Stenographisches Protokoll

122. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 28. September 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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122. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 28. September 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 28. September 2005: 9.03 – 23.46 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wieder­aufbau-Gesetz 2005 – HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförderungs­gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957 und das Erb­schafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden und abgabenrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jah­res 2005 gewährt wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlas­sen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungs­gesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugend­ausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reise­gebührenvorschrift 1955 geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 10. all­gemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF-X)

6. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 14. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA-14) und zum Treuhandfonds für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Trust Fund)

7. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom Internationalen Währungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit Niedrigeinkommen

8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen


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9. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Protokoll

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Repub­lik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

11. Punkt: Bericht über den Antrag 467/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein neues, impulskräftiges Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums

12. Punkt: Bericht über den Antrag 462/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung des neuen Pro­gramms für die Ländliche Entwicklung für den Zeitraum 2007 bis 2013

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 529/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der „Pickerl“-Regelung (wiederkeh­rende Begutachtung von Kraftfahrzeugen nach § 57a KFG) hinsichtlich der derzeit ins­besondere aus Verkehrssicherheitsperspektive zu großzügigen Prüfintervalle

15. Punkt: Bericht über den Antrag 213/A (E) der Abgeordneten Petra Bayr, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Abbau von Bürokratie bei der Genehmigung von Motor­rad-Zubehör

16. Punkt: Bericht über den Antrag 387/A (E) der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kol­leginnen und Kollegen betreffend verstärkte Markteinführung lärmarmer Reifen

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005)

18. Punkt: Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationa­len Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevoll­mächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Interna­tionalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und Vorbehalten

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

20. Punkt: Bericht über den Antrag 247/A der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errich­tung eines Bundesamtes für Verkehr (Bundesamt für Verkehr-Gesetz – BAVG) er­lassen und das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraft­fahrgesetz 1967 – KFG 1967), das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vor­schriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), das Bundesgesetz über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG), das Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBG 1998), das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens über die internationale Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchfüh­rungsgesetz 1970), das Bundesgesetz über sichere Container (Containersicherheits­gesetz – CSG), das Kraftfahrzeugsteuergesetz – KfzStG, das Bundesgesetz über den


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Führerschein (Führerscheingesetz – FSG), das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG), das Bundesgesetz über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), das Umsatz­steuergesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Außenhandelsgesetz, das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Zollrecht-Durchführungs-Gesetz, das Bundesgesetz über die All­gemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) und das Bun­desgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz) geändert werden (Bundesamt für Verkehr – Errichtungsgesetz)

21. Punkt: Bericht über den Antrag 400/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Einführung rechtsverbindlicher Grenzwerte für die Griffigkeit von Fahrbahnen sowie ein Schwerpunktprogramm für die Beseitigung von Unfallhäufigkeitsschwerpunkten

22. Punkt: Bericht über den Antrag 634/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Mutto­nen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übereinkommen der UNESCO zum Schutz der kulturellen Vielfalt

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutz­gesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert wer­den

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch in Unternehmensgesetz­buch umbenannt und gemeinsam mit dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz 1965, dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dem Genossenschaftsgesetz, dem Genossenschaftsrevisionsgesetz, dem Firmenbuchge­setz, dem Umwandlungsgesetz, dem Spaltungsgesetz, dem EWIV-Ausführungsgesetz, dem SE-Gesetz, dem Handelsvertretergesetz, der Jurisdiktionsnorm, dem Einfüh­rungsgesetz zur Zivilprozessordnung, der Zivilprozessordnung, dem Rechtspflegerge­setz, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem Privatstiftungsgesetz, dem Unternehmensreorganisationsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichts­kommissionstarifgesetz, dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, dem Mietrechtsgesetz, dem Versicherungsaufsichtsgesetz, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltechnikergesetz 1993 geändert wird sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte Einführungsverordnung außer Kraft gesetzt werden (Handelsrechts-Ände­rungsgesetz – HaRÄG)

25. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002 geändert wer­den

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwalt­schaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden, und Bericht über den

Antrag 525/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, das die Überprüfung des Ermessens gem. § 35 Abs. 2 SMG in den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11a StPO aufnimmt

27. Punkt: Bericht über den Antrag 334/A (E) der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rehabilitierung von Justizopfern des Austro­faschismus


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28. Punkt: Bericht über den Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden

29. Punkt: Bericht über den Antrag 606/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Mag. Walter Tancsits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage des ersten öster­reichischen Männerberichts, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat

30. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit

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Inhalt

Nationalrat

Gedenkworte anlässlich des Ablebens von Friedrich Peter ...................................... 19

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 19

Rufe zur Sache ...................................................................................................  137, 281

Ordnungsruf ................................................................................................................. 155

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 3165/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 37

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         159

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 160

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 162

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 164

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 165

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 167

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 168

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Nicht­kenntnisnahme der Anfragebeantwortung 3165/AB – Ablehnung .......................................................  170, 170

Antrag der Abgeordneten Günter Kößl, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 685/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpoli­zeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländer­beschäftigungsgesetz geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung eine Frist bis 18. Oktober 2005 zu setzen – Annahme .........................................................  37, 282

Antrag der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvor­lage 1070 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 18. Oktober 2005 zu setzen – Annahme ..........  37, 283


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Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 38

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit den Ausfüh­rungen von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel in der gemeinsamen Beratung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 73

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 74

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 74

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 75

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Beschaffung von Euro­fighter-Kampfjets gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ........................................................................................................ 283

Bekanntgabe ................................................................................................................. 125

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 284

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Beschaffung von Kampfflugzeugen gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ........................................................................................................ 285

Bekanntgabe ................................................................................................................. 157

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 288

Aktuelle Stunde (28.)

Thema: „Große Atomausbau-Offensive an Österreichs Grenzen? Paks, Mochovce, Temelίn, Krško: Welche Initiativen setzt Bundeskanzler Schüs­sel?“ ............................................. 19

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 19

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 22

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 24

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 25

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 27

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 28

Erwin Hornek ................................................................................................................ 30

Walter Schopf ............................................................................................................... 31

Maximilian Walch ......................................................................................................... 33

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 34

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 19

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 36

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Verträge betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen (699/A) (E) ................................... 127


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Begründung: Dr. Josef Cap ........................................................................................ 129

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 134

Debatte:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 135

Walter Murauer ........................................................................................................... 137

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 140

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 142

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 145

Anton Gaál .................................................................................................................. 147

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 148

Markus Fauland .......................................................................................................... 150

Mag. Werner Kogler ..........................................................................................  151, 154

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 155

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 157

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 699/A (E) ............................. 159

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1065 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 – HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfonds­gesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührenge­setz 1957 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wer­den und abgabenrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden (1094 d.B.) ................................ 38

2. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammen­hang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird (1095 d.B.) .............................................................................................................. 39

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1075 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungs­scheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanz­gesetz 2006 geändert werden (1093 d.B.)           ............................................................................................................................... 39

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1066 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (1096 d.B.)           ............................................................................................................................... 39

Redner/Rednerinnen:

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 39

Christian Faul ............................................................................................................... 41

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 43

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 45

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 47

Astrid Stadler ................................................................................................................ 49

Gerhard Reheis ............................................................................................................ 50

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 51

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 52


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Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 54

Anna Franz .................................................................................................................... 55

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 57

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 59

Sabine Mandak ............................................................................................................. 61

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 62

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 64

Mag. Herbert Haupt ...................................................................................................... 66

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 68

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 71

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 75

Dr. Richard Leutner ..................................................................................................... 76

Josef Bucher ................................................................................................................. 78

Karl Öllinger .................................................................................................................. 79

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 81

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 83

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 84

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 84

Dr. Gabriela Moser ..............................................................................................  85, 106

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 86

Franz Riepl .................................................................................................................... 87

Maximilian Walch ......................................................................................................... 90

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 91

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 93

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 94

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 96

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 97

Mag. Peter Michael Ikrath ............................................................................................ 98

Herta Mikesch ............................................................................................................... 99

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 100

Jochen Pack ................................................................................................................ 101

Anna Höllerer .............................................................................................................. 101

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 102

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 103

August Wöginger ....................................................................................................... 104

Johannes Zweytick .................................................................................................... 105

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 108

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Katastrophenprävention in Verbindung mit effektiver Sicherheitsforschung zur Verminderung von Katastrophenschäden – Ablehnung ......................................................................  58, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend sozial und ökologisch gestaffelte Sofortmaßnahmen für Pendlerinnen und Pendler – Ablehnung            85, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzu­schusses – Ablehnung .....  95, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Entlastung der Pendlerinnen und Pendler durch mehr Gerechtigkeit bei Kilometergeld und Pendlerpauschale, eine Offensive bei Bus und Bahn sowie Maßnahmen zur Reduzierung der Erdölabhängigkeit – Ab­lehnung ...........................................................................  106, 112


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122. Sitzung / Seite 8

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 1094, 1095, 1093 und 1096 d.B. ...................... 108

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1094 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend eine grunderwerbsteuerliche Erleichterung für Absied­lungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Naturkatastrophen (E 135) .......................................................................................................................... 109

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1063 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 10. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungs­fonds (ADF-X) (1098 d.B.) ...................................................................... 112

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1067 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 14. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA-14) und zum Treuhandfonds für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Trust Fund) (1099 d.B.) ......................................................................................................... 112

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1072 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom Internationalen Währungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit Niedrigeinkommen (1100 d.B.)   ............................................................................................................................. 112

Redner/Rednerinnen:

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 112

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 113

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 113

Petra Bayr ................................................................................................................... 115

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 116

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 117

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 117

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 118

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 118

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 119

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1098, 1099 und 1100 d.B. ................................ 120

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (891 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1038 d.B.) ......................................... 121

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (892 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1039 d.B.) ...................................... 121

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1061 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (1097 d.B.) ..................... 121

Redner:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 121

Genehmigung der drei Staatsverträge in 1038, 1039 und 1097 d.B. ........................... 123


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122. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 467/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein neues, impulskräftiges Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums (1017 d.B.) ... 123

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 462/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erstellung des neuen Programms für die Ländliche Entwicklung für den Zeitraum 2007 bis 2013 (1016 d.B.)                  123

Redner/Rednerinnen:

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 123

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 125

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ..................................................................  126, 194

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 170

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 172

Franz Eßl ..................................................................................................................... 173

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 174

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 180

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 182

Heidrun Walther ......................................................................................................... 184

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 185

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 186

Jakob Auer .................................................................................................................. 187

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 188

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 189

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 190

Norbert Sieber ............................................................................................................ 190

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 191

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 193

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichisches Programm für die Länd­liche Entwicklung 2007 bis 2013 – Ablehnung           175, 196

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1017 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend ein neues, impulskräftiges Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums (E 136)                   196

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1016 d.B. ................................................... 196

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1000 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (1102 d.B.) .................................................................................................................... 196

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 529/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Über­arbeitung der „Pickerl“-Regelung (wiederkehrende Begutachtung von Kraftfahr­zeugen nach § 57a KFG) hinsichtlich der derzeit insbesondere aus Verkehrs­sicherheitsperspektive zu großzügigen Prüfintervalle (1103 d.B.) .............................. 196

15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 213/A (E) der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbau von Büro­kratie bei der Genehmigung von Motorrad-Zubehör (1104 d.B.) .................................................................................................................... 196


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122. Sitzung / Seite 10

16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 387/A (E) der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Markteinführung lärmarmer Reifen (1105 d.B.)                197

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ..................................................................................................................... 197

Werner Miedl ............................................................................................................... 198

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 199

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 200

Petra Bayr ................................................................................................................... 201

Günter Kößl ................................................................................................................ 202

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 203

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 204

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 205

Peter Marizzi ............................................................................................................... 206

Erwin Hornek .............................................................................................................. 207

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 207

Anton Wattaul ............................................................................................................. 208

Anton Heinzl ............................................................................................................... 209

Hermann Gahr ............................................................................................................ 209

Peter Haubner ............................................................................................................. 210

Franz Glaser ................................................................................................................ 211

Christoph Kainz .......................................................................................................... 211

Helga Machne ............................................................................................................. 212

Martin Preineder ......................................................................................................... 213

Annahme des Gesetzentwurfes in 1102 d.B. .............................................................. 213

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1103, 1104 und 1105 d.B. .................... 214

17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1060 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005) (1106 d.B.)                            214

Redner/Rednerinnen:

Gerhard Steier ............................................................................................................ 214

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 215

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 216

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 216

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 217

Anton Wattaul ............................................................................................................. 218

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 218

18. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1001 d.B.): Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Inter­nationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungs­bevollmächtigten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklä­rungen und Vorbehalten (1107 d.B.)                       218

Rednerin:

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 218

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 219

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 219


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122. Sitzung / Seite 11

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (681 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisen­bahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (1108 d.B.) ....................................................................................................... 220

20. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 247/A der Ab­geordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Verkehr (Bundesamt für Verkehr-Gesetz – BAVG) erlassen und das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967), das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), das Bundesge­setz über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Gü­terbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG), das Bundesgesetz über die Beförde­rung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBG 1998), das Bun­desgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens über die internationale Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel und über die beson­deren Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchführungsgesetz 1970), das Bundesgesetz über sichere Container (Contai­nersicherheitsgesetz – CSG), das Kraftfahrzeugsteuergesetz – KfzStG, das Bun­desgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG), das Bundes­gesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG), das Bundesgesetz über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheits­verkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), das Umsatzsteuergesetz, das Ausländer­beschäftigungsgesetz, das Außenhandelsgesetz, das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Zollrecht-Durchführungs-Gesetz, das Bundesgesetz über die Allgemeine Sozial­versicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) und das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz) geän­dert werden (Bundesamt für Verkehr – Errichtungsgesetz) (1109 d.B.) .................................................................................... 220

21. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 400/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung rechtsverbindlicher Grenzwerte für die Griffigkeit von Fahrbahnen sowie ein Schwerpunktprogramm für die Beseitigung von Unfallhäufigkeitsschwerpunkten (1110 d.B.) .................................................................................................................... 220

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ..................................................................................................................... 221

Werner Miedl ............................................................................................................... 222

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 223

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 223

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 224

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 224

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 225

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 226

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 227

Hermann Gahr ............................................................................................................ 227

Johann Rädler ............................................................................................................ 228

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 229

Annahme des Gesetzentwurfes in 1108 d.B. .............................................................. 229


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122. Sitzung / Seite 12

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1109 und 1110 d.B. .......................... 230

22. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 634/A (E) der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überein­kommen der UNESCO zum Schutz der kulturellen Vielfalt (1076 d.B.) ........................................................................................................ 230

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 230

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 231

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 232

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 233

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 234

Johann Rädler ............................................................................................................ 235

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 235

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 236

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 237

Jochen Pack ................................................................................................................ 237

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 238

Christoph Kainz .......................................................................................................... 239

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 239

Karl Freund ................................................................................................................. 240

Anita Fleckl ................................................................................................................. 240

Annnahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1076 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Übereinkommen der UNESCO zum Schutz der kulturellen Vielfalt (E 137) ............... 241

23. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (994 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlas­sen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmus­tergesetz geändert werden (1077 d.B.) ....................................................................................................... 241

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 242

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 243

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 243

Markus Fauland .......................................................................................................... 245

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 245

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 246

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 247

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 249

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 250

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 250

Franz Glaser ................................................................................................................ 251

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 251

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 252

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1077 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Evaluierung der Anwendung des Verbandsverantwortlich­keitsgesetzes (E 138) ....... 253

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1058 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch in Unternehmens-


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122. Sitzung / Seite 13

gesetzbuch umbenannt und gemeinsam mit dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz 1965, dem Gesetz über Gesellschaften mit be­schränkter Haftung, dem Genossenschaftsgesetz, dem Genossenschaftsrevisi­onsgesetz, dem Firmenbuchgesetz, dem Umwandlungsgesetz, dem Spaltungs­gesetz, dem EWIV-Ausführungsgesetz, dem SE-Gesetz, dem Handelsvertreter­gesetz, der Jurisdiktionsnorm, dem Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, der Zivilprozessordnung, dem Rechtspflegergesetz, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem Privatstiftungsgesetz, dem Unternehmensreorganisati­onsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtskommissionstarifgesetz, dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, dem Mietrechtsgesetz, dem Versiche­rungsaufsichtsgesetz, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltech­nikergesetz 1993 geändert wird sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte Einführungsverordnung außer Kraft gesetzt werden (Handelsrechts-Ände­rungsgesetz – HaRÄG) (1078 d.B.) ................. 253

25. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden (1079 d.B.)               ............................................................................................................................. 253

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 254

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 254

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 255

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 256

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 256

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 257

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 257

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 258

Anton Doppler ............................................................................................................ 258

Johann Ledolter ......................................................................................................... 259

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1078 und 1079 d.B. ..................................... 259

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1059 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staats­anwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden, und über den

Antrag 525/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, das die Überprüfung des Ermessens gem. § 35 Abs. 2 SMG in den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11a StPO aufnimmt (1080 d.B.) .......................................................................................... 260

27. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 334/A (E) der Abge­ordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rehabilitie­rung von Justizopfern des Austrofaschismus (1082 d.B.) .................................................................................................................... 260

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 260

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 261

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 263

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 263

Anna Franz .................................................................................................................. 264

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 265

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 266

Markus Fauland .......................................................................................................... 267

Michael Praßl .............................................................................................................. 267


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122. Sitzung / Seite 14

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 268

Christine Marek .......................................................................................................... 269

Annahme des Gesetzentwurfes in 1080 d.B. .............................................................. 269

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1082 d.B. ................................................... 270

28. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 663/A der Abgeord­neten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (1081 d.B.) ........ 270

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 270

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 271

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 272

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 272

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 606/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Mag. Walter Tancsits, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Vorlage des ersten österreichischen Männerbe­richts, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat (1015 d.B.)           ............................................................................................................................. 273

Redner/Rednerinnen:

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 273

Ridi Steibl .................................................................................................................... 274

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 275

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 276

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 277

Karl Öllinger ................................................................................................................ 278

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 278

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1015 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Vorlage des ersten österreichischen Männerberichts, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat (E 139) .......................................................................................................................... 279

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (951 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit (1014 d.B.) ....................................................................................................................................... 279

Redner/Rednerinnen:

Karl Donabauer .......................................................................................................... 280

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 280

Ridi Steibl (tatsächliche Berichtigung) ........................................................................ 281

Karl Öllinger ................................................................................................................ 281

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 282

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 36

Petition betreffend „Initiative zur Verhinderung weiterer Handymasten im Feyreg­ger Wohngebiet“ (Ordnungsnummer 71) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Petition betreffend „Sanierung und Ausbau des Bundesschulzentrums St. Pölten“ (Ordnungsnummer 72) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)


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122. Sitzung / Seite 15

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 36

1083: Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird

1084: Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird

1085: Bundesgesetz zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern (Zoonosengesetz)

1086: Zahnärztereform-Begleitgesetz

1087: Zahnärztegesetz – ZÄG

1088: 7. Ärztegesetz-Novelle

1089: Ausbildungsgesetz Verbrauchergesundheit – AGVG

1090: Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikergesetz 1993 geändert wird

1091: Zahnärztekammergesetz – ZÄKG

1092: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Tierarzneimittelkontrollgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz und das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 geän­dert werden

1111: Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005 – SVÄG 2005

1112: Vertrag zur Änderung des Vertrages zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande über die Binnenschifffahrt

Anträge der Abgeordneten

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Ver­träge betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen (699/A) (E)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (700/A)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Sonderberichts über das ARA-System durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft (701/A) (E)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geändert wird (702/A)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Offensiv-Konzept“ für die „Pinz­gau-Bahn“ zu einer westbahneingebundenen, bevölkerungs-, wirtschafts- und tou­rismusorientierten Normalspurbahn zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur (703/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürgerschaftsrechts­änderungsgesetz 2005) (704/A)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird – Änderung der Besteuerung von Bezugsnachzahlungen im Insolvenzverfahren (705/A)


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122. Sitzung / Seite 16

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation (706/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Opfer der anti-homosexuellen Sonderstrafgesetze amnestiert, rehabilitiert und entschädigt werden (Amnestie-, Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetz AREG) (707/A)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürgerschaftsrechts­änderungsgesetz 2005) (708/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheitskonzept für die EURO 2008 – Sicherheit bei Sportveranstaltungen (709/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (710/A)

Klaus Wittauer, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 und das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen geändert werden (711/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Förderansuchen an die Kunstsektion (3449/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Gesundheitsschutz und Gastgärten (3450/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Intransparenz bei Rückkehrberatung für AsylwerberInnen, Rechtsbera­tung/Rückkehrberatung in der Schubhaft (3451/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rechtswidrige Vorgänge im Zuge der Festnahme und Anhaltung eines Demonstranten gegen das „Ulrichsbergtreffen“ (3452/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend rechtswidrige Vorgänge im Zuge der Festnahme und Anhaltung eines Demonstranten gegen das „Ulrichsbergtreffen“ (3453/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Zeitausgleichs-Wahlrecht an Medizin-Unis (3454/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „TV-Wettkanal für MEC und Premiere“ (3455/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Internetsucht“ (3456/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend persönliche Involviertheit in den Verkauf der ÖBB-Bodenseeflotte (3457/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Defizite im Bereich der Neurorehabilitation nach Schlag­anfällen und Schädel/Hirn-Verletzungen (3458/J)


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122. Sitzung / Seite 17

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Parteispenden der Bundesrechenzentrum GmbH (3459/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Diskriminierungsverbot und Folgeregelungen im Entwurf eines neuen Gesamtvertrags zwischen der Versiche­rungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und der Österreichischen Ärztekammer (3460/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Präzisierung der Kosten von KabinettsmitarbeiterInnen (3461/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Präzisierung der Kosten von KabinettsmitarbeiterInnen (3462/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Präzisierung der Kosten von KabinettsmitarbeiterInnen (3463/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Präzisierung der Kosten von KabinettsmitarbeiterInnen (3464/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Präzisierung der Kosten von KabinettsmitarbeiterInnen (3465/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend fehlende Kosten der KabinettsmitarbeiterInnen (3466/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend fehlende Kosten der KabinettsmitarbeiterInnen (3467/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Diskriminierungsverbot und Folgeregelungen im Entwurf eines neuen Gesamtvertrags zwischen der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Berg­bau und der Österreichischen Ärztekammer (3468/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend fehlende Kosten der KabinettsmitarbeiterInnen (3469/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Ihr Eklat bei der Präsentation des Brennerbasistunnels anlässlich der Regierungsklau­sur in Innsbruck“ (3470/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend „Staatswerbung für Minister Gorbach“ (3471/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bericht des Expertengremi­ums zum ARA-System (3472/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zweifel (3473/J)


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122. Sitzung / Seite 18

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Belastungen durch Mobilfunk und Konsequenzen aus der Re­flex-Studie (3474/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend „PinzgauBahn“-Vertrag zwischen Bund und Land vor dem Schicksalsjahr 2005 (3475/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend VfGH-Verfahren bezüglich Steuer- und Zollkoordination (3476/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend fehlende Statistik zur Darstellung der Mittelvergabe an Nicht­regierungsorganisationen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit (3477/J)

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (Zu 3246/AB zu 3256/J)


09.03.22


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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 120. und 121. Sitzung vom 21. September 2005 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Ent­schließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bun­desregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer wird durch Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat vertreten.

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop wird durch Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

09.06.02Gedenkworte anlässlich des Ablebens von Friedrich Peter

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich mit dem Aufruf der Aktuellen Stunde beginne, möchte ich einige Worte zum Tode von Friedrich Peter sagen.

Friedrich Peter hat über 20 Jahre dem Nationalrat angehört und als Klubobmann des Freiheitlichen Parlamentsklubs 16 Jahre große Verantwortung hier im Hohen Haus getragen. Er hat seinen Beitrag dazu geleistet, dass Österreich von einem Land, das keiner wollte, ein Land wurde, das heute alle wollen. Er hat Österreichs erfolgreichen Weg mitgestaltet. In diesem Sinne möchte ich heute seiner gedenken.

09.06.31Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Große Atomausbau-Offensive an Österreichs Grenzen? Paks, Mochovce, Temelín, Krško: Welche Initiativen setzt Bundeskanzler Schüssel?“

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Sie ken­nen die Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


9.06.56

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schönen guten Morgen! Der 12. September war ein sehr schwarzer Tag für alle Atomgegner/gegnerinnen in ganz Europa. Das erste Mal seit einem Jahrzehnt wurde in Westeuropa wieder der Bau eines Atom-


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kraftwerkes begonnen, nämlich in Finnland. Im September hat der Spatenstich statt­gefunden für ein Projekt – 3 Milliarden € schwer; von einem deutschen und einem fran­zösischen Firmenkonsortium gemeinsam gestaltet –, das unter Umständen eine neue Generation, eine neue Ära von Atomkraftwerken in Westeuropa einleiten könnte.

Dieses finnische Kraftwerk ist auch deswegen ein so trauriger Anlassfall, weil es vor allem Österreich daran erinnern sollte, dass wir anti-atompolitisch einen Auftrag haben. Es hat einmal das Ziel gegeben, ein AKW-freies, ein atomkraftfreies Mitteleuropa zu schaffen. Und es hat immer auch engagierte Menschen in Österreich gegeben, die sich dafür einsetzen – und das ist sicherlich im Interesse der österreichischen Bevölkerung.

In den neunziger Jahren hat es an den österreichischen Grenzen vier neue Reaktoren gegeben. Vier neue Reaktoren wurden geplant, wurden letztendlich finanziert, letztend­lich fertig gebaut. Die österreichische Bundesregierung hat damals schwere Fehler gemacht: Sie hat immer viel zu spät reagiert, viel zu spät protestiert und vor allem viel zu wenig Möglichkeiten für Alternativen angeboten. Das Ergebnis waren dann 1997/98 die zwei Reaktoren in Mochovce, 160 Kilometer von Wien entfernt, und 2000 und 2001 der Reaktor Temelín, 130 Kilometer von Linz entfernt. Jetzt befinden wir uns in einer ähnlichen Situation, und es droht wieder genau das Gleiche: Es wird wieder viel zu spät oder gar nichts gemacht, es werden vielleicht ein paar Briefchen geschrieben, aber im Grunde genommen werden drohende Pläne, Ausbauoffensiven an der Grenze, die jetzt in Diskussion sind, über die jetzt die Entscheidungen getroffen werden, einfach ignoriert beziehungsweise befindet man sich einfach im atompolitischen Schlaf.

Es geht konkret um fünf Reaktorblöcke, und wenn Österreich denselben Fehler macht wie Anfang der neunziger Jahre, nämlich gar nicht zu reagieren, viel zu spät zu reagie­ren, nur ein paar Briefe zu schreiben, dann drohen an den österreichischen Grenzen fünf neue Reaktoren:

In Ungarn gibt es ein sehr altes Kraftwerk, und zwar Paks, das bereits seit 1983 läuft. Es ist 200 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, ein alter Reaktor, ein russischer Reaktor ohne Containment, also ohne Hülle. Das bedeutet, er ist sehr verletzlich, sehr empfindlich gegen Flugzeugabstürze und auch völlig ungeschützt bei Terroranschlägen.

Dieses Kraftwerk läuft schon seit über 20 Jahren, und dessen Betrieb soll jetzt um weitere 20 Jahre verlängert werden. Es gibt bereits eine Umweltverträglichkeitsprü­fung, und es ist zu befürchten, dass eine Genehmigung erteilt wird und sich das Atom­risiko nahe der ungarisch-österreichischen Grenze weiter verlängert und verdoppelt.

Wir haben, was Slowenien angeht, eine sehr bezeichnende Situation. Dort wurde über eine neue Option nachgedacht, und in Österreich hat es große Aufregung gegeben. Das ist genau der Anlassfall, über den man reden sollte, und zwar konkret darüber, wie solche Entscheidungen zustande kommen. Slowenien steht vor der Situation, in den Jahren 2014/2015 zusätzlich Strom zu benötigen, um den Inlandsbedarf zu decken. Und es wird logischerweise jetzt darüber nachgedacht, wie dieser Strombedarf zu decken ist.

In ganz Europa wird über eine Renaissance der Atomenergie diskutiert, in ganz Europa wird über den hohen Ölpreis diskutiert, darüber, dass die fossilen Energieträger vor allem auch auf Grund der Preisabhängigkeit, der Auslandsabhängigkeit keine nachhal­tige Grundlage mehr schaffen können.

Und Slowenien denkt nach. Eine Option ist, Krško zu verlängern und dort einen neuen Reaktor zu bauen. Es gäbe natürlich auch andere Optionen. Es gäbe zum Beispiel die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Verbund – Sava – Wasserkraftwerke zu bauen oder auch gemeinsam mit dem Verbund hocheffiziente Gasturbinen zu machen. Aber um


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das zu verwirklichen, braucht man österreichisches Engagement – und das nicht nur in Form kleiner Protestnoten oder Briefe, sondern man muss Nägel mit Köpfen machen und Alternativen anbieten, damit sich unsere Nachbarstaaten in so einer Situation für die richtige Option entscheiden und nicht für ein neues AKW. (Beifall bei den Grünen.)

Bis jetzt ist noch keine Entscheidung gefallen. Was ich beobachte und was mich sehr traurig stimmt, ist, dass es von Seiten der österreichischen Bundesregierung keine ernsthaften Bemühungen gibt, wirklich Alternativen, wirklich einen Ausweg aus dieser strategischen Falle, in der Slowenien vielleicht spätestens 2014 steckt, anzubieten.

Der nächste Fall ist Mochovce. Die französische Enel hat mittlerweile den slowaki­schen Energiekonzern übernommen, und es ist zu befürchten, dass mit frischem Geld die Reaktoren drei und vier – eins und zwei sind ja leider 1997 und 1998 geöffnet wor­den, ans Netz gegangen – fertig gebaut werden.

Auch hier frage ich mich: Was ist die österreichische Initiative, was sind hier die Ange­bote? Ich halte nichts davon, ausschließlich zu protestieren und zum Schluss verzwei­felte Bürger und Bürgerinnen bei Grenzblockaden stehen zu haben, sondern es muss im Vorfeld etwas geschehen. (Beifall bei den Grünen.) Und auch hier wiederum mein Eindruck, dass weder von Seiten des Umweltministers noch vom Bundeskanzler ernst­haft alternative Optionen angeboten werden, Ideen entwickelt werden. Stattdessen – und das habe ich nicht mit Traurigkeit, sondern mit Ärger beobachtet – hat sich der Bundeskanzler massiv in den deutschen Wahlkampf eingemischt, viel zu massiv für einen Bundeskanzler eines Nachbarstaates parteipolitisch eingemischt und dort eine Kandidatin mit allem Nachdruck unterstützt, die den Atomausstieg in Deutschland rückgängig machen möchte. (Abg. Großruck: Haben Sie nicht auch dem Dr. Fischer geholfen?) Das wäre für Europa und für Österreich eine fatale Entscheidung, aber lei­der waren dem Bundeskanzler hier offensichtlich parteipolitische Interessen wichtiger als die Interessen der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei den Grünen.)

In Deutschland hätten wir 2020 auf Grund der Entscheidung der rot-grünen Bundesre­gierung alle Atomreaktoren vom Netz. Das ist natürlich eine ganz dramatische Wei­chenstellung für die gesamte europäische Atomindustrie. 2020 – das würde bedeuten, dass unheimlich viele Investitionen in neue Technologien, in Alternativen getätigt wer­den müssten, dass geforscht werden müsste, dass Markteinführungsprogramme wei­tergeführt werden müssten und vor allem Großinvestitionen der Energiekonzerne in neue Kapazitäten erfolgen müssten, die nicht gefährlich sind, die nicht Atomrisiko be­deuten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Unter Umständen würde das bei einer Regierung Merkel und einer Regierungsbeteili­gung der FDP, die auch offen sagt, sie will den Atomausstieg rückgängig machen, bedeuten, die Laufzeitverlängerung von 32 Jahre auf 60 Jahre zu verlängern. (Abg. Murauer: Was haben denn die für ein Atomausstiegsszenario in Deutschland?) Das bedeutet eine Vervielfachung des Risikos um 28 Jahre, und Sie wissen – viele von Ihnen haben sich mit der Atomenergie ja sehr intensiv befasst –, dass eine Laufzeit­verlängerung bei einem so hohen Alter eines Atomkraftwerkes ein massives Risiko bedeutet und erhebliche Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen erforderlich macht. Es würde also nicht nur das Risiko dramatisch steigen, sondern es müssten auch entspre­chende Investitionen getätigt werden, und das würde die gesamte Erneuerung des Kraftwerksparks in Richtung erneuerbare Energieträger verhindern oder zumindest um Jahrzehnte verzögern.

Wir waren letzte Woche beim slowenischen Botschafter, und dort wurde natürlich auch offen ausgesprochen, dass die deutsche Entscheidung für ganz Europa maßgeblich sein wird, dass diese Entscheidung eine Weichenstellung für ganz Europa sein wird. Wie immer die Regierung dort ausschauen mag, ein Appell: Bitte diesen Atomausstieg behutsam behandeln und diese so wichtige Weichenstellung nicht rückgängig machen!


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Herr Umweltminister, vielleicht können Sie mir eine Frage beantworten. Weil der Bun­deskanzler sehr wohl Zeit hat für Wahlkampfauftritte in Deutschland, aber nicht, um hier im Hohen Haus drohende Atomszenarien unserer Nachbarstaaten zu diskutieren, frage ich Sie, ob überhaupt von Seiten Österreichs gegenüber Deutschland und den deutschen Parteien, die diesen Ausstieg rückgängig machen wollen, in irgendeiner Form deponiert worden ist, dass das Österreich nicht möchte, dass das die österrei­chische Bevölkerung definitiv nicht möchte (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ) und dass es auch für die Gesamtentwicklung in der Europäischen Union ein dramatischer Rückschlag wäre.

Nicht nur die Rücknahme des Atomausstiegs, sondern natürlich auch der gesamte Boom im Bereich erneuerbare Energien – 130 000 Arbeitsplätze, die in Deutschland in diesem Bereich entstanden sind –, all das sollte, glaube ich, Österreich wichtig sein.

Ein Letztes: Wenn Österreich glaubwürdig sein möchte in dieser Frage des neuen Atomrisikos an Österreichs Grenzen – neue Reaktoren, bei Temelín unter Umständen zwei neue, obwohl die Turbine noch immer nicht funktioniert und nur 80 Prozent Leis­tung schafft; die Tschechen sind sehr stolz auf diese Turbine, aber trotzdem –, dann muss das neue Energiekonzept von Österreich beeinsprucht werden. Dort ist die Nuk­learoption drinnen: Es darf in Temelín keine weiteren zwei Reaktoren geben.

Mochovce: zwei zusätzliche Reaktoren.

Paks in Ungarn: Laufzeitverlängerung.

Das alles in einer Distanz von weniger als 100 Kilometern! Das ist eine Strecke von Leibnitz bis Bruck an der Mur, also alles sehr, sehr nah, alles in der 100-Kilometer-Gefahrenzone.

Dann ist da noch Krško an der Kärntner und der steirischen Grenze.

Wenn man das wirklich ernsthaft bekämpfen möchte, dann reicht es nicht, zwei, drei Briefchen zu schreiben, Herr Umweltminister, sondern dann müssen Sie Nägel mit Köpfen machen, dann müssen Sie denen Alternativen anbieten und dann wollen wir hier Ergebnisse sehen. (Abg. Grillitsch: Redet von „Nägel mit Köpfen“ und weiß gar nicht, was das ist! Unvorstellbar!) Dann muss es auch in der Europäischen Union einen konsequenten Anti-Atomkurs geben und nicht so etwas, wie es Ministerin Gehrer ver­folgt, nämlich die Zustimmung zu einem Atomprogramm, bei dem der Nuklearanteil fast verdoppelt wird und unglaublich viel Geld in zukünftige neue Reaktoren und Forschung gesteckt wird. Das ist inkonsequent. So werden Sie nichts erreichen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zum Wort gemel­det hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Herr Bundesminister, bitte.

 


9.17.02

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zur Frage der großen Atomausbauoffensive an Österreichs Grenzen auch von mir eine Stellungnahme zu dem, was Sie gesagt haben, Frau Abge­ordnete Glawischnig:

Offensichtlich überlegen manche in der Diskussion rund um die Frage fossile Energie­märkte und steigende Preise in diesem Bereich, aber auch um die Frage, wie wir den CO2-Anstieg weltweit in den Griff bekommen können, und zwar in der Frage Klima­schutzpolitik stärker als in der Vergangenheit, wieder in die nukleare Produktion von


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Energie einzusteigen. Das ist aber nicht allein ein europäisches Thema, sondern ein Thema, das noch viel stärker in anderen Teilen der Welt diskutiert wird.

Es gibt auch – und das muss man auch in der Frage einer Atomoffensive an Öster­reichs Grenzen sehen – keine konkreten, von Regierungen beschlossenen Ausbau­pläne entlang der österreichischen Grenzen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das war schon immer so, und dann ist alles zu spät!) Wir sollten nicht suggerieren, dass da oder dort eine Ausbauoffensive unmittelbar bevorstehen würde. Ich gehe dann ganz bewusst detailliert auf jedes einzelne Projekt ein.

Was aber sehr wohl Thema ist – meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das sei ganz offen gesagt –, ist die Frage, dass manche Betreiber und auch Regierungen überlegen, Laufzeitverlängerungen von bestehenden Kraftwerken in Aussicht zu neh­men, und dazu ist von uns auch eine klare Stellungnahme erforderlich. Es gibt – und das sei eingangs erwähnt – kein anderes Land in der Europäischen Union, keine Regierung in Europa, die so klar und deutlich in allen Formationen in der Europäischen Union klarmacht, dass sie gegen den Ausbau der Atomkraft in Europa ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben andere Konzepte, wir zeigen, wie es geht, und niemand in Österreich braucht sich vorwerfen zu lassen, dass wir nicht sehr kon­sequent und klar in dieser Frage auftreten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Klar ist aber auch – und das ist der zweite Bogen, den man diskutieren muss, und dar­auf haben wir 1995 beim Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bestanden –, dass Energiepolitik national gemacht werden soll. Warum? – Weil wir damals auch klargemacht haben, dass wir nicht wollen, dass jemand anderer in der Europäischen Union über den Energiestandort Österreich und die Energieaufbringung in Österreich entscheiden kann. Deswegen haben wir dafür gekämpft, dass Energiepolitik national zu machen ist. In diesem Spannungsfeld haben wir dann auch zu argumentieren und uns mit unseren Argumenten durchzusetzen und entsprechende Antworten zu geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Was hat Österreich getan? – Wir haben sehr viel vorzuweisen: Wir waren erfolgreich im Aufzeigen der Alternativen. Kein anderes Land hat einen derartig hohen Anteil an Wasserkraft in der Energieproduktion!

Frau Abgeordnete Glawischnig, ich nehme von Ihrer heutigen Rede mit, dass Sie die Wasserkraft als Alternative offensiv angesprochen haben. – Ich bin bei Ihnen, ja. (Abg. Jakob Auer – in Richtung Grüne –: Lambach ...! Was war in Lambach mit der Wasser­kraft?) Wir sollen auch zeigen, wie es in Zukunft geht, Energie auf Wasserkraft gestützt zu einem Exportschlager zu machen und auch in Österreich weiter offensiv auf diese Energiequelle zu setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Kein anderes Land hat in der Frage der Alternativen so sehr auf Öko-Strom gesetzt wie Österreich. Deutschland hat es versucht – ich gebe das zu –, aber der Versuch ist leider in den Kinderschuhen stecken geblieben. Wir sind auf einer Tangente, die sich sehen lassen kann: Biomasse, Biogas, Windkraft haben in Öster­reich in den letzten Jahren und Monaten eine Erfolgsstory geschrieben (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Hätten sie – ohne Sie!), und wir kommen auf zirka 7 Prozent dieser erneuerbaren Energie am Gesamtkuchen der Energieproduktion. Auch das wird zum Exportschlager!

Damit komme ich zum dritten Punkt. Wenn Sie sagen: Welche Antworten geben wir diesen Ländern?, darf ich auf Folgendes hinweisen: Ich bin unterwegs mit einer Umwelttechnologieoffensive in den Ländern, die betroffen sind, in den Nachbarländern, um zu zeigen, wie man mit Umwelttechnologie in der Energieproduktion Alternativen zur Atomkraft verwirklichen kann. – Das ist der Punkt!


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Vierter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren – und da komme ich jetzt auf die Einzelprojekte zu sprechen –: Es ist klar, dass wir ganz genau beobachten, wer wo welche Überlegungen anstellt, um entweder Laufzeitverlängerungen vorzunehmen oder neue Projekte im Bereich der Atomkraft zu diskutieren.

Ich möchte mit dem Aufhänger des heutigen Tages, nämlich mit dem Kernkraftwerk Krško in Slowenien beginnen. Da muss man auch klar und deutlich aufzeigen, warum wir diese Debatte haben. Es hat nämlich der Direktor des Betreibers Überlegungen angestellt, Krško entsprechend auszubauen. Ich habe am selben Tag, als diese Über­legungen angestellt wurden – am selben Tag! –, dem Umweltminister Sloweniens einen Brief geschrieben und um Aufklärung ersucht, wie denn jetzt die Regierung in dieser Frage weiter vorzugehen gedenkt. Es kam die Antwort: Es gibt überhaupt keine Entscheidung in dieser Frage Sloweniens betreffend den Ausbau! (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Dann steht sie halt an! Deswegen sollen Sie ja was tun!) – Nein, die slowenische Regierung hat offensichtlich nicht vor, etwas zu tun.

Das sind die Fakten! Und wenn Sie sagen: Briefe schreiben!, dann sehen Sie, dass Briefeschreiben etwas bewirkt, nämlich ein klares Statement des Umweltministers von Slowenien, dass es keine konkreten Ausbaupläne um das Kraftwerk Krško gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Zweiter Punkt: Kernkraftwerk Paks in Ungarn. Dort überlegen tatsächlich der Betreiber und auch die Regierung, eine Laufzeitverlängerung des Kraftwerks vorzunehmen. Auch dort haben wir uns unmittelbar und klar und deutlich artikuliert, nämlich dass im notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren Österreich natürlich eingebun­den sein muss – und wir sind eingebunden. Wir sind in intensivem Kontakt, und es wurde öffentlich klar aufgezeigt: Wir beteiligen uns an der Frage der UVP betreffend die Frage Paks, Ungarn.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Energiepolitik eine nationale Sache ist, dann bleibt uns auch nichts anderes übrig, als uns in den internationalen Verfahren um die UVP oder Espoo-Konvention offensiv zu beteiligen, unseren Standpunkt klar­zumachen. Gehen Sie auch in dieser Frage davon aus, dass wir alles an legistischen Maßnahmen ausschöpfen, um auch in dieser Frage im Verfahren um Paks als Regie­rung Österreichs klar gehört und beteiligt zu sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in Europa auch ein Thema, wel­ches lautet: EURATOM-Vertrag und die Aufstockung der Summe. Auch hier geben wir eine klare Antwort: Es gibt auch in Europa keine andere Bundesregierung, kein ande­res Land, das in dieser Frage einen so klaren und deutlichen Standpunkt bezieht wie Österreich (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler): Wir setzen nicht auf die Atomkraft in Österreich. Wir setzen nicht auf den Ausbau der Atomkraft in Europa. Wir respektieren nationales Recht und engagieren uns mit allen uns zur Verfügung stehenden legisti­schen Mitteln, um diese Ausbaupläne hintanzuhalten. (Abg. Eder: ... Schmäh!)

Das ist unsere Linie. Sie können in dieser Frage damit rechnen, dass diese Linie auch in Zukunft klar und deutlich sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. 5 Minuten Redezeit, so wie alle weiteren Redner in der Aktuellen Stunde. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


9.24.36

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es gibt bei manchen Politikern eine beliebte Taktik, die man „Hal­tet den Dieb!“ nennt – also wenn man selbst Butter am Kopf hat, schnell bei einem


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anderen ein Thema anzuzünden und ein Problem aufzuwerfen. (Abg. Sburny: ... bei der ÖVP! – Abg. Öllinger: Das ist eine ÖVP-Taktik!) Das scheinen die Grünen sich jetzt zum Prinzip zu machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Abg. Sburny: Sie wissen, wovon Sie reden!)

Da gibt es grüne Bürgerinitiativen, die im Burgenland gegen die Windenergie auftreten. Da gibt es grüne Bürgerinitiativen, die damals bei Lambach die Wasserkraft bekämpft haben oder jetzt in Tirol Wasserkraftwerke bekämpfen – aber vermeintlich sind Sie ja trotzdem für die alternativen, für die erneuerbaren Energieträger. Die Praxis spricht lei­der eine andere Sprache. Da kommt man sich ein bisschen vor wie in einer verkehrten Welt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... eine schwarze Bürgerinitiative!)

Um von diesen Dingen abzulenken, Frau Kollegin Glawischnig, zündet man dann ver­meintliche Krisenherde im Ausland an: Weil ein Direktor eines Atomkraftwerkes – und das sei ihm aus seiner Interessenlage heraus unbenommen (Abg. Öllinger: Sagen Sie was über die TIWAG-Planung!) – den Begriff des Ausbaus seines von ihm geleiteten Atomkraftwerkes in den Mund nimmt, macht man daraus eine nationale Katastrophe und eine bilaterale Katastrophe.

Fakt ist – der Herr Bundesminister hat es schon erwähnt und auch aus dem Brief sei­nes Amtskollegen in Slowenien zitiert –, dass daran nichts ist, dass es seitens der slowenischen Regierung keinerlei Aktivitäten und auch keine Beschlüsse in dieser Richtung gibt. Das, was Sie hier betreiben, ist tatsächlich der Versuch, von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken und etwas aufzubauen, auch mit der Angst der Bevöl­kerung – die zugegebenermaßen bei diesem Thema vorhanden ist – zu spielen (Abg. Sburny: Sie sind jedenfalls Meister im Ignorieren der Angst!) und damit Politik zu machen. Das ist zutiefst verwerflich! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie tun noch ein Weiteres: Sie machen Österreich ständig schlecht. – Das hat dieses Land, verdammt noch einmal, nicht verdient! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.) Wir haben den höchsten Wasserkraftanteil bei der Stromerzeugung. Wir haben ein Vorzeigemodell eines Ökostromgesetzes, das sich international sehen las­sen kann (Abg. Mag. Kogler: ... Stromwirtschaft!), und wir haben unzählige Anti-Atom­initiativen in Europa gestartet, die auch zu Erfolgen, jedenfalls Teilerfolgen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... erfolglos!), geführt haben.

Wenn wir dann hier in diesem Hohen Haus konkrete Initiativen setzen, wie unseren letzten Entschließungsantrag vor nicht allzu langer Zeit, nämlich vor gut einem Jahr, dann gehen Sie nicht mit (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, weil wir EURATOM nicht wollen!), so wie eben bei diesem Entschließungsantrag.

Sie sollten sich einmal in den Spiegel schauen und einmal darüber nachdenken, ob das, was Sie sagen, auch mit Ihren Handlungen wirklich übereinstimmt. (Abg. Sburny: Sagt wer?) Ich meine, es stimmt nicht überein! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

9.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Eine Charmeoffensive des Intellekts! – Abg. Neudeck: Kommt jetzt?)

 


9.27.57

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin jetzt ein bisschen perplex über die Rede meines Vorgängers, aber es stimmt auch ein bisschen perplex, dass der Wirtschafts­bund-General gleichzeitig auch Umweltsprecher ist. Das spricht in dieser Frage eigent-


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lich für sich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: Das ist aber posi­tiv!)

Viele Österreicherinnen und Österreicher haben Angst: Sie haben Angst vor den Atom­gefahren, Angst vor Unfällen, Angst um die Sicherheit ihrer Kinder und Enkelkinder. (Ruf bei der ÖVP: ... Angstmache!) – Das ist keine Angstmache. Die Menschen haben Angst! Das ist ein Faktum. Da braucht keiner zu kommen und ihnen das zu erklären.

Tschernobyl ist ein „strahlendes Beispiel“ für die Gefahren der Atomkraft, und die Men­schen in Österreich erwarten sich, dass wir als Parlament uns, aber dass natürlich vor allem auch Sie als Minister und der Bundeskanzler sowie die gesamte Bundesregie­rung sich zum Anwalt dieser Sorgen und dieser Ängste und zum Anwalt dieser Men­schen machen. Immer mehr dieser Menschen haben den Eindruck, dass Sie nicht ein Teil der Lösung sind, sondern mehr und mehr zu einem Teil des Problems werden. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll.)

Dazu einige Beispiele. – Beispiel Temelín: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten haben gleich gesagt, dass wir Temelín für ein Placebo halten, für ein Beruhi­gungsmittel für die Bevölkerung (Abg. Mag. Molterer: Wir halten es für ein Atomkraft­werk!), das in Wahrheit keinerlei Auswirkung auf die Sicherheit der Menschen in Öster­reich haben wird, weil Temelín dadurch nicht sicherer werden wird.

Sie, der Bundeskanzler und Klubobmann Molterer haben uns damals, nach dem Mel­ker Vertrag, vier Dinge verkündet. Sie haben gesagt: Erstens, Temelín wird sicherer werden. Zweitens, der Melker Vertrag wird Teil des Beitrittsvertrages von Tschechien sein und damit – drittens – auch vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar sein. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek – mit einer weit ausholenden Handbewegung –: Sol­che Inserate waren das!) Und viertens: Temelín wird erst dann in den Dauerbetrieb gehen, wenn all diese Sicherheitsfragen geklärt und all diese Sicherheitsbedenken ausgeräumt sind und Temelín auch wirklich auf westeuropäischem Standard sicher gemacht wurde.

Was ist von diesen vier Punkten übrig geblieben? – Gar nichts! Der Vertrag der Melker Protokolle ist nicht Teil des Beitrittsvertrages von Tschechien. Er ist damit auch nicht vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar. Temelín ist um keinen Millimeter siche­rer geworden. Und Temelín ist in den Dauerbetrieb gegangen, obwohl es keinerlei Verbesserungen der Sicherheit gegeben hat. Kein einziger Kernpunkt ist erfüllt worden. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt leider nicht!) Entweder haben Sie den Menschen Sand in die Augen gestreut – oder in dieser Frage einfach vollkommen ver­sagt. Es gibt nur diese zwei Varianten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Anstatt dass Sie jetzt gemeinsam mit den Menschen, vor allem in Oberösterreich und Niederösterreich, in den Grenzregionen, gegen den Dauerbetrieb protestieren oder  – denn eine Klage nach dem Völkerrecht ist möglich – gemeinsam klagen, erklären Sie uns die ganze Zeit, es gäbe keinen Dauerbetrieb, obwohl wir das von den tschechi­schen Behörden schwarz auf weiß haben, und erklären Sie uns die ganze Zeit, es gebe keine Klagsmöglichkeit, obwohl der anerkannte Experte für Internationales Recht Dr. Rotter erst unlängst in einem Gutachten wieder festgehalten hat, dass es sehr wohl möglich ist, auch zu klagen, dass dieser Vertrag eingehalten wird. (Abg. Mag. Molte­rer: Jetzt haben Sie aber gerade gesagt, das ist nicht einklagbar! – Jetzt kenn’ ich mich nicht aus! Sie widersprechen sich ziemlich, Herr Kollege Krainer! Sie widersprechen sich ziemlich!)

Auf europäischer Ebene – als zweites Beispiel – haben die Abgeordneten der ÖVP sieben Mal für die Interessen der Atomlobby, für eine Aufstockung von Atomkrediten gestimmt. – Ich weiß eh, Sie sagen immer, es gehe nur um die Sicherheit (Bundesmi­nister Dipl.-Ing. Pröll: So ist es!), aber in diesem Zusammenhang ein kleiner Aufklä-


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rungsunterricht: In einem Atomkraftwerk geht alles um die Sicherheit – nämlich vor den Brennstäben, die drinnen sind. Das Einzige, bei dem das so nicht gesagt werden kann, sind die Brennstäbe in der Mitte – und alles rundherum dient der Sicherheit! Das ist in Wirklichkeit nur eine billige Ausrede, und Sie haben in Wahrheit damit auch die Atom­kraft zu der am meisten subventionierten Energieform in Europa gemacht, weit mehr noch als die erneuerbaren Energien. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es erfolgt hier keine Panikmache für das, was in den Nachbarländern geschieht. Es ist gut, dass es noch keine Beschlüsse der Regierungen gibt – das haben Sie auch ge­sagt: Es gibt noch keine Entscheidung! –, aber es gibt Diskussionen darüber. Wenn es die Entscheidung gibt, ist es nur meistens schon zu spät. Deswegen ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt, um Initiativen zu setzen, und da können und müssen wir aus Öster­reich natürlich auch etwas anbieten und dürfen nicht nur protestieren. Die Staaten, die der Europäischen Union beigetreten sind – Slowenien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien –, haben sich alle bei ihrem Beitritt auch verpflichtet, ihre erneuerbaren Energien auszubauen. Wir haben auch die Technologie dazu – für die Kleinwasser­kraft, für erneuerbare Energien wie Biomasse oder auch Windkraft –, und das, was wir hier anbieten sollten, ist, dass wir helfen, diese Technologien auch einzusetzen. Wenn nämlich diese Staaten, wie sie es vertraglich zugesichert haben, die erneuerbaren Energien ausbauen, brauchen sie auch keine Atomkraftwerke mehr, und das wäre auch gut für Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.33.19

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es verwundert mich, wenn ich das Hohe Haus und den freiheitlichen Klub anschaue (Abg. Öllinger: Das glaube ich, dass du verwundert bist!): Wir waren die Einzigen, die damals gesagt haben: Trennen wir die Abstimmung bei den Beitritten und sagen wir: Tschechien darf nicht beitreten, wenn die Frage Temelín nicht gelöst ist! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir sind die Umweltpartei! Sag, dass wir die Umweltpartei sind!)

Was hat in diesem Hohen Haus dann stattgefunden? – Ich erinnere mich noch gut, Frau Abgeordnete Glawischnig. Auch Ihre Fraktion hat gesagt: Innerhalb von Europa kann man diese Probleme lösen! – Heute ist wieder alles anders: Sie machen die Bundesregierung verantwortlich für die Atompolitik in Europa! Das ist schon fast lächerlich. Aber bitte, das ist Ihre Art von Politik, so damit umzugehen.

Es gibt 150 Atomkraftwerke in Europa; 25 sind in irgendeiner Form in Planung. Wenn man mit Fachleuten redet, dann sagen sie: Energiepolitisch werden wir es nicht ver­hindern können! (Abg. Rest-Hinterseer: Warum?) – Das ist ein Fakt! (Abg. Rest-Hinterseer: Was? – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Bei dieser Einstellung braucht man nicht weiterzureden!) Es ist traurig, dass in Finnland der Grundstein für dieses Atomkraftwerk gelegt worden ist, und zwar mit Beteiligung der Franzosen und der Deutschen. Aber die österreichische Bundesregierung dafür verantwortlich zu machen und zu sagen, dass sie zu wenig getan habe, das ist wirklich – ich muss es nochmals sagen – lächerlich. Diese Bundesregierung hat vor allem Folgendes getan: Sie hat für ein Frühwarnsystem, für mehr Sicherheit gesorgt! Aber sie hat eines nicht gekonnt, das stimmt – es ist aber auch nicht ihre Aufgabe gewesen, und wenn es möglich gewesen wäre, dann hätte sie es ohnedies getan –, nämlich das zu verhindern.

