Stenographisches Protokoll
787. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 22. Juli 2010
787. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 22. Juli 2010
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 22. Juli 2010: 9.03 – 17.35 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle)
2. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden
3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Überbrückungshilfengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 – SVÄG 2010)
6. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert wird
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden
9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeitslosenver
sicherungsgesetz 1977, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010 – SRÄG 2010)
10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird
11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2010 (GSpG-Novelle 2010)
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der Finanzierung der Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds an die ärmsten Entwicklungsländer erlassen und das Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias geändert wird
14. Punkt: Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank
15. Punkt: Bundesgesetz über die Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Gebieten ohne Völkerrechtssubjektivität (Doppelbesteuerungsgesetz – DBG)
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (ABl. Nr. L 302 vom 17.11.2009, S. 1) (Ratingagenturenvollzugsgesetz – RAVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird
17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden
18. Punkt: Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz
19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird
20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden
21. Punkt: Übereinkommen des Europarates über die Vermeidung von Staatenlosigkeit in Zusammenhang mit Staatennachfolge
22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden
23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schauspie
lergesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassengesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Verschmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetzbuch, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugsgebührengesetz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessordnung, die Genossenschaftskonkursverordnung, das EWIV-Ausführungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG)
24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird
25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung)
26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird
27. Punkt: Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010)
28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird
29. Punkt: Jahresvorschau des BMG 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 und des 18-Monate Programms des Rates (spanische, belgische und ungarische Präsidentschaft)
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Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 20
30. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung
einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ (182/A-BR/2010)
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Inhalt
Bundesrat
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Übereinkommen über die Errichtung einer Internationalen Anti-Korruptionsakademie durch den Herrn Bundespräsidenten ........................................................................................................ 16
Antrag der Bundesräte Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen, den Selbständigen Antrag 182/A-BR/2010 der Bundesräte Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme 19, 20
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 15
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 15
Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ................................................................. 18, 18
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 19
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 19
Verhandlungen
1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle) (691 d.B., 978/A und 827 d.B. sowie 8368/BR d.B.) ........................................................................................ 20
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 20
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 21
Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ..... 22
Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 23
Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 26
Mag. Susanne Neuwirth ......................................................................................... ..... 28
Georg Keuschnigg ................................................................................................. ..... 30
Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. ..... 32
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer ........................... ..... 34
Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 35
Ana Blatnik .............................................................................................................. ..... 36
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 38
2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden (1186/A und 830 d.B. sowie 8369/BR d.B.) ................................................................... 38
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 38
Redner/Rednerinnen:
Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 38
Kurt Strohmayer-Dangl ......................................................................................... ..... 40
Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 41
Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 42
Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................................................................. 44
3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (750 d.B. und 832 d.B. sowie 8370/BR d.B.) ................. 44
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 44
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 44
4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden (781 d.B. und 833 d.B. sowie 8350/BR d.B. und 8371/BR d.B.) ................................................................................................................. 45
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 45
Redner/Rednerinnen:
Johann Ertl .............................................................................................................. ..... 45
Elisabeth Grimling .................................................................................................. ..... 47
Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 49
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 50
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 52
Gemeinsame Beratung über
5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Überbrückungshilfengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 – SVÄG 2010) (628 d.B. und 818 d.B. sowie 8355/BR d.B.) ................................................................. 52
Berichterstatterin: Mag. Muna Duzdar ......................................................................... 52
6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (677 d.B. und 819 d.B. sowie 8356/BR d.B.) ........................................................................................ 52
Berichterstatterin: Mag. Muna Duzdar ......................................................................... 56
Redner/Rednerinnen:
Cornelia Michalke ................................................................................................... ..... 53
Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 55
Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ..... 56
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 58
Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 60
Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 62
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 64
Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 66
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 68
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 68
7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert wird (774 d.B. und 824 d.B. sowie 8357/BR d.B.) ............................................................................................................................... 68
Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 68
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 68
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (770 d.B. und 823 d.B. sowie 8349/BR d.B. und 8358/BR d.B.) ................................................................................................................. 69
Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 69
Rednerin:
Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 69
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 70
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche
Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010 – SRÄG 2010) (785 d.B. und 826 d.B. sowie 8359/BR d.B.) 70
Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 70
Redner/Rednerinnen:
Stefan Zangerl ......................................................................................................... ..... 70
Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 72
Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ..... 73
Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 74
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ..... 75
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 76
10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (675 d.B. und 809 d.B. sowie 8367/BR d.B.) ...... 77
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 77
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Grimling .................................................................................................. ..... 77
Günther Köberl ....................................................................................................... ..... 78
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 79
11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2010 (GSpG-Novelle 2010) (657 d.B. und 784 d.B. sowie 8360/BR d.B.) .............................. 79
Berichterstatterin: Inge Posch-Gruska ......................................................................... 79
Redner/Rednerinnen:
Josef Steinkogler .................................................................................................... ..... 80
Johann Kraml .......................................................................................................... ..... 81
Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 81
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 82
Gemeinsame Beratung über
12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (754 d.B. und 802 d.B. sowie 8361/BR d.B.) 82
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................... 83
13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der Finanzierung der Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds an die ärms
ten Entwicklungsländer erlassen und das Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias geändert wird (776 d.B. und 803 d.B. sowie 8362/BR d.B.) ........................................................................................ 82
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................... 83
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (777 d.B. und 804 d.B. sowie 8363/BR d.B.) ................................................................. 83
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................... 83
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Gebieten ohne Völkerrechtssubjektivität (Doppelbesteuerungsgesetz – DBG) (778 d.B. und 805 d.B. sowie 8364/BR d.B.) ......... 83
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................... 83
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 84
Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 86
Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 87
Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. ..... 90
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 93
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 93
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 93
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (ABl. Nr. L 302 vom 17.11.2009, S. 1) (Ratingagenturenvollzugsgesetz – RAVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (1196/A und 806 d.B. sowie 8365/BR d.B.) ...................................................... ..... 93
Berichterstatterin: Inge Posch-Gruska ......................................................................... 93
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 93
Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 94
Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 96
Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 97
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 98
17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundeshaushaltsge
setz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden (775 d.B. und 799 d.B. sowie 8366/BR d.B.) .................................................... 98
Berichterstatterin: Inge Posch-Gruska ......................................................................... 98
Redner/Rednerinnen:
Elmar Podgorschek ................................................................................................ ..... 98
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 99
Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 100
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 101
18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz (753 d.B. und 789 d.B. sowie 8381/BR d.B.) ............................................................................... 101
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ...................................................................... 101
Redner/Rednerinnen:
Dr. Magnus Brunner, LL.M .................................................................................... ... 101
Ing. Hans-Peter Bock ................................................................................................. 103
Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 104
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 106
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 107
Gemeinsame Beratung über
19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (780 d.B. und 790 d.B. sowie 8382/BR d.B.) 107
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ...................................................................... 107
20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (791 d.B. sowie 8383/BR d.B.) ............................................................................................................... 107
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ...................................................................... 107
Redner/Rednerinnen:
Johann Ertl .............................................................................................................. ... 108
Franz Perhab ........................................................................................................... ... 109
Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 109
Johann Kraml .......................................................................................................... ... 111
Friedrich Hensler .................................................................................................... ... 112
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 112
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 19, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 114
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 20, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 114
21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend Übereinkommen des Europarates über die Vermeidung von Staatenlosigkeit in Zusammenhang mit Staatennachfolge (683 d.B. und 834 d.B. sowie 8372/BR d.B.) ............................................................................................................... 114
Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 115
Redner/Rednerinnen:
Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 115
Albrecht Konecny ................................................................................................... ... 116
Stefan Schennach ................................................................................................... ... 117
Bundesminister Dr. Michael Spindelegger ......................................................... ... 119
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 3 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 121
22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (772 d.B., 685 d.B. und 839 d.B. sowie 8353/BR d.B. und 8379/BR d.B.) ........................................................ 121
Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 121
Redner/Rednerinnen:
Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 121
Maria Mosbacher .................................................................................................... ... 122
Johann Ertl .............................................................................................................. ... 123
Stefan Schennach ................................................................................................... ... 124
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 126
23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schauspielergesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassengesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Verschmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetzbuch, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Versicherungsvertragsgesetz 1958,
das Vollzugsgebührengesetz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessordnung, die Genossenschaftskonkursverordnung, das EWIV-Ausführungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG) (771 d.B. und 840 d.B. sowie 8354/BR d.B. und 8380/BR d.B.) ........................................................ 126
Berichterstatter: Günther Kaltenbacher .................................................................... 127
Rednerin:
Maria Mosbacher ........................................................................................................ 127
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 127
24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (782 d.B. und 792 d.B. sowie 8351/BR d.B. und 8373/BR d.B.) ........................................................ 128
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 128
Redner/Rednerinnen:
Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 128
Dr. Magnus Brunner, LL.M .................................................................................... ... 129
Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 130
Ing. Hans-Peter Bock ................................................................................................. 132
Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 133
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 135
25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung) (779 d.B. und 853 d.B. sowie 8352/BR d.B. und 8374/BR d.B.) 136
Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger .............................................................. 136
Redner/Rednerinnen:
Monika Kemperle .................................................................................................... ... 136
Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 138
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 139
Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 140
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 140
26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (751 d.B. und 850 d.B. sowie 8375/BR d.B.) 141
Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger .............................................................. 141
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 141
27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010) (773 d.B. und 852 d.B. sowie 8376/BR d.B.) 141
Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger .............................................................. 141
Redner/Rednerinnen:
Waltraut Hladny ...................................................................................................... ... 141
Elisabeth Greiderer ................................................................................................ ... 142
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 143
28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (672 d.B. und 846 d.B. sowie 8377/BR d.B.) ........... 143
Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................. 143
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Kerschbaum ..................................................................................... 143, 146
Adelheid Ebner ....................................................................................................... ... 144
Georg Keuschnigg ................................................................................................. ... 145
Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 146
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 147
29. Punkt: Jahresvorschau des BMG 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 und des 18-Monate Programms des Rates (spanische, belgische und ungarische Präsidentschaft) (III-398-BR/2010 d.B. sowie 8378/BR d.B.) ................... 147
Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................. 147
Redner/Rednerinnen:
Monika Kemperle .................................................................................................... ... 147
MMag. Barbara Eibinger ........................................................................................ ... 149
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 150
Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 152
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-398-BR/2010 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 152
30. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ (182/A-BR/2010) 152
Annahme des Selbständigen Antrages 182/A-BR/2010 .............................................. 153
Eingebracht wurden
Antrag der Bundesräte
Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ (182/A-BR/2010)
Anfragen der Bundesräte
Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ein Klimaschutzgesetz (2766/J-BR/2010)
MMag. Barbara Eibinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Kampagne „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" (2767/J-BR/2010)
MMag. Barbara Eibinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Kampagne „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ (2768/J-BR/2010)
Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend unverantwortliches Sicherheitsrisiko durch geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke (2769/J-BR/2010)
Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Nachfrage zur Anfragebeantwortung (5227/AB, XXIV. GP) kolportiertem Zuweisungsstopp von Zivildienstleistenden an anerkannte Zivildiensteinrichtungen (2770/J-BR/2010)
Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Transparenzbedarf bei Einkommen und Steueraufkommen aus der Landwirtschaft (2771/J-BR/2010)
Mag. Bettina Rausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Digitalisierung des kulturellen Erbes (2772/J-BR/2010)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung des „Strozzi-Parks“ (2546/AB-BR/2010 zu 2754/J-BR/2010)
des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bundesräte Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen betreffend einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld für Grenzgänger (2547/AB-BR/2010 zu 2755/J-BR/2010)
des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Martin Preineder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichklang der Kontrollmechanismen zwischen Bund – Ländern (2548/AB-BR/2010 zu 2756/J-BR/2010)
der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Vergabe der freien Mobilfunklizenzen (2549/AB-BR/2010 zu 2751/J-BR/2010)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Johann Ertl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Priority-Terminal (2550/AB-BR/2010 zu 2758/J-BR/2010)
der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Josef Steinkogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Denkmalschutz in Hallstatt (2551/AB-BR/2010 zu 2760/J-BR/2010)
Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr
Präsident Martin Preineder: Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 787. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 786. Sitzung des Bundesrates vom 1. Juli 2010 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.
Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Juliane Lugsteiner und Anneliese Junker.
Besonders begrüßen darf ich Herrn Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer. Herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)
Präsident Martin Preineder: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2546/AB bis 2551/AB beziehungsweise jener Verhandlungsgegenstände, die gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen, sowie der Mitteilungen des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend
den Aufenthalt der Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter vom 10. bis 24. Juli 2010 sowie der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek vom 21. Juli bis 24. August 2010 jeweils innerhalb von EU-Mitgliedstaaten und
den Aufenthalt des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer innerhalb des Zeitraumes vom 19. Juli bis 8. August 2010 in Kroatien bei gleichzeitiger Beauftragung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures vom 19. bis 25. Juli sowie der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied vom 26. Juli bis 1. August 2010 und des Weiteren des Bundesministers für Gesundheit Alois Stöger, diplômé, vom 2. bis 8. August 2010 mit seiner Vertretung beziehungsweise
den Aufenthalt der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Dr. Beatrix Karl innerhalb des Zeitraumes vom 17. bis 24. Juli 2010 in Kroatien bei gleichzeitiger Beauftragung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner mit ihrer Vertretung,
den Aufenthalt des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos vom 20. bis 22. Juli 2010 in Bosnien-Herzegowina und die Beauftragung des Bundesministers für Gesundheit Alois Stöger, diplômé, mit seiner Vertretung sowie
jenes Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über ein Übereinkommen über die Errichtung einer Internationalen Anti-Korruptionsakademie
verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 13)
*****
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:
„Der Generalsekretär
für auswärtige Angelegenheiten
Dr. Johannes Kyrle
Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Parlament
Dr. Karl Renner Ring 1-3 06. Juli 2010
1017 Wien GZ: BMeiA-I9.8.33.02/0004-I.2a/2010
Sehr geehrter Herr Präsident!
Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 22. Juni 2010 (Pkt. 21 des Beschl.Prot. Nr. 65) der Herr Bundespräsident am 28. Juni 2010 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Übereinkommen über die Errichtung einer Internationalen Anti-Korruptionsakademie erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.
Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.
Mit meinen besten Grüßen
Beilage“
„Bundesministerium für
europäische und internationale
Angelegenheiten
BMeiA-I9.8.19.03/0019-1.2/2010
Übereinkommen über die Errichtung einer
Internationalen Anti-Korruptionsakademie;
Verhandlungen
V o r t r a g an den M i n i s t e r r a t
Die Republik Österreich, unterstützt vom Land Niederösterreich, bemüht sich seit Jahren um die Errichtung einer Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) in Laxenburg. In Zusammenarbeit mit dem United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC), dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (ICPO – INTERPOL) wird das Projekt derzeit inhaltlich finalisiert. Zunächst war an eine Errichtung der IACA durch INTERPOL gedacht (vgl. das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (ICPO – INTERPOL) über den
Amtssitz der Interpol Anti-Korruptionsakademie in Österreich, BGB\. 111 Nr. 65/2008), nun wird in Aussicht genommen, die IACA durch ein völkerrechtliches Übereinkommen als eigenständige internationale Organisation zu errichten; bis zum Inkrafttreten dieses Übereinkommens erfolgen Vorbereitungsarbeiten zur ab Herbst 2010 geplanten Aufnahme der ersten Lehr- und Forschungstätigkeit durch den „Verein zum Aufbau der IACA“.
Das Übereinkommen soll Staaten und internationalen Organisationen offen stehen.
Für die Verhandlungen über das Übereinkommen wird die nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:
Botschafter Dr. Helmut Tichy Bundesministerium für europäische und
Delegationsleiter internationale Angelegenheiten
Mag. Martin Kreutner Bundesministerium für Inneres
Stv. Delegationsleiter
Gesandter Dr. Johann Brieger Bundesministerium für europäische und
Stv. Delegationsleiter internationale Angelegenheiten
Mag. Nadia Kalb Bundesministerium für europäische und
internationale Angelegenheiten
Die mit der Verhandlung dieses Übereinkommens verbundenen Kosten finden ihre Bedeckung in den Budgetansätzen der jeweils entsendenden Ressorts. Die IACA soll durch freiwillige Beiträge der Vertragsparteien des Übereinkommens und von an der Korruptionsbekämpfung interessierten Einrichtungen und Unternehmen sowie durch Seminar- und Studiengebühren finanziert werden. Das Land Niederösterreich stellt ein renoviertes Gebäude in Laxenburg für den Betrieb der IACA zur Verfügung. Sofern Beiträge des Bundes an die IACA geleistet werden, werden sie aus den dem Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt. Sollten sonstige innerstaatlich für die Korruptionsbekämpfung zuständigen Ressorts das Angebot der IACA freiwillig für spezifische Leistungen in Anspruch nehmen, so werden diese aus den jeweils diesen Ressorts zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt. Die nun in Aussicht genommene Vorgangsweise zur Errichtung und zum Betrieb der IACA wird mit keinen Mehrkosten gegenüber der ursprünglich geplant gewesenen Errichtung und Betreibung der IACA durch ICPO – INTERPOL verbunden sein.
Das Übereinkommen wird gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter haben und daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat unterliegen.
Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.
Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Inneres und der Bundesministerin für Justiz stelle ich daher den
A n t r a g,
die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angeführten Zusammensetzung zu
Verhandlungen über ein Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Anti-Korruptionsakademie zu bevollmächtigen.
Wien, am 21. Juni 2010
SPINDELEGGER m.p.“
*****
Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union:
„Bundeskanzleramt Österreich
Mag. Stephan Leitner
Ministerratsdienst Geschäftszahl: BKA-350.200/0096-I/4/2010
Abteilungsmail:
Sachbearbeiterin: Gabriele MUNSCH
Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at
Telefon: 01/531 15/2217 bzw. 2264
Datum: 21. Juni 2010
An den
Präsidenten des Bundesrates
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundesministerin für Inneres Dr. Maria FEKTER innerhalb des Zeitraumes vom 10. bis 24. Juli 2010 in Frankreich aufhalten wird.
Mit freundlichen Grüßen“
*****
„Bundeskanzleramt Österreich
Mag. Stephan Leitner
Ministerratsdienst Geschäftszahl: BKA-350.200/0098-I/4/2010
Abteilungsmail:
Sachbearbeiterin: Gabriele MUNSCH
Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at
Telefon: 01/531 15/2217 bzw. 2264
Datum: 21. Juni 2010
An den
Präsidenten des Bundesrates
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele HEINISCH-HOSEK innerhalb des Zeitraumes vom 21. Juli bis 4. August 2010 in London und Paris aufhalten wird.
Mit freundlichen Grüßen“
*****
Beschlüsse des Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen:
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Haftungsübernahme für die Ausstellung „Michelangelo.Zeichnungen eines Genies“ (1195/A und 807/NR der Beilagen),
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2010 geändert wird (752 und 798/NR der Beilagen).
*****
Präsident Martin Preineder: Eingelangt ist der 5. Österreichische Familienbericht 1999 bis 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend – Sie haben ihn, glaube ich, erhalten (Bundesrat Mag. Klug: Ja, ausreichend!), er ist sehr umfangreich –, der dem Ausschuss für Familie und Jugend zur Vorberatung zugewiesen wurde.
Außerdem ist die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates eingelangt, die dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.
Darüber hinaus ist der Neunte Umweltkontrollbericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eingelangt, der dem Umweltausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.
Ebenso eingelangt ist der Außenpolitische Bericht 2009 der Bundesregierung, der dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zugewiesen wurde.
Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Bericht, die beziehungsweise der jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.
Antrag gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR
Präsident Martin Preineder: Ich gebe bekannt, dass von den Bundesräten Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates der Selbständige Antrag 182/A-BR/2010 auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ eingebracht wurde.
Des Weiteren wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates beantragt, diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorberatung in Verhandlung zu nehmen.
Ich lasse daher über den Antrag der Bundesräte Preineder, Mag. Neuwirth, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen, den gegenständlichen Antrag 182/A-BR/2010 auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bun
desrates ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen.
Hiefür ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, den Antrag 182/A-BR/2010 ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Ich werde daher die Tagesordnung um den Antrag 182/A-BR/2010 ergänzen und diesen als 30. und somit letzten Tagesordnungspunkt in Verhandlung nehmen.
*****
Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände und den Selbständigen Antrag 182/A-BR/2010 der Bundesräte Preineder, Mag. Neuwirth, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.
Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Martin Preineder: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 5 und 6, 12 bis 15 sowie 19 und 20 unter einem zu verhandeln.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Wir werden daher so vorgehen.
Somit können wir in die Tagesordnung eingehen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle) (691 d.B., 978/A und 827 d.B. sowie 8368/BR d.B.)
Präsident Martin Preineder: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europä
ischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle).
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Martin Preineder: Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.
9.11
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Nach wie vor herrscht bei den freiheitlichen Bundesräten Freude darüber, dass einmal ein Gesetzesantrag des Bundesrates an den Nationalrat in eine Gesetzesfassung – nämlich die vorliegende – eingeflossen ist. Sogar noch mehr. In diesem Fall ist der Bundesrat mächtiger, möchte ich jetzt fast sagen, als der Nationalrat, wenn man sich den § 23e Abs. 2 anschaut, wo festgelegt ist, dass die Gründe für ein Abweichen einer Stellungnahme unverzüglich mitzuteilen sind.
Demgegenüber ist der Nationalrat ein wenig schlechter gestellt. Da steht nämlich, der zuständige Bundesminister hat dem Nationalrat nach der Abstimmung in der Europäischen Union unverzüglich Bericht zu erstatten und ihm gegebenenfalls die Gründe mitzuteilen. Also da obliegt es dem Minister, ob er die Gründe mitteilen möchte oder nicht, was ich andererseits auch wieder als Wermutstropfen sehe, weil ich denke, der Nationalrat ist eben auch ein Organ, ein wichtiges Organ der Gesetzgebung und sollte hier nicht schlechter gestellt sein. Wir wären also dafür, dass auch dem Nationalrat Gründe mitgeteilt werden müssen.
Das wäre aber jetzt nicht ein essentieller Grund, zu sagen, deswegen lehnen wir diese Begleitnovelle ab, wiewohl ich meinen Kollegen im Nationalrat durchaus recht gebe, die ja Befürchtungen geäußert haben, dass die Regierungsmehrheit im Bundesrat, derzeit bestehend aus SPÖ und ÖVP, ohne Weiteres über Stellungnahmen der Länder darüberfahren könnte. Wir haben ja nicht nur einmal erlebt, dass auch einstimmige Anträge aus den Landtagen vom Bundesrat einfach negiert worden sind, wiewohl sich der Bundesrat als Länderkammer versteht. Also die Befürchtung steht im Raum und ist nicht unbegründet.
Ich habe es auch nicht gut gefunden, dass die Bedenken des Landeshauptmannes Häupl auf etwas schnoddrige Art und Weise behandelt wurden, indem gesagt wurde, denen schreiben wir einfach – und ich bin jetzt nicht der Verteidiger des Landeshauptmannes Häupl der SPÖ Wien. (Bundesrat Mag. Klug: Nichts Unanständiges!) Auch Landtagspräsident Van Staa aus Tirol hat sich ähnlich geäußert. Es haben sich im Ausschuss auch Städtebund und Gemeindebund durchaus kritisch zu der Vorlage geäußert, weil sie natürlich auch Befürchtungen haben, dass ihre Kompetenzen oder ihre Macht, wie man es will, gestutzt werden könnten. (Bundesrat Konecny: Sie haben missverstanden, was die gesagt haben!) Ich glaube aber trotzdem, dass man mit einem Landeshauptmann eines so wichtigen Bundeslandes nicht so umgehen sollte, dass man sagt, wir schreiben ihm einen Brief und erklären es ihm halt, aber ansonsten reden wir nicht mit ihm.
Ich denke, Gespräche sind in einer Demokratie immer wichtig. Kommunikation ist einer der Pfeiler der Demokratie. Das hätte man meiner Meinung nach ruhig machen können. Es wäre uns kein Zacken aus der Krone gefallen.
Natürlich wären das jetzt alles keine Ablehnungsgründe von unserer Seite für einen Antrag oder für eine Novelle, für die wir Bundesräte durchaus Sympathie haben, aber dem steht natürlich der Lissabon-Vertrag entgegen, der ja noch immer nicht vom Tisch ist. Es ist zwar die Klage vom Verfassungsgerichtshof abgewiesen worden, aber wir sagen, aus durchsichtigen formalen Gründen. Inhaltlich geprüft wurde es ja nicht.
Unsere Meinung hat sich ja diesbezüglich nicht geändert, dass der Lissabon-Vertrag einer Volksabstimmung hätte unterzogen werden müssen. Daher sehen wir diese Begleitnovelle jetzt so ähnlich wie bei einem schwebenden Gerichtsverfahren. Hier wollen wir nicht eingreifen, indem wir substanziell eine Zustimmung erteilen, auch wenn wir die Tatsache der Möglichkeit einer Gleichstellung von National- und Bundesrat, was Subsidiaritätsrüge und -klage betrifft, durchaus gut finden.
Aber solange das Thema Lissabon nicht geklärt ist – und wir überlegen, das ist ja schon durch die Medien gegangen, eine neuerliche Klage einzubringen –, können wir dem nicht zustimmen. Wenn Sie also so wollen, werden wir diese Gesetzesnovelle wohlwollend ablehnen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
9.16
Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.
9.16
Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zum wiederholten Mal, weil ja die Initiative vom Bundesrat ausgegangen ist, setzen wir uns sehr intensiv mit dieser Lissabon-Begleitnovelle auseinander, und das zu Recht.
Es wurde bei der Debatte im Nationalrat, die ich zur Gänze verfolgt habe, mehrmals darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine sehr wertvolle Initiative des Bundesrates handelt und der Nationalrat diese Initiative aufgegriffen hat. Man soll Begriffe wie „Sternstunde“ nicht überstrapazieren, aber in der Geschichte des Bundesrates, der Länderkammer ist das zweifellos eine Sternstunde, weil es sich bei dieser Gesetzesinitiative des Bundesrates meiner persönlichen Meinung nach um eine der wichtigsten Verfassungsgesetznovellen in der Zweiten Republik handelt, und zwar deshalb, weil 1995 nach dem Beitritt Österreichs und dem Beitrittsvertrag bestimmte Rechte natürlich den nationalen Parlamenten eingeräumt wurden, aber es war damals noch nicht absehbar, dass das in diesem Ausmaß und in dieser Qualität erfolgen würde. Jetzt gibt es laut dieser Novelle, die Bestandteil unserer Verfassung ist, ein Recht der Mitsprache, der Mitgestaltung im europäischen Entwicklungsprozess.
Natürlich gibt es auch andere Instrumente, etwa die durch den Lissabon-Vertrag geschaffene Möglichkeit eines europäischen Volksbegehrens. Es gibt jetzt auch für die nationalen Parlamente das Instrument der Subsidiaritätsrüge und der Subsidiaritätsklage, und die zuständigen Organe dieses Hauses haben die Chance ergriffen, sind selbst in Vorlage getreten und haben diesen Gesetzesantrag formuliert. Ich halte das auch für ein Modell, wie man in Zukunft mit wichtigen Fragen in dieser Republik umgehen kann. Man kann dieses Modell durchaus verwenden, um andere wichtige Fragen für den Nationalrat entsprechend aufzubereiten und diese dann gemeinsam zu beschließen.
Europa ist immer in Bewegung, Europa ist eine ständige Herausforderung, Europa ist immer eine Demokratiewerkstatt, wenn man das so bezeichnen will, und Europa ist immer auf dem Weg. Und dieser Weg geht aus der Sicht Österreichs in eine gute Richtung, da wir jetzt als nationales Parlament mehr Rechte erhalten, die wir selbst verlangt haben.
Ich erinnere an die österreichische EU-Präsidentschaft im Jahr 2006, unter der die Subsidiaritätskonferenz unter dem Motto „Europa fängt zu Hause an“ in St. Pölten durchgeführt wurde und im Rahmen derer wir selbst diese Forderung nach mehr Mitbestimmung für die nationalen Parlamente gestellt haben. Zu unser aller Überraschung ist schon wenige Wochen später die Vorlage an das Haus geschickt worden. Wir haben also genug Zeit gehabt, das im Trockentraining zu üben und uns in diesem Mitgestaltungsprozess für Europa entsprechend zu konditionieren.
Bei der Debatte im Nationalrat ist mir einiges aufgefallen. Ein Oppositionsredner hat gesagt: Na ja, das ist ja nur eine Beschäftigungstherapie für die nationalen Parlamente! Ich habe mir dann gedacht: So abwertend kann man das nicht sehen!, aber je länger ich mich mit dem Gedanken, mit dem Wort „Beschäftigungstherapie“ befasst habe, umso mehr bin ich zu der Auffassung gekommen: So unrecht hat der gar nicht!
Wir werden dadurch gezwungen, uns mit den Materien intensiv zu beschäftigen, und es hat doch einen Vorteil, wenn wir uns in diesem Hause intensiver mit Fragen der europäischen Entwicklung beschäftigen: Wir werden noch sattelfester, wir werden überzeugter, wir können besser auftreten gegenüber den WählerInnen und BürgerInnen dieses Landes, wenn wir in den Materien sicher sind. Wir können dem Bürger gegenüber sagen, dass wir uns mit diesen Vorlagen beschäftigt haben. Wir haben uns beraten, wir haben Experten beigezogen – und wir haben das für gut befunden oder wir haben das gerügt oder wir werden das klagen. Das ist doch ein wesentlicher Fortschritt, und das hat sicher mit Beschäftigung, mit intensiver Beschäftigung zu tun. Und dafür sind wir ja da, dafür werden wir auch bezahlt, dazu werden wir als Mandatare durch die Bürger beauftragt. Das kann man doch nicht abwertend „Beschäftigungstherapie“ nennen!
Wenn wir schon bei den medizinischen Begriffen sind: Das ist ein wichtiges Instrument, eine Medizin, ein Rezept gegen die Eurosklerose. Das ist eine Therapie gegen die Eurosklerose!
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, Europa wird damit qualitativ besser. Wir werden informierter. Die Vorgänge werden transparenter. Europa ist immer im Umbruch, und diese Initiative des Bundesrates soll uns auch Hoffnung geben, damit wir die zukünftigen Fragen Europas, wie Finanzmarktkontrolle und alles Mögliche, was da noch im Raum steht und noch nicht gelöst ist, besser lösen können.
Ich bedanke mich bei allen, die daran qualitativ mitgearbeitet haben, die konstruktive Arbeit geleistet haben, auch bei unserem Vorsitzenden des EU-Ausschusses Georg Keuschnigg und auch bei allen, die im Nationalrat mitgewirkt haben, dass diese Initiative des Bundesrates so erfolgreich umgesetzt werden kann.
Wir als Bundesrat haben in dieser Frage das erste Wort gehabt, und wir haben heute das letzte Wort in dieser Verfassungsfrage. Das zeigt uns auch, dass der Bundesrat kein zahnloses Instrument ist, sondern dass er – und damit wir – sehr wohl mitbestimmen und mitberaten kann, wie es in Europa weitergeht. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)
9.23
Präsident Martin Preineder: Es war eine willkürliche, aber nicht absichtliche Umstellung der Rednerliste. (Bundesrat Konecny: Herr Präsident, Sie sind der Präsident!) Ich darf nun Herrn Professor Konecny als Nächsten um seine Ausführungen bitten.
9.23
Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident, dem ich nicht gram bin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist nicht nur unter dem Ge
sichtspunkt des Bundesrates ein guter Tag für die Republik. Die Lissabon-Begleitnovelle ist viel zu lange politisch blockiert gewesen. Es wäre für unser Land gut gewesen, wenn wir diese klaren Regelungen früher hätten beschließen können. Es ist ein besonderer Tag für den Bundesrat, denn es geschieht ja, Gottfried Kneifel hat schon darauf hingewiesen, nicht so oft in diesem Land, dass ein Gesetzesvorschlag des Bundesrates – wir haben einen Gesamtantrag erarbeitet, wenn auch auf der Basis der Regierungsvorlage – vom Nationalrat beschlossen wird und dann wieder zu uns als letzter parlamentarischer Instanz – in jedem Fall, aber eben auch in diesem Fall – zurückkommt.
Der Nationalrat hat nicht nur unseren Änderungsvorschlägen vollinhaltlich zugestimmt, sondern er hat das auch schon am Beginn im Ausschuss zum Ausdruck gebracht, als die Verhandlungen dort eben nicht – Entschuldigung, Herr Staatssekretär – auf der Basis der Regierungsvorlage, sondern auf der Basis des Antrags des Bundesrates begonnen wurden. Das ist ungewöhnlich, das ist auch ein bisschen eine Auszeichnung, es ist aber auch Ausdruck der Tatsache, dass wir uns redlich bemüht haben, eine vernünftige Formulierung, keine, die sozusagen „Bundesratsimperialismus“ beinhaltet, zu finden. Es gibt Abstufungen in den Rechten, und der Kernpunkt ist natürlich, dass wir uns von der Möglichkeit der Nutzung der Subsidiaritätsklage nicht ausschließen lassen wollten.
Die seinerzeitige Beschlussfassung über diesen Antrag ist sozusagen auch damals mit wohlwollendem Nicht-Mitstimmen der FPÖ zustande gekommen. Frau Bundesrätin Mühlwerth hat angekündigt, heute wohlwollend dagegen stimmen zu wollen – das ist zweifellos eine Bereicherung des parlamentarischen Vokabulars, aber wir wissen das, wir haben so vielen Gesetzen nicht wohlwollend zugestimmt; es geht auch in der anderen Richtung. (Heiterkeit.)
Die FPÖ hat dem Vertrag von Lissabon nicht zugestimmt, sie lehnt ihn ab – die Frau Kollegin hat das wiederholt. Ich verstehe innerhalb gewisser Grenzen ihr heutiges Abstimmungsverhalten, aber es ist klar, dass die große Mehrheit sowohl des Nationalrates als auch dieses Hauses diese Lissabon-Verfassungsgesetznovelle für richtig und vor allem für notwendig hält.
Ich habe nicht die Absicht zu wiederholen, was Kollege Kneifel schon über die Entwicklung gesagt hat, aber klar ist, dass die Europäische Union ein Projekt mit zwei Seiten ist: Auf der einen Seite kann die Europäische Union ihre Aufgabe nur dann erfüllen, wenn es tatsächlich mehr Gemeinsamkeit gibt. Es ist in höchstem Maße widersprüchlich, wenn in vielen nationalen Diskussionen an verständlichen und nicht ganz so verständlichen Punkten die Forderung auftaucht: Aber das muss ja nun wirklich Brüssel lösen!, und es gleichzeitig große Zurückhaltung gibt, wenn es darum geht, Kompetenzen an die Europäische Union abzutreten. Ich glaube nicht, dass ich mich in besonderer Weise als Prophet betätige, aber es ist ganz klar, dass der Bedarf an gemeinsamen Regelungen über den heutigen Rechtsstand des Vertrages in Zukunft noch hinausgehen wird und hinausgehen muss. Wenn diese Europäische Union ihre Aufgabe erfüllen soll, dann muss sie ein hohes Maß an Regelungsmöglichkeiten haben. Aber das ist eben nur die eine Seite.
Die andere Seite: Gegenüber den Mitgliedstaaten, deren Parlamenten, aber vor allem auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieser Mitgliedstaaten muss es real, nicht nur auf dem Papier, Mitbestimmungs-, Korrektur- und Einspruchsmöglichkeiten geben. Das hat es bisher in dieser Form überhaupt nicht gegeben. Die Philosophie der Europäischen Union war stets: Die nationalen Parlamente – und in Wirklichkeit auch die nationalen Bürger – sollen sich mit ihren nationalen Regierungen auseinandersetzen, sollen ihnen Aufträge für die Ratssitzungen mit auf den Weg geben, sollen ihnen sagen, welche Vorschläge sie unterbreiten sollen, aber es gibt keinen direkten
Kontakt zwischen der Europäischen Kommission und den nationalen Parlamenten. Das hat sich in zunehmendem Maße als untragbar erwiesen. Das kann man von nationalen Parlamenten nicht erwarten – noch dazu, das sage ich jetzt in Klammer, weil nationale Regierungen irgendwie eine immanente Tendenz haben, eine Mehrheit in ihrem jeweiligen Parlament zu haben, und daher dieses Scrutinizing ein bisschen problematisch ist, weil man ja der eigenen Regierung nicht unbedingt Probleme bereiten möchte.
Es ist also zum ersten Mal so, dass es diesen Direktkontakt mit den nationalen Parlamenten gibt. Und wenn – das dauert mir schon viel zu lange – die Rechtsgrundlagen für das Europäische Bürgerbegehren endlich geschaffen sein werden, gibt es auch für die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Brüssel direkt zu sagen, was man haben möchte oder, im Fall der Subsidiarität, was man sicherlich nicht haben möchte.
Gottfried Kneifel hat darauf hingewiesen, dass wir geübt haben, wie das mit der Subsidiarität ist – wir waren gar nicht schlecht. Und ich sage dazu: Auch die Kommission hat geübt. Die damals zuständige Kommissarin und Vizepräsidentin hat darauf hingewiesen, dass es faszinierend ist, ihren Beamten zuzuschauen, wie sie lernen müssen, sich mit Widerspruch auseinanderzusetzen. Das waren sie bis dahin nicht gewohnt.
Es ist auch unsere Aufgabe, diesen Gewöhnungsprozess fortzusetzen, wobei – nicht im Vertrag, nicht in diesem Gesetz – der strukturierte Dialog ja auch solch ein Element, zwar nicht der formalen Mitbestimmung, aber eines fruchtbaren Dialoges sein kann und hoffentlich sein wird, nämlich einfach in Stellungnahmen, die sich nicht auf die Subsidiarität, sondern auf Inhalte beziehen, der Kommission im Vorfeld – in einem inoffiziellen Begutachtungsverfahren, wenn man will – zu sagen, welche Regelungen man für ausbaufähig und welche für kritikwürdig hält. Ich glaube, wir sollten auch von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – und wir haben es in einem konkreten Fall auch schon getan, ebenso wie der Nationalrat –, den Dialog zu eröffnen, damit diese Brücke zwischen den Nationalstaaten und der Kommission nicht zu einem Steg, sondern zu einer stark befahrenen Autobahnbrücke wird.
Die Novelle, die wir heute zweifelsfrei mit großer Mehrheit beschließen werden, bringt eine weitestgehende Gleichstellung des Bundesrates mit dem Nationalrat in der Ausübung der Rechte, die den nationalen Parlamenten zustehen – auf gleicher Augenhöhe wie der Nationalrat, aber eben auch unabhängig von diesem. Was immer wir beschließen, ist unsere Angelegenheit, nach gründlichen politischen Erwägungen, und geht direkt an die Adressaten.
Wir wissen und wir haben gelernt, wie kurz im Subsidiaritätsverfahren die acht Wochen sind. In unserem Fall sind sie besonders kurz, weil wir uns ja an die Länder zu wenden haben – ich korrigiere mich –, an die Landtage zu wenden haben, weil dieser Dialogprozess ein parlamentarischer ist.
Das wird zu gewissen Anpassungsschwierigkeiten in den Bundesländern führen. Wir haben bislang die Kooperation mit den Landesregierungen beziehungsweise deren Verbindungsstelle gepflegt. Ich meine, fragen kann man jeden, aber unsere Partner sind die neun Landtage, und dass sich die in jeder Verästelung der Aufgabe, die auf sie zukommt, bewusst sind, würde ich in Zweifel ziehen, aber es ist unsere Aufgabe, sie für die Mitarbeit und zur raschen Mitarbeit zu gewinnen, denn es ist gar keine Frage: Acht Wochen sind, wenn man sozusagen Meinungen einholt, sehr knapp. Und ich weiß – Gottfried Kneifel weiß es, und Kollege Keuschnigg weiß es –, dass im Übungsverfahren kein einziges Mal rechtzeitig genügend Stellungnahmen eingelangt
sind, auf dass eine Karte hätte gezückt werden können. Das sollte uns zu denken geben, und es sollte uns zu besonderem Eifer anspornen.
Wir haben einen richtigen Schritt getan, und ich sage dazu, wir haben ihn auch rechtzeitig getan. Und das ist der Grund dafür, Frau Kollegin Mühlwerth, dass wir den uns schriftlich mitgeteilten Wünschen des Tiroler Landtagspräsidenten und des Wiener Landeshauptmannes nicht beigetreten sind und diesen Punkt heute beschließen und nicht von der Tagesordnung absetzen.
Der Dialog mit den Ländern ist für uns wichtig, aber der Mitteilung, dass Diskussionsbedarf besteht, kann nicht gefolgt werden, denn es geht dabei um eine Frage, die monatelang diskutiert wurde, die unter großen Schwierigkeiten eine Mehrheit im Nationalrat gefunden hat – und das ist nichts, was man aufs Spiel setzen soll, indem man in letzter Sekunde noch einmal den Zug aufhält.
Die Verfassung und die Gesetze beinhalten immer die Möglichkeit von Novellen. Eine breite Initiative der Länder, in welche Richtung auch immer, wird sicherlich gründlich zu beraten sein – von uns, aber auch von anderen. Aber jetzt sollten wir Lissabon Realität werden lassen, auf einer gesicherten verfassungsgesetzlichen Grundlage und mit all dem Eifer, den wir bisher schon in diese Sache gesteckt haben. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)
9.36
Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
9.36
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich erinnere mich noch an die Sitzung, bei der wir hier diesen Beschluss des Bundesrates gefasst haben. Es war für mich damals wahrlich kein einfacher Moment – das können Sie sich denken –: die Regierungsparteien in Verhandlungen mit jener Oppositionspartei, die bereit war, da tatsächlich in die Tiefe zu verhandeln für eine Zweidrittelmehrheit, und wir geben hier vorab zu einer Gesetzesinitiative die Zustimmung, die in dieser Weise dann auch Eingang in das Gesamtgesetz gefunden hat. Der Druck war nicht unerheblich, aber der Druck zeigt auch das gesamte Ringen um den Lissabon-Vertrag und um eine Verfassung in Europa.
Ich denke, wir sind da auf einem richtigen Weg, und es ist richtig und wichtig, was da heute Gesetz wird. Es ist nicht nur, was das Verhältnis des Bundesrates betrifft, sondern für den Parlamentarismus generell ein ganz besonderer Augenblick, denn im Bereich der Stärkung der parlamentarischen Mitwirkungsrechte in Europa hat es noch nie solch einen Quantensprung gegeben wie durch die heutige Beschlussfassung, durch dieses Gesetz, das von allen Seiten auch hinsichtlich der Besonderheit des Zustandekommens, der Ausgestaltung und auch des juristischen Aufbaus gelobt wurde. Es wurde in der Debatte – ich war auch anwesend – als „elegantes Gesetz“ dieser Republik bezeichnet.
Das Besondere hat Kollege Konecny schon hervorgehoben: dass für die nationalen Parlamente erstmals die Möglichkeit besteht, sich direkt – direkt! – zu Vorhaben der Europäischen Union an die Europäische Union zu wenden, und dass sie das Recht einer Subsidiaritätsklage, einer Subsidiaritätsrüge, aber auch ein Vetorecht haben, das zwar von der FPÖ bezweifelt wird – unter Artikel 23i findet man es –, das aber ein tatsächliches Vetorecht zu den gesamten Brückenklausel-Initiativen und zu den Passerelle-Bestimmungen ist.
Ja, so wichtig es ist, den Lissabon-Vertrag weiter dynamisch zu halten und ihn nicht als etwas Starres zu betrachten – so kann es auch eine Weiterentwicklung durch den Rat
geben; wir brauchen diese Dynamik in Europa –, noch wichtiger ist es, dass wir auf der anderen Seite hier die vollen Mitwirkungsrechte als Parlamentarier haben und auch entsprechende Initiativen setzen beziehungsweise auch Nein sagen können, wenn ein Nein gesagt werden muss.
Interessant ist, dass wir die im Jahr 1994 beschlossenen und damals sehr erfolgreichen Verhandlungen – Sie erinnern sich, es war so ein kleiner demokratischer Frühling, auch damals fehlte die Zweidrittelmehrheit und auch damals wurde eine sehr umfangreiche Mitwirkung zum Beispiel mit der Bindung von Regierungsmitgliedern beschlossen – jetzt mit der heutigen Vorlage noch einmal verbessern konnten, insbesondere zum Beispiel die Offenlegung der österreichischen Position, die Berichtspflichten der Regierungsmitglieder, die verstärkte Befassung des Nationalrats – aber auch bei uns im Bundesrat wird sich diese Frage stellen – und der Fachausschüsse mit EU-Themen, aber auch die EU-Datenbank und, und, und. Es wird eine ganze Reihe von Dingen geregelt, die ein ganz, ganz immanent wichtiger Schritt des Parlamentarismus sind.
Kollege Konecny hat, glaube ich, gesagt: Das ist alles rechtzeitig. – Es ist rechtzeitig. Hätten wir die letzten eineinhalb Jahre europäische Politik ohne das Konstrukt des Lissabon-Vertrages nicht und hätten wir nicht auch tatsächlich eine Weichenstellung genommen, nämlich diese langwierige Frage: Ist die EU ein Bundesstaat oder ein Staatenbund? Letztlich haben wir eine Vertiefung in Richtung Bundesstaat schon längst eingeschlagen, insbesondere im Bereich des Budgets und der Wirtschaftspolitik. Das macht es notwendig.
Einige Kollegen von uns hier sind ja auch immer wieder in der COSAC. Auch für die COSAC ist das jetzt ein ganz wichtiger Schritt. Auch die COSAC, die Vereinigung der europäischen Parlamente, kann nun diese Chance nützen, um noch mehr zu einem parlamentarischen Netzwerk zu werden und ein wesentlich stärkeres gemeinsames Auftreten zu haben.
Ich glaube, Kollege Kneifel hat schon gesagt, dass wir in der Subsidiaritätsfrage ja schon recht fleißig waren und der österreichische Bundesrat der Allererste in Europa war, der die dritte Eisenbahnrichtlinie damals in Beratung genommen hat. Es war eine mehrstündige Debatte, die ich damals als extrem informativ und spannend empfunden habe. Ich gestehe, ich bin in diese Debatte gegangen und habe nicht ganz genau gewusst, wie glücklich ich wieder zurückkommen werde. Das war eine sehr, sehr intensive und spannende Diskussion, die genau gezeigt hat, wie spannend eigentlich diese Materien sein können, wenn wir in diese Vertiefung gehen.
Das ist eine extreme Arbeit und extrem viel Arbeit, die hier auf uns lastet, auch in der Kombination mit den Landtagen, aber das ist die Zukunft des Parlamentarismus in Europa: einerseits die Vernetzung innerhalb der europäischen nationalen Parlamente und andererseits der direkte Kontakt der Parlamente mit der Europäischen Union.
Nur, wir sind noch nicht am Ende dieses Prozesses angelangt. Es fehlen ja noch ein paar gesetzliche Regelungen, die im Herbst in Aussicht gestellt wurden: zum einen das Informationsgesetz, das im Herbst in Beratung kommt, das parallel zu diesem Gesetz kommen muss, und ich weiß nicht, ob nicht dann die Praxis zeigen wird – Kollege Konecny schaut mich schon an –, dass es noch Adaptierungen der Geschäftsordnung geben wird müssen. Ich glaube, das wird notwendig sein.
Insgesamt ist das tatsächlich nicht nur eine Sternstunde für den Bundesrat, lieber Kollege Kneifel, sondern eine Sternstunde für den Parlamentarismus in Österreich und in Europa. Es ist ein gutes Gesetz. – Danke. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)
9.44
Präsident Martin Preineder: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth zu Wort. – Bitte.
9.45
Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben ja schon darauf hingewiesen, dass es selten im österreichischen Parlament eine Verfassungsänderung gegeben hat, die vom Parlament selbst eingeleitet worden ist. Noch viel seltener hat der Bundesrat dabei eine wirklich wesentliche Rolle gespielt. Deshalb bin ich der Meinung, wenn am Ende dieser Debatte heute ein Beschluss mit großer Mehrheit gefasst werden wird, können wir uns auch selber gratulieren, und zwar alle, die daran mitgewirkt haben, unabhängig davon, wer die erste Unterschrift auf diesem Antrag geleistet hat. Wir können stolz drauf sein, dass der Bundesrat nun gleichberechtigt mit dem Nationalrat insbesondere im Rahmen des Subsidiaritätsverfahrens mitwirken kann.
Ich möchte mich nicht nur bei all jenen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die daran mitgewirkt haben, sondern auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Klubs für ihre wirklich ganz hervorragende Arbeit. Herzlichen Dank an alle!
Jeder und jede, der oder die das Gesetz liest, weiß, dass es sich um eine Ausweitung der Rechte des Parlaments und somit auch des Bundesrates handelt. Die Subsidiaritätsrüge kann auch vom Bundesrat mit einfacher Mehrheit wahrgenommen werden, bei der Subsidiaritätsklage einer schon beschlossenen Gesetzesvorlage kann auch der Bundesrat sein Veto dagegen einlegen, allerdings – wie wir wissen – eingeschränkt auf jene Teile, die die Vollziehung oder die Gesetzgebung der Länder beeinträchtigen würden. Auch bei der Passerelle-Klausel hat der Bundesrat das Recht, dem Minister oder der Ministerin mit Zweidrittelmehrheit einen Beschluss mitzugeben, von der Einstimmigkeit abzuweichen oder eben auch nicht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das österreichische Parlament verfügt also europaweit über eigentlich beispiellose Mitwirkungsrechte bei EU-Beschlüssen. Nationalrat und Bundesrat – wie ich schon gesagt habe – haben das Recht, jedes Regierungsmitglied mit eindeutigen Direktiven für Verhandlungen und Beschlüsse im EU-Rat zu binden. Weder der Bundeskanzler noch die Minister haben die Möglichkeit, von diesem parlamentarischen Votum abzuweichen, außer bei zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen.
Neben den neuen Möglichkeiten der direkten Demokratie, auf die auch schon hingewiesen worden ist, nämlich dem europäischen Bürgerbegehren – es wird ja jetzt hoffentlich bald einmal so weit sein, dass wir eines einleiten können –, wertet der Lissabon-Vertrag – und das ist mir als Bundesrätin besonders wichtig – auch jene politischen Ebenen, jene Gremien auf, die den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten stehen, nämlich die Gemeinderäte, die Regionalparlamente und auch die Landtage. Bei zukünftigen EU-Gesetzesvorlagen müssen auch ihre Kompetenzen berücksichtigt werden und sie vorab in umfangreichen Stellungnahmeverfahren gehört werden. Erstmals in der Geschichte der Europäischen Union ist das Recht auf lokale und regionale Selbstverwaltung im EU-Vertrag verankert.
Auch das Subsidiaritätsprinzip hat eine lokale und regionale Dimension. So kann zum Beispiel einem EU-Gesetzesvorhaben durch die Landtage bereits in der Entstehungsphase die sogenannte gelbe Karte gezeigt werden, falls es das Subsidiaritätsprinzip zu verletzen droht, also das Prinzip, dass politische Entscheidungen in Europa so bürgernah wie möglich getroffen werden müssen, denn die EU – das wissen wir ja alle, die Bürgerinnen und Bürger werden es erst mit der Zeit erfahren – darf nur dann tätig werden, wenn das zu erreichende Ziel nicht besser auf nationaler, regionaler oder eben kommunaler Ebene erreicht werden kann.
Gleichzeitig erhält auch der Ausschuss der Regionen neue Rechte, nämlich ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen wurde oder regionale oder kommunale Zuständigkeiten verletzt wurden.
Werte Kolleginnen und Kollegen, es geht nun darum, all diese theoretischen Maßnahmen, für die wir heute die rechtliche Basis beschließen, mit Leben zu erfüllen und in die Praxis umzusetzen. Wie wir das machen werden, wird die Zukunft zeigen. Ich bin überzeugt davon, dass es dafür nicht nur weiterhin einer ganz, ganz aktiven Tätigkeit aller Bundesrätinnen und Bundesräte, des Bundesrates an sich und auch seines Europaausschusses bedarf, sondern sicher noch vieler anderer Aktivitäten, und dass die Vernetzung mit den Landtagen und den Kommunen stattfinden muss, um diese Arbeit wirklich so effizient wie möglich gestalten zu können.
Ich denke – Kollege Konecny hat darauf hingewiesen –, es wird vor allen Dingen auch auf uns ankommen, darauf, dass wir Informationen so rasch wie möglich weitergeben, um Stellungnahmen eben in der erforderlichen Zeit zu bekommen. Da gibt es noch einige Hürden zu nehmen. Kollege Konecny hat auch auf die Probleme der Landtage hingewiesen. Auch ich bin überzeugt davon, dass es noch längst nicht allen Landtagen wirklich klar ist, wie aktiv ihre Rolle in Zukunft sein wird und wie knapp die Fristen bemessen sind. Da wird es noch einiges an Aktivitäten geben müssen.
Natürlich sind auch die Kommunen aufgerufen, die neuen rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen und in die Praxis umzusetzen, unabhängig davon – ehrlicherweise gesagt –, wie viele Sitze der Städte- und Gemeindebund zukünftig im Ausschuss der Regionen haben wird, denn es gibt zahllose Aktivitätsmöglichkeiten jenseits dieser Sitzfrage.
Derzeit wird ja unter dem Vorsitz von Salzburg und Vorarlberg am Aufbau einer Länderkonferenz unter dem Titel „Subsidiaritätskontrolle“ unter Beteiligung von Vertretern der Landtagskanzleien, des Bundesratsdienstes und des österreichischen Städte- und Gemeindebundes gearbeitet. Das ist noch nicht ganz fertig. Wir gehen davon aus, dass im nächsten Jahr fertiggestellt sein wird, wie die gesamte Abwicklung zu geschehen hat, um eben auch die Kommunikation und die Koordination zwischen den einzelnen Bereichen zu verbessern.
Wir alle sind ja auch in den Landtagen unserer Bundesländer vertreten. Viele von uns arbeiten aktiv in der Kommunalpolitik. Es liegt nun auch an uns, diese Chance zu nützen, denn es geht nicht nur um die Aufwertung des Bundesrates und die Stellung des Bundesrates, sondern es geht einfach auch um die aktive Mitarbeit und Mitbestimmung aller relevanten Gebietskörperschaften, um Informationsweitergabe, um Vernetzung.
Ich sehe darin auch eine weitere Chance, Europa den Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen und aufzuzeigen, dass es eben nicht stimmt, dass alles, was schlecht ist, aus Brüssel kommt. Es liegt an uns, diese Lissabon-Begleitnovelle auch in die Praxis umzusetzen und die Möglichkeiten der Kontrolle und der Mitgestaltung zu nutzen.
Ich nehme an, dass dieser doch sehr erfreuliche Tag heute trotz des heißen Sommers auch die notwendige Aufbruchsstimmung mit sich bringt, dass wir diese Arbeit spätestens im Herbst voll Freude und Elan angehen werden. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
9.51
Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.
9.52
Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Mit der Beschlussfassung dieser Novelle erleben wir heute in zweierlei Hinsicht eine Aufwertung des Bundesrates: zum Ersten auf dem großen Feld der europäischen Politik. Es wurde ja schon andiskutiert. Es geht, so glaube ich, nicht so sehr nur um das Selbstwertgefühl des Bundesrates oder um die Stellung des Bundesrates. Es geht darum, ob wir für die Republik Österreich, für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger einen Nutzen stiften können. Ich glaube, auf diesem Feld der Europapolitik, auf dem wir weitgehend die gleichen Rechte wie der Nationalrat haben, können wir einen sehr wertvollen Beitrag leisten.
