufsicht bei der BAWAG angefragt, ob es einen Zusammenhang zwischen der BAWAG und den Karibikgesellschaften gibt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das wurde schriftlich im Dezember des letzten Jahres von der BAWAG verneint. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von SPÖ und ÖVP.) Offensichtlich erfolgte also auch im Dezember vergangenen Jahres eine glatte Fehlinformation und wurde die glatte Unwahrheit gegenüber der Finanzmarktaufsicht gesagt! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Matznetter fragt, was das Ergebnis des Prüfberichtes 2001 war. (Abg. Dr. Matznetter: Genau!) Ich möchte darüber infor­mieren, dass dieser Prüfbericht sehr wohl eine Reihe von Defiziten in der BAWAG zu Tage gefördert hat, eine Reihe von Dingen, die man verbessern kann, etwa die interne Revision. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos. – Abg. Dr. Matznetter: Wie funk­tioniert die interne Revision?  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Werte Abgeordnete, ich darf darüber informieren ... (Abg. Dr. Matznetter: Wie funk­tioniert die interne Revision?)



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Matznetter, es ist jetzt genug! Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.) Bitte keinen Beifall!

Am Wort ist der Herr Finanzminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Hohes Haus! Ich darf darüber informieren, dass in diesem Prüfbericht der Oesterreichischen National­bank aus dem Jahr 2001 kein Wort über ein Engagement der BAWAG in der Karibik von 500 Millionen € aus dem Jahr 1995 enthalten ist, dass kein Wort über ein weiteres Engagement von 500 Millionen € aus dem Jahr 1998 enthalten ist und dass kein Wort über ein weiteres Engagement von 350 Millionen € im Jahr 2000 enthalten ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Ich darf davon berichten, dass es im Prüfbericht kein Wort darüber gibt, dass es zu deutlichen Verlusten durch diese Karibik-Spekulationen gekommen ist. Ich darf darüber berichten, dass es in diesem Prüfbericht mit keinem Wort einen Hinweis auf eine Haftung gibt, die der Österreichische Gewerkschaftsbund übernommen hat. Ich muss darüber berichten, dass es mit keinem Wort einen Hinweis darauf gibt, dass die Wirtschaftsprüfer ein Problem gesehen hätten, die Bilanzen der BAWAG zu erstellen.

Meine Damen und Herren, Sie müssen darüber hinaus beachten, wie eine Aufsicht funktioniert. In Österreich gibt es einen Stufenaufbau der Aufsicht. Stufe 1 – der Vorstand: Dieser ist natürlich zur Sorgfalt verpflichtet. Stufe 2 – eine interne Revision. Stufe 3 – der Aufsichtsrat der Bank: Dieser hat selbstverständlich die Kontrolle der Bank durchzuführen. Stufe 4 – der Wirtschaftsprüfer: Hauptaufgabe des Wirt­schafts­prüfers ist es, die Werthaltigkeit von Forderungen beziehungsweise Verbind­lichkeiten zu bewerten, weil das ja die Voraussetzung dafür ist, ob man eine Bilanz testieren kann oder nicht. (Abg. Dr. Matznetter: Ohne interne Revision!) Fünfte Stufe – die Aufsicht selbst.

Ich muss Ihnen leider sagen, dass ich auf Grund meiner bisherigen Recherchen den Eindruck gewonnen habe, dass man ganz bewusst und vorsätzlich an der Aufsicht vorbei agiert hat und die Aufsicht falsch informiert hat. Um die Verantwortung klar­zulegen: Fünf Jahre lang waren sozialdemokratische Finanzminister in Verantwortung, knapp zwei Jahre meine Person, als das Bundesministerium für Finanzen noch die Verantwortung hatte. Seit vier Jahren trägt jetzt die unabhängige, weisungsfreie Finanzmarktaufsicht die Verantwortung, und über diesen gesamten Zeitraum ist es keinem der Verantwortungsträger gelungen, diese Malversationen aufzudecken! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Meine Damen und Herren, ich hätte das, was ich jetzt sagen werde, sonst nicht gesagt, aber ich muss es doch zur Sprache bringen, wenn man mir hier vorwirft, dass ich für diesen Skandal Verantwortung trage, wenn man sagt: Grasser ist schuld!, und gleichzeitig Abgeordneter Gusenbauer gesagt hat: Verzetnitsch hat sich nichts zu­schulden kommen lassen, Verzetnitsch hat alles richtig gemacht! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich hätte hier nicht mit Parteipolitik begonnen, weil ich glaube, dass die Sachlichkeit das oberste Gebot ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn man mir aber hier vorwirft, ich hätte Schuld an diesem Finanzskandal (Abg. Öllinger: Ich fange gleich an zu weinen!), dann muss ich Ihnen einfach sagen, dass mein Eindruck ist, dass Fritz Verzetnitsch, der bis vor kurzem in Ihren Reihen als Parlamentarier neben anderen Gewerkschaftsfunktionären gesessen ist, offensichtlich alles gewusst hat und dass er ganz bewusst in Kauf genommen hat, dass nicht informiert wird, dass er zugeschaut


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hat, wie die Finanzmarktaufsicht mehrfach von seinem Aufsichtsratsvorsitzenden und von seinem Generaldirektor angelogen wurde und die Unwahrheit gesagt wurde. (Abg. Mag. Molterer: Unerhört!)

Meine Damen und Herren, daher muss ich Ihnen, wenn Sie sagen, ich sei schuld, sagen: Lächerlicher geht es nicht! Das ist kein Beitrag zur Aufklärung! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist eine Verzweiflungstat Ihrer Parteistrategen, und ich hoffe, es fällt ihnen mehr ein!

Frage 12 darf ich wie folgt beantworten: In der Verstaatlichten Industrie hat es von 1981 bis 1990 Zuschüsse des Steuerzahlers von etwa 4,3 Milliarden € gebraucht. Gleichzeitig sind etwa 50 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Bei der Länderbank waren Zuschüsse von 430 Millionen € nötig. Bei der DDSG war ein Zuschuss von etwa 380 Millionen € vonnöten. Bei der AMAG bedurfte es bei der Privatisierung eines Zuschusses von etwa 87 Millionen €. Bei Grundig gab es von1983 bis 1988 Zuschüsse von 50 Millionen €. 2003 sind trotzdem 800 Arbeitsplätze verloren gegangen. Beim „Konsum“ gab es Lieferantenverbindlichkeiten von 116 Millionen €, der Insolvenzaus­fallfonds war mit 145 bis 218 Millionen € belastet, und 5 000 Arbeitnehmer wurden gekündigt. Bei der Bank Burgenland betrug die übernommene Haftung des Landes 480 Millionen €. Fremdwährungsspekulationen unter meinem Vorgänger Finanzminis­ter außer Dienst Edlinger brachten Kurs- und Zinsverluste von 1 868 000 000 €. (Abg. Dr. Stummvoll: Beachtlich! – Abg. MagMolterer: Unglaublich! – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Die Gemeinde Wien soll laut Medienberichten durch ihren Tausch der Bank-Austria-Anteile in Anteile der Hypo-Vereinsbank über die Anteilsverwaltung Zentralsparkasse bis zu 1 Milliarde € verloren haben.

Die letzte Frage, Frage 13, in der die Penthouse-Wohnungen der Herren Flöttl, Elsner und Verzetnitsch angesprochen sind, darf ich wie folgt beantworten:

Wie jeder Steuerpflichtige haben selbstverständlich auch die angesprochenen Per­so­nen ein Recht auf Wahrung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht. Ich möchte aber kurz ausführen, was unter einem Sachbezug, der hier zur Debatte steht, zu verstehen ist: Einnahmen und somit Sachbezüge im Sinne des § 15 Einkom­men­steuergesetz 1988 liegen dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen geldwerte Vorteile im Rahmen seiner außerbetrieblichen Einkunftsarten zufließen. Geldwerte Vorteile sind mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes anzusetzen. Die bekanntesten Sachbezüge sind zum Beispiel Dienstwagen oder Dienstwohnungen. Zu den Sach­bezügen ist eine Verordnung ergangen, die unter anderem auch Regelungen enthält, die die Bewertung von Wohnraum mit Quadratmeterpreisen pro Monat betreffen.

Meine Damen und Herren, damit möchte ich abschließen und nochmals sagen: Unser größtes Interesse muss es sein, die Zukunft der Bank zu sichern, den Sparern Sicherheit zu geben und auf der anderen Seite eine lückenlose Aufklärung dieser Vorkommnisse sicherzustellen! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich der Klubobmann der Sozialdemokraten Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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15.54.08

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Abgeordneter Matznetter hat völlig ordnungsgemäß von seinem Platz politische Zwischenrufe getätigt. – Die Reaktion auf die Zwischenrufe war, dass ihm Staats­sekretär Kukacka in äußerst ungezogener Form quasi den „Vogel“ gezeigt hat. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Das können wir nicht akzeptieren! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir fordern eine Entschuldigung durch Staatssekretär Kukacka! Wir fordern, dass der Ordnungsruf zurückgezogen wird! Eigentlich verdient Staatssekretär Kukacka einen Ordnungsruf, denn das ist nicht akzeptabel! (Beifall bei der SPÖ.)

15.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters hat sich zur Geschäftsbehandlung Herr Klub­obmann Molterer zu Wort gemeldet.

 


15.54.47

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem: Zuschauer auf der Galerie und Medienvertreter! Wie Sie sehen, hat offensichtlich das, was Karl-Heinz Grasser jetzt als rote Kriminalgeschichte dargestellt hat, wirklich ins Mark getroffen. Wenn Josef Cap sogar schon zur Geschäftsordnung greifen muss, um abzulenken, dann weiß man, wie weit es fehlt!

Herr Präsident! Im Übrigen halte ich fest: Die Frage der Ordnungsruferteilung ist ausschließlich Sache des Präsidenten und von niemandem sonst zu beurteilen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

15.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Dritte im Bunde der Wortmeldungen zur Geschäfts­behandlung: Herr Klubobmann Van der Bellen. – Bitte.

 


15.55.30

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Natürlich ist es allein Ihr Recht, Ordnungsrufe zu erteilen oder nicht. Eine gewisse Symmetrie halte ich da aber schon für angebracht. Ich habe diese Inter­aktion zwischen dem Herrn Staatssekretär und meinem Kollegen Matznetter nicht gesehen, dazu kann ich nichts sagen. Ich habe mir aber sehr wohl gemerkt, dass man von der Regierungsbank – vielleicht aus sehr guten Gründen – sagen kann: Dieser oder jener hat gelogen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist beweisbar!) Wenn ich das Gleiche hingegen hier vom Rednerpult aus sage und hundert gute Belege und Beweise dafür habe, dass jemand wissentlich die Unwahrheit gesagt oder – wie man im Volksmund sagt – gelogen hat, denn bekomme ich sofort einen Ordnungsruf. Das finde ich, mit Respekt, nicht ganz in Ordnung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 


15.56.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wenn man angesichts eines derartigen Banken-, Gewerkschafts- und Parteienskandals hier derartige Sorgen äußert, wie es Kollege Cap getan hat, dann würde ich vorschlagen, dass wir einen Parlamentskindergarten einrichten, damit man


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diese Dinge dort behandeln kann und wir hier wieder zur Sache kommen können. (Beifall und Heiterkeit bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Seine Redezeit beträgt 8 Minuten.

*****

Ich möchte noch einmal alle Damen und Herren des Hohen Hauses darauf auf­merk­sam machen, dass beharrliches Stören eines Redners durch ständiges Zwischenrufen vom Platz aus nach dem vierten Zwischenruf von mir mit einem Ordnungsruf bedacht wird – ganz gleich, von welcher Fraktion diese Zwischenrufe kommen. Herr Kollege Matznetter, Sie sind der beharrlichste Zwischenrufer, und Sie wissen das! (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

*****

Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


15.57.33

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Seid nicht ganz so aufgeregt! Die Kuh ist schon aus dem Stall! Die BAWAG und die Gewerkschaft könnt ihr nicht mehr retten! Seid also ein bisschen ruhiger!

Zunächst eine kurze Tatsächliche zu Herrn Klubobmann Scheibner: Einen Parlaments­kindergarten gibt es, jedoch nicht für Abgeordnete.

Meine Damen und Herren! Die BAWAG wurde 1922 von Karl Renner gegründet und sollte die finanziellen Mittel der Gewerkschaft und Konsumgenossenschaften sorgfältig verwalten. Damals war es noch die Arbeiterbank, später wurde sie BAWAG genannt. Wenn er sähe, was sich daraus entwickelt hat, dann würde sich Karl Renner im Grab umdrehen! (Abg. Rädler: Das glaube ich!)

Meine Damen und Herren, die BAWAG gibt es seit nunmehr bald 85 Jahren. Ich bin seit 25 Jahren Kunde bei der BAWAG. Die BAWAG hat meine ersten Finanzierungen ordnungsgemäß durchgeführt und war mir als Bank immer ein wertvoller Begleiter, wobei ich dazusagen muss, dass ich über die Filialgeschäfte nie hinausgekommen bin. Ich habe nie mit dem Vorstand zu tun gehabt. Daher möchte ich heute ganz besonders den Hunderten Mitarbeitern der BAWAG in den Filialen unterhalb des Vorstands danken, dass sie weiterhin ihre Arbeit ordnungsgemäß durchführen, dass sie anstür­mende Kunden zu beruhigen versuchen und dieses unerklärliche Debakel tagtäglich Hunderten Leuten am Schalter erklären. Vielen Dank an die BAWAG-Mitarbeiter und selbstverständlich auch an die -Mitarbeiterinnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist unmoralisch, meine Damen und Herren, dass Vorstandsmitglieder wie Flöttl und Elsner nach solch einem Debakel – das war ihnen damals in groben Zügen bekannt – mit derartigen Abfertigungen in Pension gehen; Elsner mit einer Abfertigung, für die ein Durchschnittsverdiener in Österreich 172 Jahre lang arbeiten müsste. Zusätzlich bezieht er noch ein Jahresgehalt bei einer Gesellschaft, wofür jeder Durchschnitts­verdiener 14 Jahre lang arbeiten müsste. – Das ist unmoralisch und hat mit sozial und


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mit gewerkschaftlichen Gedanken nichts zu tun! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, schauen wir uns auch noch an, wie sich diese Vorstände in den letzten Jahren ihre Wohnsituation bequem gerichtet haben. Bawag-nahe Gesell­schaften haben Innenstadtliegenschaften parifiziert, damit dort als einziger weiterer Miteigentümer ein ehemaliger Vorstandsdirektor im Dachgeschoß leben kann, dort Eigentümer ist. Präsident Verzetnitsch ist dort Mieter und sagt, er zahle eine markt­übliche Miete. Um diesen „marktüblichen“ Mietzins werden Sie bei der Gemeinde Wien nur schwer eine Wohnung bekommen, aber Verzetnitsch ist der Meinung, sie sei marktüblich.

Noch viel ärger und viel mehr zum Schaden der Sparer und Anleger bei der Bawag – weil das zum Teil auch in Fonds und Versicherungen oder Leasinggesellschaften ausgelagert ist – ist es, wenn man Liegenschaften parifiziert, damit sich General­direktor Flöttl um 650 000 € eine 600-Quadratmeter-Wohnung mit Swimmingpool als Penthouse auf einer Innenstadtliegenschaft leisten kann. Dieser Preis ist nur deshalb zustande gekommen, weil er diese Wohnung vorher geplant hat. Er war zuerst Mieter, hat sich einen besonderen Grundriss gewünscht, und genau dieser Grundriss hat dann zum verminderten Preis geführt. Jeder hier weiß, dass Wohnungseigentum in der Innenstadt, im 1. Bezirk unter 6 000 bis 7 000 € pro Quadratmeter nicht zu erhalten ist – Flöttl hat sich sein Eigentum für knapp über 1 000 € pro Quadratmeter ermöglicht.

Ich dachte, das sei ein Einzelgeschäft. Ich wusste, dass Vorstandsdirektor Elsner auf der Tuchlauben wohnt. Wenn man vor einigen Jahren am Vormittag in die Stadt gegangen ist, hat man auf dem Dach des entsprechenden Gebäudes auf der Tuchlauben einen Swimmingpool in der Luft schweben gesehen. Dieser sollte in der Nacht versenkt werden, damit man nicht weiß, dass sich dort Herr Generaldirektor Elsner in einem Pool suhlt – nicht wie Dagobert Duck im Geldspeicher und im Geld, sondern schon im Wasser –, nur hat die ausführende Firma die Öffnung für den Pool leider zu klein gemacht, daher musste er unter Tags ein paar Stunden „hängen“, damit man ihn dann versenken konnte.

Also so weit geht die Solidarität sicher nicht, dass man das alles mittragen muss und kann, meine Damen und Herren! Ich würde Sie auffordern, sich auf alle Fälle einmal davon zu distanzieren und einmal zu schauen, wie und warum diese Preise und diese Gestehungen zustande gekommen sind.

Für mich ist der ÖGB an und für sich das erste Risikofinanzierungsinstitut der öster­reichischen Geschichte. Schon Ex-ÖGB-Präsident Franz Olah hat sich Sparbücher „ausgeborgt“. Sie sind zwar immer zur Verfügung gestanden, hieß es, aber damit wurde dann das Erfolgsprojekt „Kronen Zeitung“ gegründet.

Karl Sekanina, Bautenminister und Metaller-Gewerkschafter, ist zurückgetreten ... (Abg. Öllinger: Sie vergessen Ihre eigene Partei!) Ich vergesse meine eigene Partei natürlich nicht (Abg. Dr. Wittmann: Wie heißt er? Rosenstingl?), nur: Derartige Dimen­sionen und moralische Doppelbödigkeiten gibt es in keiner anderen Partei, das dürfen Sie mir sicher glauben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Karl Sekanina, Bautenminister, tritt zurück, weil er eine Villa günstig erworben hat, die ihm von einer gewerkschaftsnahen Tochter, der Infrabau/Neue Heimat, angedient wurde.

Multifunktionär Alois Rechberger tritt als steirischer AK-Präsident zurück, weil er wegen missbräuchlicher Verwendung von Kammergeldern verurteilt wurde. (Abg. Öllinger: Die sind wenigstens zurückgetreten!) Kollege, wer soll bei uns zurücktreten? Bei uns hat kein Mensch Parteigelder entnommen. (Abg. Öllinger: Alle!) Diese Behauptung


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können Sie 25 Mal aufstellen, sie wird nicht wahrer, Kollege Öllinger! (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Bawag weiter beobachten und sehen, dass sie die Firma Atomic Rohrmoser in den Konkurs geschickt hat, obwohl, wie ich glaube, noch heute die Gerichte damit beschäftigt sind, zu klären, ob dieses Unternehmen damals überhaupt in den Konkurs getrieben werden musste, dann wissen Sie genau, wie der ÖGB, wie diese Bank in den letzten Jahren und Jahrzehnten gearbeitet hat.

Meine Damen und Herren! Es ist dies vielleicht sogar nur die Spitze eines Eisberges. Ich möchte Sie ersuchen, im Namen der Sparer und der Gewerkschaftsmitglieder: Gehen Sie in sich und verteidigen Sie nicht derartige verbrecherische Maßnahmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Klubobmann Mag. Molterer ans Rednerpult. 10 Minuten gesetzliche Redezeit. – Bitte.

 


16.05.47

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Beantwortung der Anfrage durch Bundesminister Karl-Heinz Grasser hat sich tat­sächlich wie eine Lesung aus dem Wirtschaftskrimi im roten Netzwerk angehört. Es war hochinteressant. Man hat eine Stecknadel fallen gehört; einzige Ausnahme: die unqualifizierten Zwischenrufe Matznetters. Offensichtlich haben nicht einmal Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, die volle Tragweite bisher erkannt und haben daher sehr aufmerksam und betreten diesem Wirtschaftskrimi gelauscht.

Ich habe vor einer Woche gesagt: Pleiten, Pech und Pannen. – Das ist leider nicht richtig, denn eine Panne ist das nicht mehr. Als Pech sieht es vielleicht mancher von Ihnen, nämlich Pech für Sie, dass das jetzt an die Öffentlichkeit gekommen ist. Eine Panne ist es, wie gesagt, nicht, sondern es ist eine veritable Pleite, eine Pleite der SPÖ-Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die SPÖ kann nicht wirtschaften! Diese letzten Tage haben das in aller Klarheit bewiesen. Sie können nicht wirtschaften, Sie haben den Rest Ihrer Wirtschafts­kom­petenz verspielt, meine Damen und Herren! Sie haben aber nicht nur ein K-Problem, nämlich ein Kompetenzproblem, sondern Sie haben auch ein G-Problem. Manche wissen vielleicht nicht, was ich damit meine: Ich meine nicht Ihren Parteivorsitzenden, sondern Sie haben ein Glaubwürdigkeitsproblem, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie haben nicht nur die Wirtschaftskompetenz verspielt, sondern Sie haben sämtliche Glaubwürdigkeit verspielt, weil jetzt deutlich wird, was sich im roten Netzwerk alles abgespielt hat.

Was hat sich denn alles abgespielt? Die Verstaatlichte ist Pleite gegangen, mit Milliarden Schilling und Euro subventioniert, und Tausende Arbeitsplätze sind verloren gegangen. (Abg. Dr. Stummvoll: Zehntausende!)

Der „Konsum“ ist vor elf Jahren Pleite gegangen, meine Damen und Herren! Gusen­bauer hat gesagt, er war vor elf Jahren noch ein Kind. Ich habe ihn damals schon gekannt, er hat etwas anders ausgesehen als ein Kind. (Abg. Dr. Fekter: Da war er in Moskau und hat den Boden geküsst!) 17 000 Leute haben ihren Job verloren. – Wirtschaftspolitik Marke SPÖ!

Die Bank Austria CA gehört in der Zwischenzeit nicht mehr den Deutschen, sondern den Italienern. Der österreichische Anteil beträgt sage und schreibe 1 Prozent. – Ver­mögensvernichtung der Sonderklasse, Wirtschaftspolitik Marke SPÖ!


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Bank Burgenland, meine Damen und Herren: ein Schaden für die Steuerzahler wahrscheinlich von 460 Millionen € oder mehr. Es ist einfach verspekuliert, der Steuerzahler zahlt. – Wirtschaftspolitik Marke SPÖ!

Dann gibt es den ARBÖ, von dem vier Landesverbände am Rande der Existenz, der Insolvenz sind. Es gibt einen Generaldirektor mit 240 000 € Gage, angeblich mit einer Gehaltserhöhung von 18 Prozent pro Jahr. – Das ist ein Sittenbild der SPÖ (Abg. Amon: Soziale Gerechtigkeit!) und ein Ausdruck der Wirtschaftspolitik der SPÖ, der sich gewaschen hat, und jetzt distanziert sie sich davon; angeblich sind dort ja Parnigoni oder Rieder oder Schober aus Kärnten führend verantwortlich gewesen. – Eine klassische Sache des roten Netzwerkes!

Und die Bawag ist die Spitze und der Höhepunkt, meine Damen und Herren! 1 Milliarde € werden in der Karibik versenkt. Der Aufsichtsratsvorsitzende, damals Tumpel, sagt, er habe damit nichts zu tun, er trage keine Verantwortung, und nimmt auch keine wahr. (Abg. Dr. Stummvoll: Unerhört!)

Es geht sogar noch weiter. Der Gewerkschaftsbund greift den Streikfonds an, jenen Fonds, der aus den Mitgliedsbeiträgen der Gewerkschafter gespeist wird und eigentlich das Herzstück jeder Gewerkschaftsbewegung ist. Eigentlich sind Sie in das Herzstück hineingegangen, Sie haben dort hingegriffen, wo der Lebensnerv einer Gewerkschaft liegt. – So weit haben Sie es gebracht, meine Damen und Herren! Nicht nur High-Risk-Spekulationen, sondern Sie sind auch ans Eigene, ans Eingemachte der Gewerk­schaftsmitglieder gegangen.

Die 400 Millionen für Refco sind sozusagen nur das schmückende Beiwerk.

Ich frage einen österreichischen Unternehmer, wie lange es dauert, bis er bei der BAWAG einen Kredit bekommt. Wenn es um Refco geht: von Freitag Mittag bis Samstag oder Sonntag Nachmittag. – Unglaublich! Marke SPÖ, meine Damen und Herren!

Hochriskante Geschäfte haben Sie gemacht! Sie können nicht nur nicht wirtschaften, sondern Sie haben jede Kompetenz verspielt! Der rote Faden der SPÖ-Wirt­schafts­politik bedeutet rote Zahlen. Roter Faden sind rote Zahlen – das ist Wirtschaftspolitik Marke SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber der Kompetenzverlust allein – habe ich schon gesagt – ist es nicht. Sie haben auch jede Glaubwürdigkeit verspielt, meine Damen und Herren!

Diese rote Doppelmoral muss aufgezeigt werden. (Abg. Gradwohl: Das sagst du?) Da gibt es einen Streikfonds, der die Lebensversicherung der Arbeitnehmer, der Gewerk­schafter ist, der das Herzstück der Gewerkschaftsbewegung ist, und es wird einfach zugegriffen. Dieser Streikfonds wird dem fast noch höheren Risiko ausgesetzt, als es die Karibik-Geschäfte an sich schon sind. Ja ist denn das verantwortbar gegenüber den 1,4 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern?

Sie machen hoch riskante Geschäfte, verzocken 1 Milliarde €, setzen 1 Milliarde € in den Karibiksand, meine Damen und Herren, und dann reden Sie vom „Heuschrecken-Kapitalismus“, vom „Turbo-Kapitalismus“?! Was ist denn dann das? – Verspekuliert, Hochrisikospekulationen in Ihrem Verantwortungsbereich. Sie haben jedes Recht verloren, jemals noch das Wort „neoliberal“ in den Mund zu nehmen, denn das, was Sie gemacht haben, ist die Steigerungsstufe davon. Bei Ihnen sitzen die Heu­schrecken, im roten Netzwerk, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Apropos Glaubwürdigkeit: Ich habe in den Zeitungen gelesen – und gestern habe ich es gehört –, dass Kollege Darabos gefragt worden ist, wie er es denn verantworten


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könne, dass eine Gewerkschaftsbank BAWAG/P.S.K. den Eurofighter-Kauf vorfinan­ziert. Das muss man wissen! Die Gewerkschaftsbank beteiligt sich an einer Aus­schreibung der Finanzierungsagentur über die Vorfinanzierung des Eurofighter-Kaufes. Mit Abstand das beste Angebot legt BAWAG/P.S.K. – Ihre Bank, meine Damen und Herren, finanziert den Eurofighter-Vorkauf. Das sind die SPÖ-Mitglieder, die hier herinnen und draußen gegen den Eurofighter-Kauf polemisieren! (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) So weit haben Sie es gebracht: Geschäfte damit machen und dann hinausgehen und dagegen polemisieren!

Wie halten Sie es denn eigentlich mit Ihrer Verantwortlichkeit in Ihren Bereichen? Ein ehemaliger Generaldirektor kassiert 50 Millionen Schilling Abfertigung, bekommt sofort einen neuen Job mit 300 000 € pro Jahr, logiert in einem Penthouse der BAWAG mit, wie ich glaube, Swimmingpool auf dem Dach. Das ist jemand – nämlich Weninger –, mit dem Sie die Karibik-Geschäfte und in der Folge dann diese Streikfonds-Aktion gemacht haben. – Weit haben Sie es gebracht mit Ihrer Glaubwürdigkeit, meine Damen und Herren!

Apropos Glaubwürdigkeit: Da lese ich in den Medien, dass der Gewerkschaftsbund, der rote ÖGB, nach wie vor eine Haftung von 120 Millionen € aufrecht hat. Aber wofür? – Für ein Casino in Jericho! Für ein Casino haften Sie, meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Das zugesperrt ist!)

Aber damit nicht genug: Sie haben es in der Arbeiterkammer und im ÖGB unter Führung der SPÖ so weit gebracht, dass Sie die Mitarbeiter entmündigen und durch Arbeiterkammer und Gewerkschaft bevormunden. (Abg. Dr. Fekter: AMAG!) Ich meine die Mitarbeiter der AMAG in Oberösterreich, die über ihr Eigentum aus ihrer Mit­arbeiterbeteiligung verfügen wollen, das aber nicht dürfen, weil die Arbeiterkammer und der ÖGB das untersagen! – So weit haben Sie es gebracht: Nicht für, sondern gegen die Arbeitnehmer geht Ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel dafür, wie weit Sie es gebracht haben: Da gibt es diese Zinsgleit­klausel-Debatte. Alle Banken haben sich mit dem Verein für Konsumenteninformation gütlich geeinigt. Wer nicht? Die BAWAG, sie geht den Rechtsweg. Locker bei Spekulationen, hart bei Kleinkunden – das ist Ihr Verständnis, meine Damen und Herren?

Kollege Scheibner hat gesagt: Nichts sehen, nichts hören, nichts reden ist Ihr Motto. Ich ergänze: nichts wissen und nichts verantworten wollen – so weit haben Sie es gebracht, meine Damen und Herren!

Wer nicht wirtschaften kann – SPÖ –, kann ein Land nicht führen. Wer nicht wirt­schaf­ten kann, kann keine verantwortliche Sozialpolitik machen. Wer nicht wirtschaften kann, kann selbstverständlich keine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik gestalten. – Sie haben jede Glaubwürdigkeit verspielt. Sie haben ein K-Problem, keine Kompetenz, und ein G-Problem, keine Glaubwürdigkeit.

Daher stimmt es, was ein renommierter Journalist bereits vergangenes Jahr ge­schrieben hat: „Markt plus Marx ergibt Murks!“ – Gerade wieder bewiesen! (Anhalten­der Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Seine Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



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16.16.31

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Herr Kollege Scheibner, Sie haben gesagt, einen Kindergarten wollen Sie hier nicht haben (Abg. Scheibner: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, man soll einen einrichten!), daher lassen wir einmal das politische Kleingeldwechseln und die Kindergartenfrage weg und kommen wir zum Kern der Sache! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Erstens – und das hat der Herr Finanzminister verabsäumt, hier als Erstes festzu­stellen, wenn ihm schon der Finanzplatz wichtig ist –: Die BAWAG/P.S.K.-Gruppe ist heute eine grundsolide Bank mit 3,3 Milliarden € Eigenkapital. (Abg. Scheibner: Haben wir alle gesagt!) Es besteht für keinen einzigen Euro Anlegergeld Gefahr. Und es gibt auch keinen Anlass dafür, dass heute eine derartige Krise herbeigeredet wird. – Das muss man den Menschen, die ihre Sparbücher bei der BAWAG haben, und den 6 000 Beschäftigten dort auch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Womit beschäftigt sich das Parlament, jedes ordentliche Parlament, in solch einem Fall? Mit der Fragestellung: Wieso kann das – trotz der von diesem Haus im Regelfall einstimmig beschlossenen Regelmechanismen, trotz der Sicherungen, die verhindern sollen, dass in diesem sensiblen Teil der österreichischen Volkswirtschaft eine Bank an den Rand des Abgrundes kommen kann – passieren? Wieso haben iese Mechanismen versagt?

Wir haben drei Sicherungen in diesem System, die ich an dieser Stelle benennen möchte.

Erstens: Jede Bank muss eine interne Revision haben. Das ist gesetzlich geregelt und das muss funktionieren. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Die zweite Sicherung ist der Bankprüfer. Dieser Bankprüfer hat den Bestätigungs­vermerk einzuschränken oder zu versagen, wenn – und das führt zurück zum ersten Punkt – die interne Revision, das heißt Sicherung eins, versagt hat. (Ruf bei der ÖVP: Tumpel fragen!) In diesem Fall darf der Bankprüfer keinen uneingeschränkten Bestä­tigungs­vermerk geben. Außerdem hat der Gesetzgeber vernünftigerweise vorgesehen, dass er nach § 63 Abs. 3 eine sofortige Meldung – und ich bleibe bei der Rechts­lage 2001 – an den Bundesminister für Finanzen zu machen hat. (Rufe bei der ÖVP: Hat er es gemacht?)

Dann gibt es eine dritte Sicherung, und die heißt Bankenaufsicht. (Abg. Mag. Hakl: Hat er es gemacht?) – Wir kommen gleich darauf zu sprechen, Frau Kollegin Hakl! Diese Bankenaufsicht hatte vor der Existenz der FMA, also vor den Spekulationen, den Bundesminister für Finanzen als Behördenleiter. (Abg. Mag. Donnerbauer: Ja, den Herrn Edlinger zum Beispiel!) – Nein, genau das funktioniert nicht, weil Sie es sich nicht genau angeschaut haben.

Wir haben vorhin in der Beantwortung richtig gehört, dass 1994 eine Vor-Ort-Prüfung stattgefunden hat. Diese hat detaillierte Auflagen erteilt, denen diese Sondergeschäfte in der Fortführung unterliegen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Dazu gehört eine Reihe von Maßnahmen, die die interne Revision betreffen, und dazu gehört eine Reihe von Maßnahmen, was die jährliche interne Prüfung und Berichterstattung betrifft. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Sechs Jahre ist der Zyklus für die Vor-Ort-Prüfung durch die OeNB. Im sechsten Jahr – das war, es können alle rechnen, 1994 plus sechs Jahre, im Jahr 2000 – hat der Herr Finanzminister korrekterweise die Prüfung mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 in Auftrag gegeben.


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Jetzt komme ich zum Punkt (Abg. Dr. Stummvoll: Keine Aufregung! – ironische Heiterkeit bei der ÖVP) – Herr Molterer, das Lachen können Sie sich sparen! –: In diesem Bericht standen, was wahrheitswidrig von ihm vor zehn Minuten hier in seiner Antwort anders gesagt wurde, die 350 Millionen € ausdrücklich auf Seite 27 drinnen. (Bundesminister Mag. Grasser: Nein!) Es stand drinnen, dass ein Verdacht bestehe, dass das Risiko überschritten ist. – Ich lese es Ihnen vor, Herr Minister. (Bundes­minister Mag. Grasser: Lesen Sie alles vor, was da drinnen steht!)

Bei einer einheitlichen Betrachtungsweise dieses Engagements, wäre es zu einer Über­schreitung der Großveranlagungsobergrenzen gekommen, erscheint die Einhal­tung des § 42 BWG nicht gewährleistet. – Zitatende.

Es stand drinnen, dass die jährlich angeordnete interne Prüfung zuletzt im Okto­ber 1998 stattgefunden hat und danach nur noch einmal formell und danach nicht mehr. Und genau diese drei Punkte sind es, wie wir jetzt wissen, die zum Desaster geführt haben. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Und jetzt kommt der Herr Finanzminister und erklärt uns hier in seiner Anfragebeant­wortung ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Die Abgeordneten von der ÖVP sind ein wenig nervös, Herr Präsident, vielleicht schaffen Sie es, die Ruhe wieder­herzustellen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Der Herr Bundesminister für Finanzen hat am 27. April 2001 diesen ... (Abg. Mag. Molterer: Peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich komme schon zu diesem Punkt.

Kenntnisnahme: Sicherung eins durchgebrannt, denn die interne Revision funktioniert nicht. – So seine eigenen Prüfer.

Zweitens: Er wusste damit automatisch, dass der Bankprüfer als zweite Sicherung versagt hat, denn der muss nämlich unverzüglich melden, wenn die interne Revision nicht funktioniert. Spätestens mit der Vorlage des Prüfungsberichtes 2000 wusste er, dass die zweite Sicherung durchgebrannt ist.

Seit dem 27. April 2001 wusste Karl-Heinz Grasser, dass die Karibik-Geschäfte weiter­gingen (Abg. Dr. Fekter: Die Verteidigung geht durch!), dass die Auflagen nicht eingehalten worden sind, dass die interne Revision nicht funktioniert hat, dass die Empfehlung ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Warten Sie! Er wusste auch, dass die Großveranlagungsrisikogrenzen überschritten waren.

Doch was tat der Herr Finanzminister? – Nichts im ersten Jahr! Nichts im zweiten Jahr! Nichts im dritten Jahr! Nichts im vierten Jahr! Und vorgestern wachte er auf und sagte: Jetzt werden wir uns das ganz genau anschauen! (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie nicht aufgepasst bei der Beantwortung der Fragen?)

Die Bankenaufsicht, die letzte und wichtigste Sicherung, die dieser Nationalrat als Gesetzgeber eingerichtet hat, versagte in Form des Behördenleiters Karl-Heinz Grasser (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP) – Herr Kollege, Sie verstehen offensichtlich die Welt nicht! –, der die Bankenaufsicht ist, die vom Gesetz­geber eingerichtete Behörde, die verhindern soll, dass Vermögenswerte verspielt werden – zum Risiko einer Bank.

Dort hat das Management Geschäfte getätigt, die den gesetzlichen Vorschriften entge­genstanden. Doch was machte der Herr Finanzminister? (Bundesminister Mag. Gras­ser: Ich habe genau diese Frage beantwortet!) – Er stellte sich hierher und versuchte, der fehlenden Frage auszuweichen.

Jetzt komme ich zu dem Punkt, wo Sie Bescheid gewusst haben. Wieso fehlt denn in der Dringlichen Anfrage von Herrn Scheibner genau die Frage: Was war das Ergebnis


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der Vor-Ort-Prüfung nach dem Jahr 1999? (Abg. Dr. Fekter: Er hat es ja vorgelesen!) –Weil er schon wusste, dass er darauf keine Antwort hat! Deswegen fehlt die Frage.

Das Wissen des Herrn Grasser, der bei den gröbsten Verstößen gegen das BWG nichts unternommen hat, ist eine Frage, mit der wir uns wegen der Funktionalität des gesamten Finanzmarktes auseinander setzen müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Sie brauchen nicht so nervös zu sein, Kollege Molterer! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Das Versagen der Bankenaufsicht und des zuständigen Ressortministers ist ein Versagen innerhalb der österreichischen Bundesregierung. (Neuerliche ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist jene Wirtschaftskompetenz, auf die Sie angeblich so stolz sind. Und ich sage Ihnen Folgendes dazu: Wenn er nur 10 Prozent so viel Rückgrat und Anstand wie Fritz Verzetnitsch hätte, dann hätte er jetzt schon seinen Rücktritt erklärt! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren an den Bildschirmen: Herr Kollege Verzetnitsch hat mit seiner Garantieleistung durch den Streikfonds eines verhindert ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Es ist eine Wunschredezeit, Herr Kollege. (Abg. Scheibner: Das wird eh nicht übertragen! – Abg. Mag. Molterer: Hat Ihnen der Cap gesagt, dass das übertragen wird?) Ich weiß schon, dass es Ihnen unangenehm ist, Herr Kollege Molterer, ich komme nämlich jetzt zu Ihrem Verhalten.

Herr Kollege Verzetnitsch hat mit seiner Garantieleistung dafür gesorgt, dass Hundert­tausende Sparer und 6 000 Beschäftigte nicht zu Schaden gekommen sind. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Als vier Pensionskassen 2002 so viel verzockt haben, dass sie nicht bilanzieren konnten, haben da die Eigentümer die Garantie unterschrieben? – Das war eine Enteignung, hat uns heute der Verfassungsgerichtshof gesagt. Es war nur deswegen zulässig, weil Notstand war.

Und wie schaut die Wirtschaftskompetenz der ÖVP aus? – Sie haben es den Anlegern weggenommen! Ihre Wirtschaftskompetenz ist, den Anleger zu schädigen! – Danke, eine solche Wirtschaftskompetenz brauche ich nicht und braucht auch dieses Land nicht!

Sie haben enteignet, das wurde durch den Verfassungsgerichtshof bestätigt. Das ist Ihre Art von Wirtschaftspolitik! Und hat Finanzminister Grasser bei den Pensions­kassen etwas getan, eine Aufsichtsmaßnahme gesetzt? – Keine! Die Manager sind immer noch dort.

Wurde eine Maßnahme im Falle Elsner ergriffen, obwohl die Innenrevision nicht funk­tioniert? – Nein!

Hätte es Herr Verzetnitsch rechtlich überhaupt tun können? – Wissen Sie, wer es rechtlich als Einziger konnte? Der Bundesminister für Finanzen! (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Nach § 70 Abs. 2 des Bankwesengesetzes konnte nur er Generaldirektor Elsner entlassen, einen Regierungskommissär einsetzen und Anord­nungen treffen. (Abg. Mag. Molterer: Das hätten Sie gewollt? Ah so, so weit war es schon!) Ausschließlich der Finanzminister, niemand anderer! Er wusste es, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende. Den Schlusssatz bitte!

 



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Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (fortsetzend): Daher nehmen wir zur Kennt­nis: Es hat die dritte Sicherung auch versagt. – Verantwortung: Karl-Heinz Gras­ser und die ÖVP. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

16.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

 


16.27.23

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Da Herr Abgeordneter Matznetter die Vor-Ort-Prüfung angesprochen hat, möchte ich den tatsächlichen Berichtswortlaut wiedergeben.

Die Vor-Ort-Prüfung durch die Oesterreichische Nationalbank hat vom 14. De­zem­ber 2000 bis 12. Februar 2001 stattgefunden. Der Prüfungsauftrag durch den Finanz­minister wurde am 1. Dezember 2000 erteilt. Dazu hält die Nationalbank Folgendes fest:

Die Zeichnung von Anleihen in der Höhe von 350 Millionen € in verschiedenen Off­shore-Gesellschaften erscheint durch Risikogleichläufe problematisch. Würde man diese Veranlagungen zusammenrechnen, wäre die Großveranlagungsgrenze von 25 Prozent der anrechenbaren Eigenmittel verletzt. Da die Veranlagung auf Grund schwacher Performance im Dezember 2000 bereits wieder rückgeführt wurde, erfolgte keine Detailprüfung.

Die BAWAG-Gruppe steht in keiner laufenden Geschäftsbeziehung zu Dr. Wolfgang Flöttl oder einer seiner Firmen.

Und jetzt kommt es: Beweis für diese Ausführung war eine schriftliche Erklärung der BAWAG vom 16. Jänner 2001.

Herr Professor Van der Bellen, Sie haben sich erst vor kurzem über das Wort „Lüge“ Beschwert. Wie bezeichnen Sie das? Was ist das? (Abg. Dr. Van der Bellen: Eine Lüge!) – Danke. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.29.18

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Finz hat behauptet, dass die Erklärung Herrn Dr. Flöttl und seine Firmen umfasst hat. – Tatsächlich bezog sich diese Erklärung auf Dr. Wolfgang Flöttl oder eine seiner Firmen. Diese Auskunftsfragenbeantwortung wird zu überprüfen sein.

Es ist unrichtig, dass es „die Firmen des Flöttl“ sind, weil nämlich Investmentbanken nicht im privaten Eigentum stehen. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in der Debatte weiter.

Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Professor.

 


16.30.00

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege Matznetter, Ihre Gegenangriffe in Ehren, aber ... (Heiterkeit bei der ÖVP.)


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Tatsache ist schon, dass diese Affäre um die BAWAG und um den ÖGB es natürlich den Regierungsparteien ermöglicht, von ihren Fehlern abzulenken: von der Arbeits­markt-Misere, davon, was an den Schulen und an den Universitäten passiert (Abg. Dr. Stummvoll: Wollen Sie nichts aufdecken?), davon, wie es um die Frauenbeschäf­tigung bestellt ist und was in der Energiepolitik geschieht. (Abg. Dr. Fekter: Österreich steht gut da!) All das ist momentan kein Thema! Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Dass die Regierungsparteien diese Affäre dankbarst aufgreifen, ist ja kein Wunder.

Mir tut das in gewisser Weise doppelt Leid: erstens, weil es den Regierungsparteien ermöglicht, von ihren eigenen Fehlern und Versäumnissen abzulenken (Abg. Dr. Stummvoll: Wollen Sie es nicht aufdecken?), und zweitens – und das ist noch wichtiger –, weil die Grünen starke Gewerkschaften in Österreich haben wollen.

Wir Grünen wollen eine starke Vertretung der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Abg. Murauer: So wie wir!) Wir wollen, dass diese Gewerkschaften so wie bisher diese Interessen energisch und, wenn es sein muss, auch mit Streikdrohun­gen vertreten – mit wirtschaftspolitischem Augenmaß. Die österreichischen Gewerk­schaften sind international dafür bekannt, dass sie die Balance zwischen den verschiedenen Interessen ihrer Politik in der Vergangenheit sehr gut gehalten haben.

Dieser Ruf ist zu verteidigen! – Aber eigentlich muss ich sagen: Dieser Ruf ist wieder­herzustellen, denn das, was da passiert ist, hat selbstverständlich eine Vertrauenskrise um den Österreichischen Gewerkschaftsbund ausgelöst, und die Glaubwürdigkeit dieser Institution ist deutlich angeschlagen.

Der ÖGB und die SPÖ – die SPÖ kann nicht so tun, als würde sie das gar nichts angehen! – sind schon gefordert, mit sehr schmerzvollen Maßnahmen dem gegen­zusteuern, und ich glaube nicht, dass das reicht, was bisher unternommen worden ist.

Unter anderem bin ich überzeugt, dass – das ist ein ganz wesentlicher Punkt und, wie ich meine, sehr schmerzhaft für den ÖGB und möglicherweise auch für die SPÖ – sich der ÖGB von der BAWAG trennen sollte. Aus einer Reihe von Gründen sollte sich der Österreichische Gewerkschaftsbund von dieser Bank trennen, denn seit Jahren – nicht erst seit gestern, seit mindestens 15 Jahren! – sind da unlösbare Interessenkonflikte zwischen der Gewerkschaft einerseits und dieser Bank andererseits, aber auch innerhalb der einzelnen Gewerkschaften, zu beobachten. Sie handeln sich da massive Glaubwürdigkeitsprobleme im ÖGB, in der Arbeiterkammer und in der Folge natürlich auch in der SPÖ ein. (Beifall bei den Grünen.)

Der letzte Anlassfall von gestern waren die Eurofighter. – Na, klassisch! Ausgerechnet die BAWAG hat die Vorfinanzierung der Eurofighter übernommen! (Abg. Dr. Stumm­voll: Da war Van der Bellen auch überrascht!) Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen!

Nur muss ich dazusagen: Die Bank ist eine Bank, eine Aktiengesellschaft, für die Bank ist das ein ganz normales Geschäft. Aber wie schaut das für den ÖGB aus, für die Gewerkschaftsmitglieder, soweit sie sozialdemokratisch orientiert sind, die sich tagtäglich – und nicht mit Unrecht – von den Grünen, aber auch von der SPÖ haben sagen lassen: Das ist die größte Fehlinvestition in der Geschichte der Zweiten Republik!? – Und dann macht die gewerkschaftseigene Bank die Vorfinanzierung der Eurofighter. Also wenn dieses Geschäft vom Finanzminister eingefädelt worden ist, dann muss ich sagen: Respekt! Das ist Machiavellismus pur! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe lange nachgedacht und mich dann gefragt: Was wäre auf Seiten der Grünen etwas Ähnliches? Dann ist mir Folgendes eingefallen: Wenn die Grünen – ange­nommen; es ist zwar undenkbar, aber wir haben vieles für undenkbar gehalten –


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10 Prozent an Temelín halten würden, wie würden wir dann heute dastehen? (Ironische Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

So geht das nicht, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie!

Zweiter Punkt, was BAWAG und ÖGB betrifft: Eine starke Gewerkschaft braucht Ver­mögen. Eine starke Gewerkschaft braucht liquide finanzielle Mittel, um im Ernstfall einen Streik durchstehen zu können oder, vorsichtiger ausgedrückt, um glaubwürdig mit einem Streik drohen zu können.

Aber ist es wirklich vernünftig, frage ich Sie eindringlich, das gesamte Vermögen der Institution ÖGB einer einzigen Institution anzuvertrauen? Würden Sie so als Privat­person handeln? Angenommen Sie hätten ein gewisses Privatvermögen, würden Sie wirklich so handeln?

Schon aus dem Gesichtspunkt der Risikostreuung ist es geboten, die Veranlagung dieses Vermögens breiter zu streuen als nur bei einer einzigen Institution – abge­sehen davon, dass diese Institution auch einmal Pleite gehen könnte, wie wir jetzt wissen.

Nächster Punkt: Ist es wirklich vernünftig, den Streikfonds, wie ich den Medien entnommen habe, zum Teil – wenn nicht gar zur Hälfte oder sogar noch mehr als zur Hälfte – als BAWAG-Aktien zu halten? Ausgerechnet als BAWAG-Aktien? Wie wollen Sie das im Streikfall zu liquiden finanziellen Mitteln machen? Wollen Sie diese BAWAG-Aktien bei der BAWAG beleihen? – Das geht doch nicht! Wollen Sie damit zur CA oder zur Ersten gehen und sagen: Wir haben hier 3 Prozent BAWAG-Aktien, bitte belehnen Sie mir das, weil wir einen Streik vor uns haben!?

Das alles ist ja unvorstellbar! Das muss anders organisiert werden! Dafür brauchen Sie keine eigene Bank. Im Gegenteil: Die Glaubwürdigkeit der Interessenvertretung ÖGB – und das ist mir ein ganz wichtiger Punkt – wird durch das Eigentum an der BAWAG eher beschädigt als gefördert. Bitte überlegen Sie sich das! Ganz generell. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Diesen Interessenkonflikt, sich einerseits eine Cash-Cow zu halten – jedenfalls hoffen Sie, dass diese Bank das ist, eine Bank, die Dividenden ausschütten soll, und zwar Dividenden, die natürlich auf Gewinnen beruhen müssen und die auch, wenn es sein muss, auf Gewinnen aus internationalen Finanzspekulationen beruhen – und anderer­seits 24 Stunden am Tag zu beklagen, wie schlimm nicht diese internationalen Finanz­spekulanten sind – heute war zum Beispiel von Erich Haider aus Oberösterreich wieder zu hören, wie ich leidvoll der APA entnommen habe, das sei wirklich pfui und furchtbar und schrecklich; aber bei der BAWAG ist es in Ordnung! –, werden Sie auf die Dauer nicht aushalten, das geht nicht zusammen. Trennen Sie sich von dieser Bank!

In der Person Tumpel wird ja nur personifiziert, was das grundsätzliche Problem ist: Gerade Präsident Tumpel wurde nie müde – und wird bis heute nicht müde –, bei jeder Gelegenheit zu klagen, der Turbo-Kapitalismus und die Finanzmärkte und die Glo­balisierung, all das sei furchtbar auf dieser Welt, aber wenn es die BAWAG macht, dann ist es offensichtlich in Ordnung. (Abg. Kopf: Wo er Aufsichtsratspräsident war!)

Herr Tumpel persönlich hat zehn Jahre lang den Aufsichtsrat in der BAWAG präsidiert, und während seiner Amtszeit sind zweimal Entscheidungen gefallen, die Karibik-Geschäfte zu tätigen beziehungsweise wieder aufzunehmen – zuerst mit General­direktor Flöttl und dann mit Generaldirektor Elsner. Damals war das in Ordnung, heute will er sich offensichtlich nicht daran erinnern können.

Das ist auch bei Tumpel ein schwerwiegendes Glaubwürdigkeitsdefizit, meine Damen und Herren! Die Arbeiterkammer muss sich wirklich überlegen, ob die Interessen der


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Arbeiterkammer durch eine solche Person glaubwürdig vertreten werden können. – Ich glaube, nicht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Verzetnitsch ist als ÖGB-Präsident zurückgetreten, er ist aber auch als National­ratsmandatar der SPÖ zurückgetreten – aus guten Gründen, sicher wohlerwogen. Aber es wirft schon ein Problem auf, meine Damen und Herren von der SPÖ und auch von der ÖVP, dass die Spitzen der Gewerkschaft, und zwar sei es in der SPÖ-Fraktion oder sei es in der ÖVP-Fraktion – der Nachfolger von Verzetnitsch ist Kollege Katzian, seinerseits Vorsitzender der GPA, der größten Gewerkschaft überhaupt, und Kollege Neugebauer, der Vorsitzende der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, ist auch hier Man­datar und Präsident Hundstorfer, der Interims-Präsident, ist im Wiener Gemeinderat Mitglied des sozialdemokratischen Klubs beziehungsweise Vorsitzender des Gemein­de­rats –, politische Mandate in dieser Form wahrnehmen, und zwar ist das so, wie gesagt, bei beiden Fraktionen.

Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich das! Es gibt da Interessenkonflikte zwischen Leitungsfunktionen in der Interessenvertretung ÖGB oder in der AK oder wo auch immer und einem Nationalratsmandat einer politischen Partei. Ich würde mich freuen, wenn Sie auch da klare Verhältnisse schaffen würden. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Scheibner, Sie haben am Schluss Ihrer Rede noch die Parteienfinanzierung angesprochen. – Danke, dass wir Sie plötzlich auf unserer Seite finden! Nur: Sie haben eines vergessen: Das, was die SPÖ da möglicherweise vom ÖGB als Privatverein an finanziellen Spenden zugeschanzt bekommt, ist ein Klacks im Vergleich zu dem, was die ÖVP von der Industriellenvereinigung und ähnlichen Verbänden bekommt. (Beifall bei den Grünen.)

Rein gewaschen, unbekannt, wer der einzelne Spender ist, über die Vermittlung der Industriellenvereinigung! Völlig legal in Österreich – völlig legal, ich betone das! Nur: In Deutschland (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) würden Sie dafür mit Haftstrafen sanktioniert werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Wunsch­redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


16.40.27

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohe Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Csörgits, Vizepräsidentin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, ist nicht hier am Rednerpult: Wie viel wissen Sie von der ganzen Situation? (Abg. Scheibner: Überhaupt nichts!) Wieso melden Sie sich nicht? – Erzählen Sie mir nicht, Frau Kollegin, und einige andere, wie Kollege Katzian, dass ihr nicht darüber Bescheid wisst, was da passiert ist! (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Bildet euch nicht ein, dass die Gewerkschafts-Mitgliedsbeiträge euer Eigentum sind! Das sind Mitgliedsbeiträge der Mitglieder, aber es ist nicht euer Eigentum, mit dem ihr tun könnt, was ihr wollt. Das verbitte ich mir!

Ich vertrete die Arbeitnehmer draußen, ich vertrete die Mitglieder, und ich bin selbst seit 37 Jahren Mitglied. Ich bin in einem Mittelbetrieb in Oberösterreich beschäftigt, dort sind fast 100 Prozent Mitglieder, fast 100 Prozent organisiert. In Zukunft werde ich es mir überlegen, wenn einer zu mir kommt. Viele Anrufe habe ich jetzt bekommen, da haben die Leute gesagt: Kollege Walch, ich trete aus dem ÖGB aus, weil es nicht so sein kann; ich war noch nie in der Karibik auf Urlaub, weil ich es mir nicht leisten kann, und die ÖGB-Funktionäre oder gewisse Leute verschleudern den Mitgliedsbeitrag in der Karibik – so nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Interessant ist ja Folgendes: Kollege Matznetter – das ist sowieso der Beste (de­monstrativer Beifall bei der SPÖ) – macht jetzt die Täter zum Opfer! Das ist ja wirklich das Schönste! Bist du denn der Rechtsberater der SPÖ, oder bist du da vielleicht involviert?

Eines würde mich interessieren: Herr Kollege Gusenbauer, was hat sich am Sonntag abgespielt? – Am Samstag hat Kollege Verzetnitsch noch gesagt: Nein, ich trete nicht zurück, das kommt gar nicht in Frage! Den ganzen Sonntag über hat sich Kollege Gusenbauer intensiv mit Herrn Kollegem Verzetnitsch unterhalten, und um Mitternacht ist die Kehrtwendung gekommen. Am Montag habe ich gehört, Verzetnitsch wird einen langen Urlaub machen – vielleicht in der Karibik? Oder wo macht er den?

Ich finde es unerhört, was da passiert ist! Ich verlange vom Gewerkschaftsbund, dessen Funktionäre zu 99 Prozent SPÖ-ler und SPÖ-Abgeordnete sind, dement­sprechend Aufklärung, und speziell von dir, Frau Kollegin Csörgits. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich muss wirklich sagen, dass Sie sich nicht zu Wort melden, das finde ich ... Ich weiß schon: nichts sagen! Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft genau prüft, was alle Vizepräsidenten, speziell von Ihrer Fraktion, wussten und wo sie ja gesagt haben.

Am ärgsten ist der Kollege Tumpel, der immer sofort weiß, wann man etwas kritisieren muss. Jetzt auf einmal wird es ruhiger um die Burschen: Jetzt tauchen wir alle unter, hoffentlich trifft es uns nicht, jetzt ducken wir uns ein bisschen. – So nicht! Mit Mitgliedsbeiträgen kann und darf nicht so umgegangen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Den Beweis habt ihr schon lange geliefert.

Noch eines muss ich sagen. So wie die SPÖ Oberösterreich, der Kollege Schopf, der AK-Präsident in Oberösterreich ein Einreiseverbot nach Braunau zur BAWAG haben, weil sie gegen die Interessen der Gewerkschaftsmitglieder arbeiten (Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP), so wird es jetzt auch der Kollegin Csörgits gehen. (Abg. Dr. Fekter: ... sich unter den Nagel reißen!) Sie wird ebenfalls ein Einreiseverbot bei den Betrieben haben, weil die Mitglieder sagen werden: Wir brauchen sie nicht, weil sie oder ihr mit unserem Geld so umgeht!

Wenn man sich das anschaut: Das ist jetzt bei der BAWAG der Fall, das war bei der Bank Burgenland so. (Abg. Dr. Matznetter: Warum beschweren Sie sich nicht ...?) So einen Selbstbedienungsladen, wie es ihn im ÖGB gibt, damit sich diese Funktionäre eine Abfertigung zugestehen – sie haben eigene Statuten gemacht, wonach es 24 Monatsgehälter als Abfertigung gibt, wenn man nach 25 Jahren aus dem ÖGB austritt –, das finde ich unerhört! Da geht es um die Mitgliedsbeiträge der Mitarbeiter. 80 Prozent gibt es an Pension! Eine Zusatzpension zahlt der ÖGB seinen Funk­tionären, 80 Prozent des Letztbezuges! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Wir haben es bei den Beamten abgeschafft, da haben wir gesagt: Jetzt machen wir eine Gleichstellung. Aber beim ÖGB ist das nicht der Fall!

Kollegin Csörgits, ich bin nur neugierig, wer sich am Bundeskongress im Juni aufstellt, wer von euch sich noch dorthin traut und wer bei diesem Bundeskongress die Wahrheit sagt. Da verlange ich noch von der jetzigen Führung des ÖGB – nachher wird es sie ohnehin nicht mehr geben –, dass ein unabhängiger Spezialist dort Rede und Antwort darüber steht, was mit den Karibik-Geschäften wirklich passiert ist.

Heute lese ich in der Zeitung, dass Flöttl dort, wo er sich jetzt befindet – in der Karibik nämlich –, von einem Medienmann darauf angesprochen wurde, was da los ist. Er war ganz verwundert und hat gesagt: Ich habe nichts getan, aber ich werde auspacken, was hier in Österreich passiert ist und wer aller Bescheid weiß. – Also zieht euch gut an, für euch schaut es wirklich nicht gut aus! (Abg. Mag. Darabos: 2 Prozent BZÖ!)


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Verzetnitsch ist zurückgetreten. Ich hätte mir wenigstens erwartet, dass Weninger, der als Finanzchef mit hauptverantwortlich ist, sofort seinen Hut nimmt. Eigentlich dürfte er gar nicht mehr dort sein, weil man gewisse Sachen auch verschleiern kann, das muss ich ehrlich sagen. Er hätte sofort von dort wegkommen müssen, und ein anderer Finanzchef hätte aufgestellt werden müssen. Aber angeblich ist das in der SPÖ oder im ÖGB so üblich.

Kollege Gusenbauer, von Ihnen möchte ich auch wissen – ich hoffe, dass dies ans Tageslicht kommen wird –, mit wie viel die SPÖ durch den ÖGB und durch die AK mitfinanziert wurde. Bei der Parteiwerbung gilt das sowieso, weil der ÖGB und die AK Oppositionspolitik und dementsprechend Werbung für die Opposition machen. Ich hoffe, hier kommt zugunsten der Arbeitnehmer Licht ins Dunkel.

Die Armen bei der BAWAG sind jetzt diejenigen an den Bankschaltern. Sie müssen sich beschimpfen lassen und müssen das ausbaden, was ÖGB-Funktionäre ange­richtet haben, was in der BAWAG von der hohen Führung an Missständen herbei­geführt worden ist. Sie müssen sich beschimpfen lassen, sie müssen sich beleidigen lassen, und viele verabschieden sich dort. Für Tausende Arbeitnehmer ist dort der Arbeitsplatz in Gefahr.

Das ist eure unfähige Wirtschaftspolitik! Ihr habt es jahrzehntelang gezeigt, und ich hoffe, ihr kommt nie wieder an die Regierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.47.28

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Debattenbeiträge der SPÖ muten schon ein wenig eigenartig an. Sie versuchen hier ein beispielloses Ablenkungsmanöver – Herr Kollege Matznetter in bewährter Weise –, das Ihnen aber in keinster Weise gelingt, denn die Menschen wissen ganz genau, was passiert ist. (Abg. Mag. Darabos: Genau!) Die im Eigentum des ÖGB stehende Bank BAWAG hat 1,4 Milliarden € verspekuliert (Abg. Ing. Kapel­ler: Bis jetzt!) – so weit ist es bekannt –, und dafür tragen Sie mit die Verantwortung, aber nicht der Finanzminister, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Botschaft ist eine ganz einfache. Stellen Sie sich einen Feuerwehrmann vor, der einen Brand legt und dann mit seiner Kompanie ausrückt und diesen Brand löscht. Und was macht die SPÖ? – Sie hängt diesem Feuerwehrmann einen Orden um. Das ist die Politik, die Wirtschaftspolitik der SPÖ, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Darabos: Sie waren schon einmal origineller!)

Ihr Problem ist ein gewaltiges: Sie fordern soziale Gerechtigkeit ein und haben jede soziale Verantwortung verloren. (Abg. Parnigoni: Geh, bitte!) Sie kritisieren man­gelnde Arbeitsplätze bei Beschäftigungsrekord, und wo immer Sie das Sagen haben, vernichten Sie Tausende Arbeitsplätze! Ganz gleich, ob bei der „Arbeiterzeitung“, ob in der verstaatlichten Industrie, ob beim „Konsum“ oder beim ARBÖ – aber das ist ja alles keine Frage, die die SPÖ betrifft! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das habe ich einleitend zu sagen vergessen: Das alles, meine Damen und Herren, geht die SPÖ nichts an! Herr Dr. Gusenbauer, deshalb ist ja auch Herr Parnigoni, der hier Abgeordneter ist, vor einer Woche erst – oder waren es zehn Tage? – aus dem


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Vorstand des ARBÖ zurückgetreten (Abg. Murauer: Warum?), weil das die SPÖ nichts angeht, was dort läuft, meine Damen und Herren! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Deshalb ist ja Ihr Abgeordneter Verzetnitsch zurückgetreten, weil das alles die SPÖ nichts angeht.