Wenn ich mir anschaue und mich frage: Was hat es uns selbst gebracht?, dann muss ich sagen: Wir sind umgeben von 19 Atomkraftwerken, die sich unmittelbar in unserer


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Nähe befinden – nur in Italien gibt es keine Atomkraftwerke in Grenznähe. Von diesen 19 Atomkraftwerken sind viele alt und gefährlich, und wir haben es nicht geschafft, sie zu schließen. Aber das fällt auch nicht in den nationalen Bereich.

Wenn hier gesagt wird, es sollen Alternativen geboten werden, dann meine ich: Die Technologie würde Österreich sehr wohl zur Verfügung stellen, aber es ist unmöglich für Österreich, die Frage der Atomenergie oder auch der Energiepolitik für ganz Europa zu lösen. Das wissen Sie. Wenn man verlangt, diesbezüglich hier eine dringliche Stun­de abzuhalten (Ruf bei den Grünen: Eine Aktuelle Stunde!), und sagt, dass die Bun­desregierung mehr tun soll, dann muss man Ihnen sagen: Die Bundesregierung kann das nicht tun, weil diese Bundesregierung für Österreich zuständig ist!

Wir haben es vorhin ja gehört, Abgeordneter Karlheinz Kopf hat es gesagt: Die Grünen sind diejenigen, die überall am Verhindern sind! Wir sehen das in Tirol. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Das sind schwarze Bauern, die das verhindern! Das ist eine schwarze Bürgerinitiative!) Wir wollen Wasserkraft, wir wollen Wasserkraftwerke. Wo sind die Grünen dabei? – Beim Verhindern! Da sagt man dann wiederum, man schütze die Täler. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll in Richtung der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek –: Sind Sie dafür oder dagegen?)

Ich komme nun auf Herrn Abgeordneten Krainer zu sprechen: Ich hoffe, Herr Abgeord­neter Krainer, Sie haben die letzte Aussage von Ihrem – bei Ihnen ja sehr beliebten – früheren Finanzminister Androsch gelesen. Was sagt er? – Der „Industriecapo Han­nes Androsch nimmt sich kein Blatt vor den Mund: ,Der Atomausbau ist unvermeidlich. Alles andere bedeutet, den Kopf in den Sand zu stecken. Österreich hat in Zwenten­dorf eines der sichersten AKWs gebaut, aber nie in Betrieb genommen – ein echter Schildbürgerstreich!‘“. (Abg. Mag. Kogler: „Hahaha“! – Ruf bei der ÖVP: Aha! – Abg. Murauer: Da schau her! Wer war das? Wer hat das gesagt?)

Dann stellt sich Herr Abgeordneter Krainer hier ans Rednerpult wie ein Oberlehrer und versucht, allen zu sagen, wie es funktioniert. – Er soll sich einmal in den Reihen seiner eigenen Partei umsehen! Gerade die Sozialdemokraten sind doch diejenigen, die die­ses Spiel lange Zeit mitgemacht haben! Sie sollen sich daher einmal in ihren eigenen Reihen umsehen, und in diese Richtung halte ich einmal fest: Österreich hat eine Ent­scheidung getroffen, nämlich den Ausstieg aus der Atomenergie, gerade mit Zwenten­dorf, und wir sind vorbildlich! Eines aber haben wir bei der Liberalisierung auch nicht geschafft: Wir in Tirol haben immer noch 27 Prozent Atomstrom – denn der Strom hat eben bei der Liberalisierung kein Mascherl.

Ich würde sagen: Wir müssen schauen, dass wir da herauskommen! Wir müssen schauen, dass wir die Wasserkraft ausbauen, wir müssen schauen, dass wir alterna­tive Energieträger bekommen! – Da müssen Sie die Bundesregierung unterstützen, statt sich hier herauszustellen und zu sagen, wir seien schuld an der europäischen Atompolitik. Das ist falsch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Öllinger – in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Jetzt klär sie einmal auf! Jetzt sag es!)

 


9.37.56

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Herr Vorredner, wie dringlich diese Aktuelle Stunde ist, haben ja nicht zuletzt jene Vertreter der ÖVP bewiesen, in Bezug auf die sich spätestens seit heute


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die Frage stellt, warum Herr Kopf ein Umweltsprecher sein soll; und selbst beim Herrn Minister stellt sich die Frage, warum das ein Umweltminister sein soll. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Also Sie werden das nicht entscheiden, Herr Kogler!)

Ich sage Ihnen Folgendes: Es geht tatsächlich um die Rolle der ÖVP in der Bundes­regierung, was diese ganzen Versäumnisse betrifft, und wir werden gleich darauf ein­gehen, was das etwa im Fall von Krško bedeutet. Nur so viel vorweg zu Ihrer Haltung: Ganz offensichtlich sind ja hier jetzt schon die Agenten der Stromwirtschaft auf die Abgeordnetenbänke eingeschleust worden (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen – Abg. Scheibner: Na, na, na! Was ist da los?) – das hat ja jeder sehen und hören können. Aber was den Herrn Bundesminister für Umwelt betrifft, so kann ich nur sagen: Ein mäßig begabter Verkleidungskünstler! Das hat mit „Umwelt­ministerium“ nichts mehr zu tun, was Sie da heute und in der letzten Zeit abgeliefert haben! Respektive ist die Linie der Regierung Schüssel eine des Herrn Ministers Bar­tenstein. Es ist ja kein Zufall, dass Herr Schüssel die Atomlobbyisten in Deutschland im Wahlkampf unterstützt und hier schwänzt. So ist es ja doch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt sollte man die Leute einmal darüber aufklären – oder vielleicht auch die einen oder anderen Abgeordneten in Ihren Reihen (Abg. Neudeck: Das ist aber wieder eine Räubersg’schichte!), denn Sie sind ja immer sehr anfällig für die Wahlkämpfe des Herrn Lopatka, sodass Sie das am Schluss dann selbst glauben –, man sollte Sie also wirklich einmal aufklären, was hier Sache ist: was etwa Herr Minister Bartenstein im zuständigen Wirtschaftsausschuss sagt. Dort haben Sie nämlich überhaupt keinen Auftritt, Herr Bundesminister, dort haben Sie keine Möglichkeit. Sie sind zuständig für diverse Charmeoffensiven, erklären, wer regierungsfähig ist und wer nicht (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Das wird immer deutlicher!) – und das Ganze ist für den Hugo, denn es gibt eine Bartenstein-Schüssel-Linie, und diese lautet: eine Uralt-Energiepoli­tik!

Sie wollen in Zukunft auch in Österreich Milliarden für nichtregenerierbare Energieträ­ger wie massenhaft Kapazitäten für Gaskraftwerke und Ähnliches zur Verfügung stel­len. Das steht in Ihren Ausbauprogrammen. Sie schwänzen offensichtlich auch den Wirtschaftsausschuss, sonst wüssten Sie das. (Beifall bei den Grünen.)

So glaubwürdig ist Ihre Linie nicht, und genau um diesen Vergleich geht es. Wer hat die Zukunftskompetenz in einer fortschrittlichen Energiepolitik? (Rufe bei der ÖVP: Die Grünen nicht!) Sicher nicht diese „Retro-Abteilung“, die hier aus mir gänzlich unver­ständlichen Gründen dauernd dazwischenruft. Sie sollten auf das nächste Argument warten. (Abg. Schöls: Wer, wenn nicht er?) Die Glaubwürdigkeit der mehr oder weni­ger ÖVP-Alleinregierung in dieser Frage ist ja auch dadurch untergraben, dass sie in Sachen Atompolitik sehr wohl Handlungen im Sinne von Unterlassungen setzt. Es ist ja nicht so, dass Sie alles unternommen haben, wie Sie gesagt haben, wobei sich das Repertoire Ihres „Alles-unternehmen“ ohnehin darin erschöpft, Briefe zu schreiben, wie wir hören.

Aber ich sage Ihnen Folgendes: In Slowenien ist die Lage möglicherweise nicht viel anders als in Österreich. Dort werden am Schluss auch die Kraftwerksbetreiber mehr zu sagen haben als irgendwelche Umweltminister. Deswegen beruhigt mich der Brief, den Sie hier zitiert haben, überhaupt nicht. Ich zitiere nochmals den Kraftwerksdirektor, und wenn die Verhältnisse dort so sind wie in Österreich, dann wird er sich viel schneller durchsetzen als der dortige Umweltminister. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Guten Morgen, Österreich!) Jetzt ist nämlich nichts mehr unmöglich. Es geht um den Ausbau weiterer Blöcke in Krško, und wenn Ihre einzige Reaktion ist, zu schnarchen, dass sich die Grenzbalken biegen, so muss ich sagen: Das ist zu wenig!


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Mich macht das auch betroffen, was in Krško vor sich geht. Es geht nicht nur darum, ob ein neuer Block gebaut und hochgefahren wird, sondern es geht ja auch darum, dass der jetzige Block bereits auf einer Erdbebenlinie steht. Die steirische ÖVP hat jahrelang eine Werbekampagne geführt, aber auch nicht mehr. Die Grünen sind nicht unterstützt worden. Wir sind nach Slowenien gefahren, haben uns sogar vor das Kraft­werk gesetzt. Nun mögen Sie über so etwas schmunzeln, aber auch das könnte die Aktion eines engagierten Abgeordneten sein.

Sie haben Steuergeld in die Hand genommen, eine Inseratenkampagne geführt, zwei­mal mit Landeshauptmann Haider – damals noch eine wunderbare Achse, man erin­nert sich: Schwarz-Blau, Steiermark-Kärnten –, und haben das Geld der Steuerzahle­rInnen zum Fenster hinausgeschmissen, um Aktivitäten zu bewerben, die nicht statt­gefunden haben. Das ist Ihr ganzes Konzept! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Das erleben wir bis in die Bundesregierung hinein. Das Ganze hat ja eine originär stei­rische Handschrift, auch wenn sich Herr Lopatka jetzt wieder irgendwo im Verstecken üben will.

In der Steiermark ist auch der Bezug zur Unglaubwürdigkeit in Ihrer Atompolitik durch die 380-kV-Leitung gegeben. Damit wird Österreich zur Atomdrehscheibe in Europa. (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein!) Das ist keine Steiermark-Leitung, denn die wird dort nicht gebraucht. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Die Stei­ermark-Leitung wird als solche nicht gebraucht, die gibt es schon. Sie betreiben Atomstromtransit auf Steuerzahlerkosten, und jetzt verneigen ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Glauben Sie, was Sie sagen?)

9.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Ist das Ihr Schlusssatz, Herr Abgeordneter?

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Kogler.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minu­ten. – Bitte.

 


9.43.38

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzter Herr Kollege Kogler, ich werde versuchen, Licht ins Dunkel der Energiepolitik der Grünen zu bringen. Ich bin Ihrer Partei an und für sich sehr dankbar dafür, dass sie dieses Thema für die Aktuelle Stunde gewählt hat (demonstrativer Beifall der Abg. Mandak), weil dies die Möglichkeit bietet, über ein wichtiges Thema der Gegenwart, nämlich die Energiepolitik, und über das zentrale Thema der Zukunft zu diskutieren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wie gefällt Ihnen der Atomkurs Ihrer Schwesterpartei in Deutschland? Sagen Sie einmal!) – Frau Kollegin Glawischnig, Ihnen werde ich noch Zeit widmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines muss uns ganz klar sein: Energie hat viele Gesichter. Auf der einen Seite strahlende Großstädte, beinahe uneingeschränkte Mobilität, aber auf der anderen Seite auch brennende Ölfelder wie im Irak und ein zerstörtes Atomkraftwerk wie in Tschernobyl. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sagen Sie etwas zum Atomkurs von Frau Merkel!) Ich kenne niemanden in diesem Haus, der sich für die Atomkraft einsetzt. Ganz im Gegenteil! Österreich ist jenes Land, das in diesem Zusammenhang eine klare Linie vertreten hat, es hat ein Atomkraftwerk, ob­wohl es gebaut wurde, zugesperrt und geht auch in dieser Frage einen klaren und kon­sequenten Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Bundesregierung stellt im Speziellen unter Beweis, dass sie das Thema „er­neuerbare Energie“ ernst nimmt. Quasi über Nacht, innerhalb von zwei Jahren wurde


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im Ökostrombereich ein Prozentsatz von 7 Prozent erreicht. 7 Prozent innerhalb von zwei Jahren! Das ist ein relativ kurzer Zeitraum, wenn man sonst im energetischen Bereich von Jahrzehnten redet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde massiv in erneuerbare Energien investiert: bei fester Biomasse beim Ökostrom eine Steigerung von 54 Megawatt auf 309 Megawatt, bei Biogas von 12 Megawatt auf 70 Megawatt, bei der Windkraft – jetzt bereits! – von 140 Megawatt auf 865 Megawatt. Das kann sich sehen lassen. Da kön­nen sich die Deutschen anstrengen, Herr Kollege Kogler! – Zum einen.

Zum anderen hat diese Bundesregierung einen großen Schritt gesetzt, um Treibstoffe zu kompensieren, um uns unabhängiger von Kraftstoffen aus dem Ausland und spe­ziell vom Erdöl zu machen. Ich darf Sie daran erinnern, dass in diesem Haus beschlos­sen wurde, dass vom 1. Oktober 2005 an 2,5 Prozent des gesamten Kraftstoffs aus erneuerbaren Energien kommen werden, vom 1. Oktober 2007 an 4,3 Prozent und vom 1. Oktober 2008 an 5,75 Prozent. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Reden Sie ein bisschen über die grenznahen AKW auch?)

In naher Zukunft wird mehr Energie von den Feldern der Bauern in Österreich kommen als von den österreichischen Erdölfeldern. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Ich mahne aber auch ein, darüber nachzudenken, ob es sinnvoll ist, dass wir in Österreich noch immer Dieselkraftstoff in gefärbter Form nur zum banalen Heizen verwenden, wenn wir uns doch darüber Gedanken machen, wie wir die Zukunft gestalten.

Wenn Sie das Regierungsübereinkommen aufmerksam gelesen haben, dann werden Sie dort eine interessante Stelle gefunden haben, die sich mit moderner Zukunftstech­nologie auseinander setzt. Österreich ist jetzt bereits bei Umwelttechnologien weltweit Marktführer und wird es in diesem Bereich noch wesentlich mehr werden. Es findet sich im Regierungsübereinkommen ein Punkt, der sich Gasifikation nennt, womit es in Zukunft möglich sein wird, biogene Kraftstoffe in sinnhafter Art und Weise zu transpor­tieren, nämlich über Erdgasleitungen und in vielen anderen Formen mehr. Sie werden dann nicht mehr nur Erdgasleitungen heißen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier eine gemeinsame Herausfor­derung zu bewältigen. Wer in der Energiepolitik gegen alles ist, der ist bedauerlicher­weise für nichts! Frau Kollegin Glawischnig, es genügt nicht, mit einem Plastikhut, den man allgemein als Schutzhelm bezeichnet, rund um ein Atomkraftwerk zu laufen. Ich muss Ihnen sagen: Er steht Ihnen nicht gut, er steht dem Kollegen Max Walch wesent­lich besser. (Abg. Mag. Lapp: Haha! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was soll das? Wenn Sie mich beleidigen wollen, können Sie es anders auch machen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden in Zukunft die Energiethematik wesentlich ernster nehmen müssen und uns wesentlich intensiver damit auseinander setzen müssen, aber das in einer glaubwürdigen Form. Hier wird man an den Taten und nicht an den Worten gemessen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schopf. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


9.48.12

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch ich möchte diese Aktuelle Stunde vor allem als Abgeordneter des Mühlviertels, der Grenzregion zu Tschechien, dazu nützen, um mich mit der Situation des Atomkraftwerkes Temelín und insbeson­dere auch mit den Inhalten des Melker Prozesses, der Melker Vereinbarung zwischen


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den Verantwortlichen Österreichs und den Verantwortlichen Tschechiens auseinander zu setzen.

Ich möchte aber diese Gelegenheit auch dazu nützen, liebe Kolleginnen und Kollegen, um mich an dieser Stelle im Namen der Sozialdemokratie sehr herzlich bei den Akti­vistinnen und Aktivisten vor allem im Mühlviertel und im Waldviertel zu bedanken, die jahrelang, jahrzehntelang sehr großes Engagement im Kampf gegen die Atomkraft, im Kampf gegen das Atomkraftwerk Temelín gezeigt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.) Ich bitte Sie, weiterzukämpfen, liebe Kolleginnen und Kolle­gen!

Stellvertretend möchte ich mich auch bei drei sehr großen Organisationen in unserer Region bedanken: beim Komitee der österreichischen Anti-Atom-Bewegung, bei der Plattform gegen Atomgefahren und bei den Müttern gegen Atomgefahr. Sehr geehrte Damen und Herren: ein sehr herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Und bei Landeshauptmann Pühringer! Den hat er vergessen!)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Melker Vereinbarung versuchte man, ver­suchten Bundeskanzler Schüssel und Minister Pröll Sicherheitsverbesserungen zu erreichen. Es wurden Kommunikationsrichtlinien festgelegt. Es wurde festgelegt, dass quasi ein Endbericht bezüglich Temelín übermittelt wird.

Herr Minister! Sie meinten noch vor wenigen Wochen: Die Melker Vereinbarung ist einzigartig! – Es ist richtig, es ist tatsächlich einzigartig, wie der Melker Prozess ge­scheitert ist. Ich betone: Der Melker Prozess, meine Damen und Herren, ist geschei­tert! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Minister! Sie sagten – und das ist nachzulesen –: Wir wissen von keinem Atom­kraftwerk so viel wie von Temelín! – Das ist richtig! Wir wissen mittlerweile, dass es 80 Störfälle in diesem Atomkraftwerk gab.

Sie meinten weiters: Wir werden sehr gut und schnell informiert! – Herr Minister, das ist falsch! Die Bevölkerung in unserer Region, im Mühlviertel, wird sehr spärlich und sehr oft sehr verspätet über diese Störfälle informiert.

Herr Minister, Sie sagten als vierten zentralen Punkt: Wir haben ein hervorragendes Gesprächsklima mit den verantwortlichen Behörden und mit dem Betreiber von Teme­lín! – Das kann richtig sein. Aber das Gesprächsklima ist nicht immer entscheidend. Entscheidend ist das Ergebnis, und das Ergebnis, Herr Minister, ist, dass Temelín im Dauerbetrieb ist.

Kollege Krainer hat das hier bereits erwähnt. Sie haben das vor wenigen Monaten im Ausschuss noch bestritten, Herr Minister, obwohl ich Ihnen hier an dieser Stelle mitt­lerweile den Bescheid übermittelt habe, nämlich den Bescheid der Staatlichen Behörde für nukleare Sicherheit in Tschechien, aus welchem ersichtlich ist, dass sich das Atom­kraftwerk Temelín bereits seit 11. Oktober 2004 im Dauerbetrieb – leider im Dauer­betrieb – befindet.

Meine Damen und Herren! Es ist dieser Bundesregierung, Bundeskanzler Schüssel und Minister Pröll leider nicht gelungen, rechtliche Sanktionen im Melker Prozess so zu verhandeln, so einzubauen, dass sie auch im Nachhinein einklagbar sind. Die Regie­rung hat diesen Punkt leider verschlafen. Auch im Beitrittsprotokoll mit Tschechien haben Sie, Herr Bundesminister, darauf verzichtet, die Inhalte der Melker Vereinbarung zu verankern.

Meine Damen und Herren! Die Bevölkerung im Mühlviertel, die Bevölkerung an der Grenze zu Tschechien ist verunsichert. Die Bevölkerung hat Angst; ich denke, die


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Bevölkerung hat zu Recht Angst – wie schon erwähnt –, weil es mittlerweile an die 80 Störfälle gibt.

Herr Minister Pröll, zur Frage des Endberichts: Wo ist der Endbericht? Haben Sie den Endbericht? Was steht in diesem Endbericht? Welchen Inhalt hat er? – Herr Minister, ich denke, Sie schieben diesen Endbericht wahrscheinlich vor sich her, weil Sie an­sonsten öffentlich eingestehen müssten, dass Temelín genauso unsicher ist wie eh und je. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich fordere zum Schluss die Verantwortlichen in der Regierung (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), insbesondere den Herrn Bundeskanzler auf, während der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs nochmals die Zeit zu nützen, um europaweit gegen die Atomlobby aufzutreten und somit europaweit den Ausstieg aus der Atomenergie zu forcieren. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Gradwohl: Ohne Helm!)

 


9.53.44

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Atomkraftwerke gehören zu den gefährlichsten Kraftwerken, denn wenn irgendetwas passiert, kommen radioaktive Strahlen in die Umgebung. Man hat das in Tschernobyl gesehen. Leider gibt es in anderen Ländern Politiker und Atomkraftwerksbetreiber, die trotzdem versu­chen, neue AKWs zu errichten – so wie in diesem Fall das AKW Temelín.

Zum Kollegen Schopf möchte ich sagen: Ich kann vieles unterstützen, was er hier gesagt hat, ich kann aber die Handlungsweise seiner Partei im Fall des AKW Temelín nicht unterstützen. Ich kann mich noch erinnern: Als 1983 der Baubeginn des AKW Temelín erfolgte, da hat die SPÖ den Regierungschef gestellt, und da war jahrelang oder fast jahrzehntelang Schweigen im Walde, als dieses AKW errichtet wurde. Sie haben so „laut“ protestiert, dass man es nicht einmal in Tschechien gehört hat.

Was mich besonders ärgert: Wir hier im Parlament haben eine tschechisch-österrei­chische Freundschaftsgruppe. Im Frühjahr dieses Jahres haben wir uns mit den tsche­chischen Kollegen in Weitra getroffen. Dort haben wir – Kollegin Moser war dabei – das AKW Temelín, die Beneš-Dekrete und vieles mehr angesprochen. Ich glaube, es war auch sehr sinnvoll, dort mit den tschechischen Kollegen zu reden und zu fragen: Wie stellt ihr euch das vor? Was wird unternommen? Welche Forderungen haben die österreichischen Politiker?

Ich muss sagen, es war ein sehr interessantes Gespräch. – Natürlich ist keiner zustän­dig, keiner verantwortlich! Aber interessant ist Folgendes: Kollege Schopf stellt sich hier heraus und kritisiert. Aber, wer, glaubt ihr, war nicht bei diesem Treffen dabei? – Die SPÖ! Und der Kollege Schopf auch nicht, denn ihm war etwas anderes wichtiger, als sich dort für die österreichische Bevölkerung beziehungsweise für die Regierung einzusetzen, damit man alles und zu jeder Zeit – wenn man die Möglichkeit hat – un­ternimmt, um gegen dieses Kraftwerk aufzutreten.

Was Temelín anbelangt, möchte ich auch Folgendes schildern – etwas, was leider schmerzlich ist –: Ich war sehr oft – ich glaube, fast 100 Mal – an der Grenze bei Wul­lowitz. Dort wurden viele Protestaktionen beziehungsweise Grenzblockaden gemacht. Dort war einmal auch ein Abgeordneter, Rudolf Anschober, und er hat an der Grenze öfters gesagt: Wenn ich etwas zu reden hätte, das sage ich euch, dann würde das anders ausschauen! Er sagte, er habe gute Kontakte zu Tschechien, da würde dieses AKW stillgelegt werden.


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Jetzt hat dieser Rudolf Anschober etwas zu reden, er ist Umweltlandesrat in Oberöster­reich. (Rufe bei den Grünen: Gott sei Dank!) Ich höre nichts mehr von ihm in diesem Zusammenhang! Schweigen im Walde! (Abg. Dr. Gabriela Moser hält schriftliche Un­terlagen in die Höhe.) – Moment, auf Papier kann man viel schreiben, aber bewegt hat sich dort in dieser Frage bis heute nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Es ist schon interessant: Wenn man Opposition betreibt, dann kann man große Worte machen, wenn man aber Verantwortung trägt, dann sind wenige Taten vorhanden!

Ich muss wirklich sagen: Die österreichische Bundesregierung hat sich bemüht. So, wie es Kollege Wittauer gesagt hat: Wir Freiheitlichen waren in diesem Haus die Einzi­gen, bei denen in Vertretung des gesamten Parlamentsklubs zwei Abgeordnete – der Umweltsprecher und der Energiesprecher – gegen die EU-Osterweiterung um Tsche­chien gestimmt haben. Das waren wir, die Einzigen hier! Ich habe von den Grünen nichts gesehen und ich habe auch von den Sozialdemokraten nichts gesehen.

Ich würde wirklich ersuchen, in Zukunft dieses Problem der AKWs ... Diese Energie ist sehr gefährlich. Ich glaube, es gibt niemanden hier im Haus, der sagt: Es soll so ein Kraftwerk erbaut werden!, denn wenn bei der Errichtung beziehungsweise später etwas passiert, dann drohen Tausende Tote.

Wir müssen alles daransetzen, dass keine neuen Atomkraftwerke gebaut und die alten Schrottkraftwerke eingemottet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

9.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.58.18

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Danke fürs Auflegen, Herr Kol­lege Walch: Herr Landesrat Anschober hat ein Gutachten darüber in Auftrag gegeben, ob das Ergebnis des Melker Prozesses einklagbar ist, und dieses Gutachten liegt hier vor. Der Herr Minister klagt aber nicht. Wir werden das jetzt beobachten. In den nächs­ten Wochen werden diese Gespräche zu Ende geführt. Dann werden wir sehen (Abg. Mag. Molterer: Vorhin hat Kollege Krainer gesagt, das ist nicht einklagbar!) – Sie können das auch gerne von mir in Kopie haben, Herr Minister –, was Sie mit diesem Prozess weiter machen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn die Grünen in Regierungsverantwortung kommen, dann passiert wirklich etwas, dann geht wirklich etwas weiter! (Abg. Großruck: Wie in Deutschland!)

Ich möchte jetzt noch einmal eine Zusammenschau zum Thema Risikotechnik Atom­energie machen. Das Risiko, dass in Europa ein Super-GAU stattfindet, liegt bei 16 Prozent. Das besagt eine Analyse in der „Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke“, die im Jahr 2002 in Auftrag gegeben wurde. 150 Atomkraftwerke sind in Europa in Betrieb. Dieses Risiko von 16 Prozent ist in etwa vergleichbar mit dem, wie oft es vor­kommt, dass man auf Anhieb einen Sechser würfelt.

Die Regierung geht mit diesem Risiko aber so um, dass sie dafür ist, dass weitere 3,1 Milliarden € des EU-Budgets in die Technologie-Kernfusion gesteckt werden. Wie soll man das verstehen? Wer kann das verstehen? – Das betrifft nicht nur die Kern­fusion, sondern es betrifft auch neue Atomreaktoren.

Zweiter Punkt: Atomstrom ist für die Energieversorgung verzichtbar. Wieso ist das so? – Wenn das so ist, warum stecken wir dann neuerlich auf Grund der Unterschrift


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von Frau Ministerin Gehrer 3,1 Milliarden € in diese Technologie, obwohl sie nur 2,3 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs deckt? (Abg. Großruck: Das ist falsch! Falsch ist das!) Wenn wir genau diese Summe in die Erforschung von erneuerbaren Energieträgern stecken würden, dann stünden wir heute ganz woanders. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Atomenergie ist ein unglaublicher Müllproduzent. Wir hinterlassen unseren Erben und unseren Kindeskindern einen Berg von Problemen (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wir haben keine Atomkraftwerke!), von denen wir heute nicht wissen, wie sie das lösen sollen. Wir haben keine Atomkraft, Herr Minister, das ist richtig. Aber die Schweiz plant ein Endlager in Benken, das ist in der Ost-Schweiz nahe der österreichi­schen Grenze. Das heißt, wir haben dann mit dieser Endlagerproblematik unmittelbar zu tun, davor können wir nicht die Augen verschließen. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt Alternativen zur Atomenergie, das wissen Sie ganz genau. Wir könnten 100 Prozent der Energie aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse erwirtschaften. Die abgewählte rot-grüne Regierung Deutschlands (Heiterkeit des Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll) hat errechnet, dass bis zum Jahre 2050 die gesamte deutsche Energiever­sorgung mit erneuerbaren Energien realisierbar ist. Doch Sie freuen sich darüber, dass jetzt Ihre Schwesterpartei den Ausstieg aus dem Atomausstieg propagiert! Wie sollen wir das verstehen? – Sie sagen in Österreich das eine, und in Deutschland predigen Sie dann das andere, nämlich dass Atomenergie sehr wohl gut ist. Wie soll man das verstehen? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Abgesehen davon haben Sie vor, das Ökostromgesetz so zu verändern, dass es der Todesstoß für dieses Gesetz sein wird. Wir haben noch immer nur einen Anteil von einem Drittel beim Ökostrom, was jährlich an Verbrauch dazu wächst. Das ist also keine Erfolgsgeschichte, obwohl Sie uns das weismachen wollen.

Zum Schluss komme ich zu etwas für mich ganz Wichtigem: Atomenergie bringt ein permanentes Sicherheitsrisiko mit sich, und zwar nicht nur wegen des Atombomben­baus, sondern auch deshalb, weil Atomreaktoren nicht wirklich sicherbar sind. Es hat folgende Geschichte bei ISA 1 gegeben: Man hat darüber nachgedacht, riesige Eisen­ständer mit riesigen Netzen darüber zu errichten, sodass ein Flugzeug abgefangen werden könnte. Man ist aber davon abgegangen. Was ist jetzt der Weisheit letzter Schluss? – Man hat Nebelanlagen errichtet und wird das Atomkraftwerk einnebeln, wenn irgendeine Gefahr droht. Die Pilotenvereinigung kann über so viel Unverstand nur den Kopf schütteln. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Jürgen Trittin!) Das ist keine Sicherheitspolitik! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Die Atomenergie för­dert die Verbreiterung von Atomwaffen und ist ein Hochsicherheitsrisiko.

Noch eine letzte Frage an Sie, Herr Minister: Es gibt eine Petition in Europa, mit der 1 Million Unterschriften gesammelt werden sollen, damit die Ausstiegsszenarien end­lich auch von der EU-Kommission verhandelt werden. Haben Sie diese Petition schon unterschrieben? – Wenn nicht, dann bitte ich Sie darum. (Beifall bei den Grünen.)

10.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war jetzt wirklich der Schlusssatz, Frau Kollegin! Sie haben 6 Minuten geredet!

Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.03.58Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3449/J bis 3454/J;

2. Anfragebeantwortungen:

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 3246/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird (1083 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird (1084 d.B.),

Bundesgesetz zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern (Zoonosen­gesetz) (1085 d.B.),

Zahnärztereform-Begleitgesetz (1086 d.B.),

Zahnärztegesetz – ZÄG (1087 d.B.),

7. Ärztegesetz-Novelle (1088 d.B.),

Ausbildungsgesetz Verbrauchergesundheit – AGVG (1089 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikergesetz 1993 geändert wird (1090 d.B.),

Zahnärztekammergesetz – ZÄKG (1091 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Medi­zinproduktegesetz, das Tierarzneimittelkontrollgesetz, das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz und das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 geändert werden (1092 d.B.),

Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005 – SVÄG 2005 (1111 d.B.).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 71 betreffend „Initiative zur Verhinderung weiterer Handymasten im Feyr­egger Wohngebiet“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Petition Nr. 72 betreffend „Sanierung und Ausbau des Bundesschulzentrums St. Pöl­ten“, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl;

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiati­ven an andere Ausschüsse:

Verkehrsauschuss:

Petition Nr. 59 betreffend „Gegen die Verschiebung des Umbaues des Hauptbahn­hofes St. Pölten und des Weiterbaues der Güterzugumfahrung St. Pölten“, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 64 betreffend „Autobahn – Ortsdurchfahrt von Altlengbach (Bereich A 1 Knoten Steinhäusl)“, überreicht vom Abgeordneten Johann Kurzbauer;


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2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Verkehrsausschuss:

Vertrag zur Änderung des Vertrages zwischen der Republik Österreich und dem König­reich der Niederlande über die Binnenschifffahrt (1112 d.B.).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeit­punkt eingebrachten Selbständigen Antrag 699/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gu­senbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Offenlegung der Verträge betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3165/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwor­tung 3165/AB der Anfrage 3198/J der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Betriebsprüfung des Kunsthistorischen Museums durch den Herrn Bundesminister für Finanzen durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird diese Kurzdebatte nach der Debatte über den Dringlichen Antrag durchgeführt werden.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Kößl und Dr. Partik-Pablé beantragt haben, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Be­richterstattung über den Antrag 685/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Frem­denpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Auslän­derbeschäftigungsgesetz geändert werden, eine Frist bis 18. Oktober 2005 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung, also am späten Abend, zur Abstimmung gebracht werden.

Darüber hinaus haben die Abgeordneten Rosenkranz und Steibl beantragt, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit der das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Fami­lie & Beruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 geändert wird (1070 der Beilagen), eine Frist bis 18. Oktober 2005 zu set­zen.

Auch dieser Fristsetzungsantrag wird nach Beendigung der Verhandlungen, also am späten Abend, abgestimmt werden.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 5 bis 7, 8 bis 10, 11 und 12, 13 bis 16, 19 bis 21, 24 und 25, 26 und 27 der Tages­ordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die so beschlossene Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Ge­staltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitlicher Parlamentsklub 120 Minuten und Grüne 130 Minu­ten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatten in der Zeit von 10.10 Uhr bis 12.57 Uhr, die vom ORF live übertragen werden, getroffen: für die De­batte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, Themenblock „Hochwasseropferent­schädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz“, von zirka 10.10 Uhr bis längstens 11.30 Uhr zunächst je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 6 Minuten, anschließend ein Regie­rungsmitglied mit 8 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten und in weiterer Folge ein Regierungsmitglied mit 6 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 4 Minuten.

Die Debatte über diesen Themenblock wird danach informell, spätestens aber um 11.30 Uhr unterbrochen.

Für die Debatte über die Tagesordnungspunkte 3 und 4, Themenblock „Beschäfti­gungsförderungsgesetz und Einkommensteuergesetz“, von spätestens 11.30 Uhr bis 12.57 Uhr wird folgende Redezeitvereinbarung getroffen: zunächst je eine Wortmel­dung pro Fraktion mit 8 Minuten, anschließend ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, dann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten, ein Regierungsmitglied mit 8 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 4 Minuten.

Ab 12.57 Uhr wird die gemeinsame Debatte über alle vier Themen in der üblichen Rei­henfolge gemäß § 60 der Geschäftsordnung des Nationalrates fortgesetzt.

Die Redezeit der jeweils letzten Rednerrunde der genannten Themenblöcke wird auf die Redner der Fraktionen jedenfalls gleichmäßig verteilt, tatsächliche Berichtigungen werden erst nach 12.57 Uhr aufgerufen.

Über diese Redeordnung, die zugegebenermaßen sehr komplex ist, entscheidet das Hohe Haus.

Wer diesem Vorschlag der Präsidialkonferenz beitritt, den bitte ich um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.  Herr Kollege Pointner (in Richtung eines Klubmitarbeiters) stimmt auch mit, das ist neu, aber er hat heute eine Krawatte; das ist ein Fortschritt.

10.10.001. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1065 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-


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Gesetz 2005 – HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförde­rungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden und abga­benrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden (1094 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird (1095 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1075 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden (1093 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1066 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebühren­vorschrift 1955 geändert werden (1096 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 4 der Tages­ordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Seine Redezeit beträgt beschlussmäßig 6 Minuten. – Bitte.

 


10.11.14

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Herren Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! „Wer rasch hilft, hilft doppelt“, heißt es richtigerweise.

Heuer im Sommer hat die Bundesregierung gemeinsam mit den Landeshauptleuten der betroffenen Bundesländer prompt und rasch geholfen. Daher ist es, so glaube ich, richtig, eingangs dieser Debatte ein Dankeschön dafür zu sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Am 21. und 22. August sind in der Steiermark und Tage danach in Westösterreich, in Salzburg, in Vorarlberg und Tirol, verheerende Unwetter niedergegangen. Überflutun­gen, Erdrutsche und Vermurungen waren die Folge. Bereits wenige Tage danach, nämlich am 30. August, hat die Bundesregierung im Ministerrat das heute von uns zu beschließende Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz verab­schiedet. Das ist rasches Handeln! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)


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Wenn es um rasche Hilfeleistung und um die bestmögliche Zusammenarbeit von Ein­satzorganisationen, von freiwilligen Helfern, von Bundesheer und den Regierungsstel­len geht, dann ist das kleine Österreich eine Macht, ich würde sogar sagen eine Groß­macht. Und das ist der große Unterschied zur wirklichen Großmacht, zur Supermacht USA. Wir haben die Bilder von New Orleans gesehen, das waren völlig andere Bilder als bei uns. In Wirklichkeit hat man dort Hilflosigkeit und chaotisches Vorgehen bemer­ken können. Die große Macht USA war im Vergleich zu Österreich eigentlich sehr klein.

Daher können wir, was die Einsatzorganisationen betrifft, was das ehrenamtliche Engagement betrifft, was das Funktionieren der Bürgergesellschaft in Österreich be­trifft, den Österreicherinnen und Österreichern von dieser Stelle aus sagen, dass sie sich auf uns verlassen können. 49 000 Feuerwehrleute und mehr als 1 000 Männer und Frauen des Österreichischen Roten Kreuzes waren innerhalb weniger Stunden bereit, helfend einzugreifen.

Deswegen ist es gut, dass wir auch heute hier im Hohen Haus zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen, dass es uns gelingt, wenige Tage vor Landtagswahlen das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Ich glaube, das erwarten sich die Menschen von uns. Mit unserer gemeinsamen Beschlussfassung entsprechen wir dem auch. Das ist nicht selbstverständlich, es zeigt aber, dass die Regierung da gut und professionell gearbeitet hat.

Diese Hilfe und die Solidarität sind notwendig, denn die Schadenssumme, die noch nicht ganz absehbar ist, beläuft sich auf mehrere 100 Millionen €, meine Damen und Herren! – Natürlich ist das wieder eine Belastung für unser Budget, und zwar gar keine geringe Belastung. Nach dem Jahr 2002, als damals vor allem in Oberösterreich und Niederösterreich das Hochwasser gewütet hat, sind nun andere Bundesländer betrof­fen, aber die Solidargemeinschaft in Österreich funktioniert.

Wir gehen noch einen Schritt weiter: Außenministerin Ursula Plassnik ist auch auf europäischer Ebene tätig geworden und hat bereits Initiativen gesetzt, damit auch von europäischer Seite zusätzliche Mittel nach Österreich kommen.

Diese Solidarität, die seitens der öffentlichen Hand gezeigt wird, mit Unterstützung der Freiwilligenorganisationen, mit Unterstützung von Feuerwehrleuten und anderen Hilfs­organisationen bildet ein Netzwerk, das in Katastrophenfällen Österreich zu einem Land macht, das europa- und weltweit vorbildlich ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Flutkatastrophen haben auch gezeigt, dass wir sie auch organisatorisch ganz richtig gelöst haben. Das Krisenmanagement ist bei den Landeshauptleuten in guten Händen. Das hat man heuer im Sommer auch wieder gesehen. Insbesondere in mei­nem Wahlkreis, in einer kleinen betroffenen Gemeinde in Gasen, hat sich wieder ge­zeigt, dass Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic eine Krisenmanagerin mit Herz ist, die sofort vor Ort ist, um den Menschen zu helfen. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Lachen Sie nicht, meine Damen und Herren! Es waren zwei Todesopfer in Gasen zu beklagen. Das ist nichts zum Lachen! (Abg. Bures: Aber Ihre Rede ist zum Lachen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich möchte nicht in billige Polemik abgleiten, das überlasse ich bei einer so ernsten Frage Ihnen. Es waren österreichweit sechs Todes­opfer zu beklagen. Das verlangt natürlich auch einen Blick in die Zukunft, um alles Menschenmögliche zu tun, damit in Hinkunft solche Flutkatastrophen verhindert wer­den können.


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Ich schaue nach Niederösterreich. Vor wenigen Wochen hat Landeshauptmann Pröll bekannt gegeben, dass in den nächsten zehn bis zwölf Jahren allein in Niederöster­reich 470 Millionen € in Ausbauprogramme, in technische Hochwasserschutzmaßnah­men investiert werden. Auch hier mein Appell an alle: Wir dürfen keine Extrempositio­nen einnehmen und von vornherein technische Verbauungen ablehnen. Wir brauchen beides: Wir brauchen im öko-sozialen Sinn eine Land- und Forstwirtschaft, aber auch die technischen Hochwasserschutz-Vorkehrungen.

Seitens der Bundesregierung werden wir das Menschenmögliche tun, um solche Flut­katastrophen zu verhindern. Wir werden aber nicht alle verhindern können. Sollte es trotzdem dazu kommen, werden wir wie schon im Jahr 2002 und im heurigen Jahr raschest und unbürokratisch helfen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. Auch seine Redezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim in Richtung des zu sei­nem Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Dr. Lopatka –: Sie sollten sich schämen für diese Rede! – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung SPÖ –: Sie sollten sich schämen! – Abg. Dr. Jarolim: Skandalös!)

 


10.17.50

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren auf der Regierungsbank! Ich möchte von dieser Polemik, die dem Wahlkampfstil des Kol­legen Lopatka entspricht, weg und doch zur Ernsthaftigkeit, die er angesprochen hat, und zu diesen kritischen Fällen in unserer Gegend zurückkommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist sicherlich niemand unter uns, der nicht betroffen war von diesen Naturereignissen in Amerika, in Asien und in anderen Teilen der Welt, die uns als Fernsehbilder ins Haus gesendet worden sind, die Menschen gezeigt haben, die ihr Hab und Gut verloren haben, die ihr Leben oder Angehörige verloren haben.

Aber umso betroffener ist man, wenn man in einem Land, in einem, wie ich glaube, gesegneten Land, nämlich in unserem Land, in unserer Heimat den Auswirkungen von Naturkatastrophen gegenübersteht, wo man solche Katastrophen überhaupt nicht für möglich gehalten hätte.

Ich habe mir gemeinsam mit meinem Gemeindereferenten Franz Voves (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das der Eishockey-Spieler?) nach dieser Flutkatastrophe in unseren Gemeinden Gasen, Haslau und Breitenau die Situation angeschaut und mir ein Bild gemacht von Menschen, deren Häuser vermurt waren. Ich habe mir ein Bild gemacht von jungen Menschen, die ihre Existenz gerade aufgebaut haben und die mit einem Schlag vernichtet wurde. Ich habe mir Menschen angeschaut – und das hat mich be­troffen gemacht –, die ihr Leben und das Leben Angehöriger verloren haben. Ich habe Menschen gesehen, die aus der Mitte ihres Lebens herausgerissen wurden – ich wun­dere mich, dass Sie darüber lachen, Kollege Lopatka –, die aus Häusern, die sie für sicher gehalten haben, herausgeschwemmt worden sind und ihr Leben in den Fluten verloren haben.

Was so besonders betroffen gemacht hat, war, dass es lauter Bekannte sind. Es waren Freunde und Verwandte.

Ich habe auch gesehen, dass aus dieser Betroffenheit eine unheimliche Kraft entstand. Es gab eine Welle der Hilfsbereitschaft von Freunden aus der ganzen Steiermark, von Menschen, die bereit waren, dort anzupacken, von Menschen, die bereit waren, auch finanzielle Hilfe zu leisten.


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Mein besonderer Dank – ich möchte mich hier den anderen Dankenden anschließen – gebührt den Einsatzkräften der Rettung, der Polizei, letztlich aber auch den Angehöri­gen des Bundesheeres, die hervorragende Leistungen in unserer Gegend erbracht haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

Nach dem ersten Schock und den Aufräumungsarbeiten stehen diese Menschen dort nun vor einer fast vernichteten Existenz. Sie wurden aus ihren Häusern evakuiert und fragen sich nun zu Recht: Wie wird es weitergehen? Fürs Erste finden sie es beruhi­gend, dass die Bundesregierung und die Landesregierung Hilfe zugesagt haben. Doch wie schaut diese Hilfe wirklich aus? – An dieser Stelle kommt unsere Kritik: Wir haben zwar Zusagen für die Finanzierung von Elementarschäden, die Leib und Leben bedro­hen, wir haben Teilzusagen für die Finanzierung zur Errichtung von Infrastrukturein­richtungen in unseren Gemeinden, wie wir es ohnehin gewohnt sind, nämlich fifty-fifty mit dem Land, aber wir haben keine Zusicherung für die hundertprozentige Finanzie­rung der Schäden an Häusern, an Wohnungen, die diese Menschen dort hinzunehmen haben.

Da gibt es Dinge zu bemängeln: Es gibt Unklarheiten darüber, wie wir die Höhe der Schäden und der Folgeschäden feststellen. Es gibt Unklarheiten darüber, wie sich das Land Steiermark und der Bund wirklich beteiligen. Und es gibt auch Unklarheiten dar­über, wie finanzielle Alternativen und Abgeltungen von Versicherungen ausschauen könnten. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Viele betroffene Menschen müssen sich fragen, ob sie für ihre zerstörten Häuser, die sie schon mit Kreditmitteln aufgebaut haben, Herr Kollege, wieder Geld finden werden, um sich ihre Existenz noch einmal mit Krediten aufzubauen.

Da stellt sich für mich die Frage, Herr Finanzminister: Werden da die Eintragungsge­bühren, die Sie vorgeschlagen haben, ausreichend sein, um den Menschen zu helfen, die gar kein Geld haben, ihre Häuser wieder aufzubauen? Ich glaube, dass die Hilfe schon ein bisschen kräftiger ausfallen müsste! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eigentlich eine Schande, Herr Finanzminister, dass in unserem reichen Land – einem der reichsten Länder Europas und der Welt! – für diese Fälle nicht vorgesorgt worden ist. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist eine Schande, Herr Finanz­minister, dass sich in Ihrem Budget keine Ansätze finden, die solche Menschen zu hundert Prozent entschädigen. Und es ist auch eine Schande, dass eigentlich in den Budgets der Landesregierungen, Herr Lopatka, für Folgeleistungen keine ausreichen­den Mittel vorgesehen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist eigentlich eine Schande, Herr Finanzminister – und das mögen Sie auch dem Wirtschaftsminister ausrichten –, dass wir im Gegensatz zu anderen Ländern Europas zu keiner Versicherungsleistung gekommen sind, dass es keine Solidarversicherungen gibt, die alle Österreicherinnen und Österreicher steuerbegünstigt einzahlen und die im Notfall Verunfallten und Menschen, die von Katastrophen betroffen sind, ihre Notlage zu hundert Prozent abgelten.

Herr Finanzminister, sorgen Sie durch Gesetzesänderung dafür, dass den Menschen in Österreich in Hinkunft zu 100 Prozent geholfen wird! (Zwischenruf des Abg. Mur­auer.) – Sie brauchen sich nicht an den Kopf zu greifen. Das ist das, was die Men­schen draußen von Ihnen erwarten! (Beifall bei der SPÖ.)

10.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Seine Redezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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10.23.37

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, Sie haben von „Schande“ gesprochen. Wissen Sie, was ich als Schande empfinde? – Wenn man sich nicht ent­halten kann, gerade bei solch einer Debatte, bei welcher es sogar um eine Konsens­materie geht, trotzdem parteipolitisches Kleingeld schlagen zu wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Großruck: So ist es!)

Ob das jetzt für die Steiermark ist oder für sonst etwas – warum geht es nicht, Herr Kollege, dass man das einmal sein lässt? Es gibt heute noch genug andere Gelegen­heiten dazu. Aber nein, man muss hier mit falschen Tatsachen versuchen, Parteipolitik zu machen! (Abg. Gaál: ... der Lopatka!)

Ja, Kollege Gaál, auch das finde ich nicht in Ordnung! Wir führen hier keinen Land­tagswahlkampf, egal, von wem und in welche Richtung, sondern wir schaffen Gott sei Dank rasch – und das ist eine Anerkennung, gerichtet an die Bundesregierung – die Voraussetzungen dafür, dass den Geschädigten in den Hochwassergebieten unbüro­kratisch und sinnvoll Hilfe geleistet werden kann. Das ist positiv, und Gott sei Dank finden wir auch im Hohen Haus einen Konsens dafür. Das ist auch notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Faul! Selbstverständlich ist Ihr Hinweis richtig, dass wir eines der reichs­ten Länder der Welt sind. Immerhin das war richtig – denn sonst jammern Sie immer unser Land unter der Führung dieser Bundesregierung krank. Selbstverständlich sind wir ein wohlhabendes Land und haben die Verantwortung und die Verpflichtung, den­jenigen, die geschädigt sind, die notwendige Hilfe angedeihen zu lassen.

Ich bin sehr froh darüber, dass jetzt nicht so wie im Jahr 2002 von der Opposition völlig ungerechtfertigte Vorwürfe kommen, dass diese Hilfe nicht geleistet werden kann. Ich erinnere mich noch: Damals hat es geheißen, für die Abfangjäger sei Geld da, aber nicht für die Hochwasseropfer. Sie wissen, dass wir 2002 die Hochwasseropfer voll entschädigt haben und dass für die Abfangjäger bis jetzt noch kein Euro aufgewendet werden musste. Auch das zu Ihrer stetigen Gräuelpropaganda! (Abg. Mag. Gaßner: Sie haben das gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir stehen zu dieser unserer Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber, meine Damen und Herren, Folgendes möchte ich hier schon allgemein kritisch anmerken – wir haben das auch 2002 so erlebt –: Dann, wenn die Medien voll über eine Katastrophe berichten, ist die Betroffenheit groß, ist auch die Bereitschaft groß, entsprechende Budgetmittel locker zu machen, ist auch die Bereitschaft gegeben, in Entschließungen und in anderen Initiativen zu zeigen, und zwar über alle Parteigren­zen hinweg, dass man für die Zukunft Vorsorge treffen möchte. Aber dann, wenn die Kameras abgeschaltet sind – und nun befinden wir uns in solch einer Phase –, wenn die gröbsten Hochwasserschäden vorbei sind, vergisst man das alles wieder. Man kehrt wieder zur Tagesordnung zurück, bis die nächste Katastrophe beginnt.

Da möchte ich schon durchaus auch die Bundesregierung daran erinnern, dass die Vorsorge für Katastrophenfälle keine Angelegenheit ist, der man sich nur nach aktuel­len Katastrophen widmen sollte, sondern dazu besteht permanent die Verantwortung.

Es ist schon richtig, wir alle wollen nicht hören, dass Katastrophen passieren können. Man sagt: Uns wird schon nichts passieren, und was in New Orleans passiert, das ist weit weg, und der Tsunami ist noch weiter weg, und auch Rumänien ist weit weg, alles das geht uns nichts an! Das glauben wir!

Wir sollten und endlich dessen bewusst sein, dass uns das alles sehr wohl angeht! Niemand von uns weiß, ob nicht nächste Woche oder schon am nächsten Tag die


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nächste Katastrophe kommt. Deshalb muss es auch ein permanentes Interesse daran geben, dafür Verbesserungen und Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

Unsere Katastrophenhilfe ist, wie Sie wissen, in erster Linie auf der Hilfe von Freiwilli­genorganisationen aufgebaut. Das ist gut und auch richtig so. Nur: Diese Freiwilligen – und selbstverständlich schließe auch ich mich dem Dank und der Anerkennung an all jene an, die da Großartiges leisten, etwa beim österreichischen Bundesheer, bei der Feuerwehr, bei den Blaulichtorganisationen; ohne diese Freiwilligen wäre der Katastro­phenschutz nicht möglich (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Gaál) – haben es verdient, auch die entsprechende Unterstützung zu bekommen. Wir müssen uns gemeinsam mit den Ländern ansehen, ob der Kündigungsschutz und der Versicherungsschutz für diese Personen ausreichend sind. Ich möchte nicht wieder eine Diskussion darüber erleben, wie populär ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.) – Regen Sie sich einmal ab und schauen Sie auch in Ihrem Bereich, dass das unterstützt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Ich möchte nicht wieder die Diskussion erleben – Herr Kollege Öllinger, das gilt auch für Sie –, wo es, wenn es um die Grundwehrdienstdauer oder um Budgetmittel zur ent­sprechenden Stärkung der Miliz geht, von Seiten der Opposition heißt: Das alles brau­chen wir nicht! Ich will nicht schon wieder eine Diskussion, wo gesagt wird, wie ich es jetzt schon gehört habe, es sei kein Geld da, um zusätzliche Hubschrauber anzu­schaffen oder die schon betagten Hubschrauber des Bundesheeres vom Typ AB 212 entsprechend „upzugraden“, damit sie im Evakuierungsfall ausreichend Schutz geben können.

Das sind die Dinge, die wir jetzt schon diskutieren müssen, noch bevor die nächste Katastrophe ausbricht, damit wir dann die ausreichenden Kapazitäten haben!

Wir sollten auch einmal darüber diskutieren, dass auch in Vorwahlzeiten die Bürger­meister das Standing und die Courage haben sollten, Baugenehmigungen für Häuser in gefährdeten Gebieten zu verweigern, anstatt nur zu sagen: Es wird schon nichts passieren; wenn du mich wählst, dann kriegst du die Baugenehmigung! Und die geben dann die Bürgermeister, auch wenn es um Hochwassergebiet geht.

Das sind die Dinge, die ich gerne hätte – auch von euch in den Gemeinden! Ich will nicht, dass wir nach einer Katastrophe darüber diskutieren, wie wir die Leute absiedeln, sondern ich will, dass man ganz konsequent sagt: Nein, für dieses Gebiet ist es unver­antwortlich, eine Baugenehmigung zu geben!

Selbstverständlich unterstützen wir auch, dass Katastrophenhilfe international zu sehen ist. Aber wir sollten dies nicht nur in Form von internationalen Abkommen tun, sondern diese Kooperationen gemeinsam mit unseren Nachbarländern leben und in ernsthafter Weise üben. Es sollte darüber Konsens herrschen, dass Katastrophen bei uns eine gemeinsame Aufgabe für die Staatengemeinschaft darstellen, dass aber auch Katastrophen in unseren Nachbarländern mit unserer Hilfe bewältigt werden müssen.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, halte ich das jetzt für eine gute Maß­nahme, aber wir müssen die Katastrophenvorsorge als permanente Verantwortung, und zwar nicht nur der Bundesregierung, sondern der gesamten öffentlichen Hand und auch der privaten Organisationen in Österreich, sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig-Piesczek. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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10.30.16

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Rasche, unbürokratische Hilfe – das ist keine Frage! Dank und Anerkennung an die Helfer und die Helferinnen – selbstverständlich!

Im Jahr 2002 haben wir viele der Argumente, die heute hier vorgebracht worden sind, auch schon gehört. Eines davon möchte ich wiederholen, nämlich: Damals schon war Gegenstand der Diskussion, den Helfern und Helferinnen eine Hilfskarenz zu gewäh­ren. Damals schon war man der Meinung, dass Menschen, die ehrenamtlich, die frei­willig helfen, beispielsweise Helfer von Feuerwehr und Rotem Kreuz, Menschen, die privat ihre Zeit, ihre Arbeitszeit, eigentlich ihre Urlaubszeit dafür verwenden, zu helfen und zu unterstützen, eine Karenzzeit benötigen. Das war damals eine der großen For­derungen – Rotes Kreuz, Feuerwehr! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

Das ist bis zum heutigen Tag leider nicht verwirklicht. Warum, das weiß ich nicht. Ich denke, das wäre eine entsprechende Maßnahme, um die große Bereitschaft in der Bevölkerung in irgendeiner Weise auch von staatlicher Seite anzuerkennen.