Der zweite Bereich betrifft die Zusammenarbeit mit den Ländern, die mit diesem Vertrag von Lissabon eine völlig neue Qualität erhält. Es wurde in dieser Debatte schon mehrfach angeschnitten, dass das nicht immer ganz einfach sein wird. Es liegt, so glaube ich, an uns, dass wir nicht bei dieser Novelle stehen bleiben, sondern dass wir Werkzeuge entwickeln, Diskussionsformen entwickeln, auf deren Basis eine sinnvolle Zusammenarbeit und Einbindung und das Hereinnehmen der Positionen in den Ländern gelingen kann. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Wege.
Die Instrumente wurden schon vorgestellt. Ich darf nur auf eines noch ganz besonders verweisen, auf die Brückenklausel, weil wir damit eine ganz besonders starke Stellung der nationalen Parlamente haben. Bei der Brückenklausel, also beim Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip auf europäischer Ebene, kann es ja nur um ganz große Fragen gehen. Bei diesen ganz großen Fragen brauchen wir in Zukunft die Zweidrittelmehrheit des Nationalrates und des Bundesrates.
Das heißt – wir können uns das plakativ vorstellen –, wenn es möglicherweise zu großen Spannungen zwischen Nord und Süd in Europa in der Frage der Wasserbewirtschaftung kommt, dann braucht es die Zweidrittelmehrheit des Nationalrates und des Bundesrates, um auf europäischer Ebene ein solches Politikfeld zu regeln. Damit haben wir eine unglaublich starke Position. Ich glaube, das ist insgesamt für den Parlamentarismus in Österreich eine Sternstunde.
Wir haben mit diesem Vertrag von Lissabon jetzt die Instrumente in der Hand – ich sage einmal vorab: in der Theorie und auf dem Papier –, um die sogenannte überschießende Regelungswut der Europäischen Union in den Griff zu bekommen. Die Klage darüber ist ja landläufig und Dauerthema in der österreichischen Politik. Ich darf nur dieses ewige Reizthema, nämlich die Regelung der Bananenkrümmung oder die letzte „Großbaustelle“, die Glühbirnenverordnung der Europäischen Union, anführen.
Ich darf noch eine ganz kleines Beispiel nennen, über das wir vor zwei Tagen diskutiert haben. Dieses Feuerzeug hat eine schöne Kindersicherung. (Der Redner hält ein Feuerzeug in die Höhe.) Muss es sein, dass so etwas in Zukunft auf europäischer Ebene geregelt wird oder regeln wir uns solche Dinge selbst? Ich möchte nicht polemisieren, sondern nur darauf hinweisen: Wir werden in Zukunft bei jeder Materie entscheiden müssen und sollen, ob wir das besser national zu regeln in der Lage sind oder ob wir uns eine europäische Regelung wünschen oder eine solche stattfinden lassen.
Es gibt im Europaausschuss jede Menge sinnvoller Vorlagen, bezüglich derer es auch ganz klar unsere Meinung war, dass die europäische Regelung sinnvoll ist. Ich denke nur, wir hatten vor wenigen Wochen das internationale Erbrecht auf der Tagesordnung, wir hatten das Scheidungsrecht: Selbstverständlich wollen wir da vernünftige europäische Regelungen haben. Beim letzten Europaausschuss ging es um diese Bankenaufsichtsfragen. Da wissen wir selbstverständlich: Das sind internationale Materien, wo
jedes Mitgliedsland selbst überfordert ist. Aus dem Grund betrachten wir diese Regelung auf europäischer Ebene mit Wohlwollen.
Wir betreten mit dem Lissabon-Vertrag in mehrfacher Hinsicht Neuland. Es ist nicht nur die Europäische Union mitten im Umbau begriffen, von den Führungsinstrumenten bis zur Aufwertung des Europäischen Parlamentes und so weiter. Bei uns geht es darum, ob dieser Vertrag von Lissabon und diese Subsidiaritätskontrolle definitiv in der europäischen Politikarchitektur Substanz bekommt, ob das wirklich Wirkung erzielen kann.
Ich weise darauf hin, es gibt 27 Mitgliedsländer, also 54 Stimmen. Das heißt, bei jeder Rüge müssen wir ein Drittel dieser Stimmen, sprich, 18 Stimmen zustande bringen. Nun ist die Frage: Versanden wir da oder bringen wir da die PS auf den Boden? Das ist, so glaube ich, die ganz entscheidende Frage, ob wir da über Theorie reden. Aus diesem Grund habe ich vorher gesagt: Wir haben die Rechte auf dem Papier, wir müssen das alles mit Leben erfüllen.
Es gibt auf der COSAC, der Konferenz der Europaausschussvorsitzenden beider Kammern – also der ersten Kammern und der zweiten Kammern – der Parlamente, intensive Debatten darüber, wie dieses Clearing-Verfahren der nationalen Parlamente in Europa ablaufen kann. Unsere Meinung ist, dass in der COSAC bei jedem Einspruch, der sich in einem Parlament abzeichnet, sofort die Informationsmaschinerie inklusive der Argumente anlaufen muss, dass jeder bei den europäischen Parlamenten sofort mitbekommt: Was läuft da ab? Warum gibt es da Vorbehalte? Schließen wir uns diesen Vorbehalten an?, sodass insgesamt das Selbstbewusstsein der Parlamente in dieser europäischen Politik eingebracht werden kann und dieser Vertrag von Lissabon die Wirkung erzielen kann.
Neuland ist auch – ich habe schon darauf hingewiesen – das Zusammenwirken mit den Ländern. Das verdient, so glaube ich, eine gewisse Vertiefung der Diskussion. Wir haben nur acht Wochen Zeit. In acht Wochen kann man nicht einmal in der Theorie einen Landtagsausschuss und eine Plenarsitzung des Landtages und so weiter einberufen, dass wir dann im Bundesrat nach Behandlung in unserem Europaausschuss das noch beschließen können. Das wird in der Praxis nicht wirklich so funktionieren.
Mein Zugang und unser Zugang ist, dass wir im Vorfeld bereits die politische Sensibilisierung in den Landtagen stattfinden lassen müssen. Ich darf Herrn Präsidentem Preineder herzlich danken, dass er die Initiative ergriffen hat, im Herbst eine Europakonferenz – den Termin finden Sie auf Ihren Tischen – abzuführen, weil es die Zielsetzung sein muss, dass die Sensibilisierung bei den großen Materien schon so stark im Vorfeld stattfindet, dass die Landtage dann, wenn sie betroffen sind und wenn sie sich intensiv einbringen wollen, nicht warten müssen, bis formal die Vorlage auf dem Tisch liegt, sondern sich vorher schon rechtzeitig politisch positionieren können und dieses Ineinandergreifen der politischen Ebenen funktioniert.
Das heißt, wir sind mitten in der Bewegung sowohl in Richtung Europäische Union, was die Vernetzung mit den EU-Mitgliedsländern betrifft, wie auch dahin, im eigenen Land die Zusammenarbeit mit den Ländern zu organisieren. Der Vertrag von Lissabon ist für uns, glaube ich, eine Chance, aber er ist vor allem auch eine große Herausforderung. Ich würde auch diese Debatte, so wie sie hier im Bundesrat heute stattfindet, und die Art und Weise des Zusammenwirkens, wie man sie im Europaausschuss erfahren konnte, dieses besondere Klima im Bundesrat als eine Chance sehen, in Österreich die Europapolitik unaufgeregt, sachorientiert stattfinden zu lassen und an diesen Bereich einfach mit einem sehr konstruktiven Geist heranzugehen.
Wir alle, so wie wir hier sitzen, wissen, dass die Debatte in der ersten Kammer oft viel stärker parteipolitisch aufgeladen ist, dass man sich dort noch schwerer tut, zu einem
Konsens zu kommen. Meine Erfahrung hier im Bundesrat ist, dass das sehr effizient funktioniert und dass wir hier wirklich eine sehr geordnete Europapolitik gestalten können, und das ist eine Freude.
So gesehen erleben wir wirklich eine historische Phase in der gesamten europäischen Politik und auch in der österreichischen Politik. Es ist eine Chance für uns, hier in einem ganz wesentlichen Politikfeld mitzuwirken, Nutzen für Österreich zu stiften. Ich habe eine große Freude, daran mitwirken zu können, und bedanke mich auch für die große Mehrheit, die sich hier abzeichnet. Ich meine, dies ist eine sehr sinnvolle Stunde für den österreichischen Bundesrat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
10.01
Präsident Martin Preineder: Danke, Kollege Keuschnigg, für deine Ausführungen, danke aber auch für dein Engagement als Vorsitzender des EU-Ausschusses.
Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. – Bitte.
10.01
Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde ja von meinen Vorrednern und Vorrednerinnen schon sehr stark darauf hingewiesen, welche besondere Bedeutung diese Gesetzesnovelle für den Bundesrat hat.
Es ist gesagt worden, der Bundesrat erführe damit im Verfassungsgefüge, in seinen Mitwirkungsrechten an den Vorhaben in der Europäischen Union eine politische Aufwertung. Diese Aufwertung ist notwendig für die gelebte Demokratie und für Europa – Europa, das manchmal in Verruf kommt wegen der fehlenden demokratischen Strukturen und der fehlenden Transparenz.
Für den Bundesrat war das meines Erachtens auch ein wichtiger Schritt im richtigen Moment, vergegenwärtigt man sich die öffentlichen Diskussionen in der letzten Zeit, in welchen über die Sinnhaftigkeit und die Legitimität des Bundesrates gerätselt wurde und mitunter vonseiten mancher Politikerinnen und Politiker die Forderung nach Abschaffung nicht zu überhören war. Jene, die dies fordern, haben meines Erachtens wenig Ahnung von der österreichischen Verfassungsgeschichte, denn der Bundesrat ist ja bereits mit der ersten Bundesverfassung 1920 geschaffen worden und war bereits in den Anfängen der jungen demokratischen Republik Österreich ein wichtiger Bestandteil des demokratischen Gefüges. Als Ausdruck des Prinzips des Föderalismus ist er in einem föderal organisierten Staat wie Österreich unverzichtbar.
Im Zusammenhang mit dieser Gesetzesnovelle hat der Bundesrat ein enorm starkes Lebenszeichen gesetzt, denn er hat den ersten Gesetzentwurf des Nationalrates nicht so hingenommen und ein Mehr an Rechten für den Bundesrat gefordert. Damit ist er in Aktion getreten und hat aktiven Parlamentarismus vorgelebt, und er hat diesen Gesetzentwurf mit einem eigenen Gesetzesantrag dahin gehend geändert, dass nun hinsichtlich der Einbringung der Subsidiaritätsklage der Bundesrat dem Nationalrat gleichgestellt wurde und nun der Bundesrat jeden Gesetzgebungsakt im Rahmen der Europäischen Union genauso wie der Nationalrat wegen Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten kann. Auch die Stellungnahmen des Bundesrates sind nun von ihrer Bindungswirkung den Stellungnahmen des Nationalrates gleichgestellt worden, sprich: Der zuständige Bundesminister kann nicht von der Stellungnahme abweichen, wenn der Bundesrat der Abweichung widerspricht.
Auch seiner Aufgabe, die Interessen der Länder zu vertreten und zu wahren, ist der Bundesrat nachgekommen und hat den Wünschen der Länder Rechnung getragen, indem er sich nun verpflichtet hat, bei der Beschlussfassung von begründeten Stel
lungnahmen die Stellungnahmen der Länder zu erwägen und die Landtage über die von ihm gefassten Beschlüsse zu unterrichten. Und – es ist hier ebenfalls bereits erwähnt worden –: Beim Übergang von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit, beim Übergang von einem besonderen zu einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren hat der Nationalrat mit Zustimmung des Bundesrates jetzt die Möglichkeit zur Ablehnung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn nun mit dieser Novelle Nationalrat und Bundesrat mehr Kompetenz und mehr Einfluss erhalten, dann ist das natürlich kein Selbstzweck, sondern eine Stärkung der Volksvertretung. Es bedeutet in erster Linie mehr Kontrolle, mehr Transparenz und mehr Einfluss letztendlich der Bürgerinnen und Bürger. Insgesamt bedeutet dies eine stärkere Beteiligung des österreichischen Parlaments an den Vorhaben der Europäischen Union.
Gerade die Legitimität des europäischen Integrationsprojektes erfordert mehr denn je viel Demokratie und Transparenz. Ich habe selbst in meiner sechsmonatigen Praktikumszeit im Europäischen Parlament miterleben müssen, wie stark die Diskrepanz ist zwischen dem, was in den europäischen Institutionen geschieht und entschieden wird, und dem, was dann letztendlich davon in den Ländern bekannt wird und bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt. Bei dieser fehlenden Transparenz hat man manchmal den Eindruck, dass es manchen politischen Akteurinnen und Akteuren und manchen Gruppen und Wirtschafts- und Finanzlobbys auch recht ist, dass Bürgerinnen und Bürger in Europa gar nicht immer so recht mitbekommen, was dort eigentlich so vor sich geht und welche Entscheidungen dort getroffen werden. Natürlich spielt auch die Komplexität dieses Entscheidungsgefüges mit dabei, dass den Bürgerinnen und Bürgern manchmal der Durchblick fehlt.
Die Entwicklung der Vorhaben der Europäischen Union darf daher nicht an den nationalen Parlamenten vorbeigehen, denn die nationalen Parlamente sind, was die EU-Gesetzgebungsvorhaben betrifft, nicht nur dazu da, diese Fülle ins innerstaatliche Recht umzusetzen und somit in Wirklichkeit zu einem administrativen Organ zu werden, sondern sie müssen auch richtige Akteure in diesen Entscheidungsprozessen in der Europäischen Union werden. Das ist gelebter Parlamentarismus und eine wirkliche Chance, die EU ihren Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen.
Daher ist diese Novelle ein richtiger und wichtiger Schritt und wertet natürlich den Nationalrat und Bundesrat auf. Jetzt haben nämlich die Minister eine Berichtspflicht zu den legislativen Vorhaben in der Europäischen Union. Jetzt kann das Parlament stärker eingreifen und den Ministern und Ministerinnen im Rat Vorgaben machen und sie durch bindende Stellungnahmen mehr in die Verantwortung und in die Pflicht nehmen. Und: Jetzt kann das Parlament auf die europäischen Gesetzentwürfe mit Subsidiaritätsrügen und auf die Gesetze mit Subsidiaritätsklagen reagieren, sollte sich die Europäische Union Kompetenzen herausnehmen, die ihr nicht zustehen, und kann eine aktive Rolle einnehmen, die eine enorme Herausforderung für die nationalen Parlamente bedeutet. Dies ist ein großer Erfolg!
Dieses Gesetzesnovelle ist ein erster Schritt in einer Entwicklung zu mehr Demokratie in Europa. Dies darf aber an dieser Stelle nicht enden, sondern muss weitergehen, und die Parlamente müssen zu wichtigen Triebfedern und Motoren der Demokratisierung Europas werden. Seite an Seite müssen die nationalen Parlamente gemeinsam mit dem Europäischen Parlament den Rat kontrollieren und ihn mit Vorgaben binden.
Es bleibt daher noch einiges zu tun auf dem Weg zu einem demokratischen Europa und einem Europa der Menschen. Die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger hat ja mitunter damit zu tun, dass manchmal bei den Menschen der Eindruck entsteht, dass sie trotz Wahlen nichts bewegen können und dass sich die Politik ihrer
Macht entledigt hat und ihre Entscheidungskraft verloren hat und dass mit der zunehmenden Durchdringung aller Bereiche unserer Gesellschaft durch die Wirtschaft gesellschaftliche Entwicklungen ausschließlich von Dividenden und Aktien abhängen. (Bundesrat Perhab: Das habe ich schon vermisst!) – Na, jetzt ist es da! (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Dieser Hunger kann gestillt werden!)
Ein starker Parlamentarismus national, europaweit, eine starke Volksvertretung könnte dieser Entwicklung ein bisschen den Wind aus den Segeln nehmen und den Glauben der Menschen an unser politisches System stärken. Mit dieser Novelle sind wir diesem Anspruch etwas näher gekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
10.09
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte.
10.10
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da es eine Novelle ist, die von Ihnen ausgegangen ist, vom Parlament ausgegangen ist und nicht von der Regierung, hätte ich jetzt auf eine Wortmeldung verzichten können; aber da mich, als ich hier eingetroffen bin, eine Kollegin begrüßt hat und gesagt hat, Sie sind ja schon Stammgast, habe ich mir gedacht, ich melde mich jetzt doch zu Wort.
Stammgast ist jemand, der gerne wohin geht. Ich kann Ihnen sagen, ich bin dankbar, dass ich hier sein darf, und zwar aus mehreren Gründen. Der eine ist: Es ist immer wieder eine Überraschung. Beim letzten Mal war es Herr Bundesrat Schennach, der, soweit mir erinnerlich, zum ORF-Gesetz gesagt hat, dass er zu 95 Prozent dieses Gesetz hervorragend findet und dann diesem trotzdem nicht zugestimmt hat. (Heiterkeit.) Bei der Debatte im Nationalrat haben Abgeordnete der FPÖ die Rechte, die ja jetzt schon intensiv diskutiert und besprochen wurden, teilweise als Farce, als Augenauswischerei bezeichnet. Insofern war es durchaus angenehm, hier den Ausführungen von Frau Kollegin Mühlwerth zuzuhören. Was ich wieder gelernt habe, ist: Man ist wohlwollend einer Novelle gegenüber – und lehnt sie aber trotzdem ab! Das war die zweite Überraschung.
Aber es gibt auch einen anderen Grund, warum ich dankbar bin, hier zu sein: Es ist gewissermaßen auch ein historischer Moment. Zum einen, wie das Gesetz zustande gekommen ist: als Initiative ausgehend vom Parlament, vom Bundesrat – ich weiß, dass Mitarbeiter von uns ein bisschen im Hintergrund unterstützen durften, aber es ist trotzdem Ihre Initiative. Und das andere ist: Es ist, sagen mir Verfassungsexperten, tatsächlich die größte parlamentarische Novelle der Verfassung, unserer Bundesverfassung.
Ich glaube, man kann es wie folgt zusammenfassen: Es gab den großen Ausspruch „mehr Demokratie wagen“. Dieses Gesetz ist ein Beispiel für „mehr Demokratie wagen“. Es werden die Rechte des Parlaments, die Rechte des Bundesrates deutlich ausgeweitet. Diese müssen, wie schon mehrfach gesagt worden ist, jetzt natürlich auch genutzt werden. Das ist klar, das ist bei jedem Gesetz so: Es ist nur so gut, wie letztendlich auch seine Anwendung und die Ausnutzung der Möglichkeiten, die damit eingeräumt werden.
Es gibt aber einen zweiten Punkt – das wurde heute auch schon erwähnt, ich mache es daher kurz –, der jenen Aspekt betrifft, den Kollegin Duzdar jetzt besonders hervorgestrichen hat, nämlich die Frage „mehr Demokratie in Europa“. Es gibt im Lissabon-Vertrag das Instrument der „europäischen Bürgerinitiative“. Darum wird ge
rungen. Es hat sich am 12. Juli das Europäische Parlament mit dem Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, auseinandergesetzt, und es sollte das Ziel sein, dass im heurigen Jahr noch die endgültigen Regeln, wie so eine europäische Bürgerinitiative funktionieren soll, feststehen. Und Ziel sollte natürlich sein, dass es möglichst einfache Regeln sind – und nicht Regeln, die die Hürden so hoch hinaufschrauben, dass dieses Instrument dann letztendlich nicht genutzt wird.
Es gibt, wie Sie wissen, schon inhaltliche Vorschläge für solche Bürgerinitiativen. Das heißt, der Rahmen muss jetzt noch endgültig festgelegt werden. Und meine Bitte an Sie ist, dass Sie überall dort, wo es Ihnen möglich ist, auch diesen Prozess unterstützen, dass auch in diesem Bereich dann mehr Demokratie in Europa möglich ist.
Abschließend darf ich Ihnen nochmals sowohl zum Gesetzgebungsprozess als auch zum Ergebnis gratulieren. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
10.14
Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.
10.14
Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man heute den ersten Punkt unserer Tagesordnung betrachtet, dann kann man sagen: Es ist es erfreulich, dass er an erster Stelle steht. Das zweite Erfreuliche ist, dass hier im Bundesrat aber auch eine gewisse feierliche Stimmung herrscht, weil dieser Beschluss, der jetzt demnächst gefasst werden wird, eine Sternstunde des Bundesrates ist, wie schon Kollege Schennach und Kollege Keuschnigg gesagt haben.
Es ist auch sehr schön, dass man den Ausdruck „Sternstunde“ verwendet, denn eine ganz berühmte Novellensammlung von Stefan Zweig hat diesen Ausdruck ja auch in ihrem Titel. Dort wird zwar von den „Sternstunden der Menschheit“ gesprochen, aber es gibt eben auch in jeder Organisation Momente, die zweifelsohne als Sternstunden einzuordnen sind. Wir müssen uns aber auch bewusst sein, dass mit dieser Sternstunde nun eine besondere Rolle auf uns Bundesräte zukommt und dass wir sehr viel an Knochenarbeit zu tun haben, um diesen neuen Möglichkeiten gerecht zu werden.
In weiterer Folge wird es ja noch notwendig sein, dass hier verschiedene weitere Gesetze erlassen werden – ein Informationsgesetz etwa –, aber auch, dass festgelegt wird, wie zum Beispiel in den Ausschüssen sowohl des Nationalrates als auch des Bundesrates in Hinkunft europäische Materien zu behandeln sind, denn vor allem auf die Fachausschüsse wird einiges zukommen.
Wenn das alles eingetreten ist, haben wir etwas erreicht: dass einerseits hier mehr Information gegeben ist. Und wenn Frau Kollegin Duzdar der Meinung ist, dass das Europaparlament nicht entsprechend informiert, dann erlaube ich mir, hier zu widersprechen: Ich bin schon der Auffassung, dass man, wenn man Informationen aus dem Bereich des Europäischen Parlaments haben möchte, diese auch bekommt, sei es über die diversen Pages und was es eben so alles gibt, und in Form von Ausdrucken. Nur muss man sich eben bemühen, sie zu bekommen. Daher ist dieser Angriff – mangelnde Demokratie im Bereich Brüssel, Straßburg – meiner Ansicht nach nicht angebracht.
Und wenn wir schon von Demokratiedefiziten reden – und, Herr Staatssekretär, entschuldigen Sie, dass ich hier eine Nuance anders spreche als Sie –: Auch wir Bundesräte sind im Grunde genommen indirekt gewählt, denn direkt gewählt sind wir nicht, sondern wir werden durch die Landtage bestimmt. Und wenn ich zum Beispiel
den Präsidenten der Europäischen Union, Barroso, betrachte: Der ist auch indirekt gewählt worden, und viele andere auch. Daher: Hinsichtlich „Demokratiedefizit“ vorsichtig sein, denn dieser Ausdruck könnte missverstanden werden!
Nun zu der eigentlichen Novelle, die heute vorliegt. Über Subsidiaritätsrüge/-klage, Passerelle-/Brückenklausel wurde schon ausführlich gesprochen, ich möchte daher darauf nicht eingehen. Aber in Hinkunft ist es ganz besonders interessant und wichtig, dass die Beschlüsse des Rates im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik einer neuen Regelung unterliegen, nämlich, dass wir in Hinkunft so umfassend und rechtzeitig zu unterrichten sind, damit eben die Prüfung und Entscheidung über die Erstellung von Stellungnahmen entsprechend ermöglicht werden. – Das ist die eine Seite.
Die zweite Seite ist, dass es hier aber auch Straffungen gibt, die in der Verfassungsgesetznovelle vor allem den Artikel 23e Abs. 3 betreffen, dass hier die Absätze 2 bis 4 zusammengefügt werden.
Etwas Weiteres ist die sogenannte Generalklausel, die im Artikel 23f enthalten sein wird. Und hier nur eine kleine Bemerkung als Vorsitzender des Innenausschusses des Bundesrates: Europol und Eurojust werden in Hinkunft einer besonderen Kontrolle unterliegen, denn hier gibt es gewisse Genehmigungsvorbehalte. Wir haben ein Recht auf Information durch die europäischen Organe und vor allem eine Mitwirkung an der parlamentarischen Kontrolle dieser wichtigen Einrichtungen.
Zuletzt möchte ich noch auf den Artikel 23j kurz eingehen, der die verfassungsmäßige Grundlage für die österreichische Mitwirkung an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik schafft. Hier werden die Bestimmungen des Lissabon-Vertrags entsprechend eingearbeitet, und Österreich hat weiterhin die Möglichkeit – und das möchte ich unterstreichen –, dass wir darüber, ob und auf welche Weise wir uns einbringen werden, selbst entscheiden.
Zuletzt sei gesagt, dass das heute für uns Europabefürworter – und das ist die große Mehrheit der Bundesratsmitglieder – ein schöner und großer Tag ist. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)
10.19
Präsident Martin Preineder: Als Nächste und Letzte hiezu zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.
10.19
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Gospod president! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Gospod državni sekretar! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Ja, es ist ein historischer Moment. Es ist ein großer Erfolg, eine große Verbesserung, die wir nützen müssen. Erlauben Sie mir, dass ich allen, die an diesem Gesetz mitgewirkt haben, vor allem bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für diese hervorragende Arbeit recht herzlich danke.
Durch dieses Begleitgesetz werden Bundesrat und Nationalrat eine stärkere Position in Europa haben. Es wird mehr Europa in das österreichische Parlament importiert, es werden aber auch mehr klare Positionierungen nach Europa exportiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Novelle zeugt von einem neuen Selbstbewusstsein des Bundesrates und des Nationalrates. Das Thema Selbstbewusstsein ist wichtig, deshalb müssen wir auch unsere Arbeit wertschätzen – unsere neue Arbeit, denn unsere Tätigkeit wird sich verändern. Das, was Herr Kollege Kühnel und Herr Kollege Kneifel gesagt haben, stimmt: Es wird von uns abhängen, was wir daraus machen, und es ist unsere Pflicht, unsere Chance, viel daraus zu machen, denn wer sonst als wir
Bundesräte und Bundesrätinnen setzt sich für eine Aufwertung des Bundesrates ein? – Und dies ist eine Aufwertung des Bundesrates.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Subsidiarität ist eine große Chance, ist eine große Herausforderung und kann auch für ein neues Image dieses Hauses dienen, denn diese Novelle – ich werde das jetzt zusammenfassen, weil das von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon gesagt worden ist – spricht von einer klaren Gleichbehandlung von Parlamenten, die zwei Stimmen durch zwei getrennte Kammern haben.
Bei diesem Begleitgesetz handelt es sich um eine Ausweitung der Rechte des Parlaments, es handelt sich um eine Ausweitung der Mitwirkungsbefugnisse von Nationalrat und Bundesrat. Die nationalen Parlamente insgesamt werden dadurch in den Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene besser eingebunden werden.
Die nationalen Parlamente können in einer Vernetzung den Informationsaustausch untereinander verbessern und mehr zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen und den nationalen Institutionen ist einfach außerordentlich wichtig. Ohne Zusammenarbeit, so meine ich, kann das Ziel Europa, das Ziel des Miteinander, das Ziel des Friedens nicht erreicht werden. Und dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist selbstverständlich ein verstärkter Dialog, eine verbesserte Kommunikation notwendig. Und ich glaube, wenn das funktioniert, wird das dem Projekt Europa wirklich guttun.
Ich möchte noch ganz kurz auf das Informationsgesetz eingehen, das zum Jahresende erstellt werden soll. Über die Berichterstattung ist von den Vorrednern schon vieles gesagt worden, ich möchte aber auf einen Punkt hinweisen: Es würde vor allem auch jenen Abgeordneten viel bringen, die nicht immer mit EU-Angelegenheiten befasst sind, weil in Zukunft EU-Materien zusätzlich in den Fachausschüssen beraten werden und die Abgeordneten die Möglichkeit erhalten, diese Berichte einer Plenardebatte zuzuführen und Stellung zu beziehen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mehr Demokratie in Europa soll es, wie von meiner Kollegin angesprochen worden ist, durch die Schaffung einer „europäischen Bürgerinitiative“ geben. Ich hoffe, dass gerade durch diese Bürgerinitiative mehr Verständnis für die und hoffentlich auch mehr Akzeptanz der Europäischen Union hervorgerufen werden kann.
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Dies ist der Anfang, und jeder Anfang braucht eine Fortsetzung – und dieses Gesetz muss selbstverständlich weiter reifen, fortgesetzt werden.
(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – Danke. Hvala. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zangerl.)
10.25
Präsident Martin Preineder: Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.
Dann darf ich nur kurz sagen: Ich glaube, es ist wichtig, diesen Prozess fortzusetzen. Es wurde heute von einer Sternstunde des Parlamentarismus gesprochen, von mehr Demokratie in der Europäischen Union. Was mich besonders freut, ist, dass dies eine Gesetzesinitiative des Bundesrates ist, die wir hier am 2. Juni eingebracht haben und eigentlich auch in relativ kurzer Zeit entsprechend umsetzen konnten. Ich glaube, darauf dürfen wir mit Recht stolz sein.
Die Debatte ist hiermit geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden (1186/A und 830 d.B. sowie 8369/BR d.B.)
Präsident Martin Preineder: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird sowie ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Präsident Martin Preineder: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.
10.28
Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der sogenannten Nulllohnrunde für Politikerinnen und Politiker und der durchaus verständlicherweise populismusanfälligen Gesamtdebatte, erlauben Sie mir ganz kurz festzustellen, worum es aus meiner Sicht bei diesem Tagesordnungspunkt keinesfalls geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fassen nun keinen Beschluss – und da schaue ich jetzt quer durch die Fraktionen in viele Augen –, mit dem wir die Arbeit des Bundesrates selbst bewerten. Wir versuchen also nicht, ihn aufzuwerten – im Konkreten wäre es ja wohl eine Bestrafung. Darum geht es also in diesem Zusammenhang meines Erachtens keinesfalls. Eine Nulllohnrunde für Politikerinnen und Politiker bedeutet natürlich in der Substanz de facto eine Reduzierung, daher sollten wir den Fokus darauf richten, worum es in diesem Zusammenhang keinesfalls geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sich laufend modifizierende Arbeit der Politikerinnen und Politiker, insbesondere in den beiden Kammern der Bundesgesetzgebung, unterliegt zweifelsohne den verschiedensten Anforderungen. Wir haben beim vorigen Tagesordnungspunkt eine Anforderung beschlossen, die neu auf uns zukommt und uns die Arbeit keinesfalls erleichtern, aber für uns umso interessanter machen wird.
Wenn sich jemand in die Fragen der geänderten Arbeitsbedingungen im Parlament einschlägig vertiefen möchte, für den verweise ich in diesem Zusammenhang auf das Protokoll des Nationalrates zu diesem Tagesordnungspunkt. Unserem Klubobmann Dr. Josef Cap ist es, glaube ich, hervorragend gelungen, eine Analyse der Veränderungen der parlamentarischen Arbeit sehr, sehr treffend in den Vordergrund zu rücken, und ich muss das daher an dieser Stelle nicht wiederholen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht bei diesem Tagesordnungspunkt und bei dieser sogenannten Nulllohnrunde auch nicht um einen Kniefall der Politik vor einer etwaigen negativen medialen Berichterstattung, die da lauten könnte: Es ist absehbar, dass im öffentlichen Haushalt die eine oder andere Einsparung vorzunehmen ist, aber bei den Politikerinnen und Politikern wird nicht gespart. – Auch um diesen Kniefall geht es meines Erachtens nicht! (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)
Worum geht es meines Erachtens dann tatsächlich, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Die österreichische Bundesregierung hat sich, letztlich mit parlamentarischer Unterstützung, dazu durchgerungen, in einer besonders exponierten Zeit – ich betone: in einer besonders exponierten Zeit! – auch aus der Sicht der Politik den einzig richtigen Beitrag zu leisten.
Mit der „besonders exponierten Zeit“, werte Kolleginnen und Kollegen, meine ich eine wirtschaftlich besonders angespannte Situation. Wir haben das bei vielen, vielen anderen Tagesordnungspunkten schon diskutiert. Ich nenne in diesem Zusammenhang nicht nur die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, sondern ich als sozialdemokratischer Bundesrat habe dabei selbstverständlich auch den österreichischen Arbeitsmarkt besonders im Fokus. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur das Stichwort „Arbeitslosigkeit“, wo sich Gott sei Dank die Lage langsam entspannt, aber ich bringe in diesem Zusammenhang auch das Stichwort „Kurzarbeit“ und den Umstand, dass viele Österreicherinnen und Österreicher von dieser „besonders exponierten Zeit“ besonders betroffen sind.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich meine aber auch, dass es im Wesentlichen darum geht, vor dem Hintergrund der bevorstehenden Debatte, die uns mit Sicherheit den Sommer über begleiten wird, aber auch im Herbst im Zusammenhang mit der Stabilisierung des öffentlichen Haushaltes besondere Anstrengungen von uns verlangen wird – und letztlich werden auch unsere Funktionsgebühren aus diesem öffentlichen Haushalt finanziert –, dass wir heute ein Zeichen setzen, um auch unseren Beitrag zu leisten, und den wollen wir in dieser Form gemeinsam beschließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich zu Beginn meiner Ausführungen darauf hingewiesen habe, dass die sogenannte Nulllohnrunde besonders populismusgefährdet ist, dann meine ich auch, dass wir mit diesem Beschluss höchstwahrscheinlich keinen Blumentopf gewinnen werden. Aber es geht meines Erachtens in der Politik auch nicht um die Frage: Gewinnen wir einen Blumentopf oder gewinnen wir keinen?
Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich ganz besonders, dass auch die Ausschussberatungen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht so gelaufen sind, dass wir zähneknirschend gesagt haben: Na ja gut, da tun wir jetzt auch mit!, sondern dass die Ausschussberatungen letztlich so abgelaufen sind und das Ergebnis im Ausschuss dergestalt war, dass wir inhaltlich einhellig von diesem Beitrag auch des Bundesrates überzeugt sind. Er wird letzten Endes im Innenverhältnis zum Ansehen des Bundesrates beitragen, und insofern bin ich auch guter Hoffnung, dass sich die Einhelligkeit über die Plenarsitzung hinweg erstrecken wird.
Ich danke allen für die Zustimmung. – Ein herzliches steirisches Glückauf! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie der Bundesräte Dönmez und Zangerl.)
10.34
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. – Bitte.
10.34
Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute eine Änderung des Bundesbezügegesetzes und des Bezügegesetzes. Es handelt sich dabei um eine Materie, mit der man sehr vorsichtig umgehen muss – Kollege Klug hat das soeben erwähnt –: Es geht immerhin um unsere eigenen Bezüge als Politiker. (Allgemeine Heiterkeit.)
Ich möchte eingangs festhalten, dass es egal ist, aus welcher Fraktion ein Abgeordneter kommt oder welcher er zugehörig ist beziehungsweise für welche Partei er arbeitet: Die Arbeit von uns allen ist gleich viel wert, denn jeder arbeitet in erster Linie für unsere Republik Österreich und deren Menschen, und in zweiter Linie für jene Menschen, die ihm bei Wahlgängen das Vertrauen geschenkt haben.
Wir alle verdienen Geld, was in Gesetzen geregelt, transparent und nachvollziehbar ist, und sollten daher auch das Selbstbewusstsein haben, unsere Leistungen und Tätigkeiten in der Öffentlichkeit darzustellen, nicht nur bei der heutigen Beschlussfassung, sondern jeden Tag und immer.
Wenn wir heute ein notwendiges Signal setzen und im Zuge einer wirklich schweren wirtschaftlichen und finanziellen Zeit Solidarität zeigen, so ist das wichtig und durchaus auch richtig. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, den Eindruck zu erwecken, unsere Arbeit sei weniger wert. – Ich behaupte, mit diesem Beschluss tritt das Gegenteil ein.
Wir müssen uns unserer Arbeit annehmen und sie nach außen vertreten. Gerade wir hier im Bundesrat sind großteils keine Vollzeitparlamentarier und flächendeckend im ganzen Bundesgebiet bei den Menschen vor Ort. Dies wird anerkannt und geschätzt.
Die objektive Bewertung unserer Arbeit ist sicherlich nur sehr schwer möglich. Welche Parameter kann man setzen: die Anzahl der Reden, die Anzahl der Ausschussdebattenbeiträge, die Länge der Reden, den qualitativen Inhalt einer Rede oder vieles mehr? – Ich bin überzeugt davon, dass eine derartige Beurteilung nicht möglich ist, und wenn, dann nicht objektiv oder nachvollziehbar.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir uns von außen überhaupt nicht bewerten lassen müssen. Stammtischstrategen und diverse letztklassige Journalisten et cetera sollen lieber auf sich selbst schauen. Wir begeben uns nicht auf dieses Niveau!
Abschließend möchte ich noch die Tragweite und die teilweisen Auswüchse auf anderen politischen Ebenen ansprechen: Ich selbst bin zwar kein Vollzeitparlamentarier, lebe aber von der Abgeltung des Bundesrates und meiner Tätigkeit als Bürgermeister und bin voll und ganz auf die Entwicklung des Nationalratsgehaltes angewiesen.
In Niederösterreich wurden die Bürgermeistergehälter dankenswerterweise durch die Initiative von Dr. Erwin Pröll gesetzlich geregelt und stehen damit fest, also finden auch hier richtigerweise keine Erhöhungen statt. In vielen Gemeinden werden aber jetzt von kleineren Oppositionsparteien, ganz egal welcher Farbe (Bundesrat Schennach: Was schaust du mich dann an? – Zwischenruf des Bundesrates Podgorschek) – ich habe dich nicht angeschaut –, im Glauben, politisches Kleingeld schlagen zu können, darüber hinaus Anträge gestellt, die Abgeltung von Gemeindemandataren – sprich: von Bürgermeistern hinunter bis zum Gemeinderat – herunterzufahren.
Meiner Meinung nach ist das ein absoluter Unsinn, und daher mein Ersuchen an euch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – Ihr seid österreichweit unterwegs –: Tretet in euren Bereichen dafür ein, dass dies nicht geschieht, denn was hier manchmal medial gebracht wird, ist alles andere als sachlich, und wir haben uns das auf allen Ebenen nicht verdient!
Abschließend noch eine kritische Anmerkung: Da es ja nicht die erste sogenannte Nulllohnrunde ist und doch einige davon leben müssen, sollte dies nicht zur Tradition werden. Ein oder zwei Zeichen der Solidarität, wie das jetzige, das ist absolut richtig, aber wir brauchen uns sicher nicht dafür zu genieren, dass wir gute Arbeit leisten, und darum kann eine Nulllohnrunde für Politiker nicht zur Tradition werden.
Ein respektvoller Umgang, nicht nur unter den Kolleginnen und Kollegen, sondern auch mit den Mitmenschen – egal welcher Stellung und Herkunft et cetera – beseitigt von vornherein negative Meinungen. Daher ist die Einstimmigkeit bei dieser Materie, so wie sie auch im Nationalrat erfolgte, von größter Wichtigkeit.
Wir werden dieser Gesetzesänderung gerne unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez und Zangerl.)
10.38
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Podgorschek. – Bitte.
10.38
Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich könnte es mir jetzt eigentlich leichtmachen und könnte sagen, ich schließe mich den Worten des Kollegen Klug hundertprozentig an (Bundesrat Mag. Klug: Na schau!) – damit setze ich mich dem Vorwurf des Populismus nicht aus. Nein, aber ein bisschen möchte ich schon auch dazu sagen. (Bundesrat Schennach: Das färbt ab! Der Sitzplatz färbt ab!)
Es herrscht ja über diesen heute zu fassenden Beschluss breiter Konsens. Aus Sicht unserer Fraktion – ich sehe das auch so – ist das durchaus ein Zeichen, angesichts der bevorstehenden Belastungswelle, die zweifelsohne im Herbst auf uns zukommen wird, dass auch wir als Politiker ein Zeichen setzen und uns nicht im Vorhinein eine Gehaltserhöhung gönnen und dann im Herbst unter Umständen die eine oder andere Massensteuer erhöhen müssen. (Bundesrat Mag. Klug: Das tun wir eh nicht! Das tun wir eh nicht!) – Ich prophezeie es einfach einmal! Ich prophezeie, dass vielleicht die eine oder andere Massensteuer erhöht werden wird. Man wird es ja dann im Herbst sehen. Wir werden die Debatte dann fortführen.
Wir sollten daher durchaus mit positivem Beispiel vorangehen. Es gibt natürlich Kollegen, die behaupten, dass die Politiker unterbezahlt sind, und die Gehälter der Politiker mit jenen der Topmanager in der Wirtschaft vergleichen. – Ich glaube, ein solcher Vergleich ist unzulässig, weil die Arbeitsbedingungen völlig andere sind. Natürlich wäre es sehr schön, wenn wir, ähnlich wie die Bankmanager, auch Boni bekämen – allerdings weiß ich nicht, wofür (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, wofür?), weil man Beschlüsse von Gesetzen natürlich schwer dahin gehend beurteilen kann, ob sie erfolgreich oder weniger erfolgreich sind.
Es besteht jedoch ein fundamentaler Unterschied zwischen der Tätigkeit eines Wirtschaftsmanagers und jener eines Politikers. In der Wirtschaft macht man Geschäfte, während, so glaube ich, hier im Parlament keine Geschäfte gemacht werden. Wir als Politiker sehen uns als Volksvertreter und haben letzten Endes das Volk und dessen Interessen zu vertreten. Wer Politik macht, um einen Job zu haben und Geld zu
verdienen, ist sicherlich fehl am Platz. Es wären die falschen Leute. (Bundesrat Kalina: Grasser! – Bundesrat Mag. Klug: Ja, genau, Grasser!) Es gibt immer wieder die Diskussion, dass man die Politikergehälter anheben müsste, damit eben mehr Manager aus der Wirtschaft in die Politik wechseln, und es wird auch zum Teil behauptet, dass die Qualität der Politik zu gering sei. (Bundesrat Schennach: Taus! ...! Prinzhorn!)
Ich möchte dem aber massiv widersprechen. Noch einmal: Wer persönliche Vorteile aus seiner Tätigkeit in der Politik ziehen will und Gewinne machen möchte, ist hier fehl am Platz. Es geht unserer Meinung nach um die Qualität in der Politik, und die hat mit der Bezahlung sehr, sehr wenig zu tun. Es gibt genug Beispiele für Länder, in denen Politiker sehr viel verdienen, aus der Politik sehr hohe Gehälter beziehen. Ich denke zum Beispiel an unsere Kolleginnen und Kollegen in Griechenland, die ein enormes Gehaltsniveau haben – aber letzten Endes auch nichts zustande gebracht haben.
Als weiteres Beispiel möchte ich das afrikanische Land Kenia heranziehen: In Kenia haben die Politiker die zweithöchsten Gehälter weltweit. – Ich habe das zufällig im Zuge meiner Recherchen herausgefunden – weltweit die zweithöchsten Gehälter! Da hat ein Abgeordneter netto 11 000 € im Monat. (Bundesrat Schennach: Wie in Italien! – Bundesrat Mag. Klug: Südtirol! Landtagsabgeordnete!) – Ich kann auch Italien als Beispiel nehmen. Ich denke, im Vergleich dazu sind wir in Österreich durchaus auf einem Gehaltsniveau, bei dem wir sagen können: Unsere Leistung wird gerecht honoriert.
Ich bin nicht der Meinung, dass man unsere Gehälter reduzieren sollte, aber es geht darum – um jetzt noch einmal Kollegem Klug recht zu geben (Bundesrätin Mühlwerth: Das muss aber nicht sein!) –, ein Beispiel zu setzen.
Zum Abschluss darf ich vielleicht noch sagen: Auch unser Herr Bundespräsident Fischer hat ja anlässlich seiner Angelobung folgende treffenden Worte geäußert – nicht alles, was er gesagt hat, möchte ich unterstützen, aber er hat auch etwas Gutes und Kluges gesagt –: Den Menschen ist die Wahrheit zumutbar, und man soll auch das Unrechtsbewusstsein der Menschen nicht verletzen.
In diesem Sinne kann ich diesem Gesetz nur zustimmen. (Beifall bei der FPÖ, bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Zangerl und Zwanziger.)
10.43
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
10.43
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Kollege Strohmayer-Dangl, ich habe deiner Rede sehr aufmerksam zugehört und war jetzt ganz kurz verunsichert, ob die ÖVP heute nicht dagegen stimmt. – Der überraschende Satz deiner Rede, dass ihr zustimmt, hatte mit dem vorher Gesagten eigentlich nichts zu tun, aber ich kenne mich jetzt aus. Ich bin froh, dass dieser letzte Satz gefallen ist. (Heiterkeit. – Staatssekretär Dr. Ostermayer: Das war dein Problem vom letzten Mal, nur umgekehrt!)
Dieses Gesetz ist völlig in Ordnung, wenn man davon ausgeht, dass in einer Zeit, in der alle dazu beitragen müssen, eine Krise zu bewältigen, budgetäre Probleme in den Griff zu bekommen und die Sicherheit der Arbeitsplätze zu gewährleisten, gerade Besserverdienende – und dazu gehören Politikerinnen und Politiker – auch das Ihrige dazu beitragen müssen. Dafür ist dieses Gesetz ein ganz klares Zeichen. Ein glücklicheres Zeichen wäre es jedoch, Herr Staatssekretär, würden wir das
Gesamtpaket, das ja noch immer ein Mirakel ist, kennen. Dann wüssten auch die Politikerinnen und Politiker, was sie zu diesem Gesamtpaket beitragen.
Wenn ich dann höre, wie man sich derzeit in der Koalition gegenseitig ausrichtet, dass man nicht daran denkt beziehungsweise dass es wahrscheinlich zu keiner Übereinstimmung dahin gehend kommt, dass einfach die oberen Einkommen jetzt endlich einmal unverhältnismäßig mehr dazu beitragen müssen, dann verstehe ich das nicht, denn alle Zahlen der Krise des Jahres 2009 zeigen, dass jene, die besser verdienen, die arbeitsloses, nicht aus der Erwerbstätigkeit resultierendes Einkommen beziehen, in der Krise eigentlich mehr verdient haben als all die anderen und fast nichts verloren haben.
Wenn es nun ein Hick-Hack gibt – heute höre ich auf einmal, dass wiederum der Mittelstand strapaziert wird –, dann ist das ja auch eine Augenauswischerei, weil der Mittelstand, der da immer herbeigebetet wird, ja längst in die Krise gekommen ist. Der Mittelstand rutscht, rutscht und rutscht. Mir scheint, wir brauchen da einfach eine Verhältnismäßigkeit – und diese muss dadurch herbeigeführt werden, dass wir im Bereich der höchsten und hohen Vermögen nun endlich auch einmal einen entsprechenden Anteil zur Sanierung auf der Einnahmenseite dieses Staates schaffen.
Nicht zuletzt geht es da auch um die 3 300 Stiftungen, die nämlich anders als in anderen Ländern zu einem großen Teil keinen sozialen Charakter haben. In der Schweiz haben 92 Prozent der Stiftungen einen sozialen Charakter. Bei uns ist das Verhältnis genau umgekehrt: Nur 8 Prozent der österreichischen Stiftungen haben einen sozialen Charakter, alle anderen 92 Prozent haben einen nur steuerschonenden Charakter.
Da müssen wir ansetzen, und da erwarte ich mir auch eine Korrektur im Gesamtpaket. Dann wissen wir Politikerinnen und Politiker auch, wofür wir unseren Beitrag leisten. Wenn es um die Verhältnismäßigkeit von Einkommen geht, sollten wir, denke ich, nicht vergessen, dass es schon Berufsgruppen gibt, deren Einkommen im Verhältnis sehr schlecht dotiert ist. Da denke ich vor allem an die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner. (Bundesrätin Mühlwerth: Kindergartenpädagogen und -pädagoginnen heißt das!) – KindergartenpädagogInnen haben ein entsetzlich geringes Einkommen. Wenn man dazu noch die Pflegeberufe betrachtet, dann muss man sagen, dass die Ausgewogenheit, die Balance nicht stimmt.
Kollege Strohmayer-Dangl, ich bin aber ganz deiner Meinung, dass wir nicht mit einem Dumping und einem Herunterlizitieren anfangen sollten. Auch politische Arbeit hat ihren Wert und soll ihrem Wert entsprechend finanziert werden. Gegenseitige Dumping-Zurufe sind eine Unsitte – da bin ich ganz deiner Meinung –, die sollte man auch im Sinne der eigenen Wertschätzung und der Wertschätzung der eigenen Arbeit möglichst unterlassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von FPÖ, SPÖ und ÖVP.)
10.48
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der
Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird (750 d.B. und 832 d.B. sowie 8370/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Signaturgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.
Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen.
Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
4. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden (781 d.B. und 833 d.B. sowie 8350/BR d.B. und 8371/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zu Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.
10.51
Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Mit einer Gesetzesnovelle reagiert die Bundesregierung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Gehaltseinstufung von öffentlich Bediensteten, nach dem es unzulässig ist, Dienstzeiten, die vor dem 18. Lebensjahr zurückgelegt wurden, bei der Festlegung des Vorrückungsstichtags generell nicht zu berücksichtigen.
Es werden daher jetzt die entsprechenden Bestimmungen im Gehaltsgesetz adaptiert und das Kriterium des Lebensalters durch das Kriterium der Erfüllung der Schulpflicht ersetzt.
Gleichzeitig wird der für die Vorrückung von der jeweils ersten in die zweite Gehaltsstufe maßgebliche Zeitraum von zwei Jahren auf fünf Jahre verlängert. Damit soll eine für den Bund kostenneutrale Regelung sichergestellt werden. Das gilt auch für die Jubiläumszuwendungen, die für die neu eintretenden Bediensteten nun in der Regel künftig zwar früher anfallen, aber entsprechend reduziert werden.
Ab 2011 ist außerdem neu, dass Beamten die sechste Urlaubswoche nicht mehr nach Erreichen von 25 Dienstjahren, sondern ab dem 43. Lebensjahr gebührt.
Wir lehnen diesen Antrag aus mehreren Gründen ab. Es gab nicht einmal ein Begutachtungsverfahren. In der Regierungsvorlage wird auf ein Gesetz verwiesen, welches es seit 1997 nicht mehr gibt. Außerdem bringt diese Regierungsvorlage eine massive Verschlechterung und schwerwiegende dienstrechtliche Nachteile für öffentlich Bedienstete.
Vor allem ist diese Regierungsvorlage aber deshalb abzulehnen, weil sie moralisch äußerst fragwürdig ist, und zwar aufgrund der Vorgeschichte. Grundlage für diese Regierungsvorlage ist ein Rechtsstreit, der sich bis zum Europäischen Gerichtshof gezogen hat, welcher dann festgestellt hat, dass die bisherige Praxis bei der Anrechnung von Vordienstzeiten und der Festlegung von Vorrückungsstichtagen abzustellen ist, weil zum Nachteil der Beamten, und dass es einer gesetzlichen Korrektur bedarf.
Was macht aber unsere Frau Bundesministerin? – Anstatt diese Korrektur im positiven Sinne für die Bediensteten vorzunehmen, anstatt dieser Aufforderung des Europäischen Gerichtshofes im Sinne der Beamten und Vertragsbediensteten der Republik Österreich zu entsprechen, konfrontiert unsere Ministerin uns mit einer Regierungsvorlage, durch die genau das prolongiert wird, was bis jetzt rechtswidrig war.
Meine Damen und Herren, so geht man mit seinen Beamten nicht um! Wir reden hier von Richtern, von Staatsanwälten, von Angehörigen des Bundesheeres, von Angehörigen der Justiz und natürlich auch von Angehörigen der Exekutive.
Die Annahme dieser Regierungsvorlage bedeutet einen Einkommensverlust von mehreren hundert Euro. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes wird so lange gedreht, bis eine gesetzeskonforme und kostenneutrale Reparatur herauskommt.
Nicht die Kosten sind für die betreffenden Beamten maßgebend, sondern der gesetzliche Anspruch. Deshalb fordern wir auch weiterhin die Anrechnung von eineinhalb Biennalsprüngen, eine Neufeststellung der Vordienstzeiten und eine Nachzahlung der zustehenden Bezüge. (Bundesrat Perhab: Wir ham’s ja!)
Diese von den Regierungsparteien beschlossene Regierungsvorlage bringt massive Verschlechterungen bei der Exekutive. Mit Zustimmung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst wird dieser Gesetzentwurf zum Vorrückungsstichtag-Neu beschlossen. Dadurch wird zwar die Altersdiskriminierung abgeschafft, doch der Anspruch auf die Anrechnung der eineinhalb Biennalsprünge, auf die Nachzahlung der zustehenden Bezüge und auf Berücksichtigung beim Pensionsrecht entfallen.
Dabei – ein gerichtlich festgestelltes Unrecht wird nachträglich legitimiert – handelt es sich um ein bedenkliches Rechtsverständnis seitens des Dienstgebers. Für Banken- und EU-Schuldensünder wurden Gesetze geschaffen, um diesen Geld zuschanzen zu können (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), aber auf der anderen Seite werden bestehende Gesetze geändert, um den eigenen Staatsdienern Geld vorenthalten zu können.
Leider haben die rot-schwarzen Gewerkschafter stillschweigend zugestimmt und diese Änderungen auch noch als Erfolg verkauft. (Bundesrat Mag. Klug: Nur weil man bei Verhandlungen nicht dabei ist, kann man nicht davon ausgehen, dass wir stillschweigend zugeschaut haben!) Dazu möchte ich ein Beispiel anführen. (Bundesrat Mayer: Aber ein gutes, bitte!)
Die Polizeipraktikanten haben mit 15 Jahren nach Beendigung der Schulpflicht ihre dreijährige Ausbildung begonnen. Diese Polizeipraktikanten können zwar erst ab dem 18. Lebensjahr mit ihren Vorrückungen in die nächste Gehaltsstufe beginnen – das war bis jetzt so –, aber für die Urlaubsvorrückung und für die Jubiläumszuwendung haben die Jahre vor dem 18. Lebensjahr mitgezählt.
Nach den neuen Bestimmungen sind diese Fristen auf das 43. Lebensjahr erhöht worden und haben sich daher um drei Jahre verschlechtert. – Und das sind laut Aussagen unserer Beamtenministerin „keine Verschlechterungen“!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es treten massive Verschlechterungen ein. Diese Regierungsvorlage ist eine Verhinderung einer durch den Europäischen Gerichtshof festgestellten notwendigen Verbesserung.
Liebe Kollegen von der ÖVP, Ihre Kollegin Gabriele Tamandl hat im Nationalrat die Aussage gemacht, dass Polizeibeamte einen Beruf erlernt haben und erst nach dem Erlernen dieses Berufes zur Polizei kommen. Diese Aussage ist leider unrichtig. Die Lehrzeit eines Polizeipraktikanten hat unmittelbar nach der Pflichtschulzeit begonnen und hat drei Jahre gedauert. Bitte richten Sie ihr aus, dass sie falsche Quellen benutzt hat! (Ruf bei der ÖVP: Wir werden es ihr ausrichten!)
Was die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst betrifft, kann ich nicht verstehen, warum da einem Gesetz zugestimmt worden ist, das nicht in die Begutachtung geschickt worden ist und das noch dazu massive Verschlechterungen bringt. Wir stimmen daher diesem Gesetz nicht zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Mitterer und Zwanziger.)
10.59
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug: Jetzt werden wir hören, was wirklich los ist! – Bundesrätin Mühlwerth: Aus eurer Sicht!)