Heute in der Früh, als Kollege Katzian angelobt wurde, war es ganz interessant: Sein erster Gesprächspartner, etwa eine Stunde lang, war Kollege Parnigoni. Wahr­scheinlich haben sie das neue Wirtschaftskonzept der SPÖ besprochen, das kann ich mir vorstellen. Es ist wirklich unglaublich (Abg. Parnigoni: Sie waren nicht einmal da bei seiner Angelobung! Sie lügen ja! – Gegenrufe bei der ÖVP): Sie kritisieren den „Heuschrecken-Kapitalismus“ – und Ihre Spitzen in der österreichischen Gewerkschaft spekulieren gerade in diesem Bereich in einer Art und Weise, die höchst problematisch ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich frage mich, Frau Kollegin Csörgits, Herr Kollege Leutner – ich sehe ihn jetzt nicht, er ist immerhin der Leitende Sekretär des ÖGB –, Herr Kollege Katzian: Warum melden Sie sich heute in dieser Debatte nicht zu Wort? Wissen Sie, wer der erste Debattenredner der SPÖ in dieser Debatte gewesen ist? – Der Vizepräsident der Wirtschaftskammer! Der SPÖ-Abgeordnete Matznetter spricht zur Verteidigung des ÖGB und der BAWAG, der Vizepräsident der Wirtschaftskammer von der SPÖ spricht zur Verteidigung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Csörgits! Herr Kollege Leutner! Herr Kollege Katzian! Haben Sie zu dieser Thematik nichts zu sagen? Oder dürfen Sie nicht, weil das alles die SPÖ ja nichts angeht? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwi­schenruf des Abg. Broukal.)

Kollege Darabos, weil Sie hier aus der ersten Reihe dazwischenrufen: Ich konnte Ihre Ausführungen im „Report“ leider nicht mitverfolgen. (Abg. Mag. Darabos: Schade!) Sie waren ja zu dem Thema geladen; obwohl es die SPÖ nichts angeht, geht der SPÖ-Bundesgeschäftsführer hin. (Abg. Mag. Darabos: ... eingeladen wurde vom ORF!) Dann sagen Sie dort: Man muss unterscheiden, denn wenn ein Gewerkschafter als Aufsichtsrat in der Bank ist, dann ist er als Gewerkschafter im Aufsichtsrat. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Das ist eine interessante Aussage, weil das nämlich Ihre Glaubwürdigkeit völlig zerstört, Ihre Glaubwürdigkeit in all den Fragen, die Sie kritisieren; wenn etwa der Präsident der Arbeiterkammer Tumpel von 1987 bis 1997 Aufsichtsratspräsident der BAWAG ist und in dieser Zeit diese Spekulationen duldet, absegnet und genehmigt, wenn der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Haftungen übernimmt, gemeinsam mit dem Vorsitzenden auch der Stiftung – vielleicht ist da ja gar nichts mehr drinnen, vielleicht haben Sie diese Stiftung schon endgültig ausgeräumt –, und wenn Sie auf eine eigenartige Art und Weise versuchen, diese Bank zu retten. Das wollten Sie ja so darstellen, dass das gleichsam eine heldenhafte Maßnahme gewesen wäre, dass Präsident Verzetnitsch die Bank gerettet hat.

Wissen Sie, was anständig gewesen wäre, wenn Sie die Bank hätten retten wollen? – Ihren deutschen Partner zu informieren, diesen zu fragen, ob er bereit ist, die Haftung zu übernehmen, und damit wirklich die Anleger zu versichern, dass ihre Gelder in Sicherheit sind! Das wäre Ihre Aufgabe gewesen, und nichts anderes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin Mitglied der Arbeiterkammer, und ich sage Ihnen (Abg. Dr. Cap: Arme Arbeiterkammer!): Ein Präsident der Arbeiterkammer, der eine derartige Vorgangsweise duldet, hat den letzten Kredit – im doppelten Sinn des Wortes – verspielt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.54



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni zu Wort gemeldet. 2 Minuten, Fakten gegen Fakten, Herr Kollege. (Abg. Scheibner: Für „Lüge“ gibt es keinen Ordnungsruf?! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


16.54.15

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Abge­ordneter Amon hat behauptet, ich hätte eine Stunde lang mit dem Herrn Abgeordneten Katzian über das Wirtschaftsprogramm der SPÖ diskutiert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich berichtige tatsächlich, dass das nicht der Wahrheit entspricht. (Abg. Rädler: Ihr habt ja kein Wirtschaftsprogramm!) – Lassen Sie mich das sagen, bitte. – Danke.

Ich rede oft und sehr gerne mit Wolfgang Katzian, meinem Vorsitzenden in der GPA, der ich immerhin über 40 Jahre angehöre, und ich kann Ihnen versichern: Dieses heutige Gespräch über ein erfolgreiches Wirtschaftsprogramm der SPÖ hat nur eine Viertelstunde gedauert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 6 Minuten Redezeit. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


16.55.24

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Problematik, die sich bei der Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage für mich gestellt hat, wäre die gewesen, Herr Finanzminister, dass Sie ein bisschen mehr Objektivität als Regierungsmitglied und weniger Populismus des Politikers Grasser hätten durch­klingen lassen. Es ist immer ein bisschen weggelassen worden, immer ein bisschen dazugekommen, es ist ganz einfach vieles nicht richtig beantwortet worden. (Abg. Murauer: Was zum Beispiel?)

Was Ihnen gut angestanden wäre, ist, auch einmal festzuhalten, dass man zwischen Management und Eigentümer trennen muss. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was das Management der BAWAG gemacht hat, ist durch nichts zu rechtfertigen, und auch wir distanzieren uns voll und ganz von dem, was das Management der BAWAG dort gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist überhaupt nicht gutzuheißen, da gebe ich Ihnen völlig Recht. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Warum regen Sie sich auf? – Ich gebe Ihnen völlig Recht: Dieses Management war ganz einfach falsch. (Abg. Rädler: Dann tauscht es aus! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Keine Aufregung! Ich gebe dir ohnehin Recht.

Aber vom Finanzminister hätte ich mir schon erwartet, dass er eine Trennung zwischen Management und Eigentümer vornimmt. Als Eigentümer hat Präsident Verzetnitsch eine Verantwortung übernommen, die ihresgleichen sucht. (Rufe bei der ÖVP: Das glaubt ihr ja selber nicht!) Er hat nämlich in einer schwierigen Lage versucht (Abg. Mag. Tancsits: ... Mitgliedsbeiträge!), die kleinen Sparer, die bei der BAWAG Gelder angelegt haben – nämlich die mit den kleinen Sparbüchern –, vor Schaden zu bewahren (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP), indem er eine Haftung des Gewerkschaftsbundes angeboten hat, um die Missmanagement-Aktionen letztendlich hintanzuhalten und der BAWAG eine Chance zu geben, sich wieder zu entwickeln.


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Liebe Freunde, diese Aktivität ist sechs Jahre her. Der BAWAG geht es seither gut, und die Arbeitsplätze hat er damit auch gerettet. Es sind immerhin 6 000 Arbeitsplätze, die er mit dieser Aktion gerettet hat. (Beifall bei der SPÖ.) Das heißt, er hat nichts anderes getan, als dass er seiner Verantwortung als Eigentümer nachgekommen ist – was nicht rechtfertigt, dass es dort Misswirtschaft im Management gegeben hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber dass das der Herr Finanzminister seit 2001 – nämlich seit 27. April 2001 – ge­wusst hat, geht aus dem Bericht seiner eigenen Prüforgane hervor. (Abg. Rädler: ... sich einmal entschuldigen!) Er hat es seit 2001 gewusst. Er hätte ja auch tätig werden können! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Warum ist es denn nicht dazu gekommen?

Vielleicht hat er dieselben Beweggründe wie Fritz Verzetnitsch gehabt und sich gedacht: Ich bewahre den Finanzplatz Österreich vor Schaden und mache nichts. Oder er hat die Überlegung gehabt: Wir graben das schnell vor der Wahl aus. (Ruf bei der ÖVP: Haltet den Dieb! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Möglichkeit gibt es auch – und die könnte man ruhig einmal ansprechen –, dass er vielleicht den Zeitpunkt jetzt ganz gut gewählt hat, nämlich vor einer Wahl (Abg. Dr. Fekter: ... auch noch vertauschen!), um hier in ein Feuer noch hineinzublasen, das wirklich gefährlich ist, weil es auch Auswirkungen auf Raiffeisen hat.

Da bin ich gleich beim Herrn Kollegen Molterer, wenn wir schon die Geschichte aufarbeiten wollen. Hier sitzt ja ein Abgeordneter von der Raiffeisen: Was ist denn, nur zum Beispiel, mit der Parmalat? Was ist denn da? Habe ich irgendetwas aus den schwarzen Reihen gehört? Parmalat – dort hat Raiffeisen 80 Millionen in den Sand gesetzt!

Ich erinnere Sie an ein paar Geschichten, wie zum Beispiel die NEWAG – dort hat man den Generaldirektor Gruber gleich verhaftet –; die „Libro“-Pleite, einen Klassiker; Herberstein – für die steirischen Abgeordneten. Wenn wir schon dabei sind, dann möchte ich Ihnen nur Ihre Wirtschaftskompetenz ebenfalls vor Augen halten. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Da gibt es genug aufzuräumen. (Beifall bei der SPÖ.) So einfach, wie Sie sich das machen, ist es leider nicht, auch wenn Sie dem Kollegen Tumpel vorwerfen, dass er alles gewusst hat. (Abg. Rädler: ... die Stadt Wiener Neustadt in die Pleite geführt!)

Dann möchte ich den Abgeordneten der ÖVP ein Gesicht zeigen, damit Sie es sich gut merken! (Der Redner stellt ein Foto von Dr. Kurt Faltlhauser vor sich auf das Rednerpult.) Das ist der Staatsminister für Finanzen der CSU in Bayern – nach wie vor Staatsminister, und zum Zeitpunkt der Pleite auch Staatsminister. Der war von 1996 bis 2004 im Aufsichtsrat der BAWAG. (Zwischenrufe bei der ÖVP. Die Abgeordneten Dr. Fekter und Steibl halten aktuelle Ausgaben von „NEWS“ und „profil“ mit den Schlagzeilen „Das Luxus-Leben der BAWAG-Banker“ beziehungsweise „Das ÖGB-Debakel“ in die Höhe.)

Mit dem haben Sie immer guten Kontakt gehalten, denn das ist eine Schwesterpartei von Ihnen! (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß genau, dass Sie dieselben Informationen haben wie wir! Sie haben dieselben Informationen, und die CSU – zu Ihrer Information – ist keine Vorfeldorganisation der Sozialdemokraten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 



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17.00.43

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lustig ist das alles nicht. (Abg. Steibl: Traurig!) – Eben. Natürlich ist es sehr verlockend, das Augenmerk darauf zu richten, dass sich die Grünen da in eine schiedsrichterliche Rolle drängen lassen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: So wichtig seid ihr nicht!) Aber so einfach wird es auch nicht sein. Ich werde in den sechs Minuten wahrscheinlich noch ein paar Bemerkungen und Vergleiche anbringen können, die sehr wohl mit dem Verhalten des Finanzministeriums zu tun haben und mit vergleich­baren Fällen auch bei der ÖVP, aber es kann nur richtig sein, dass wir uns auch und zunächst einmal dem Anlassfall zuwenden.

Die große Tragödie – weswegen ich sage, nicht lustig – ist doch zunächst die, dass es jetzt um die Glaubwürdigkeit des Gewerkschaftsbundes wesentlich schlechter bestellt ist als vorher. – Das ist die Sache, die uns jedenfalls mehr betrifft, als dass wir da einfach nur Häme verbreiten könnten. In den Glaubwürdigkeitsgewinn gehört jetzt investiert! Was ist aber dazu notwendig?

Möglicherweise unterscheiden sich da die Positionen von Sozialdemokratie und Grünen, weil nämlich das, was da passiert ist und zu all den Anlassfällen geführt hat, nicht einmal bloß mit Heuschreckenkapitalismus vergleichbar ist. Man müsste eigentlich noch einen dramatischeren Begriff finden oder verwenden. Man könnte sich zum Beispiel auf „Casino-Kapitalismus“ verständigen – nicht wegen dem Kasino in Jericho, obwohl das auch eine komische Geschichte ist, sondern weil man bestimmte Geschäfte auch von Banken einmal danach klassifizieren sollte, welche Nähe sie eigentlich zu realwirtschaftlichen Vorgängen haben. Da ist ein heuschreckenartiger Vorgang immer noch relativ näher zu einem normalen Geschäft, weil es dort nämlich um Einstieg in und Ausstieg aus Firmenbeteiligungen geht.

Worum es aber bei den heute diskutierten Vorgängen geht, ist so ziemlich am übelsten Ende der Skala angesiedelt: um reine Geschäfte mit Derivaten, um reine Spekulation. Deshalb ist da, glaube ich, der Begriff „Casino-Kapitalismus“ durchaus angebracht, und man hat ja gesehen, wohin das führen kann.

Ich würde also in dieser Sache nicht weiter den Richter spielen. Man könnte ja auch fragen, ob nicht auch ein paar Gewinne vorher drinnen waren und der Nettoverlust für die BAWAG vielleicht ohnehin geringer ist. – Das könnten wir alles, ist aber nicht unser Job. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Der Punkt ist, dass da die Glaubwürdigkeit nicht nur auf dem Spiel steht, sondern schon so weit verloren ist, dass sie eben von der Gewerkschaft zurückzuerobern wäre.

Und jetzt ist die Frage: Es ist aus meiner Sicht vielleicht weniger das Problem des Herrn Tumpel, dass er damals nicht verstanden hat, worauf er sich da einlässt. – Die Dinge sind ja sehr kompliziert, ein bisschen etwas hat er sogar gewusst. Aber eines kann man nicht wegschieben – weder vom Rednerpult, noch sonst irgendwo, auch nicht vom Präsidentensessel der Arbeiterkammer –, nämlich, dass es auch so etwas geben muss wie ein Auswahlverschulden.

Der Punkt war ja nicht, dass manche Aufsichtsräte – vom ÖGB in die BAWAG entsandt – das alles nicht verstanden haben, was da vorgeht, und gar nicht gemerkt haben, wie sie bedackelt werden. Sie haben aber jedenfalls eines in vollem Wissen zu verantworten, nämlich dass sie Manager dort hingesetzt haben, die so fuhrwerken, wie sie gefuhrwerkt haben. Das alleine rechtfertigt in weiterer Folge die Frage nach der politischen Verantwortung und rechtfertigt auch, dass wir bis jetzt einmal an den Herrn Präsidenten Tumpel appelliert haben, in sich zu gehen und zu überlegen, ob er noch am richtigen Platze ist.


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Jetzt geht es nämlich nicht nur mehr um die BAWAG und den ÖGB, sondern es geht ja jetzt auch um die Glaubwürdigkeit der Arbeiterkammer. Deshalb appellieren wir heftig daran, dass sich der Herr Präsident Tumpel weiter diesen Nachdenkübungen aussetzt. Er hat es sicher auch nicht leicht, aber ich glaube, die nächsten Schritte sind unver­meidlich. Ich musste das anmerken, und ich halte, genau betrachtet, auch nichts anderes für sinnvoll. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schöls.)

Ein Beweis dafür, dass sich der ÖGB mittelfristig von der BAWAG trennen sollte – aber nicht über Nacht und nicht mit Hurra und schlecht verkaufen –, war doch dieses erwähnte Beispiel – und das ist wieder besonders schmerzlich – der Eurofighter-Finanzierung. Warum ist das eigentlich so ein Problem? – Das besteht schlicht und ergreifend darin, dass man ja schon wieder diese unvereinbaren Rollen erkennen muss.

Was hätte er denn tun sollen, der Herr Präsident Verzetnitsch, wenn er in der Früh ins Parlament kommt, wenn wir – oder Sie – wieder eine Dringliche eingebracht haben? – Er hat wohl gemeint, bei der Finanzierung machen wir ein bisschen einen Schnitt, und ein bisschen was werden wir vom Karibik-Verlust ausgleichen, aber jetzt gehen wir einmal dagegen argumentieren.

Und am Abend, wenn er rausgeht, hat er sich vielleicht gedacht, der Kollege Pilz war wieder wunderbar, aber noch ist der Vertrag nicht gehoben, und ist wieder froh, dass es ein bisschen einen BAWAG-Schnitt gibt. – So kann das nicht funktionieren.

An diesem Beispiel ist eigentlich relativ einfach klarzumachen, dass mittelfristig kein Weg daran vorbeiführt, dass sich der ÖGB im Interesse seiner Glaubwürdigkeit dort auch von der BAWAG trennt.

Jetzt sage ich noch Folgendes dazu: Was uns besonders schmerzt ist, dass sich die BAWAG jetzt natürlich ausgerechnet mitten in einem Spiel befindet, das wir als groß angelegte Schiebung bezeichnen – ich nehme diesen Begriff wieder in den Mund und nicht zurück –, und das erschwert natürlich die ganze Sache. Ich hoffe aber nicht, dass es dann am Schluss der Verhandlungen den notwendigen Vertragsausstieg erschwert, denn diese Sache wäre sozusagen der Tupfen auf dem i, wenn das auch noch gelungen wäre.

Sie sind ja sehr geschickt vorgegangen: Es hat keine Ausschreibung für diese Kredit­vergaben gegeben, obwohl es eine derartige Dimension gehabt hätte. – Nein, die Finanzierungsagentur ist vom Ministerium beauftragt worden, nur herumzutelefonieren. (Zwischenruf des Abg. Gaál.) Aber zum Schlausein gehören immer zwei, ist mir vorhin zugeraunt worden, nämlich die, die schlau vorgehen – das war der Grasser –, und die, die mit denen schlau vorgegangen wird und die sich hineinziehen haben lassen. (Abg. Rädler: Genau!) Das ist der nächste Punkt der Tragödie, und das rechtfertigt auch einen nächsten Schritt der Trennung.

Ich sage Ihnen nur mehr einen Satz am Schluss: Was die Offenlegung der Partei­spenden betrifft, so sind alle herzlich eingeladen, diesen Schritt zu tun (Abg. Rädler: Ihr auch!), SPÖ und ÖVP. (Abg. Rädler: Die Grünen!)

Wenn ich mir nämlich anschaue, was Sie aus der ESTAG Geld herausgezogen haben und unter dem Strich nur deshalb gestoppt werden konnten, weil Sie in flagranti ertappt wurden, dann ist das weder ein Beweis für Wirtschaftskompetenz noch irgendein Grund zur Häme. (Beifall bei den Grünen.)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 



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17.07.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Kogler, in Wirklichkeit geht es um noch ein bisschen mehr: Du hast davon gesprochen, dass es jetzt darum geht, die Reputation des ÖGB und die Glaubwürdigkeit des ÖGB wieder auf Vordermann zu bringen. Ich denke, wir müssen einmal darüber reden, dass wir die Glaubwürdigkeit unseres Bankenstandortes wieder auf Vordermann bringen werden müssen, weil ja nicht nur Schaden an der BAWAG und Schaden im politischen Bereich entstanden ist.

Schauen wir uns einmal die internationalen Stellungnahmen an: Überall wird darüber diskutiert, wie erschüttert der Bankenstandort ist, wie das in Österreich passieren konnte. Ein Supergau ist passiert – „Neue Zürcher Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine“, überall wird das geschrieben.

Das heißt, wir reden nicht nur darüber, dass der ÖGB ein Glaubwürdigkeitsproblem hat. Wir reden in Wirklichkeit davon, dass Schaden am Standort Österreich entstanden ist. Und das scheint die SPÖ mit Bravour zu können. – Ich denke an das Jahr 2000, an die Sanktionen. Damals hat man unserem Land Schaden zugefügt, und diesmal macht man es über die BAWAG.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn man das von den Vorrednern Gesagte zusammenfasst, dann bleibt, glaube ich, nur ein Satz übrig: Es ist in Wirklichkeit ein ungeheuerlicher Skandal! In Wirklichkeit versteht das überhaupt kein Mensch mehr draußen, was da abgegangen ist: Hunderte Millionen, 1 Milliarde € sind versenkt, in die Karibik geschickt, Querverbindungen, Bonzenwirtschaft. – Das versteht ja niemand! Es versteht niemand, dass da in Wirklichkeit ein parteipolitischer Supergau passiert ist – nach „Konsum“, nach BA-CA, nach Bank Burgenland, nach der Verstaatlichten, nach dem ARBÖ.

Es wurde heute schon berichtet: Kollege Schober aus dem Kärntner Landtag musste auch gehen bei der SPÖ. Jetzt die BAWAG. (Abg. Mag. Trunk: Wie bitte?) – Beim ARBÖ hat er gehen müssen. (Abg. Mag. Trunk: Sie haben gesagt, aus dem Land­tag ...!) Nein, ich habe gesagt: Kollege Schober aus dem Landtag. Bitte schauen Sie das Redeprotokoll an, Frau Trunk! Sie brauchen nicht immer überzureagieren. Ich weiß, dass die SPÖ in Kärnten ein Mega-Problem hat mit dem ARBÖ, mit der BAWAG, mit der Schaunig, mit den Ortstafeln. (Abg. Mag. Trunk: Und der Herr Landeshaupt­mann!) Dafür können wir aber nichts. Wir können nichts dafür. Die Wahlen werden es weisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber das Thema ist viel zu ernst. Milliarden von Euro! (Abg. Gradwohl: Die Wahlen werden es weisen!) – Heinz, Milliarden von Euro! Wir sollten vielleicht einmal diese Summe irgendwie anders darstellen. Wir sollten vielleicht einmal anders darüber diskutieren, denn der normale Mensch draußen auf der Straße kann sich ja gar nicht vorstellen, wie viel Geld das ist. Man sollte das einmal anders darstellen. – Ich habe ein paar Vergleiche mitgenommen: 1 Milliarde € entspricht zum Beispiel 55 000 niegel­nagelneuen VW Golf. Wenn die hintereinander fahren würden, wäre das ein Stau von Wien bis Innsbruck. – Das ist dieser Schuldenbetrag! (Abg. Pfeffer: Der Vergleich hinkt!) – Der Vergleich hinkt nicht, das ist die Realität!

Oder in einem anderen Bereich. – Der Max hat es bereits angekündigt: 1 Milliarde € sind 700 000 Karibikreisen. Man könnte 700 000 Fernreisen in die Karibik um dieses Geld kaufen. Vielleicht könnte man das auch damit verbinden, dort nach einem Schatz zu graben, denn das Geld muss ja irgendwo hingekommen sein. Jedem Zweiten könnte man eine Reise schenken.


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Heute Vormittag haben wir über die Bauern gesprochen. Diese 1 Milliarde € ist das gesamte Förderpaket der österreichischen Landwirtschaft. Das ist weggeputzt! Ab ins Flugzeug, gemma! REFCO, Flöttl, wie sie alle heißen: hinein, weg damit! Das kann ja kein Mensch mehr verstehen, meine geschätzten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihre Aufgeregtheit zeigt ja ... (Abg. Mag. Trunk: Styrian Spirit!) – Styrian Spirit! Frau Kollegin Trunk, relativieren wir einmal: Styrian Spirit – wie haben denn die drei Regie­rungsmitglieder der SPÖ geheißen, die mitgestimmt haben? Wie haben sie denn geheißen? Sie brauchen gar nicht in Ihre Zeitung hineinzuschauen! Die SPÖ hat mitgestimmt. (Abg. Dr. Puswald: Haider hat das Sagen!) Ich stehe dazu, dass wir in Kärnten bei der Styrian Spirit mit dabei waren. Wir haben versucht, eine Fluglinie nach Kärnten zu bringen. Wir haben versucht, Arbeitsplätze zu schaffen. Wir haben ver­sucht, MAGNA nach Kärnten zu bringen. Wir versuchen, Arbeitsplätze zu schaffen. Was wir nicht versuchen, ist, das Geld von kleinen Anlegern und ÖGB-Funktionären in der Karibik zu versenken! (Beifall bei den Freiheitlichen. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! So gesehen kann man eigentlich nur verwundert sein – oder auch erschüttert. Meine Vorredner haben es bereits gesagt. Ich bin gestern von den Medien gefragt worden, ob ich mich jetzt als BZÖ-Generalsekretär darüber freue, dass die SPÖ rund um diesen Skandal, rund um die BAWAG in Turbulenzen kommt. – Nein, da kann man sich als politischer Gegner gar nicht freuen.

In Wirklichkeit kann man sich nicht freuen, wenn 1 Milliarde € vernichtet wird. Man kann sich nicht freuen, wenn das Geld von kleinen Sparern und Anlegern vernichtet wird. Man kann sich nicht freuen, wenn solche Dinge passieren. (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.) – Wir haben uns einmal bemüht, das graphisch darzustellen. Man schaue sich einmal diese Verquickungen an – sensationell! Das muss einmal jemand durchschauen. Das soll der einfache Mensch draußen verstehen, welche Verbindungen es zwischen Tumpel, seiner Frau, dem Herrn Zwettler, dem Herrn Häupl, dem Herrn Flöttl, dem Herrn Verzetnitsch, dem Herrn Elsner, zwischen BAWAG, SPÖ, ÖGB-Stiftung, Nationalbank und dergleichen gibt?!

Diese Verquickungen, meine geschätzten Damen und Herren, sind ja der Grund dafür – ein roter Filz! –, warum sich niemand mehr auskennt. Das ist ja der Grund dafür, warum es die Menschen nicht mehr verstehen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Daher gibt es nur eines: restlose Aufklärung dieses Sachverhaltes, Konsequenzen ziehen, politische Verantwortung tragen, Hut nehmen und nach Hause gehen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

17.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. (Abg. Wattaul – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Puswald –: Mach dich nicht du auch noch lächerlich!) – Herr Abgeordneter Puswald, Sie kennen die Bestimmungen. 2 Minuten. – Bitte.

 


17.13.27

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Abg. Dr. Fekter: ... der Puswald ... Wirtschaftskompetenz!) Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Meine Damen und Herren im Saal! Kollege Scheuch hat gerade behauptet, es sei das Sparvermögen kleiner Sparer von der BAWAG vernichtet worden. – Diese Behauptung ist falsch!


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Es ist kein einziger Cent von Sparern und Investoren der BAWAG vernichtet oder auch nur in Frage gestellt worden. (Beifall bei der SPÖ.– Ironische Heiterkeit und Zwischen­rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Wattaul: Das Geld vom Weih­nachtsmann! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 1 Milliarde €!)

17.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kopf. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.14.05

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das war jetzt eine interessante Feststellung des Herrn Puswald. (Abg. Dr. Puswald: Sie verstehen das! Sie haben Wirtschaftskompetenz! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ja, danke.

Wenn eine Bank 1 Milliarde € verzockt, dann hat das Ihrer Meinung nach keine Auswirkungen auf die Kunden, die Anleger und die Eigentümer der Bank. – Ich nehme das zur Kenntnis.

Ich denke einmal, die Bank wäre unter Umständen in der Lage, zum Beispiel bessere Konditionen zu machen, wenn es ihr besser ginge, oder vielleicht auch dem Eigen­tümer für sein Kapital andere Dividenden zukommen zu lassen, als sie es in den nächsten Jahren auf Grund dieser Malversationen leider nur in der Lage sein wird. – Also eine interessante Feststellung. Aber ich komme dann noch darauf zu sprechen.

Meine Damen und Herren! Kogler hat völlig Recht, wenn er vorhin gesagt hat, es ist alles andere als lustig. Der Finanzplatz Österreich ist massiv in Mitleidenschaft gezo­gen und in Misskredit gebracht worden. Die BAWAG, ein renommiertes Bankinstitut dieses Landes, ist massiv in Misskredit, ja an den Rand des Ruins gebracht worden. – Das ist beileibe nicht lustig.

Natürlich ist das Management die erste Adresse der Kritik. Natürlich haben die Mana­ger diese Dinge getan. Aber die Letzten, die hier zur Verantwortung gezogen werden sollen und können beziehungsweise verantwortlich gemacht werden sollen, sind wohl jene Kontrollore, denen man wissentlich und absichtlich Informationen vorenthalten hat – wahrscheinlich sogar strafrechtlich relevante Informationen vorenthalten hat. Die wollen Sie jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, zu den Schuldigen machen? Die Polizisten sind die Schuldigen, und nicht die Täter? – Also mir ist der Opferschutz allemal lieber als der Täterschutz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was sich hier auftut, ist ein wirtschaftliches, ein moralisches und ein politisches Debakel der SPÖ. Länderbank, „Konsum“, Bank Burgenland, BAWAG, Verstaatlichte, Bank Austria, ARBÖ und nicht zuletzt auch die SPÖ mit ihren wirtschaftlichen Problemen (Abg. Heinzl: Die hat die ÖVP nicht?), all diese Probleme funktionieren nach dem gleichen Strickmuster. Sozialistische Politmanager oder Funktionäre kom­men in wirtschaftliche Entscheidungsfunktionen. Was kommt heraus? – Pleite, ein wirt­schaftliches Debakel Marke SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es drängt sich die Schlussfolgerung auf: Die SPÖ kann nicht wirtschaften. Lieber Kollege Parnigoni, wenn du vorher berichtigt hast, du hättest nicht eine Stunde, sondern nur eine Viertelstunde mit dem Kollegen Katzian über das Wirtschaftsprogramm der SPÖ gesprochen, dann muss ich dir sagen: Erstens kann man nicht länger drüber reden, weil nicht mehr drinnen steht, und zum Zweiten ist es auch noch schade um die Viertelstunde. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Mag. Wurm: Menschenverachtend!)


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Zum moralischen Debakel, das die SPÖ da erlitten hat: Was hält man denn von jemandem, der die Mitverantwortlichen im eigenen Lager, in der eigenen Gesinnungs­gemeinschaft über so ein großes Problem, das die eigene Organisation bedroht, nicht informiert? Was hält man denn von jemandem, der die Mitverantwortlichen im Auf­sichts­rat nicht informiert und ihnen wissentlich, absichtlich Informationen vorenthält?

Oder was hält man denn von jemandem und von dessen Glaubwürdigkeit, der seinem Mitgesellschafter – nicht einem, der 2 Prozent hat, sondern einem, der fast gleich viel Anteile an dem Unternehmen hat wie er selber – kein Wort von diesen Problemen sagt und ihn der Gefahr aussetzt, seiner gesamten Anteile verlustig zu gehen? Was hält man denn von der Vertrauenswürdigkeit einer solchen Person? – Das ist massiver Vertrauensbruch, meine Damen und Herren, an Partnern, Freunden und Kollegen, aber vor allem an Wirtschaftspartnern – und das ist in der Nähe der Kriminalität, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Aber auch der Selbstbedienungsladen, der hier von sozialistischen Managern und Funktionären aufgebaut worden ist, die hier einfach unverschämt in Gewerkschaftsvermögen, in gemeinschaftliches Vermögen hineinge­griffen haben, stört Sie offensichtlich überhaupt nicht!

Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, ist das Ganze ein politisches Debakel der SPÖ. Es gibt da ein interessantes „Kompetenzteam Wirtschaft“ bei der SPÖ (Ruf bei der ÖVP: Lauter Experten!): Tumpel, Muhm, Verzetnitsch und Zwettler waren bei Matznetter im „Kompetenzteam Wirtschaft“. Und die haben dann geredet. (Abg. Mag. Molterer: Was? Der Zwettler? BAWAG?) – Ja, BAWAG – Zwettler.

Die haben dann ständig von Heuschrecken, von neoliberal, von Turbokapitalismus gesprochen. Ich glaube, sie müssen auch wissen, wovon sie sprechen! Das ist die Wirtschaftskompetenz der SPÖ, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Kräuter. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Oje-Rufe bei der ÖVP.)

 


17.20.17

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenig überraschend, dass Kollege Kopf doch als geradezu per­sonifizierte Überheblichkeit hierher kommt. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Wenn ich nur erinnern darf an ESTAG beispielsweise, an Spielberg, an Parmalat. Es gibt so viele Baustellen, es gibt so viel vor der eigenen Türe zu kehren, dass Sie etwas be­scheidener auftreten sollten, lieber Kollege. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich verstehe ja, meine Damen und Herren – ich habe ja da eine sportlich-parla­mentarische Einstellung –, dass es harte Kritik gibt, man kann auch über eine gewisse Häme hinwegsehen, aber gewisse Dinge sind nicht akzeptabel. Wenn ich in der „Kleinen Zeitung“ von heute lese, dass der steirische ÖVP-Obmann Hermann Schüt­zen­höfer sagt, „den Sozialdemokraten einen Spitz anreiben“ – meine Damen und Herren, wer diese steirische Ausdrucksweise nicht kennen sollte, das heißt nichts anderes als: einen Fußtritt versetzen –, muss ich sagen, ich halte diese Aussage für unakzeptabel.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Entgleisung, die nicht hinzunehmen ist, und ich fordere eine Entschuldigung. Der Herr Kollege Lopatka wird das hoffentlich machen, wenn er noch einen Funken demokratischen Anstand im Leib hat. (Beifall bei der


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SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Grillitsch: Warum regen Sie sich so auf?)

Wissen Sie, Herr Kollege Grillitsch, ich bin bei Formulierungen kein Waisenknabe und habe für „abenteuerlicher Unsinn des Bundeskanzlers“ einen Ordnungsruf empfangen, aber zu Vogel-Zeigen, von der Regierungsbank Lügen sagen und einen „Spitz“ aus­richten in Zeitungen sage ich Ihnen etwas: Bei der Androhung von Gewalt in einer Demokratie (lebhafte ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen) ist die Rücknahme der Androhung und eine Entschuldigung notwendig, sonst – ich sage Ihnen das, wie es ist – ist der ÖVP-Obmann der Steiermark rücktrittsreif. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Weil es der Herr Molterer, der jetzt weg ist, gewagt hat, die Eurofighter anzusprechen: Na selbstverständlich Aufklärung, aber eine wirkliche und alles betreffend! Es kann ja wohl nicht sein, dass der österreichische Bundespräsident, der Oberbefehlshaber des Heeres, den Vertrag nicht kennt – Herr Kollege Scheibner, Sie brauchen sich jetzt nicht zu vertiefen – oder dass der Verteidigungsminister offensichtlich nicht den gesamten Vertrag kennt. Ja, her mit dem Vertrag! Und wenn Sie kritisieren wollen, dass die Bundesfinanzagentur die BAWAG als Bestbieter zur Vorfinanzierung ausgewählt hat, so ist das, meine Damen und Herren, ja geradezu der öffentliche Beweis dafür, dass in der BAWAG die Manager tun, was sie für richtig halten.

Für die SPÖ ist klar, und das ist Linie: Wir wollen diese Eurofighter nicht, und wir werden weiterhin alles daransetzen, diesen Fall aufzuklären. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Freund: Die BAWAG kennt den Vertrag!)

Da Kollege Van der Bellen und andere auch so unheimlich überrascht waren, dass diese Sache – BAWAG-Vorfinanzierung der Eurofighter – jetzt „bekannt“ wird – unter Anführungszeichen; Herr Fasslabend, Sie lächeln in sich hinein, Sie lassen einfach die Panzer verrosten und verrotten, aber das ist eine andere Geschichte –: Im „Kurier“ vom 20. Oktober 2005 ist das längst nachzulesen. Also bitte schön, hat die ÖVP das damals nichts gewusst, nicht gelesen, das BZÖ nicht, die Grünen nicht? – Seien Sie mir nicht böse: Sich heute hier so überrascht zu geben, das richtet sich von selbst! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, gestern hat der Finanzminister ungewöhnliche Worte ge­braucht: gelogen, betrogen. Ich habe mir gedacht: Warum echauffiert sich eigentlich unser smarter Finanzminister so extraordinär? Und dann habe ich mir schon gedacht, na, vielleicht pfeift da jemand laut, der durch den Wald geht. Und dann stellt sich tatsächlich heraus, die Finanzmarktaufsicht hätte das Debakel verhindern können. Also so kann es nicht sein: Der Finanzminister erteilte gestern Zensuren, wer was gemacht hat, was falsch und was richtig war, aber heute schaut er selbst sehr alt aus. Ich bin ja dem Kollegen Scheibner nachgerade dankbar für seinen schönen Vergleich mit dem Dieb und der Polizei. Also wenn Grasser die Polizei ist, dann hat er zugeschaut, wie sich der Dieb bedient. Das ist die Situation. Ihr Vergleich hinkt, mein lieber Kollege Scheibner. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ihre Verteidigung hinkt auf jeden Fall auch!)

Ein Wort noch zum ARBÖ, weil das angesprochen worden ist. Der ARBÖ wird die internen Probleme lösen, aber auf den ÖAMTC kommt ein externes Problem zu, meine Damen und Herren. – Übrigens, Herr Lopatka, erkundigen Sie sich einmal, wie das Gehalt vom ÖAMTC-General ausschaut. Da werden Ihnen die Augen wie die Frank­furter herauskommen, wenn Sie sehen, was da unter dem Strich steht. Aber das allein wäre es ja nicht: Dem ÖAMTC wurden in der Steiermark von der steirischen ÖVP 10 Millionen an Steuergeld zugeschanzt! – Übrigens beim Debakel beim Ö-Ring, beim ÖVP-Debakel Ö1-Ring, bei diesem Desaster – und zwar vertraglich festgelegt; ich


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habe da diesen unglaublichen Vertrag (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe); über den werden wir uns noch unterhalten, abgeschlossen zwischen der Österreichring GmbH, dem ÖAMTC, unter Beitritt des Landes Steiermark –, und wissen Sie, was da geschehen ist, meine Damen und Herren? – Wertlose Fahrnisse, geringwertige Liegenschaften, desolate Bauwerke sind um einen um 10 Millionen überteuerten Preis dem Land angedreht worden. – So viel zu der „tollen“ Wirtschaftskompetenz der ÖVP im Allgemeinen und in der Steiermark im Besonderen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Von der BAWAG will er nicht reden!)

Meine Damen und Herren, in diesem Wahlkampf will die ÖVP mit einem Bücherl mit Gartentipps von Wolfgang Schüssel imponieren – und das bei der höchsten Arbeits­losigkeit in der Zweiten Republik, bei Postenschacher, bei Rechtsbrüchen, bei Kontroll­verweigerung, bei Demokratie-Demontage! (Abg. Großruck: Na hallo! Was heißt „Rechtsbruch“? – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da werden die Wählerinnen und Wähler Sie enttarnen! Und ich sage Ihnen etwas: Ihr Bücherl mit Gartentipps ist eine einzige Pflanzerei! (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sburny. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.26.12

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Regierungs­mitglie­der! Hohes Haus! Herr Kollege Kräuter, es geht unter anderem um 1,3 Gewerkschafts­mitglieder, die durch diese BAWAG-Geschichte betroffen sind (Abg. Großruck: Mil­lionen!), um 1,3 Millionen Gewerkschaftsmitglieder – danke schön, Entschuldigung –, die betroffen sind und die momentan etwas enttäuscht, verunsichert und zu einem großen Teil auch empört sind über das, was sie hören. Ich finde, es genügt nicht, eine Abwehrhaltung einzunehmen und zu sagen, es ist alles nicht ganz so, wie es dargestellt wird, sondern es wird schon darum gehen, es aufzuklären und den Leuten zu sagen, was eigentlich tatsächlich los ist und was Sie in Zukunft zu tun gedenken.

Ich komme gleich einmal auf diese Eurofighter-Geschichte zurück, die Sie ange­sprochen haben. Es geht nicht darum, wer jetzt überrascht ist, dass die BAWAG die Eurofighter vorfinanziert (Abg. Grillitsch: Die bei der BAWAG!) – ja, die bei der BAWAG, mittlerweile werden Sie es vielleicht auch wissen –, sondern worum es geht, ist zum Beispiel – das ist einer der Widersprüche beziehungsweise eines der Span­nungsfelder, in denen Sie sich bewegen –, dass hochrangige Gewerkschaftsmitglieder im ÖGB wissen, dass die BAWAG die Eurofighter vorfinanziert und hier im Parlament auf SPÖ-Linie gegen die Eurofighter auftreten. Das ist ein Widerspruch, der einfach nicht ganz leicht aufzulösen ist, oder Sie werden mir einmal erklären müssen, wie das geht. (Beifall bei den Grünen, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich finde, das ist sehr wohl ein Thema. Es ist ja nicht unsere Geschichte, aber wenn Sie sagen, es braucht uns nicht zu wundern, dann sage ich: Wundern tut mich, wie Sie mit so etwas umgehen.

Der zweite Punkt – das ist ein ähnliches Spannungsfeld – betrifft die Aktivitäten der BAWAG. Denn dass eine Bank Geschäfte macht und dass eine Bank auch Geschäfte macht, die wir Grünen nicht immer gutheißen, das ist kein Geheimnis. Ich kann mich an eine Menge Podiumsdiskussionen in Zusammenhang mit der Welthandels­organi­sation, mit Cancun und Ähnlichem erinnern, wo ich mit ÖGB-VertreterInnen, mit SP-VertreterInnen auf einem Podium gesessen bin und wir eigentlich in großer Ein­helligkeit und gemeinsam gegen diese Finanzspekulationen aufgetreten sind. Damals sind wir als Vertreterinnen und Vertreter einer Realwirtschaft dort gesessen, während unsere Gegner und Gegnerinnen auf einer anderen Seite gesessen sind.


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Ich frage Sie schon, wie Sie das Ihren Gewerkschaftsmitgliedern erklären, dass Sie mit deren Geldern genau das machen, was Sie in den letzten Jahren immer lauthals und vollmundig bekämpft haben. Ich sehe da einen Widerspruch, der mich nicht zuletzt deswegen, weil ich auch Gewerkschaftsmitglied bin, einfach stört, und ich hätte gern Aufklärung darüber, wie Sie das in Zukunft handhaben wollen.

Und zuletzt: Vielleicht ist diese ganze BAWAG-Geschichte jetzt eine Gelegenheit, dass der ÖGB insgesamt einmal seine Strukturen durchforstet, weil der ÖGB ja nicht gerade bekannt ist für eine besonders demokratische Struktur. Vielleicht würde es hin und wieder auch helfen, wenn Sie einigen Kontrollmechanismen beziehungsweise einer demokratiepolitischen Struktur zum Durchbruch verhelfen würden, die auch sicherstellt, dass es Rechenschaftsberichte gibt, dass es transparente Kommunikation gibt und dass die, die im ÖGB das Sagen haben, auch ihren Mitgliedern verpflichtet sind. Das wäre zumindest ein gutes Ende dieser Sache. (Beifall bei den Grünen.)

17.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Lopatka. Gesamtredezeit für die ÖVP: 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.30.11

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! 17 Mandatare aus Ihren Reihen sind Mitglied beim Gewerkschaftsbund, aber nicht nur Mitglied, sondern in führender Funktion. Kein einziger hat sich hier gemeldet. Sie wissen schon, warum. Ein Dutzend Ihrer Mandatare sind in führender Funktion beim ARBÖ. Kein einziger hat sich hier gemeldet. Sie wissen, warum. Sie haben in beiden Bereichen ein sehr großes Problem.

Und der, der sich hier gemeldet hat, hat auch ein großes Problem, nämlich ein Glaub­würdigkeitsproblem. Für mich ist Ihr Glaubwürdigkeitsproblem ein größeres Problem als das mit der Bank, denn, meine Damen und Herren, wenn Reden und Handeln so weit auseinander liegen wie bei Ihnen, dann kann Ihnen niemand mehr irgendetwas glauben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Ironie des Schicksals will es, dass genau in dem Saal, in dem letzten Freitag bekannt gegeben werden musste, dass 1,4 Millionen € in Karibik-Geschäften verloren gegangen sind (Abg. Auer: Milliarden!), 1,4 Milliarden € in Karibik-Geschäften verloren gegangen sind, vor eineinhalb Jahren Matznetter das SPÖ-Wirtschaftsprogramm vorgestellt hat. Wissen Sie, was er damals gesagt hat? – Er hat gesagt: Wir können uns ein florierendes Gemeinwesen nur dann leisten, wenn Finanzgeschäfte auch dementsprechend in Österreich europäisch versteuert werden. (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Tag und Nacht, meine Damen und Herren! Sie haben den gegenteiligen Weg gewählt: in die Karibik, steuerschonend. Wenn Sie aber Sonntagsreden halten, sagen Sie das genaue Gegenteil. Längst hat Tumpel im Jahr 1995 schon die Segel in Richtung Karibik gesetzt, und Sie behaupten hier das Gegenteil.

Oder der zweite Punkt: Abgeordneter Gusenbauer – es ist schon gesagt worden –, angesprochen von einem Journalisten: Überall, wo die SPÖ wirtschaftet, von „Konsum“ bis BAWAG und ARBÖ, geht es schief. Was antwortet er? – Als der „Konsum“ in Konkurs ging, war ich noch ein Kind – mit 35 ein Kind; Sie sind schon hier im Parlament gesessen –, sagt Dr. Gusenbauer. (Lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP.)

Tumpel? – Den kennen wir nicht, sagt Gusenbauer.

Wissen Sie, was er zum ARBÖ sagt? Ich bekomme jetzt keinen Ordnungsruf, denn ich zitiere wortwörtlich: „ ... dass wir keinen Einfluss darauf haben, ob beim ARBÖ irgendwelche Funktionäre verrückt geworden sind.“ – Wen meinen Sie damit? Parni-


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goni oder Heinzl, den ARBÖ-Chef von St. Pölten? (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich weiß es nicht? Sie lachen. Wissen Sie, so kann man Verantwortung nicht wahrnehmen.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen eines: Sie können sich hier ducken, Sie können abtauchen, aber wenn alles so in Ordnung ist, dann beantworten Sie vielleicht den Österreichern eine Frage. Machen wir ein Gedankenspiel, rein theoretisch: Alfred Gusenbauer kommt in die Verlegenheit, eine Regierung zu bilden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Ruf bei der SPÖ: Ihre Redezeit ist abgelaufen!) Glauben Sie wirklich, dass dort alles so gut funktioniert – oder hätten Sie dabei doch ein schlechtes Gefühl? –, angenommen, Sie nähmen den Verkehrsminister aus dem ARBÖ-Management, Sie nähmen den Wirtschaftsminister vom „Konsum“ – Gerharter ist noch jünger als Androsch –, und Sie nähmen, weil es so passt, einen Finanzminister aus der Vorstandsetage der BAWAG? (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, wir wollen das verhindern, denn das wäre eine Katastrophe. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Silhavy: Ihre Regierung ist eine Katastrophe!)

17.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter! Ihre Zeit ist wirklich abgelaufen. (Beifall bei der ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Lopatka.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Sie haben sich eine Wunschredezeit von 3 Minuten einstellen lassen. Die Gesamtrestredezeit für den freiheitlichen Klub beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.34.07

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kollege Lopatka hat hier einige Namen zitiert. Ich möchte mich mit einer Person befassen, die hier im Parlament sitzt, nämlich mit dem Wirtschaftssprecher der SPÖ, dem Herr Kollegen Matznetter, denn zu dieser Vorstellung, die da heute geboten worden ist, da gehört schon etwas dazu. Da stellt sich Matznetter als Wirtschafts­sprecher her, weiß, dass mehr als 1 Milliarde € in den Sand gesetzt worden ist, dass Gewerkschaftsgelder zweckwidrig verwendet worden sind, und sagt dann: In Wirklichkeit ist der Finanzminister schuld. – Also da gehört doch wirklich eine Unver­frorenheit dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und es ist doch wirklich peinlich, wenn der Wirtschaftssprecher dann verlangt, dass der Finanzminister zurücktreten muss.

Es passt aber zu dem Bild von Matznetter. Er ist hier schon mehrfach in Erscheinung getreten, ist uns vor allem aber mit dem katastrophalen Wirtschaftsprogramm in Erin­nerung geblieben. Das hat ja schon alle Stückeln gespielt, und so ein Kaliber waren wahrscheinlich auch jene Herren, die dort bei der BAWAG am Ruder gesessen sind und dieses Desaster herbeigeführt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

„Der Bundesminister für Finanzen und die Frau Bundesminister für Justiz werden ersucht, in Zusammenhang mit dem BAWAG-Skandal

1. für die lückenlose Aufklärung der diesen Geschäften zu Grunde liegenden Um­stände, insbesondere der rechtlichen Aspekte zu sorgen und


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2. zu überprüfen, ob geeignete Maßnahmen gesetzt werden müssen, um einen möglichen Schaden für den Finanzplatz Österreich abzuwenden und diesen langfristig abzusichern und abzubauen.“

*****

Und nach dieser kläglichen Vorstellung, die Sie heute geboten haben, hoffe ich, dass Sie diesem Antrag zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: Sehr gut! Sehr gut!)

17.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht damit auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Werner Amon MBA, Josef Bucher, Karl­heinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG Skandals eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage „Sicherung des Wirtschafts- und Finanzplatzes Österreich durch lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG-Skandals“

Bereits bei den ersten Karibikgeschäften der BAWAG in der ersten Hälfte der 90-er Jahre waren aufgrund der damit verbundenen negativen internationalen Berichterstat­tung negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit und Liquidität der BAWAG nicht auszuschließen. Zusätzlich bestand auch die Gefahr der Störung der Funktions­fähigkeit des Österreichischen Finanzmarktes.

Eine damals eingesetzte Expertenkommission gab nach eingehender Prüfung der Veranlagungen der BAWAG bei off-shore-Gesellschaften mehrere Empfehlungen zur Vermeidung von Risiken bei der Abwicklung derartiger Sondergeschäfte ab.

Eine Umsetzung dieser Empfehlungen mündete in der Bankwesengesetz-Novelle, BGBl Nr. 445/1996, welche am 12.7.1996 im Nationalrat beschlossen worden ist. Bei dieser Novelle ging es u. a. um die verbesserte Erfassung von Risikokonzentration bei neuartigen Geschäften oder um eine verbesserte Konzentration der Sorgfaltspflicht.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die SPÖ/ÖGB-Abgeordneten zum Nationalrat zwar für die Verschärfung des BWG im Nationalrat gestimmt haben, jedoch haben sie nicht darauf gedrängt, dass es zu einer entsprechenden Umsetzung dieser Bestimmungen bei der BAWAG kommt und somit in Kauf genommen haben dürften, dass im Aufsichtsrat der BAWAG Beschlüsse gefasst wurden, die diesen Bestrebungen zuwiderliefen.

Weiters erließ das BMF eine „Empfehlung an das Bankwesen betreffend Risiko­management“. Die BAWAG musste entsprechende betriebsorganisatorische Verbes­serungen durchführen.

Trotz aller dieser „Vorsichtsmaßnahmen“ war es möglich, dass die BAWAG nach der Wideraufnahme der hochspekulativen „Karibikgeschäfte“ einen Verlust von über 1 Mrd. € und in Zusammenhang mit dem Refco-Kreditmanagement insgesamt ca. 1,4 Mrd. € hinnehmen musste.


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Es ist daher alles zu tun, damit dieser BAWAG-Skandal nicht zu einer nachhaltigen Schädigung des österreichischen Finanzmarktes führt.

Aus diesem Grund ist die lückenlose Aufklärung aller Vorgänge im BAWAG-Skandal unumgänglich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen und die Frau Bundesminister für Justiz werden ersucht, im Zusammenhang mit dem BAWAG-Skandal

1. auch weiterhin im Wege der zuständigen FMA bzw. der zuständigen Justizbehörden für die lückenlose Aufklärung der diesen Geschäften zu Grunde liegenden Umstände, insbesondere der rechtlichen Aspekte zu sorgen und

2. zu überprüfen, ob geeignete Maßnahmen gesetzt werden müssen, um einen möglichen Schaden für den Finanzplatz Österreich abzuwenden und diesen langfristig abzusichern und auszubauen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: In 2 Minuten den zu berichtigenden Sachverhalt.

 


17.36.26

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Damen und Herren im Saale! Frau Kollegin Partik-Pablé hat soeben behauptet, Gewerkschaftsgelder seien zweckwidrig verwendet worden. – Diese Behauptung ist unwahr!

Richtig ist, dass die Gewerkschaft keine Gelder zweckwidrig verwendete, sondern Haftungen eingegangen ist, die bis heute nicht schlagend geworden sind. (Beifall bei der SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

17.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Scheibner. Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.37.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte mit meiner Wortmeldung jetzt der SPÖ Gelegenheit geben, vielleicht noch zu überlegen, ob nicht doch noch jemand herauskommt und hier eine Erklärung abgibt über die Dinge, die passiert sind. Das, was Sie jetzt hier geliefert haben, kann es nicht sein. Können Sie sich wirklich vorstellen, was ein Gewerkschaftsmitglied denkt, das Fragen stellt, das ganz einfach wissen möchte, was da passiert ist, welche Konsequenzen es daraus gibt, wie denn eine Gewerkschaft in der Zukunft aktiv für die Arbeitnehmerinteressen arbeiten können soll, das heute Antworten verlangt hat?

Keines Ihrer Gewerkschaftsmitglieder darf heute hier ans Rednerpult gehen. Abgeord­nete aus der dritten und vierten Reihe geben hier Erklärungen ab, über die man sich nur wundern kann. Was ist denn da wirklich los in der SPÖ? Das war doch eine


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Verhöhnung der Mitglieder, die hier Fragen stellen, wie es denn weitergeht. Sie haben auf überhaupt nichts geantwortet, außer dass Sie wieder versuchen, den Finanz­minister anzupatzen.

Kollege Wittmann sagt, das Management war katastrophal. Das gibt er wenigstens zu. Aber er hat nicht gesagt, warum das Management dann weiter in der Funktion belassen worden ist, warum Herr Elsner bis vorige Woche noch Stiftungsvorstand für den ÖGB gewesen ist. Das sind alles Fragen, die noch immer im Raum stehen. Sie haben nicht gesagt, ob das wirklich die richtige Reaktion ist, dass der Herr Vogler jetzt Finanzchef wird, der im Jahr 1996 schon im Aufsichtsrat gewesen ist, als diese ganzen Karibikgeschäfte wieder aufgenommen worden sind. Auf all diese Dinge haben Sie keine Antwort gegeben.

Letztlich haben Sie auch keine Antwort darauf gegeben, wie denn das zu verantworten ist, dass die Subventionen an Ihre Partei aus diesem Bereich vom Jahr 2001 zum Jahr 2002 von 2,5 auf 5,6 Millionen € angestiegen sind. Aber auch Schweigen ist eine entsprechende Antwort.

Ich kann Ihnen nur Folgendes sagen: Ich nehme heute von hier mit, dass es uns in sechs Jahren leider noch nicht gelungen ist, solche Dinge, wie sie jetzt zutage getreten sind, unmöglich zu machen; unmöglich zu machen, dass es eine Verquickung gibt zwischen einer notwendigen Interessenvertretung, einer Partei, die diese Interessen­vertretung als ihr eigenes Vorfeld sieht, und einem Bankmanagement und einer Bankkontrolle, die das alles dann finanziert.

Und ich sage Ihnen, das kann durchaus eine auch Auswirkung auf die nächsten Wahlen haben, weil die Bevölkerung die Entscheidung haben wird, ob es die Möglichkeit geben soll, dass das endlich unmöglich gemacht wird in einem Österreich des 21. Jahrhunderts oder ob man wieder zurückgehen will zu so einer Misswirtschaft, zu so einer Verparteipolitisierung. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Lachen Sie nur! Wir werden zum Schluss lachen, denn wir haben die Verantwortung für dieses Land und dafür, meine Damen und Herren, dass solcher Missbrauch von Arbeitnehmerinteressen der Vergangenheit angehören muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Gesamtrestredezeit für den SPÖ-Klub: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.40.10

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Klubobmann Scheibner! Dem Herrn Finanz­minister – er ist nicht mehr hier –, aber auch Herrn Abgeordnetem Amon möchte ich Folgendes sagen: Das waren natürlich alles Krokodilstränen, die Sie hier für den ÖGB und für die BAWAG vergossen haben. Ihnen geht es darum, dass die Arbeitnehmer­seite in der Auseinandersetzung geschwächt wird. (Abg. Scheibner: Das haben Sie selbst gemacht!) Das ist es! Das waren Kritiker Ihrer Regierungspolitik, und die wollen Sie nachhaltig schwächen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen Sie doch nicht her, fangen Sie hier nicht zu heulen an und fragen, welchen Schaden das alles bedeutet! – Das ist einmal als erster Punkt festzustellen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Als zweiter Punkt ist festzustellen: Kommen Sie nicht her und tun so, als ob es hier auch nur einen Einzigen gäbe, der Verständnis für das Management der BAWAG hätte! (Abg. Scheibner: Weiter beschäftigen!) Kommen Sie nicht mit dem her! Man soll alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Verantwortlichkeiten klarzustellen bis hin, dass sie Wiedergutmachung leisten müssen. Und unterstellen Sie hier


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niemandem, dass es auch nur irgendein Mitgefühl für dieses gescheiterte Management geben kann! Das muss einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sprechen vom Bankenplatz Österreich. Ich habe mir die Wahlkampflinie des Herrn Lopatka angesehen. Davor braucht man sich nicht zu fürchten, denn wenn Sie diesen Kinderwahlkampf weiterentwickeln, dann ist das nicht gefährlich. Aber wenn Sie jetzt damit anfangen, sechs Monate lang eine Bank in den Wahlkampf hineinzuziehen, dann riskieren Sie den Ruf aller Banken. (Abg. Dr. Fekter: Nur den roten Sumpf!) Und Sie kennen das, was die Menschen draußen sagen. Die sagen, in allen Banken geht es so zu. – Das ist das, was die draußen sagen.

Ja, das ist das, was die draußen sagen. Und dann werden Sie sich wundern, wenn die Sparer zu allen Banken kein Vertrauen mehr haben. Das ist dann Ihre Verantwortung, wenn Sie diesen Weg gehen. Davor kann ich nur warnen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Im „Standard“ stand am Samstag auf der ersten Seite: BAWAG, auf Seite 7: Raiffeisen, Energieverluste, Investitionsverluste, Georgien, Sparkasse Tirol. Wir können das aufarbeiten. (Abg. Ing. Kapeller: Nicht in der Art und Weise! Der ÖGB ... arbeitenden Menschen ...!)

Ganze Listen gibt es da! Wir können hier auch Aufsichtsratssitzungen simulieren. Dann können Sie sich eine schwarze Bank aussuchen, alles ist möglich, aber es schadet der Wirtschaft, es schadet dem Bankenplatz. Daher soll man damit bitte seriös umgehen und nicht so, wie Sie das tun. Das ist unverantwortlich, das ist keine Wirtschafts­kompetenz, Wirklich nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Und das Scheibner-Spielchen am Anfang – wer wusste was?; ich sage dir im Vertrauen, so war es, aber red’ nicht weiter – können wir fortsetzen. Da können wir dann gleich schauen, wer aller wann und wie im Aufsichtsrat gesessen ist. Was war mit den Staatskommissären, die von der Regierung sind? Du, Staatskommissär, ich sag’ dir im Vertrauen, da rennt was, aber erzähl’ es nicht weiter.

Dieses Spielchen können wir endlos fortsetzen, bis hin zum Finanzminister. Heast, Karl-Heinz, drück ein Auge zu! Weißt eh, aufpassen, Vorsicht! – Aber ja, machen wir schon! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei diesem Spiel sind dann alle dabei! Das ist keine Art und Weise, wie hier vor­zugehen ist. (Abg. Scheibner: Der Elsner ist vorige Woche im Stiftungsrat geses­sen!) Wenn man Wirtschaftskompetenz vortäuschen will, wenn man haben will, dass die Banken in Österreich vernünftig Geschäfte machen und auch wirklich existieren kön­nen, dann ist das unverantwortlich. Das sage ich Ihnen: Das zeugt nicht von Regie­rungsfähigkeit. Wirklich nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Tolle Rollenverteilung: Grasser mit den dicksten Krokodilstränen, der über die Wirt­schaft spricht und so weiter. Dann Lopatka, dann Scheibner, dann Amon. Diese Rollenverteilung hier war unanständig. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Unanständig! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Bei euch nur Schweigen! – Abg. Rädler: Das ist ungeheuerlich!) Das hören Sie ungern. Das müssen Sie sich jetzt alles einmal anhören.

Und jetzt reden wir über politische Verantwortung! Nachdem die Diskussion losge­gangen ist, ist Präsident Verzetnitsch zurückgetreten. Vier Vorstände sind – das sei nur hinzugefügt – übrigens auch zurückgetreten. Wer ist von der Regierung bis jetzt zurückgetreten? – Wenn ich mir das so anschaue ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)


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Ja, wenn Sie lachen über die Grasser-Homepage, über Gehrer, über all die Minister, die längst rücktrittsreif gewesen wären ... Ich weiß schon, politische Verantwortung bei Ihnen ist geteilt. (Abg. Scheibner: Armselig ist das!) Bei uns muss sie wahrgenommen werden, bei Ihnen können Sie das nicht einmal buchstabieren. Das ist genau das, wo die Trennung gegeben ist. Und das ist unsauber! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Abschluss sage ich – der Finanzminister hat es selbst gesagt: der Sozialdemokrat Ewald Nowotny wirkt hier an der Aufklärung mit –: Nicht so tun, als ob die Sozial­demokraten nicht interessiert wären. So kann man das nicht bewältigen. Er wirkt hier mit; das sollten Sie zur Kenntnis nehmen und nicht alle in einen Topf werfen. Das ist nämlich wirklich ungehörig. (Abg. Mag. Molterer: Jetzt ist er wieder Sozial­demokrat? – Abg. Scheibner: Wer ist ein Sozialdemokrat?)

Sie haben gesagt: Es ist kein ÖGB-Mitglied herausgekommen. – Wir alle sind ÖGB-Mitglieder. Wir alle fühlen uns berufen, hier herauszukommen. Und wir haben hier unseren Standpunkt eindeutig klargestellt. (Beifall bei der SPÖ.) Das war unanständig, was Sie heute gemacht haben. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

17.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: 2 Minuten Redezeit.

 


17.45.45

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Abgeordneter Dr. Cap hat behauptet, die ÖVP hätte Interesse daran, die Arbeitnehmerseite zu schwächen. (Abg. Eder: Genau!)

Ich berichtige tatsächlich: Nichts kann die Arbeitnehmerseite mehr schwächen als die Malversationen, die sozialistische Gewerkschafter hier decken und verteidigt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17. 46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Pilz. Gesamtrestredezeit für den grünen Klub: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: Der Aufdecker! Untersuchungsausschuss!)

 


17.46.33

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem meinen Vorredner Josef Cap völlig unvorhergesehen und spontan die Empörung überwältigt hat (Heiterkeit bei der ÖVP), möchte ich doch sagen, dass dies in einem Punkt zu Recht passiert ist. Wäre Fritz Verzetnitsch nicht Präsident des ÖGB, sondern, sagen wir einmal, Karibik-Staatssekretär der Regierung Schüssel gewesen, wäre er nach wie vor im Amt und bekäme möglicherweise zusätzlich das Bildungsministerium übertragen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Das festzustellen, ist nicht unerheblich, weil es in unserem Land sehr selten eine ausreichende politische Kultur in Bezug auf politische und persönliche Verantwortung gibt. Dort, wo Rücktritte längst schon die Regel sein müssten, ist es noch in keinem einzigen Fall dazu gekommen. – Erster Punkt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt. Wir Grüne haben heute – Alexander Van der Bellen hat damit begon­nen, Michi Sburny und Werner Kogler haben es wiederholt – auf einige Punkte hinge­wiesen und um Klärung, Erklärung und Konsequenzen ersucht – nicht nur in Wahrnehmung der Kontrollfunktion des Nationalrates, sondern im Interesse eines starken ÖGB. Und ein ÖGB kann nur dann stark sein, wenn er vertrauenswürdig ist. Er


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ist nur dann vertrauenswürdig, wenn er sauber ist und wenn kein Schatten eines wirtschaftlichen oder politischen Verdachts auf ihm lastet.

Unsere Fragen sind heute nicht beantwortet worden. Erstens ist die Frage nicht beantwortet worden: Sind Sie bereit – und die SPÖ hat nachweislich etwas mit dem ÖGB zu tun –, darauf einzuwirken, dass sich der ÖGB vom Eigentum an der BAWAG trennt und diesbezüglich eine Lösung vorbereitet?