Rasche, unbürokratische Hilfe – selbstverständlich! Auch wir werden dem zustimmen.

Ich möchte an dieser Stelle an 2002 erinnern: Wir Grüne haben damals eindringlich ein Nachdenken eingefordert und einen Paradigmenwechsel vor allem beim Flussbau und beim Hochwasserschutz gefordert.

Katastrophen sind nicht automatisch Katastrophen. Wetterextremereignisse sind nicht automatisch Katastrophen für die betroffene Bevölkerung, sondern sie werden durch die lokalen Gegebenheiten zu solchen. (Beifall bei den Grünen.)

Hochwasser sind nicht vermeidbar – allerdings die katastrophalen Auswirkungen in einem gewissen Ausmaß schon.

Andere Länder, die 2002 auch mit gewaltigen Hochwassern und Katastrophen auf ihrem Gebiet konfrontiert wurden und damit fertig werden mussten, haben nach 2002 sehr wohl Lehren daraus gezogen. Sie haben etwa bei der Flussbaupolitik einen Para­digmenwechsel eingeleitet. Ich möchte dafür ein paar Beispiele nennen. In Deutsch­land und in Holland gibt es sehr große Rückbauprojekte. An der Elbe gibt es mittler­weile Rückbauprojekte mit über 600 Hektar an zusätzlichem Überflutungsraum; auch in Ungarn und in Frankreich. (Abg. Mag. Molterer: Haben wir ja auch! Wir haben mehr in Österreich!)

Herr Ex-Umweltminister Molterer, in Österreich wurde davon nur gesprochen – damals waren Sie Umweltminister (Abg. Mag. Molterer: Wir haben in Österreich viel mehr!) –, aber es wurde unter dem Strich nichts umgesetzt. Im Gegenteil! Bei der Flussverbau­ung ist man noch härter geworden, noch brutaler geworden, nach dem Motto: Die Natur ist schuld! Und jetzt wird sie zurückgedrängt. Man ging in den letzten Jahren in der Flussbaupolitik noch brutaler vor als davor. Es gibt da keinen Paradigmenwechsel und kein Umdenken!

Die Hochwasser werden immer häufiger: 1991, 1997, 1999, 2002, 2005. Es ist not­wendig, da eine ganz neue Philosophie an den Tag zu legen, und es ist auch logisch, wenn man bei den Flusseinzugsgebieten, bei den Oberläufen den Flüssen Platz gibt, Retentionsräume schafft und nicht so wie seit den fünfziger Jahren tausende Hektar Fläche eindämmt, abdämmt, trockenlegt, Moore trockenlegt. Wir verlieren pro Tag – und da gehört der heutige Tag auch dazu – 16 Hektar Grund und Boden, der für immer versiegelt wird, der als Aufnahmefläche für Wasser für immer verloren geht. Und das ist das Grundproblem! Leider hat diesbezüglich in der Umweltabteilung – auch nicht unter Umwelt- und Landwirtschaftsminister Pröll – kein Umdenken, und zwar nicht im Geringsten, stattgefunden. Das ist traurig.


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Wenn es hier geheißen hat: Schnell helfen ist doppelt helfen!, dann sagen wir: Lang­fristig vorausdenken ist echte Hilfe! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt ein paar Projektlein, also kleine Projekte. Ich kann mich noch erinnern: Ich bin mit Ihnen bei den schwarz-grünen Gesprächen gesessen, und wir wollten, dass das Geld, das für Hochwasserschutzbauten zur Verfügung gestellt ist, das also vorhanden ist, für ökologischen Hochwasserschutz sozusagen geöffnet wird. Sie haben gesagt: Nein! Leider. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. (Abg. Scheibner: Daran wird es nicht gescheitert sein!)

Es wird immer noch so gehandhabt, dass das Geld für Renaturierungsprojekte aus dem Naturschutzbudget kommen muss und der gesamte große Volumensbereich, die großen Gelder immer noch in den harten Hochwasserschutz und in die harte Verbau­ung von Flüssen hineinfließen. Das ist einfach falsch! (Abg. Mag. Molterer: Gehen Sie nach Tirol und erklären Sie das dort!)

Herr Umweltminister, natürlich, mit Klimaschutz, also mit einem engagierten Verfolgen der österreichischen Klimaschutzziele kann man in Österreich keine Wetterextrem­ereignisse verhindern. Aber es ist eine Frage der internationalen Solidarität. Wenn alle Staaten konsequent ihre Klimaschutzziele verfolgen und wir mittelfristig das Kyotoziel erreichen und auch noch darüber hinaus gehen und an einer Klimastrategie arbeiten, dann kann man Wetterextreme und die Zunahme von Wetterextremen für die Zukunft, für die nächsten Generationen zumindest abmindern.

Es gibt genügend Untersuchungen, wo die Zunahme vor allem der Hurrikans im Pazi­fik, an der amerikanischen Küste, an der Golfküste, auf den Klimawandel zurückgeführt wird, und der ist von Menschen gemacht. Und das ist umso trauriger, als Österreich als ein Land, das sich als Umweltvorreiter bezeichnet, in der Klimaschutzbilanz mittlerweile das Schlusslicht in Europa ist und wir von unseren Klimaschutzzielen meilenweit ent­fernt sind, obwohl wir das Bewusstsein dafür in der Bevölkerung haben, obwohl wir die Technologie dafür haben und obwohl wir auch die finanziellen Mittel dafür haben. Es ist für Sie einfach keine Priorität.

Wir liegen mittlerweile 16 Prozent über der Ausgangssituation und sind nicht 13 Pro­zent hinuntergegangen, wie es eigentlich unsere internationale Verpflichtung gewesen wäre. Stattdessen höre ich vom Wirtschaftsminister und auch vom Bundeskanzler Sätze und Töne, die den Klimaschutz in Frage stellen, die das Kyotoziel in Frage stel­len, wo man von diesem Kurs abweichen will, anstatt ihn konsequent zu verfolgen.

Das ist einfach der falsche Weg, und mir tut es Leid, dass man den betroffenen Men­schen nicht mehr zusagen kann als rasche, unbürokratische finanzielle Hilfe. Die Bun­desregierung ist nicht fähig, langfristig, mittelfristig zu versuchen, aus Wetterextremen nicht unbedingt Katastrophenereignisse zu machen – durch vorsorgenden Hochwas­serschutz! (Beifall bei den Grünen.)

10.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem Herrn Vizekanzler das Wort erteile, möchte ich gerne Gäste aus der Republik Jemen begrüßen. Ich begrüße sehr herzlich den Präsidenten des Shourarates der Republik Jemen Abdulaziz Abdulghani in Österreich, der mit Präsident Mitterer und Vizepräsidentin Haselbach in der Bundes­ratsloge Platz genommen hat. (Allgemeiner Beifall. – Präsident Abdulaziz Abdulghani erhebt sich von seinem Platz und dankt für die Begrüßung mit einer Verbeugung.)

Herzlich willkommen! Ich hoffe, Sie haben einen guten Aufenthalt in unserem Lande. Alles Gute auch für Ihre Demokratie im Jemen. (Präsident Abdulaziz Abdulghani erhebt sich abermals von seinem Platz und dankt mit einer Verbeugung.)


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Nächster Redner ist Herr Vizekanzler Gorbach. Seine Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


10.36.54

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungskollegen! Meine Da­men und Herren Abgeordneten! Wir diskutieren im Moment sehr viele wichtige Dinge, auch die österreichische Bundeshymne, wo es unter anderem heißt: „Land der Berge, Land am Strome“. Es heißt aber auch: „viel geprüftes Österreich“. Die starken und heftigen Unwetter und Regenfälle vom 21. bis 23. August waren für dieses Österreich, vor allem für deren Bürgerinnen und Bürger in der Tat wieder eine Prüfung, wo man mit viel Leid konfrontiert war. Deshalb sollten wir, so glaube ich, dieses Thema sehr ernst­haft diskutieren.

Auch wenn ich Gefahr laufe, das immer wieder zu wiederholen: Das ist ein Thema, das, wie ich meine, nicht parteipolitisch oder ideologisch diskutiert werden kann, son­dern da geht es darum, Leid zu mindern und Menschen, die viel Leid erfahren mussten und auch noch jetzt erfahren, möglichst schnell, rasch und unbürokratisch zu helfen. Das hat die Bundesregierung jedenfalls getan! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben es gehört, im Zuge dieser Unwetter, dieser Kata­strophe sind auch vier Menschen ums Leben gekommen, und selbstverständlich galten und gelten unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme den Angehörigen der Opfer. Man kann verlorenes Leben nicht wieder gutmachen, nicht wieder zurückholen, man kann nur mitfühlen und sehr schnell, wie gesagt, eingreifen und helfen.

Ich habe versucht, mir einen Überblick über den materiellen Schaden zu machen, aber es würde den Rahmen dieser heutigen Debatte sprengen, hier alles aufzuzählen. Ich möchte Ihnen aber doch einen Überblick geben, weil ich mir auch sehr spontan, sehr schnell, so wie andere Regierungskollegen, wie zum Beispiel der Umweltminister, aber auch der Finanzminister, auch der Wirtschaftsminister, auch der Herr Bundeskanzler und andere, vor Ort ein Bild gemacht habe. Man hat gespürt, wie es vielen gut tut – nicht nur Behördenvertretern, nicht nur politischen Vertretern, sondern auch Menschen, die von der Katastrophe betroffen sind –, wenn auch Mitglieder der Bundesregierung sich sehen lassen, und zwar im positiven Sinne gemeint, und Mitgefühl zeigen und schauen, wo man helfen kann, dass schnell wieder repariert wird, dass schnell wieder halbwegs Normalität einkehrt.

In Tirol allein hatten wir eine Gesamtschadenssumme von 350 Millionen €, davon pri­vate und betriebliche Schäden 230 Millionen und öffentliche Schäden 120 Millionen. Es waren ganze Straßen weggespült. Es war auf der A 12 eine Flusssituation. Ich war am ersten Tag dort und habe es gesehen: Auf der A 12 ist das Wasser wie ein reißender Fluss dahingeflossen. Es waren wirklich Bilder, die man nie mehr vergisst. Es war die Schienenverbindung weggespült, und sie ist übrigens zwischen Vorarlberg und Tirol bis heute noch unterbrochen.

Es war die einzige Bundesstraße, die B 316 weggespült. Wir, nämlich das Land Tirol, das Land Vorarlberg, die Bezirkshauptmannschaften und der zuständige Minister, konnten durch eine gemeinsame, schnelle und unbürokratische Maßnahme einen noch nicht in Betrieb befindlichen Tunnel kurzfristig mit Lüftung und Beleuchtung adaptieren, um so die notwendige Verbindung wiederherzustellen. Wenn da nicht alle gut zusam­mengearbeitet hätten, wäre noch größerer Schaden für die Betroffenen, insbesondere für die Wirtschaft, insbesondere für den Tourismus, entstanden.

In Vorarlberg haben wir Schäden von in etwa 189 Millionen €. Auch hier hat es das hochrangige Straßennetze, viele Bundesstraßen, die verländert sind, getroffen, auch


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private Häuser, aber überhaupt die Infrastruktur ist sehr stark in Mitleidenschaft gezo­gen worden.

Ein Bild bleibt mir, der ich am ersten Tag des Geschehens dort war, unvergessen: In einer Gemeinde – übrigens die Nachbargemeinde meiner Heimatgemeinde – wurde eine ganze Siedlung mit 14 Häusern, in denen Familien mit Kleinkindern gewohnt ha­ben, überschwemmt, ja weggeschwemmt, eine ganze Siedlung mit insgesamt 50 Be­wohnern, die ausgesiedelt werden müssen, die ihr Zuhause endgültig, wenn Sie so wollen, verloren haben.

An dieser Stelle darf ich auch einmal all den freiwilligen Helfern, vor allem aber auch den privaten Gönnern, die da einspringen, herzlich danken. Mir kommt das jetzt in den Sinn, weil ich im Zusammenhang mit den Betroffenen in dieser Siedlung in den letzten Tagen etwas erlebt habe, das auch hier im Hohen Hause erwähnenswert ist (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP):

Eine betagte Frau ging auf Sozialministerin Uschi Haubner zu und sagte: Ich habe ges­tern im Fernsehen Bilder von der Hochwasserkatastrophe in Vorarlberg gesehen und möchte mein ganzes Erspartes, 40 000 €, den Leuten, die dort ausgesiedelt werden müssen, übergeben. (Abg. Faul: Da könnte sich die Regierung ein Beispiel nehmen!) – Ich darf das übermorgen tun. Das sind Beispiele, die einen wieder munter machen, die einem Mut machen, die zeigen, wie groß die Betroffenheit ist und die Solidarität. Und das ist eine Stärke unserer Republik, der Österreicherinnen und Österreicher! General­sekretär Abgeordneter Lopatka hat da sicher Recht: In diesen Belangen sind wir eine Großmacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In Summe haben wir mit der Steiermark, Salzburg und Kärnten in Österreich einen Gesamtschaden von 700 bis 800 Millionen € zu verzeich­nen. Aber es ist mir auch ein Bedürfnis, festzustellen, dass dieser Schaden sicherlich größer wäre, wären die Einsatzkräfte nicht so schnell und so intensiv – zum Teil rund um die Uhr – vor Ort gewesen. Ich danke recht herzlich den Kräften von Feuerwehr und Bundesheer, Wildbach- und Lawinenverbauung, Bundeswasserbau, Rotem Kreuz, Bergrettung, Wasserrettung, also insgesamt 26 000 Personen, die unzählige Stunden, Tag und Nacht gearbeitet haben, um denjenigen, denen dieses Leid zugestoßen ist, zu helfen, und das zum Teil oder größtenteils ehrenamtlich! Diesen Menschen ist wirklich hochoffiziell im Namen der Republik Österreich ein Dank auszusprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Die Bundesregierung hat sehr schnell und unbürokratisch beschlossen, zu helfen. Heute werden wir hier im Parlament Maßnahmen beschließen, die sich schon beim Hochwasser 2002 bewährt haben: vorzeitige Abschreibung von Anschaffungen oder Herstellungskosten, Umweltförderungsgesetz – dort wird Vorsorge für die Reparatur der oft stark beschädigten Trinkwasser- und Abwasserleitungen getroffen –, steuerliche Erleichterungen wie zum Beispiel vorzeitige Abschreibungsmöglichkeiten für Gebäude und bewegliche Güter, Erbschafts- und Schenkungssteuerbefreiungen zur Schadens­beseitigung, Befreiung von Säumnis- und Verspätungszulagen, Befreiung von Grund­erwerbssteuer bei Ersatzerwerb, Spenden für den Empfänger werden einkommens- und lohnsteuerfrei gestellt; steuerlicher Freibetrag für die Beseitigung von Katastro­phenschäden, Gebührenbefreiung zur Wiederbeschaffung von Schriften und Doku­menten.

Das alles macht etwa 72 Millionen € aus. Und wir haben gut vorgesorgt, meine Damen und Herren: Etwas mehr als 250 Millionen € hat der Bund zur Verfügung, diese Mittel sollen an jene, die in Not geraten sind, ausbezahlt werden. Das ist jedoch nur der Be­trag des Bundes, nicht derjenige der Länder und allfälliger Hilfsorganisationen.


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Ich glaube, das kann sich sehen lassen. Ich glaube, der Bund, die Bundesregierung haben ihr Möglichstes getan. Das muss man auch so sehen und anerkennen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Stadler 5 Minuten zu uns. – Bitte.

 


10.45.05

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Verehrter Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus und zu Hause! Wenn an einem Tag die Niederschlagsmenge eines ganzen Monats fällt, dann ist das eine Situation, auf die niemand in irgendeiner Weise vorbereitet sein kann. Beim Hochwas­ser im August dieses Jahres wurden die Verantwortlichen in allen Bereichen auf eine sehr harte Probe gestellt. Es war unheimlich beeindruckend, wie die Blaulichtorganisa­tionen, die Bürgermeister, Bezirkshauptmänner, die Landesregierung und die Bun­desregierung zusammengearbeitet haben. Es war eine Ausnahmesituation. Über­menschliches wurde geleistet. Und ich möchte allen Beteiligten meinen tiefen Respekt, meinen Dank und meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Es war einfach großartig: Keiner hat Bestimmungen kontrolliert. Was zu tun war, wurde getan. Obwohl viele der Einsatzkräfte auch in ihren eigenen Häusern Hochwasser hatten, haben sie zum Schutz und zur Sicherheit des Gesamten Prioritäten gesetzt. Und auf die Flut des Hochwassers folgte eine Flut der Solidarität aus dem ganzen Land. Viele Einsatzkräfte und freiwillige Helfer haben ihren Urlaub im Hochwasserge­biet verbracht. Es tut einfach wohl, dass wir im Ernstfall in diesem Lande wirklich zu­sammenarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es tut auch weh, wenn man im Ernstfall Presseberichte der Opposition liest: So hat etwa am 23. September der Bundesge­schäftsführer der SPÖ unseren Bundesminister Platter dafür kritisiert, dass wir zu wenig Hubschrauber gehabt hätten. – Tatsache ist, dass damals diese Hubschrauber gegen den Willen der Opposition gekauft wurden. Tatsache ist, dass Bundesminister Pröll und Bundesminister Platter vor Ort waren und zu jenen Gebieten, die abge­schlossen waren, Luftbrücken errichtet haben. Dazu nur ein paar Zahlen: In 720 Flug­stunden sind 6 800 Personen und 700 Tonnen Material befördert worden. Ich möchte das nur festhalten. Wenn Sie es mir nicht glauben, dann bitte ich Sie, einfach die Men­schen im Katastrophengebiet zu fragen.

Oder: Kollege Van der Bellen schrieb am 24. August, das Ausmaß der Katastrophe wäre auch auf Planungsfehler der Vergangenheit zurückzuführen, mit Flüssen müsste man behutsamer umgehen. (Abg. Brosz: No na net! – Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Das stimmt! – Abg. Brosz: Das wollen Sie abstreiten?) – Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen! Vielleicht waren es Fehler bei der Erstellung der Richtlinien zu „Natura 2000“! Vielleicht hat auch der WWF da und dort nicht immer Recht.

Wie könnte es sonst sein, dass gerade das Paradeprojekt, nämlich der Lech im Außer­fern in Tirol, eine Riesenüberschwemmung von Siedlungen verursachte?! Die Grünen haben x Pressekonferenzen in dieser Region abgehalten. Vielleicht war es ein Pla­nungsfehler, dass der Schotterabbau im Lech nicht erlaubt war. Ich weiß es nicht, aber eines weiß ich schon: Es kann nicht sein, dass ein Bürgermeister, wenn er Bestim­mungen des Programms „Natura 2000“ einhält, die Sicherheit der Menschen riskiert – oder umgekehrt: dass er Bestimmungen brechen muss, um die Sicherheit der Men­schen zu gewährleisten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Menschen in unserem Lande haben ein Recht darauf, dass die Sicherheit, dass ihre Sicherheit oberste Priorität hat. Und manche Bestimmung lässt daran zweifeln, dass die Sicherheit der Menschen Priorität hat. Oft und oft wird Pflanze und Tier der Vorrang gegeben. Und ich bitte auch die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dass sie hier überlegen und auch einmal darüber nachdenken, ob da und dort sich nicht auch ein Planungsfehler eingeschlichen hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Entschuldigung! Wir bauen nicht!)

Zum Abschluss möchte ich mich als Tiroler Abgeordnete ganz besonders bei unserer Bundesregierung und bei allen Abgeordneten dafür bedanken, dass dieses vorliegende Entschädigungs- und Wiederaufbaugesetz so vorliegt, in dieser kurzen Zeit erledigt wurde und dass die notwendigen Mittel für die notwendigen Maßnahmen gesichert wurden. Sie alle haben den betroffenen Menschen meiner Heimat Zuversicht und Hoff­nung gegeben! Und Sie geben ihnen den Mut und die Kraft, wieder neu aufzubauen. Ich bedanke mich dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. 5 Minu­ten Redezeit. – Herr Kollege, bitte.

 


10.50.14

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Teure Mitglieder der Bundes­regierung! Hohes Haus! Ich bin selbst Bürgermeister einer Gemeinde, die vom Hoch­wasser, das vom 21. bis 23. August in Tirol und in anderen Bundesländern gewütet hat, betroffen war, war selbst im Einsatz und habe ganz besonders die Leistungen der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer hier miterleben dürfen. Deshalb möchte ich mich von dieser Stelle aus dem Dank anschließen und mich bei den freiwilligen Helfe­rinnen und Helfern der Feuerwehren, des Roten Kreuzes, bei zahlreichen privaten Hel­fern, aber auch bei Gästen, die Hand angelegt und mitgearbeitet haben, um den Ein­heimischen zu helfen, den ärgsten Schaden durch das Hochwasser abzuwenden, aber auch beim österreichischen Bundesheer recht herzlich bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, es wurde heute sehr viel von Dank für die Einsatzkräfte gesprochen. Aber – Kollegin Glawischnig hat es heute schon mit dem Stichwort Karen­zierung angesprochen – die Bedeutung der ehrenamtlichen Katastrophenhelfer findet im Arbeits- und Dienstrecht leider keine Entsprechung. Wir sollten gemeinsam etwas unternehmen, damit das verbessert wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie des Abg. Scheibner.)

Es ist doch so, dass weder im öffentlichen Dienst noch in privatrechtlichen Dienstver­hältnissen ehrenamtliche Mitarbeiter für diesen Dienst im Sinne der Gesellschaft die notwendige Freistellung bekommen können. Wir sollten daher eine gesetzliche Rege­lung schaffen, um diesen freiwilligen Helfern in Katastrophenfällen für die Dauer ihres Einsatzes einen Sonderurlaub gewähren zu können. Ich glaube, das haben sie auch verdient.

Wir Sozialdemokraten – und ich ganz besonders – werden uns darum bemühen, dass wir hier einen gemeinsamen, vielleicht einen Vier-Parteien-Antrag in diese Richtung erarbeiten können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren! Krisenmanagement – Kollege Lopatka hat hier dieses Wort in den Mund genommen. Heute sehen wir aber auch die Schattenseiten eines nicht funktionierenden Krisenmanagements, wenn in der „Tiroler Tageszeitung“ auf der Titelseite steht: „Donau-Chemie-Aus schockt“ und „1 031 Pleiten in ganz Tirol“. (Der Redner hält die aktuelle Ausgabe der „Tiroler Tageszeitung“ in die Höhe.) Warum


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erwähne ich das mit der Donau Chemie? – Weil das in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Hochwasserkatastrophe steht. Und leider sind die strukturschwachen Gemeinden vom Ende der Donau Chemie sehr stark betroffen. Da merkt man die Pleitewelle, hier spüren wieder 63 Mitarbeiter, dass sie auf der Straße stehen, hier sind 63 Familien wieder unmittelbar betroffen!

Und wie sagt der Generaldirektor der Donau Chemie? – Von der Politik fühle er sich „ein bisschen allein gelassen“. Der Betriebsrat sagt, „man fühle sich ,von der Landes­politik verlassen“ und „es sei unverständlich, dass neue Betriebe gefördert werden, bestehende aber so belastet würden, dass sie zusperren müssen.“

Meine Damen und Herren! Diesem von mir angesprochenen Betrieb wurde bei der Hochwasserkatastrophe im August das firmeneigene Kraftwerk überschwemmt. Den daraus resultierenden Schaden bezifferte der Betrieb mit 12 Millionen €. Im Vorfeld hatte der Betrieb schon auf Grund der Energieabgaben große Probleme. Die Hoch­wasserkatastrophe bedeutet nun den Todesstoß und das Aus für die Mitarbeiter, wie heute in der „Tiroler Tageszeitung“ so drastisch angekündigt wird. Und die angeführten 1 031 Pleiten in ganz Tirol sprechen ebenfalls Bände im Hinblick auf die derzeitige Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Da auch die Hubschrauber angesprochen wurden, meine Damen und Herren: Die Hubschrauber sowohl des österreichischen Bundesheeres als auch privater Unter­nehmen haben gezeigt, wie wichtig Hubschraubertransporte in die betroffenen Gebiete sind, aber wenn man an zusätzliche Hubschrauber-Ankäufe denkt, sagt der Herr Fi­nanzminister: Nein! – Dafür werden teure Eurofighter gekauft!

Meine Damen und Herren, zeigen Sie mir einmal, auf welcher Alm ein Eurofighter lan­den kann! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das wird nicht passieren. Wir könnten uns um die­ses Geld viele Hubschrauber leisten, die den Menschen in Katastrophenfällen zu Hilfe kommen können. (Abg. Scheibner: Sie waren gegen den Hubschrauberankauf!) Sie wären bei weitem wichtiger als Ihre sündteuren Eurofighter. Denken Sie darüber nach, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

10.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Kollegin, bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Gegenrufe bei der SPÖ.)

 


10.55.30

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die heutige Debatte sollte nicht Anlass sein, über Wirtschaftspolitik zu diskutieren, sondern dazu dienen, dass wir uns über die Gesetze, die wir jetzt – gemeinsam! – beschließen werden, und über Krisenmanagement und Katastrophenschutz unterhalten. Und wir sind uns, denke ich, alle darin einig, dass das in Österreich gut funktioniert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Menschen verloren durch dieses Unwetter ihr Leben, zwei Frauen davon waren aus der Steiermark, und niemand, auch die heutigen Gesetze nicht, kann den Familien diesen Verlust ersetzen. Zahlreiche Personen wurden verletzt, die Infrastruktur ganzer Regionen wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, Familien, Unternehmen wurden schwer geschädigt und sind in schlimmste materielle und persönliche Bedrängnis ge­raten. Auch die Steiermark war sehr stark davon betroffen, besonders groß sind die Schäden durch Überschwemmungen und Murenabgänge in Weißkirchen im Bezirk Judenburg und in Gasen im Bezirk Weiz; aber auch Graz war davon betroffen.


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Und auch wenn es schon alle Redner vorher gesagt haben, ist es heute und hier ein richtiger Anlass, den Einsatzorganisationen und den freiwilligen, ehrenamtlichen Hel­fern ein wirklich großes Lob und großen Dank für ihren Einsatz auszusprechen. Ein kleines Beispiel: Allein in Gasen waren schon am Samstag, dem 20. August, also wirk­lich schnell und rasch, 140 Pioniere des Bundesheeres und rund 100 freiwillige Helfer im Einsatz, neben all den vielen anderen in ganz Österreich. Das ist für mich wirklich ein Zeichen dafür, dass Krisenmanagement sowie Katastrophenschutz und -hilfe in Österreich funktionieren, aber auch dafür, dass die Bereitschaft, anderen zu helfen, bei uns in Österreich einen sehr hohen Stellenwert hat. Dafür danke ich allen, die bereit sind, dazu ihren Beitrag zu leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ.)

Hinsichtlich der Forderung nach einem Entgelt in Form von Karenzzeit beziehungs­weise freier Zeit werden wir seitens des freiheitlichen Klubs uns in keiner Weise dieser Diskussion verweigern – im Gegenteil, ich glaube, das ist eine gute Sache, dass wir auch in dieser Frage so wie bei den heutigen Beschlüssen zu einem gemeinsamen Beschluss kommen, um unseren Dank nicht nur in Worten, sondern auch in Taten Ausdruck zu verleihen. Ich glaube, das wäre ein gemeinsames, ein echtes Signal an die Einsatzorganisationen und die freiwilligen Helfer. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir schnell und rasch handeln, heißt das vor allem, für die Zeit danach zu han­deln; denn insgesamt schätzt man den Schaden auf zirka 700 bis 800 Millionen €, das bedeutet allein in der Steiermark ungefähr 190 Millionen € Schaden. Bis jetzt hat es in der Steiermark 4 500 Anträge wegen Schäden im Privatbereich gegeben, 77 Gemein­den haben bis zum heutigen Tag Schadensmeldungen bei der Landesregierung abge­geben, es sind also wirklich viele betroffen. Schnelle und rasche Hilfe heißt, dass die Gemeinden in Abstimmung mit dem Land, das die Vollziehung innehat, vom Bund un­bürokratisch einen Vorschuss erhalten. Nach dem Vorliegen der Abrechnung wird dann der Rest des Geldes seitens des Bundes ans Land überwiesen, damit die Gemeinden und die betroffenen Personen das restliche Geld schnell und rasch erhalten können.

Das heißt, wir beschließen heute erstens, dass der Katastrophenfonds zusätzliche Mittel erhält, um wie im Jahr 2002, jetzt aber noch einmal vermehrt und in einem höhe­ren Ausmaß helfen zu können. Und zweitens wird es steuerliche Vorteile geben, die bis ins Jahr 2006 hinein reichen: Unternehmen und Selbständige wird es ermöglicht, durch vorzeitige Abschreibung die steuerlichen Vorteile in Anspruch zu nehmen. Drittens wird im Umweltförderungsgesetz Vorsorge getroffen für die Reparatur der oft stark beschä­digten Trinkwasser- und Abwasserleitungen. Und viertens: Bei der Ersatzausstellung von verloren gegangenen Dokumenten verzichtet der Bund auf Gebühren, und es wer­den auch alle Zuwendungen an Hochwasseropfer von der Erbschafts- und Schen­kungssteuer befreit.

Das sind – neben anderen – vier wichtige Punkte, die wir heute beschließen. Ich denke, es ist gut und wichtig, dass Österreich solidarisch ist und wir schnell und rasch helfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler; 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kogler macht heute den ganzen Tag Steiermark-Wahlkampf, oder wie?)

 


11.00.32

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Diese Gesetzentwürfe, die jetzt zur Beschlussfassung vorliegen, rekurrieren tatsächlich auf eine Regierungsvorlage, die sehr rasch erarbeitet wurde. Daran gibt es überhaupt


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nichts zu deuteln, da braucht man auch nicht wahlzukämpfen – wie in einem Zwischen­ruf soeben angeschnitten –, dem ist überhaupt nichts hinzuzufügen. Und es ist auch tatsächlich so, dass in Österreich die Bereitschaft, in verschiedener Art und Weise wechselseitig zu helfen, sehr ausgeprägt ist. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Das wirft nun zwei Fragen auf, Herr Finanzminister, und zwar zum einen den Fonds betreffend. Schon im Jahr 2002 haben wir sehr intensiv darüber diskutiert, wie die Helferinnen und Helfer tatsächlich sozial- und arbeitsrechtlich besser gesichert – wenn man so sagen will – oder geschützt werden sollen. Es passiert zwar in der Regel nichts Übles, aber die rechtliche Positionierung derer, die hier tatsächlich aufopfernden Ein­satz leisten, lässt zu wünschen übrig. Dieses Thema sind wir immer noch nicht ange­gangen. Das muss jetzt auch nicht aus gegebenem Anlass sofort geschehen, aber wir sollten uns doch darum kümmern. Ich erinnere daran, dass wir schon im Jahr 2002 diese Debatte hier geführt haben. Mittlerweile sind ein paar Jahre vergangen, und es ist nicht viel passiert. – Sei’s drum.

Jetzt zu etwas anderem, Stichwort 2002, nämlich zu Fragen der Wirtschafts- und Um­weltpolitik. Es wird Ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass der Begriff „hundertjähriges Hochwasser“ mittlerweile eine recht eigenwillige Deutung bekommt. Das letzte ver­gleichbare Hochwasser gab es im Jahr 2002, andere ereigneten sich relativ abstands­nahe davor, auf keinen Fall 100 Jahre davor. – Sollte man an Hand solch simpler Dinge nicht erkennen, dass sich in der Natur schon längst etwas tut?

Das „hundertjährige Hochwasser“ kommt jetzt in aller Regel schon im Abstand von drei Jahren. Das sollte doch Anlass genug sein, um zu überlegen, dass in der Politik nicht nur integrativ gedacht werden muss, sondern auch ein bissel in Richtung Naturschutz, ein bissel in Richtung Katastrophenschutz. Über allem aber steht die einzige und große Frage, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: die Wirtschaft! Ich sage Ihnen, eine vernünftige und moderne Wirtschaftspolitik ist nur eine, die auch die ökologische Frage von vornherein berücksichtigt. In diesem Sinne sollten Sie einmal über Ihre Lippenbe­kenntnisse hinauskommen und tatsächlich in diese Richtung arbeiten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Woran erkennen wir das? – Das erkennen wir daran, wie Mittel investiert werden. Es ist lamentiert worden, dass der Katastrophenfonds immer wieder ausgeräumt wird, und Ähnliches mehr, aber ich will nicht länger darüber lamentieren. Man könnte doch fi­nanztechnisch sagen, die Katastrophenschäden werden einfach aus dem Budget ab­gegolten, denn die Republik ist finanziell potent genug, dass sie das ohne weiteres kann, und hat die günstigsten Zinsen. Aber darauf will ich mich jetzt gar nicht näher einlassen.

Es gibt noch einen anderen Faktor, nämlich: Über den Katastrophenfonds, von mir aus zukünftig auch über andere Töpfe, wird auch entschieden, für welche Flussbaumaß­nahmen überhaupt Geld ausgegeben wird – und da ist wieder die klassische und übliche Schräglage! Der Herr Umweltminister wird gleich wieder den Kopf schütteln oder Grimassen ziehen, wie er das vorhin getan hat, aber es ist tatsächlich so: Der Großteil der Mittel geht in die alte Betonierphilosophie, die nun einmal Sie, Herr Minis­ter, weiterhin zu verantworten haben! Wer denn sonst? BZÖ heißt ja nicht „Betonier­partei“. Es bleibt nur die ÖVP, die etwas zu sagen hat. (Beifall bei den Grünen.)

90 Prozent der Mittel gehen in die völlig falsche Richtung. Daran sollten wir die politi­sche Ausrichtung erkennen. – Das ist mein Appell. (Neuerlicher Beifall bei den Grü­nen.)

Es gibt längst Konzepte für naturnahen Flussrückbau; es gibt auch einzelne Herzeige­projekte, vor allem in der Steiermark. Sie schütteln den Kopf, Herr Klubobmann Molte-


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rer, aber die gibt es wirklich (Abg. Mag. Molterer: Die Glawischnig hat gesagt, die gibt es nicht! Jetzt kenn’ ich mich nicht mehr aus!), man hat nur immer den Eindruck, das seien bloß Alibimaßnahmen. Ein paar 100 000 € für einen Naturlehrpfad oder wie in meiner Gemeinde zum Beispiel für ökologischen Flussbau, und etwa zehn Kilometer davon entfernt wird noch geholzt und begradigt, und zwar mit wesentlich mehr Auf­wand. – So geht es halt nicht, das ist nicht glaubwürdig!

Kollege Lopatka hat den Vergleich der Katastrophe in New Orleans mit den hiesigen Katastrophen strapaziert. Das scheint mir ein bisschen weit hergeholt, aber betreffend Klimaschutz und überhaupt die Rolle der USA: Im Klimaschutz gibt es ein Abdanken, eine völlige Verwahrlosung, in anderen Bereichen aber ebenso. Und das sollte hier im Parlament auch einmal gesagt werden: Eine Supermacht, die es schafft, anlässlich angeblicher Terroristenbekämpfung binnen Minuten hunderte Zivilistenleben im Irak mit Flugzeugen und Hubschraubern auszulöschen, ist nicht in der Lage, in sechs Tagen auch nur irgendjemanden von der eigenen Bevölkerung zu retten! – Das ist mir ein Anliegen, dass das einmal ausgesprochen wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll. Seine Redezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

 


11.06.10

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem Katastrophensommer 2005 – man kann ihn durchaus so nennen – bietet der nun vorliegende Gesetzentwurf zur Entschädigung und zum Wiederaufbau auch die Möglichkeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

Auch ich möchte mich vorerst dem Kreise derer anschließen, die sich bereits bedankt haben bei den unzähligen Freiwilligen, beim Bundesheer, beim Roten Kreuz, bei allen, die in der Stunde der Krise akut geholfen haben. Man kann diese Hilfe in drei Bereiche gliedern:

Erstens: die akute Hilfe vor Ort in den Stunden, als das Wasser kam;

zweitens: Wiederaufbau der Infrastruktur und der zum Teil enorm beschädigten Häu­ser; und

drittens – und das ist heute auch das wichtige Signal seitens der Bundesregierung –: das klare Signal, dass wir niemanden allein lassen, dass wir an finanziellen Mitteln tat­sächlich das bereitstellen, was notwendig ist, um Zukunft zu geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte – von einigen bereits angespro­chen – auch auf folgende Frage eingehen: Wie funktioniert das System Katastrophen­schutz in Österreich insgesamt? Ich denke, man kann nach diesem Sommer eine Bilanz ziehen, die da heißt: hervorragend im Zusammenspiel der Gemeinden, der Bundesländer und des Bundes, rasche und unbürokratische Hilfe für die Menschen ist gewährleistet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt, man kann das auch klar und deutlich auf den Tisch legen: Dort, wo wir verbaut haben, wo wir seitens der Bundesregierung gemeinsam mit den Bundeslän­dern in den letzten Jahren und Jahrzehnten Hochwassermaßnahmen gesetzt haben, geschah das zum Schutz der Menschen. Herr Abgeordneter Kogler hat über „hundert­jähriges Hochwasser“ gesprochen. Ich möchte ihm empfehlen, sich zu informieren, was das im Detail heißt. Das heißt nämlich, eine Wahrscheinlichkeit in diesem Ausmaß besteht alle einhundert Jahre, aber das schließt nicht aus, dass diese Wahrscheinlich­keit öfters eintritt. Wir aber verbauen in Österreich ausgehend von der Wahrscheinlich-


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keit eines hundertjährigen Hochwassers. (Abg. Mag. Kogler: Ja, das Sie in drei Jahren wieder haben!)

Im Paznauntal, sehr geehrter Herr Abgeordneter Kogler, auch das muss gesagt wer­den, hatten wir ein fünftausendjähriges Wetterereignis. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Dafür geben Sie offensichtlich der Bundesregierung die Schuld. Ich sage Ihnen: Gegen solche Niederschlagsereignisse ist kein Kraut gewachsen. Im Ge­genteil, wir müssen uns damit auseinander setzen, dass wir gegen solche Extrem­ereignisse keinen Schutz, weder ökologisch noch mit Hilfe von Verbauungsmaßnah­men, sicherstellen können, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir haben Schäden im Ausmaß von zirka – der Herr Vizekanzler hat das angespro­chen – 700 Millionen € zu verzeichnen. Es sind auch große Schäden bei den Verbau­ungsmaßnahmen, die zum Schutz der Menschen errichtet worden sind, entstanden, Schäden, die wir nun wieder beheben müssen. Wir arbeiten zügig daran, damit der Schutz bereits in den kommenden Wochen wieder sichergestellt werden kann. Wir haben sofort den Katastrophenfonds geöffnet, und wir machen heute mit diesem Gesetz alles klar, damit auch die für die weitere Hilfe notwendigen Geldmittel zur Ver­fügung gestellt werden können.

Ich kann den Bäuerinnen und Bauern im Westen Österreichs, die schwer betroffen sind, das Signal geben, dass wir seitens des Bundes gemeinsam mit den Ländern für jene, die für ihre Tiere das Futter nicht mehr bereitstellen können, weil es vernichtet ist, eine Raufutterverbilligungsaktion anbieten werden. Weiters werden wir im Umweltför­derungsgesetz jene Geldmittel bereitstellen, die notwendig sind, um die Trinkwasser­versorgung und die Abwasserentsorgung schnellstens wiederherzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben das in den letzten Jahren getan und werden das auch zukünftig tun – weil Frau Abgeordnete Glawischnig angespro­chen hat: langfristig denken –: Wir werden Jahr für Jahr 120 Millionen € für den vor­beugenden Schutz vor Naturkatastrophen zur Verfügung stellen, und wir werden da­von, wie in der Vergangenheit schon sehr erfolgreich, ein Drittel vor allem für ökolo­gische Maßnahmen zum Schutz vor Naturkatastrophen und Gefahren investieren.

Ich habe eine Liste darüber, wo wir gemeinsam, auch mit manchen NGOs, die uns immer kritisieren, Renaturierungsprojekte sehr erfolgreich umgesetzt haben, Lech, Filz, Drau, Liesing, Zaya zum Beispiel, und genau das Beispiel Lech zeigt, dass der am wei­testen naturbelassene Fluss Österreichs eine der größten Überschwemmungen für die Bevölkerung gebracht hat. Auch das ist nicht so einfach als kausal zu argumentieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend meine persönlichen Eindrücke, mehrere von uns waren ja vor Ort und haben das Ausmaß der Katastrophe miterlebt: Es tut halt weh, dass manche der selbsternannten Zivilgesellschaft vom trockenen Wien aus Schuldzuweisungen machen, wenn Menschen das Wasser beim Fenster hineinrinnt und andere vor Ort helfen. Deshalb noch einmal: Herzlichen Dank an all jene, die vor Ort waren und die geholfen haben! (Zwischenrufe bei den Grünen.) Diese Menschen verdienen unseren ganz besonderen Respekt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Franz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.11.30

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren auf der Regie­rungsbank! Geschätzte Damen und Herren! Die Nacht vom 22. auf den 23. August wird bei uns nicht so schnell vergessen sein. Die Verzweiflung, die Angst ums Überleben in


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dieser Nacht, hervorgerufen durch Felsstürze, durch Überschwemmungen, Vermurun­gen, wie wir sie bisher in Vorarlberg nicht gekannt haben, sitzt den Menschen nach wie vor in den Knochen, und an dieser Stelle muss ich sagen, ich kann diese politische Besserwisserei im Moment nicht ertragen.

Ich bin selbst persönlich betroffen, allerdings nicht in demselben Ausmaß wie viele andere, deren Haus nicht mehr bewohnbar ist, deren Betrieb überschwemmt wurde und denen die Existenzgrundlage genommen wurde.

Das Unwetter forderte in Vorarlberg zwei Todesopfer. Eines davon wurde in Bezau be­graben – es war ein ehemaliger Mitschüler von mir. Es gab eine beträchtliche Zahl an Verletzten, und viele Menschen, die ihre Häuser, ihre Firmen verloren haben, waren am Rande der Verzweiflung.

In meiner Heimatgemeinde Bezau sind über 100 private Haushalte betroffen, über 40 Firmen, 13 öffentliche Gebäude und 11 Vereine. Wir hatten Probleme mit der Trink­wasserversorgung. Allein unsere Gemeinde kommt auf eine Schadenshöhe von 3,5 Millionen €, was für unsere Verhältnisse sehr schwierig zu bewältigen ist, denn wir haben einen jährlichen Haushalt von zirka 5 Millionen €. Die Schadensbewältigung ist ein riesiges Problem, und wir sind froh, dass dafür Mittel zugesagt wurden, und zwar prompt. Deshalb: danke an die Bundesregierung, danke auch an unser Land, das vor allem für die so schwer betroffenen Gemeinden zusätzliche Mittel aus Bedarfszuwei­sungen zur Verfügung stellen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Vorarlberg hat die Hochwasserkatastrophe einen Gesamtschaden von 189 Millio­nen € verursacht. Es gibt verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten: Gott sei Dank aus dem Katastrophenfonds, Gott sei Dank auch über Banken, und Gott sei Dank werden noch andere Kanäle genützt. Vorarlberg hat auch bei der Europäischen Kommission um Unterstützung aus Mitteln des Solidaritätsfonds der Europäischen Union ange­sucht.

Weiters soll den Gemeinden und natürlich auch den Menschen persönlich durch zu­sätzliche Mittel geholfen werden. Ziel muss es sein, nach dem Hochwasser privaten Betrieben und Gemeinden Mut und Zuversicht zu geben, dass sie wieder neu begin­nen, und es soll niemand im Stich gelassen werden. – So hat Landeshauptmann Saus­gruber zu uns gesprochen, und zwar gleich nach der Katastrophe. Die Hilfe muss rasch und unbürokratisch erfolgen.

Zum Schadensausmaß ist zu betonen, dass durch die in den letzten Jahren realisierten Schutzmaßnahmen der Wildbach- und Lawinenverbauung und des Flussbaus noch Schlimmeres abgewendet werden konnte. Auf Grund des funktionierenden regionalen Katastrophenmanagements durch die Bürgermeister und des großartigen Einsatzes der Feuerwehren und Rettungsorganisationen, der öffentlichen Einrichtungen, der Ge­meinden, des Bundesheeres und der Exekutive und zahlreicher freiwilliger Helfer konnte weit größerer Schaden verhindert werden. Dafür sei allen gedankt! Die dezent­ralen Rettungsorganisationen beziehungsweise Organisationsstrukturen haben sich bei uns sehr bewährt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es war dadurch mög­lich, zeitgleich in jeder Gemeinde organisierte Einsätze zu leisten, und das war beson­ders wichtig.

Vielen Dank an alle, vielen Dank an die Bundesregierung, an das Land Vorarlberg, vielen Dank an Sie alle hier, dass dieses Paket heute beschlossen werden kann – ich habe noch nie so viel Solidarität erlebt! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

11.16



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.16.16

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist wohl mehr als selbstverständlich, dass wir uns heute gemeinsam dazu bekennen, Steuermittel auch dafür zu verwenden, dass jenen Menschen geholfen werden kann, die unsere Hilfe dringend brauchen. Es ist nicht damit abgetan, ihnen nur Geld zu geben. Sie haben wirklich viel mitgemacht, der Schock sitzt tief, und natürlich ist es selbstverständlich, dass wir diese Hilfsmaßnahmen unterstützen.

Hinweisen, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich aber auf die Tat­sache, dass wir vor genau drei Jahren in einer Sondersitzung zum selben Thema zu­sammengesessen sind, damals auch Soforthilfen beschlossen und darüber gespro­chen haben, was wir denn tun können, um in Zukunft Katastrophen – wenn wir sie schon nicht vermeiden können – zumindest zu mildern. Passiert ist wenig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den präventiven, für den vorausschauenden Schutz ist sehr, sehr wenig passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb möchte ich einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Gaßner, Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Katastrophen­prävention in Verbindung mit effektiver Sicherheitsforschung zur Verminderung von Katastrophenschäden einbringen.

Der Antrag liegt vor; ich darf ihn in den Eckpunkten kurz erläutern.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Pröll! Es gibt in Ihrem Einflussbereich zwei Abtei­lungen: die Wildbachverbauung und den Flussbau. Dort haben Sie hervorragende Mit­arbeiter, die hervorragende Konzepte entwickeln. Wissen Sie, was diese mir sagen? – Helfen Sie uns, damit wir unsere Konzepte auch umsetzen können! Wir haben nicht das Geld dazu.

Ich stehe hier nicht allein als Rufer in der Wüste. Der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich hat ebenfalls festgestellt, es fehlt das Geld dazu. Herr Landesrat An­schober hat festgestellt, es fehlt das Geld dazu. – Es genügt nicht, Konzepte und Studien zu erarbeiten, sondern es muss auch das nötige Geld zur Verfügung gestellt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Haubner.)

Ich wiederhole: Im Zuge der letzten Katastrophe wurde gesagt, wir müssen etwas dafür tun, dass die freiwilligen Helfer dienstrechtlich abgesichert werden. – Null ist passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Reden Sie mit den Feuerwehrleuten! Es ist ihnen nicht sehr wohl dabei, wenn sie Wochen hindurch freiwillige Dienste leisten, weil sie, wenn sie dann in ihre Firma zurückkommen, unter Umständen massive Probleme haben. Das gehört gelöst, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist dringlich und ganz, ganz wichtig! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wo ist die gemeinsame Funkfrequenz im Einsatzfall? Adonis war das Stichwort. Viele Millionen sind dafür aufgewendet worden, und im wahrsten Sinne des Wortes ist die­ses Konzept den Bach hinuntergegangen. – Raschest, meine ich, ist es notwendig, hier tätig zu werden!

Die finanziellen Mittel, sagen Sie, sind natürlich nicht unbegrenzt, da müssen wir etwas tun. Ich bin der Meinung, dass zum einen mit vorausschauendem Hochwasserschutz mittel- und langfristig sehr viel an Sanierungskosten, an Schadenswiedergutmachungs­kosten gespart werden kann. Zum anderen könnte man auf sinnlose Investitionen ver­zichten und das so gesparte Geld für den Hochwasserschutz aufwenden.


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Herr Abgeordneter Scheibner hat ganz kurz von den Fliegern gesprochen. Damals, 2002, haben Sie gesagt: sechs Flieger weniger – Geld für die Hochwasseropfer. Die Hochwasseropfer haben von diesem Geld allerdings nie etwas gesehen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Ich sage Ihnen: Verzichten Sie zur Gänze auf diese sinnlose Investition! Lassen Sie die alten Eurofighter dort, wo sie sind, und nehmen Sie einen Teil des Geldes dafür, wirk­lich sinnvolle Prävention durchzuführen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Gaß­ner, Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Katastrophenprä­vention in Verbindung mit effektiver Sicherheitsforschung zur Verminderung von Kata­strophenschäden auch schriftlich eingebracht wurde, damit mit in Verhandlung steht und ich ihn auf Grund des Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung auch zur Verteilung bringen lasse.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Mag. Gaßner, Anita Fleckl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend nachhaltige Katastrophenprävention in Verbindung mit effektiver Sicher­heitsforschung zur Verminderung von Katastrophenschäden eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1065 d.B.): Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 (1094 d.B)

Die Folgen der Katastrophen der letzten Jahre führen uns in regelmäßigen Abständen die Versäumnisse in der Katastrophenprävention und der Sicherheitsforschung vor Augen.

Durch Versäumnisse der ÖVP/BZÖ Bundesregierung kommt es zu einer Unterdotie­rung des Katastrophenschutzes. Insbesondere der Hochwasser- und Lawinenschutz leidet unter fehlenden Mitteln. Sinnvolle und notwendige Projekte werden verzögert, weil deren Finanzierung nicht geklärt ist.

Insbesondere sind die anlässlich des Hochwassers im Jahr 2002 angekündigten Mittel für Hochwasser-Präventivmaßnahmen von der Regierung nur teilweise zur Verfügung gestellt worden, sodass das Risiko künftiger Katastrophen nach wie vor hoch bleibt. Die SPÖ fordert die Finanzierung der versprochenen Präventionsmaßnahmen ein, ins­besondere dort, wo bereits konkrete Hochwasser- (und auch Lawinen-) Schutzprojekte entwickelt wurden, die wissenschaftlich abgesichert sind.

Im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm soll  Sicherheitsforschung ein vorrangiges For­schungsthema sein. Dennoch ist in Österreich wenig von ergänzenden und vorberei­tenden Maßnahmen zu merken.

Im Jahr 2005 wurde die Bevölkerung oftmals von den Wassermassen überrascht. Es gäbe einerseits Methoden der Früherkennung von Gefahren, andererseits besteht auf diesem Feld Potenzial für die Forschung und Entwicklung. Nicht zuletzt liegen hier Chancen für die österreichische Wirtschaft und für hoch qualifizierte Arbeitsplätze.

Von der ÖVP/BZÖ Bundesregierung wird die Sicherheitsforschung nach wie vor sträf­lich vernachlässigt und es werden konkrete Projekte nicht zügig vorangetrieben. Symp­tomatisch ist, dass im Projektteam des FLOODsite Projektes zur Erforschung von


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Hochwässern unter den renommierten Partnern aus 13 EU-Staaten keine österreichi­sche Beteiligung zu finden ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur nachhaltigen Vermeidung von Katastro­phenschäden ein Sonderprogramm mit nachfolgenden Maßnahmen zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen bzw. sofort umzusetzen:

1. Gesamtkonzepte und Projekte zum Hochwasser- und Lawinenschutz, die bereits entwickelt wurden und wissenschaftlich abgesichert sind, sind systematisch zu erfas­sen, unverzüglich in ihrer Gesamtheit zu realisieren und die finanzielle Bedeckung ist dafür in den kommenden Budgets sicherzustellen.

2. Es sind Personalressourcen bereit zu stellen, die für ein Freihalten der Flussläufe von Wildbächen und die Instandhaltung von Wildbachverbauungen sorgen. Der Perso­nalabbau im Bereich des Hochwasser- und Lawinenschutz ist zu stoppen. Die Mittel für Flusslaufsanierung durch den Bund sind aufzustocken.

3. Im Bereich der Sicherheitsforschung sind jene Felder wie Hochwasser- und Lawi­nenprävention zu forcieren, die für die österreichische Bevölkerung von besonderer Relevanz sind.

4. Für Regionen mit besonderer Gefährdung durch Hochwasser (etwa die Region Steyr), sind nachhaltige Gesamtkonzepte zur Hochwasserprävention zu erarbeiten. Die Ressourcen für die Ausarbeitung von Simulationsmodellen sind bereit zu stellen.

5. Die negativen Folgen der Hochwasserkatastrophe in Tirol und Vorarlberg im August 2005 hätten durch ein Niederschlagsradar auf der Valluga im Arlberggebiet gemindert werden können. Das überfällige Wetterradar auf der Valluga ist unverzüglich fertig zu stellen und seine Beobachtungen sind in geeigneter Weise den Warnzentra­len, Einsatzkräften und der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.

6. Durch Sparmaßnahmen im Bereich des Hochwasser- und Lawinenschutzes konnten heuer einige akute Schutzmaßnahmen in von Lawinen betroffenen Ortschaften nicht in Angriff genommen werden. Somit müssen Bürger etwa in der steirischen Gemeinde Grundlsee über den Winter mit der Lawinenbedrohung leben. Es ist dafür zu Sorgen, dass jederzeit ausreichend Mittel für notwendige Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Wittauer. Herr Abgeordneter, 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.21.17

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Das war heute wieder ein Lehrbeispiel. (Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Es ist noch nicht aus!) Abgeordneter Bürgermeister Gaßner hat soeben hier das gesagt, was wir alle empfinden: Hochwasserschutz und Hilfe für die Menschen, die betroffen sind – in Tirol und Vorarlberg 700 Millionen Schaden –, müssen ein Anliegen aller sein; und das machen wir auch gemeinsam. Aber zum Schluss hat er das wieder


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mit den Abfangjägern verbunden! (Abg. Wimmer: Macht kein Mensch!) Sie widerspre­chen sich dann in vielen Bereichen selbst.

Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Tirol und auch Vorarlberg bedanken sich bei dieser Bundesregierung für ihr schnelles Handeln, auch beim Parlament, sie bedanken sich dafür, dass – mit 60 Prozent – Länder und Bund mithelfen, die Existenzen, die teil­weise zerstört sind, wieder aufzubauen. Die Menschen brauchen diese Hilfe, und wir in Tirol sind dankbar dafür.

Ich selbst bin bei der Feuerwehr und sage Ihnen: Das, was wir nicht handlen können, ist die Natur. Ich hatte vorher noch nie erlebt, dass man – so wie dieses Jahr – 10 Mi­nuten lang nicht einmal einen halben Meter weit sieht, so stark hat es geregnet.

Die Statistiker sagen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), dass über das Jahr hin­weg gleiche oder ähnliche Temperaturen herrschen, dass es gleich viel regnet, aber keiner sagt, dass die augenblickliche Situation eigentlich das ist, was Unglück hervor­ruft; gerade in diesem Bereich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) In unserer Ortschaft gab es zwei Muren, obwohl es in den letzten Jahren nie irgendetwas in dieser Richtung gab.