11.00
Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Kollege Ertl, ich hoffe, dass ich mich so vorbereitet habe, dass wir den Tatsachen ins Auge schauen können und ich Ihnen nahebringen kann, wie die Situation wirklich ist. Ich möchte gleich am Anfang sagen, sollte es irgendwelche Ungereimtheiten in diesem Gesetz geben, wird man sich das sicher anschauen und gegebenenfalls eine Novellierung machen. Das muss man sich genau anschauen, wenn es solche Ungereimtheiten gibt, wie Sie das jetzt darstellen. (Beifall bei Bundesräten der FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Das hätte man aber schon vorher machen können!)
Zum vorliegenden Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden, sind im Nationalrat und auch jetzt bei uns schon umfangreiche Stellungnahmen abgegeben worden. Ich möchte mich daher hier nur auf die wesentlichen Dinge beschränken.
Da die Republik Österreich zu den größten Arbeitgebern im Lande zählt, erscheint es legitim, Kollege Ertl, dass der Bundesgesetzgeber eigene Rechtsvorschriften für seine Bediensteten vorsieht, die einerseits ihre besonderen Pflichten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Hoheits- und Wirtschaftsverwaltung, andererseits aber auch ihre Arbeitnehmerrechte regeln.
Diese Rechtsvorschriften sind zweifach gestaltet, und zwar im öffentlich-rechtlichen Bereich mit dem Beamten-Dienstrecht und im privatrechtlichen Bereich mit dem Vertragsbedienstetenrecht. In beiden Systemen sind jedoch wichtige Gestaltungselemente für beide Bedienstetengruppen identisch geregelt. Hiezu gehören durch die gegenständliche Novellierung betroffene Rechtsgebiete der Vordienstzeitenanrechnung, des Urlaubsanspruchs und der Jubiläumszuwendung.
Die Anrechnung von Vordienstzeiten – das sind bestimmte Schul-, Studien- und Arbeitszeiten, die vor der Begründung des Bundesbedienstetenverhältnisses zurückgelegt wurden – war bisher auf Zeiträume ab der Vollendung des 18. Lebensjahres beschränkt. Die angerechneten Zeiträume werden dem Tag des tatsächlichen Dienstantrittes rechnerisch vorangestellt und ergeben den sogenannten Vorrückungsstichtag,
der als unabänderliche Größe in weiterer Folge für die Gehaltsvorrückung im Biennalsystem maßgeblich ist. Als frühester Vorrückungsstichtag war daher bisher der 18. Geburtstag möglich. Das gesamte Biennalsystem war in allen Besoldungsgruppen und in allen Verwendungen auf einen fiktiven Einstieg mit dem 18. Lebensjahr aufgebaut.
Durch das Einfließen des Europäischen Gemeinschaftsrechtes aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes dürfen Anrechnungsmodalitäten nicht von einem willkürlich gewählten Lebensalter abhängen, sodass nunmehr Zeiten, die vor dem 18. Geburtstag liegen, genauso Berücksichtigung finden müssen wie jene nach dem 18. Geburtstag. Das Urteil betrifft zwar seinem Wortlaut nach nur die Anrechnung von Dienstzeiten für Vertragsbedienstete, im Sinne der Konformität ist jedoch davon auszugehen, dass auch die weitgehend wortgleichen Regelungen für Beamtinnen und Beamte nicht mit der Gleichbehandlungsrichtlinie vereinbar sind.
Durch die Neuregelung sind daher im Interesse der Rechtssicherheit sämtliche Regelungen zur Anrechnung von Zeiten vor dem Dienstverhältnis für die Vorrückung beziehungsweise für den Vorrückungsstichtag richtlinienkonform zu gestalten.
Bei der Anrechnung von Vordienstzeiten wird nunmehr die Untergrenze für die Anrechnung nicht mehr an ein bestimmtes Lebensalter, sondern an das objektive Kriterium der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht anknüpfen. Die dadurch zusätzlich zu berücksichtigenden Zeiten betragen in einer Durchschnittsbetrachtung drei Jahre.
Um zu gewährleisten, dass die für die einzelnen Bediensteten maßgebliche besoldungsrechtliche Stellung nicht verändert wird, werden die für die einzelnen Verwendungsgruppen maßgeblichen Gehaltstabellen um drei Jahre verlängert, indem die Dauer des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums von zwei auf fünf Jahre angehoben wird. Somit beträgt der für die Vorrückung in die Gehaltsstufe 2 erforderliche Zeitraum in Zukunft fünf statt bisher zwei Jahre. Die besoldungsrechtliche Stellung von Bediensteten mit entsprechenden zusätzlich anrechenbaren Zeiten vor dem 18. Lebensjahr ändert sich damit grundsätzlich nicht. Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages erfolgt nur auf Antrag, wodurch gewährleistet wird, dass niemand in seiner Laufbahn verschlechtert wird. (Bundesrat Ertl: Urlaub, Jubiläumszuwendung – drei Jahre verschlechtert!)
Das derzeitige Ausmaß des Erholungsurlaubes richtet sich nach dem Dienstalter, das die tatsächliche Bundesdienstzeit und die angerechneten Vordienstzeiten umfasst und führt nach 25 Jahren zu einem erhöhten Ausmaß von 240 Stunden. Nunmehr soll unabhängig von angerechneten Dienst- und Vordienstzeiten das erhöhte Ausmaß an den 43. Geburtstag angekoppelt werden. (Bundesrat Ertl: Das ist eine Verschlechterung um drei Jahre!) Für Richter und Staatsanwälte gelten andere Zeitpunkte, die nach ähnlichen Kriterien festgesetzt wurden.
Der Anfallszeitpunkt der Jubiläumszuwendungen für treue Dienste bleibt für bestehende Dienstverhältnisse gewahrt.
Da durch die Neuregelung die Anforderungen des Gemeinschaftsrechtes erfüllt werden, ohne dass wesentliche finanzielle Mehrbelastungen entstehen, schlage ich daher vor, der Bundesrat möge der vorliegenden Novellierung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
11.07
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mayer zu Wort gemeldet. – Bitte.
11.07
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Na ja, Herr Kollege Ertl, da tun wir zwei uns ein bisschen schwer mit dieser Materie, denn die massiven Verschlechterungen (Bundesrat Ertl: 3 Jahre!), die du da angesprochen hast, kann ich in dieser Weise nicht nachvollziehen.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass der Europäische Gerichtshof im sogenannten HÜTTER-Urteil festgestellt hat, dass bei der Anrechnung von Vordienstzeiten zur Ermittlung des Vorrückungsstichtages Zeiten, die vor dem 18. Lebensjahr liegen, gegenüber Zeiten, die nach dem 18. Lebensjahr liegen, nicht diskriminiert werden dürfen. Ich glaube, da sind wir uns einig. Das sogenannte HÜTTER-Urteil sagt das ja aus.
Damit wurde die Schaffung einer europarechtskonformen Neuregelung zur Ermittlung von anrechenbaren Zeiten für die besoldungsrechtliche Einstufung erforderlich, die nicht auf ein Geburtsdatum abzielt. Ich denke, auch darüber sind wir einer Meinung, oder?
Ich kann jetzt wirklich nicht nachvollziehen, wo hier haarsträubende legistische Fehler gemacht wurden. Das ist anscheinend eine Verallgemeinerung Ihrerseits. Ich würde also wirklich ersuchen, sich noch einmal im Detail mit dieser Materie auseinanderzusetzen und diese Fehler dann aufzuzeigen.
Ich kann vielleicht nachvollziehen den Kritikpunkt betreffend die Polizeipraktikanten. Das höre ich heute auch zum ersten Mal. Ich weiß, dass diese Personen mit 15 Jahren eine dreijährige Berufsausbildung machen und diesen Lehrberuf des Polizeibeamten erlernen. Ich weiß nicht, ob es dieses Modell immer noch gibt. Gibt es das immer noch? (Bundesrat Ertl: Das Modell gibt es nicht mehr, aber es gibt noch Betroffene!) Eben. – Ja, klar gibt es Betroffene, die damals die Ausbildung gemacht haben. Deshalb hat die Frau Kollegin Tamandl auch nicht so unrecht gehabt, als sie den derzeitigen Status erwähnt hat, ist es doch jetzt meistens so, dass jemand eine Berufsausbildung macht und dann in den Polizeidienst übertritt, die Polizeischule macht und dann Exekutivbeamter wird. Also so weit von der Realität weg ist sie da nicht gelegen.
Aber ich weiß, dass es diese Praktikantenausbildung gegeben hat. Ich kenne selber einige Kollegen, die diese „Polizeilehre“ – unter Anführungszeichen – gemacht haben. (Bundesrat Ertl: Für Urlaub und Jubiläumszuwendung werden diese drei Jahre nicht gerechnet!) – Ja, aber sonst wurden im Bereich Urlaub und Jubiläumszuwendung ganz klare Anpassungen gemacht, wodurch alle Kolleginnen und Kollegen einen Vorteil haben. Sie werden dadurch nicht benachteiligt. (Bundesrat Ertl: Sie werden um 3 Jahre benachteiligt!) Das ist jetzt eine Herumreiterei auf diesem Berufsbild. Aber wir kommen noch dazu, Herr Kollege Ertl.
Außerdem, wenn Sie sagen, dass es jetzt durch diese Regelung eine massive Verschlechterung von mehreren hundert Euro gibt: Wo ist diese Verschlechterung? Wer bekommt mehrere hundert Euro weniger? (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.) Wir mussten ja eine Anpassung vornehmen, dass diese Vordienstzeiten mit angerechnet werden. Das ist ja ein Vorteil, wenn jetzt mehr Vordienstzeiten angerechnet werden. Das muss ja aufkommensneutral sein, das kann ja nicht einen Verlust von mehreren hundert Euro mit sich bringen. Das ist ja ein Nonsens!
Noch ganz kurz zu den wesentlichen Neuerungen. – Die besoldungsrechtliche Einstufung erfolgt, wie erwähnt, für alle öffentlich Bediensteten in Zukunft nicht mehr mit dem 18. Lebensjahr, sondern mit der 9. Schulstufe. Das wurde auch vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes als rechtskonform eingestuft. Da dieser Zeitpunkt im Nahbereich des 15. Geburtstages liegt, wurde es notwendig, den Verbleib
in der ersten Gehaltsstufe von zwei auf fünf Jahre logischerweise auszudehnen. Die Anrechnungsmöglichkeiten wurden ebenfalls um drei Jahre ausgeweitet.
Damit kommt es im Vergleich zu bestehenden Regelungen – das ist auch wichtig – abhängig vom Geburtstag lediglich zu geringfügigen Änderungen. Das hat man uns im Ausschuss auch entsprechend dargestellt, aber dort habe ich den Kollegen Ertl vermisst. Da hätte man diese Fragen, die sich für einen auftun, entsprechend unterbringen können, Herr Kollege Ertl. (Bundesrat Ertl: Weil die Ausschüsse parallel waren! – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Man muss in den Ausschüssen sein, wo man selber Redebeiträge liefert. Das ist essenziell, Herr Kollege. Dort muss man dabei sein und sich mit einbringen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
Für alle im Dienststand befindlichen Kolleginnen und Kollegen bleibt durch entsprechende Übergangsbestimmungen die alte Rechtslage bestehen. Das ist auch wichtig.
Die Erhöhung des Urlaubsausmaßes wird in Zukunft an das 43. Lebensjahr gekoppelt. (Bundesrat Ertl: Drei Jahre schlechter!) Das ist eine Verbesserung für fast alle Kolleginnen und Kollegen, da nun die Zeiten in der Privatwirtschaft oder sonstige Zeiten für die Erhöhung des Urlaubsausmaßes ebenfalls berücksichtigt werden.
Ebenso fällt für Neueintretende die Jubiläumszuwendung um 3 Jahre früher an.
Ich frage mich wirklich nochmals, Herr Kollege Ertl, wo hier die Verschlechterungen oder die Nachteile liegen. Ich darf jedenfalls die von Ihnen nicht ins beste Licht gestellte Gewerkschaft Öffentlicher Dienst zitieren:
Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst konnte erreichen, dass durch die Neuregelung für niemanden – egal, ob ein öffentlich-rechtliches oder ein vertragliches Dienstverhältnis vorliegt – ein Nachteil entsteht. – Zitatende.
Wir werden dieser Vorlage natürlich unsere Zustimmung erteilen. Herr Kollege Ertl, ich darf Sie im Sinne einer Verbesserung auch für die Kolleginnen und Kollegen von der AUF ersuchen, hier mitzustimmen. Das ist essenziell. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der ÖVP.)
11.13
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
11.13
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt nicht den Kollegen Ertl inhaltlich in Schutz nehmen, aber in einem Punkt, denke ich, ist die Kritik an ihm ein bisschen unberechtigt. Kollege Mayer, als Angehöriger einer kleinen Fraktion ist es sehr schwierig bis manchmal unmöglich, dass man alle Ausschüsse gleichzeitig besetzt. Da tut ihr euch als zwei große Fraktionen wesentlich leichter. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß, was du gemeint hast, aber da ist, glaube ich, die Kritik ein bisschen unberechtigt.
Aber nun zum Inhalt, liebe KollegInnen. Auch wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen, aber nicht weil wir von der Arbeit der Regierung so überzeugt sind (Heiterkeit), sondern weil wir erkennen, dass in diesem Gesetz mehr Sicherheit und Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf zumindest minimal Rechnung getragen wird.
Manchmal kann man sich aber schon darüber wundern, wie die Bundesregierung arbeitet, denn das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das zu dieser Novelle ge
führt hat, ist bereits über ein Jahr alt – und dann bekommen die KollegInnen im Nationalrat nicht einmal 24 Stunden vor der Ausschusssitzung zu dieser Materie noch einen Abänderungsantrag vorgelegt!
Da fordert die Verkehrsministerin eine Gesetzesänderung für Raser, und der Verkehrssprecher der ÖVP meint, das würde sich bis 1. Jänner aber nicht ausgehen. Bis dahin sind noch über fünf Monate Zeit, weiß die Regierung ganz genau, wie sich ihr Budget darstellt, und trotzdem kann sie den Termin nicht einhalten.
Ich schlage daher vor: Überlassen Sie uns die Regierungsgeschäfte! (Bundesrat Mag. Klug: Oje, oje!) Ich kann Ihnen versichern, dass wir alle Termine einhalten, das Budget pünktlich abliefern und alle Parlamentarier, alle, liebe KollegInnen, in die Arbeit mit einbeziehen. (Bundesrat Konecny: Oje, das ist eine gefährliche Drohung! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich merke ein Rumoren im Saal, aber Spaß beiseite.
Da haben wir jetzt wieder ein Reförmchen vor uns liegen, obwohl alle wissen, dass wir in diesem Bereich eigentlich einen großen Wurf benötigen würden. (Bundesrat Mag. Klug: Efi, als Muster dienen Oberösterreich und Graz! Die Leitschnur für eure Regierungsfähigkeit sind Oberösterreich und Graz!) Ja, wir sind in Oberösterreich sehr erfolgreich! (Bundesrat Mag. Klug: Ja, in Graz auch! – Heiterkeit.)
Was wir brauchen, ist eine große Reform, und zwar eine grundlegende Reform.
Man muss sich schon die berechtigte Frage stellen, warum denn die Regierungsparteien gewählt worden sind. Sie wurden gewählt, weil sie viele Sachen versprochen haben, manche glaubhafter, andere wiederum nicht so glaubhaft, und von einer großen Verwaltungsreform war immer wieder die Rede.
Ich möchte jetzt hier nicht im Detail auf die einzelnen Punkte eingehen, aber eines möchte ich schon festhalten: Wenn wir Politikerinnen und Politiker in der Bevölkerung oft auf Skepsis stoßen und viele Menschen von der Politik enttäuscht sind beziehungsweise sie uns nichts mehr glauben, dann ist das auf diese Art des Umgangs mit den Menschen zurückzuführen: dass Versprechen nicht gehalten werden, dass Verfassungsgesetze ignoriert werden, dass das Gegeneinander-Arbeiten im Vordergrund steht, anstatt zu versuchen, gemeinsame Lösungen für das Land zu finden. (Bundesrätin Grimling: Was hat das mit diesem Gesetz zu tun?)
Auch die Regierung steht hier nicht über dem Gesetz. Jetzt haben wir wieder eine Verurteilung durch den EuGH – und die Reaktion der Bundesregierung ist, dass in letzter Minute wieder ein Flickwerk verabschiedet wird. Das ist keine qualitätsvolle Arbeit, wir Österreicherinnen und Österreicher haben uns diesbezüglich etwas Besseres verdient.
Wenn wir schon über Anpassungen im Beamten-Dienstrechtsgesetz reden, dann müssen wir diese Überlegungen auch zu Ende führen. Einer, der diese Überlegungen zu Ende führt, ist der Präsident des Rechnungshofes. Dieser fordert immer wieder, endlich eine umfassende Verwaltungsreform in Angriff zu nehmen.
Das würde auch grundlegende Veränderungen des Beamtendienstrechtes nach sich ziehen. Angesichts der prekären Budgetlage – und die muss ja wirklich dramatisch sein, sonst würde die Regierung zur rechten Zeit darüber informieren – müssen wir die Verwaltungsreform vorantreiben. Die ist plötzlich aber überhaupt kein Thema mehr oder nur am Rande. Die Bundesregierung überlässt den Landeshauptleuten die weitere Zukunft der Reformen.
Ich vermisse hier den Mut, den dieselbe Regierung aufbringt, wenn es darum geht, die Bevölkerung hinters Licht zu führen, um das Budget nicht rechtzeitig vorlegen zu müssen.
Ich hoffe, dass wir hier in diesem Haus möglichst bald über eine umfassende Verwaltungsreform debattieren, bevor wir wieder in einem Husch-Pfusch-Verfahren wegen eines ohnehin peinlichen EuGH-Urteils nur ein paar Details verändern. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum.)
11.18
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Überbrückungshilfengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 – SVÄG 2010) (628 d.B. und 818 d.B. sowie 8355/BR d.B.)
6. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (677 d.B. und 819 d.B. sowie 8356/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Nun kommen wir zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. Bitte um die Berichte.
Berichterstatterin Mag. Muna Duzdar: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Überbrückungshilfengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.
Da Ihnen der Bericht schriftlich vorliegt, komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
(Der zweite Ausschussbericht wird nach der Rede von Bundesrätin Kemperle erstattet.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichterstattung.
Bevor wir in die Debatte eingehen, begrüße ich unseren Sozialminister ganz herzlich bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte.
11.20
Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade eben eine Debatte über Bezüge geführt, und deshalb ist es jetzt fast schizophren, wenn ich mich hier herstelle und über Armut referiere, nachdem Herr Kollege Strohmayer-Dangl – und ich habe seine Worte noch im Ohr – fast der Meinung ist, dass unsere Politikergehälter existenziell notwendig sind. Angesichts dessen müsste man natürlich die Mindestsicherung enorm erhöhen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Es ist eine selbstverständliche Verpflichtung der Gesellschaft, die Armut zu bekämpfen und jenen zu helfen, die nicht in der Lage sind, aus Eigenem einen angemessenen Lebensstandard zu finanzieren. Dies steht sicher außer Streit. Die bereits bestehenden Übertreibungen sind allerdings zu korrigieren, da sonst eine Verhöhnung der Berufstätigen zustande kommt. Die nun angepeilte Reform sollte auch nicht für Erleichterungen sorgen, die eine noch größere Zahl von Personen einlädt, das System zu missbrauchen. Viel wichtiger wäre eine Reform, die für mehr Treffsicherheit sorgt, sodass den tatsächlich Armen geholfen wird.
Die Diskussion über die Grundsicherung vermittelt fast den Eindruck, als ob Österreich keine Sozialleistungen zur Bekämpfung der Armut unterhielte. Dass dieser Eindruck nicht den Tatsachen entspricht, zeigen internationale Vergleiche, die dem Land ein gutes Zeugnis ausstellen.
Die FPÖ lehnt dieses Modell der Mindestsicherung ab, obwohl Armutsbekämpfung eine der großen Herausforderungen ist. Das vorliegende Modell der Mindestsicherung aber wird die Armut in unserem Lande nicht bekämpfen – es wird sie weiter fördern, weil mit dieser Mindestsicherung der Anreiz, auf eigenen Beinen zu stehen, völlig verloren geht, weil das Modell ein Flickwerk ist, das nicht durchdacht ist und zum Missbrauch einlädt, weil der Unterschied zwischen einem Erwerbseinkommen und der staatlichen Mindestsicherung zu gering ist und sich damit Leistung in Österreich einmal mehr nicht lohnt, weil der Anspruch erst dann besteht, wenn das Ersparte, also alles über 3 720 €, verbraucht ist – das bedeutet, es wird nicht derjenige belohnt, der Sparmaßnahmen für sich selbst unternimmt –, weil diese Mindestsicherung Menschen in Abhängigkeiten bringt, aus denen sie nie wieder herauskommen, und sich damit Armut verfestigt – in Wirklichkeit ist das nur eine Reform der bestehenden und keinesfalls unproblematisch anzusehenden Sozialleistungen –, und weil dieses System erhebliche Mehrkosten verursacht, die auf Dauer wieder nicht finanzierbar sind.
Diese Meinung vertreten wir nicht ganz allein. Es gibt dazu auch im „profil“ einen Kommentar, und zwar von Martin Kwauka, Mitglied der „FORMAT“-Chefredaktion und somit sicher kein FPÖ-Anhänger. In einem aktuellen Kommentar im „profil“ – das auch nicht unbedingt ein FPÖ-Medium ist – heißt es:
„Es besteht die Gefahr, dass sich der geplante Kreis von 270.000 Empfängern deutlich erhöht, weil völlig falsche Anreize für junge Menschen geschaffen werden.“ Er redet von einer „Belohnung für das Liegen in der sozialen Hängematte“. Er sagt weiters: „Ziehen 18-Jährige von zu Hause aus, bekommen sie monatlich 744,– Euro. Aber nur wenn sie nichts tun. Einzige Bedingung ist, dass sie nicht arbeiten, in die Schule gehen
oder studieren. Mit anderen Worten: Nichts tun, sondern abwarten. Schließlich muss man jederzeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.“
Auch ein namhafter ÖVP-Vertreter spricht sich gegen dieses Modell aus, nämlich Andreas Khol. Er findet ebenfalls deutliche Worte und sagt:
„Verantwortungslos handeln jene, die eine so bedeutende Sozialleistung neu einführen wollen, ohne gleichzeitig alles zu unternehmen, um den Missbrauch damit zu verhindern. Sie setzen nämlich den sozialen Grundkonsens im Land leichtfertig aufs Spiel. Wird diese neue Grundsicherung eingeführt und ebenso schamlos missbraucht, wie so viele Sozialleistungen davor, dann gibt es einen Aufstand der Bezieher kleinerer Einkommen quer durch alle Parteien. [...]
Bezieher bäuerlicher Kleinpensionen, denen man die ,freie Station‘ auf ihrem Hof bei der Ausgleichszulage anrechnet und nur knapp über 600 Euro Pension bezahlt, sind wütend. Zwei Eheleute mit Kleinpensionen erhalten zusammen eine Zulage auf 1 175,45 Euro, zwei Bezieher der Mindestsicherung, die zusammenleben, 1 567,98 Euro! Dass nur Arbeitswillige, die nicht arbeiten können, die Mindestsicherung erhalten, wird einfach nicht geglaubt.“ – So weit Andreas Khol.
Eine unabhängige Studie des Instituts für Höhere Studien kommt zu einem ebenfalls deutlichen Ergebnis und sieht in der Mindestsicherung die „Gefahr einer Armutsfalle“.
„Bei Niedrigverdienern schlagen die Kinderbetreuungskosten dennoch voll durch. Bei geringen Verdienstmöglichkeiten ist außerdem der rein monetäre Anreiz, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, gering.
Der Unterschied zwischen erwerbslosem und Arbeitseinkommen sei zu gering, so das IHS.“
Es gibt selbstverständlich viele Menschen, die oft unverschuldet in Not oder Arbeitslosigkeit geraten, und diesen Menschen müssen wir auch helfen. Die entscheidenden Fragen sind jedoch: Wie können wir diesen Menschen am besten helfen? Wie können wir sicherstellen, dass dieses System ein soziales Auffangnetz und nicht eine soziale Hängematte ist?
Die beste Armutsbekämpfung ist aus Sicht unserer Fraktion die Hilfe zur Selbsthilfe, die Hilfe, möglichst bald wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Ein Einkommen zum Auskommen, eine gute Ausbildung oder Weiterbildung und damit die Chance auf eigenes Erwerbseinkommen, die Möglichkeit, wenn nötig die Wiederkehr auf den Arbeitsmarkt auch aktiv einzufordern wie zum Beispiel in Dänemark, wo Bezieher von Arbeitslosengeld auch in sogenannten Job-Pools der öffentlichen Hand eingesetzt und ausgebildet werden können, ja, auch dazu gezwungen werden können, all das verbessert nicht nur die Chancen am Arbeitsmarkt, nein, das stärkt auch das Selbstwertgefühl der Betroffenen.
Das vorliegende Modell der Mindestsicherung fördert den raschen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht. Es verleitet zum Verbleiben im System, schafft damit Abhängigkeiten und verfestigt die Armut. Das kostet den Staat nicht nur viel Geld, sondern ist auch nicht menschenwürdig. Die bessere Hilfe ist, genau hinzuschauen und gezielt zu helfen und zu fördern, wenn nötig auch zu fordern.
Wir werden diesem System der Mindestsicherung auf jeden Fall nicht zustimmen, weil es keine zielgerichtete Armutsbekämpfung ist, sondern eine soziale Hängematte, der jeglicher Anreiz zur Eigeninitiative fehlt. Echte Armutsbekämpfung ja – soziale Hängematte nein! (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Zwanziger.)
11.28
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.
11.28
Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Wertes Präsidium! Herr Bundesminister – danke, dass Sie trotz Urlaub zur Diskussion dieses Themas hierher in den Bundesrat gekommen sind! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Nach diesen Ausführungen von Frau Bundesrätin Michalke eben ist mir irgendwie nicht klar, was die Freiheitliche Partei überhaupt will. Zum einen wurde erwähnt, dass die Mindestsicherung eigentlich zu niedrig ist und daher nicht zum Überleben reicht, zum anderen wird darauf hingewiesen, dass sie im Grunde genommen viel zu hoch ist und man damit Tachinierer schafft. Weiters spricht sie ständig von einem „Grundeinkommen“, das die Mindestsicherung ganz sicher nicht ist. Es wurde ausdrücklich immer darauf hingewiesen, dass sie kein Grundeinkommen sein wird beziehungsweise sein soll. Ich glaube, bis dato haben einige Ihrer Partei, Frau Kollegin, überhaupt nicht begriffen, worum es bei der Mindestsicherung tatsächlich geht.
Es geht darum, Menschen abzusichern, wo wir wissen, wie deren Einkommens- beziehungsweise Lebensverhältnisse sind. Es geht auch darum, dass es endlich eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe gibt, die ja bis jetzt in jedem Bundesland in jeweils unterschiedlicher Form geregelt ist. Und es geht auch darum, dass es zu einer bedarfsgerechten Mindestsicherung kommt und nicht zu einem Grundeinkommen.
Es wurden sehr lange und zähe Verhandlungen geführt, aber wenn wir bedenken, dass fast 13 Prozent der Österreicher/Österreicherinnen armutsgefährdet sind – das sind immerhin rund 1 Million Menschen –, dann glaube ich, dass es ein sehr guter Weg ist, derartige Vorkehrungen zu treffen, um zumindest einmal Schritte in Richtung Armutsbekämpfung zu setzen.
Uns ist es auch nicht so recht, dass diese Mindestsicherung „nur“ – unter Anführungszeichen – 744 € zwölf Mal im Jahr ausmacht. Wir hätten es auch viel lieber gesehen, wenn wir mit unserem Koalitionspartner dahin gehend übereingekommen wären, dass sie 14 Mal ausbezahlt wird. Dies hätte letztendlich zu einer noch besseren Absicherung jener Menschen beigetragen, die es notwendig haben, bei denen man darauf achten sollte, dass es nicht zu einer noch höheren Armutsgefährdung kommt.
Es gibt natürlich auch Transferleistungen in unserem Staat, und ich muss sagen, positiverweise gibt es diese Transferleistungen, denn gäbe es sie nicht, wäre der Prozentsatz der armutsgefährdeten Menschen in unserem Land noch weitaus höher; er läge bei fast 43 Prozent. Das muss bei Maßnahmen wie etwa der Einführung der Mindestsicherung auch berücksichtigt werden.
Zum anderen – weil immer wieder Beispiele wie auch das dänische Modell hinsichtlich Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt angeführt werden – verstehe ich Sie nicht ganz, weil Sie genau die Grundzüge dessen beschrieben haben, was bei uns das AMS macht: Leute weitervermitteln, qualifizieren, denn mit dem Arbeitslosengeldbezug verbunden ist die Bereitstellung der Arbeitskraft. Das heißt, man muss arbeitsbereit, arbeitswillig, arbeitsfähig sein. Diese drei Grundvoraussetzungen müssen in einem Zusammenhang stehen. Deswegen verstehe ich Sie nicht ganz. Vielleicht sollte man über das AMS „Arbeitspool“ schreiben, dann würde man es vielleicht besser und vielleicht auch anders verstehen.
Vom Grundsatz her glaube ich, dass es notwendig ist, diese Mindestsicherung einzuführen. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Mindestsicherung keine soziale Hängematte ist, sondern ein Grundrecht für Menschen darstellt, ihr Überleben gesichert zu bekommen. Es ist weiters darauf hinzuweisen, weil immer wieder gesagt wird, dass Menschen deswegen nicht in Arbeit gebracht werden, weil sie „so viel“ – unter
Anführungszeichen – erhalten würden, dass die Mindestsicherung doch um einiges unter dem liegt, was im Kollektivvertrag bereits mindestens vorgeschrieben ist, nämlich ein Mindesteinkommen von 1 000 € brutto; in der Regel liegen die Kollektivverträge bereits bei zirka 1 200 €. Das heißt, die Mindestsicherung liegt weit darunter, und ich glaube nicht, dass diese für die Menschen einen Anreiz zum Nichtarbeiten bietet. Also ich glaube nicht, dass jemand freiwillig in die Arbeitslosigkeit geht beziehungsweise dort verbleibt.
Ich glaube, dass es ein guter, ein erster, ein wichtiger Schritt ist, diese bedarfsorientierte Mindestsicherung zu beschließen. Es ist ein Anfang, auf dem wir weiter aufbauen können; ein Anfang, zur Absicherung der Menschen in unserem Land beizutragen. Wir werden gerne unsere Zustimmung dazu geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Strohmayer-Dangl.)
11.34
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, bitte ich die Berichterstatterin um den Bericht zu Tagesordnungspunkt 6, der irrtümlich noch nicht erstattet worden ist. – Bitte.
Berichterstatterin Mag. Muna Duzdar: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.
Wir setzen die Debatte fort. Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Hammer. – Bitte.
11.35
Bundesrat Mag. Michael Hammer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute die Bedarfsorientierte Mindestsicherung – zum einen die Maßnahmen auf bundesgesetzlicher Ebene, zum anderen die Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern. Das ist sicher ein wichtiger Schritt in Bezug auf die Armutsbekämpfung, ich möchte aber auch gleich zu Beginn in die Diskussion mit einbringen, dass die Transparenzdatenbank zwar jetzt nicht zur Beschlussfassung vorliegt, sie aber in den Verhandlungen und in den weiteren Absichtserklärungen im Zusammenhang mit der Mindestsicherung auch besprochen worden ist, denn Armutsbekämpfung ist das eine, das andere ist, mit der Transparenzdatenbank zu klären, ob die soziale Treffsicherheit gegeben ist, und zu versuchen, etwaigen Missbrauch im Sozialbereich auszuschalten.
Bevor ich mich näher mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung beschäftige, möchte ich als Länder- und auch als Gemeindevertreter schon festhalten, dass es nicht so war, dass vor der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung die Sozialhilfe nicht geregelt war. Man hat oft in der medialen Diskussion ein bisserl den Eindruck gewonnen, wenn jetzt nicht die Mindestsicherung beschlossen wird, dann stehen die Leute mehr oder weniger ohne alles da. – Das ist nicht der Fall, weil die Länder und vor allem die Gemeinden in den letzten Jahren im Bereich der Sozialhilfe sehr viel geleistet haben und auch beträchtliche Mittel eingesetzt haben, teilweise – ich komme aus Oberösterreich, und in Oberösterreich lagen die Richtsätze schon entsprechend darüber – auch über dem Niveau der Bedarfsorientierten Mindestsicherung.
Was ein wichtiger und sinnvoller Schritt im Zusammenhang mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist – das wurde auch schon angesprochen –, ist die Vereinheitlichung der Sozialhilfe in den Bundesländern, also eine bundesweit einheitliche Regelung. Ich denke, die Bedürfnisse der Menschen und auch der Armutsbegriff sind überall gleich, deshalb sollte man das auch entsprechend regeln.
Es ist, glaube ich, auch richtig – es ist in der Artikel-15a-Vereinbarung mit enthalten –, dass man ein sogenanntes Verschlechterungsgebot mit aufgenommen hat, das sicherstellt, dass dort, wo die Leistungen bis jetzt schon höher waren, das Niveau nicht verändert wird. Ich sage aber gleich dazu, ich halte es schon für sinnvoll, dass diese höheren Leistungsniveaus mehr oder weniger aufsaugend gestellt werden, sodass sich die Niveaus in den einzelnen Bundesländern, wenn die Mindestsicherung zu valorisieren ist, irgendwann einmal an ein einheitliches Leistungsniveau annähern. Ich glaube, das sollte schon so sein. Wenn man vereinheitlicht, dann sollte sich das auch entsprechend einschleifen, dass man einheitliche Tarife hat.
Es ist angesprochen worden – und ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt, dazu bekennt sich die ÖVP ganz massiv –: Es muss einen entsprechenden Unterschied zwischen Erwerbseinkommen und Bedarfsorientierter Mindestsicherung geben. Deshalb stehen wir ganz eindeutig dazu, dass diese Mindestsicherung zwölf Mal ausbezahlt wird. Ich glaube, das ist auch im Sinne der Kleinverdiener, die es natürlich auch gibt. Es ist eine faire Sache, dass man das entsprechend berücksichtigt. Der ÖVP war es in den Verhandlungen wichtig, dass man das Niveau, auch das Leistungsniveau, so festschreibt, dass doch ein Unterschied zwischen Erwerbseinkommen und Bedarfsorientierter Mindestsicherung gegeben ist. Das sollte auch so sein. Der Betrag von 744 € entspricht dem Ausgleichszulagenrichtsatz, und das ist, glaube ich, ein richtiger Ansatz.
Zur Vereinheitlichung der Sozialhilfe möchte ich an dieser Stelle sagen, ich glaube, bei dieser offenen Sozialhilfe ist das sinnvoll im Zusammenhang mit der Armutsbekämpfung. Bei der geschlossenen Sozialhilfe – was auch manchmal diskutiert wird –, glaube ich, sollte man keine Vereinheitlichung anstreben, denn das würde in manchen Bundesländern eine Nivellierung nach unten bringen, vor allem bei den Heimen, bei den mobilen Diensten und dergleichen.
Wichtig bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung scheint auch zu sein – ich glaube, das ist wirklich ein Grundbedürfnis, eine wichtige Grundversorgung –, dass alle Bezieher in die Krankenversicherung einbezogen sind. Der Zugang zu medizinischen Leistungen, zur Gesundheit sollte auf jeden Fall möglich sein.
Jetzt komme ich zu einem Schlüsselpunkt, der auch schon angesprochen worden ist und auf den man größtes Augenmerk legen muss: die Verknüpfung mit dem Arbeitsmarkt, mit dem Arbeitsmarktservice. Die Arbeitsfähigkeit und die Arbeitswilligkeit, vor allem die Arbeitswilligkeit, müssen Grundbedingung für die Gewährung von Leistungen sein. Es sollte das höchste Ziel sein, dass man BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt integriert, und all jenen, die arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig sind, sollen auch keine Leistungen gebühren. Darauf muss man entsprechend achten. Es ist ja schon oft von der sogenannten sozialen Hängematte gesprochen worden. Das darf es eben nicht sein, sondern die Mindestsicherung sollte ein Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt sein, dann ist das auf jeden Fall eine gute Sache.
Ich glaube, es sollte so sein, dass alle, die Leistungen und Hilfe brauchen, diese auch bekommen, nicht aber diejenigen, die arbeiten könnten, aber einfach nicht arbeiten wollen. Ich glaube, die sollten möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden. (Bundesrätin Mühlwerth: Hoffentlich geht die Rechnung auf!)
Die Rechnung geht dann auf, wenn man wirklich darauf achtet. Sie geben damit das Stichwort, das ich auch geplant gehabt hätte, nämlich die Transferdatenbank, wo man genau schaut, wer welche Leistungen bezieht und ob die Menschen die Leistungen auch zu Recht beziehen. Man muss schauen, dass Missbrauch ausgeschaltet wird und entsprechende Schieflagen im Sozialsystem verhindert werden.
Es ist bereits angesprochen worden: Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gibt es nicht zum Nulltarif. Sie wird den Bund rund 160 Millionen € kosten, bei den Ländern ist es mit 50 Millionen € gedeckelt. Ich glaube, man sollte sehr genau darauf schauen, wie viel an Mehrkosten wirklich entsteht, denn es ist natürlich möglich, dass der Bezieherkreis doch deutlich steigt. Es sind ja mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung auch die Regressbestimmungen verändert worden, und man geht schon davon aus, dass der Bezieherkreis größer wird. Meines Erachtens müssen speziell wir als Ländervertreter auch darauf achten, dass das nicht zu einer zu großen Belastung für die Gebietskörperschaften – Länder und Gemeinden – wird. Wie gesagt, das ist mit 50 Millionen € gedeckelt, müsste aber auf jeden Fall ein Thema für den nächsten Finanzausgleich sein.
Zusammenfassend: Im Sinne der Armutsbekämpfung ist dies, gekoppelt mit der Transparenzdatenbank, eine sinnvolle Maßnahme. Ziel muss es sein, die Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Missbrauch hintanzustellen, dann kann und wird das eine sehr gute Sache sein. Und ich bekenne mich auch dazu: Wenn man schon vereinheitlicht, dann sollte man das auch entsprechend tun und nicht in einzelnen Bundesländern wieder vorpreschen. Kollege Perhab wird aber zum „Sündenfall Steiermark“ ohnedies noch etwas sagen.
Wir werden dem Beschluss des Nationalrates über eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
11.41
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
11.41
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte um die sogenannte Mindestsicherung – „sogenannt“ deshalb, weil es ja wirklich die minimale Variante der Mindestsicherung ist – zieht sich nun schon über Jahre. Erstaunlich ist, dass sie mehrmals von der jeweiligen Bundesregierung ausverhandelt und zugesagt, aber dann jedes Mal wieder von einzelnen Ministern der ÖVP als Faustpfand verwendet wurde.
Das letzte Mal musste die Mindestsicherung herhalten, um Transparenz zu erzwingen. Ich finde das sehr interessant: Die ÖVP möchte gerne allen Bürgerinnen und Bürgern vorrechnen, welche Transferleistungen sie vom Staat bekommen. Das ist berechtigt, denn Transparenz ist immer wichtig. Sehr glaubhaft ist die ÖVP dabei aber leider nicht. Wo bleibt die Transparenz, wenn es um die eigenen Finanzen geht? Warum dürfen die Bürgerinnen und Bürger in Österreich nicht erfahren, wer und vor allem wie viel denn die Parteien gespendet bekommen? Welche Parteien bekommen denn Geld von bestimmten Organisationen und Interessenverbänden, von Gruppierungen und Einzelpersonen? (Bundesrat Kraml: Wen interessiert das? Was hat das mit der Mindestsicherung zu tun?)
Mich persönlich würde zum Beispiel schon interessieren, wer in Oberösterreich die flächendeckende Bewerbung eines Wohnbaulandesrates finanziert. Und ich wüsste
auch gerne, woher die Millionen Euro gekommen sind, die die Parteien in den letzten Wahlkämpfen ausgegeben haben. Unsere Parteifinanzen sind transparent.
In allen anderen europäischen Staaten ist die Transparenz der Parteienfinanzierung ungleich höher. Davon kann gerade Monsieur Sarkozy ein Lied singen. Wäre er österreichischer Politiker, hätte er kein Problem. (Bundesrat Kraml: Er hätte bei uns auch eines!) Bei uns – und dafür sorgt vor allem die ÖVP – dürfen Interessenverbände und Organisationen die Parteiapparate noch so richtig mit dem nötigen Schmiermittel versorgen, auf dass der Apparat auch gut und rund laufe. Um welche Art von Schmiermittel es sich handelt und vor allem, welche Menge davon den einzelnen Parteien verabreicht wird, das dürfen die Österreicherinnen und Österreicher nicht erfahren.
Wer Transparenz einfordert, von dem darf man schon erwarten, dass er mit gutem Beispiel vorangeht und seine eigenen Konten einmal offenlegt. (Beifall bei den Grünen.)
Transparent wird die Mindestsicherung auf alle Fälle sein. Es gibt da nicht viel zu durchleuchten, da sie ja nicht wirklich üppig ausfallen wird. Für die rund 13 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, die armutsgefährdet sind – das sind immerhin 1 Million Menschen –, gibt es monatlich nicht mehr als 950 €. Echte soziale Sicherheit schaut anders aus als diese Mindestsicherung. Die Bezieherinnen und Bezieher der Mindestsicherung werden mit 744 € auskommen müssen.
Gerne wird das so dargestellt, als würden diese Armutsgefährdeten in der Hängematte liegen, weil kein Anreiz zum Arbeiten mehr besteht. Das hat auch Kollege Hammer in seinem Statement hier ein bisschen durchklingen lassen, und der Finanzminister hat das wortwörtlich so ausgedrückt. Tatsächlich ist es aber so, dass viele dieser armen Menschen und Armutsgefährdeten tatsächlich einen Vollzeitjob haben und trotzdem zu wenig Geld für ein gutes Leben haben. Das ist die Realität! Das ist ungerecht, und dem müssen wir den Kampf ansagen.
Wir Grüne fordern eine volle Grundsicherung statt dieser Mini-Sicherung. Das heißt, dass sich die Betroffenen eine echte Mahlzeit leisten können sollen – und nicht ein Essen für 1,50 € oder 2 €!
Wir fordern auch einen Rechtsanspruch auf soziale Dienstleistungen sowie einen One-Stop-Shop, wie es in der Wirtschaft üblich ist, um den Anspruchsberechtigten einen Amtsspießrutenlauf und die damit verbundene Entwürdigung zu ersparen.
Wenn es die Regierung mit der Armutsbekämpfung wirklich ernst meint, dann sollte doch endlich die Einführung eines Mindestlohns von 1 000 € netto andiskutiert werden.
In Oberösterreich – das hat auch Kollege Hammer schon angesprochen – gibt es einen Kompromiss bezüglich der Umsetzung der Mindestsicherung. Da der Finanzminister nicht einsieht, dass auch arme Menschen gerne Weihnachten feiern und auch einmal gerne Urlaub machen, das heißt, Urlaub und Weihnachten für die Armen gestrichen hat, haben wir es in Oberösterreich so gemacht, dass es einen Verbesserungszuschlag zu den zwölfmaligen Auszahlungen geben wird.
Wir werden diesem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, wie es uns vorliegt, zustimmen, aber zufrieden sind wir damit nicht. Wenn wir langfristig eine gerechte Gesellschaft wollen, in der der Wohlstand besser verteilt ist, müssen wir auch mehr dafür tun. Das ist nur ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Grünen.)
11.47
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.
11.47
Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich meine, dass unser Kollege Efgani Dönmez nicht an untertriebenem Selbstbewusstsein leidet. Aber das kennen wir ja aus seinen vielen Reden hier im Plenum schon. Das ist ja an und für sich innerhalb der Grünen Partei durchaus wünschenswert als männlicher Abgeordneter – weil du tust dich da, glaube ich, ohnehin schwer genug (Heiterkeit) –, aber es ist natürlich nicht mehr ganz lustig, wenn du hier Termini wie „Schmiermittel“ verwendest. Das möchte ich aufs Schärfste zurückweisen!
Ich könnte mir die Sache ganz leicht machen und vielleicht auch die Frage stellen, wie es mit der finanziellen Transparenz bei den NGOs ausschaut, die euch ja sehr nahestehen. Du wirst ja wohl nicht behaupten, dass sich mit einem mickrigen Mitgliedsbeitrag von drei, vier Euro diese NGOs europaweit, weltweit so aufstellen, ohne dass dahinter eine sehr massive Finanzierung durch irgendwelche Lobbyisten stattfindet. Das ist, glaube ich, realpolitisch ganz einsichtig.
Aber nun zum eigentlichen Thema dieser Debatte. Mein Kollege Hammer hat, glaube ich, sehr eindrucksvoll die Position der Österreichischen Volkspartei und auch unserer Fraktion hier zu diesem Thema dargestellt. Ich darf daher nur einige Punkte aus unserer Sicht, und zwar auch aus der Sicht der Wirtschaft, ergänzen.
Selbstverständlich stehen wir grundsätzlich zur Armutsbekämpfung, und wir beweisen das auch tagtäglich in unseren Betrieben, denn wir haben in Österreich mit 28 Prozent eine der höchsten Sozialquoten in Europa. Das ist fast ein Drittel unseres gesamten BIP. In diesem Sinn, glaube ich, können wir durchaus erhobenen Hauptes anderen Ländern gegenübertreten. Dass es nie reicht, ist uns, glaube ich, auch klar. Es wird uns auch in Zukunft bei einer noch so großen Ausweitung der Sozialhilfe, die ja rein rechnerisch gar nicht mehr möglich ist, nicht gelingen, Armut gänzlich zu verhindern. Es sitzen ja viele Bürgermeister hier und auch im Nationalrat, und die wissen sehr genau, dass die Zuwächse im Sozialhilfeverband für die Gemeinden eines der Hauptprobleme sind. Wer das als Ländervertreter leugnet, den verstehe ich nicht. Da muss er hier etwas anderes erzählen, als er es in seiner Gemeinde oder in seiner Region tut, und das ist meiner Meinung nach unlauter.
Es bedarf, glaube ich, einer großen gemeinsamen Anstrengung, das bisher bestehende Niveau in den Sozialhilfeverbänden der Länder und der Regionen, wenn ich beispielsweise nur an die Pflege denke, zu halten (Beifall bei der ÖVP), statt hier permanente Armutsphrasen vorzutragen. (Bundesrätin Posch-Gruska: Das hat etwas mit Wertigkeit zu tun!)
Selbstverständlich bemühen wir uns, dieses Leistungsniveau und dieses hohe Niveau zu halten, aber letzten Endes, Frau Kollegin, wird es Ihnen schon aufgefallen sein, dass die Republik Österreich und auch die Länder nicht mehr über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen. Wir werden ja sehen, wie es uns im nächsten Jahr gelingen wird, diese Herausforderung zu meistern. Ich glaube, das muss man auch in dieser Runde sagen. Oder reden wir hier von ganz anderen Dingen? Wir müssen realpolitisch handeln und das der Bevölkerung, dem Bürger auch offen mitteilen. Wir können hier keine Wünsche neu anregen, die nicht erfüllbar sind.
Meine Damen und Herren, wer bezahlt denn das Ganze? Wenn man sich die Lohnsteuerstatistik anschaut, dann sieht man Folgendes: Das untere Einkommensteuerdrittel leistet knapp 10 Prozent der Steuern und des Abgabenkuchens, bekommt jedoch gut 43 Prozent aller öffentlichen Transfers. (Bundesrat Konecny: Das hat ja einen Grund, Herr Kollege!) Das mittlere Einkommensdrittel zahlt 28 Prozent der Abgaben und bekommt 31 Prozent, während das obere Einkommensdrittel 62 Prozent
der Abgabenlast zahlt und nur 25 Prozent erhält. (Bundesrat Konecny: Wollen Sie das ändern?) Ist alles in Ordnung, Herr Kollege Konecny, Sie gehören ja nicht zum untersten Einkommensdrittel, ich auch nicht. (Bundesrat Konecny: Ich beschwere mich auch nicht, im Gegensatz zu Ihnen!)
Ich beschwere mich nicht. Ich möchte Ihnen nur die Situation vor Augen führen. (Bundesrat Konecny: Die ist mir bekannt! Und genau das Gegenteil muss passieren!) Das kann ich Ihnen gerne vorrechnen, obwohl ich nicht über Ihr Einkommensniveau verfüge. Als Einzel- und Kleinunternehmer kann ich Ihnen genau vorrechnen, was mir zum Beispiel von meinem Bundesratsgehalt netto bleibt: Das sind 1 250 €, und die muss ich dann noch in meinem Einzelbetrieb versteuern. Ich beschwere mich nicht, möchte sogar dazusagen, ich würde es auch gratis machen, weil es mich interessiert. Aber lassen Sie diese permanenten klassenkämpferischen Andeutungen, dass in Österreich lauter Millionäre herumlaufen, die allerdings nicht bereit sind, ihren Teil zum sozialen Ausgleich beizutragen, denn ich denke, wir sind da auf einem guten Weg.
Da mein Kollege Hammer vom „Sündenfall Steiermark“ gesprochen hat: Diese Diktion würde ich natürlich nicht verwenden, aber wir haben in der Steiermark vor der Landtagswahl deswegen kein Gesetz, keine Artikel-15a-Vereinbarung im Landtag beschlossen, weil es die SPÖ, um einen Wahlkampfschlager im Landtagswahlkampf zu bekommen, darauf angelegt hat, diese Mindestsicherung 13, ja 14 Mal auszubezahlen. Ich gratuliere Ihnen dazu. Eine größere Wahlhilfe hätte uns die SPÖ im steirischen Landtag nicht geben können. (Bundesrat Kraml: Das glaube ich nicht, dass es so ist!)
Ich denke, kein einziger arbeitender Mensch, und ich habe sehr viele Arbeiter an meinen Stammtischen, dessen können Sie versichert sein, versteht das, dass es fürs Nichtstun Urlaubs- und Weihnachtsgeld geben soll. (Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich!) Das ist ein Widerspruch in sich, der jeden arbeitenden Menschen beleidigt. Ich denke, wir sollten die Leistungswilligen, die arbeitende Bevölkerung vertreten. Daher war die Volkspartei auch nicht bereit, diesem Dreizehnten und Vierzehnten auf Bundesebene die Zustimmung zu geben. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft nicht der Fall sein wird. (Bundesrat Mag. Erlitz: Mit dem Zynismus wirst du dich täuschen!)
Herr Landeschulratspräsident Erlitz, Sie haben vor der Gemeinderatswahl da ebenfalls ein paar Zwischenrufe gemacht. Die Gemeinderatswahl in der Steiermark ist so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist, nämlich mit dem größten Abstand zwischen ÖVP und SPÖ seit 1945. Ich hoffe, der steirische Wähler und die steirische Wählerin werden das im September wiederholen, und Ihr Landeshauptmann wird dann Geschichte sein. (Bundesrat Mag. Erlitz: Hoffen dürft ihr ja!) Ich bin mir sicher, dass das auch so ausgehen wird.
Es kommt noch hinzu, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir bei diesen Formulierungen im Detail in der Steiermark in einer Situation sind, wo wir es uns ja von Haus aus nicht leisten können, auf das Niveau der Bundesregelung noch etwas draufzugeben. Das ist unmöglich, das ist finanziell unmöglich. Wir können es uns jetzt schon nicht mehr leisten, also ist es auch unverantwortlich und in meinen Augen auch grundsätzlich falsch.
Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir sehr zufrieden, dass es zu diesem Kompromiss gekommen ist, weil wir wissen, obwohl wir Branchen haben, wo wir dringend ... (Bundesrat Stadler: Jetzt hast du 10 Minuten kritisiert!) Herr Kollege, Sie können gerne das Protokoll meiner Rede nachlesen. Sie werden sehen, dass ich im Detail einige Fakten aufgezeigt habe, die zeigen, warum wir grundsätzlich zugestimmt haben, weil wir nämlich glauben, dass es ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. (Bundesrat Konecny: Sie sind wohlwollend dagegen! – Heiterkeit.)
Herr Kollege Konecny, Sie können sich lustig machen, wie Sie wollen. (Bundesrat Konecny: Ich korrigiere mich: Sie sind nicht wohlwollend für das Gesetz!) Letzten Endes glaube ich, dass es für die Betroffenen nicht so lustig ist. (Bundesrat Konecny: Die Geschäftsordnung erlaubt, sich bei lustigen Reden auch darüber lustig zu machen! Ihre Haltung ist für die Betroffenen nicht lustig!) Aber ich hoffe, dass wir gemeinsam ein Mindestniveau erreicht haben und dass es nicht dazu führt, wie es schon in einigen Branchen der Fall ist, dass wir keine Arbeitskräfte mehr bekommen, da der Unterschied zwischen Arbeit und Nichtarbeit nicht mehr groß genug ist. (Bundesrat Konecny: Das ist ungeheuerlich! – Bundesrat Mag. Klug: Das waren die Wirtshausgespräche!)
Die Lösung der SPÖ, zu sagen: Heben wir die Mindestlöhne an, dann ist der Abstand wieder groß genug!, ist, glaube ich, keine Lösung, die von wirtschaftlichem Sachverstand getragen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns zu einem Kompromiss durchgerungen. Ich hoffe, er wird in den Bundesländern so umgesetzt, wie es der Bundesgesetzgeber beabsichtigt hat, nämlich fair. Auf der anderen Seite gibt es die Transparenzdatenbank. Das kommt in allen Bundesländern, auch in jenen Bundesländern, die von SPÖ-Landeshauptleuten geführt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
11.56
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
11.56
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Perhab, ich weiß nicht, wie Sie Ihren Hinweis auf das Selbstbewusstsein des Kollegen Efgani Dönmez vorhin gemeint haben. Da ich die einzige weibliche Person in dieser Fraktion bin, fühle ich mich persönlich angesprochen und möchte nur betonen: Ich unterdrücke ihn nicht. (Heiterkeit.) Und ich finde es auch bewundernswert, wenn man damit leben kann, dass es zwei Geschlechter gibt, die gleichberechtigt sind. Aber man muss es nicht unbedingt von diesem Pult hier betonen. Offensichtlich habt ihr damit noch ein bisschen ein Problem. (Beifall bei den Grünen.)
Um gleich noch bei einer Aussage von Ihnen zu bleiben, angesichts derer ich jetzt nicht ganz sicher war, ob ich gleich heraushüpfen oder sitzen bleiben soll: Sie haben gesagt, dass die Leute für das Nichtstun nicht noch zusätzlich mit Weihnachtsgeld und Urlaubsbeihilfe belohnt werden sollen. – Es geht nicht darum, die Leute für das Nichtstun zu belohnen, es geht darum, ihnen das Überleben zu sichern. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Sogar in den Weihnachtsgeschichten von Karl Heinrich Waggerl – und ich habe den nicht gemocht – hat es, daran kann ich mich erinnern, einen Christbaum gegeben. Und armen Leuten zu sagen: Ihr dürft halt nicht Weihnachten feiern, weil sich das von 744 € im Monat nicht ausgeht, und für das Nichtstun gibt es kein Weihnachtsgeld!, finde ich einfach tief. (Bundesrat Schennach: Und der Peter Rossegger ... auch in der Steiermark! – Bundesrat Konecny: Peter Rossegger gegen Perhab!)