Zweitens: Sind Sie bereit, darauf einzuwirken, dass die Spitze der österreichischen Arbeiterkammer und ein künftiger Präsident der österreichischen Arbeiterkammer wieder mit dem uneingeschränkten öffentlichen Vertrauen, nicht nur der Menschen, die er vertritt, rechnen kann?

Drittens: Sind Sie bereit, ernsthaft darüber nachzudenken, wie mit unvereinbaren – nicht gesetzlich unvereinbaren; gesetzlich gibt es da kein Problem, aber politisch offensichtlich – Doppelfunktionen umgegangen werden soll?

Soll es in der Früh wirklich so sein, dass ein Aufsichtsrat aufwacht und sagt, ja, bei der Eurofighter-Finanzierung werden wir blendend verdienen, aber, jessas na, ich darf die Klubsitzung nicht versäumen, denn da bereiten wir eine Abfangjäger-Dringliche vor? (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das kann doch nicht die Zukunft sein.

Geben Sie dem Vorsitzenden einer Einzelgewerkschaft, geben Sie insbesondere dem künftigen Präsidenten des ÖGB nicht diese politische Hypothek mit, sich jeden Tag überlegen zu müssen, was er unter dem Diktat des Klubzwangs der SPÖ möglicher­weise auch gegen die Interessen der eigenen Gewerkschaft und des Gewerkschafts­bundes vertreten muss!

Und ein Letztes: § 4 Abs. 4 Parteiengesetz – Herbert Scheibner hat heute zum Glück damit angefangen, das ist heute nicht von uns ausgegangen –, legen Sie offen, wie viel von so genannten privaten Interessenverbänden, von Wirtschaftsverbänden, die auf „freiwilliger Mitgliedschaft“ beruhen, wie es im Parteiengesetz heißt, an die einzelnen Parteien geflossen ist!

Kleiner Hinweis: Im Jahre 2000 waren es für die SPÖ 1,7 Millionen €, für die ÖVP 360 000 €, im Jahr 2001 2,4 Millionen € für die SPÖ, für die ÖVP 570 000 €, im Jahr 2002 5,7 Millionen € für die SPÖ, 1,4 Millionen € für die ÖVP und 20 000 € erstmals für die Freiheitlichen. Im Jahr 2003 – im Eurofighter-Vertragsjahr – 990 000 € für die SPÖ, 310 000 € für die ÖVP und plötzlich 750 000 € für die Freiheitliche Partei. (Ruf bei der SPÖ: Hört! Hört!) Im Jahr 2004 1,7 Millionen € für die SPÖ, 670 000 € für die ÖVP, 360 000 € für die Freiheitliche Partei. Seit 1990 waren das für die SPÖ insgesamt 23 Millionen €, für die ÖVP 12 Millionen € und für die FPÖ 3 Millionen €.

De Frage eines ÖVP-Kollegen beantworte ich gerne: Seit 1990 floss nachweislich kein Schilling, kein Groschen, kein Euro und kein Cent auf irgendein Konto der Grünen Partei, weil wir unter diesem Titel kein Geld zu beziehen pflegen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Legen Sie das offen! Kommen Sie der Aufforderung von Klubobmann Scheibner nach, und wir werden gemeinsam ein kleines Stück an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Scheuch, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend lückenlose Aufklärung des ÖGB-BAWAG-Skandals.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 176.) (Abg. Gradwohl: Warum schaut ihr so groß?)

17.52.49 Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3751/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Inneres mit der Ordnungszahl 3751/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Ver­lesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Parnigoni als Antragsteller, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


17.53.32

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist ja an und für sich unglaublich – das muss man feststellen –, welche Anschüttungen hier seitens der Regierungsfraktionen in den letzten zweieinhalb Stunden gekommen sind. (Abg. Prinz: Das sind nicht Anschüt­tungen! Das sind Tatsachen! – Abg. Dr. Fekter: Fakten!) Im Gegensatz zu diesen verbalen Attacken haben wir es schwarz auf weiß durch eine unter Wahrheitspflicht abgegebene Beantwortung der schriftlichen Anfrage 3849/J von mir an die Frau Bundesministerin, dass der ÖVP- und Gehrer-Günstling Direktor Seipel in der Öffent­lichkeit bewusst und mehrfach die Unwahrheit gesagt hat, um seine hoch dotierte Funktion als Direktor des Kunsthistorischen Museums zu retten.

Meine Damen und Herren, das muss Konsequenzen haben!

Die Fakten sind: In der „Tiroler Tageszeitung“ – aber auch in anderen Zeitungen wurde das wiedergegeben – hat Seipel der Öffentlichkeit Folgendes mitgeteilt – ich zitiere –:

„Wenn sich die Polizei nicht auf diesen Deal mit dem Täter eingelassen hätte, hätte dieser vermutlich das Versteck der ,Saliera‘ nicht verraten.“

Was sagt die Innenministerin dazu? – Ich zitiere wörtlich:

„Nein, ein solcher ,Deal‘ wurde mit dem Verdächtigen nicht geschlossen.“ Und weiter heißt es: „Ein solcher ,Deal‘ ist rechtlich nicht zulässig. Je nach Umständen wäre der Tatbestand des Amtsmissbrauches erfüllt.“

Hohes Haus! Herr Seipel hat damit nicht nur die Unwahrheit gesagt, er hat auch den PolizistInnen, welche die durch seine Schlamperei gestohlene „Saliera“ für die Re­publik zurückgebracht haben, Amtsmissbrauch vorgeworfen. Das ist eine schändliche Vorgangsweise, die wir zutiefst verurteilen! (Beifall bei der SPÖ.)

In der „ZiB 2“ hat Seipel wiederholt wörtlich Folgendes behauptet – ich zitiere –:

Wir hatten kurz nach dem Tathergang versucht, mit der WEGA diesen Einbruch nach­zustellen. Es war der WEGA nach eineinhalb Stunden nicht möglich, auf dem selben Weg hineinzukommen. – Zitatende.


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Dazu wiederum die Frau Bundesminister wörtlich – ich zitiere –: 

„Erklettern des Gerüstes und Eindringen in das KHM wäre binnen Minuten möglich gewesen.“

Damit hat Seipel ein hoch ausgebildetes Spezialkommando der Exekutive der Lächerlichkeit preisgegeben und der Unfähigkeit geziehen.

Der dritte Teil meiner Anfrage hat sich damit befasst, Hohes Haus, was Sie, Frau Bun­desminister, unternommen haben, um den Anschüttungen Seipels gegenüber der Exekutive entgegenzutreten. Sie haben gemeint, es hätte ausgereicht, dass Sie in der „ZiB 3“ zu diesen Äußerungen Stellung genommen haben.

Meine Damen und Herren, das ist uns zu wenig, das ist uns wirklich zu wenig! Es reicht nicht, dass solche in der breiten medialen Öffentlichkeit vorgetragenen Äußerungen und Anschüttungen nur vor einem mitternächtlichen Fernsehpublikum dementiert werden. Wir erwarten von Ihnen heute und hier eine dezidierte Richtigstellung der beleidigenden Äußerungen von Seipel gegenüber der Exekutive.

Meine Damen und Herren, es entspricht nicht den Usancen des Hauses, das Wort „Lüge“ zu verwenden; ich stelle also in den Raum, ob diese Unwahrheiten anders zu benennen sind, und fordere den Herrn Direktor dazu auf, dass er endlich seinen Hut nimmt. (Abg. Dr. Fekter: Gilt das auch für Tumpel? – Abg. Gradwohl: Ist der in der Regierung?)

Es ist im Übrigen ein Markenzeichen dieser Regierung geworden, dass sie unsere verdiente Exekutive in mittlerweile schon empörender Art und Weise im Stich lässt – sei es bei der Schwerarbeiterregelung, sei es bei den Arbeitsbedingungen, sei es beim Exekutivdienstgesetz. In den letzten sechs Jahren wurde dieses Exekutivdienstgesetz wiederholt, von Bundeskanzler Schüssel abwärts, versprochen. Nichts ist in Angriff genommen worden. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Als wäre das nicht genug: Wir erinnern uns noch mit Schrecken an die Aussagen des Herrn Staatssekretärs Finz, der vor etwa einem Monat den berechtigten Sorgen der Polizeibeamten hinsichtlich der Schwerarbeiterregelung mit einer beispiels­losen Entgleisung begegnet ist, als er meinte: Na sollen sie halt auf die Barrikaden steigen!

Meine Damen und Herren, das ist ein bedrückendes Beispiel dafür, in welcher Art und Weise die Regierung mit ihren Sicherheitsgaranten umgeht! Diese Aussagen entlarven das fehlende Verantwortungsbewusstsein der Regierung gegenüber dem Staat, seinen Sicherheitsorganen und auch gegenüber der Bevölkerung.

Hohes Haus! Wir Sozialdemokraten wehren uns entschieden gegen die jahrelange schlechte Behandlung der Exekutive – nicht nur deshalb, weil sie durch Fleiß, durch Mut, durch besondere Einsatzbereitschaft in Wirklichkeit jenes Korrektiv für diese verfehlte Sicherheitspolitik der Regierung darstellt und weil die Bevölkerung auch darunter leidet, sondern der Abbau von 4 000 Planstellen im Bereich der Exekutive in den letzten fünf Jahren hat auch den Sicherheitsstandard unseres Landes dramatisch nach unten geschraubt.

Wir können es ja nachweisen: Es gibt um mehr als 100 000 Kriminalfälle mehr und ein Absinken der Aufklärungsrate von über 50 Prozent auf etwa 39 Prozent. Und da muss man ja den Kolleginnen und Kollegen der Exekutive dankbar sein, denn da retten die völlig überarbeiteten übrig gebliebenen Exekutivbeamten das, was noch zu retten ist.

Frau Bundesministerin, Folgendes ist Faktum – ich hoffe, Sie besuchen auch so wie ich die eine oder andere Polizeidienststelle, um sich von diesen unwürdigen Arbeits­verhältnissen zu überzeugen –: zu wenige Computer, zu wenig Software, veraltete


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Datenleitungen, veraltete Einsatzfahrzeuge, seelisch und physisch ausgepowerte BeamtInnen.

Ja nicht einmal das Reinigungsservice klappt. Bei meinem letzten Besuch in einem Kommissariat in Wien habe ich festgestellt, dass von den vor zwei Jahren statt­gefundenen Ausmal- und Umbauarbeiten heute noch die Fenster mit Farbresten verschmutzt sind. Die Aufforderung an die Bediensteten hat gelautet: Ja, bitte sehr, meine Damen und Herren, Reinigungsdienst gibt es keinen, ihr Polizisten könnt euch ja selbst die Dienststelle putzen. – Uns erzählen Sie immer, Frau Bundesminister, dass die Exekutivbeamten hoch ausgebildet auf der Straße ihren Dienst versehen, und in Wirklichkeit werden sie zur Verrichtung von Reinigungsdiensten herangezogen.

Hohes Haus! Wir erwarten uns von dieser Bundesregierung und im Besonderen von Ihnen, Frau Bundesminister, dass Sie sich künftighin deutlicher von schädigenden Äußerungen Ihrer Parteifreunde distanzieren, dass Sie sich offensiver für die Bedürf­nisse der österreichischen Polizei einsetzen, für zumutbare Arbeitsbedingungen, für mehr Personal, das dringend notwendig ist, für eine zeitgemäße Ausrüstung und für ein gerechtes Lebensarbeitszeit-Modell, das die Kolleginnen und Kollegen dringend benötigen, und für die Verwirklichung des längst versprochenen – seit Jahren ver­sprochenen! – Exekutivdienst-Gesetzes. – Diese defensive Form der Beantwortung von Anfragen trägt wenig dazu bei, und ich glaube, das ist nicht der richtige Weg.

Ich fordere Sie auf, dass Sie die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ernst nehmen und dass sie von Ihnen hinkünftig in Schutz genommen werden, wenn Ihre Parteifreunde sie in diffamierender Art und Weise beleidigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß Geschäftsordnung jeweils 5 Minuten.

Als Nächster am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


18.01.47

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Parnigoni, die Seipel-Beschimpfungen hier herinnen feiern fröhliche Urständ – mehr kann man dazu nicht sagen. Die „Saliera“ ist wieder da, wir freuen uns, und wir haben uns auch bei der Exekutive für das hervorragende Verhalten bedankt. Wir, Abgeordneter Parnigoni, mischen uns nicht in den Wahlkampf der Exekutive ein, die in den nächsten Wochen wählt, und es wird Ihnen sicher nicht gelingen, hier Stimmung zu machen! Sie haben genug Probleme mit den FSG-Gewerkschaftern, die jetzt auch in den Medien lesen müssen, was mit der BAWAG, was mit den Gewerkschaftsbeiträgen et cetera passiert ist.

Die Kriminalisierung Seipels, die oft in diesem Haus erfolglos versucht wurde, hat sich in Luft aufgelöst. Die Bilanz des Kunsthistorischen Museums kann sich sehen lassen: 1,5 Millionen Besucher, eine gesicherte Basisfinanzierung, 39 Prozent der Kosten wer­den eigenerwirtschaftet. Das Museumsgesetz 1998 hat den Museen Eigenständigkeit gebracht und hat sich wirklich bewährt! Weit über 200 Sonderausstellungen sprechen eine sehr, sehr klare Sprache. Das Kunsthistorische Museum, Herr Abgeordneter Parni­goni, gehört zu den fünf bedeutendsten Museen der Welt. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Aus der erfolgreichen Tätigkeit Seipels, seiner Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter kann man keinen Skandal konstruieren! Diese Konstruktion hat keine Aussicht auf Erfolg!


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Reden wir über die wahren und wirklichen Skandale in dieser Republik, reden wir über die BAWAG! Wenn Ihr Wirtschaftssprecher heute nur die Aussage zusammenbringt, dass zum Schluss Grasser schuld ist und alle anderen eigentlich nicht, wenn das die logische Konsequenz aus diesem Skandal ist, dann ist das ein wirklicher Skandal! (Abg. Gradwohl: Ist der Grasser für die „Saliera“ zuständig?)

Warum hat Landeshauptmann-Stellvertreter Haider in Oberösterreich nicht geschaut, dass die BAWAG Anteile an der Voest kauft? – Hätte er ruhig machen können! Er hat gesagt, die Voest wird an die Russen verkauft, anstatt sich zu engagieren, so wie oberösterreichische Banken Arbeitsplätze in Oberösterreich gesichert haben. Das wäre Aufgabe einer BAWAG gewesen, aber nicht das Geld – 1,4 Milliarden €! – zu ver­zocken! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Parnigoni, eines noch: Sie waren ja bis vor kurzem im Präsidium des ARBÖ – stimmt das? (Abg. Parnigoni: Sicher!) Sie müssen ja ein bisschen etwas wissen, ich habe daher noch fünf Fragen an Sie – bitte mitschreiben! –, denn es ist wirklich wichtig, dass dies auch hier herinnen zur Sprache kommt. Sie haben das sinkende Schiff verlassen, vom Schiff, das im Untertauchen ist, sind Sie schnell abgesprungen. – Fünf Fragen:

Stimmt es, dass der ARBÖ ab 2007 zahlungsunfähig ist?

Stimmt es, dass es 18 Prozent Gehaltserhöhung pro Jahr für den Generalsekretär gegeben hat?

Stimmt es, dass ein Jahresgehalt von weit über 200 000 € vorliegt?

Stimmt es, dass Reisegutscheine verbucht wurden für private Nutzungen, für Türkei-Reisen von Töchtern und Schwiegersöhnen?

Stimmt es, dass private Nutzungen von Aktionsautos, die für den ARBÖ bestimmt waren, durch Familienmitglieder von Hellar wahrgenommen wurden?

„Auch Ihre Familie soll die Sicherheiten und Vorteile des ARBÖ genießen“, heißt es auf der ARBÖ-Homepage. – Das wurde offensichtlich zu ernst genommen.

Beantworten Sie diese Fragen! Müssen diese Fragen mit Ja beantwortet werden, dann ist das ein wahrer Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Medien haben geschrieben: Verdacht auf Veruntreuung von Vereinsvermögen – „NEWS“, 9. März; ARBÖ-Prüfer schlagen Pleite-Alarm – „NEWS“, 9. März; ARBÖ wird Fall für den Staatsanwalt – „Standard“, 9. März 2006.

Das sind die wahren Skandale! Reden wir darüber und klären wir sie auf! – Die Bevölkerung hat ein Recht darauf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.– Abg. Parnigoni: Gehen Sie zum ARBÖ und fragen Sie sie!)

18.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Muttonen. 5 Minuten. – Bitte.

 


18.05.57

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Sonnberger, dass Sie nächste Woche im Kulturaus­schuss vermutlich wieder die Enderledigung des Kulturberichts beschließen werden, beweist mir, dass Sie offensichtlich nicht wirklich über Kultur und auch über die Museums-Misere in einer größeren Öffentlichkeit, also hier im Plenum, sprechen wollen.


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Aber etwas lässt sich schon ganz deutlich herauslesen, zum Beispiel aus der Chro­nologie der Ereignisse rund um den Diebstahl der „Saliera“. Es gibt da ein Muster: Schuld sind auf jeden Fall immer die anderen! Es war keinesfalls der Direktor des Kunsthistorischen Museums Seipel schuld, aber auch nicht Ministerin Gehrer. – So wenig konsequent die Regierung sonst auch sein mag, von dieser Argumentationslinie lässt sie sich nicht abbringen, nämlich: Wir waschen unsere Hände in Unschuld, die Bösen sind die anderen.

Nach dem Einbruch im Kunsthistorischen Museum im Mai 2003 waren es zunächst internationale Täterbanden, dann war es gar die Kunst-Mafia, die von der Kritik an den sicherheitstechnischen Ausstattungen des Museums ablenken sollte. Dann war es die Burghauptmannschaft, die schuld war an der schlechten Außensicherung des Kunst­historischen Museums. Ja, und nicht zu vergessen, es waren auch noch die dienst­habenden Wachbeamten schuld, denn die haben nach Hunderten von Fehlalarmen nicht rechtzeitig reagiert. Aber jedenfalls nicht schuld war Frau Ministerin Gehrer, nicht schuld war Direktor Seipel.

Dann wurde der Täter gefasst, und es stellte sich heraus, dass er ein Amateur war, keine Erfahrung in der Durchführung von Einbrüchen hatte, dass er keiner Täterbande angehörte und dass er auch nicht in Italien mit der Kunst-Mafia zusammenarbeitete, wo Herr Seipel eigenständig als Möchtegern-Sherlock Holmes unterwegs war.

Als dann auch noch Hofrat Ernst Geiger, der Leiter der „Saliera“-Ermittlungen, meinte, dass auch promptes Reagieren des Wachpersonals den Diebstahl nicht hätte verhin­dern können, brauchte man einen neuen Schuldigen. Wer war dann schuld? – Es bietet sich ja direkt an: die Polizei!

In Interviews hat Museumsdirektor Seipel fabuliert, ganz unglaubliche Dinge hat er von sich gegeben. Er hat gesagt, es hätte Deals gegeben zwischen Täter und Exekutive, und er hat den Eindruck erweckt, als ob das Sonderkommando Wega eine fußmarode Truppe wäre, die ein Baugerüst nicht in eineinhalb Stunden bewältigen würde.

Wieder das gleiche Muster, Sie erkennen es: Schuld sind immer die anderen!

Die Fakten sind andere: Der „Saliera“-Diebstahl war nur deshalb möglich, weil die Sicher­heitsvorkehrungen im KHM nachweislich schlecht waren. Sie wissen, es gab das unbewachte Baugerüst, die Fenster waren nicht alarmgesichert, die Video-Anlage war abgeschaltet, weil es sowieso dunkel und Nacht war, es gab zahlreiche Fehlalarme, die „Saliera“-Vitrine bestand aus Fensterglas, und der Raum war für Skulpturen überhaupt nicht vorgesehen. – Das alles lag in der Verantwortung von Direktor Seipel. Schuld waren also nicht, wie vorher erwähnt, all die anderen.

In der ganzen Causa haben Elisabeth Gehrer als zuständige Ministerin sowie Direktor Seipel nicht nur versucht, ihre Verantwortung wegzuschieben, sondern sie haben auch noch versucht, andere Menschen und andere Institutionen zu beschädigen. – Und da, Frau Innenministerin, hätte ich mir von Ihnen erwartet, dass Sie sich hinter Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stellen, und das haben Sie nicht getan.

Interessant war dann die Beantwortung der Anfrage des Kollegen Parnigoni, in der Sie ganz deutlich sagen, die Situation sei eine andere, aber Sie haben sich nicht wirklich öffentlich hinter Ihre Beamten gestellt. Den Exekutivbeamten wurde quasi Amts­missbrauch unterstellt, und da wundert es mich schon sehr, dass Sie nicht einen Aufschrei gemacht, wirklich protestiert und Ihre Beamten geschützt haben.

Aber offensichtlich ist Ihnen das nicht wirklich ein Anliegen, denn in einer Beantwortung einer Anfrage von mir haben Sie das auch gezeigt. Sie haben mich wissen lassen, dass Sie keine Meinung haben zu dem erhöhten Sicherheitsrisiko für Exekutivbeamte und -beamtinnen bei Tempo 160 auf der Autobahn. Ich schließe daraus, es interessiert


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Sie nicht, was mit den Exekutivbeamten geschieht. Das finde ich sehr bedauerlich, Frau Ministerin. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­ministerin Prokop. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.12.43

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Hohes Haus! Ich möchte noch einmal ganz kurz die Fragebeantwortung erläutern. Es gab keine Rekonstruktion des Ein­bruchs selbst im Sinne des Besteigens des Gerüstes, sondern es erfolgten eine Exper­tise und eine Begutachtung durch Experten der WEGA. Da konnte festgestellt werden, wie die Täter eingestiegen sind und wie sie am schnellsten eindringen konnten. Das Erklettern des Gerüstes und das Eindringen wären laut Experten der WEGA binnen weniger Minuten möglich gewesen. Ich habe das auch in der Anfragebeantwortung so zum Ausdruck gebracht.

Wie bereits erwähnt, ist anzunehmen, dass die eineinhalb Stunden auf die Tatre­konstruk­tion bezogen waren. Genau das ist auch in einem Fernsehinterview gesagt worden.

Ich möchte aber auch noch einen Punkt anschneiden, denn es ist in dieser Debatte festgestellt worden, dass Österreich einen sehr schlechten Sicherheitszustand aufzu­weisen hat. Tatsache ist, dass Österreich in allen Statistiken zu den sichersten Län­dern dieser Welt gehört, und ich glaube, darauf können wir alle miteinander stolz sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Zweiten, wenn die Statistik angeschnitten wird: Diese Statistik in dieser Form gibt es erst seit 2000. Da kann man keine Vergleiche mit anderen Statistiken anführen, die händisch geführt wurden und nicht EDV-mäßig geführt wurden. Und es gibt seit dieser Zeit auch neue, breite Kriminalformen, die früher nicht in der Statistik aufgeschienen sind. Damit gab es auch eine weitaus höhere Fallanzahl, aber Sie sehen auch in den letzten Statistiken, dass die Aufklärungsrate deutlich nach oben steigt, und das ist der Arbeit unserer Exekutive zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur technischen Ausstattung, die so schlecht hier dargestellt wird, möchte ich nur eines feststellen: Wir sind mit Packs 4, mit der Ausstattung fertig; Packs 4 ist abgeschlossen. 15 000 Geräte wurden in den letzten wenigen Jahren angeschafft, eine gewaltige Zahl. Wir werden heuer noch alle Dienststellen mit Breitbandkommunikationsverbindungen ausstatten. Es gibt kaum eine Verwaltung, die das hat. Ich glaube, das ist ein Vor­zeigemodell. Ich will nur noch die Uniformen, die Kraftfahrzeuge, die Immobilien­offensive nennen. Ganz besonders wichtig ist es, in den alten Bundespolizeidirektionen und -inspektionen in den Städten große Maßnahmen zu setzen. Hier ist historisch ein großer Aufholbedarf gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren und Hohes Haus! Ich nehme unsere Mit­arbeiter selbstverständlich in jeder Form gegen alle ungerechtfertigten Angriffe in Schutz. Das ist in diesem Fall so geschehen, wir haben es klargestellt. Aber ich tue es auch in anderen Bereichen, wenn man ihnen zum Beispiel Fälschung der Statistik vorwirft. All das ist unkorrekt unseren großartigen Beamten gegenüber. Gerade in der letzten Zeit ist zur Verbesserung für unsere Mitarbeiter enorm viel geschehen. Wir haben seit 2000 um 1 000 Mitarbeiter mehr auf der Straße. Wir haben es geschafft, dass die Exekutive in die Schwerarbeiterpensionsregelung hineinkommt. Wir haben im Bereich der Nachtdienstzulage und der Wochenendzulage eine neue Zulage ge­schaffen. Wir haben die E 2b-Zulage realisiert. Also ich glaube, es ist nicht wenig geschehen. Und genau das verdienen sich unsere Exekutivbeamten, und ich bin froh,


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dass wir so eine gute Exekutive und Polizei in Österreich haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Neugebauer: Danke, Frau Bun­desminister!)

18.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt zu Wort Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Auch für Sie 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


18.15.41

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Parnigoni, mir ist eigentlich Ihre Anfragebesprechung nicht ganz klar. Was wollen Sie eigentlich damit? Wollen Sie vom BAWAG-Debakel ablen­ken, über das wir schon den ganzen Nachmittag geredet haben? Oder sind es die Personalvertretungswahlen, die in den nächsten Wochen anstehen? Etwas anderes fällt mir nicht ein.

Sie stellen sich da her, fangen weinerlich an, die Ablöse von Seipel zu fordern, erzäh­len uns dann vom Putzen der Wachzimmer, von der Schwerarbeiterregelung und verschiedenes anderes, ohne aber ein wirkliches Substrat zu haben. – Oder wollen Sie mit Ihrer Anfrage eine Kulturdebatte entfachen? Möglicherweise sind es doch die Personalvertretungswahlen oder die BAWAG. (Abg. Scheibner: Schlecht gemacht!) Schlecht gemacht, ja!

Genauso kläglich, wie die Diskussion im Rahmen der BAWAG-Dringlichen war, ist auch diese Anfragebesprechung, die Sie da verlangen.

Ich möchte Ihnen noch sagen, Herr Abgeordneter Parnigoni: Ich verteidige nicht den Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, ich verteidige auch nicht die Frau Unterrichtsminister Gehrer, ich verteidige auch nicht die Innenministerin, die Ihre Anfrage wirklich perfekt und korrekt beantwortet hat, sondern ich antworte Ihnen hier so, wie ich die Dinge sehe. Ich habe zum Beispiel diese unglaublichen Anschüttungen, von denen Sie in Ihrer Anfrage reden, nirgendwo finden können. Ich habe mir extra die gesamten Aussendungen und Pressemeldungen der damaligen Zeit, als die „Saliera“ gefunden worden ist, herausgesucht: Ich habe die Anschüttungen nicht gefunden.

Die einzige Anschüttung, die ich jetzt im Rahmen der Diskussion gehört habe, war die von Frau Muttonen, die der Frau Minister vorgeworfen hat, ihre Exekutivbeamten lägen ihr nicht am Herzen, es sei ihr völlig egal, wie es ihnen geht und wie sie ausgerüstet sind. Eine derartig perverse, absurde Anschüttung habe ich wirklich schon lange nicht gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Also, wie gesagt, das Wasser, das Sie da um Ihre Anfrage machen, ist mir völlig unklar.

Herr Hofrat Geiger hat in einer Presseaussendung gesagt, er fühle sich nicht ange­griffen durch die Wortmeldungen des Herrn Seipel. Und im Übrigen: Herr Seipel steht ja nicht unter Wahrheitspflicht. Er kann seine Meinung über die Exekutive äußern so wie jeder andere Mensch auch, so wie jeder Verkehrsteilnehmer, der sich durch ein Strafmandat ungerecht behandelt fühlt oder wie auch immer.

Was mich gestört hat an der ganzen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit der Auffindung der „Saliera“, das waren die Medien, aber über die Medien haben wir ja keine Macht. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Denn von diesen wird der Verdächtige zum Helden hochstilisiert. Wenn es nach ihnen geht, soll dieser ganze Coup sogar verfilmt werden. Die ganze Aktion ist dargestellt worden sozusagen als Husarenritt eines Menschen, der immer flott drauf ist, ein Frauenliebling und was weiß


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der Teufel alles ist. Nur deshalb, weil er nicht dem Klischee eines Verbrechers ent­spricht, ist er so hochstilisiert worden.

Das war für mich etwas, was ich als wirklich unangenehm empfunden habe, denn meiner Meinung nach hat dieser Mann wirklich eine hohe kriminelle Energie bewiesen, indem er erstens einmal diesen Einbruch verübt hat, indem er dann jahrelang die „Saliera“ versteckt hat, sich nicht gemeldet hat, obwohl er gewusst hat, später wenigstens, dass das ein sehr hochwertiges Kunstwerk ist, das gesucht wird.

Aber eines möchte ich sagen: Die Gerichte und die Staatsanwaltschaften werden jetzt ermitteln, und denen traue ich zu und die haben mein Vertrauen, dass sie ohne irgendwelche Sentimentalitäten die Person des Täters sehen und die Tat auch richtig beurteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.20.04

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Parnigoni, dass der Direktor des Kunst­historischen Museums alle möglichen Leute mit hineinziehen will und in den letzten Monaten Amok läuft, weil er sich möglicherweise seiner mangelnden Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und auch der Umstände, was das Sicherheitsbedürfnis des Museums betrifft, bewusst ist, das ist uns völlig klar. Er wird dabei von der Kulturministerin Gehrer, wie wir wissen, unterstützt, gedeckt – auch ganz klar –, egal, was er anstellt. Auch dass die Polizei nicht versagt hat, ist uns völlig klar. Sie hat das aufgeklärt, so gut es gegangen ist, und sie hat auch gezeigt, dass innerhalb von Minuten jeder von uns mehr oder weniger über dieses Baugerüst einsteigen hätte können, um die „Saliera“ zu stehlen. Das alles ist ganz klar.

Allerdings ist mir nicht klar, was Ministerin Prokop jetzt direkt damit zu tun hat. Sie hat ja die Anfrage ordentlich beantwortet und das auch jetzt noch einmal wiederholt: Die Polizei hat das alles ordentlich gemacht. Es gibt also keine wie immer gearteten Beschuldigungen, die zurückgewiesen werden müssten, außer jene von Direktor Seipel, der sich übrigens bis heute nicht dafür entschuldigt hat. – Frau Dr. Partik-Pablé! Das war in der „Zeit im Bild 2“, wo Direktor Seipel diese Anschuldigungen gemacht hat; Sie wissen das auch.

Was ich nur überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist die Tatsache, dass dieser Museumsdirektor, der ständig Probleme gemacht hat und weiterhin macht, der auch ungesetzliche Aktivitäten gesetzt hat – und ich bin davon überzeugt, dass das auch weitergeht –, noch immer im Amt ist. Das kann ich irgendwie nicht nachvollziehen: dass dieser Direktor sechs ägyptische Grabbeigaben kauft und zwei davon sozusagen als Provision für sich in den Privatbesitz übergleiten lässt – das ist bis heute nicht gerichtet! –, dass er sein eigenes Auto an das Museum verkauft, um dann damit selbst weiter zu fahren, dass er die Sphinx ... (Abg. Gahr: Das ist schon oft diskutiert worden!)

Ja, das ist oft diskutiert worden, aber ohne Konsequenzen! Ich erspare es Ihnen auch, dass ich das jetzt alles aufzähle. Wir kommen ohnedies wieder damit, die Geschichte ist ja noch nicht aus. Also ich erspare Ihnen das ohnehin.

Aber in der ÖVP – das möchte ich schon sagen – gibt es offensichtlich diese Kultur des Rücktritts bei Verantwortung nicht. Und da muss ich schon sagen – und das hat auch Abgeordneter Peter Pilz vor einer halben Stunde gesagt –: Der Gewerkschafts­präsident ist immerhin zurückgetreten (Ruf bei der ÖVP: Zurückgetreten worden! –


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Zehn Jahre ...!), er ist sich seiner Verantwortung letzten Endes bewusst geworden. – Ja, Sie sagen, er ist zurückgetreten worden. Mag sein, dass ihm die Freunde und Freundinnen aus seiner Partei empfohlen haben zurückzutreten, und er hat das letzten Endes dann auch gemacht. Aber das würde ich mir von den Freunden und Freundinnen des Direktors Seipel in der ÖVP auch erwarten, aber da geschieht überhaupt nichts. Im Gegenteil, er wird gedeckt: Das, was er macht, ist alles super. – Ich glaube, da mangelt es an der Kultur der Verantwortung. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

18.23.20 Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 8. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Wunschredezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


18.23.37

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Damit wir uns wieder in das Thema einfinden können – die Debatte über die Ratifizierung des Prümer Vertrages wurde ja um 15 Uhr unterbrochen –, sage ich noch einmal kurz, worum es beim Prümer Vertrag geht.

Der Prümer Vertrag regelt den Austausch von DNA-Daten, daktyloskopischen Daten, zum Beispiel Fingerabdrücken, und Daten aus dem Kfz-Register. Abgeschlossen werden soll dieser Vertrag, wenn er dann endgültig ratifiziert ist, zwischen sieben EU-Staaten. Mit dem Prümer Vertrag wird es nun möglich sein, offene DNA-Spuren abzu­gleichen. Den Erwartungen zufolge – die Frau Ministerin erwartet sich das – sollen in Zukunft, nach Ratifizierung des Vertrages, um zirka 2 000 Verbrechen mehr aufgeklärt werden. – Wir werden sehen.

Zu den Vorwürfen des Kollegen Pilz, die nachmittags gegen all jene erhoben wurden, die diesen Vertrag unterstützen beziehungsweise bei der Abstimmung mit Ja stimmen, möchte ich sagen: Der Prümer Vertrag ist der erste polizeiliche Kooperationsvertrag in Europa, der konkrete datenschutzrechtliche Bestimmungen verbunden mit ent­sprechenden Kontrollen vorsieht. Das ist gut so, und das ist im Hinblick auf den Daten- und Grundrechtsschutz vorbildlich.

Die SPÖ wird dem Vertrag in der Endfassung daher zustimmen, weil eben die daten­schutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt werden konnten und weil es keinen generellen Zugriff auf österreichische Datenbestände gibt. Die Datenabfragen erfolgen anonymisiert und beziehen sich auf den Einzelfall. Zudem wird jede Datenabfrage protokolliert, sodass die Datenschutzkommission die Datenverwendung und –über­mittlung in jedem Einzelfall prüfen kann. Damit wurde die Stellungnahme des Daten­schutzrates eingearbeitet. Der Vertrag ist somit datenschutzrechtlich unbedenklich, und es kann ihm in dieser Form zugestimmt werden.

Was allerdings ein Problem ist, und ich weise noch einmal darauf hin – ich habe bei jeder Diskussion, bei der wir über die polizeiliche Kooperation diskutiert haben, auch darauf hingewiesen –: Frau Ministerin, wir sind jetzt führend durch die EU-Präsident­schaft, und ich weise darauf hin, dass wirklich auch bei den anderen Kooperations-


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verträgen zwischen der Polizei Kontrollrechte, Kontrollinstanzen geschaffen werden sollten – im Europäischen Parlament oder wo es eben am sinnvollsten ist. Ich glaube, das ist nachzuholen. – Das ist das eine.

Ein anderer Mangel, den ich noch aufzeigen möchte, ist – das wurde heute auch schon einige Male in der Debatte verlangt –, dass neben den sieben Staaten, die jetzt ratifizieren wollen, auch die anderen, restlichen Staaten diesen Vertrag noch ratifizieren sollten – nicht nur, um dieses Rechtswerk zu beschließen, sondern weil man auch vermeiden sollte, dass es bei verschiedenen Themen unterschiedliche Rechts­lagen in Europa, in der EU gibt, dass es verschiedene Themenbereiche gibt, wo sich ein unterschiedliches Kerneuropa-Gebilde formt. Ich glaube, das ist nicht gut, das sollten wir zu vermeiden versuchen, denn es ist wichtig, dass in dem ohnehin fragilen politischen Gebilde der EU einheitliches Recht herrscht und gleiche Rechtslagen bestehen, sonst gefährden wir das Projekt Europa noch mehr.

Ganz zum Abschluss, sehr geehrte Frau Ministerin, noch Folgendes: Wenn wir mit diesem Vertrag dann die Kontrollinstanzen – was gut und zu befürworten ist – über die Datenschutzkommission geschaffen haben werden, wird es dennoch notwendig sein, dass auch für die entsprechende personelle Ausstattung vorgesorgt wird, denn ohne die entsprechenden personellen Ressourcen nützt alles nichts.

In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie auf den Bundeskanzler einwirken werden, damit auch hier die Einhaltung dessen, was Gesetz ist, kontrolliert werden kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.28.17

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollegin Wurm hat die Debatte wieder auf das Thema zurückgeführt. Es geht bei dem heute hier vorliegenden Prümer Vertrag darum, dass wir in Europa ein Projekt in Gang setzen, mit dem mehr Sicherheit und mehr Nachhaltigkeit in der Kriminalitätsbekämpfung erreicht werden sollen.

In einem Europa, in dem Grenzen abgebaut werden und ein gemeinsames Europa gestaltet werden soll, sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass wir gerade bei der Sicherheit enger kooperieren und enger zusammenarbeiten. Es ist also unsere politische Verpflichtung und unser Auftrag, dass wir die grenzüberschreitende Kriminalität nachhaltig bekämpfen, dass wir Terrorismus bekämpfen, und ich glaube, dass wir auch die illegale Migration ganz nachhaltig bekämpfen müssen.

Es geht dabei auch darum, dass wir den Datenschutz nicht in Frage stellen. Der oberste Datenschützer im Parlament, Abgeordneter Maier, hat im Ausschuss ja ein Kompliment dahin gehend ausgesprochen, dass die datenschutzrechtlichen Auflagen erfüllt werden, dass es keine schwarzen Listen gibt, wie Kollege Pilz behauptet, und dass die Grundrechte in keiner Weise verletzt werden.

Der Datenausgleich ist die Chance, dass wir in Europa die grenzüberschreitende Kriminalität nachhaltig bekämpfen können. Ich bin dankbar, dass Österreich und vor allem Frau Bundesministerin Prokop hier eine Vorreiterrolle spielen und dass es nicht so ist, wie Kollege Pilz behauptet, der meinte, dass der G8-Gipfel im Jahr 2001 den Datenmissbrauch gefördert habe. Die Grünen als Europapartei sollten doch eigentlich für diesen Prümer Vertrag sein.


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Ein Dank an Frau Bundesministerin Prokop, denn mit diesem Projekt wird die polizeiliche Zusammenarbeit verstärkt und die Sicherheit in Europa erhöht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Pfeffer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.30.25

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wie heute schon mehrmals erwähnt, wird diese Regierungsvorlage über den Prümer Vertrag mehrheitlich beschlossen werden. Es wurde schon vieles gesagt. Ich möchte erwähnen, dass auch die Erfahrungswerte gezeigt haben, dass es sich lohnt, diesem Vertrag beizutreten. Wir von der SPÖ konnten einige Änderungen einbringen, und unter Berücksichtigung dieser werden wir natürlich dieser Regierungsvorlage zustimmen.

Eine SPÖ-Delegation des Innenausschusses konnte sich am 22. März 2006 vor Ort von der Arbeit der Beamtinnen und Beamten in der erkennungsdienstlichen Abteilung des BKA überzeugen. Es war für uns alle sehr beeindruckend, was im Dienste der Sicherheit dort geleistet wird. An einem Beispiel wurde uns demonstriert, was geschieht, wenn ein Urkundenfälscher, in diesem Fall ein Passfälscher, gefasst wird. Noch dazu kam er über Nickelsdorf, meinen Heimatbezirk, über die Grenze.

Apropos Nickelsdorf, meine Damen und Herren: Wissen Sie eigentlich, was an diesem Grenzübergang geleistet wird? Um Ihnen einiges zu verbildlichen, möchte ich hier kurz eine Statistik erwähnen:

In den Jahren 2003 bis 2005 sind 15 937 452 Personen nach Österreich eingereist und im gleichen Zeitraum 14 238 605 Personen aus Österreich ausgereist. Damit sind gleichzeitig 3 542 761 PKWs eingereist und 3 232 766 Pkws wieder ausgereist; 503 000 LKWs sind eingereist, 570 000 ausgereist; ebenso 89 442 Autobusse einge­reist und 66 290 ausgereist.

Meine Damen und Herren! Diesen Zahlen ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, außer mein Dank an alle Beamtinnen und Beamten, die zum Wohle der Sicherheit in unserer Gesellschaft arbeiten.

Aber auf einiges, Frau Bundesministerin, muss ich Sie noch aufmerksam machen: Die Beamtinnen und Beamten konnten früher in dem Haus, wo auch die Isolierstation für Tiere eingerichtet ist, im Zuge ihres Dienstes die Nacht verbringen. Aus Umständen, die ja bekannt sind, wurden dort mehr als 170 Tiere – in dem Fall Katzen – unter­gebracht. Aus gesundheitlichen Gründen ist dies notwendig, und das geht in Ordnung.

Aber jetzt verbringen diese Beamtinnen und Beamten ihre Schlafzeit zwischen den Umkleidespinds, wo sie ihre Klappbetten aufstellen müssen und wenig Platz ist. Dort sollte Abhilfe geschaffen werden. Frau Bundesministerin, bitte schauen Sie sich das an! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hornek zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.33.44

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat bezüglich der europaweiten polizeilichen Zusammenarbeit zur Terrorabwehr bereits erhebliche Vorleistungen erbracht. Im Mai 2005 einigten sich Deutschland, die Beneluxstaaten,


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Frankreich, Spanien und Österreich auf den so genannten Prümer Vertrag – benannt nach der Eifelstadt, in der der Vertrag unterzeichnet wurde.

Auf Grund dieses Vertragswerkes verpflichten sich die Vertragspartner, Informationen auszutauschen und somit den Informationsaustausch zum Zwecke der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten zwischen den Unterzeichnerstaaten wesentlich zu verbessern.

Als wesentliche Neuerung gegenüber der schon bisher guten Zusammenarbeit sieht der Vertrag vor, dass die beteiligten Staaten einander bestimmte Zugriffsrechte für DNA- und Fingerabdruckdateien sowie Fahrzeugregister gewähren, wobei hier besonders zu erwähnen ist, dass auch die älteren DNA-Daten, die bisher systemisch anders verarbeitet wurden, international vernetzt werden können.

In Österreich gibt es 12 000 offene Spuren, deren Klärung noch aussteht. Durch den Datenabgleich erwartet man sich nun, dass Hunderte Fälle neu aufgerollt werden können. Sehr viele dieser ungeklärten Fälle der Vergangenheit stehen hier vor der großen Chance, nun endlich abgeschlossen zu werden, und es besteht die Möglich­keit, den Opfern Gerechtigkeit und Gewissheit zukommen zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Prümer Vertrag ist ein Mosaikstein im Gesamtsystem zu mehr Sicherheit in einem der sichersten Länder Europas. Ein gutes Gesetz! Ich erbitte Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Pendl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.36.04

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren, lassen Sie mich eingangs gleich folgende Fest­stellung treffen: Ich glaube, dass die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bei wichtigen Gesetzen auch im Bereich der inneren Sicherheit immer zu guten Ergeb­nissen stehen.

Ich darf nur in Erinnerung rufen – ich habe das auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht –, dass eine Vertagung oder eine Unterbrechung nicht immer etwas Schlech­tes ist, denn ich glaube, Frau Minister, es gab eine wirklich ordentliche und gute Diskussion nicht nur im Ausschuss, sondern wir hatten die Zeit, das auch im Daten­schutzrat entsprechend aufzuarbeiten. Und so können wir heute hier in An­betracht eines guten Ergebnisses für unsere Kolleginnen und Kollegen, die im Bereich der Exekutive ausgezeichnete Arbeit leisten – und ich wünsche mir, dass dieses Gesetz auch im Interesse der Sicherheit aller Österreicherinnen und Öster­reicher ein wichtiger Beitrag für die Zukunft ist –, wirklich mit gutem Gewissen zustimmen.

Ich glaube daher, Sie sollten nicht immer nur die Diskussion führen: Aha, die wollen schon wieder nicht!, oder: Die ziehen da in eine Richtung!, sondern ich meine, dass man sich gerade auch bei der parlamentarischen Arbeit die Zeit nehmen muss, diese so wichtigen und auch heiklen Fragen entsprechend zu bearbeiten und zu diskutieren.

Frau Bundesminister, Sie selbst haben es gesagt: Wir sind die Ersten, die diesen Vertrag ratifizieren. Ich lade Sie ein: Geben Sie ein bisschen – wenn ich es salopp ausdrücken darf – Gas! Laden Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen ein, sodass wir von den sieben Nationen nicht die einzigen sind, sondern dass nach uns auch die anderen rasch diesen Staatsvertrag ratifizieren.

Ich möchte mich abschließend bei allen für die interessante Diskussion und vor allem auch bei den Kolleginnen und Kollegen des Datenschutzrates und bei allen Beam­tinnen und Beamten, die uns in diesem Zusammenhang Informationen zur Verfügung


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gestellt haben, sehr herzlich bedanken. Wir können mit gutem Gewissen diesem Staatsvertrag unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.38.22

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass es heute hier bei diesem Tagesordnungs­punkt eine so große Mehrheit gibt. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, den wir hier gemeinsam für mehr Sicherheit setzen. Natürlich kann man bedauern, dass jetzt nur sieben Staaten dabei sind, aber zu warten, bis alle restlichen 24 EU-Staaten so weit sind, wäre meines Erachtens der falsche Weg. Besser ist, wir gehen hier voraus. Gerade auch im Hinblick auf die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft und auf andere Ereignisse ist es wichtig, hier zeitgerecht die richtigen Maßnahmen zu setzen.

Für mich unverständlich ist, dass die SPÖ bei diesem Punkt zwar mitgeht, aber in vielen anderen Punkten, die auch eindeutig einen Beitrag zu mehr Sicherheit geleistet haben, hier von ihr die Zustimmung verweigert worden ist, ob das zuletzt die Abstim­mung über das Staatsbürgerschaftsgesetz war oder vorher das Fremdenpolizeigesetz, das Sicherheitspolizeigesetz oder auch die Asylnovelle 2003. Es ist bedauerlich, dass es hier bei der SPÖ keine klare Linie gibt.

Aber immerhin: Bei dieser Beschlussfassung heute sind Sie dabei. Das stimmt uns zuversichtlich für weitere Beschlussfassungen für mehr Sicherheit in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklä­rungen der Republik Österreich und Gemeinsamer Erklärung in 1155 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

18.40.31 9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den An­trag 798/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria (1358 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regie­rungs­vorlage (1344 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology – Austria samt Anhang (1359 d.B.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


18.41.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Klubobmann Scheibner hat heute wieder gesagt: die Elite-Universität in Gugging. Herr Kollege Scheibner, es handelt sich um keine Elite-Universität aus dem schlichten Grund, weil es sich um keine Universität handelt. Was dort gelehrt und geforscht wird, wissen wir bis heute nicht. Fest steht nur, umfassend wird es nicht sein. Deswegen kann es auch keine Elite-Universität sein. (Abg. Scheibner: Seien Sie nicht so streng mit mir!)

Zweitens: Wir sehen heute keinen Anlass, uns sozusagen in die Haftung für dieses neue Institut zu geben. Das Institute of Science and Technology ist schön und gut, es wird irgendwo ein kleines wissenschaftliches Penthaus draufgesetzt. Die Frage ist nur: worauf? – Ich habe nichts gegen ein Penthaus, ich würde auch gerne dort forschen und arbeiten. Aber es hat nur dann einen Sinn, wenn das Fundament vorhanden ist, und das Fundament sind immer noch die vorhandenen existierenden Universitäten in diesem Land.

Ich stimme Hannes Androsch voll zu. Was hat er so schön gesagt? (Abg. Dr. Brinek: Alles falsch!) – Die Finanzsituation der Universitäten ist eine teilautonomisierte Verwal­tung von skandalösen Mängeln. Dem ist nichts hinzuzufügen. Reden Sie mit den Leuten auf der Uni, gehen Sie zu Vorlesungen, schauen Sie, wie es dort ausschaut und wie es dort teilweise riecht! (Abg. Dr. Brinek: Das mache ich!) Dann werden Sie bemerken, dass das alles andere als luxuriöse Institutionen sind.

Ein Beispiel dazu, das wir schon öfter gebracht haben, aber vielleicht nützt es auf die Dauer etwas: Die technischen Universitäten in der Schweiz, Frau Kollegin Brinek – man muss nicht in die USA gehen – haben pro Kopf der Studierenden vier bis fünf Mal so viel Normalbudget wie beispielsweise die TU Wien oder ähnliche Institutionen. Auf solch einem Fundament kann man aufbauen, und das muss zuerst gemacht werden.

Weiters: der Forschungsförderungsfonds für die wissenschaftliche Forschung, FWF. Kollege Broukal ist damit zufrieden, wenn jetzt ausnahmsweise im Vorgriff auf das Budget 2007 30 Millionen € – hoffentlich, das steht nämlich nicht im Gesetz – zusätz­lich bereitgestellt werden. Das ist in Ordnung. Aber wie lange sollen wir uns diese Flickschusterei von den Regierungsparteien noch bieten lassen? Herr Kollege Broukal, das, was der FWF braucht, und zwar nicht erst seit gestern, sondern schon seit Jahren, ist eine längerfristige verbindliche Zusage, damit sie vernünftig planen können. Sie benötigen ein höheres Grundbudget und gesicherte Zuwachsraten im laufenden Budget. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin nicht damit zufrieden, dass jetzt einmal etwas versprochen wird. Nächstes Jahr haben wir dasselbe Theater wieder, das garantiere ich Ihnen, außer die Regierung wechselt. (Abg. Broukal: Das wäre meine Perspektive gewesen, Herr Professor!) – Aber mit dieser Regierung würden wir das Gleiche wieder haben.

Ich wünsche dem Institute of Science and Technology viel Glück. Eines Tages werden wir vielleicht sogar wissen, was dort geforscht wird. Im Gesetz steht Grundlagen­forschung. Dafür bin ich sehr, die Frage ist nur: welche. Darüber wissen wir noch gar nichts. Zweifellos werden wir das eines Tages erfahren.


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Was jetzt geändert wurde, Herr Kollege Broukal, ist das allermindeste Minimum. Es war von Anfang an klar, dass das Kuratorium in der Form nicht hält: vier Leute von der Bundesregierung, drei vom Land Niederösterreich. Das war eine Groteske zur Potenz. Vielleicht war das geplant, den Regierungsparteien traue ich das durchaus zu, dass sie zuerst eine Groteske inszenieren, um dann das Mindeste zu machen, und die SPÖ sagt bravo dazu. Mir und den Grünen ist das, lieber Kollege Broukal, zu wenig. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Brinek. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.45.39

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzter Herr Klubobmann, man kann anderer Meinung sein hinsichtlich der Fundamente für das neue Institute of Science and Technology, nämlich man kann die tatsächlich geleistete Politik bewerten. Die Auf­stockung des FWF auf insgesamt jetzt ungefähr 150 Millionen € ist fast eine Verdop­pelung gegenüber dem Stand im Jahr 1999.

Die Universitäten sind mit dem Universitätsgesetz 2002 bestmöglich aufgestellt. Die Universitäten – Sie kennen viele Vertreter davon, ich kenne auch einige – sind ver­mehrt zufrieden und haben mit dem Spielraum, der ihnen durch die Universitäts­auto­nomie gegeben wird, gut gewirtschaftet und wirtschaften auch weiterhin gut.

Mit der Zusage der Bundesregierung, die Universitäten mit insgesamt 1,1 Milliarden € bis zum Jahr 2009 budgetmäßig auszustatten, ist wieder ein weiterer Fundament­grundstein gelegt worden, auf den gut aufgebaut werden kann. Und wenn wir heute als Abschluss eines neuen Moduls der Universitäts- und Forschungslandschaft weitere 455 Millionen € für die nächsten Jahre für Spitzenleistungen im Bereich der Grund­lagenforschung verabschieden, dann bin ich sehr froh und zuversichtlich und meine, dass das eine sehr schöne Bilanz dieser Bundesregierung und der Frau Bundes­ministerin Gehrer ist. Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes setzen wir einen schönen Schlusspunkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Idee ist ja nicht so neu. Es war – das darf ich in Erinnerung bringen – der deutsche Bundeskanzler, der das erste Mal von einer notwendigen Elite-Uni gesprochen hat, dies aber eher als rhetorischen Begriff und nicht im Sinne einer neuen Voll-Universität gemeint hat.

Die Idee der Spitzenforschung in Österreich geht auf Anton Zeilinger zurück. Und ihm sind wir auch gefolgt, als Kollegin Bleckmann und ich den ersten Initiativantrag vorgestellt haben. Wir haben das Modell des MIT angedacht, das heißt, dort gibt es einen starken Präsidenten, die Financiers sitzen im Kuratorium, und daneben haben wir die Wissenschafter im wissenschaftlichen Rat.

Es war unsere Offenheit – ich danke Kollegin Bleckmann, dass sie von Anfang an mit mir gemeinsam diesen Weg gewählt hat –, zu sagen, jetzt stellen wir diesen Entwurf, diesen Antrag zur Diskussion. Und wir hätten uns schon eine ernsthafte Diskussion zum Beispiel im Ausschuss von der SPÖ gewünscht. Zur Diskussion gestellt hat weiters bedeutet, dass die internationalen Forscher, an der Spitze Professor Harari, gesagt haben, eigentlich hätten wir mehr Erfahrung in der Grundlagenforschung mit dem Weitzmann Institut. Dabei ging es darum, den Präsidenten nicht in dem Maße wie geplant zu stärken, sondern zumindest die Hälfte der Wissenschafter im Kuratorium zu haben.


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Gerne folgten wir diesem Vorschlag, aber das war nicht von Anfang an der Plan. Die ersten Vorschläge gehen auf Zeilingers Idee zurück, die, wie bereits gesagt, dem MIT-Modell ähnlich ist.

Ich wundere mich über so manche Einschätzung, die dann ein paar Tage später anders ausgeschaut hat. Das heißt, es gibt durchaus ernste Vorschläge von ver­schiedenen Parteien, bei der SPÖ habe ich im Wesentlichen einen Zickzackkurs festgestellt. Zuerst hat sich die SPÖ Wien engagiert, beteiligt und die Idee des Spitzenforschungsinstituts gut gefunden. Als es anders kam, das heißt, als die Experten den Standort Niederösterreich empfohlen haben, war es auf einmal nicht mehr spannend, und Vertreter der SPÖ wie Gusenbauer, Broukal und so weiter haben in Wirklichkeit den Standort Gugging beziehungsweise Klosterneuburg zu beschädigen versucht. Das war keine solide Haltung.

Kollege Broukal war am 17. März noch gegen das IST-A und hat gesagt, wenn der FWF nicht mittels Gesetz aufgestockt wird, dann bräuchten wir nicht zu versuchen, einen Entschließungsantrag einzubringen. Ich habe mich auch gewundert, dass er nicht einmal am 21. März im Ausschuss weiterdiskutieren wollte. Er hat den Ausschuss verlassen und gesagt, er wolle über 41 Punkte reden, und eigentlich habe er keine Lust, ungeduldig zu warten, bis die anderen Teilnehmer des Ausschusses dran­gekommen sind. Und am 22. März musste auch noch Altfinanzminister Androsch aus­rücken und in allen Punkten falsche Dinge behaupten, um den ablehnenden Kurs der SPÖ zu bestätigen.

Ich bin froh darüber, dass die SPÖ heute zustimmt und wir gemeinsam ein gutes und solides Gesetz verabschieden können. (Abg. Broukal: Eigentlich müssen Sie uns sehr zwingen dazu, wenn ich Ihnen so zuhöre!) – Sie müssen offenbar sich zwingen, es ist Ihre Motivation, Sie können es auch als Demokrat und freier Abgeordneter bleiben lassen. Ich habe aber den Eindruck, Kollegen Bauer aus Niederösterreich ist sehr viel daran gelegen, und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er vom Anfang an einen anderen Beitrag dazu geleistet.

Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute einen Baustein im großen Bauwerk der Wissenschaft und Forschung in Österreich. Es ist ein Forschungsinstitut sui generis, das als Neugründung die Chance haben soll, unbelastet von strukturellen und mentalen Traditionen neue Wege zu gehen – im Kontext mit einschlägigen Entwürfen und einschlägigen Konzepten in Europa; das sollten wir auch nicht vergessen. Ein Aspekt der Ernsthaftigkeit, mit der die Regierung das Ziel verfolgt hat, war, auch im europäischen Kontext mitzuarbeiten.

Schließlich können wir mit der heutigen Verabschiedung – zusammen mit einem aufgestockten FWF, einer neu organisierten FFG, neu und gut ausgestatteten Uni­versitäten –, mit diesem Institute of Science and Technology neue Wege gehen, und es können damit sowohl die Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter, die Forscherin­nen und Forscher als auch die bestehenden Institutionen selbst und die künftig in Klosterneuburg Tätigen einen gemeinsamen Erfolg für Österreich einfahren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


18.52.01

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich glaube; alle sind


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142. Sitzung / Seite 203

sich einig darin, dass Österreich exzellente Universitäten, exzellente Institute, optimal ausgebildete Studierende und hervorragende ForscherInnen braucht.

Die Frage ist nur: Wie erreicht man das? – Wenn man sich in der Wissenschaftsszene umhört, dann muss man sagen: Es gibt eigentlich unter allen ExpertInnen einen breiten Konsens, der besagt, die Chance für Eliten und Spitzenleistungen erhöhen sich erstens proportional mit einer optimalen Vielfalt und Breite der Ausbildung möglichst vieler Studierender und zweitens mit einer optimalen Ausrüstung, Infrastruktur von Universitäten.

Nun können wir uns fragen: Wo sind die Prioritäten? – Soll man künstlich von be­stehenden Problemen im universitären Sektor ablenken und von oben diktiert Wissen­schaft auf der grünen Wiese befehlen und dann glauben, es fallen in wenigen Monaten oder Jahren Nobelpreise wie Manna vom Himmel, oder aber macht man Universitäten auch budgetär wettbewerbsfähig, haltet Studierende auf Grund von Zugangs­beschrän­kungen nicht davon ab, zu studieren, sondern bietet ihnen optimale Betreuungs­qua­litäten, optimale Laborplätze, optimale Bibliotheken, Computerzugänge uns so weiter und so fort und erreicht damit, dass von dieser Breite ein gewisser Prozentsatz Spitze werden wird, die man dann weiter fördern kann?

Das wäre unsere Priorität gewesen, die Regierung setzt völlig andere Prioritäten, und das ist schon irgendwie der Glaube an alles Machbare. Die Regierung weiß, wo der Hase hinläuft. Ich sage in den Pfeffer. Wo liegt der Hund begraben? – Das habe ich Ihnen gesagt, wo er begraben wird – in Universitäten, die teilweise nicht mithalten können. Egal, was Sie uns hier erzählen, ich wiederhole und zitiere die Budget­voranschläge des Bundes, und ich zitiere die APA-Meldungen aus dem Wissenschafts­ressort und dem Finanzressort: Gemessen am BIP ist das Universitätsbudget gesun­ken. Österreich und Frankreich sind die einzigen Länder im OECD-Bereich, die im Jahr 2005 weniger Studierende als im Jahr 1999 gehabt haben. Das sind Fakten, das hat nichts mit Elite und nichts mit Spitze zu tun, obwohl wir dort alle – ich glaube, darin sind wir uns einig – hin wollen.

Jetzt frage ich mich: Welche Anreize bieten Sie jungen Forscherinnen und Forschern, sich auf das Risiko Wissenschaft einzulassen? An Stelle dessen wird der Plan verwirk­licht, werden Legionäre der Wissenschaft international gekauft und werden ihnen Gebäude hingestellt mit der Bemerkung: Macht einmal!

Der Forschungsfonds ist so dotiert, dass in den schwächsten Zeiten nur knapp über 20 Prozent aller Forschungsförderungsanträge bewilligt werden konnten. Das ist jetzt besser geworden, jetzt liegt man bei 30 Prozent. Ist das ein Anreiz für junge Wis­senschaftlerInnen, sich auf das Abenteuer Forschung einzulassen?

Frau Brinek, ich glaube, da verstehe ich zumindest so viel wie Sie. Ich kenne Kollegen, die sieben Jahre in der Wissenschaft tätig sind, noch nie eine definitive klare fixe Anstellung gehabt haben, noch nie Perspektiven gehabt haben und von einer Karenz­stelle zur nächsten gejagt wurden. Das ist kein Anreiz für junge Leute, sich auf dieses Abenteuer, wie ich gesagt habe, einzulassen.

Das ist auch nicht richtig, und Sie können mir keine Beispiele nennen. Ich muss sagen: Sie nerven mich auch – jetzt meine ich nicht Sie, Frau Bundesministerin, sondern Leute hier im Plenum – mit MIT. Wissen Sie, dass am MIT, in Harvard und Stanford über 300 Studienrichtungen angeboten werden, bis zur Theaterwissenschaft. Glauben Sie, dass in Gugging Theaterwissenschaft unterrichtet wird? – Dort werden drei Fächer unterrichtet. MIT hat über 3 000 Professoren, über 10 000 Studierende und ein Budget, das so hoch ist wie das ganze Budget der hoch verehrten Frau Bundesministerin für alle 21 Universitäten Österreichs. Reden wir doch nicht pausenlos so einen Unsinn! (Beifall bei den Grünen.)


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142. Sitzung / Seite 204

Sie werden mir keine einzige Institution der Welt nennen können, wo top down wissenschaftliche Exzellenz sozusagen wie ein Wunder aus dem Boden sprießt. Harvard, Stanford haben eine Geschichte, Frau Brinek, Sie wissen es vielleicht. Diese Universitäten sind mehrere hundert Jahre alt, die eine ist um 1700 gegründet worden und die zweite 1810 oder 1820. Das kann es nicht sein! (Abg. Dr. Brinek: Die haben auch einmal einen ersten Tag gehabt!)

Gehen wir zurück: Der Erstentwurf – da wird mir jeder zustimmen – wurde nicht nur von der Presse, von den Wissenschaftsjournalisten und von der Opposition, sondern auch von der Wissenschaftsszene Österreichs und von AuslandsösterreicherInnen, die in der Wissenschaft tätig sind, zerzaust.

Was ist dann passiert? – Die Industriellenvereinigung ist – das sage ich jetzt einmal wertfrei – lobenswerterweise eingesprungen und hat drei wirklich anerkannte Leute finanziert oder bewegt, da einzuspringen und sozusagen das Steuer herumzureißen. Diese haben dann versucht, Vorschläge zu machen. Und ich stehe nicht an, zu sagen: Es hat sich irgendetwas in diesem Vorschlag zum IST-A gebessert, nämlich, dass es statt sieben Kuratoriumsmitglieder nunmehr 14 gibt. Unklar ist aber die Formulierung: Sie müssen in international anerkannten Wissenschaftseinrichtungen tätig sein. – Sie werden doch zugeben, dass auch österreichische Universitäten wissenschaftlich oder international anerkannt sind. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Es steht dem nichts im Wege, dass in das Kuratorium – theoretisch sage ich jetzt – nur Inländer berufen werden, die in Konkurrenz zu den dort tätigen Wissenschaftlern sehr eifersüchtig wachen werden, wer was tut und wer was bekommt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Das Motto ist aber, dort werden die Besten bestens bezahlt und dürfen tun und lassen, was sie wollen, was auch im Sinne der Freiheit der Forschung gut ist.