Die Bürgermeister sollten sich besser selbst ein bisschen an der Nase nehmen. Wenn heute in Regionen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) – hören Sie einmal zu, Herr Abgeordneter, da geht es um Gebirgstäler, um Dörfer, um baurechtliche Geschich­ten! – in roten Zonen gebaut wird, weil die Bürgermeister dort in manchen Fällen Freunderlwirtschaft betrieben haben oder Bauwidmungen ausgesprochen worden sind oder man gesagt hat, man baut einen Damm, und dann wird das schon passen, und man in diese gefährlichen Zonen weiter hineingegangen ist, dann muss man sagen, es ist nicht richtig zu sagen, die Bundesregierung oder der Bund sollen alles zahlen. (Abg. Mag. Gaßner: Wissen Sie, was ein Gefahrenzonenplan ist?) – Das Parlament sollte sich einmal Gedanken darüber machen, ob die Kompetenzen richtig verteilt sind. Raumordnung wird von den Gemeinden und von den Ländern gemacht. (Abg. Mag. Gaßner: Gut so!) Ja, das wäre gut, denn die sollten wissen, was dort geschieht.

Aber dann kommen die Verfehlungen, Bauten werden in gefährdeten oder sehr ge­fährdeten Gebieten errichtet, wo alle fünf, sechs Jahre wieder solch eine Katastrophe kommen kann. (Abg. Mag. Gaßner: Nennen Sie mir eine Verfehlung! Eine Verfeh­lung!) Und jetzt kommen wir – Herr Abgeordneter, hören Sie mir zu! – auf den Punkt: Wir hatten in den letzten Jahren ein hundertjähriges Hochwasser, dann ein zehnjähri­ges, ein hundertjähriges, jetzt war es bei uns in Tirol ein tausendjähriges – in sechs Jahren werden wir die gleichen Überschwemmungen haben, weil ein fünftausendjähri­ges kommt. Wir machen ja die Perioden schon kleiner.

Wir müssen mit Naturkatastrophen leben und müssen uns einmal Gedanken darüber machen, die Leute in manchen Gegenden abzusiedeln, weil es günstiger ist, die Leute abzusiedeln und ihnen anderswo ein sicheres Heim zu geben. Darüber werden wir uns Gedanken machen müssen, ebenso darüber, dass die Raumordnung eingehalten wird, dass die roten Zonen rote Zonen bleiben, sodass man nicht einfach wieder nur Geld hineinpulvert und das nächste Mal, wenn wir ein fünftausendjähriges Hochwasser haben, wieder alles weg ist.

Den Menschen ist nicht zumutbar, dass sie alle fünf, sechs Jahre wieder die gleiche Katastrophe erleben, wieder alles aufbauen müssen. Vielleicht sollten uns wir in die­sem Parlament einmal Gedanken darüber machen, ob die Aufgaben richtig verteilt sind und ob Gesetze, sage ich einmal, notwendig sind, um das zu vermeiden, was wir in den letzten Jahren gehabt haben, auch in Oberösterreich und in Niederösterreich. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)


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Frau Abgeordnete Glawischnig! Sie brauchen nur einmal nach Lech zu fahren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Klimaschutz!) Sie haben dort verhindert, dass dieser Bach ausgegraben wird, obwohl jeder weiß, wie gefährlich er ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Sie haben es verhindert, und die Leute werden Ihnen „dankbar“ dafür sein, da der Lech dafür verantwortlich war, dass dort eine ganze Region unter Wasser gestanden ist. Danke dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mandak. Frau Abgeordnete, 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.25.50

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Kollegin Anna Franz hat zuerst sehr berührend und sehr authentisch die Situa­tion der betroffenen Menschen in Vorarlberg beschrieben. Sie hat gesagt, dass das den Leuten noch in den Knochen sitzt. – Das ist tatsächlich so. Wenn man im Land herumfährt und mit den Betroffenen spricht, hört man das. Es ist für uns daher vollkom­men klar, dass wir jede Hilfe an die Betroffenen unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir wissen natürlich, wie viel die Helferinnen und Helfer geleistet haben, ganz gleich, ob sie ehrenamtlich oder hauptamtlich arbeiten. Und gerade deswegen ist es für uns so wichtig, dafür Sorge zu tragen, dass die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer end­lich arbeits- und sozialrechtlich abgesichert werden, dass nicht die, die Hilfe für andere leisten, selbst ohne Netz arbeiten, da es der Willkür der Arbeitgeberinnen und Arbeit­geber überlassen ist, ob sie tolerieren, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hel­fen. Bitte unterstützen Sie dieses unser Anliegen, und sichern wir die Helfenden auch unsererseits ab! Diese Verpflichtung haben wir nämlich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Ein ähnlicher Punkt ist die Abschreibbarkeit von Spenden. Schon vor langer Zeit hat Präsident Khol versprochen, dass er sich dafür einsetzen wird. Wir fordern das schon lange. Bitte schaffen wir endlich die Absetzbarkeit von Spenden. Setzen Sie ein Zei­chen und zeigen Sie, wie wichtig es Ihnen wirklich ist, dass die Bevölkerung hier aktiv unterstützt und den Opfern hilft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Anna Franz hat aber auch gesagt, dass sie diese Besserwisserei nicht ertragen kann. – Ich weiß, es ist ein heikler Bereich, dann, wenn Menschen selbst in Not sind, wenn sie nicht wissen, wie sie ihre Häuser wieder herrichten sollen, Kritik zu üben. Aber seien Sie mir nicht böse: Diese Kritik muss angebracht werden, weil die Hilfe, die wir im Nachhinein leisten, nicht genug ist, nicht genug für uns, die wir politisch tätig sind. Wir müssen im Vorhinein dafür Sorge tragen, dass möglichst wenig jener Schä­den passieren, die derzeit passieren. Das tun wir aber derzeit nicht! Das muss man ganz klar sagen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Kollege Lopatka hat sich heute hier herausgestellt und technischen Hochwasserschutz gefordert. (Abg. Mag. Molterer: Ist auch notwendig!) – Herr Kollege Lopatka, das ver­lagert nur das Problem. Natürlich können Sie Wildbäche verbauen, Bäche verbauen, noch höhere Dämme errichten, aber das Wasser kommt unten zusammen. Gehen Sie einmal an die Ill, gehen Sie an den Rhein und schauen Sie sich das an!

Es war ein riesiges Glück, dass es heuer im Bereich des Alpenrheins nicht so viel ge­regnet hat wie im Lechtal. Es war ein riesiges Glück, dass der Bodensee heuer einen relativ geringen Wasserstand hatte. Wenn es anders gewesen wäre, wäre es katastro-


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phal gewesen, denn dann wäre das gesamte untere Rheintal überschwemmt worden. Das muss man auch sagen, und da nutzen Ihre technischen Bauten allein nichts!

Wir brauchen Renaturierungsmaßnahmen. (Abg. Mag. Molterer: Hat er ja gesagt! – Abg. Dr. Lopatka: ... ja gesagt!) Wir müssen dem Wasser Platz geben.

Herr Klubobmann Molterer, auch in Ihre Richtung und auch in Richtung des Landwirt­schaftsministers: Es wird nicht gehen, ohne dass landwirtschaftliche und forstwirt­schaftliche Flächen als gezielte Überschwemmungsräume zur Verfügung gestellt wer­den, ohne dass diese Räume in Zukunft überflutet werden. Denn das ist noch immer besser, als unsere Dörfer, Betriebe, Häuser werden überflutet. Hier müssen wir um­denken, wir brauchen eine andere Art von Hochwasserschutz. (Beifall bei den Grünen.)

Es war schon vom Kyoto-Ziel die Rede. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) Natürlich dürfen wir das nicht vergessen. Aber ein letztes Wort noch: Auch die Flächenwidmung hat entscheidenden Einfluss. Häuser gehören nicht dorthin, wo akute Hochwassergefahr besteht – auch diesbezüglich ist in den letzten Jahren leider einiges verabsäumt worden. Auch hier müssen wir politisch ansetzen, wir können nicht den Betroffenen nachher die Schuld dafür geben, dass sie ihre Häuser dort gebaut haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.30

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen somit zum zweiten Themenblock. Die erste Redner- und Rednerinnenrunde hat eine Redezeit von jeweils 8 Minuten.

Als Erster zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


11.30.40

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanz­ler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt in der Debatte vom Hochwasserpaket zum Beschäftigungsförde­rungsgesetz. Das Beschäftigungsförderungsgesetz samt Nebengesetzen ist eine konsequente Fortsetzung jener erfolgreichen wirtschaftspolitischen Vorwärtsstrategie, die diese Bundesregierung seit der politischen Wende im Jahr 2000 eingeschlagen hat. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Marizzi: Da klatschen nicht einmal die eige­nen Leute!)

Meine Damen und Herren! Wenn wir heute, was das Wachstum, den Wohlstand, die Beschäftigung betrifft, im europäischen Vergleich besser dastehen als die Mehrheit der europäischen Staaten, dann ist das kein Zufall. Auch in der Wirtschaftspolitik ist Erfolg kein Zufall, sondern das Ergebnis konsequenter, harter, zielorientierter Arbeit.

Ich darf daran erinnern: Politische Wende 2000, 2001: Konjunkturpaket I, Konjunktur­paket II, 2003: Wachstums- und Beschäftigungspaket, 2004: erste Etappe der Steuer­reform, 2005: zweite Etappe der Steuerreform, Juli dieses Jahres: Wirtschafts- und Beschäftigungspaket, heute: das Beschäftigungssicherungsgesetz. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Ein Beweis dafür, dass unsere im internationalen Vergleich guten Zahlen, dass unsere hervorragende Leistungsbilanz, um die uns das Ausland beneidet, kein Zufall sind, sondern das Ergebnis erfolgreicher Wirtschaftspolitik dieser Bundes­regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Einem, ich glaube, wenn es um die Herausforderung geht, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), wenn es um die Herausforde­rung geht, wieder Vollbeschäftigung anzustreben, dann sollte das kein Beispiel für parteipolitisches Taktieren sein. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)


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Herr Kollege Gusenbauer! In Ihrer Presseaussendung von Ihrer Klubklausur hat es geheißen: „Österreich braucht einen Kurswechsel.“ (Ruf bei der SPÖ: Höchste Zeit!) – Diesen Kurswechsel haben wir bei der politischen Wende 2000 gehabt, bitte. Seither haben wir eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, weg von der Schuldenpolitik hin zu Zukunftspolitik. Der Kurswechsel hat stattgefunden, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich würde wirklich hoffen und mir wünschen, dass diese große Herausforderung: Wie bekämpfen wir Arbeitslosigkeit? (Abg. Dr. Matznetter: Gescheitert ...!) Wie schaffen wir Wachstum? Wie erreichen wir die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen? (Abg. Dr. Matznetter: Fünf Jahre sind genug ...!) Wie erleichtern wir den Frauen den Wiedereinstieg? Wie bieten wir Beschäftigung für Jugendliche?, ein gemeinsames An­liegen wäre, eine Konsensmaterie. Sie aber versuchen immer, politisches Kleingeld zu wechseln, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist nicht die Lösung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mir ist bewusst, dass das, was wir heute beschließen, nämlich Investitionen und neues Geld für Qualifikationsmaßnahmen, die zentrale Herausforderung auf dem Arbeits­markt ist. (Abg. Dr. Matznetter: ... abgelehnt fünf Jahre!)

Denn was erleben wir derzeit? – Es gibt eine Arbeitslosigkeit, die zweifellos zu hoch ist, und wenn ich dann in Betriebe komme, so klagt jeder zweite Betrieb darüber, dass er keine qualifizierten Leute bekommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Herausforderung ist: Wie bringen wir Angebot und Nachfrage qualifikationsmäßig zur Übereinstimmung? (Abg. Mandak: Reden Sie mit der Frau Ministerin Gehrer! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Mandak! Wenn wir mit diesem Beschäfti­gungsförderungsgesetz 285 Millionen € – das wären 4 Milliarden Schilling – an fri­schem Geld in die Hand nehmen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), dann ist auch das eine konsequente Fortsetzung unserer Politik.

Herr Kollege Matznetter, vergleichen Sie die letzten fünf Jahre! Heuer geben wir dop­pelt so viel für aktive Arbeitsmarktpolitik aus wie noch in der Zeit der großen Koalition! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Doppelt so viel: 1,5 Milliarden €, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Rekordarbeits­losigkeit!)

Ich gebe gerne zu: Das frische Geld, das wir hier in die Hand nehmen, ist sehr viel bei einer Politik, die Stabilität im Staatshaushalt sehr hoch einschätzt. Aber es ist die Kunst der Politik, die Balance zwischen Stabilität für den Staatshaushalt einerseits und not­wendigen Impulsen für die Vollbeschäftigung andererseits zu finden. Das ist die Kunst der Politik. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Kollege Gusenbauer, Sie machen hier das, was auch im Finanzausschuss ge­schehen ist. Im Finanzausschuss lautete die Kritik der Opposition: Die Regierung legt nichts Neues vor! (Abg. Dr. Wittmann: Das ist Realitätsverweigerung!) Dann kommt ein Abänderungsantrag der Opposition – und kein einziger Punkt ist etwas Neues.

Herr Kollege Matznetter, das ist der Unterschied zwischen Regierung und Opposition (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter): Sie reden viel – die Regierung handelt! Unter­schied zwischen Opposition und Regierung, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, glauben Sie mir: Wir wissen, dass das keine einfache Auf­gabe ist (Abg. Dr. Matznetter: Ist das eine Entschuldigung, dass Sie alles falsch gemacht haben?), denn wir leben in einer Zeit – das muss man einmal ganz nüchtern


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sagen –, die ein wesentliches Kennzeichen hat: das Tempo der Veränderung. Verän­derungen hat es in der Menschheitsgeschichte immer gegeben, aber das Tempo war noch nie so atemberaubend wie derzeit. (Abg. Dr. Matznetter: Ihnen geht es zu schnell, Herr Kollege Stummvoll?) Auch in der Arbeitswelt, Herr Kollege Matznetter, das Tempo der Veränderung. Daher ist es wahnsinnig schwierig, mit diesem Tempo der Veränderung Schritt zu halten (Abg. Dr. Wittmann: Sie verändern doch nichts in der Bildungspolitik!) und jene Qualifikationen anzupassen, die auf dem Arbeitsmarkt notwendig sind.

Da Herr Kollege Öllinger im Finanzausschuss Beispiele gebracht hat, hinsichtlich derer man sagen muss: Wenn das Qualifikationsmaßnahmen sind, dann ist das nicht sehr gescheit! – ich glaube, da waren wir alle einer Meinung –, sage ich Ihnen Folgendes: Ich mache auch hier vor dem Plenum den Vorschlag, den ich schon im Finanzaus­schuss gemacht habe und der sich, Herr Kollege Matznetter, im Finanzausschuss bewährt hat: Über Parteigrenzen hinweg lade ich zu Gesprächen der Fraktionsführer, Finanzausschuss, Sozialausschuss, ein, in denen wir ohne Tabus diese Probleme dis­kutieren. Denn das, was Kollege Öllinger aufgezeigt hat, möchte ich auch nicht haben. Aber es gibt kein Gesetz und keine Ministerweisung, die solch unsinnige Maßnahmen, die Sie zu Recht aufgezeigt und kritisiert haben, vorschreibt.

Gehen wir gemeinsam einen Weg, auf dem wir ohne Tabus, ohne Parteigrenzen die Probleme lösen können. Es missfällt mir, wenn man im Zusammenhang mit diesen nationalen Anliegen politisches Kleingeld wechseln möchte. Mein Bemühen ist vorhan­den, ich lade Sie ein: Gehen wir diesen Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! In diesem Gesetzespaket sind folgende Schwerpunkte ent­halten: Langzeitarbeitslose wieder einzugliedern, Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern, Jugendlichen Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Und wenn wir hier zum Beispiel sagen, dass wir die Gesundheits- und Pflegeberufe ausbauen wollen, so kann man auch festhalten – bei aller Schwierigkeit von Prognosen –, dass der Gesundheits- und Pflegebereich eine Wachstumsbranche ist. Ich glaube, das ist im Hinblick auf die demographische Entwicklung unbestritten. Daher geht es hier um sichere Arbeitsplätze, um gute Qualifikationen. (Abg. Mag. Johann Moser: Fünf Jahre geschlafen!)

Lassen Sie mich auch ein Wort zum Kombi-Lohn, der hier auch vorgesehen ist, sagen: Ich bin kein Freund von Lohnsubventionierungen, aber eines muss ich auch sagen: Mit jedem Monat, den ein Arbeitsloser länger arbeitslos ist, verschlechtern sich seine Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden. (Abg. Silhavy: Aber das muss man ja nicht mit dem Kombi-Lohn machen!)

Es ist jahrelang über den Kombi-Lohn theoretisch diskutiert worden. Ich sage: Hören wir auf mit den theoretischen Diskussionen, führen wir ihn auf ein Jahr befristet, wie das vorgesehen ist, für ganz spezifische Zielgruppen ein. Probieren geht über studie­ren. Die Regierung handelt – Sie reden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Dr. Gusenbauer. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.38.02

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Stummvoll hat gerade gesagt: Der Kurswechsel in der Beschäftigungspolitik hat im Jahr 2000 stattgefunden. – Damit hat er völlig Recht, seit diesem Zeitpunkt steigt nämlich die


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Arbeitslosigkeit in Österreich kontinuierlich an! Das war der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Kurswechsel à la Stummvoll und schwarz-blauer Bundesregierung hat bewirkt, dass wir heute die höchste Arbeitslosigkeit in der Geschichte haben (Abg. Dr. Stumm­voll: Den höchsten Beschäftigungsstand!), dass gleichzeitig die Einkommen – wie der Wifo-Bericht gezeigt hat – trotz guter gewerkschaftlicher Lohnerhöhungen seit dem Jahr 1995 netto nicht mehr gestiegen sind und dass das untere Einkommensfünftel heute inflationsbereinigt um 17 Prozent weniger verdient als vor zehn Jahren. Das ist die Bilanz Ihrer Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik, Herr Stummvoll! Und das benö­tigt in der Tat einen Kurswechsel hin zu Vollbeschäftigung und Wachstum. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heutige Paket, das ja teilweise auch die Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion finden wird, hat den Vorteil, dass in der Tat mehr Geld für Beschäftigungs- und Qualifikationsmaßnahmen in die Hand genom­men wird. Das ist okay, das ist absolut in Ordnung.

Man muss sich aber über eines im Klaren sein: Damit finanziert man weiterhin die Arbeitslosigkeit und die Chance, über Qualifikation aus der Arbeitslosigkeit herauszu­kommen.

Herr Stummvoll, ein Problem, das aber das Hauptproblem ist, wird dadurch nicht ge­löst, dass nämlich das Wirtschaftswachstum nach wie vor gering ist und ein Großteil der Leute trotz höherer Beschäftigung keine Beschäftigung findet. Und den Leuten geht es schon in erster Linie darum, nicht einen Kursplatz, sondern einen Arbeitsplatz zu finden. Daher wird mit diesem Paket, das einen Fortschritt darstellt, die Beschäfti­gungsmisere nicht gelöst, sondern wir brauchen weitere zusätzliche Maßnahmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Für einen Teil der Bevölkerung, die arbeitslos ist, bringt das was, jawohl, aber für jenen Teil, der auf Grund des mangelnden Wachstums keine Beschäftigung findet, stellt sich die Frage: Wo bleiben die Maßnahmen, um die Kaufkraft zu stärken, die wirklich Wachstum in Österreich bringen würde?

Wo sind Ihre Vorschläge zur Reparatur der verunglückten Steuerreform, die einseitig das Geld zu den Großkonzernen gibt und den Beziehern von kleinen und mittleren Einkommen wegnimmt? (Abg. Dr. Stummvoll: Was ist „verunglückt“?)

Wo sind die von Ihnen angesprochenen Investitionen, die in diesem Paket nicht vorge­sehen sind, zum Beispiel in zusätzliche öffentliche Infrastruktur?

Überall dort, wo es um Wachstumsmaßnahmen ginge, hat diese Bundesregierung keinen Schritt gesetzt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Daher, meine Damen und Herren, ist das zwar ein guter Schritt, aber nur ein halber. Er wird nicht ausreichen, die Arbeitslosigkeit in Österreich in den Griff zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Einführung des Kombi-Lohnes ist als problematisch zu betrachten. Denn was geschieht hier? – Es wird in Österreich Niedriglohnbeschäftigung, von der es ohnehin relativ wenig gibt, mit staatlichen Mitteln gefördert. Und es besteht natürlich die Gefahr, dass bestehende Niedriglohnarbeits­plätze durch Kombi-Lohn-Arbeitsplätze ersetzt werden, was überhaupt noch keine zu­sätzliche Beschäftigung schafft. Und es besteht vor allem bei den Jungen das Problem, dass sie, wenn sie in eine Kombi-Lohn-Situation hineinkommen, auch aus dieser nicht mehr herauskommen.

Und es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob es gescheit ist, in einem der reichsten Länder der Welt, das im internationalen Wettbewerb bestehen will, gerade einen Sek-


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tor zu fördern, bei dem wir wissen, dass wir mit Sicherheit nicht konkurrenzfähig sind. Es wäre doch viel klüger, das Geld zu verwenden, um hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und nicht Arbeitsplätze mit geringem Einkommen zu fördern.

Meine Damen und Herren! Dieser Kombi-Lohn erfordert zusätzliche Mittel, wird sich aber als wirtschafts- und beschäftigungspolitische Sackgasse erweisen, denn es geht um gute Arbeitsplätze und nicht um solche, die staatlich subventioniert sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Denn wenn es eine Kritik an der Wifo-Verteilungsstudie gegeben hat, dann war das jene, dass das Problem besteht, dass nicht die Einzelnen ärmer geworden sind, son­dern dass es heute eben mehr Teilzeitarbeitsplätze gibt und mehr Arbeitsplätze mit geringerem Einkommen und daher der Durchschnitt abgesunken ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich das genau anschaut, dann muss man doch feststellen, es kann doch nicht unser Ziel sein, dass Menschen einer Arbeit nachgehen, aber von dem Einkommen aus der Arbeit heraus nicht mehr leben können und daher Sozialhilfeempfänger werden.

Meine Damen und Herren, unser Ziel muss doch sein, dass jeder Mensch, der einer Arbeit nachgeht, so viel verdient, dass er damit seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Und mit diesem Kombi-Lohn wird in Wirklichkeit eine Entwicklung eingeschlagen, die die Tendenz in Richtung working poor verstärkt, die die Tendenz verstärkt, Men­schen in Arbeitsverhältnisse zu bringen, wo sie am Ende einen Lohn haben, von dem man nicht leben kann.

Daher sage ich Ihnen, dieses Geld für den Kombi-Lohn sollte man besser für Qualifika­tion und für hochwertige Arbeitsplätze und nicht für das Aufmachen eines neuen Nied­riglohnsektors in Österreich verwenden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Paket ist in seiner Finanzierung auf ein Jahr angelegt. In einem Jahr wird sich dann die Frage stellen, ob die Arbeitslosig­keit ... (Abg. Dr. Stummvoll: Sie stimmen zu?) – Wir stimmen bis auf den Kombi-Lohn diesem Paket zu, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, ob nach einem Jahr die Arbeitslosigkeit dann gesunken ist oder nicht. Und wenn in einem Jahr das Wachstum nicht höher ist als heute, dann werden wir in einem Jahr vor derselben Situation ste­hen, dass wir bei geringem Wachstum nicht mehr Beschäftigung in Österreich haben und erneut gezwungen sein werden, solche Reparaturmaßnahmen zu setzen.

Auch wenn wir diesen Reparaturmaßnahmen zustimmen, sage ich Ihnen, es führt kein Weg daran vorbei, dass in Österreich eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik gemacht werden muss. (Abg. Mag. Molterer: Gemacht wird!) Und diese gibt es eben nur, wenn man mehr in öffentliche Infrastruktur investiert, eine Reparatur dieser verun­glückten Steuerreform durchführt und endlich den Mittelstand und die kleinen Einkom­men in Österreich entlastet. Das bringt Wachstum, das bringt Beschäftigung und ist der bessere Weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

11.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt zu Wort. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Jaro­lim in Richtung ÖVP –: Sie sollten den Kombi-Lohn „Armutslohn“ nennen, das würde besser passen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


11.46.13

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben wenigstens fairerweise ge­sagt, dass Sie von Seiten der großen Oppositionspartei dem großen Kernstück dieses


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Pakets Ihre Zustimmung geben werden. Sie haben nicht gesagt, dass auch die Struk­turpakete 2002, 2003 und 2004 mit Zustimmung der Opposition das Hohe Haus passiert haben. Sie tun so, als ob die Regierung und die Regierungsparteien hier Strukturpakete gegen den Willen der Opposition beschlossen hätten. Nein, mit dem Willen der Opposition ist sehr vieles geschehen. Bei der Kritik, die Sie angebracht haben, sollten Sie daher im eigenen Bereich und bei den eigenen Maßnahmen, die Sie hier mit unterstützt haben, ansetzen, anstatt unfairerweise der Regierung all das in die Schuhe zu schieben, wo Sie mit dabei waren. Vielleicht würde das dann auch Fairness in der parlamentarischen Debatte bringen.

Zum Zweiten, Herr Kollege Gusenbauer: Ja zu Höherqualifizierungsmaßnahmen, ja zu Höherqualifizierungsmaßnahmen und Nachschulungen auch für Jugendliche, die Defi­zite nach der Pflichtschule haben und die Grundtechniken nicht beherrschen.

Aber genau das ist auch Inhalt dieses Programms. Und ich bin der tiefen Überzeu­gung, dass die 5 000 freien Jobs, die es in Österreich gibt und die von Beziehern von Kombilöhnen in Zukunft gemacht werden sollen, eine Klientel haben, die es verdient, endlich wieder einen Arbeitsplatz zu finden.

Der Kombilohn ist nichts Neues in Österreich. Wir haben Kombilöhne in dieser Form schon im Behindertenbereich, mit dem Hineinführen über geschützte Werkstätten bis hin zum ersten Arbeitsmarkt sukzessive mit Nachschulungen, Schulbetreuungen, mit entsprechender Qualifizierung, mit entsprechendem Weg in die erste Arbeitswelt.

Was soll denn daran schlecht sein, wenn wir nunmehr jene Jugendlichen oder Lang­zeitarbeitslosen, die die geringsten Qualifikationen haben, endlich aus dem Stadtpark und aus der Drogenszene in Beschäftigung bringen und damit auch bei diesen jungen Menschen oder bei jenen, die langzeitarbeitslos sind, das in Gang setzen, was wir durchaus erfolgreich bei älteren Arbeitnehmern und bei den Behinderten heute in der Statistik, aber auch auf dem Arbeitsplatz sehen? – Durch Kombilöhne, Stützungen gelingt es diesen Menschen, in die erste Arbeitswelt zu kommen und somit eine gesi­cherte Zukunft zu haben.

Wir glauben daher, dass dieses Modell des Kombilohnes mit der Überprüfung nach einem Jahr ein gutes Modell für die Zukunft sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Betrachten wir doch einmal die Statistik auch der älteren Arbeitnehmer über 60, wo es bei Arbeitslosigkeit 12 Prozentpunkte Lohnzuschuss gibt. Es ist jene Kategorie, die in der Statistik der Arbeitslosigkeit immer weniger, aber im Bereich der Beschäftigung immer mehr zu finden ist.

Warum soll sich das, was sich bei den älteren Arbeitnehmern über 60 bewährt hat, auf einmal bei jüngeren Arbeitnehmern und bei der Jugend nicht bewähren?

Selbstverständlich wird es notwendig sein, dass man sich auch von Seiten des Ar­beitsmarktservice, aber – ich sage es so wie im Ausschuss – auch von Seiten der Arbeiterkammern und von Seiten der Wirtschaftskammer um die Fortbildung und die Weiterbildung über die Institutionen kümmert.

Und da macht es mir schon Sorgen, dass man in Wien, nur weil Wahlen vor der Tür stehen, Männern Bügelkurse anbietet. Sie werden vielleicht dann zu Hause einen Teil der unbezahlten Arbeit übernehmen, aber Beschäftigung werden sie dadurch nicht bekommen.

Wenn man Kurse abhält, dann sollten diese meiner Meinung nach tatsächlich im Sinne der Höherqualifizierung sein, und man sollte Arbeitnehmern, die ohnedies schon den ersten und zweiten Selbstfindungskurs gemacht und in hervorragender Form Hunderte


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Bewerbungsschreiben geschickt haben, nicht noch einen dritten oder vierten Selbstfin­dungskurs verordnen. Da wäre mehr Phantasie auch bei den Arbeitsmarktservice-Ein­richtungen notwendig.

Ich möchte aber auch klar sagen, das ist nicht Standard in ganz Österreich. Es gibt Arbeitsbezirke in Österreich, die hervorragende Arbeit leisten. Es gibt Arbeitsbezirke, die hervorragende Fort- und Weiterbildungsangebote haben. Es gibt Arbeitsbezirke, wo es für Frauen, für benachteiligte Gruppen gemeinsam mit der Wirtschaft Höherqualifi­zierungen gibt, die hervorragend sind. Aber es gibt leider auch noch einige Reste aus der Zeit der großen Koalition, wo man es nicht gelernt hat. Vielleicht sollten wir auch dort gemeinsam mit den Sozialpartnern ansetzen, damit auch diese endlich zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb werden und nicht dort verharren, wo sie in der Ver­gangenheit gewesen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben auch gemeint: Wo bleiben denn die Entlastungs­effekte für die Bevölkerung? – Auch das ist in diesem Paket enthalten. Auf der einen Seite ist es die Erhöhung des Kilometergeldes, und auf der anderen Seite sind es nach wie vor die Vorschläge unserer Fraktion, die wir in Kärnten praktiziert haben, wo wir die öffentlichen Tankstellen geöffnet haben, während alle anderen Bundesländer das ab­gelehnt haben. Schauen Sie sich einmal die Statistik der Treibstoffpreise an! In Kärn­ten ist beim Kollegen Bucher in Friesach die billigste Tankstelle Österreichs über Wo­chen und Monate zu finden. Das sind 400, 500 €, die in der Brieftasche von Pendlern bleiben und nicht an der Zapfsäule deponiert werden.

Ich glaube daher, auch diesbezüglich können wir gemeinsam mit den Bundesländern mehr schaffen als heute. Mit etwas Intelligenz braucht man nur das nachzumachen, was sich in manchen Bundesländern heute schon bewährt, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eines möchte ich zur aktuellen Debatte auch noch hinzufügen: Seit dem Jahre 1999 hat Kollege Bartenstein ja das Instrument in der Hand, durchaus wieder eine Preisfest­setzung zu machen. Wenn der politische Druck von Kollegen Grasser und die Willens­kundgebungen von Kollegen Bartenstein und sehr vielen anderen in der österreichi­schen Wirtschaft nicht ausreichen, die Ölmultis endlich zum Einlenken zu bringen, dass sie zwar jede Erhöhung und jeden Windsturm sofort mit ein bis zwei Cent auf der Zapf­säule durchbringen, aber jede Senkung der Preise erst mit Tagen Verspätung auf dem Markt zu finden ist, dann sollte man das Instrument, das das österreichische Parlament 1999 verabschiedet hat, bei den Ölmultis auch tatsächlich einmal anwenden. Dann könnten wir mehr Geld für den Konsum und mehr Geld für die Wirtschaftsankurbelung bekommen, aber weniger Geld für die OMV.

Ich sage das hier so wertfrei. Ich würde ganz gerne auch von Ihnen einmal hören, dass Sie die gleiche Idee auch in Ihren Papieren und Anträgen postulieren. Bis heute habe ich von Seiten der großen Oppositionspartei solche Forderungen noch nicht gelesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.53.21

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Stumm­voll! In einem Punkt kann ich Sie beruhigen: Die Grünen werden diesem Paket zur Beschäftigungsförderung zustimmen (Bravorufe bei der ÖVP) – danke! (demonstrativer Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen) –, obwohl gegen einzelne


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Punkte, namentlich im Bereich des Kombilohns, schwerste Bedenken bestehen. Aber in dritter Lesung werden wir dem Gesamtpaket unsere Zustimmung erteilen, vor allem deswegen, weil bestimmte Maßnahmen im Bereich der Höherqualifizierung, im Bereich der Weiterbildung und speziell im Bereich des Wiedereinstiegs der Frauen in den Ar­beitsmarkt nach einer Babypause durchaus im Prinzip richtige und wichtige Schritte sind, wenn auch – und ich komme darauf zurück – mit Sicherheit nicht ausreichend, um die Benachteiligung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen.

Ein Teil des Problems ist, dass sich dieses Paket, was die Frauen betrifft, auf Frauen beschränkt, die einen Wiedereinstieg planen, das heißt, nach einer Babypause wieder in den Arbeitsmarkt eintreten wollen. Die Benachteiligung der Frauen auf dem Arbeits­markt beschränkt sich natürlich nicht „nur“ – unter Anführungszeichen – auf Frauen mit Kindern. Die Einkommensnachteile, die Unterschiede in den Löhnen und Gehältern, die sich dann naturgemäß im Bereich niedrigerer Pensionen für die Frauen fortsetzen, beschränken sich nicht auf Frauen mit Kindern, sind nicht erklärbar durch das Kinder­kriegen, das Kinderaufziehen allein. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Das wissen Sie natürlich auch, Frau Kollegin Brinek.

Bei Frauen mit Kindern ist „nur“ – wieder unter Anführungszeichen – die Vernichtung von Humankapital am größten. Das, was wir investiert haben in die Bildung der Frauen genauso wie in die Bildung der Jugendlichen und der jungen Burschen, geht bei Frauen mit Kindern am ehesten im Zeitablauf verloren. – Ich drücke mich so ökono­misch aus, weil ich mir immer denke, das könnte bei der ÖVP noch am ehesten wirken, bevor ich hier sozialpolitisch argumentiere. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Dies ist ein Riesenproblem. Wie erst heuer eine Studie gezeigt hat, schafft sage und schreibe ein Viertel der Frauen nach der Babypause einen Wiedereinstieg in den Ar­beitsmarkt zu annähernd jenen Bedingungen, zu denen sie aus dem Arbeitsmarkt aus­gestiegen sind, also zu gleichwertigen Bedingungen, während drei Viertel der Frauen entweder gar nicht zurückkehren – ganz schlecht! – oder Teilzeitarbeit annehmen, natürlich schlechter bezahlt, oder eine schlechter bezahlte, schlechter qualifizierte Tä­tigkeit anzunehmen gezwungen sind als jene, die sie beim Ausstieg eingenommen haben.

Dafür bietet das heutige Paket, so gut und richtig es in Einzelheiten ist – deswegen stimmen wir auch zu –, keine ausreichenden Gegenmaßnahmen. Einmal mehr muss ich sagen, ohne ein Umdenken der Regierungsparteien im Bereich der Kinderbetreu­ung von den Kleinsten über die Kindergärten, über die Volksschulen bis hinein in den unteren Sekundarbereich, das heißt mehr Kinderbetreuung, mehr Ganztagsschulen, mehr Nachmittagsbetreuung für Kinder, wird es nicht gehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ansonsten wird die Benachteiligung, die Diskriminierung der Frauen auf dem Arbeits­markt so fortgesetzt, wie es bisher schon der Fall war.

Noch ein Punkt – hoffentlich ist es ein kleiner – gibt mir in dieser Beziehung zu denken: Frau Ministerin Rauch-Kallat schickt nun einen Brief, ein Schreiben aus an Frauen, die Kindergeld beziehen, so ungefähr nach 18 Monaten des Kindergeldbezugs, in dem steht, dass demnächst, nämlich nach 24 Monaten, der Kündigungsschutz ausläuft und dass die Betroffene sich doch überlegen möge, was sie dann tut und ob sie nicht einen so genannten Berufsorientierungskurs, ein Berufsorientierungsseminar besuchen möchte. Das macht mich ein bisschen misstrauisch.

Der Brief ist in Ordnung. Die Information: Achtung, da laufen Fristen ab, da läuft insbe­sondere der Kündigungsschutz ab!, ist schon in Ordnung. Aber Berufsorientierungs­seminare, meine Damen und Herren, sind üblicherweise Kurse für 15-jährige Mädchen


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und Burschen, die sich orientieren wollen: Was kann ich denn werden, was entspricht meinen Fähigkeiten, was entspricht meinen Talenten et cetera? – Das kann es ja wohl nicht sein, Frauen nach der Babypause anzureizen, wieder von vorne anzufangen! Nach Möglichkeit – es wird immer Ausnahmen geben – soll doch das Humankapital dort eingesetzt werden, wo man es schon investiert hat, und nicht ganz woanders.

Es kann schon sein, dass sich im Einzelfall jemand dann umschulen lässt auf, ich weiß nicht, einen Pflege- oder Gesundheitsberuf – im Einzelfall! Aber nicht jede technische Zeichnerin, jede akademisch gebildete Frau sollte jetzt plötzlich auf diese Weise ange­reizt werden, etwas ganz anderes zu machen! Das wäre mit Sicherheit mit Einkom­mensverlusten für die Frauen verbunden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Etwas Herzklopfen habe ich bezüglich eines Punktes, den Herr Stummvoll schon an­geschnitten hat auf Grund der Belege meines Kollegen Karl Öllinger im Ausschuss. So ein Programm, wie es heute beschlossen wird, dieses Beschäftigungsförderungspro­gramm mit den Höherqualifizierungsmaßnahmen und so weiter, ist so gut oder so schlecht, wie die Umsetzung klappt. Ich möchte wirklich nicht den Eindruck erwecken, dass das AMS, das Arbeitsmarktservice, insgesamt schlechte Arbeit macht. Wahr­scheinlich ist es weitaus besser als zum Beispiel die deutschen Institutionen auf die­sem Gebiet. Nur, wir bekommen laufend Beschwerden, berechtigte Beschwerden darüber, was in verschiedenen Kursen angeboten wird und wie wenig kunden- und klientenorientiert das ist.

Mir fehlt leider die Zeit, das im Detail heute aufzulisten, aber wir haben ein sehr inter­essantes Protokoll eines etwa 50-Jährigen, der einen 13-wöchigen Kurs zu besuchen hatte – das wird ja vorgeschrieben –, also drei Monate, wo ich mich frage, ob sich jemand Gedanken über die Zusammensetzung der ersten zwei Wochen gemacht hat. Das ist bunt gemischt zwischen Hilfsarbeitern/Hilfsarbeiterinnen, Maturanten, Leuten mit und ohne Lehrabschluss, einem oder zwei, die kaum oder gar nicht Deutsch kön­nen. Welchen Sinn hat das? Durchmischung ist gut und schön, aber eine gewisse Ziel­orientierung muss doch da sein. Auch beim Alter: Der eine ist 30, der andere 61. Welchen Sinn hat das? Die haben doch völlig unterschiedliche Bedürfnisse, was den Arbeitsmarkt und was die Qualifikation betrifft!

Das so zu mischen zwischen Maturanten, Leuten ohne Lehrabschluss, Leuten, die nicht einmal lesen und schreiben können – aus welchen Gründen auch immer –, ergibt doch keinen Sinn. Die brauchen ganz offensichtlich eine sehr differenzierte Hilfe, diffe­renzierte Maßnahmen im Bereich der Weiterqualifikation – und nicht einen derartigen Kurs, der eigentlich für alles und nichts ist. (Beifall bei den Grünen.)

Das Gleiche gilt dann leider im Bereich der so genannten siebenwöchigen Qualifikati­onskurse. In diesem Fall hat der Betreffende Gastronomie gewählt, und er schreibt zum Schluss, dass die sieben Wochen vollständig „für die Katz“ waren. Er habe nichts gelernt, was ihn wenigstens als Koch oder Kellner qualifizieren würde, vielleicht Kü­chenhilfe oder Abwäscher, aber er hat schon viel höhere Qualifikationen in der Gastro­nomie wahrgenommen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Also, meine Damen und Herren, wenn wir nicht garantieren können, dass es mit der Umsetzung klappt, wird auch dieses Gesetz nicht weiterhelfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel zu Wort. Herr Bundeskanzler, 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



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12.01.46

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Zunächst: Wo stehen wir in der Wachstumspolitik – weil das alle Fraktionen, glaube ich, gleichermaßen bewegt –, wie können wir Wachstum generieren, wie können wir uns vor allem innerhalb einer langsam wachsenden Eurozone behaupten?

Ich glaube, insgesamt stehen wir nicht so schlecht da. Wir haben heuer ungefähr ein Wirtschaftswachstum zwischen 1,75 und 2 Prozent, nächstes Jahr noch etwas besser, wir sind über dem Schnitt der EU-25, wir sind über dem Schnitt der EU-15, wir sind über dem Schnitt der Eurozone. Unser zweitwichtigster Handelspartner, Italien, hat praktisch kein Wachstum, Deutschland als unser wichtigster und die Schweiz als unser drittwichtigster Handelspartner haben ungefähr ein halb so großes Wirtschaftswachs­tum.

Ich sage das nicht deswegen, um irgendetwas zu entschuldigen, sondern einfach nur, um die Schwierigkeiten auch des Umfeldes zu beschreiben. (Abg. Großruck: Um die Relation zu sehen!) Dass wir uns so gut über dem Schnitt Europas behaupten, ist tat­sächlich ein kleines österreichisches Wunder. Danke an die Unternehmer, danke an die Mitarbeiter, danke Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: die Frage mit der Kaufkraft. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, denn wenn von außen zu wenig kommt – Osteuropa funktioniert, aber wenn von den großen, alten europäischen Partnern zu wenig kommt –, was können wir tun, um sozusagen die Binnennachfrage zu stimulieren? Da muss man immer dazusagen, dass natürlich nicht einmal die Hälfte unseres Volkseinkommens mittlerweile durch die Bin­nennachfrage erzeugt werden kann; das muss man wissen. Wir haben, wenn ich den Tourismus und den Güter- und Finanzdienstleistungsexport zusammenrechne, bereits 52 Prozent als kleine, sehr erfolgreiche offene Volkswirtschaft zu bestehen. Aber na­türlich kann man und muss man etwas tun, um die Kaufkraft im Inland zu stimulieren.

Jetzt bitte, wenn man die Dinge ehrlich betrachtet, Herr Oppositionsführer: Mehr als wir gemacht haben, kann man wirklich nicht tun. (Abg. Dr. Gusenbauer: Na bitte!) Wir haben jetzt mit 1. Jänner dieses Jahres die größte Steuerreform, eine Senkung in Höhe von 1,5 Milliarden € für die Arbeitnehmer, für die Familien, für die Pendler. (Bei­fall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) 1,5 Milliarden €! – Schau, sogar Klub­chef Cap sieht darin bereits die harmonischen Töne einer Geige. Aber es stimmt wirk­lich, es ist überprüfbar. 1,5 Milliarden € Entlastung für alle! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bruttoverdienste – das sagt das Wirtschaftsforschungsinstitut, nicht ich – steigen heuer und nächstes Jahr um ungefähr jeweils 2,5 Prozent. Die Bruttoverdienste stei­gen um 2,5 Prozent! Damit ist Österreich nach Luxemburg – auch wiederum ein Ver­gleich, der uns sicher macht – am zweiten Platz in der Kaufkraft pro Kopf. Also wir sind nicht irgendwo weit hinten das „Schwänzlein“ in der Europäischen Union, sondern wir sind ganz vorne mit den Luxemburgern. Ein Grund, stolz zu sein auf dieses Land! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann haben wir in einer sehr schwierigen Situation – der internationale Ölpreis ist mit den nicht einmal 10 Prozent Eigenschöpfungsquellen und -förderungen durch die OMV nicht wirklich beeinflussbar – die Autofahrer entlastet. Wir haben uns gemeinsam dazu durchgerungen, nachdem wir das Pendlerpauschale mit Jänner ohnedies schon um 15 Prozent erhöht haben, noch einmal um 10 Prozent aufzustocken. Also ein um 25 Prozent höheres Pendlerpauschale für die Autofahrer!

Wir erhöhen das Kilometergeld auf 38 Cent. Das ist ein Spitzenwert, damit sind wir in der Spitzengruppe in Europa.


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Und wir setzen auf Alternativen, etwa den Biosprit. Bei ATB hat Waltraud Klasnic ge­rade eine große Investition in Spielberg zustande gebracht. (Abg. Eder: Sie wollen nur die Klasnic positiv hervorheben!) Selbstverständlich muss man das positiv hervorhe­ben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das hebt sich eben ab von eurer Schmutzkübelkampagne. (Empörte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Waltraud Klasnic kämpft für die Arbeitsplätze in der Steiermark! Dort geht etwas weiter, und so muss man das machen, liebe Freunde! (Beifall bei der ÖVP.)

Bei ATB, lieber Josef Cap, werden zum Beispiel die Hybridmotoren der nächsten und übernächsten Generation für die E-Motoren gefertigt. Das ist ein großer grün-weißer Erfolg für die Steiermark. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dobnigg.)

Nächster Punkt – selbstverständlich ganz wichtig –: die Pensionisten. Die Pensionisten können natürlich ihr Einkommen nicht beeinflussen. Das hängt ausschließlich von den politischen Rahmenbedingungen ab, es hängt ausschließlich von den Steuerzahlern und einem soliden Budget ab. Jetzt sage ich Ihnen etwas: Wir haben es mit dieser Steuerreform zustande gebracht, dass etwa die Hälfte der österreichischen Pensionis­ten überhaupt keine Steuern mehr zahlt. (Abg. Sburny: Weil sie eben so wenig ha­ben!) Zweitens haben wir mit unserer Pensionssicherungsreform, gegen die Sie übri­gens alle gestimmt haben, jetzt die Weichen gestellt, dass die Pensionen ab 1. Jänner um 2,5 Prozent, maximal aber 47 €, erhöht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.) Liebe Freunde, das ist gelebte Sozialpolitik!

Nur zur Erinnerung für die Fernsehzuseher, die vielleicht der Debatte folgen: Rot-Grün in Deutschland wird heißen: Zum dritten Mal hintereinander werden die Pensionisten in einer Zeit rot-grüner Verantwortung überhaupt keine Inflationsabgeltung mehr bekom­men. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Bei uns ab 1. Jänner 2,5 Prozent!

Dazu kommen noch die Ausgleichszulagenbezieher. Die Familienausgleichszulagen werden erhöht auf 1 056 €, die Einzelausgleichszulage wird über die Armutsgrenze gehoben, und zwar von 663 auf 690 €. Das sind 27 €, die da dazugelegt werden. Das heißt, in der Zeit, die wir hier zu verantworten haben, haben wir innerhalb von sechs Jahren die Einzelausgleichszulage um 100 € und die Familienausgleichszulage um 215 € angehoben. 17 Prozent plus, 26 Prozent plus. Das kostet alleine – damit man das schon auch hier sagt, weil so getan wird, als ob das alles Peanuts wären – 600 Millionen € im nächsten Budget mehr. Das heißt, der Gesamtaufwand der Pensio­nen wird in meiner Zeit, im nächsten Jahr 2006, um insgesamt 7,2 Milliarden € höher sein als in der Zeit, als ein sozialistischer Kanzler, ein sozialdemokratischer Finanz- und Sozialminister die Verantwortung getragen haben. 28 Prozent plus!

Und jetzt trauen Sie sich noch einmal zu sagen, das sei „neo-liberal“, „kalt“ oder was immer. Das ist gelebte Sozialpolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn wir schon über Wachstum und Beschäftigung reden, Herr Abgeordneter Gusen­bauer, möchte ich Sie dringend einladen, von Ihrer Wahnsinnsidee Abstand zu neh­men (lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen), die Förderungen für den ländlichen Raum und für die Landwirtschaft um 50 Prozent zu kürzen. Das würde zwei Drittel der österreichischen Einwohner und 500 000 Arbeitsplätze betreffen. Ich bitte Sie, von dieser Idee Abstand zu nehmen, Herr Abgeordneter Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Und nicht genug damit, haben wir für den Arbeitsmarkt und für die Arbeitslosen ein großzügiges Paket geschnürt. Es ist richtig, dass wir im August 219 000 Arbeitslose hatten. Das ist zu viel, keine Frage, aber wir tun etwas dagegen. (Abg. Öllinger: Was tun Sie dagegen?) 1 000 € Prämie pro Lehrling und Betrieb im Jahr, und jetzt zusätz-


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lich, auf Anregung von Egon Blum, 400 € pro Monat für jeden zusätzlichen Lehrling. Wir haben bereits 5 000 Anmeldungen für dieses Programm. Das ist gelebte Politik für die Jugend dieses Landes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Bund, Länder, Gemeinden, die Sozialversicherungsträger und die ÖBB bieten außerdem 2 000 zu­sätzliche Lehrplätze für das kommende Jahr an.

Meine Damen und Herren, so macht man das! Und ich danke auch dafür, dass das anerkannt wird; es gibt ja niemanden, der diese Maßnahmen letztlich in Frage stellt.

Der Kernpunkt des Programms ist allerdings ein Beschäftigungsförderungsgesetz, eine Qualifikation zusätzlich, und zwar für 61 000 Personen: für den Bereich Gesundheit und Pflege, für eine Wiedereinstellung und für eine Neuqualifizierung/Besserqualifizie­rung von Frauen, für das Nachholen von Hauptschul- und Lehrabschluss; ebenso der Kombilohn.

Dazu sage ich auch etwas sehr offen: Die Idee des Kombilohns kommt von den Sozi­alpartnern, und zwar von der Arbeitgeberseite. (Abg. Broukal: Sind das keine Sozial­partner?) Von der Arbeitgeberseite, selbstverständlich; das ist auch ein Sozialpartner. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Genauso, wie manche Ideen, die sich in diesem Programm finden, von der Arbeit­nehmerseite kommen und von uns übernommen worden sind, finde ich es auch selbstverständlich, dass man einmal erproben soll, ob der Kombilohn ein taugliches Modell ist. Und ganz persönlich: Ich glaube, dass da viel Arbeit dahinter steckt. Es gibt immerhin Ideen, die beim 1. Mai-Dialog von der Arbeiterkammer, vom ÖGB, von der Wirtschaftskammer, von der Industriellenvereinigung gekommen sind; Themen, die wir über den Sommer mit den Wirtschaftsforschern evaluiert haben.

Ich meine, dass dieses fast 300 Millionen € schwere Qualifikationsprogramm für über 60 000 Arbeitslose ein ganz richtiger Schritt nach vorne ist. Ich bedanke mich auch dafür, dass wir heute eine einstimmige Beschlussfassung für dieses Programm haben werden (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), was zeigt, dass die Dinge nicht so schlecht sein können im Österreich des Jahres 2005. (Lang anhalten­der, lebhafter Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Herr Bundes­kanzler, ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Sie von Ihrer 10-minütigen Redezeit 7 ½ Minuten nicht zur Sache gesprochen haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe Sie nicht unterbrochen. Ich habe auch nicht vor, Ihnen einen Ordnungsruf zu geben bezüglich der Äußerung „Wahnsinn“, obwohl das auf unserer Liste steht. (Abg. Neudeck: Das ist ein Wahnsinn!) Ich möchte allerdings hier festhalten, dass das auch ein Thema der Präsidiale sein muss. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Neudeck: Wer hat Ihnen das jetzt eingesagt?)

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort gemeldet. (Anhal­tende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


12.13.24

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Ich nehme einmal zur Kenntnis, Frau Präsidentin, dass die Tonlage und die Art, wie der Herr Bundeskanzler sich hier geäußert hat, Ge­genstand in der nächsten Präsidiale sein muss.


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Ich möchte darauf hinweisen, dass die Grundlinie und vor allem die Verwendung des Wortes „Schmutzkübel“ eines Bundeskanzlers unwürdig ist! (Abg. Grillitsch: Es ist eine Tatsache!) Es ist eine Beleidigung gegenüber den Mitbewerbern und der politi­schen Opposition, und ich bin der Auffassung, Herr Bundeskanzler, Sie sollten sich für diese Wortwahl hier im Hohen Haus entschuldigen. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

12.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsordnung hat sich Frau Abgeord­nete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

 


12.14.13

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! – Herr Bundeskanzler, außerhalb dieses Hauses können wir Ihre Wortwahl nicht beeinflussen, aber innerhalb dieses Hauses gelten bestimmte Regeln. Sowohl das Wort „Schmutzkübelkampagne“ als auch das Wort „Wahnsinnsidee“ sind Wörter, die hier im Haus in der Regel zu einem Ordnungsruf führen. (Anhaltende Zwi­schenrufe.)

Ich finde das absolut unpassend und der Würde des Hauses nicht angemessen, dass Sie, Herr Bundeskanzler, von der Regierungsbank herunter in diesem Stil mit den Ab­geordneten dieses Hauses verfahren, und ich möchte Sie eindringlich auffordern, sich dafür zu entschuldigen!

Welchen Ton Sie in Wahlkämpfen in der Steiermark oder in Deutschland, wo auch immer, an den Tag legen, ist Ihre Sache – aber bitte nicht in diesem Hause! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe.)

12.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsordnung gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Molterer zu Wort. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


12.15.06

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Offensichtlich hat Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel mit sei­ner Rede heute tatsächlich den Nerv der Anliegen der Menschen getroffen, ansonsten könnte ich mir die Reaktion der Opposition, wie sie jetzt da ist, nicht vorstellen.

Es ist doch selbstverständlich, dass auf die Erfolge hingewiesen wird, die Frau Landes­hauptmann Klasnic etwa für die Steiermark einfährt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist doch ganz selbstverständlich, meine Damen und Herren, dass auf die Kaufkraft­effekte der Pensionserhöhung hingewiesen wird. (Zwischenrufe der Abg. Sburny.)

Es ist doch ganz selbstverständlich, dass ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, bitte strapazieren Sie nicht Ihr Rederecht zur Geschäftsordnung! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Miedl – in Richtung Präsidium –: Das ist doch unerhört! Das ist wirklich unerhört!)

 


Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): Frau Präsidentin, dann werden wir auch Ihre Interpretation in der Präsidiale zu beurteilen haben, denn ein Klubob­mann lässt sich nicht vorschreiben, was er zu sagen hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist doch ganz selbstverständlich, dass etwa die Effekte des Beschäftigungsförderungsgesetzes hier dargelegt werden. Und das, denke ich, ist


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selbstverständlich auch eine Möglichkeit, von der der Bundeskanzler der Republik Österreich Gebrauch machen kann. (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Klubmann Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.16.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich finde es sehr bedauerlich, dass durch dieses parteipolitisch motivierte Schauspiel dieser Geschäftsordnungsdebatte (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) dem Fernsehzuseher die Gelegenheit genommen wird, sich auch über inhaltliche Argumente ein Bild zu machen.

Frau Präsidentin – und diese Kritik kann ich auch Ihnen nicht ersparen –, wir haben nämlich in der Präsidiale vereinbart, dass es keine Anträge zur Geschäftsordnung während der Fernsehzeit gibt, um eben zu vermeiden, dass Missbrauch betrieben und Parteipolitik zu Lasten von Information betrieben wird. (Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen.) Auch das wird Thema in der nächsten Präsidialsitzung sein.