Peter Rossegger, ja. Also alle haben im Prinzip Weihnachten gefeiert. Und das sollte in Österreich auch künftig möglich sein, wenn man schon unter der Armutsgrenze lebt, dass man wenigstens zu Weihnachten doch etwas mehr hat, um vielleicht den Kindern etwas zukommen zu lassen.
Aber jetzt zurück zum Gesetz. Prinzipiell habe ich mich ja als Pro-Rednerin gemeldet, und ich möchte schon auch betonen, dass ich sehr froh bin, dass es diesbezüglich
endlich zu einer Gesetzgebung kommt. Ob die Mindestsicherung jetzt wirklich bedarfsorientiert ist, sei dahingestellt – unseren Vorstellungen von Bedarfsorientierung entspricht sie nicht. Aber ich weiß, die Verhandlungen sind nicht immer ganz einfach, und wenn man sich die Ausführungen des Kollegen Perhab vorhin angehört hat, weiß man auch, warum. (Heiterkeit.)
Zu den Aussagen der FPÖ, aber in erster Linie des Kollegen Perhab, die in Richtung soziale Hängematte gehen: Es ist schon sehr oft darüber gesprochen worden, dass Menschen ja nicht unbedingt zu Fleiß arbeitslos werden oder weil es so lustig ist. Es ist einfach so, dass es Arbeitslose gibt. Es gibt einfach viele Menschen, die auch längerfristig arbeitslos sind, und diese zu unterstützen, ist wichtig. Auf der anderen Seite ist es natürlich mindestens genauso wichtig, dass die Löhne angepasst werden, damit es eben einen Unterschied zwischen arbeitslosem Einkommen und einem Mindestlohn gibt. Es ist ganz wichtig, dass man etwas gegen die Schwarzarbeit unternimmt. Ich denke, das sind immer wieder kleine Schritte, aber im Großen und Ganzen ist das sicher noch ausbaufähig in Österreich.
Wichtig ist, dass die Bildungsmaßnahmen verbessert werden. Wenn ich mir anschaue, was beim AMS angeboten wird – ich bin ja sicher nicht die Einzige, die daran hin und wieder einmal Kritik übt – und wie mit diversen Langzeitarbeitslosenprojekten in Österreich umgegangen wird, nämlich, dass diese immer wieder jedes Jahr neu beschlossen werden müssen und jedes Jahr eine unsichere Zukunft vor sich haben, dann denke ich mir, dass in diesem Bereich viel mehr getan werden kann und mehr beigetragen werden muss.
Ich möchte noch kurz darauf eingehen, was Kollege Perhab gesagt hat, nämlich dass die mit den niedrigen Einkommen wenig einzahlen und so viel herauskriegen und die mit den hohen Einkommen so viel einzahlen und kaum eine Transferzahlung zurückbekommen. Natürlich! – Das hat nun einmal ein soziales System an sich. Aber es ist genau die ÖVP, die sich immer wieder weigert, in Österreich neben dem Einkommen auch das Vermögen zu besteuern, wodurch es auch wieder einen gewissen Ausgleich dazu gäbe. (Bundesrat Perhab: Wie ist das Vermögen entstanden?)
Es ist genau eure Partei, die sich immer wieder dagegen sperrt, dass man nicht nur auf die Einkommen schaut, sondern eben auch darauf, was an Vermögen und was an arbeitslosem Einkommen da ist – nämlich an arbeitslosem Einkommen aus Vermögen, denn das darf in Österreich nach wie vor nicht angegriffen werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
Ich werde dem Gesetz zustimmen, die Artikel-15a-Vereinbarung werde ich aber ablehnen, weil die niederösterreichische Mindestsicherungsregelung so ist, dass ich mir denke, ich muss ein Zeichen setzen, dass es so einfach nicht geht. Einerseits betrifft das eben die Geschichte mit den zwölf mal 744 € – die sind einfach unter der Armutsgrenze und in Wirklichkeit nicht ausreichend zum Überleben. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)
Es gibt dann auch noch diese Regelung über das Maximalvermögen von 3 100 €; darüber wird dann einfach die Mindestsicherung nicht mehr gewährt. Das ist auch bedenklich. Ein Bausparvertrag oder ein Auto oder was auch immer sind dann in Wirklichkeit ein Hindernis dafür, dass man irgendetwas bekommt, wenn man laufend arbeitslos ist und nicht mehr kann.
Dazu kommt in Niederösterreich, dass man, wenn die Dokumente nicht rechtzeitig eingereicht werden, bis zu 2 100 € Strafe zahlen muss. Das ist bei einer Mindestsicherung von 744 € und einem Maximalvermögen von 3 100 € schon ziemlich heftig. Was mich persönlich auch noch sehr stört, ist der Datentransfer zwischen AMS, BH und Gemeinde, wobei in Niederösterreich der Gemeinde sogar ein Recht zur Stellung
nahme eingeräumt wird und die Betroffenen über diese Stellungnahme nicht informiert werden.
Ich denke, das sind Dinge, die sehr weit in den persönlichen Bereich hineingehen, und in Niederösterreich gibt es einige Gemeinden, die nicht so übermäßig groß sind, da kennt jeder jeden. Insofern finde ich es doch etwas unverantwortlich, dass man so etwas auf Gemeindeebene überhaupt abwickeln darf und kann. Deshalb lehne ich die Artikel-15a-Vereinbarung ab. Dem Gesetz werde ich aber zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
12.03
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte, Herr Minister.
12.03
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe natürlich alle Emotionen, ich verstehe natürlich alle Argumente, mit denen man versucht, dafür oder dagegen zu sein. Ich möchte nur ein paar Dinge ein bisschen gerade rücken, um einmal zur Realität zu gelangen.
Punkt eins: Wir haben erstmalig eine Belohnung der Fleißigen im Sozialhilfesystem vorgesehen. Das dürfte den Damen und Herren der FPÖ entgangen sein. Denn die heutige Sozialhilfe fährt über alle drüber. Wir haben erstmalig einen Freibetrag für die sogenannten Fleißigen – heute gibt es das nicht. Wenn du heute Sozialhilfe beantragst, musst du zuerst dein Vermögen verbrauchen, das ist in allen Sozialhilfegesetzen aller Bundesländer so. Erstmalig haben wir eine Belohnung der sogenannten Fleißigen eingeführt.
Punkt zwei: Wir haben erstmalig eine Kürzungsmöglichkeit der Sozialhilfe geschaffen, um die Missbrauchsfälle besser in den Griff zu bekommen. Wenn Sie mir weismachen wollen, es gibt eine missbrauchsfreie Gesellschaft, dann hätten wir keine Steuerbetrüger, keine Bilanzbetrüger, keine Verkehrsstrafen. Dies ist jedoch unmöglich, es wird immer irgendwo einen Missbrauch geben. Das, was wir jetzt machen, ist eine Minimierung, weil wir erstmalig in diesem Land – vom Bodensee bis zum Neusiedler See – Sozialhilfe kürzen können, was heute nicht der Fall ist; das auch nur zur Information.
Wir haben erstmalig die Möglichkeit, Menschen zur Arbeitsleistung auch zu verpflichten, denn geht er nicht hin, bekommt er keine Sozialhilfe. Das, was Dänemark macht, machen wir schon lange, denn nicht umsonst würde das AMS 90 000-mal den AMS-Bezug kürzen, 90 000-mal pro Jahr! Das AMS hat im Schnitt 800 000 Kunden pro Jahr, und bei 10 Prozent dieser Kundinnen und Kunden wird gekürzt, aber „brutalo“! Das sollten Sie sich als Information bitte mitnehmen! (Bundesrat Schennach: Gibt es Erhöhungen auch?)
In Wahrheit stellen wir die Sozialhilfe um, und ich weiß, dass jetzt steirischer Landtagswahlkampf ist, das ist ja gar keine Frage, aber das jetzige steirische Gesetz sieht die gleiche Höhe, nämlich den Richtsatz von 558 € – der Rest ist Wohnen –, vor wie das, was wir hier beschließen. Die Steiermark hat das schon lange, mit Ihrer Zustimmung, mit der Zustimmung der ÖVP, beschlossen. Das ist einmal Punkt eins. (Bundesrat Mag. Klug: Oh, hört, hört!)
Ich danke auch dafür, dass es in einem sehr vergifteten Wahlkampfklima möglich war, dass wir zumindest vor zwei Wochen im steirischen Landtag die 15a-Vereinbarung beschlossen haben. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Na bitte! – Bundesrat Mag. Klug: Ganz genau!) Ich würde nur darum bitten, den Herrn Schrittwieser richtig zu zitieren.
Der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter hat nämlich immer gesagt, wenn die ÖVP dazu bereit wäre, würde er auch einer zwölfmaligen Auszahlung zustimmen.
Ich würde nur bitten, eine richtige Information zu verbreiten; da gibt es so viele Presseaussendungen, Herr Bundesrat, über diese Aussagen des Herrn Schrittwieser. Ich weiß, dass man das im Wahlkampffieber nicht gerne hört. Ich kann das menschlich alles verstehen, denn ich habe ja mit Ihrem Klubobmann und mit Ihrem Landeshauptmann-Stellvertreter zu tun gehabt, so wie ich mit dem Kollegen Schrittwieser zu tun hatte, damit wir den Beschluss der 15a-Vereinbarung im Landtag überhaupt zusammenbringen. Das hat mir viele Stunden meines Lebens gekostet, ich habe sie gerne investiert. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir haben das zusammengebracht, in diesem vergifteten Klima.
Ich sage es nur noch einmal: Ja, es ist in Wahrheit eine Umstellung der heutigen Sozialhilfe auf ein österreichweites gemeinsames Niveau. Das ist der Hintergrund dieser Aktion. Wir haben dann vom Bodensee bis zum Neusiedler See einen Sozialhilferichtsatz, den wir heute nicht haben, heute ist es kunterbunt. In einem Bundesland gibt es noch einen Heizkostenzuschuss, im nächsten Bundesland gibt es einen Bekleidungskostenzuschuss – und, und, und. Wir haben in Zukunft ein Niveau, und diese Entwicklung ist okay. Dass es natürlich eine Partei gibt, der das überhaupt nicht ausreicht, ist auch klar, aber ich danke für die Zustimmung, die ja schon im Plenum des Nationalrates erfolgt ist, keine Frage.
Ich möchte noch einmal sagen: Wir haben 17 000 Menschen in diesem Land, die die Sozialhilfe als alleinige Einnahmequelle ihres Lebens beziehen. Es sind nur – oder wie auch immer Sie das nennen wollen – 17 000 Menschen, es sind nicht mehr. Diese 17 000 bekommen jetzt ein Niveau, das ist einmal Punkt ein.
Das Zweite ist, dass wir 150 000 Menschen in diesem Land haben, die die Sozialhilfe temporär beziehen, als sogenannte Aufstocker. Wer ist das? Das sind Leute mit einem niedrigen AMS-Bezug, das sind Menschen mit einem niedrigen Notstandshilfebezug und das sind Menschen mit einem niedrigen Aktiveinkommen. Diese drei Kategorien gibt es. Das sind die sogenannten Aufstocker, rund 150 000 Menschen pro Jahr. In Wahrheit sind es nie dieselben 150 000. Warum? – Weil der Durchschnitt der Bezugsdauer der Aufstockungsleistung vom Bodensee bis zum Neusiedler See voriges Jahr sieben Monate betrug. Wenn Sie alle Landesregierungen, alle Bezirkshauptmannschaften, alle Sozialhilfeverbände durchfragen, dann kommen Sie auf diese Durchschnittszahl.
Das heißt, es gibt Menschen, die drei Monate einen niedrigen AMS-Bezug haben, der unter dem Sozialhilferichtsatz ist, und die sich dann eine Aufstockungsleistung holen. Im fünften Monat hat er wieder eine „Hacken“, die Aufstockungsleistung ist vorbei, der AMS-Bezug ist vorbei, denn er hat wieder ein Aktiveinkommen. Das ist ein ständiges Kommen und Gehen, und die Aufstocker nehmen im Schnitt aller Bundesländer diese Leistung sieben Monate in Anspruch. Dass da welche darunter sind, die sie zwölf Monate brauchen, das ist keine Frage, genauso, wie es welche gibt, die sie nur zwei Monate brauchen, denn sonst würde man nie auf den Schnitt von sieben Monaten kommen.
Das heißt, diese Aufstocker wird es auch in Zukunft geben, sie werden sich nur ein bisschen reduzieren. Warum? Die Aufstockungsleistung wird sich reduzieren, weil ein Teil dieser Millionen, die da fließen, in die Verbesserung der Notstandshilfe investiert wird. Das ist vor allem ein frauenspezifisches Programm, da wir im Schnitt, grob umgerechnet, die Notstandshilfe um 100 € pro Monat verbessern. Aber auch diese Bezieher kommen nicht in die Hängematte, auch sie werden mehr oder weniger aufgefordert, eine Beschäftigung anzunehmen. In Wahrheit, glaube ich, haben wir ein System zu
Ende geführt, bei dem es darum geht, sozial hinzuschauen, sozial zu helfen und gleichzeitig Missbrauch so weit wie möglich zu minimieren und so klein wie möglich zu halten.
Es wird wahrscheinlich immer wieder Missbrauch geben – so wie Sie, so wie wir alle, die wir hier sitzen, schon irgendwann einmal einen Arbeitslosen kennengelernt haben, der einmal im Monat nebenbei pfuschen geht. Ja, solche Fälle wird es weiterhin geben, leider. Ich kann nur einladen, diese Leute zu melden, dann wird gekürzt. Und jeder, der pfuschen geht, braucht einen, der ihn beschäftigt. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das sollte auch einmal sehr offen und ehrlich gesagt werden. Ich habe den Begriff der erweiterten Nachbarschaftshilfe geprägt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ihr wisst alle, wovon ich rede! Ihr wisst alle, was ich meine! Wir sollten nur ehrlich zu uns allen sein: Wenn wir das abstellen wollen, wovon ich ausgehe, dann dürfen wir es nicht tun, beziehungsweise müssen wir, wenn es passiert und man es weiß, die Leute bitte melden. Genauso, wie zum Glück viele Gewerbetreibende nicht mehr willenlos ihren Stempel hergeben und Auf Wiedersehen sagen, sondern anrufen, und das Verwaltungsverfahren wird gestartet – zum Glück, das sage ich sehr offen. Denn: Kavaliersdelikte haben da nichts verloren, wir sollten uns nur immer merken, dass das so ist.
Darum danke ich dafür, dass der Bundesrat in seiner Mehrheit so wie der Nationalrat die Zustimmung erteilen wird, denn ich glaube – ich sage das hier wirklich sehr, sehr offen –, es ist ein wesentlicher Schritt zu einer Vereinheitlichung des Sozialhilfesystems und ein wesentlicher Schritt dahin, dass Menschen, die in dieses Auffangnetz hineinfallen, nicht ewig drinnen bleiben. Ein paar werden weiterhin ewig drinnen bleiben, weil sie aufgrund von irgendwelchen Umständen nicht mehr arbeitsfähig sind. Die wird es auch in Zukunft geben, so wie es sie heute gibt – leider. Aber die Zahl ist eine minimalistisch kleine, denn – ich sage es noch einmal – es sind nur 17 000 Menschen, die die Sozialhilfe als alleinige Einnahmequelle haben, und wie die Projekte in Wien-Floridsdorf, Wien-Donaustadt und in Bruck an der Mur, wo wir uns ja um den regionalen Anteil dieser 17 000 kümmern, zeigen, ist es bei vielen möglich, sie herauszuholen und wieder zu integrieren.
Das ist nicht einfach, sondern manchmal kompliziert und sehr frustrierend – gar keine Frage. Manchmal erlebt man einen Bauchfleck, das sage ich auch sehr offen. Aber man erlebt irrsinnig oft Freude, weil die Menschen, wenn ihnen jemand hilft und sie begleitet, da hinauskommen wollen; und das ist die Challenge, um die es geht. In diesem Sinne bedanke ich mich. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
12.14
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte, Herr Kollege.
12.14
Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns zumindest bei der Frage der Politikerbezüge zu Beginn dieser Tagesordnung darauf verständigt, dass wir bemüht sind, einen kleinen Beitrag zum Ansehen der Politik leisten zu wollen. Das ist auch ein Anspruch, den wir im Bundesrat in den nächsten Jahren hochhalten wollen. Wenn wir dann wenige Tagesordnungspunkte später wieder einen Beitrag leisten, bei dem wir bedauerlicherweise zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir auf ein allgemeines Wirtshausniveau absinken, dann ist das wieder ein Tiefpunkt der Politik – aber so unterschiedlich kann die Politik eben sein.
Mit unserer Unterstützung – da meine ich jetzt unsere Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion – werden wir auf diesem Niveau in den nächsten Jahren zweifelsohne nicht weiterarbeiten und daher jede Gelegenheit nutzen, einige
kurze Worte zu sagen, wenn wir das Gefühl haben, dass wir nicht nur uns selbst, sondern auch die Sache beschädigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den inhaltlichen Ausführungen vom Herrn Minister gibt es meines Erachtens keine Ergänzungen mehr, aber zum Beitrag vom Kollegen Perhab, was den Landtagswahlkampf in der Steiermark und unseren Landeshauptmann betrifft, möchte ich doch ganz kurz Folgendes erwähnen:
Viel kann der Bundesrat häufig zur Situation in einem Bundesland nicht beitragen, das müssen wir uns offen eingestehen. Wir sind bemüht, die Interessen der Länder möglichst gut wahrzunehmen. Aber wenn dann deutlich sichtbar wird, wofür die eine und wofür die andere Partei steht, dann ist das doch ein wunderbares Geschenk für einen Landtagswahlkampf, denn eines ist völlig klar, nämlich dass sich nicht nur der öffentliche Haushalt des Bundes besonders angestrengt entwickelt, sondern dass sich auch sämtliche öffentliche Haushalte der Länder schwierig entwickeln.
Es ist auch klar, dass das kein österreichisches Phänomen ist; und wir hören vor diesem Hintergrund deutlich, womit die ÖVP immer ein Problem hat. Es ist klar festzustellen, dass es dem Wirtschaftsbund in der ÖVP immer nur um zwei Themen geht: die Ausgaben im Sozialbereich und die Ausgaben im Gesundheitsbereich.
Ich sage daher ganz deutlich – und ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal den Landeshauptmann-Stellvertreter Schrittwieser zitieren –: Mit der Sozialdemokratie in der Steiermark wird es im Bereich der Sozialleistungen und im Bereich des Gesundheitssystems mit Sicherheit keinen Kahlschlag geben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)
Ich nehme bedauerlich zur Kenntnis, und da schaue ich ... (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) – Nein, zu Bad Aussee möchte ich hier gar nichts sagen, denn was in diesem Zusammenhang eine vernünftige Politik der ÖVP mit Hirn bedeutet hätte, das würde heute den ganzen Tag füllen.
Aber ich schaue jetzt ganz bewusst in die Richtung von einigen FCG-Vertretern in der ÖVP: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich leide mit euch, weil mir natürlich die Inhalte der christlichen Soziallehre gut bekannt sind, und ich wünsche euch allen alles Gute, intern in der ÖVP den Wirtschaftsbund bei guter Gelegenheit auf den rechten Pfad der Tugend zu bringen. Alles, alles Gute! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
Und zu guter Letzt: Ich werde die Tagesordnung des Bundesrates nicht missbrauchen, aber ich habe permanent das Gefühl, dass in der ÖVP-Steiermark seit dem Jahr 2005, wenn sie den Namen Franz Voves hören, alle unter Strom stehen. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Bundesräte Schennach und Perhab.) Und ich sage in diesem Zusammenhang: Eines werden Sie von mir vor der Wahl nie hören, nämlich wer zum Zeitpunkt nach der Wahl politische Geschichte ist. Das werden Sie von mir nie hören, und ich sage Ihnen auch ganz bewusst warum: weil es meines Erachtens die sogenannte und auch ernst gemeinte Demut vor der Wählerin und vor dem Wähler gibt.
Ich sage in diesem Zusammenhang nur: Es wird im September einen Landtagswahlkampf in der Steiermark geben, in dem die SPÖ mit einem Wahlprogramm für das Land antreten wird, und jede Steirerin und jeder Steirer kann dann selbst entscheiden, ob sie oder er dieses Programm für die neue Legislaturperiode will oder nicht.
Darüber hinaus, werte Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Perhab, wird die SPÖ Steiermark mit einem Spitzenkandidaten antreten, der im höchsten Gremium der Partei mit über 98 Prozent als Spitzenkandidat gewählt wurde! Jetzt sage ich es ganz direkt: Wir duellieren uns um die Stimmen der Wählerinnen und Wähler hauptsächlich mit der ÖVP, und ich sage nur, wenn ich da an unseren Spitzenkandidaten und an euren Spit
zenkandidaten denke, dann bin ich voller Demut vor der Wählerin und dem Wähler sehr entspannt. Glück auf! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
12.20
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B‑VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert wird (774 d.B. und 824 d.B. sowie 8357/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Kemperle. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Monika Kemperle: Geschätzte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wortmeldungen liegen mir nicht vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
8. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (770 d.B. und 823 d.B. sowie 8349/BR d.B. und 8358/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist wieder Frau Bundesrätin Kemperle. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Monika Kemperle: Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, liegt in schriftlicher Form vor; daher komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte, Frau Kollegin.
12.24
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. – Keine Frage, die Überarbeitung der Einschätzverordnung ist eine wichtige Sache. Ich bin auch froh darüber, dass das passiert ist, dass auch psychische Erkrankungen inzwischen als Beeinträchtigung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben anerkannt werden.
Aber letztendlich möchte ich schon noch darauf hinweisen, dass es mit der Anerkennung allein nicht getan ist, sondern dass man auch Maßnahmen setzen muss, damit Menschen trotz ihrer Behinderung oder trotz der Behinderung möglichst gleichwertig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, angefangen von Kindergarten und Schulintegration, weiter über Integration in der Arbeitswelt, Betreuung, Wohnen et cetera, et cetera. Da gibt es noch immer Bereiche, in denen es nicht so einfach geht.
Wichtig ist die finanzielle Absicherung, wichtig ist die Beseitigung von Diskriminierung, und ganz besonders wichtig ist die Unterstützung auf dem Arbeitsmarkt. Da wir durch die neue Einschätzverordnung jetzt wahrscheinlich einen größeren Kreis von Menschen haben, die unter diverse Behinderteneinstellungsgesetze und Bundesbehindertengesetze fallen, muss man einfach auch aufpassen, dass das Angebot nicht nachhinkt, gerade im Bereich des Arbeitsmarkts und der Unterstützung auf dem Arbeitsmarkt.
Im Sozialarbeiterbereich gibt es immer wieder Berichte darüber. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es einen Bericht der steirischen Arbeitsassistenz darüber gibt, wie es dort abläuft, wie belastet die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sind, wie sehr und oft sie selbst ein Burnout-Problem haben, weil sie zu viele Menschen betreuen müssen, weil der Quotendruck zu stark ist, weil die Behinderteneinstellquoten trotz aller Mühen nicht erreicht werden.
Deshalb möchte ich darum bitten, dass man trotzdem dranbleibt und sich jetzt wahrscheinlich noch verstärkt bemühen muss, dass man auch dazu beiträgt, dass die Behinderung dann einfach nicht mehr die Behinderung ist, die sie derzeit ist. Es reicht nicht, sie anzuerkennen, man muss auch etwas dagegen tun. Aber natürlich werden wir dem Gesetz jetzt zustimmen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Schennach sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
12.26
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010 – SRÄG 2010) (785 d.B. und 826 d.B. sowie 8359/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Kemperle. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Monika Kemperle: Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden, liegt in schriftlicher Form vor; daher komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Zangerl. – Bitte, Herr Kollege.
12.28
Bundesrat Stefan Zangerl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer gemeinsamen Resolution anlässlich der Jahreshauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 16. Juni dieses Jahres haben FSG und AAB, sprich FCG, in seltener Einmütigkeit ausdrücklich die Möglichkeit begrüßt, dass im österreichischen Pensionssystem Erwerbstätige zwischen den unterschiedlichen berufsständisch organisierten Systemen
wechseln können, ohne dadurch Benachteiligungen zu erfahren. Durch eine Verankerung der Wartefrist soll jedoch verhindert werden, dass bei einem Wechsel ins ASVG angeblich 15 000 Beamtinnen und Beamte die Möglichkeit eines früheren Pensionsantrittes in Anspruch nehmen könnten. – Für mich eine sonderbare und nicht nachvollziehbare Zahl!
Ich möchte festhalten, dass es sich hierbei ausnahmslos um Menschen im pensionsnahen Alter handelt. Diese Möglichkeit ist ja bei Gott nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern sie wurde erst durch eine entsprechende gesetzliche Regelung möglich gemacht. Nun aber, da sich der Wind wieder einmal gedreht hat, wird von einigen schnell, sehr schnell in der untersten Lade gekramt und von „Privilegien und Schlupflöcher findenden Beamten“ gesprochen. Ja wäre es nicht wahrhaftiger, wenn wir uns einmal darüber Gedanken machten, wie es zu einer solchen Situation überhaupt kommen konnte?!
Aus meiner Erfahrung als langjähriger Leiter des Jobcenters der vormaligen Postdirektion in Innsbruck kann ich Ihnen sagen, dass sich unter den altgedienten Beamten Dinge abgespielt haben, die sprachlos machen. Für Beamte, die diesem Staat weit länger als 40 Jahre getreulich gedient haben, ist es oftmals zu spät, in ein anderes Betätigungsfeld zu wechseln. Wo landen sie? – In einem Jobcenter, und sie versuchen sich in die Pension zu retten!
Ich hatte in meiner Abteilung einen Amtsrat, der wochenlang jeden Tag um 7 Uhr mit der Aktentasche aus dem Haus ging und um 17 Uhr wieder zu seiner Familie heimkehrte. Er hatte nicht die Kraft, seiner Familie mitzuteilen, dass er schon seit einigen Wochen wegen schwerer psychischer Probleme im Krankenstand war und seine Zeit im Hofgarten totgeschlagen hatte.
Sozialer Abstieg, zum Beispiel durch den Wegfall der Nebengebühren, daraus oftmals resultierende private Dramen bis hin zum Suizid – auch das hat es gegeben – sind die Folgen einer solchen für mich wahrhaft fahrlässigen Politik.
Ich habe Manager erlebt, die sich wie Kopfgeldjäger aufgeführt haben und für die der Begriff „soziales Gewissen“ ein Schimpfwort war. Manager, die einen todkranken Menschen drei Wochen vor der Erreichung des 40‑jährigen Dienstjubiläums um seine Jubiläumszuwendung gebracht haben! Einen Manager, der sich die Taschen mit Erfolgsprämien vollgestopft hat und dann, als er endlich, endlich untragbar wurde, smart lächelnd und mit dem Verweis, dass es sich für ihn ja rentiert hat, das Unternehmen, wie er selbst sagte, mit hoch erhobenem Haupt und einer hohen Abfertigung auf seinem Konto verließ – eine tolle Karriere für einen ehemaligen Hundeflockenverkäufer!
Aber es gibt auch Beamte in mittleren Jahren, die den Weg in die Privatwirtschaft erfolgreich gewagt haben. Das möchte ich auch anmerken. Sie haben Firmen übernommen und auch Firmen gegründet, sie stellen heute ehemalige Kolleginnen und Kollegen in ihren Firmen ein. Das Personalamt schließt Verträge mit Baufirmen, mit Touristikunternehmen, mit Privatsendern, wobei viele, sehr viele überhaupt nicht mehr in ihr Amt zurückkehren wollen.
Was will ich damit sagen? – Sagen will ich, dass Veränderungen grundsätzlich nichts Negatives beinhalten müssen. Aber es muss mit Augenmaß geschehen! Man muss auf die Situation des Einzelnen eingehen, dann gibt es nicht diese Panik, dass sich Menschen in die Pension retten müssen. Auch ältere Mitarbeiter in Staatsbetrieben sollten durch diese Republik Wertschätzung erhalten, denn sie sind ihren Managern anvertraut, aber nicht ausgeliefert.
Es gilt, nicht einzelne Arbeitnehmergruppen gegeneinander auszuspielen, sondern das Verbindende vor dem Kriminalisierenden zu sehen, unter Wahrung des Vertrauensprinzips und ihrer erworbenen Rechte! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)
12.32
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte, Herr Kollege.
12.32
Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir sprechen heute über ein Sozialrechts-Änderungsgesetz, eine Rechtsentwicklung. Ich möchte auf einen Aspekt eingehen, der mir besonders wichtig ist.
Der Vorschlag von Herrn Sozialminister Hundstorfer zur Einführung einer bundesweiten Gesundheitsstraße ist hier besonders zu begrüßen. Die Gesundheitsstraße ist ein wichtiger ökonomischer Schritt in die richtige Richtung. Im letzten Jahr gab es diesbezüglich in Niederösterreich und in halb Wien ein interessantes Projekt, bei dem hundert Personen diese Gesundheitsstraße absolviert und erfolgreich durchlaufen haben. Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, dass diese Neuerung immense Kosten- und Zeitersparnis im Verwaltungssektor bedeutet, wenn zwei Institutionen beschließen, einen Befund gemeinsam zu lesen und auch gemeinsam zuzulassen.
Es war ja so, dass einer, wenn er beim AMS arbeitslos gemeldet wurde und Gesundheitsprobleme hatte, dann dort seine Untersuchung hatte. Wenn er danach um die Berufsunfähigkeitspension ansuchte, hatte er sie bei der Pensionsversicherung, und vieles andere mehr. Das wird jetzt durch diese Dinge geregelt. Die Gesundheitsstraße soll in Zukunft ermöglichen, dass das AMS die Pensionsversicherung damit beauftragen kann, die Untersuchungen zur Arbeitsfähigkeit beziehungsweise zur Arbeitsunfähigkeit vorzunehmen. Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist dann auch für das AMS bindend.
Mit dieser Änderung der Invaliditätspension schlägt man eigentlich zwei Fliegen mit einer Klappe. Auf der einen Seite bringt diese Verwaltungsvereinfachung eine Einsparung von 4 Millionen € bei der Pensionsversicherung mit sich, und auf der anderen Seite wird das entwürdigende Hin- und Herschicken der Betroffenen endlich beendet. Herr Minister, herzlichen Dank für diese hervorragende Regierungsvorlage!
Einen Punkt möchte ich ebenfalls ansprechen: Man sollte auch weiter in Richtung Prävention denken, um der Invaliditätspension entgegenzuwirken. Die Arbeitswelt – und das ist ein ganz wichtiger Teil – muss gesünder werden! 30 Prozent der Invaliditätspensionisten werden psychischen Krankheiten zugeordnet.
Das Bewusstsein für Prävention muss bei den Arbeitgebern geschärft werden – zum Beispiel gibt es langjährige Forderungen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, ich nenne ein paar davon – durch den Einsatz von Arbeitspsychologen als dritter verpflichtender Präventivkraft zusätzlich zu Arbeitsmedizinern und zur Sicherheitsfachkraft, durch erzwingbare Betriebsvereinbarungen zur Umsetzung von betrieblicher Gesundheitsförderung, durch mehr Verbindlichkeit bei der Evaluierung der psychischen Belastungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, durch ein umfassendes Präventions- und Gesundheitsförderungsgesetz, in dem Präventionsziele, Qualitätskriterien und Zuständigkeiten festgelegt werden. Das sind Bereiche, in denen wir in die Zukunft denken müssen, um die Menschen länger in Arbeit halten zu können.
Ein weiteres visionäres Modell des Sozialministeriums mit dem Namen „Fit to work“ möchte ich hier auch nicht außer Acht lassen. Dabei geht es einerseits darum, Betriebe
zu durchleuchten, die Menschen frühzeitig in Pension schicken, und andererseits um die Ursachen der Krankheit der Betroffenen. So soll es künftig auch einen Rechtsanspruch auf Rehabilitation geben, bevor die Invaliditätspension in Frage kommt.
Die Untätigkeit bei Prävention lohnt sich für Unternehmen nicht. Laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger entfällt jeder 16. Krankenstandstag in Österreich auf eine psychische Erkrankung. Psychische Erkrankungen: Ich erinnere da an Burnout, Alkoholismus, Depression und vieles andere mehr. Wir brauchen hier eine intelligente, maßgeschneiderte Prävention in den Betrieben, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die Debatte eingehen, die jetzt immer wieder geführt worden ist und in der es um die Erhöhung des Pensionsantrittsalters, vor allen Dingen um die Erhöhung der gesetzlichen Bestimmungen von 65 Jahren auf 70 Jahre gegangen ist, wie das auch die EU-Kommission in diesem Grünbuch gefordert hat. Ich sehe da für Österreich eigentlich keinen Änderungsbedarf. Wir müssen vielmehr – und das ist, glaube ich, eine der wichtigsten Maßnahmen, um die es dabei geht – das tatsächliche Pensionsalter an das gesetzliche Pensionsalter angleichen. Heute beträgt das Antrittsalter im Durchschnitt bei Männern 58,9 und bei Frauen 57,9 Jahre.
Es müssen – und das ist etwas, was wir auch andenken müssen – spezielle Anreizmodelle für Firmen entwickelt werden, die älteren Menschen die Chance geben, länger im Erwerbsleben zu bleiben. Es hat wenig Sinn, über eine Anhebung zu diskutieren, wenn heute sogar schon 50-Jährige die Arbeit verlieren, keinen neuen Job mehr finden und oftmals direkt von der Arbeitslosigkeit in die Pension gehen müssen. In Österreich gehen derzeit 40 Prozent aller Invaliditätspensionisten und 30 Prozent sämtlicher Pensionistinnen und Pensionisten direkt aus der Arbeitslosigkeit in den Ruhestand, und dem muss entgegengewirkt werden!
Herr Bundesminister, Ihre Erläuterungen in Brüssel am 9. Juli kann ich nur bekräftigen: Österreich soll kein Land von Frühpensionisten werden! Niemand will freiwillig mit 60 Jahren arbeitslos werden; das ist kein Vergnügen. Man muss versuchen, mit der Wirtschaft gemeinsam vorzugehen, um länger gesund im Erwerbsleben zu bleiben zu können.
Eine Anhebung des Pensionsantrittsalters bei Invaliditätspensionen würde eine Ersparnis von 300 Millionen € bringen. Alles in allem gesehen ist dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010 ein Schritt in die richtige Richtung und wird sicher dazu beitragen, bei den Pensionistinnen und Pensionisten ein späteres Antrittsalter zu erreichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)
12.40
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Hammer. – Bitte.
12.40
Bundesrat Mag. Michael Hammer (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir befassen uns bei diesem Punkt mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz. Viele Änderungen, die darin enthalten sind, sind Vorschläge der Sozialpartner, die von ihnen auch sozialpartnerschaftlich ausverhandelt wurden. Ich denke, sie sind sinnvoll, weil sie Doppelgleisigkeiten beseitigen, überalterte Bestimmungen beseitigen und allgemeine Rechtsbereinigungen durchführen. Das ist auf jeden Fall zu begrüßen.
Ich kann mich, was die Gesundheitsstraße betrifft, dem Kollegen Todt nur anschließen. Die Erfahrungen des Pilotprojekts in Niederösterreich und in Wien zeigen, dass das
eine sinnvolle Maßnahme ist. Dass man das jetzt bundesweit einführt, ist auf jeden Fall eine wichtige Sache.
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, auch Kollege Zangerl hat darüber gesprochen, nämlich über die Möglichkeit des Übertritts vom Beamtensystem ins ASVG-System. Hier versucht man, diese Möglichkeit unattraktiver zu machen. Es bedarf allerdings weiterer Schritte, um diese Möglichkeit hintanzuhalten, denn es kann nicht sein, dass man von einem System ins andere wechselt.
Als Arbeitnehmervertreter sage ich dazu: Ich bekenne mich zur Langzeitversichertenregelung. Sie hatte sicherlich ihre Berechtigung. Es kann aber nicht sein, dass man durch einen Wechsel von einem System ins andere auch diese Vorteile geltend macht. Ich denke, das muss man sich sehr, sehr genau anschauen, weil das dem Pensionssystem hohe Kosten verursacht und den Versicherten im ASVG-Bereich gegenüber ungerecht ist.
Man muss es sich auch deshalb anschauen, weil man sieht, dass einige Länder oder Gemeinden, vor allem die Stadt Wien, diese Praxis sehr stark pflegen und Überstellungen ins ASVG-System durchführen. Das ist ein stiller Finanzausgleich zugunsten der Stadt Wien. Das sollten wir im Sinne des Föderalismus sowie der anderen Länder abstellen.
Hier braucht es noch Änderungen, damit dieser Übertritt nicht möglich ist, weil es eben keinen berechtigten Grund dafür gibt, warum das möglich sein soll. Ich denke, darüber muss man noch nachdenken. In der Grundgesamtheit ist das Sozialrechts-Änderungsgesetz allerdings eine positive Sache, der wir daher zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
12.42
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Podgorschek. – Bitte.
12.42
Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mein Vorredner hat schon darauf hingewiesen, dass es gilt, diese Hintertür eines Wechsels von einem Versicherungssystem in das andere zu schließen. Dem kann ich nur zustimmen. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Ich möchte jetzt nicht die Ausführung meiner Vorredner wiederholen. Ich darf vielleicht nur auf ein Beispiel hinweisen, nämlich darauf, wie sehr man letzten Endes darüber nachdenken muss, bei der Harmonisierung der Systeme fortzuschreiten. Wir haben in Oberösterreich zum Beispiel im Bereich der Berufsschullehrer die Situation, dass mittlerweile die Berufsschullehrer, die mit einem Sondervertrag beschäftigt sind, schon wesentlich mehr verdienen als die beamteten Berufsschullehrer.
Sie haben andererseits auch den Vorteil, dass sie sich in der LKUF befinden und daher auch krankenversicherungs- und unfallversicherungsmäßig den Beamten gleichgestellt sind, können aber wesentlich früher in Pension gehen, weil die Lebensarbeitszeit, gerade bei den Damen, schon relativ bald erreicht wird.
Meiner Ansicht nach ist es selbstverständlich, dass dann sehr viele, die sich heute etwa in der Mitte ihres Lebens befinden, sagen: Warum soll ich nicht vom einen System ins andere wechseln, wenn doch das ASVG-System wesentlich mehr Vorteile bringt? Denn: Bei der Pragmatisierung ist es so, dass man relativ spät in Pension gehen kann und dann auch der Vorteil einer Pensionierung oder Beziehung der Pension nicht so hoch ist wie das, was die ASVG-Pensionierten derzeit haben.
Daher haben wir – ich kann jetzt nur auf Oberösterreich hinweisen – beziehungsweise es wird sich abzeichnen eine Flucht von der Pragmatisierung ins ASVG. Daher ist dieses Gesetz, mit dem diese fünfjährige Frist eingeführt wird, eine durchaus positive Entwicklung. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Man sollte die Systeme möglichst harmonisieren, dann wird diese Flucht letzten Endes unterbunden sein.
Wir werden diesen Gesetzentwurf jedenfalls wohlwollend unterstützen, wiewohl wir heute schon eine Abstimmung hatten, bei der wir wohlwollend ablehnen mussten. (Beifall der Bundesräte Mitterer und Zangerl.)
12.45
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.
12.45
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Meine Damen und Herren! Vieles wurde schon gesagt, aber es sei mir vergönnt, ein paar Dinge ein bisschen zurechtzurücken. Die Frage der Beamten, was wir hier tun, ist nicht nur ein Wiener Thema, Herr Kollege! Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was ich in Wahrheit bin, nämlich karenzierter Wiener Landesbeamter. Demzufolge ist das keine Lex Wien.
Was ist es denn? In all jenen Bundesländern, wo das Landespensionsrecht keine Langzeitversichertenregelung vorsieht – zum Beispiel in Oberösterreich, Wien und Niederösterreich –, überall dort haben natürlich Begehrlichkeiten das Übergewicht bekommen – wobei diese Begehrlichkeiten aufgrund der Rechtslage ein Geschlecht haben. Denn es ist ein gravierender Unterschied, ob man als Frau im Alter von 60 oder 55 beziehungsweise 56 Jahren in Pension gehen kann.
Demzufolge gab es in letzter Zeit diese 200 oder 300 Anträge. Aber bitte lügen wir uns nicht an: Es ist keine Lex Wien, sondern es ist überall dort eine Lex, wo es keine Langzeitversichertenregelung in den jeweiligen Landesgesetzen gab. – Das ist Punkt eins.
Punkt zwei. Wir haben auch innerhalb des Bundes diesen Vorgang gehabt. Warum? – Der Bund hat eine Langzeitversichertenregelung für die Beamtinnen und Beamten, aber auch hier gibt es den Unterschied zwischen 60 und 56. Die vier Jahre zählen! Demzufolge gab es da einen gewissen Ansturm, auch seitens des Bundes, also von Bundesbediensteten, innerhalb des Systems. Mit den fünf Jahren hoffen wir, da eine gewisse Barriere errichtet zu haben.
Weiters möchte ich festhalten: Es sind alle Landesgesetze im Wesentlichen harmonisiert. Wir streiten jetzt nur über die Dauer der Übergangsbestimmungen. Es gibt kein Landesgesetz, kein landesgesetzliches Pensionsrecht, das nicht harmonisiert ist, aber ich gebe offen zu: Die Dauer des Übergangs, bis alle beim Bundesrecht sind, ist relativ perspektivisch. Das wird sicher noch Anlass für Diskussionen sein.
Zur Gesundheitsstraße möchte ich Folgendes ergänzen: Bei der Gesundheitsstraße haben wir auch einen kleinen Vorteil einer Verwaltungsreform. Da zwei Institutionen beschlossen haben, gemeinsam einen Befund zu lesen, ersparen wir uns 4 Millionen € an Verwaltungskosten bei der Pensionsversicherung. Eben nur durch diese Kleinigkeit, dass wir einen Befund gemeinsam lesen, ersparen wir uns 4 Millionen € an Gutachtergebühren und Rechtsanwaltskosten, sparen also 4 Millionen € an Verwaltungskosten.
Zur Diskussion rund um die Invaliditätspension möchte ich auch nur sagen: Keine Frage, es wird von mir ein Gesamtpaket geben, die einzelnen Parteien brauchen das nicht immer zu fordern. Aber: Warum versuche ich bei der Invaliditätspension immer wieder weiterzukommen? Weil das schlichtweg jene Pensionsart ist, nach der die
meisten Menschen in Pension gehen. Die Invaliditätspension betrifft viel mehr Menschen als alle anderen Pensionsarten: Langzeitversichertenpension, normale Alterspension, Korridorpension, Pension im Zusammenhang mit Schwerarbeit oder Nachtschicht.
Das heißt, wir haben bei der Invaliditätspension ein echtes Problem. Wir haben 74 000 Anträge pro Jahr, 30 000 werden genehmigt, und diese Zahl von 74 000 wird nicht weniger – das ist ein echtes Thema!
Darum versuche ich, diesbezüglich zu sensibilisieren. Ich werde hier nur einmal etwas sagen, das nach außen nicht statthaft ist: Wenn ich die I-Pensionsantritte aus allen Pensionsantritten herausnehme, dann geht der Durchschnitt Österreichs mit 62,5 Jahren in Pension.
Die „Langzeitversichertenpensionisten“ gehen nämlich schon lange mit 61 Jahren in Pension, die „Korridorpensionisten“ mit 62 Jahren und so weiter. Unsere wirkliche Herausforderung ist die I-Pension. Das sind aber nicht Menschen, die flüchten. Man flüchtet ja nicht, um 650 € Pension zu beziehen – das ist nämlich die Durchschnittspension der Frauen. Da geht es nicht darum, „abzuhauen“ und 650 € zu kassieren, nein, da gibt es Themen, da gibt es Sensibilität.
Die durchschnittliche Bezugsdauer eines „I-Pensionsmenschen“ beträgt 17 Jahre, diejenige eines Alterspensionisten beträgt hingegen 22 Jahre. Der Alterspensionist geht aber zwölf Jahre später in Pension, der I-Pensionist um zwölf Jahre früher, hat nur 17 Jahre Durchschnittsbezug, und dann verabschiedet man sich vom Leben – Entschuldigen Sie, im Pensionsrecht ist das so.
Demzufolge ist dort der Ansatz zu tätigen, dort ist zu schauen, was wir mit diesen Menschen tun können. Denn – ich darf das, was Herr Bundesrat Todt gesagt hat, noch präzisieren –: Wenn es uns gelingt, alle I-Pensionsantritte ein Jahr später stattfinden zu lassen, nur ein Jahr, dann haben wir ad hoc 300 Millionen € Minderausgaben. Wenn wir davon 50 Millionen € für Rehabilitation und alles, was da sonst noch notwendig ist, in die Hand nehmen, haben wir immer noch Minderausgaben von 250 Millionen €.
Das ist die Challenge, die Herausforderung. Darum bin ich so engagiert, wenn es darum geht, zu schauen, was wir einerseits durch Rehabilitation tun können, was andererseits die Wirtschaft anbieten kann, damit Menschen länger und gesünder im Arbeits- beziehungsweise Erwerbsleben bleiben können, und natürlich auch, was die Betroffenen dazu leisten können – eben alle gemeinsam.
Ich versuche also, die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren, sage aber gleich dazu: Es gibt natürlich im Herbst ein Gesamtkonzept, wo das alles dabei ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Michalke und Zangerl.)
12.52
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
10. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (675 d.B. und 809 d.B. sowie 8367/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nunmehr zum 10. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte.
12.54
Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die österreichische Filmwirtschaft ist wie viele andere Einrichtungen des österreichischen Kulturschaffens von Förderungsmaßnahmen abhängig. Wie in vielen europäischen Ländern kann ein Film auch in Österreich nur in wenigen Ausnahmefällen wirtschaftlich selbsttragend hergestellt werden, wobei es durch das begrenzte Zuschauerpotential eines kleinen Landes noch schwieriger ist, Produktionskosten durch Einspielergebnisse auch nur annähernd zu decken.
Die wichtigste Förderinstitution auf Bundesebene ist das Österreichische Filminstitut mit der Aufgabe, das österreichische Filmwesen nach kulturellen und wirtschaftlichen Aspekten zu stärken und die kreativ-künstlerische Qualität des österreichischen Films als Voraussetzung für seinen Erfolg im Inland und im Ausland zu gewährleisten. Das hiefür maßgeblich gesetzliche Regelwerk ist das aus dem Jahr 1980 stammende Filmförderungsgesetz, dessen Novellierung nunmehr aus folgenden Gründen erforderlich ist:
Mit einer Novelle des Filmförderungsgesetzes im Jahr 2004 wurden Bestimmungen über die Bildträger- und Fernsehnutzungsrechte für vom Österreichischen Filminstitut geförderte Filme in das Gesetz eingefügt, wobei bestimmte Sperrfristen für weitere kommerzielle Auswertungen auf Bildträgern wie DVD und im Bezahlfernsehen und zuletzt in frei zugänglichem Fernsehen nach dem Kinostart vorgesehen wurden.
Im Hinblick auf die notwendige Verwertung der österreichischen Filmproduktionen nicht nur in Österreich, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum, ist eine Anpassung dieser bisherigen Sperrfristen an die weitaus flexibleren Regelungen des bundesdeutschen Filmförderungsgesetzes notwendig geworden. Die enge Kooperation der Filmwirtschaft beider Länder erfordert eine Harmonisierung für DVD und TV-Auswertungen, die im Wesentlichen auf eine Verkürzung der Sperrfristen hinauslaufen. Lediglich für die Primärverwertung im Kino bleibt die Sperrfrist weiterhin sechs Monate.
Das Filmförderungsgesetz enthält auch die Regelung über die Einrichtung des Österreichischen Filminstituts als eigenständige juristische Person und die Zusammensetzung seiner Organe. Die vorgesehenen Änderungen ergeben sich aus den Erfahrungen der Praxis.
Insbesondere werden nunmehr die Entsendung einer zusätzlichen Vertretung durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in den Aufsichtsrat zur weiteren Stärkung des künstlerischen Aspektes der Filmförderung sowie die Sicherstellung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses bei den Aufsichtsratsmitgliedern vorgesehen. Der seinerzeit als beratendes Gremium eingerichtete Österreichische Filmrat hat sich hingegen in der Praxis nicht bewährt und soll daher ersatzlos entfallen.
Alles in allem handelt es sich bei der vorliegenden Novellierung um eine sinnvolle Neuregelung im Interesse des österreichischen Filmschaffens. Ich schlage daher vor, der Bundesrat möge der vorliegenden Novellierung zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
12.59
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Köberl. – Bitte.
12.59
Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Kollegin Grimling hat die grundlegenden Dinge für die Novelle erläutert. Dazu vielleicht noch ein paar Anmerkungen: Wir haben schon gehört, dass es hauptsächlich um die Flexibilisierung der Sperrfristen geht, dass man hier einen Weg gefunden hat, diese nicht nur durch eine Gesetzesänderung wieder zu ändern, sondern sie können künftig auch vom Aufsichtsrat festgelegt werden.
Diese Sperrfristen sind im Wesentlichen notwendig, damit dieses halbe Jahr die Kinos in Österreich exklusiv die Rechte dafür haben, bevor es dann über DVD, Pay-TV, meist bis zum Free-TV zu einer kommerziellen Verwertung kommen wird.
Wir haben auch gehört, dass die Filmförderung in Österreich eigentlich mit dem Gesetz von 1981 geregelt wurde. Vielleicht ein paar interessante Zahlen noch dazu:
2008 betrugen die Budgets der neuen Filmförderungsinstitution des Bundes und der Länder für österreichische Film- und Fernsehproduktionen insgesamt 41,4 Millionen €. Zählt man die ORF-Mittel aus dem Film/Fernseh-Abkommen sowie weitere Mittel von Bundesbehörden dazu, wurden 2008 rund 58 Millionen € ausgeschüttet. Dazu kommt noch die Filmförderung der EU im Rahmen des Eurimages-Fonds, durch den noch einmal rund 580 000 € dazukommen.
Was sind die Ziele der staatlichen Förderung? – Da geht es im Wesentlichen um die Unterstützung der Herstellung und Verwertung österreichischer Filme, die Unterstützung kultureller, wirtschaftlicher und internationaler Belange des österreichischen Filmschaffens und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Filmen.
Wir haben schon gehört, die Novelle kommt zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht von ungefähr. Auch das deutsche Filmförderungsgesetz wurde dahin gehend novelliert und da hat es auch die entsprechende Verkürzung der Sperrfristen gegeben.
Vielleicht noch ein paar Worte zum Filmland Österreich. Die Zahl der in Österreich hergestellten Kinofilme liegt etwa bei 30 pro Jahr. Das ist eine durchgehende Entwicklung. Es werden nicht mehr, es werden aber auch nicht weniger. Davon sind rund 50 Prozent Spielfilme und 50 Prozent Dokumentarfilme und rund 1,5 Millionen Kinobesucher sehen jährlich österreichische Filme. Der österreichische Film durfte im Jahr 2008 mit „Die Fälscher“ den ersten rot-weiß-roten Oscar feiern. Die internatio
nalen Auszeichnungen und kommerziellen Erfolge sind Beweis für die außergewöhnliche Qualität der heimischen Filmproduktionen, heißt es.
Was soll dafür ein weiterer Ansporn sein? – Die Erhöhung des ÖFI-Budgets, die Verdoppelung der innovativen Filmförderung, die gesetzliche Absicherung der Aufstockung des Film/Fernseh-Abkommens sowie die Schaffung des Wirtschaftsfördermodells Filmstandort Österreich und Filmproduktionen.
Sieht man aber ein bisschen den nationalen und den internationalen Kontext, so hat man hier eine doch diametrale Entwicklung. Auf nationaler Ebene sind es fast ausschließlich Komödien, die zu den erfolgreichsten Filmen zählen. In Österreich sind unter den Top Ten – wenn man so sagen will – mit Stand März 2010 noch immer „Hinterholz 8“, mit rund 620 000 Besuchern der meist gesehene Film, vor „Poppitz“ und „Müllers Büro“. Im Ausland ist es dagegen eher anders. Dort sind es oft Filme mit tiefsinnigeren Inhalten beziehungsweise Dramen und Dokumentarfilme. So fällt auch der Film „Die Fälscher“ darunter.
Das ist doch eine interessante Entwicklung, dass man hier zwar in Österreich präsent ist, international gesehen der österreichische Film für andere Genres bekannt ist. Österreich als Filmland wird allzu oft auch genutzt als Filmkulisse, aber das von großen Produktionsanstalten und großen Konzernen.
Wir werden dieser Novelle zum österreichischen Filmförderungsgesetz jedenfalls gerne zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
13.03
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2010 (GSpG-Novelle 2010) (657 d.B. und 784 d.B. sowie 8360/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Posch-Gruska. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Inge Posch-Gruska: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2010 –, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinkogler. – Bitte.
13.05
Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stellen mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2010 einen in den letzten Jahren sehr stark gewachsenen Wildwuchs an unglaublich vielen illegalen Glücksspielangeboten ein. Es werden damit auch viele Unklarheiten in bundes-, aber auch in landesgesetzlichen Regelungen beseitigt.
Wir schaffen einen neuen, ordentlichen, auf drei Grundpfeilern aufgebauten Glücksspielgesetzrahmen. Es handelt sich dabei um mehr Spielerschutz, mehr Kontrolle und mehr Aufsicht. Mehr Spielerschutz bedeutet Zutrittskontrollen, Volljährigkeit, Lichtbildausweis und die Daten werden fünf Jahre gespeichert. Es werden damit einheitliche Mindest- und Sicherheitsstandards für Spieler geschaffen. Mehr Kontrolle heißt, es gibt eine automatische Anbindung aller Glücksspielautomaten an das Bundesrechenzentrum. Mehr Aufsicht ist durch eine eigene SOKO Glücksspiel gewährleistet.
Es werden damit Voraussetzungen für eine effiziente Kontrolle geschaffen. Das ist ein wirklicher Quantensprung im Vergleich zur bisherigen Lage.
Es gibt derzeit rund 18 500 Glücksspielautomaten in Österreich. Mit der neuen Regelung wird es nur mehr um die 8 400 geben. Diese Zahlen alleine sprechen Bände und das wird eine gewaltige Aufgabe für die neue SOKO.
Die Gesetzesänderung bringt aber auch wichtige finanzielle Verbesserungen im Bereich der Sportförderung. Die Basis von 80 Millionen € sichert tausenden Vereinen die Zukunft. Vor allem ist damit auch die Basisarbeit in den Vereinen gesichert, die für den österreichischen Sport so wichtig ist. Es wird damit vernünftigerweise für viele tausende ehrenamtliche Mitarbeiter in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine solide finanzielle Basis in den Vereinen geschaffen. Sie tragen wesentlich zur Prävention, zur Gesundheitsförderung und zu mehr Bewegung in den Schulen bei. Ein klares Signal an den Sport und an die Prävention, denn auch hiefür sind Mittel vorgesehen.
Wenn gegen Bestimmungen dieses Glücksspielgesetzes, das wir heute beschließen, verstoßen wird, dann kann der entsprechende Automat beschlagnahmt werden. Es gibt zwei getrennte Verfahren: Auf der einen Seite das normale Strafverfahren und auf der anderen Seite ein Einziehungsverfahren mit einem Bescheid. Dann ist der Automat innerhalb eines Jahres zu vernichten.
Abschließend möchte ich auch noch auf die Notwendigkeit einer brauchbaren Reglementierung des Online-Glücksspiels hinweisen. Das ist sicherlich auch dringend erforderlich, wobei ich sicher bin, dass daran effizient gearbeitet wird und ein ebenso gutes Ergebnis herauskommen wird. Es ist gut, dass in den angeführten Bereichen ordnungspolitisch eingegriffen und nicht verboten wird, denn das würde nur zu einer Steigerung des ohnehin florierenden Glücksspiels entlang der Grenzen Österreichs führen.