Was denken sich Universitäten, wenn sie sich das anschauen? – Denken Sie nicht, dass man besser dort (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek) – Sie haben Zeit zum Reden gehabt – investieren soll, wo bereits Spitzeninstitute in Österreich existieren, wo Spit­zen­arbeitsgruppen und Teams arbeiten, deren Leistungen man kennt. Die könnten sich wahrlich einer internationalen Evaluierung stellen!

Der Forschungsfonds hat in Österreich 16 Spezialforschungsbereiche, die ausschließ­lich international beurteilt worden sind. START- und Wittgenstein-Preisträger sind ausschließlich durch ausländische WissenschaftlerInnen nominiert und letztlich zu Preisträgern geworden. Warum nimmt man diese nicht als Kristallisationspunkt her, als Leute und Institutionen, die sich um diese Mittel, die nicht zu gering sind – es sind 520 oder 530 Millionen € –, bewerben können.

Es gibt ein Modell – ich bin an und für sich stolz und erfreut, dass der Wissen­schaftsfonds das publiziert hat –, das unserem entsprechen würde. Die wollen Exzel­lenz-Cluster, das heißt auf bestehenden Einrichtungen ohne Verzögerung etwas initiieren (Abg. Dr. Brinek: Das wissen wir alles!), indem man ausländische Wissen­schaftler als Bereicherung zusätzlich berufen kann, zusätzliche Institute dazu gründen kann, um sozusagen über diese Schwelle zu kommen, sodass man absolut inter­national kompatibel ist und mit den Besten der Welt mit streiten kann. (Abg. Dr. Brinek: Wir kennen das Konzept!)

Das wird nicht gemacht. Das kostet pro Cluster laut FWF 9,3 Millionen €; sechs Cluster würde es um diese Summe für das Exzellenzinstitut Gugging locker tragen.

Nun komme ich zum letzten Punkt, und zwar zu den Artikel-15a-Verträgen. Die wurden unterschrieben, durch den Ministerrat gejagt oder getragen – getragen wahrscheinlich eher als gejagt –, und die sollen wir jetzt auch verhandeln! Das ist ja schon über die


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Bühne gegangen. Wird das noch irgendwer korrigieren? Was steht da drinnen? (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Da steht drinnen, dass das Land Niederösterreich und die Republik Österreich sich aller in diesem Vertrag eingegangenen Verpflichtungen entledigen können und an Dritte übertragen können. Was heißt das? Heißt das vielleicht, dass der Raika-Gene­ralanwalt Konrad zum nächsten Präsidenten dieser Elite-Institution gewählt wird und dann etwas ganz anderes macht, keine Grundlagenforschung, sondern irgendetwas, was ihn interessiert? Wahrscheinlich nicht Rotwildjagd oder so etwas Ähnliches, es wird schon etwas Vernünftiges sein. Aber das ist doch zu hinterfragen! Ich habe noch keine Antwort darauf bekommen.

Es steht auch drinnen, dass nach 25 Jahren die Grundstücke des Landes Österreich in den Besitz dieses Institutes gehen. Alle Fachleute sagen – und die Unis hätten sich das gewünscht –, es müsste drinnen stehen: in das Eigentum. Hier wurde der Bund übertölpelt.

Wissen Sie, dass Niederösterreich ein Drittel der Summe zahlt, der Bund zwei Drittel, aber nahezu paritätisch vertreten ist im Kuratorium? Das ist doch alles eigenartig und nicht sauber.

Wenn Pröll begründet, ihn habe motiviert, Niederösterreich zum Zentrum der Inno­vation zu machen, dann muss ich sagen: Ich glaube, es dreht sich hier um ein österreichisches Problem, ein Problem aller 21 österreichischen Universitäten. – Lesen Sie im heutigen „Standard“-Kommentar das andere nach!

Da kann man nicht wie Pröll argumentieren und sagen: Weil wir eine Bioäthanolanlage gemacht haben, weil wir das MedAustron nach Niederösterreich gebracht haben! – Das geht nicht gegen Niederösterreich, aber zum Ruhm und Denkmal eines Landes­hauptmannes kann ich doch kein Elite-Institut gründen! (Abg. Mag. Regler: Ein enga­gierter Landeshauptmann!)

Abschließend muss ich sagen: Es ist in diesem Gesetzentwurf einiges besser gewor­den, aber – und dann schließe ich wirklich meine Ausführungen – Sie haben auch die SPÖ übertölpelt. Der Wissenschaftsfonds war bei mir. Er hat mir gesagt, mit den 30 Millionen schaut das so aus: Gorbach konnte sie nicht geben, Grasser hat sich in kurzer Zeit überreden lassen! Aber es steht deutlich drinnen: ein einmaliger Vorgriff auf das Jahr 2007. – Wenn Sie jedes Jahr einen Vorgriff von 30 Millionen € machen, dann hat der FWF in zehn Jahren gar nichts mehr. Und das ist, glaube ich, kein Anreiz, diesem Modell zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das war eine Ratsempfehlung, Herr Kollege Grünewald!)

19.02


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. – Bitte.

 


19.03.00

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Brinek, ich denke mir, ganz so pessimistisch, wie der Kurt Grünewald das sieht, muss man es nicht sehen; da stimme ich dir zu. Man sollte zwar grundsätzlich immer das Schlechteste vermuten (Abg. Dr. Brinek: Nicht meine Einstellung!), aber es muss ja auch nicht immer eintreten. Genau, es muss ja auch nicht immer eintreten. Und es gibt ja dann auch noch eine kritische Öffentlichkeit, die einem notfalls in den Arm fällt, falls man das Schlechte nicht nur plant, sondern auch ausführen will. (Abg. Dr. Grünewald: Oder in den Rücken!)


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Ich glaube, Kurt (in Richtung des Abg. Dr. Grünewald), dass du einen Fehler begehst. Im Ministerratsvortrag – soweit er mir zugänglich ist – ist davon die Rede, dass diese 30 Millionen € mehr auch in den nächsten Jahren kommen sollen. Bitte, das wird vielleicht die Frau Bundesministerin dann genauer ausführen können. Ich erfahre davon ja nur onditweise, weil das keine öffentlichen Dokumente sind. Mir war es schon wichtig, dafür zu sorgen, dass diese 30 Millionen nicht einmalig, sondern dauerhaft sind, und das scheint, sage ich, gelungen zu sein – to the best of my knowledge, sonst hätte ich nicht zugestimmt. Für 30 Millionen einmalig, nur damit wir einen Frieden geben, hätte ich es nicht gemacht.

Ich denke, ich habe, als wir das letzte Mal darüber diskutiert haben, ja gesagt, wir wären schon längst zur Tagesordnung übergegangen, wären es nicht die Initiatoren des Projekts gewesen, die Professoren – Sie kennen Sie: Zeilinger, Schuster, Schmidt, die Wittgenstein-Preisträger, die Auslandsösterreicher unter den Wissenschaftern –, die gesagt haben: So kann es nicht gehen! Und ich denke, dass wir zwei Forderungen gestellt haben, die vernünftig sind, und ich danke auch sehr, dass es hier dieses Entgegenkommen gegeben hat.

Staatssekretär Mainoni sagt immer, der Broukal war es nicht. Für Sie habe ich eine Doppelzeile aus einem berühmten Couplet von Tom Lehrer aus den sechziger Jahren, wo es darum geht, dass ein Wissenschafter vom anderen abschreibt, und der, der abschreibt, ist dann der Erste auf dem Markt und heimst zu Unrecht den Ruhm ein. Und er dichtet dann diese schöne Zeile:

„And then my name in Minsk is cursed. When he finds out, I published first.“

Hätten Sie eben schon vor drei Wochen gesagt, dass Sie dem FWF 30 Millionen geben wollen, dann hätten wir Ihnen geglaubt, dass es Ihr Verdienst war. Bruno Kreisky hat einmal in einer ähnlichen Situation gesagt: Ihnen kann man glauben, aber man muss Ihnen nicht glauben! – Die Öffentlichkeit hat jedenfalls ihr Urteil über diese Sache gefällt. Die Medien anerkennen, dass Sie sich bewegt haben, aber sie aner­kennen auch, dass Forderungen der SPÖ verwirklicht wurden. Also freuen wir uns beide gemeinsam und denken wir jetzt wieder an die übrigen Universitäten. Ihre Lage ist durch die Aufstockung des FWF etwas besser geworden, aber sie ist bei weitem nicht so zufriedenstellend, wie immer getan wird. Es gibt nach wie vor Knappheiten, wir haben immer noch Studierende, die in Verengungs-Prüfungen aus den Studien ausge­schieden wurden, weil die Universitäten das Geld nicht hatten. – Dazu werden Sie heute noch mehr erfahren.

Ich denke, unsere Sorge gilt jetzt, nachdem dieses Ding einmal über die Rampe ist, wieder den anderen Universitäten. Schauen wir, dass wir auch sie in einen Zustand bringen, dass sie nicht mehr neidvoll nach Maria Gugging schauen müssen, sondern dass alle, egal, wo immer sie im tertiären Bildungssektor tätig sind, sagen können: Jawohl, dieses Österreich ist ein guter Standort für Wissenschaft und Forschung!

Der Weg dorthin ist noch weit, ein Anfang ist gemacht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte.

 


19.06.29

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Vom Kollegen Grünewald wurde die Frage gestellt: Wo setzt die österreichische Bundesregierung Prioritäten? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte das gerne aufzeigen.


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Unsere Prioritäten sind der gesamte Bildungsbereich. Wir spannen einen breiten Bildungsbogen: vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung, von der Pflichtschule, der Volksschule bis zur Exzellenzförderung. Wir investieren in allen Bereichen. Wir helfen, dass in den Kindergärten die Kinder, die Deutsch noch nicht können, besser Deutsch lernen. Dafür haben wir eine neue Möglichkeit geschaffen, mit 640 000 € werden die Kindergärtnerinnen bei ihren Bemühungen unterstützt. Wir investieren in die Volksschulen, in die weiterführenden Schulen. Wir haben in den letzten zehn Jahren jeden Monat zwei neue Schulbauten im Bundesschulbereich eröffnet: Zubau­ten, Sanierungen, Ausbauten. Wir haben in die Universitäten kräftigst investiert, in Neubauten. Wir haben für die Universitäten für die nächsten Jahre das Budget gesichert, und zwar mit einer Steigerung von 11 Prozent, mit 500 Millionen € für eine Generalsanierung. Wir haben das Budget der Fachhochschulen verdoppelt, die Stu­dierendenzahl hat sich verdoppelt.

Lieber Herr Kollege Grünewald, ich kenne Sie als redlichen Menschen. Weil Sie immer wieder behaupten, dass die Studierendenzahl seit 1999 zurückgegangen ist: Sie wissen genau, dass da sehr viele inskribiert waren, die eben nicht studiert haben, dass wir seit dem Jahr 2000 realistische Zahlen haben und dass diese Zahlen ständig steigen, dass wir schon bei über 220 000 Studierenden liegen, und dass besonders die Zahl der Erstinskribenten in besonderem Maße steigt, dass aber auch die Zahl der Absolventen in besonderem Maße steigt. Es hat sich also etwas getan, es hat sich an unseren Universitäten etwas weiterentwickelt.

Weil Sie weiter fragen: Wo setzen wir die Prioritäten?, sage ich Ihnen ganz klar: im Forschungsbereich. Wenn Sie es sich anschauen, dann werden Sie feststellen können: Es wurden zehn neue Institute der Akademie der Wissenschaften gegründet. Es wurde das Budget der Akademie der Wissenschaften um 80 Prozent erhöht. Ich betone: Um 80 Prozent seit 1999! Das kann sich sehen lassen. Es wurde das Budget des Fonds für wissenschaftliche Forschung von 80 Millionen € auf heuer 150 Millionen € aufgestockt. Und wer sich international auskennt, der weiß, dass von solchen Wissenschaftsfonds etwa 33 Prozent der beantragten Projekte gefördert werden, damit man nämlich die Exzellenz-Projekte fördert. Wir haben bisher 31 oder 32 Prozent gehabt, und durch die Aufstockung wird die Förderung sicher bei 38 Prozent liegen. Das ist ein sehr guter Förderungsansatz.

Weil Sie die Wittgenstein-Preisträger und auch die Auslandsforschenden bemühen, die sich angeblich gegen das neue Exzellenz-Institut in Klosterneuburg ausgesprochen haben, darf ich Ihnen sagen: Sie lesen ja sonst auch sehr genau! – Auch Sie, Herr Abgeordneter Broukal, lesen sonst auch sehr genau.

Der Text dieses Schreibens der Wittgenstein-Preisträger war unterschrieben vom Sprecher, nämlich Herrn Dr. Schachermayer. Und darunter ist gestanden: Weitere Wittgenstein-Preisträger sind ... Und wir haben dann einige angerufen und erfahren, dass die gar nicht unterschrieben haben. Und deswegen ist der Wittgenstein-Preis­träger Professor Gornik jetzt auch beim Nationalen Komitee dabei. Er hat gesagt: Ich bin ja gar nicht gegen dieses Exzellenz-Institut, ich freue mich, wenn dieses Exzellenz-Institut zusätzlich kommt!

Sie wissen auch ganz genau, dass wir etwa 800 junge Forscher und Forscherinnen in den Vereinigten Staaten haben, die dort arbeiten und die dort an Universitäten wirken. Etwas über 30 haben einen allgemeinen Brief unterschrieben. Man hat sie aufgefordert dazu, diesen Brief zu unterschreiben und natürlich öffentlich zu machen. Es sind immer öffentliche Schreiben.

Ich möchte aber gerade zu diesem Exzellenz-Institut sagen: Wir haben eine sehr fruchtbare Diskussion gehabt, und das war mir ja von Anfang an auch ein Anliegen.


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142. Sitzung / Seite 208

Die Diskussion wurde gestartet von Herrn Professor Zeilinger, der von Anfang an von einer Elite-Universität gesprochen hat. Eine Forschergruppe, das so genannte Kern­team, hat dann diesen Gedanken weiter ausgearbeitet, und es hat sehr viele Be­sprechungen gegeben. Aufgabe dieses Kernteams war es, uns eine objektive Beur­teilung der Standorte vorzulegen. Dafür haben wir internationale Institute engagiert, und ich bin diesem Ergebnis gefolgt.

Aufgabe des Kernteams war es, uns einen Entwurf für ein Gesetz vorzulegen. Sie haben dann bemängelt, dass wir dieses Gesetz nicht in eine lange Begutachtung gegeben haben. Aber wir haben de facto eine öffentliche Diskussion gehabt, wir haben de facto eine Begutachtung gehabt – und wir haben es gemeinsam besser gemacht. Ich danke allen, die dazu Ideen und Vorschläge eingebracht haben.

Es war die Idee des Kernteams, zu sagen: Wir wollen eigentlich die Vertreter der Geldgeber und die Wissenschaftler in verschiedenen Gremien haben! Und es war dann später die Idee, zu sagen: Es ist besser, wie es beim Weizmann-Institut ist, dass Wissenschaftler und die Vertreter der Geldgeber in einem Kuratorium sind! Wir haben das dann in diese Richtung verändert, haben noch zusätzliche Regelungen eingeführt, dass der Vorsitzende des Kuratoriums, bis der Erste Präsident bestellt ist, die Geschäfte führt; dass der Präsident den Wissenschaftlichen Rat vorschlägt, dass das Kuratorium den Wissenschaftlichen Rat ernennt; und dass dann nach dem ersten Benennen der Wissenschaftler die Wissenschaftler vom Kuratorium aus bestellt werden. Das heißt, die Politik, die Regierung hat dann keinen Einfluss mehr.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass wir mit diesem Institut of Science und Technology einen ganz wichtigen Schritt machen. Wir setzen einen wichtigen Schritt, uns im Exzellenzbereich weiter zu positionieren. Wir haben Exzellenzbereiche, wir bauen Exzellenzbereiche. Wenn wir an MedAustron denken, das in Wiener Neustadt verwirklicht wird: ein Exzellenzbereich im Bereich der ärztlichen Betreuung, im Bereich der Behandlung, im Bereich der Materialforschung, im Bereich der Spallation. Wir haben die Exzellenz-Institute der Akademie der Wissenschaften, wir haben Exzellenz-Institute an unseren guten Universitäten, und wir haben ausgewogen dafür gesorgt, dass die Universitäten mehr Geld bekommen, der Wissenschaftsfonds mehr Geld bekommt und dass Geld für dieses Exzellenz-Institut, das wir aufbauen wollen, da ist.

Wenn Sie es sich genau anschauen: Auch das Weizmann-Institut hat einmal klein angefangen. Und wenn man nicht anfängt, dann kann schlussendlich kein Exzellenz-Institut in dieser Art entstehen. Ich danke jedenfalls allen, die uns jetzt bei der Gründung dieses Exzellenz-Institutes unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


19.14.18

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Herr Kollege Broukal, ich bewundere Ihren Optimismus. Wenn Sie da ganz locker sagen: Jetzt beschließen wir das Internationale Forschungsinstitut, und dann schauen wir wieder zu den Universitäten, was wir dort machen!, dann bin ich gespannt, was Sie sehen werden, wenn Sie dort hinschauen. Was ich sehen kann, ist, dass wir im internationalen Vergleich für die Universitäten wirklich beschämend wenig ausgeben: 0,8 Prozent des BIP! Im internationalen Vergleich sind es zirka 1,8 Prozent. Da fehlt also einiges, dass wir dort hinkommen. Wenn man eine Grundlage von 700 Millionen für die Infrastruktur nehmen würde und zusätzliche 200 Millionen für die


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nächsten Jahre, würden wir uns bei den Universitäten einmal auf einen internationalen Standard begeben.

Ich schaue nur zu Ihnen, Herr Kollege Broukal, weil Sie so absolut optimistisch sind. Von der ÖVP erwarte ich mir nichts anderes, als dass sie das verteidigt, was sie in die Wege geleitet hat. Ich habe nur geglaubt, die SPÖ denkt hier noch ein bisschen weiter. (Abg. Broukal: Ich erwarte mir, dass es in sechs Monaten Wurscht ist, was die ÖVP dazu meint!)

Aus unserer Sicht – und Kollege Grünewald hat es schon gesagt – fehlt im Bereich der Universitäten einfach jede Menge an Basis, wo eigentlich Exzellenz aufzusetzen wäre. Und solange das nicht da ist ... (Abg. Dr. Brinek: Das wird ja gemacht!) – Nein, genau das wird nicht gemacht. Sie machen es so wie mit den 30 Millionen jetzt vom FWF. Das schaue ich mir nämlich noch an! (Abg. Dr. Brinek: Das ist Ihnen fast unangenehm mit den 30 Millionen!)

Nein, nein! Sie sagen, das ist ein Vorgriff auf das Budget 2007. Das ist das, was Sie immer machen: Sie schieben irgendwelche Budgetposten durch die Gegend. Zum Schluss behaupten Sie, Sie haben irgendwo mehr Geld; und in Wirklichkeit haben Sie es nur irgendwo anders weggenommen.

Das würde bedeuten, dass Sie für den FWF 2006/2007 60 Millionen mehr brauchen würden – sind wir uns da einig? –, denn 30 Millionen nehmen Sie jetzt als Vorgriff auf 2006, dann sind die 30 Millionen dort weg. Das heißt, wenn Sie die 30 Millionen wieder sichern wollen, was Sie jetzt behaupten, brauchen Sie 60 Millionen zusätzlich für das Budget 2007. Na, das schaue ich mir noch ganz genau an, wo das dann bei Ihnen aufscheinen wird! Das wird nämlich nirgends aufscheinen, weil Ihre Versprechungen einfach sehr selten wahr gemacht werden. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hätte noch ein kleines Beispiel, was man auch machen könnte: Man könnte auf aktuelle Forschungsinitiativen aufsetzen. Ich erzähle Ihnen in diesem Zusammenhang etwas Aktuelles: In Gänserndorf gibt es ein Projekt mit den ehemaligen Tier­versuchs­affen von Baxter. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bekannt sind. Dort sitzen 44 ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Warten Sie ein bisschen! Es hat etwas mit Exzellenz zu tun. (Abg. Dr. Brinek: Aber nicht mit dem Vertrag vom Zeilinger!) – Nein, mit dem Zeilinger nicht. Aber es hat etwas mit einer Frau zu tun – vielleicht interessiert es Sie deswegen nicht. Bei dem derzeitigen Projekt sind nämlich bis jetzt überhaupt nur Männer im Spiel, und zwar gleich, aus welchem Land sie kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Also noch einmal ganz kurz zu Gänserndorf. – Es geht darum, 44 Schimpansen zu betreuen, die Baxter als Tierversuchsaffen hatte. Dieses Projekt ist ein international beachtetes, ein international vorbildliches Projekt in der Verhaltensforschung. Das Projekt hat aber nur Geld für zwei Jahre, dann ist es praktisch „hin“. Es versandet, um nicht zu sagen: versandelt. Die Universität Wien hätte großes Interesse, dort ein Exzellenz-Zentrum, ein exzellentes Forschungsprojekt zur Verhaltensforschung zu machen, aber leider fehlen 20 Millionen – läppische 20 Millionen für ein internationales Vorbildprojekt!

Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, was es alles gibt und wofür es kein Geld gibt, nur damit in Gugging – wir wissen noch immer nicht, was – stattfinden kann. Und ich sage jetzt das mit den Frauen noch einmal, weil ich es nicht nur so nebenbei sagen will. In Gugging, bei diesem Projekt, sind zehn Männer im Kuratorium, wir haben drei inter­nationale Forscher. Es ist in dem ganzen Projekt überhaupt noch nie irgendeine Forscherin vorgekommen. Und wenn man sich anschaut, dass Österreich nach wie vor


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an vorletzter Stelle im OECD-Bereich steht, was die Forscherinnen betrifft, könnte uns auch das vielleicht zumindest zu denken geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann.

 


19.19.09

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zuerst möchte ich mich schon ein bisschen mit der SPÖ befassen (Abg. Broukal: Das muss ja sein! Das hätte mir gefehlt!), auch wenn es sehr lobenswert ist, dass Sie sich heute und in den letzten Tagen dazu entschlossen haben, hier zuzustimmen. Es freut uns, dass offenbar die internationalen Argumente für Sie doch schlagend genug waren.

Ich finde es einfach unheimlich interessant – und das sollte man auch protokollarisch festhalten –, wie Sie sich in dieser Frage verhalten haben. Kollege Niederwieser hat letztes Mal auch schon gesagt, jetzt weiß er, wer dann schuld daran ist, nämlich die Opposition, wenn das ganze Projekt nichts wird. Ich habe Ihnen damals, bei der letzten Diskussion, schon vorgeworfen, dass Sie durch dieses Vernadern, durch das Schlechtmachen dieses Projekts unter Umständen auch zu einem Scheitern desselben beitragen könnten und zum Schlechtmachen des Rufes unseres Exzellenz-Instituts international. Insofern bin ich froh, dass Sie sich jetzt hier eines Besseren haben belehren lassen.

Ich zähle Ihnen aber jetzt trotzdem noch einmal Ihre Pressemeldungen allein ab Februar 2006 zu diesem Thema auf.

2. Februar 2006: „Broukal: SPÖ gegen Elite-Uni in Gugging.“

6. Februar 2006: „Elite-Uni: SP will bei Wahlsieg neuen Standort.“

Dazu muss ich jetzt ein bisschen weiter zitieren: „Die SPÖ will nach ... der Nationalratswahl ... einen neuen Standort für die Elite-Uni suchen.“ Für ihn, Broukal, „ist der Standort Gugging ,tot‘.“ – So Broukals Worte bezüglich Elite-Uni Gugging am 6. Februar 2006.

Dann geht es weiter: Am 19. Februar – und das ist spannend, was da am 19. Februar geschieht – schrieb Kollege Broukal: Projekt Elite-Uni „schon jetzt ein Rohrkrepierer“. (Abg. Broukal: Das Wort „Rohrkrepierer“ habe ich noch nie verwendet!) – Doch, ist in Anführungsstrichen!

Das Spannende an dieser APA-Meldung ist, dass am gleichen Tag, nämlich auch am 19. Februar 2006, und zwar in der gleichen APA-Meldung, steht: „Die SPÖ Nieder­österreich begrüße den Standort für die Elite-Uni ...“.

Das ist schon sehr spannend: Der eine Teil, auf der SP-Bundesseite, sagt nein – der andere Teil der Partei jedoch sagt, und zwar am gleichen Tag, ja! Das hat wahr­scheinlich dazu geführt – offensichtlich ist die SPÖ Niederösterreich doch wichtiger, ja Niederösterreich generell wichtiger, als sich das der eine oder andere in Wien gedacht hat –, dass nach einer Nachdenkpause von drei Wochen für Gusenbauer dann diese große Geschichte sozusagen im „Kurier“ kam. Gusenbauer dem „Kurier“ vom 7. März 2006 gegenüber – ich zitiere –: „Gugging ist nicht das Problem.“ Gusenbauer hat doch damit Sie, Herr Kollege Broukal – wie so oft –, desavouiert, da er eben im Endeffekt gesagt hat: „Gugging ist nicht das Problem.“ (Zwischenruf des Abg. Broukal.)

Das, was Sie vorher gesagt haben, Herr Kollege Broukal, dass dieser Standort „tot“ sei, dass das ein „Rohrkrepierer“ sei, ist halt doch nicht so, sondern Sie von der SPÖ


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haben sich im Endeffekt sehr wohl für den Standort Gugging ausgesprochen. Ihr Vorsitzender Gusenbauer hat da das Ruder schnell herumgedreht, denn wahr­schein­lich, wie bereits gesagt, hat man in der SPÖ Angst vor dem, was in einem Wahlkampf passieren könnte: dass sich die SPÖ Wissenschaftsfeindlichkeit vorwerfen lassen muss – oder dass es vielleicht in Niederösterreich andere Probleme mit der eigenen Partei gibt.

Ich weiß ja nicht, was im Endeffekt zu diesem Umdenken in der SPÖ geführt hat; Sie wissen das sicherlich viel besser. Jedenfalls hat das dazu geführt, dass die SPÖ zu diesem Standort zuerst nein, dann ja gesagt hat, zuerst zick, dann zack, alles tot, um dann zu sagen, es lebe das Institute of Science and Technology – Austria. (Abg. Dr. Sonnberger: Sehr flexibel!) – Ja, „Flexibilität“ kann man das auch nennen. Es ist also geradezu spannend, wie man einen solchen Meinungsumschwung innerhalb kürzester Zeit herbeiführt beziehungsweise sich erst so und dann so verhält. Insofern ist es mir auch wichtig, das noch einmal zum Thema FWF aufzuzeigen und hier einiges klarzustellen.

Wissen Sie, das ist eben die unterschiedliche Art, Politik zu betreiben: Sie von der SPÖ rennen hinaus und schreien: Wir wollen, das muss sein, und zwar muss das jetzt so sein! – Und wenn es gut ausgeht, dann sagen Sie, dass das von Ihnen ist. Mag so sein, ist halt Ihre Art, vielleicht schön für Sie, nur: Wichtiger ist der Erfolg für die Wissenschaft, für die Grundlagenforschung! Und den haben nicht Sie von der SPÖ erreicht! Es ist mir sehr wichtig, das hier deutlich zu sagen.

Dieser Erfolg wurde in dieser Regierung vor allem durch das BZÖ erreicht, weil wir schon auf Grund der Empfehlung des Rates für Forschung und Technologie­ent­wicklung – diese Empfehlung kennen Sie – das Budget für den FWF erhöht haben.

Auf Grund dieser Empfehlung sind wir tätig geworden und sind in Verhandlungen mit dem Finanzminister eingetreten, damit es eben zu einer Aufstockung dieses Fonds kommt, denn wir allein können so etwas auch nicht erreichen. Jedenfalls ist es schön, dass uns das für die Grundlagenforschung in Österreich gelungen ist.

Klarzustellen ist da auch gegenüber den Grünen, dass es hier um eine Aufstockung für das Budget 2006 geht – und das soll auch die Messlatte für die Budgets der folgenden Jahre sein. Wir gehen sehr wohl davon aus, dass es da noch zu einer weiteren Aufstockung kommt. Auch wir werden uns das genau anschauen, denn sonst wird es nicht möglich sein, diese Art der Grundlagenforschung zu machen, von der wir jetzt alle hier sprechen. (Abg. Krainer: Im Internet können Sie das nachschauen!)

Meiner Überzeugung nach ist das in diesem Sinne sehr wohl geklärt, und es ist für uns auch geklärt, dass wir nicht im letzten Moment auf einen fahrenden Zug aufspringen, weil wir wissen, dass unser „großer Vorsitzender“ seine Meinung geändert hat – wie das bei Ihnen von der SPÖ der Fall ist –, sondern bei uns ist es so, dass wir uns von vornherein für eine gute Sache ausgesprochen und gesagt haben: Für uns ist es wichtig, innerhalb der Regierung diese Änderung herbeizuführen – und das haben wir auch getan.

Wir freuen uns jedenfalls, dass das letztendlich auf die Zustimmung aller gestoßen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ich auch für wichtig halte, ist diese Anregung bezüglich Männer und Frauen: Vielleicht wird es uns möglich sein, bei jenen Personen, die von der Bundesregierung bestellt werden, schon etwas darauf zu achten, wenn die hohen Wissenschafter selbst Probleme haben, international anerkannte und gute Wissenschafterinnen zu finden, die man dann ins Kuratorium hinein nominieren wird. Diese sieben Mitglieder werden von


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Wissenschaftern nominiert, das war ein großes Anliegen des internationalen Gre­miums, dem wir auch nachgekommen sind.

Für uns war immer klar, dass der erste Entwurf, der dazu eingebracht wurde, eine Diskussionsgrundlage ist, die wir vom BZÖ mit unseren international anerkannten Wissenschaftern diskutiert und besprochen haben, wobei alle gesagt haben, dass es ihnen lieber ist, dass der zweite Vorschlag, eben der von Professor Haim Harari, Eingang ins Gesetz findet. Das war für uns der Grund, warum wir dann auch gesagt haben, es ist wichtig, diesen Vorschlag umzusetzen, eben in Form dieses Abände­rungsantrages.

Ich würde mir, wie gesagt, wünschen, dass in diesem Leitungsgremium auch einige Frauen sitzen. Sehr viele werden es unter Umständen nicht sein, denn es ist nun einmal der Anteil der Wissenschafterinnen auf diesem Gebiete der Spitzenforschung leider noch nicht sehr hoch, aber wir werden weiter daran arbeiten – vielleicht auch das gemeinsam –, damit sich das in Zukunft ändert. (Beifall bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Wenn Sie Angst haben, Herr Kollege Grünewald, dass da eifersüchtige Wissenschafter drinnen sitzen, die nur darauf schauen, was die anderen an Budget bekommen, und einander konkurrierende Personen sozusagen da drinnen sitzen, antworte ich Ihnen darauf: Was wollen Sie von den Grünen eigentlich? Einerseits sagen Sie, es müsse zu einer Vernetzung mit den Universitäten kommen, es müsse da zu einer Gemein­samkeit kommen, andererseits kritisieren Sie jedoch, dass eben genau diese Personen dann auch wieder im Kuratorium sitzen! – Das ist ein Spagat, der wahrlich schwierig ist.

Uns war jedenfalls immer wichtig, dass es auch eine Vernetzung mit den Universitäten gibt, mit anderen Exzellenzen, die es in Österreich gibt, was ja unbestritten ist. Deshalb ist es wichtig, dass auch andere Personen, die natürlich im Forschungsbereich tätig sind, in diesem Gremium sitzen, die dann nicht nur etwas in diesem Institut machen, sondern auch in anderen Bereichen, um sich da gegenseitig sozusagen zu befruchten. Ich denke, wichtig ist, dass man in diesem Kuratorium dann auch viel diskutiert, und zwar auf höchster Ebene diskutiert.

Ich bin jedenfalls froh darüber, dass wir schließlich und endlich zu einem guten Entwurf gekommen sind, zu etwas, was international Anerkennung findet, wo die Politik Rahmenbedingungen setzt, damit die Forscher gut arbeiten können, damit wir einen ersten guten Schritt in Richtung europäischer Exzellenz setzen.

Ich freue mich auch, dass die SPÖ schließlich und endlich ihren Zickzackkurs – hoffentlich! – beendet hat und bei dieser Meinung bleibt, dass Gugging doch ein guter Standort ist, dass dieses Institut mit dem Kuratorium eine gute Einrichtung ist und dass man dort gute Forschung betreiben und letztendlich sagen kann: Ende gut, alles gut! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte.

 


19.28.19

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Herr Präsident! Eine tatsächliche Berichtigung zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Sburny, die hier behauptet hat, dass es das Schimpansen-Projekt in Gänserndorf aus Geldmangel nicht geben werde. Ebenso meinte sie, weil Frauen nicht daran beteiligt sind, sei das ein Problem.

Tatsache ist, dass das Projekt mit den Schimpansen in Gänserndorf ein Projekt ist, wo Labor-Affen, die mit HIV, also mit AIDS sowie mit Hepatitis infiziert wurden, heute noch


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gehalten werden, ihren Lebensabend dort verbringen können, die aber in Bezug auf ihr Gruppenverhalten, eben durch das lange Leben im Käfig, weit weg von einem natürlichen Verhalten sind.

Deswegen hat die Wissenschaft auch dieses Projekt, das als Gruppenverhaltens-Studien-Projekt gedacht war, für diese Affen als ungeeignet bezeichnet.

Das hat also nichts mit dem Geld, sondern mit den Affen zu tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Ich erteile es ihr.

 


19.29.00

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Das Spannende an dieser Diskussion rund um das Exzellenz-Institut ist, dass auf europäischer Ebene im Moment die gleiche Situation gegeben ist wie hier in Österreich – und auch dort eine Diskussion um ein Exzellenz-Institut entfacht ist: dort mindestens genauso umstritten wie hier in Österreich, aber: Wie in Österreich wird sich auch auf EU-Ebene das European Institute of Technology durchsetzen.

Das hat auch schon Bildungskommissar Ján Figel im Rahmen des EU-Ministerrates der Bildungsminister, die einander getroffen haben, gesagt. Er hat hier auch the­matisiert, dass gerade europäische Universitäten sehr breit sind, ein großes Angebot liefern, was aber fehlt, ist die Spitze. Deshalb ist es umso notwendiger, auf euro­päischer Ebene fit zu werden und Spitzenforschung auf höchstem Niveau in den Vordergrund zu stellen.

Da ist es nur wichtig und auch richtig, dass Österreich alle Hebel in Bewegung setzt, um da nicht hinten nachzuhinken, sondern um Spitzenreiter zu sein, denn wenn wir auf europäischer Ebene mitgestalten wollen, wenn wir auf dem Elitekurs auch den Ton angeben möchten, dann ist es wichtig, dass Österreich die entsprechenden Res­sourcen bereitstellt. Und gerade Professor Zeilinger war derjenige, der Anfang dieses Jahres gesagt hat, es wäre wichtig, noch bis Ende des Jahres einen ordentlichen Vorschlag vorzulegen, damit man das rasch umsetzen kann. Genau das ist jetzt gelungen. Und dazu muss man der Frau Bundesminister auch wirklich sehr herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, mit diesem Exzellenz-Institut hier in Österreich leisten wir erstens einen wertvollen Beitrag zur Lissabon-Strategie. Es ist auch eine Möglichkeit, die Wettbe­werbsfähigkeit in Österreich zu stärken und zuletzt auch das Wirtschaftswachstum zu erhöhen.

Wenn Herr Dr. Grünewald vorher gesagt hat, es sei wichtig, die Arbeitsbedingungen und die Entfaltungsmöglichkeiten für Forscherinnen und Forscher freizustellen, dann meine ich, genau das ist ja auch in der Zielsetzung des Institutes neben der Grund­lagenforschung verankert.

Wenn die Frau Bundesminister hier auch die Weichen in Richtung Zusammensetzung des Kuratoriums gestellt hat, wozu ich auch einen Abänderungsantrag einbringen möchte, so ist das, wie ich meine, ein guter Kompromiss.

Herr Präsident! Ich bringe somit den Abänderungsantrag der Abgeordneten Brinek, Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 798/A ein, und ich ersuche den Präsidenten wegen des Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 GOG um die Verteilung an die Abgeordneten.


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Die vier Kernpunkte möchte ich kurz erwähnen: Die Hälfte des Kuratoriums soll zumindest aus Wissenschaftern bestehen, und das Kuratorium hat nicht weniger als insgesamt 14 Mitglieder zu umfassen, die auch international angesehen sein sollen.

Zweiter Punkt: Die Mitglieder des Kuratoriums dürfen keine anderen Funktionen be­kleiden, die für einen Interessenkonflikt sorgen könnten.

Dritter Punkt: Das Kuratorium kann sich um Sponsoren erweitern, es muss dann aber sichergestellt werden, dass die gleiche Anzahl im Verhältnis zur Zahl der Wissen­schafter gegeben ist, das heißt, das Kuratorium kann zusätzliche Wissenschafter auf­nehmen.

Vierter Punkt: Das Kuratorium soll gleichzeitig auch für die Bestellung des Präsidenten beziehungsweise der Präsidentin verantwortlich sein.

Ich bin froh darüber, dass dieser Kompromiss auch dazu geführt hat, dass die SPÖ zustimmt. Ich glaube auch, dass die Standortwahl keine schlechte ist, nicht um jetzt – um noch einmal auf die Ausführungen von Herrn Dr. Grünewald zu replizieren – ein Denkmal für den Landeshauptmann von Niederösterreich zu setzen, sondern vielmehr deshalb, weil er der Einzige war, der gesagt hat, ich mache ein ordentliches Angebot. Hätte das der Wiener Bürgermeister getan, wäre das Institut vielleicht jetzt in Wien, aber das war leider nicht der Fall. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dementsprechend bitte ich um Unterstützung. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Brinek, Bleckmann, Kollegin­nen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich diesen gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen; dem Stenographischen Protokoll wird er beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 798/A der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen, XXII.GP, betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria (1358 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis entfallen die §§ 12 und 15. § 13 erhält die Bezeichnung § 12, § 14 erhält die Bezeichnung § 13 und § 16 erhält die Bezeichnung § 14.

2. § 6 erhält folgende Fassung:

㤠6. (1) Das Kuratorium hat folgende Aufgaben:

1. Genehmigung des Organisationsstatuts und der strategischen Ausrichtung auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten,


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2. Bestellung der Präsidentin oder des Präsidenten und Abberufung der Präsidentin oder des Präsidenten aus wichtigen Gründen; das Kuratorium kann aus dem Kreise seiner Mitglieder einen Unterausschuss einsetzen, der mit der Suche einer Präsidentin oder eines Präsidenten beauftragt wird; die Vorschläge dieses Unterausschusses sind dem Kuratorium zur Genehmigung vorzulegen,

3. Bestellung des wissenschaftlichen Rates auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten,

4. Bestellung und Abberufung der Verwaltungsdirektorin oder des Verwaltungsdirektors auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten,

5. Genehmigung der Verfahren zur Berufung und Beförderung des akademischen Personals auf Vorschlag der Präsidentin oder des Präsidenten,

6. Genehmigung des jährlichen Budgets unter Zugrundelegung des Jahresvoran­schlages, der Vorschau für die zwei darauf folgenden Jahre, des jährlichen Leistungs­berichtes und des jährlichen Rechnungsabschlusses,

7. Genehmigung von Musterarbeitsverträgen für die jeweiligen Personalgruppen (wissenschaftliches Personal, nicht wissenschaftliches Personal, Verwaltungspersonal, etc.),

8. Genehmigung der Vollmachtserteilung durch die Präsidentin oder den Präsidenten an Personen, die ermächtigt sind, Rechtsgeschäfte im Namen des Institute of Science and Technology – Austria abschließen zu dürfen.

(2) Überdies kann das Kuratorium folgende Aufgaben wahrnehmen:

1. Festlegung einer Zusatzbezeichnung für das Institute of Science and Technology – Austria, die auf Schwerpunktsetzung und Profilbildung hinweist und in der Außen­darstellung verwendet werden kann,

2. Festlegung einer Geschäftsordnung für das Kuratorium, in welcher sich dieses weitere Angelegenheiten zur Genehmigung vorbehalten kann,

3. Bestellung eines Exekutivausschusses aus dem Kreise der Mitglieder des Kurato­riums und Festlegung der Zuständigkeiten,

4. Bestellung zusätzlicher Ausschüsse.

(3) Das Kuratorium hat ständig nicht weniger als 14 Mitglieder zu umfassen, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Institute of Science and Technology – Austria leisten können. Alle Kuratoriumsmitglieder sind stimmberechtigt. Das Kuratorium kann sich mit Beschluss um die in § 3 Abs. 2 Z 3 genannten Dritten erweitern.

(4) Zumindest die Hälfte der Kuratoriumsmitglieder hat ständig aus international angesehenen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern zu bestehen, die vorzugs­weise über weit reichende Erfahrungen im Wissenschaftsmanagement verfügen. Die Mehrheit der wissenschaftlichen Mitglieder des Kuratoriums muss in international angesehenen wissenschaftlichen Einrichtungen tätig sein oder tätig gewesen sein. Die Bundesregierung hat vier Mitglieder, das Land Niederösterreich hat drei Mitglieder des Kuratoriums zu bestellen, die in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft oder Wirtschaft, tätig sind oder waren.


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(5) Sämtliche Kuratoriumsmitglieder sowie die Mitglieder der vom Kuratorium ernannten Ausschüsse dürfen zum Zeitpunkt der Mitgliedschaft im Kuratorium oder dem jeweiligen Ausschuss keine Funktion bekleiden, die zu einem Interessenskonflikt dieser Funktion mit ihrer Mitgliedschaft im Kuratorium oder in den Ausschüssen führen könnte.

(6) Die Funktionsperiode der Mitglieder beträgt fünf Jahre. Wiederbestellungen sind zulässig. Bei vorzeitigem Ausscheiden eines Mitgliedes ist für den Rest der Funktions­periode ein neues Mitglied auf dieselbe Art wie das ausgeschiedene Mitglied zu bestellen. Eine Abberufung vor Ablauf der Funktionsperiode kann vom bestellenden Organ aus wichtigen Gründen vorgenommen werden.

(7) Die oder der Vorsitzende und eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter werden vom Kuratorium aus dem Kreise der Mitglieder gewählt. Entweder die oder der Vorsitzende oder die Stellvertreterin oder der Stellvertreter hat aus dem Kreise der Wissenschafterinnen und Wissenschafter zu stammen.

(8) Das Kuratorium ist beschlussfähig, wenn wenigstens die Hälfte seiner Mitglieder persönlich anwesend ist. Das Kuratorium entscheidet mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden den Ausschlag.

(9) Für das erste Kuratorium werden sieben anerkannte Wissenschafterinnen und Wissenschafter gemeinsam von der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, von der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden des Rates für For­schung und Technologieentwicklung und der Präsidentin oder dem Präsidenten des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) vorgeschlagen und von der Bundesregierung bestellt. Nach der Bestellung des ersten Kuratoriums werden die wissenschaftlichen Mitglieder künftig vom Kuratorium selbst bestellt.

(10) Das erste Kuratorium hat festzulegen, binnen welcher Frist die erste Präsidentin oder der erste Präsident zu ernennen ist. Bis zur Bestellung der Präsidentin oder des Präsidenten führt die Vorsitzende oder der Vorsitzende des Kuratoriums oder ein anderes vom Kuratorium bestimmtes Mitglied die unbedingt erforderlichen laufenden Geschäfte.“

3. Dem § 10 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Hinsichtlich der Arbeitszeit und der Arbeitsruhe sind die gesetzlichen Sonderregelun­gen des § 110 Universitätsgesetz 2002 sinngemäß anzuwenden.“

4. § 12 und § 15 entfallen. § 13 erhält die Bezeichnung § 12, § 14 erhält die Bezeichnung § 13 und § 16 erhält die Bezeichnung § 14.

5. § 12 (neu) Abs. 2 des Antrages lautet:

„(2) Die am Institute of Science and Technology – Austria tätigen Personen sind hinsichtlich der Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung der Frem­denpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetiteln (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, des Bundes­gesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, sowie der auf der Grundlage dieser Bundesgesetze erlassenen Verordnungen den Lehrenden und Studierenden an Universitäten nach dem Universitätsgesetz 2002 gleichgestellt.“

6. In § 14 (neu) werden alle Verweisungen „§ 13“ durch „§ 12“ ersetzt.


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Begründung

Zu Z 1, 4 und 6:

Während die Bestimmung über die PhD-Programme in § 11 notwendig ist, um der neuen Einrichtung in diesem einen Sonderfall das Promotionsrecht einzuräumen, ist eine eigene Bestimmung über PostDoc- Programme entsprechend vergleichbaren Einrichtungen nicht erforderlich, weshalb § 12 entfallen kann.

Da die Aufgaben in der Gründungsphase in das Kuratorium integriert wurden, kann § 15 ebenfalls entfallen.

Auf Grund des Entfalls der §§ 12  und 15 sind redaktionelle Anpassungen notwendig.

Zu Z 2:

Die Änderungen in § 6 ergänzen einerseits die Zusammensetzung und Bestellung des Kuratoriums und präzisieren andererseits die Aufgabenstellungen hinsichtlich der Bedeutung des Kuratoriums als Genehmigungs- und Aufsichtsorgan. Überdies wird die Aufgabe des Beirates integriert, weshalb der Beirat als eigenes Organ entfallen kann.

In Abs. 1 werden die Aufgaben konzentriert und präzisiert, die das Kuratorium jeden­falls zu übernehmen hat. In Z 2 wird die Möglichkeit ergänzt, für die Bestellung der Präsidentin oder des Präsidenten ein Suchkomitee einzusetzen, das den Bestellungs­vorgang unterstützen soll. Die Verwaltungsdirektorin oder der Verwaltungsdirektor, die gemäß Z 4 zu bestellen ist, wird die Präsidentin oder den Präsidenten im Tages­geschäft unterstützen und ihr oder ihm über die Tätigkeit regelmäßig berichten. Die Genehmigung der Berufungs- und Beförderungsverfahren gemäß Z 5 dient der Rechtssicherheit der Personen, die im Institute arbeiten werden. Dabei handelt es sich um die Genehmigung der Verfahren und nicht der einzelnen Entscheidungen der Präsidentin oder des Präsidenten. Gemäß § 7 Abs. 1 kann die Präsidentin oder der Präsident Vollmacht erteilen. Mit Z 8 soll diese Vollmachtserteilung an eine Geneh­migung des Kuratoriums als Aufsichtsorgan gebunden werden.

In Abs. 2 werden ergänzend jene Aufgaben des Kuratoriums genannt, die überdies wahrgenommen werden können. Mit diesem Bundesgesetz wird auch der Name der neuen Einrichtung festgelegt. Ähnlich vergleichbaren Instituten soll es aber möglich sein, Zusatzbezeichnungen festzulegen, mit denen auf die Profilbildung der Einrichtung hingewiesen wird. Z 1 legt diese Ermächtigung fest. Z 2 und 3 dienen der Sicher­stellung der Handlungsfähigkeit des Kuratoriums. Dieses soll nunmehr mindestens 14 Mitglieder umfassen. Daher ist es sinnvoll, die Einrichtung eines Exekutivaus­schusses und von zusätzlichen Ausschüssen zu ermöglichen. Während das Kurato­rium im Plenum zwei bis dreimal im Jahr tagen wird, kann der (kleinere) Exekutiv­ausschuss öfter zusammentreten. Dies entspricht den Gepflogenheiten in Aufsichts­räten. Z 4 enthält schließlich die Ermächtigung, eine Geschäftsordnung zu be­schließen, und auf diese Weise auch weitere Genehmigungsvorbehalte für das Kuratorium zu definieren.

In Abs. 3 bis 8 werden die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Kuratoriums festgelegt. Entscheidend ist dabei die Erweiterung des bisher vorgeschlagenen Stammkuratoriums auf insgesamt mindestens 14 Personen. Dies wird erreicht, indem zu den bisher mindestens sieben Mitgliedern sieben international angesehene Wis­senschafterinnen und Wissenschafter als weitere Mitglieder hinzutreten. Damit wird als Prinzip sichergestellt, dass jedenfalls die Hälfte aller Mitglieder Wissen­schafterinnen und Wissenschafter sind. Dieses Stammkuratorium von 14 Mitgliedern kann durch Entscheidung des Kuratoriums aufgestockt werden, um Sponsoren die Möglichkeit zu geben, Vertreterinnen oder Vertreter in das Kuratorium zu bestellen. Dabei muss aber


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jedenfalls die Parität von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern und anderen Mitgliedern gewahrt bleiben, sodass für ein allfälliges zusätzliches Mitglied auch eine zusätzliche Wissenschafterin oder ein zusätzlicher Wissenschafter zu bestellen ist. Als Wissenschafterinnen und Wissenschafter werden vor allem jene Personen in Frage kommen, die in international angesehenen Spitzenforschungseinrichtungen tätig sind oder waren. So werden die Öffnung und die Vernetzung mit anderen Spitzenfor­schungs­einrichtungen unterstrichen und hoch qualifizierte Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die im Ausland tätig sind oder waren, zur Mitwirkung am neuen Institute of Science and Technology – Austria eingeladen.

Die Abs. 9 und 10 enthalten die Bestimmungen für die Gründungsphase. Für die erstmalige Bestellung der Wissenschafterinnen und Wissenschafter im Kuratorium sollen die Vorsitzende oder der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, die Vorsitzende oder der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung und die Präsidentin oder der Präsident des FWF der Bundesregierung einen gemeinsamen Vorschlag übermitteln. Bei der Vorbereitung des Vorschlages soll das für die Begleitung der Gründungsphase eingerichtete internationale Komitee befasst werden. In der Folge bestellt das Kuratorium selbst die Wissenschafterinnen und Wissen­schafter.

Zu Z 3:

Mit der Ergänzung werden dem Wissenschaftsbetrieb angemessene Arbeitsbedin­gungen sichergestellt.

Zu Z 5:

Die Änderung dient der Bereinigung eines Redaktionsversehens.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer.

 


19.34.09

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, dass man in einer wissensbasierten Gesellschaft, in der wir uns befinden und die sich rasch weiter­entwickelt, vor allem der Ausbildung großes Augenmerk zu schenken hat. Zu Recht steht sie daher im Mittelpunkt der politischen Diskussion. Ich glaube auch, dass man dazu ergänzen muss, dass es wichtig ist, dass diese hoch ausgebildeten Menschen auch später Beschäftigung – möglichst in Österreich – finden. Wenn ich mir die Quote der arbeitslosen Akademiker und deren Steigerung ansehe, dann muss ich sagen, diese beträgt durchschnittlich 16 Prozent pro Jahr seit 2000, und das bei einem Gesamtanstieg von Arbeitslosen von 5,9 Prozent, was auch zu hoch ist. Auch diese Entwicklung muss man im Zusammenhang mit höherer Ausbildung diskutieren.

Ich möchte aber auch Herrn Dr. Grünewald zustimmen, der gefragt hat, wie man sozusagen jene Menschen bekommt, die für ein Center of Excellence geeignet sind. Da braucht man natürlich beste Universitäten, und daher kann man nicht ein Center of Excellence oder ein Institute of Science and Technology ohne den Background guter Stammuniversitäten schaffen. Ich bin sehr froh, dass diese eigenartige Diskussion über die Eliteuniversität endlich vorbei ist, weil man erkannt hat, dass es eigentlich eine postgraduale Ausbildungsstätte für besonders Interessierte in einem Fach ist. Diese Institute können daher nur in einer totalen Vernetzung und in enger Verbindung mit den Stammuniversitäten existieren.


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Ich habe das schon im Ausschuss gesagt: Für mich wäre es wichtig, dass man so einen Kranz von Centers of Excellence rund um die Universitäten aufbaut, mit ent­sprechenden Spin-off-Effekten, denn nur dann hat das Ganze einen Sinn, wobei der Standort nicht so wichtig ist. Als Niederösterreicher füge ich hinzu, dass ich es begrüße und es schon in Ordnung ist, wenn sich der Standort in Niederösterreich befindet. Wichtig ist, dass Ausbildung und Forschung eng verbunden sind, um zu einem Erfolg zu kommen.

Es hat auch keinen Sinn, jetzt zu sagen, es sei deshalb in Ordnung, weil der Abgeordnete Broukal beim FWF 30 Millionen € durchgesetzt hat, denn genauso wichtig ist die bessere Ausstattung der Universitäten, wo Zustände herrschen, die wirklich nicht leicht für die Studenten sind und nicht leicht zu einem Center of Excellence hinführen, da manche froh sind, wenn sie ihr Studium beendet haben. Daher ist es wichtig, dass man sich dessen bewusst ist, dass man hier ein Ganzes vor sich hat.

Ich denke da durchaus noch an mehrere Institute. Ich sage jetzt einmal Seibersdorf, das führt so ein gewisses Schattendasein. Warum ist das nicht ein Center of Excel­lence für Werkstofftechnologie? Warum gibt es nicht andere, wie zum Beispiel das Arsenal, das hervorragende Forschungsergebnisse hat? Ich rede von einem Kranz von Centers of Excellence, die um die Stammuniversitäten angesiedelt sind, in Innsbruck, in Graz und an sonstigen Standorten. Das bedeutet, dass man sozusagen eine durchgehende Bildungsschiene fahren kann, bis zu den international höchsten Spitzen.

Jeder weiß, dass eine Spitze nur dann entsteht, wenn man eine bestimmte Breite an Vorbildung hat. Daher halte ich diese Trennung, dass das eine  bevorzugt wird, während das andere ein bisschen nachhinkt, für ein falsches Konzept. Und ich sage das sehr deutlich: Das Konzept geht nur auf, wenn man an den Universitäten Lehr- und Lernbedingungen schafft, die die Chance eröffnen, zu den Spitzenausbildungsplätzen Europas und der Welt vorzustoßen.

Wir haben, Gott sei Dank, Menschen in Österreich, die diese Qualifikation aufweisen. Daher ist es gut, wenn man um diese Persönlichkeiten Institute aufbaut, um dann in einem europäischen Kontext letztlich bestehen zu können.

Wenn ich manchmal von Vernetzung der Universitäten und Sonstigem lese, dann muss ich sagen, das können nur jene sagen, die noch nie an einer Universität irgend­etwas vorgetragen haben. Jede Universität lebt davon, dass sie in einem hohen Maße vernetzt ist; ohne Vernetzung würde das bald ein dürrer Ast werden. Daher steht nicht die Standortfrage im Vordergrund, sondern die Menschen und deren Einbindung. Ich erinnere mich an die Diskussion über die Donau-Universität Krems. Da wollte Vize­kanzler Busek seinerzeit auch nicht zustimmen. Trotzdem zeigt sie – sie hat sich sehr gut entwickelt –, dass sie Entscheidung richtig war.

Ich bin überzeugt, wenn wir die Unterstützung geben – da gebe ich Abgeordnetem Grünewald auch Recht –, wenn man also für eine entsprechende Ausstattung mit Einrichtung und Mitteln sorgt, dann kann auch ein großer Erfolg erwartet werden, da dieser eng mit diesen Faktoren korreliert.

In diesem Sinne möchte ich ein herzliches Dankeschön sagen für die Einigung, zumindest zwischen den Sozialdemokraten und den Regierungsparteien, weil ich glaube, es ist ein guter Beitrag auf dem Weg zu mehr Wissen und zu höherer Aus­bildung, ja Höchstausbildung. Ich wünsche dem Institute of Science and Technology viel Erfolg. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Frei­heitlichen.)

19.39



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Bitte.

 


19.39.48

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! In einem Debattenbeitrag war soeben zu hören, Österreich soll ein guter Standort für Wissenschaft und Forschung werden. Ich kann alle beruhigen, es ist bereits ein ausgezeichneter Standort für Wissenschaft und Forschung.

Es bedarf dazu nicht der Aussage des Staatssekretärs für Forschung und Tech­nologieentwicklung, sondern es sind internationale Bewertungskriterien, die uns an diese hervorragende Position reihen, wie zum Beispiel European Innovation Score­board, der Innovationsanzeiger: Für das Jahr 2005 sind wir hier innerhalb der EU an fünfter Stelle gereiht, im Jahr 2003 war es noch der zehnte Platz. In diesem Innovation Scoreboard werden zum Beispiel bewertet – das sind Kriterien! –: F & E-Aufwen­dungen der öffentlichen Hand, F & E-Aufwendungen der Wirtschaft, Absolventen der naturwissenschaftlichen und der technischen Studien, der Zugang zu Breitband – also eine Palette an Indikatoren, die zur Bewertung führt. – Immerhin an fünfter Stelle, Tendenz steigend.

Lisbon Scorecard VI, von der EU-Kommission in Auftrag gegeben, bewertet uns, was die Innovationskraft betrifft, an dritter Stelle – Tendenz ebenfalls steigend. Hier sind als Indikatoren zum Beispiel Sozialreformen, Wohlstand und Produktivität eines Staates maßgebend.

Alle Indizien zeigen und sprechen also dafür, dass Österreich ein ausgezeichneter, ein exzellenter Standort für Forschung und Entwicklung ist. Letztendlich ist natürlich auch die Forschungsquote ein weiterer Beweis dafür: Wir sind hier auf dem Pfad der Lissabon-Strategie, auf dem Pfad 2,5 Prozent Forschungsquote des BIP im Jahr 2006, also heuer, und 3 Prozent im Jahr 2010.

Ich bedauere ganz besonders, dass sich die grüne Fraktion mit ihrer Meinung in die Isolation begibt; ich argumentiere und begründe auch, warum das der Fall ist.

Wie Frau Bundesministerin Gehrer bereits ausgeführt hat, ist das ursprüngliche Kon­zept von einer Gruppe von Wissenschaftern und Forschern erstellt worden, unter der Leitung von Professor Zeilinger, Professor Schuster und Professor Schmidt. Der Grund dafür, dass Professor Zeilinger kalte Füße bekommen hat, ist klar: Es ist um den Standort gegangen. Inzwischen ist es ja ohnehin so, dass er das Gesamtprojekt sehr positiv bewertet, auch die Leuchtturm-Funktion herausstellt – dieser Begriff stammt ja von ihm.

Es war aber auch das nationale Komitee, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit durchaus klingenden Namen aus der Wissenschaft, die hier maßgeblich mitgewirkt und gesagt haben: Ja, wir brauchen ein derartiges Institut in Österreich, es ist wichtig! –Professor Mittelstraß, Professor Bonn, Rektor Badelt, Rektor Winckler, Universitäts­professor Präsident Mang. – Man kann dazu stehen, wie man will, aber für eine objektive Bewertung ist es sicherlich wichtig, dass diese Persönlichkeiten an einem derartigen Gesetz mitwirken können. Ich darf Ihnen sagen: auch Professor Arzt, Wittgenstein-Preisträger Professor Gornik, Professor Kern, Professor Stingl und natürlich auch Rektor Hans Sünkel.

Nein, nicht nur das, wir haben auch ein internationales Komitee ersucht, seine Beiträge mit einzubringen, seine internationalen, weltweiten Erfahrungen mit einzubringen. Professor Haim Harari, Professor Kübler und vor allem auch Professor Hubert Markl


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haben hier auch ihre Expertise dazu abgegeben. – Das hat letztendlich dazu geführt, dass dieses Gesetz, das heute Gegenstand der Verhandlung ist, entstanden ist.

Ich darf noch ergänzen: Sogar der Verband der Universitätsprofessoren hat sich jetzt eindeutig dafür ausgesprochen. Herr Professor Grünewald, deshalb spreche ich von Isolation. Wenn Sie bei allem die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, dann drängt sich bei mir der Gedanke auf: Die scheinen alle nicht so gut zu sein wie Sie. – Wie dem auch immer sei.

Der Universitätsprofessorenverband hat auch erkannt: Der Brain Drain in Richtung USA gehört gestoppt – im Gegenteil, gehört umgedreht! Zusätzliches Geld und Sponsoren kommen, ja, sie kommen mit diesem neuen Institut! – Und vor allem die Anbindung an das European Institute of Technology – eine sehr, sehr wichtige Ein­richtung, die analog zu japanischen und amerikanischen Institutionen eine Vernetzung innerhalb der Europäischen Union darstellen soll. Und hier haben wir mit unserem Institute of Science and Technology – Austria die Möglichkeit, diese Anbindung für Österreich zu schaffen, also wieder ganz vorne mitzuspielen.

Wir machen das, meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich wegen der Forschung und der Wissenschaft, aber Forschung und Wissenschaft allein sind es nicht, sondern es ist auch das daraus Resultierende! Es geht um sozialen Wohlstand, um Arbeitsplätze, um Wirtschaftswachstum, was eben daraus entsteht.

Ich bedauere auch, dass die Grünen hier nicht zur Kenntnis nehmen, dass mit diesem Institut mehr Grundlagenforschung auf höchstem Niveau in Österreich möglich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein gutes Gesetz – es garantiert die Freiheit der Wissenschaft, es gewährleistet die Finanzierung, und es schafft vor allem auch die Basis für exzellente Grundlagenforschung in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ross­mann. – Bitte.

 


19.45.43

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Auch wenn Sie es nicht zur Kenntnis nehmen wollen, aber Sie müssen mittlerweile – vor allem die linke Fraktion der Grünen und der SPÖ – zur Kenntnis nehmen, dass sich diese Bundesregierung von Anfang an ganz klar zu einer Forschungsinitiative bekannt hat. Mit einem eigenen Staatssekretär (Ruf bei der SPÖ: Wie heißt der?), der sich im Schwerpunkt um Wissenschaft und Forschung kümmert, ist es nun endlich auch möglich geworden – der Herr Staatssekretär selbst hat es Ihnen dargelegt, und ich wiederhole es noch einmal –, haben wir erreicht, dass die Forschungsquote so hoch ist wie nie zuvor. Sie wollen das einfach nicht zur Kenntnis nehmen, Sie müssen aber die Zahlen zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben eine Forschungsquote von 2,35 Prozent, und die Ausgaben für Forschung und Technologieentwicklung haben in Österreich den historischen Höchststand von 5,8 Milliarden € erreicht. Wenn das nicht ein Erfolg ist, dann weiß ich nicht, was ein Erfolg ist! Österreich ist damit weg vom europäischen Mittelfeld hin zum Spitzenfeld gelangt – auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen!

Und mit dieser neuen Elite-Uni setzen wir noch einmal eines drauf, nämlich auch in Richtung einer Elite-Ausbildung. Ich weiß, dass in der linken Reichshälfte das Wort „Elite-Ausbildung“ immer ein sprichwörtlich rotes Tuch war, aber wir sagen: Wir bekennen uns ganz klar zur Förderung einerseits der Schwächsten, aber andererseits


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auch zu einer Förderung einer gewissen Bildungselite und auch von Hochbegabten. Und mit dieser Elite-Uni ist dieser Schritt gesetzt.

Auch wenn Kollege Bauer behauptet, Herr Kollege Broukal hat erreicht, dass im FWF 30 Millionen mehr drinnen sind, muss ich dem entgegenhalten: Das ist, bitte, allein das Verdienst unseres Staatssekretärs Mainoni, der mit dem Finanzminister verhandelt hat und den Finanzminister überzeugen konnte, dass 30 Millionen € mehr notwendig sind. Somit ist der Fonds mit 150 Millionen € dotiert. – Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis!