Ich hoffe, wir kehren jetzt wieder zu den Argumenten zurück, denn das verlangen die Menschen vor den Fernsehgeräten von uns. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe und Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

12.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es herrscht wieder ausreichend Ruhe. Wir setzen die Debatte fort.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. 5 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, bitte. (Neuerliche Unruhe im Saal.)

 


12.18.00

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Sozialpolitik, Entlas­tung der niedrigen Einkommen, Förderung und Unterstützung jener, die arbeiten – etwa durch die Pendlerpauschale –, und Beschäftigungspolitik, sind für mich und meine Fraktion in der Sache zusammenhängende Dinge. Das möchte ich eingangs einmal festhalten.

Ich denke, dass die Zusammenhänge auch ganz klar bei einem internationalen Ver­gleich der Beschäftigtenzahlen zutage treten. Mir selbst ist jeder einzelne Arbeits­lose/jede einzelne Arbeitslose zu viel in unserem Land, aber man muss diesen Ver­gleich ziehen, denn bei einer internationalen Konjunktur- und Wachstumskrise müssen wir uns auch am Umfeld orientieren. Österreich liegt diesbezüglich jedenfalls hervor­ragend. Und mit dem heute zu beschließenden Beschäftigungspaket versuchen wir, nicht nur Mängel in Bezug auf Arbeitsmarktqualifizierung der Einzelnen/des Einzelnen wettzumachen, sondern auch den Bedarf des Arbeitsmarktes nach Arbeitskräften zu erfüllen.

Heute hat ja hier bereits ein Redner erwähnt, dass der Arbeitslosigkeit auf der einen Seite häufig das Phänomen auf der anderen Seite gegenübersteht, dass qualifizierte Kräfte oftmals nicht zu bekommen sind. Daher ist es völlig richtig, dass von diesen 285 Millionen € ein überwiegender Teil, nämlich 266 Millionen €, für Qualifizierungs­maßnahmen ausgegeben werden: Qualifizierung etwa für den Bereich Gesundheits- und Pflegeberufe, Nachqualifizierung von Berufseinsteigern, die – aus welchen Grün­den immer – etwa den Hauptschulabschluss nicht geschafft haben, bis zur Höherquali-


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fizierungen, die am Markt nicht mehr nachgefragt sind. Weiters: Qualifizierung von Jugendlichen und Qualifizierung – das ist ein großes Paket – vor allem auch für Frauen, um die schon gute österreichische Beschäftigungsquote von Frauen noch weiter zu heben, sowie Maßnahmen auf dem Lehrlingssektor.

Der Herr Bundeskanzler hat bereits den so genannten Blum-Bonus erwähnt. – Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die bisherigen Maßnahmen für Lehrlinge aufrecht bleiben, und zwar in vollem Umfang. Zusätzliches Geld über den „Blum-Bonus“, 400 € pro Monat, gibt es für zusätzliche Lehrstellen.

Es wäre wesentlich, wenn auch andere Beteiligte auf dem Arbeitsmarkt – Länder und Gemeinden etwa – diesem Angebot und dieser Unterstützung durch die Arbeitsmarkt­politik der Bundesregierung entgegenkommen, so etwa, dass das Land, dass die Ge­meinde Wien der lange gestellten Forderung, bei kommunalen Aufträgen besonders jene Betriebe zu berücksichtigen, die Lehrlinge ausbilden, endlich nachkommt bezie­hungsweise endlich einmal zumindest über diese Forderung überhaupt spricht. Wir könnten so einen Beitrag zur Verbesserung der tristen Lehrlingssituation in Wien leis­ten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Kombi-Lohn wurde von einigen Rednern hier kritisiert. (Abg. Öllinger: Auch vom Minister! Der Minister war auch nicht dafür!) Ich gebe da Herrn Klubobmann Van der Bellen durchaus Recht, dass es dabei den einen oder anderen Effekt geben könnte, der nicht gewünscht ist, meine aber: Wenn man weiß, dass mit jeder Woche längerer Arbeitslosigkeit die Chance, wieder vermittelt werden zu können, sinkt, müssen wir uns auch über dieses Experiment wagen – wir haben das ja auf ein Jahr begrenzt und werden das dann evaluieren –, um jenen Menschen, die einen Berufseinstieg suchen, tatsächlich zu helfen.

Ich bin daher davon überzeugt, dass das eine richtige sozial-politische Maßnahme ist – und auch kein Widerspruch im Hinblick auf Qualifizierung, denn von diesem Paket von 285 Millionen € werden 19 Millionen € für den Bereich Kombi-Lohn ausgegeben. Wün­schen würde ich mir aber auch hier, dass auf der anderen Seite sozusagen Abhalte­effekte einer Arbeitsaufnahme, etwa durch besonders hohe Kindergartenpreise für junge Familien, wie das in Wien der Fall ist, weggenommen werden, damit wir nicht Arbeitsmarktmittel in Kindergartenpreise in Wien investieren. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

In diesem Sinne glaube ich, dass wir alle diesem Paket zustimmen können, um hiemit einen weiteren Impuls für die Arbeitsmarktpolitik zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Muss das so eine Rede sein ...?)

12.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Leutner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.23.21

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Gleich zu Beginn meiner Ausführungen, Herr Bundeskanzler: Durch Ihre ungeheu­ren Entgleisungen am heutigen Tag (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie Rufe: Was heißt „Entgleisungen“!) wird in Österreich kein einziger Arbeitsplatz geschaffen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben heute hier auch von den Pensionen gesprochen. – Wir haben uns die Pensionen durchgerechnet, meine Damen und Herren, und zwar Anpas­sung und Inflation. Ergebnis: In Ihrer Regierungszeit, Herr Bundeskanzler, sind in


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unserem Lande die Pensionen nicht gestiegen, sondern real gesunken, und zwar um über 6 Prozent! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Falsche Rede!)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben heute hier die Steuerreform so hoch gelobt. – Ich sage Ihnen: Ein mittlerer Verdiener in Österreich hat von dieser Steuerreform im Monat ganze 25 €! Und deshalb sagen ja die Menschen in unserem Lande, dass sie von die­ser Ihrer Steuerreform nichts gespürt haben! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, dies hier ist die erste Debatte im österreichischen National­rat über die Beschäftigungslage, die praktisch im Zeichen von 220 000 Arbeitslosen im Monat August stattfindet. Noch niemals zuvor seit Gründung der Zweiten Republik musste ein Wirtschaftsminister derartige Monatszahlen vorlegen! Die höchste Arbeits­losigkeit seit 50 Jahren haben Sie und diese Bundesregierung zu verantworten! Das ist die Bilanz! Das ist das „Wunder“!

Aus dieser Verantwortung werden wir Sie nicht entlassen, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir von der SPÖ haben Ihnen von der ÖVP und den Freiheitlichen in den vergangenen Monaten immer wieder angeboten, die Rekordarbeitslosigkeit mit allen dafür notwendi­gen Maßnahmen gemeinsam zu bekämpfen. Erst jetzt, da die Arbeitslosigkeit immer größer und größer wird, haben Sie ein Qualifikationspaket vorgelegt. Ja, dem werden wir zustimmen (Abg. Lentsch: Aber zuerst sagen, dass alles schlecht ist ...!), das sage ich ausdrücklich, weil darin erstmals und zum Teil auf Forderungen eingegangen wurde, die die SPÖ seit vielen Monaten erhebt.

Was jedoch so kritikwürdig ist, meine Damen und Herren: dass vernünftige Vorschläge der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer gerade im Hinblick auf Qualifikation von dieser Regierung so spät aufgenommen werden. Dieses Paket heute kommt viel zu spät! Die heuer drohende Winterarbeitslosigkeit kann mit diesem Beschäftigungsförde­rungsgesetz gar nicht mehr beeinflusst werden, tritt dieses doch erst am 1. Jänner 2006 in Kraft. Wäre dieses rechtzeitig, sagen wir zwei Jahre früher, erstellt worden, könnte es heute einer beträchtlichen Zahl von Menschen wesentlich besser gehen. – Daher: Auch für diese Verzögerung haben Sie von dieser Bundesregierung die Ver­antwortung zu tragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich ein letztes Wort zum Thema Kombi-Lohn sagen, worüber wir ja schon vergangenen Sommer eine Diskussion hatten. Ich glaube, die Argumente gegen die Einführung eines Kombi-Lohns sind nach wie vor stichhaltig. Unter Experten war immer eines klar, meine Damen und Herren: Es geht um 5 000 Arbeitsplätze, in der Regel Teilzeitzeitarbeitsplätze, die nicht besetzt werden können, weil dort die Arbeits- und Lohnbedingungen so sind, dass die Menschen sagen müssen: Davon kann ich nicht leben!

In der Realität geht es beispielsweise sehr oft – ich kenne die Wirklichkeit in diesem Bereich – um so genanntes LKW-Abladen zwei Mal die Woche. Das sind die Arbeits­plätze, um die es dabei geht! Und diese schlechten Arbeitsplätze werden jetzt noch mit Steuergeldern subventioniert! Das ist die Problematik, die sich da auftut.

Ich meine, dass die Sozialpolitik, gerade wenn es um junge Menschen geht, nicht auf diesen Kombi-Lohn, sondern auf zukunftsgerichtete Qualifikation setzen sollte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir von der SPÖ werden mit unserem Abstimmungsverhalten deutlich machen, meine Damen und Herren: Wir sind für dieses Beschäftigungspaket, auch wenn es reichlich


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spät kommt. Die Einführung eines Kombi-Lohns aber ist – davon sind wir überzeugt – der falsche Weg!

Gerade weil die dringend notwendige finanzielle Entlastung der Bevölkerung – eine Entlastung über eine Steuerreform hinaus – fehlt, wird dieses Paket wieder nicht aus­reichen, die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich zu bekämpfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Bucher. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.28.31

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Bei der Rede meines Vorredners ist mir aufgefallen, dass im Grunde genommen das Beschäftigungspaket von Ihnen sehr geschätzt wird, außer eben der Kombi-Lohn. Und wenn ich noch etwas mitnehme aus den Ausführungen von Rednern der Oppositionsparteien, dann ist es sicherlich auch die Anerkennung des Bemühens dieser Bundesregierung für dieses Beschäfti­gungspaket, dass damit eben sinnvolle und richtige Maßnahmen getroffen werden, um Österreicherinnen und Österreicher, die derzeit nicht in Beschäftigung stehen, eine Chance zu geben.

Auch wenn Sie von den Oppositionsparteien die etwas pointierte Rede unseres Bun­deskanzlers (ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der SPÖ) kritisieren und sagen, er habe mit dieser Rede keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen: Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, haben 50 000 Arbeitsplätze mit Ihrer Verstaatlichten-Politik vernichtet! (Abg. Dr. Fekter: Ganz richtig! Genau!) Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Da Sie von der SPÖ hier auch die Höhe von Löhnen (Abg. Dr. Matznetter: Warum geht das in anderen Ländern ...?) sowie die Kollektivvertragsbedingungen angespro­chen haben: Wir hier im Hohen Hause sind nicht zuständig für Lohn-, für Kollektivver­tragsregelungen, sondern das ist in Österreich die Aufgabe der Sozialpartnerschaft! Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Sie sitzen ja selbst als beteiligter Partner in diesem Gremium und wissen daher wohl auch um die Verantwortung Bescheid, die Sie dort zu tragen haben.

Im Grunde wissen wir aber auch heute – diese Ehrlichkeit sollten wir haben –, dass die Politik nur minimale Instrumente in der Hand hat, Arbeitsplätze in unserem Land zu schaffen; das wissen wir doch alle. (Abg. Dr. Matznetter: Und in anderen Ländern geht das schon ...? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Schauen wir doch einmal nach Deutschland, wo Ihre Fraktion regiert (neuerliche Zwi­schenrufe bei der SPÖ): 50 000 deutsche Bürger sind derzeit bei uns in Österreich in Beschäftigung, meine Damen und Herren! Bei diesem System in Deutschland kann doch etwas nicht stimmen!

Wir hier in Österreich haben ein vernünftiges und geordnetes Arbeitsmarktsystem ein­gerichtet, eines, das in Richtung Wachstum und Beschäftigung geht. So etwas vermis­sen wir bei Ihren Kollegen in Deutschland. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Das ist auch der Grund, warum die Europäische Union, warum die großen EU-Länder Frankreich und Italien in Bezug auf die Konjunktur hinterherhinken, weil sie eben in der Vergangenheit falsche Beschäftigungsmaßnahmen gesetzt haben. – Wir hier in Öster­reich hingegen haben sinnvolle und richtige Maßnahmen gesetzt.


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Als Beispiel möchte ich jetzt nur Infineon anführen: Warum geht Infineon von Bayern nach Kärnten? Aus dem hochgelobten Bayern, einem Wirtschaftsparadies, wie wir ja immer gehört haben, zieht der gesamte automotive Bereich von Infineon zu uns nach Villach! (Abg. Dr. Matznetter: Weil sie in Villach einen guten Bürgermeister haben! – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ein tolles Beispiel für eine schwung­volle, geordnete Ansiedelungspolitik in unserem Bundesland Kärnten, weil da eben diese Kombination greift: Maßnahmen der Bundesregierung und Maßnahmen unseres Landeshauptmannes in Kärnten – eine sinnvolle, eine tolle Beschäftigungspolitik, die absolut zu unterstützen ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Blicken Sie doch zurück, was diese Bundesregierung gemacht hat im Zusammenhang mit den Konjunktur- und Beschäftigungspaketen, mit einer großen Steuerentlastung: 3 Milliarden €, wo aber Sie von der SPÖ dagegen gestimmt haben!

Anführen möchte ich weiters das Wachstumspaket dieser Bundesregierung, wobei das Wachstum in Österreich insgesamt um 0,7 Prozent positiv beeinflusst werden konnte. Da sind neue Arbeitsplätze entstanden.

Weiters anführen möchte ich auch die Investitionen in die Infrastruktur, eben seitens unseres Bundesministers Gorbach, wodurch zusätzliche Tausende Arbeitsplätze ge­schaffen werden konnten. (Abg. Parnigoni: Der Gorbach hat lediglich seinen eigenen Arbeitsplatz gesichert!) Weiters: Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung, neues, frisches Geld sozusagen, 600 Millionen! In Ihrer Zeit (in Richtung SPÖ) haben Sie das alles vernebelt, als Sie Verantwortung hätten tragen sollen. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es ist wichtig, Österreich auch im Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation auf einen Zukunftskurs zu bringen – und dazu trägt eben auch das Beschäftigungsförde­rungsgesetz maßgeblich bei, in dem wir die Jugend, in dem wir die Frauen, in dem wir Niedriglohnbezieher und niedrig qualifizierte Arbeitslose in unserem Land massiv be­vorteilen: mit einem sinnvollen Maßnahmenpaket, das auch dazu beitragen wird, dass jene, die derzeit kaum Aussichten auf einen Arbeitsplatz haben, einen solchen be­kommen werden; beispielsweise diese 5 000 sich im Kombi-Lohn-Bereich Befindlichen, was Sie ja immer kritisieren, Herr Gusenbauer. Da müssen Sie schon einmal einem dieser 5 000 arbeitswilligen Arbeitslosen erklären, warum Sie von der SPÖ gegen die­ses Kombi-Lohn-Modell sind. Erklären Sie einmal einem dieser 5 000 Arbeitslosen, was daran schlecht sein soll! (Abg. Gradwohl: Ja hören Sie doch einmal zu! Seit einer Stunde reden wir davon ...!)

Was ist denn bitte schlecht daran, dass bei diesem Modell der Staat mit einem Zu­schuss einspringt und diesen Menschen so die Chance auf einen Arbeitsplatz gegeben wird?! Was ist denn schlecht daran, wenn wir 5 000 niedrig qualifizierte Arbeitslose (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) in den Arbeitsmarkt einglie­dern?!

In Summe: ein tolles Paket, das Österreich wirtschaftlich weiterbringen wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Öllinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.33.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bemerkenswert, Herr Bundeskanzler, finde ich es schon, dass Sie bei dieser Debatte – ausgerechnet bei dieser Debatte! – von der Regierungsbank herunterschimpfen und


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der Opposition „Schmutzkübelkampagne“ und „Wahnsinnsideen“ vorwerfen. (Abg. Lentsch: In der Steiermark!) Das ist deshalb bemerkenswert, weil wir von der Oppo­sition bei diesem Punkt zustimmen. – Ihre Kritik, Herr Bundeskanzler, hätte besser gepasst beim Thema Hochwasser, weil es ganz offensichtlich so ist, dass der ÖVP das Wasser bis zum Hals steht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was, Herr Bundeskanzler, den Punkt „Schmutzkübelkampagne“ betrifft, so würde ich Sie inständig ersuchen, direkte Kommunikation mit Ihrem Generalsekretär Lopatka zu machen, denn der versteht etwas davon! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wissen Sie, ich könnte es mir jetzt einfach machen und zu dem, was wir hier behan­deln, das sagen, was in der Regel ein nicht sehr leiser Landeshauptmann dieser Republik immer bei derartigen Anlässen sagt: „Am Abend“ – in diesem Fall am Wahl­abend – „wird der Faule fleißig!“

Folgendes auch noch: Wenn wir von der Opposition bei diesen Arbeitslosenzahlen so vorgegangen wären wie dieser Landeshauptmann, als die Arbeitslosenzahlen noch niedriger waren, dann würde diese Debatte anders aussehen. – Nein, das tun wir aber nicht, aber nicht deshalb, weil Sie so eine großartige Politik machen würden bezie­hungsweise weil das, was Sie hier vorstellen, wirklich so gut wäre! (Abg. Dr. Baum­gartner-Gabitzer: Ist es aber!) Im Gegenteil! Es ist aber, sage ich Ihnen, Frau Abge­ordnete Baumgartner-Gabitzer, besser als nichts. Auf einer Skala von eins bis zehn, wo eins für den schlechtesten Punkt und zehn für das Optimum steht, würden Sie einen Punkt erhalten; ja, den gestehe ich Ihnen zu. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Geh! Geh!)

Wenn Sie nach drei Jahren Nichtstun – in einer Zeit, in der wir von der Opposition im­mer wieder die Arbeitslosigkeit und Ihr Nichtstun kritisiert haben – hier herkommen und sagen: Wir machen etwas gegen die Arbeitslosigkeit!, dann ist es wohl auch für eine Oppositionspartei gut, darüber nachzudenken, ob man dem zustimmt oder nicht. Wir sagen jedenfalls: besser das als nichts! Genau so ist es.

Dieses Maßnahmenpaket hilft vielleicht einigen Menschen, aber überzeugt davon, dass Sie hiemit optimale Rahmenbedingungen und Maßnahmen schaffen würden, bin ich nicht. Ich kann es Ihnen auch sagen, warum nicht. (Abg. Dr. Fekter: Das ist nicht kommunistisch und darum gefällt es Ihnen nicht!) Warum gehen Sie nicht – angesichts gerade dieser Energiesituation – her und geben das Geld, das Sie ja tatsächlich aus­geben, für die Förderung beispielsweise thermischer Sanierung aus? Ja, angesichts dieser Energiesituation und dessen, was wir wahrscheinlich in einem Monat hier disku­tieren werden, nämlich Heizkostenzuschüsse für jene, die kein Geld haben, wäre das zehnmal sinnvoller! (Beifall bei den Grünen.)

Warum gehen Sie nicht her, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regie­rungsparteien, und geben das Geld für mehr Kinderbetreuung aus? Nein, das machen Sie nicht, wollen Sie nicht! Warum gehen Sie nicht her und schaffen im Bereich Bil­dungs- und Qualifizierungsmaßnahmen Nachhaltigkeit, aber nicht nur für ein Jahr?! Das hält doch jetzt gerade einmal bis zum Wahltermin bei Ihnen – und nicht länger!, das wissen wir genau.

Ich habe noch sehr gut in Erinnerung das, was wir in der Sondersitzung von voriger Woche debattiert haben, als Sie gemeint haben, wir brauchen nicht mehr Besserquali­fizierte, es sei schon genug. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das war das, was in Ihren Reden hängen geblieben ist bei mir – und das, was Sie da gesagt haben, ist schlimm genug, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Wer soll so etwas gesagt haben ...?)


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Ich hätte mir auch vorstellen können, dass im Bereich Lehrlingsausbildung, wo Sie den Betrieben viel Geld schenken, viel Steuererleichterung geben, die Chance genutzt wird, um zum Beispiel das, was dringend notwendig wäre, zu machen: so beispiels­weise einen zweiten Berufsschultag, eine Verlängerung der Berufsschulausbildung! Ja, auch Lehrlinge brauchen in Österreich eine bessere Ausbildung, als sie sie derzeit erhalten! Das ist ein Faktum, und das wissen die Unternehmen, die Betriebe, und das wissen auch die Lehrlinge. (Beifall bei den Grünen.)

Das täte den Lehrlingen gut, würde ihnen helfen – Sie von den Regierungsparteien machen es jedoch nicht! Sie hätten die Chance gehabt, das mit uns zu beschließen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Warum soll man nicht beispielsweise im Bereich Kinderbetreuungsbeihilfe einen Schritt setzen?! – Es gäbe da jedenfalls viele Möglichkeiten – und ich glaube, wir ha­ben Ihnen jetzt genügend Beispiele gebracht, wie Sie mehr machen hätten können.

Daher nochmals: Es ist besser als nichts, was Sie machen – aber nicht gut genug für die Beschäftigung! (Beifall bei den Grünen.)

12.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundes­minister Dr. Bartenstein. 8 Minuten Redezeit. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


12.39.27

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kollegen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Als wir vor etwa Jahresfrist die Wirt­schaftsprognosen für das Jahr 2005 auf dem Tisch hatten – seitens IHS, seitens Wifo, zum Teil auch seitens der EU-Kommission –, war davon auszugehen, dass wir im heu­rigen Jahr ein Wirtschaftswachstum von zirka 2,5 Prozent erreichen und eine Trend­wende am Arbeitsmarkt erzielen würden, das heißt, rückläufige Arbeitslosenzahlen sehen werden.

Das ist nicht eingetreten, und ich bemerke, dass Dr. Gusenbauer heute erstmals in dieser Deutlichkeit auch vom klaren Konnex zwischen Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit und Wachstum gesprochen hat. Ich mache das seit Jahr und Tag, denn für die echte Trendwende auf dem Arbeitsmarkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, braucht es mehr Wachstum; das braucht Österreich als Wachstumsnehmer im Zuge eines europäischen Wachstumsschubes, der aus heutiger Sicht leider nicht sichtbar ist.

Im Zuge dieser Entwicklung müssen wir zwar eine leicht steigende Arbeitslosigkeit zur Kenntnis nehmen, dennoch belaufen sich die Arbeitslosenzahlen in Österreich nur etwa auf die Hälfte des europäischen Durchschnitts. (Abg. Öllinger: Ach bitte, hören Sie doch einmal damit auf!) Wir werden vom Ausland – von Deutschland, von England, von Frankreich – um unsere Arbeitsmarktdaten durchaus beneidet. (Abg. Öllinger: Von England nicht mehr!) Dennoch ist jeder Arbeitslose einer zu viel, und wir können mit dieser zwar nur leicht, aber doch steigenden Arbeitslosigkeit absolut nicht zufrieden sein.

Dass die Bundesregierung gerade in diesen Wochen und Monaten eine Qualifizie­rungsoffensive vorbereitet und heute dem Hohen Hause vorlegt, wie sie Österreich noch nicht gesehen hat, das ist richtige Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum richtigen Zeitpunkt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Diese Qualifizierungsoffensive hat das bereits besprochene Volumen von 285 Millio­nen €  Stummvoll hat das übersetzt in 4 Milliarden alte Schilling –, und es sind gegen­über bisher 325 000 jährlich vom AMS zu qualifizierenden Arbeitssuchenden nunmehr


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zirka 386 000 zu verzeichnen, also ein Plus von 61 500 beziehungsweise von 20 Pro­zent Arbeitssuchenden in Qualifizierung. Ihm Rahmen dieser Offensive wird dem Regelbudget des AMS für diesen Bereich von 711 Millionen € ein Plus von 30 Prozent draufgesetzt. Das ist eine Qualifizierungsoffensive, die sich vom Volumen und von der Sache mehr als nur sehen lassen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich verstehe deshalb nicht ganz, Herr Präsident Verzetnitsch, dass Sie in der „Presse­stunde“ des ORF am Sonntag gesagt haben, dass die Regierung hier auf halbem Wege stehen geblieben sei. – Ich darf Sie daran erinnern, dass es die SPÖ war und ist und dass es die AK und der ÖGB waren und sind, die eine Erhöhung der Qualifizie­rungsmittel um 60 Millionen € pro Jahr gefordert haben. Wir sagen nicht 60 Millionen €, sondern wir sagen 285 Millionen €. Das ist deutlich mehr, und wir sind nicht auf halbem Wege stehen geblieben, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch.)

Es ist wichtig und gut, dass es hier eine Vier-Parteien-Einigung gibt, wenngleich manche Debattenbeiträge seitens der Opposition das nicht wirklich erwarten ließen. Aber Sie haben es gesagt, und im Ausschuss war es so, daher gehe ich davon aus.

Es ist wichtig, dass wir auf Bewährtem aufbauen. Wir haben wahrscheinlich das beste Instrumentarium Europas, unser AMS, implementiert, und wenn jetzt mehr Geld da ist, dann kann es mehr tun. Bisher wurden schon sehr erfolgreich 5 000 Personen – meist Frauen – in Pflege- und Gesundheitsberufe qualifiziert. Das sind direkte Jobchancen, die hier genützt werden können.

„Jobs for You(th)“ heißt das Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm für junge Menschen bis 25, die alle möglichen Probleme haben bis hin zum fehlenden Haupt­schulabschluss. Das ist ein Programm, das sehr teuer ist – das füge ich hinzu –, das aber 65 Prozent der Programmabgänger einen Job ohne zusätzliche Förderung ver­schafft, und eine Erfolgsquote von 65 Prozent Erfolgsquote ist nicht schlecht. – Danke, liebes AMS! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir beim so genannten Blum-Bonus davon ausgegangen sind, dass es zirka 3 000 werden könnten, die diesen Blum-Bonus in Anspruch nehmen – Arbeitgeber und auch zusätzliche Lehrlinge –, und dass der Bundeskanzler heute darüber berichten kann, dass es bisher schon 5 000 Anträge gibt, das ist jedenfalls eine kleine Erfolgsgeschichte. Ich gehe einmal davon aus, dass ein guter Teil dieser Anträge auch tatsächlich in zusätzliche Lehrstellen umgesetzt werden kann. – Wir werden das evaluieren.

Besonders wichtig für mich sind nicht nur Qualifizierungsmaßnahmen für junge Men­schen, sondern auch für Frauen. Da geht es natürlich auch um Wiedereinsteigerinnen, die mit einer Wiedereingliederungsbeihilfe direkt in den Job vermittelt werden. Wer eine Wiedereingliederungsbeihilfe – ein bewährtes Instrument – bekommt, der oder die hat den Job sicher, weil sonst gäbe es Beihilfe plus Qualifizierungsmaßnahmen nicht, mit denen zum Beispiel von Buchhaltung bis hin auch zu technischen Facharbeiter-Inten­sivausbildungen alles angeboten wird. – Ich glaube, wir sind damit auf gutem Wege.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss ein Wort zum Thema Kombi-Lohn: Das ist ein Thema, das in Österreich von dieser Diktion her neu ist, das aber – Herbert Haupt hat schon indirekt darauf hingewiesen – in der Sache so neu nicht ist.

Erstens einmal lassen wir die Kirche im Dorf: Von den 286 Millionen € werden gerade einmal knapp 5 Prozent für diesen Bereich ausgegeben werden. Das ist also eine durchaus überschaubare Größenordnung. 4 000 Langzeitbeschäftigungslosen wollen


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wir damit einen Job im Niedriglohnbereich verschaffen, die langzeitbeschäftigungslos und noch dazu entweder über 45 Jahre alt oder unter 25 Jahre jung sind.

Sehr geehrter Herr Präsident! Im Hinblick darauf verstehe ich nicht, wenn hier die SPÖ und auch die Grünen vom Prinzip her so aktiv gegen dieses Kombi-Lohn-Modell argu­mentieren und auch dagegen stimmen werden!

Ich darf Sie zum Beispiel an eine Initiative der Gemeinde Wien unter dem Schirm von Equal erinnern. Bis jetzt hieß das „Ways to Work“, in Zukunft wird es „Genera­tion 19+“ oder „Spurwechsel“ heißen. Dieses Programm wird von der Gemeinde Wien, MA 15, von der Caritas, vom WAFF – vom Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungs­fonds, wie er, glaube ich, heißt –, von der Arbeiterkammer in Wien, von der Volkshilfe und von einigen anderen Trägern durchgeführt.

In diesem Programm geht es genau darum, dass Sozialhilfeempfänger, die länger als zwölf Monate ohne Beschäftigung sind, Jobs im Niedriglohnbereich bekommen, unter anderem geringfügige Beschäftigungen oder Teilzeitbeschäftigungen. Es soll einmal 15 bis 20 Stunden in der Woche gearbeitet werden, kann sein, dass Lastwägen entla­den werden, ich weiß das nicht. Jedenfalls geht es dabei darum, dass diese Sozial­hilfeempfänger im Rahmen dieses Kombi-Lohn-Modells, das es in Wirklichkeit ist, einen Teil ihrer Sozialhilfe behalten können. Präzise gesprochen ist das also ein Kombi-Lohn-Modell, das in der Gemeinde Wien mit Zutun und Mitträgerschaft der Arbeiterkammer durchgeführt wird.

So gesehen, bitte ich Sie: Checken Sie das noch einmal! Vielleicht ist Ihnen auch hier eine Zustimmung möglich, denn Sie tun das in der Gemeinde Wien schon und tun das offensichtlich guten Gewissens. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die letzte Runde teile ich auf jeweils 2 Minuten auf.

Als Erster zu Wort kommt Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


12.46.59

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Dank der meines Erachtens unnot­wendigen Geschäftsordnungsdiskussion komme ich zu meinen Schlussbemerkungen. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Diese beziehen sich selbstverständlich darauf, dass wir hier gehört haben, dass die Qualifikationsoffensive im Wesentlichen von allen Par­teien unterstützt wird. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, das unterstreicht das Positive und Notwendige.

In der heutigen Diskussion wurde der Kombinationslohn kritisiert, und ich muss in die­sem Zusammenhang sagen, dass sich Herr Gusenbauer selbst widersprochen hat. Wenn er ein bisschen auf internationale Praktiken geschaut hätte, dann hätte er das wahrscheinlich akzeptiert, denn das Kombinationslohnmodell ist in England, in Däne­mark und in anderen Staaten gang und gäbe. Es gibt dabei eine entsprechende Unter­stützung für die Arbeitnehmer und für die Arbeitgeber.

Der Sinn der Sache ist, in Richtung Aktivierung zu gehen, und es geschieht dabei genau das, was Herr Gusenbauer wörtlich ausgedrückt hat: Die Leute wollen keinen Kursplatz, sondern einen Arbeitsplatz. – Und mit diesem Modell bekommt der Arbeit­suchende in der Praxis den Arbeitsplatz.

Was wird insgesamt damit bewirkt? – Es ist dies ein Win-Win-Win-Modell. Es ergeben sich drei Win-Situationen. Erstens: Der Arbeitslose bekommt mehr als sein Arbeits-


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losengeld, es besteht daher ein Anreiz, ein solches Modell in Anspruch zu nehmen. Zweitens: Das Arbeitsmarktservice erspart sich Arbeitslosengeld. Drittens: Der Betrieb wird einen Arbeitsplatz anbieten, den er sonst nie angeboten hätte. Der springende Punkt aber ist: Nach einem Jahr in der Praxis soll das ein Dauerarbeitsplatz werden.

Daher: Werfen Sie Ihre Bedenken über Bord! Stimmen Sie dem Gesamtpaket zu! Es ist richtig und wichtig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abge­ordnete Silhavy. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.48.59

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Mitterlehner, ich bin sehr verwundert über Sie! Kürz­lich haben Sie noch das Kombi-Lohn-Modell kritisiert. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Sie haben gemeint, die Grenzen wären zu niedrig und dergleichen mehr. Heute haben Sie offensichtlich Ihre eigenen Bedenken über Bord geworfen. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mitterlehner: Regen Sie sich ab! Sie kennen sich nicht aus!)

Herr Bundeskanzler! Zwei Minuten lassen mir nicht die Zeit, auf die Qualität Ihrer heuti­gen Rede einzugehen (Abg. Steibl: Eindeutig zu viel!), etwas sage ich Ihnen aber doch: Sie haben die Binnennachfrage hier angesprochen. Da ist aber genau dieser Kombi-Lohn der falsche Weg, denn die Leute werden Einkommen unter 1 000 € be­ziehen, weil das die Grenze ist, die der Herr Bundesminister dafür festgesetzt hat. Sie können sich daher nicht erwarten, dass dadurch die Nachfrage auf dem österrei­chischen Binnenmarkt steigt, denn was können sich Leute mit 700 € oder 800 € tat­sächlich leisten? Nichts! (Abg. Mag. Wurm: Leider!) Wie wollen Sie so die Kaufkraft erhöhen? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben selbst hier ein Beispiel vorgegeben: Jemand bezieht 598 € Notstandshilfe. Mit dem Kombi-Lohn-Modell hätte er in Zukunft 719 €. – Sie werden doch nicht sagen, dass das für einen jungen Menschen der Weg in die Zukunft ist, wie er eine Familie und einen Hausstand gründen kann und dergleichen!

Meine Damen und Herren! Der Kombi-Lohn ist der falsche Weg, wir stimmen in dritter Lesung dennoch der Vorlage zu, weil wir glauben, dass die Mittelzuführung in die Arbeitsmarktpolitik unbedingt notwendig ist. Wir fordern sie seit langem. Sie kommen dem für ein Jahr nach, Herr Bundesminister – auch da hätten wir uns mehr Nachhaltig­keit erwartet. Nächstes Jahr aber werden Sie genauso wie in den Jahren davor da­stehen und uns erklären, warum solche Reparaturmaßnahmen bei dieser dramati­schen Arbeitslosigkeit notwendig sind, da Sie nicht bereit sind, tatsächlich, ernsthaft und nachhaltig etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun.

Sie sollten nicht auf Almosenpolitik, sondern wirklich darauf setzten, dass Menschen Beschäftigung bekommen, von der sie leben können und von der die Kaufkraft ange­kurbelt wird. Die Niedriglohnpolitik, Herr Bundesminister, ist die falsche Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

12.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dipl.-Ing. Achleitner. 2 Minuten Redezeit. – Frau Abgeordnete, bitte.

 


12.51.17

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir


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in Österreich können stolz darauf sein, dass wir eine sehr hohe Beschäftigungsquote bei Frauen haben, die auch ständig steigt. (Abg. Mag. Wurm: Angeblich!)

Tatsache ist aber, dass trotz ständig steigender Beschäftigung auch die Arbeitslosig­keit bei den Frauen zunimmt; sie nimmt gerade bei jenen Frauen, die ohne Schulab­schluss dastehen, überproportional zu. Auch in typischen Frauenbranchen nimmt die Arbeitslosigkeit immer mehr zu. Daher setzt gerade diese Offensive der Regierung an der richtigen Stelle an, nämlich im Bereich der Qualifikation für Frauen, und ich sehe sehr positiv, dass die Qualifikation von Frauen insbesondere bei handwerklich-techni­schen Berufen und neuen Technologien forciert wird und nicht nur, wie Frau Kollegin Weinzinger in einer Aussendung angibt, in Gesundheits- und Pflegeberufen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Regierung investiert nicht nur in Forschung und Entwicklung, um für die Zukunft qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen und diese zu sichern, sondern es werden jetzt mit mehr als 108 Millionen € ganz konkrete Initiativen zur Ausbildung und Qualifizierung von Frauen gesetzt. Auch wenn es die Opposition nicht wahrhaben will: Die Regierung setzt sich sehr wohl und mit voller Kraft ganz ge­zielt für die Anliegen der Frauen ein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.  Abg. Gradwohl: Das glauben Sie doch selbst nicht! – Abg. Neudeck: Sie glaubt es nicht, sie weiß es!)

12.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Moser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.53.11

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fasse mich aus Zeitgründen kurz.

Herr Bundeskanzler, leider haben gerade jene Menschen, die wenig verdienen und aufs Pendeln angewiesen sind, von Ihren Maßnahmen praktisch gar nichts! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das, was Sie hier präsentieren, ist ein Flickwerk. – Ich zitiere Landeshauptmann Erwin Pröll aus Niederösterreich: Das ist ein Flickwerk und beschämend.

Zum Beispiel bekommt eine Verkäuferin aus Donnerskirchen im Burgenland, die teil­zeitbeschäftigt ist, 950 € brutto verdient, in Wien arbeitet und täglich von Donners­kirchen nach Wien pendelt, jetzt von der Pendlerpauschale nichts, und sie wird auch in Zukunft nichts bekommen. Aber gerade in diesem Sektor sollten wir ja helfen! Gerade diese Frauen sollten wir unterstützen. Gerade den Niedrigverdienern sollten wir Ver­besserungen zukommen lassen. Da aber versagen Sie, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deshalb möchte ich gerade im Namen der PendlerInnen, die wenig verdienen, die wirklich aufs Auto angewiesen sind und bessere öffentliche Verkehrsmittel brauchen, folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend sozial und ökologisch gestaffelte Sofortmaßnahmen für Pendlerinnen und Pendler eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1066 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteu­ergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (1096 d.B.)


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung stellt bereits in den Jahren 2005 und 2006 – sozial und ökolo­gisch gestaffelt – zusätzliche Mittel für PendlerInnen zur Verfügung, beispielsweise zur Verbilligung der Zeitkarten öffentlicher Verkehrsmittel.

*****

Ihr Modell, das Sie heute abstimmen lassen, geht nämlich an den Bedürfnissen vorbei. Wir brauchen billige, günstige, attraktive öffentliche Verkehrsmittel. Der Tarif wird jetzt wieder um 5 Prozent erhöht! Die PendlerInnen im Niedriglohnbereich bekommen aber nichts. Und wir brauchen vor allem sozial gestaffelte Absetzbeträge und nicht Wer­bungskostenabsetzmöglichkeiten wie jetzt in der Pendlerpauschale.

Herr Bundeskanzler! Auch die 2 Cent beim Kilometergeld helfen den Österreicherinnen und Österreichern im Südburgenland und in der Südsteiermark nicht. Das ist beileibe zu wenig! (Abg. Parnigoni: Leider hat sie Recht!) Mit Ihrer Lösung gestatten Sie diese 2 Cent erst ab 2007, erst dann gelangen sie in die Geldtasche der PendlerInnen. Wir wollen aber schon jetzt eine gerechte ökologische Lösung für die öffentlichen Ver­kehrsmittel und vor allem für den Niedriglohnsektor. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Dr. Moser verlesene Entschließungsantrag wurde entsprechend eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Wunschrede­zeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.56.10

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wenn ich diese Debatte verfolge und siehe, dass eigentlich alle Fraktionen mit den Maßnahmen im Großen einverstanden sind, dann verstehe ich nicht, wie der Eindruck entstehen kann, dass die SPÖ meint, dass in Wahrheit nichts Neues beschlossen wird, und die Grünen sagen, dass das gerade besser als nichts ist.

Die Maßnahmen, die wir heute beschließen, verdienen nicht solch vernichtende Kritik! (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Ganz im Gegenteil, es handelt sich hiebei um konkret investierte Mittel in die Arbeitsplätze in Österreich, und dahinter soll­ten wir uns alle stellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen anhand eines konkreten Beispiels aus diesem Maßnahmenpaket auch beweisen, wie neu, effizient und gut diese Maßnahmen sind. – Nehmen wir uns dieses „Projekt 06“ vor: Kommerzialrat Egon Blum, der selbst sehr viele Lehrlinge ausgebildet hat, hat als langjähriger erfahrener Unternehmer einen Vorschlag gemacht. Er hat Leute aus der Praxis zusammengeholt und hat gefragt: Wie könnten wir mehr Lehr­stellen schaffen?

Neu am System „Projekt 06“ ist, dass tatsächlich nur neue Lehrstellen, die über dem Stand 2004 geschaffen werden, mit diesen 400 € pro Lehrling pro Monat abgegolten werden. Das ist neu, und das geht exakt in Richtung Zuwachs von Lehrstellen.

Neu dabei ist auch, dass wir natürlich eine Verlagerung von den Maßnahmen des Ju­gendausbildungs-Sicherungsgesetzes, von Kursen für Lehrlinge hin zur Ausbildung im


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Unternehmen bekommen. Das ist ja so entscheidend! Wir brauchen doch die Ausbil­dung des Lehrlings im Unternehmen und nicht in irgendeinem Kurs! Die Ausbildung im Unternehmen ist durch nichts zu ersetzen! Meine Damen und Herren! Ich lege Wert darauf, dass wir in dieser Richtung fortfahren.

Neu ist bei Kommerzialrat Blums Ansatz auch, dass er im ganzen Land herumfährt und das vor Ort bei den Unternehmern predigt. Ich glaube, wir alle sollten uns ein Beispiel daran nehmen, wie wir das auch als Abgeordnete unterstützen können! Wir tun das etwa beim ÖAAB Niederösterreich, indem wir in all unseren Teilbezirken Arbeitneh­mertage durchführen, an denen wir von einem Betrieb zum anderen gehen und dieses Modell mit all seinen Vorteilen dem Unternehmer noch einmal näher bringen. – Ich bin überzeugt davon, durch solche Initiativen schaffen wir Lehrplätze! (Beifall und Bravo­rufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sagen, dass das nur besser als nichts ist, dann tun Sie gerade Herrn Kommerzialrat Blum sehr Unrecht! Er ist engagiert und trägt diese Idee von Ort zu Ort, und wer ihn kennt, müsste ihm eigentlich ein großes Danke sagen, denn er betreibt diese Kampagne als Lehrlingsbeauftragter der Bundesregie­rung unentgeltlich. Er stellt seine ganze Energie dafür zur Verfügung, und ich bin über­zeugt davon, dass mit seinen Vorschlägen das erreicht wird, was wir in Österreich brauchen, nämlich die Schaffung von mehr Lehrplätzen für junge Leute, damit gerade am Beginn des beruflichen Werdegangs eine Ausbildung im Unternehmen ermöglicht wird. Das brauchen wir, dahinter sollten wir uns alle stellen. Ich darf Sie auffordern, das daher auch positiv zu sehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Riepl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.59.30

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Abgeordneter Spindelegger, wenn Sie Herrn Blum – zu Recht, das möchte ich gleich dazusagen – so loben, dann sollten Sie auch erwähnen, dass er in Vorarlberg mit dem Ausbildungsfonds ein wunderbares Modell ins Leben gerufen hat. Das wäre doch ein Modell, das man auf ganz Österreich übertragen könnte (Beifall bei der SPÖ): Die Firmen, die nicht ausbilden, zahlen, und die Firmen, die ausbilden, bekommen etwas dafür. Das wäre doch eine tolle Geschichte! Darüber könnten Sie doch noch nachdenken.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt ein Beschäftigungsförderungs­gesetz. Richtig ist: 61 500 Arbeitslose werden zusätzliche Qualifikationen bekommen. Es ist schon gesagt worden, wie die Meinung der Sozialdemokratie dazu ist: Es ist höchste Zeit! Es ist auch eine langjährige Forderung der Sozialdemokratie, der SPÖ, hier in die Qualifikation zu investieren. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Allerdings – ich glaube, das muss man und kann man nicht oft genug betonen – ist es zur Verringerung der Arbeitslosenzahlen und der Arbeitslosen auch notwendig, Arbeit schaffende Maßnahmen zu setzen. Die fehlen uns in dieser Vorlage. Jeder Unter­nehmer würde gerne mehr Beschäftigung anbieten, mehr Leute beschäftigen, wenn die Aufträge da wären, wenn die Nachfrage da wäre, wenn die Arbeit da wäre. Daher geht es darum, Arbeit zu schaffen, Konsum zu schaffen, dann wird es uns besser gehen.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen! Ich glaube, die Arbeits­losenzahlen und die Lobhudelei des Bundeskanzlers in dieser heutigen Diskussion zwingen auch dazu, ein bisschen in die Vergangenheit zu schauen.

Der Herr Arbeitsminister hat zum Beispiel im Jahre 2002 gesagt: Es muss das Ziel jeder österreichischen Bundesregierung bleiben, Vollbeschäftigung anzustreben. – Na­türlich, überhaupt keine Frage! Aber kurz danach sind die Arbeitslosenzahlen gestie­gen.

Herr Bartenstein hat im Juni 2004 gesagt: Ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit insge­samt wieder über rückläufige Arbeitslosenzahlen diskutieren können. – Ergebnis: Die Arbeitslosenzahlen sind gestiegen.

Ein paar Monate später, am 14. Oktober: Der Aufschwung ist da, der Arbeitsmarkt zieht an, die Arbeitslosenzahlen steigen nicht mehr. – Was ist das Ergebnis? Ein paar Wochen später: wieder höhere Arbeitslosenzahlen!

Also immer dann, wenn Sie, Herr Bundesminister, diesbezüglich etwas gesagt haben, ist ein paar Monate später das Gegenteil davon eingetreten.

1995 bis 2000 gelang es der damaligen Bundesregierung unter sozialdemokratischer Führung, die Arbeitslosenzahlen um 24 000 zu senken. Seit Sie, Herr Bartenstein, Arbeitsminister sind, von 2000 bis 2005, haben wir um 59 000 Arbeitslose mehr in unserem Land. Das ist das Problem!

Zum Kombi-Lohn ein Satz; es ist ja schon gesagt worden, warum wir dagegen sind. Wir werden dieser Vorlage, was den Bereich Kombi-Lohn betrifft, nicht zustimmen.

Ich möchte folgenden Antrag der Abgeordneten Riepl und Genossen einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Finanzausschus­ses über die Regierungsvorlage (1075 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden.

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 Ziffer 2 entfällt.

2. In Artikel 2 erhalten die bisherigen Ziffern 3 und 4 die Bezeichnung 2 und 3.

3. In Artikel 2 Ziffer 2 neu entfällt der Ausdruck „für Zwecke des Kombi-Lohnes (§ 34a AMSG) und“.

4. Artikel 3 und 4 entfallen.

5. Die bisherigen Artikel 5 und 6 erhalten die Bezeichnung 3 und 4.

6. Artikel 7 entfällt.

7. Die bisherigen Artikel 8 und 9 erhalten die Bezeichnung 5 und 6.


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8. In Artikel 6 neu Ziffer 1 entfällt der Ausdruck „und des Kombi-Lohnes (§ 34a des Arbeitsmarktservicegesetz)“.

*****

Festhalten möchte ich noch, dass auch die Bestimmungen in dieser Vorlage, was den Dienstleistungsscheck betrifft, von diesem Abänderungsantrag betroffen sind. Auch diesen stimmen wir nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Finanzausschus­ses über die Regierungsvorlage (1075 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden.

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 Ziffer 2 entfällt.

2. In Artikel 2 erhalten die bisherigen Ziffern 3 und 4 die Bezeichnung 2 und 3.

3. In Artikel 2 Ziffer 2 neu entfällt der Ausdruck „für Zwecke des Kombi-Lohnes (§ 34a AMSG) und“.

4. Artikel 3 und 4 entfallen.

5. Die bisherigen Artikel 5 und 6 erhalten die Bezeichnung 3 und 4.

6. Artikel 7 entfällt.

7. Die bisherigen Artikel 8 und 9 erhalten die Bezeichnung 5 und 6.

8. In Artikel 6 neu Ziffer 1 entfällt der Ausdruck „und des Kombi-Lohnes (§ 34a des Arbeitsmarktservicegesetz)“.

Begründung:

1. Kombi-Lohn:

Bei dem Kombi-Lohn-Modell handelt es sich um die Subventionierung von schlecht bezahlten Tätigkeiten, nach denen am freien Markt wenig Nachfrage besteht. Arbeit­geberInnen werden durch diese Vorgangsweise in ihrem Festhalten an unterdurch­schnittlicher Bezahlung bestärkt und das Anbieten von Niedriglohnarbeitsplätzen ist aus sozialdemokratischer Sicht nicht förderungswürdig.


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2. Dienstleistungsscheck:

Die grundsätzliche Kritik an der Ausgestaltung des Dienstleistungsschecks bleibt auf­recht und daher entfallen die entsprechenden Bestimmungen der Gesetzesvorlage.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Walch. Ich erteile es ihm.

 


13.03.50

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kol­lege Leutner ist jetzt leider nicht anwesend; ich sehe ihn nirgends. Es hat mich schon ein bisschen geärgert, dass Kollege Leutner in der Zeit der Fernsehübertragung hier heraußen behauptet hat, dass in Zukunft die Pensionen bis zu 60 Prozent gekürzt wer­den. Kollege Leutner, werft bei euch im ÖGB die Rechenschieber weg, die gehen alle falsch, und lest einmal genau! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Lesen, rechnen, denken – und dann erst sprechen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Riepl: Erst zuhören – und dann reden!)

Das Nächste: Kollege Leutner hat behauptet, dass die Steuerreform, die für die Arbeit­nehmer in diesem Jahr beziehungsweise 2004/2005 1,5 Milliarden € ausmacht, im Durchschnitt nur 25 € bringt. Das ist auch unrichtig; aber dann hat er auch noch ge­sagt: Das ist eh nichts! – Kollege Leutner weiß nicht, wie viel 25 € in Schilling sind: Das sind 344 S pro Monat! Für ihn, mit seinem Bezug, ist das „nichts“ – aber jeder Arbeit­nehmer draußen an der Werkbank freut sich, wenn er pro Monat um 344 S mehr bar auf die Hand bekommt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Leutner, ich möchte dich ersuchen, bei der Wahrheit zu bleiben. Ich weiß, dass dein Verdienst hoch ist – jener der Abgeordneten sowieso –, aber du solltest nicht her­gehen und das heruntermachen. (Abg. Neudeck: Das Einkommen ist hoch, aber nicht das Verdienst!) Denn die Arbeitnehmer würden sich öfter wünschen, dass sie bei Kol­lektivvertragsverhandlungen in gewissen Berufsgruppen oder in gewissen Berufsspar­ten so viel an Lohnerhöhung bekommen.

Die Aufregung der Opposition verstehe ich natürlich: Mir sind die Arbeitslosen auch zu viele! Aber diese Regierung unternimmt alles, was möglich ist, um finanziell die Rah­menbedingungen dafür zu schaffen, dass es bergauf geht. (Abg. Riepl: Warum haben wir dann immer mehr Arbeitslose?) Man muss sich wirklich anschauen, wie viel Geld investiert worden ist, um die Wirtschaft anzukurbeln (Abg. Riepl: Warum sind es dann immer mehr Arbeitslose?): das Infrastrukturpaket, um bis zum Jahre 2010 30 Milliar­den € in Straße und in Schiene zu verwirklichen; die Steuerreform sowohl für Arbeit­nehmer als auch für Arbeitgeber; zusätzlich die Behindertenmilliarde; die Infrastruktur habe ich schon erwähnt; für die Forschung und für die Entwicklung; gegen die Jugend­arbeitslosigkeit (Abg. Riepl: Warum sind es dann immer mehr Arbeitslose?); die Pend­lerpauschale erhöhen, das Kilometergeld erhöhen, und vieles mehr.

Da würde ich ersuchen, dass der Finanzminister und der Arbeitsminister den Druck an die Ölfirmen weitergeben, da sie jetzt hohe Gewinne machen. Entweder sie gehen mit dem Preis herunter – wenn die Preise für Rohöl gesenkt werden, ist es in Österreich so, dass der Preis an den Tankstellen erst vielleicht einen oder zwei Monate später reduziert wird, das muss aber sofort passieren! (Abg. Mag. Gaßner: ... ihr in der Regie­rung!) –, oder es muss eine Steuer eingeführt werden. Dieser Gewinn, der da abge­schöpft wird, muss den Pendlern wieder zur Verfügung gestellt werden.


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Es wird also viel getan für ein Beschäftigungsprogramm, für Investitionen für Jugend­liche und Lehrlinge. (Abg. Riepl: Warum sind es dann immer mehr Arbeitslose?) Man braucht sich nur die Lehrlingsförderung anzuschauen: 1 000 € pro Monat pro Lehrling, das ist eine gute Sache! Zusätzlich gibt es ab 1. September 2005 noch einmal Geld, wenn Lehrlinge eingestellt werden, für Umschulungsmaßnahmen und vieles mehr.

Daher ist dieses Paket, das Beschäftigungspaket mit zusätzlich 285 Millionen, wieder ein Paket in die richtige Richtung, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Zahl der Arbeitslosen zu reduzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ich erteile es ihr.

 


13.07.36

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Werte Herren auf der Regierungsbank, wissen Sie, was ich mich ... (Bundesminister Dr. Bartenstein: „Herr“ in der Einzahl!) – Einzahl im Moment? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ja!) Hat Sie der Herr Staatssekretär schon verlassen? – Ich kann die Absetzbewegung politisch verstehen. Was ich mich den ganzen Vormittag schon frage ... (Zwischenrufe.) – Okay, es stimmt nicht.

Ich frage mich an diesem Vormittag natürlich nicht nur eine Sache; insbesondere nach der dargebotenen Redeleistung des Herrn Bundeskanzlers frage ich mich so einiges. Aber eine Frage steht schon im Mittelpunkt (Abg. Neudeck: Sie können es ja nachle­sen, wenn Sie es nicht verstanden haben!), und Herr Minister Bartenstein weist ja nicht ganz umsonst auf seine Einsamkeit auf der Regierungsbank hin. Wir reden in den letz­ten Stunden über Beschäftigungspolitik, und ich frage mich: Wo ist, bitte, die Frauen­ministerin? Ist das kein Thema, das sie irgendwie angehen würde? (Abg. Faul: Die tut die Hymne üben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Themen Beschäftigung von Frauen, Arbeitsmarktsituation von Frauen, Wiederein­stieg von Frauen in den Beruf: ist das alles nichts, was die Frauenministerin angehen könnte? – Ich würde sie dringend ersuchen, das Thema ernster zu nehmen und in Zukunft solchen Debatten vielleicht auch beizuwohnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Faktor ... (Abg. Lentsch: Tosender Applaus bei den Grünen! – Ruf bei der ÖVP: Das ist schwach! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Genauso schwach wie Ihr Zwischenruf, Herr Kollege. Aber es macht nichts. (Abg. Hagenhofer – demonstrativ Beifall spendend –: Ja, genau!)

Ein Faktor, der jedenfalls begrüßenswert ist, ist, dass sich die Regierung zwei Pro­blemfelder eingesteht, die sie jahrelang verdrängt hatte. Man kann sagen: Es ist zwar reichlich spät, aber wenigstens kommen Sie endlich drauf, dass Sie im Bereich der Jugend und bei den Frauen ein enormes Problem auf dem Arbeitmarkt haben. Das ist etwas, was wir Ihnen schon länger gesagt haben, aber hiemit ist es offiziell, mit diesem Beschäftigungsförderungspaket, das ja direkt auch noch angibt, dass die Jugend und Frauen besondere Zielgruppen sind.