Etwas generell zu verbieten, löst die Probleme nicht. Der eindeutig bessere Weg ist, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, wie wir sie heute vorliegen haben.
Es ist ein sauberes Regelwerk für die Zukunft und deshalb stimmen wir dieser Novelle zu. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
13.08
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.
13.08
Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich tue mich jetzt nach dem Kollegen Steinkogler ein bisschen schwer, weil recht viel mehr ist in diesem Gesetz nicht enthalten und es ist alles schon gesagt worden. Ich möchte die Zeit heute auch nicht übermäßig strapazieren.
Meiner Ansicht nach ist Glücksspiel auch ein Thema, das europaweit gesehen werden muss. Ich erinnere mich noch – und Herr Kollege Steinkogler wird das auch wissen –, dass wir in Oberösterreich sämtliche Glücksspielautomaten gesperrt haben. Wir haben ein Gesetz beschlossen, dass es keine gibt.
Der Schock, den die Automatenaufsteller und die Spielhallenbetreiber bekommen haben, hat nur sehr kurz gedauert, denn die Automaten sind dann eben vom Gastzimmer ins Hinterzimmer gestellt worden oder sonst irgendwohin. In der Zwischenzeit stehen bei uns in Oberösterreich – und das wird in anderen Bundesländern, wo es gesetzliche Verbote gibt, auch nicht anders sein – tausende Automaten, die nicht kontrolliert werden können, weil auf der einen Seite zu wenig Personal da ist und weil auch auf der anderen Seite die Automaten technisch so ausgerüstet sind, dass sofort umgestellt werden kann und wenn dann schon ein Kontrolleur da ist, dann sieht man auch wieder nichts.
Ich habe selbst eine Familie über zehn Jahre lang begleitet und ihr immer wieder ausgeholfen. Da waren sechs Kinder da und der Familienerhalter war spielsüchtig und alkoholsüchtig, denn meistens geht ja beides zusammen. Die Rettung war, dass er bei den Anonymen Alkoholikern Unterschlupf gefunden hat und ab dann hat er auch das Spielen sein lassen können.
Ich glaube, wenn man so etwas gesehen hat, ist es ganz wichtig, dass die gesetzlichen Grundlagen verbessert werden und das dann auch die Kontrollen so durchgeführt werden, dass wirklich kontrolliert wird, weil eines ist auch klar: Die Menschheit hat immer gespielt und die Menschheit wird immer spielen. Es wird auch nach diesem Gesetz noch jemanden geben, der irgendwo in einem Hinterzimmer einen Automaten aufstellt und jedes Mal, wenn du einen illegalen Automaten aufstellst, wirst du auch sofort die potentielle Kundschaft haben. Das ist einfach so. Daher muss da kontrolliert werden.
Was das Internetspiel anlangt, bin ich nicht so positiv eingestellt, dass wir da über kurz oder lang so schnell etwas zusammenbringen, denn das zieht sich eben weltweit herum. Kein Mensch weiß, wo dieser Server steht, kein Mensch weiß, wer dich da abzockt und wir alle wissen, wenn du in ein Gasthaus oder in ein Spiellokal nicht mehr hineinkommst, dann ist die letzte Möglichkeit einfach, dass du irgendwo über das Internet dein Geld verlierst, und gewinnen wirst du dort auch nichts.
Ich finde das Gesetz hervorragend, wenn die Kontrolle passt, und ich hoffe, dass die Kontrolle passt. In diesem Sinne werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)
13.12
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.
13.12
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir uns ja in der letzten Sitzung bereits ausführlich mit dem Glücksspiel beschäftigt haben, kann ich es sehr kurz machen.
Manche von Ihnen werden sich fragen, warum wir uns jetzt schon wieder mit dem Glücksspiel befassen. Wir hatten noch eine Hürde und diese Hürde war auf europäischer Ebene zu überwinden. Wir brauchten das grüne Licht der EU-Kommission zu dem Gesetz. Dieses grüne Licht haben wir vor wenigen Tagen bekommen, sodass jetzt das gesamte Gesetz tatsächlich in Kraft treten kann. Dieses Gesetz wird, was vom Vorredner auch schon angesprochen worden ist, dann dazu führen, dass wir österreichweit einheitliche Standards haben.
Wir werden mit dieser SOKO Glücksspiel wirkungsvoll gegen die illegalen Automatenaufstellungen vorgehen können. Wir werden – was es bisher nicht gegeben hat – von unserer Seite in der Suchtberatung und auch in der Suchtprävention entsprechende Maßnahmen setzen und – das halte ich auch für ganz wesentlich – wir haben jetzt eine Rechtsgrundlage, die uns in die Phase der Konzessionsvergabe eintreten lässt.
Wir haben Konzessionen im Bereich der Casinos und im Bereich der Lotterien seitens des Bundes zu vergeben und die Länder haben nun einen klaren Rahmen im Bereich des kleinen Glücksspiels, wofür sie zuständig sind. Der Unterschied zu bisher ist, dass auch die Anzahl der legalen Automaten mit dem neuen Gesetz massiv reduziert wird, zum Beispiel in der Steiermark von mehr als 4 000 Automaten auf knapp über 1 000 Automaten. Aber das Gesetz bietet auch eine entsprechende Grundlage, in Bundesländern, wo das Glücksspiel bisher verboten war, das Glücksspiel zu legalisieren, ich denke an Oberösterreich, wo es auch rund 1 000 legale Automaten in Zukunft geben wird. Wir alle hoffen, dass dann in Oberösterreich die, exakt weiß man es ja nicht, 3 000 bis 5 000 illegalen Automaten verschwinden.
In diesem Sinne ersuche ich Sie, wie schon in der letzten Sitzung, auch dieses Mal um Ihre Zustimmung für diese Gesetzesvorlage. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
13.15
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (754 d.B. und 802 d.B. sowie 8361/BR d.B.)
13. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der Finanzierung der Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds an die ärmsten Entwicklungsländer erlassen und das Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias geändert wird (776 d.B. und 803 d.B. sowie 8362/BR d.B.)
14. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (777 d.B. und 804 d.B. sowie 8363/BR d.B.)
15. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Gebieten ohne Völkerrechtssubjektivität (Doppelbesteuerungsgesetz – DBG) (778 d.B. und 805 d.B. sowie 8364/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nun gelangen wir zu den Punkten 12 bis 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatter zu den Punkten 12 bis 15 ist Herr Bundesrat Todt. Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatter Reinhard Todt: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der Finanzierung der Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds an die ärmsten Entwicklungsländer erlassen und das Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Gebieten ohne Völkerrechtssubjektivität (Doppelbesteuerungsgesetz – DBG).
Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.
13.18
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte verbliebene Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Köberl: Danke!) Nachdem die österreichische Regierung mit dem Geld des Steuerzahlers schon diverse Haftungen eingegangen ist – denken wir nur an das Bankenhaftungspaket, die 100 Milliarden €, denken wir an den Rettungsschirm, der für Griechenland aufgespannt wurde –, haben wir offenbar immer noch genug Geld, weitere Haftungen und weitere Verbindlichkeiten einzugehen.
Eine davon ist der Kreditvertrag des IWF mit der Oesterreichischen Nationalbank. Das sind immerhin 2,18 Milliarden €. Bei der Entschuldung Liberias sind es 5,9 Millionen US-Dollar.
Dabei hat Österreich einen ordentlichen Schuldenstand – laut Statistik Austria – von 188 Milliarden € beziehungsweise eine Pro-Kopf-Verschuldung von 25 000 €. Wie das in den Griff bekommen werden soll, darüber lässt die Regierung die Bevölkerung nach wie vor im Unklaren. Es wurde heute schon einige Male erwähnt. Es stehen Wahlen vor der Tür, und solange Wahlen nicht geschlagen sind, wird man die Bevölkerung nicht mit den Grauslichkeiten konfrontieren, die offensichtlich geplant sind.
Immer wieder geistert die Diskussion um eine sogenannte Reichensteuer herum. Ich bin durchaus auch der Meinung, dass die nicht arbeitslosen Einkommen etwas mehr zur Kasse gebeten werden können, denn der Sozialbericht, den wir vor nicht allzu langer Zeit diskutiert haben, hat ganz deutlich gezeigt, dass die arbeitslosen Einkommen im Verhältnis zu den Arbeitseinkommen nahezu unnatürlich gestiegen sind. Hier erfolgt wieder einmal die Mahnung an die Regierung, vielleicht über die Lohnnebenkosten nachzudenken und das nicht immer so hinzustellen, als ob das eine Diskussion wäre, die man nicht führen sollte – wie das von den Sozialpartnern bei diversen Enqueten und Diskussionen hier in diesem Haus schon öfter gemacht worden ist.
Dann ist die ÖVP mit einer Ökosteuer – also einer Steuer, die sie als Ökosteuer getarnt hat – dahergekommen. Nach heftiger Aufregung und Kritik an ebenderselben, ist sie mittlerweile in der Versenkung – und zwar sang- und klanglos – verschwunden.
Übrig wird bleiben – das ist fast immer noch so gewesen; meine Hoffnung, dass das in Zukunft anders sein wird, ist wirklich minimalst –, dass wieder der Mittelstand zur Kasse gebeten werden wird, der bisher schon geschröpft und ausgenommen wurde wie eine Weihnachtsgans. Das heißt, der Steuerzahler bezahlt eine Zeche für eine Krise, die er nicht verursacht hat.
Da muss man schon noch einmal aufs Tapet bringen, dass sich Griechenland mit falschen Zahlen in die Euro-Zone hineingeschummelt hat und nichts passiert ist, dass sich Griechenland bei der EU jahrelang mit falschen Zahlen gut gestellt hat, ohne dass irgendwelche Sanktionen diesbezüglich getroffen worden wären.
Das ist immer das Problem: Wenn es keine Sanktionen gibt, dann machen natürlich alle munter weiter. Stattdessen ist ein Rettungsschirm – nicht nur über Griechenland, sondern auch über potenzielle Kandidaten, denen es ähnlich gehen könnte – aufgespannt worden, mit der Begründung, wenn wir es nicht machten, werde alles wesentlich schlimmer. Vielleicht ist es auch tatsächlich so. Ich will jetzt gar nicht bezweifeln, dass das hätte kommen können, und dass uns durchaus nichts anderes übrig geblieben ist, als diesen Rettungsschirm aufzuspannen. Trotzdem haben einige Banken beim Kauf griechischer Anleihen auch sehr gut verdient. Wir stehen immer wieder vor dem Dilemma, dass die Gewinne natürlich demjenigen gehören, der auch ein gewisses – wenn auch nur minimales – Risiko eingegangen ist, es aber sozialisiert wird, wenn es einen Verlust gibt.
Daher haben wir im Nationalrat schon einen entsprechenden Antrag eingebracht, dass man Geschäftsbanken von Investmentbanken trennen soll. Die Investmentbanken sollen schauen, woher sie ihr Geld auf dem freien Markt bekommen, und sie dürfen dann auch mit höchstem Risiko fahren. Jeder, der dort investiert, ist sich des Risikos bewusst und muss sich darüber im Klaren sein, dass notfalls das ganze Geld auch weg sein kann.
So wie es jetzt ist, dass Geschäfte, also Kreditvergabe an Private, an Unternehmen et cetera, und Investitionen miteinander „vermanschkert“ – möchte ich jetzt fast sagen – werden, das finden wir absolut nicht richtig, denn jetzt sind wieder dort: Die Verluste tragen wir alle. Und das Argument ist dann: Too big to fail. Warum lässt man diese Banken so groß werden, dass sie dann nicht mehr fallen gelassen werden können? Wenn ich ein Unternehmen leite, ist das Scheitern natürlich auch programmiert. Das ist nicht wünschenswert, aber es ist natürlich auch programmiert. Darauf wird unserer Ansicht nach zu wenig Rücksicht genommen beziehungsweise das wird überhaupt nicht wahrgenommen.
Die Beitragsleistung zur Entschuldung Liberias ist auch ein Thema für uns, bei dem wir nicht mitgehen. Es ist dies nicht die erste Zahlung von Österreich und nicht die erste Zahlung europaweit. Trotz aller bisherigen Transferleistungen liegt Liberia immer noch auf Platz 33 der instabilsten Länder der Welt, was von „Foreign Policy“ im Juni 2010 veröffentlicht worden ist.
Unsere Kritik ist die, dass sich die Annahme, wenn wo mehr Geld hinfließe, das auch bewirke, dass das System besser wird, einfach nicht bewahrheitet hat. Seit Jahrzehnten wird Entwicklungshilfe vor allem in den afrikanischen Kontinent gepumpt, und bisher waren die einzigen Nutznießer die Despoten der verschiedenen Länder. (Bundesrat Schennach: Nein! Nein, das stimmt nicht! Nein! Nein!) Die Bevölkerung hatte in den allerwenigsten Fällen etwas davon. Ganz im Gegenteil: Die Bevölkerung ist meistens ein Spielball zwischen der Misswirtschaft der eigenen Regierung – so man sie so nennen kann – auf der einen Seite und den diversen Interessen der verschiedensten Länder, der wirtschaftlichen Interessen und der Lobbys auf der anderen Seite. Das ist ein System, das wir mit einer Zustimmung zu einer weiteren Entwicklungshilfe oder einer Aufstockung nicht unterstützen wollen, und daher werden wir diesen Punkten auch nicht zustimmen.
Letzter Punkt ist die Doppelstaatsbürgerschaft. Wir haben es schon oft gesagt: Wir sind nicht dafür – wie uns gerne unterstellt wird –, dass die Steuersünder oder die Steuerhinterzieher, die es sich irgendwo gemütlich machen oder ihr Geld auf die
Cayman Islands oder die Insel Jersey oder sonst irgendwohin transferieren, geschützt werden, sondern unsere Kritik war, dass das österreichische Bankgeheimnis, das Bankgeheimnis des Steuerzahlers aufgeweicht wird. Da das Folgepunkte sind, ist das auch wieder ein Grund für uns, dem nicht zuzustimmen.
Wir werden daher allen vier Tagesordnungspunkten unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Mitterer.)
13.26
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.
13.26
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Wir vermischen wieder einmal alles: Äpfel und Birnen, alles Wahlkampf. Frau Kollegin Mühlwerth, es ist wirklich unglaublich, was Sie bei einem Thema, wie der CRD II-Richtlinie, zum Beispiel, oder bei Themen aus dem Finanzbereich immer alles mit einbauen. Das ist immer eine Verallgemeinerung bis zum Gehtnichtmehr. Wir sind auch dafür, dass die Konten unserer Banken sicher sind, dass wir uns für die Sparer einsetzen. Das ist doch heute gar nicht das Thema.
Wir sollen es auch nicht so verallgemeinern, dass die österreichischen Banken alles verzockt haben. Dagegen muss man sich schon verwahren. Österreich hat hervorragende Bankinstitute (Bundesrätin Mühlwerth: Wer hat denn ...?), und die typisch österreichischen Bankinstitute waren auch von diesen Spekulationsgeschäften in keinem Maße betroffen. Alles, was Sie uns jetzt nahegelegt haben, welche Steuern wir erfinden und was in diesem Steuertopf ist – jeder Politiker hat inzwischen das Gefühl, neue Steuern zu erfinden. Da gehören die Blauen genauso dazu wie die Kollegen von den Grünen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)
Sie haben von Vermögenssteuern und von Ökosteuern et cetera gesprochen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das Schlimme ist ...! – Zwischenruf bei der SPÖ.) Da müssen Sie uns jetzt wirklich nichts nahelegen, Frau Kollegin. Schauen Sie auf Ihren eigenen Bereich! Die Regierung wird im richtigen Moment ein Budget vorlegen (Bundesrätin Mühlwerth: ... müsst auf euch schauen!), und über dieses Budget können wir dann diskutieren. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Da müssen wir uns nicht in Spekulationen ergehen, das ist dann ein anderes Thema. (Bundesrätin Mühlwerth: ... nichts!)
Über die von Ihnen vorgeschlagene Trennung zwischen Geschäfts- und Investitionsbanken kann man reden. Darüber kann man reden, das ist kein Problem, aber nicht so schnell dahingestreut: Wir werden das jetzt trennen. (Bundesrätin Mühlwerth: ... Bereitschaft von der Regierung, darüber zu reden!) Das braucht natürlich auch entsprechende Vorbereitungszeit. Das kann man nicht im Husch-Pfusch-Wege machen, wie ihr von den Blauen oft Themen vorschlagt. Da muss man schon ein bisschen akribischer dahinter sein, Frau Kollegin. Das geht nicht so schnell dahingestreut.
Ich möchte überhaupt zur Materie kommen, weil das in Ihrem Beitrag einfach etwas zu kurz gekommen ist. Wenn Sie immer Griechenland aufs Tapet bringen und dass es mit dem Euro geschwindelt hat et cetera: Wir haben erstmals in der EU eine Reaktion auf diese internationale Finanzkrise – oder auf die Bankenkrise, wenn Sie so wollen –, weil jetzt erstmals Regulierungsmaßnahmen auf dem Tisch liegen, Frau Kollegin Mühlwerth.
Die Maßnahmen, die in der sogenannten CRD II-Richtlinie enthalten sind, sollen dazu dienen, die dramatischen Szenarien, wie wir sie erlebt haben – und ich hoffe, noch in Erinnerung haben –, zu verhindern. Es ist auch höchst an der Zeit, die Großveranlagungen der Banken zu begrenzen, und somit einen Beitrag zur Verbesserung des Managements einzufordern. Das bisherige Limit von 25 Prozent der Eigenmittel bleibt zwar bestehen, jedoch entfällt das Limit von 20 Prozent für Veranlagungen bei Mutter- und Tochterunternehmen der Kreditinstitute.
Mehr Klarheit soll es auch bei der Anerkennung von sogenanntem Hybridkapital und der europaweiten verbundenen Harmonisierung geben, weil sie im laufenden Kapitalmanagement eine wichtige Rolle einnehmen. Wie wir im Ausschuss gehört haben, geht es bei Hybridkapital um Kapitalinstrumente, die sich bilanziell weder dem Eigen- noch dem Fremdkapital eindeutig zuordnen lassen. Einerseits können sie Eigenkapitalcharakter aufweisen, wenn sie Verluste tragen, aber auch Fremdkapitalcharakter haben, wenn sie kündbar sind. Auf jeden Fall spielt Hybridkapital eine bedeutende Rolle bei der Finanzierung von Kreditinstituten.
Strenge Anforderungen gibt es auch bei den sogenannten Verbriefungen. Banken erlebten im Laufe der Finanzmarktkrise mit Verbriefungen ihr blaues Wunder. In den USA wurden in hohem Ausmaß Kredite an bonitätsschwache Kunden vergeben. Diese wurden dann verbrieft, in der Regel gut „geratet“, und als strukturierte Wertpapiere weiterverkauft. Später, wie wir wissen, verloren sie dann massiv an Wert. (Präsident Preineder übernimmt wieder den Vorsitz.)
Durch die Pleite von Lehman Brothers verschärfte sich dann die Liquiditätslage vieler Institute zusätzlich. Die Anfälligkeit vieler Institute auf der Refinanzierungsseite hat gezeigt, dass Liquiditätsrisiken bislang unterschätzt wurden und Regeln für ein solides Liquiditätsmanagement unterentwickelt waren.
Um die Verbriefungen und die damit verbundenen Risiken zu minimieren, sollen Regelungen für Verbriefungen und Wiederverbriefungen eingeführt und die Offenlegungsanforderungen verschärft werden.
Ein weiterer vernünftiger Aspekt in der Richtlinie ist sicher auch die verbesserte Aufsicht, mit der schließlich die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden im europäischen Wirtschaftsraum gestärkt werden soll.
Vielleicht noch ein Satz zur Finanzierung des IWF, weil Sie sie auch angesprochen haben, Frau Kollegin Mühlwerth. Die Entwicklungsländer sind in der gegenwärtigen Krise besonders schwer getroffen, das wissen wir alle. Bis zum Jahr 2014 werden den Berechnungen des IWF zufolge 19,5 Milliarden US-Dollar für die Kreditvergabe an Entwicklungsländer erforderlich sein. Davon sollen innerhalb der kommenden zwei Jahre 8 Milliarden US-Dollar aufgebracht werden.
Der österreichische Beitrag beläuft sich, wie gesagt, auf 5,9 Millionen US-Dollar, um den Armutsbekämpfungs- und Wachstumsfonds aufzustocken. Ich denke, es ist eine wichtige Maßnahme, dass wir auch in dieser schwierigen Situation, in dieser schwierigen Wirtschaftskrise auf die Ärmsten der Armen nicht vergessen und als reiches Land Österreich unseren solidarischen Beitrag leisten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)
13.32
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
13.33
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Frau Kollegin Mühlewerth! Wenn ich mir die TOPs 12 bis 16
ansehe – ich nehme TOP 16 gleich dazu, weil er mit TOP 12 einen sachlichen Zusammenhang hat –, dann kommt dort nirgendwo Griechenland vor. Die Erhöhung der IWF-Anteile Österreichs durch die Oesterreichische Nationalbank – die Ermächtigung dazu, die hier heute erteilt wird – um 2,18 Milliarden €, die aufgenommen werden müssen, und die natürlich eine Budgetbelastung darstellen, haben einzig und allein mit Hilfen außerhalb des Euroraums zu tun und nicht mit Griechenland. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)
Das heißt, das ist eine internationale Verpflichtung Österreichs – aller industrialisierten Staaten – gegenüber den sogenannten Least Developed Countries. Dazu wurde nun auf dem G 20-Gipfel der Beschluss gefasst, die Mittel des Internationalen Währungsfonds insgesamt um 550 Millionen aufzustocken. Das ist richtig, das ist wichtig. Dem gibt es eigentlich gar nichts entgegenzusetzen, denn das ist unsere internationale Verpflichtung in einem Gefüge, in dem die industrialisierte Welt jenen Ländern – die ja nicht durch ihr eigenes Zutun historisch in Nachteil gekommen sind, sondern weil 100, 200 oder 300 Jahre Ausbeutung des Nordens dazu geführt haben, dass gesamte Gesellschaftsstrukturen, Ökonomien zerschlagen wurden – die gerechte Beteiligung, die soziale Beteiligung, eine solidarische Beteiligung am Weltmarkt möglich macht. Deshalb gibt es ja auch Initiativen wie FAIRTRADE und so weiter, die zumindest in einer kleinen Nische operieren.
Wichtig ist, dass diese Länder, die sich nicht an den Spekulationen beteiligt haben, die sich nicht an den Schaumburgen, den finanziellen Glücksspielen beteiligt haben, in der Folge in eine enorme Krise gerutscht sind. Und genau dafür werden nun die Mittel des Internationalen Währungsfonds erhöht, und dadurch vorerst auch der Anteil der Oesterreichischen Nationalbank um 2,18 Milliarden € – das ist jetzt eine Ermächtigung – bis zu einer endgültigen Ausgestaltung in diesem Bereich.
Die Entschuldung Liberias ist eines der ganz wichtigen Dinge, die wir in Afrika zur Stabilität eines Landes, das wahrlich schwer gelitten hat, beitragen können. Liberia wurde ja später geschaffen, Frau Kollegin Mühlwerth, um in Afrika einen Staat zu haben, in dem die Sklaven – deshalb heißt er Liberia, Freiheit –, die aus den amerikanischen Ländern zurückkehren wollten, eine Basis haben, weil sie alle entwurzelt waren. Da es in der Folge in Liberia einen unfassbar grausamen Bürgerkrieg gegeben hat, und da dort nun erstmals demokratische Strukturen zu greifen beginnen, ist der Beitrag zur Entschuldung mindestens genauso wichtig wie Österreichs Beteiligung an der Entschuldung von Kamerun oder des Iraks.
Aber, dass die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit, liebe Frau Kollegin Mühlwerth – und ich komme wahrlich aus diesem Bereich –, eine Despotenförderung ist, das ist absurd.
Das ist absurd! Kennen Sie die Schwerpunktländer der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit? – Zum Beispiel Bhutan. Bhutan hat sogar ein Glücksministerium und bewertet nicht ein Bruttosozialprodukt, sondern ein Bruttoglücksprodukt. Papua Neuguinea, Nicaragua – eines der wenigen Länder, in dem es durch demokratische Wahlen zu einem Wechsel von Rot zu Schwarz, dann wieder zu Rot, dann zu Liberal, zu Rot, und wieder zu Schwarz gekommen ist.
Nächstes Land: Uganda. Die Verfassung von Uganda ist sogar in einem kleinen Restaurant in Niederösterreich geschrieben worden. Uganda ist nach den fürchterlichen Regimen wie jenen von Idi Amin oder Milton Obote heute ein demokratisches Land.
Ruanda, Burundi, Mosambik. – Ich sehe hier nirgendwo eine Despotenförderung, sondern die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit setzt genau am Hebel Hilfe zur Selbsthilfe an, zum Beispiel durch Minikredite und Unternehmensförderungen. Gerade
Sie sollten wissen, dass die Kraft der Frauen in diesem Wirtschaftsprozess, die Eigenständigkeit, um der Ausbeutung nicht dermaßen hilflos ausgeliefert zu sein, wichtig ist. Äthiopien, eine ähnliche Situation: Es sterben jede Minute vier Frauen im Zusammenhang mit frauenrelevanten Erkrankungen. Und genau hier setzt die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit an.
Ich verstehe die Linie der FPÖ hier nicht. Ich habe mitbekommen, dass Sie die Austrian Development Agency personell halbieren wollen, dass Sie 60 Menschen kündigen wollen. Das ist eine Forderung, die Sie derzeit aufstellen. – Wir sind so weit entfernt. Österreich ist so weit von der Erfüllung der internationalen Verpflichtungen entfernt.
Österreich ist eines der wenigen Länder, wo zum Beispiel die privaten Organisationen – von Sternsinger über Caritas, über Selbstbesteuerungsvereine wie in Salzburg oder in Oberösterreich – und Privatpersonen wesentlich mehr spenden; und das ist trotz der Wirtschaftskrise übrigens nicht zurückgegangen. Da sieht man die hohe Bereitschaft der Österreicher und der Österreicherinnen zur Solidarität; die Sternsinger-Aktionen wurden in den letzten Jahren trotz der Krise sogar noch einmal getoppt. Sie fahren einen Kurs, der eigentlich nicht einmal ansatzweise in Österreich mehrheitsfähig ist.
Ich kann nur sagen, Herr Staatssekretär – denn es werden ja bald die Budgetverhandlungen kommen –: Finger weg von den geringen Mitteln der staatlichen Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, die ohnedies so niedrig sind, dass wir von den 0,7 Prozent, die wir im Jahr 2015 erreichen sollten, im Augenblick Lichtjahre entfernt sind. Da ist man schneller wieder auf dem Mond, als dass Österreich hier seine internationalen Verpflichtungen erfüllt.
Wir werden diesen beiden Gesetzen selbstverständlich unsere Zustimmung geben, so wie wir auch die Zustimmung zu all dem geben werden, was den ersten Schritt betrifft. Da muss die FPÖ ja völlig dafür sein, die Ratingagenturen sind die Gängelei der USA unseres europäischen Finanz- und Wirtschaftsraumes. (Bundesrätin Mühlwerth: Wir haben ja noch gar keine!)
Liebe Frau Mühlwerth, heute stimmen Sie dagegen, dass wir so etwas bekommen, denn genau darum geht es ja, dass mit 1. Jänner 2011 – und wir sind jetzt im Juli 2010 – endlich diese Agenturen für die Finanzmarktaufsicht, die wir so dringend brauchen, kommen. Das ist einerseits in London die EBA im Bereich der Banken, in Paris die ESMA im Bereich des Wertpapierhandels und der Ratingagenturen, und in Frankfurt soll die EIOPA kommen; das ist jene Agentur, die im Bereich der Versicherungen tätig sein wird.
Das ist ja das Problem, das wir derzeit haben. Es gibt drei amerikanische Ratingagenturen, von denen sogar der Präsident der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet sagt: Das ist ein Oligopol, und dieses Oligopol müssen wir durchbrechen!
Schauen Sie einmal diese Ratingagenturen an! Wem gehören denn die privaten amerikanischen Ratingagenturen? – Das ist interessant. Die gehören wiederum amerikanischen Banken, und amerikanische Banken haben bekanntlich Interessen. Was wir derzeit haben, sind ein gemeinsamer Handelsraum und ein gemeinsamer Währungsraum, und wir müssen hier Schutzmaßnahmen vorsehen und zu einer Art europäischer Ratingagentur kommen. Wir brauchen eine europäische effiziente Finanzmarktaufsicht.
Das Problem ist eher – das ist jetzt wirklich bedauerlich –, dass es nationalstaatliche Initiativen gibt, genau diese effiziente Aufsicht aufzuweichen. Da würde sich jetzt die FPÖ mit den Tschechen und den Briten in ein Bett legen, weil die genau das zum
Beispiel nicht wollen. Die wollen eines nicht, dass nämlich, wenn man so eine effiziente Finanzmarktaufsicht macht, dann auch möglich und notwendig sein muss, dass Entscheidungen über die nationalen Bescheidungsbefugnisse zum Beispiel zum Schutz der Banken oder zur Rettung einer Bank möglich sind.
Die derzeitige Dominanz widerspricht dem Wettbewerb. Sie widerspricht jetzt und es ist diametral europäischen Interessen entgegengesetzt. Das spanische Parlament hat mit einer Stimme Mehrheit das Sanierungspaket beschlossen – was wirklich eine enorme Leistung war –, und am nächsten Tag setzte eine dieser bekannten amerikanischen Ratingagenturen Spanien um ein „A“ herunter, was nun genau das wegfrisst, was an Sanierung am Vortag beschlossen wurde. Das ist eine Katastrophe, und das können wir uns in einem europäischen Wirtschafts- und Finanzraum nicht gefallen lassen.
Natürlich ist mir schon klar, mit etwas Staatlichem – und wir schaffen ja quasi eine Art staatliche Ratingagentur – muss man in einem liberalen Markt sehr sensibel umgehen. Wir kennen zum Beispiel die Dagong Credits, das ist die Ratingagentur Chinas; und die Ratingagentur Chinas hat vor Kurzem Staatsanleihen aufgelegt und sie natürlich chinesisch mit einem „AAA“ bewertet, und die Staatsanleihen Japans oder der USA wurden zugleich von China auf ein „A“ herabgestuft.
Sagen wir: China ist eben nicht die EU – Gott sei Dank. Der Markt der EU ist stärker, und ich glaube, die Kontrollinstrumente sind stärker. Deshalb wird hier mit der entsprechenden Sensibilität umzugehen sein.
Warum ich aber als Kontraredner auftrete, ist, weil ich einmal dem Wort des Vizekanzlers und Finanzministers geglaubt habe, als er im Jahr 2009 sagte, dass die Offshore Financial Centers schädlich sind und das sehr kritisiert hat. Jetzt haben wir eine Verordnungsermächtigung an den Finanzminister und an den Außenminister, genau in jenen Bereichen mit Gebieten ohne ein Völkerrechtssubjekt – die Cayman Islands zum Beispiel –, also Gebiete, die zu einem Staatsgebiet gehören, aber nicht der Steuerregelung dieses Staatsgebietes unterliegen, sprich Steueroasen, Vereinbarungen zu treffen.
Bietet sich Österreich hiemit an, quasi der Mittler zwischen Steueroasen und anderen Bereichen zu werden? – Ich finde und bleibe dabei – und ich rechne nicht damit, dass die Halbwertszeit einer Aussage des Finanzministers nur ein Jahr beträgt –, dass das tatsächlich schändlich ist – so wie es Josef Pröll gesagt hat. (Bundesrat Mag. Klug: Die Halbwertszeit war schon kürzer!)
Was wir heute machen, ist, den Steigbügel für Steueroasen herbeizuschleppen. Deswegen bin ich als Kontraredner gemeldet, aber – und ich habe die Ratingagentur-Rede vom nächsten Tagesordnungspunkt schon vorgezogen – wir werden vier von fünf Punkten zustimmen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)
13.47
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. – Bitte.
13.47
Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja schon gesagt worden: Österreich kommt mit diesem Gesetzesbeschluss seiner internationalen Verpflichtung nach, die Reformvorhaben des Internationalen Währungsfonds und damit auch die Aufstockung der Kredite für die Entwicklungsländer zu unterstützen. Vom Kollegen Schennach ist schon viel vorweggenommen worden, und er ist dankenswerterweise auch auf die Situation in den Entwicklungsländern eingegangen.
Nach wie vor ist es so, dass im 21. Jahrhundert noch immer in weiten Teilen unserer Welt Armut und Elend grassieren und 1,1 Milliarden Menschen täglich mit weniger als 1 US-Dollar leben müssen und der Zugang zu sauberem Wasser, zu produktivem Land, zu Arbeit und Bildung für viele Millionen Menschen noch immer unerreichbar ist. Daher wird es auch notwendig sein, die Entwicklungszusammenarbeit bei der Erstellung des Budgets zu berücksichtigen und diese nicht im Zuge der Budgetkonsolidierung aufzugeben, was ich sehr befürchte.
Sehr oft wird die Wichtigkeit dieses Bereiches unterschätzt und verkannt, nämlich als ein Bereich, der mit Österreich nicht direkt etwas zu tun hat. Aber man verkennt dabei, dass Armut, Elend und Unterentwicklung Pandemien, ja globale Phänomene sind, die sich potenziell auswirken, nämlich auf alle Staaten. Wer dies verkennt, ist nicht in der Lage, globale Zusammenhänge zu erkennen.
Es ist daher angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Situation der Entwicklungsländer, welche sich nochmals durch die Wirtschaftskrise sehr stark verschärft haben, notwendig, die Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds zu unterstützen, auch – und das muss man noch dazusagen –, wenn einige oder viele Entscheidungen des Internationalen Währungsfonds im Bezug auf die Entwicklungsländer in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr oft zum Schaden der Mitgliedsländer waren.
Kredite des Internationalen Währungsfonds waren gekoppelt an Strukturanpassungsprogramme, welche radikale Budgetkürzungs- und Privatisierungsprogramme vorgesehen haben; und das in Ländern, wo in Wirklichkeit öffentliche Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen, so wie die Gesundheitsvorsorge, kaum bis gar nicht vorhanden sind. Dadurch hat sich natürlich die Armut nicht verringert, sondern nur verschärft.
Daher muss der Internationale Währungsfonds seine Programme ändern, wenn er den Entwicklungsländern tatsächlich aus der Armuts- und Schuldenfalle heraushelfen möchte.
Dass der IWF nun angesichts der Wirtschaftskrise die IWF-Kredite aufstocken ließ und nun rund 60 Mitgliedsländern bis zum Jahr 2011 die Zinszahlungen erlassen werden und es der IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn nicht verabsäumt zu betonen, dass der IWF nun seine Strukturen an die Bedürfnisse der 187 Mitgliedsländer anpassen wird, sind meines Erachtens positive Schritte. Ich hoffe, dass diese Entwicklung weitergehen wird hin zu einer umfassenden Reform des Internationalen Währungsfonds.
Österreich kann Entwicklungspolitik und die Lage der Entwicklungsländer auf dieser Welt nicht gleichgültig sein, nicht nur aus Solidaritätsbestrebungen diesen Ländern gegenüber, nicht nur aus dem historischen Unrecht, das diesen Entwicklungsländern widerfahren ist und aus dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht, das nach wie vor herrscht, sondern auch aus Eigeninteresse an einer wirtschaftlichen Stabilität. Denn in einer globalisierten Weltwirtschaft, wo die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Staaten immer enger werden und die wirtschaftlichen Abhängigkeiten immer größer sind, ist auch Österreichs Wirtschaft mit seinem starken Exportfaktor auf die weltwirtschaftliche Entwicklung angewiesen.
Gerade die Weltwirtschaftskrise hat deutlich dargelegt, wie es sein kann, dass in kürzester Zeit eine Krise auf dem Finanzsektor in den USA zu einer weltweiten wirtschaftlichen Krise entbrennen kann.
Alle Staaten sind heute von der Weltwirtschaftskrise betroffen, aber insbesondere die Entwicklungsländer, in denen sich aufgrund der fehlenden öffentlichen Infrastruktur und des fehlenden Sozialstaates die Armut besonders breitmachen konnte. In diesem Zu
sammenhang möchte ich auch betonen, dass natürlich die Migrationsströme nach Europa sehr stark mit der sozialen und wirtschaftlichen Lage in den Entwicklungsländern zusammenhängen. Immer weniger wird auf die Situation in den Entwicklungsländern Bedacht genommen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen, dass sehr oft jene, die am lautesten von Asylmissbrauch und Wirtschaftsflüchtlingen reden, dann dieselben sind, die keinen Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit leisten wollen.
Das sage ich auch in Richtung FPÖ. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Das soziale Gleichgewicht ist aber eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Menschen vor dem wirtschaftlichen und sozialen Elend bewahrt werden, vor der Perspektivenlosigkeit, die sie in ihren Ländern heimsucht und die ihr Leben in Wirklichkeit aufs Spiel setzen müssen, um nach Europa zu kommen. Das Mittelmeer ist mittlerweile für Migrantinnen und Migranten ein Grab geworden. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, allein im Kanal von Sizilien vermutet man, dass in den letzten zehn Jahren 10 000 Menschen ertrunken sind. Das kann und darf uns nicht gleichgültig sein!
Daher ist es der richtige Weg, dass der Internationale Währungsfonds als Konsequenz aus der Weltwirtschaftskrise, die die Entwicklungsländer – und das habe ich schon gesagt – am härtesten getroffen hat, seine Kredithilfen bis zum Jahr 2014 auf 17 Milliarden US-Dollar an Darlehen aufgestockt hat und dass Österreich hiefür seinen Beitrag leistet.
Wichtig wird sein, dass der Reformprozess – so wie ich es gesagt habe – fortgesetzt wird und dass der Internationale Währungsfonds aus seinen Fehlern der Vergangenheit Lehren zieht und eine Wachstumspolitik in den Entwicklungsländern fördert (Bundesrat Dr. Kühnel: Bei neuen Schulden? Danke!) und nicht wie bisher den Entwicklungsländern mit seinem wirtschaftsliberalen Programm und Vorgaben mehr schadet als nützt. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)
Die Armut – ich habe es ja betont – ist nicht geringer geworden durch diese Vorgaben, sondern sie hat sich noch verschärft. Das sollte eben dem Internationalen Währungsfonds zu denken geben, und daher ist es auch an der Zeit, dass er seine Programme ändert.
Es bleibt daher zu hoffen, dass die neue Politik des Internationalen Währungsfonds der Entschuldung – wofür wir heute unseren Beitrag für das Land Liberia beschließen – und das Aussetzen der Zinszahlungen auch in eine wirkliche Reform münden. Daher wird meine Fraktion auch diesem Gesetzesbeschluss zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Strohmayer-Dangl.)
13.54
Präsident Martin Preineder: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz sowie weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der Finanzierung der Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds an die ärmsten Entwicklungsländer erlassen und das Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Doppelbesteuerungsgesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (ABl. Nr. L 302 vom 17.11.2009, S. 1) (Ratingagenturenvollzugsgesetz – RAVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (1196/A und 806 d.B. sowie 8365/BR d.B.)
Präsident Martin Preineder: Wir kommen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung. Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Posch-Gruska. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Inge Posch-Gruska: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (Ratingagenturenvollzugsgesetz – RAVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Martin Preineder: Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.
13.58
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schennach, noch haben wir ja keine EU-weite Ratingagentur. Das, worum es in der heute zu
behandelnden Verordnung geht, ist ein Aufsichtssystem, das die Interessen der Österreicher in Europa vertritt.
Da hat ja unsere Kritik angesetzt. Wir haben gesagt, die Finanzmarktaufsicht, die jetzt diese Aufsicht übernehmen soll, hat sich bei der Bankenaufsicht in Österreich nicht gerade mit Ruhm bekleckert; und zwar quer durch alle Banken, die da irgendwann in eine Schieflage gekommen sind. Jetzt stellt sich für uns die Frage, warum sie es dann in Europa so viel besser machen soll.
Darüber hinaus sind die Strafen, die vorgesehen sind, als nahezu mickrig zu bezeichnen und werden niemanden abhalten, jetzt vielleicht doch etwas zu tun, was nicht in Ordnung ist. (Bundesrat Mag. Klug: Gibt’s einen Alternativvorschlag?)
Eine europaweite Ratingagentur kommt mir auch sinnvoll vor, denn welch unrühmliche Rolle – wie es ja auch schon von dir gesagt worden ist – die amerikanischen Ratingagenturen, die ihre ureigensten Interessen vertreten haben, im Zuge des Auslösens der Finanzkrise gespielt haben, wissen wir alle. Diese haben hemmungslos „AAA“ an Firmen vergeben, wo sie selbst größtes Interesse daran hatten, dass das tatsächlich auch so ist.
Aber wir bleiben ja nach wie vor dabei, dass es eine Insolvenzregelung eben auch für Banken, wir haben gesagt, auch für Staaten geben soll, weil wir meinen, dass ein ordentliches, gut geregeltes Insolvenzrecht jetzt nicht eine Krise bei allen auslösen muss und nicht alle gleich einem Dominoeffekt zu Fall bringen soll. Aber das ist etwas – das sage ich jetzt auch, das kann ich jetzt aber nicht so ausführlich darstellen, wie es Kollege Mayer vielleicht gerne hätte –, was wir nicht zum ersten Mal vorschlagen und wo ihr natürlich herzlich eingeladen seid, dass wir uns darüber einmal konkret Gedanken machen und auch in die Tiefe gehen. Bislang habe ich die Bereitschaft dazu allerdings vermisst.
Wir meinen, dass es Sanktionen geben muss, denn solange es keine Sanktionen gibt, nimmt man das ganze System nicht wirklich ernst.
Es geht diese Verordnung, dieses Gesetz wahrscheinlich durchaus in die richtige Richtung, aber unser Vertrauen in die Finanzmarktaufsicht ist nach unseren Erfahrungen äußerst gering, und darum stimmen wir eigentlich dagegen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Es fehlt immer der i-Punkt!)
14.01
Präsident Martin Preineder: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. (Bundesrat Konecny – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Perhab –: Wie bringen Sie das im steirischen Landtagswahlkampf unter?)
14.01
Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Vorsitzender Konecny, Sie haben mir jetzt gerade das Stichwort geliefert, sodass ich doch noch eine Bemerkung dazu machen muss. (Bundesrat Konecny: Steirische Ratingagentur!)
Ich wollte mich eigentlich über die Ratingagenturen ein bisschen beschweren. Aber da es sich Herr Kollege Klug in den letzten Sitzungen so irgendwie zur Gewohnheit gemacht hat, als künftiger großer Vorsitzender der SPÖ-Fraktion im Bundesrat nach jedem Tagesordnungspunkt alles zusammenzufassen und eine kleine Notenverteilung hier durchzuführen, natürlich mit größter Demut, wie er sich ausgedrückt hat (Heiterkeit), kann ich nur sagen, mich wundert ja nichts mehr. Wenn er als hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär und Sekretär von seiner Biographie her mit der steirischen Wirtshauskultur oder mit der österreichischen Wirtshauskultur solche Probleme hat,
dann frage ich mich, wie weit er von der Basis weg ist. Das wundert mich eigentlich, dass das so akzeptiert wird. Da ich keine akademische Vollausbildung habe, sondern nur in Donawitz geboren und durch irgendwelche Zufälle Unternehmer geworden bin, maße ich mir natürlich dieses Niveau nicht an und werde mich in Zukunft demütig zurückhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Klug: Das ist schon ein Beginn!)
Kollege Stefan Schennach! Ich muss dir zu deinen Ausführungen gratulieren, auch wenn sie nicht ganz der Tagesordnung entsprachen. (Bundesrat Schennach: Effizienz ist alles!) Aber alles, was aus deinem Munde zu diesem Tagesordnungspunkt gesagt wurde, ist vollinhaltlich zu unterschreiben. Warum du als Kontraredner aufgeschienen bist, hast du, wie ich meine, erklärt.
Vielleicht ein kleiner Tipp von mir an die grüne Fraktion: Wenn ihr mehr Erfolg haben wolltet, müsstet ihr euch mehr an wirtschaftlich orientierten Leuten, nämlich an der Grünen Wirtschaft orientieren. Die Grüne Wirtschaft hat sehr gute Leute innerhalb der Wirtschaftskammer, muss ich sagen. Das gebe ich auch offen zu. (Bundesrat Schennach: Das heißt, du wirst schwach! Oder wie?) Nein, nein, das ist durchaus positiv zu sehen. Aber sie kommen nicht an die Spitze. Das ist vielleicht euer Problem.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf nur noch zwei Punkte erwähnen. Frau Kollegin Mühlwerth! Es ist ja nicht so, dass sich auf europäischer oder internationaler Ebene nichts tut, um aufgrund der Erfahrung aus dieser Finanzkrise eine weitere Krise in Zukunft vielleicht hintanzuhalten. Gestern hat Barack Obama ein neues Gesetz unterzeichnet, das in amerikanischen Wirtschaftskreisen als sehr weitreichend bezeichnet wird. Ich kann es nicht beurteilen, aber es ist zumindest ein Versuch im Hinblick auf amerikanische Verhältnisse. Für uns würde es wahrscheinlich zu wenig sein. Aber wir hoffen doch, dass es auch bei uns die nötige Dynamik geben wird.
Ich möchte aber darauf hinweisen, dass am Freitag zum Beispiel bei Börsenschluss die Stresstests der hundert größten Bankinstitute in Europa veröffentlicht werden. In Österreich sind zwei oder drei dran gewesen, die Erste, die RZB und die Bank Austria, wenn ich richtig informiert bin. Es ist davon auszugehen, dass sie diesen Stresstest bestanden haben. Es geht hier um neue Eigenkapitalbewertungen und so weiter. Leider sind jene Banken nicht im Stresstest dabei gewesen, die uns in der Vergangenheit größere Sorgen verursacht haben und uns und vor allem den Steuerzahlern in Österreich Stress verursacht haben. Die sind hier leider nicht dabei.
Ein weiteres Problem wird sicher sein, dass wir im Zuge auch von Basel II jetzt wieder mit Basel III eine Situation vorfinden werden, die unseren eigenen Banken nicht unbedingt förderlich sein wird, vor allem nicht unseren Regionalbanken, die ja im Kerngeschäft nichts anderes gemacht haben, als Kredite zu vergeben, eine gewisse Rendite zu erwirtschaften und dadurch auch den Blutkreislauf für die regionale und somit für die österreichische Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Wenn wir jetzt wieder Vorreiter sind ... (Bundesrat Schennach: Ein bisschen anfällig waren Landeshauptleute und Bürgermeister schon!) Ja, selbstverständlich.
Herr Kollege Schennach, aber im Großen und Ganzen wirst auch du zugeben, dass das eigentlich funktioniert hat. Aber die Gier, da sind wir uns, wie ich meine, auch einig, fängt ganz unten an, denn kaum ein Österreicher wird der Verlockung widerstehen, irgendwo größere Renditen zu erzielen. Auch in diesem Haus wurde bei der Veranlagung der Mitarbeitervorsorge darüber diskutiert, was wir zu konservativ veranlagt haben, weil zu wenig Renditen erzielt worden sind. Gott sei Dank, sage ich, ist nichts geschehen, sonst wäre dieses Geld womöglich auch schon weg.
Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir bei Basel III nicht die Ersten sein sollen. Überlassen wir das einmal den Amerikanern. Sie sollen uns das vorexerzieren. Wir werden dann die richtigen Lehren daraus für unsere Geldinstitute ziehen, ohne dabei
unsere heimische Wirtschaft zu schädigen. Denn Felderer vom IHS hat gestern schon ein paar Argumente geliefert, was passieren könnte, wenn Basel III zur Gänze umgesetzt würde. Er spricht sogar von einer Reduktion des Wirtschaftswachstums, von einem Rückgang des Kreditvolumens, und, und, und, alles bekannt (Bundesrätin Mühlwerth: Kündigung von Mitarbeitern!), Kündigung von Mitarbeitern und im Zeitalter eines bescheidenen Wachstums auch von einer Wachstumsschwäche. Das kann meiner Meinung nach nicht die Zukunft für Österreichs Wirtschaft sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)
14.07
Präsident Martin Preineder: Nach Bundesrat Perhab spricht aus der Steiermark Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.
14.07
Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war eine geplante Wortmeldung, also insofern ist es dem Kollegen Perhab nicht gelungen, mich aus der Reserve zu locken. Und damit der Vorwurf nicht ein zweites Mal kommt, dass ich am Ende eines Tagesordnungspunktes geneigt bin, Dinge zusammenzufassen, stelle ich gleich vorweg fest, dass ich mich sehr freue über ein offensichtliches Nachlesen in meiner Biographie deinerseits. Für den Fall, dass es andere eher weniger interessiert oder es diesen nicht gelingt, habe ich dafür auch volles Verständnis.
Lieber Kollege Perhab, ich sage nur eines dazu: Ich bin erst in meinem Zweitberuf Jurist. Als Erstberuf habe ich einen handwerklichen Beruf gelernt. Falls dir das entgangen ist, ich bin im Erstberuf gelernter Dreher, und diese Ausbildung, diese dreijährige Basisausbildung in einer Werkstätte mit Arbeitskollegen hat für mich so viel Erfahrung aus der praktischen Lebenswelt mit sich gebracht, dass ich davon heute nicht nur noch zehre, sondern du kannst auch davon ausgehen, dass ich in meiner unmittelbaren hauptberuflichen Tätigkeit als Gewerkschaftssekretär in der Gewerkschaft PRO-GE, ehemals Metallarbeitergewerkschaft, mit so vielen Arbeitern und Angestellten Kontakt habe, dass mir ein basiskommunikativer Umgang durchaus bekannt ist, der sich allerdings, und das gestehe ich dir zu, von Wirtshausgesprächen zu einer vorgeschrittenen Uhrzeit doch erheblich unterscheidet. Das sei zu Beginn ganz kurz angemerkt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, zum vorliegenden Tagesordnungspunkt der Ratingagenturen ist schon vieles gesagt worden. (Bundesrat Schennach: Ein Wirt soll nicht gegen Wirtshaus sprechen!) Ganz genau! Ich merke für unsere Fraktion dazu nur an, dass wir die Transformation einer europäischen Verordnung in dieser Form ins nationale Recht für richtig halten und bei der inhaltlichen Anknüpfung hinsichtlich der Aufsichts- und Verfahrensvorschriften an die Finanzmarktaufsicht diese derzeit als zuständige Behörde erachten. Es wäre meines Erachtens nicht besonders zweckmäßig, sämtliche Bezirkshauptmannschaften in ganz Österreich nach Europa zu schicken, um sich dort einschulen zu lassen. Also insofern sollte man zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht ein bisschen die Kirche im Dorf lassen.
Liebe Kollegin Mühlwerth, ich schließe mich der inhaltlichen Kritik in aller Offenheit an, was die Höhe der Strafen betrifft; diese bezeichnen auch wir zum derzeitigen Zeitpunkt als mickrig. Allerdings sind wir guter Hoffnung vor dem Hintergrund des Wissens, dass eine neue Verordnung bereits in Vorbereitung ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wäre meines Erachtens zu diesem Tagesordnungspunkt aus unserer Sicht an sich alles. Vielleicht wäre es interessant, auch bei diesem Tagesordnungspunkt festzustellen, welche Stilblüten sich heute im Parlamentsgeschehen des Bundesrates ergeben. Wir haben einmal von einer „wohlwollenden
Ablehnung“ gehört. Auch jetzt geht das wohl in diese Richtung weiter. Kollegin Mühlwerth bezeichnet auch dieses Gesetz als „Schritt in die richtige Richtung“, aber trotzdem wolle man nicht dabei sein. – Alles interessante Zugänge zu Abstimmungsverhalten.
Wir stimmen der Vorlage selbstverständlich zu. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und Grünen.)
14.10
Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.
14.10
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache es umgekehrt wie Kollege Schennach, der sich vorher zu beiden Punkten gemeldet hat. Ich mache es jetzt nachher, aber nur ein Satz zum vorherigen Tagesordnungspunkt.
Was wir hier leisten, diesen geringen Solidaritätsbeitrag innerhalb der Staatengemeinschaft von etwa 4 Millionen €, mehr sind es nicht, für die ärmsten Länder der Welt, glauben Sie mir, dem ich kann ich mit gutem Gewissen meine Zustimmung geben. In Wirklichkeit ist es so bescheiden, dass man sich auch schämen könnte dafür, dass es nicht mehr ist. – Das nur zu dem.
Zweiter Punkt: Da stellt es sich schon viel komplizierter dar, was die Ratingagenturen betrifft. Vorher ist gerade gesagt worden, wir brauchen eine europäische Ratingagentur. Meine Damen und Herren, wir haben 30 Ratingagenturen in Europa, sie spielen allerdings keine Rolle. Auf die Frage, wie es möglich sein soll, neben den drei dominanten, natürlich aus dem anglo-amerikanischen Raum kommenden Ratingagenturen eine europäische zu schaffen, die dann auch einen entsprechenden Stellenwert hat, habe ich hier noch von niemandem eine wirklich schlüssige Antwort bekommen. Es kann jedenfalls keine staatliche Aufgabe sein. Wenn Sie eine Idee haben, wie man das außerhalb des staatlichen Bereiches schaffen könnte, dann sagen Sie es mir. Sie wären dann die Erste.
Was die Situation unserer Banken betrifft, muss man das auch sehr ernst ansprechen. Natürlich, das ist jetzt alles ein Aufarbeiten der Krise, die zuerst eine Bankenkrise war, aber jetzt schon längst mehr ist. Jetzt müssen wir aufpassen, dass wir bei dem, was vielleicht zuerst zu wenig an Kontrolle, an Eigenmitteln innerhalb der Banken war, nicht überziehen. Es ist sehr einfach, zu sagen, die Banken sollen zahlen. Ich war vor zwei Tagen bei einem Treffen mit dem ungarischen Wirtschaftsminister, wobei Ungarn in einer Art und Weise bei den Banken, ich sage es so, abkassiert, wo es sich vielleicht hier mehr schadet, als es kurzfristig einen finanziellen Nutzen hat. Da müssen wir in Österreich sorgsam sein in diesem Bereich. Die Bankenabgabe ist das eine. Wir sind hier in massiven Verhandlungen.
Das Zweite, was hier immer wieder kommt, ist, dass wir zusätzlich zu einer Börsenumsatzsteuer-neu kommen sollen.
Basel III wird sicher kommen, die Einlagensicherung neu, ex ante, also vorher, völlig anders als bisher, wo es einen massiven Streit geben wird, was unsere Banken hier einrechnen können. Und dann haben wir auf der nächsten Tagesordnung der ECOFIN-Sitzung, ich sage Gott sei Dank, wieder die Finanztransaktionssteuer. Das ist insgesamt sehr, sehr viel, vielleicht weil es vorher viel zu wenig war, denn alles, was ich gesagt habe, war ja vorher in der Form nicht da.
Ich hatte heute Vormittag mit dem neuen Vorstand der Hypo Alpe Adria ein sehr langes Gespräch. Ich führe immer wieder Gespräche mit der Kommunalkredit, um nur zwei
Banken zu nennen. Da können wir schon Steuern einführen. Die Frage ist nur, wer sie zahlt. – Gut. Ich glaube, Sie haben mich verstanden.