Ich kann nur sagen, Sie können sich mit fremden Federn schmücken – Kollegin Bleckmann hat schon den Zickzackkurs des Kollegen Broukal und der SPÖ bei diesem Thema aufgezeigt –, Faktum ist aber, dass wir mit dieser Elite-Uni mehr Geld für die Forschung haben, ein Vorzeigeprojekt haben und dass wir auf Grund des Ver­handlungserfolgs von Kollegin Bleckmann und Staatssekretär Mainoni erreicht haben, dass die Vernetzung mit anderen Exzellenz-Zentren gegeben ist und dass die politi­sche Unabhängigkeit damit auch gewährleistet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein Riesenerfolg!) – Ich glaube, das ist auch wesentlich: dass die Unabhängigkeit der Forschungseinrichtungen gewährleistet ist und nicht partei­politisch dirigiert wird. Es entscheiden in den Gremien internationale Experten.

Das ist, wie ich meine, ein Schritt in Richtung internationales Niveau, auch im euro­päischen Rahmen, und eine weitere Chance im Hinblick auf eine Stärkung unseres Forschungs- und Wirtschaftsstandortes Österreich. Sie nehmen das ... (Abg. Öllinger: Eigentlich haben wir eine FPÖ-Alleinregierung! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: BZÖ!)

Die SPÖ ist mit dabei. Ich muss sagen, Sie haben sich dann dazu bekannt, dass es ein guter Schritt ist, und uns freut das! – Es tut uns Leid, dass die Grünen nach wie vor einer Elite-Ausbildung nichts abgewinnen können, aber wir sind das ohnehin ge­wohnt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


19.49.39

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Grüne­wald, ich habe schon, glaube ich, ein bisschen herausgehört, dass Sie ein wenig eifersüchtig sind auf Niederösterreich – und ich sage Ihnen eines: Das macht nichts! Es ist uns lieber, es schaut jemand mit Neid auf uns als mit Mitleid.

Herrn Abgeordnetem Bauer kann ich nur gratulieren, dass er sich mit dem Standort zu Klosterneuburg durchgesetzt hat. Ich darf Ihnen auch sagen, dass es bei der Donau-Uni, die er angesprochen hat, damals auch in seinen Reihen viele Skeptiker gegeben hat, und heute sind wir alle froh, dass wir sie haben.

Mit dem heutigen Beschluss, dieses Institut in Klosterneuburg zu errichten, wird, so denke ich, ein ganz bedeutender Meilenstein gesetzt, nämlich nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf mitteleuropäischer Ebene. (Abg. Dr. Grünewald: Meilenstein oder Leuchtturm?) – Herr Abgeordneter Grünewald, ich denke, Sie sind ein gescheiter Mann, aber diese Bedeutung können Sie nicht hoch genug einschätzen und Sie sollten eigentlich froh sein, dass wir dieses Institut bekommen!

Ich möchte mich vor allem bei Ihnen, Frau Ministerin, bedanken, dass Sie die Idee nicht nur rasch aufgegriffen haben, sondern auch konsequent behandelt und durch­gezogen haben.


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Genauso bedanken möchte ich mich bei Herrn Landeshauptmann Dr. Pröll, denn die von ihm geführte Landesregierung hat ein hervorragendes Angebot vorgelegt und dieses Angebot hat auch den Standort mit entschieden. Das ist so bewertet worden und das haben auch die Experten gesagt. Ich freue mich, wie gesagt, dass die anfäng­liche Skepsis gegenüber dem Standort gewichen ist. Wenn das Land Niederösterreich heute für Gebäude, Grund und Verkehrsanbindung, so wie es in der Artikel-15a-Vereinbarung festgeschrieben ist, 116,5 Millionen € und für den laufenden Betrieb 30 Millionen € zur Verfügung stellt, dann ist das ein großer Beweis dafür, welch hohen Stellenwert Wissenschaft und Forschung in Niederösterreich genießen.

Ich habe schon gesagt, die Donau-Universität ist heute mit Sicherheit die modernste Universität mit 3 500 Studentinnen und Studenten, die Fachhochschulstandorte St. Pölten, Wiener Neustadt, Krems und Wieselburg und die Privatuniversität für Design in St. Pölten sind alle schon großartige Aushängeschilder des Hoch­schul­wesens in Niederösterreich, und mit dem heute zu beschließenden Institut wird ein weiteres Highlight gesetzt. – Ich freue mich und danke für die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Schasching zu Wort. – Bitte.

 


19.52.16

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie mein Vorredner aus meiner Fraktion Dr. Hannes Bauer bereits betont hat, ist dieser Entschluss, dieses Elite-Institut in Niederösterreich anzusiedeln, für uns niederösterreichische Abgeordnete durchaus von einer positiven Bedeutung, und ich denke, dass das Land gefordert sein wird, rundum in dieser Region vieles an Verkehrsmaßnahmen und infrastrukturellen Maßnahmen zu setzen, um den Standort dort noch zu verbessern. Es kann ja nicht so sein, dass man sagt: Die einen gehen raus, die anderen gehen rein. Es wird noch vieler Maßnahmen bedürfen, und ich hoffe, dass die Begeisterung dafür dann auch weiter so anhält.

Was mir natürlich besonders gefällt, ist, dass es unseren Kolleginnen und Kollegen gelungen ist, dieses Kuratorium auf 14 Mitglieder sozusagen hinaufzureklamieren, um der Wissenschaft entsprechendes Gehör zu verschaffen. Auch die Aufstockung des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung mit 30 Millionen € sehe ich als sehr positiven Impuls, vor allem dorthin, wo es notwendig ist, nämlich in unsere bestehenden Universitäten.

Da komme ich schon zum Punkt, Frau Bundesministerin, denn ein Vorzeigeprojekt, wie es eine Elite-Institution sein soll, darf auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Bildungssystem insgesamt massiv die Mittel fehlen. Wir wollen nicht, dass dann vor lauter Begeisterung darüber nicht mehr gesprochen wird! Wir müssen schon feststellen, dass die ständigen Einsparungen, unter denen die Universitäten leiden, die Qualität durchaus nicht gerade verbessert haben.

Wenn ich es anführen darf, so sage ich, dass den Unis im Jahr 1999 1,22 Prozent des BIP zur Verfügung standen, im Budget 2006 bekommen sie nur mehr 0,98 Prozent. Das tut natürlich weh. Das passt aber insgesamt in das Bild der Regierungsarbeit der Frau Bundesministerin Gehrer.

Ich erinnere, dass es auch im Bereich der Schulen so ist, dass es zu einem Kaputt­sparen gekommen ist. Im Schuljahr 2000 und 2001 wurden insgesamt 5 000 Lehrer an Pflichtschulen abgebaut. Das bedeutet, mehr als 120 000 Wochenstunden weniger für wichtige Maßnahmen zur Hebung der Schulqualität.


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Frau Bundesministerin, das alles hebt nicht die Qualität der breiten Basis, die wir brauchen, um dann Spitzenforschung und Spitzenqualität erzielen zu können. Denn die österreichische Jugend hat allemal das Recht auf eine Bundesregierung, die wieder ins Bildungssystem investiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Basis für diese breite Bildung brauchen wir ganz einfach. Was mir dazu in der letzten Zeit im Zusammenhang mit der Diskussion um die Bildung ganz besonders aufgefallen ist, ist, dass es im Schulbereich die PISA-Studien gibt, wir haben über Bildungsstandards diskutiert, und immer waren es Diskussionen über messbare Ergebnisse und abfragbares Wissen aus unserem System.

Bildung ist aber ein umfassender Begriff. Es geht um viel mehr als um rein abfragbares Wissen und Fähigkeiten, die aus rein abfragbarem Wissen entstehen, es geht um Teamfähigkeit, um soziale Kompetenz, um Kreativität, um den Willen und die Fähigkeit zur Weiterbildung und zu höherer Bildung. Das alles kann man nicht abprüfen, dafür braucht man aber ein engagiertes Bildungswesen und genug Ressourcen.

Die SPÖ hat in den letzten Jahren umfassende Vorschläge zur Verbesserung des österreichischen Bildungssystems gemacht. Das geht, wie gesagt, von ganz klein an, von der Frühförderung über Ganztagsschulen, über das Akademien-Studiengesetz bis hinauf zu unseren Vorschlägen zur Verbesserung der Universitäten. Wir wissen, wo Schüler, Eltern und Lehrer der Schuh drückt. Wir wissen aber auch, wie es dem Großteil der Studentinnen und Studenten an unseren Universitäten geht und wonach sie verlangen, und zwar dringend verlangen. Das heißt, es fehlen Ressourcen, die wir ihnen zurückgeben wollen.

Unsere Politik ist darauf ausgerichtet, dass wir allen Menschen den gleichen Zugang zur Bildung geben wollen, denn wenn wir heute von einem Elite-Institut sprechen wollen, dann möchte ich dazu nur abschließend sagen: Bildung darf nicht zu einem Luxusgut für wenige werden, sondern Bildung ist ein Recht, das jedermann zusteht! (Beifall bei der SPÖ.)

19.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

 


19.56.58

Abgeordnete Mag. Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bun­des­ministerin! Ich freue mich sehr, dass Kollege Bauer und Kollegin Schasching sich so positiv äußern, möchte aber in diesen kurzen zwei Minuten, die mir zur Verfügung stehen, doch einige Bemerkungen machen, die den Zickzackkurs der SPÖ weiter illustrieren.

Es hat nämlich – nachdem sich die SPÖ sehr lange nicht klar war, ob sie überhaupt ein Exzellenz-Institut will oder nicht, und nach der anschließenden Standortfrage St. Marx, Aspang, Gugging – der Wiener Wissenschaftsstadtrat Mailath-Pokorny dem Hin und Her die Krone aufgesetzt: Er wünscht sich ganz enthusiastisch gleich ein weiteres Exzellenzinstitut, nämlich eines für Geisteswissenschaften. Das war beim Mozart­vortrag in der Albertina und dann in einer Presseaussendung vom 17. März. Ich halte das im Prinzip ja für einen guten Gedanken – der aber sehr weit vorgreift.

Ich denke, es ist so: Wenn es endlich durch gemeinsame oder wenigstens mehr­heitliche Beschlüsse – und, Kollege Grünewald, es handelt sich dabei nicht um „top-down“ und „von oben diktiert“, der Wunsch ist von den Wissenschaftern ausge­gangen – zu einem Zusammenwirken aller Ebenen kommt, wenn die Forscher und Forscherinnen zu arbeiten begonnen haben und es diese europaweite Ausstrahlung gibt, die wir uns wünschen, die wir uns erhoffen, und wenn Österreich zu Recht eine


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Vorreiterposition beanspruchen darf – dann steht selbstverständlich einem weiteren Ausbau für Forschungseinrichtungen auch in den Geisteswissenschaften nichts mehr im Weg. Auf das hoffe ich, auf das setze ich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


19.58.43

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde heute schon sehr viel von Eliten gesprochen: Spitzen, Exzellenzen oder wie man sie auch immer bezeichnen mag. Damit sich solche aber auch bilden können, nämlich solche, die sich über Leistung definieren und nicht über das Geldbörsel der Eltern, brauchen wir bestmögliche Startbedingungen für alle. Und genau diese werden den jungen Menschen in unserem Land immer mehr genommen.

Besonders erschüttert, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich von der Situation am Pädagogischen Institut Graz. 1 771 Studierenden stehen sechs Profes­sorInnen gegenüber, was einen Betreuungsschlüssel von eins zu 295 ergibt. Im Sommersemester fand eine Selektion statt, die mit Leistung wirklich nichts mehr zu tun hat. Von 339 StudienanfängerInnen finden nur 60 einen Seminarplatz im zweiten Semester, da die restlichen 70 Plätze von Studierenden besetzt sind, die sich bereits auf den Wartelisten befinden. Und zu diesen 339 StudienanfängerInnen kommen noch rund 170 Studierende aus höheren Semestern, die dieses Seminar ebenfalls benö­tigen.

Wer da nicht einen Notenschnitt von unter 2,5 aufweisen kann, hat sowieso keine Chance und schenkt der Uni von vornherein 700 € an Studiengebühr. Der Rest braucht viel Glück, um einen Seminarplatz zu ergattern. Wem das Glück nicht hold ist, der verliert gleich ein ganzes Jahr, weil die erforderlichen Seminare nicht jedes, sondern nur jedes zweite Semester angeboten werden.

Die Zustände an der Uni Graz sind nur beispielhaft für viele Institute, wie etwa auch für das Institut für Zahnmedizin in Wien. Ihre bisherigen Antworten, Frau Ministerin, haben sich darin erschöpft, dass die Universitäten und Fakultäten genug Geld haben, aber es eben nicht richtig verteilen. Das ist schon sehr praktisch, diese Universitätsautonomie, auf die man leicht jede Verantwortung abschieben kann. Diejenigen, die den Spieß­rutenlauf der Lehrveranstaltungen bewältigt haben, stehen dann vor der Hürde, dass pro Jahr nur rund 120 Diplomarbeiten betreut werden können. Wieder heißt es: ab auf die teure Wartebank!

Den jungen Menschen kostet das viel Zeit und Geld. Sie müssen ja nicht nur die Studiengebühren bezahlen, sondern sie verlieren darüber hinaus noch den Anspruch auf Stipendien und Familienbeihilfe. Eine entsprechende Anregung auf Erlassung einer Verordnung zur Verlängerung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe wurde von Ihrem Ministerium mit einer haarsträubenden Begründung abgelehnt. Grundsätzlich sei nämlich davon auszugehen, dass die Studien nach den neuen Studienvorschriften so organisiert werden, dass die Studienzeiten im Wesentlichen eingehalten werden. Es gäbe aber auf Antrag von Studierenden Lösungen im Einzelfall durch Bescheid. Eine generelle Verlängerung sei aber aus grundsätzlichen Überlegungen nicht zweckmäßig.

Nun, das glaube ich schon aus Ihrer Sicht, Frau Ministerin, wenn Sie mir noch kurz Ihre Aufmerksamkeit schenken wollen, weil Sie es nicht eingestehen wollen, dass es an


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Österreichs Universitäten seit Ihrem unheilvollen Wirken an allen Ecken und Enden kracht. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Ich habe hier 288 Anträge von verzweifelten jungen Menschen, denen der Bildungsweg einfach abgeschnitten wird und die dafür auch noch bezahlen sollen. Sie können es diesen und anderen jungen Menschen aber auch leichter machen, indem Sie unserem Entschließungsantrag nachkommen und endlich längst fällige Maß­nahmen zur Verbesserung der Studiengebühren setzen.

Frau Ministerin! Ich übergebe Ihnen jetzt diese Anträge. Bitte gehen Sie damit sorgfältig um! (Abg. Mag. Grossmann wendet sich zur Regierungsbank um und übergibt Bundesministerin Gehrer die besagten Anträge. – Beifall bei der SPÖ.)

20.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. (Abg. Dr. Jarolim: Bildungspolitik ist ja wirklich ganz was Globales!)

 


20.03.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon seit Jahren sprechen wir vom europäischen Forschungsraum und dem angepeilten Ziel einer Forschungsquote von 3 Prozent bis zum Jahr 2010 und freuen uns immer wieder, wenn die Quote wieder um einige Zehntelpunkte angestiegen ist. Derzeit liegen wir bei 2,35 Prozent und befinden uns somit deutlich vor dem EU-Schnitt von 1,9 Prozent.

Auch junge Forscherinnen und Forscher tragen sehr wesentlich zu dieser Quote bei, darum freue ich mich als Niederösterreicher, dass in Klosterneuburg dieses Institute of Science and Technology entstehen wird.

Ich werde nun kurz auf die Kosten eingehen, besonders auch auf die Leistungen des Landes Niederösterreich. Für die ersten zehn Jahre werden für das ISTA Kosten von 571,5 Millionen € veranschlagt. Für den laufenden Betrieb sind 455 Millionen € reserviert. Davon entfallen auf den Bund zunächst 195 Millionen € und auf das Land Niederösterreich 30 Millionen € und auf Drittmittel 135 Millionen €.

Die einmaligen Errichtungskosten von 80 Millionen € für Gebäude und Infrastruktur werden ebenfalls von Niederösterreich getragen. Dazu kommen vom Land über­nommene Grundstückskosten von 35 Millionen € und Kosten für eine Verkehrsanbin­dung von 1,5 Millionen €. Ich danke auch den niederösterreichischen Abgeordneten, dass sie hinsichtlich dieser Entscheidung auch positiv auf die SPÖ eingewirkt haben.

Es wird auch ein internationales Komitee geben, das die Empfehlungen für die Vorgangsweise in der Gründungsphase und für den weiteren Ausbau des Instituts erarbeiten wird. Dafür wurden drei hochkarätige Wissenschafter gewonnen, die zwei Physiker Harari und Kübler und der Biologe Markl. Diese wiederum repräsentieren drei renommierte Forschungsinstitute von Weltruf, nämlich das Weizmann-Institut, die Max-Planck-Gesellschaft und die ETH Zürich. So wird auch die absolute Unabhängigkeit der Forschung sichergestellt.

Auch für den geistigen Vater, Professor Zeilinger, den ich persönlich kenne und schätze, stehen die Türen nach wie vor offen.

Das Institute of Science and Technology ist nur ein weiteres Beispiel für die umfas­sende Bildungsoffensive der letzten Jahre, und ich denke, damit werden gute Rahmenbedingungen für künftige wissenschaftliche Spitzenleistungen in Österreich geschaffen. Ich danke dafür auch sehr herzlich Frau Bundesministerin Gehrer, Herrn Bundesminister Gorbach und Herrn Staatssekretär Mainoni. – Danke schön. (Beifall


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bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Aber dem Herrn Pröll hätten Sie schon auch danken können!)

20.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer.

 


20.06.13

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, das Schimpansenhaus in Gänserndorf ist zu wichtig, als dass man das mit zwei, drei flapsigen Wortmeldungen im Plenum erledigt, erstens weil dort bereits zehn der 44 Schimpansen auf einen Abtransport in einen Zoo warten, weil ich denke, dass die Firma Baxter über das, was sie bereits gemacht hat, hinaus noch immer eine moralische Verantwortung hat, so wie auch wir als Republik, einerseits als Legislative, weil wir damals die Gesetze geschaffen haben, unter denen das möglich war, und weil andererseits auch die Exekutive gesetzes­konform die Haltung und die Tierversuche bewilligt hat.

Wir haben eine Verantwortung, weil es verschiedene Varianten gibt, was jetzt pas­sieren kann. Ist es möglich, eventuell diese Affen in anderen Auffangstationen in Eu­ropa – in den Niederlanden, in Spanien – unterzubringen? Ist es möglich, Gänserndorf zu einer Auffangstation auszubauen? Es ist nur wichtig, dass gehandelt wird, denn wenn wir nicht handeln und niemand handelt, dann ist das Schicksal dieser Affen auch besiegelt. Ich würde vorschlagen, dass die vier Tierschutzsprecher in bewährter Weise gemeinsam an einer Lösung arbeiten und das auch für das Plenum, über welchen Ausschuss auch immer, vorbereiten und gemeinsam einen Vorschlag erarbeiten.

Noch ein Wort zur Förderung von Exzellenz. Ich denke, dass Exzellenz mehr bedarf als nur eines Instituts. Es bedarf nicht nur quasi des Berges unter der Spitze, sondern auch einer koordinierten Politik, wo alle möglichen Bereiche zusammenspielen müs­sen. Es gibt dabei noch viele Probleme, nicht nur beim Berg für die Spitze, sondern auch – Frau Bundesministerin, das werden Sie wissen, weil Sie sicher auch die Klagen der Rektorenkonferenz gehört haben werden – mit dem neuen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bei der Frage der Durchführung von internationalen Studenten­aus­tauschprogrammen wie CEEPUS II, bei der Frage der Beschäftigung von Forschern und Gastprofessoren und bei Fragen von Verfahrensdauer und dergleichen. Wir sind bereit, Ihnen auch zu helfen, wenn es darum geht, mit Ihrer Ministerkollegin Prokop darüber zu verhandeln, wie man diese Schwierigkeiten ausräumen kann, und stehen zur Verfügung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

 


20.08.41

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wir beschließen heute ein sehr wichtiges Gesetz. Es ist ein Meilenstein in der Forschung und Wissen­schaftslandschaft, und Österreich liegt dank dieser Bundesregierung im Bereich Forschung und Technologieentwicklung im europäischen Spitzenfeld.

Wir haben heute schon gehört, dass die Forschungs- und Entwicklungsquote derzeit bei 2,35 Prozent zum BIP liegt und dass wir im abgelaufenen Jahr 2005 Investitionen in Höhe von 5,8 Milliarden € geleistet haben. Geschätzte Damen und Herren, wir sind


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142. Sitzung / Seite 228

auf gutem Weg, das Lissabon-Ziel bis zum Jahr 2010, nämlich 3 Prozent zum BIP, zu erreichen.

Aber wir sind nicht nur im Bereich der Forschung und Technologieentwicklung im Spitzenfeld, sondern auch im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit. Und im Ranking der europäischen Mitbewerber liegen wir nach Dänemark und Finnland an dritter Stelle. 

Geschätzte Damen und Herren, wir alle sollten uns besonders freuen! Mit diesem neuen Bundesgesetz über die Exzellenzuniversität wird der erfolgreiche Weg der Bun­desregierung fortgesetzt. Diese Universität bietet Voraussetzungen und enorme Möglichkeiten und Chancen für die Spitzenforschung in Österreich. Diese Möglich­keiten, geschätzte Damen und Herren, können wir – wie ich meine – heute noch gar nicht abschätzen.

Die Gesetzwerdung zeichnet sich durch beachtliches Tempo und vor allem durch entsprechende Qualität aus: Erst im Juni 2004 wurden von Professor Zeilinger dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung die Pläne für eine Exzellenzuniversität vorgelegt, und am 29. Jänner dieses Jahres wurden die Ergebnisse präsentiert und der Standort Klosterneuburg festgelegt. Dieser Standort bietet alles, was für einen zukunftsträchtigen Standort notwendig ist. Daher möchte ich allen sehr, sehr herzlich danken, im Besonderen unserer Bundesministerin Gehrer und unserem Landes­haupt­mann Dr. Erwin Pröll. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.

 


20.11.15

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Grünewald hat gemeint, dass Österreich exzellente Universitäten brauchen würde. – Ich möchte ihm hier und heute von dieser Stelle aus noch einmal mitgeben: Österreich verfügt bereits über exzellente universitäre und auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen! Wir sind bereits gut aufgestellt. So würde sich etwa Professor Skalicky, Rektor der TU Wien, bedanken, wenn er hören würde, dass Sie viele Institute und Fakultäten nicht als exzellent empfinden!

Zum Zweiten: Wir entwickeln uns weiter. Daher ist natürlich jetzt auch das IST – das Institute of Science and Technology – einer der Bausteine auf dem internationalen Weg.

Viele Namen sind jetzt in diesem Zusammenhang genannt worden. Einer hat mir gefehlt, und zwar auf Wiener Ebene. Wo war Stadtrat Mailath-Pokorny? Er ist zustän­dig für die Wissenschaft in Wien. Wie sehr hat sich Wien wirklich für den Standort eingesetzt? Hätte Wien den Standort bekommen wollen? Wo war er?

Ich entnehme einer Zeitung: „Mailath-Pokorny shakt im Szene-Tempel“. – Das sei ihm vergönnt! Tanzen ist gesund! Bewegung ist wunderbar! Nur hat offenbar auf Wiener Ebene bei der SPÖ – Mailath-Pokorny und Häupl – die Energie nicht ausgereicht, um sich darüber hinaus mit dem Thema des Spitzeninstituts auseinander zu setzen. Das ist schade! Gut ist aber, dass Sie heute doch mitstimmen, dass wir einen gemein­samen Weg mit der SPÖ gehen können. Die Grünen haben zwar im Ausschuss mitgesprochen – im Gegensatz zu den Kollegen von der SPÖ –, tun aber leider jetzt nichts. Schade! Wir arbeiten jedenfalls weiter an innovativen Konzepten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.13



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142. Sitzung / Seite 229

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

 


20.13.19

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Heute ist ein interessanter Tag. Wir schaffen etwas auf euro­päischer Ebene. So hat der Tag mit der Aktuellen Stunde und den Ergebnissen des Europäischen Rates begonnen. Das ist durchaus positiv für Österreich und bestätigt auch den Vorsitz Österreichs unter Bundeskanzler Schüssel.

Am Nachmittag ging es leider etwas betrüblicher und bedauerlicher weiter, und zwar nicht nur für das Haus und diesen Saal, sondern auch für das Land, ganz im Gegen­satz zu der Aktuellen Stunde am Anfang.

Nun am Ende des Tages kommt mit dem jetzigen Beschluss wieder etwas Erfreuliches für das Haus, aber darüber hinaus natürlich auch für Österreich. Das ist doch auch ein historischer Beschluss! Ich freue mich, dass der Großteil mit dabei ist, und es tut mir gerade für die Grünen sehr Leid, dass sie an diesem historischen Datum nicht mit dabei sind, weil es doch für Österreich eine große Auszeichnung auch auf euro­päischer Ebene ist, dass hier ein großer Schritt voran gesetzt und für die Zukunft der Fortschritt von Wissenschaft und Forschung in diesem Land gesichert wird!

Wir tun nicht nur unserer Bevölkerung und dem Land diesen Gefallen, sondern gehen auch europaweit als Vorbild voran, und ich denke, das bedürfte der Solidarität aller hier anwesenden Abgeordneten. Deshalb tut es mir Leid, dass gerade die Grünen nicht mitgehen. Ich möchte sagen, sie haben eine Chance vertan!

Ich möchte mich, nachdem viel Richtiges von meinen Kollegen vom BZÖ, vor allem von der FPÖ und der ÖVP und teilweise von der SPÖ gesagt wurde – die Zeit ist zu kurz, um darauf noch einzugehen –, lediglich bedanken und nichts mehr wiederholen.

Ich möchte aber nicht verabsäumen, im Zusammenhang mit diesem tollen Beschlus­ses für unser Land derjenigen großen Respekt und Dank auszusprechen, die sich diesen über viele Jahre verdient hat, unter anderem mit vielen Verbesserungen im Zusammenhang mit unserem Forschungs- und Wissenschaftsstandort, vor allem aber auch mit dem Bildungsstandort Österreich, nämlich unserer Bundesministerin Elisabeth Gehrer. Damit schließe ich schon meinen Beitrag. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria in 1358 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung ebenfalls mehrheitlich angenommen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology – Austria samt Anhang in 1344 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

20.17.3411. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1327 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1368 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1328 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlassen und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (1378 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

 


20.18.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tagesordnung stehen umfangreiche Verkehrspakete. Auslöser und Inhalt der 27. KFG-Novelle ist unter anderem die Winterreifenpflicht für LKWs. Im Winter gab es immer wieder Probleme mit LKWs, die auf Autobahnen stehen geblieben sind. Mit dieser Novelle wird nun eine Winterreifenpflicht gesetzlich verordnet. Die Winterreifen­pflicht gilt vom 15. November bis 15. März für Lkws und Sattelfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3 500 Kilogramm.

Als Winterreifen gelten die mit „M+S“ gekennzeichneten Reifen mit entsprechender Profiltiefe. Aus meiner Sicht besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Mitnahmepflicht für Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder, die wir heute


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142. Sitzung / Seite 231

gesetzlich regeln, damit die Lkws für winterliche Fahrverhältnisse gut ausgerüstet sind.

Ein meines Erachtens entscheidender Punkt ist, dass diese Regelung auch für aus­ländische Fahrzeuge gilt. Erinnern wir uns: Im November sind in Kärnten, als es eine Woche heftigen Schneefall gab, vor allem slowenische LKWs hängen geblieben. Diese Winterreifenpflicht gilt nun auch für ausländische LKWs. (Abg. Neudeck: Ich bin für Helmpflicht auf der Regierungsbank!)

Es wurde immer wieder darüber debattiert, und es ist interessant: In Slowenien gibt es auch eine Winterreifenpflicht, aber die Slowenen haben das sehr eigenartig geregelt, es gibt dort zwar eine Winterreifenpflicht, man kann aber auch mit Sommerreifen und Schneeketten fahren. – Diese „gute“ slowenische Lösung mag der Grund dafür gewesen sein, dass die LKWs dann bei uns hängen geblieben sind.

Geschätzte Damen und Herren! Ich würde mir wünschen, dass wir jetzt auch über eine Winterreifenpflicht für PKWs reden. Es gibt immer wieder sehr deutliche Indizien dafür, dass auch eine Winterreifenpflicht für PKWs notwendig wäre. 95 Prozent der Auto­fahrer fahren ohnehin mit Winterreifen. Persönlich würde ich mir wünschen, dass man sich im Ministerium mit dieser Thematik der Winterreifenpflicht für PKWs einmal genauer befasst und die Angelegenheit detaillierter untersucht.

In diesem Sinne werden wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

 


20.21.38

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meines Vorredners in weiten Bereichen anschließen, darf allerdings festhalten, dass wir heute den 29. März schreiben, und wer die Wetternachrichten gehört hat, hat erfahren, dass von gestern auf heute in der Nacht noch einmal 10 Zentimeter Schnee gefallen sind.

Wir haben bereits im Ausschuss begründet, dass wir eigentlich nicht für eine solch enge Terminsetzung, nämlich zwischen 15. November und 15. März, eintreten, weil wir der Auffassung sind, dass es Wintereinbrüche auch außerhalb dieses Zeitraums geben kann. Und wenn es Wintereinbrüche gibt, dann entsteht natürlich das Problem, dass LKWs sehr rasch quer stehen. Daher sind wir der Auffassung, dass LKWs grund­sätzlich zusätzlich zur übrigen Ausrüstung ständig Ketten bei sich haben müssen, was bei den Tonnagen und Gewichten von LKWs kein Problem ist.

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie (1327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1368 d.B.).

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


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142. Sitzung / Seite 232

Im § 102 Abs. 9 2. Satz wird der Satzteil „während des Zeitraumes von jeweils 15. November bis 15. März“ ersatzlos gestrichen.

*****

Bei LKWs muss eine sehr genaue Abstimmung zwischen Winterreifen und Ketten erfolgen. Ich habe mir auch sagen lassen, dass die Profilhöhen sehr eng mit der Länge der Ketten verbunden sind. Oft entstehen dann Schwierigkeiten, wenn bei neu aufgezogenen Reifen ein Kettenglied fehlt und die Kette nicht angelegt werden kann. Daher wäre es hilfreich, dass man den LKW und die Schneeketten technisch so verbindet, dass beide permanent gemeinsam unterwegs sind.

Zur Frage Kettenpflicht für Personenkraftwagen, die auch angesprochen wurde: Auch das Kuratorium für Verkehrssicherheit fordert das, was ich auch verstehe. Es ist aber Realität, dass rund 90 bis 95 Prozent aller PKWs ohnehin bereits mit Winterbereifung ausgerüstet sind. Daher sollte das noch einmal überdacht werden, weil auch die Definition, was ein Winterreifen eigentlich genau ist, gesetzlich noch nicht klar geregelt ist. Es gibt auch Ganzjahresreifen, und es gibt M+S-Reifen, die ab einem bestimmten Härtegrad, auch wenn die Profiltiefe gegeben ist, nicht greifen. In manchen Situationen sind Sommerreifen besser als Winterreifen.

Man sollte also, wie der Herr Staatssekretär auch zugesagt hat, diese Dinge noch weiter diskutieren. Wir werden versuchen, dazu eventuell eine Enquete zu veran­stalten. Es geht uns hiebei auch um die Sicherheit im Verkehr, das ist gar keine Frage. Man sollte aber, wenn man gesetzliche Bestimmungen macht, das Gesetz so gestalten, dass sich auch jeder daran halten kann und nicht dann eine Diskussion entsteht, ob es sich eventuell um Winterreifen gehandelt hat, die nicht mehr geeignet waren oder deren Profiltiefe nicht richtig war.

So gesehen können wir mit unserem Abänderungsantrag diesem Gesetzesvorhaben zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Eder ver­lesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie (1327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1368 d.B.).

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Im § 102 Abs. 9 2. Satz wird der Satzteil „während des Zeitraumes von jeweils 15. November bis 15. März“ ersatzlos gestrichen.

Begründung:

Eine zeitlich beschränkte Mitnahmepflicht von Schneeketten erscheint wenig prak­tikabel. Durch eine ganzjährige Mitführung von Schneeketten für mindestens zwei


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142. Sitzung / Seite 233

Antriebsräder erscheint eine entsprechende Anfahrhilfe auch gewährleistet, wenn der Lenker des Kraftfahrzeuges keiner Winterreifenpflicht im Sinne des § 102 Abs. 8a neu unterliegt.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


20.25.17

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Betreffend Verkehrssicherheit hat man im letzten Winter gesehen, was geschehen kann, wenn LKWs keine Winterreifen haben. Wen betrifft das? – Das betrifft vor allem den Transit, insbesondere viele, die aus dem Ostblock kommen und immer noch mit Sommerreifen fahren.

Wir in Tirol machen oft die leidvolle Erfahrung, dass es mit Sommerreifen schon bei ganz kleinen Erhebungen zum Stillstand kommt und der Verkehr gestoppt wird. In solchen Fällen braucht man noch keine Ketten. Aber der Winterreifen beziehungsweise der M+S-Reifen, der Matsch- und Schneereifen, der ein Ganzjahresreifen ist, dient der Sicherheit, um diese Erhebung überwinden zu können.

Wir haben sowieso in Österreich sofort, wenn Schneefahrbahn ist, Kettenpflicht. Die blauen Tafeln signalisieren, dass Kettenpflicht besteht. Aber das nützt überhaupt nichts, wenn die Fahrzeuge schon quer stehen, weil sie eben vorher, wenn noch keine Gefahr besteht, Sommerreifen haben.

Zur Problematik des schon erwähnten eingeschränkten Zeitrahmens: Der Winter fängt ungefähr am 15. November an, es kann aber natürlich auch schon ein paar Tage früher sein. Und laut festgelegter Frist hört er am 15. März auf. In dieser Zeit besteht die Pflicht, auch Ketten mitzuführen.

Den Vorschlag der grünen Fraktion, dass die Ketten ganzjährig von jedem LKW mit­zuführen sind, halte ich für nicht sinnvoll. Das haben wir abgelehnt.

Ich glaube aber, mit diesem Gesetz ist viel für die Sicherheit getan worden. Wir wissen, was es in bergigen Regionen bedeutet, wenn es plötzlich im November Schneefall gibt. Dann steht alles, und es ist eine Katastrophe. – Ich glaube, mit dem Gesetz, das drei oder vier Parteien unterstützen, beschreiten wir einen sinnvollen Weg, um diese Problematik zu lösen.

Ich möchte einen Abänderungsantrag zum Kraftfahrgesetz 1967 einbringen. – Jeder erinnert sich: Wir hatten eine Diskussion betreffend Nebelscheinwerfer. Wir haben gesagt, wir nehmen sie für das Tageslicht nicht mit hinein. Wir haben viele Zuschriften bekommen, und jetzt haben wir eine Lösung gefunden, die von fast allen getragen wird. Die grüne Fraktion würde fast mittragen, dass man die Nebelscheinwerfer, die im System integriert sind, verwenden kann, weil sie niemanden blenden, sondern tatsächlich auf Sicherheit ausgerichtet sind.

Der nächste Vorteil ist, dass man die Glühlampen nicht so oft austauschen muss und dass diejenigen, die noch keine selbständige Einrichtung für das Tageslicht haben, das mit nutzen können. Das war ein Wunsch von vielen. Dieser Antrag wird von drei Parteien unterstützt – ich hoffe, Frau Abgeordnete Moser überlegt es sich noch. Das ist ein sinnvoller Antrag, und er sollte im Sinne der Verkehrssicherheit von allen unter­stützt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.28



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142. Sitzung / Seite 234

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Wittauer verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Wittauer, Missethon und Eder ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle) (1327 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1368 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (27. KFG-Novelle), (1327 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1368 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. Vor der bisherigen Z 1 wird folgende neue Z 1 eingefügt:

„1. § 99 Abs. 5a lautet:

,(5a) Der Lenker eines Kraftwagens oder eines mehrspurigen Kraftrades hat während des Fahrens stets auch tagsüber Abblendlicht, Nebellicht, sofern dieses mit in die Fahrzeugfront integrierten Nebelscheinwerfern ausgestrahlt wird, oder spezielles Tagfahrlicht zu verwenden, auch wenn keine Sichtbehinderung durch Regen, Schnee­fall oder Nebel vorliegt. Abs. 2 gilt in diesem Fall nicht. Wird Abblendlicht oder das im ersten Satz beschriebene Nebellicht tagsüber als Tagfahrlicht verwendet, so kann die Schaltung wie bei Tagfahrleuchten erfolgen und es gelten die Bestimmungen des § 14 Abs. 3 und Abs. 4 nicht.‘“

2. Die bisherigen Z 1 bis 7 werden als Z 2 bis 8 bezeichnet.

Begründung

Zu Punkt 1(§ 99 Abs. 5a):

Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass auch Nebellicht als Alternative zum Abblendlicht oder Tagfahrlicht als zulässige Lichtquelle verwendet werden kann. Das hat Vorteile, weil dadurch die Glühlampen des Abblendlichtes geschont werden und deren Lebensdauer verlängert wird. Allerdings sollen nur Nebelscheinwerfer verwendet werden dürfen, die in die Fahrzeugfront eingebaut sind, da bei diesen ein Blendungs­effekt ausgeschlossen werden kann.

Zu Punkt 2:

Redaktionelle Anpassung: Umreihung der Ziffern.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


20.28.36

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Klar: Wir sind für eine Winterreifenpflicht. Eigentlich besteht schon jetzt praktisch die Vorschrift, dass man mit Winterreifen fährt,


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142. Sitzung / Seite 235

auch nach der jetzigen Straßenverkehrsordnung gibt es schon Fahrverbote für LKWs, wenn sie keine Winterreifen haben. Aber wir werden das natürlich unterstützen.

Wir sind auch für mehr Verkehrssicherheit in Straßentunnels, deshalb auch unsere Unterstützung bei dieser Regierungsvorlage. Wir wollen nur darauf dringen, dass insgesamt, wenn jetzt über die Straßenverkehrsordnung diskutiert wird, auch die Verkehrssicherheit beim Tempo berücksichtigt wird. Deswegen habe ich auch einen Abänderungsantrag vorbereitet, weil ja derzeit die Installationsmaßnahmen für die Section Control auf dieser Teststrecke in Kärnten vorgenommen werden, den ich hiermit einbringe.

Der Antrag lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das im Titel genannte Bundesgesetz in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:


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In Art.2 wird folgende Ziffer 1a eingefügt:

„1a. § 43 Abs 4 lautet:

(4) Wenn es der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dient und aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs keine Bedenken dagegen bestehen, kann die Behörde durch Verordnung die gemäß § 20 Abs. 2 erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erhöhen, wobei eine Geschwindigkeit von 130 km/h nicht überschritten werden darf.“

*****

Das wäre unser Vorschlag, dass man dieses leidige Tempo 160 jetzt in Kärnten nicht noch testet.

Mir ist klar, die Straßenverkehrsordnung soll der Sicherheit dienen – und das eben nicht nur bei den Winterreifen, nicht nur in den Straßentunnels, sondern bitte auch beim Tempo. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Dr. Moser verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1328 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicher­heitsgesetz erlassen und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (1378 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das im Titel genannte Bundesgesetz in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

In Art.2 wird folgende Ziffer 1a eingefügt:

„1a. § 43 Abs 4 lautet:

(4) Wenn es der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dient und aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs keine Bedenken dagegen bestehen, kann die Behörde durch Verordnung die gemäß § 20 Abs. 2 erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erhöhen, wobei eine Geschwindigkeit von 130 km/h nicht überschritten werden darf.“

Begründung:

Tempo 160 bedeutet gegenüber Tempo 130 massive Nachteile für Verkehrssicherheit, Gesundheit und Umwelt. Daher fällt die gutachterliche Absicherung des von Vize­kanzler BM Gorbach mit Rückendeckung der ÖVP ab Mai 2006 geplanten Tempo-160-Versuches auf der A10 in Kärnten auch schwer, wie die Schwierigkeiten des Verkehrs­ministers beim Beischaffen eines haltbaren entsprechenden Gutachtens dokumen­tieren.

Fast 40 Prozent der Unfalltoten (das sind über 270 Tote!), viele davon unschuldige Beteiligte, gehen auf das Konto von Schnellfahren. Auf diese Situation wie die Regierung mit einem Tempo-160-Projekt zu reagieren, ist ein unseriöser Umgang mit dem Thema Rasen, menschenverachtend und völlig fehl am Platz. Die Regie­rungsparteien setzen damit ihre Verharmlosung des Schnellfahrens fort, die bereits darin zum Ausdruck kam, dass Rasen als das verhängnisvollste und daher wichtigste Fehlverhalten im Straßenverkehr entgegen aller Logik nicht ins Vormerksystem aufgenommen wurde. Besonders unverständlich ist in diesem Zusammenhang die Zurückhaltung von Landwirtschaftsminister Pröll, der einmal mehr auf seine Zustän­digkeit für die Umwelt zu vergessen scheint, anstatt endlich massiv gegen Tempo 160 aufzutreten.

Um Unsinnsprojekten wie „Tempo 160“ einen Riegel vorzuschieben, ist daher eine entsprechende Präzisierung von § 43 Abs 4 der Straßenverkehrsordnung erforderlich, die klarstellt, dass eine Anhebung der in § 20 Abs 2 StVO festgelegten Tempolimits über 130 km/h hinaus nicht möglich ist.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


20.30.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wir haben zum Thema Straßenverkehr und Sicherheit schon eine ganze Reihe von sehr, sehr wichtigen Gesetzen beschlossen, und heute fügen wir mit dem Straßentunnel-Sicherheitsgesetz ein weiteres wichtiges Gesetz hinzu. Mit diesem Gesetz – ein Meilenstein für die Verkehrssicherheit! – wird einmal die Richtlinie 2004/54/EG über die Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz, dem so genannten TERN, in Österreich umgesetzt.

Wir gehen aber in zweifacher Hinsicht über die Anforderungen der Richtlinie hinaus, nämlich erstens hinsichtlich der Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsstandards. Wir machen in Österreich mehr, als in der Richtlinie vorgeschrieben ist. Nach dem schweren Unfall im Tauerntunnel hat das Verkehrsressort eine Kommission für die Tunnelsicherheit eingesetzt. Alle Tunnel wurden überprüft, es wurde evaluiert, hier hat


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sich insbesondere Ministerialrat Dipl.-Ing. Rudolf Hörhan, ein exzellenter Fachmann in Bezug auf Tunnelsicherheit, verdient gemacht, und das wird jetzt umgesetzt.

Zweitens gehen wir hinsichtlich des Geltungsbereiches über die Anforderungen der Richtlinie hinaus. Die Richtlinie geht in die Richtung, dass nur alle Tunnels mit mehr als 500 Meter Länge im TERN-Netz einbezogen werden müssen – bei uns gelten die Vorschriften für alle Tunnel über 500 Meter auf Autobahnen und Schnellstraßen.

Wir haben bis zum Jahr 2019 Zeit zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, und wir müssen dafür 1,1 Milliarden € aus Mitteln der Asfinag ausgeben. Damit man weiß, wie viel das ist: um 300 Millionen € weniger, als die Bawag in den Sand gesetzt hat. Ein geringerer Kostenanteil davon betrifft beispielsweise die Verringerung der Notrufnischenabstände, die Verringerung der Fluchtwegabstände oder die lückenlose Videoüberwachung. Die Hauptkosten betreffen aber die Errichtung der zweiten Tunnelröhren, denn sowohl nach der Richtlinie – wir haben die Bestimmung genau ins Gesetz übernommen – als auch jetzt laut Gesetz müssen bei einem Verkehrs­aufkom­men von mehr als 10 000 Kraftfahrzeugen je Fahrstreifen zwei Tunnelröhren errichtet werden. Das betrifft insbesondere auf der Pyhrn Autobahn A 9 die Tunnelkette Klaus, dort müssen zweite Tunnel errichtet werden, und auch den Gleinalm Tunnel – das wird nicht ganz billig sein –, die Rheintal Autobahn mit dem Pfänder Tunnel oder bei der Arlberg Schnellstraße den Dalaaser Tunnel, Perjentunnel, Flirscher Tunnel, um nur die wichtigsten zu nennen.

Wir haben durch einen Abänderungsantrag im Ausschuss auch den Datenschutz beson­ders berücksichtigt. Das heißt, die Videoüberwachung ist anzukündigen, und es gibt auch genaue gesetzliche Vorgaben für den Betrieb dieser Überwachungszentrale.

Auch die Ausbildung der Tunnel-Sicherheitsbeauftragten ist geklärt. Sie müssen nach RVS 14.226 entsprechend geschult sein.

Ich danke dem Verkehrsressort für die Vorlage dieses für Europa wirklich vorbildlichen Gesetzes, und ich freue mich auf eine einstimmige Annahme. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

 


20.34.12

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Heute haben wir eine Konsensmaterie, sowohl was die Tunnelsicherheit als auch die Winterreifenpflicht für Lkws betrifft. Ich glaube, dass es wichtig ist, zwei so anscheinend unwichtige, aber trotzdem sehr wichtige Verkehrspunkte in ein Mosaik der Verkehrssicherheit einzufügen.

Die Pkws fahren schon zu einem hohen Prozentsatz mit Winterreifen. Vielleicht sollten wir uns überlegen, in den Alpenländern sozusagen bei der Erstausstattung für Pkws sowohl Winter- als auch Sommerreifen verpflichtend vorzugeben. Das könnte ein Teil der Problemlösung sein.

Generell kann man feststellen, dass die österreichischen Spediteure – ich habe mit einigen gesprochen – eigentlich sehr vorbildlich sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme aus einem Bezirk, wo sich die A 2 in die S 6, Semmering Schnellstraße, und den Wechselabschnitt der A 2 auf der anderen Seite teilt. Bei winterlichen Verhältnissen ist es meistens so, dass nicht die LKWs österreichischer Spediteure hängen bleiben, sondern die ausländischen LKWs, obwohl jetzt Winterreifenpflicht für ausländische Lkws besteht. Meistens wollen die


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ausländischen Lkws trotz Schlechtwetter noch schnell über den Berg, und dann geschieht das Drama. Sie bleiben hängen und verursachen Verkehrsstaus und oft auch schwere Unfälle.

Daher, glaube ich, wäre es sinnvoll, dass man wirklich schon an der Grenze verstärkt kontrolliert. Vielleicht könnte man dieses Thema in die Verordnung mit hineinpacken, Herr Staatssekretär. Aus den Ostregionen, vor allem aus der Ukraine, aus Bulgarien, Rumänien, Moldawien kommen, pointiert gesagt, Schrottfahrzeuge mit Reifen, bei denen man nicht weiß, sind es Winter- oder Sommerreifen. Fahren diese Autos in die Berge, egal von welcher Seite, dann merkt man, wie problematisch das Ganze ist. Daher wäre es notwendig, dass die Asfinag stärkere Kontrollen an der Grenze durchführt, mit Hilfe der Polizei oder vielleicht auch gemeinsam mit dem Verkehrsfunk in mehreren Sprachen darauf aufmerksam macht.

Vielleicht wäre das ein Weg, wenn man bedenkt, dass vor allem die Fahrzeuge aus dem Osten die eigentlichen Verursacher der ganzen Problematik sind. Das hat jetzt nichts mit Feindlichkeit gegenüber diesen Spediteuren zu tun, aber das ist das eigentliche Problem.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stimmen diesem Gesetz gerne zu, weil es im Wesentlichen die Verkehrssicherheit in Österreich erhöht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


20.37.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Die Winterreifenpflicht ist ein sehr guter Beitrag und ein po­sitiver Schritt für die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Gerade im heurigen stren­gen Winter war man ja des Öfteren damit konfrontiert, dass auf Grund mangelnder Ausrüstung stecken gebliebene Fahrzeuge zu Staus geführt und Unfälle verursacht haben.

Ein weiterer Sicherheitsaspekt, der in diesem Gesetz jetzt mit verhandelt wird, ist die gesetzliche Verankerung der Sicherheitsstandards für Straßentunnels. In diesem Zusammenhang muss man schon erwähnen, dass die Sicherheitsstandards in den österreichischen Tunneln im internationalen Vergleich an einer Spitzenposition liegen, denn es wird sehr viel in die Sicherheit der Tunnel, aber auch in den Ausbau von zweiten Tunnelröhren investiert. In den Jahren 2004 und 2005 wurden über 300 Mil­lionen € dafür aufgebracht, durch den Ausbau der Tunnelröhren die Sicherheit zu verbessern.

Die Verkehrssicherheit, meine Damen und Herren, ist generell ein Schwerpunkt in der Verkehrspolitik von Verkehrsminister Gorbach, und die Ergebnisse zeigen auch, dass richtige und wichtige Maßnahmen gesetzt wurden. Ich könnte hier jetzt eine ganze Palette von Bewusstseinsbildung, von Kampagnen, aber auch von sehr großen finan­ziellen Investitionen aufzählen, die dazu führen, die Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen massiv zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Kollegin Moser, wir stehen dazu, dass Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausgebaut werden, dass es die Möglichkeit gibt, zusätzlich auch noch für die Umwelt Messungen durchzuführen, dass durch einen verbesserten Verkehrsfluss positive Maßnahmen getroffen werden. Wir stehen aber auch dazu, dass es die Möglichkeit geben muss, flexible Tempos einzuführen. Wir stehen dazu, dass bei optimalen Bedingungen auf optimalen Strecken unter optimalen Voraussetzungen, gemessen von diesen


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Verkehrs­telematikanlagen, auch höhere Geschwindigkeiten, sprich 160 km/h, erlaubt sein müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ziel, bis zum Jahr 2010 die Zahl der Verkehrs­toten zu halbieren, ist ein sehr ambitioniertes. Mit den vielen Maßnahmen, die von dieser Bundesregierung gesetzt werden, sind wir auf einem sehr guten Weg. Die Zahlen aus dem letzten Jahr belegen, dass wir 30 Prozent weniger Verkehrstote hatten als im Jahr 1999. Das zeigt uns: Wir sind auf dem richtigen Weg! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt, Schutz und Sicherheit für die Menschen zu bieten. Daher ist es ganz klar, dass wir diese Gesetzesvorlagen unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


20.40.31

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Mit der Änderung des Kraftfahrgesetzes setzen wir, wie ich meine, einen Schritt, der international Beachtung findet. Wir machen hier einen Schritt nach vorne gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, was die Winterreifenpflicht betrifft, was aber auch eine Notwendigkeit ist, wenn wir nach Slowenien schauen. In Slowenien ist durch die Winterreifenpflicht die Unfallhäufigkeit bei LKW um rund 12 Prozent zurückgegangen.

Es wurde heute bereits das Kärntner Schneechaos angesprochen. In diesem Zusam­menhang muss bemerkt werden, dass damals rund 70 Prozent der LKW keine Winterreifen aufgezogen hatten und daher – man könnte jetzt auch sagen, es ist Anlassgesetzgebung – die Notwendigkeit dieser Reform gegeben ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die bereits erwähnte Situation bei der Winterreifenpflicht für PKW zu sprechen kommen. Wenn 95 Prozent derzeit bereits freiwillig Winterreifen verwenden, dann ist das, wie ich meine, die absolute Mehrheit. Wir sollten uns, wie im Verkehrsausschuss bereits angesprochen wurde, im Rahmen einer Enquete mit dieser Thematik beschäftigen, weil es der Sicherheit dient.

Wie wir von meiner Vorrednerin bereits gehört haben, ist es das Ziel, in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Todesfälle um die Hälfte zu reduzieren. 1970 waren es rund 2 000 Menschen, die im Verkehrsgeschehen in einem Jahr ums Leben gekommen sind, derzeit sind es rund 848, aber jeder Tote ist einer zu viel. Daher werden wir diesem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl.

 


20.42.15

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Im Rahmen der vorliegenden Novelle die Winterreifenpflicht für LKW in der Zeit von November bis März einzuführen, ist sinnvoll und natürlich begrüßenswert. Mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer wird die Folge sein. Das unterstützen wir natürlich, und darum werden wir dieser Novelle auch unsere Zustim­mung geben.

Bedauerlich ist, dass es eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen unsererseits gegeben hätte, die von Seiten der Regierungsparteien in den Ausschussberatungen leider kein Gehör gefunden haben – Vorschläge, die die Sicherheit noch um ein


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Vielfaches verbessert hätten, speziell auf Österreichs Gebirgs- und Passstraßen, wie zum Beispiel der Vorschlag, für LKW das ganzjährig verpflichtende Mitführen von Schneeketten zu normieren.

In vielen Regionen Österreichs ist es keine Seltenheit, dass es im Sommer bei einem Schlechtwettereinbruch bis fast in die Niederungen schneit. Dass es im April oder Oktober schon fast zur Gewohnheit wird, wie wir aus den heutigen Meldungen in Tirol haben erfahren können, ist für uns alle fast schon normal und liegt natürlich außerhalb der Zeit, in der diese Verpflichtung besteht, nämlich zwischen März und November. Passstraßen sind dann nur sehr schwierig bis gar nicht – und wenn, dann unter sehr gefährlichen Straßenverhältnissen – von Schwerfahrzeugen passierbar. Es ist keine Seltenheit, dass etappenweise auf diesen Übergängen selbst auf der Fahrbahn Schnee liegt und es auf Grund des schlechten Zustands von Sommerreifen dann zu sehr schweren Unfällen kommt. Dazu kommt noch, dass ausländische Fahrer mit den Straßenverhältnissen in Österreich mitunter nicht so vertraut sind wie heimische Fahrer, was zusätzlich zu Problemen führt. Ich sehe hier dringenden Handlungsbedarf, denn gerade in Monaten wie diesen wären zumindest Schneeketten für das leichtere und sichere Überqueren von Bergstraßen sehr wichtig.

Leider haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, diesen Vor­schlag im Ausschuss negiert. Mit dem heutigen Antrag von Kollegem Eder haben Sie die Gelegenheit, diesem Vorschlag noch zuzustimmen und somit für vermehrte Sicherheit gerade auf Österreichs Passstraßen zu stimmen.

Die vorliegende Novelle zum Kraftfahrgesetz ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, weshalb wir ihr auch unsere Zustimmung geben werden. Aber ich hoffe, dass die Diskussion darüber nicht zu Ende ist, sondern weitergeführt wird. Es gibt, wie schon gesagt, etliche Verbesserungsvorschläge, mit denen wir uns künftig auch auseinander setzen sollten und die wir im Sinne von mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen umsetzen sollten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.

 


20.45.04

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sicherheit ist natürlich sehr wichtig. Die Winterreifenpflicht für LKW – konkret geht es um M+S-Reifen mit einer Profiltiefe von vier Millimetern – sehe ich als positiv und als Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit. Aber ich möchte hier schon betonen, dass die österreichische Transportwirtschaft auf den Antriebsachsen selbstverständlich schon jetzt diese Bereifungen fährt. Ich sehe dieses Gesetz im Hinblick auf südländische oder andere ausländische Fahrzeuge, die eben mit Sommerreifen nach Österreich kommen.

Was die Kettenpflicht betrifft, muss ich sagen, das ist sicherlich gut. Wenn hier von der Opposition die Forderung kommt, man sollte das ganze Jahr Schneeketten mitführen, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass bei einem LKW, einmal mit Schneeketten ausgestattet, diese im Frühjahr ja nicht weggeworfen werden, sondern sie sind ja dann ohnehin im Fahrzeug. Das heißt, sie werden normalerweise im Fahrzeug mitgeführt. Deshalb, glaube ich, ist es nicht notwendig, dass man die Kettenmitführpflicht für das ganze Jahr vorschreibt, wiewohl ich Ihnen Recht gebe, dass natürlich im Mai auf dem Präbichl oder auf Passstraßen Schneefahrbahn sein kann.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass natürlich eines schon klar sein muss: Man soll nicht zu viele Erwartungen in die Winterreifenpflicht setzen. Ich kann Ihnen aus der Praxis sagen, wenn Sie bei Eisfahrbahn oder bei Schneefahrbahn keine Ketten


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auflegen, ist es egal, welches Profil die Reifen auf dem Fahrzeug haben, Sie werden nicht weiterkommen. Bei Matsch- und Schneefahrbahnen macht es natürlich Sinn, dass die Reifen ein gewisses Profil haben.

Man kann sagen, man kann mit den Maßnahmen leben – deshalb ist es auch eine Vier-Parteien-Materie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

 


20.47.16

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es wurde von den Vorrednern schon darauf aufmerksam gemacht, dass wir mit dem Kraftfahränderungsgesetz zu mehr Verkehrssicherheit beitragen, dass wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt haben, nämlich die Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis 2010. Dazu dient die Winterausrüstung aller Fahrzeuge, insbe­son­dere der LKW, was für unser Land besonders wichtig ist. Jeder, der als Verkehrs­teilnehmer in Staus gestanden ist, konnte erkennen, dass Kraftfahrzeuge – ob LKW oder PKW – ohne Winterausrüstung diese Staus, aber auch Unfälle verursachen, bei denen sie selber zu Schaden kommen, wobei andere Verkehrsteilnehmer bis zu tödlichen Unfällen mit einbezogen werden. So ist es nur gut und richtig, dass wir in Österreich dieses Gesetz beschließen und einen für Europa durchaus beispiel­gebenden Schritt setzen.

Ich möchte auch die Tunnelsicherheit in diesem Zusammenhang erwähnen und freue mich, dass gerade in Oberösterreich für die Sicherheit der Tunnel sehr, sehr viel gemacht wurde und unter dem zuständigen Referenten Landeshauptmann-Stell­vertreter Hiesl besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der Tunnel gelegt und an neuralgischen Stellen auch eine zweite Röhre gebaut wird. Ich darf daran erinnern, dass vor etwa drei Wochen der Spatenstich für den Lainbergtunnel an der Pyhrn Autobahn erfolgt ist.

Diese Gesetzesänderung ist vor allem wichtig für ausländische Fahrzeuge. Kollege Wattaul hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass sich unsere Transportwirtschaft natürlich an die winterlichen Fahrverhältnisse in Österreich angepasst und hier bei­spiel­gebend unterwegs ist, während ausländische Kraftfahrzeughalter das unter­schätzen oder vielleicht aus Geldmangel ihre Fahrzeuge nicht ausrüsten. Deswegen ist es gut, dass wir diese Verpflichtung heute beschließen.

Ich möchte auch jenen Recht geben, die meinen, dass in Zukunft auch eine Winter­reifenpflicht für PKW eingeführt werden sollte. Der Zeitraum wurde festgesetzt, es ist ein Mindestzeitraum, an den sich alle halten sollten. Darüber hinaus kann jeder sein Fahrzeug für den Winter entsprechend ausstatten, um es in fahrtüchtigem Zustand zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


20.50.01

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es waren verheerende Tunnelunfälle der letzten Jahre, die zu dieser europäischen Richtlinie geführt haben, die nunmehr Mindestanforderungen an die Tunnelsicherheit und höhere Sicherheitsstandards für Tunnels mit einer Länge von über 500 Metern für Bundesstraßen A und S normieren. Wir halten diese Regelung für sehr sinnvoll, daher werden wir auch unsere Zustimmung geben.


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Eben wegen verheerender Unfälle in den letzten Jahren ist es auch zur Einsetzung einer entsprechenden Kommission wie auch zur Bestellung eines Tunnelbeauftragten gekommen, deren Erfahrungen nunmehr auch in diese Richtlinie eingebaut wurden.

Wir finden es auch positiv, dass die Aufgaben der Tunnelmanager und der Einsatz der Videoüberwachung nunmehr im Detail geregelt werden.

Diese Regelungen und Maßnahmen, wie die Verringerung der Abstände für Notruf­nischen oder Fluchtwege auch bei bereits geplanten Projekten oder eine zweite Tunnelröhre bei mehr als 10 000 Fahrzeugen pro Fahrstreifen, werden zweifellos zu hohen Kosten führen. Laut Ministerium sind das für Errichtung und Sanierung 1,1 Milliarden € und für das Personal etwa 375 000 € pro Jahr.

Herr Abgeordneter Regler, wenn Sie einen Vergleich mit der BAWAG anstellen (Abg. Mag. Regler: Ich habe immer geglaubt, dass das viel Geld ist: 1,1 Milliarden €!), dann darf ich einen anderen Vergleich ziehen, nämlich: Genau dieser Betrag ist von den Arbeitern zu den Konzernen umverteilt worden! Stichwort: KöSt. (Abg. Mag. Molterer: Wie viel ist es bei der Bank Burgenland?) – Alles saniert, Herr Kollege! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Jedenfalls handelt es sich um Kosten, die wir aus Überlegungen hinsichtlich Sicherheit oder Beschäftigung für gerechtfertigt halten.

Ich darf abschließend noch auf zwei aus meiner Sicht wichtige Punkte hinweisen.

Zum einen: die Kostentragung. – Da der LKW-Verkehr im Vergleich zum PKW-Verkehr ein wesentlich höheres Risikopotential in sich birgt – als Beweis dafür die Meldung in den gestrigen Nachrichten über 200 Tote allein bei Unfällen mit LKWs oder die LKW-Unfälle im Mont-Blanc-Tunnel oder im Tauerntunnel, die den Grund für diese euro­päische Richtlinie lieferten –, ist es nur logisch, dass die Kostentragung insbesondere auf den Sondermautstrecken durch den Schwerverkehr zu erfolgen hat.

Zum anderen: die Verschwendung. – Auf Grund der hohen Kosten ist jede Form der Misswirtschaft bei den Servicegesellschaften der ASFINAG abzustellen. Der Rech­nungshof hat sich klar dazu geäußert und berichtet, welch teure Missstände es da gibt. Wir sind der Meinung, Herr Staatssekretär, dass kein Euro bei der Sicherheit fehlen darf. Daher fordern wir Sie auf, diese teuren Missstände rasch abzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


20.53.25

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst möchte ich mich für die weitgehend einhellige Zustimmung zu diesen Verkehrssicherheitsgesetzen herzlich bedanken. Was die Winterreifenpflicht bei LKWs betrifft, können wir davon ausgehen, dass die Zahl der Unfälle mit anschließender Verkehrsbehinderung doch deutlich zurückgehen wird.

Ich möchte aber auch das aufgreifen, was Kollege Marizzi gesagt hat, der darauf hingewiesen hat – was richtig ist –, dass auf Autobahnen bei Schneematsch und bei Winterglätte mehr ausländische LKWs in Verkehrsunfälle verwickelt sind als öster­reichische, nämlich fast dreimal so viele. Wir werden das sicher zum Anlass nehmen, in den Wintermonaten die entsprechenden Kontrollen an den Grenzen zu verschärfen und darauf zu achten, dass wirklich nur LKWs mit entsprechenden Winterreifen auf Österreichs Straßen unterwegs sind.


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Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir die Diskussion um den PKW-Winterreifen fortführen werden. Wir werden dazu gemeinsam mit den Autofahrerverbänden, mit dem Kuratorium und auch mit internationalen Experten eine Enquete veranstalten, bei welcher wir darüber diskutieren werden, wie die internationalen Erfahrungswerte aus­sehen, welche Auswirkungen es da gegeben hat und wie der Tourismus etwa auf die generelle Winterreifenpflicht reagieren wird. Erst dann, wenn wir ein klares Bild davon haben, wie sich das auswirken wird und wie die Vergleiche mit dem Ausland sind, werden wir noch einmal darüber diskutieren und letztlich entscheiden, ob auch wir uns für eine PKW-Winterreifenpflicht aussprechen werden.