Nur eine Zahl: Seit Kanzler Schüssel mit dem Jahr 2000 die Regierungsgeschäfte übernommen hat, ist die Zahl der arbeitslosen Frauen um 90 000 gestiegen, die Zahl der arbeitslosen Männer um rund 26 000 gesunken. Das sagt etwas über die Orientie­rung dieser Bundesregierung aus, und das liest man in Wirklichkeit auch quer durch, zwischen den Zeilen, in diesem vorliegenden Gesetzespaket.

Bei den Qualifizierungsmaßnahmen, die heute schon diskutiert worden sind, bei all dem, was man da so hört und was auch von Frau Ministerin Rauch-Kallat in früheren


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Gesprächen angegeben wurde, ist offensichtlich dies ihre Hauptphilosophie: Wir haben ein Problem bei Frauen, wenn sie in der Kinderpause waren. Das hat natürlich in ihren Augen nichts mit den fehlenden Kinderbetreuungsplätzen zu tun, sondern: Nein, wir orientieren sie dann beruflich um und schulen sie um; egal, ob das eine Architektin oder eine Bürokauffrau war, was immer die Frau – oder selten auch der Mann – vor der Karenzphase gemacht hat, danach hat er oder sie jedenfalls gelernt, Windeln zu wech­seln, und damit kann man sie in den Pflegebereich umschulen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Frauen haben keine genetische Veranlagung für den Pflegeberuf! (Beifall bei den Grünen.)

Die Fülle der sonstigen Bestimmungen, die jetzt vorliegen und die wiederum eindeutige Rollenfestlegungen für Frauen treffen, kann ich in meiner Redezeit gar nicht aufgreifen. Ich nehme daher nur das Beispiel Kombi-Lohn her, wieder eine Maßnahme, mit der Sie auf den Niedriglohnsektor und vermutlich in erster Linie auf Teilzeitbeschäftigungsver­hältnisse abstellen, wieder ein Bereich, in dem Frauen überdurchschnittlich betroffen sind, und wieder ein Bereich, den Sie negativ regeln.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regierungsvorlage (1075 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Ent­geltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckge­setz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1075 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Beschäfti­gungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicege­setz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bun­desfinanzgesetz 2006 geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes 1092 dB, wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 2 entfällt Z. 2. Die Ziffern 3. und 4. erhalten die Bezeichnung Z.2 und Z.3.

2. In Artikel 3 Z. 1 entfallen die Worte „oder ein Kombi-Lohn (§ 34a AMSG)“.

3. Artikel 4 entfällt.

4. In Artikel 6 entfällt Art. XIII Abs. 12 (neu) des Nachtschwerarbeitsgesetzes.

5. Artikel 7 entfällt.

6. In Artikel 9 entfallen die Worte „und des Kombi-Lohnes (§ 34a des Arbeitsmarktser­vicegesetzes)“.

7. Artikel 6 erhält die Bezeichnung „Artikel 5“, Artikel 8 die Bezeichnung „Artikel 6“ und Artikel 9 die Bezeichnung „Artikel 7“.

Begründung:

Die Einführung eines Kombi-Lohn-Modells birgt erhebliche Gefahren und kein Potential zur Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt. Die vorgesehene Gesetzesänderung


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schafft einzig einen zusätzlichen Anreiz, bereits bestehende Arbeitsplätze in subventi­onierte Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse umzuwandeln. Darüber hinaus genügt der vorgelegte Gesetzestext nicht dem Bestimmtheitsgebot des B-VG.

Die weitere Sistierung der Anpassungsformel im Nachtschwerarbeitsgesetz ist sachlich nicht nachvollziehbar, da Nachtschwerarbeit für Betroffene eine besondere Belastung ist und daraus zusätzliche Kosten für das Pensionssystem entstehen. Eine Politik, die einerseits angeblich zu hohe staatliche Mittel für das Pensionssystem beklagt und andererseits auf sachlich gerechtfertigte Einnahmen verzichtet, verspielt seine Glaub­würdigkeit bei den Menschen.

Dienstleistungsscheck-Regelungen sind europaweit gescheitert. Das Scheitern dieser Regelung in Österreich ist nicht nur abzusehen, sondern durch die vorgenommene Ge­setzesänderung bereits dokumentiert. Die Dienstleistungsscheck gehört abgeschafft, nicht scheibchenweise reformiert.

*****

Ich würde Sie ersuchen, zumindest diesen Reparaturmaßnahmen zuzustimmen. Vor allem würde ich Sie sehr dringlich ersuchen, jetzt, da Sie die Probleme Jugendarbeits­losigkeit und Frauenarbeitslosigkeit tatsächlich erkannt haben, sehr viel mehr Energie und Kraft hineinzustecken, um die Probleme zu lösen, als Sie das mit dem vorliegen­den Gesetzespaket tun. (Beifall bei den Grünen.)

13.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


13.12.51

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Eine Anmerkung: Ich bin froh, dass es jetzt wieder eine objektive Vorsitzführung gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wäre noch lustiger gewesen, wenn Frau Präsidentin Prammer hier wäre, aber anscheinend ist sie beim Mittagessen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Seit 1999, das heißt seit dieser Regierung (Abg. Hagenhofer: ... wie jeder andere Prä­sident auch!) unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und mit Bundesminister Bar­tenstein (Abg. Parnigoni: Unglaublich!), wurden die Ausgaben in der aktiven Arbeits­marktpolitik für Frauen und Jüngere (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni) um 60 Prozent erhöht, Herr Kollege. Mit dem jetzigen Beschäftigungspaket sollen nun (Abg. Parnigoni: Da nützt diese ganze Giftspritzerei nichts!) zusätzliche Beschäfti­gungsmöglichkeiten geschaffen sowie ... (Abg. Parnigoni: Oder Bösartigkeiten zu ver­breiten!)

Ich bin nicht dafür, dass unsere Landwirte, unsere Bauern seitens der SPÖ um 50 Pro­zent weniger bekommen! Ich werde das in der Steiermark verbreiten, das sage ich Ihnen! (Beifall bei der ÖVP.) Sie haben ja keine Ahnung, wovon sie leben und wovon Sie wirklich durchs Land getragen werden! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich denke, dass gerade der Bereich des Wiedereinstiegs in den Beruf sehr, sehr wich­tig ist, und möchte hier nur kurz ein Projekt seitens der Steiermark anmerken. Es heißt: Bereits vor dem Ausstieg an den Wiedereinstieg denken; dieses Projekt kommt aus der Feder der ÖAAB-Frauen. Wir werden dies in der Steiermark umsetzen.


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Ich möchte in diesem Zusammenhang auch für die Abkehr vom Bild der klassischen Frauenberufe plädieren. Ein Umdenken muss hier stattfinden, in der Wirtschaft, in den Betrieben, aber auch bei den Frauen selbst und ebenso im Elternhaus. (Abg. Mag. Weinzinger: In der Bundesregierung, Frau Kollegin! Das ist ja das Problem!) Denn nur das bringt mehr Fachkräfte, es bedeutet aber auch einen Schritt weiter zu gleichem Lohn und gleichwertiger Arbeit. Ausbildung und Qualifizierung werden eine immer wichtigere Rolle spielen. Hiefür kann die Politik nur Rahmenbedingungen schaf­fen; die Entscheidungen fallen in den Familien, in den Schulen, aber auch in den Betrieben.

Ich freue mich natürlich – und das ist wieder eine positive Anmerkung –, dass die SPÖ und die Grünen zum Teil auch diesen Maßnahmen zustimmen, weil sie, glaube ich, jetzt endlich erkennen, wie wichtig Qualifizierungsmaßnahmen in vielen Bereichen sind. Ich möchte auch meinem Caritas-Präsidenten Franz Küberl aus der Steiermark ein Danke sagen, der Lob und Zustimmung für dieses Maßnahmenpaket geäußert hat.

Da ich gerade von der Zielgruppe Frauen und Jugendliche spreche (Abg. Reheis: Wer wird der neue Landeshauptmann in der Steiermark?), meine ich, dass Gesundheits- und Pflegeberufe natürlich nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer wichtig sind, das ist völlig klar. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Aber wir alle werden sicher ein­mal im Leben diese Arbeiten annehmen müssen oder auch wollen.

Weil ich vorhin schon die Steiermark erwähnt habe, komme ich jetzt ganz bewusst wieder auf die Steiermark zurück, gerade im Beschäftigungsbereich. (Abg. Mag. Wein­zinger: Gerade im Wahlkampf!) So, wie es auf Bundesebene Maßnahmen und auch Erfolge gibt, gibt es diese auch in der Steiermark, und es ist uns mit Landeshauptmann Waltraud Klasnic einiges gelungen. Die Steiermark konnte im Jahr 2004 bundesweit den höchsten Rückgang an Arbeitslosigkeit feststellen, und erstmals ist damit die Arbeitslosenquote in der Steiermark niedriger als im Bundesdurchschnitt. Das ist natürlich zum Großteil auch auf die gute Wirtschaftslage in der Steiermark zurückzu­führen, angefangen vom Auto-Cluster bis zum Holz-Cluster und vielem mehr. (Abg. Mag. Weinzinger: Herberstein oder Spielberg? – Weitere Zwischenrufe.) Mit einem Wirtschaftswachstum vom 3,8 Prozent ist die Steiermark Spitzenreiter unter den Bun­desländern. Ich frage mich, warum Wien und Burgenland die Schlusslichter sind!

So kann ich wirklich mit ruhigem Gewissen sagen ... (Abg. Reheis: Sie hörten eine Belangsendung der steirischen ÖVP!) – Nein, ich kann mit ruhigem Gewissen anhand einer Zeitung sagen: „Wirtschaftsland Steiermark – Numero eins in Österreich“, meine Damen, meine Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

13.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


13.17.24

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! An­scheinend ist nur das objektiv, was die ÖVP oder die Kollegin Steibl als objektiv sieht. Ich finde den Beginn ihres Redebeitrags ungeheuerlich. Ja, es ist wirklich ungeheuer­lich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das ist eine Tatsache!)

Herr Minister Bartenstein, Sie haben vorhin in Ihrer Rede das Projekt „Ways to Work“ angesprochen. Ich möchte da ein paar Dinge klarstellen. „Ways to Work“ kann man meiner Ansicht nach in keiner Weise mit dem Kombi-Lohn-Modell vergleichen. Sie wissen wahrscheinlich – das hoffe ich zumindest –, dass bei „Ways to Work“ die Ziel­gruppe eindeutig SozialhilfeempfängerInnen gewesen sind. Das sind Menschen, die


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im Normalfall vom AMS nicht vermittelt werden, diese Menschen waren die Zielgruppe des Projekts „Ways to Work“. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ziel war es in diesem Projekt vor allem, Menschen, die schon sehr, sehr lange vom Arbeitsmarkt weg sind, mit arbeitspädagogischen Mitteln wieder an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Es ging also darum, sie nicht einfach zu Dumpinglöhnen in Betriebe hineinzustecken, sondern dort wurde erstklassige Sozialbetreuung geboten, und es wurden niederschwellige Arbeiten angeboten. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Zwölf Monate, die ...!) – Nein, das waren keine zwölf Monate, das war ein halbes Jahr. Maximal ein halbes Jahr in einem Jahr durften sie geringfügig dazuverdienen, das war das Ziel.

Es war ebenfalls ein Ziel (Bundesminister Dr. Bartenstein: ... der Kombi-Lohn ...!), diese Menschen aus der sozialen Isolation herauszuholen, und vor allem war es das Ziel, diese Menschen in SÖBs und GBPs zu vermitteln, aber nicht auf den ersten Ar­beitsmarkt. Das war eine schöne Randerscheinung, aber es war nicht das vordringliche Ziel. Es war auf keinen Fall das Ziel, Menschen in Niedriglohnsektoren unterzubringen und Betriebe, die speziell in diesen Bereichen Jobs anbieten, zu unterstützen. Das ist meiner Meinung nach ein gravierender Unterschied zum Kombi-Lohn-Modell, darüber können wir vielleicht ein anderes Mal sprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dr. Bartenstein: ... an der Praxis!) Nein, das war genau so! Ich weiß es ganz genau, ich kenne diese Projekte sehr gut, Herr Minister.

Ein paar Wort zum Beschäftigungsförderungsgesetz: Eine gute Maßnahme ist in die­sem Gesetz unbestritten verabschiedet worden, nämlich die 285 Millionen € – schon sehr lange eine Forderung der SPÖ. Wir sind nicht erst jetzt draufgekommen, dass es Qualifizierung geben soll, sondern wir fordern das schon sehr lange, Kollegin Steibl!

Leider ist auch in diesem Paket das Kombi-Lohn-Modell enthalten. Herr Kollege Bu­cher hat vorhin gesagt, er versteht nicht, warum wir seitens der SPÖ dagegen sind. Es sind zwei Gefahren, die ich in diesem Kombi-Lohn-Modell sehe und warum wir dage­gen sind; eine betrifft vor allem die Jugendlichen. Da wird doch eine Tür in den Nied­riglohnsektor aufgemacht, aus der Jugendliche vielleicht nicht mehr herauskommen. Es wäre meiner Meinung nach viel besser, bedarfsorientierte Qualifizierung anzubie­ten, nämlich dahin gehend, was die Wirtschaft wirklich braucht.

Kollege Stummvoll hat auch angesprochen, dass es auf dem Arbeitsmarkt immer wie­der Probleme gibt. Deshalb sollte man wirklich bedarfsorientiert qualifizieren und Ju­gendliche nicht in Niedriglohnsektoren einsetzen. Ich meine, dass man mit arbeits­losen Jugendlichen kein Experiment wagen sollte, wie das Kollege Tancsits in seiner Rede befürwortet hat.

Die zweite Gefahr sehe ich für Frauen, denn wahrscheinlich werden speziell Frauen in diesen Niedriglohnsektoren arbeiten. Das wird keineswegs dazu beitragen, dass Einkommensunterschiede ausgeglichen werden. Es wird für Frauen keine besseren Aufstiegschancen geben, und man hat es wieder einmal nicht zustande gebracht, für Frauen Existenz sichernde Arbeitsplätze zu schaffen. Meiner Meinung nach ein großer frauenpolitischer Rückschritt!

Auf Grund dieser Belastungspolitik möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Heidrun Silhavy und KollegInnen betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, damit vom Arbeitsmarktservice, der Sozialversicherung bezie­hungsweise dem Bund für die Monate Oktober 2005 bis April 2006 so rasch wie mög­lich unbürokratisch ein Heizkostenzuschuss in der Höhe von 40 Euro monatlich an Be­zieherInnen von Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem Karenz­geldgesetz, dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, dem Sonderunterstützungsgesetz, dem Opferfürsorgegesetz, dem Heeresversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz, dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 sowie an alle Pensions- und Ruhegenussbeziehe­rInnen nach bundesrechtlichen Vorschriften, die ein Haushaltseinkommen von unter 875 Euro netto bzw. bei im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten bis zum Fami­lienausgleichszulagenrichtsatz von 1 030 Euro im Monat haben, ausbezahlt werden kann.“

*****

Ich ersuche die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien: Beweisen Sie, dass Ihnen die Menschen in Österreich nicht egal sind und stimmen Sie unserem Ent­schließungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

13.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Silhavy, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


13.22.08

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehr­ten Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir haben heute am Vormittag vor allem Tätigkeitsberichte gehört. Tätigkeit in allen Ehren, aber in der Politik zählen das Ergebnis und, ohne schönzufärben oder schwarz zu reden, nur die nackten Zahlen. Wir haben nun einmal Rekordarbeitslosigkeit, wir erwarten ein Jahr mit Rekordinsol­venzen und wir haben das, was jeder im Gefühl hat, jetzt auch durch eine Studie bestätigt, eine immer größere „Spreizung“, wie sich das so euphemistisch anhört, der Löhne. Der Mittelstand gerät zunehmend an die Wand. Dass das auch in anderen europäischen Ländern so ist, kann nicht wirklich beruhigen, sondern das lässt nur den Schluss zu, dass Fehlentwicklungen, falsche Entwicklungen offenbar länderübergrei­fend stattfinden und ebenso auch korrigiert werden müssen.

Ein Wort zum umstrittenen Kombi-Lohn. Zuerst: Das Modell gilt in Deutschland, wo es durchgeführt worden ist, mittlerweile als gescheitert. Da hat meine Vorrednerin Recht: Der Kombi-Lohn, die Schaffung eines Niedriglohnsektors lässt sich nicht vergleichen mit Initiativen, Menschen, die auf Grund von Behinderungen nicht hundertprozentige Leistung bringen, in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Das eine ist selbstverständlich zu befürworten, und das andere ist mit gutem Grund – und so werde ich es auch halten – abzulehnen.

Sie werden Ihr Ziel individuell verfehlen, nämlich Kernarbeitslosigkeit, die sich ver­festigt hat, damit aufzulösen und Menschen dann wieder einzugliedern und in den regulären Arbeitsmarkt zu bringen. Und Sie werden vor allem aber – und das ist das besonders Bedauerliche – gefährliche Effekte mit in Kauf nehmen und Entwicklungen verstärken, die den Arbeitnehmern abträglich sind.


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Zum einen: Sie werden Ihr Ziel verfehlen. Junge Menschen unter 25 sind die Ziel­gruppe. Jetzt hören wir aber unisono – und niemand bestreitet das –, dass gerade niedrige Qualifikationen besonders anfällig machen für Arbeitslosigkeit. Anstatt junge Menschen dort, wo es noch geht, aufzuschulen und in eine vernünftige Berufsausbil­dung zu bringen, verfestigen wir ihre niedrige Qualifikation. (Abg. Öllinger: Genau!)

Zum anderen: die Älteren. Der ältere Arbeitnehmer, der Monteur mit 54 oder 55, der arbeitslos geworden ist – wie stellen Sie sich das vor? Der ist beinahe 40 Jahre im Be­rufsleben, hat eine gute Qualifikation, hat gut gearbeitet und ist deswegen arbeitslos, weil er teuer ist. Wollen Sie den jetzt auf einen 600-€-Job stellen, um eine niedrig quali­fizierte Arbeit zu machen? Sie ruinieren ihn psychisch! Das halte ich zudem für inhu­man. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Woher nehmen Sie die naive Gewissheit, dass der Arbeitgeber dann nach einem Jahr den Lohn erhöhen wird, sodass man davon leben kann? Es wird vielmehr so sein, dass Sie mit diesen staatlich subventionierten Billigjobs, die sich übrigens die Arbeitnehmer selbst finanzieren – das muss auch gesagt werden –, einen Arbeitsmarkt schaffen, der working poor bedeutet. Wir ermöglichen diesen Menschen jetzt mit immer neuen Beschlüssen des Parlaments, dass sie trotzdem irgendwie auf ein Existenzminimum kommen. – Das ist keine Entwicklung, die man befürworten kann! (Abg. Öllinger: Genau so ist es!)

Zudem überraschend ist – und das soll auch gesagt sein –, dass genau jene, die mit Argusaugen – und sie haben ja Recht damit! – den freien Markt vor allen Eingriffen des Staates schützen, jetzt hier staatliche Eingriffe fordern, wo sie ganz bestimmt nicht positiv sind.

Es wird morgen noch genug Gelegenheit sein, zu diesem Thema Stellung zu nehmen, aber eines möchte ich Ihnen von der ÖVP schon sagen: Ihr ehemaliger Obmann Taus, ein ausgewiesener Wirtschaftsmann und auch als Industrieller sehr erfolgreich, hat gestern etwas sehr Gescheites gesagt, über das wir noch oft und eingehender diskutie­ren sollten. Er hat gesagt, wir packen die Zuwanderung nicht. Wir werden auch in den nächsten 20 Jahren keine zusätzlichen Arbeitskräfte brauchen.

Und das sage ich Ihnen jetzt ganz zum Schluss, und morgen werde ich damit anfan­gen: Wenn Sie die heilige Kuh Zuwanderung nicht schlachten wollen – nämlich Zu­wanderung billiger Arbeitskräfte, darum geht es ja –, dann werden Sie dieses Problem nie und nimmer in den Griff bekommen. (Beifall der Abg. Dr. Partik-Pablé. – Abg. Par­nigoni: Damit hat sich Ihre Rede disqualifiziert! – Abg. Öllinger: Es wäre gescheiter gewesen, Sie hätten sich diesen Schluss gespart!)

13.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


13.26.20

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich begrüße besonders, dass die Eingliederungsbeihilfe für die Einstellung zusätzlicher Lehrlinge mit 1. September 2005 in Kraft tritt – eine Maßnahme, die, so denke ich, wirklich auf eine wichtige Problemlage reagiert.

Wir wissen ganz genau, manche junge Menschen haben die Möglichkeit, eine höhere Schule zu besuchen, manche wollen nach dem polytechnischen Lehrgang ins Berufs­leben, manche finden nicht die Möglichkeiten, die sie gerne hätten, manche sind auch nicht für die große Universitätskarriere begabt. Das alles ist das wirkliche Leben, und dafür brauchen wir Antworten.


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Wir wissen ganz genau, dass junge Menschen gerade in der Pubertät sehr gefährdet sind, wenn sie nicht in geordneten Verhältnissen aufwachsen und wenn sie keine Vor­bilder haben. Die besten Vorbilder hat man in der Schule, hat man im Berufsleben.

Wir haben bei uns auf dem Land sehr oft das Problem, dass Lehrstellen tatsächlich nicht im Überfluss vorhanden sind, weil die Gewerbebetriebe schwer zu kämpfen haben. Wir haben die landwirtschaftlichen Fachschulen, die heute viele zusätzliche Be­rufsbilder entwickelt haben und auch eine steigende Zahl von Jugendlichen vom Land aufnehmen. Ich bin sehr froh, dass sich der Bund an den Kosten für die Lehrkräfte beteiligt, weil das eben eine sehr, sehr wichtige Funktion im ländlichen Raum hat.

Darüber hinausgehend haben wir in der Landwirtschaft selbst rund 1 200 Lehrlinge in Ausbildung. Das soll man nicht unterschätzen, auch diese Betriebe, Gärtnereien, Baumschulen, Forstbetriebe, ganz normale landwirtschaftliche Betriebe, bilden junge Menschen aus, und zwar dort, wo es oft gar keine andere Möglichkeit gibt. Das wird sehr gerne angenommen. Und ich bin sehr froh, dass auch die Landwirtschaft seit der gestrigen Entscheidung des AMS den „Blum-Bonus“ im Rahmen des „Projekts 06“ mit anbieten kann.

Darüber hinaus gibt es den Bereich der landwirtschaftsnahen Dienstleistungen, der Zulieferer, der Verarbeiter, also der Verarbeitungsbetriebe, die davon leben, dass es der Landwirtschaft halbwegs gut geht. Als Beispiel möchte ich nur die RWA und die Lagerhäuser nennen. RWA und Lagerhäuser haben zum heutigen Stichtag insgesamt 1 049 Lehrlinge beschäftigt. Ich kann Ihnen versichern, dass gerade diese „Blum-Ak­tion“ im Bereich der RWA und der Lagerhäuser beworben wird, damit auch dort zu­sätzliche Lehrplätze angeboten werden, weil wir sie brauchen und weil die Landwirt­schaft in Wirklichkeit in den ländlichen Gebieten sehr häufig noch immer der wesent­liche Wertschöpfungsmotor ist und für die Beschäftigung der Menschen wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte das bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen, denn so mancher tut so, als ob Landwirtschaft in der ganzen Welt gespielt würde und durch andere Produkte und Importe ersetzt werden könnte. Wertschöpfung in Österreich braucht Landwirt­schaft, und Landwirtschaft braucht gute verarbeitende Betriebe. In dieser Synergie leben wir, und das ist unser schönes Österreich.

Eines hat mir bei der Debatte im Ausschuss gefallen. Kollege Moser hat gefragt: Diese vielen Initiativen, die die Bundesregierung jetzt macht, das viele Geld, das auf den Tisch gelegt wird – wer soll denn das umsetzen? Ich sage euch ehrlich, einmal zu hören, dass nicht zu wenig Geld da sein wird, sondern wirklich genug da ist, das war ein schöner Kommentar der Opposition. Dafür bedanke ich mich ausnahmsweise. (Beifall bei der ÖVP.)

13.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


13.30.14

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Das Beschäftigungsförderungsgesetz muss man selbstverständlich im Kontext mit allen anderen Maßnahmen sehen, die diese Bundesregierung zur Be­lebung des Arbeitsmarktes und zur Förderung des Wachstums in den letzten Jahren gesetzt hat: Konjunkturbelebungspakete I und II, Wachstums- und Standortpaket, Steuerreform 2004, Steuerreform 2005, regionale Beschäftigungs- und Wachstumsof­fensive 2005/2006 – mit einer Gesamtentlastung der Wirtschaft von sage und schreibe


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mehr als 4 Milliarden €. Mit diesem Beschäftigungsförderungsgesetz aktivieren wir noch einmal 285 zusätzliche Millionen € zur Schaffung neuer Beschäftigungsmöglich­keiten und zur Sicherung und Förderung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen.

Diese aktive Arbeitsmarktpolitik ist bisher unserem Wirtschaftsstandort durchaus wirk­sam und sichtbar zugute gekommen. Das ist so als wenn die Bundesregierung einen Steilpass in die Bundesländer schicken würde und die Bundesländer diesen Pass dann eigentlich nur mehr in das Tor schießen müssen. Dabei zeigen sich zwei Welten: Es gibt diejenigen, die das nützen: die Steiermark mit einem Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent, Vorarlberg mit einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent, Oberöster­reich mit 2,2 Prozent. Und es gibt diejenigen – bemerkenswerterweise die von der Sozialdemokratie regierten Länder –, die das verweigern. Die lassen unseren Steilpass sozusagen ins Out laufen zu Lasten ihrer Wirtschaft, ihres Wachstums, ihrer Arbeits­marktpolitik: Wien mit einem Wachstum von 0,6 Prozent, Burgenland mit 0,5 Prozent. Korrespondierend die Arbeitslosigkeit: in Wien 9 Prozent, im Burgenland die zweit­höchste Arbeitslosigkeit mit fast 7 Prozent. Wien sollte eine Lokomotive für Arbeits­plätze sein. Wien ist die einzige aller vergleichbaren Städte in Europa, das einzige Ballungszentrum, das eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit aufweist als den nationalen Wert.

Warum ist das so? – Weil die Wiener SPÖ eine exorbitante Eigen-PR betreibt – 65 Mil­lionen € im Jahr –, während sie – das ist schon fast zynisch – für die Lehrlingsoffensive gerade noch 12,4 Millionen € ausgibt. 65 Millionen € für die Eigenvermarktung und nur 12,4 Millionen € dort, wo die Wiener SPÖ angeblich ein dringendes Anliegen sieht. Eine überbordende Bürokratie – mit 4,4 Milliarden € pro Jahr dotiert –, die alles extrem teuer verwaltet und alles erstickt, was an unternehmerischen Initiativen da wäre und letztlich nur Brot und Spiele finanziert.

Das ist genau jene Politik, die dafür verantwortlich ist, dass Wien die Chancen aus­lässt, welche die anderen Bundesländer wie die Steiermark hervorragend nützen. Die Bundesregierung eröffnet jedenfalls alle Chancen allen gleichermaßen. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)

13.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte.

 


13.33.50

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wie im Leben, es gibt Men­schen, die immer nur jammern, und es gibt Menschen, die handeln. Meine Damen und Herren von der Oppositionsbank! Verlassen Sie einmal Ihre Raunzerecke und kommen Sie zu uns herüber! Hier sind die Menschen, die handeln, hier sind die Menschen, die Taten setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Arbeitsmarktpaket im Umfang von 285 Millionen € ist ein Qualifizierungs- und Beschäftigungsförderungspaket für mehr als 60 000 Menschen, ein Meilenstein in der Wachstums- und Beschäftigungspolitik, ein Motivationspaket also für unsere Unterneh­men, für die Menschen in unserem Land.

Aus- und Weiterbildung sind heute wesentlicher Bestandteil einer Berufskarriere. Nie zuvor gab es so viele Qualifizierungsmaßnahmen. Nie zuvor wurde so viel Geld dafür verwendet. In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, dass die Maßnahmen unter Einbindung des AMS optimal mit den Bedürfnissen der Wirtschaft abgestimmt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Regionalförderung. Mein Motto war und ist: Arbeiten am Land bedeutet Leben am Land. Die Förderung von Arbeitsplätzen in den Regionen


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ist ein klares Bekenntnis dieser Bundesregierung und meines Klubs zum ländlichen Raum. Das Gesamtfördervolumen von 1,2 Milliarden € steht bis Ende 2006 bei der AWS zur Verfügung.

Ich betone immer wieder: Die wirtschaftliche Entwicklung und damit der Arbeitsmarkt hängen in erster Linie von Stimmung ab. Und die Stimmung in Österreich ist gut. Es gibt kein Land in Europa, das so viel unternimmt, damit jeder Jugendliche einen Aus­bildungsplatz erhält, wie Österreich. Die JASG-Ausbildungsplätze wurden laufend auf­gestockt, 1 000 € Lehrlingsprämie eingeführt, die Schnupperlehre, die Lehrstellen­börse. 14 Lehrstellen-Akquisiteure sind täglich unterwegs und dazu kommt natürlich noch der „Blum-Bonus“.

Also, meine Damen und Herren: Verlassen Sie die Raunzerzone und packen Sie mit an! Oder noch besser: Helfen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in Wien, denn Nie­derösterreich ist beim Wirtschaftswachstum viermal besser als Wien. Wäre Wien regiert wie Niederösterreich, die österreichischen Arbeitsmarktdaten wären noch um ein Vielfaches besser. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Wie viele Niederösterrei­cherInnen arbeiten in Wien?)

13.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


13.36.23

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte noch ganz kurz auf die Hochwasserhilfe eingehen, weil aus manchen Reihen auch die Bürgermeister kritisiert worden sind. Ich gehe davon aus, dass sich die jetzige Generation der Bürgermeister der Anforderungen der Raum­ordnungspolitik und natürlich auch was Hochwasser abwehrende Maßnahmen angeht sehr wohl bewusst ist. Ich bin überzeugt davon, dass es auch von lokalen Größen in den Gemeinden und Ländern abhängt, wie weit man dem Hochwasser mit entspre­chenden Maßnahmen begegnet.

Ich möchte mich bei unserem Landeshauptmann-Stellvertreter Haslauer bedanken, der für meine Region in harten Verhandlungen mit dem Finanzministerium für den vorbeu­genden Hochwasserschutz schnell 10 Millionen € bekommen hat, denn mit entspre­chenden Schutzmaßnahmen kann den Menschen Zuversicht gegeben werden.

Wo ein Schaden ist – leider! –, da ist natürlich auch, und das muss man auch ganz offen sagen, der eine oder andere Nutzen. Der Nutzen ist vielleicht beschäftigungs­politischer Art, konjunktureller Art, und zwar auch nach einer Hochwasserkatastrophe.

Ich möchte in das selbe Horn blasen, wie das meine Vorredner getan haben, nämlich bezüglich der Ausbildungsplätze für Lehrlinge, der Lehrlingsbeschäftigung. Es ist wich­tig, dass jedem Jugendlichen ein entsprechender Ausbildungsplatz zukommen kann. Das Projekt Blum, das heute schon ein paar Mal angesprochen worden ist, nämlich die dreistufige Ausbildungsschiene, „Projekt 06“ und überbetriebliche Ausbildungszentren, und natürlich auch die Maßnahmen nach dem Jugendausbildungssicherungsgesetz gehen in die richtige Richtung. In die richtige Richtung geht auch, dass man der Lehre mit Matura, der Berufsreifeprüfung verstärkt Augenmerk schenkt.

Was den Kombi-Lohn betrifft, meine ich, dass er Ansporn für Menschen ist, in die Praxis zu gehen, in der Praxis zu arbeiten, um vielleicht später einen entsprechenden Dauerarbeitsplatz zu schaffen. Wir wissen, dass wir im Jahre 2009 österreichweit über 8 000 16-jährige Jugendliche mehr vorfinden werden. Es ist also ein richtiger Schritt,


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dass man mit diesem Beschäftigungspaket entsprechend reagiert und den Beschäfti­gungsmarkt mobilisiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


13.39.08

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Herr Bundesminister! Zum Jugendbeschäfti­gungsteil dieses gesamten Beschäftigungsförderungsgesetzes lässt sich feststellen: Das gesamt Paket umfasst zirka 280 Millionen €. Es ist sehr erfreulich, und das hat heute noch keiner gesagt, dass zirka 150 Millionen € dieses gesamten Pakets für die Jugendbeschäftigung investiert werden. Damit wird auch ein Zeichen für die Jugend in unserem Land gesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir heute über diesen Punkt reden, dürfen wir aber eines nicht vergessen: Das ist ja nicht das erste Mal, dass Jugendbeschäftigung auf der Tagesordnung steht; Stichwort JASG, Stichwort „Jobs for you(th)“, Lehrlingsausbildungsprämie 1 000 € pro Jahr für jeden Lehrling im Betrieb, Senkung der Lohnnebenkosten für die Lehrlinge, et cetera, et cetera.

Das ist also ein Themengebiet, an dem die Bundesregierung ständig arbeitet. Durch das „Projekt 06“ und den „Blum-Bonus“ leisten wir wieder einen richtigen Schritt, und ich glaube, wenn diese Förderung kein Anreiz ist, dann muss man sich schon fragen: Was dann?

Aber Folgendes muss uns auch ganz klar sein: Die Wirtschaft ist diejenige, die für die Jugend, natürlich aber auch für alle anderen diese Jobs schafft und diese Jobs erhält. Daher muss man auch der Wirtschaft Mut zusprechen. Wenn man sich die Diskus­sionen zum Beispiel im Bundesland Steiermark anhört, dann kann man Folgendes ver­nehmen: Dort meint ein gewisser Politiker, er möchte die Privatwirtschaft abschaffen und wieder die Verstaatlichte einführen, und eine andere Person dort spricht von einer so genannten Holding, ist dann aber draufgekommen, dass die Holding für bestehende Leitbetriebe zu teuer ist, und sagt dann: Ich drohe jedem Betrieb, der zukünftiges Leit­unternehmen ist, mit einer staatlichen Beteiligung!

Mit derartigen Aussagen tun wir dem Arbeitsmarkt und dem Wirtschaftsstandort Öster­reich sicher nichts Gutes. Deswegen, meine Herren von der SPÖ, richten Sie bitte dem Kollegen Voves aus: Mit diesen Drohungen soll er bitte aufhören! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Jawohl!)

13.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


13.41.32

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Ich möchte in meiner Rede zum Tagesordnungspunkt betreffend das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz zurückkehren. Ich war sehr betroffen von der Schilderung der regionalen Abgeordneten, die die Hoch­wasserkatastrophe 2005 miterlebt haben, und kann das auch sehr gut nachempfinden, da ich aus dem Kamptal komme, wo wir im Jahr 2002 ebenfalls von einem „tausend­jährigen Hochwasser“ gesprochen haben.

Ich komme aus der Gemeinde Grafenegg, einer Gemeinde, die niemals vom Hochwas­ser bedroht war und in der es auch nie eine Hochwasserkatastrophe gegeben hatte; jedenfalls wurde nie eine registriert. Auch bei uns gab es diese Welle der Solidarität,


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und die Blaulichtorganisationen, Bundesheer und private Helfer und Spender haben umfassend Hilfe geleistet. Unser Dank gilt ihnen natürlich bis heute.

Die Katastrophenhilfe liegt in der Zuständigkeit der Länder, und von Seiten des Bundes wird auch diesmal rasch und unbürokratisch Hilfestellung geleistet. Wie auch im Jahr 2002 werden 60 Prozent der von den Ländern zur Verfügung gestellten Mittel refundiert. In Zusammenarbeit von Bund und Land wurden auch in Niederösterreich Maßnahmen zum vorbeugenden Hochwasserschutz zügig umgesetzt.

Wenn heute immer wieder kritisiert wird, dass nur in die technischen Schutzbauten investiert wird, so möchte ich das jetzt widerlegen, denn vom Bundesministerium für Innovation und Technologie werden im Bereich der Bundeswasserstraßenverwaltung und des Wasserbautenförderungsgesetzes Projekte in der Wachau eingeleitet. Das sind umfassende Projekte, die eine gute Vorbereitung brauchen, denn es ist natürlich vorerst wichtig, die Daten von Hochwasserrisiken und Überflutungsflächen zu erfassen, und erst auf Basis dieser Grundlagen können auch Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt und effiziente Warnpläne erstellt werden.

Es gibt Grundaufkaufsaktionen am Kamp, es gibt Aussiedlungsprogramme, es gibt flächendeckende Ausweisungen der Hochwasserabflussgebiete, die mittlerweile vorlie­gen. Dieses Projekt der nachhaltigen Entwicklung der Kamptal-Flusslandschaft ist im Laufen, und es werden die nötigen Flussrückbauten umgesetzt. Derzeit befinden sie sich noch in Planungsphase, aber sie werden schrittweise angegangen. So wird im präventiven Hochwasserschutz sowohl in die technischen Schutzbauten als auch dort, wo es möglich und sinnvoll ist, in Renaturierungsmaßnahmen investiert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. – Bitte.

 


13.44.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich hatte vor kurzem Besuch aus Nord­deutschland. Zwei der Besucher waren Finanzexperten, die wissen wollten – und es klang in diesen Fragen auch eine gewisse Anerkennung mit –: Wie macht ihr das in Österreich mit der Konjunktur? Sie waren sichtlich beeindruckt, als ich ihnen von den Maßnahmen der Bundesregierung berichtete, wie zum Beispiel von den Konjunktur­paketen I und II, vom Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung beziehungsweise von der Beschäftigungs- und Wachstumsoffensive gemeinsam mit den Ländern und natürlich auch von der Steuerreform.

Bezüglich Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung gibt es eine vorbildliche Ar­beit; ich nenne nur zwei Beispiele: das Jugendausbildungssicherungsgesetz und den Regierungsbeauftragten Egon Blum, dessen großes Anliegen es ist, Zukunftsperspek­tiven für die Jugend aufzuzeigen und vor allem das Image der dualen Ausbildung zu verbessern.

Es gibt auch in Niederösterreich ein besonderes Maßnahmenpaket für Lehrlinge. Dort wird zum achten Mal ein erweitertes Lehrlingsauffangnetz angeboten. Neu dabei ist eine flexible Berufsorientierung von zwei bis sechs Wochen, um auf die Wünsche beziehungsweise Stärken und Schwächen der jungen Menschen besser eingehen zu können.

In drei Etappen stehen insgesamt 1 000 Plätze für Lehrlinge zur Verfügung, die trotz aller Bemühungen und Anstrengungen keine Lehrstelle gefunden haben. Darüber hin-


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aus richtet das Land selbst Lehrstellen ein. Zum Beispiel werden pro Jahr in den Lan­despensionisten- und -pflegeheimen 20 Lehrstellen zur Verfügung stehen.

Wie wir schon gehört haben, gibt es Sonderprogramme für Frauen. Es gibt das Modell des Kombi-Lohnes, und ein Schwerpunkt liegt auch auf den Gesundheits- und Pflege­berufen.

Wenn man diese Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen quantitativ betrach­tet, dann sieht man, dass davon mehr als 60 000 Menschen profitieren werden, mehr als die Hälfte davon Jugendliche. Die zusätzlichen Mittel dafür betragen 285 Millio­nen €. – Ein Dankeschön dafür an den Herrn Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

 


13.46.53

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Hohes Haus! Als Burgenländerin möchte ich mich namens der burgenländischen Pendlerinnen und Pendler sowohl bei unserem Bundeskanzler als auch bei dieser Bundesregierung für die Erhöhung der Pendler­pauschale um 10 Prozent und für die Erhöhung des Kilometergeldes auf 38 Cent recht herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mehr als 42 000 Burgenländerinnen und Burgenländer haben das Los eines Pendlerle­bens gezogen. Sie stehen oft um drei oder vier Uhr in der Früh auf, sitzen bis zu sechs Stunden am Tag in ihrem Auto beziehungsweise im Zug, kommen sehr spät nach Hause, und ich möchte gar nicht daran denken, dass da auch Mütter dabei sind.

Als im Jahre 2000 Hans Niessl im Burgenland mit dem Versprechen angetreten ist, die Zahl der Pendler zu reduzieren, hatten wir noch 37 000 Pendler. Heute sind es 42 000 Pendler bei 260 000 Einwohnern.

Aber was wäre die Alternative für diese Pendler, geschätzte Damen und Herren? – Die Alternative wäre natürlich, Arbeitsplätze im Burgenland zu schaffen. Mit den 658 Mil­lionen €, die wir bei der „Bank Burgenland“ in den Sand gesetzt haben, wären viele Arbeitsplätze zu schaffen, insgesamt 10 000 neue Vollerwerbsarbeitsplätze, sagen uns die Experten. Aber der SPÖ-Landeshauptmann und sein Landesrat haben nur einen sehr wichtigen Arbeitsplatz geschaffen, nämlich den für den Ex-„Bank Burgenland“-Chef Stagl, mit einem Direktorenposten bei einer SPÖ-nahen Versicherung. Eine wahr­lich weiche Landung für einen Hinauswurf! (Abg. Reheis: Und was hat der Hirschmann bekommen? – Bravo, Hirschmann! Bravo, ÖVP!)

Als Abfertigung hat dieser Mann 415 884 € – das sind fast 6 Millionen Schilling! – er­halten, wahrscheinlich als Dankeschön dafür, dass er sehr viele Spekulations- und Swapgeschäfte in der Höhe von 300 Millionen € in den Sand gesetzt hat. Eine burgen­ländische Arbeiterin muss dafür 20 Jahre arbeiten, mit einem Gehalt von netto 1 500 €! Nur haben das leider Gottes nur sehr wenige burgenländische Arbeiterinnen pro Mo­nat. (Abg. Dr. Matznetter: Schauen Sie sich an, wie sich das in Niederösterreich entwi­ckelt hat!)

Daher sind wir Burgenländerinnen und Burgenländer sehr dankbar dafür, dass wir unseren Bundeskanzler und diese Bundesregierung haben, auf die wir zählen können. Die Pendlerpauschale ist sehr wichtig und kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Vom Land können sich die Burgenländerinnen und Burgenländer nämlich wenig erwarten, denn die SPÖ verpulvert zurzeit wieder das Geld, zum Beispiel für Hochglanzbroschü­ren. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Reheis: Passen Sie auf, Sie sitzen selber im Glashaus, Frau Kollegin!) Um viele hunderttausend Euro werden Wahlbro-


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schüren dem „NEWS“ und dem „FORMAT“ und vielen anderen Zeitungen beigelegt; da bleibt natürlich für die burgenländischen Pendlerinnen und Pendler wenig übrig.

Der ÖVP im Burgenland mit ihrem Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Franz Steindl geht es um Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung. – Der SPÖ im Burgenland geht es vorwiegend um den Fußball. Geschätzte Damen und Herren, das können Sie, wenn Sie durch das Burgenland fahren, sehr eindeutig an den Wahlplakaten erkennen. (Bei­fall bei der ÖVP.)

13.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


13.50.40

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich, weil mit diesem Beschäftigungspaket absolut die richtigen Weichen gestellt werden. (Abg. Riepl: Aber ein schwarzer Tag für die Arbeitslosen!)

285 Millionen € oder, damit man sich das auch vor Augen halten kann, umgerechnet rund 4 Milliarden S werden zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt, und dies wird wiederum besonders für die Jugend- und Frauenbeschäftigung aufgewendet. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt werden 61 000 Personen durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen aus der Arbeitslosigkeit herausgeholt. Im Beson­deren werden Lehrlinge, Jugendliche, Wiedereinsteigerinnen und das Berufsfeld der gesamten Gesundheits- und Pflegeberufe gefördert – eine wichtige und richtige Maß­nahme für unseren Arbeitsmarkt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein weiterer Punkt, den ich besonders hervorstreichen möchte, ist die Erhöhung von Pendlerpauschale und Kilometergeld. Das Pendlerpauschale wird nun zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren angehoben, und das ist mir ein besonderes Anliegen, weil ich aus einem sehr starken Pendlerbezirk komme, einem Bezirk, in dem rund 70 Prozent der Arbeitnehmer pendeln.

Insgesamt also ein Plus von 25 Prozent für die Pendlerinnen und Pendler: 15 Prozent durch die Steuerreform, 10 Prozent durch die heutige Vorlage. Was heißt das in Zah­len? Was ist die zusätzliche steuerliche Entlastung in Euro pro Pendler pro Jahr? – Beim großen Pendlerpauschale zum Beispiel ab zwei Kilometern 57 €, ab 20 Kilo­metern 229 €, ab 40 Kilometern 441 € und ab 60 Kilometern 563 € oder rund 7 500 S pro Jahr. Das ist nicht nichts oder zu wenig, sondern das ist viel Geld für unsere Pend­lerinnen und Pendler, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus wird auch die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im ländlichen Raum gestärkt, weil wir natürlich dort eine vermehrte Zahl von Pendlerinnen und Pendlern finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend bedanke ich mich sehr herzlich bei der Bundesregierung dafür, dass diese wichtige ÖAAB-Forderung aufgenommen wurde und somit heute hier im Parlament beschlossen werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

 



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13.53.21

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte Sie nochmals daran erinnern, was am Anfang dieser Debatte stand, näm­lich das Hochwasserentschädigungsgesetz. Stellen Sie sich vor, wie es vielen meiner Kollegen Bürgermeister und vor allem auch der Bevölkerung gegangen ist, als sie am Sonntag um 6 Uhr früh aufwachten, dann die Haustür öffneten und ihnen das Wasser knöchelhoch entgegenkam. Da entsteht eine Panik an einem Sonntag, an dem man nach einer Nacht, in der man vielleicht etwas Schönes geträumt hat, gut ausgeruht aufgestanden ist – und dann der Schock!

Es entsteht eine Katastrophenstimmung, die sich zuerst auf die Familie überträgt und dann auf die gesamte Gemeinde. Die gesamte Region ist nahezu gelähmt vor Entset­zen und Angst. Es läutet dann vor allem nur mehr das Telefon. Gott sei Dank kennen in diesem Land alle Einsatzkräfte nur eines: sofort Einsatz leisten, Erste Hilfe leisten, besonders die Freiwilligen Feuerwehrorganisationen, aber vor allem auch das Bundes­heer und dann natürlich die Nachbarn. Da ist dann große Solidarität zu spüren. Es ist dann keine Frage, ob es Sonntag oder früh ist, ob man ausgeschlafen ist oder nicht: Es wird selbstverständlich angepackt und Großartiges geleistet.

Die Schäden, die dadurch verhindert werden konnten, meine Damen und Herren, stehen in keiner Relation zu dem, was wir leisten, um diese Sicherheitsorganisationen aufrechtzuerhalten, und zwar mit Gerät, aber auch mit Ausbildung. Auch jährliche Schulungen sind notwendig. Die Beseitigung derartiger Schäden wäre sonst nicht fi­nanzierbar. Ich möchte mich deshalb als Bürgermeister, und zwar stellvertretend für viele Bürgermeister gerade in der Steiermark, noch nachträglich recht herzlich bei unserer Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic bedanken, die Sofortmaßnahmen eingeleitet hat. (Abg. Gradwohl: Danke, Waltraud!)

Dies betrifft nicht nur den ländlichen Raum, es hat nämlich auch in Graz ein Katastro­phenszenario gegeben, und die Grazerinnen und Grazer wissen, was es heißt, schnell Hilfe zur Verfügung zu haben; und das wurde gewährleistet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Danke, Waltraud!) Das muss man auch sagen. Herr Kollege! Du bist ja auch Steirer. Ich glaube, wir sind es einfach aus Solidarität unseren Mitbürgerinnen und -bürgern gegenüber schuldig, danke zu sagen, wenn es notwendig ist, und von Glück zu reden, wenn nicht mehr passiert ist. (Abg. Gradwohl: Dem Mitbürger sage ich immer danke, aber warum um Himmels willen der Landeshauptfrau?)

Zum Beschäftigungsförderungsgesetz ist von meinen Vorrednern vieles bereits gesagt worden. Meine Redezeit ist leider zu kurz, um näher darauf einzugehen. In ganz Europa ist Flaute, nur im kleinen Österreich bewegt sich etwas. Die Zahlen können sich sehen lassen, die Zahlen sind durchaus vergleichbar. Der einzige Unterschied zum Rest Europas liegt in der Politik. Die Politik ist anders, denn diese Politik hat sich nicht gescheut, Reformen ständig anzupacken und durchzusetzen. Für diese Refor­men bin ich dieser Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel sehr dankbar, sonst würden wir heute nicht hier stehen, und besonders auch unserem Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein. Da ist vieles weitergegangen. Stellen Sie sich vor, wir wären in einem anderen Land. Wir können glücklich sein, in diesem Land zu sein – und ein herzliches Danke dafür! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zweytick reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Bartenstein die Hand.)

13.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 



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122. Sitzung / Seite 106

13.56.40

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Nachdem die Fernsehredezeit massiv gekürzt worden ist, habe ich natürlich nicht die Möglichkeit gehabt, den Vorstoß zugunsten der Pendle­rInnen noch ein bisschen breiter zu argumentieren und auch noch einen breiter ange­legten Antrag einzubringen. Das möchte ich hiermit knapp und schnell nachholen.

Wir haben nämlich auch vor, wirkliche Entlastungen für die Pendlerinnen und Pendler vorzunehmen, nämlich auch Gerechtigkeit beim Kilometergeld und bei der Pendler­pauschale einkehren zu lassen und in erster Linie auch angesichts der Preissituation, hervorgerufen durch die Raffinerieschäden auf Grund der Naturkatastrophen, der Preisentwicklung im Treibstoffbereich eine Politik anzustreben, die weggeht vom Erdöl. Nur so können wir nachhaltig dafür sorgen, dass die PendlerInnen wirklich günstig, also zu erschwinglichen Preisen zu ihren Arbeitsplätzen kommen.

Daher verweise ich auf den Antrag, der bereits ausgeteilt worden ist; er ist relativ umfangreich. Er weist Sie vor allem auf eine Ungerechtigkeit noch einmal deutlich hin, die Ihnen, wie ich meine, viel zu wenig bewusst ist. Derzeit haben wir Freibeträge, die Sie als PendlerInnenpauschale bezeichnen, Freibeträge, die gut Verdienende locker lukrieren können, die im Niedriglohnbereich einfach danebengehen. Da haben die Leute nichts davon.

Nicht umsonst ist Mödling der reichste Bezirk in Österreich, und gleichzeitig gibt es dort den höchsten Anteil von BezieherInnen von PendlerInnenpauschalen. Das sind die Menschen, die sich zum Teil eine Villa im Grünen gebaut haben und die dann natürlich auf Grund ihres Einkommens gut von den Abschreibungsmöglichkeiten Gebrauch machen können. Nur diejenigen, die keine Steuern oder wenig Steuern zahlen, haben praktisch nichts von der vorhandenen PendlerInnenpauschale, und das müssen wir ändern. Genauso brauchen wir die Gleichstellungen für den öffentlichen Verkehr.

Daher: Nehmen Sie bitte diesen umfangreichen Entschließungsantrag noch als Auf­takt, um eine generelle Reform in diesem Bereich durchzuführen, unter dem großen Titel „Weg vom Erdöl“ auch im Verkehrs- und Mobilitätsbereich, im Sinne der Pend­lerInnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Dr. Moser in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag wird gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung an die Abgeordneten verteilt, dem Stenographischen Protokoll beige­legt und gilt damit als eingebracht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend wirksame Entlastung der Pendlerinnen und Pendler durch mehr Gerechtigkeit bei Kilometergeld und Pendlerpauschale, eine Offensive bei Bus und Bahn sowie Maßnahmen zur Redu­zierung der Erdölabhängigkeit, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1066 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (1096 d.B.)

Durch unzureichende Alternativen zum Auto haben viele Pendlerinnen und Pendler in Österreich keine Wahlmöglichkeit beim Erreichen ihres Arbeitsplatzes. Die hohen und absehbar in Zukunft weiter steigenden Erdöl- und damit Treibstoffpreise schlagen auf-


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grund dieser verkehrs- und mobilitätspolitischen Versäumnisse schmerzlich und viel­fach unausweichlich bis in die Geldbörse unserer Pendlerinnen und Pendler durch. Die Verbesserung des Angebots bei Bus und Bahn sowie die wirksame Bewerbung des bestehenden Angebots dort, wo es qualitativ zumutbar ist, ist daher ein Gebot der Stunde und muss darüber hinaus auch in den nächsten Jahren budgetär wie politisch hohe Priorität bekommen.

Zugleich ist das bestehende System bei Kilometergeld und Pendlerpauschale in meh­rerlei Hinsicht sozial und ökologisch ungerecht: Etwa durch nur halb so hohe Beträge im Pendlerpauschale für Bus- und BahnpendlerInnen im Vergleich zum PKW bei glei­chen Pendeldistanzen oder durch die Details der steuerlichen Geltendmachung.

Schließlich ist es angesichts der energie- und umweltpolitischen Faktenlage dringend geboten, zielführende und entschiedene Schritte zur Reduktion der Abhängigkeit Ös­terreichs von Erdölimporten und der Ölpreisentwicklung zu setzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen, der Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, die nötigen Maßnahmen und gesetzlichen Schritte einzuleiten, um

1) beim Pendlerpauschale eine vom benutzten Verkehrsmittel unabhängige Bemes­sung nach dem Prinzip "Gleicher Betrag für gleiche Pendeldistanz" herbeizuführen und damit die derzeitige finanzielle Benachteiligung von Bus- und BahnbenutzerInnen ge­genüber BezieherInnen des "Großen Pendlerpauschale" zu beenden;

2) beim Pendlerpauschale und dem Kilometergeld die soziale Ausgewogenheit durch Überprüfung und Änderung der steuerlichen Geltendmachung (Absetzbetrag) zu ver­bessern;

3) die seit dem Jahr 2000 von der Bundesregierung versprochene „Angebots- und Qualitätsoffensive“ im Öffentlichen Verkehr zugunsten hunderttausender Pendlerinnen und Pendler endlich umzusetzen;

4) in diesem Zusammenhang vor allem die Kürzungen (alleine heuer 2 Mio. Euro weni­ger als 2004) bei den Bundesbeiträgen zu neuen Angeboten im Öffentlichen Verkehr nach dem ÖPNRV-Gesetz rückgängig zu machen und die entsprechenden Mittel um­gehend wieder aufzustocken;

5) die Abhängigkeit von immer teureren Erdölimporten unter anderem durch folgende Maßnahmen zu reduzieren:

weiterer Ausbau von Ökostromanlagen durch ein kosteneffizientes und ambitioniertes Ökostromgesetz,

Schaffung eines Energieeffizienzfonds zur Entwicklung eines attraktiven Markts für Energieeffizienzdienstleistungen,

verstärkte Förderung von alternativen, Erdöl-unabhängigen Fahrzeug- und Antriebs­technologien,

Programm „Energie vom Feld“: Ersetzen von Öl durch Biomasse (Stroh, Waldhackgut) im Wärmemarkt,


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Forcierung der Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz u.a. durch entsprechende Re­gelung im Gaswirtschaftsgesetz.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.00.00

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In aller Kürze möchte ich bei dem dichten Programm Folgendes an­merken: ein Herr Bundeskanzler, der in seinem Nervositätszustand nicht zu überbieten ist, viel Einigkeit über Maßnahmen, die zu spät und zu schwach kommen. – Eine kurze Erläuterung zu unserem Abstimmverhalten. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Dem Kombi-Lohn in dieser Form stimmen wir nicht zu, und ich sage auch, warum wir aus Unternehmersicht nicht zustimmen: Jene Betriebe, die die Leute durchgehend be­schäftigen – und das sind unsere KMUs –, wo die Menschen nicht nur die Ausbildung, eine Lehrstelle, finden, sondern auch noch einen dauerhaften Arbeitsplatz haben, kommen nicht in den Vorzug dieses Modells. Der Elektrofachhändler braucht seine Leute. Aber der Elektrosupermarkt am Stadtrand kann es sich einteilen. – Nicht einmal einen Missbrauchsschutz gibt es bei Ihrem Modell! – Er nimmt die Hilfskräfte und wird auch noch subventioniert.