Daher möchte ich hier nur sagen, auch was das neue europäische Aufsichtssystem betrifft: Wir brauchen eine verstärkte makroökonomische Aufsicht. Wir brauchen auch im mikroökonomischen Bereich Verbesserungen. Da ist es richtig, wenn Europa diesen drei amerikanischen Ratingagenturen stark gegenübertreten kann. Da halte ich das, was hier in Zukunft kommen wird, mit einer Stärkung der europäischen Ebene bei der Ratingagentur-Aufsicht für den richtigen Schritt. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir müssen in all diesen Bereichen jetzt einerseits alles tun, dass es zu Verbesserungen kommt im Vergleich zur Situation vor der Krise. Wir müssen aber gleichzeitig alles vermeiden, dass wir den Bankenstandort Österreich und auch den Börsenstandort Österreich schwächen. Das ist einfach gesagt, ist aber die große politische Herausforderung, wo ich Sie um Ihre Unterstützung ersuche. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)
14.15
Präsident Martin Preineder: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist somit geschlossen.
Nunmehr kommen wir zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden (775 d.B. und 799 d.B. sowie 8366/BR d.B.)
Präsident Martin Preineder: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Posch-Gruska. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Inge Posch-Gruska: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Martin Preineder: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Podgorschek. – Bitte.
14.17
Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bin froh, dass Sie letztes Wochenende nicht in
Ried waren, denn da hätten Sie einen wunderbaren Sieg von Sturm erleben können. Ich habe leider diese Niederlage erleben müssen. Aber Spaß beiseite.
Wir haben ja heute schon ein paar Mal feststellen können, dass es unterschiedliche Abstimmungsformen gibt, Herr Mag. Klug, und das zeigt, welch reife Opposition wir sind, dass wir nicht nur Fundamentalopposition machen, sondern uns durchaus auch Gedanken machen über den einen oder anderen Werdegang eines Gesetzes und eben auch schon einen Schritt weiter denken. Ich glaube, es zeugt von demokratischer Reife, wenn man bei Abstimmungen differenziert, auch wenn uns das Procedere nur eine Ja- oder Nein-Stimme vorgibt.
Was die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur anbelangt, hat es leider in der Vergangenheit massive und riskante Veranlagungen gegeben. Das wissen wir. Es wurden 380 Millionen verspekuliert, und die sind leider unwiederbringlich. Laut Rechnungshofbericht sind bis dato in Summe 616 Millionen unsicheres Investment aufgetaucht. Man wird sehen, was die Zukunft bringen wird, was letzten Endes wirklich übrigbleibt. Ich kann im Sinne aller Staaten – auch unseres Staates – nur hoffen, dass der Verlust so gering wie nur möglich sein wird.
Aus unserer Sicht hat der Staat ausschließlich hoheitliche Aufgaben zu erledigen und hat vor allem dafür zu sorgen, dass Steuergeld nicht zum Spekulieren verwendet wird. Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur ist kein Profitcenter, und daher glauben wir, dass jetzt zwar das Procedere geändert wird, dass sich aber durch ein Vieraugenprinzip im Grunde genommen am System nichts ändert. Ich würde nicht sagen, dass wir jetzt schon aus dieser Wirtschaftskrise heraußen sind, aber man merkt doch, dass eine gewisse Konsolidierung im Gange ist, man merkt, dass gewisse Teile der Banken doch nichts aus der Krise gelernt haben, es wird schon wieder heftig gezockt.
Daher soll eine Lehre aus dieser Finanzkrise sein, dass vor allem der Zusammenhang von Haftung und Verantwortung nicht durchbrochen werden darf. Wer Geschäfte tätigt und daran verdient hat, der muss sowohl das Risiko als auch die Verluste tragen. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. (Beifall bei FPÖ und Grünen.
14.19
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
14.20
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Gesetzesänderung wird auch von uns nicht die Zustimmung erhalten. Ich werde ganz kurz erläutern, warum wir dieser Änderung nicht zustimmen.
Auch beim Umgang mit öffentlichen Mitteln, das heißt mit den Steuern, die die Menschen in diesem Land bezahlen und für die sie sehr hart arbeiten, muss das Prinzip der Risikominimierung gewahrt bleiben. Und wenn wir schon der Meinung sind, dass Steuergeld zu veranlagen ist, dann müssen das Investitionen sein, die nachhaltig sind. Verträge mit Partnern, die in Offshore-Zentren sitzen, kommen unserer Meinung nach dafür nicht in Frage, denn Partner, die sich in Steueroasen niederlassen, sind schlechte Partner für die ehrlichen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen.
Wir vertreten diesbezüglich eine ganz klare Linie: Jede Investition, die der Staat mit dem Geld seiner Bürgerinnen und Bürger tätigt, muss nach strengen ethischen Kriterien erfolgen, denn nur nachhaltige, ethisch vertretbare Investitionen beruhen auf dem Prinzip der Redlichkeit und Ehrlichkeit. Und diese Veranlagungen müssen wir unterstützen – nicht nur, weil wir daraus Gewinne erzielen können, sondern auch, weil sie sicher sind, an die Realwirtschaft gekoppelt sind und wir davon ausgehen können,
dass für etwaige Gewinne nicht irgendjemand auf der Welt für einen Dollar pro Tag arbeiten muss, um das plakativ auszudrücken.
Der zweite Punkt, der in diesem Zusammenhang sauer aufstößt, ist, wie mit den Verlusten, die durch Fehlspekulationen entstanden sind, umgegangen wird. Ehemalige Finanzminister haben Staatsgeld in dubiose Geschäfte investiert, über 300 Millionen € verloren – ganz zu schweigen von der ethischen Verantwortung. Dieses Geld ist in Offshore-Zentren geflossen, wo kaum bis wenig Transparenz vorhanden ist. Und jetzt darf man nicht einmal nachfragen, was da passiert ist, was mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher passiert ist. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie das passieren konnte. Da wird jedem Sozialhilfeempfänger, liebe Kolleginnen und Kollegen, ständig vorgerechnet, wann er wie viel genau an „Almosen“ bekommt – und auf der anderen Seite verspielen Regierungsmitglieder 300 Millionen €, und da darf nicht einmal nachgefragt werden! (Bundesrat Boden: 1 Milliarde in Niederösterreich!)
Wir fordern Klarheit, Aufklärung und Transparenz; nicht nur, weil wir wissen wollen, wie das passieren konnte, sondern hauptsächlich deshalb, weil wir Politikerinnen und Politiker das den Menschen in diesem Land einfach schuldig sind.
Die in dieser Gesetzesvorlage festgeschriebenen Bestimmungen zur Risikominimierung sind unserer Meinung nach nicht ausreichend, daher werden wir diesem Gesetz auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Zwanziger.)
14.23
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.
14.23
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Nachdem das so negativ dargestellt worden ist, muss ich mich auch zu diesem Punkt kurz zu Wort melden.
Erster Punkt – und das möchte ich deutlich sagen –: Zwischen 1993 und 2009 war es der ÖBFA möglich, immerhin 6,2 Milliarden – 6,2 Milliarden! – auf der Habenseite zu verbuchen. Die Drohverluste, die dem entgegenstehen, liegen zurzeit bei 350 Millionen.
Es ist auch falsch, zu behaupten: Die Finanzminister haben ... – Die Finanzminister haben da gar nichts, es ist Aufgabe der ÖBFA, in Eigenverantwortung diese Veranlagung wahrzunehmen.
Wir haben uns jetzt veranlasst gesehen, die Regeln zu verschärfen. Ich sage gleich dazu: Durch diese Verschärfungen kommt es natürlich auch zu dem Effekt, dass das, was da auf der Habenseite ist, nämlich 6,2 Milliarden, mit den künftigen Veranlagungsmöglichkeiten nicht mehr erreichbar sein wird an Plus. (Bundesrat Mag. Klug: Das sind öffentliche Gelder!)
Es ist der politische Wille, da mit möglichst wenig Risiko vorzugehen – es sind öffentliche Gelder. (Bundesrat Mag. Klug: Öffentliche Gelder!) Es sind öffentliche Gelder, ich sage es gerade. Und daher ist es nicht die Zielsetzung, da möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften, sondern das Geld möglichst sicher anzulegen. Dem wird mit diesem Gesetz Rechnung getragen, und somit ist das eindeutig auch im Sinne all jener, die sich vorher hier zu Wort gemeldet und sich für eine sorgsame Vorgangsweise ausgesprochen haben.
Noch einmal auf den Punkt gebracht: Diese Form, wie das in Österreich abgewickelt wird, brachte kein großes Defizitgeschäft seit 1993, sondern mehr als 6 Milliarden auf der Habenseite. (Beifall bei der ÖVP.)
14.25
Präsident Martin Preineder: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz (753 d.B. und 789 d.B. sowie 8381/BR d.B.)
Präsident Martin Preineder: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Dr. Angelika Winzig: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Artikel 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Martin Preineder: Danke für die Berichterstattung.
Ich darf Herrn Bundesminister Mitterlehner bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Brunner. – Bitte.
14.27
Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, wie wir unseren Energiebedarf auch mit den Zielen zur Erhaltung unseres Klimas in Einklang bringen können, wird eines der entscheidenden Zukunftsthemen für uns alle sein. Dabei geht es auf der einen Seite natürlich um die erneuerbare Energie, auf der anderen Seite aber primär auch darum, den Energieverbrauch einzudämmen, also Energie zu sparen.
Eines gleich prophylaktisch vorweg, denn das wird in der Diskussion von verschiedenen Seiten immer wieder etwas missverständlich dargestellt: Wir sind nicht säumig in der Umsetzung dieser EU-Richtlinie zur Endenergieeffizienz. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in verschiedenen Materiengesetzen. Das, worüber wir heute sprechen, ist eine kommunikative Umsetzung im Rahmen einer Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern.
Vielleicht noch ein kleiner Nebensatz: Vorarlberg hat diese Artikel-15a-Vereinbarung wieder einmal als erstes Bundesland bereits am 12. Mai beschlossen; also der Zeit voraus. (Bundesrat Hensler: „Wieder einmal“?) – Wieder einmal, genau.
Die Steigerung der Energieeffizienz ist wahrscheinlich, man könnte es so nennen, das größte Kraftwerk, das wir in Österreich haben. Die österreichische Energiepolitik hat bereits mit früheren Maßnahmen schon seit geraumer Zeit eine sehr gute Ausgangsposition geschaffen, um den zukünftigen energiepolitischen Herausforderungen in Österreich gerecht zu werden.
Dazu gehören auf der einen Seite die Forcierung von inländischen Energieträgern, auf der anderen Seite aber auch rigorose Einschränkungen von zulässigen Emissionen sowohl im gewerblichen als auch im industriellen Bereich. Und es wurden auch durch den Abschluss von Artikel-15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zur Einsparung von Energie Maßnahmen zur volkswirtschaftlich sinnvollen Verwendung von Energie auch im Kleinverbrauchssektor gesetzt.
Obwohl es sich beim Energiesparen um eine Materie handelt, für die in der Bundesverfassung keine Kompetenzbestimmung enthalten ist, ist dieses Instrumentarium der Artikel-15a-Vereinbarung äußerst sinnvoll, weil es dadurch gelungen ist, eine zielführende, zwischen dem Bund und den Ländern koordinierte Energiepolitik zu betreiben. Dieser Weg der Mitverantwortung, Bund und Länder gemeinsam, war sehr erfolgreich und soll heute mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung fortgesetzt werden.
Es werden Mindeststandards festgelegt, Mindeststandards für einzelne energiepolitische Maßnahmen. Dadurch kann einerseits ein gesamtösterreichisches energiepolitisches Konzept verwirklicht werden, andererseits ist durch den Rahmencharakter, den diese Vereinbarung hat, auch ausreichend Spielraum gegeben – auch ausreichend Spielraum für die Länder –, um auf Erfordernisse entsprechend den regionalen Gegebenheiten eingehen zu können. – Das immer auch unter dem Grundsatz eines kooperativen Föderalismus. Ich glaube, das ist auch für uns Bundesräte ein äußerst wichtiger Schritt.
Es sind in diesem Sinne auch die Schwerpunkte, die der Herr Minister im Aktionsplan definiert hat, richtig gewählt, die zur Stabilisierung und zur Senkung des Energieverbrauchs gemacht worden sind.
Wir wissen, der Aktionsplan wurde am 1. Juli an die EU-Kommission übermittelt. Er enthält die Vorgabe, wie sie auch in der Energiestrategie enthalten ist, nämlich den Energieverbrauch auf einem Niveau von 1 100 Petajoule einzufrieren. Das wären zirka 150 Petajoule bis 200 Petajoule weniger, als wenn wir bis zum Jahr 2020 keine Maßnahmen setzten, also ohne die massiven Anstrengungen zur Effizienzverbesserung.
Jetzt braucht es natürlich noch weitere Schritte. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur den Strom- und Gasnetzbereich. Auch da müssen Rahmenbedingungen gesetzt werden, Stichwort Smart Meter, um eben diese Energieeffizienzsteigerungen erreichen zu können.
Und lassen Sie mich noch zwei Sätze zum kritisierten 34-Prozent-Ziel im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktionsplan sagen, weil da zum Teil Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Es geht in diesem Nationalen Aktionsplan nicht um eine Zieldiskussion – das 34-Prozent-Ziel wurde bereits im Dezember von den Staats- und Regierungschefs beschlossen; es ist sicher bis 2020 ein noch höherer Anteil möglich, das ist keine Frage –, es geht bei dieser Erstmeldung eben nicht darum, ein höheres Ziel anzu
peilen, sondern es geht schlichtweg darum, der Kommission mitzuteilen, wie dieses 34-Prozent-Ziel rechtlich erreicht wird.
Der Aktionsplan ist also eine formale Meldung und kein politisches Programm. Das heißt, es werden durch diese Meldung nicht zukünftige Förderprogramme oder auch budgetäre Vorkehrungen vorweggenommen, sondern es handelt sich dabei um realistisch geschätzte Prognosen auf Basis der Daten, die uns momentan bekannt sind. Dieser Aktionsplan ist ja auch im Abstand von zwei Jahren immer wieder zu übermitteln, und das bedeutet klarerweise, dass bei neuen Entwicklungen eine Revision der Prognosen erfolgen kann. Und so, wie ich den Herrn Minister kennengelernt habe, wird das auch sehr offen und pragmatisch gehandhabt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)
14.33
Präsident Martin Preineder: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Bock. – Bitte.
14.33
Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bereits im Jahre 1993 befasste sich die EU mit dem Thema Energiesparen und Energieeffizienz. Heute befassen wir uns mit der Richtlinie 32 aus dem Jahre 2006. In dieser wurde die koordinierte Umsetzung der Energieeffizienz und der Endenergieleistungen vereinbart: Ausgangsbasis ist das Jahr 2006, mit dem Ziel, 1 Prozent des durchschnittlichen Jahresverbrauches der letzten fünf Jahre einzusparen. Nicht anzuwenden ist diese Richtlinie im Bereich des Bundesheeres.
Für alle Staaten werden darin nationale Energiesparrichtwerte bis zum Jahre 2016 festgelegt. Wir haben uns verpflichtet, 80 400 Terajoule bis zum 31. Dezember 2016 einzusparen. Es gibt dabei mehrere Zwischenziele, und so müssten wir bis Ende dieses Jahres 17 900 Terajoule an Einsparungen vorweisen können.
Die zwei Arten der standardisierten Berechnungen werden von der EU vorgegeben und sind von uns entsprechend umzusetzen. Einen Schwerpunkt bildet der öffentliche Sektor, also Bund, Länder und Gemeinden. Wie bereits erwähnt, werden mit diesen Artikel-15a-Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern diese vorgegebenen Ziele auch erreicht werden.
Mit den Gemeinden gibt es zwar keine entsprechenden Vereinbarungen, dennoch sind die Länder in der Lage, den notwendigen Druck auf die Gemeinden durch Anreize oder entsprechende Landesgesetze zu erzeugen.
Alles, was Energie verbraucht, ist in Zukunft noch mehr auf Effizienz zu prüfen. Maschinen, Geräte, Mobilitätseinrichtungen, Haushaltsanlagen, Heiz- und Kühlanlagen, Industrie- und Beleuchtungsanlagen sowie Gebäude sind zu prüfen. Die Lebenszykluskosten sind entsprechend zu überprüfen.
Der Bund und die Länder haben auch die Aufgabe übernommen, entsprechende Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich zu leisten. Informationen über das Einsparen von Energie sind an den Kunden zu bringen. Die Produzenten und Lieferanten von Energieprodukten sowie die Verteilernetzbetreiber sind in dieses Informationssystem einzubinden.
In den Ausschreibungen ist die Energieeffizienz entsprechend zu berücksichtigen. Mit der BBG, der Bundesbeschaffungsgesellschaft, hat der öffentliche Bereich – also Bund, Länder und Gemeinden – ein sehr gutes Instrument bei der Hand. Die BBG hat bereits 250 000 Artikel nach diesen Kriterien ausgeschrieben und bietet diese an.
Daher können die Länder und Gemeinden sehr einfach und auch, ohne mit dem Vergabegesetz in Konflikt zu kommen, auf diese Produkte zugreifen.
Ein weiterer Vorteil, vor allem für die Gemeinden, liegt im durchschnittlich um 18 Prozent günstigeren Einkauf dieser Produkte – mit dem Nachteil, dass die regionalen Anbieter nicht immer zum Zug kommen.
Um das Ziel, Energie zu sparen, zu erreichen, sind sicher noch weitere Anstrengungen notwendig. In den Jahren 1995 bis 2005 ist der Energieverbrauch um 31 Prozent angestiegen. Der Preis von Energie und die Wirtschaftslage haben einen sehr großen Anteil an der Verbrauchsentwicklung. Durch Aufklärungsarbeit gelingt es gerade bei Haushaltsgeräten und Heizanlagen recht gut, energieeffiziente Geräte zum Einsatz zu bringen. Energieversorger, so wie bei uns die TIWAG, beteiligen sich auch finanziell am Austausch alter Geräte.
Die Wohnbauförderungsrichtlinien der Länder tragen zur Reduktion des Energieverbrauchs bei, und in den Vereinbarungen zum Finanzausgleich 2008 bis 2013 sind ja zwingend Maßnahmen vorgesehen, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Einen wesentlichen Einsparungsbereich gibt es noch immer bei den Altbauwohnungen. Immissionsschutzbestimmungen drängen die Industrie und das Gewerbe auf die Umrüstung auf emissionsarme und dadurch energiesparende Geräte und Maschinen.
Ich denke, wir sind auf einem sehr guten Weg und wissen, dass noch einiges notwendig sein wird, um die gesteckten Ziele entsprechend zu erreichen.
Unsere Fraktion wird diesem Gesetz sehr gerne die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
14.39
Präsident Martin Preineder: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
14.39
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir waren ja heute schon sehr eifrig bei der näheren Definition unserer Zustimmungen und Ablehnungen. Ich würde unsere Zustimmung zu dieser Vorlage heute unter das Motto stellen: Hilft es nichts, so schadet es nichts!
Große Hoffnung setze ich nicht in diese Artikel-15a-Vereinbarung, dass sich dadurch großartige Änderungen am Status quo ergeben, aber, wie gesagt: Hilft es nichts, so schadet es nichts!
Ein zweites Motto, unter das man das stellen könnte, ist: Gut Ding braucht Weile. Es hat nämlich schon ziemlich lange gedauert, diese Artikel-15a-Vereinbarung in Gang zu bringen.
Dazusagen muss man aber: Nicht alles, was lange braucht, wird deshalb so supertoll. Der Kollege hat es schon gesagt: Diese Artikel-15a-Vereinbarung ist ein kleiner Puzzleteil auf dem Weg zu einer Energieeffizienzlinie in Österreich. Ich frage mich nur: Wann kommt der große Puzzleteil? Und wann kommen die vielen anderen großen Puzzleteile? Die Puzzleteile sind so klein, dass man sie zum Teil nicht findet. Ich weiß nicht, wie lange wir brauchen werden, bis dieses Puzzle endlich insgesamt fertig wird.
Wie gesagt, mir fehlt der Optimismus, dass wir die geplanten Energieeffizienzsteigerungen erreichen werden.
Zu den Artikel-15a-Vereinbarungen mit relativ einfachen Kündigungsfristen für die Länder: In Wirklichkeit gibt es keine Verpflichtungen, keine Sanktionen, keine Geld
flüsse. Wenn man möchte, dass die Länder aktiv werden, dann sollte man ihnen entweder Zuckerbrot oder Peitsche in Aussicht stellen. In dem Fall gibt es weder noch.
Natürlich wäre es auch schön, wenn die Ziele, die wir ja immer im Großen vereinbaren, auch wirklich erreicht werden sollen, wenn man diese vielleicht auf die kleinere Ebene herunterbricht. Auch da habe ich nichts gefunden. Also: Man macht Aktionspläne, man beteiligt die Länder, aber man sagt nicht, die Länder müssen bestimmte Ziele erreichen. Zumindest habe ich es da nicht gefunden. Vielleicht kommt das ja in einem der nachfolgenden Papiere.
Apropos Papiere: Es ist ja an und für sich auch in dieser Artikel-15a-Vereinbarung schon ein Bericht aus dem Jahr 2007 festgeschrieben. Im Ausschuss wurde mir gesagt, den gibt es schon. Ich habe ihn auf der Website „parlinkom“ nicht gefunden. Auch mit Hilfe von „Google“ habe ich ihn nicht gefunden. Ich weiß nicht, wo er versteckt ist. Vielleicht kann man ihn so veröffentlichen, dass er auch zugänglich ist und dass sich auch die anderen informieren können, nicht nur der Herr Minister himself.
Gerade bei einer Artikel-15a-Vereinbarung wäre auch ein bestimmtes Benchmarking ganz besonders wichtig. Wenn man schon sagt, die Länder sollen individuell ihre Maßnahmen treffen und verordnen, dann wäre es eben auch wichtig, zu überprüfen, welche Maßnahmen besonders sinnvoll waren, was etwas gebracht hat und was nicht. Auch dieses Benchmarking vermisse ich leider.
Ich finde es prinzipiell positiv, dass auch Gemeinden in dieser Artikel-15a-Vereinbarung mit berücksichtigt werden, dass auch Gemeinden etwas tun sollen. Diese haben auch sehr viele Möglichkeiten, etwas zu tun, gerade im Bereich der Gebäudesanierung. Meiner Erfahrung aus der Gemeindepolitik nach ist es derzeit zumindest in Niederösterreich, ich denke aber auch österreichweit so, dass die Budgets sehr belastet sind, dass außerordentliche Budgets mit Finanzierungsmöglichkeiten sehr gestrafft sind. Das wirkt zum Großteil leider gegen eine Energieeffizienzsteigerung. Wenn man eine Gebäudesanierung nicht machen kann, weil die Finanzen nicht da sind, dann wird halt nichts daraus, dann wird die Energieeffizienz meistens hintangestellt.
Ein weiterer Bereich, der meiner Meinung nach damit nicht ausreichend gelöst ist, ist folgender: Prinzipiell sollte man bei einer Ausschreibung in Gemeinden verpflichtend die Lebenszykluskosten betrachten und nicht nur die Beschaffungskosten, die so anfallen. Es ist aber leider nach wie vor sehr häufig gang und gäbe, dass Vergaben aufgrund der knappen Finanzierungsmittel erfolgen. Das ist aber schade, weil gerade da sehr viel drinnen wäre. Es ist nach wie vor so, dass Niedrigenergie- und Passivhausstandards auch bei Gemeindebauten, auch bei Neubauten noch immer als Leuchtturmprojekte gehandelt werden. Eigentlich sollten sie in Wirklichkeit alltäglich sein. Das sind sie leider noch nicht. Ich denke aber, wir müssen es schaffen, dass sie bald alltäglich sind.
Wie gesagt, meine Hoffnung, dass die zahnlose Artikel-15a-Vereinbarung sehr viel an dieser Handhabung ändern wir, vor allem wenn die finanziellen Mittel dazu nicht da sind, ist eher gering. Aber: Hilft es nichts, so schadet es nichts! Wir werden zustimmen. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)
14.44
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend. – Bitte.
14.44
Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es trifft sich gut, dass ich gerade nach Ihnen, Frau Kerschbaum, zu Wort komme, weil ich vielleicht doch einige Missverständnisse hinsichtlich der Richtlinie und deren Umsetzung und der Artikel-15a-Vereinbarung ausräumen kann. Die Artikel-15a-Vereinbarung ist nämlich, wie Kollege Magnus Brunner schon gesagt hat, keine Umsetzung der Richtlinie, sondern eine Möglichkeit, bestimmte Kriterien einzuhalten und vor allem die Messung vorzunehmen. Das heißt, die Umsetzung der Endenergieeffizienzrichtlinie aus dem Jahr 2006 erfolgt in den jeweiligen Materiengesetzen. Und das, was wir hier haben, ist eine Vereinbarung über die Messstandards.
Sie haben auf diese Standards hingewiesen und angesprochen, was man da betrachten sollte. Es gibt an sich eine genaue Regelung seitens der Europäischen Kommission, was das Modell anbelangt. Das ist die Bottom-Up-Methode. Diese ist in allen Mitgliedsländern gleich und liegt dieser Vereinbarung zugrunde.
Das Zweite in diesem Zusammenhang neben der Regelung des Messmechanismus und des Prozedere ist die Beachtung bestimmter Kriterien, die in den einzelnen Ländern jetzt angewendet werden, wenn es darum geht, Fahrzeuge zu beschaffen, wenn es darum geht – wie auch der Kollege schon angesprochen hat –, in Beschaffungsvorgänge zu treten. Das ist also eine Art Vorbildfunktion der öffentlichen Hand.
All das soll insgesamt bewirken, dass wir bis zum Jahr 2016 80,4 Petajoule an Endenergieeffizienzeinsparung nachweisen können. Daher: Es kann das, was wir jetzt tun, gar nicht das große Puzzle, der große Knall oder der große Durchbruch sein, sondern es ist etwas relativ Unspektakuläres. Es ist die Vereinbarung über das Wie, über die Kommunikation auch gegenüber der Europäischen Kommission, wie diese Zielsetzung erreicht wird.
Dass sie erreicht wird, dessen bin ich mir nicht nur relativ sicher, sondern ganz sicher, und zwar deswegen, weil das auch ein Teil der Gesamtenergiestrategie ist. Wir haben in der Gesamtenergiestrategie bis zum Jahr 2020 eine Einsparung, eine Verbesserung der Effizienz um 200 Petajoule vorgesehen. Das heißt, im Endeffekt müssen wir dann in dem Zeitraum – oder jetzt schon beginnend – von den 80,4 auf 200 Petajoule insgesamt kommen.
Dass der Weg, die Effizienz zu steigern, der richtige Weg ist, ist klar. Wenn man nur die Träger entsprechend ausbaut und am Verbrauch sozusagen dann messen kann, dass es, was die Träger anbelangt, vielleicht anders ausschaut, so ist das nicht das Ziel. Der beste Weg ist, bei der Effizienz anzuknüpfen. – Das ist der eine Aspekt des Ganzen.
Der zweite Aspekt: Wir brauchen uns auch nicht zu verstecken, was unsere Energiepolitik anbelangt, und so zu tun, als wenn wir gerade anfangen. Wir sind im Bereich der Energie, was die erneuerbare Energie anbelangt, unter den führenden Ländern Europas. Wir haben bei der erneuerbaren Energie – man muss sagen, natürlich wegen der Wasserkraft, aber genau deswegen – eine Position, von der wir sagen können, wir haben eigentlich sehr, sehr viel erreicht. Wenn die EU in diesem Bereich bis zum Jahr 2020 20 Prozent anstrebt, so werden wir im Jahr 2020 34 Prozent oder mehr haben.
Ich bin auch Kollegem Magnus Brunner dankbar dafür, dass er hier dargestellt hat, was neben der Gesamtenergiestrategie die zweite Größe in diesem Bereich ist, nämlich der Aktionsplan. Das ist nur die Darstellung des Ergebnisses – der 34 Prozent –, zu dem wir uns auch politisch und vertraglich verpflichtet haben, um diese Darstellung auch bis
zum Jahr 2020 sicherzustellen. Dass dort die Wasserkraft ein besonderer Schwerpunkt ist, ist klar, weil sie auch kosteneffizient genau dort am Marktpreis ist.
Es bleibt noch eine Frage, die Sie auch gestellt haben: Warum hat das Ganze so lange gedauert? Es ist richtig, wenn jetzt das Jahr 2009 ist und die Richtlinie aus dem Jahr 2006 ist, dann ... (Ruf bei der ÖVP: 2010!) – 2010, ja. Ich wollte auf das Jahr 2009 zurückkommen, weil im Jahr 2009 erst die entsprechenden freiwilligen Vereinbarungen mit diversen Interessenvertretungen geschlossen worden sind, die zum Teil die Basis der Artikel-15a-Vereinbarung bilden. Das heißt, weil dies so lange gedauert hat und das Jahr 2009 de facto notwendig war, haben wir jetzt das Jahr 2010, um auch den formalen Abschluss der Artikel-15a-Vereinbarung sicherzustellen.
Daher, alles im allem: Ob Jahr 2006, 2009, 2010, wir sind da sehr gut unterwegs und werden den Nachweis mit dieser Vereinbarung problemlos erbringen können und auch wirklich erbringen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
14.49
Präsident Martin Preineder: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (780 d.B. und 790 d.B. sowie 8382/BR d.B.)
20. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (791 d.B. sowie 8383/BR d.B.)
Präsident Martin Preineder: Nun kommen wir zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatterin zu den Punkten 19 und 20 ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Dr. Angelika Winzig: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme sogleich zur Antragstellung.
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Weiters bringe ich den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Martin Preineder: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.
14.51
Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! (Zwischenruf des Bundesrates Perhab. – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Zu TOP 19: Die Regierungsvorlage zur Änderung des Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung von 1994 für das Gastgartengesetz geändert wird, ist zwar nicht der große Wurf, stellt aber für die Gastronomie eine Erleichterung dar. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Es ist ein positiver Schritt für unsere Wirte und wahrt auch die Rechte der Anrainer.
Insbesondere geht es um eine Genehmigungsfreistellung für Gastgärten mit bis zu 75 Sitzplätzen. Diese sollen auf öffentlichen Plätzen bis 22 Uhr geöffnet haben dürfen und auf allen anderen Grundstücken bis 23 Uhr. Der Bürgermeister kann diese Öffnungszeit auch noch verlängern.
Die neuen Gastgartenregelungen sind nunmehr in den Bestimmungen über die Betriebsanlagen enthalten. Die bisherige Regelung über Gastgärten im zweiten Hauptstück entfällt somit.
Eine Übergangsbestimmung sichert bereits genehmigte Gastgärten. Durch diese Regelung soll eine praktikable Genehmigungsfreistellung von Gastgärten erfolgen. Die Möglichkeit zum nachträglichen behördlichen Eingreifen soll Interessen der Nachbarn Rechnung tragen.
Ein weiterer Aspekt der Novelle ist, dass die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes in Zukunft Bürgern aus dem gesamten EU-Raum offenstehen wird.
Wir sind aus folgenden Gründen gegen diese Regierungsvorlage: Wir kritisieren, dass nach dem Entwurf für die Rauchfangkehrer die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei und ein Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat ausreichen soll. Ein Wohnsitz im Inland und die österreichische Staatsbürgerschaft sollen nicht mehr notwendig sein.
Die Öffnung des Rauchfangkehrergewerbes für Betriebe aus dem EWR-Raum, die keine Niederlassung in Österreich haben, wird letztendlich zu einem Zweiklassen-Rauchfangkehrergewerbe führen. Die Betriebe, die aus dem EWR-Raum kommen, werden die Sanierungen und die Errichtungen durchführen, und unsere heimischen Betriebe werden die verwaltungspolizeilichen und feuerpolizeilichen Gutachten dazu liefern. Daher stimmen wir diesen Bestimmungen nicht zu.
Zu TOP 20: Mit der nunmehr vorgesehenen Novellierung des Immissionsschutzgesetzes-Luft kommt es zu entsprechenden Anpassungen im Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und im Mineralrohstoffgesetz.
Da wir gegen die Novellierung des Immissionsschutzgesetzes stimmen, werden wir konsequenterweise auch gegen die damit verbundenen notwendigen Änderungen in anderen Gesetzen stimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
14.54
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile es ihm.
14.54
Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ertl, jetzt habe ich schon Angst gehabt, ich habe wirklich schon meine Befürchtung gehabt, dass du auch gegen die Gastgärten stimmst. Da wir dein Stimmrecht nicht zweiteilen können, schaut es eben nicht gut aus, wenn nun diese Erleichterung für uns Gastwirte aus deiner Sicht doch nicht mitbeschlossen werden kann.
Ich nehme an, wenn wir eine geheime Abstimmung hier in diesem Saal machen würden, wo wir jetzt lieber sein würden – Herr Kollege Dr. Kühnel, du wirst uns auch zustimmen, dass wir lieber in der Innenstadt in irgendeinem schattigen Gastgarten sitzen würden ... (Bundesrat Dr. Kühnel: Nicht überall!)
Da mein Kollege Dr. Kühnel mich in der Redevorbereitung darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich auch die Interessen der Bewohner und der Anrainer in städtischen Ballungszentren oder auch in Tourismusgemeinden berücksichtigen soll, die ja wahrscheinlich einen längeren Zeitraum der „Belästigung“ – zwischen Anführungszeichen – ertragen müssen, muss man der Wahrheit halber hinzufügen, dass natürlich die Rechte der Anrainer, der Bewohner in keiner Weise beeinträchtigt werden.
Es geht hier wirklich um eine verwaltungstechnische Vereinfachung. Man zeigt den Gastgarten bei der zuständigen Behörde an, und für bis zu 75 Sitzplätze gilt die Anzeige. Man kann sofort umsetzen, außer man verletzt gewisse Bestimmungen wie Lärmschutz oder Lärmmessungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, 55 Dezibel ab 22 Uhr sind für einen älteren Menschen vielleicht sehr laut (Bundesrat Dr. Kühnel: Die sind schon schwerhörig!), ein Jugendlicher sagt: Findet da überhaupt irgendetwas statt? – Und zwischen diesen zwei Polen müssen wir uns bewegen.
Aber ich denke, die Entwicklung ... (Bundesrat Schennach – in Richtung des Bundesrates Dr. Kühnel weisend –: Aber sein Bezirksvorsteher ist anderer Meinung!) – Herr Kollege Kühnel, die Entwicklung hat uns schon recht gegeben! Im Jahr 1973 habe ich in Wien zu studieren angefangen, da war der 1. Bezirk noch tot. Inzwischen hat er sich zu einer wohlbesuchten Veranstaltungsmeile entwickelt, wie sie weltweit in allen Metropolen zu finden sind.
Dafür vielen Dank, Herr Minister (Bundesrat Schennach: Er war nicht beteiligt, der Minister!), dass diese Möglichkeit auch weiterhin bestehen wird. (Beifall bei der ÖVP.)
14.57
Präsident Martin Preineder: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr.
14.57
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Möglicherweise ist Kollege Perhab jetzt ein bisschen überrascht. (Bundesrat Perhab: Nein!) – Ja, doch! Ich werde euch jetzt überraschen. Ich werde jetzt nämlich gar nicht lange über Gastgärten reden.
Im Prinzip haben wir in der grünen Bundesratsfraktion schon die Ansicht, dass Gastgärten ganz dringend notwendig sind – derzeit, wenn man sich das Wetter so anschaut, fast überlebensnotwendig. Prinzipiell ist es auch okay, dass Behördenwege und die Bewilligungsverfahren ein bisschen reduziert wurden und nicht so ein Hürdenlauf sind, wie es bereits der Fall war.
Ich denke, 75 Sitzplätze ist schon ziemlich viel. Ob man es wirklich bis zu dieser Größenordnung freistellen musste? – 75 Sitzplätze im Gastgarten, das ist schon ein ganz schönes Ding. Und es gibt ja vielleicht einmal zwei Gastgärten nebeneinander.
Im Prinzip bleibt zu hoffen, dass auch durch diese Regelung die Lärmschutzrichtlinien eingehalten werden und Lärmschutz umgesetzt wird. Das haben die Wirte im Prinzip auch jetzt schon immer wieder gemacht und auch im Sinne einer guten Nachbarschaft dafür gesorgt, dass man sich zusammenredet und eventuell Maßnahmen setzt. Ich hoffe nur, dass die Wirte das auch weiterhin im Sinne einer guten Nachbarschaft machen werden und sich um eine gute Nachbarschaft bemühen werden. Ansonsten werden wir der Änderung der Gewerbeordnung zustimmen.
Kontrarednerin bin ich deshalb, weil wir beim Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen natürlich nicht zustimmen können. Im Prinzip geht es darum, dass – so wie beim IG-L – die Feinstaubgrenzwerte letztendlich in diesem Bereich entwertet werden. Statt unserer strengen österreichischen Grenzwerte werden wir, so wie beim IG-L, jetzt auf die europäischen Grenzwerte gehen. Das ist ein Herunterlizitieren.
Grenzwerte haben ja einen Sinn. Es ist ja nicht so, dass da irgendjemand irgendeine Zahl aufschreibt, sondern Grenzwerte haben den Sinn, dass sie für die Gesundheit der Menschen, die in der Region wohnen, wichtig sind.
Es ist im Ausschuss eine intensivere Diskussion bezüglich Sanierungen und dahin gehend entstanden, dass man in belasteten Gebieten, in Sanierungsgebieten zum Teil Betriebe dann nicht mehr aufsperren kann. Ich weiß jetzt gar nicht mehr, wer das gesagt hat: Der Transit beeinflusst mehr oder weniger unsere regionale Wirtschaft.
Ich möchte dazu sagen: Ich würde mich freuen, wenn die Wirtschaft das allgemein endlich einmal so erkennt.
Ich kenne das aus diversen UVP-Verfahren und Straßengeschichten, dass immer wieder gesagt wird: Diese Autobahn brauchen wir zur Belebung der heimischen Wirtschaft, der regionalen Wirtschaft! – In Wirklichkeit ist es dann so: Wenn die Autobahn einmal da ist, ist sie befüllt, gibt es bestimmte Emissionen. Und dann, wenn aufgrund dieser Emissionen die Region zum Sanierungsgebiet wird, wird es einfach schwierig, dass man sagt, dieser Gewerbebetrieb darf jetzt auch noch emittieren, und dann gibt es genau dort die Beschränkungen. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)
Wir sind immer für regionale Wirtschaft eingetreten und wir sind immer für die Unterstützung der regionalen Wirtschaft. Und im Prinzip ist es auch kongruent, denn eines ist schon klar: Je billiger der Transport ist und je weiter die Strecken sind, über die transportiert wird, umso mehr leidet die regionale Wirtschaft, umso weniger wird die regionale Wirtschaft eine Chance haben, ihre Güter zu verkaufen.
Deshalb ist es wichtig, in den Verkehr, insbesondere in den Güterverkehr endlich Kostenwahrheit hineinzubringen und nicht zu sagen: Wir lassen den Verkehr ausufern, und wenn es sich mit den Wirtschaftsbetrieben nicht ausgeht, dass sie dazuemittieren, dann heben wir eben die Grenzwerte an! – Das kann es doch bitte auch nicht sein.
Unser Anliegen wäre, dass sich „die Wirtschaft“ endlich einmal besinnt und für sich die Frage entscheidet: Was ist wichtig, was ist vorrangig? Ist es jetzt wirklich so wichtig,
dass wir über weite Strecken transportieren, oder wollen wir regional produzieren? – Dann wird sich vielleicht auch an der Verkehrspolitik in Österreich, insbesondere in Niederösterreich, irgendwann einmal etwas ändern.
Wie gesagt, uns ist es wichtig, dass Grenzwerte ernst genommen werden, weil Grenzwerte nicht irgendwelche Zahlen sind, sondern dem Gesundheitsschutz dienen. Und da in dieser Gesetzesvorlage davon ausgegangen wird, dass wir, wenn der Verkehr zu viel ist, einfach die Grenzwerte ein bisschen höher setzen, damit wir daneben trotzdem noch eine Wirtschaft haben und Produktion betreiben können, muss ich leider sagen: Das ist der falsche Ansatz, und deshalb können wir leider nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)
15.01
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.
15.01
Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle also fest, dass alle Fraktionen bisher in den Gastgarten gegangen sind und auch nach der heutigen Beschlussfassung wieder in die Gastgärten gehen können.
Ich glaube, dass die Erleichterung für die Gewerbetreibenden in diesem Bereich eine ganz wichtige Sache ist. Wir wissen ja, wie die Wetterlage ist, wie sie im heurigen Sommer bis jetzt war, dass man da ohnedies schauen muss, dass man über die Runden kommt. Und da, glaube ich, ist ein Gast- und Schanigarten etwas ganz Wichtiges.
Ich meine auch, dass es sicher ab und zu mit der umliegenden Bevölkerung zu Konflikten kommen kann. Es wird aber dann auch am Wirt liegen, mit wie viel Gefühl er mit seinen Gästen umgeht und auch wie er mit jenen umgeht, die nicht so einverstanden damit sind, dass dort ein Gastgarten ist.
Insgesamt gesehen gehören die Gastgärten aber zum Ortsbild, und wenn man sich die südlichen Länder anschaut, dann wird dort jeder Quadratmeter ausgenutzt. Bei uns ist es jetzt auch schon wesentlich besser geworden. Ein Ort ist einfach öde, wenn man hineinkommt und es tut sich in den Wirtshäusern überhaupt nichts. Daher, glaube ich, ist es eine sehr gute Regelung, dass das schneller geht, dass das nicht mit so vielen behördlichen Auflagen verbunden ist.
Die Betriebe können sofort beginnen, wenn sie die Anzeige bei der Behörde abgegeben haben. Es erfolgt die behördliche Untersagung, wenn die entsprechenden Voraussetzungen nicht gegeben sind. Und vor allem ist es auch ganz wichtig, dass der Gastgarten auch wieder geschlossen werden kann, wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten werden.
Beim Rauchfangkehrergesetz ist es auch nicht so schwierig, denn hier gilt ja, dass, wenn behördliche oder feuerpolizeibehördliche Dinge auszuführen sind, eine Dienststelle hier in Österreich sein muss. Und alle anderen Dinge müssen ja auch geprüft werden, wenn jemand aus dem EU-Raum bei uns arbeitet.
Dann gibt es noch den Arbeitnehmerschutz, die Arbeitnehmerschutzbestimmungen für Selbständige, die keine Arbeitnehmer beschäftigen und selbst auf Baustellen tätig sind.
Und TOP 20 bringt eine Anpassung beziehungsweise Änderung des Emissionsschutzgesetzes für Kesselanlagen und des Mineralrohstoffgesetzes. Dies deshalb, weil da auch die Gewerbeordnung geändert wird.
Wir werden all diesen Punkten unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
15.04
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.
15.04
Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vorausschicken, ich gehe auch gern in einen Gastgarten, aber ich möchte hier zu dem Gesetz beziehungsweise zur Gewerbeordnung in diesem Bereich sowie zum Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und zum Mineralrohstoffgesetz einige Sätze sagen.
Ich möchte vorausschicken: eine wichtige Entscheidung für die Zukunft eines jeden Einzelnen, aber gleichzeitig eine Entscheidung, die weitgreifende Aktivitäten, basierend auf dem Weitblick und dem Engagement eines Ministeriums, beinhaltet.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, Lebensqualität heißt viel: Lebensqualität bedeutet sauberes Wasser, gute Luft, heißt ganz einfach Wohlfühlen, heißt aber auch – und das möchte ich klar und deutlich sagen –, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Und dafür danke schön, geschätzter Herr Bundesminister, für die Rahmenbedingungen vonseiten der Politik!
Es ist wichtig, dass wir wegkommen von den fossilen Energien, hin zu den erneuerbaren Energieträgern. In diesem Zusammenhang ist ein Punkt der Austausch, wenn notwendig, der Ölkessel, die nicht mehr gefördert werden. Der Bund hat hier zweifelsohne schnell gehandelt. Einige Länder sind leider noch im Hintertreffen. Ich hoffe, dass in diesem Bereich auch dieser Weg mitgegangen wird.
Ferner sollte es für nicht effiziente Technologien, wie das Verbrennen von fossilen Energieträgern, keine öffentlichen Gelder geben. Ziel ist es aber auch, das wichtige Kyoto-Ziel, über das immer wieder gesprochen wird, zu erreichen. Das ist ein kleiner Mosaikstein dafür.
Die Bekämpfung des Klimawandels ist zur größten Herausforderung, meine sehr geehrten Damen und Herren, der globalen Verteilungs- und Umweltpolitik geworden. Darum: rasche Umsetzung der Energiestrategie!
Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren: Bei diesem Gesetz hat die Zusammenarbeit – und ich möchte das wirklich erwähnen – zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem für Umwelt zuständigen Ministerium ganz hervorragend funktioniert. Nochmals danke schön, geschätzter Herr Bundesminister, für dieses Engagement! Wir werden diesem Gesetz sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Kraml.)
15.07
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.
15.07
Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier angesprochen worden, dass wir im Rahmen der Gewerbeordnung mehrere Änderungen beschließen, vermutlich auch jetzt im Bundesrat beschließen. Eine ist nicht erwähnt worden, das ist jene, bei der es um die Baustellenrichtlinie und deren entsprechende Umsetzung geht. Da wird der gemäß den Vorschriften bestehende Schutz jetzt auch auf die Selbständigen ausgedehnt. Bis jetzt bestand dieser nur in Bezug auf die Arbeitnehmer, und die Europäische Kommission hat das bemängelt.
Das Zweite ist die Angelegenheit mit den Rauchfangkehrern. Da würde ich vorschlagen, das pragmatisch zu sehen, weil diese Regelung, die einfach formal einen EU-Bürger und einen EWR-Bürger einem Österreicher gleichstellt, nicht dazu führen wird, dass wir jetzt hier einen Boom an Rauchfangkehrern haben werden, die unseren heimischen Rauchfangkehrern Konkurrenz machen, sondern es ist ganz im Gegenteil so, dass die Tätigkeiten der Rauchfangkehrer, die durch Landesrecht übertragen werden, einfach den Inländern nach wie vor – das können wir auch hier in diesem Haus offen sagen – bestimmte Vorteile verschaffen. Es geht dabei ja nicht nur um Verwaltungstätigkeiten, sondern es geht um die Überprüfung, Reinigung und Kehrung von Feuerungsanlagen aufgrund der landesrechtlichen Kehrungsordnungen – das ist eigentlich der Hauptteil des Geschäftes.
Es geht aber auch um die Teilnahme an der Feuerbeschau von Bauten aufgrund von Feuerpolizeigesetzen, die Tätigkeiten im Rahmen von Bauverfahren, Bauabnahme aufgrund der Bauordnungen und die Überwachung von Heizungsanlagen gemäß Luftreinhaltegesetz. Das ist Tätigkeit für die Inländer im Rahmen der jeweiligen Landesgesetze.
Was darf jetzt der EWR-Bürger und der EU-Bürger aus den anderen Ländern tun? – Er darf Energieausweise ausstellen – zugegebenermaßen ein Geschäft, das jetzt im Kommen ist –, er darf das Ausschleifen und Abdichten von Rauch- und Abgasfängen durchführen und Kessel reinigen. Im Endeffekt, würde ich daher sagen, ist die Auswirkung eine bescheidene Auswirkung, und sie stellt uns eben formal auf die Basis, die die EU von uns verlangt.
Was die dritte Komponente anlangt, die in der Öffentlichkeit vielleicht am meisten diskutiert worden ist, nämlich die Änderung bei den Gastgärten: Ich glaube, im Wesentlichen ist, was die Vorgangsweise anlangt, damit eine Erleichterung für den Betreiber verbunden. Bis jetzt hat der Betreiber immer bei der Behörde deutlich machen müssen, dass hier keine Einschränkung der Nachbarn im übertriebenen Sinne vorliegt. Das war zum Teil ein sehr aufwendiges Verfahren, sodass die Genehmigung in Richtung auch der Garantiestunden, die eigentlich auch im Gesetz vorgesehen wäre, nicht mehr erfüllt werden konnte.
Daher haben wir versucht, jetzt den Vorgang umzudrehen, wobei die 75 Plätze auch schon eine Kompromissvariante darstellen. Für manche mag es viel erscheinen, ursprünglich angedacht waren 100. Ich glaube, dass das durchaus eine mittlere Kompromisslösung ist, mit der man leben kann.
Zum Zweiten, und das ist jetzt genau das Spannungsfeld, in dem wir uns befinden und das natürlich existiert: Da geht es einerseits um die verwaltungsmäßige Vorgangsweise, und andererseits geht es auch um die Rechte der Nachbarn. Wir haben uns, weil dann auch die Frage im Raum gestanden ist: Werden damit jetzt die Rechte der Nachbarn eingeschränkt?, bemüht, dem auch Rechnung zu tragen, indem wir versucht haben, das herauszunehmen, was der Verfassungsgerichtshof bis jetzt bei entsprechenden Entscheidungen über Gastgärten zugrunde gelegt hat. Und daher diese typisierende Umschreibung von Gastgärten: bei denen bei Durchschnittsbetrachtung damit zu rechnen ist, dass die Nachbarn nicht beeinträchtigt werden. – Das haben wir dem Gesetz zugrunde gelegt. Das heißt also: keine Belästigung der Nachbarn durch Live- oder sonstige Musik, kein Grillen und damit kein Entstehen von Rauch und anderes mehr und keine über einen bestimmten Pegel hinausgehende Lärmentwicklung, die üblicherweise durch Sitzen und Unterhaltung verursacht wird.
Daher bin ich zuversichtlich, dass das nach einiger Gewöhnung dazu führen wird, dass wir in der Praxis zwar nicht den Boom an Gastgärten erleben werden – dieser Meinung bin ich nicht –, aber damit eine einfachere Vorgangsweise haben, die teilweise auch zu
einer Ausweitung führen wird. Ich bin froh, dass wir auch da, was die Zustimmung anbelangt, eigentlich breite Unterstützung haben.
Der letzte Punkt, der angesprochen worden ist, wo es um die Umsetzung des IG-Luft auch in der Gewerbeordnung geht, ist die Anpassung an die entsprechenden Richtwerte, wobei ich schon sagen muss, dass wir uns hier im EU-Rahmen bewegen und der Kompromiss eindeutig jener ist, dass wir eben bei den strengeren Werten schon mit dem Vorverfahren beginnen – das heißt, da wird nicht mehr zugeschaut –, dass aber dann trotzdem, bis wirklich die Maßnahmen einschränkend gesetzt werden, die EU-Werte herangezogen werden.
Das ist im Prinzip nichts anderes als eine Sensibilisierung schon vorher, die damit wahrscheinlich auch durchaus zu Maßnahmen führt, die die Betriebe, oder wer auch immer, schon verantworten und ergreifen können, bis es dann zu den konkreten Maßnahmen kommt, die auch im Rahmen der Richtwerte und Grenzwerte der EU vorgesehen sind.
Daher aus meiner Sicht ein weiterführender Kompromiss, der einerseits die Betriebe, die genehmigte Anlagen haben – es geht immer um das –, leben lässt und anderseits auch den Zielsetzungen im Umweltbereich einigermaßen Rechnung trägt. – Ich danke Ihnen für die Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)
15.13
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend Übereinkommen des Europarates über die Vermeidung von Staatenlosigkeit in Zusammenhang mit Staatennachfolge (683 d.B. und 834 d.B. sowie 8372/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Rausch. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Mag. Bettina Rausch: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2010 betreffend ein Übereinkommen des Europarates über die Vermeidung von Staatenlosigkeit in Zusammenhang mit Staatennachfolge.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Art. 50 Abs. 2 Ziffer 3 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, ebenfalls keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht. – Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Spindelegger in unserer Mitte hier im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.
15.15
Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Abkommen des Europarates aus dem Jahre 2006, das ungefähr vier Jahre gebraucht hat, um dann in nationales Recht umgesetzt zu werden, steht heute zur Diskussion. Es wird aber, soweit ich den Unterlagen und dem Ausschussbericht folgen kann, mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt werden.
Worum geht es, kurz gesagt? – Durch den Zerfall der Sowjetunion, den Zerfall Jugoslawiens, aber natürlich auch durch die Kriege im Kaukasusgebiet und die Entstehung von neuen Staaten, Staatennachfolge und so weiter ergibt sich das Problem für Menschen, welche Staatszugehörigkeit sie haben sollen. Hier hat eben dankenswerterweise der Europarat in seinen 47 Ländern versucht, das Schicksal dieser Menschen einfach dadurch zu lindern, dass man ihnen dort wieder eine Staatszugehörigkeit, eine Staatsbürgerschaft gibt. – Das ist die eine Seite.
Etwas anderes ist allerdings auch in der heutigen Welt zu beobachten, nämlich dass wir zum Beispiel ein Land wie Ungarn haben, das hergeht und nun Staatsbürgerschaften an Ungarischstämmige erteilt. Andererseits haben wir aber auch noch ein weiteres Land, wo es eine derartige Vorgangsweise gibt. So hört man zumindest, dass die Russische Föderation Pässe an Russischstämmige, zum Beispiel in der Ukraine, vergibt.
Angesichts dieses ganzen Spektrums versucht eben der Europarat, eine Lösung zu finden. Er versucht – ich betone das –, eine Lösung zu finden. Ich nehme an, dass Herr Professor Konecny dann noch etwas näher darauf eingehen wird, aber wichtig ist die Intention und zu unterstreichen, welche Wichtigkeit der Europarat hat.
Herr Bundesminister, du warst ja auch lange Zeit Delegationsleiter im Europarat, und ich glaube, du hast an diesem Abkommen auch noch mitgewirkt. Es ist daher besonders schön, dass du hier anwesend bist und uns vielleicht auch noch das eine oder andere an Hintergrundinformation geben kannst.
In diesem Sinne darf ich zur großen „Überraschung“ aller berichten, dass meine Fraktion diesem Abkommen zustimmen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
15.18
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Fraktionsvorsitzender Konecny. – Bitte.
15.18
Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kühnel hat ja schon darauf hingewiesen, dass wir in den letzten Jahrzehnten in wesentlich größerem Umfang als jemals, ein halbes Jahrhundert davor mit der Erbschaft von früher gemeinsamen Staaten konfrontiert waren, die sich freiwillig oder unfreiwillig, in Frieden oder nicht in Frieden aufgelöst haben. Nach 1918 gab es ja den berühmten Witz, der auch auf Realität beruht, dass es in manchen Gegenden Galiziens Menschen gegeben hat, die, ohne sich jemals von ihrem Wohnort wegzubewegen, vier bis fünf Staatsbürgerschaften bekommen haben – aber sie haben sie wenigstens bekommen.
Dort, wo es eine friedliche Trennung war, wie bei unseren nördlichen Nachbarn Tschechien und Slowakei, hat es in dieser Hinsicht auch keine Probleme gegeben. Aber dort, wo die Trennungen nach zum Teil sogar militärischen Auseinandersetzungen in einem Klima des gegenseitigen Hasses stattgefunden haben, dort ist dieser Hass in vielen Fällen auch auf jene losgelassen worden, wo Zweifel daran bestanden, dass sie sich mit vollem Herzen zu dem nunmehr unabhängigen Staat bekennen würden.