Für nicht sinnvoll halten wir die Forderung in dem Abänderungsantrag, dass auch im Sommer Ketten mitgeführt werden sollen. Wir haben dazu eine entsprechende Umfrage gemacht, und zwar auch unter Experten. Man erachtet das als nicht notwendig. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass im Sommer nur die wenigsten LKWs auch entsprechende Bergstrecken befahren, wo das notwendig ist, und gerade diese werden auch im Sommer Winterreifen beziehungsweise Ketten mitführen.

Darüber hinaus muss man, glaube ich, bedenken, dass ein vollständiger Satz Ketten mindestens insgesamt 100 Kilo wiegt, und das bedeutet natürlich einen zusätzlichen Spritverbrauch. Ich meine, dass das nicht unbedingt notwendig ist.

Zum Straßentunnel-Sicherheitsgesetz möchte ich nur sagen, dass wir da im Euro­pavergleich sehr hohe Standards haben. Ich möchte mich dafür bei unseren Experten sowohl im Verkehrsministerium als auch bei der ASFINAG bedanken, die auch einen großen Beitrag leisten in der internationalen Arbeit, die Tunnelsicherheit zu erhöhen, was uns auch gelungen ist.

Gelungen ist uns auch, die Zahl der schweren Tunnelunfälle in Österreich zu redu­zieren, und damit leisten wir auch einen wichtigen Beitrag, die Verkehrssicherheit in Österreich zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP.)

20.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 


20.57.19

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Im Rahmen der Debatte über die Regie­rungs­vorlage, die auch das Straßentunnel-Sicherheitsgesetz beinhaltet, möchte ich als Tirolerin ein ganz konkretes Projekt in Tirol erwähnen, nämlich den Roppener Tunnel, einen Autobahntunnel, der noch mit Gegenverkehr geführt ist und wo die zweite Röhre in Bau ist. Ursache aller Unfälle in der Vergangenheit waren dort überhöhte Ge­schwindigkeit und vor allem zu geringer Abstand zwischen den Fahrzeugen.

Vor zirka drei Jahren ist es uns gelungen, gemeinsam mit der ASFINAG und der Verkehrsabteilung des Landes und auf Grund der Unterstützung durch den Bund ein Pilotprojekt zu machen, eine Art „Section Control“ im Roppener Tunnel zu installieren, und dieses Pilotprojekt hat in seinem Ergebnis gezeigt, dass die Einhaltung der Geschwindigkeit und das Halten des Abstandes zwischen den Fahrzeugen im Tunnel entschieden verbessert werden konnten – nicht nur deshalb, weil Übertretungen bestraft wurden, sondern vor allem deswegen, weil sichtbare Hinweistafeln an den Tunnelportalen angebracht wurden und dadurch auch ein erzieherischer Faktor wirksam geworden ist.

Bei diesem Pilotprojekt ist durch die bisherige Gesetzeslage den Datenschutz betref­fend eine Überprüfung nur sporadisch möglich gewesen. Es ist gut und richtig, dass im


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vorliegenden Antrag vorgesehen ist, dass Bilder bis zu vier Stunden und bei erheb­licher Störung sogar bis zum Erhebungsschluss aufbewahrt werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sicherheit in Straßentunnels hat oberste Priorität, weil jedes Fehlverhalten in einem Tunnel fatale Folgen haben kann. Daher ist dieser Schritt ein ganz wichtiger Beitrag zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr. (Beifall bei der ÖVP.)

20.59


Präsident Dr. Andreas Khol (den Vorsitz übernehmend): Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder-Maier. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


20.59.18

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich fasse zusammen: Mit dem vorliegenden Straßentunnel-Sicherheitsgesetz werden einerseits die EU-Mindeststandards umgesetzt und andererseits in Österreich bestehende höhere Sicherheitsstandards für Tunnels von mehr als 500 Metern Länge gesetzlich verankert. Sicherheitsgefühl und vor allem Sicher­heitsmaßnahmen spielen eine wesentliche Rolle im Straßenverkehr und dienen dazu, vor allem Risken und auch Gefahren hintanzuhalten beziehungsweise einzu­dämmen.

Gerade in Straßentunnels ist es wichtig, dass die Autofahrerin beziehungsweise der Autofahrer sich sicher und einigermaßen geschützt fühlt. Ich möchte in diesem Zusam­menhang positiv erwähnen, dass in den letzten Jahren tatsächlich Adaptierungs­arbeiten für ein Mehr an Sicherheit in den bestehenden Tunnels durchgeführt wurden.

Zwei Bemerkungen noch zu vorliegenden Stellungnahmen.

Zum einen sei darauf hingewiesen, dass eine eindeutige Definition des Begriffes „Tunnel“ fehlt. Diese ist vor allem deshalb wichtig, weil in einer Verordnung für die Beförderung von gefährlichen Gütern zwischen den Begriffen „Tunnel“ und „Portal­bauwerke“ unterschieden wird. Der Unterschied liegt tatsächlich in der Errichtungsart: Hochbau oder Tiefbau. Das Endprodukt ist aber ein Tunnel, und ich meine daher, dass eine Klarstellung deshalb wichtig und notwendig wäre.

Zweite Bemerkung: Die Kosten für die notwendigen Tunneladaptierungen belaufen sich auf 1,1 Milliarden € beziehungsweise sind angesetzt mit 1,1 Milliarden €. Woher diese Mittel kommen, ist in dieser Vorlage nicht ganz klar erkennbar. Eine Abwälzung auf die PKW-Fahrer lehnen wir ab. Wir meinen, dass das Verursacherprinzip zum Tragen kommen muss. Der Schwerverkehr hat ein höheres Risikopotenzial und müss­te deshalb mehr zur Finanzierung dieser Maßnahmen herangezogen werden.

Die Umsetzung der Tunnel- und Sicherheitsrichtlinie ist notwendig, ist wichtig, und wir werden deshalb dieser Vorlage die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterin und der Berichterstatter wünschen offenbar kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend 27. KFG-Novelle in 1368 der Beilagen.


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142. Sitzung / Seite 245

Hiezu haben die Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den erwähnten Zusatzantrag, danach über den vom Abän­derungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.

Die Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 1 samt der dadurch bedingten Änderung der Ziffernbezeichnungen beinhaltet.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Eder, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 102 Abs. 9 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Aus­schuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erlassen und die Straßenver­kehrs­ordnung 1960 geändert wird, in 1378 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser vor.

Ich lasse zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil, dann über den erwähnten Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen, schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 § 17 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte bei Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.


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142. Sitzung / Seite 246

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 1a in Artikel 2 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Dies erfolgt einstimmig. Daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein beja­hendes Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

21.06.18 13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1333 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, sowie über den

Antrag 342/A der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, den

Antrag 612/A (E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Realisierung der S 34 (Traisentalschnellstraße), den

Antrag 242/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend vierspurigen Ausbau der B 303 bzw. E 59 und über die

Bürgerinitiative (17/BI) betreffend „Gegen den Ausbau der B 303 als Schnell­straße und in Folge als zukünftige Autobahn“ (1369 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (36/PET) betreffend „Re­solution der Marktgemeinde Guntramsdorf als Anrainergemeinde der A 2“, überreicht von der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek (1370 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 681/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Meinung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Autobahn A 3 im Raum Wulkaprodersdorf durch Änderung des Bundesstraßengesetzes (1371 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Bürgerinitiative (13/BI) betreffend „Rettung des Augebiets zwischen Krems, Grafenwörth und Traismauer – Verhin­derung der Donaubrücke bei Traismauer samt zugehöriger Trassenführung“ (1372 d.B.)


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17. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 586/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage erfolgten Trassenverordnung zur Autobahn­anschlussstelle Innsbruck-Mitte (AIM) (1373 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Bürgerinitiative (20/BI) betreffend „Die Verhinderung der S 7 südlich der Lafnitz“ (1374 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 687/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Meinung der Bevölkerung zum geplanten Bau der Schnellstraße S 7 im Raum Oststeiermark-Südburgenland durch Änderung des Bundesstraßengesetzes (1375 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Bürgerinitiative (7/BI) betreffend „Änderung des Österreichischen Generalverkehrsplanes“ (1376 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 90/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung der Bundesausgaben für Landesstraßen (1377 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Eder. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.09.43

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir konnten schon an der Einleitung der Debatte durch den Präsidenten erkennen, dass wir hier jetzt sehr umfangreiche Themen betreffend den Straßenbau diskutieren und dass es einerseits eine Reihe von Straßenbauvorhaben gibt, die sehr dringend und notwendig gebraucht werden, und dass es andererseits eine Reihe von Menschen, von Bürgern gibt, die diese Straßen nicht haben wollen. Das ist eine Situation, die, gerade was Investitionen in die Infrastruktur anbelangt, immer häufiger vorkommt.

Umso wichtiger ist es aber, dass wir versuchen, gerade in Bereichen mit Umwelt­verträglichkeitsprüfungen möglichst rechtzeitig Kontakt mit der Bevölkerung aufzu­nehmen, um Verständnis für wichtige Verkehrsadern unseres Landes zu finden und diese letztendlich doch durchsetzen zu können. Die sozialdemokratische Fraktion wird all den Straßenbauvorhaben ihre Zustimmung geben.


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Allerdings möchte ich hinzufügen, dass wir – das ist ganz wichtig! – auch eine Reihe von Bahnprojekten im Auge haben müssen. Denn es ist nicht so, dass wir schwer­punktmäßig nur Straßen im Auge haben sollen, sondern wir müssen bei der Gele­genheit – wenn wir heute zu Straßenprojekten, die dringend notwendig sind, ja sagen, und das tun wir – gleichzeitig die wichtigen Schienenprojekte im Auge haben. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Es wird schon gebaut!)

Kollege Regler, wenn Sie sagen, es wird schon gebaut, ist das umso erfreulicher. Aber es werden auch ... (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Mit viel Geld!) Ja, das viele Geld ist das Problem. Es wird eben auch eine Reihe von Vorhaben gebaut, die nicht in den TEN-Strecken beinhaltet sind. Wir haben – wenn Sie sagen, es wird schon um viel Geld gebaut – heute vom Herrn Bundeskanzler gehört, dass es doch eine Reihe von Kürzungen auf europäischer Ebene gibt. Das heißt, wir haben zwar das Vorhaben, wir nehmen jetzt die Straßen, von denen wir konkret reden, einmal ins Gesetz auf, aber ganz wichtig wird auch die Finanzierung all dieser Streckenführungen sein. Da wird auch die ASFINAG eine sehr wichtige Rolle spielen müssen.

Wenn man sagt, es wird schon gebaut, dann freuen wir uns auch, aber wir müssen auch wissen, dass der Schuldenstand der ASFINAG von ungefähr 6 Milliarden € nun­mehr angewachsen ist auf etwa 9 Milliarden (Abg. Dipl.-Ing. Regler: 8 Milliarden!) oder 8 bis 9 Milliarden €. Die Schulden und vor allem die Zinsen müssen bezahlt werden, und es wird auch eine Aufgabe der nächsten Regierung sein, dass man der ASFINAG die Möglichkeiten und die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür gibt, die Zinsen und diese Schulden entsprechend zahlen zu können.

Ich möchte jetzt nicht zu den einzelnen Projekten Stellung nehmen – das wird eine Reihe von Kollegen von mir und wahrscheinlich auch von Ihrer Fraktion noch tun –, aber es wird für uns doch eine ganz wichtige Frage sein, dass wir der ASFINAG die Möglichkeit geben, die enormen Aufwendungen, die mit diesen Investitionen verbun­den sind, bedecken zu können, denn bezahlen muss es letztendlich die Bevölkerung. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Die Autofahrer!) Daher müssen wir uns auch hier darüber im Klaren sein, dass wir uns hier so sparsam, so effizient und so gut wie möglich fortbewegen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Wunsch­redezeit: 3 Minuten.

 


21.13.12

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Eine gut ausgebaute und funktionie­rende Infrastruktur gehört zu den Bausteinen einer zukunftsträchtigen und positiven Regionalentwicklung. Nur wenn weiterhin in solche Infrastrukturprojekte investiert wird, ist meiner Ansicht nach der Erhalt des Wirtschaftsstandortes in diesen Räumen möglich, auch die Nahversorgung und alles, was dazukommt.

Wir haben heute vom Herrn Bundeskanzler schon gehört – und ich bin froh darüber –, dass gerade diese Bundesregierung das Doppelte dessen investiert, was die Regie­rungen zuvor investiert haben. Das heißt, wir können in den Regionen draußen wirklich auch die Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Investitionen in den ländlichen Raum kommen letztlich allen zugute, nicht nur der Be­völ­kerung auf dem Land. Auch jene Menschen, die aus der Stadt aufs Land fahren und auf dem Land Erholung suchen, wollen eine intakte Infrastruktur. Ich nenne Ihnen als wichtigstes Beispiel dafür den Ausbau der B 317; ich bin froh, dass wir dies heute im Parlament verabschieden. Da geht es darum, dass das Teilstück von Scheifling nach


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Dürnstein in den Generalverkehrsplan aufgenommen wird. Es war ein 30-jähriger Kampf nötig, dass dieser Straßenabschnitt nun entsprechend geplant werden kann und ausgebaut wird.

Das ist deswegen wichtig, weil damit der Wirtschaftsstandort Obersteiermark ent­sprechend gesichert wird und weil dieses Teilstück laut Plan bis Spätsommer des heurigen Jahres der ASFINAG übergeben werden soll. Dieses Ergebnis ist ein Meilen­stein für die Vervollständigung des hochrangigen Straßennetzes in der Steiermark. Damit kommen wir unserem Ziel näher, dass die B 317 bis zum Jahr 2014 von Judenburg bis zur Kärntner Grenze durchgehend vierspurig befahrbar sein wird.

Diese Infrastrukturprojekte sind auch deswegen von besonderer Bedeutung, weil wir viele Pendler in der Region haben, weil wir damit die Flut an Mautflüchtlingen ent­sprechend eindämmen können und weil wir mehr Sicherheit haben wollen. Denn jährlich gibt es auf dieser Strecke von Klagenfurt nach Scheifling oder nach Judenburg vier Tote. Deshalb sind wir gefordert, entsprechend rasch gemeinsam dieses Teilstück auszubauen.

Daher bin ich froh, dass es hier im Hohen Haus auch zu diesem Projekt Über­einstimmung gibt, wenngleich wir natürlich auch die Sorgen und die Vorstellungen der Anrainer in den Verfahren entsprechend wahrnehmen müssen, sodass es zu einem positiven Prozess und zur allgemeinen Akzeptanz für dieses Projekt kommt. Daher bin ich sehr froh über diese Einstimmigkeit hier im Hohen Haus. (Beifall bei der ÖVP.)

21.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Gabriela Moser. 8 Minu­ten Wunschredezeit. (Abg. Dr. Gabriela Moser überprüft ihr Dokumentenmaterial, dadurch verzögert sich ihr Eintreffen am Rednerpult.)

Das waren schon die ersten 2 Minuten Ihrer Redezeit, oder wie sehe ich das? (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein, nein!) – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


21.16.29

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben gehört, dass hier unter einem viele, an sich widersprüchliche Tagesordnungspunkte verhandelt werden. Der erste, wesentliche Punkt ist dieses Bundesstraßengesetz. Es handelt sich insbe­sondere um eine Reihe von Autobahn-ähnlichen Straßen – diese soll ja die ASFINAG zahlen –, die vor allem die Erreichbarkeit unserer östlichen Nachbarländer verbessern sollen. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Sehr wichtig!)

Keine Frage, ich bin voll dafür (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und ich finde, man hätte schon längst etwas unternehmen müssen, dass die lokale Bevölkerung weniger unter diesem zunehmenden Verkehr leidet. Aber wir stehen vor dem Problem, dass kleinräumige Ortsumfahrungen, die sinnvoll sind, nicht voran­getrieben wurden und nicht gemacht wurden, weil diese kleinräumigen Ortsumfahrun­gen aus dem Budget des Landes Niederösterreich hätten gezahlt werden müssen.

Wir haben – und das haben wir ja in verschiedenen Ausschüssen diskutiert (Zwischen­rufe bei der ÖVP) – die Tendenz aller Bundesländer, ihre Landesbudgets zu schonen und Straßenprojekte so zu dimensionieren, dass sie automatisch einen Schnell­straßen- oder Autobahnrang erhalten, sodass sie von der ASFINAG finanziert werden können. Das ist der so genannte Finanz-Jongliermechanismus im Straßenbaubereich, den die Bundesländer immer wieder betreiben.

Es kommt noch hinzu, dass in dem konkreten Fall sogar Parallelaktionen voran­getrieben werden, das heißt eine Schnellstraßen-/Autobahnverbindung nach Norden,


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S 3, und dann plant man eine wirkliche Autobahn, die A 5, nach Norden, und das in einem Abstand von vielleicht 40 oder höchstens 50 Kilometern, sodass selbst die ASFINAG in der Stellungnahme zu diesem Bundesstraßengesetz darauf hingewiesen hat, dass dies konkurrierende Projekte sind, wobei das eine dem anderen die Vignetten­einnahmen – oder bei der LKW-Maut die Mauteinnahmen – abgräbt. Das ist ja widersinnig!

Diese Fehlsteuerung im Straßenbereich, nämlich das Vermeiden von Ortsumfahrungen und das Hinaufstilisieren zu Riesen-Autobahnen- und -Schnellstraßenprojekten, ist ein Resultat dieser Zwei-Topf-Wirtschaft. Ich bin dagegen, dass weiterhin überdimen­sioniert gebaut wird, und darum bin ich auch gegen dieses Bundesstraßengesetz. Es umfasst insgesamt fünf Projekte, die in Summe 200 Kilometer ausmachen, und diese 200 Kilometer kosten sage und schreibe 2,5 bis 3 Milliarden €, bitte! (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Fasslabend.) Ich meine, das sind Dimensionen, über die wir sonst nur im Rahmen der Pensionsreform reden.

Herr Kollege Fasslabend! Ich bin ja neugierig, wie Sie mir jetzt zeigen wollen – rein rechnerisch –, wie diese Milliardenschuld der ASFINAG jemals beglichen werden soll. Denn das sind ja lauter zusätzliche Schulden! Wir haben bereits jetzt einen Schul­denstand von 9 Milliarden €. Der Generalverkehrsplan, auf dem diese zusätzliche Straßenbauprojektmaßnahme im Bundesstraßengesetz beruht (Abg. Eder: Stimmt ja eh nicht mehr!), sieht jetzt weitere 3 Milliarden € vor. Ich zeige es Ihnen, wir haben von der ASFINAG – da gibt es ja wunderbar aufklärende Veranstaltungen – Grafiken über die Generalverkehrsprojekte bekommen. Was glauben Sie, was dabei heraus­kommt? – Die Liste aller Bundesländer-Wünsche umfasst 12 Milliarden €, wenn man es zusammenrechnet! Wer soll das bezahlen? (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Die Autofahrer!)

Blättern Sie nach, Herr Kollege Regler! Ich habe Ihnen ja im Ausschuss gesagt, ich werde aus einer Zeitschrift zitieren, nämlich aus „Internationales Verkehrswesen“. Darin haben insgesamt vier werte Professoren aus dem deutschen Raum – TU Berlin und TU Dresden; ich kann sie auch namentlich nennen – das österreichische ASFINAG- und Finanzierungsmodell für die Fernstraßen dargelegt.

Es ist dies wirklich ein sehr lehrreicher Artikel, nicht nur, weil man darin die Ein­nahmen-/Ausgaben-Situation sieht und merkt, dass die ASFINAG derzeit dank der LKW-Maut 280 Millionen an Einnahmen-Plus hat (Abg. Mag. Regler: Nein! Über 600 ...!), sondern auch, dass wir ein Bauvolumen bewältigen müssen, weswegen der Zinsendienst massiv steigen wird. Derzeit haben wir einen Zinsendienst von 310 Mil­lionen, der zukünftige Zinsendienst wird wahrscheinlich an die 400 Millionen betragen. Bitte, dann schrumpfen die 280 Millionen massiv, und es ist praktisch kein Geld zum Zurückzahlen da!

Lesen Sie in dieser Fachzeitschrift; ich möchte Ihnen das vortragen: „Solange Strecken im Bau sind, werden die Baukosten zunächst als „Anzahlungen Fruchtgenussrecht“ aktiviert; nach Fertigstellung und Verkehrsfreigabe erfolgt (innerhalb der Aktivseite der Bilanz) eine Umbuchung auf die Position ,Fruchtgenussrecht‘.“ – Mit dem Trick macht die ASFINAG Schulden Länge mal Breite, Länge mal drei!

Dann lesen Sie weiter in dem fachwissenschaftlichen Artikel: „Diese Regelungen erscheinen willkürlich, da die Ausgaben für Erweiterungsinvestitionen keinen Bezug zum betriebswirtschaftlichen Wert des Fruchtgenussrechtes haben, ...“

Da merkt man genau, dass das, was Sie jetzt als Straßenbauprojekte eingeleitet haben, mehr oder weniger zwangsläufig entweder in eine Erhöhung des Vignetten­preises oder in die PKW-Maut mündet; Ihre Straßenprojekte: Ihre S 3, Ihre S 8 – ich kann sie ja wunderbar noch einmal aufzählen –, S 34, S 37, A 24! Die A 24 ist überhaupt ein tolles Projekt, da kostet der Kilometer 100 Millionen. Ein Kilometer


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kostet 100 Millionen, bitte! (Abg. Kößl: Was ist mit der A 26?) Ja, die könnten wir auch noch diskutieren, aber das erspare ich Ihnen heute. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Alle diese Projekte im Ausmaß von 3 Milliarden € sind mehr oder weniger die Garantie dafür, dass nach der nächsten Wahl – von Ihnen (in Richtung ÖVP) oder von Ihnen (in Richtung SPÖ) – den AutofahrerInnen die PKW-Maut aufgebrummt wird. Ich bin strikt dagegen, weil ich diese Wahnsinnsprojekte nicht will. Ich will Ortsumfahrungen, und ich will einen flüssigen Verkehr. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bin strikt dagegen, dass uns aus diesen gigantomanischen Projekten eine PKW-Maut mehr oder weniger aufgezwungen wird! Sie sind auf dem besten Weg dazu, und, Herr Staatssekretär Kukacka, Sie verhehlen es ja gar nicht. Irgendwer muss ja das Ganze einmal zahlen, es geht ja nicht alles mit fiktiver Umschuldung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin dafür, dass man zurückzahlt und die Baumaßnahmen reduziert – ganz einfach: die 280 Millionen, die ich im Jahr an Plus habe, nehme ich zum Zurückzahlen, das ist mein Vorschlag –, und ich verzichte darauf aus umweltschutzpolitischen Gründen. Bitte, diese Projekte gehen durch Feinstaub-Sanierungsgebiete! Wir sollen uns an EU-Richtlinien halten. Es gibt das Feinstaubproblem, die Menschen sterben früher, es gibt die entsprechenden Studien dazu, aber Sie bauen auf Teufel komm raus das hochrangige Straßennetz aus. Aus finanziellen Gründen bin ich dagegen, aus gesund­heitlichen Gründen bin ich dagegen! Sie kommen ja teilweise ohnehin aus Nieder­österreich; dort haben wir an der March ein Naturschutzgebiet. Dort wird auch durchgefahren, und zwar über die S 8.

Die Bürgerrechts-Möglichkeiten, die Bürgerbeteiligungs-Möglichkeiten in diesem Zu­sam­menhang sind meines Erachtens auch viel zu wenig entwickelt. Diese Bun­desstraßengesetz-Novelle bringt zwar kleine Verbesserungen mit sich, aber insgesamt sind sie viel zu wenig wirksam, als dass wir ihr in irgendeiner Weise auch nur ansatzweise zustimmen könnten.

Wir haben also in Summe eine Autobahnbaupolitik zu Lasten der zukünftigen Gene­ration, zu Lasten der AutofahrerInnen, die dann wirklich zur Kasse gebeten werden, und eine Autobahnbaupolitik, die – ich darf zum Schluss noch einmal den Fachartikel zitieren – eindeutig wem dient? Ich zitiere: Sie dient Lobbyisten, zum Beispiel der Bauindustrie. Sie hat nämlich „bei dem österreichischen System der Fernstraßen­finanzierung vermutlich größere Chancen, dass Ausgaben für Lobbying zu den gewünschten Ergebnissen und einer größeren Projektanzahl führen“. – Da haben Sie es schwarz auf weiß von den Straßenbau- und Finanzierungsspezialisten aus Berlin: Das österreichische ASFINAG-Modell ist ein Modell für die Bauindustrie und für die Bankenwelt, zu Lasten der AutofahrerInnen und zu Lasten der Bevölkerung, die dort wohnt! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.25.21

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Moser, Sie haben vorhin einleitend gesagt, dass Sie den Ausbau in Richtung Osten begrüßen. Den begrüßen wir alle, den An­schluss in Richtung Osten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einen Antrag, den wir im Ausschuss behandeln und in dem Abgeordnete Lichtenberger sagt, dass sie die Gelder für die Landesstraßen streichen will. Jeder von uns weiß, dass wir die Bun­desstraßen ausgegliedert und den Ländern übereignet haben, und hier wollen Sie die


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Gelder weghaben. Das ist eine eigenartige Politik. (Ruf bei der ÖVP: In den Osten von Innsbruck!) Na klar, das ist nämlich das Nächste.

Das heißt, auf der einen Seite wünschen Sie sich einen Ausbau, auf der anderen Seite soll man möglichst kein Geld dafür bereitstellen. Die Bauwirtschaft wird sich bei Ihnen bedanken. Die ASFINAG ist eine Erfolgsgeschichte, auch für die Bauwirtschaft. Das heißt, jährlich wird nicht nur in die Infrastruktur investiert, sondern es werden damit auch sehr viele Arbeitsplätze erhalten. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen.

Wenn man jetzt diese Projekte hernimmt – jedes Bundesland, das so ein Projekt bekommen hat, Niederösterreich, Steiermark, Wien –, dann kann ich das kritisch sehen, aber ich kann es auch positiv sehen. Wien sehe ich insofern kritisch – nicht diese 2,5 Kilometer, die sehr viel Geld kosten, über 350 Millionen, und die Schät­zungen liegen ja bei 700 Millionen –, als Frau Abgeordnete Bayr einen Antrag einbringen wird, durch den die Beteiligung von Wien einfach damit ausgeschlossen wird, dass gesagt wird – weil wir es so im Antrag selber drinnen haben –: Zur besseren Finanzierung von Bundesstraßen wird die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, dass Länder, Gemeinden und andere juristische Personen einen finanziellen Beitrag leisten können.

Wien geht also her und sagt, wir übernehmen eine Straße auf Landesgebiet, uns ist das wichtig, jeder Österreicher soll mitzahlen, aber wir selbst wollen nichts beitragen! Niederösterreich leistet einen Beitrag, Tirol leistet einen Beitrag – in vielen Bereichen, ob das der Lärmschutz ist, ob das Abfahrten sind, das ist heute schon gängig –, nur Wien ist anders. Wien bekommt am meisten Geld – überall – und will am wenigsten dazu beitragen. Das ist schon eine eigenartige Politik.

Ich werde es trotzdem unterstützen, weil es für die Wienerinnen und Wiener ist, weil die Verbindung eine Besserstellung für die Bevölkerung ist. Aber ich werde sicher nicht einem Antrag zustimmen, der ausschließt, dass Wien seinen Anteil an diesen Dingen mitträgt. Ich glaube, das muss auch einmal gesagt werden.

Wir haben für die Abfahrt Innsbruck Mitte gekämpft, die Grünen haben im Wahlkampf plakatiert – obwohl sie jetzt gerade gebaut wird! –, dass sie dieses Projekt einstellen werden. Es gibt jetzt schon eine wesentliche Verbesserung in Innsbruck, und Frau Abgeordnete Moser stellt sich hierher und möchte ein Projekt, das schon läuft, einstellen und bringt noch dazu einen lächerlichen Antrag ein, mit dem wir uns beschäftigen müssen.

Die Abfahrt Innsbruck Mitte wird eine Erfolgsgeschichte sein, und wenn die Menschen dann auf dieser hereinfahren und direkt in die Mitte Innsbrucks kommen werden, werden sie erleben, dass es eine bessere Anbindung ist. Außerdem werden die Men­schen in diesem Bereich entlastet.

Die drei, vier Häuselbesitzer, die nachher auch mit Lärmschutzmaßnahmen bedient werden und die dort eine Bürgerinitiative darstellen – da setzen Sie sich drauf! Ich sagen Ihnen: Schauen Sie auf ganz Innsbruck, dann werden Sie die Abfahrt Innsbruck Mitte mit unterstützen müssen, anstatt solche Anträge einzubringen! (Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.29.05

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Favoritner Abgeordnete freue ich mich natürlich sehr, dass die S 24 – die Spange zwischen der S 1, Rothneusiedl, und der A 23, Hansson-Kurve – im


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142. Sitzung / Seite 253

Gesetz drinnen ist. Ich habe von dieser Stelle aus, glaube ich, oft genug erklärt, warum sie wirklich ganz, ganz wichtig ist.

Was meine Freude aber extrem trübt, ist die Tatsache, dass es einen § 10 Abs. 3 gibt, der im Ministerrat hinzugefügt worden ist, wonach die Hansson-Spange nur unter der Voraussetzung gebaut werden soll, dass Wien einen Kostenbeitrag von etwa 50 Pro­zent übernimmt – einen „substantiellen Kostenbeitrag“, heißt es im Gesetz –, und dass es im Weiteren jetzt neu einen § 10 Abs. 2 gibt, der meiner Meinung nach auch dem ASFINAG-Gesetz, dem § 2 des ASFINAG-Gesetzes, widerspricht, wonach die Finan­zierung von Bundesstraßen Aufgabe der ASFINAG und nicht auch von Ländern und Gemeinden ist.

§ 10 Abs. 3 widerspricht auch der Kompetenzverteilung gemäß Bundes-Verfas­sungs­gesetz Art. 10 Abs. 1 Z 9, der grundsätzlich von einer Bundeskompetenz in der Ge­setzgebung und Vollziehung hinsichtlich Bundesstraßen ausgeht.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen zum Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

Der Nationalrat möge in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Der § 10 Abs. 2 wird ersatzlos gestrichen.

2. Der § 10 Abs. 3 wird ersatzlos gestrichen.

*****

Vielleicht noch zu ein paar Argumenten, die vorhin zu dieser Straße gefallen sind. Zum einen: Es wird nicht so sein, dass nur Wiener und Wienerinnen diese Straße benützen werden. Das ist ein Teil des hochrangigen Straßennetzes und wird natürlich allen zur Verfügung stehen.

Dass diese Straße teuer ist, ist auch richtig. Sie befindet sich im dicht verbauten Siedlungsgebiet in Favoriten. Jene Maßnahmen zu treffen, mit denen dafür gesorgt wird, dass die Bevölkerung vor Lärm, vor Abgasen und auch vor sonstigen Belastun­gen durch Einhausungen, durch Schallschutz et cetera geschützt wird, ist nur recht und billig – wobei billig jetzt natürlich das falsche Wort ist.

Zum Zweiten: Dass auch bisher Länder Finanzbeiträge für Bundesstraßen geleistet haben, ist richtig und ist Tatsache. Aber es ist eine Geschichte, wenn das Länder oder Gemeinden auf Grund von Verhandlungen tun. Eine ganz andere Geschichte ist es, wenn in einem Gesetz dezidiert für eine einzige Straße ein solcher Kostenbeitrag gesetzlich festgeschrieben wird.

Meiner Meinung nach ist das verfassungswidrig, weil es dem Gleichheitsgrundsatz wider­spricht. Ich denke, dass durch den Beschluss dieses Abänderungsantrages eine Verfassungskonformität wiederhergestellt werden könnte, und bitte Sie um Zustim­mung auch zum Abänderungsantrag. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Bayr verlesene Abände­rungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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142. Sitzung / Seite 254

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über die Regie­rungsvorlage (1333 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Der § 10 Abs. 2 wird ersatzlos gestrichen.

2. Der § 10 Abs. 3 wird ersatzlos gestrichen

Begründung:

§ 10 Abs. 2 widerspricht dem § 2 ASFINAG-Gesetz, wonach die Finanzierung von Bundesstraßen Sache der ASFINAG und nicht auch Sache der Länder und Gemeinden ist.

§ 10 Abs. 3 widerspricht der Kompetenzverteilung gemäß Art. 10 Abs. 1 Zif. 9 B-VG, der grundsätzlich von der Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung und damit auch von einer Bundesfinanzierung hinsichtlich der Bundesstraßen ausgeht. Letzteres folgt insbesondere daraus, dass schon das B-VG in der auch für die Kom­petenzverteilung wesentlichen Fassung 1929 das BStG 1921 und dessen Systematik „vorgefunden“ hat. Eine Abhängigkeit der Errichtung einer Bundsstraße von der Finanzierung durch ein Land dürfte somit systemwidrig sein und stellt einen Bruch in der Kontinuität des gewachsenen österreichischen Straßenrechts dar.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haubner. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.32.40

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Erst vor kurzem wurde Österreich vom renommierten Londoner „Centre for European Reform“ als Wirtschaftsstandort mit höchster Wettbewerbs­fähigkeit ausgezeichnet. Diese Platzierung unter den Top Drei in Europa zeigt eindeutig, dass Österreich die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt hat.

Mit der heute zu beschließenden Bundesstraßengesetz-Novelle beschließen wir eine weitere wichtige infrastrukturelle Maßnahme, mit der die Voraussetzung dafür geschaf­fen wird, dass der Wirtschaftsstandort Österreich und seine Wettbewerbsfähigkeit noch stärker ausgebaut werden.

Eine gute Verkehrsinfrastruktur ist für einen Wirtschaftsstandort die Voraussetzung, um weiter erfolgreich zu sein, und darum ist dieses Bundesstraßengesetz so wichtig und der richtige Weg für eine erfolgreiche Zukunft – sowohl wirtschaftspolitisch als auch verkehrspolitisch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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142. Sitzung / Seite 255

Von vielen Seiten wird diese Bundesstraßengesetz-Novelle auch begrüßt. Dass es sich dabei um eine verkehrspolitisch wichtige Maßnahme handelt, bestätigt auch der ÖAMTC, der von einem raschen Baubeginn für die angesprochenen Projekte spricht. Neben diesen positiven Effekten ist auch der beschäftigungspolitische Aspekt wichtig, denn die Bauwirtschaft erhält dadurch wesentliche Impulse.

Ich möchte zum Abschluss noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1333 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (1333 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

1. Z 26 entfällt.

2. Die bisherigen Z 27 bis 32 werden zu den Z 26 bis 31.

3. In Z 31 (neu) lautet im Verzeichnis 2 die Beschreibung der S 1 – Wiener Außenring Schnellstraße:

Knoten Vösendorf (A 2, A 21) – Knoten Rothneusiedl (A 24) – Knoten Rustenfeld – Knoten Schwechat (A 4) – Knoten bei Raasdorf (A 23) – Knoten bei Raasdorf (S 8) – Knoten Wien/Süßenbrunn (S 2) – Knoten Eibesbrunn (A 5) – Knoten Korneuburg/West (A 22), einschließlich Knoten Rustenfeld – Leopoldsdorf (B 16)

Begründung:

Die vorgenommenen Ergänzungen dienen der Klarstellung, dass die Strecke Knoten Rustenfeld – Leopoldsdorf einen Bestandteil der S 1 – Wiener Außenring Schnell­straße – darstellt und damit der Mautpflicht unterliegt.

*****

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Haubner verlesene Abän­derungsantrag der Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


21.35.57

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Auf Grund des Redebeitrages von Kollegen Haubner aus Salzburg muss ich meine Redeabfolge total umstellen und eigentlich mit dem Schluss beginnen.


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142. Sitzung / Seite 256

Es ist eben nicht so, dass Verkehrsinfrastrukturausgaben höheres Wirtschafts­wachs­tum bedeuten, sondern es verhält sich sozusagen genau gegengleich. (Abg. Haubner: Ach so?)

Peter Haubner, du als Salzburger müsstest wissen, was der Ausbau der Tauern Autobahn für den Lungau bewirkt hat. Es gab nämlich im Lungau seit dem Ausbau einen Rückgang von Arbeitsplätzen um 9,4 Prozent. Genau in diesem Zeitraum haben im Zentralraum von Salzburg die Arbeitsplätze um 4,9 Prozent zugenommen.

Auch Kollege Grillitsch scheint zwar Bücher über „Land in Gefahr“ zu schreiben und darüber, wie schwierig es ist, in den sich entleerenden Räumen überhaupt noch Wirtschaft zu betreiben, singt aber hier die großen Lobeshymnen auf den Straßen­verkehrsausbau und sagt, es ist toll, wenn die Leute noch schneller aus den Regionen wegfahren können und die Regionen sich so leeren. – Das ist nämlich tatsächlich der Fall, das passiert mit diesem Straßenausbau.

Das ist auch der Grund, warum wir Grünen so gegen die Änderung dieses Bundes­straßengesetzes auftreten. Was haben wir denn am meisten dagegen einzuwenden, oder wogegen richtet sich unser Protest? – Das eine ist, dass wir neue Transitrouten für LKWs in Ostösterreich erzeugen. Wir wissen aus Westösterreich, was das für Auswirkungen hat. Wir kennen das aus Tirol, dass ein hohes Verkehrsaufkommen das Wirtschaftswachstum einschränkt und Regionen ausbluten lässt. (Abg. Gahr: Wir haben aber ein positives Wirtschaftswachstum!)

Das zweite Problem ist: Zwei Projekte befinden sich im klaren Widerspruch zur Alpen­konvention. Das kann uns in dem Jahr, in dem wir den Vorsitz in der Alpenkonvention führen, nicht egal sein. Wir befinden uns mit diesen Verkehrsprojekten im Widerspruch zum Verkehrsprotokoll. (Abg. Dr. Mitterlehner: Können Sie das noch einmal wieder­holen?) – Wir befinden uns im Widerspruch zum Verkehrsprotokoll, und der Bundes­minister Pröll führt im Moment den Vorsitz in der Alpenkonvention. (Abg. Dr. Mitter­lehner: Nein, das mit dem Wirtschaftswachstum! Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Mag. Kukacka.) – Ja! Das betrifft zwei Straßen, nämlich die S 34 und die S 37. (Abg. Dr. Fekter: Verkehrswege ausbauen bremst das Wirtschaftswachstum!? So einen Unsinn habe ich noch nie gehört!)

Außerdem wird die Verschuldung der ASFINAG ins Unermessliche steigen. Das wird Ihnen dann vielleicht egal sein, Herr Staatssekretär, weil Sie dann nicht mehr Staatssekretär sind, aber für die nachkommenden Generationen bedeutet das eine Belastung.

Wir haben zwar jetzt wieder eine Lobeshymne gehört, was für ein toller Wirt­schaftsstandort Österreich ist, allerdings haben wir die vierthöchste Staatsausgaben- und Staatsschuldenquote der EU-15. Das sind auch Schulden, die die nachfolgenden Generationen zu bezahlen haben!

Die immer wieder ins Treffen geführten Beschäftigungseffekte sind eben gerade nicht angeführt. Das war auch einer unserer Kritikpunkte im Verkehrsausschuss. Wir konnten den Erläuterungen nicht entnehmen, welche Beschäftigungseffekte tatsächlich zu erwarten sind. Wahr ist vielmehr, dass außer beim Straßenbau, bei den Bau­maßnahmen nachher keine positiven Beschäftigungseffekte zu verzeichnen sind. (Abg. Dr. Mitterlehner: Ist das auch eine Theorie von Professor Van der Bellen?)

Außerdem haben wir uns sehr darüber gewundert, wie die strategische Prüfung Verkehr zu einer solchen Farce verkommen konnte. Es ist ja gerade nicht die Intention einer strategischen Prüfung, die Leute, die sich damit beschäftigen – einerseits die Beamten in den betroffenen Ministerien, andererseits auch die betroffenen Anrainer und Anrainerinnen –, mit ihren Einwendungen dann im Regen stehen zu lassen. Sie


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haben gar keine Antwort bekommen, und das Ministerium hat sich damit überhaupt nicht beschäftigt, nicht einmal mit kritischen Stellungnahmen aus dem Ressort.

Alles in allem, noch mit bedacht, dass diese Straßenprojekte ausgerechnet in Luft­sanierungsgebieten durchgeführt werden und ohnehin schon ein Problem mit der Feinstaubproblematik besteht, können wir einem solchen Gesetz aus guten Gründen nicht zustimmen und sind mehr als besorgt über die zukünftige Entwicklung in der Verkehrsinfrastruktur. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dr. Mitterlehner: Auf welchem Weg sind denn Sie ins Parlament gekommen?)

21.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.40.47

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Rest-Hinterseer und Frau Kollegin Moser, wenn man Ihnen zuhört, dann müsste man meinen, jeglicher Straßenbau oder jeglicher Ausbau von Straßen gleicht einer Katastrophe oder geht schon in Richtung eines Verbrechens, das da begangen wird.

Sie müssen schon einmal daran denken, was das für die Bürger bewirkt. Denken Sie daran, dass es bei der Übernahme in das überörtliche Straßennetz ganz massiv zur Entlastung von Ortsdurchfahrten kommt, dass der Verkehr im Ortskern reduziert wird und dass es – die Frau Kollegin Rest-Hinterseer glaubt zwar, dass das nicht stimmt, aber ich bin mir sicher – einen ganz besonders positiven Effekt für den ländlichen Raum hat, wenn bessere Erreichbarkeit für gewerbliche Betriebe durch den Ausbau von Straßen gewährleistet werden kann, und dass auch die Abwanderung dadurch reduziert wird.

Straßenbau allein ist jedoch zu wenig. Man muss auch andere Maßnahmen setzen. Eine gute Infrastruktur ist jedoch Voraussetzung dafür, dass sich Betriebe in den ländlichen Regionen ansiedeln.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wurden in den Jahren 2002 bis 2006 über 5 Milliarden € für Straßenbaumaßnahmen ausgegeben. Es ist gut so, dass da viel investiert wurde, denn das steigert die Mobilität der Menschen, hat aber auch eine sehr positive Auswirkung auf die Arbeitsplätze und auf die Beschäftigungssituation in Österreich. – Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Aspekt, der durch diese Maßnahmen ebenfalls gefördert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Selbstverständlich muss beim Straßenbau der Gesundheit und der Umwelt stark Rechnung getragen werden. Frau Kollegin Rest-Hinterseer, die strategische Prüfung im Verkehr – dieses SPV-Verfahren – ist ein sehr gutes Verfahren. Es ist ein strate­gisches Planungsinstrument, das mehrere Aspekte miteinander vergleicht und sowohl die Auswirkungen auf die Umwelt als auch auf die Wirtschaft und auf die Bevölkerung gleichzeitig und gemeinsam betrachtet.

Gerade die Investitionen für Gesundheit und Umwelt dieser Regierung können sich sehen lassen. Im Jahr 2006 werden über 115 Millionen € für Lärmschutz und Ein­hausungsmaßnahmen investiert. Das sind im Vergleich zu 1999 14 Mal so viel finanzielle Mittel, die für die Lärmbekämpfung an den Straßen und damit für die Gesundheit ausgegeben wird. Da können Sie nicht sagen, dass das schlechte Investitionen sind und dass zu viel Geld dafür ausgegeben wird.

Es ist aber auch richtig und recht, dass gerade bei sehr teuren Bauvorhaben – wenn es auch um die Gesundheit und den Schutz der Bevölkerung geht – die Länder und Gemeinden mitfinanzieren. Frau Kollegin Bayr hat in Wien die A 24 angesprochen, die


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ja sehr teuer ist, wo die Baumaßnahmen aber sehr wichtig sind, denn es sollen ja wirklich die Leute durch die Einhausungen und durch Verbauungen geschützt werden.

Ich möchte aber – so wie im Ausschuss – noch einmal darauf hinweisen: Auch in Oberösterreich – in Linz – hat es sehr gut funktioniert, dass der Bindermichl sowohl vom Bund als auch vom Land als auch von der Stadt Linz mitfinanziert wurde. Es wurden großartige Maßnahmen für die Leute, die in der Umgebung des Bindermichl wohnen, getroffen, und die Menschen sind sehr erleichtert und uns allen dankbar, dass so viel Geld investiert wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deswegen ist es gut, Frau Kollegin Bayr, dass auch mit dem vorliegenden Gesetz Möglichkeiten geschaffen werden, dass Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam solche Projekte realisieren, die zwar sehr teuer sind, wo aber für die Bürger investiert wird.

Ich denke, Sie sollten noch einmal darüber nachdenken und Ihren Antrag zurück­ziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.45.06

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Gleich einmal vorweg: Der Beschluss zum Bau der Traisental-Schnellstraße ist eine überaus positive Entscheidung für den niederösterreichischen Zentralraum und für die Landeshauptstadt St. Pölten. Sie wissen, dass seit mehr als einem Jahrzehnt die Bevölkerung, aber auch die Wirtschaft die Realisierung dieses wichtigen Infrastruktur-Bauvorhabens in der Region fordert.

Noch einmal: Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass meine Forderung erfüllt wird und die Traisental-Schnellstraße in das Bundesstraßengesetz nun zumindest für den Streckenabschnitt Knoten St. Pölten bis Wilhelmsburg Nord aufgenommen wird. (Abg. Dr. Mitterlehner: Der Heinzl hat das gefordert? Die so genannte Heinzl-...!)

Der so notwendige Weiterbau bis Traisen soll vom Land Niederösterreich durchgeführt werden, wie uns der Herr Staatssekretär und auch der Herr Minister Gorbach im Verkehrsausschuss erklärt haben. Eine Zerstückelung der Traisental-Schnellstraße in zwei Teile hat aber aus meiner Sicht nur dann wirklich einen verkehrspolitischen Sinn, wenn beide Straßenabschnitte also der ASFINAG-Teil in Form der S 34 vom Knoten St. Pölten-Wilhelmsburg bis Wilhelmsburg Nord und der Land-Niederösterreich-Teil weiter bis nach Traisen in einem Zug errichtet werden. Sonst erfolgt die aus Gründen der Verkehrssicherheit dringend notwendige Entlastung der „Todesstrecke“ B 20 nur zur Hälfte.

Deshalb stelle ich an Sie, Herr Staatssekretär, folgende Fragen, und ich bitte Sie dringend um Beantwortung:

Erstens: Ist es Teil des Übereinkommens mit dem Land Niederösterreich, dass beide Streckenabschnitte gleichzeitig oder möglichst gleichzeitig errichtet werden?

Zweitens: Ist die Sicherstellung der Finanzierung des ASFINAG-Teils mit der Sicher­stellung der Finanzierung des Landes Niederösterreich in irgendeiner Form junktimiert?

Drittens: Ist es nach Ihrem heutigen Wissensstand absehbar, wann und vor allem wo der Land-Niederösterreich-Teil der Traisental-Schnellstraße errichtet wird und ob das Land Niederösterreich bereits die Finanzierung der Straße sichergestellt hat? (Abg. Kainz: Das ist ja keine Frage!)


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Die Menschen im niederösterreichischen Zentralraum sind sehr an den Antworten auf diese Fragen interessiert. – Wenn Sie die Frage nicht verstanden haben, kommen Sie dann zu mir, ich wiederhole sie Ihnen gerne. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Kainz: Nein, Sie können zu mir kommen!)

21.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Kainz 2 Minuten. – Bitte.

 


21.47.41

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Heinzl! Mich wundert es schon, dass Sie fragen, ob in Niederösterreich die Finanzierung steht. Das war noch allemal so – das war so bei der Elite-Universität, und das ist auch so bei anderen Infrastruktureinrichtungen –: Wir Niederösterreicher halten Wort! Die Finanzierung steht. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Heinzl: 240 Millionen €? Die Finanzierung steht?)

Wir bauen den zweiten Teil, und daran könnte sich auch das Land Wien ein Beispiel nehmen, weil es für uns in Niederösterreich selbstverständlich ist, dass man zusam­menarbeitet, dass der Bund seinen Teil leistet, aber auch das Land gerne den seinen leistet, damit das Land vorwärts geht und damit die Menschen nicht auf der Strecke bleiben. – Das ist in Wien ganz anders. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zwei gute Beispiele: Elite-Universität, Flugfeld Aspern – auf Wiedersehen! – Die Traisental-Schnellstraße wird umgesetzt. Das ist überhaupt keine Frage. Deswegen ist das ein gutes Beispiel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist aber auch ein Beispiel dafür, wie im Rah­men des Bundesstraßengesetzes investiert wird: Investiert wird einerseits in die Verkehrssicherheit und in die Erreichbarkeit, aber auch in die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Da gibt es, glaube ich, gute Beispiele. Allein schon die Weinviertel-Schnellstraße – die S 3 – und die Marchfeld-Schnellstraße – die S 8 – sind zweifellos wichtige Verkehrsverbindungen, weil gerade auch in Blickrichtung der Erweiterung der Europäischen Union und der Situation, dass Niederösterreich wirklich zum Kernland geworden ist, optimale Verkehrsverbindungen notwendig sind.

Aber auch die Traisental-Schnellstraße – die S 34 – ist ein gutes Beispiel. Da werden in einer durchaus sensiblen Region, die gerade auch durch die verstaatlichte Industrie schwere wirtschaftliche Zeiten hinter sich hat, jetzt die richtigen Maßnahmen gesetzt, sodass es in dieser Region wieder bergauf geht, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, wobei aber die Verkehrssicherheit wie in allen anderen Bereichen auch nicht zu kurz kommt. – Das ist die Verkehrspolitik dieser Bundesregierung, und deshalb stimmen Sie diesem Programm hoffentlich auch gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Bauer 2 Minu­ten. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.50.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, als vor 17 Jahren der Eiserne Vorhang fiel, war jedem klar, dass in der Ostregion viele verkehrspolitische Maßnahmen gesetzt werden müssen, dass die Infrastruktur verbessert beziehungsweise nachgeholt werden muss, weil es eine Infrastruktur war, die an der Eisernen Grenze geendet hat. Wir haben natürlich als Erstes die Schiene ausgebaut – alle Schienenstränge sind relativ gut ausgebaut –, aber wir müssen jetzt die kleinen grenzüberschreitenden Verbin-


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dungen herstellen. Der Abschnitt von Mistelbach nach Laa wird jetzt elektrifiziert, auf der Franz-Josef-Bahn wird ein Teilstück auf tschechischer Seite noch zu elektrifizieren sein. Daher haben wir das befolgt, was eigentlich notwendig ist: dem öffentlichen Verkehr eine hohe Priorität zu geben.

Aber es ist selbstverständlich, dass daneben auch moderne Straßen geschaffen werden müssen. Wir haben sehr lange dafür gekämpft, dass die Schnellstraße von Stockerau bis zur Staatsgrenze geschaffen wird als eine Schnellstraße, die letztlich auch eine Fortsetzung auf tschechischer Seite erfahren soll, womit die Infrastruktur entsprechend ausgebaut wird, genauso wie die Marchfeldstraße ein wichtiges Teilstück Richtung Slowakei ist.

Man soll nicht glauben, dass wir nicht wissen, dass die Fortsetzung der B 303 auf tschechischer Seite notwendig ist, aber es ist auch der Bau in Österreich notwendig. Und ich glaube, dass dieser Beschluss heute eine wesentliche Verbesserung nicht nur der Lebensqualität für jene Bevölkerung bringt, die heute einen Tages­durchschnitts­verkehr von 17 000 bis 18 000 Autos zu ertragen hat, sondern auch für die Wirtschaft ein wichtiger Impuls ist.

Daher, geschätzte Damen und Herren, begrüße ich, dass dieser Beschluss heute gefasst wird. Auch wenn in der Zeitung einmal gestanden ist, auf Resolutionen und auf Anträgen – weil ich viele eingebracht habe – kann man nicht fahren, so meine ich, auch auf diesem Beschluss kann man nicht fahren, wenn nicht rasch gebaut wird. Und diese Hoffnung drücke ich damit aus. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Aber ohne diesen Beschluss kann man gar nicht fahren!)

21.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Glaser 2 Minuten. – Bitte.

 


21.52.24

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unter den vielen Punkten, die wir unter diesem Tages­ordnungspunkt behandeln, ist auch ein Antrag der Grünen auf Herausnahme der S 7 aus dem Bundesstraßengesetz.

Ich bin froh darüber, dass dieser Antrag im Ausschuss mit großer Mehrheit abgelehnt wurde, weil ich glaube, dass das für die betroffene Region – das südliche Burgenland und die südöstliche Steiermark – wirklich fatal gewesen wäre. Im Gegensatz zur Abge­ordneten Rest-Hinterseer glaube ich nämlich sicher zu wissen, dass dort, wo die Regionen nicht mit entsprechenden Straßen erreichbar sind, die Abwanderung ein Vielfaches dessen ist, was in Gebieten mit entsprechenden Straßen zu verzeichnen ist. Da brauchen Sie sich nur im südlichen Burgenland und in anderen Regionen umzuschauen.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang schon erwähnen, dass bei der Planung dieser S 7 sehr wohl auf die Anregungen der Bürgerinitiative Bedacht genommen wurde, dass man hier auf die Umwelt Rücksicht nimmt, dass man bei der Planung versucht, von der Lafnitz möglichst wegzugehen und mit Tunnels und Unterflurtrassen in den Hügel- und Waldbereich auszuweichen, der an das Tal angrenzt. Deswegen glaube ich auch, dass mit dieser Trasse ein maximaler Schutz für Flora und Fauna, aber auch für den Menschen gegeben ist.

Ein Beispiel ist diese Trasse aber auch noch, und zwar ein Beispiel für den Zick­zackkurs der SPÖ. Während nämlich – lassen Sie sich das sagen! – die burgen­ländische SPÖ zu dieser Trasse steht, wie sie jetzt verordnet wird, will der neue steirische Landeshauptmann alles das, was schon überprüft wurde, noch einmal


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überprüfen, und Kollege Gusenbauer hat bei seiner Startklar-Tour das Gleiche gesagt. Also ich glaube, mit diesem Populismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden Sie in dieser Region sicher nicht punkten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kum­merer. 2 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.55.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Herr Staatssekretär, vorerst möchte ich mich herzlich bedanken für die Nichtbeantwortung der Fragen, deren Beantwortung Sie mir zugesichert haben. Ich habe sie bis jetzt nicht bekommen. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Das ist erst drei Tage aus!) Was heißt „drei Tage aus“? Wenn ich im Ausschuss Fragen stelle und Sie nicht in der Lage sind, mir diese zu beantworten, mir aber zusagen, dass ich sie schriftlich nachgereicht bekomme, dann brauche ich sie für den heutigen Tagesord­nungs­punkt und nicht in zwei Jahren! (Beifall bei der SPÖ. – Staatssekretär Mag. Kukacka: Sind schon unterwegs!) Wenn ich ein Pech habe, werden Sie in Zukunft die Fragen im Ausschuss sofort beantworten, Herr Staatssekretär.

Meine Damen und Herren, es geht um ein anderes Problem: Es geht nicht nur um einzelne Infrastrukturprobleme, es geht um Probleme einer ganzen Region. Sie haben, meine Damen und Herren der ÖVP, im „Format“ sicher gelesen: Weinviertel, das Schlusslicht in Österreich: niedrigstes Bruttoregionalprodukt, schwache Einkommen, kaum Zuwachs in der Region, bei der Akademikerquote vorletzter Platz. Im Gegenzug: Ruhe und gute Luft.

Das ist nicht seit gestern, nicht seit vorgestern, das ist seit Jahrzehnten so, doch Än­derungen haben bis jetzt nicht stattgefunden. Es wurde sehr, sehr viel versprochen, es wurden viele Spatenstiche durchgeführt, es wurde sehr, sehr wenig umgesetzt. Wir brauchen diese Projekte, wir brauchen diese Projekte sofort, wir brauchen diese Pro­jekte notwendigst.

Als Beispiel nur die B 8, jetzt eine S 8, lange geplant: zuerst nach Angern, jetzt nach Marchegg. In Marchegg soll ein Wirtschaftspark geschaffen werden, für den bereits auch wieder Spatenstiche stattgefunden haben. Zurzeit ist es eine asphaltierte Fläche.

Die Brücke über die March ist als Provisorium geplant. Der Spatenstich ist bereits vor Jahren erfolgt, heute erfolgt die Aufnahme in das Gesetz.

Wir haben die Situation, dass wir bis zum heutigen Tag auf der gesamten Länge der Grenze zur Slowakei von Marchegg bis zur Donaumündung keinen einzigen offenen Grenzübergang haben – und das 16 Jahre nach der Öffnung!

Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Für die Maßnahmen im Weinviertel ist es allerhöchste Zeit! (Beifall bei der SPÖ.)

21.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Kurzbauer 2 Minu­ten. – Bitte.

 


21.57.16

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich melde mich zum Thema S 36. Herr Kollege Heinzl! (Abg. Heinzl: S 34, wenn schon!) – Ja, ja, S 34! – Lieber Herr Kollege Heinzl, wir sind nicht in der Sendung „Wünsch Dir was“. Du weißt ganz genau, dass es sehr lange Verhandlungen zwischen dem BMVIT und unserem Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll gegeben hat, und letztlich ist es gelungen, dass dieses Straßenstück


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vom Knoten St. Pölten nach Wilhelmsburg Nord in das hochrangige Straßennetz übernommen wird. Wir freuen uns selbstverständlich alle, und es wird, wie wir wissen, bereits im Jahr 2007 mit dem Bau begonnen.

Jetzt kommt dann der nächste Punkt, den du angesprochen hast, die Strecke von Wilhelmsburg Nord nach Traisen. Da wurde mir berichtet, dass es ein bisschen schwierig sein wird, weil die Gemeinde Traisen zuerst einmal ein passendes Grund­stück zur Verfügung stellen sollte – das ist ja ein Kollege von dir, der dort Bürger­meister ist, von deiner Fraktion –, und dann erst wird es möglich sein, dass das Land Niederösterreich diesen Streckenabschnitt finanzieren wird.

Geschätzte Damen und Herren! Wir alle bedanken uns selbstverständlich, dass dieses Straßenstück in das hochrangige Netz übernommen worden ist. Ein spezielles Dan­keschön unserem Landeshauptmann Pröll und Herrn Vizekanzler Gorbach. (Beifall bei der ÖVP.)

21.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


21.59.00

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz zu Beginn möchte ich vielleicht nur einige Missverständnisse der Kollegin Moser aufklären, weil sie hier über einige dieser konkreten Straßenprojekte gesprochen hat.

Erstens: Diese Straßenprojekte für das Weinviertel – Marchfeld-Schnellstraße, Nord Autobahn, Weinviertel-Schnellstraße – laufen nicht parallel. Wenn Sie sich die Land­karte ansehen, so ist die Marchfeld-Schnellstraße die Anbindung Richtung Osten, Rich­tung Bratislava, die Nord Autobahn Richtung Nordosten, Richtung Brünn, weiter Richtung Polen und die Weinviertel-Schnellstraße einfach die gerade und kürzeste Verbindung Richtung Prag und Richtung Berlin, also Richtung Norden Europas.

Es ist natürlich klar, dass sich solche Straßenverbindungen im Zentrum näher sind als weiter weg, aber es sind keine Parallelverbindungen, sondern haben ganz klar andere Zielrichtungen. (Abg. Dr. Gabriela Moser – eine Landkarte herzeigend und zwei parallele Linien andeutend –: Ich habe mir das hier eingezeichnet!)

Es sind auch nicht überdimensionierte Projekte, liebe Kollegin Moser, denn wenn für die S 3 bis zu 20 000 Kfz im Jahr 2020 und für die Marchfeld-Schnellstraße bis zu 40 000 Kfz prognostiziert werden, dann zeigt das, glaube ich, dass hier einfach notwendige Schritte gesetzt werden.

Ich freue mich daher, dass es uns mit dieser Beschlussfassung heute, mit der Auf­nahme dieser wichtigen Straßenprojekte in das Bundesstraßengesetz gelingt, 20 Jahre nachdem eine SPÖ-dominierte Bundesregierung die schon bestehenden hochrangigen Straßenverbindungen Richtung Norden und ins Waldviertel aus dem Bundes­straßen­gesetz entfernt hat – das ist Faktum –, jetzt diesen Schritt zu setzen, diese notwen­digen hochrangigen Straßenverbindungen wieder in das Bundesstraßengesetz aufzu­nehmen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Zuständig war der Wirtschaftsminister der ÖVP! Straßenbau- und Wirtschaftsminister der ÖVP seit 1986!)

Ich glaube auch, dass es müßig ist, über die letzten 20 Jahre weiterzudiskutieren, aber den größten Teil dieser Zeit waren schon sozialistische Bundeskanzler, sozialistische Finanzminister, sozialistische Verkehrsminister am Werken. Also bitte das auch zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Parnigoni: Graf – Bundesminister der ÖVP! Schüssel – Bundesminister der ÖVP! Alles Minister von euch!)


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Ich freue mich abschließend, dass wir heute diesen Beschluss fassen können: für die betroffene Region, für die mehr als 8 000 Bürgerinnen und Bürger, die im Rahmen meiner Plattform für Infrastruktur mit ihrer Unterschrift diese Projekte unterstützt haben, und ich sage zu, dass wir uns alle gemeinsam dafür einsetzen werden, dass diese Projekte auch faktisch rasch in die Tat umgesetzt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Du zeihst den Schüssel der Unfähigkeit!)

22.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Preineder. Auch seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.01.41

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Mit der Novellierung des Bundesstraßengesetzes 1971 wird eine Anpassung an das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz vorgenommen. Weiters werden Nachbarschaftsrechte neu geregelt. Ein wesentlicher Punkt ist aber auch die Aufnahme neuer Strecken in das Bundesstraßennetz und damit der Ausbau wichtiger und notwendiger Verkehrsadern unseres Landes.

Besonders seien hier die Weinviertel-Schnellstraße, die S 3, und die Marchfeld-Schnell­straße, die S 8, erwähnt. Beide Straßen schließen entscheidende Lücken in der Nord-Süd-Verbindung nach Tschechien und in der Ost-West-Verbindung in die Slowakei.

Mit dem Ausbau der Verkehrsverbindung wird auch die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume nördlich und östlich von Wien gefördert. Ich glaube, Frau Kollegin Rest-Hinterseer, dass gute Straßenverbindungen ländliche Räume beleben und nicht entleeren, dass diese Räume attraktiver werden, denn wirtschaftliche Ansiedlungen richten sich nach verkehrstechnischen Anbindungen. Auch Wohn- und Lebensräume werden nach der Entfernung zu Arbeitsplätzen und zu Arbeitsplatzmöglichkeiten gewählt.

Mit diesen Investitionen wird in Niederösterreich klar das Ziel der Bundesregierung umgesetzt, nämlich stärkere Umweltverträglichkeit von Großbauprojekten, einfachere Einbindung der Bürger, Schaffung und Sicherheit von Arbeitsplätzen, Sicherheit für unsere Wirtschaft und letztlich auch die Realisierung der EU-Erweiterung.