Hätten Sie das Geld verwendet und hätten diese besondere Einstellungsbeihilfen er­halten, dann hätten wir den Weg gemeinsam gehen können. Sie wollten das nicht!

Kurz möchte ich noch zu jenen Punkten sprechen, bei denen wir die anderen Probleme sehen.

Erster Punkt: Kilometergeld. – Liest der Herr Staatssekretär einmal, was ihm die Auto­fahrerklubs vorrechnen? – 43 Cent wären notwendig gewesen! Er ist ja im Ausschuss ganz blass geworden, als ich ihm gesagt habe, er soll einmal ein paar Monate lang versuchen, die vollen Kosten von seinem Dienstwagen zu zahlen und das Kilometer­geld dafür zu nehmen. Da würde er nämlich sehen, dass er für die Fahrten seines Dienstgebers Republik Österreich mit diesem Geld überhaupt nicht auskommen würde. Wenn der Herr Staatssekretär gelernt hätte – er redet jetzt schon wieder –, dann hätte er gemerkt, dass mindestens 43 Cent notwendig wären. (Abg. Dr. Stumm­voll: Na!) Wir sind froh, dass überhaupt eine Erhöhung kommt, aber sie hat zu lange gedauert und kommt zu spät.

Zweiter Punkt: das Pendlerpauschale. – Da waren 15 Prozent voriges Jahr die Hälfte des Ausgleiches. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Jetzt kommen Sie mit 10 Prozent! Da hätten Sie voriges Jahr schon auf 15 Prozent zusätzlich erhöhen müssen! – Wie­derum zu wenig und zu spät. In diesem Sinne sage ich: Bis zur Nationalratswahl werden Sie das Tempo nicht mehr machen, welches das Land braucht. Der Wechsel wird dann für alle eine Erleichterung sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte die Plätze einzunehmen!

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


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Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 erlas­sen wird, das Katastrophenfondsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundes­finanzgesetz 2006 und weitere Gesetze geändert werden und abgabenrechtliche Son­dermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden, samt Titel und Eingang in 1094 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1094 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies einstimmig angenommen. (E 135.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Katastrophenpräven­tion in Verbindung mit effektiver Sicherheitsforschung zur Verminderung von Katastro­phenschäden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird, samt Titel und Eingang in 1095 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktservice­gesetz und weitere Gesetze geändert werden, in 1075 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Sys­tematik des Gesetzentwurfes entsprechend und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben die Streichung des Art. 2 Z. 2 samt einer dadurch bedingten Änderung der Ziffernbezeichnung beantragt.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Art. 2 Z. 2 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit. Damit ist das angenommen.

Die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 2 Z. 3 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies die Minderheit, und damit ist das abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regie­rungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies die Mehrheit, und damit ist das angenommen.

Die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen haben die Streichung des Art. 3 samt der dadurch bedingten Änderung der Artikelbezeichnung beantragt.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 3 Z. 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Damit ist das abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Art. 3 Z. 1 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies die Mehrheit. Das ist somit angenommen.

Die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben die Streichung des Art. 4 samt der dadurch bedingten Änderung der Artikelbezeichnung beantragt.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Das ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Art. 4 der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit. Das ist somit angenommen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung des Art. 13 Abs. 12 in Art. 6 zum Inhalt hat.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regie­rungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit. Damit ist das angenommen.

Die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben eine Streichung des Art. 7 samt der dadurch beding­ten Änderung der Artikelbezeichnung beantragt.


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Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist die Minderheit. Das ist damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Art. 7 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies die Mehrheit. Damit ist das angenommen.

Die Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Öllinger Kolleginnen und Kollegen haben einen inhaltsgleichen Abänderungsantrag betreffend Art. 9 Z. 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Damit ist das abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regie­rungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies die Mehrheit. Damit ist das angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür Ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährung eines bundesein­heitlichen Heizkostenzuschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. (Unruhe bei der SPÖ.) – Es ist trotzdem die Minderheit. Das wird damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz mit dem das Einkommensteuergesetz und die Reisegebührenvorschrift geändert werden, samt Titel und Eingang in 1066 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit. Damit ist das angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend sozial und ökologisch ge­staffelte Sofortmaßnahmen für Pendlerinnen und Pendler.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit. Dieser Antrag damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Entlastung der Pendlerinnen und Pendler durch mehr Gerechtigkeit bei Kilometergeld und Pendler­pauschale.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Murauer: Zu spät!) – Es ist dies die Minderheit. Die­ser Antrag ist damit abgelehnt. 

14.10.025. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1063 d.B.): Bundes­gesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 10. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF-X) (1098 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1067 d.B.): Bundes­gesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 14. Wiederauf­füllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA-14) und zum Treuhandfonds für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Trust Fund) (1099 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1072 d.B.): Bundes­gesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom Internatio­nalen Währungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit Niedrigeinkommen (1100 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


14.11.02

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Im Jahre 2000 hat die UNO beschlossen, dass es ein übergeordnetes Ziel der Staatengemeinschaft ist, bis zum Jahre 2015 die Armut der Menschen in der Welt um die Hälfte zu reduzieren. Viele andere untergeordnete Ziele wurden auch formuliert. Wie es aussieht, können wir das größte aller Ziele, nämlich die Armut auf die Hälfte zu reduzieren, auch tatsächlich erreichen. Wir erreichen das nicht mit Entwicklungshilfe­mitteln, sondern wir erreichen es dadurch, dass insbesondere in Asien, in China und in Indien durch liberalisierte Märkte mehr Menschen Arbeit und ein eigenes Einkommen haben und der Armutsfalle entkommen.

Ganz anders sieht es aber in anderen Weltregionen aus. Sub-Sahara Afrika weist bei­spielsweise einen völlig anderen Trend auf. Dort steigt die Armutsrate. Immer mehr Menschen leben unter der Armutsgrenze.

Mehr als 330 Millionen € stellt die österreichische Bundesregierung für die nächsten Jahre zur Verfügung, um im Besonderen diesen allerärmsten Ländern dieser Welt zu helfen.


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Der Internationale Entwicklungsfonds vergibt grants und zinsenfreie Kredite an die ärmsten Länder, davon mehr als die Hälfte an die Länder in Sub-Sahara Afrika. Ös­terreich wird also einen namhaften und großen Beitrag zur Erreichung der Millenniums­ziele leisten. Ein weiterer Bestandteil dieser 330 Millionen € sind weitere Entschuldun­gen im HIPC-Trust Fund, und – was insbesondere nach der Tsunami-Katastrophe be­sonders wichtig erscheint – es wird einen neuen Fonds, ein neues Instrument, geben, um nach Naturkatastrophen gerade in den ärmsten Ländern schnell und unbürokra­tisch Hilfestellung geben zu können.

Dieser unglaublich hohe Beitrag – in Schilling sind es fast 4,5 Milliarden Schilling –, den Österreich beiträgt, wird auf die ODA Österreichs auch voll anrechenbar sein und wird dennoch nicht dazu führen, dass wir die bilaterale Projekthilfe und die bilaterale Projektarbeit mit den ärmsten Ländern der Welt reduzieren werden. Ich denke, das ist eine sehr gute Sache. Bitte unterstützen Sie uns! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Broukal.)

14.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.

 


14.13.43

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Armut ist die größte Massenvernichtungswaffe. Das ist das Ergebnis des jüngst erschienenen Weltentwicklungsberichtes der UNO. 1,2 Milliarden Menschen müssen täglich mit weniger als einem Dollar auskommen. Das ist ein Fünftel der Welt­bevölkerung. Alle drei Sekunden stirbt ein Kind auf dieser Welt. 47 Millionen Kinder werden im Jahr 2015 keine Schule besuchen. Das muss man sich vorstellen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lage verschärft sich zunehmend. Allein in Afrika – es wurde vorhin gesagt –, südlich der Sahara, hat sich die Situation für 100 Millionen Menschen seit dem Jahr 1990 zusätzlich verschlechtert. Das entspricht der Bevölkerungszahl von Deutschland, Holland und Österreich zusammen. Wir wer­den daher diesen drei Gesetzen selbstverständlich zustimmen.

Aber eines möchte ich an dieser Stelle festhalten: Die angebliche Bundesregierungs-Mehrheitspartei ÖVP mit angeblich christlich-sozialen Wurzeln hält von dem Spruch „Geben ist seliger denn nehmen“ nicht viel, denn während Norwegen, Schweden und Dänemark das Ziel, 0,7 Prozent des BIP bis zum Jahr 2015 für Entwicklungshilfe aufzuwenden, längst erreicht hat, krabbelt Österreich mit 0,24 Prozent eigentlich auf der Höhe eines Drittels dieses Betrages. Daher gibt es, denke ich, einen sehr großen Nachholbedarf. Die Regierung hat ja geschlafen.

Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang, dass man den Ländern helfen kann, ist, dass wir alle Möglichkeiten nutzen, dass wir die Demokratisierung, die Gerechtigkeits­überlegungen in diesen armen Ländern vorantreiben. Das ist eine fundamentale Säule für die zukünftige Wohlfahrtsentwicklung.

Wir alle – alle Parteien, die hier anwesend sind – brauchen, so denke ich, mehr Mut und mehr Willen zum Kampf gegen die Armut. Armut darf nicht die größte Massen­vernichtungswaffe bleiben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


14.16.21

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich war jetzt doch positiv überrascht, dass sich auch von


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der Regierungspartei ÖVP Frau Kollegin Hakl zu Wort gemeldet hat. Als ich mir vor ein paar Stunden die Rednerliste angesehen habe, gab es nur OppositionsrednerInnen zu diesem Tagesordnungspunkt, und ich habe mir schon gedacht: Aha, ist das das Zei­chen dafür, wie wenig wichtig den Regierungsparteien dieses Thema ist? (Abg. Dr. Bri­nek: Das war ein Missverständnis!) – Wie gesagt, ich bin froh, dass sich jetzt zumin­dest Frau Kollegin Hakl zu Wort gemeldet hat.

Was ich schon etwas ironisch finde, ist, dass Frau Kollegin Hakl die Oppositionspar­teien um Unterstützung bittet. Bei einem der drei Gesetze gab es ja vom Koalitionspart­ner BZÖ beim Ministerrat vor zwei, drei Wochen eine eindeutige Blockade. Da wurde nämlich die Aufstockung der IDA-Kredite für die Internationale Entwicklungsorgani­sation von den Damen und Herren des BZÖ – wer es genau war, weiß ich nicht – im Ministerrat mit dem Argument blockiert (Abg. Scheibner: Das ist falsch!), zuerst etwas für die Pendler und Pendlerinnen tun zu wollen, bevor etwas für die Armen in anderen Ländern getan werden soll. – Das fand ich schon äußerst eigenartig. Also: Die Unter­stützung, liebe Frau Kollegin Hakl, sucht euch zuerst einmal beim Regierungspartner (Abg. Jakob Auer: Die haben wir schon!), von unserer Seite habt ihr sie zu diesen Punkten sowieso. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dazu möchte ich noch sagen: Gerade der Parteichef des BZÖ macht sich in Kärnten damit besonders beliebt, dass er seit Jahren ... (Abg. Öllinger: Wer ist denn das?) –der Herr Landeshauptmann Haider. Er zahlt die Mittel, die Kärnten einstimmig vor vie­len Jahren für Entwicklungszusammenarbeit beschlossen hat, seit Jahren nicht aus. Holen Sie sich – das ist an die ÖVP gerichtet – die Unterstützung von Ihrem Bundes­koalitionspartner und nicht von uns, von uns haben Sie diese sowieso!

Zu den Inhalten: Ich möchte vorausschicken, wie gesagt, dass es von uns Zustimmung zu allen drei Punkten gibt. Ich möchte doch auf folgenden Punkt eingehen: Es würde mich interessieren, wie von Seiten des Finanzministeriums, aber auch politische Anlie­gen und die Kriterien, die für die Vergabe von Krediten in diesem Rahmen gewährt werden, versucht werden, im Rahmen des IWF und der diversen internationalen Fi­nanzinstitutionen zu beeinflussen. Das ist nämlich eine Grundsatzfrage. In diesem Be­reich ist es immer noch so, dass von Seiten der internationalen Finanzinstitutionen sehr viele Detailkonditionen verlangt werden. Es ist immer noch nicht so, wie es zum Beispiel eine der britischen Entwicklungsorganisationen macht. Diese macht nämlich einen so genannten Results-Based Approach, sie schaut: Kommen diese zu dem versprochenen Ergebnis? Wenn ja, dann ist es uns egal, mit welchen Mitteln sie das erreichen! – Das machen die internationalen Finanzinstitutionen noch nicht so.

Ich denke, es würde doch auch aus österreichischer Sicht Sinn machen, so etwas zu befürworten, nämlich wegzugehen von diesem Mikromanagement, also: Wir bestim­men detailliert, wie dieses Land die Bedingungen, die wir stellen, erfüllen muss! Es ist uns dabei vielleicht weniger wichtig, ob sie es erreichen, sondern wichtiger ist es uns, ob sie die Details erfüllen.

Dieser Schwenk in Richtung Ergebnisse und dem Nachprüfen, ob sie diese erreicht haben – und damit können sich die Länder auch selbst überprüfen – würde doch sehr viel mehr Sinn machen als dieses Mikromanagement, das die Finanzinstitutionen immer noch betreiben.

Österreich hat schließlich eine Stimme in den diversen Gremien. Also tun Sie etwas, um die Art der Konditionalitäten in eine andere Richtung zu bewegen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist mir auch noch wichtig, Folgendes zu sagen: Gerade rund um den Millenniums­gipfel wurden sehr oft Stimmen laut, die meinten, es sei in den letzten Jahrzehnten


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schon so viel Geld nach Afrika geschickt worden und es habe alles nichts genützt, man brauche eh nicht mehr zu zahlen, die müssten das selbst schaffen, und so weiter.

Natürlich ist Geld nicht alles. – Das wissen wir ganz genau. Es muss – abseits der Fi­nanzmittel – noch sehr vieles geschehen, und zwar in den Bereichen gute Regie­rungsführung, Schaffung von Rechtsstaatlichkeit und tatsächliche Demokratisierung.

Das heißt aber auch, dass es im Bereich der Außenpolitik genügend Druck und Unter­stützung – in dieser Kombination! – gegenüber den Regierungen und auch die Unter­stützung der jeweiligen Zivilgesellschaften, um das zu erreichen, geben muss. – Das gehört natürlich auch dazu, aber, wie gesagt, Geld allein ist es nicht, aber ohne Geld geht es auch nicht.

Da steht es gerade einem der reichsten Staaten der Welt – wir haben ja vor kurzem wieder gehört, dass Österreich da dazugehört – sehr wohl an, ohne jegliche Blockade-Intentionen einer Regierungspartei zu diesen Aufstockungen tatsächlich ja zu sagen, sie zu unterstützen und natürlich auch darauf zu schauen, wie Österreich in den nächs­ten Jahren das 0,7-Prozent-Ziel – 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Ent­wicklungszusammenarbeit auszugeben – erreichen kann.

Ich weiß, dass der Plan existiert, es zu erreichen, aber einen Plan, wie – also einen Stufenplan –, gibt es von Seiten der Regierungsparteien noch nicht. Ich hoffe, dass ein solcher in Zukunft tatsächlich auch einmal vorgelegt wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ sowie der ÖVP.)

14.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


14.21.54

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ein großer Teil unserer EZA-Mittel geht in die multilaterale Entwicklungszusammen­arbeit, viel davon wieder in die Internationalen Finanzinstitutionen.

Was allerdings fehlt, das ist die parlamentarische Auseinandersetzung mit den Inhal­ten, die wir dort vertreten. Es gibt zwar informelle Gespräche zwischen den Vertretern und Vertreterinnen Österreichs bei den Bretton-Woods-Institutionen und uns Abge­ordneten, aber der Herr Finanzminister hat sich in der ganzen Legislaturperiode noch kein einziges Mal im entwicklungspolitischen Unterausschuss blicken lassen. – Das ist schade.

Klar ist: Diese Dinge zu diskutieren, ist komplex. Es ist nicht einfach, eine österrei­chische Linie zu fahren, man muss da Kompromisse finden. Trotzdem fehlt mir ganz einfach so etwas wie eine österreichische Strategie, die sich gegen eine rein neolibe­rale Wirtschaftspolitik richtet, die sich dagegen richtet, dass Liberalisierungen und Pri­vatisierungen als das alleinige Allheilmittel angesehen werden – was sie nicht sind –, und die wirklich Armutsbekämpfung und die Erreichung der Millennium Development Goals in den Mittelpunkt stellt.

Vergangenes Wochenende hat ja die Herbsttagung der internationalen Finanzinstitutio­nen in Washington stattgefunden, und dort sind auch erste Beschlüsse zu den Willens­äußerungen gefallen, die die G 7 im Juli in Schottland getätigt haben, nämlich die ärmsten Länder zu entschulden.

Das ist ein wichtiger und guter Schritt, aber ich betone: Es kann nur ein erster Schritt sein. Es geht da um 40 Milliarden US-Dollar, die – auf fünf Jahrzehnte und auf 18 Län­der verteilt – zur Entschuldung beitragen sollen. Natürlich sind 40 Milliarden Dollar sehr


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viel Geld, aber wenn ich sie auf 50 Jahre und auf 18 Länder verteile, relativiert sich diese Menge an Geld doch ziemlich.

40 Milliarden Dollar sind nur ein wirklich kleiner Bruchteil aller Schulden, die die 60 ärmsten, höchst verschuldeten Länder in Summe haben. Dazu nur drei Zahlen: Allein die afrikanischen Länder zahlen jedes Jahr 15 Milliarden US-Dollar an Schuldendiens­ten an den Norden; Indonesien gibt ein Viertel seines jährlichen Staatseinkommens nur dafür aus, Schuldendienste zu leisten; und alle Entwicklungsländer zusammen geben täglich 100 Millionen US-Dollar für Schuldenrückzahlungen aus.

Das bedeutet, dass auf dieser Basis kaum eine nachhaltige Entwicklung möglich ist und dass es ganz schwer ist, die MDGs zu erreichen, dass es ganz schwer ist, den Menschen in diesen Ländern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und dass Armutsbekämpfung über weite Teile eine Illusion bleibt.

Noch ein Gedanke zur Frage der Zusammensetzung der internationalen Finanzinstitu­tionen: Auch die demokratiepolitische Dimension ist zum Teil wirklich problematisch. Die Vertreter der ärmsten Länder sind sehr unterrepräsentiert, und ich bin mir sicher, dass die Konditionen für neue Kredite oder für Entschuldungen ganz anders aussehen würden, wenn mehr Entwicklungsländer in den Gremien vertreten wären.

Es würden nicht nur Privatisierungen und Liberalisierungen so rigoros durchgesetzt werden, sondern es stünde wahrscheinlich wirklich Armutsbekämpfung im Mittelpunkt. Das und sehr viel anderes wäre es meiner Meinung nach durchaus wert, im entwick­lungspolitischen Unterausschuss einmal ausführlich und inhaltlich debattiert zu werden.

Ich lade Herrn Staatssekretär Finz ein, seinem Minister auszurichten, dass es fein wäre, wenn wir uns vor der Frühlingstagung der Finanzinstitutionen einmal zusammen­setzen könnten und zu sehr vielen Fragen möglicherweise auch gemeinsame Antwor­ten finden könnten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

14.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. – Bitte.

 


14.25.45

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Über die Zustimmung zu diesem Thema gibt es einen Vier-Parteien-Kon­sens. Gleichfalls herrscht – wie ich voraussetzen darf – Konsens darüber, dass die vor­rangige Zielsetzung jeder Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfepolitik – sei es bei Geldleistungen oder beim Know-How-Transfer – der Weg hin zur Eigen­berechtigung, Eigenständigkeit und Eigenverantwortung sein muss.

Da muss allerdings angemerkt werden – die Kolleginnen Lunacek und „Penny“ Bayr haben es angesprochen –, dass Entwicklungsländer immer noch von zu vielen Geber­ländern und Finanzinstitutionen dazu veranlasst und verpflichtet werden, vorwiegend kapitalorientierte Liberalisierungs- und Privatisierungspolitik in ihren Ländern umzu­setzen.

Ich spreche nur den knappen Bereich der Wasserversorgung an: 1,2 Milliarden Men­schen auf unserer Welt haben keinen Zugang zu sauberem Wasser; 6 000 Menschen sterben täglich an den Folgen des Konsums von verunreinigtem Wasser; und 80 Pro­zent aller Krankheiten auf unserer Erde sind auf verunreinigtes Wasser zurückzu­führen.

In diesem Zusammenhang wäre es – der Herr Staatssekretär wird es leider nicht erfül­len können – nicht nur interessant, sondern auch die Verantwortung des österreichi-


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schen Finanzministers, den Abgeordneten im Hohen Haus seine politische und allge­mein Österreichs Position und Haltung in dieser Frage klarzulegen.

Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe haben aber auch etwas – und das darf nicht vergessen werden! – mit dem politischen Klima in den so genannten Geber­ländern zu tun.

Wenn wir besonders in diesen Tagen auch in Kärnten mit politischen Kräften – die es immer noch in unserer Republik gibt – konfrontiert werden, die Feindbilder schüren und Hetze gegen Menschen aus anderen Ländern provozieren, um Stimmen für allfällige Wahlen zu maximieren, dann muss ich sagen, dass Österreich und wir alle gemeinsam im Sinne der Umsetzung der politischen Kultur des ungeteilten Menschenrechtes auch noch einen weiten Weg vor uns haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

14.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


14.28.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das österreichische Finanzministerium nimmt die Ent­wicklungshilfe sehr ernst. Wir werden heuer eine Entwicklungshilfequote von 0,44 Pro­zent des Bruttosozialproduktes erreichen. Wir liegen damit über dem Durchschnitts­wert.

Unter sozialdemokratischen Finanzministern hat es Werte gegeben, die ungefähr die Hälfte davon betragen haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. Abg. Mag. Lunacek: Da war die ÖVP aber auch in der Regierung!)

14.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte. (Abg. Mag. Lunacek in Richtung Staatssekretär Dr. Finz : Und sonst?)

 


14.28.53

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Auf der heuti­gen Tagesordnung stehen drei Gesetze, die vor allem die finanzielle Unterstützung von Niedrigsteinkommensländern in Afrika im Auge haben. Deshalb wurden all diese Gesetze auch von allen Parteien unterstützt. – Das halte ich für vernünftig.

Ich halte es auch für vernünftig, dass die österreichischen Beiträge zu allen drei Fonds steigen. Das ist nicht unbeträchtlich. Damit bekommen, was den Afrikanischen Ent­wicklungsfonds anbelangt, 38 afrikanische Länder Mittel des Entwicklungsfonds, die sich solche der Afrikanischen Entwicklungsbank zu Marktzinsen nicht hätten leisten können. Das ist sehr positiv, zumal diese Fonds inzwischen auch alle evaluiert wurden und eine unabhängige Kommission zur Ansicht gelangt ist, dass eine außerordentliche Arbeit geleistet worden sei, insbesondere, was die Errichtung einer effizienteren Orga­nisation, die Formulierung neuer Politiken und Strategien und die Verbesserung von Kontrollmechanismen anlangt.

Das ist, wie gesagt, alles sehr positiv, und damit – vor allem mit dem HIPC-Trust Fund – kann Menschen in insgesamt 81 Ländern, die immerhin über 2 Milliarden – also einen großen Teil der Weltbevölkerung – repräsentieren, wirksam geholfen werden.

Was den österreichischen Beitrag im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit bezie­hungsweise dessen Ansteigen von 0,23 Prozent, wo er derzeit liegt – und damit weit


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unter dem EU Durchschnitt –, auf angestrebte 0,51 Prozent im Jahr 2010 anbelangt, so ist das positiv. 

Ich hoffe, dass es dabei bleibt, und ich freue mich auch, dass sich die Meinung von BZÖ-Chef Haider und Klubobmann Scheibner nicht durchgesetzt hat, so lange jede Anhebung des Entwicklungshilfebudgets blockieren zu wollen, bis es eine im Prinzip berechtigte Entlastung der Autofahrer gebe. (Abg. Scheibner: Wie kommen Sie auf den Blödsinn, den Sie da sagen?)

Dass sich diese Form der Junktimierung nicht durchgesetzt hat, ist positiv, denn das hätte einen beträchtlichen Imageschaden verursacht, und es wäre auch für die öster­reichische Wirtschaft ein großer Schaden entstanden. (Abg. Scheibner: Sie glauben auch alles, was das Finanzministerium behauptet!) Insofern ist es sicher gut, dass Sie sich innerhalb der Regierungskoalition diesbezüglich nicht durchsetzen konnten.

Es verrät natürlich schon einiges über Ihre Grundeinstellung zur Entwicklungshilfepoli­tik und zur Entwicklungszusammenarbeit, aber da Sie selbst auch schon sehr entwick­lungsbedürftig sind, ist diese Haltung auch einigermaßen verständlich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Scheibner: Ihre oberlehrerhaften Geschichten ...! Sie sind ein Spaßvogel!)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


14.31.44

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben schon alle meine Vorredner sehr interessante Redebeiträge geleistet, wie wir vernehmen konnten. (Abg. Mag. Kogler: Nicht alle!) – Na ja, es war schon durchaus interessant, zuzuhören, Herr Kollege!

Ich kann die hier vorgebrachten Argumente nur verstärken und eigentlich die Meinung vertreten, dass wir wirklich darauf achten sollten, dass diese Fonds noch stärker unter­stützt werden, weil da Regeln aufgestellt wurden, mit denen man wirklich Entwicklungs­hilfepolitik betreiben kann. Diese Art der Politik sollte auch stärker unterstützt werden.

Es ist schon richtig, dass früher die Entwicklungshilfebeiträge geringer waren, aber es gab noch nie so viele arme Menschen auf diesem Erdball wie jetzt, und daher ist diese Erhöhung meiner Meinung nach durchaus gerechtfertigt. Insbesondere von den wohl­habenden Ländern dieser Welt sollten diesbezüglich mehr Gewissen und eine höhere Sensibilität an den Tag gelegt werden.

Ich glaube daher, dass wir eine gute Entscheidung treffen, diese Beschlüsse einstim­mig zu fassen, und wünsche mir auch im Interesse einer gerechteren Welt diese in­tensivere Debatte, die meine Kollegin Bayr heute schon angesprochen hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


14.33.26

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja schon viel über den Inhalt und das Ziel der Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds gesprochen worden.


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Tatsache ist, dass die Mittel zur Wiederauffüllung der Bekämpfung von Hunger und Not auf alle Fälle bereitgestellt werden müssen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Tatsache ist aber auch: Wenn wir durch diese Entwicklungshilfeprojekte oder durch dieses Wiederauffüllen des Afrikanischen Ent­wicklungsfonds etwas erreichen, dann vielleicht, dass Menschen, die unter größter Armut leiden, eben auf Grund von Projekten in ihren Heimatländern erhalten werden können, dass sie dort selbst mit Hand anlegen können, um ihr Heimatland aufzuberei­ten und aufzubauen, dass also den Menschen auch die Möglichkeit gegeben wird, sich selbst zu versorgen.

Herr Staatssekretär Finz – und das ist meine Bitte –: Wesentlich ist daher, dass Öster­reich bei der Vergabe von Mitteln durch den internationalen Entwicklungshilfefonds als ausdrückliche Auflage für die unbedingte Einhaltung der Mindestarbeitsnormen der ILO eintritt, denn sonst – wenn die Gelder in andere Bereiche fließen – werden wir das Ziel, dass die Menschen ihren Lebensunterhalt auch selbst ordentlich bestreiten kön­nen, nicht erreichen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


14.35.20

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lunacek und auch Herr Kollege Posch – ich weiß, Sie, Herr Kollege Posch, sind Lehrer, aber die Belehrungen sollten zumindest den Tatsachen entsprechen – haben behauptet, wir hätten in der Bundesregierung die Aufstockung der Entwicklungshilfegelder blockiert. Sie haben sogar unterstellt, dass wir dabei irgendeiner grundsatzpolitischen Anschauung nachkommen.

Das ist natürlich völlig unrichtig, und wir haben, wie Sie sehen können, ohne jede Zeit­verzögerung nicht nur im Ministerrat, sondern jetzt auch hier im Parlament diese wich­tige Aufstockung vorgelegt und beschlossen. (Abg. Mag. Posch: Dann hat der Finanz­minister etwas Falsches gesagt!)

Aber Sie haben Recht darin, dass es natürlich unsere Linie war – und das war gar nicht leicht durchzusetzen –, dass man angesichts der stark gestiegenen Treibstoffpreise einen Teil dieser Gelder auch den Autofahrern als Entlastung zumitteln soll. Das habe ich damals gesagt: Wenn man diese notwendige Aufstockung jetzt machen kann, dann glaube ich, dass man auch diese Entlastung für die Autofahrer beschließen kann. Ich bin sehr froh und sehr stolz, dass wir diese Entlastung für die Autofahrer heute be­schlossen haben – und jetzt die Aufstockung für die Entwicklungshilfegelder. (Abg. Mag. Lunacek: Diese Junktimierung ist genau das, was wir ...!)

Das sind zwei wichtige Maßnahmen. Es gab keine Blockade und kein Junktim. Es ist einmal von der Tagesordnung im Ministerrat – mit einigen anderen Tagesordnungs­punkten – abgesetzt worden, weil der Vizekanzler nicht dabei sein konnte, aber es ist ohne Zeitverzögerung abgegangen.

Ich sage Ihnen: Ich bekenne mich nicht nur dazu, sondern es ist eine ganz notwendige Aufgabe und Verantwortung der Staatengemeinschaft der reichen Länder, dass sie dafür sorgt, dass in den ärmsten Ländern zumindest die größte Not gelindert wird, Frau Kollegin Lunacek! (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.) Schon allein aus dem Grund – und auch dazu bekennen wir uns –, dass der Ausgleich zwischen Arm und Reich selbstverständlich nicht durch große Wanderungsbewegungen und die dadurch entstehenden Konflikte passieren kann und soll, sondern durch diese Unterstützung,


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sodass die Menschen in ihren Heimatländern eine halbwegs gesicherte soziale Exis­tenz haben können – wenn schon nicht im Wohlstand, dann zumindest ohne Hunger – und deshalb eine Wanderung nicht notwendig ist.

Da wird sehr viel verpasst, gerade in Krisenregionen – ich habe das oft schon ange­sprochen –, etwa in Afghanistan, wo man große Programme gehabt hat, wo eine Viel­zahl von Hilfsorganisationen ansässig war – zumindest solange die Situation die öffent­liche Aufmerksamkeit erregt hat. Nach wenigen Monaten und einigen Jahren ist davon sehr wenig zu merken. Wir sehen dort und auch in anderen Regionen, dass wir wieder in eine problematische Situation hineingleiten.

Ich glaube, es ist auch wichtig, wie die Mittel verwendet werden, ob auf Nachhaltigkeit geachtet wird und ob wirklich das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund steht. Wenn das alles erreicht ist und wenn diese Prinzipien eingehalten werden, wenn auch die Mittelverwendung kontrolliert wird, dann ist das nicht nur zu unterstützen, sondern dann ist das auch im Sinne der Stabilität in Krisenregionen und insgesamt auf der Welt eine absolute Notwendigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 10. allgemeinen Wiederauf­füllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds, samt Titel und Eingang in 1063 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 14. Wiederauffüllung der Internatio­nalen Entwicklungsorganisation und zum Treuhandfonds für hoch verschuldete arme Länder, samt Titel und Eingang in 1067 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom Internationalen Wäh­rungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwick­lungsländer mit Niedrigeinkommen samt Titel und Eingang in 1072 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

14.40.378. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (891 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1038 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (892 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und Georgien zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen samt Protokoll (1039 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1061 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen samt Protokoll (1097 d.B.)


 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als einziger Debattenredner hat sich bisher Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.41.28

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Auch wir werden den hier vorliegenden drei Doppelbesteuerungsabkommen zustim­men, aber mit immer mehr Widerwillen. Warum? Und warum thematisieren wir das hier jetzt? – Weil ich mir davon erhoffe, dass im Ausschuss eine andere Behandlungskultur auch zu diesen Themen Einzug hält. Es gibt ja in gewisser Weise eine Parallele auch zu den Investitionsschutzabkommen oder zu Thematiken, die gerade zuvor erörtert wurden, also durchaus ernsten.

Wir stellen da fest, dass man entweder aus Lustlosigkeit – ich verstehe ja, Herr Staats­sekretär, dass man in diesem Bündnis hin und wieder die Lust verliert – oder aus Un­willen oder auf Grund von bestimmten Verschleierungstaktiken keine Antworten geben will. Wir haben – zugegeben: nicht immer, aber zunehmend – Fragen auch zu den Doppelbesteuerungsabkommen. Wir werden Ihnen ein paar explizieren – sie sind näm­lich allesamt nicht beantwortet:

Da wäre beispielsweise das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll mit der Islamischen Republik


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Pakistan zu nennen. – Na gut. Es ist uns oft nicht erklärlich, in welcher Reihenfolge hier die verschiedenen Vorhaben eintrudeln. Es wäre einmal interessant zu wissen, wer das eigentlich jeweils anregt, wenn wir schon hier darüber abstimmen: Sind das österreichische Unternehmen, sind das pakistanische, oder beide? (Staatssekretär Dr. Finz: ... beide!)

Nichts gegen die Idee, Doppelbesteuerungen zu vermeiden, aber es tun sich schon ein paar interessante Fragen auf, etwa im Zusammenhang mit der bei uns jetzt einmal so vorgesehenen so genannten Gruppenbesteuerung, wie sich das finanziell auswirken könnte. Das ist nicht so unerheblich! Mittlerweile können ja Verluste, wenn sie in Pa­kistan entstehen, bei Konzernen, die in Österreich noch ihren, wenn man so will, Steu­ersitz haben, ganz leicht und locker hierher transferiert werden, und die Frage ist, ob diese Doppelbesteuerungsabkommen daraufhin eine Auswirkung haben.

Natürlich könnte man sich hinsetzen und tagelang die Übersetzungen studieren, aber man möchte ja auch meinen, dass, wenn das eine Regierungsvorlage ist, solche Dinge von einem Ministerium im Ausschuss beantwortet werden können, wenn man dort als Abgeordneter Fragen stellt. Ich sage Ihnen nur, ich erwarte mir das in Zukunft. (Beifall bei den Grünen.)

Es hat eben Zusammenhänge mit anderen Fragen! Ich sage, das mit der Gruppenbe­steuerung ist nicht so ohne, denn die Idee ist ja möglicherweise eine gute, aber das Problem, das dort sofort entsteht, ist, dass wir auch Risikoanreize für österreichische Unternehmen setzen, akkurat irgendwo auf der Welt zu investieren – mit völlig vermin­dertem Risiko für diese Unternehmen, denn wenn es schief geht, saniert man hier die Gewinne sozusagen steuerlich, weil wir das ja – in dieser Art und Weise im Übrigen bis jetzt einzigartig in Europa – beschlossen haben. – Also erklären Sie uns einmal, ob Sie da einen Zusammenhang erkennen!

Aber es gibt, wenn wir uns um solche Fragestellungen bemühen, in Wirklichkeit noch viel dramatischere, nämlich betreffend Finanzströme überhaupt. Ich gebe schon zu, das ist jetzt nicht unmittelbar mit dem Doppelbesteuerungsabkommen verbunden, aber indirekt sehr wohl. Was machen wir nicht alles für Maßnahmen – ich hätte jetzt fast gesagt: für ein Theater –, wenn es darum geht, so genannte Terrorbekämpfung zu betreiben! – Na, da kommt ganz schön etwas auf die Reise!

Kollege Pilz wird Ihnen noch öfter erklären, dass die Haltung von Massendaten mög­licherweise nicht das geeignete Instrument dazu ist, aber da entwickeln Sie Aktivitäten, da haben Sie Energie! Da wird die Grenze zwischen der Bewahrung der Freiheit der Einzelnen und dem angeblichen oder von mir aus tatsächlichen Schutz einer Allge­meinheit vor angeblichem oder tatsächlichem Terror sehr gerne überschritten. Aber dort, wo es wirklich hart auf hart geht, nämlich bei der Kontrolle der internationalen Finanzströme – möglicherweise zur Verhinderung einer Finanzierung von Terror –, wo sind da die Aktivitäten? – Die ganz simplen Geldwäschebestimmungen sind in Öster­reich immer wieder nur deshalb überhaupt vorangekommen, weil uns die EU schon längst die so genannte Presse angesetzt hat. – Das ist der Zustand. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Redest du jetzt 20 Minuten?)

Da werden wir uns jetzt einmal über diese internationalen Besteuerungsabkommen und die Behandlung der internationalen Finanzströme auch seitens der Republik Öster­reich unterhalten müssen. Und wenn Sie das im Ausschuss nicht tun, dann werden wir uns hier eben noch öfter zu Wort melden. Wir anerkennen aber, dass grundsätzlich Doppelbesteuerungsabkommen – nämlich genau zur Vermeidung von unerwünschter Doppelbesteuerung – sinnvoll sind. Aber, Herr Finanz-Staatssekretär, das nächste Mal erwarte ich mir hiezu eine andere Debatte oder überhaupt ein anderes Niveau im Aus­schuss. (Beifall bei den Grünen.)

14.46



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen!

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen in 891 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit Georgien zur Ver­meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll in 892 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen samt Protokoll in 1061 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

14.47.5211. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 467/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein neues, impulskräftiges Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums (1017 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 462/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung des neuen Programms für die Ländliche Entwicklung für den Zeitraum 2007 bis 2013 (1016 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


14.48.35

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zur Debatte steht im Folgenden die Entwicklung des ländlichen Raums, und da gibt es ganz massive, glaube ich, Definitionsunterschiede. Im vorliegenden Antrag Grillitsch, Scheuch ist von einem „impulskräftigen Programm für die Entwicklung“ die Rede, und dann wird aus dem EU-Text noch dieses Drei-Säulen-Modell übernommen.


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Was mir in der Präambel Ihres Antrages sehr gut gefällt, ist die Formulierung „Stei­gerung der Lebensqualität im ländlichen Raum“. – Hervorragend! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das klingt nach Zustimmung, Herr Kollege Gaßner!) Wenn man sich allerdings dann den Antrag im Detail anschaut, dann besteht der Verdacht – es besteht nicht nur der Verdacht, sondern man wird darin bestätigt –, dass es sich hier aus­schließlich um Entwicklung und Förderung von Landwirtschaft (Abg. Grillitsch: Des ländlichen Raums!) handelt. Nicht des ländlichen Raums, Herr Kollege Grillitsch, son­dern ausschließlich um die Förderung der Landwirtschaft.

Wenn man dann noch die Presseaussendungen des Herrn Ministers dazu liest, der darin meint: Nun ja, die Bauern sind das Rückgrat des ländlichen Raumes! (Abg. Gril­litsch: Stimmt das nicht?), dann, okay, ist das Ihre Meinung, Herr Minister (Abg. Gril­litsch: Das stimmt nicht? Sagen Sie, dass das nicht stimmt?), nur: Was halten Sie von einem Rückgrat, das täglich um 40 Einheiten weniger bekommt? Über 4 000 Bauern, bäuerliche Betriebe im Jahr schließen! – Herr Bundesminister! Ich denke also, dass wir da etwas tun müssen, um die Lebensqualität im ländlichen Raum zu erhalten.

Und wenn Sie dann weiter sagen, Herr Bundesminister, dass ländliche Entwicklung die Dorfplatzerneuerung ist (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Auch!), so stimmt das natür­lich sehr, sehr beschränkt, denn: Von einem gepflasterten Kirchenplatz und von einem asphaltierten Dorfplatz haben wir im ländlichen Raum noch überhaupt nichts gewon­nen. – Aber das mussten Sie wahrscheinlich sagen, weil das ein großes Projekt Ihres Onkels ist. (Ironische Heiterkeit von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten definieren den länd­lichen Raum anders. Wir definieren den ländlichen Raum über alle Menschen, die in diesem ländlichen Raum wohnen – und auch diese haben Anspruch und Recht auf Lebensqualität. Das sind natürlich die Bäuerinnen und Bauern, das sind aber auch Angestellte und ArbeiterInnen, das sind Kinder im ländlichen Raum, das sind Pensio­nisten im ländlichen Raum. Sie alle haben ein Recht auf Lebensqualität, sie haben ein Recht auf öffentliche Strukturen. Was aber machen Sie? (Abg. Eder: Zusperren! Alles zusperren!) Sie schließen die öffentlichen Einrichtungen. Sie schließen die Postämter, sie schließen die Polizeistationen – muss man jetzt sagen – (Zwischenrufe bei Abge­ordneten der ÖVP), Sie schließen die Bezirksgerichte. Das alles wird zugesperrt – wesentliche Infrastruktur im ländlichen Raum! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie kümmern sich nicht um Arbeitsplätze draußen am flachen Land. Und auch der Nebenerwerbslandwirt braucht ihn dringend, diesen Arbeitsplatz! (Abg. Grillitsch: Die SPÖ ... Arbeitsplatzvernichter-Partei!) Die Leute im ländlichen Raum brauchen öffent­liche Verkehrsanbindung, meine sehr geehrten Damen und Herren (weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP), sie brauchen ordentliche Straßen, natürlich auch Güter­wege. Was aber machen Sie? – Sie kümmern sich darum nicht. (Abg. Grillitsch: Arbeitsplatzvernichter am Wort!)

Funktionierende Schulen zum Beispiel brauchen wir im ländlichen Raum. Wir brauchen Kindernachmittagsbetreuungseinrichtungen. (Abg. Grillitsch: Arbeitsplatzvernichter am Wort!)

Nehmen Sie als Beispiel nur einmal das, was Sie betreffend Nachmittagsbetreuungs­einrichtungen in den Schulen gerade erst beschlossen haben: 15 Kinder müssen es sein, damit überhaupt ein paar Stunden bezahlt werden (Abg. Grillitsch: Arbeitsplatz­vernichter am Wort!) – fünf Lehrerstunden und zehn Betreuungsstunden. Na, zeigen Sie mir einmal die Schule im ländlichen Raum, die das zusammenbringt! Haben die Menschen dort nicht das Recht auf Nachmittagsbetreuung, meine sehr geehrten Damen und Herren? Das ist Lebensqualität im ländlichen Raum?! (Abg. Grillitsch: ... schon viel weiter, als ihr glaubt!) – Und das geht weiter über die Gesundheitsversor-


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gung und über die Nahversorgung. All das sind Qualitätspunkte auch im ländlichen Raum.

Und was machen Sie noch dazu? – Da gibt es so „komische Gebilde“ im ländlichen Raum, das sind ländliche Gemeinden. Die machen Sie finanziell kaputt! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sagen Sie das der Burgstaller!) Denen entziehen Sie die finanzielle Ba­sis, und damit entziehen Sie ihnen auch die Möglichkeit, dort gestalterisch tätig zu sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Ihrem Ansatz der Entwicklung des länd­lichen Raums wird schlussendlich übrig bleiben: ein paar große, geförderte Landwirte. Aber ich sage Ihnen eines: Die brauchen auch Lebensqualität im ländlichen Raum! (Beifall bei der SPÖ.)

14.53

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, gebe ich bekannt, dass Herr Abgeordneter Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsaus­schuss betreffend Beschaffung von Eurofighter-Kampfjets einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte darüber wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


14.53.55

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Erstens möchte ich schon einmal festhalten: Herr Gusenbauer fehlt jetzt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, der fehlt nicht!) So „wichtig“ ist ihm der ländliche Raum (Zwischenrufe bei der SPÖ), das, wo er 50 Prozent streichen will. Wo ist er, der Herr Gusenbauer? Reden wir jetzt sachlich darüber! Reden wir jetzt sachlich und inhaltlich darüber, was der ländliche Raum bedeutet und was diese ländliche Entwicklung für die österreichischen Bauern, für die österreichischen Konsumenten, für die österreichische Gesellschaft bedeutet! (Abg. Dr. Einem: Vergiss es, solang der Molterer nicht da ist!) Nein, Herr Einem, nicht sagen: Vergessen! – Vergessen Sie den Herrn Gusenbauer in einem Jahr! Das sage ich Ihnen jetzt schon. Vergessen Sie den Herrn Gusenbauer in einem Jahr mit der Politik, die er macht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Gaßner: Aber Sie vergessen den ländlichen Raum!)

Meine Damen und Herren! Es tut mir weh, dass Sie so unsachlich an diese Thematik herangehen. (Abg. Dr. Einem: Sie sind ja selbst unsachlich! Sprechen Sie einmal sachlich!) Sie haben keine Ahnung, was dieser ländliche Raum braucht! Zehn Prozent der Mittel haben wir derzeit für Österreich in Brüssel dafür lukriert, und das wollen wir sichern. Und davon wollen Sie 50 Prozent wegstreichen? – Na, gratuliere! Wir werden das den Menschen in Österreich sagen, meine Damen und Herren.

Und daher, Herr Minister, sind wir sehr, sehr dankbar – nicht nur ich als Bauernbund­präsident, sondern insgesamt jene Menschen, die im ländlichen Raum leben, weil es um die Sicherung des Wirtschaftsstandortes geht! (Abg. Dr. Einem: Das tun Sie aber nicht!) Diese EU-Mittel mit den nationalen Programmen, mit der Steuerreform, mit den Wachstumspaketen und vieles mehr sichern auch den Wirtschaftsraum ländlicher


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Raum. Das heißt, dass auch in Zukunft dieser ländliche Raum ein intakter, lebenswer­ter, liebenswerter Lebensraum und vor allem Wirtschaftsstandort sein kann. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Sie wollen das nicht wissen und nicht wahrhaben – das ist der Punkt –, aber ich sage es Ihnen trotzdem: Wir waren vor kurzem mit dem Herrn Bundeskanzler bei mir daheim in der Region. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Durch diese ländliche Entwicklung, durch die Steuerreform haben wir in meiner Region einen Spatenstich für 250 Millionen € ge­feiert. Das sichert 400 Menschen ihre Arbeitsplätze, das schafft 60 neue Arbeitsplätze, die heimische Forstwirtschaft bekommt einen zusätzlichen Absatz von 500 000 Fest­metern, und insgesamt profitieren in dieser Region 5 000 bis 6 000 Menschen. – Das ist Politik für den ländlichen Raum! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Faul und Dipl.-Ing. Kummerer.)

Ihre Politik war eine andere: Ihre Politik war eine der Arbeitsplatzvernichtung in dieser Region, wo die verstaatlichte Industrie zusammengebrochen ist (Zwischenrufe der Ab­geordneten Reheis und Dipl.-Ing. Kummerer), wo Sie leere Produktionsstätten zurück­gelassen haben und wo die Arbeitslosenzahlen gestiegen sind, meine Damen und Herren. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das war eure Politik, und da unter­scheiden wir uns wesentlich!

Und wenn einer sich hier ans Rednerpult stellt und in Frage stellt, ob die Bauern das Rückgrat des ländlichen Raums – und ich sage: das Rückgrat auch unseres Landes – sind, dann muss ich fragen: Wo leben Sie (Abg. Faul: Das ist Raiffeisen! Raiffeisen!), wenn Sie das nicht wissen? Wo leben Sie, wenn Sie das nicht wissen, Herr Kollege Gaßner?

Die Bauern waren, sind und werden auch in Zukunft das Rückgrat eines intakten länd­lichen Raums sein, wo es darum geht, den Menschen entsprechend sichere Lebens­mittel, umweltgerechte Produktion, tiergerechte Produktion zu bieten und auch den Wirtschaftsstandort ländlicher Raum abzusichern, weil mit der Aufgabe eines Arbeits­platzes Bauernhof auch zwei bis drei Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich verloren gehen. Daher wissen wir Bescheid über die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Sicherung unserer bäuerlichen Familien. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


14.57.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Grillitsch, ich habe jetzt nur mehr zwei bis drei Minuten bis zum Dringlichen Antrag. Ich werde mich daher auf einige wenige Punkte beschränken, Herr Präsident, und meine Rede kurz halten. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich denke, dass es klar ist, dass die Grünen zum Programm für die Ländliche Entwick­lung immer ja gesagt haben. Es ist richtig, es ist notwendig, den ländlichen Raum zu entwickeln. Meine Damen und Herren, 64 Prozent der österreichischen Agrarförderun­gen gehen derzeit in die ländliche Entwicklung. Es ist also eindeutig der große Kuchen, um den es hier geht. Es ist der wesentliche Bereich in Richtung Bergbauernunterstüt­zung, in Richtung umweltgerechte Landwirtschaft, um den es geht.

Wir wissen: Auf europäischer Ebene sind es gerade einmal 20 Prozent des Agrarbud­gets, die in die ländliche Entwicklung fließen.


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Es geht also aus unserer Sicht nicht um Kürzungen, sondern es geht um Umschichtun­gen der Mittel. Das muss auf europäischer Ebene forciert werden, und eine erfolg­reiche Strategie muss geschärft werden – erfolgreich, meine Damen und Herren, weil wir zum Beispiel europaweit Spitzenreiter im biologischen Landbau sind.

Aber auch hier sehen wir ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Pirklhuber, wenn Sie noch einen Antrag einbringen wollen, haben Sie dazu noch eine Minute Zeit.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Präsident, den Antrag werde ich dann in meiner zweiten Rede einbringen, weil wir diesen Antrag auch zur Verteilung eingebracht haben. Er sollte schon verteilt worden sein; wenn er es noch nicht ist, ersuche ich um Verteilung. – Danke schön.

Ich möchte meine Ausführungen noch kurz fortsetzen: Es geht auf jeden Fall darum, dass auch die Exportsubventionen auf europäischer Ebene umgeschichtet werden und für ökologische und soziale Maßnahmen eingesetzt werden. – So weit zum Gesamt­budget.

Herr Bundesminister Pröll, aber eines muss schon klar sein: Das neue Programm Ländliche Entwicklung, das neue Umweltprogramm muss sich in Richtung Zielgenauig­keit, was die ökologischen Maßnahmen betrifft, auf jeden Fall als Weiterentwicklung darstellen. Ich nenne das Stichwort gentechnikfreies Saatgut. Die Voraussetzung, dass die Landwirtschaft in Österreich in Zukunft gentechnikfrei bleibt, muss auch im Agrar­umweltprogramm ÖPUL abgesichert werden! Ich werde das in meiner zweiten Rede im Detail erläutern. – Danke schön.

15.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die­sen Punkt der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen An­trags gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.47Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend Offenlegung der Verträge betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen (699/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbstän­digen Antrags 699/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Dr. Kräuter, Gaál und KollegInnen an den Bundeskanzler betreffend Offenlegung der Verträge betreffend der Beschaffung von Kampfflugzeugen

Ein öffentlich bekannt gewordener so genannter „Sachstandsbericht Eurofighter“ des deutschen BMVg beinhaltet eine Passage über Schwierigkeiten beim Export des Kampfflugzeuges Eurofighter Typhoon in das bisher einzige Exportland:


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Als erster Exportkunde konnte Österreich 2003 gewonnen werden. Erste Luftfahrzeug­lieferungen im Tranche 2 Standard sollten 2007 erfolgen. Da zu diesem Termin noch keine Lfz der Tranche 2 verfügbar sein werden, hat Eurofighter Jagdflugzeug die Part­nernationen gebeten, insgesamt sechs Lfz aus der Tranche 1 für Österreich zur Verfü­gung zu stellen. Damit soll verhindert werden, dass Österreich ein vertraglich verein­bartes Rücktrittsrecht ausübt.

Der zuständige Bundesminister Platter denkt nicht daran, das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht auszuüben, obwohl Platter mehrmals klar davon ausging, ein Flugzeug aus der zweiten Tranche zu erwerben:

Am 6. Oktober 2004 erklärt Platter im Rechnungshofausschuss, dass sich die Regie­rung bewusst für die zweite Tranche entschieden habe: „Darüber hinaus habe sich die Regierung bewusst für Flugzeuge aus der zweiten – weiterentwickelten – Tranche ent­schieden.“ (OTS 238)

Am 20. Mai 2003 erklärt Platter im Budgetausschuss: „Die für Österreich 2007 ange­lieferten Flugzeuge stellen dann bereits eine zweite Tranche mit weiteren technischen Verbesserungen dar.“ (OTS 245)

Am 9. September 2003 erklärte Platter (APA 170), dass Österreich vom deutschen Rechnungshofbericht über die Mängel beim Eurofighter „nicht betroffen“ sei, denn die­ser habe die erste Tranche der Jets bewertet, „Österreich werde aber Maschinen der zweiten Tranche bekommen“.

Am 1. Juli 2004 (APA 671) betonte Platter, er habe „in Richtung  zweiter Tranche der Eurofighter nie Angst gehabt, dass die Beschaffung – die 18 österreichischen Maschi­nen sollen ab 2007 geliefert werden – nicht gesichert sein könnte“.

Der österreichische Rechnungshof hat in seinem Wahrnehmungsbericht hinsichtlich der Luftraumüberwachungsflugzeuge (Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäfts­vertrag) festgestellt, dass

enorme Mängel bei der Vertragsgestaltung vorhanden sind, darunter auch ein so ge­nannter „Einredeverzicht“, der bei Leistungsmängeln keine Einstellung der Ratenzah­lung ermöglicht, und

die Anzahl der militärischen Anforderungen, wie etwa Ziele in der Nacht erkennen zu können oder Selbstschutz-Systeme, jährliche Flugstunden, Pilotenausrüstungen und Betriebsstandorte, erheblich reduziert wurde und Träger für Aufklärungseinrichtungen sowie Zusatztanks im Gegensatz zur Angebotseinholung im Kaufvertrag nicht mehr vorgesehen waren.

Nicht zuletzt angesichts der wesentlichen Abänderungen im kommerziellen Bereich er­achtet der Rechnungshof die Vorgangsweise des BMLV als mit hohen Risiko behaftet.

Erhebliche Zweifel bestehen an der Einhaltung des Liefertermins sowie der grundsätz­lichen Einsatzfähigkeit des ausgewählten Flugzeugtyps. Dem gegenüber stehen exor­bitant hohe Lebenszykluskosten.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 und am 1. Juli 2003 Ministerratsentschei­dungen auf Basis von falschen bzw. geschönten Preiskalkulationen herbeigeführt hat. Ebenso haben sich die Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfangjäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar heraus­gestellt.

Nunmehr nimmt die österreichische Bundesregierung das vertraglich vereinbarte Rück­trittsrecht zu Lasten des österreichischen Steuerzahlers nicht wahr.