Wir alle kennen die Probleme, mit denen die russische Minderheit in den drei baltischen Republiken – am schärfsten in Lettland – konfrontiert ist, wo es zwar ein formales Angebot gibt, aber da ist es so ähnlich wie mit dem Wahlrecht für die Schwarzen in den USA, die früher dafür eine Prüfung ablegen mussten. Jetzt muss der Angehörige der russischen Minderheit eine Prüfung über seine Kenntnisse – in diesem Fall der lettischen Sprache – ablegen. Wir alle wissen und haben es manchmal auch erlitten: Der Prüfer hat es in der Hand, wie eine Prüfung ausgeht – es sei denn, er hat es mit einem Genie zu tun, aber auch dort schafft er es manchmal.
Wir haben in einem südlichen Nachbarstaat, in Slowenien, miterlebt, dass es zwar formal für alle im Staatsgebiet Slowenien lebenden ehemaligen jugoslawischen Staatsbürger die Möglichkeit gab, sich um die slowenische Staatsbürgerschaft zu bewerben, die Fristen waren allerdings außerordentlich kurz, das ganze Verfahren war, um es freundlich zu sagen, komplex, und die Promulgation der entsprechenden Rechtsgrundlagen hat sich in Grenzen gehalten. Das Resultat war, dass einige tausend Menschen nicht nur um ihre Staatsbürgerschaft, sondern um all ihre Rechte einschließlich ihrer Pensionen umgefallen sind. Es hat viele, viele Jahre gedauert – und ich darf in Klammer dazusagen, dass es dazu erst einer sozialdemokratischen Regierung bedurft hat –, dass die Probleme dieser Menschen in Slowenien jetzt einer Lösung zugeführt wurden.
Ich will nicht ins Detail gehen, aber es ist klar, dass jemand, der seinen ordentlichen Wohnsitz – so würden wir gemäß der österreichischen Rechtsordnung sagen – in einem bestimmten Ort hat, dann, wenn dieser Ort die staatliche Zugehörigkeit wechselt, weil ein neuer Staat entsteht, zu dem dieses Gebiet gehört, jedes Recht der Welt darauf hat, die Staatsbürgerschaft dieses Staates ohne Prüfungen, ohne Schikanen, ohne Vorbehalte zu bekommen. Wenn er damit nicht einverstanden ist, hat er im Rahmen der jeweiligen Gesetze natürlich auch die Möglichkeit, in einen Staat zu wechseln, dessen Staatsbürgerschaft er annehmen kann, wenn das möglich ist.
Wir haben vermutlich einen potenziellen Anwendungsfall, wenn im Kosovo staatsrechtlich und auch mit serbischer Mitwirkung endgültig geklärt ist, welche Staatbürgerschaft in Mitrovica angenommen wird. Das ist eine interessante und spannende Frage. Heute ist es de facto so, dass den dortigen Einwohnern die Staatsbürgerschaft zwar zusteht, dass aber davon demonstrativ kein Gebrauch gemacht wird. – Wie gesagt, es sind auch andere künftige Fälle vorstellbar.
Das Übereinkommen versucht nun, solche negativen Folgen der Teilung von Staaten, des Entstehens neuer Staaten zu vermeiden, und es bewegt sich damit im Rahmen seiner Kernkompetenz, nämlich Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte.
Der Europarat, der natürlich nicht die Publizität und die internationale Aufmerksamkeit der Europäischen Union genießt, ist nichtsdestoweniger Forum für einen sehr viel größeren europäischen Raum; Kollege Kühnel hat schon von seinen 47 Mitgliedstaaten gesprochen. Er legt einen Standard fest, und dieses Übereinkommen, dem man erst beitreten muss – nicht nur Österreich, auch andere, vielleicht davon Betroffenere, weil ich ja doch nicht in naher Zukunft mit der Kärntner Unabhängigkeit rechne, und wir würden diesbezüglich auch keine Probleme machen, sofern die Schulden in den neuen Nationalstaat mitgenommen werden –, dieser Standard sollte umfassend umgesetzt werden.
Ich möchte aber Kollegen Kühnel ausdrücklich unterstützen in seiner Erwähnung des reziproken Problems: Es gab einmal einen wunderbaren Film über die Schweizermacher, über die Schwierigkeiten, die ein Italiener hatte, noch dazu einer mit einer linken Gesinnung, als ordentlicher Schweizer Bürger anerkannt zu werden. – Nun ja, es gibt auch Ungarnmacher, es gibt Rumänenmacher in großer Zahl und es gibt auch Russenmacher. Es gibt eben Staaten, die ein Konzept der Staatsbürgerschaft haben – und auch darüber muss auf internationaler Ebene gesprochen werden –, dem nicht nur Sympathie für Menschen der gleichen Sprache zugrunde liegt, sondern bei dem es auch eine, na ja, zumindest imperialistische Konnotation gibt, um es sehr zurückhaltend und nicht anklagend zu formulieren.
Auf ein solches Übereinkommen über die Regelung, wie das mit Mehrfachstaatsbürgerschaften in einem zusammenwachsenden Europa sein kann – unter welchen Bedingungen und mit welchen Vorbehalten –, müssen wir noch warten, aber dieses Übereinkommen können wir heute für Österreich beschließen, und das werden wir selbstverständlich tun. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)
15.25
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
15.25
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich schließe mich vollkommen den beiden Vorrednern an: Es ist ein gutes Abkommen! Es ist ein Abkommen, das von der richtigen Institution gekommen ist, nämlich dem Europarat. Es wäre nicht so gut, wenn es nur ein EU-europäisches Abkommen wäre, da ja viele Probleme in Europa, wie Kollege Konecny das schon angesprochen hat, in einem Zusammenhang zu sehen sind.
Zum Teil fördert natürlich auch die europäische Politik, lieber Albrecht Konecny, diese Macher! Zum Beispiel hatten wir lange ein katastrophales Visaregime am Balkan, sodass bosnische Staatsbürger mit kroatischem Pass kein Visum brauchten – jetzt brauchen auch serbische Staatsbürger (Bundesrat Konecny: Bosnien!) Bosniens, Serben aus Bosnien kein Visum, aber die Bosniaken sind noch immer in ihrer Bewe
gungsfreiheit eingeschränkt. (Bundesrat Konecny: ... Staatsbürgerschaft aus geschichtlichen Gründen!) Denen könnte man die österreichische Staatsbürgerschaft geben, damit bin ich schon einverstanden. – Wir fördern damit eigentlich Tendenzen, die wir nicht fördern wollen.
Oder blicken wir in das Armenhaus Europas, nach Moldawien: Die innigsten Moldawier sind die christlichen Türken, die Gagausen, denn die wissen, was sie an diesem Staat haben. Alle anderen versuchen auch mit anderen Staatsbürgerschaften ihr Glück zu finden. Ich verstehe natürlich, dass es mit der rumänischen Staatsbürgerschaft in einem vereinten Europa etwas leichter ist, aus dem Armenhaus mobil zu werden. Das heißt, Staatsbürgerschaften sind eine Frage der Mobilität.
Ich habe hier schon öfter von der Absurdität erzählt, dass die Großeltern im ehemaligen Jugoslawien ihren Enkeln gesagt haben: Wie schön war es im Kommunismus, wir konnten ohne Visa durch ganz Europa fahren! – und die Enkel waren sozusagen eingesperrt. Das ist eine Realität, der wir uns stellen müssen. Um 17 Uhr läuten ja heute in Serbien und im Kosovo die Glocken und es wird heftig für ein göttliches, gerechtes Urteil gebetet.
Aber die Kosovaren sind ja nicht die Einzigen! Es kommen ja noch die Abchasen dazu – oder die seltsame Geschichte der Transnistrischen Moldauischen Republik zum Beispiel. Was machen wir mit denen? – Da ist dieses Abkommen schon etwas wichtiger.
Dass es Probleme gab und gibt, ist wahr, zum Beispiel dass im Baltikum durch die Gegenseite – die russischen Nachfolgestaaten, die baltischen Staaten – mit der russischen Bevölkerung betreffend Staatsbürgerschaften nicht ganz fair oder nicht ganz liberal umgegangen wurde.
Herr Bundesminister, all diese Dinge zeigen aber auch, dass wir uns irgendwann einmal mit den Staatsbürgerschaften generell beschäftigen müssen: mit der Bedeutung, die die Staatsbürgerschaft in den letzten 100 Jahren hatte, und jener, die sie wahrscheinlich in den nächsten 100 Jahren hat, die eine ganz andere sein wird.
Ich habe vorhin, vor dieser Rede, kurz zwei Leute angerufen. Einer davon kommt aus Kärnten, und den habe ich gefragt: Sag einmal, wie viele Staatsbürgerschaften hat deine Mutter? – Daraufhin hat er gesagt: Neun. – Dann habe ich mir erlaubt, in Wien eine Dame von 40 Jahren anzurufen, und habe sie gefragt: Hast du jetzt zwei Staatsbürgerschaften? – Darauf sie: Nein, drei! – Das ist doch relativ. Dann habe ich sie gefragt: Und als was fühlst du dich? – Sie hat geantwortet: Als Wienerin natürlich! (Bundesrat Konecny: Das ist aber keine eigene Staatsbürgerschaft!) – Das heißt, die Frage der Staatsbürgerschaften ist eine wesentlich niederschwelligere geworden.
Ich kenne wahnsinnig viele Kinder – die Mädchen haben es ja besser, die Burschen müssen die Frage beim Militärdienst dann eindeutig klären –, die zwei Staatsbürgerschaften haben. Schauen Sie sich doch die Situation an: Sind Sie Italiener, legen die Staatsbürgerschaft zurück und werden Österreicher, schickt Ihnen Italien nach drei Wochen Ihren Pass zurück und sagt: Einmal Italiener, immer Italiener! – Das gilt auch für die Griechen: Wenn Griechen die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben und ihre griechische zurücklegen, kommt sie nach sechs Wochen zurück: Wer einmal Grieche war, wird immer Grieche bleiben!
Ich habe auch Auslandsösterreicher erlebt. Berührend war ein Herr, ein Chorleiter aus Oberösterreich, der seine Staatsbürgerschaft abgeben musste und gesagt hat: Na, aber sterben möchte ich in Oberösterreich schon als Österreicher!
Da, denke ich mir, ist vielleicht das Staatsbürgerschaftsrecht, wie wir es verstehen, manchmal doch ein bisschen sehr eng, denn eigentlich läuft schon ein Drittel der
Österreicher mit zwei Staatsbürgerschaften herum. – Übrigens nicht die Türken, Kollege Ertl, weil ich da einen scheelen Blick bei der FPÖ sehe: Die nehmen die Staatsbürgerschaft zurück, und das Einzige, was Österreicher mit türkischer Zuwanderungsgeschichte haben, ist eine kleine Karte – ich glaube, sie ist grün oder irgendwie so ähnlich –, womit sie, wenn sie die frühere Heimat mit dem österreichischen Pass betreten, kein Visum bezahlen müssen. Das ist das Einzige! Die Türken nehmen sehr wohl – und das sind diesbezüglich die Konsequentesten – die Staatsbürgerschaft zurück.
Insofern werden wir uns über Doppelstaatsbürgerschaften oder überhaupt den Wert einer Staatsbürgerschaft unterhalten müssen – so im Sinne des großen Literaten Stefan Zweig, der ja in „Die Welt von Gestern“ darüber, wie klein eigentlich diese nationalstaatlichen Grenzen im Kopf sind, geschrieben hat – und uns in der Folge überlegen müssen, ob wir Auslandsösterreichern und -österreicherinnen da nicht auch vielleicht mit ein bisschen mehr Großzügigkeit entgegenkommen.
Das Abkommen ist ein sehr, sehr gutes Abkommen, aber, Herr Bundesminister, ich möchte die Gelegenheit nützen und Ihnen von einer Diskussion, die wir heute – nicht mit allen, Herr Kollege Ertl, aber doch – zumindest mit einer großen Mehrheit hier führten, berichten. Ich meine, dabei wurde heute hier von der SPÖ, von der ÖVP und auch von unserer Seite ein sehr starkes Zeichen der internationalen Solidarität und der Entwicklungszusammenarbeit gesetzt.
Da Sie in Kürze in Budgetverhandlungen gehen, möchte ich doch an Sie appellieren – auch wenn das Budget knapp wird, aber weil wir so weit vom Erfüllungsziel weg sind –, bei der Entwicklungszusammenarbeit nicht den Rotstift anzusetzen, denn diesen Weg der internationalen Solidarität sollte Österreich zumindest nicht unter dem bisherigen Niveau weitergehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
15.32
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Spindelegger. – Bitte.
15.32
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Bundesräte! Ich darf ein paar Bemerkungen zu diesem Tagesordnungspunkt machen.
Zum Ersten: Staatenlosigkeit ist keine Perspektive. Wir brauchen eine Staatszugehörigkeit für jeden Bürger, weil einfach dann, wenn es schwierig wird, ein Anknüpfungspunkt zu einem bestimmten Land herzustellen ist. Darum, so meine ich, ist das ein gutes Übereinkommen, weil es hilft, dass Staatenlosigkeit nicht zusätzlich entsteht. Wir haben ohnehin da und dort unsere Probleme mit Staatenlosen, aber unser Ziel muss es sein, dass jeder zumindest einem Staat zugeordnet ist, der dann auch im Notfall für seinen Staatsbürger tätig werden kann.
Zweite Bemerkung, zum Thema Europarat – Herr Bundesrat Kühnel hat das angeschnitten –: Ich glaube, da sind wir uns alle einig, das ist eine Institution des weiteren Europas. Es sind bei diesem Bündnis des Europarats über die Europäische Union hinaus 20 Länder mehr dabei, und das hat seinen Grund – und auch seinen Sinn für die Zukunft.
Wir brauchen ein Forum, das über die Europäische Union hinaus geht, um Fragen dieser und ähnlicher Art zu bewältigen. Gerade der Europarat ist derjenige, der Menschenrechte ganz besonders mit Instrumentarien wie dem Gerichtshof für Menschenrechte hochhält und sich dafür stark macht. Daher plädiere ich heute auch dafür, dass
wir den Europarat stärken, dass wir ihn für die Zukunft bewahren, dass wir in ihm auch ein Gremium sehen, das, gerade was Menschenrechte anlangt, weit über die Grenzen der Europäischen Union hinaus tätig ist.
Dritte Bemerkung: Sie haben die Frage der Entwicklungszusammenarbeit angeschnitten. Wir werden jetzt – im September, im Oktober – mit den einzelnen Ministerien und dem Finanzministerium in Verhandlungen eintreten. Ich stehe auch dazu, dass wir nach Möglichkeit unser Engagement aufrechterhalten sollen, ich darf Sie nur auf folgende Rahmenbedingungen aufmerksam machen.
Mein Ressort verwaltet ein Zehntel der österreichischen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit – nicht mehr und nicht weniger –, und die Mittel, die in meinem Ressort über die ADA zur Verfügung stehen, laufen unmittelbar in Projekte. Andere Ressorts vergeben Mittel, die in Richtung Entschuldung laufen, also Entschuldung ja oder nein. Davon hängt es sehr stark ab, ob diese Quote der Entwicklungszusammenarbeit in Österreich hoch oder tief ist.
Wenn es etwa um die Frage der Entschuldung des Sudan geht – da geht es um mehrere 100 Millionen €, wo Österreich betroffen ist – und die Frage mit Ja beantwortet wird, sind wir auf einmal bei einer Quote, die sich in Europa sehen lassen kann, ohne dass jetzt ein konkretes Projekt irgendwo in der Welt von Österreich finanziert wird. Wir müssen also auch diese Relativität sehen, die diesen ganzen Fragen zugrunde liegt. (Bundesrat Schennach: Passen Sie auf die ADA auf!)
Ich werde mich gerne bemühen, aber ich kann das nicht allein bewerkstelligen. Dazu bedarf es eines Willens, und ich freue mich, wenn alle, die heftig applaudiert haben, mir helfen, dass wir die Mittel für die ADA und mein Budget auch entsprechend dotieren.
Allerletzte Bemerkung: Hier geht es um ein Übereinkommen, das die Staatenlosigkeit verhindern soll, wir haben heute aber auch andere Probleme; Sie haben es kurz angedeutet. Die Angehörigkeit von Bürgern zu mehreren Staaten, mehrere Staatsbürgerschaften, das ist da und dort in Europa jetzt auch wieder ein Mittel der Politik geworden. Davor möchte ich nur warnen: Wer beginnt, in Nachbarländern, in denen es eine gewisse Minderheit gibt, die Staatsbürgerschaft geradezu anzubieten, der trägt auch dazu bei, dass Konflikte entstehen, die wir nicht haben wollen.
Wir sehen gerade anhand unserer Nachbarländer Slowakei und Ungarn, wie schwierig diese Frage jetzt geworden ist. Ich habe meine beiden Kollegen auch schon aufgefordert, diese Schwierigkeiten, die dadurch entstehen, gar nicht erst aufkommen zu lassen und hier stark auf die Bremse zu treten.
Wir Österreicher gehen auch mit einem Europaratsübereinkommen d’accord, das besagt, dass wir eigentlich nur eine Staatsbürgerschaft für einen Bürger wollen und nur in extremen Ausnahmefällen eine weitere Staatsbürgerschaft akzeptieren – und ich halte das vom Prinzip her immer noch für zeitgerecht und gültig. Ich glaube, wir brauchen die vielen verschiedenen Staatsbürgerschaften nicht, weil damit auch die Frage der Identität der Bürger aufgeteilt wird. Es geht ja nicht um ein Rosinenpicken, indem man sich von überall das Beste herausnimmt, sondern um die Zugehörigkeit zu einem Staat, und das sollten wir auch in Zukunft aufrechterhalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Ertl.)
15.37
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen somit zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 3 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (772 d.B., 685 d.B. und 839 d.B. sowie 8353/BR d.B. und 8379/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.
15.39
Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch bei diesem Tagesordnungspunkt handelt es sich um eine Materie, bezüglich der, glaube ich, Einhelligkeit gegeben ist. Daher bin ich der Auffassung, dass man zwar sicher über alles vieles sagen kann, aber man muss nicht über alles dauernd reden – deswegen werde ich mich sehr kurz halten.
Es geht einerseits um die elektronische Fußfessel. – Das ist allerdings ein etwas vulgarisierter Ausdruck; vielleicht sollte man es als „elektronisch überwachten Hausarrest“ bezeichnen. Diesbezüglich ist festzustellen, dass die Gefängnisse in Österreich etwas überbelegt sind und dass wir natürlich auch eine hohe Anzahl an Untersuchungshäftlingen haben, wobei das bei den Untersuchungshäftlingen eher nicht angewendet werden soll, sondern wenn gewisse Strafrahmen gegeben sind, könnte man von diesem elektronisch überwachten Hausarrest Gebrauch machen. Im Ausschuss haben wir erfahren, dass in Österreich theoretisch 300 Personen dafür infrage kämen.
Darauf, was für Vorteile dieser elektronisch überwachte Hausarrest hat, wird, so nehme ich an, Herr Kollege Schennach in seinen Ausführungen aufgrund seiner Erfahrung als Bewährungshelfer etwas tiefschürfender eingehen. Ich sage ausdrücklich: Erfahrung als Bewährungshelfer – nicht, dass das falsch verstanden wird. (Bundesrat Schennach: Danke schön, sehr reizend! – Heiterkeit.)
Der zweite Punkt, mit dem wir uns kurz auseinandersetzen müssen, ist, dass strafbare Handlungen einerseits international begangen werden, aber auch auf der Durchreise passieren können. Man begibt sich dann zurück in sein Heimatland, und hinsichtlich des Prozesses, der irgendwann einmal erfolgen könnte, denkt man sich, vielleicht könnte man das Problem durch Entfernung und durch Abwesenheit planieren. Dem soll auf die Dauer nicht so sein, und deshalb ist es so wichtig, dass auch Regelungen geschaffen wurden, um die Sicherstellung zu gewährleisten. Das heißt, es wird eine Geldleistung erbracht oder sonst etwas Entsprechendes abgeliefert, damit man auch die Bereitschaft zeigt, später anwesend zu sein, wenn die Hauptverhandlung stattfindet.
Meiner Ansicht nach ist das das Wesentliche aus diesem langen Titel, der da vorliegt, und meine Fraktion wird dem zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)
15.42
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.
15.42
Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister, in aller Bescheidenheit: Ich wollte Sie nur darauf hinweisen, dass auch Bundesrätinnen hier herinnen sitzen. – Sie haben die Herren Bundesräte angesprochen. (Bundesminister Dr. Spindelegger: „Damen und Herren“ habe ich gesagt!) – Ich habe nur „Herren Bundesräte“ verstanden. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist ja zulässig, zu sagen „Damen und Herren Bundesräte“!) Da müssen wir genau eruieren, was da wirklich gesagt wurde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Entschuldigung, ich habe es so verstanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits unter Justizministerin Maria Berger wurden schon intensiv Möglichkeiten geprüft und Versuche unternommen, im Sinne eines humanen und fortschrittlichen Strafvollzugs für geeignete Fälle einen elektronisch überwachten Hausarrest einzuführen, wie es Dr. Kühnel schon gesagt hat. Primär aus technischen Gründen hat sich dieses Projekt aber verzögert.
In dieser Gesetzgebungsperiode fand man sich in der Situation, dass trotz des Haftentlastungspaketes der vorigen Gesetzgebungsperiode die Justizanstalten in Österreich noch immer durch den hohen Häftlingsstand belastet sind.
Ein paar Zahlen dazu: Zum Stichtag 1. Jänner 2010 wurden 8 365 Personen in unseren Justizanstalten im Strafvollzug beziehungsweise in Untersuchungshaft angehalten; zum Stichtag 1. Mai 2010 waren es 8 671. In Untersuchungshaft befanden sich zum
Stichtag 1. Mai 2010 2 015 Personen. Somit übersteigt die Auslastung wieder 100 Prozent der sogenannten Belagsfähigkeit.
Es wurde daher eine Vorlage vorbereitet, nach welcher sozial hinreichend integrierte Personen, die eine voraussichtlich zwölf Monate nicht übersteigende Strafzeit zu verbüßen haben, diese zur Gänze oder teilweise in Form von elektronisch überwachtem Hausarrest absolvieren können. Auch für den Vollzug der Untersuchungshaft soll diese Form der Anhaltung eine Alternative bieten.
Der elektronisch überwachte Hausarrest soll den Vollzug in der Anstalt im Ausmaß von bis zu zwölf Monaten ersetzen können, wobei der Rechtsbrecher seine Wohnung grundsätzlich nur zum Zwecke seiner – der Resozialisierung dienenden – Beschäftigung sowie zur Beschaffung des notwendigen Lebensbedarfs und zu einer Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe verlassen dürfen soll.
Seitens der SPÖ wird noch dringend ersucht, in hohem Ausmaß darauf zu achten, dass bei Fällen von häuslicher Gewalt – wobei in diesen Fällen der elektronisch überwachte Hausarrest ohnehin nur äußerst selten angewendet werden dürfte – die elektronische Aufsicht nur dann angewendet werden darf, wenn eine Zustimmung des Opfers wirklich selbstbestimmt erfolgt und keine Drucksituation gegeben ist oder wenn der Insasse über eine vom Opfer getrennte Wohnungsmöglichkeit verfügt.
Wir werden dem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
15.45
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.
15.45
Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Heute beschließen wir die Einführung der elektronischen Fußfessel. Ich bin ein Demokrat und akzeptiere daher demokratische Beschlüsse. Ich trete aber für eine konsequente Vollziehung der bestehenden Gesetze im Rahmen des Strafrechtsverfahrens ein.
Bereits mehrmals habe ich hier an diesem Ort von den ungerechten Unterschieden zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht gesprochen. Meine Damen und Herren, wenn wir heute die Einführung der Fußfessel beschließen, möchte ich Sie schon auf eine skurrile Möglichkeit aufmerksam machen. Die elektronische Fußfessel, die elektronische Aufsicht soll bewusst anstelle der Haft greifen. Man verspricht sich dadurch eine höhere Resozialisierungswahrscheinlichkeit.
Somit kann aber ein Straftäter zum selben Zeitpunkt zwei Strafen absitzen. Der Fußfessel tragende Straftäter geht mit seiner Fußfessel in das nächste Polizeianhaltezentrum und sitzt dort seine Verwaltungsstrafen, die er wegen Falschparkens, Schnellfahrens oder Lenkens eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand erhalten hat, ab.
Die Risikoabwägung für den Straftäter durch den zuständigen Richter dürfte minder ausfallen, wenn sich dieser in Verwaltungshaft begibt, um seine dortigen offenen Strafen zu verbüßen – es besteht ja keine Fluchtgefahr. Mit dem Tragen der Fußfessel verbüßt der Straftäter seine Gerichtsstrafe und somit gleichzeitig eine Verwaltungsstrafe.
Diese Möglichkeiten sind wirklich sehr sozial, zumal der Straftäter doch immer am selben Platz bleibt, dort polizeilich gemeldet ist und keine weitere Fluchtgefahr besteht. Auch ein Beschäftigungsverhältnis kann er im Polizeianhaltezentrum eingehen und
wird dafür sogar noch entlohnt. Auch kann der Straftäter dem Gericht jederzeit zu Kontrollzwecken durch die Polizei vorgeführt werden. Er ist ja jederzeit greifbar und braucht nicht gesucht zu werden.
Zwei verschiedene Strafen in ein und derselben Zeit zu verbüßen, das ist wahrlich ein moderner Strafvollzug! Ich bin schon gespannt auf den Evaluierungsbericht, den wir in zwei Jahren erhalten werden, und darauf, ob wir nicht doch das eine oder andere nachbessern müssen.
Auch denke ich dabei an Gerichtsstraftaten, die in der Familie und zu deren Nachteil begangen worden sind. Wie wird bei diesen Delikten das Verfahren angewendet werden? Ich kann mir natürlich auch vorstellen, wo und wann eine Fußfessel angewendet werden soll. Das wären zum Beispiel Strafen bei Fahrlässigkeitsdelikten, Strafen nach fahrlässig verursachten Verkehrsunfällen oder bei Verurteilungen wegen ausstehender Unterhaltszahlungen.
Bei derartigen Delikten sind keine Verbrecher zu bestrafen, da finde ich die Anwendung der Fußfessel in Ordnung, aber bei gewerbsmäßigen Strafrechtsdelikten, bei Gewaltdelikten oder bei schweren Vermögensdelikten finde ich es nicht gut.
Bei der Anwendung der Fußfessel müssen vom zuständigen Richter die Umstände des Einzelfalles gewürdigt werden. Ob das bei den mit Arbeit überschütteten Richtern immer der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.
Ich bin gespannt auf den Evaluierungsbericht, den es in zwei Jahren geben wird. Ob es sich bei diesem Gesetz um eine gute Lösung handelt, wird die Zukunft zeigen. Die elektronische Überwachung ist eine besondere Form des Strafvollzugs und muss von den Justizbehörden auch genau beobachtet werden. Es ist auf jeden Fall ein guter Ansatz, um vielleicht auf diese Art zu einem Leben ohne Kriminalität zu finden.
In Österreich wurden bereits Testversuche unternommen, und es wurde beim ersten Versuch lediglich eine Person rückfällig, beim zweiten Versuch mussten von 33 Personen lediglich zwei Straftäter aus dem Programm genommen werden.
Wir werden diesem Gesetzesbeschluss unsere Zustimmung erteilen. Ich darf aber noch darauf hinweisen, dass es in zwei Jahren unbedingt zu einem Evaluierungsbericht kommen muss, um diese gesetzlichen Möglichkeiten eventuell neu bewerten zu können. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Zwanziger und Mitterer.)
15.50
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
15.50
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Kühnel hat mich schon aufgefordert, zu dieser Materie Stellung zu nehmen. Herr Kollege Ertl, da gibt es, glaube ich, ein Missverständnis. Was nach dieser Novelle nicht möglich ist, ist der Vollzug von zwei Haftstrafen zur selben Zeit. Wenn jemand allerdings eine elektronische Fessel hat und mit seinem privaten Pkw eine Verwaltungsübertretung begeht, weil er zu schnell gefahren ist, dann kann er diese Verwaltungsstrafe per Erlagschein einzahlen. Was man aber nicht kann, ist, zur gleichen Zeit eine weitere Haftstrafe absitzen, die sich etwa aus dem Verwaltungsstrafrecht ergibt. (Bundesrat Ertl: Eine offene Verwaltungsstrafe ...!) Ich war aus zeitlichen Gründen nicht in diesem Ausschuss, aber wenn ich den Text richtig lese, so ist das nicht möglich.
Das andere, was, glaube ich, auch nicht möglich ist, Frau Kollegin Mosbacher: Es gibt ja die individuelle Überprüfung. Das ist ja keine generalpräventive oder spezialprä
ventive Maßnahme, sondern sie ergibt sich aus der individuellen Situation eines Verurteilten, und da muss man ein paar Parameter berücksichtigen: Gibt es einen Hintergrund häuslicher Gewalt, dann ist diese Form der Verbüßung einer Strafe nicht möglich, wenn es einen gemeinsamen Haushalt gibt. Dasselbe gilt, wenn es irgendeinen Zusammenhang gibt, generell für Straftaten im familiären Umfeld; da kann man diese Form des Strafvollzugs nicht anwenden.
Wichtig ist diese Maßnahme aber, weil sie eine enorme Chance für eine kleinere Personengruppe, nämlich für etwa 300 Leute, darstellt, da das sichergestellt wird, was ja letztlich nach Vollzug jeder Strafe das Ziel ist, nämlich die Resozialisierung, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft.
Für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft gibt es drei wichtige Dinge: erstens die Aufrechterhaltung der Wohnung, des häuslichen Umfelds, zweitens die Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes und drittens, wenn Familie vorhanden ist, die familiäre Bindung und das Leben von Beziehungen. Es nützt nichts, wenn wir Menschen wegsperren, die nachher keine Wohnung und keine Arbeit mehr haben und einsam sind. Das schafft unglaubliche Folgeprobleme.
Bei den Kandidaten – es gibt in diesem Bereich nur sehr wenige Frauen, aber trotzdem werden es auch ein paar Kandidatinnen sein – für diese Strafform wird ganz einfach die Resozialisierung begünstigt und das tatsächliche Positivpotenzial um einen Straftäter, das es ja manchmal in erstaunlicher Weise gibt, wird erhalten; zum Beispiel können gerade eine Beziehung oder Eltern Wunder wirken, was die Resozialisierung betrifft.
Was ich spannend fände – gerade aus der Jugendgerichtsbarkeit kommend, wo wir ja zum Beispiel Schuld ohne Strafe kennen –, wäre, dass das künftig in einem Verfahren eine eigene Möglichkeit wird, dass man sagt, das ist Schuld, man bekommt ein Strafausmaß und macht das zu einer eigenen Strafform. Das ist vielleicht dann auch eine Anstrengung für die Anwälte, was die Darstellung beziehungsweise die soziale Erhebung rund um einen Straftäter betrifft, es ist aber natürlich auch sehr interessant im Bereich der Jugendlichen.
Es ist hier ein Wort gefallen, das nicht korrekt ist. Das ist keine Entlassung. Niemand wird dadurch entlassen. Wer eine elektronische Fessel bekommt, ist nicht entlassen, sondern er verbüßt seine Strafe in einer Umgebung, die er kennt und die all das, was wir wollen, vielleicht fördert.
Noch ein letzter Punkt: Im Strafvollzug gestehen wir den Menschen einen Freigang im Hof zu, auch wenn sie nur im Kreis gehen können. Wenn man sagt, die Strafe ist ausschließlich in der Wohnung zu verbüßen, dann frage ich mich, ob nicht vom Gesetzgeber zumindest – wenn man zum Beispiel annimmt, jemand ist vom Land – die Möglichkeit eines Spazierganges im Sinne der körperlichen Ertüchtigung oder der Gesundheitsförderung möglich ist, sodass zum Beispiel eine Stunde Freigang inkludiert wird. Es kann ja nicht nur der Weg zur medizinischen Versorgung und zum nächsten Supermarkt und vielleicht der Weg zur Arbeitsstätte enthalten sein. Das kann ja nicht das Einzige sein, was man außerhalb der Wohnung machen kann.
Das widerspricht auch ein wenig dem Prinzip, dass ein Mensch auch ein bisschen Freizeit im Sinne der körperlichen Ertüchtigung oder der gesunden Bewegung haben sollte, denn gerade in diesen Verhältnissen hat nicht jeder 150 m2 Fläche in der Wohnung zur Verfügung. Das sind meistens sehr, sehr kleine Wohnungen und desolate Verhältnisse – ich kann das aus eigener Anschauung sagen –, und es sollte im Zuge der Evaluierung auch Augenmerk darauf gelegt werden, dass sich jemand in solchen
Verhältnissen aufhalten muss. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zangerl.)
15.56
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schauspielergesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassengesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Verschmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetzbuch, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugsgebührengesetz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessordnung, die Genossenschaftskonkursverordnung, das EWIV-Ausführungsgesetz, die Gewerbe-Ordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG) (771 d.B. und 840 d.B. sowie 8354/BR d.B. und 8380/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.
15.58
Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 wurde das Insolvenzrecht neu gestaltet. Nunmehr ist insbesondere eine terminologische Anpassung in anderen Gesetzen erforderlich, weil die Ausgleichsordnung beseitigt und ein neues Insolvenzverfahren geschaffen worden ist.
All diese Änderungen sollen im gegenständlichen Begleitgesetz zusammengefasst werden, soweit sie nicht im Zuge anderer Vorhaben miterledigt werden können.
Die Sammelnovelle zur terminologischen Anpassung umfasst auch Änderungen aus dem Zuständigkeitsbereich anderer Ressorts als dem Bundesministerium für Justiz.
Zur Erinnerung, werte Kolleginnen und Kollegen: Es wurde die Hoffnung ausgesprochen, dass mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz, das mit 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten ist, ein Beitrag dazu geleistet wird, in Hinkunft eine Vielzahl von Insolvenzen zu verhindern. Als erklärtes Ziel wurde genannt, Unternehmen zu erhalten statt Unternehmen zu liquidieren.
Diese Insolvenzrechtsreform soll die Sanierungschancen erhöhen und Konkursabweichung mangels Masse verhindern. Es soll also die Sanierungsfreudigkeit erhöht werden, und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist gut so, das wollen wir, so meine ich, sicherlich alle. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
15.59
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
24. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (782 d.B. und 792 d.B. sowie 8351/BR d.B. und 8373/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Michael Lampel: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird, liegt Ihnen schriftlich vor.
Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.
Ich begrüße Herrn Bundesminister Berlakovich ganz herzlich hier bei uns im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Podgorschek. – Bitte.
16.01
Bundesrat Elmar Podgorschek (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich will im Grunde genommen nur einen Aspekt dieses Gesetzes anführen, wo ich der Meinung bin, dass wir, ich würde fast sagen, das Kind mit dem Bade ausschütten.
Als ich gelesen habe, dass mit diesem Gesetz auch Brauchtumsfeuer, sei es jetzt zu Ostern, zur Sommersonnwende oder zur Wintersonnwende, mehr oder weniger verboten sein sollen, stellte sich mir schon die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Ich will jetzt nicht die Grundsatzdebatte führen, ob und in welchem Ausmaß der Mensch für die Klimaerwärmung verantwortlich ist, aber ich glaube, dieses Verbot scheint wirklich überzogen zu sein.
Ich kann zwar herauslesen, dass die Landeshauptleute durchaus die Möglichkeit haben, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, aber ich halte es für praktisch undurchführbar, das auch zu kontrollieren. Letzten Endes wird es dann so sein, dass Vernaderer durch die Lande ziehen und jeden, der ein Holzfeuer anzündet, anzeigen. Dann stellt sich wieder die Frage, handelt es sich um ein Brauchtumsfeuer oder um Grillen, was ja wieder erlaubt ist. Ich glaube, dass man das durchaus etwas praktikabler hätte lösen können.
Auch bei der Landwirtschaft sehe ich diesbezüglich Probleme auf uns zukommen, denn wohin sollen Landwirte in exponierten Lagen mit ihren biogenen Abfällen? Und den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, hier Ausnahmen vorzusehen, ist meiner Meinung nach nicht unbedingt eine praktikable Lösung.
Das heißt nicht, dass wir nicht für die Schonung der Natur und für die Reinhaltung der Luft eintreten, aber wir müssen die Vorgaben aus Brüssel nicht noch zusätzlich verschärfen und so letzten Endes fast totes Recht schaffen. Daher kann ich diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Mitterer.)
16.04
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. – Bitte.
16.04
Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein Spannungsfeld: auf der einen Seite saubere Luft zu haben und auf der anderen Seite eine prosperierende Wirtschaft. Der Herr Minister hat hier aus meiner Sicht einen sehr, sehr guten Mittelweg gefunden. Es liegt ein ausgewogener und sehr guter Kompromiss vor. Man kann es natürlich nie allen recht machen, das ist klar, aber für die wirtschaftliche Entwicklung, gerade in Krisenzeiten, ist eine Ausgewogenheit sehr, sehr wichtig, und das gibt das Gesetz auf jeden Fall auch her.
Nur zwei Beispiele: Was Betriebsneuansiedelungen betrifft, sollen auch Betriebsansiedelungen in belasteten Regionen nicht de facto ausgeschlossen werden. Es gibt künftig die Möglichkeit, auf alte Anlagen in Sanierungsgebieten, die nicht mehr dem Stand der Technik angepasst wurden, zuzugreifen, um Platz für neue Investitionen zu schaffen. Das nur als ein Beispiel.
Es haben sich in den letzten Jahren in der Anwendung des IG-Luft, in einigen Bereichen aber vor allem auch Probleme im Vollzug ergeben, im Vollzug durch die Landeshauptleute, und daher wird nun mehr Flexibilität bei der Art der Maßnahmensetzung geschaffen. Ausnahmen gewährleisten, dass jetzt in der Wirtschaftskrise keine überbordenden Belastungen und Wettbewerbsnachteile entstehen können.
Es müssen natürlich EU-Grenzwerte eingehalten werden, das ist keine Frage, gleichzeitig gelten auch die österreichischen Werte, aber als Vorwarnsystem für den Landeshauptmann, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen treffen zu können. Überhaupt sind die Landeshauptleute in der praktischen Umsetzung des Gesetzes sehr aktiv und natürlich auch gefordert, vor allem herauszufinden, wo welche Maßnahmen notwendig sind, um dann das Richtige zu tun, zeitgerecht am richtigen Ort entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, auch mit einer zeitlichen Begrenzung. Das ist für mich auch ein sehr gutes Beispiel für Subsidiarität, das in diesem Gesetz umgesetzt wird.
Es werden also den Landeshauptleuten mehr und bessere Kompetenzen gegeben. Bisher hat der Bund bei notwendigen Maßnahmen zur Luftreinhaltung die Kompetenz den Ländern gegeben, aber gleichzeitig gesetzlich so viele Einschränkungen und Ausnahmen gemacht, dass es den Landeshauptleuten oft sehr schwer gefallen ist, konkrete Maßnahmen zu setzen. Dieses Gesetz gibt den Ländern jetzt quasi – ich zitiere da den Herrn Bundesminister – einen Werkzeugkasten an Maßnahmen, der ihnen zur Verfügung gestellt wird, und jeder kann sich aus diesem etwas herausnehmen, nämlich die Werkzeuge, die in den jeweiligen Regionen und Bundesländern sinnvoll sind, um eben Luftreinhaltung zu gewährleisten und die Bevölkerung dadurch zu schützen.
Diese Novelle ist also ein sehr, sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt, mit dem man auch den Bedenken der Bevölkerung gerecht wird. Es ist wirklich ein gut gelungener Spagat, würde ich sagen, zwischen einerseits dem Schutz der Bevölkerung vor Feinstaub und andererseits der wirtschaftlichen Entwicklung gerade in der jetzigen Situation. Mit diesem Gesetz ist es gelungen, all diese Interessen unter
einen Hut zu bringen: die Interessen der Menschen, die Interessen der Wirtschaft und auch die Interessen der Umwelt. Ich kann allen Verantwortlichen, allen voran dem Herrn Bundesminister, dazu nur sehr herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)
16.08
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
16.08
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz so euphorisch wie mein Kollege sehe ich es nicht. Es gibt natürlich Verbesserungen in diesem Gesetz. Den verbesserten Ausnahmekatalog begrüßen auch wir. Ich begrüße vor allem die Möglichkeit, Fahrverbote zu verhängen. Es gibt aber eben auch Wermutstropfen, und deshalb werden wir diesmal nicht zustimmen.
Der Wermutstropfen – wir haben es heute schon einmal kurz angesprochen – ist einfach diese Grenzwertgeschichte. Man sollte nicht durch eine Verschiebung von Grenzwerten die Einhaltung der Grenzwerte garantieren, sondern ganz im Gegenteil, man sollte versuchen, die richtigen Grenzwerte einzuhalten.
Die Fahrverbote sind prinzipiell eine Sache, die sehr begrüßenswert ist. Wenn ich mir jetzt anschaue, wie im Vorwahlkampf in Wien mit der Volksbefragung zur Citymaut umgegangen worden ist, und ich natürlich weiß, dass das Auto als „heilige Kuh“ eine Geschichte ist, die auch ein Landeshauptmann nicht besonders gerne angreift, ist meine Hoffnung, dass da wirklich etwas passiert in die Richtung, eher gering. Denn der Landeshauptmann muss es ja wollen, er muss das Fahrverbot ja verhängen wollen. Ich würde mich natürlich gerne positiv überraschen lassen, aber, wie gesagt, ich schaue einmal, wann das erste Fahrverbot kommt.
Ein zweiter Punkt, der uns in dieser Neuerung des IG-L fehlt, ist, dass die Bevölkerung nach wie vor Maßnahmenkataloge nicht einfordern kann. Also wir können zwar feststellen, wir wohnen im Sanierungsgebiet seit Jahren, seit Jahrzehnten wahrscheinlich bald, aber letztendlich, wenn der Landeshauptmann meint, der Maßnahmenkatalog reicht aus, können wir nichts daran ändern.
Wir haben heute auch schon darüber gesprochen, dass es zum Teil auch Probleme gibt, wie viel Belastung der Verkehr verursachen darf, wie viel Belastung die Wirtschaft verursachen darf, und in letzter Konsequenz bleibt die Wirtschaft auf der Strecke. Insgesamt hängt es eben immer wieder davon ab, will der Landeshauptmann oder will er nicht. Da dieser verbesserte Werkzeug- und Maßnahmenkatalog in vielen Bereichen eben keiner ist, wo ich sage, damit macht er sich viele Freunde, werden die Landeshauptleute diese Maßnahmen wahrscheinlich nicht intensiv und hoch erfreut umsetzen, so, wie es eben bis jetzt schon war.
Es gab ja auch jetzt schon die Möglichkeit, Maßnahmen zu setzen. Wenn ich mir den Maßnahmenkatalog in Niederösterreich anschaue – und Niederösterreich ist zu einem sehr großen Teil Sanierungsgebiet, was den Feinstaub betrifft –, muss ich sagen, es ist nicht wirklich viel passiert. Also diese Möglichkeit ist nicht ausgenützt worden und wird auch künftig wahrscheinlich nicht intensiv ausgenützt werden.
Ein weiteres Problem, das ich sehe, ist das Herausrechnen der Streusandemissionen. Im Prinzip gibt es sehr viele Bereiche wie diesen, wo man vielleicht ein bisschen globaler darüber nachdenken muss, wie man Emissionen hintanhalten kann. Denn durch das Herausrechnen sind sie ja nicht weg, sondern sie sind halt nur nicht dazugerechnet.
Gerade in Bezug auf den Winterdienst habe ich in letzter Zeit den Eindruck, dass es eine gewisse „Amerikanisierung“ bei uns gibt – Stichwort Warnhinweis auf der Mikrowelle: Sie dürfen Ihre Katze darin nicht trocknen! Ich habe den Eindruck, in Österreichs Gemeinden ist es so, dass jedes Wegerl, jede Sackgasse gestreut sein muss. Vom ersten Tag an, wenn die erste Schneeflocke fällt, müssen die Leute ganz sicher mit den Stöckelschuhen auf dem Glatteis unterwegs sein können. (Bundesrat Hensler: Sofort machen wir es!) – Ja, aber da wäre viel mehr Eigenverantwortung gefordert.
Ich kenne das von unserer Gemeinde. Du bist dann mit Menschen konfrontiert, die dich deshalb klagen, weil irgendwo irgendwer auf einem Stückerl ausgerutscht ist. Ich denke, da muss man wahrscheinlich in der Gesetzgebung wirklich ein bisschen weiträumiger denken, wie man diesen Feinstaub durch den Streusand vermeiden kann. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Nein, natürlich muss man weiterhin räumen, aber es geht doch um die Intensität und nicht wirklich um jedes Flankerl. Aber die Gesetzeslage ist leider so, dass die Gemeinden vor lauter Panik davor, dass irgendwo etwas passieren könnte, wirklich jeden kleinsten Winkel räumen und streuen lassen. (Bundesrat Stadler: Weil du gleich vor dem Richter stehst!)
Der nächste Punkt ist, dass dann das, was gestreut wird, natürlich sofort weggeräumt werden sollte, wenn der Schnee weg ist. Ich kenne es auch von unserer Gemeinde: Das kostet einfach Geld, und man denkt sich, vielleicht kommt noch einmal ein Eis und dann könnte man es ja noch einmal brauchen, also räumen wir es doch noch nicht weg. Und da könnte man den Gemeinden sehr wohl ein bisschen die Rute ins Fenster stellen und sagen, ihr müsst das aber sofort tun, denn wenn der Schotter liegen bleibt – das merkt man, auch wenn man den Feinstaub selbst nicht merkt, aber der ist da auch dabei –, ist das problematisch und eine große Belastung.
Also meiner Meinung nach ist dieses Herausrechnen nicht die Lösung, sondern man sollte sich sehr wohl in anderen Bereichen andere Lösungen anschauen. (Bundesrat Kainz: Eine praktikable Lösung hast du jetzt aber auch nicht gesagt!)
Ich bleibe bei den Gemeinden, wo auch andere Lösungen möglich wären. Es gibt auch natürliche Feinstaubfilter, und diese natürlichen Feinstaubfilter in Form von Bäumen, Pflanzenbewuchs haben in der Stadt in den letzten Jahren schon ziemlich viel Konkurrenz bekommen. Ich denke da an das Nachbarschaftsrecht, wo gesagt wird: Ich brauche einfach Licht, der Baum muss weg! Und dann gibt es noch die Verordnung, dass, wenn Leitungen verlegt werden, dort kein Baum mehr draufgesetzt werden darf.
Das heißt, in der Realität ist es so, dass es immer weniger Bäume geben wird, weil die aufgrund dieser Regelungen zurückgedrängt werden. Eben deshalb möchte ich noch einmal betonen: Im Bereich Streusand wäre es wirklich wichtig, dass man sich viele Gesetze anschaut, dass man viele Dinge hinterfragt und nicht einfach sagt: Rechnen wir das heraus, dann gibt es das nicht mehr!
Das Ziel dieses Immissionsschutzgesetzes-Luft sollte ja sein, dass wir die Schadstoffgrenzwerte, nämlich unsere Grenzwerte, einhalten können, und zwar deshalb, weil sie zum Schutz der Gesundheit notwendig sind. Wenn man sich die Trends der letzten Jahre anschaut – es gibt ja das IG-L schon länger –, stellt man fest, sie sind ziemlich gleichbleibend. Also sollte man diesem Gesetz doch etwas mehr die Zähne schärfen.
Und dass die BürgerInnen kein Recht haben, ihr Recht einzuklagen, stört uns auch. Deshalb können wir der heutigen Änderung leider wieder nicht zustimmen. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)
16.15
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bock. – Bitte.
16.15
Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kerschbaum, eingangs zur Frage Streusalz. Ich bin Bürgermeister, und etwa zwei- bis dreimal im Jahr kann es mir passieren, dass ich Richtung Staatsanwalt müsste (Bundesrätin Kerschbaum: Wegen diesen blöden gesetzlichen Regelungen!), weil die Selbstverantwortung in der Bevölkerung natürlich nicht so weit greift, und verantwortlich ist immer der Bürgermeister, wenn nicht gestreut wird. Es ist die Praxis. Darum wird natürlich auch mehr gesalzen, als vielleicht manchmal erforderlich wäre. (Bundesrätin Kerschbaum: Danke für die Bestätigung!)
Nun aber zum eigentlichen Thema. Bereits im Jahre 1997 hat der Nationalrat ein Gesetz zur Reinhaltung der Luft in Österreich beschlossen. Damit wurde die europäische Richtlinie mit gleichlautendem Text umgesetzt. Bei der Umsetzung haben sich im Laufe der Zeit diverse Probleme ergeben, vor allem im Bereich der Ausnahmeregelungen und bei den Betriebsanlagengenehmigungen.
Seit dem Jahre 2005 gibt es den Richtlinienvorschlag für die Revision der europäischen Luftqualität. Mit der heute zu beschließenden Novelle wurden die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse eingearbeitet. Frau Kerschbaum, das neue Gesetz zielt besonders auf die Gesundheit der Bevölkerung ab.
Besonders der Feinstaub führt bei entsprechender Konzentration zu einer erhöhten Zahl von Erkrankungen im Lungen- und Atemwegsbereich. Die Aufnahme des lungengängigen Feinstaubes PM 2,5 zusätzlich zum grobkörnigen PM 10 trägt diesem Problem Rechnung.
Die Festlegung der neuen europäischen Grenzwerte ist derzeit zwar nicht sanktionierbar, dennoch wird der Druck vonseiten der Bevölkerung für die entsprechende Umsetzung in den Bundesländern sorgen.
Zudem müssen die Überschreitungen der vorgegebenen Höchstwerte im Internet des Landes veröffentlicht werden, derzeit leider noch mit relativ großer Verspätung.
Die Landeshauptleute haben durch diese Novelle wesentlich mehr Spielraum erhalten.
Die durch den Verkehr, die Industrie, den Hausbrand und die Baustellen verursachten Emissionen werden entsprechend überwacht. Bei über die Richtlinien hinausgehenden erhöhten Überschreitungen hat der Landeshauptmann entsprechende Maßnahmen zu setzen.
Mit dieser Novelle sind auch innovative, intelligente, der Region angepasste Verbesserungen in allen Bereichen möglich. Die Länder haben verschiedene Instrumente für die Einhaltung der Luftqualitätsrichtlinie in der Hand. Für den Hausbrand, der besonders in Tallagen für schlechte Luft in den Wintermonaten sorgt, sind ohnedies die Länder zuständig.
Auf verkehrsbelasteten Strecken kann mit sektoralen Fahrverboten, abgezielt auf das Ladegut oder auf den Fahrzeugtyp, die geforderte Luftqualität erzielt werden. Durch die Kennzeichnungsvorschrift der Fahrzeuge wird es leichter sein, die umweltfreundlichen Fahrzeuge im Straßenverkehr zu bevorzugen. Mit modernen VBAs, also Verkehrsbeeinflussungsanzeigen, auf Autobahnen wird dasselbe Ziel verfolgt – nicht immer zur Freude der Verkehrsteilnehmer. Seit der Installierung der Anlagen hat sich die Disziplin der Autofahrer wesentlich verbessert. Ich nehme an, dass die doppelten Strafen nach
der Straßenverkehrsordnung und nach IG-Luft für die meisten mehr zählten als der Umweltgedanke.
Das Argument, dass man aufgrund der Geschwindigkeitsbeschränkung viel länger fahren muss, kann ich widerlegen. Wenn ich nach Innsbruck fahre, bin ich aufgrund der Geschwindigkeitsreduktion in den Sanierungsgebieten gerade einmal 6 Minuten länger unterwegs, und das bei einer durchschnittlichen Fahrzeit von mehr als einer Stunde. Zudem verbrauche ich auf dieser Strecke dann auch etwas weniger Treibstoff.
Die neuen Ausnahmeregelungen halte ich für praxisgerechter, da der Landeshauptmann ohnehin zusätzliche zeitliche und örtliche Ausnahmen erteilen kann.
Dass Fahrzeuge für Behinderte, Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, der Rettung, der Straßenerhalter eine Sonderregelung erfahren, ist für mich sehr gut nachvollziehbar.
Dass nun nach langen Übergangsregelungen auch Baumaschinen ab 80 kW Leistung einer ständigen Überprüfung unterzogen werden, halte ich für sinnvoll. Da ich selbst beinahe drei Jahrzehnte lang im Baugeschäft tätig war, weiß ich, dass es Spezialfahrzeuge und Maschinen hohen Alters gibt, die aufgrund des geringen Einsatzes in sehr gutem Zustand sind. Ich denke, es ist auch den Unternehmern zumutbar, sich nach einer langen Übergangszeit Maschinen auf dem neuesten Stand der Technik anzuschaffen. Durch den Einsatz neuer Technologien, ich denke an Gas-, Hybrid- und Elektrofahrzeuge, und durch die Nutzung von Fahrrädern kann ein großer Beitrag zur Luftverbesserung geleistet werden.
Die Erreichung des Ziels, bis zum Jahre 2020 die Feinstaubgrenzen um 20 Prozent zu unterschreiten, wird nur dann möglich sein, wenn es auch Änderungen bei den Energieträgern und eine entsprechende Entwicklung bei der Energieeffizienz geben wird.
Mit der Aufhebung des Verbotes der Verbrennung von biogenen Stoffen außerhalb von Anlagen wird eine praktikablere Lösung gefunden. Ich denke, Herr Podgorschek, in dieser Novelle werden bundeseinheitliche Ausnahmen vom Verbrennungsverbot angeführt. Zusätzlich zu diesen kann der Landeshauptmann zeitlich und räumlich beschränkte Ausnahmen erlassen. Dies gilt vor allem für die Schädlingsbekämpfung, für das Brauchtumswesen und für das Verbrennen von Holz und anderen biogenen Stoffen in schwer zugänglichen Gebieten. Das Abbrennen muss ja ohnedies der Landeseinsatzstelle gemeldet werden, damit die Feuerwehr nicht vorzeitig zum Einsatz kommt.
Die Fraktion der Sozialdemokraten stimmt dieser Gesetzesnovelle sehr gerne zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
16.22
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Berlakovich. – Bitte.
16.22
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist irgendwie kurios, dass heute, an einem der heißesten Tage in Österreich, das Thema „Feinstaub“ diskutiert wird, zumal ja dieses Problem eher in der kalten Jahreszeit auftritt, aber das bringt die politische Debatte so mit sich.
Sicher ist: Man sieht ihn nicht, er ist aber hochgefährlich. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation ist der Feinstaub jener umweltbelastende Faktor, der zu den größten gesundheitlichen Problemen der Menschheit führt. Es gibt zahlreiche Studien gerade der letzten Zeit, die besagen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des
Feinstaubs enorm sind: Beeinträchtigungen der Lungenfunktion bis hin zum Tod, vor allem auch Belastungen im Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Bereich.
Das heißt, es ist unsere Pflicht, für die Gesundheit unserer Bevölkerung etwas zu tun. Ich bin schon dafür, dass man einzelne Dinge, einzelne Maßnahmen diskutiert, Brauchtumsfeuer beispielsweise, aber man soll nicht den Untergang des christlichen Abendlandes predigen, was ja nicht der Fall ist; das findet ja nicht statt. Brauchtum wird nicht behindert – ich bin der Letzte, der Brauchtum behindert, im Gegenteil –, aber wir müssen akzeptieren, dass es Regionen in Österreich gibt – Steiermark, Großraum Graz –, die trotz aller Bemühungen aufgrund der Topographie, der Inversionswetterlage einfach ein gewaltiges Feinstaubproblem haben. Es ist wichtig, zu erkennen, dass es gerade in den Ballungsräumen – nicht nur in Graz, auch in anderen Großräumen – vermehrt zu Überschreitungen der Grenzwerte kommt und eben Gefahr für die Gesundheit, für Leib und Wohl der Menschen besteht. Daher ist es notwendig zu handeln.