Geschätzte Damen und Herren! In die Marchfeld-Schnellstraße und in die Weinviertel-Schnellstraße werden zirka 700 Millionen € investiert, eine finanzielle Herausforderung für die ASFINAG, aber in etwa nur die Hälfte der Summe, die die BAWAG verloren hat, 700 Millionen €, die in Niederösterreich investiert und nicht verspekuliert werden, 700 Millionen €, die im Land, im Weinviertel, verbaut und nicht im Sand der Karibik versenkt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wirtschaftskompetenz und Österreich-Bewusstsein unterscheiden die ÖVP von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

22.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung einiger an ihn gerichteten Fragen hat sich Herr Staatssekretär Kukacka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.04.15

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Kummerer, ich bitte einigermaßen um Fairness. Sie wissen genau, dass die Verkehrsausschusssitzung erst Ende letzter Woche war, und der Brief an Sie mit der Anfragebeantwortung ist unterwegs. Ich darf Ihnen hier den Antwortentwurf zeigen. Ich bin gerne bereit, Ihnen


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den vorzulesen. Ich bin überzeugt davon, dass Sie in den nächsten Tagen diesen Brief in der Hand haben werden.

Zum Kollegen Heinzl möchte ich festhalten: Lieber Kollege Heinzl, die Fragen, die Sie da an mich gerichtet haben, werden beantwortet durch die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen Bund und Land Niederösterreich über den Ausbau der Traisental-Schnellstraße S 34. Diese Vereinbarung wird vom Ministerrat beschlossen, wird von der Niederösterreichischen Landesregierung beschlossen. Ich gehe davon aus, dass Ihnen die Mitglieder der Niederösterreichischen Landesregierung, auch die sozialdemokratischen, sicher alle diese Fragen und diese Vereinbarung zur Verfügung stellen werden. Außerdem wird diese Vereinbarung in den nächsten Tagen im Bundes­gesetzblatt veröffentlicht, und daraus können Sie dann auch den Text entnehmen. Ich möchte Ihnen das jetzt nicht im Einzelnen hier vorlesen, vor allem aus Rücksicht auf die anderen Kollegen.

Zur Frau Kollegin Rest-Hinterseer, die gemeint hat, wir verletzen mit der Übernahme dieser Straßen in die ASFINAG das Alpenkonventions-Verkehrsprotokoll: Das muss ich zurückweisen, das ist unrichtig. Durch die Aufnahme dieser Straßen wird dieses Verkehrsprotokoll in keiner Weise verletzt, weil hier nur festgehalten wird, dass auf den Bau neuer alpenquerender Straßen verzichtet werden soll. Das ist nicht der Fall. Es handelt sich hier um keine alpenquerenden Straßen. Also ich glaube, wir sind hier durchaus in Übereinstimmung mit der Alpenkonvention, und ich glaube deshalb, dass dieser Vorwurf ungerechtfertigt war.

Abschließend noch zum Thema Hansson-Kurve. Weil die Frau Kollegin Bayr gemeint hat, das wäre verfassungswidrig, halte ich hier ausdrücklich fest: Das ist nicht der Fall. Wir schreiben hier nur die bereits derzeit gehandhabte Praxis im Gesetz fest. Es ist, glaube ich, verständlich, warum wir das machen. (Abg. Bayr: Es wird keine Finan­zierung durch ein einziges anderes Bundesland geben!) Es handelt sich bei diesem Bauprojekt um das bisher teuerste Autobahnprojekt, das in Österreich realisiert worden ist. Hier werden 400 Millionen € auf 2,6 Kilometer in Wien verbaut. Ich glaube, das ist ein großes Entgegenkommen des Bundes gegenüber der Stadt und dem Land Wien, und es ist nur selbstverständlich, dass das Land Wien für diese Straße, die in erster Linie der Gemeinde und den Anrainern dient, einen entsprechenden Beitrag leistet. Und dieser Beitrag wird hier festgehalten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswörter werden zum Glück nicht gewünscht.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz geändert wird, in 1333 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungs­antrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Wittauer, Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­ent­wurfes samt Titel und Eingang abstimmen.


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Die Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen ... (Abg. Scheibner: Wo ist das Croquis?) Bitte, es gibt kein Croquis für die Klubobleute? (Abg. Neudeck: Nur die Opposition hat eines bekommen! – Abg. Mag. Molterer: Nein!) Ist erledigt? Gibt es nun ein Croquis? (Abg. Mag. Molterer: Ja, danke! Erledigt!) Jetzt wollte ich gerade unterbrechen. – Gut.

Die Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Streichung von § 10 Abs. 2 und 3 in Z 16 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Herr Kollege Wittauer (da dieser zwischen den Bankreihen in die Hocke gegangen ist), wie ist Ihr Zeichen? Kauern ist kein Zeichen. (Heiterkeit.) – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher ange­ommen.

Die Abgeordneten Wittauer, Dipl.-Ing. Missethon, Eder, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 26 samt den dadurch bedingten Umnummerierungen und Ziffer 31 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­orlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­ezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für den gegenständlichen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mehrheitlich erteilt. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1370 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einhellig angenommen.

Sogleich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1371 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mehrheitlich erteilt. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1372 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieses Zeichen wird einstimmig erteilt. Der Antrag ist also angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1373 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mehrheitlich erteilt. Der Antrag ist daher angenommen.


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142. Sitzung / Seite 266

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1374 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieses Zeichen wird einstimmig erteilt. Der Antrag ist daher angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1375 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­prechendes Zeichen. Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1376 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dies tun, um ein Zeichen. – Dieses Zeichen wird wiederum einstimmig erteilt. Der Antrag ist somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1377 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

22.12.5022. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1270 d.B.): Bun­esgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion (Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetz) und das Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahngesetz) geändert werden (1379 d.B.)

Präsident Dr. Andreas Khol: Nun gelangen wir zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Böhm mit einer Wortmeldung von 3 Minuten. – Bitte.

 


22.13.21

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­ekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die vorliegende Regierungs­orlage beschäftigt sich mit der Änderung des Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 70/2003.

Wen betrifft dies hauptsächlich? – Die ÖBB-Postbus GesmbH, Eisenbahn- und Seil­ahnunternehmen, jedoch keine Schleppliftbetreiber, sowie Fahrzeuge gemäß See­schiffahrtsgesetz 1981 – ausgenommen sind auch Sportboote –, genauso wie Tele­kom­gesellschaften und hauptsächlich Sozial- und Wohlfahrtseinrichtungen.

Hiebei geht es vorwiegend um die Meldepflicht der vorher genannten Unternehmen im Falle eines Arbeitsunfalles, der nach Geschehen binnen fünf Tagen zu melden ist, und zwar beim Verkehrs-Arbeitsinspektorat. Bisher wurden Arbeitsunfälle durch den Arzt gemeldet. Die Versicherungsanstalten informierten wiederum das Arbeitsinspektorat. Doppelt hält besser: Arzt und Unternehmen müssen gleichzeitig melden.

Das ist übrigens eine Kontrolleinrichtung, die auf Bankenebene, vor allem für gewerk­schaftlich geführte Banken, schon längst hätte eingeführt werden müssen. Diese Einrichtung hätte zum Beispiel den Konkurs der Salzburger Firma Atomic verhindern können. Alois Rohrmoser wurde in den Konkurs geschickt, damit die BAWAG einem Liquiditätsengpass – damals schon! – entgegenwirken konnte.


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142. Sitzung / Seite 267

Waren Sie schon einmal in der Karibik? – Ich nicht, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ: Sie sollten dorthin fahren, Ihre Gewerkschaftsgelder liegen schon dort. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


22.15.03

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich mir vorgenommen, dem Kollegen Böhm Recht zu geben, mich seiner Meinung anzuschließen, aber zu seinem Sidestep zu Atomic und Herrn Rohrmoser darf ich schon aufklärend dazusagen: Herr Rohrmoser ist mit 1,5 Milliarden Schilling in Konkurs gegangen und hat sich auf demselben Wege woanders ein Schloss um 1,5 Milliarden gekauft. Das kann die BAWAG auch beim besten Willen mit dem Geld der kleinen Sparer nicht tolerieren und auch nicht zahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das kommt davon, Herr Kollege Böhm: Jene, die schon 30 Jahre lang in der Politik sind, wissen sicher ein bisschen mehr als jene, die erst fünf Jahre voll dabei sind.

Ich würde aber bitten: Kommen wir wieder zur Tagesordnung! Diese Gesetzesnovelle ist höchst notwendig. Wir haben es gehört, Kollege Böhm hat die Punkte auch angeführt. Es geht um fünf spezielle Punkte, die es zu novellieren gilt. Es ist höchste Zeit, dieses Gesetz aus dem Jahr 1994 jetzt anzupassen.

Die Sozialdemokraten werden dieser Initiative zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.16.21

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Ich muss doch auf Alois Rohrmoser eingehen, da dieses Thema schon wieder hier erwähnt wurde. Natürlich war einiges bei diesem Konkurs nicht ganz in Ordnung, da doch einige Dinge falsch gelaufen sind und Rohrmoser lange um sein Recht gekämpft hat. Leider Gottes ist er dann auch frühzeitig gestorben. Also: Nicht die Dinge verwechseln! Es wäre heute noch untersuchenswert, wie das zustande gekommen ist, denn Atomic war ein erfolg­reiches Unternehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In dieser Gesetzesnovelle ist ein Schwerpunkt enthalten. Diesbezüglich hat uns der zuständige Beamte auch gesagt, dass sie Einnahmen von 4 000 € hatten, jedoch der Verwaltungsaufwand in diesen Bereichen so hoch war, dass das vernachlässigbar ist. Deshalb verzichtet man auf die 4 000 € und nimmt die 50-€-Untergrenze.

Dass jetzt gerade bei dieser Arbeitsrechtsnovellierung die Verkehrslinien mit herein­genommen werden, ist sinnvoll, damit man einen Gesamtüberblick hat.

Wie man sieht, herrscht breiter Konsens: Jeder stimmt dafür; auch wir werden es tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. –Bitte.

 


22.17.40

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Diese Maßnahmen – der Bericht des Arbeitsinspektorats ist immer von solider Qualität – führen zu Verbesserungen. Wir wissen ja auf Grund unserer ausgeprägten Wintertourismuswirtschaft, wie wichtig


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142. Sitzung / Seite 268

Seilbahnen sind, wir wissen, wie sicher sie sein sollen. Es wurde aus den bisherigen Unglücken gelernt. Es wurde jetzt noch gerichtlich einiges unternommen.

Die Basis für ordentliche Untersuchungen sind immer solide Unterlagen, und solide Unterlagen kann das Arbeitsinspektorat bieten. Deshalb sind wir Grüne selbst­verständ­lich für diesen Vorschlag. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mitterlehner: Bravo!)

22.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.18.22

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Änderungen im Bereich des Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetzes sind, wie meine Vorredner betont haben, unbestritten. Wir haben uns darauf schon im Ausschuss im Wesentlichen geeinigt. Hiebei handelt es sich um Anpassungen an das Seilbahn­gesetz 2003, um Anpassungen an die Neustrukturierung der ÖBB und um Anpassun­gen an die neuen schifffahrtsrechtlichen Regelungen.

Positiv zu erwähnen ist die Meldepflicht für Arbeitsunfälle für jene Verkehrsbediens­teten, für die keine gesetzliche Meldepflicht über die Träger der Unfallversicherung besteht. Damit wurde auf den Umstand reagiert, dass es bisher für den Bereich der Beamten der Wiener Linien keine gesetzlichen Meldepflichten für Arbeitsunfälle über die Träger der Unfallversicherung gab.

Die Verkehrs-Arbeitsinspektion ist für die Bereiche Eisenbahn, Post, Schiffe und Flug­zeuge, also für mehr als 136 000 Beschäftigte zuständig. Zu ihren Aufgaben gehören im Wesentlichen die Kontrolle der Verkehrsbetriebe hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen.

Wenn man sich jetzt vor Augen führt, dass in der Reduktion des Bearbeitungs­aufwandes, was wir alle befürworten, der absolut positive Effekt dieser Vorlage liegt, lässt sich auch ermessen, dass nunmehr den ArbeitsinspektorInnen dadurch mehr Zeit für ihre Kernaufgaben verbleibt. Diese Aufgaben liegen in der Weiterentwicklung der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften, der rascheren Behandlung von Projekten, Inspektionen und Kontrollen sowie der Beratung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Meine geschätzten Damen und Herren! Daher darf ich auch die Zustimmung der Sozialdemokraten zu dieser Vorlage kundtun. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Reheis. Auch er wünscht, 2 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


22.20.23

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wenn man die Liste der Seilbahnunglücke in der Vergangenheit anschaut, dann ist fest­zu­stellen, dass es sehr, sehr wichtig ist, dass gerade von Seiten des Verkehrs-Arbeits­inspektorates wesentliche Maßnahmen gesetzt werden, um die Sicherheit der Fahrgäste zu garantieren, vor allem auch, was das Personal, das bei den Seilbahn­gesellschaften angestellt ist, betrifft. So kann in Zukunft einiges vermieden werden. Vielleicht können derartige Unglücke durch eine entsprechend schlagkräftige Arbeits­inspektion hintangehalten werden.

Mit der Änderung des Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetzes wird unter anderem auch auf den Umstand reagiert, dass für bestimmte Bereiche bisher keine gesetzliche Meldepflicht für Arbeitsunfälle im Wege der Träger der Unfallversicherung bestanden


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142. Sitzung / Seite 269

hat. Die vorliegende Novellierung sieht nun für diesen Fall eine Meldepflicht des Arbeitgebers direkt an das Verkehrs-Arbeitsinspektorat vor.

Positiv dabei ist, dass diese Regierungsvorlage nunmehr eine Verwaltungsverein­fachung beinhaltet, die eine Reduktion des Bearbeitungsaufwandes für die Arbeits­inspektorInnen mit sich bringt. Wir werden daher diesem Gesetz und dieser Änderung guten Gewissens zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1270 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird einstimmig erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.23.1223. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1281 d.B.): Akte zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973, zuletzt revidiert am 17. Dezember 1991, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 (1380 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Ich darf die Damen und Herren bitten, Platz zu nehmen, wir haben gleich eine Verfas­sungsabstimmung, das heißt, ich muss ein Quorum von 92 Abgeordneten im Hause feststellen. Es ist nur eine Rednerin zu diesem Punkt gemeldet.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Sie wünscht, 5 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte.

 


22.23.38

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! In dieser Regierungs­vorlage geht es um die Akte zur Revision des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente. Wir sind grundsätzlich für eine Überarbeitung des EPÜ und auch für eine Anpassung an internationale Entwicklungen wie dem TRIPs-Abkommen. Allerdings haben wir bei der damaligen Konferenz in München vor dem Europäischen Patentamt auch unsere massiven Bedenken geäußert, die im Laufe der Jahre noch immer nicht ausgeräumt werden konnten.

Wir haben im Ausschuss darüber diskutiert, ob es auch Patente auf menschliche Organismen und Lebewesen gibt. Dies wurde verneint. Es ist aber tatsächlich so, dass Patente auf menschliche Wesen und Mensch-Tier-Schimären erteilt wurden. Bereits im Jahr 1999 hat das EPA ein Patent auf ein Mischwesen erteilt. Das war eine


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142. Sitzung / Seite 270

australische Firma, die Firma AMRAD, die aus embryonalen Stammzellen von Men­schen, Mäusen, Vögeln, Schafen, Schweinen, Rindern, Ziegen oder Fischen Genteile extrahiert hat und für die Erzeugung von Schimären patentieren hat lassen.

Wir finden, dass diese Form der Patenterteilung zutiefst abzulehnen ist. Das ist auch deswegen erstaunlich, weil das EPA noch im Oktober 2000 öffentlich erklärt hat, dass derartige Patente gegen die guten Sitten verstoßen würden, dass es aber jetzt nichts mehr dagegen machen könne.

Das Gleiche hat sich dann im Februar des nächsten Jahres, also 2000, wieder abgespielt. Da wurde ein Patent auf menschliche Embryonen erteilt. Zuerst hat das EPA das wiederum verneint – aber es wurde tatsächlich festgestellt –, hat dann aber gesagt, dass es sich bei dieser Patentierung um einen Fehler handle. Dieser Fehler könne allerdings nicht rückgängig gemacht werden.

Was sind nun unsere Forderungen? – Unsere Forderungen sind nach wie vor, dass Gene, Pflanzen, Tiere, Menschen und Teile des menschlichen Körpers überhaupt nicht patentiert werden dürfen. Die Mitgliedsländer des Europäischen Patentüberein­kom­mens, wozu auch Österreich gehört, müssen als politische Kontrolle dafür sorgen, dass das Europäische Patentamt keine weiteren Patente auf Leben mehr erteilt. Wir fordern außerdem, dass es eine unabhängige, demokratische und öffentlich nachvollziehbare Kontrollinstanz geben muss, um Vorkommnisse, wie sie sich in den letzten Jahren im Europäischen Patentamt ereignet haben, künftig zu verhindern. Wir werden dies auch weiterhin im Europäischen Parlament mit den europäischen Grünen gemeinsam verfolgen. (Beifall bei den Grünen.)

22.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages, samt den beiden Beschlüssen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001, in 1281 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht darauf, dass Artikel 1 Nr. 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 70 der Revisionsakte verfassungsändernd sind, jedoch nicht die mit diesen neu gefassten oder eingefügten Bestimmungen, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäfts­ordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die notwendige Zweidrittelmehrheit ist gegeben.

22.27.5724. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-185 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/12 (1352 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 



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142. Sitzung / Seite 271

22.28.26

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Ich eröffne den Reigen der Reden zu den Wahrnehmungsberichten des Rechnungshofes mit einem Beitrag zur Kontrolle der Mehrwertsteuer. – So weit ist es klar. (Abg. Neudeck: Das ist für einen Bürgermeister schön, wenn er etwas eröffnet!) – Pass lieber gut auf, lieber Kollege Neudeck!

Allerdings steht dann ein sehr schöner Ausdruck dabei: „Parallel Audit des Rech­nungshofes und der Eidgenössischen Finanzkontrolle“. Also hier wurden zwei Kontroll­instanzen in ihren Ergebnissen miteinander verglichen, und der Gegenstand ihrer Überprüfung waren die Umsatzsteuer und die Mehrwertsteuer. Es sind da ganz interessante Ergebnisse zutage getreten. (Abg. Neudeck: Wie in der Karibik!)

Zum Beispiel: Obwohl der Rechnungshof feststellt, dass die Struktur der Mehrwert­steuer in Österreich und der Schweiz weitgehend gleich ist, haben im Jahr 2003 die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer in Österreich 16,5 Milliarden € betragen, das sind 31 Prozent der Bundeseinnahmen. In der Schweiz waren es 11,3 Milliarden €, das sind 33 Prozent der Bundeseinnahmen. Allerdings: In Österreich haben wir 20 Prozent Mehrwertsteuernormalsteuersatz, und in der Schweiz – man höre und staune! – sind es nur 7,6 Prozent.

Jetzt mag das schon einige Begründungen haben, diese Zahlen sprechen aber doch für sich, und es wäre interessant, Herr Staatssekretär, sich das ausgehend von diesen Ergebnissen einmal sehr viel genauer anzuschauen, spricht doch der Rechnungshof auch davon, dass wir es mit einer sehr hohen Betrugsanfälligkeit zu tun haben und, damit verbunden, sehr hohen Kontrollkosten.

Eine weitere Unterscheidung, obwohl die Schweiz – prozentuell gesehen – eigentlich mehr Umsatzsteuer einnimmt, besteht darin, dass die Kleinstunternehmen in der Schweiz bis zu einem Umsatz von 48 500 € von der Umsatzsteuer befreit sind, in Österreich sind das nur 22 000 €. Man sollte hier der Empfehlung des Rechnungshofes Folge leisten, der da meint, man sollte eine höhere Grenze für die Umsatz­steuer­befreiung auch in Österreich überlegen. Das wäre ein sehr guter Ansatz, darüber nachzudenken. Wem hilft denn das vor allem? Das hilft den kleinen und kleinsten Betrieben, Unternehmungen, die zum Teil auch in unseren ländlichen Räumen dafür sorgen, dass die Nahversorgung noch einigermaßen funktioniert.

Das wäre eine echte Hilfe für unsere kleinen und kleinsten Unternehmungen im ländlichen Raum, wenn man für sie die Umsatzsteuergrenze anheben würde, also die Grenze, ab der eine Umsatzsteuer zu bezahlen ist, nach oben heben würde. Das brächte weniger Verwaltungsaufwand und auch mehr Spielraum in der Kalkulation, um wirtschaftlich überleben zu können. Eine sehr spannende Geschichte, denn ich denke mir, was für die Bauern billig ist, sollte für die kleinen Unternehmer auch gut sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Das wäre eine sehr, sehr interessante Überlegung. Dann könnte sich Herr Grillitsch seine Vorschläge zur Rettung der Nahversorgung und der kleinen Wirte sparen, indem er meint, die Wirte werden überleben, wenn sie Postpartner sind. Die Wirte werden auch dann nicht überleben, weil das kein Geschäft ist. Allerdings wäre die Anhebung der Umsatzsteuergrenze eine echte Hilfe. (Beifall bei der SPÖ.)

22.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ledolter. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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142. Sitzung / Seite 272

22.32.23

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Gaßner hat zum Schluss in einer eher launigen Art darauf hin­gewiesen, dass dieses Parallel-Audit, das der Rechnungshof mit den Schweizer Abga­be­behörden gemeinsam durchgeführt hat, zu durchaus interessanten und verfolgens­werten Ergebnissen gekommen ist.

Ein Resümee daraus geht zweifelsohne in Richtung Betrugsbekämpfung. Und da gibt es sehr wohl Ansätze und Überlegungen, die auch im Finanzministerium bereits angestellt werden, nämlich einerseits die Anhebung der Grenze für die Direkt­ver­rechnung zwischen Unternehmen bezüglich Waren und Dienstleistungen ab einer Höhe von etwa 5 000 €, wie es die Bundesrepublik Deutschland andenkt, oder auch etwa 10 000 €, wie man es sich eventuell in Österreich vorstellen könnte, um zu vermeiden, dass Vorsteuer zu Unrecht lukriert wird und auf der anderen Seite Mehrwertsteuer nicht abgeführt wird.

In eine ähnliche Richtung geht auch dieses Reverse-charge-Modell, wo erst der End­verbraucher zahlt, in erster Linie im Hinblick auf Services und Dienstleistungen. Ein Probebetrieb im Bereich der Bauwirtschaft hat ein Ergebnis von rund 200 Millionen Mehreinnahmen gebracht und könnte auch auf Branchen wie Transport, Reinigung, Pflege und Ähnliches mehr ausgedehnt werden.

In dieselbe Richtung gehen auch Überlegungen betreffend ermäßigte Steuersätze auf Dienstleistungen, auch in Richtung Wohnungsrenovierung und Ähnliches.

Was zweifelsohne auch interessant ist – und insofern ist dem Rechnungshof zu dan­ken für diese wirklich hervorragende Arbeit, die hier gemacht wurde –, sind die Dimensionen der Prüfer und ihre Ergebnisse, wobei nicht übersehen werden darf, dass diese 160 Prüfer in der Schweiz als Bundesbehörde tätig sind, die kantonalen Prüforgane aber nicht mitgerechnet sind. In Österreich sind 1 746 Prüfer, bezogen auf das Jahr 2003, unterwegs gewesen und haben 42 500 Prüfungshandlungen vorge­nom­men, allerdings umfassend und alle Bundessteuern betreffend.

Was ich unterstreichen möchte, ist die Überlegung betreffend Anhebung des Eintritts der Steuerpflicht für die Umsatzsteuer auf etwa 35 000 €. Das wäre eine Maßnahme, die durchaus zweckmäßig und im Sinne einer Wirtschaftsförderung für die KMUs zu sehen ist, wie auch all diese Überlegungen, wie sie schon Karl-Heinz Grasser bei den letzten Tagungen und Zusammenkünften der EU-Finanzminister eingebracht hat, wo es darum geht, die Präsidentschaft im Zeichen von Maßnahmen zur Steueroptimierung zu nutzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege Kogler.

 


22.36.36

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Ganz kann ich mich dem Vorredner nicht anschließen, dass wir jetzt alle möglichen Segmente aufspüren, wo wir gleich wieder Umsatzsteuer-Erleichterungen einführen können und so das ganze System völlig zerfleddern. Die Verlockungen sind natürlich groß.

Aber er hat ein Zweites gesagt: Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass wir hier, nicht im Rechnungshofausschuss, sondern hier im Plenum, eine vernünftige Initiative aufgreifen könnten, wenn wir einfach diese Umsatzsteuergrenze hinaufsetzen


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142. Sitzung / Seite 273

würden, weil in Wirklichkeit kaum ein Steuereinnahmenverlust entsteht, aber für sehr viele Personen ziemlich viel Bürokratie wegfiele.

Auffällig war ja, dass im Bericht selber das Finanzministerium schon eine gewisse Zustimmung signalisiert hat. Die Abgeordneten im Rechnungshofausschuss waren alle noch nicht ganz auf der Höhe der Debatte, habe ich festgestellt. Das ist dann leider auch in der Sendung „Hohes Haus“ vorgeführt worden, im wahrsten Sinne des Wortes. Also ich würde von dieser Stelle aus appellieren wollen, dass sich die Abgeordneten vielleicht besser auf die Ausschussdebatten vorbereiten sollen. – Damit ist auch dieses gesagt. Das war kein Ruhmesblatt. Das war wirklich unangenehm. (Abg. Mag. Mol­terer: Danke, Herr Lehrer! – Abg. Faul: Gilt das für dich auch?) – Ja, aber ich habe den Bericht nicht nur gelesen, ich war am Vortag auch zwei Stunden lang im Rechnungshof und habe mich bei den untersuchenden Beamten genau erkundigt.

Jetzt kann man natürlich sagen, die vorgeschlagene Steuerfreigrenze von 35 000 € ist nicht das Richtige, weil eine andere besser wäre. Aber ich habe wieder eine salo­monische Weisheit des Rechnungshofs entdeckt, denn wenn man genau nachrechnet, kommt man drauf, er hat das arithmetische Mittel zwischen dem sehr niedrigen Betrag in Österreich und dem relativ hohen in der Schweiz herangezogen. Das heißt, bei 22 000 € und 48 000 € liegen wir mit 35 000 € genau in der Mitte. Ich hätte vermutet, dass hier wieder der obligate salomonische Zugang des Rechnungshofes gegriffen hat. Das Finanzministerium hat, wie ich hier lesen kann, gewisse Zustimmung signalisiert.

Das ist aber jetzt noch gar nicht der wirklich spektakuläre Punkt. Der Bericht ist ja für sich und an sich erwähnenswert, und ich stehe nicht an, aus gutem Grund wieder einmal dem Rechnungshof Respekt und Dank auszusprechen dafür, dass diese übergreifenden und vergleichenden Prüfungen überhaupt gemacht werden, auch in einem Segment, das relativ schwierig ist, wie die Bewertung verschiedener Umsatz­steuersysteme und die Vollziehung der Systeme als solche. Also Hut ab! Ich glaube, das kann sich europaweit sehen lassen, auch was Sie gemeinsam mit dem Schweizer – ich weiß gar nicht mehr, wie das dort heißt –, mit dem Schweizer Rechnungshof ... (Rechnungshofpräsident Dr. Moser: Eidgenössische Finanzkontrolle! – Ruf bei der ÖVP: Schlecht aufgepasst!) – Ja, das habe ich mir nicht genau gemerkt.

Es gibt aber einen ganz anderen Zusammenhang ... (Zwischenruf des Abg. Gahr.) Herr Kollege Gahr, Sie geben mir das Stichwort. (Abg. Steibl: Es ist schade um die Zeit, um die Redezeit, wenn man sich das anhören muss!) Es gibt auch noch einen anderen Zusammenhang zwischen der Schweiz und Österreich. Das ist nicht nur die Fußball-Europameisterschaft, das ist nicht nur der vergleichende Rechnungshofbericht, das ist vielleicht auch der Umstand, dass in der Schweiz bestimmte Vorgänge in der Exekutive und Vollziehung dem Parlament offen gelegt werden.

Wir müssen gar nicht auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 warten, denn wir können auch die Weltmeisterschaft und Europameisterschaft danach anschauen. Jedenfalls: Es sind mehrere Parallelen zur Schweiz erkennbar, bloß eine nicht: dem öster­reichischen Parlament gegenüber wird der Vertrag über die Eurofighter nicht offen gelegt!

Damit sind wir nicht nur hinter der Schweiz, nein, wir sind da auch hinter der Bundes­republik Deutschland. In der Bundesrepublik Deutschland ist es Pflicht, dass so etwas sowohl dem Verteidigungsausschuss als auch dem Haushaltsausschuss gegenüber offen gelegt wird. – Und es ist das nicht nur eine Pflicht: Der Haushaltsausschuss genehmigt unter Umständen erst, wenn diese Verträge offen gelegt sind! Nicht so in Österreich! – Aber wir werden ja bald wieder Gelegenheit haben, nämlich beim nächsten Tagesordnungspunkt, darüber weiter zu diskutieren.


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142. Sitzung / Seite 274

Mit der Schweiz und Deutschland noch nicht genug: Auch in Rumänien ist es da wesentlich besser. Der Rüstungskonzern Eurofighter GesmbH respektive die Rüs­tungsteile vom EADS-Konzern haben das in Rumänien offen gelegt: auf Zuruf von Parlamentariern, weil sich diese den Umstand nicht gefallen lassen wollten, dass da bestimmte Sicherheitstechnologien nur mit der Regierung vertragsmäßig vereinbart werden, und sie wollten dem einen Riegel vorschieben. Und im Unterschied zu Österreich waren die Parlamentarier in Rumänien relativ rasch erfolgreich: Binnen kürzester Zeit sind die Verträge von EADS dem Parlament gegenüber offen gelegt worden.

Nehmen Sie sich ein Beispiel – wenigstens an Bukarest! (Beifall bei den Grünen.)

22.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neudeck. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


22.41.50

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Kogler Zensuren verteilt, wie man sich auf den Ausschuss vorbereitet, dann kann auch ich die Zensur verteilen, dass der Eurofighter-Vertrag nichts mit dem jetzigen Thema zu tun hat und dass das nicht zur Sache war. Andererseits: Ich denke, solange der Streikfonds seitens der Gewerkschaft nicht offen gelegt wird und wir nicht erfahren, wohin diese Gelder fließen, wofür man damit haftet, wird man auch damit leben können, dass wir den Eurofighter-Vertrag nicht sehen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich möchte Sie jetzt nicht mit den gleichen Zahlen, die bereits Kollegen dargelegt haben, hier noch einmal behelligen. Ich kann das auch nicht noch einmal „eröffnen“, wie das ein Kollege, der Herr Bürgermeister Gaßner, gemacht hat. Bürgermeister eröffnen ja alles gerne.

Dem Rechnungshof möchte ich jedenfalls zu einem dieser Schritte in Richtung Internationalität danken. Es ist ja nicht nur so, dass durch dieses Parallel-Audit seitens des Rechnungshofes die Grenzen Österreichs sozusagen überschritten werden, son­dern es gibt ja auch noch andere Prüfungen, die der Rechnungshof auf internationaler Ebene durchführen wird. Ich danke Herrn Präsidenten Dr. Moser, ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes für diese wirklich interessante Arbeit.

Kollege Gaßner, eines schon noch: Die Mehrwertsteuersätze wurden unter einer SPÖ-Regierung eingeführt; zuerst hat überhaupt erst eine SP-Alleinregierung dieses System eingeführt. Die Steuersätze wurden unter einer sozialdemokratisch geführten Regie­rung eingeführt, unter einem sozialdemokratischen Bundesminister. (Abg. Mag. Gaß­ner: ... und euch gibt es auch nicht mehr lang!) – Kollege Gaßner, 1972 war ich FPÖ-Mitglied, war ich Jugend-Obmann in Wien. Ich war noch nicht im Parlament, daher: So ein „Fossil“ bin ich auch wieder nicht! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Das BZÖ hat es noch nicht gegeben, aber wir werden uns in 30 Jahren darüber unterhalten, wie lange es das BZÖ dann schon gibt; dann wirst du diesen Zwischenruf vielleicht für das BZÖ noch einmal machen. (Ruf bei der SPÖ: Lustig!)

Es ist so, dass diese Steuersätze unter sozialdemokratischen Bundesministern ein­geführt wurden; damals gab es sogar noch einen Luxussteuersatz mit 30 Prozent. Wir könnten wahrscheinlich auch die Mehrwertsteuersätze wesentlich heruntersetzen, wenn wir im Jahre 2000 nicht einen derart hohen Schuldenberg von Ihnen hätten


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142. Sitzung / Seite 275

übernommen müssen; dann kämen wir wahrscheinlich auch mit den 7,6 Prozent der Schweiz aus.

Ich würde Herrn Staatssekretär Finz bitten, den Herrn Finanzminister zu ersuchen, die Optionsmöglichkeit – diese läuft übermorgen ab – für die Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes, des so genannten Luxemburger Modells, nicht verstreichen zu lassen, denn ich finde, es ist seine Ministerverantwortlichkeit, zu sagen, in seiner Periode führt er das nicht ein. Wenn wir nicht bis 31. März dafür optieren, können wir es bis 2010 nicht einführen. Ich finde es gerecht, wenn der Finanzminister jetzt sagen würde: Das wird nicht eingeführt, solange ich Minister bin, aber ich finde es unbedingt notwendig, dafür zu optieren, um nicht vielleicht einen Nachfolger zu präjudizieren, dass er diese Erleichterung für die Klein- und Mittelbetriebe Österreichs dann nicht einführen kann. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich der Herr Präsident des Rech­nungshofes Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.45.10

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich zunächst sehr herz­lich dafür bedanken, dass von allen vier Fraktionen dieses Hauses diese neue Art der Berichterstattung gutgeheißen wurde und dass ebenso gutgeheißen wurde, dass der Rechnungshof mit dem Rechnungshof anderer Länder – in diesem Falle mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle – Parallelprüfungen durchgeführt hat.

Das ist deshalb für den Rechnungshof von Bedeutung, denn wie Sie wissen, ist es in Zeiten der Globalisierung und der verstärkten internationalen Zusammenarbeit im Rahmen zwischenstaatlicher Verträge so, dass die Aufgabenstellungen der Rech­nungs­höfe immer ähnlicher werden, und es ist auch so, dass bei einer Intensivierung der Zusammenarbeit im Rahmen der EU eine Kooperation der nationalen Rech­nungshöfe notwendig, ja geradezu unabdingbar ist.

Sie wissen, meine Damen und Herren, dass beispielsweise im Bereich grenz­über­schreitender Verkehrsprojekte, bei Projekten zur Erhaltung der Umwelt, in Bereichen, in denen Beschaffungs- und Entwicklungsvorhaben zwischen mehreren Staaten durch­geführt werden, ebenso eine Kooperation zwischen den nationalen Rechnungshöfen unverzichtbar ist wie in Bereichen, wo es tatsächlich zu Einnahmenausfällen wie eben etwa im Bereich der Mehrwertsteuer kommt und Umsatzsteuerbetrug stattfindet.

Der österreichische Rechnungshof hat sich diesen Aufgaben gestellt, wie Sie das ja hier positiv vermerkt haben, nämlich zum einen, dass er auch die EU-Rats­präsident­schaft Österreichs zum Anlass genommen hat, ein Positionspapier zu entwickeln, und zwar in der Form, dass der Rechnungshof Interesse daran hat, dass auch EU-Mittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig verwendet werden.

In den letzten zehn Jahren war der Europäische Rechnungshof nicht in der Lage, einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen, das heißt, dass auf Grund der Mängel, auf Grund von Fehlern im Kontrollsystem ein ordnungsgemäßes Testat nicht möglich war.

In diesem Falle ist es, wie ich meine, auch eine Aufgabe des österreichischen Rech­nungshofes, dass seitens des EU-Nettozahlers Österreich diesbezügliche Initiativen gesetzt werden. Es freut mich jedenfalls, dass gerade die Initiative in Richtung Positionen, wie man tatsächlich das Kontrollsystem in der EU verbessern kann, positiv


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aufgenommen wurde, dass das auf großen Widerhall sowohl in Österreich als auch in der EU insgesamt gestoßen ist.

Zum anderen wurde dieses Parallel-Audit mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle durchgeführt, mit Blickrichtung – das wurde bereits erwähnt – eines systematischen Vergleichs der Außenprüfungen, insbesondere in Bezug auf die Mehrwertsteuer, um so Erfahrungen und Kennzahlen zu gewinnen und daraus im Rahmen des Best Practice zu lernen.

Noch ein wichtiger Punkt, weil Sie ja schon einmal hier, und zwar im Rahmen der ersten Phase, eine Außenprüfung der Finanzämter abgehandelt haben. Das war mit dem Prüfbericht 7/2005, in dem aufgezeigt wurde, wie stark oder gut die Außenprüfung der Finanzverwaltung in Österreich ist. Das Gleiche wurde in der Schweiz gemacht. Diese beiden Prüfungen sind eingeflossen in diese Prüfung, die jetzt in Behandlung steht, um eben aufzuzeigen, wo es Stärken, wo es Schwächen gibt – und vor allem, wo man voneinander lernen kann.

Auch wenn die Zeit jetzt schon etwas fortgeschritten ist, erlaube ich mir, hier doch noch zu sagen: Ich glaube, es ist zweckmäßig, darauf hinzuweisen, wo es wesentliche Unterschiede gibt und in welchen Bereichen die österreichische beziehungsweise die eidgenössische Finanzverwaltung von der jeweils anderen lernen kann.

Angesprochen wurde auch, dass der Eintritt für die Steuerpflicht in der Schweiz mehr als doppelt so hoch wie in Österreich ist. In der Schweiz gibt es eine Eintrittsgrenze für die Mehrwertsteuer ab 48 585 €, in Österreich liegt sie bei 22 000 €. Das führt dazu, dass es in der Schweiz insgesamt 312 000 und in Österreich 1,1 Millionen steuerlich erfasste Betriebe gibt. Das heißt weiters, in der Schweiz gibt es 60 Prozent Kleinbetriebe, in Österreich 92 Prozent.

Vergleicht man das in Bezug auf Großbetriebe, sieht man, dass Österreich da etwas hinterher hinkt: in der Schweiz 38 000 Großbetriebe, in Österreich 18 500.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die Reform der Finanzverwaltung sowie: Wie erfolgt die Erhebung, wie erfolgt die Kontrolle in der Schweiz und in Österreich? Da ist es so, dass in der Schweiz die Außenprüfung, insbesondere bei der Mehrwertsteuer, zentral durchgeführt wird, die Erhebung der Steuern aus Ertrag und Vermögen bezie­hungsweise vom Einkommen wird hingegen von den 26 Kantonen durchgeführt, also dezentral.

In Österreich haben wir eine zentrale Erhebung sowohl der Umsatzsteuer als auch der Einkommen- beziehungsweise Ertragssteuer. In Österreich haben wir 1 500 Prüfer, in der Schweiz, was die Mehrwertsteuer betrifft, 160 Prüfer. Es ist auch so, dass die Kontrolldichte in Österreich wesentlich stärker ist. In Österreich haben wir insgesamt 42 500 Außenprüfungen, in der Schweiz 6 700.

Ein weiterer Vergleich hinsichtlich Prüfungsintervalle: in der Schweiz bei Großbetrieben ein Prüfungsintervall von 19 Jahren, in Österreich von drei Jahren. Was die Prüfungs­intervalle von Mittelbetrieben betrifft: in Österreich 19 Jahre, in der Schweiz 37 Jahre.

Was die Fallauswahl betrifft – auch ein wichtiger Aspekt –, ist es so, dass in der Schweiz die Prüfer mitbestimmen können, welche Fälle tatsächlich einer Prüfung unterzogen werden. Das heißt, der Prüfer bekommt eine Liste mit 200 Fällen aus­gedruckt, und die arbeitet er ab.

In Österreich – ich glaube, das weiß Abgeordneter Puswald auch – ist es so, dass es eine Zeit-, Gruppen- und Fallauswahl gibt (Abg. Mag. Molterer: Ob der das weiß?) und der Prüfer keinerlei Möglichkeit hat, auf das Prüfungsergebnis Einfluss zu nehmen. (Abg. Mag. Molterer: Ob der Puswald das weiß?)


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Es wurde angesprochen, dass es eben, wenn man jetzt dieses Ergebnis im Rahmen des Best Practice vergleicht, zweckmäßig und angebracht wäre, die Mehrwert­steuergrenze bei den Kleinbetrieben anzuheben. Es wurde vorgeschlagen, auf 35 000 €, und es ist auch erfreulich, dass diesbezüglich die Finanzverwaltung aufge­sprungen diese Intention aufgegriffen hat und auch weiterverfolgen wird.

Darüber hinaus – und jetzt kommen wir wieder zur Wichtigkeit, beide Prüfungen durch­zuführen – hat es sich gezeigt, dass in Österreich Umsatzsteuervoranmeldungen erst ab einer Jahresumsatzgrenze von 100 000 € abzugeben sind. Das heißt, da wäre es auch angebracht, um eine risikoorientierte Auswahl durchführen zu können und auch, so wie in der Schweiz, Kleinbetriebe entlasten zu können, dass man auch in diesem Bereich auf der einen Seite die Mehrwertsteuergrenze auf 35 000 € anhebt, gleichzeitig aber vorsieht, dass Umsatzsteuervoranmeldungen früher, oder auch unter 100 000 €, abgegeben werden, um damit effizienter und zielgerichteter prüfen zu können.

Ich verweise darauf, dass allein die Außenprüfung der Finanzämter ergeben hat, dass bei zwei von drei Umsatzsteuerprüfungen das Prüfungsergebnis weniger als 3 600 € betragen hat; das heißt, man hat Fälle ausgesucht, die nicht sehr effizient waren. Dies wahrscheinlich deshalb, weil man nicht die Daten zur Verfügung hatte, um dementsprechend eine risikoorientierte Auswahl durchführen zu können.

Als Letztes möchte ich noch darauf hinweisen, dass den Mitarbeitern des Rech­nungshofes gedankt wurde. Ich möchte diesen Dank auch weitergeben und mich ebenfalls bei den PrüferInnen bedanken. Insbesondere möchte ich mich auch – und ich hoffe, Sie gestatten das – bei dem Kollegen aus der Schweiz bedanken, der durch seine konstruktive Zusammenarbeit sicherlich auch maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Erfahrungen gerade aus diesem Parallel-Audit als überaus positiv bewertet werden können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

22.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 3 Minuten Redezeit. (Abg. Neudeck – zu dem sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Puswald –: Jetzt musst du beweisen, dass du es verstanden hast!)

 


22.52.23

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes, danke für die hohe Qualität und den Stil Ihrer Ausführungen. Herr Staatssekretär, wir können uns das von Ihnen und Herrn Finanz­minister Grasser nur wünschen. Ich fürchte, dass dieser Wunsch ungehört bleiben wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Donabauer: Red zur Sache, Puswald!)

Der Rechnungshof hat aber im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt auch, und zwar auf mehreren Seiten, den Einfluss auf Aufsichtsrats- und Vorstands­bestel­lungen, die Einflussnahme bei der Gestaltung von Vorstandsverträgen und bei der Vor­sitzführung im Aufsichtsrat kritisiert und diesbezüglich auf enorme Mängel hinge­wiesen. Der Rechnungshof hat weiters den direkten Durchgriff auf wesentliche Posten­besetzungen kritisiert (Abg. Neudeck: Bei welchem Thema sind Sie jetzt? – Das ist der falsche Tagesordnungspunkt!), eine intransparente Handhabung dieses dort gefun­denen Konflikts, die den gesamten Ablauf geprägt hat. Der Rechnungshof kritisiert in diesem Bericht enorme nicht notwendige Beratungskosten (Staatssekretär Dr. Finz: Das ist der falsche Tagesordnungspunkt! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) und vor allem eine nicht nur ein Kompetenzvakuum verursachende, sondern auch eine nachhaltige und tief greifende Beeinträchtigung der positiven Unternehmensentwicklung darstellende Ges-


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tion. (Abg. Neudeck: Kollege, du hast die falsche Rede! – Staatssekretär Dr. Finz: Das ist der falsche Tagesordnungspunkt!)

Die Rede stimmt schon, und das Erstaunliche ist – Sie werden wahrscheinlich gedacht haben, ich rede von der BAWAG –: Nein, wir reden vom Herrn Finanzminister (Beifall bei der SPÖ), der hier beim Konferenzzentrum in einer Weise Einfluss genommen hat, die heute, wie wir gehört haben, von Ihnen laufend kritisiert worden ist. Das heißt mit anderen Worten: Da ist kein rotes Netzwerk, sondern das ist ein Grasser’sches Netzwerk, das einer ganz genauen Durchleuchtung bedarf – Kollege Matznetter hat es heute schon angeführt. (Abg. Neudeck: Wir sind beim Parallel-Audit!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Neudeck, melden Sie sich zu Wort! Diese ständige Sequenz der Zwischenrufe mögen wir nicht.

Am Wort ist der Redner!

 


Abgeordneter Dr. Christian Puswald (fortsetzend): Wenn sich Kollege Neudeck so aufregt, dann verstehe ich das schon, denn wir haben in letzter Zeit beredte Beispiele einer „wunderbaren“, Herr Klubobmann Molterer, schwarz-blau-orangen Wirtschafts­politik erlebt, vor allem, wie jetzt hervorkommt, im Fall der Panzerbeschaffung des schwarzen Ministers Fasslabend, wo wirklich Millionen an Steuergeldern in den Sand gesetzt wurden (Abg. Mag. Molterer: ... Eurofighter finanziert!), oder der Eurofighter – danke, Herr Klubobmann Molterer! –, wo dem Steuerzahler Milliarden Euro abverlangt werden, die nirgends hereingebracht werden – entgegen dem, was Ihre Partei ankün­digt.

Da hat also die schwarze und orange-blaue Reichshälfte wirklich demonstriert, dass sie in der Wirtschaftspolitik an allen Ecken und Enden versagt hat. Und es geht bis zur Stadt Klagenfurt, wo Ihre schwarzen Freunde vom Rechnungshof im höchsten Maße in ihrer Finanzpolitik kritisiert werden. (Abg. Mag. Molterer: Ich sage nur: BAWAG!)

Und wann immer Sie „BAWAG“ sagen, Herr Klubobmann Molterer (Abg. Mag. Molterer: Dann fällt Ihnen nichts mehr ein!), schauen Sie einfach auf die schwarze Seite, denn es gibt dort auch genug Schwarze, die dabei sind, zum Beispiel einen Herrn Dr. Koren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Den hat aber heute extra wer gelobt, hab’ ich gehört!)

22.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. 2 Minuten. – Bitte.

 


22.55.26

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Mein Kollege Puswald hat offensichtlich das Thema verfehlt. Wir reden hier zum Parallel-Audit, und in diesem Zusammenhang darf ich dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes zu diesem Bericht gratulieren, der mich immer wieder darin bestätigt, dass höhere Steuern unter Umständen gar nicht höhere Erträge bringen. Die ÖVP war immer wieder Vorreiter, wenn es darum gegangen ist, die Betriebe zu entlasten. Ich darf Sie daran erinnern: Bei der Einkom­mensteuerreform 1989 wurde von einer Unternehmensbesteuerung, die ursprünglich über 70 Prozent ausgemacht hatte, ausgegangen, und nun mit der Körperschaftsteuer auf 22 Prozent abgesenkt, was uns vielleicht mittelfristig einige Steuerausfälle bringt, aber langfristig sicher die Steuereinnahmen sichern wird.

Genauso wird es sich auch bei der Umsatzsteuer verhalten, und ich muss hier wirklich feststellen, dass die niedrigen Steuersätze in der Schweiz, beispielsweise der Normal­steuersatz von 7,6 Prozent, der Umsatzsteuersatz von 20 Prozent, bei Lebensmitteln


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2,4 Prozent – bei uns sind es 10 Prozent –, bei Beherbergungen 3,6 Prozent – bei uns 10 Prozent –, auch dazu führen, dass verhältnismäßig die gleichen Prozentsätze der Gesamteinnahmen hereinkommen.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn diese Umsatzsteuergrenze auf 35 000 € ange­hoben würde, weil das ein wichtiger Schritt vor allem zur Verwaltungsentlastung un­serer Betriebe wäre. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Prinz. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


22.57.17

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zum Inhalt des Parallel-Audits ist eigentlich schon alles gesagt worden, lieber Kollege Christian Puswald; du hast bei deinen Ausführungen nur den falschen Rechnungshofbericht erwischt! Ich will jetzt der SPÖ ersparen, noch einmal das Thema vom Nachmittag anzuschneiden und über die SPÖ-Wirtschaftspolitik im Zusammenhang mit BAWAG, ARBÖ und der­gleichen zu diskutieren; ich glaube, das wäre müßig.

Es ist wirklich dem Rechnungshof für die Anregungen zu danken, und es geht darum, dass man sich den Anregungen nähert, und zum anderen, glaube ich, sind inter­nationale Vergleiche durchaus positiv. Und man sieht ja, dass Gott sei Dank die Steuermoral in Österreich sehr positiv ist, damit wir uns zum Beispiel eine sehr gute Politik für Familien und Kinder leisten können. Oder denken wir an die hohe Sozial­quote und den Bereich der Sozialausgaben: Auch hier ist Österreich vorbildlich, und das ist sehr wertvoll.

In diesem Sinne sind Vergleiche immer wieder positiv, damit man Anregungen für die Zukunft erhält. Danke dem Rechnungshof dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-185 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird ... (Zwischenruf des Abg. Dona­bauer.)

Herr Abgeordneter Donabauer! Wir sind mitten in einem Abstimmungsvorgang, und da kann man nicht Wortmeldungen machen! (Abg. Scheibner: Das sind ja nur Zwischen­rufe!)

Ich beginne neuerlich mit dem Verlesen des Abstimmungstextes:

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-185 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird von der Mehrheit des Hauses erteilt. Der Bericht ist angenommen.


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22.59.19 25. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-146 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes, Reihe Bund 2005/4 (1354 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 25. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Faul. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.59.49

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nachvollziehen, dass sich Kollege Puswald schon ein bisschen auf den nächsten Tagesordnungspunkt eingeschossen hat, denn da Sie, Herr Staatssekretär, sich heute mit dem Finanz­minister hier hergestellt und sich als die Saubermänner der Republik aufgespielt haben, muss man Ihnen diesen Skandal, den Umbau des Austria Centers zum Karl-Heinz-Grasser-Center schon auch einmal vor Augen führen. (Ruf bei der ÖVP: Rede einmal zur Sache!) Das ist in Wirklichkeit das Strickmuster der blau-schwarzen bezie­hungsweise orange-schwarzen Regierung, das sich durchzieht: durch die Bundes­immobilien, durch die Museen, durch die Bundesbahnen, durch die ASFINAG. Immer das gleiche Motto: Es kann kosten, was es wolle – die Hauptsache ist, es dient den Freunden! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Beim Austria Center war es in Wirklichkeit auch so: Man hat den alten Aufsichtsrat entfernt, man hat sich aus den Freunden neue Aufsichtsräte gesucht, und den besten Freund, Rupperti, hat man noch zum Aufsichtsratsvorsitzenden gemacht. Er war ein Garant dafür, dass auch andere Freunde, die sich schon in der Homepage-Affäre verdient gemacht haben, dann auch die Aufträge bekommen haben, die sie wollten – in unbedingter Höhe, ohne Ausschreibung, mit mündlichen Beauftragungen.

Die Spitze war dann letztlich, als man mit dem Zehnder-Boss Kappl einen gefunden hat, den man ohne Ausschreibung und mündlich beauftragt hat, einen Vorstands­vorsitzenden zu suchen beziehungsweise zu ermitteln. Und die Spitze dabei war, dass sich der Aufsichtsratsvorsitzende in letzter Konsequenz zum Vorstand gemacht hat – wieder ohne jede Ausschreibung und wider jede Logik: Er war es einfach! Er hat sich überlegt, dass er das eigentlich selbst machen möchte, und das ist auch so angenom­men worden, weil es eben Karl-Heinz Grasser so gepasst hat.

Aber jetzt kommt noch das Beste, Kollege Neudeck: Kaum war er Vorstand, hat er sich das Gehalt um das Dreifache erhöht – ganz allein als Vorstand mit seinen Kollegen –, er hat sich den Kündigungsverzicht selbst ausgesprochen – eine Ungeheuerlichkeit! –, er hat sich eine Wertanpassung seines Gehalts herausgenommen – das ja schon in unbeschreiblicher Höhe war! Und weil auch das noch zu wenig ist, hat er sich noch eine Heilkosten-Versicherung mit 3 000 € selbst zugesprochen. Ich meine, das schlägt ja dem Fass den Boden aus!

Er hat sich die Kasko-Versicherung für seinen Privat-PKW übernehmen lassen, und dann hat er sich noch Sachzuwendungen zukommen lassen, wo bis heute nicht einmal der Rechnungshof draufgekommen ist, um welche Sachzuwendungen es da gegangen ist; er hat es zumindest bezweifelt. – Und das war für einen oder für zwei Leute ganz normal: für Karl-Heinz Grasser und für Staatssekretär Finz. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Kollege Faul! Gibt es da eine Strafanzeige?)

23.02



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.02.46

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Kollege Faul, der Vorstandsposten wurde sehr wohl ausgeschrieben, und Herr Aufsichtsratsvorsitzender Rupperti hat sich beworben. – Also bleiben Sie bei der Wahrheit!

Obwohl Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die Sachlage wieder einmal anders sehen und schlecht machen und alles skandalisieren, möchte ich schon, dass Sie auch auf den Rekordumsatz von 15 Millionen € im Jahr 2005 für das Austria Center Vienna oder für das Konferenzzentrum eingehen (Abg. Parnigoni: Märchenstunde!) – dies kann man nämlich als äußerst positiv bezeichnen. Im vergangenen Jahr wurden 146 Veranstaltungen mit 300 000 Besucherinnen und Besuchern im Austria Center Vienna durchgeführt (Abg. Faul: Das hat es ja vorher auch schon ...!) – das ist ein Plus von 9 Prozent. Vorher gab es nur negative operative Ergebnisse, und jetzt, in den letzten zwei Jahren, sind es durchwegs positive Ergebnisse. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Mit 15 Millionen € Umsatz liegt das Austria Center immerhin unter den Top 3 in Europa. Und bedenken Sie: 60 000 von 300 000 Besuchern kamen aus dem Ausland, und für Wiens Tourismus – Wien ist ja unbedingt rot regiert – bedeutet das eine enorme Wertschöpfung. Mindestens ein Drittel jener 390 Millionen €, die der Ver­anstaltungstourismus der Stadt Wien laut Kongress-Statistik im Vorjahr gebracht hat, wurde vom Austria Center lukriert. – Ich weiß nicht, warum Sie immer auf diesem Bestellungsvorgang herumreiten. (Ruf bei der SPÖ: Weil es eine Schweinerei war!)

Es ist ja erfreulich, wenn Sie immer in die Vergangenheit schauen, weil man aus der Vergangenheit natürlich etwas lernen kann, aber Sie sollten auch in die Zukunft schauen! Einigen Empfehlungen beziehungsweise Kritikpunkten des Rechnungshofes wurde nämlich bereits nachgekommen.

Vergleichen Sie, wie gesagt, mit der Vergangenheit und mit den Ergebnissen der Vergangenheit: Da sieht es jetzt zumindest besser aus, wie der Vergleich des Rechnungshofberichtes 1992 – mit den Resultaten der hohlen Ankündigungen und fehlerhaften Entscheidungspolitik der SPÖ zum damaligen Zeitpunkt – zeigt.

Wien ist eine der führenden Kongressmetropolen der Welt geworden. Dieser Erfolg ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis professioneller Bemühungen in diesem Bereich, und der Betrag, den das IAKW dafür erbringt, sollte uns schon ein Lob wert sein.

Herr Vorstand Rupperti hat uns gezeigt, wie man, wenn man aus der Touris­musbranche kommt, wirklich die Geschäfte führt und wie man operative Ergebnisse in den positiven Bereich bringt. – Leugnen Sie es, es stimmt aber nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

23.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Werner, eine Strafanzeige ...!)

 



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23.05.53

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht ganz sicher, ob die Erregung von vorhin angebracht war und ob über irgendwelche Wirtschaftsdaten im Tourismusbereich die Referenz zu dem hier vorliegenden Bericht zu finden ist.

Ich glaube, wir haben hier eine ganz andere Referenz zu begutachten, nämlich die klassische Grassersche Postenbesetzungs-Referenz, und die geht so – da muss man jetzt wirklich nachdenken (Abg. Scheibner: Das ist schon schwer um diese Zeit!), damit man alle Ingredienzien beisammen hat und wieder richtig so aneinander reiht, dass die Geschichte überhaupt nachvollziehbar wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... morgen in der Früh!), weil sie an sich unfassbar ist. Die Geschichte geht so (Abg. Neudeck: Geh auf deinen Platz zurück – und dann nicht mehr hinaus!):

Es gibt einen Aufsichtsratsvorsitzenden (Ruf bei den Freiheitlichen: Bei der BAWAG!), der schon einmal der Freund von Grasser ist; da fangen wir schon an. – Nein, den haben Sie in Kärnten gefunden, dort treffen sich bekanntlich auch Freunde – „Urlaub bei Freunden“ –, und aus dieser Ecke ist ja dieser Herr, der Aufsichtsratsvorsitzende, gekommen. Und der war dann unterwegs und hat monatelang und monatelang und noch einen Monat lang geeignete Manager für den Vorstand dieses herausragenden und zugegebenermaßen wichtigen Unternehmens gesucht.

Jetzt müssen wir die Beratungssituation einführen, nicht? – Das ist ja dieser Bun­desregierung auf den Leib geschnitten! Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, wo Sie gerade Ihren Berater kleben haben. Unter dem Sessel vielleicht? – Noch schaut er nicht hervor. – Jetzt kommt also der Berater ins Spiel, aber nicht so, wie es vielleicht gerade noch duldbar, allenfalls wünschenswert wäre, nämlich dass der Berater durch eine Ausschreibung herangezogen würde, weil er sich eben in einer Ausschreibung als bester Berater erweist, nein! – Solche hat es auch gegeben, nicht? Drei, vier Berater haben sich auf Grund irgendeines Rundrufs eben beworben, aber just zwei Beraterinstitutionen sind nachnominiert worden, wie es im Bericht so schön heißt. (Abg. Scheibner: Ach geh?)

Ja, ja! Und von wem? – Von jenem Aufsichtsratsvorsitzenden (Abg. Scheibner: Wie heißt denn der?), der mittlerweile sowieso schon ein halbes Jahr oder ein Drei­vierteljahr an dieser Stelle den besten Vorstand sucht!

Und jetzt hat er da eine Beraterfirma, die Folgendes vorschlägt: Weißt du was, Vorsitzender? (Abg. Scheibner: Also wie heißt der?) Das ist jetzt so: Wir haben da eigentlich lauter Deppen, und es gibt eigentlich nur einen wirklich guten Vorstand, und der bist du! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Danke!) – Und jetzt hat es sich wieder positiv gefügt, dass der, der ihm das erklärt, derjenige war, den er ausgesucht hat.

Und das ist das System Postenbesetzung und Postenberufung à la Grasser! Dieses Prinzip ist 1 : 1 durchgezogen, und am Schluss ist wirklich das herausgekommen! (Abg. Scheibner: Das ist uns heute schon zu kompliziert!) Am Schluss – Kollege Neudeck amüsiert sich, der weiß das sowieso genau – ist es so gewesen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gibt’s da eine einfachere Variante?), dass der Aufsichtsratsvorsitzende, der jetzt mittlerweile schon ein Jahr lang gesucht hat, endlich einen gefunden hat – nämlich sich selbst! Der beste Vorstandsvorsitzende, den es geben kann, ist er selbst – ein Freund von Grasser!

Jetzt brauchen wir natürlich wieder einen Aufsichtsratsvorsitzenden, denn eine solche Leuchte will ja ersetzt werden, nicht? Der hinterlässt ja eine Lücke, das muss man einsehen!


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Als Aufsichtsratsvorsitzender ist jetzt einer gekommen, der die meiste Zeit in Spanien Golf spielt. Aus diesem Grund sind auch die Aufwendungen für die Aufsichts­rats­sitzungen explodiert: weil sie den jetzt dauernd von Spanien einfliegen müssen – für die Aufsichtratssitzungen. (Abg. Scheibner: ... hat vielleicht den besseren Wein!) Und auch da ist nicht ganz klar, was jetzt wirklich die Kompetenzen und die Ausweise sind.

Der Zusammenhang mit der Offenlegung der Eurofighter-Verträge ist Folgender: Dieses Konferenzzentrum, das ohne diese Manager offensichtlich nicht auskommt, ist eine reine Veranstaltung für Trockenschwimmen. (Abg. Neudeck: Das hat Liech­tenstein auch schon einmal probiert!) Sie brauchen ein paar Flieger in der Luft, weil sonst die Bilanzen nicht mehr stimmen und niemand mehr zum Kongress kommt. Das haben Sie uns erklärt: Es kommt niemand zum Kongress, wenn wir nicht im Jahr 2007 – verspätet aber doch – diese Kampfflugzeuge namens Eurofighter bekom­men. (Abg. Scheibner: Frau Präsidentin, kann man da nicht einmal etwas machen?)

Jetzt frage ich Sie: Wenn all das so wichtig und so dramatisch ist, auch für das Konferenzzentrum, warum wird dann diesem Parlament jener Vertrag, der diesen Beweis der Wichtigkeit vielleicht unterstützen könnte, nicht offen gelegt. Es ist anders als in der Schweiz, anders als in Deutschland (Abg. Scheibner: Es geht nur um den Kongress!), vermutlich anders als in Albanien, jedenfalls aber anders als in Rumänien. Wir sind hier in der Gegenwart! Schönen Abend! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Es geht nur um den Kongress!)

23.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.11.15

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Kollege Kogler, ich frage mich, was geben die Leute im Rechnungshof aus, wenn du dort stundenlang sitzt und dich erkundigst. Irgendwie muss es dort eine Quelle geben für gut wohlfühlen. Ich werde mich vor dem nächsten Rechnungshofausschuss auch im Rechnungshof bei den Beamten vergewis­sern, ob ich den Bericht richtig verstanden habe, Kollege Kogler, dann kann ich es vielleicht auch so gut darbringen. (Abg. Mag. Kogler: Das wäre sicher hilfreich!)

Ich komme nun zur Sache: Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte. Wenn man negieren würde, dass der Bestellungsvorgang um den Vorstand Rupperti bei der IAKW nicht der eleganteste der letzten Jahre war, dann würde man die Arbeit des Rech­nungshofes sehr minder schätzen. Und das möchte ich nicht, weil ich der Meinung bin, dass der Rechnungshof sehr gute Arbeit leistet. Die Opposition muss beziehungsweise möchte halt manchmal etwas herauslesen, was auch gerechtfertigt ist. Aber über den Bestellungsvorgang, würde ich sagen, decken wir den Mantel des Schweigens. (Abg. Parnigoni: Ah so! Auf einmal!) – Nicht auf einmal, das habe ich im Ausschuss auch schon gesagt, da haben Sie nicht zugehört, wenn Sie anwesend waren, Kollege. (Abg. Parnigoni: Ich bin nicht im Rechnungshofausschuss!) Ich habe das auch im Aus­schuss als nicht elegante Bestellung bezeichnet. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich habe auch darauf bestanden, dass wir mit ... (Abg. Parnigoni: Sie wollen über alles den Mantel ausbreiten!) – Nicht über alles, ich hätte ihn gerne über Sie gestülpt, aber das nützt leider nichts, das wäre sehr gut, aber es geht nicht.