Das IG-Luft ist jedenfalls das zentrale Gesetz zur Luftreinhaltung und zur Sicherung der Gesundheit der Bevölkerung unseres Landes und auch zur Verbesserung der Situation. Es muss auch klar gesagt werden, weil es immer wieder heißt, der Umweltminister muss da sozusagen ordnend eingreifen: Ja, der Umweltminister greift ein, aber laut Verfassung sind die Landeshauptleute für die Luftreinhaltung zuständig. Daher habe ich das Gesetz sozusagen als ein Bild dargestellt: Ich stelle den Werkzeugkasten zur Verfügung, in dem verschiedenes Werkzeug drin ist, und für die einzelnen Regionen in den Bundesländern sagt der jeweilige Landeshauptmann, dieses Werkzeug ist dort sinnvoll anzuwenden, jenes in einer anderen Region.
Es ist nicht so, dass alle Maßnahmen überall 1 : 1 anzuwenden sind. Es soll eben – gerade hier in diesem Haus muss das gesagt werden – im Sinne der Subsidiarität doch auch der Region überlassen sein, zu sagen – wie das jetzt eben auch in Graz, in der Steiermark, geschieht –, ob sie zum Beispiel eine Umweltzone einrichten will. Anmerkung: Das heißt gar nicht „Umweltzone“, de iure, sondern man spricht da rechtlich von „Sanierungsgebieten“; im Volksmund werden sie eben als „Umweltzone“ bezeichnet. Andere Regionen wiederum können sagen: Bei uns bringt das nicht so viel. Das ist das Wesen, der Grundgedanke dieses Gesetzes.
Mir war es ein Anliegen, dass wir zum einen die gesundheitliche Situation der Menschen verbessern, dass wir zum anderen aber sehr wohl auch eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen. Und ich behaupte, das ist mit diesem Gesetz gelungen. Ich danke jenen Parteien, die zustimmen, ich danke jenen Bundesrätinnen und Bundesräten, die zustimmen. Es ist gelungen, ohne Aufweichung unserer strengeren Grenzwerte, bei der Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinie zum einen Erleichterungen im Vollzug zu erreichen und gleichzeitig die Luftqualitätsrichtlinie umzusetzen, zum anderen Gesundheitsschutz zu gewährleisten und gleichzeitig eine wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen.
Es wurde schon angesprochen, wir stellen oft fest, dass sich in wirtschaftlich starken Gebieten Betriebe ansiedeln wollen, sich aber aufgrund der wiederholten Grenzwertüberschreitungen gar nicht ansiedeln dürfen, obwohl sie niedrigere Emissionswerte ausweisen als Betriebe, die bereits angesiedelt sind. Diesbezüglich haben wir jene Lösung erzielt, die wichtig ist, dass wir auch in bestehende, mehr als zehn Jahre alte Anlagen eingreifen können, sie nach dem Stand der Technik adaptieren können und gleichzeitig sehr wohl neuen, sauberen Betrieben die Möglichkeit geben sich anzusiedeln.
Das ist in Oberösterreich so, das ist in Tirol so, in der Steiermark ist das in verschiedenen Regionen so, und das hat auch Sinn. Auch ich als Umweltminister habe ein
Interesse daran, dass die Menschen einen Arbeitsplatz haben, noch dazu in Betrieben mit zero emission oder mit kaum Emissionen, zum Beispiel beim Feinstaub, und das ist mit diesem Gesetz gelungen, indem wir eben im Falle besagter „Sanierungsgebiete“ bei der wirtschaftlichen Ansiedlung die EU-Grenzwerte anwenden. Verschiedenste Ausnahmeregelungen haben wir auch beseitigt, um den Landeshauptleuten den Vollzug zu erleichtern. Aufgrund der Unzahl von Ausnahmeregelungen haben die Landeshauptleute gemeint, das kann so nicht funktionieren, das ist nicht sinnvoll.
Wir haben in Österreich elf Regionen, also die neun Bundesländer sowie Wien und Graz als Städte, die Feinstaubprogramme vorlegen mussten. Alle Programme wurden anerkannt, außer jenes im Großraum Graz. Durch besagte Inversionswetterlage ist das Programm nicht ausreichend, und daher wird in Graz das Thema Sanierungsgebiet/Umweltzone diskutiert. Dieser heutige Gesetzesbeschluss ermöglicht es mir, eine Verordnung zu erlassen, wonach die Autos nach Abgasklassen zu normieren sind. Das ist die Grundvoraussetzung für eine derartige – nennen wir es – Umweltzone, dass eben Autos, die höhere Emissionswerte haben, beschränkte Zufahrt haben.
Die Ausgestaltung der Umweltzone ist der jeweiligen Region überlassen, also in diesem Falle Graz. Aber worum es mir geht, ist, dass wir ein österreichweit einheitliches Pickerlsystem haben, dass es nicht in Wien ein rotes Pickerl gibt, in Graz ein grünes und in Linz ein gelbes, sondern dass das einheitlich ist. Das betrifft aber natürlich nur jene Regionen, in denen derartige Umweltzonen eingerichtet sind. Wenn die Steiermark, wenn Graz sagt, das trägt dazu bei, den Feinstaub zu reduzieren, damit es den Menschen besser geht, dann soll das gemacht werden. Das schreibe ich nicht vor, sondern vorhin bereits erwähnter Werkzeugkoffer ermöglicht es den Regionen einzugreifen und in diesen Bereichen aktiv zu werden.
Eine Anmerkung zur Winterstreuung. Frau Kollegin Kerschbaum! Zu dem, was Sie zitiert haben, ist zu sagen, wir haben uns diesbezüglich zur Gänze an EU-Bestimmungen gehalten. Wir haben nur das umgesetzt, was in allen beziehungsweise in vielen EU-Staaten umgesetzt wird: die Möglichkeit, die Winterstreuung gerecht und fair zu berechnen – nicht schönzurechnen oder zu sagen: Gibt es nicht, berechnen wir nicht, daher findet auch keine Emission statt. Wir bewegen uns natürlich auf EU-Terrain, um faire, vergleichbare Bedingungen zu haben.
In diesem Sinne herzlichen Dank für die Zustimmung. Das ist ein Meilenstein, ein wichtiger Punkt. Wir haben jetzt lange darum gekämpft, auch mit den Bundesländern, mit den Umweltreferenten im Sinne der Luftreinhaltung, um die Bundesländer in die Lage zu versetzen, Luft rein zu halten und gleichzeitig wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. – Herzlichen Dank und schönen Sommer! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)
16.29
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Wünsche.
Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
25. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung) (779 d. B. und 853 d. B. sowie 8352/BR d. B. und 8374/BR d. B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und MTF-SHD-Gesetz geändert werden.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.
Ich begrüße ganz herzlich Herrn Bundesminister Stöger bei uns im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.
16.31
Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätztes Präsidium! Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Mit dieser Gesetzesvorlage sind wir, glaube ich, einen guten Schritt in Richtung weiterer Maßnahmen zur Versorgung im österreichischen Gesundheitssystem gegangen. Ziel dieser Gesetzesvorlage ist es sicherlich, ein integriertes Versorgungsangebot zu schaffen, um einerseits die Wirtschaftlichkeit und andererseits natürlich auch den Zugang für PatientInnen zu den Leistungen im ambulanten Bereich zu verbessern.
Hinsichtlich des Zugangs zu den Leistungen gab es für Patienten und Patientinnen außerhalb der üblichen Arbeitszeiten immer wieder Probleme. Das heißt, in der Nacht beziehungsweise an Wochenenden ist es oftmals schwierig, dass Hausbesuche stattfinden.
Im Vordergrund stehend sollen mit Einführung von Gruppenpraxen im ambulanten Bereich und unter Bedachtnahme auf qualitative und unter ökonomischen Gesichtspunkten bedarfsorientierte neue Versorgungsleistungen angeboten werden. Es ist gesundheitspolitisch unstrittig, dass der Spitalssektor entlastet werden soll und eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs erfolgen muss. Durch die neuen Gesellschaftsformen der Gruppenpraxen können Wirtschaftlichkeitspotenziale und Synergien genutzt werden, was letztlich auch zur Entlastung von Spitälern führt.
Im Wesentlichen möchte ich auch auf die Gruppenpraxen selbst hinweisen, deren Einführung immer wieder zu Diskussionen etwa darüber, welche rechtlichen Formen gewählt werden sollen, geführt hat. Diese Diskussionen waren nicht unwesentlich, weil das letztlich Auswirkungen auf die Systematik innerhalb unserer Sozialversicherung hat. Es wurde mit diesem Gesetz nun eine klare Regelung hinsichtlich der Zusammenarbeit im Rahmen von Gruppenpraxen geschaffen. Es wurde festgelegt, dass es zwei Gesellschaftsformen geben soll, eine offene Gesellschaft und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Es soll auch genau nachvollzogen werden können, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen eine solche Gesellschaft gegründet wurde, wobei auch klar geregelt ist, dass ersichtlich sein muss, mit wem man es zu tun hat. Der Name der Gesellschafter muss eingetragen werden, und es muss auch ersichtlich sein, welche Fachrichtungen diese vertreten, denn es gibt nichts Unangenehmeres, als in eine Praxis zu kommen und nicht zu wissen, von wem man behandelt wird, beziehungsweise wenn nicht klar ist, welcher Fachrichtung der Arzt angehört. Außerdem dürfen die Gesellschafter nur ausschließlich Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern sein. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)
Gleichzeitig ist mit diesem Gesetz und für diese Zusammenarbeit auch sichergestellt, dass die Gruppenpraxen keine Organisationsdichte und ‑struktur einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines öffentlichen Ambulatoriums aufweisen. Das heißt, es wird auch sichergestellt, dass es keine Parallelstrukturen im Aufbau geben wird. Außerdem müssen die Gesellschafter zur selbstständigen Berufsausübung berechtigt sein.
Ferner wird klargestellt, dass man es, wenn man in eine Praxis kommt, mit demjenigen oder derjenigen zu tun hat, der oder die auf dem Schild steht. Andere natürliche beziehungsweise juristische Personen dürfen keine Gesellschafter sein, um so zu verhindern, den Wettbewerb um Umsatz und Gewinn anzuheizen. Es könnte sich nämlich letztlich auch auf das Gesundheits- und Sozialsystem auswirken, wenn es um rein privatrechtlich orientierte Gewinnmaximierungen ginge.
Die Übertragung und Ausübung von Gesellschaftsrechten auf andere Personen sind unzulässig. Dies ist deshalb wichtig, damit nicht ein Gesellschafter eine Praxis eröffnen und diese dann an irgendwelche Personen übertragen kann und man letztlich nicht weiß, mit wem man es zu tun hat. Solche Gesellschaftsformen kennen wir aus anderen Gesetzen. Ich möchte nur auf die Baubranche verweisen, wo es letztlich notwendig war, der Möglichkeit zur Gründung von Sub- und Subsubsubunternehmen einen Riegel vorzuschieben.
Ich glaube, dass es mit diesem Gesetz, diesen Richtlinien und inhaltlichen Vorgaben gelungen ist, festzulegen, wie Gruppenpraxen zu funktionieren haben, wer was betreiben darf, welche Inhalte es geben muss und wer davon ausgeschlossen ist. Damit wurde ein guter Weg beschritten, um die gesundheitliche Versorgung in Österreich im Rahmen des Sozialversicherungssystems sicherzustellen.
Klar ist, dass Gruppenpraxen kein Ersatz für unsere Sozialversicherungen sein können, welche in Österreich die entsprechende Versorgung für alle sicherstellen. Wir werden daher diesem Gesetz sehr gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
16.38
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.
16.38
Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Wir haben schon sehr viel gehört. Wir wissen, dass wir in Österreich ein sehr gutes Gesundheitssystem haben. Aber die Anforderungen der Patienten und Ärzte ändern sich auch ständig, und ich glaube, darauf sollten wir in der Politik entsprechende Antworten geben.
Ich persönlich komme aus dem ländlichen Raum und weiß, dass es dort oft schwierig ist, dass vor allem im Facharztbereich Arztpraxen, die auslaufen, wieder nachbesetzt werden. Wir beschließen mit dieser Ärztegesetz-Novelle die Ärzte-GmbH. Diese Möglichkeit wurde von den Ärzten und von der Ärztekammer schon lange gefordert. Ich glaube, die Ärzte-GmbH und auch die Gruppenpraxen bieten eine Chance, das ärztliche Angebot gerade im ländlichen Raum zu stärken und dadurch auch die Attraktivität des ländlichen Raums für eine Niederlassung zu heben.
Es ist dies aber auch eine Chance – auch das wurde schon angesprochen –, dass der gesamte Dienstleistungszeitraum erweitert wird, speziell auch am Abend und am Wochenende, was für die Leute ebenfalls sehr wichtig ist. Der Patient findet dadurch an regionalen Standorten eine wirklich vernetzte Abklärung seiner Bedürfnisse beziehungsweise Beschwerden. Es gibt somit auch einen besseren Kontakt zum Arzt, der Arzt kennt seinen Patienten, und der Patient kennt den Arzt. Dadurch werden Vertrauen aufgebaut und auch Verantwortung übernommen. Natürlich können die Ärzte auch Synergieeffekte personeller und fachlicher Art aus dem Ganzen erzielen.
Ich glaube, dieses Gesetz stellt wirklich eine wesentliche Verbesserung im ambulanten Bereich und vor allem eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs dar. Es sollen dadurch – das ist auch schon angesprochen worden – die Spitäler entlastet werden, denn gerade in Österreich werden die Leute sehr oft im Spital aufgenommen, noch bevor sie zum Arzt gehen.
Mit diesem Gesetz werden wir auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gerecht, denn damit haben wir eine einheitliche Bedarfsprüfung von Krankenhäusern und auch Gruppenpraxen.
Ein Schwerpunkt in diesem Gesetz ist auch das Haftungsrecht. Eine verpflichtende Berufshaftpflicht und eine bessere Qualitätskontrolle sind, glaube ich, sehr wichtig und gut für die Zukunft.
Bei diesem Gesetz haben wir gesehen, dass eine gute Zusammenarbeit aller wirklich etwas bringt, nämlich auch eine Stärkung für den ländlichen Raum. Es sind aber in letzter Zeit auch Dinge geschehen, mit denen man nicht wirklich für den ländlichen Raum gepunktet hat. Die Aussage von Herrn Staatssekretär Schieder, der meinte, dass Krankenhäuser unter 300 Betten zu schließen wären, hat in Niederösterreich natürlich eine besondere Welle der Empörung ausgelöst. (Bundesrat Boden: Aber nur bei der ÖVP!) Hätten wir zum Beispiel dort, wo ich herkomme, im Waldviertel, im oberen Waldviertel kein Spital mehr, denn wir haben überall unter 300 Betten, so wäre das, glaube ich, für die Bevölkerung wirklich unzumutbar.
Man sieht ja, dass kleinere Einheiten oft effizienter sind, wenn sie klare Schwerpunktvorgaben haben. Kollege Boden, weil du mich gerade angesprochen hast: Du bist aus dem Bezirk Waidhofen und weißt sicher, dass das Land Niederösterreich eine Studie bei Univ.-Prof. Dr. Gottfried Haber in Auftrag gegeben hat. Waidhofen wurde mittlerweile schon untersucht, und die Studie besagt, dass die heimischen Spitäler für die Beschäftigung und für die regionale Wirtschaft von großem Wert sind. Wenn in
Waidhofen 1 000 € investiert werden, bedeutet das 1 007 € Wertschöpfung in der Region. Es sind 22 Millionen € direkte Wertschöpfung und darüber hinaus eine Folgewertschöpfung von 50 Millionen €; 514 Arbeitsplätze werden dadurch geschaffen. (Bundesrat Boden: Um die Krankenhäuser ist es ja nicht gegangen!)
Daher, glaube ich, ist es schon sehr wichtig, dass man sich vorher einmal genau das medizinische Versorgungsniveau anschaut, die medizinische Qualität und auch die regionalen gesamtwirtschaftlichen Impulse, die dadurch gesetzt werden.
Ich hoffe, diese Wortmeldung von Herrn Staatssekretär Schieder war nur ein Ausrutscher und wir arbeiten in Zukunft wieder in bewährter Form in Sinne unserer Patienten weiter. (Beifall bei der ÖVP.)
16.43
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Dönmez. – Jetzt habe ich einen „Magister“ dazugegeben, aber das kann ja noch werden, oder? (Heiterkeit.)
16.43
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Dass ich Magister bin, habe ich nicht gewusst, aber „Master Dönmez“ hört sich ein bisschen blöd an, muss ich ehrlich sagen. (Heiterkeit.)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine KollegInnen haben schon sehr viel vorweggenommen, deshalb werde ich mich ganz kurz halten. Aus Sicht der Patienten und Patientinnen und aus Sicht der Ärztekammer ist diese gesetzliche Veränderung wohl ein Schritt in Richtung Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsvorsorge. Gefordert wurde es schon seit Langem, gewünscht wahrscheinlich schon viel länger, und aus Sicht der Ärzte und Ärztinnen ist für jene, die sich mit dem alten Einzelkämpfertum nicht so wirklich anfreunden konnten, nun eine neue Ära angebrochen.
In Oberösterreich haben wir ja schon seit ein paar Jahren Erfahrungen mit Gruppenpraxen. Es gibt vier verschiedene Modelle, die sich alle eigentlich recht gut bewährt haben. Vor allem die Allgemeinmediziner auf dem Lande sind oft über Gebühr gefordert, und die Lebensqualität der Medizinerinnen und Mediziner leidet unter den derzeitigen Bedingungen. Jetzt besteht also für die Ärzte die Möglichkeit, sich zusammenzutun und gemeinsam eine Ordination zu betreiben. Das heißt aber auch, Infrastruktur kann besser genutzt werden, die Öffnungszeit der Ordination kann ausgedehnt werden und die Patientinnen und Patienten haben bessere Auswahlmöglichkeiten.
Noch ist es vielleicht zu früh, in große Euphorie zu verfallen, zumal die Eröffnung einer Gruppen-GmbH ein erhebliches Unterfangen darstellt. Offensichtlich gilt es noch ein paar Hürden zu überwinden.
Da ist der Landeshauptmann oder die Landesregierung, der beziehungsweise die entscheiden muss. Dann gibt es noch eine Bedarfsprüfung, ferner Parteistellung von Ärztekammer, Wirtschaftskammer und auch Sozialversicherung. Wir alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, kennen die Kammerwirtschaft in unserem Land, wir alle kennen österreichische Amtswege und ihre Tücken. Wir werden sehen, wann die ersten GesmbHs regulär in Betrieb gehen werden. Auf alle Fälle werden wir hier zustimmen und hoffen, dass rasch etwas weitergeht. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)
16.45
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Minister.
16.45
Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Mit diesem Gesetzesvorschlag haben Sie heute die Gesundheitsreform 2010 in der Hand. Worum geht es? – Es ist schon angesprochen worden, wir wollten drei große Veränderungen vornehmen.
Erstens: Wir wollten die ambulante Versorgung stärken. Ärztinnen und Ärzte sollen gerade auch in der Region eine Chance haben, moderne Medizin auch in der niedergelassenen Praxis anzubieten, und da braucht es Kooperation, da braucht es Vernetzung. Mit diesem Gesetz stellen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Verfügung. Ich lade die Ärztinnen und Ärzte ein, die Versorgung zu verbessern, und ich denke, es gibt schon die ersten Schritte in Richtung Sicherstellung neuer Ambulanzen.
Eine zweite Herausforderung war die Frage der Qualität. Wir haben das Qualitätsregime wesentlich verbessert. Es gibt ein gemeinsames Qualitätsregime zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Ambulanzen. Und wir haben eine Reihe von Verbesserungen im Vertragspartnerrecht zustande gebracht, die dazu führen, dass das Vertragspartnerrecht ausgeweitet wird, verbessert wird und dass die Bedingungen für Konsumentinnen und Konsumenten besser werden.
Das Haftpflichtrecht ist bereits angesprochen worden. Erstmals gibt es eine gesetzliche Verpflichtung für Ärztinnen und Ärzte, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Die Patientinnen und Patienten können auch direkt den Versicherungsträger in Anspruch nehmen, und das stärkt die konsumentenpolitische Position von Patientinnen und Patienten.
Eines erscheint mir ganz wichtig, auch im Bundesrat erwähnt zu werden: Wir haben ein Gesetz erarbeitet, das an der Schnittstelle zwischen Länderkompetenz und Bundeskompetenz greifen soll, und es ist uns gelungen, gemeinsame Kriterien dort festzulegen, wo Landeskompetenz vorliegt, nämlich bei den Ambulatorien, und gleiche Regeln auch im niedergelassenen Bereich zu schaffen, wo die Bundeskompetenz angesprochen ist.
Damit ist es gelungen, das Urteil Hartlauer, das ja bekannt ist, so auszulegen, dass auch in Zukunft die österreichischen Interessen in der Gesundheitsversorgung gewahrt werden können.
Insgesamt ein großer Schritt zur Verbesserung der niedergelassenen Versorgung: die Gesundheitsreform 2010. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
16.48
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
26. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (751 d.B. und 850 d.B. sowie 8375/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 26. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird, liegt schriftlich vor.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Dann gelangen wir zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010) (773 d.B. und 852 d.B. sowie 8376/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist wieder Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Auch der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 09. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen liegt schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte, Frau Kollegin.
16.51
Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Internet ist in der heutigen Zeit eine wunderbare
Plattform und ein wichtiges Medium, das wir uns nicht mehr wegdenken können. Es birgt aber auch große Gefahren, die unbedingt eine lückenlose Kontrolle erforderlich machen.
Eine dieser Gefahren stellt die Möglichkeit dar, Arzneimittel über Internet zu bestellen. Mit dem Arzneiwareneinfuhrgesetz wird ein wichtiger Schritt für die Arzneimittelsicherheit getätigt und auch ein Beitrag zur Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität geleistet. Durch die Schaffung vollzugstauglicher und praxisnaher Vorschriften soll eine effiziente Überwachung der Einfuhr von in Österreich nicht zugelassenen Arzneimitteln gewährleistet werden.
Mit diesem Gesetz kann mit hoher Wahrscheinlichkeit das Risiko unterbunden werden, minderwertige, gefälschte oder gesundheitsschädliche Arzneimittel zu erwerben. Ein einheitlicher und wirksamer Vollzug des Gesetzes kann sichergestellt werden, indem sämtliche Vollzugsaufgaben im Bereich Arzneiwareneinfuhr, soweit nicht zollrechtliche Belange betroffen sind, auf das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen übertragen werden.
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist eine verstärkte Kooperation zwischen Zollorganen und Organen der BASG im Hinblick auf Internetbeobachtung und Internetanalysen.
Diese Regierungsvorlage entspricht auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, und wir werden dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
16.53
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Greiderer. – Bitte, Frau Kollegin.
16.53
Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir sind der Auffassung, dass wir mit dem Arzneiwareneinfuhrgesetz einerseits einen essentiellen Beitrag für mehr Arzneimittelsicherheit leisten und andererseits einen wichtigen Schritt – ich sage bewusst „Schritt“ – zur Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität setzen. „Schritt“ deshalb, weil wir dieses Problem sicher nicht zu 100 Prozent werden ausschalten können. Da finden sich immer illegale Möglichkeiten, wie wir es beim Verkauf und Handel von Drogen ja leider gewohnt sind.
Wir beschließen mit dieser Regierungsvorlage auch ein Verbot des Bezuges von Arzneimitteln über das Internet, das ja durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vorgegeben ist. Durch dieses Gesetz kann nun auch die Überwachung und die Kontrolle der Einfuhr von in Österreich nicht zugelassenen Arzneimitteln verstärkt und umgesetzt werden. Wir verbessern damit die Kooperation und schaffen eine dringend erforderliche Vernetzung zwischen den Organen des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, kurz BASG, und den Zollbehörden. Dem BASG werden dadurch sämtliche Vollzugsagenden übertragen, sofern nicht, wie bereits gesagt, die Zollbehörden zuständig sind.
Damit leisten wir einen ganz wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität, um gefälschte Arzneimittel rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen zu können und den Anbietern dadurch das Unwesen, das sie betreiben, möglichst zu erschweren.
Ergänzend ist es auch notwendig, eine gemeinsame Internetbeobachtung und Auswertung der Daten zu betreiben. Darüber hinaus gilt es aber weiterhin die Konsumenten zu informieren und vor den Risiken solcher Bestellungen und den eventuellen Folgen daraus besonders zu warnen.
Wir schaffen damit praxisnahe Vorschriften zur besseren Überwachung dieser kriminellen Geschäftsfelder und bringen in diesem Bereich mehr Sicherheit und Schutz für die Konsumenten. Wir werden deshalb diesem Arzneimitteleinfuhrgesetz gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
16.56
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (672 d.B. und 846 d.B. sowie 8377/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 28. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Hensler. Bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 09. Juli 2010 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte, Frau Kollegin.
16.57
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden dieser Änderung des Tierschutzgesetzes nicht zustimmen, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Der Tierschutzrat wird jetzt mit dieser Novellierung des Tierschutzgesetzes wieder ein Stück entwertet. Der Tierschutzrat wird von Ihnen ohnehin oft viel zu wenig ernst genommen, und die weitere Entwertung seiner Vorschläge ist für uns einfach nicht akzeptabel.
Es ist schon auffällig, dass im Bericht, den der Bundesratsausschuss zu diesem Gesetz vorlegt, die Änderungen für den Tierschutzrat nicht einmal vorkommen. Ich habe mich gewundert, warum die Grünen im Nationalrat abgelehnt haben. Ich habe dann recherchieren müssen, und irgendwo im Bericht des Nationalrates findet man dann die Tatsache, dass neben dem Tierschutzrat jetzt noch zwei weitere Gremien installiert werden, die, sagen wir einmal so, weniger tierschutzfreundlich zusammengesetzt sind. Auf der einen Seite gibt es das politische Gremium, in dem die Regie
rungsparteien eine Zweidrittelmehrheit haben, und auf der anderen Seite gibt es den Vollzugsbeirat, der neu geschaffen wird, wo die Landesveterinärbehörden sich regelmäßig treffen. – Die treffen sich ohnehin schon, also wozu man dann dieses Gremium schaffen musste, ist für uns rätselhaft.
Im Prinzip geht es darum, dass der Tierschutzrat, den es ja schon gibt und dem schon in der letzten Novelle leider einige Zähne gezogen worden sind, noch weniger zu sagen haben wird als bisher. Es ist ja so, dass der Tierschutzrat dreimal im Jahr zusammentritt und Empfehlungen ausspricht, aber diese Empfehlungen – vielleicht überzeugen Sie mich vom Gegenteil – werden so gut wie nie umgesetzt. Meiner Meinung nach wäre es wichtig, wenn man den Tierschutz ernst nimmt, auch die Tierschutzorganisationen, den Tierschutzrat etwa, ernst zu nehmen. Das machen Sie mit dieser Gesetzesvorlage nicht, und deshalb werden wir nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
16.59
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte, Frau Kollegin.
17.00
Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Sozialdemokratische Partei wird dieser Gesetzesnovelle sehr wohl zustimmen, denn ich denke, dass es mit jeder Novellierung auch eine Verbesserung im Tierschutz geben wird.
Mit 1. Jänner 2005 trat das einheitliche Bundes-Tierschutzgesetz in Kraft, und dieses Gesetz brachte sehr viele Neuerungen und Verbesserungen. In ganz Österreich herrschen nunmehr für alle Tiere die gleichen Bestimmungen. Ziel dieses Gesetzes war und ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere, aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf heraus.
Zur Förderung des Tierschutzes sind Bund, Länder und Gemeinden verpflichtet, das Verständnis für den Tierschutz in der Öffentlichkeit zu wecken und zu vertiefen und tierfreundliche Haltungssysteme sowie die Anliegen des Tierschutzes zu fördern.
Die Tierschutzinteressen werden in den Ländern von weisungsfreien Tierschutzombudsmännern vertreten, und ich weiß, dass diese auch sehr oft angerufen werden und die Anliegen der Menschen, die Verletzungen im Bereich des Tierschutzes einbringen, sehr ernst nehmen. Seitens des Bundes sind neue Gremien vorgesehen, und zwar die Tierschutzkommission und der Vollzugsbeirat.
Ein besonderes Augenmerk wird auf die Verhinderung von Leid gelegt, es gibt strenge und klare Bestimmungen gegen Tierquälerei. So ist zum Beispiel das Kupieren des Schwanzes, was früher sehr oft bei Jagdhunden vorgenommen wurde, verboten, und auch das Durchtrennen der Stimmbänder ist gesetzlich, Gott sei Dank, nicht mehr erlaubt. Das Tierschutzgesetz sagt aus, dass keinem Tier Leid und Schmerz zugefügt werden darf. Kein Tier darf in Angst versetzt werden, wodurch es psychischen und physischen Schaden erleidet.
Diese Kriterien gelten auch für die Haltung der Nutztiere, nur werden diese nicht immer eingehalten. Ich darf da an die Mastbetriebe in der Schweinehaltung oder die Haltung von Hunden in Zwingern, die viel zu wenig Platz bieten und nicht artgerecht ausgestattet sind, erinnern. Ein Erfolg ist jedoch bei der Ausbildung von Hunden zu verzeichnen.
Es darf keine schmerzhafte Hundetrainingsmethode mehr angewandt werden. Der Handel, der Besitz, der Erwerb und die Verwendung von Elektrohalsbändern ist verboten. Ich selbst habe bei Hundetrainings oft gesehen, wie diese Tiere gequält wurden,
und bin sehr froh, dass auch das verboten worden ist. Gesetzlich sind auch die Stachelhalsbänder verboten.
Ein grausames Vorgehen ist das Töten der Krustentiere, die ohne Betäubung in siedendes Wasser geworfen werden. Ich möchte schon sagen: ein unsagbares Leid für die Tiere! Da ich dieser Tage gelesen habe, dass ein Esel für Werbezwecke an einem Fallschirm in die Luft gezogen wurde, fürchte ich, dass die Art des Tierleides immer wieder neue Formen annimmt und der Gesetzgeber weitere Maßnahmen setzen müsste.
Eine begrüßenswerte Bestimmung ist auch das Tierhalteverbot für Menschen, die bereits Tiere gequält haben.
In Österreich gibt es zwar ein sehr strenges und modernes Tierschutzgesetz, jedoch müsste ein einheitliches Gütesiegel mit der Bezeichnung „tierschutzgerecht“ verpflichtend sein. Sie, Herr Minister, haben das auch gefordert. Importprodukte aus anderen Ländern könnten somit überprüft werden, man könnte feststellen, ob auch dort Tierschutzbestimmungen eingehalten wurden und werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass durch diese Novelle wieder ein Schritt zur Vermeidung von Tierleid getan wurde. Ich wünsche mir von den Behörden, dass die vorgesehenen gesetzlichen Maßnahmen bei Verstößen angewandt werden. Tierschutz macht nur Sinn, wenn Verfehlungen auch dementsprechend bestraft werden.
Ich denke, nur dann, wenn wir immer wieder auf Verletzungen an Tieren, sei es psychisch oder physisch, aufmerksam machen und uns für unsere Mitgeschöpfe einsetzen, werden wir, so hoffe ich, das eine oder andere Leid verhindern können.
Abschließend wünsche ich Ihnen einen schönen und erholsamen Urlaub und einen schönen Sommer. (Allgemeiner Beifall.)
17.04
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte, Herr Kollege.
17.04
Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Da wir heute sehr viele, auch große konsensorientierte Materien haben, dürfen wir durchaus auch einen kleinen Konflikt austragen.
Frau Kollegin Kerschbaum (Zwischenruf des Bundesrates Konecny), wir haben im Jahre 2005 in einer sehr intensiven parlamentarischen Phase – ich war damals im Nationalrat vertreten – durch eine sehr schwierige Konsensfindung, aber mit, glaube ich, sehr viel gutem Willen, ein sehr gutes österreichisches Tierschutzgesetz auf den Weg gebracht. (Bundesrätin Kerschbaum: Ja, und jetzt weichen wir es auf!)
Und jetzt hat sich gezeigt, dass der Vollzug Probleme macht, dass wir eigentlich in vielerlei Hinsicht in einer Patt-Stellung stehen und dass der Tierschutz in mancherlei Hinsicht steht, dass man einfach nicht mehr weiterkommt. Aus diesem Grunde ist es, glaube ich, vernünftig, wenn man solche Dinge erkennt und dann neue Strukturen schafft, die funktionieren sollen. So sehe ich auch diese Sache.
Die Tierschutzkommission, die in Begleitung des Herrn Bundesministers die politische Federführung übernimmt und in der alle politischen Parteien, die dem Hohen Haus angehören, vertreten sind, hat die Aufgabe, einen Arbeitsplan für den Tierschutz zu erstellen und vor allem in Zukunft die wissenschaftlichen Grundlagen aufzuarbeiten und zur Verfügung zu stellen. (Bundesrätin Kerschbaum: ... keine kritischen Fragen stellt!)
Also dieser parlamentarische Konsens, der die Gesetzwerdung 2005 ausgezeichnet hat, wird auf eine gute Weise seine Fortsetzung finden, und das ist der Sinn dieser Sache. Auch die Tatsache, dass wir einen Vollzugsbeirat haben, ist durchaus sinnvoll, weil sich diejenigen, die das Tierschutzgesetz umsetzen müssen, auf einer geeigneten fachlichen Ebene treffen und sich in der Frage der Interpretation, in der Frage der Auslegung der Richtlinien und auch in der Frage eines einheitlichen Vollzuges beratend zusammensetzen, inklusive der Ombudsleute. Das halte ich für gut.
Tierschutz ist objektiv – nur ein Argument zum Schluss – eine sehr schwierige Materie, weil es ja nicht nur um den Tierschutz geht, sondern auch um die Arbeitssituation der Tierhalter – die möchte ich heute aber aussparen. Darüber hinaus geht es auch um eine wirtschaftliche Situation, und dazu darf ich ganz kurz mit zwei Sätzen ein wirtschaftliches Paradoxon erwähnen:
Wir haben in Österreich eine Hendlmast, eine Putenmast, die kaum mehr wirtschaftlich betreibbar ist, weil wir mit unseren Besatzdichten weit unter dem liegen, was in der Europäischen Union vorgeschrieben ist. Das war zum Beispiel eine Frage, bei der man am Tierschutzrat einfach gescheitert ist, also die konstruktive Arbeit war gar nicht möglich. Wenn wir da nicht weiter kommen und gesetzlich einen Produktionszweig stilllegen, hat das den Effekt, dass wir Importware brauchen, Importe hereinnehmen, die auf deutlich schlechteren Standards aufgebaut sind und die mit deutlich schlechteren Standards produziert werden.
Das kann nicht im Sinne einer österreichischen Politik sein, und jeder Versuch, das zu verbessern, ist letztlich fachlich am Tierschutzrat gescheitert. Aus diesem Grund, glaube ich, muss man abschließend Folgendes verlangen: Wir brauchen einen Tierschutz, der die Tiere berücksichtigt, der die Tierhalter berücksichtigt und der auch ein gewisses Augenmaß in wirtschaftlichen Agenden hat. So ist dieses Gesetz angelegt, und damit ist es, glaube ich, ein gutes Gesetz – und unsere Stimme wird dieses Tierschutzgesetz erhalten. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)
17.08
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Kollegin. (Unruhe im Saal.)
17.09
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Genau um solche Dinge geht es! Wenn nämlich der Tierschutzrat einer Verordnung nicht zustimmen will, die besagt, den Besatz dichter zu machen und zehn Prozent weniger Platz für die einzelnen Tiere zu veranschlagen, als diese brauchen und es im Gesetz steht, dann bekommt er zwei andere Gremien daneben gesetzt, damit er überhaupt nichts mehr zu sagen hat. Dieser Vorgangsweise können wir leider nicht zustimmen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
17.09
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Minister.
17.09
Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte schon eines betonen und richtig stellen: Tierschutz ist ganz, ganz wichtig, und der Tierschutzrat wird gestärkt. Er wird zweimal gestärkt, nämlich einmal, indem es eine Tierschutzkommission gibt, in der jede im österreichischen Parlament vertretene Partei mit Sitz und Stimme vertreten ist und wo die Entscheidungsträger ihre Positionen einbringen können.
Der zweite zentrale Punkt ist, dass jene Damen und Herren, die dem Tierschutzrat angehört haben und im Vollzug tätig waren, so manche Entwicklungen auch behindert haben. Das wird jetzt klar getrennt. Die klare Aussage des zukünftigen Tierschutzrates wird sein: Was ist für Tiere notwendig und wichtig? Das wird im Tierschutzrat auch abgearbeitet und ist eine Stärkung der Idee des Tierschutzes.
Ich lade Sie ein, daran mitzuarbeiten, und ich würde mich freuen, wenn Sie dieser Struktur auch die Zustimmung geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
17.11
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich frage noch einmal: Gibt es weitere Wortmeldungen? (Zwischenruf bei der ÖVP. – Allgemeine Heiterkeit.) – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Jahresvorschau des BMG 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 und des 18-Monate Programms des Rates (spanische, belgische und ungarische Präsidentschaft) (III-398-BR/2010 d.B. sowie 8378/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen zum 29. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Hensler. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Friedrich Hensler: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Jahresvorschau des BMG 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2010 und des 18-Monate Programms des Rates (spanische, belgische und ungarische Präsidentschaft) (III-398-BR/2010 d.B.).
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Juli 2010 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit 2010 zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.
17.12
Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätztes Präsidium! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Im Jahresvoranschlag wird im operativen Programm im Wesentlichen auf folgende Punkte verwiesen: Gesundheit, Veterinärwesen, Lebensmittel und Lebensmittelsicherheit, Gentechnik und Hygienepaket.
Die neue Europäische Kommission konzentriert sich in ihrem Jahresarbeitsprogramm unter dem Motto „Jetzt handeln“ im Wesentlichen auf vier Aktionsbereiche: die Bewältigung der Krise und die Bewahrung der sozialen Marktwirtschaft in Europa, eine Agenda für Bürgernähe, die den Menschen in den Mittelpunkt der EU-Maßnahmen stellt, die Entwicklung einer ehrgeizigen und kohärenten außenpolitischen Agenda globaler Reichweite und die Modernsierung der Instrumente und Arbeitsweise der Europäischen Union.
Für mich gilt es nun einige Punkte aus diesem 18-monatigen Programm besonders hervorzuheben: etwa jenen Bereich, mit dem wir ja schon einige Erfahrungen gemacht haben; nämlich die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Pandemievorsorge und den Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Influenzavorsorge und zur Bereitschaftsplanung innerhalb der Europäischen Union. Dabei geht es im Wesentlichen um zwei Mitteilungen und darum, in Zukunft eine EU-weite Zusammenarbeit und Vorsorge bei einer Pandemie zu sichern, die strukturiert und koordinierter abläuft.
Die zwei Mitteilungen betreffen zum einen eine verstärkte Koordinierung der allgemeinen Bereitschaftsplanung für Krisenfälle im Gesundheitsbereich auf EU-Ebene und zum anderen die Mitteilung über die Bereitschafts- und Reaktionsplanung der Europäischen Gemeinschaft, mit Blick auf eine Influenzapandemie. In diesem Bereich wurden einige Schlüsselkomponenten und Maßnahmen definiert und angedacht.
Es sollen sich diese Maßnahmen, um gesundheitliche Notfallpläne erstellen zu können, auf ein besseres Informationsmanagement, auf eine bessere Kommunikation zwischen den Staaten und auf eine wissenschaftliche Beratung erstrecken. Dazu kommen noch ein Verbindungsmanagement und Kontrollstrukturen, die sicherstellen sollen, dass es letztendlich auch funktioniert, sowie eine Bereitschaftsplanung im Gesundheitssektor, in allen übrigen Sektoren und sektorenübergreifend.
Die Europäische Union wurde ja im Jahre 2009 mit der aufgetretenen Pandemie im Zusammenhang mit der Neuen Influenza, H1N1, mit diesem Virus, auf eine doch ziemlich schwierige Probe gestellt, da es zu einigen Unstimmigkeiten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft gekommen ist.
Daher ist es notwendig und für alle Staaten vorgesehen, dass ein nationaler Pandemieplan etabliert werden soll – wobei zu sagen ist, dass Österreich bei der Bewältigung der Pandemiesituation doch sehr gut aufgestellt war. Einer Verbesserung beziehungsweise einer Evaluierung in diesem Zusammenhang stehen wir jedoch aufgeschlossen gegenüber. Letztendlich wirkt sich alles, was zu einem besseren Ablauf, zu einem besseren Verständnis und einer besseren Kommunikation führt, auch positiv auf weitere Planungen beziehungsweise das Hintanhalten von Fehlern aus.
Weiters im Zusammenhang mit Arzneimittelfälschungen – und da glaube ich, dass noch ein großer Schritt getan werden muss – ist es zu befürworten, dass es einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie gibt. Dies, um das Eindringen von Arzneimitteln, die in Bezug auf ihre Eigenschaft, Herstellung oder Herkunft gefälscht sind, in die legale Lieferkette zu verhindern.
Wir merken immer wieder, dass es gerade in diesem Zusammenhang eine besorgniserregende Anzahl von Fälschungen von Arzneimitteln aus anderen Ländern gibt, die ihre Eigenschaft, ihre Herstellung und ihre Herkunft betreffend falsche Bezeichnungen haben. Das heißt, die Gewährleistung und die Sicherheit, dass das drinnen ist, was am Beipackzettel steht, ist nicht gegeben und es kann letztendlich auch zu einer Bedrohung der Gesundheit von Patienten und Patientinnen kommen.
Daher ist es wichtig, dass es gerade in diesem Zusammenhang – auch, weil es ja nach wie vor immer wieder zu Bestellungen über das Internet kommt, wo man nicht weiß, welches Arzneimittel man erhält – klare Richtlinien gibt. Das heißt, dass gefälschte Arzneimittel, die von Originalarzneimitteln nicht unterschieden werden können, besonders bezeichnet beziehungsweise aus dem Sortiment genommen werden müssten oder nicht zugelassen werden dürften.
Weiters gibt es unterschiedliche Kennzeichnungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, die mit der Zulassung in Zusammenhang stehen. Was in einem Land legal ist, ist vielleicht im anderen Land verboten. Das heißt, es muss auch da eine Vereinheitlichung geben; und letztendlich darf dabei auch nicht vergessen werden, dass es nicht allein um den Bereich der Humanarzneimittel geht, sondern darüber hinaus auch um Veterinärarzneimittel und medizinische Produkte.
Vielleicht noch hinweisend auf den Bereich gentechnisch veränderter Organismen. Hier ist erfreulicherweise anzumerken, dass das nicht zutrifft, was uns immer wieder vorgeworfen worden ist: dass wir über gentechnisch veränderte Organismen nicht sehr fortschrittlich denken würden. Da sind wir eigentlich immer auf dem richtigen Weg gewesen, denn letztendlich hat auch die Europäische Kommission erkennen müssen, dass es Veränderungen geben muss, allerdings nicht in Richtung Öffnung gentechnischer Lebensmittel, sondern eher restriktiverer Angleichungen. Das heißt, dass diesbezüglich die Länder nun mehr an Selbstbestimmung erhalten, um auch Verbote des Anbaus von gentechnisch veränderten Mitteln im eigenen Land aussprechen zu können.
Es gibt noch eine Anzahl von anderen positiven Vorschlägen. Ich glaube, dass das – egal, ob es die Veterinärmedizin ist, ob es die Arzneimittelverordnungen sind, ob es der Tierschutz ist – letztendlich doch ein ambitioniertes Programm ist. Wir hoffen, dass dieser ambitionierte Teil auch zur Umsetzung gelangt und auch Eingang in unsere Gesetzgebung findet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)
17.21
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. – Bitte.
17.21
Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt die restlichen Punkte dieses Arbeitsprogramms ausführen. – Nein, Spaß beiseite! (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Ein wesentliches Thema, wenn man über Gesundheit im Zusammenhang mit der Europäischen Union spricht, ist aus meiner Sicht die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung. Denn während wir zwar schon den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit leben, ist das bei der Patientenmobilität bei Weitem nicht so. Es hat zwar der EuGH schon vor mehr als zehn Jahren festgestellt, dass die Freizügigkeit auch für Gesundheitsdienstleistungen zu gelten hat, egal, wie sie in den einzelnen Mitgliedstaaten finanziert und organisiert ist, aber genau da liegt in der Realität das Problem. Es ist in jedem Mitgliedstaat, in jedem Land so, dass es andere Regeln gibt, dass es andere Kriterien gibt und dass man zuerst natürlich einheitliche Kosten und Verrechnungsregeln bestimmen muss, um die finanzielle Planbarkeit sicherzustellen.
Als Beispiel möchte ich nur Folgendes nennen. Es hat vor rund zwei Wochen ein europaweites Symposium zum Thema „Cross-Border Health Care“ stattgefunden, und
Hauptthematik war dabei, dass es in jedem Land eine andere Definition davon gibt, was ambulant und was stationär ist. Solange man noch nicht einheitliche Begriffe hat und keine Übereinstimmung findet, wird es auch nicht möglich sein, zu einer Kooperation und zu einer länderübergreifenden Abrechnung zu kommen. Ich würde mir im Interesse der Patientinnen und Patienten wünschen, dass sich die Länder hier bald einigen, ich fürchte aber, dass das noch ein sehr langwieriger Prozess sein wird.
Mit der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung einher geht auch die Sache der grenzüberschreitenden elektronischen Gesundheitsdienste, also die grenzüberschreitenden Informationsdienste, die zweifelsohne vorteilhaft sind. Wir kennen sie auch aus vielen anderen Bereichen, zum Beispiel aus dem Steuerwesen oder aus dem Zollwesen. Gerade Österreich hat das sehr früh aufgegriffen, und wir haben hier eine Vorreiterrolle in Europa.
Aufpassen muss man allerdings auf den Datenschutz. Der Datenschutz mag in dem einen oder anderen Netz gewährleistet sein, manchmal besser, manchmal schlechter, problematisch wird es aber – und das kommt immer öfter vor –, wenn man die verschiedenen Datenbanken miteinander vernetzt. Dann ist es einerseits so, dass man nicht mehr sicherstellen kann, dass nur jene Stelle die Daten bekommt, für die sie vorgesehen sind, und andererseits erhält man durch alle diese Mosaiksteine aus den einzelnen Datenbanken im Endeffekt ein bestimmtes Bild und ein bestimmtes Profil über eine Person. Das kann wirklich dazu führen, dass jeder Einzelne von uns in den Grundrechten eingeschränkt sein kann – ganz abgesehen vom Datenschutz.
Insgesamt positiv finde ich am Arbeitsprogramm, dass es Ansätze zur Förderung einer gesunden Lebensweise gibt, gerade in einer alternden Gesellschaft wie unserer. Da gehören eben die Ernährungsgewohnheiten dazu, da gehört die Suchtprävention dazu, auch das Augenmerk auf die sozial benachteiligten Gruppen, weil die sozialen Gesundheitsfaktoren nach wie vor eine große Rolle spielen, und zu guter Letzt auch die Psyche. Wir haben erst in dieser Woche den Medien wieder einmal entnehmen können, dass die Zahl der Krankenstandstage aufgrund von psychischen Erkrankungen explodiert; Stichwort: Burnout. Laut WHO, Weltgesundheitsorganisation, sind sie hinter den Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits auf Platz zwei, und auch in Österreich besteht hier sicherlich noch Handlungsbedarf.
Abschließend hoffe ich, dass dieses Arbeitsprogramm für 2010 bereits gut fortgeschritten ist; immerhin haben wir doch schon Mitte/Ende Juli. Und weil wir jetzt zum Thema Gesundheit sprechen und die Zeit schon vorangeschritten ist, möchte auch ich allen einen schönen, erholsamen Sommer wünschen, dass alle erholt und gesund zurückkommen, die Wahlkämpfer – Gerald Klug, Franz Perhab – vielleicht weniger erholt, aber hoffentlich zufrieden. Alles Gute! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Mitterer.)
17.25
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. (Heiterkeit.) – Bitte.
17.25
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Das haben Sie jetzt vollkommen richtig angekündigt. Diese Titelbezeichnung ist ohnehin, glaube ich, bei uns ein sehr eigenartiges Spezifikum, darauf lege ich nicht so großen Wert; kein Problem! (Bundesrat Schennach: Aber der Herr Präsident schon!) – Aber der Herr Präsident und der Herr Bundesminister und die nicht vorhandenen Herren Staatssekretäre – nein, Spaß beiseite! (Bundesrat Kneifel: Ist eh kein Spaß!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren des Gesundheitsministeriums, herzlichen Dank für den ausführlichen Bericht und die Vorschau! Ich habe mich im Speziellen mit zwei Bereichen intensiver auseinandergesetzt, die ich jetzt hier ganz kurz erläutern möchte – die anderen Punkte haben ja unsere Kolleginnen schon angesprochen –, und zwar auf Seite 22 und 23 des Berichtes die Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten sowie die Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über die Lebensmittel.
Dazu möchte ich eines festhalten – liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ganz genau zuhören! (Heiterkeit bei Grünen und SPÖ.) Die Lebensmittelindustrie ... (Bundesrat Mag. Klug: Das war jetzt wichtig!) – Ich weiß, es ist schwierig bei der letzten Rede, wenn alle wie auf Nadeln sitzen. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Ich kenne das vom Unterricht in der Schule und von der Universität her, das sind schon die ersten Anzeichen. Aber ich mache es ohnehin kurz. (Bundesrat Schennach: Weil man den Wahlkampf führt!)
Die Lebensmittelindustrie hat nicht weniger als 1 Milliarde € – 1 Milliarde €! – eingesetzt, um die Abstimmung über die Lebensmittelkennzeichnung in ihrem Sinne zu beeinflussen, und viele Abgeordnete der Europäischen Volkspartei und der Liberalen sind vor der Lobby der Industrie in die Knie gegangen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Trotz dieser hohen Summen ist es aber nicht ganz gelungen, ihren gesamten Wunschkatalog durchzudrücken.
In Sachen der Herkunftskennzeichnung von Fleisch nach Ort der Geburt, Ort des Aufwachsens und Ort der Schlachtung der Tiere kann der Konsument, die Konsumentin in Zukunft sehen, wie viel an Kilometern aus Tiertransporten in ihren Nahrungsmitteln enthalten ist. Die Durchsetzung der Herkunftskennzeichnung bei Fleisch, Milchprodukten, frischem Obst und Gemüse ist ein großer Erfolg der jahrelangen Bemühungen und entspricht auch dem Fünf-Parteien-Antrag im österreichischen Parlament. Geschmacksverstärker wie Glutamat müssen als Appetitanreger nun als Lebensmittelzusatz angegeben werden. Ebenfalls deklariert werden müssen die künstlichen Süßstoffe und der Einsatz von Nanotechnologie sowie Analogkäse und Schummelschinken.
Ganz allgemein muss der Kalorien-, Zucker, Salz- und Fettgehalt ersichtlich sein. Leider wurde die Ampelkennzeichnung über Nährstoffgehalte, die darüber informiert hätte, ob ein Lebensmittel viel, mittel oder wenig Fett, gesättigte Fette, Zucker, Salz und Kalorien enthält, von den Konservativen abgelehnt. Nach unserer Meinung sollten die Informationen die KonsumentInnen auf einfachstem Wege erreichen. Signalfarben stechen ins Auge und sind deshalb besser als kleingedruckte Mengenangaben und Prozentsätze. Bei dem Überangebot an Konsummöglichkeiten und den dabei versteckten Fallen ist dies wichtiger denn je, gelten doch bereits 60 Prozent der Erwachsenen und 20 Prozent der Schulkinder in der EU als übergewichtig oder gar fettleibig. – Das einmal zu dem einen Bericht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ein kurzer Sidestep sei mir noch außerhalb des Berichtes erlaubt. Sehr geehrter Herr Bundesminister, sosehr ich Ihre Arbeit schätze (Bundesrat Mag. Klug: Danke!) und es auch – wie soll ich sagen? – mit Hochachtung bewundere, mit welchem Widerstand Sie in gewissen Bereichen zu kämpfen haben (Bundesrat Mag. Klug: Bravo!), ist für mich eines nicht ganz nachvollziehbar: Warum stehen Sie der Behandlung auf Krankenschein im Bereich des Burnout oder der Psychiatrie ablehnend gegenüber?
Wenn wir uns anschauen, dass allein in Oberösterreich 460 Krankenstandstage aufgrund von Burnout passieren, und die Kosten beachten, die damit einhergehen, ist es für mich, muss ich ehrlich sagen – und ich habe Ihre sehr interessanten Interviews im „Standard“ und so weiter mit Aufmerksamkeit gelesen –, nicht nachvollziehbar, warum
Sie da kategorisch nein sagen. Vielleicht möchten Sie diese Gelegenheit hier nutzen, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. (Bundesrat Mag. Klug: Nein, möchte er nicht!)
Nichtsdestoweniger: Danke, liebe KollegInnen! Einen schönen Urlaub, und den Wahlkämpfenden viel Kraft, dass wir uns im Herbst mit vereinten Kräften wieder hier treffen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
17.30
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Minister.
17.30
Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Weil ich gefragt worden bin, zwei Sätze: Erstens, es gibt in Österreich Psychotherapie auf Krankenschein, das ist in Österreich gesichert. Ich habe sehr, sehr deutlich auch öffentlich erklärt, dass man, wenn man psychische Belastungen angehen will, die Bedingungen im Umfeld klären muss. Dazu habe ich gesagt, es ist ganz wichtig, die betriebliche Gesundheitsförderung zu stärken, es ist ganz wichtig, die gemeindenahe Gesundheitsförderung zu stärken, und es ist ganz wichtig, auch im Bereich, im Setting Schule Gesundheitsförderung zu stärken. Da werde ich Energien und auch Geld hingeben.
Es ist aber auch wichtig, dass Menschen, die krank sind, beste Betreuung bekommen. Man kann alles ausweiten, das ist richtig, man muss aber auch die Gelder zur Verfügung stellen. Derzeit ist es so, dass ich dieses gute Angebot, das wir haben, durchaus stärken will. Aber der erste Schritt muss in Richtung Verhinderung von Krankheit gehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
17.31
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Selbständiger Antrag der Bundesräte Martin Preineder, Mag. Susanne Neuwirth, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“ (182/A-BR/2010)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun aufgrund der ergänzten Tagesordnung zum 30. Punkt der Tagesordnung.
Es liegen keine Wortmeldungen vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Damit ist diese Debatte auch geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 182/A-BR/2010 der Bundesräte Preineder, Mag. Neuwirth, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Autonome Schule – Moderne Schulverwaltung“.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf Abhaltung der gegenständlichen Enquete ist somit angenommen.
Hinsichtlich des Termins, der Tagesordnung und des Teilnehmerkreises für die soeben beschlossene Enquete darf ich auf den bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangenen Selbständigen Antrag 182/A verweisen.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt sieben Anfragen, 2766/J-BR/2010 bis 2772/J-BR/2010, eingebracht wurden.
*****
Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist der 7. Oktober 2010, 9 Uhr, in Aussicht genommen.
Wie immer kommen für die Tagesordnung dieser Sitzung jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchs- beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.
Die Ausschussberatungen sind für den 5. Oktober 2010 vorgesehen.
Ich darf allen Kolleginnen und Kollegen einen wunderschönen, erholsamen Sommer wünschen, auch dem Herrn Minister! Ich wünsche Ihnen allen eine gute Heimreise!
Die Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 17.35 Uhr
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