Aber wir haben darauf bestanden, dass wir mit Vorstandsdirektor Rupperti im Aus­schuss ein Gespräch führen können, und wir konnten uns im Ausschuss davon über­zeugen, dass er erstens ein sehr guter Verkäufer seiner Person und zweitens auch des Konferenzzentrums ist. Er kann sich sehr gut darstellen, und er hat auch gute Zahlen geliefert. Auch der Rechnungshof sagt, dass die Zahlen des Jahres 2004 wesentlich


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besser waren als die Zahlen davor. Wir haben uns dann geeinigt, dass wir in die Zukunft schauen. Rupperti hat auch einen Ausblick auf die Zukunft des Konferenz­zentrums gegeben.

In diesem Zusammenhang darf man auch darauf hinweisen, dass zum Beispiel die Kosten für die Asbestproblematik im Konferenzzentrum durch die Tätigkeit von Rupperti von 55 Millionen auf zirka 24 Millionen – ich sage deshalb zirka, denn um diese Summe wurde es vergeben, es kann sein, dass noch etwas auftaucht und es ein bisschen mehr wird – reduziert wurden, also da wurde ein wesentliches Einsparungs­potenzial von ihm ermöglicht.

Ich glaube, dass man, so wie ich es gesagt habe, über die Bestellung den Mantel des Schweigens breiten kann, dass wir aber mit der Arbeit von Rupperti im IAKW bisher zufrieden waren. Und ich hoffe, dass auch in Zukunft die Kongresse so zahlreich dort stattfinden werden und wir weiterhin ein positives Ergebnis gewärtigen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Staatssekretär Dr. Finz hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


23.14.35

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern bei Aktiengesellschaften gemäß Aktiengesetz allein der Aufsichtsrat zuständig ist. Die Hauptversammlung ist also nicht zuständig, damit hat auch der Eigentümer beziehungsweise dessen Vertreter keine unmittelbare Einflussnahmemöglichkeit. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Auf Grund der aktienrechtlichen Bestimmungen ist es auch dem Vorsitzenden eines Aufsichtsrates freigestellt, sich um die Funktion des Vorstandes zu bewerben. Oder können Sie mir eine Bestimmung nennen, wonach das verboten wäre?

Eine Überschneidung der Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates und als Vor­stand lag zu keinem Zeitpunkt vor. (Abg. Dr. Jarolim: Weihnachtsmärchen!) Herr Rupperti wurde als Ergebnis eines Hearings, dessen Jury (Abg. Faul: Die er selbst zusammengestellt hat!) unter anderem aus Mitgliedern des Aufsichtsrates und des Betriebsrates zusammengesetzt war, als bestgeeignetster Kandidat einstimmig – einstimmig! – zum Vorstand bestellt. Bereits im ersten Geschäftsjahr konnte er den Umsatz von budgetierten 8,9 Millionen € auf 9,8 Millionen € steigern. – Herr Abgeord­neter Faul, es gibt also überhaupt keinen Hintergrund für Ihre Beschuldigungen, die Sie hier erhoben haben. Es war eine objektive Bestellung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

23.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.16.22

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wie nicht anders zu erwarten war, zeugt wieder einmal ein Rechnungshofbericht von willkürlichen und unerhörten Vorgängen bei Postenbesetzungen im Verantwortungsbereich dieser Bun­desregierung. Wieder einmal wurden Vorstandsverträge üppig ausgestaltet und wurde gegen das Stellenbesetzungsgesetz und natürlich gegen die Vertragsschablonen­verordnung verstoßen. (Abg. Dr. Jarolim: Rechtswidrigkeit!) Der Rechnungshof zerzaust zu Recht diese Verträge.


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Was sagte zum Beispiel der ÖVP-Rechnungshofsprecher, Kollege Gahr, zu diesen Vorwürfen des Rechnungshofes? – Er sagte: Gute Manager kosten! Was sagte Kollege Neudeck dazu in einer Ausgabe des „Kurier“? – Er sagte: Ich stoße mich nicht daran, dass es mehr hoch bezahlte Manager und dafür immer weniger Beschäftigte gibt! – Das ist eine sehr bemerkenswerte Aussage eines Regierungspolitikers. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das gehört zum nächsten Tagesordnungspunkt! – Abg. Scheibner: ARBÖ!)

Ich muss dir aber ausnahmsweise zu einer ebenfalls gegenüber dem „Kurier“ gemach­ten Aussage gratulieren. Darin sagt Kollege Neudeck, es sei ihm klar, dass man guten Managern Gehälter bieten muss, wie sie in gleichartigen Betrieben der Privatwirtschaft gezahlt werden (Abg. Scheibner: Aber nicht so viel wie beim ARBÖ!), denn sonst bekommt man nur Leute aus dem politischen Ausgedinge oder erfolglose Wirtschafts­leute. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gut, dass die BAWAG-Manager solche Gehälter gehabt haben!) Na, bravo! Da schlägt die tiefe Erkenntnis und die reichhaltige Erfahrung aus Postenbesetzungen durch ÖVP und BZÖ während ihrer Regierungszeit durch. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das ist der falsche Tagesord­nungs­punkt!)

Zur Auffrischung darf ich ein paar Spezialisten zum Thema qualifizierte und gut bezahlte Manager mit sehr niedriger Hemmschwelle beim Abkassieren und beim wenig Leisten in Erinnerung rufen – Stichwort: gute Manager kosten –: Direktor Seipel, Gilbert Trattner, Kandlhofer, Hirschmann. Und zu nennen ist auch Seibersdorf als Sammel­stelle für lauter solche Spezialisten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Falsche Rede!)

Aber mit Sicherheit ein besonderes Schmankerl ist die Bestellung zum zweiten Vorstandsposten beim Internationalen Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien. Es wurde dies schon mehrfach ausgeführt: Ein Aufsichtsratvorsitzender schlägt sich selbst dafür vor, handelt mit sich selbst den eigenen Vertrag aus, engagiert mündlich zusätzlich noch einen externen Berater um 32 000 €. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Falsche Rede!) Das ist mit Sicherheit ein ganz besonderes Glanzstück von objektiver, fairer und qualifizierter Personalauswahl à la ÖVP/BZÖ. Dass sich der Aufsichtsrat nicht einmal bemüht hat, die einzelnen Bewerber unter Vorlage der vorschriftsmäßigen Unterlagen zu vergleichen, und es vom heutigen Vorstandsdirektor gar keine vor­schrifts­mäßige Bewerbung gibt, ist ein echter Skandal, den die Regierungsfraktionen zu verantworten haben.

Meine Damen und Herren! Seit Antritt dieser Bundesregierung sind wir permanent mit solchen Vorgängen konfrontiert, und trotz der immer wieder kehrenden Bemängelun­gen, aufgedeckt durch den Rechnungshof, nehmen die Damen und Herren der Bundesregierung das nicht ernst und entwerten somit die wichtige und wertvolle Arbeit des Rechnungshofes. Es ist dies eine unglaubliche Geringschätzung und vorsätzliche Missachtung der Arbeit des gesamten Rechnungshofes. Wir von den Sozialdemo­kraten, Herr Präsident, schätzen die Arbeit des Rechnungshofes und des gesamten Teams. – Danke für Ihre Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

23.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.19.43

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Krist, wenn du von einem absoluten Skandal sprichst, dann muss ich sagen: Wir finden diesen Skandal derzeit nur bei der BAWAG und im ÖGB und sonst nirgends! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Noch einmal ganz kurz zur Diskussion um die Person Thomas Rupperti und seine Bestellung. (Abg. Mag. Kogler: Das war die überraschende Pointe!) Ich habe als Abgeordneter in zwei Ausschüssen Herrn Rupperti als Experten und Auskunftsperson kennen gelernt. Die Zahlen, Fakten und auch verschiedenste Unterlagen sprechen absolut für diese Bestellung. (Abg. Mag. Kogler: Er hat irgendwelche geheimen Informationen!) Herr Rupperti wirkte außerdem bei seinen Antworten und in seinem Auftreten als äußerst kompetenter und fähiger Fachmann. Er ist meiner Meinung nach für die Position des Vorstandes des Konferenzzentrums Wien absolut geeignet, und die Geschäftszahlen belegen dies auch ganz eindeutig.

Bereits im ersten Jahr seiner Tätigkeit konnte durch den neuen Vorstand der Umsatz gesteigert werden. Das Jahr 2005 war eines der erfolgreichsten Jahre in der Geschichte des Hauses. Herr Rupperti gilt als anerkannter Experte dieser Branche und hat sowohl nationale als auch internationale Erfahrung. (Abg. Dr. Jarolim: Das nützt jetzt alles nichts!) Seine Bestellung war rechtlich in Ordnung, und er ist als der am besten geeignete Kandidat einstimmig aus dem Hearing hervorgegangen.

Besonders wichtig ist auch, dass alle aufgetauchten Fragen in diesem Bericht im Rahmen der Diskussion und der Expertenbefragung beantwortet und zahlreiche Anre­gungen des Rechnungshofes für Verbesserungen aufgenommen wurden. Das ganze Umfeld um den nationalen und internationalen Konferenz-Tourismus spielt in Öster­reich und vor allem auch in Wien eine ganz große Rolle und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Entscheidend ist Folgendes: Der Konferenztourismus sichert Arbeitsplätze, weist eine hohe Umwegrentabilität auf und sichert dadurch wichtige Steuereinnahmen für Öster­reich. Daher bitte ich im Sinne dieses erfolgreichen Konferenzzentrums in Wien um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoscher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.22.04

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Die Feststellung des Rechnungshofes, dass sich sozusagen Aufsichtsratsvorsitzende selbst zum Vor­stand bestellen, spricht Bände und macht es erklärlich, warum Kollege Neudeck den Mantel des Schweigens darüber breiten möchte. Diesen Gefallen werden wir Ihnen, Herr Abgeordneter, sicherlich nicht tun. (Zwischenruf des Abg. Schöls.) Auch die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs sind durchaus bezeichnend. Ich denke, das mag vielleicht auch einer der Gründe gewesen sein, warum Sie wieder auf Ihren Staatssekretärsposten zurückgekehrt sind und in Wien nicht mehr Ihre Tätigkeit als Landesparteivorsitzender der ÖVP ausüben. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu später Stunde auch noch einige Worte von mir als Tourismussprecher zur Bedeu­tung des Konferenzzentrums: Im Tourismusbereich ist, wie bereits erwähnt wurde, eine sehr große Wertschöpfung gegeben. Fünfmal mehr als bei normalen Gästen wird da eingenommen, nämlich 435 € pro Tag. Und es ist besonders wichtig, dass Freizeit­forscher davon ausgehen, dass gerade beim Kongress-, beim Tagungstourismus große Wachstumschancen gegeben sind. Das ist umso bedeutender für uns in dieser Branche, da es sich dabei um Ganzjahresarbeitsplätze handelt, also etwas, was wir alle gemeinsam anstreben.

Ich darf anführen, dass im internationalen Länderranking Österreich als Kongress­standort am neunten Platz liegt, Wien sogar am zweiten Platz, noch vor Brüssel und


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knapp hinter Paris. In diesem Licht ist es verständlich, wenn der Rechnungshof auch darauf hinweist, dass gerade im Rahmen des Bundes in Wien eine notwendige Koordination stattfinden muss zwischen dem ACV und dem Kongresszentrum in der Hofburg. Daher ist es umso erstaunlicher, dass auf unsere Nachfrage im Finanz­ausschuss erklärt wurde, dass etwa im Rahmen der österreichischen Ratspräsident­schaft keine einzige Veranstaltung im ACV stattfindet. Das führt mich jetzt im Lichte des Berichtes des Rechnungshofes dann wieder dazu, dass ich mich frage, was weiß jetzt das Finanzministerium beispielsweise, was wir noch nicht wissen, wenn dort keine einzige Veranstaltung stattfindet. Die Ausrede, dass das Außenministerium für die Koordination zuständig sei, ist doch sehr schwach für einen Eigentümervertreter. Da sollte der Eigentümervertreter auch nach dem Aktiengesetz durchaus ein bisschen Einfluss nehmen können, wenn schon nicht in anderen Bereichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zudem hält der Rechnungshof in verdienstvoller Weise völlig richtig fest, dass die vom Bund für die Pacht und den Betrieb des ACV geleisteten Zuschüsse geringer sind als die durch das ACV induzierten Steuereinnahmen. Das macht das Ganze noch eigen­artiger, und wir sind sehr gespannt, wie das Finanzministerium und das Außenminis­terium unsere diesbezüglichen schriftlichen Anfragen beantworten werden. Oder ist der Eigentümer dafür dann auch nicht zuständig? (Beifall bei der SPÖ.)

23.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.25.18

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Rechnungshof überprüfte von November bis Dezember 2003 die Gebarung des Österreichischen Konferenzzentrums Wien, Aktiengesellschaft. Das Konferenzzentrum wurde bereits im Jahr 1991 einmal in einem Rechnungshofbericht behandelt. Der damalige Vorstand war der ehemalige Androsch-Sekretär Auracher, dessen Qualifikation zu dieser Zeit sehr intensiv hinterfragt wurde. Besonderen Unmut erregte bei der Bevölkerung und bei Experten die schlechte Auslastung des Konferenzzentrums, die suboptimale Vorstands­beset­zung und die enormen Verluste beim Betriebsergebnis des Konferenzzentrums.

Auf Grund permanent negativer Ergebnisse und sonstiger Schwierigkeiten bestellte der Aufsichtsrat ein zweites Vorstandsmitglied in Person des Herrn Rupperti, der seit dem Jahr 2003 für den Kongressbetrieb zuständig ist.

Wie man bei einem Vergleich der Lebensläufe vom ehemaligen Androsch-Sekretär Auracher und dem ihm nachfolgenden Vorstand Rupperti leicht feststellen kann, wurde mit dem neuen Vorstand Rupperti ein echter Tourismusexperte in den Vorstand berufen (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), der im ersten Jahr seiner Vorstands­tätigkeit und auf Grund seiner hervorragenden Verbindungen den Turn around beim Betriebsergebnis geschafft hat. Aurachers Qualifikation bestand nur darin, dass er Sekretär bei Minister Androsch war.

Das durchschnittliche Betriebsergebnis unter Auracher war ein Verlust in der Höhe von 2,2 Millionen € jährlich, jenes von Rupperti ein jährlicher Gewinn in der Höhe von 128 000 €. Innerhalb von nur vier Jahren konnte eine Steigerung von über 3 Millionen € oder 150 Prozent erreicht werden. (Abg. Mag. Kogler: Sie können bei der Löwinger­bühne auftreten!) Weiters wurde im Jahr 2005 mit über 150 Veranstaltungen eine Höchst­zahl an Veranstaltungen erreicht. Bei den großen Kongressveranstaltungen wurde seit dem Jahr 2000 fast eine Verdoppelung der Veranstaltungen erreicht. Dies


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ist insofern sehr bedeutsam, da dies für das Jahr 2005 eine Größenordnung von 310 000 Kongressbesuchern bedeutet hat. (Abg. Dr. Cap: Löwingerbühne!)

Die Umwegrentabilität für Wien, Kollege Cap – das ist in hohem Maße interessant –, beträgt 116 Millionen €. Sie sollten den markanten Unterschied kennen: Nicht rote Zahlen sind entscheidend, sondern schwarze Zahlenergebnisse, und zwar speziell für den Steuerzahler, denn die einen, nämlich die Verluste, hat der Steuerzahler zu bezahlen, und die anderen reduzieren die Aufwendungen für den Steuerzahler! Beides probiert – kein Vergleich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-146 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und somit ist dieser Antrag ange­nommen.

23.28.39 26. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-189 d.B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unterneh­mungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2003 und 2004 (1353 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.29.23

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Beim Einkommensbericht fallen besonders die ÖBB-Gagen unangenehm auf. Und da muss ich mich schon an das Torso vom BZÖ wenden, denn immerhin stellen Sie den künftigen Exminister, der dafür verantwortlich ist. Ich muss Ihnen schon sagen, das sind astronomische Bezüge, die es in der Privatwirtschaft nicht geben würde, und das ist einfach untragbar, Herr Kollege Neudeck! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Nein, ich sage das gar nicht. Ich habe ja gewusst, dass mir irgendjemand in die Falle tappen wird – aber dass es gerade Sie sind, Frau Kollegin! Ich zitiere Herrn Dr. Haider: Astronomische Bezüge des Managements. Derartige würde es in der Privatwirtschaft nicht geben, und das ist untragbar. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt entscheiden Sie sich einmal, ob Sie für oder gegen Haider sind! Das ist unvorstellbar! Da könnten Sie ja in der Ortstafelfrage auch auf seiner Seite sein!)

Das sagt Ihr BZÖ-Chef, und ich bin schon gespannt, ob der BZÖ-Redner, der dann herauskommen wird, das wiederholen wird. Die Forderung, die an das zu knüpfen ist,


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ist eindeutig. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Ja, Herr Scheuch, ich weiß schon, dass das unangenehm ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die BAWAG ist unangenehm!), aber diese Aussagen stammen von Ihrem BZÖ-Chef Jörg Haider, das sind Originalzitate, und Sie werden ja wohl da noch eine Minute später dazu stehen, wenn man diese Originalzitate hier vorträgt. Seien Sie mir nicht böse!

Die Forderung, die die SPÖ mit diesen Zuständen verknüpft, also eine namentliche Nennung, wäre gut – um hier gleich den Herrn Präsidenten aus dem Ausschuss zu zitieren. Und dafür, was hier immer als Erfolgskriterium vorgegeben wird, brauchen wir einfach eine Einsicht, denn da wird ja auch irgendetwas erzählt bei den ÖBB, warum unbedingt die Huber-Gage 520 000 € betragen muss.

Aber bei den ÖBB gibt es vieles anderes, auch Rechtliches noch zu klären, und schade, schade, dass der Herr Staatssekretär jetzt das Weite gesucht hat! Ich hätte ihn gerne ein wenig mit dem Rechtsbruch konfrontiert, weil er sich gerade vorhin hier in Belehrungen in rechtlicher Hinsicht ergangen ist. Ich hätte ihn gerne mit dem Rechts­bruch, der bei den ÖBB passiert ist, konfrontiert, oder etwa damit, dass der Aufsichtsrat Böhmdorfer zugleich Auftragnehmer ist; oder auch damit, dass der Herr Vorm Walde spazieren geht mit einer Abfertigung, die in Wirklichkeit gar niemand kennt. Sie sagen dann immer: Das ist privat, es geht niemanden etwas an, wie viel jemand bekommt!

Wenn man dann sagt: Herrschaften, ihr seid doch längst pleite!, dann heißt es: Nein, das kann nicht passieren, es haftet ja der Steuerzahler! Also, wie hätten Sie es gerne?

Meine Damen und Herren, bei den ÖBB ist sehr, sehr viel aufzuräumen. Gut, dass es so einen Einkommensbericht gibt. Reformen sind notwendig, und die werden wir vorantreiben! (Beifall bei der SPÖ.)

23.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Gahr. Wunschredezeit: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte.

 


23.32.01

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Angesichts der heutigen Debatte in diesem Hohen Haus zum innenpolitischen Finanzskandal der BAWAG verliert dieser Rechnungshofbericht zu den Einkommen im öffentlichen Bereich natürlich an Bedeutung. Wir haben ja heute die Diskussion geführt über diesen Skandal, wo Mitglieder jahrelang getäuscht und geschädigt wurden, wo Missstände gedeckt wurden, aber ich glaube, dass im öffentlichen Bereich durch eine permanente beziehungsweise im Zwei-Jahres-Intervall zu erfolgende Prüfung durchaus Trans­parenz und natürlich auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind.

Die Opposition hat ja im Ausschuss gefordert mehr Transparenz, Offenlegung der Namenslisten, Festlegung von Erfolgskomponenten und von Abweichungen von der Vertragsschablonenverordnung. Faktum ist, dass es in der Verfassung klar festgelegt ist, dass es keine namentliche Bekanntgabe gibt und dass es verfassungsmäßige Grenzen gibt.

Diese Rechnungshofprüfung enthält eigentlich wenig Kritikpunkte, und ich glaube, die Vergleiche, die hier angestellt werden, sind sehr populistisch, etwa der Vergleich mit dem Gehalt des Bundeskanzlers. Ich glaube, Kollege Krist, man muss das auch einmal im Verhältnis zur Privatwirtschaft sehen. Man sieht ja auch wieder am BAWAG-Skan­dal, wohin es führt, wenn die falschen Manager am falschen Platz sitzen. Das ist der größte Verlust und der größte Schaden für die Steuerzahler und für die Mitglieder. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich glaube, es ist wichtig, dass es Transparenz nach außen gibt. Es macht aber keinen Sinn, wenn gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Privatwirtschaft abwandern, sondern es macht Sinn, wenn es uns gelingt, gute Mitarbeiter mit höchstem Verant­wortungsbewusstsein und bei einer angemessenen und guten Bezahlung für diesen Dienst zu gewinnen.

Aufgefallen ist nur, dass es eigentlich im Bereich des Kulturmanagements in der Stadt Wien sehr hoch bezahlte Manager gibt, im Bereich des Theaters an der Wien, der Festwochenintendant, die Vereinigten Bühnen Wien. Hier gibt es keine Offenlegung der Gehälter, während es im Bereich der Nationalbibliothek, des Technischen Mu­seums oder der Österreichischen Galerien sehr wohl Offenlegungen gibt.

Was mich noch sehr gestört hat, war im Vorfeld, dass der Kollege Kräuter hier immer von „Kopfgeld“ und „Kopfprämien“ spricht. Ich glaube, das ist eine Beleidigung für die vielen tüchtigen und fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in öffentlichen Unterneh­mungen. Kollege Kräuter, wir wünschen uns nur eines: dass möglichst schnell Ihr BAWAG-Skandal auch im Rechnungshof behandelt wird und dass wir ihn auch hier sehr offen und transparent diskutieren. Dann werden Sie feststellen, dass Sie selbst mehr als genug Handlungsbedarf haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


23.35.22

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Der Herr Staatssekre­tär ist ja jetzt entschwunden, aber eine Replik auf das, was er gesagt hat, passt gerade auch zu diesem Tagesordnungspunkt. Er produziert sich nämlich da auf der Regie­rungs­bank vor dem Mikrophon und verliest ein Kommuniqué, das diesen ganzen absurden Vorgang der Bestellung des Herrn Rupperti, der vom Aufsichtsrats­vorsitzen­densessel hinuntergeschlüpft ist – auf dieser Etappe ist ihm wahrscheinlich der Heiligenschein abhanden gekommen – und wohlbestallt auf dem Vorstandssessel gelandet ist, beschreibt. Dass dieser Vorgang vom Herrn Staatssekretär hier mit einer Wischi-Waschi-Erklärung auch noch gerechtfertigt wird, ist eine Schande für dieses Haus. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Wurscht, aber das System Grasser muss gedeckt werden – viel Glück dabei auch weiterhin!

Zu diesem Tagesordnungspunkt: Wir müssen ein paar Dinge auseinander halten. Hier liegt der Bericht nach § 121 Abs. 4 B-VG vor. Da drängt es einen schon regelmäßig und wiederkehrend, wenn das kommt, einmal die Frage aufzuwerfen, was eigentlich mit jenem Bericht ist, der auch auf einen Beschluss des Hauses rekurrieren sollte – wohlweislich eine Verfassungsbestimmung! –, nämlich die Offenlegung der Einkom­men und der kumulierten Einkommen der Funktionäre und Manager der staatsnahen Betriebe, und zwar wirklich mit Namen.

Das passiert deshalb nicht, weil das eine rechtlich relativ knifflige Sache ist und der Verfassungsgerichtshof das Ganze eben in einer bestimmten Weise interpretiert hat. Aber ich sage Ihnen schon eines: Es ist natürlich Angelegenheit dieses Hauses hier, Verfassungsbestimmungen so zu beschließen – allenfalls zu novellieren, schon das nächste Mal unter Umständen –, dass das, was angeblich einmal mehrheitlich Ihr Ziel war, auch wirklich erreicht wird. Es muss sich halt einmal die ÖVP fragen: Ist es noch ein Ziel – damals haben Sie ja dafür gestimmt –, dass die Gehälter der Manager der staatsnahen Betriebe offen gelegt werden oder nicht? Es liegt an uns. Wir werden halt einen entsprechenden Antrag einbringen, und dann wird es halt nichts mehr sein damit, dass irgendwer wieder definiert, was innerhalb oder außerhalb des Verfas-


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sungsbogens ist, weil der letzte Interpret, der allerletzte Interpret muss das Parlament selber sein.

Wenn uns der Verfassungsgerichtshof auf ein paar Dinge aufmerksam macht, dann ist das gut. Aber in Wahrheit sagt er damit auch, was wir anders formulieren müssen, damit wir unserem Willen, dem Willen des Nationalrates, hier zum Durchbruch verhelfen. Dazu werden wir Sie herzlich einladen, und dann werden wir ja sehen, wo der Verfassungsbogen gerade wieder im Spektrum ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es kann ja jetzt auch bei diesem Tagesordnungspunkt die Fragestellung nicht ganz unberührt bleiben, dass wir hier Manager haben, die ganz hervorragende Arbeit im Sicherheitsbereich leisten. Das wird deutlich, wenn man im Bericht Nachschau hält; er ist sehr dick. Da gibt es ein sehr renommiertes Sicherheitsunternehmen im öffentlichen Dienst, und jetzt frage ich Sie: Was sind alle diese Gehälter für diese Sicher­heitsbeamten wert, wenn nicht die Eurofighter angeschafft würden? – Und weil das wo wichtig ist, sollte sich dieses Parlament vergewissern, dass bei dem Vertragswerk alles mit rechten Dingen und redlichsten Absichten zugegangen ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir bieten Ihnen hier unsere Unterstützung an. Legen Sie die Verträge dem Haus gegenüber offen! Es kann damit eigentlich nur allen geholfen sein, weil mittlerweile in der Schweiz, in der Bundesrepublik, in Albanien, in Rumänien und vermutlich auch im Parlament eines arabischen Staates, der die Eurofighter kauft – auch dort gibt es so etwas Ähnliches wie ein Parlament –, der Konzern EADS bereit sein wird, die Verträge offen zu legen – nur nicht hier. Warum? – Weil offensichtlich die Vertrags­verhandlun­gen mit der Eurofighter-GmbH in jenem Juni 2003 so gelaufen sind – geführt von unseren Ministern oder jedenfalls irgendwelchen Stellvertretern –, dass darauf hinge­wiesen wurde: Wisst ihr, was? Sagt ihr doch, dass wir das Ganze geheim halten sollen! Nehmen wir eine solche Vertragspassage auf, und dann sind wir „aus dem Schneider“, weil dann werden wir die Abgeordneten der Opposition mit diesem überwältigenden Argument dann schon in die Schranken weisen.

Allein, das Argument ist nicht so überwältigend, weil eines kann nicht sein, Herr Klubob­mann Molterer: Dass privatrechtliche Verträge – und es ist nichts anderes als ein privatrechtlicher Vertrag – auch nur ansatzweise in der Lage sein sollen, die Grundregeln des Zusammenspiels zwischen Parlament und Regierung auszuhebeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das geht nicht, und mit dieser Meinung sind wir nicht allein. Nennenswerte Verfassungsjuristen teilen diese Meinung. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir duellieren uns im Morgengrauen. (Heiterkeit.)

Aber es wird die Meinung des Verfassungsjuristen Heinz Mayer, des Verfas­sungs­juristen Öhlinger und anderer nicht davon abhängen, ob der grüne Klub eine höhere Besetzungsdichte hat als ein anderer Klub. Im Übrigen schaut das gar nicht so schlecht aus, da habe ich Sie da drüben schon ganz anders erlebt, was die Präsenz angeht. Davon kann es nicht abhängen. Aber ich nehme zur Kenntnis, das war ein ironischer Zwischenruf; ist gelungen.

Ich komme wieder zu etwas Ernsterem. Diese ganze Sache ist kein Topfen. Und wenn Sie das ganze in die Topfenknödelabteilung verschieben wollen, namentlich der Parla­mentspräsident Khol, dann tun Sie dem Parlamentarismus keinen guten Dienst. Das Parlament ist nicht dazu da, um hier irgendwelche Topfen-Interpretationen auszuführen und über sich ergehen zu lassen. Es braucht eine Auseinandersetzung mit den Meinungen der renommiertesten Verfassungsjuristen im Land. Das kann sich niemand


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mehr selber aussuchen, und schon gar nicht die schwarz-blaue Mehrheit für sich alleine! (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Beifall bei der SPÖ.)

23.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Neudeck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.42.33

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär – er ist nicht mehr da. (Abg. Mag. Gaßner: Du warst ja gar nicht im Ausschuss!?) – Was war das jetzt? Was hast du gesagt? (Abg. Mag. Gaßner: Du warst gar nicht in den Ausschüssen!)  Oja! Ich war in allen Ausschüssen, sicher, sogar bei mehreren Sitzungen, Kollege. (Ruf bei der SPÖ: Jetzt hat er ihn am falschen Fuß erwischt!)  Auf beiden!

Zum Einkommensbericht hat es eine größere Diskussion gegeben, ob diese mit oder ohne Namen zu veröffentlichen sind. Und wenn man sich nordische Länder anschaut, wo jeder sein Einkommen namentlich veröffentlicht, wird deutlich, dass das durchaus eine Forderung ist, die man auch erheben kann, aber dazu bedarf es auch einer gewissen Kultur. Ich habe dort auch als Beispiel angezogen, wenn jemand wie der Generaldirektor Treichl, der damals, im Jahr 2004, sein Einkommen angegeben hat, dann monatelang durch die Zeitungen geschleppt wird, ist es ja gewiss eine Schutz­funktion, dass man sagt, Österreich ist anscheinend noch nicht reif, dass man alle Gehälter hinausposaunt. – Wobei natürlich im staatsnahen oder öffentlichen Bereich ein anderer Maßstab anzusetzen ist; Kollege Kogler, da bin ich bei Ihnen.

Ich habe damals die Diskussion verfolgt und habe mir gedacht – die SPÖ hat das ja auch sehr stark eingebracht hinsichtlich der Höhe der Gehälter –: Schlecht sind die Gehälter nicht! Muss man schauen, ob die Leistung so gut ist. – Ich wurde aber dann hinsichtlich des ARBÖ und auch bei der BAWAG eines Besseren belehrt, denn ich weiß, dort muss man keine Schablonenverordnung anlegen. Aber probieren Sie es einmal! Da werden Sie fünf solcher Schablonen brauchen, dass das auf einen Gehalt passt, und dann haben Sie die Privilegien noch nicht drinnen.

Da sollte man schon die Kirche im Dorf lassen. Ich bin aber bei Ihnen, und ich glaube, dass man diese Berichten mit etwas mehr Leben – nämlich nicht von der prüfenden Stelle, sondern vom Gesetzgeber her – erfüllen sollte. Aber, wie gesagt, dazu braucht man auch eine Mehrheit. Und eine Koalition deswegen platzen zu lassen, das ist es nicht wert. Das sage ich Ihnen gleich, nicht, dass Sie dann einen Antrag einbringen und sagen, jetzt gehe ich nicht mit.

Da aber die Abgeordneten der SPÖ diese drei Tagesordnungspunkte so schön vermixt haben und jeder zu jedem geredet hat, darf ich Ihnen noch zur Diskussion heute Nach­mittag einen Gastkommentar von Norbert Leser vorlesen. Er schreibt: Permanente Krise der SPÖ. – Alle die bereits aufgezählten Fälle des „Konsum“, des ARBÖ und verwandter Organisationen sind Symptome einer permanenten Krise der SPÖ. Weiter zurückliegend ist der Finanzskandal der oberösterreichischen SPÖ, wo Rupert Hartl an die Spitze gebracht wurde und er vor der herrschenden Clique kapitulieren musste und sich schon 1982, vor 24 Jahren, ins Privatleben zurückzog. Er hat 1986 ein Buch, „Österreich – der schwierige Weg zum Sozialismus“, veröffentlicht, in dem er die Privilegien der herrschenden Funktionärsschicht in Partei, Gewerkschaft und Kam­mern, die gegen die sozialistischen Grundsätze der Gleichheit und Sparsamkeit verstoßen, aufgezeigt und belegt hat, ohne dass diese Kritik seitens eines Fremd­körpers innerhalb der Partei, der nicht im Dunstkreis des Funktionärsapparats groß geworden war, etwas an den kritisierten Zuständen geändert hat. – Zitatende.


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Leser zitiert dann auch noch Kreisky, der an dieser Front gescheitert ist, und zitiert dann auch noch Renner, und zum Schluss schreibt er: Nach dem Zusammenbruch des „Konsum“ ist nun auch die Gewerkschaft wenn schon nicht ein toter, so doch ein gelähmter Arm und Ast. Wie lange kann sich der dritte Arm und Ast, nämlich die SPÖ als Partei noch integer aufrechterhalten? Es erscheint nicht übertrieben, wenn man die innenpolitischen Konsequenzen, die der BAWAG-Skandal auslösen kann, mit dem Zusammenbruch der Creditanstalt 1931 vergleicht. Und zu guter Letzt, so Norbert Leser, noch eine Frage: Wo bleibt angesichts dieser Vorgänge der Aufschrei der angeblich moralischen Instanz des Bundespräsidenten? – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Molterer.)

23.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Kaipel. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.47.06

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Neudeck, wahrscheinlich deshalb, weil manche sich gar so wehren gegen die Veröffentlichung, lässt es halt Vermutungen zu, dass da irgendetwas verheimlicht wird. Und daher fordern wir einmal mehr, auch die Namen der Einkommensbezieher zu veröffentlichen. Es ist mir unverständlich, dass die Presse es veröffentlichen darf, nicht aber das Kontrollorgan des Parlamentes.

Wenn man einen ehrlichen und transparenten Einkommensbericht haben will und nichts verschleiern will, dann wird man zudem auch die Erfolgskomponenten veröffent­lichen müssen. Um Verdachtsmomente wie im Falle der ÖBB oder der ÖIAG zu verhindern, muss für uns auch nachvollziehbar sein, ob die maßgeblichen Bezug nehmenden Rechtsgrundlagen auch eingehalten wurden.

Wir sehen es auch als problematisch, und darüber wird man noch nachzudenken haben, dass der Rechnungshof bei den Einkommen nur Auskünfte einholen und diese auf Plausibilität prüfen darf, nicht aber selbst prüfen kann.

Ich möchte die Problematik noch an einem konkreten Beispiel darstellen, nämlich am Beispiel der zentralistischen Beschaffungsgesellschaft des Bundes. Diese Beschaf­fungs­gesellschaft hat zwei Vorstände und 33 Angestellte. Sie ist kein Unternehmen, das im privatwirtschaftlichen Wettbewerb steht. Die Manager haben keine Risken und stehen eigentlich nur einer ausgegliederten Verwaltungseinheit vor, die öffentliche Ausschreibungen vornimmt. Das entspricht also einer etwas größeren Abteilung des Finanzministeriums.

Diese Gesellschaft ist nichts anderes als ein Monopolist, der durch die Benachteiligung von kleinen und kleinsten regionalen Unternehmen und deren Beschäftigten durch das künstliche Bündeln von vielen Kleinaufträgen zu wenigen Großaufträgen volkswirt­schaftlichen Schaden anrichtet.

Die beiden Vorstände sind in diesem Einkommensbericht mit je 207 000 € für die Jahre 2003 und 2004 ausgewiesen. Angesichts der geringen Größe der Gesellschaft und der geringen Verantwortung der Manager, denke ich, ist dieser Betrag wohl beachtlich.

In diesen Zahlen des Einkommensberichtes ist auch eine 75-prozentige Prämie ent­halten, die sich hauptsächlich am beschafften Volumen orientiert. Das Problem dabei ist, dass ein derart unsinniges und überteuertes System aus den Zahlen des Einkom­mensberichtes nicht erkennbar ist. Daher darf ich Sie einladen, unsere Verbes-


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serungsvorschläge betreffend mehr Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit zu unter­stützen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lentsch. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.50.46

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe von dieser Stelle aus vor zwei Jahren ebenfalls zum Einkommensbericht des Rechnungshofes gesprochen und habe sinngemäß gesagt, dass man sich zu diesem Einkommens­bericht Reformen überlegen sollte, denn die Einkommenserhebungen wurden von vielen Vorständen und Staatsunternehmen schlicht und einfach boykottiert.

Herr Kollege Kaipel, der Verfassungsgerichtshof hat uns gesagt, dass man eigentlich niemanden zwingen kann, seine Gehälter offen zu legen. Aber du hast Recht: Viele Menschen draußen würden heute die Einkommen der Vorstände und Aufsichtsräte sowohl der BAWAG als auch des ÖGB sicherlich sehr interessieren! (Zwischenruf des Abg. Ing. Kaipel.)

Im neuen Einkommensbericht werden nicht die Gehälter einzelner Personen offen gelegt, sondern die Durchschnittsgehälter in den einzelnen Branchen und Firmen­gruppen. Damit halten wir uns zwar an den Datenschutz, erfahren aber trotzdem, wie viel die Vorstände und Aufsichtsräte den Steuerzahler kosten, und genau um diese Kostenbetrachtung geht es, geschätzte Damen und Herren!

Ebenfalls erfreulich ist, dass die Zahl der Ausgliederungen steigt und dass die Pensionskassen greifen. Die Einkommenshöhen selbst muss man sich natürlich im Einzelnen anschauen. Nicht alles kann miteinander verglichen werden. Das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst ist beziehungsweise bewusst sein sollte.

Wir haben vom Rechnungshof eine sehr, sehr gute Unterlage bekommen, wofür ich mich sowohl beim Präsidenten des Rechnungshofes als auch bei seinen Beamten recht herzlich bedanken möchte! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.52.50

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sechs Jahre Schwarz-Blau-Orange und neues Regieren bedeuten nicht nur Rekord­arbeitslosigkeit und Sozialabbau, sondern ist auch gekennzeichnet durch Umfärbe­aktionen und Privilegienwirtschaft, vor allem im Bereich der öffentlichen und der staatsnahen Betriebe. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Das gesamte Ausmaß dieser Mentalität zeigt sich immer klarer. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Von mehr Privat und weniger Staat kann dabei keine Rede sein! Die Zahl der staatsnahen Betriebe ist gestiegen, die Zahl der dort beschäftigten Mitarbeiter ist um 8 Prozent zurückgegangen, und die Zahl der Vorstandsposten hat sich um 12 Pro­zent erhöht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Diese Rede haben Sie wohl vor einer Woche geschrieben!)

Das beste Beispiel für die so genannte Sparsamkeit und Kostenreduktion sind die ÖBB. Wir haben es heute ja schon gehört. Sie können sich sicherlich erinnern, was vor der ÖBB Reform alles versprochen wurde: Einsparungen und schlankere Strukturen.


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Allerdings hatten wir vor der ÖBB Reform sieben Vorstandsmitglieder, heute sind es elf. Es gab elf Prokuristen, heute sind es 21.

Der Aufsichtsratspräsident der ÖBB, Reithofer, hat in einer APA-Aussendung sogar bekannt, dass die beiden Vorstände der ÖBB Holding, Huber und Söllinger, 625 000 € an Fixvergütung plus einer Erfolgsprämie von 50 Prozent erhalten, und ich frage Sie: Wird diese Erfolgsprämie dann schlagend sein, wenn, wie vom Verkehrsminister gewünscht, 12 000 Eisenbahner auf der Straße sitzen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Auf der Straße werden sie nicht sitzen!) Es spricht Bände, wenn ÖBB-Manager innerhalb nur eines Jahres, und das ist in diesem Bericht ersichtlich, nämlich zwischen 2003 und 2004, Gehaltserhöhungen um 53 Prozent erhalten haben und im selben Zeitraum über 1 600 Mitarbeiter abgebaut werden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.55.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Artikel 121 Abs. 4 B-VG überträgt dem Rechnungshof die Aufgabe, bei Unter­nehmungen und Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, jedes zweite Jahr einen Bericht über die durchschnittlichen Jahreseinkommen und die zusätzlichen Pensionsleistungen von Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichts­rates vorzulegen.

Zu thematisieren wäre dabei der Umfang des Auftrages, denn immer wieder fallen Unternehmungen dann aus dem Überprüfungsauftrag heraus, wenn sich die Aktien­anteile der Gebietskörperschaften ändern.

Anzuerkennen sind die Bemühungen des Rechnungshofes, die Berichte möglichst zu anonymisieren, damit nicht konkrete Einkommen einer einzelnen Person bekannt gegeben werden oder rückgerechnet werden können.

Es wäre jedoch zu überlegen, da nämlich der Rechnungshof nicht überprüft, sondern, wie er selber sagt, nur die Angaben sammelt, welche die Unternehmungen ihm geben – wobei es nur eine Plausibilitätsüberprüfung gibt –, ob dies zwingend eine Aufgabe des Rechnungshofes ist oder nicht vielleicht eher eine Aufgabe der Statistik Austria, die die Angaben einfach sammelt.

Zur Bezugshöhe wäre noch anzumerken, dass auch Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, auf dem Markt bestehen und das Recht haben müssen, die besten Manager zu bekommen. Außerdem wissen wir, dass immer mehr leistungsbezogene Teile des Einkommens vereinbart werden, sodass es in diesem Bereich wesentliche Schwankungen gibt, wobei ich meiner Kollegin Mag. Ruth Becher sagen kann, dass diese leistungsbezogenen Teile nicht am Abbau von Mitarbeitern gemessen werden, sondern beispielsweise an Aktienkursen, am EGT et cetera. Bitte hier also keine falschen Gerüchte in die Welt setzen!

Letztlich möchte ich noch sagen: Dieser Bericht darf nicht als ein Vehikel der Neid­genos­senschaft verwendet werden, obwohl es manchmal ganz gut sein kann, wenn die Öffentlichkeit zum Beispiel erfährt, dass ein ehemaliger BAWAG-Generaldirektor bei den Lotterien für eine geringfügige Nebenbeschäftigung 300 000 € im Jahr bezieht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Reheis zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung


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des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Reheis –: Ich hoffe, du sagst heute mehr als bei den Interviews!)

 


23.58.03

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Kollege Regler, das Letzte, was Sie gesagt haben, trifft für alle Manager und Geschäftsführer zu. Eine Offenlegung ist unab­dingbar und dringend notwendig, damit solche Dinge wie derzeit nicht mehr im Verborgenen blühen können! Der Eindruck, den ich dann bei Sitzungen des Rech­nungshofausschusses immer habe, ist nämlich folgender: Decke drüber, zumachen, keine Transparenz!

Weil Kollege Gahr heute von Transparenz gesprochen hat, muss ich sagen: Diese habe ich im Rechnungshofausschuss bisher noch nicht gesehen! (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Transparenz gibt es dort nämlich nicht! Immer wenn eine Unter­suchung beziehungsweise Kontrolle angefordert wird, wird mit Ihrer Mehrheit die Decke darübergestülpt, und man darf nicht untersuchen.

Dasselbe gilt für die Gehälter: Kollege Neudeck hat heute gesagt, dass es nicht Sinn sein kann, dass man die Gehälter hinausposaunt. – Wir brauchen nichts mehr hinaus­zuposaunen, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Zeitungen kann man Namen und Einkommen lesen – aber ob das auch so stimmt oder nicht, das sei dahingestellt. Das kann aber nur dann so behauptet werden, wenn die entsprechenden Untersuchungen seitens des Rechnungshofes nicht ermöglicht werden. Ich fordere daher hier wirklich, dass man sich Gedanken macht, wie die Offenlegung der Gehälter und der Einkom­menslisten vom Rechnungshof tatsächlich durchgeführt werden kann – denn so gibt es mit Sicherheit keine Transparenz, schon gar nicht bei den Gehältern.

Kollege Neudeck hat zum Beispiel auch gesagt, dass die ÖBB nicht mehr eine Gesellschaft sind, sondern aufgeteilt worden sind, und da sei es klar, dass es mehrere Manager gibt. – Ja, Herr Kollege Neudeck, Sie mussten die ÖBB aufteilen und filetieren, damit Sie Ihre Leute unterbringen konnten! (Abg. Lentsch: Neudeck hat doch keine Leute! – Abg. Neudeck: Meine Leute sind alle gut beschäftigt!)

Das ist der wahre Hintergrund dieser Aufteilung und Filetierung bei den Bundes­bahnen! Dort sind jetzt mehr Manager als je zuvor und immer weniger Personal tätig, und das haben Sie zu verantworten! Und überhaupt ist das alles, was Sie heute hier behauptet haben, und sind die Attacken, die Sie ständig im Hinblick auf die BAWAG und Ähnliches mehr reiten, wiederum nur ein Teil der Decke, die Sie über Ihre Unzulänglichkeiten darüberstülpen! Das sei nur gesagt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Unter Ihrer Regierung ist die Arbeitslosigkeit um 25 Prozent gestiegen. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit seit 1945! Die Jugendarbeitslosigkeit ist um 50 Prozent in die Höhe getrieben worden! Sie haben den letzten Platz unter allen EU-Staaten hinsicht­lich öffentlicher Investitionen zu verantworten. Sie haben zu verantworten, dass die PensionistInnen durch Pensionserhöhungen, die deutlich unter der Inflationsrate bleiben, reale Einkommenseinbußen zu verzeichnen haben. Das ist Ihre wahre Ver­antwortung und ein Skandal!

Auch sind Sie dafür verantwortlich, dass es hier in Österreich ein deutlich schwächeres Wachstum als im EU-Durchschnitt gibt. Und letztlich haben Sie auch, weil Sie hier immer auch das Defizit mit formulieren, den höchsten Schuldenstand aller Zeiten zu verantworten! Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

0.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort. Auch für sie gilt: 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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0.01.33

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wir beschäftigen uns hier mit den Einkommen und den Leistungen für Pensionen bei der öffentlichen Wirtschaft des Bundes.

Bei einer Einrichtung in unserem Land, nämlich beim Kunsthistorischen Museum, ist meiner Meinung nach sehr klar ersichtlich, dass ein Direktor 246 400 € im Jahr verdient. Wenn man diesen Direktor – fälschlich – mit den Kriterien misst, die Kollege Regler vorher angesetzt hat, dass man wirklich nur die besten Manager nehmen soll und dass es wichtig ist, dass es auch leistungsbezogene Einkommensbestandteile gibt, dann verstehe ich jetzt, wie Sie das System sehen: Dieser Direktor hat nämlich das Geburtstagsfest für den Herrn Staatssekretär sicherlich nicht von seinem Gehalt bezahlt, sondern mit Geldern der SteuerzahlerInnen. Wir warten heute noch auf einen zweiten kaufmännischen Geschäftsführer. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie wollen ja immer einsparen!) Auch diesbezüglich treffen Sie keinerlei Maßnahmen, damit im Kunsthistorischen Museum die kunsthistorischen Schätze unseres Landes nicht feudal­herrschaftlich verwaltet werden, sondern dass sie für die Österreicherinnen und Österreicher und für die Touristen zur Verfügung gestellt werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für „feudalherrschaftlich“ wäre Elsner zuständig, der hätte jetzt mehr Zeit!)

Tatsache ist, dass dieser Herr Direktor Statuen aus Ägypten eingeführt hat und von vier Statuen dann zwei in seinem Besitz gelandet sind. Außerdem hat dieser Direktor seinen alten Privat-PKW günstigst an das Museum verscherbelt oder wieder zurück­verleast. – Ich denke mir: Hier sind Konsequenzen zu ziehen. Hier ist keinerlei Leistung gegeben, sondern man sieht nur, dass auf Seiten der ÖVP die Abzockermethoden und die Feudalfürsten Saison haben! (Beifall bei der SPÖ.)

0.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck: Jetzt hatte ich schon Entzugserscheinungen!)

 


0.03.50

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Seit dem Jahr 2000 gibt es in staats­nahen Betrieben immer mehr Vorstände beziehungsweise Geschäftsführer, die zwar staatliche Einkommen und den vollen Schutz der Bundesregierung genießen, wobei aber gleichzeitig für die Bürgerinnen und Bürger nicht ersichtlich ist, wie diese Topverdiener zu einer Qualitätssteigerung öffentlicher Dienstleistungen beitragen.

Als Beispiel erinnere ich an die astronomischen Gehälter und Abfertigungen von leitenden ÖBB-Managern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das heißt „ÖGB“, nicht „ÖBB“!)

Für die Fahrgäste der ÖBB hat sich aus der neuen Strukturierung der ÖBB allerdings keine Verbesserung des Streckennetzes oder der Transportqualität ergeben. (Abg. Scheibner: Meinen Sie „ÖGB“ oder „ÖBB“? Haben Sie vielleicht das Falsche aufgeschrieben?)

Der vorliegende Bericht des Rechnungshofes gibt leider keinen Anlass zur Hoffnung auf besseres Wirtschaften bei den Einkommen von Managern öffentlicher Einrich­tungen. Auch ein Abgehen von der so genannten Schablonenverordnung war in letzter Zeit zu beobachten. Das heißt, Dienstverträge werden nicht mehr nach den gesetz­lichen Grundlagen, sondern nach eigenem Gutdünken geschlossen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das können und werden wir nicht zur Kenntnis nehmen! Wir von der SPÖ bedauern, dass es im Bericht nicht möglich ist, auch die


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Namen der Bezieher überhöhter Einkommen zu veröffentlichen, die man ohnehin sogar in den Zeitungen nachlesen kann. Konkrete Fälle müssen transparent und nachvollziehbar sein, sodass auch die Bürgerinnen und Bürger genau erfahren, was mit ihren Steuergeldern passiert. (Abg. Scheibner: Das hätten wir beim ÖGB auch gern gewusst!)

Der Rechnungshof weist darauf hin, dass sich die Eigentümerstruktur von einigen der überprüften Einrichtungen verändert hat und diese Einrichtungen dadurch nicht länger der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ÖGB statt ÖBB, das ist der Slogan!)

So entziehen Sie sich der öffentlichen Kontrolle! In der Praxis sieht das so aus: Die formal ausgegliederten Unternehmen werden mit regierungsnahen Managern nach­besetzt oder bestückt, die horrende Gehälter kassieren und sich dafür nicht einmal mehr öffentlich verantworten müssen. Hier wird einmal mehr deutlich, dass der Kurs dieser Regierung, möglichst viel und möglichst rasch auszugliedern, keineswegs zu mehr Sparsamkeit im öffentlichen Haushalt beigetragen hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Heute kann ich nicht klatschen, Frau Kollegin, heute aus­nahmsweise nicht!)

0.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


0.06.53

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich weiß, die Zeit ist stark vorgeschritten, aber da es im Rahmen der Debatte doch ein paar entsprechende Beiträge gegeben hat, glaube ich, dass es wichtig ist, dass man kurz darauf eingeht, insbesondere auf die Ausführungen des Abgeordneten Kaipel, der den Rechnungshof ersucht hat, die Bezüge auch namentlich offen zu legen.

Ich möchte darauf hinweisen: Der Rechnungshof hat die Verpflichtung, insgesamt drei Einkommensberichte vorzulegen. Einer davon ist der Bericht gemäß § 8 Abs. 1 bis 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes, in dem die namentliche Offenlegung der Bezüge von Personen, die Bezüge von öffentlichen Rechtsträgern erhalten, erfolgen sollte.

Ein diesbezüglicher Bericht ist trotz des Umstandes, dass diese Bestimmung eine Verfassungsbestimmung ist, noch nicht erfolgt. Er konnte nicht erfolgen, weil der Verfassungsgerichtshof festgehalten hat, dass eine namentliche Offenlegung weder angemessen noch vor dem Ziel, die öffentlichen Kassen im Rahmen zu halten, notwendig ist. Aus diesem Grund waren wir nicht in der Lage, das zu tun. Es hat sich in diesem Fall, was Artikel 121 Abs. 4 B-VG betrifft, sogar die Frage gestellt, ob wir diesen Bericht, so wie er jetzt vorliegt, in dieser Form überhaupt erstatten können. Wir haben das abgeklärt, und die datenschutzrechtlichen Überlegungen sind – ich muss das daher nicht näher ausführen – in diesem Bericht beinhaltet. Ich ersuche Sie daher, diese Ausführungen auch zu lesen!

Es steht jedenfalls fest, dass wir auf Grund der derzeitigen Verfassungslage und der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes keine weiter gehende Offenlegung der Bezüge vornehmen können. Es wird also bei Ihnen liegen, meine sehr geehrten Damen und Herren – eine diesbezügliche Diskussion ist auch schon im Konvent geführt worden –, dass im Zuge der künftigen Verfassungsreform allenfalls eine Lösung gesucht wird, die Ihnen entgegenkommt! Darüber hinaus holen wir laut der Verfassungslage Datenauskünfte ein und prüfen diese auf Plausibilität, was der


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Gesetzeslage entspricht; wir haben aber auch in diesem Bereich keine Handhabe, vor Ort materiell in dieser Hinsicht zu prüfen.

Ganz am Schluss möchte ich im Hinblick auf eine Stärkung der Kontrollrechte noch darauf hinweisen, dass es – wie auch im Konvent diskutiert – zweckmäßig wäre, dass der Rechnungshof die Möglichkeit erhält, Unternehmen bereits bei einer 25‑pro­zentigen Beteiligung der öffentlichen Hand einer Überprüfung zu unterziehen, damit, wenn es eine dementsprechende Verfassungsänderung gibt, auch die betreffenden Leistungsdaten beziehungsweise Einkommensdaten erhältlich sind. Darüber hinaus könnten wir dadurch auch sicherstellen, dass eine Flucht aus der Kontrolle vermieden wird und die Kontrolle als solche gestärkt wird. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Jarolim.)

Ich danke Ihnen abschließend noch einmal, dass Sie die Leistung des Rech­nungs­hofes auch im Zuge der heutigen drei Debatten positiv erwähnt haben! Ich möchte das auch an die Mitarbeiter weitergeben, weil das sicherlich zu deren Motivation beiträgt. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

0.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. (Abg. Dr. Jarolim: Kollege Amon ist noch nicht da!)

Herr Abgeordneter Jarolim! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rech­nungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-189 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, dieser Antrag ist somit ange­nommen.

00.10.1927. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (094 Hv 7/06x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer (1346 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es ist niemand zu Wort gemeldet.

Wir gelangen daher gleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitäts­ausschusses in 1346 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer wird im Sinne des Artikel 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer besteht. Daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer nicht zugestimmt.“


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

00.11.4428. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (801/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


0.12.09

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eingangs eine kleine Reminiszenz an die 58. Sitzung des Nationalrates in dieser Gesetzgebungsperiode! Da behandelten wir in erster Lesung einen Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­mensteuergesetz geändert werden sollte. Ziel der beantragten Novellierung war die Anhebung des Satzes der Absetzung für Abnutzung im Gastgewerbe und in der Beherbergung auf 4 Prozent. Die Vertreter der Regierungsfraktionen signalisierten damals unisono Gesprächsbereitschaft. Ich darf ein bisschen zitieren.

Der Tourismussprecher der ÖVP, Kollege Schweisgut, meinte damals wörtlich: „Ich sehe es so ...: Wir sollen nun eine breite Diskussion beginnen.“ „Wir sind zu Dis­kussionen sicher bereit.“ Die Forderung nach einer Verkürzung der Abschreibung bezeichnete er ebenso wörtlich als „eine logische Forderung“.

Kollege Bucher: Die Reduzierung der Nutzungsdauer sei ein Punkt – ich zitiere –, „den wir im Ausschuss besprechen werden“. Inhaltlich bezeichnete er den Antrag – ich zitiere wieder – als „sehr vernünftigen Vorschlag“.

Wie gesagt, das war in der 58. Sitzung des Nationalrates. Inzwischen schreiben wir die 142. Sitzung des Nationalrates, und von der Diskussionsbereitschaft von ÖVP und FPÖ/BZÖ ist wieder einmal nichts übrig geblieben, was ein bezeichnendes Licht wirft sowohl auf Ihr Demokratieverständnis als auch auf Ihr Bewusstsein für die Freizeit- und Tourismuswirtschaft.

Denn die Erfordernisse dieser Branche, des wahrscheinlich wichtigsten Zweiges der heimischen Volkswirtschaft, haben sich in der Zwischenzeit nicht geändert. Erst vor einer Woche war ich wieder in Tirol und Vorarlberg und habe dort mit Gastwirten und Hoteliers gesprochen. Von beiden Seiten wurde mir wiederum versichert, dass eine Verkürzung der Abschreibungsdauer nach wie vor dringend geboten wäre. Wir alle wissen etwa, Kollege Bucher, dass der Erneuerungsbedarf dieser Branche deutlich höher ist als in anderen Branchen, dass etwa Hotelzimmer nach längstens, sage ich einmal, 15 bis höchstens 20 Jahren vollkommen erneuert werden müssen. Daher bestä­tigen uns auch namhafte Finanzwissenschafter, dass die von uns vorgeschla­gene Maßnahme zweifelsfrei verfassungsrechtlich unbedenklich wäre.

Wenn jetzt das Argument kommen wird – wahrscheinlich von Seiten der ÖVP –, man habe für die Branche ohnehin im Zuge der Steuerreform ausreichend vorgesorgt, so darf ich wieder auf meine zahlreichen Gespräche mit Branchenvertretern und Wirt­schaftstreibenden vom Bodensee bis zum Neusiedler See verweisen, die ebenfalls unisono bestätigen, dass sowohl die Körperschaftsteuersenkung als auch die Halb-


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satzbesteuerung der nicht entnommenen Gewinne in der Tourismus- und Freizeitwirt­schaftsbranche das Gros der Betriebe nicht entlastet hat.

Wir sollten daher im Interesse des heimischen Tourismus den gegenständlichen Vor­schlag raschest einer Beschlussfassung zuführen und nicht wieder 84 Sitzungen dieser GP abwarten. (Beifall bei der SPÖ.)

0.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll. Wunschredezeit: 2 Minuten. (Abg. Dr. Stummvoll – auf dem Weg zum Rednerpult –: 1 Minute!) 1 Minute. – Bitte.

 


0.15.05

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag des Kollegen Hoscher hat inhaltlich zweifellos eine gewisse Berechtigung, das ist gar keine Frage. Aber, Herr Kollege Hoscher, wir machen eine Steuerreform nicht nach dem Motto Fleckerlteppich – immer ein bisschen herumschnipseln –, sondern es wird in der nächsten Periode 2008 wieder einen großen Wurf geben, genauso wie die Steuerreform 2004/05 ein großer Wurf war.

Es geht hier nicht nur um den Tourismus, Herr Kollege. Sie machen es sich leicht, Sie spielen hier den Lobbyisten des Tourismus. (Abg. Mag. Hoscher: Ich bin Touris­mussprecher! Das ist meine Aufgabe!) Es gibt auch andere Wirtschaftsbereiche, in denen es genauso wichtig ist, Herr Kollege Hoscher! Wir werden auch darüber diskutieren, ob eine degressive AfA besser als die lineare AfA ist.

Also lassen Sie den Fleckerlteppich! Wir machen eine große Reform, es wird ein großer Wurf werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

0.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Bucher. Wunschredezeit: ebenfalls 1 Minute. – Bitte.

 


0.16.00

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lieber Kollege Hoscher, die Forderungen sind berechtigt. Wir wissen, dass die Abschrei­bungszeiträume längst nicht mehr der Realität entsprechen und dass es gemischte Nutzungsformen gibt.

Unser Ansatz in diese Richtung ist der, dass wir die Abschreibungsfristen über die Finanzierungsdauer von Bankkrediten et cetera angleichen möchten. Das ist etwas ganz Neues, und deshalb bin ich auch sehr gespannt auf unsere Beratungen im Ausschuss.

Aber Sie sollten auch wissen, dass es heute schon möglich ist, kürzere Abschreibungs­fristen zu erzielen, indem man dem Finanzamt einfach ein Gutachten vorlegt. Dann ist die Einsicht gegeben, das auch in einem kürzeren Zeitraum abzuschreiben. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


0.16.51

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Genau so kurz, wie die Kollegen von ÖVP und FPÖ oder BZÖ diesen Punkt hier abgehandelt haben, handeln sie das Thema Tourismus über­haupt ab.


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Darf ich Ihnen nur ein paar Zahlen zur Lage der Tourismusbetriebe in Österreich nennen: Erst ab der Größe von 1 Million € Jahresumsatz wird die Gewinnzone erreicht. Wir haben insgesamt 40 000 touristische Betriebe, davon haben 26 000 Betriebe unter 150 000 € Jahresumsatz. Das heißt, wir haben mehr als die Hälfte der Betriebe im Bereich der absoluten Mikro- und Kleinbetriebe, Familienbetriebe, die zu einem großen Teil niemals in die Gewinnzone kommen. 55 Prozent der Unternehmen sind buch­mäßig überschuldet. – Das sind keine aus dem Ärmel gebeutelten Daten, das sind Daten von der Presseabteilung der Wirtschaftskammer.

Das heißt, wir reden hier von einer Branche, die vermutlich gar nicht mehr bis zum Jahr 2008 – wie Herr Kollege Stummvoll hier vollmundig erklärt hat – warten kann, weil viele von ihnen gar nicht bis dahin existieren werden. Deswegen muss ich mich wirklich diesem Vorhaben des Herrn Kollegen Hoscher anschließen, dass über die Situation der touristischen Betriebe dringend diskutiert werden muss. Allerdings glaube ich nicht, dass die Maßnahme der Einkommensteuerabänderung beziehungsweise die Vier-Prozent-Quote für diese Tourismusbetriebe wirklich eine sinnvolle Lösung mit sich bringt. Wir werden hier andere Modelle maßschneidern müssen, auch andere Förder­modelle.

Wir haben versucht, auch im Bereich der KMU-Förderung Veränderungen einzuführen. Allerdings sind wir auch da, genau wie Kollege Hoscher, im Wirtschaftsausschuss gescheitert. Unser Antrag auf Förderungen für Tourismusbetriebe mit einem Umsatz von unter 150 000 € ist ebenfalls vertagt worden.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit Sie noch aufwenden wollen. Ich glaube nicht, dass der Tourismus noch so viel Zeit hat. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

0.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Ferdinand Maier. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


0.19.21

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich ist über den Tourismus schon sehr viel gesagt worden, ich kann das nur unterstreichen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Insbesondere das, was Dr. Stummvoll gesagt hat, findet meine Zustimmung. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist eine Einser-Rede!)

Ich möchte, da ich offensichtlich oder voraussichtlich der letzte Redner bin, eine Zusammenfassung machen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Letzte zahlt eine Runde!) Es war für mich sehr beeindruckend, dass die Debatte des gestrigen Tages – heute weniger – eigentlich sehr stark unter dem Aspekt der BAWAG stand und vehemente Angriffe gegen die SPÖ, gegen die Gewerkschafter von der SPÖ gerichtet wurden.

Was mir aufgefallen ist, ist, dass Kollege Gusenbauer selten hier war (Abg. Schieder: Zur Sache!) und dass er, wenn er hier war, nichts gesprochen hat. (Abg. Schieder: Zur Sache!) An sich – ich bin kein Jurist – sagt man ja: Wenn jemand schweigt, stimmt er zu. Insofern möchte ich zusammenfassend sagen: Wenigstens Gusenbauer hat erkannt, dass die Angriffe und die Vorwürfe berechtigt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 801/A dem Finanzausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
142. Sitzung / Seite 303

00.20.43 Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 717/A (E) der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend nationale Maßnahmen zum Schutz vor gentech­nisch veränderten Organismen eine Frist bis 25. April 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abgelehnt.

00.21.25 Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 807/A bis 815/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4078/J bis 4100/J eingelangt.

Schließlich sind Anfragen der Abgeordneten Öllinger und Dr. Kräuter an den Präsiden­ten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.22 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.21.58 Schluss der Sitzung: 0.21 Uhr

 

 

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