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Oppositionskritik an der Vorgangsweise der Bundesregierung hinsichtlich des Beschaf­fungsvorganges wird regelmäßig von Regierungsmitgliedern mit Stellungnahmen zu den abgeschlossenen Verträgen beantwortet, diese Verträge wurden jedoch noch nie gegenüber dem österreichischen Parlament – auch nur teilweise – offen gelegt, obwohl es sich bei dieser Transaktion um die teuerste Beschaffung der II. Republik handelt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich, längstens jedoch bis zum 15. Oktober 2005, Abschriften sämtlicher zwischen der Republik Österreich und der Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH bzw. Vertretern des EADS-Konzerns und der Republik Österreich abgeschlossener Vereinbarungen betreffend den Ankauf von Kampfflugzeugen der Type Eurofighter Typhoon sowie bezughabender Kompensatio­nen zuzuleiten.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Cap als Antragstel­ler zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Seine Redezeit darf 20 Minu­ten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.01.09

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Herr Kollege, Ihre eigene Partei scheint das nicht zu interessieren! Die SPÖ ist noch in der Mittagspause!) – Nur keine Nervositäten entwickeln! (Weitere Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wie Sie wissen, waren bei den Sondierungsgesprächen 2002/2003 in vielen – sehr kontroversen – Debatten, die letztlich dazu geführt haben, dass die Sondierungsge­spräche nicht erfolgreich waren und zu echten Verhandlungen geführt haben, unter anderem einer der Hauptpunkte, wenn nicht der Hauptpunkt, die unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der Frage: Braucht Österreich diese Eurofighter-Kampfbomber oder braucht Österreich diese Eurofighter-Kampfbomber nicht?

Wer kürzlich die Gelegenheit hatte, die von mir sehr geschätzte Tageszeitung „Die Presse“ zu lesen, wird gemerkt haben, dass dieser Tageszeitung – man kann ihr nur gratulieren, dass sie zu diesen Beilagen kommt, nämlich kommerziell gratulieren, in­haltlich ist das etwas anderes – eine Beilage beigefügt war, in der eine Werbeschrift zu finden war: Der Herr Verteidigungsminister modern, professionell, feierlich abgebildet. (Der Redner hält die erwähnte Beilage in die Höhe.)

Darin wird ein bisschen im Text philosophiert, und zwar darüber, was die Eurofighter alles können sollen. Ich zitiere:

Schließlich wird das Bundesheer auch die Überwachung des österreichischen Luft­raumes fortsetzen und bei einzelnen internationalen Operationen die Luftraumbeob­achtung übernehmen. Ebenso ist vorgesehen, den Landstreitkräften in Zukunft Luft­unterstützung beim Transport von Truppen und Material zu gewährleisten. – Zitatende.

Also das ist eindeutig eine Beschreibung von Aufgaben, die über die Luftraumüberwa­chung hinausgehen. Und es wird in dieser Beilage ... (Abg. Fauland: Aber geh! Das ist wirklich mühsam!) Es steht nicht einmal dort, ob es bei nationalen oder internationalen


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Einsätzen sein soll, dass die Arbeit der Bodentruppen von diesen Kampfbombern un­terstützt werden soll. – Gut.

Aber das wirklich Wichtige an dieser Beilage ist, dass hinten auf einer ganzen Seite für den Eurofighter geworben wird. (Der Redner hält die Rückseite einer „Presse“-Beilage in die Höhe.) Das heißt, diese Beilage hat Eurofighter bezahlt. (Abg. Fauland: Das ist Kaffeesudlesen!)

In dieser Beilage, die Eurofighter bezahlt hat, darf dann noch der Verteidigungsminister im Interesse von Eurofighter werben, sich selbst bewerben und quasi das Ganze vor­her noch in Weihrauch eintunken. Das zeigt doch, so glaube ich, ganz klar, was hier in Wirklichkeit gespielt wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Fauland und Neudeck.) – Dass es eine Interessenübereinstimmung gibt! Zu Ihnen komme ich schon noch recht­zeitig, denn Sie haben letztens mit einer Aussendung den Vogel abgeschossen, aber das können Sie dann nachher genießen.

Jedenfalls zeigt diese Beilage eindeutig, wo da die gemeinsamen Interessen liegen. Wir müssen jedoch auch Folgendes sehen: Die Parteien, die immer wieder Vorträge über den ordentlichen Umgang mit Steuergeldern gehalten haben, die beiden Regie­rungsparteien, die die ganze Zeit Vorträge darüber halten, wie sich ordentliche Kauf­leute verhalten, die Vorträge darüber halten, wer in diesem Land wirtschaftskompetent ist und wer nicht, die beiden Parteien, die permanent Vorträge darüber halten, wer sparsam und wer nicht sparsam ist, genau diese beiden Parteien hätten jetzt die Mög­lichkeit gehabt, aus diesem Vertrag, aus diesem sündteuren Vertrag auszusteigen. Aber sie tun es nicht!

Wir müssen uns doch einmal ins Gedächtnis rufen, worum es eigentlich geht bezie­hungsweise wie in dieser Frage die Vorgangsweise war, die immer schon höchst kri­tikwürdig war. Der Rechnungshof ist wahrlich ein Kronzeuge dafür, dass es da höchst kritikwürdig zugegangen ist. Einmal abgesehen davon, dass man zuerst gesagt hat, 24 Eurofighter, dann hat man sich zusammengesetzt und gesagt, 18 Eurofighter. Wir wissen, dass es im Ministerium, bis hin zum Verteidigungsminister, von Haus aus über­haupt eine ganz andere Einschätzung gegeben hat. In dem einen Akt ist vieles gestan­den, nur eines nicht, nämlich Eurofighter, der zu bevorzugen wäre.

Wir wissen, dass es danach – und das sehen wir auch in der Kritik am Eurofighter – zu Veränderungen gekommen ist. Aber so weit will ich noch gar nicht gehen. Ich will nur einmal feststellen, dass bei der ersten öffentlichen Bekanntgabe der Kosten für die Eurofighter diese sehr hoch waren. Im Übrigen wurde das von einem Finanzminister bekannt gegeben, der zuerst gesagt hat, man brauche das alles überhaupt nicht, dann gesagt hat, dieses Gerät sei sowieso das Teuerste. Dann hat er gar nichts gesagt, dann muss irgendein Motivationsgespräch mit ihm stattgefunden haben. Anschließend hatte er eine kurze Nachdenkpause und letztlich ist er plötzlich zu dem Schluss ge­kommen, die Teuersten seien auch die Besten.

Dazu muss man noch sagen, zu dem Zeitpunkt, als er das gesagt hat, kann er diese Flugzeuge noch gar nicht gekannt haben, denn diese hat es damals noch gar nicht gegeben. Das war also ein Kauf, eine Entscheidung, eine Typenentscheidung mit dem Prinzip Hoffnung.

Man muss sich Folgendes vorstellen: Jemand geht in ein Autohaus und sagt: Ich möchte das nächste Modell haben. Der Verkäufer, der ihm das gleich verkaufen möchte, sagt, ich weiß zwar nicht, wie es ausschaut, ich weiß gar nicht, wie viele Rä­der es hat, ich weiß nur, es wird vielleicht irgendwann einmal kommen. Der Käufer sagt: Super, genau solch ein Modell suche ich! Ich muss nicht genau wissen, wann das Auto fertig ist. Ich will schon gar nicht wissen, wann es genau kommt. Vielleicht hat es nur drei Räder, vielleicht es fünf Räder, wenn es nur ein neues Modell ist. – Ein Lenk-


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rad, schätze ich, muss es haben, sonst ist es ein bisschen schwierig mit der Verkehrs­ordnung. – Ansonsten ist mir das alles nicht wichtig. Wissen Sie, was mir besonders wichtig ist? Besonders wichtig ist, ich möchte zahlen, ich liebe es zu zahlen, und zwar regelmäßig, ohne Ende, immer wieder. Jede Rate, die mein Geldbörsel verlässt, macht mich glücklich!

So einen Käufer müssen Sie einmal treffen, der mit dieser Geisteshaltung an das her­angeht.

Was anderes ist die Frage – und da scheint es einen Mentalitätsunterschied zu ge­ben –: Ist es mein eigenes Geld oder ist es das Geld der Steuerzahler? – Das ist im Übrigen das, womit Sie jahrelang auf uns losgegangen sind und gesagt haben, unver­antwortlicher Umgang mit Steuergeldern. Aber das haben Sie in dieser Frage wirklich praktiziert. Dann kam eben die Zahl 18 Eurofighter und selbst die waren noch teurer, als Sie es ursprünglich bei den 24 Eurofightern der Öffentlichkeit gesagt haben.

Die 24 Eurofighter waren natürlich splitterfasernackte Eurofighter – fast unanständig, so nackt waren die. (Abg. Scheibner: Das täte dir so passen!) Die haben Sie damals der Öffentlichkeit vorgestellt, gerade dass sie noch Flügel hatten. Das waren Ihre 24 Eurofighter.

Jedenfalls kamen dann 18 Eurofighter. Welch eine schlaue, strategische, luftpolitische Überlegung es war, dass man gesagt hat, mit 18 kann man viel mehr erreichen als mit 24, weiß ich nicht. Aber das wird jemand aus der Gruppe der Experten hier sicherlich noch sagen können.

Dann ist bekannt geworden, dass die Briten Eurofighter der Tranche 1, das Stück um 62 Millionen €, bekommen haben. Wir bekommen das Stück um 110 Millionen €. Da muss ein ganz toller Unterschied zwischen den beiden bestehen. Ein ganz toller Unter­schied muss da bestehen, wenn der Unterschied 50 Millionen € ausmacht!

Das ist der Moment, an dem ich mir die Aussendung des Herrn Murauer zu Gemüte führen muss. Herr Murauer, wenn Sie die Aussendung selbst geschrieben haben, kann ich Ihnen nur gratulieren, denn Sie sagen darin, es gebe zwischen der Tranche 1 und der Tranche 2 faktisch keinen Unterschied. (Zwischenruf des Abg. Gaál.)

Quasi: Regt euch nicht auf, ob das die Einser-Tranche oder die Zweier-Tranche ist, das ist doch völlig Wurscht! Und wenn sie die Zweier-Tranche nicht liefern können, wie wir es sowieso schon die ganze Zeit vermutet haben, dann nehmt eben sechs Flug­zeuge von der Einser-Tranche. Weil die Schweizer Flieger, die wir uns um 75 Millio­nen € ausgeborgt haben, haben auch schon Probleme. Vor kurzem ist einer mit einem Motor hinuntergegangen, weil der zweite nicht mehr gegangen ist, Herr Murauer. (Abg. Fauland: Triebwerk!) Apropos Sicherheit der Piloten und Sicherheit der Heeresange­hörigen: Das ist Ihnen anscheinend nicht wirklich so ein Anliegen, wie Sie hier immer vorgeben.

Aber wissen Sie was? Sie sagen hier, um uns alle zu beruhigen, zu „valiumisieren“, der Unterschied zwischen den Flugzeugen der Tranche 1 und der Tranche 2 – sage ich jetzt kommentierend dazu, vereinfacht ausgedrückt – liege lediglich im Austausch eines Rechners.

Herr Abgeordneter Murauer, welcher Rechner? (Abg. Großruck: Taschenrechner!) Der ist doch 50 Millionen € wert. Das muss ja ein unfassbar tolles High-Tech-Gerät sein, wo man sagt: Wenn ich diesen süßen kleinen Rechner habe, für den ich bereit bin, 50 Millionen € dazuzulegen ... (Abg. Murauer: Das geht über einen Taschenrech­ner hinaus!) – Schauen Sie, wenn Sie mit Pi mal Pi arbeiten, dann rate ich Ihnen: Hal­ten Sie nie wieder Vorträge über die Vergeudung von Steuergeldern oder über Schul­denpolitik! Nie wieder! Einfach nie wieder! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich hoffe, Sie sind nicht im Gespräch als Grasser-Nachfolger, denn da bekomme ich es ja mit der Angst zu tun, wenn Sie vielleicht einmal Finanzminister werden sollten und dann mit vielen kleinen Rechnern aufmarschieren.

Diese Aussendung ist ja wirklich unschlagbar. Fast hätte ich sie kopieren und hier im Hohen Haus verteilen lassen. Diese Aussendung sollte doch jeder besitzen. Der Abge­ordnete Murauer sagt außerdem noch, er verteidige den Eurofighter-Vertrag und dass Österreich keine Nachteile durch Liefer- und Entwicklungsverzögerungen entstehen. – Klar, so ist das, auch wenn sich alles verzögert. – Es sei ja ohnedies egal, sagen Sie auf Deutsch zwischen den Zeilen, ob wir sie früher, später oder gar nicht haben. Aber weil wir sie gerade haben, haben wir sie eben.

Und dann sagen Sie, schließlich sei der Vertrag bereits Gegenstand einer Rechnungs­hofprüfung gewesen und nicht zuletzt im Parlament beschlossen worden.

Wann ist denn der im Parlament beschlossen worden? Wer kann sich daran erinnern? Sie verwechseln das Plenum mit dem ÖVP-Klub, Herr Abgeordneter Murauer! Es kann ja sein, dass Sie dort alle den Eurofighter-Vertrag vorgelegt bekommen haben. Ich weiß nicht, Klubobmann Molterer wird es besser beurteilen können, ob er ihn ausgeteilt hat. Wann wurde der Vertrag im Parlament beschlossen, Herr Abgeordneter Murauer?

Wir fordern, seitdem wir von diesem Eurofighter-Vertrag hören, dass er endlich vorge­legt wird. Wir haben heute extra deswegen auch einen Antrag vorliegen, damit dieser Vertrag vorgelegt wird. Und Sie sagen faktisch fast suggestiv: Eure Wirklichkeit ist eure Wirklichkeit, meine Wirklichkeit ist die: Ich habe den Vertrag da beschlossen. – Da müssen Sie einmal alleine vorbeigekommen sein, um ihn hier zu beschließen. Wir haben ihn jedenfalls nicht beschlossen. (Abg. Gaál: Im Figl-Saal!)

Was ich aber überdies noch interessant finde, ist: Wie argumentieren Sie das alles eigentlich innerhalb des Heeres? – Dort kracht’s ja an allen Ecken und Enden, in den Kantinen, in den Kasernen, in den anderen Waffengattungen, alle leiden unter dem Druck und haben zu wenig Geld. Man muss dort permanent hören: Jawohl, weniger Essen, weniger Material, weniger Ersatzteile. (Abg. Großruck: Weniger Wehrzeit! Weniger Wehrdienst!) Wir leben nur für den Eurofighter, für diese 18 Flugzeuge, die im Übrigen noch nicht da sind, vielleicht kommen, wahrscheinlich gar nicht kommen, von denen wir nicht wissen, was sie können. Als entscheidenden Punkt haben Sie in der Geschichte des Eurofighters vor allem darauf besonderen Wert gelegt: Wir wollen ihn gar nicht erproben. Nein! Er soll uns überraschen, wenn er kommt, was er kann. (Hei­terkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Vielleicht kann er fliegen, vielleicht kann er nicht fliegen. Was kann er in der Luft? Kann er wacheln, kann er photographieren? Wir wollen das gar nicht wissen, sondern er soll eines Tages kommen, völlig überraschend plötzlich kommen, am besten auf den Ball­hausplatz hinschieben, dort enthüllen – und dann erst wollen wir wissen, was er kann. (Abg. Großruck: Sie haben ein schönes Vertrauen zu Ihren Genossen in Deutsch­land!) Dann erst wollen wir wissen, welche zusätzlichen Instrumente er hat, ob er in der Nacht schauen kann, wo er hinfliegt, ob er in der Nacht etwas erkennen kann oder nicht. Wenn er dann doch zu teuer wird, kann man ja wieder reduzieren, vielleicht auf einen Flugmotor, einen Drachen, nicht zwei Flügel, nur einer. Vielleicht kann man irgendetwas ein bisschen einschränken, billiger machen. Das ist die Mentalität, mit der Sie an die Sache herangehen! Und die Kritik im Heer wächst und wächst. (Abg. Groß­ruck: Zum Genossen Schröder haben Sie nicht so viel Vertrauen!)

Sie können Ihren Bariton später wieder entwickeln! Hören Sie einmal zu! Das wäre nicht schlecht. Gehen Sie noch schnell in Ihren steirischen Wahlkreis und erzählen Sie das mit dem Eurofighter! Das wird die Leute dort sehr interessieren. Bei der Stimmung,


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die dort herrscht, sind sie meiner Auffassung nach auch aufnahmefähig. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wenn Sie es zulassen, dass dieser Ankauf, 2,43 Milliarden €, letztlich 134 Prozent des Verteidigungsbudgets ausmacht ... (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Ihre Radi­kalisierung in letzter Zeit, Herr Grillitsch, ist mir ein Rätsel. Ich kann mir das nur damit erklären, dass Sie am Sonntag ein ganz furchtbares Ereignis erwarten. Warten Sie noch die paar Tage und seien Sie nicht schon jetzt so radikal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Die Gemeinde Fohnsdorf ...!)

Ja, erklären Sie Ihren Bauern, wenn sie Forderungen haben, dass Ihnen der Euro­fighter wichtiger ist als vielleicht die eine oder andere Unterstützung für die bäuerliche Bevölkerung, für die Landbevölkerung! Gehen Sie hin und sagen Sie: Ich höre lieber den Flugzeugmotorenlärm, das ist Musik in meinen Ohren – und nicht den Traktorlärm! Sagen Sie das dort einmal und werben Sie auf diese Art und Weise um Wählerstim­men! Ich wünsche Ihnen alles Gute dabei. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Also haben wir daher mehrfach gefordert ... (Abg. Großruck: Es geht um Sicherheit und Verteidigung! ... nicht den Kasperl spielen!) – Von wegen „Kasperl“, Sie wandeln­der Vierzeiler! Soll ich Ihnen etwas sagen? Befassen Sie sich lieber einmal konstruktiv mit der Frage, ob es gerechtfertigt ist, dass Sie über einen längeren Zeitraum insge­samt 5 Milliarden € an Steuergeldern für dieses nie da gewesene Monstrum verpul­vern! Das ist doch unfassbar! Unfassbar! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Spulen Sie Ihr Kabarett runter!) – Zuerst lachen und dann schimpfen, das habe ich am aller­liebsten.

Daher sage ich Ihnen jetzt Folgendes: Was natürlich jetzt aufgefallen ist – das ist auch der Grund für diesen Dringlichen Antrag (Ruf bei der ÖVP: Das ist keine Zirkusveran­staltung!) –, ist, dass in einem Sachstandsbericht Eurofighter des deutschen Bundes­ministeriums für Verteidigung etwas erkennbar war. Übrigens ist Österreich das einzige Exportland. Es gibt faktisch außer den produzierenden Ländern überhaupt kein Land mehr, dass die Eurofighter will. Kurz war Singapur dabei. (Abg. Dr. Matznetter: Die haben es storniert!) Dann hat Singapur gesagt, nein danke, wir nicht. Österreich ist quasi das einzige Exportland. Der Rest muss kaufen, ob sie wollen oder nicht, weil sie die Eurofighter produzieren. Sie wollen sie kaufen.

Es beginnt mich langsam zu interessieren: Warum wollen Sie das so? Warum zuerst einmal der Schmäh mit der Wirtschaftsplattform im Wahlkampf? Nur damit man über den Wahlkampf rüberkommt? Der Herr Bundeskanzler wollte uns ja einreden, es gebe Privatunternehmer, spleenige Unternehmer, die sagen, es war immer schon seit mei­ner Kindheit mein Wunsch, ich möchte mit einem Kampfflugzeug spielen. Daher kaufe ich mir das auch. – Eine interessante Herangehensweise, eine, die wie eine Seifen­blase zerplatzt ist und letztendlich nicht gestimmt hat.

Es hat faktisch nichts gestimmt. Laut Rechnungshof wurde unserer Auffassung nach alles von Anfang an so zugerichtet – ich sage sogar: so weit manipuliert (Abg. Mur­auer: Hallo! Bremsen Sie sich ein!) –, damit dieses Flugzeug gekauft wird: mit Gegen­geschäften, die teilweise auch auf Grund des Prüfberichts des Rechnungshofes lächer­lich sind. (Abg. Mag. Molterer: Wenn Sie etwas haben, legen Sie es auf den Tisch!) Also wo liegt der wahre Grund dafür, dass man dieses Flugzeug unbedingt haben will? (Abg. Dr. Jarolim: ... Korruption!)

Kommen S’ doch heraus! Sagen S’ uns das bitte! Ich möchte, bitte, hier im Parlament den Vertrag vorliegen haben. Ich möchte das wahre Motiv für den Kauf der Eurofighter. Ich unterstelle Ihnen gar nichts, ich will das wahre Motiv. Vielleicht sind das ganz simple Motive, vielleicht sind diese Motive sogar öffentlichkeitsfähig. Sagen Sie sie uns bitte! Verteidigungspolitisch, luftraummäßig – das stimmt alles nicht. (Abg. Murauer:


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Nach Ihrer Ansicht!) – Nicht nach meiner Ansicht. Hören S’ doch auf! Auch im Verteidi­gungsministerium. Hätten Sie damals nicht dafür gesorgt, dass es plötzlich zu einem Denkumschwung vom Finanzminister bis hin in das Verteidigungsministerium kommt, dann wäre der Kauf des Eurofighter nie – nie! – beschlossen worden. Er wurde aber beschlossen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Sie müssen doch zugeben, dass das nicht nur die Aufgabe der Opposition ist, sondern auch derer, die hier die wahren Interessen der Österreicherinnen und Österreicher, der Steuerbürgerinnen und Steuerbürger vertreten, dass man eben bei so einer Riesen­summe nachfragen kann: warum?

Herr Verteidigungsminister, Sie müssten es eigentlich wissen. Sie sind zwar ein biss­chen später eingestiegen, als das alles bereits im Laufen war. Aber jetzt müssen Sie doch das alles aufgearbeitet haben. Lassen Sie doch hier nicht alle, bis auf die ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten und die BZÖler, im Dunkeln tappen! Sagen Sie doch endlich, was wirklich der Hintergrund dafür ist! Es ist hier zu viel Geld im Spiel.

Das ist jetzt die letzte Chance, um noch auszusteigen. In diesem Sachstandsbericht, den ich vorhin zitiert habe, wird letztlich zugegeben, man kann nicht liefern, man kann den Vertrag nicht einhalten. Daher ist jetzt die Chance, dass man aus diesem Vertrag aussteigt. – Sie wollen aber nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Ich könnte all Ihre Stellungnahmen zu diesem Thema zitieren, Sie können aber diese in unserem Dringlichen Antrag nachlesen. Sie sagen, Sie sind völlig optimistisch, dass der Liefertermin eingehalten wird, es kommt alles. Es kommt nichts! Sie geben zu, dass es nicht kommt. Man könnte natürlich fernöstlich sagen: Da kann man nichts machen! – Ohm! Sie beruhigen sich ein bisschen, irgendwann wird es schon gehen. Mit dem kann man sich selbst beruhigen, aber deswegen wird der Vertrag nicht erfüllt.

Daher würde ich Sie ersuchen, in Ihrer Antwort darauf Stellung dazu zu nehmen. Wir haben einen ganz simplen Dringlichen Antrag gestellt, der da lautet:

„ ... dem Nationalrat unverzüglich, längstens jedoch bis zum 15. Oktober 2005, Ab­schriften sämtlicher zwischen der Republik Österreich und der Eurofighter Jagdflug­zeug GmbH bzw. Vertretern des EADS-Konzerns und der Republik Österreich abge­schlossener Vereinbarungen betreffend den Ankauf von Kampfflugzeugen der Type Eurofighter Typhoon sowie bezughabender Kompensationen zuzuleiten.“ 

Warum machen Sie das nicht? Warum steigen Sie aus diesem Vertrag nicht aus? Was sind die wahren Gründe? – Erklären Sie uns das bitte jetzt! Deswegen gibt es diesen Dringlichen Antrag mit einer darauf folgenden Abstimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

15.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Staats­sekretär Morak zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Herr Staatssekretär, bitte. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Prä­sident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Ich bitte, dem Herrn Staatssekretär zuzu­hören!

 


15.21.50

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Es wurde in diesem Haus über den heute zu debattierenden Gegenstand schon mehrmals gesprochen. (Abg. Dr. Jarolim: Vielleicht soll die Frau Gehrer dazu sprechen!) Ich brauche deshalb also nicht zu betonen, dass die Luftraumüberwachung für einen sou­veränen Staat unverzichtbar ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)


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Zu der von Ihnen geforderten Offenlegung des Eurofighter-Vertragswerkes erlaube ich mir, zunächst auf das Gutachten des Verfassungsdienstes vom 3. April 1987 zu ver­weisen, in dem sich dieser ausführlich mit der Frage der Offenlegung des Draken-Kauf­vertrages auseinandergesetzt hat. Schon damals wurden seitens des Verfassungs­dienstes hinsichtlich der Übermittlung des Kaufvertrages an ein Organ des National­rates verfassungsrechtliche Einwendungen erhoben. (Abg. Öllinger: Schön vorgele­sen! – Abg. Dr. Gusenbauer: Was haben Sie jetzt gesagt?)

Diese verfassungsrechtlichen Einwendungen bestanden damals – und bestehen selbstverständlich auch noch heute. Konkret ist es die Verpflichtung des Bundesmi­nisters für Landesverteidigung (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), gegenüber den parlamentarischen Organen in einer solchen Angelegenheit die Amtsverschwiegenheit im Sinne des Artikels 20 Abs. 3 der Bundesverfassung zu wahren.

Die von mir genannte Verfassungsbestimmung legt Folgendes fest: Alle mit den Auf­gaben der Bundesverwaltung betrauten Organe haben über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen Stillschweigen zu wah­ren, sofern es sich um die in der Verfassung näher bezeichneten Fälle handelt. – Als solche werden ausdrücklich auch die Interessen der umfassenden Landesverteidigung sowie die überwiegenden Interessen der Vertragsparteien benannt. (Ruf: Unsinn!)

Da der Vertrag mit der Eurofighter GmbH in allen seinen Teilen durchgehend Inhalte aufweist, welche diese Voraussetzungen jedenfalls erfüllen, ist eine Offenlegung von Vertragsinhalten verfassungsrechtlich nicht zulässig. Damit stehen dem in Rede ste­henden Entschließungsantrag betreffend die Offenlegung der Verträge schwere ver­fassungsrechtliche Bedenken entgegen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Auf innerstaatlicher Ebene ist, wie Sie wissen, das österreichische Bundesheer das militärische Instrument der Republik zur Sicherung und Durchsetzung ihrer strate­gischen Interessen. Ihm obliegen die Aufrechterhaltung ihrer Souveränität und der Schutz ihrer Bevölkerung sowie eine angemessene Beteiligung an militärischen Maß­nahmen der internationalen Konfliktverhütung und des Krisenmanagements. Es leistet damit einen adäquaten Beitrag zur Sicherheit und Stabilität Europas sowie in Räumen, die im strategischen Interesse Österreichs und der EU liegen. Die Stellung Österreichs in Europa, sein politischer Handlungsspielraum sowie die Fähigkeit zur Durchsetzung seiner Interessen werden zunehmend durch die Qualität seines militärischen Beitrages mitbestimmt.

Abgeleitet aus der militärstrategischen Lage hat das Bundesheer jedenfalls die Erhal­tung der staatlichen Souveränität auf dem eigenen Territorium und im Luftraum sowie den Schutz der österreichischen Bevölkerung und der strategisch bedeutenden Infra­struktur sicherzustellen. Dazu zählen insbesondere auch die aktive und passive Über­wachung und Sicherung des Luftraumes durch eine moderne und zeitgemäße Luft­raumüberwachung. Diese im Sinne der Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten, ist Ziel dieser Bundesregierung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

15.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. (Abg. Dr. Witt­mann: War das alles?)

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Seine Redezeit wird wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. Die gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Witt­mann: Das ist eine Verhöhnung!)

 


15.26.01

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Einerseits ist es ja schade, dass der Herr Bundeskanzler nicht anwesend ist, ich hätte


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ihm gerne einige Fragen zum Beispiel zu dieser Wirtschaftsplattform, die angeblich die Eurofighter finanziert, gestellt, andererseits ist es wieder recht gut für die Würde des Hauses, denn seine Äußerungen heute von der Regierungsbank aus waren unerträg­lich. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Verteidigungsminister, wie viele Länder weltweit setzen eigentlich noch auf den Eurofighter? – Singapur, so haben wir gerade gehört, ist inzwischen wegen Liefer­schwierigkeiten ausgestiegen – wegen Lieferschwierigkeiten von EADS. (Abg. Amon: Das ist ein europäisches Land?) Griechenland, meine Damen und Herren, hat auf Grund finanzieller Engpässe storniert. – Herr Minister, sagen Sie uns einmal, welche Länder weltweit – außer den Herstellerländern – noch auf den Eurofighter setzen.

Sie werden zugeben müssen, es ist nur mehr Österreich. Auf Grund dieser sturen und verantwortungslosen Haltung der Regierung muss die österreichische Bevölkerung als einziges Land dieses Ding importieren. Das ist wirklich unerträglich, Herr Bundesminis­ter! (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir einmal Ihren ursprünglichen Zeitplan an. Im Jahre 2002: Beschluss zum Ankauf neuer Abfangjäger; das hat noch gestimmt. Bis Mitte 2005: Anlieferung von sie­ben neuen Abfangjägern – bis Mitte 2005! Bis Ende 2005: Anlieferung von fünf weite­ren neuen Abfangjägern und bis zum Jahre 2007 die Lieferung der restlichen zwölf Abfangjäger. Und nun soll im Jahre 2007 ganz etwas anderes kommen als bestellt wurde. – Also, Herr Bundesminister, das ist doch wirklich lächerlich!

Die Frage betreffend erste oder zweite Tranche haben Sie eindeutig beantwortet. So haben Sie beispielsweise im „Mittagsjournal“ vom 9. September 2003 gesagt: Die erste Tranche wurde bewertet, wir bekommen die zweite. – Erst unlängst hat dankenswerter Weise der ORF klargestellt: Pikanterweise hatte bei den Problemen um die Tranchen gerade Platters Ressort die Berichte immer wieder mit der Bemerkung vom Tisch gewischt: Österreich werde aus der zweiten Tranche beliefert. Mit Sicherheit sind wir nicht das Versuchskaninchen, versprach der Herr Bundesminister damals wörtlich.

Sie, Herr Bundesminister Platter, haben auch – das ist auch nachzulesen – am 6. Ok­tober 2004 erklärt: Darüber hinaus habe sich die Regierung bewusst für Flugzeuge aus der zweiten, weiter entwickelten Tranche entschieden.

Und jetzt sollen Flugzeuge der ersten Tranche kommen?! – Herr Minister, das ist eine „Wahnsinnsidee“, um das einmal im Jargon von Bundeskanzler Schüssel auszudrü­cken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Schauen wir uns den Wahrheitsgehalt der zentralen Aussagen von mehreren Perso­nen an. Minister Grasser hat gemeint – Kollege Cap hat es erwähnt –: Nein, wir haben kein Geld für Abfangjäger! Dr. Haider hat „Stopp Eurofighter“ plakatiert, er ist dann irgendwo in Klagenfurt in einer finsteren Ecke unerträglich bedroht worden. Bundes­kanzler Schüssel hat gesagt: Kein Euro, kein Cent kostet das die Bevölkerung; das bezahlt alles eine Wirtschaftsplattform! Herr Minister Bartenstein hat, auch wenn er es immer wieder bestreitet, am 2. Juli 2002 in der „Zeit im Bild 2“ gemeint: Es gibt 5,5 Mil­liarden Gegengeschäftsvolumina.

Und was sagt der Rechnungshof, der als einziger da ernst zu nehmen ist? – Er sagt: Der Eurofighter kann die Aufgaben der Luftraumüberwachung nur eingeschränkt wahr­nehmen! – Herr Murauer, nehmen Sie einmal Stellung zu diesen Umständen!

Und was sagt Herr Minister Platter, um nur einen Teil von diesen Unwahrheiten her­auszunehmen: Laut Ausschreibung wird es zwei Standorte geben. Das haben Sie immer wieder behauptet. In Wirklichkeit gibt es nur einen Reparatursatz, und alle Eurofighter sollen zu Lasten der Bevölkerung in Zeltweg stationiert werden


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Das heißt, meine Damen und Herren, eine Unwahrheit jagt die nächste! Daher ist es natürlich nur logisch, dass die Vertragsvorlage im österreichischen Parlament eingefor­dert wird. Das wäre in jedem kultivierten Parlament Europas, ja geradezu weltweit üblich.

Meine Damen und Herren, wenn das nicht geschieht, dann gibt es nur eine einzige plausible Erklärung: Es muss illegale Zahlungen, es muss einfach Schwarzgeldflüsse gegeben haben. (Abg. Neugebauer: Na freilich!)

Jetzt schauen wir uns einmal das Thema Schwarzgeld und die ÖVP am Beispiel Stei­ermark und an der Causa Hirschmann an. Frau Klasnic hat gesagt: Jeder, der das behauptet, wird geklagt! – Das ist behauptet worden, und niemand ist geklagt worden!

Frau Klasnic hat gesagt: Jeder, der will, kann binnen drei Minuten Einsicht in die Buch­haltung der ÖVP nehmen. (Abg. Dr. Rasinger: Das ist die Märchenplatte!) Ich habe das versucht, aber da hat es geheißen: Nein, das geht nicht! (Heiterkeit bei der SPÖ sowie den Grünen.)

Frau Klasnic hat gesagt: Die ÖVP hat nichts zu tun mit Schwarzgeld im Fall Hirsch­mann.

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Kräu­ter, das hat mit dem Eurofighter und der Vorlegung des Vertrages nichts zu tun! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Ich rufe Sie erstmals zur Sache! (Oh-ja-Rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Herr Präsident, ich stelle noch einmal den Zusammenhang her. (Abg. Dr. Gusenbauer: Herr Präsident, da wissen Sie mehr als wir!) Ich befürchte und vermute Schwarzgeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Eurofighterkauf und bringe jetzt noch ein, zwei Beispiele aus der Steiermark dazu. (Abg. Mag. Molterer: Legen Sie etwas vor!)

Frau Klasnic hat gesagt: Die ÖVP hat nichts damit zu tun. Allerdings ist Ex-ÖVP-Klub­obmann Schilcher die Drehscheibe. Ex-ÖVP-Landesrat Fuchs  ist der Vermittler. (Abg. Neudeck: Eurofighter!) Und ÖVP-Bundesrat Hösele ist der Mitwisser.

Meine Damen und Herren von der ÖVP, seien Sie mir nicht böse, aber es tun sich Abgründe in der Steiermark auf, was Schwarzgeldzahlungen und Versteckspiel betrifft, sodass es berechtigt ist (Abg. Neudeck: Ich glaube, Sie sollten einmal bei Prammer einen Kurs „zur Sache“ machen!), mit Fug und Recht zu behaupten, dass auch beim Eurofighterdeal Schwarzgeld geflossen sein dürfte. (Abg. Steibl: Zur Sache bitte!)

In diesem Sinn liegt die Forderung auf dem Tisch: Legen Sie endlich diesen Vertrag vor, um allen Verdachtsmomenten entgegenzutreten, Frau Kollegin Steibl! (Beifall bei der SPÖ.)

15.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Murauer. Seine Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. 10 Minuten beträgt die gesetzliche Redezeit. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Neudeck: Schwarzes Geld in rote Taschen! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

 


15.32.04

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kräuter, erstens: Was heißt hier „Unerträglichkeit“? – Sie behaupten hier pauschal, dass es Schwarzgeldzahlungen in der Steiermark gegeben habe – und haben keinen Beweis dafür. Der Rechnungshof beweist Ihnen das Gegenteil. Was ist da „unerträglich“, frage ich Sie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Hirschmann!)


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Zweitens: Ich möchte nicht sagen, dass es unerträglich ist, aber schon Folgendes er­wähnen: Herr geschäftsführender Klubobmann Cap, Sie machen hier eine Ihrer kaba­rettistischen Einlagen. Ich meine, das ist ganz nett zum Lachen und zum Zuhören. Aber dass Sie im Rahmen Ihrer kabarettistischen Darstellung Sicherheitspolitik einfor­dern und verlangen, dass man ernsthaft darüber reden sollte, das, Herr Kollege Cap, ist unerträglich und eine Zumutung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: Sie wissen ja nicht mehr, wie Sie sich herauswin­den sollen!)

Da fällt mir dazu ein Vergleich mit dem Gulasch ein. Das Gulasch wird besser, wenn man es 17mal aufwärmt. Ihre Debatte um das gleiche Thema mit denselben Argumen­ten, mit den pauschalen Vorwürfen, die alle unbegründet sind (Abg. Mag. Kogler: Es sind immer neue Vorwürfe!), wird nicht besser, sondern nur dünner. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: Dann setzen Sie einen Untersuchungsausschuss ein!)

Ich möchte daran erinnern, dass es dieser Bundesregierung gelungen ist, Sicherheits­politik zu finanzieren. Kollege Kogler, das schmerzt Sie, ich habe Verständnis für Sie, das ist immer schlimm für die Opposition. Dieser Bundesregierung ist es gelungen, die Flugraumüberwachung mittels Eurofighter zu finanzieren, eine Steuerreform zu ma­chen (Zwischenruf des Abg. Eder), eine Pensionserhöhung durchzuführen, die Pend­lerpauschale und das Kilometergeld entsprechend zu erhöhen. Es wurde nicht die Sicherheitspolitik auf Kosten anderer Investitionen zum Beispiel im Bereich Sozialleis­tungen finanziert, sondern es gelang beides. Diese Bundesregierung hat Verantwor­tung für beides. Wir haben bezüglich Sicherheitspolitik alles getan und sind permanent bemüht, dieses Österreich als Sozialstaat, als Staat der sozialen Wärme zu halten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Opposition, es gibt schon eine interessante Ent­wicklung: Zuerst waren Sie für die Luftraumüberwachung. (Abg. Mag. Kogler: Hinten bei den Triebwerken ist es schön warm!) Herr Kollege Gusenbauer, bis 17. April 2000 ist noch alles gelaufen. Jawohl, wir brauchen Luftraumüberwachung, müssen auch Flieger kaufen – heute ist dem nicht mehr so. (Abg. Mag. Kogler: Luftraum-Erhitzer!) Ab 17. April 2000 gab es nämlich eine Bundesregierung ohne Sie, Gott sei Dank, die entsprechend erfolgreicher ist, als das mit Ihnen möglich wäre. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist Österreich teuer zu stehen gekommen! Wie viel bekommen Sie?) Ab diesem Zeitpunkt haben Sie Ihr Argument fallen gelassen und gesagt, jetzt sind wir gegen die Luftraumüberwachung.

Herr Cap, Sie waren sogar für einen NATO-Beitritt. Heute sagen Sie, wir brauchen überhaupt nichts mehr. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) Wir brauchen weder ein Militär, noch eine Luftraumkontrolle, noch einen NATO-Beitritt, sondern das machen unsere Freunde am Rande unseres Staates. Wir sind umgeben von NATO-Staaten, von befreundeten Staaten et cetera, und deswegen brauchen wir keine Eigenständig­keit, so Kollege Cap.

Wir sind anderer Meinung. Wir sagen, wir sichern unser Land zu Boden und auch in der Luft. Ich bin froh, wenn der Anlassfall nicht kommt, dass wir die Überwachungs­flugzeuge Eurofighter brauchen, um einer Bedrohung entsprechend entgegentreten zu können.

Das ist Ihnen nicht aufgegangen. Wahrscheinlich hat die Sozialistische Internationale Sie darauf aufmerksam gemacht, dass alle Staaten Flugzeuge haben, nur Österreich nicht. Dass wir keine internationale Veranstaltung abhalten können, hat Ihnen dann Ihre Kollegin aus Salzburg, Frau Landeshauptmann Burgstaller, berichtet. Man braucht einen Vertrag, es muss die Sicherheit in der Luft gewährt werden, sonst können die


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Winterspiele nicht stattfinden. Herr Gusenbauer, das wissen Sie, auch wenn Sie jetzt anders tun. (Abg. Dr. Gusenbauer: Mit diesen Eurofightern?! Die sind eine Gefahr für die Sicherheit!)

Dann ist die Ihre nächste Kampagne betreffend Typenentscheidung gekommen. Sie meinten, das sei nicht die richtige Type. – Der Rechnungshof hat dann das Gegenteil bewiesen, nämlich dass sehr wohl die Kosten-Nutzen-Rechnung in Ordnung ist, dass es eine unabhängige Kommission gegeben hat, welche die Entscheidung für den Euro­fighter als bestes, als kostengünstigstes Fluggerät für Österreich getroffen hat. (Abg. Mag. Kogler: So ein Unsinn! Niemals!)

Herr Vorsitzender des Rechnungshofausschusses Kogler, würden Sie eine andere Vorsitzführung machen und nicht von den einzelnen Sitzungen mit den Sozialdemo­kraten davonlaufen, dann hätten Sie mehr Möglichkeit, den Herrn Bundesminister zu fragen, der Rede und Antwort gestanden ist, aber Sie sind nicht dabei gewesen. Sie sind weg gewesen und haben die Information, die zur Verfügung gestanden ist, nicht entsprechend wahrgenommen.

Jetzt kommt etwas Rührendes: Sie sind mittlerweile schon für die Luftraumüberwa­chung. Sie sind mittlerweile durchaus bereit, darüber zu reden, dass man nicht ohne Flugzeug auskommt. Aber jetzt kritisieren Sie, dass wir vielleicht im Jahre 2007 diese Flugzeuge nicht mehr erhalten. – Da gibt es kein Tranchenproblem. Die Wahrheit ist, dass es ein exzellentes, zeitgerechtes, modernes, europäisches Fluggerät gibt, das bestellt worden ist, und dann gibt es eine optimierte Software, die dann bei der „zwei­ten Tranche“ – unter Anführungszeichen – mit dabei ist. (Abg. Mag. Kogler: Lesen Sie den Vertrag vor!)

Wir bekommen zeitgerecht die Zulieferung mit der entsprechenden Ausstattung wäh­rend der jetzt genannten Tranche zwei. Machen Sie sich keine Sorgen, wir bekommen die Flugzeuge, und die Gegengeschäfte laufen. (Abg. Mag. Kogler: Die laufen Ihnen davon!) Auch Herr Androsch von FACC bestätigt uns, dass er froh darüber ist und jetzt ein neues Werk errichten will. Ihnen wird doch auch der Arbeitsplatz ein Anliegen sein, so nehme ich an. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das sind die teuersten Arbeitsplätze in Ös­terreich!)

Wie reden Sie eigentlich über den Erzeuger EADS! Wissen Sie überhaupt, über wen Sie da reden? Wissen Sie, wie viele bei EADS arbeiten? Wissen Sie, was dort produ­ziert wird? Ist Ihnen das bewusst? Und Sie machen EADS bei jeder Gelegenheit schlecht, dass sie nicht in der Lage sind, zu liefern, kein ordentliches Gerät liefern und so weiter. Sind Ihnen die Arbeitsplätze egal, frage ich Sie! (Abg. Dr. Gusenbauer: Wo sind die Arbeitsplätze? In Österreich?) Das spielt für Sie offensichtlich keine Rolle. Der Linkspopulismus ist da offensichtlich Ihre Triebkraft – und sonst nichts! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister Platter, ich möchte Ihnen sehr herzlich dafür danken, dass Sie klargestellt haben, dass es eine lückenlose Luftraumüberwachung geben wird und dass für die österreichische Bevölkerung zu jeder Zeit, und zwar auf dem Lande und in der Luft, die Sicherheit gewährt werden kann und dass Sie aus diesem Vertrag nicht aussteigen werden, weil Sie wissen, dass wir damit das beste und kostengünstigste Gerät haben.

Meine Damen und Herren, dass wir selbstverständlich die Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses ablehnen, liegt wohl auf der Hand. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.40



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. 8 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


15.40.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die allgemeine Heiterkeit in der SPÖ ist zwar dem Thema nicht angemessen, aber wahrscheinlich der Einleitung vom Klubobmann Cap, denn er hat ja richtig gesagt: Sie wissen, was jetzt kommt!, und damit hatte er völlig recht.

Wir wissen, was kommt, wenn eine Dringliche Anfrage oder ein Dringlicher Antrag ein­gebracht wird, denn wir haben das seit dem Jahre 2000 schon insgesamt zirka 30 Mal miterleben können: 30 Mal dieselben Argumente, dieselben falschen Behauptungen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir konnten dann 30 Mal das richtig stellen.

Bei den 30 Mal kamen die Herrschaften Gusenbauer und Cap dran; manchmal umge­kehrt, nämlich zuerst Cap und dann Gusenbauer. Heute gab es eine neue Kombina­tion: Cap und Kräuter. Vielleicht darf einmal auch Kollege Gaál eine Dringliche Anfrage hier begründen; er kennt sich nämlich in der Sicherheitspolitik wirklich aus. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) Kollege Gaál weiß ganz genau, dass wir diese Luft­raumüberwachung brauchen und dass es ein Unsinn ist, dass die Tschechen oder die Ungarn unseren Luftraum mit überwachen – eine Lösung, die Sie auch schon vorge­schlagen haben – oder dass man Lenkwaffen anschafft, also dass man zuerst runter­schießt und dann schaut, wer da oben drüberfliegt.

Herr Kollege Cap, Sie verwechseln offensichtlich den Nationalrat immer mit einem Vortragsabend bei irgendeiner Sektion in Hernals, denn Ihre Vergleiche mit dem Auto­händler und so weiter sollten Sie besser dort bringen, dort werden Sie dafür vielleicht Applaus und Jubel ernten. Hier sollten Sie wenigstens ein bisschen bei der Wahrheit und bei den Fakten bleiben.

Dann kommen Sie wieder mit dem Preis und werfen ein, warum Großbritannien so wenig zahle und wir so viel. – Sie vergessen dabei die Milliarden an Euro, die von den Betreiberländern in die Entwicklung investiert werden mussten, um dann produzieren zu können und gemeinsam den Vertrieb zu machen.

Ich sage Ihnen: Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn sich Österreich vom Beginn an an einem solchen Hochtechnologieprojekt beteiligt hätte, denn das hätte massiv für uns Arbeitsplätze gebracht und Technologietransfer nach Österreich bedeutet. (Abg. Mag. Kogler: Wo denn?) Ich weiß nicht, ob Sie wirklich da dafür gewesen wären. Da hätten Sie es nämlich in der Hand gehabt, denn das war in den achtziger Jahren und in den neunziger Jahren die Entscheidung, aber da haben Sie das ja noch anders gese­hen.

Dann kamen Sie natürlich wieder mit dem Argument: Was alles könnte man finanzie­ren, wenn man nur die Abfangjäger nicht kaufen müsste! Und das alles mit 0,25 Pro­zent des Budgets, denn auf zehn Jahre hochgerechnet sind das die Aufwendungen für die Luftraumüberwachung. Sie tun so, als ob mit 0,25 Prozent des Budgets alle Pro­bleme des Staates gelöst werden könnten. – Das zur „Seriosität“ Ihrer Argumentation.

Dann merkte man, meine Damen und Herren, dass Ihnen schon die Ideen ausgehen. Ich habe mir nämlich gedacht, dass die Opposition, wenn sie schon einen Dringlichen Antrag einbringt, darin auch verlangen wird, dass, wie ich in den Aussendungen lesen konnte, der Vertrag gestoppt werden beziehungsweise man daraus aussteigen soll. Ich habe mir den Dringlichen Antrage durchgelesen – und war bass erstaunt darüber, dass Sie das gar nicht wollen. Das ist ohnehin in Ordnung! Vielleicht hat sich da Kollege Gaál durchgesetzt und hat gesagt, es wäre völlig unsinnig, jetzt aus dem Vertrag aus-


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zusteigen und dann in den nächsten Jahren wirklich ein Sicherheitsvakuum zu haben. Genau deshalb wollen Sie das auch gar nicht, sondern Sie wollen nur Einsicht in den Vertrag haben.

Sie sind schon darauf hingewiesen worden, wie das beim Draken gewesen ist. Ich kann mich noch erinnern: Da waren Sie in der Regierung und haben das alles mitge­bracht. Es war eine wesentlich weniger sensible Angelegenheit. Wir wollten Einsicht in Kompensationsverträge für irgendein Beschaffungsprojekt. Da gab es einen Aus­schuss. Was hat man uns gegeben? – Leere Seiten mit dem Aufdruck „vertraulich“ darauf. Das war die „Akteneinsicht“, die Sie damals gewährt haben!

Einer hat Akteneinsicht gehabt, nämlich der Rechnungshof, und zwar in alle Unterla­gen. Aber dem vertrauen Sie anscheinend nicht, nämlich so wenig, dass Sie nicht ein­mal bei den Sitzungen des Rechnungshofausschusses dabei sind, wo genau diese Frage debattiert worden ist. Dort hätten Sie ja die Details abfragen und Ihre Kritik äußern können, aber diese Sitzungen haben Sie „geschwänzt“. Ich weiß schon, es war die Sitzung wieder am Abend, vielleicht waren Sie da in einer SPÖ-Sektion in Hernals und haben dort wieder den Vergleich mit dem Autohändler gebracht. Das mag viel­leicht populistisch angenehmer sein, aber Seriosität, die in dieser Frage angebracht wäre, ist das sicherlich nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Der Scheibner ist gegen Wien! Der Scheibner hat ein Problem mit Wien!)

Jetzt gebe es, wie Sie sagen, ein neues Argument: die Tranche 1 und die Tranche 2. Sie wissen ganz genau – ich bin da immer sehr ehrlich –, auch mir wäre es lieber ge­wesen, dass wir sofort die Tranche 2 von Haus aus bekommen, denn dann brauchen wir keine Umrüstungen. Auch wenn sie das Bundesheer nichts kosten, ist es trotzdem ein Aufwand. Auch wenn nur einige Monate, ein Jahr oder zwei Jahre diese Über­gangsphase dauern sollte, wäre es trotzdem sinnvoll, dass man, wie geplant, sofort in die Tranche 2 hineingeht. Ich habe auch nie verhehlt, dass es mir lieber gewesen wäre, wenn wir sofort und zumindest 24 Abfangjäger angekauft hätten. Es wäre mir auch lieber gewesen, wenn wir die volle Bewaffnung angeschafft hätten. Und es wäre mir auch lieber gewesen, wenn man einen Teil der Abfangjägerflotte auch für die ge­meinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Verfügung gestellt hätte, weil wir uns dadurch auf der anderen Seite Truppenkontingente erspart hätten. – Das alles ist nicht so gegangen, aber trotzdem ist dieses Projekt eine sinnvolle, ja eine notwendige Maßnahme zur Garantie der Sicherheit Österreichs.

Wenn man sich den Unterschied zwischen Tranche 1 und Tranche 2 anschaut, dann muss man sagen: Ja, natürlich, das Upgrading bei der Software ist schon wichtig! Wir werden halt jetzt für einige Zeit bei sechs Flugzeugen, wie ich gehört habe, nur das zweitbeste Flugzeug der Welt haben und nach einem Jahr dann das beste Flugzeug der Welt, wenn das upgegradet ist. Aber ich weiß nicht, ob Sie damit viel anfangen können, dass der erweiterte Symbolgeneratorcomputer dann upgegradet wird, dass die integrierte Überwachung und Aufzeichnung dann upgegradet werden, dass das Data­linksystem Attack and Identification dann upgegradet wird. (Abg. Dr. Niederwieser: Ich glaube, damit können auch Sie nichts anfangen! Sie lesen das nur vor!)

Was wir nicht wollen – und da sind wir uns, glaube ich, bei der Tranche 2 einig –, das ist die Ausstattung mit Steuereinheit für gelenkte Bomben und andere Luft-Boden-Akti­vitäten. Das haben Sie ja auch wieder behauptet und von „Bombern“ gesprochen. Ich weiß schon, das ist auch wieder der Sektionsjargon von Hernals: der „Bomber“.

Ich nehme an, dass Sie schon wissen, was ein Bomber, ein Kampfbomber ist. Ein Kampfbomber ist ein Fluggerät, das von der Luft aus ein Bodenziel bombardiert. (Abg. Gaál: Nein!)


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Das wollen wir nicht! Ein solches Gerät haben wir daher auch nicht angeschafft, son­dern wir haben ein Luftraumüberwachungsflugzeug angeschafft, das die Sicherheit in der Luft organisiert und keine Bodenunterstützung unternimmt. Deshalb ist dieser große Teil des Upgradings der Tranche 2 für Österreich gar nicht aktuell und wird auch nicht abgerufen werden. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.)

Zu Ihrem Vorwurf der Manipulation muss ich schon auch etwas sagen, obwohl es mich bei Ihnen ja nicht einmal mehr ärgert, wenn Sie hier von „Manipulation“ und „Korrup­tion“ sprechen; auch Kollege Jarolim hat das hier dazwischengerufen. Nur: Ich muss wirklich fragen: Welche Erfahrungen haben Sie selbst mit solchen Projekten gemacht, wenn Sie das alles gleich so glauben? (Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung SPÖ –: Sie sind selber so! Wie der Schelm denkt, so ist er! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Jarolim vertritt, soviel ich weiß, die Austrian Airlines oder hat sie vertreten. Sie haben schon Abfangjägerprojekte und andere Rüstungsprojekte gemacht. Also: Wel­che Erfahrungen haben Sie, Herr Kollege Kräuter, mit solchen Dingen? Ich kann nur sagen: Sie sind ein Abgeordneter, der Immunität genießt, und es ist daher völlig egal ... Ihre Partei oder irgendeine Organisation Ihrer Partei hat das einmal vorgeworfen und hat dafür zahlen müssen, weil da in Wahrheit nicht einmal ein Funken des Verdachts vorhanden ist.

Die Staatsanwaltschaft hat alles geprüft. Jetzt hat der Rechnungshof drei Mal geprüft (Abg. Mag. Kogler: Völlig falsch!) und gesagt: Nur diese Entscheidung war richtig! – Ich möchte nicht wissen, was Sie gesagt hätten, wenn wir anders entschieden hätten.

Die Kommission im Heer hat so entschieden. Das haben wir ohnehin schon x-Mal hier angeführt. Aber Ihrem heiteren Gesicht – na, jetzt sind Sie ein bisschen eingeschlafen, habe ich gemerkt. Zumindest die Heiterkeit ist gewichen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Sie wissen ja, Herr Kollege Cap, das war wieder der Jargon von der Sektion Hernals: das „eingeschlafene Gesicht“. Daran merkt man, dass Ihre eigene Aktion in die Hose gegangen ist. So wie bei allen anderen 30 Initiativen gegen die Eurofighter beziehungsweise gegen die Luftraumüberwachung ist auch diese Ihre Aktion hier und heute in die Hose gegangen. Stichwort: Sektion Hernals.

Das wird auch in Zukunft so sein. Und ich sage Ihnen: Ich freue mich schon immer auf diese Diskussionen hier, denn sonst ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Uns schläft nicht das Gesicht ein, Herr Kollege Cap, sondern wir sind stolz darauf, dass wir, meine Fraktion – nicht nur in der Regierung, so wie bei Ihnen, sondern selbst in der Oppositi­onszeit –, diesem Populismus nicht nachgekommen sind (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) und nicht gesagt haben: Das alles wollen wir nicht, da sind wir dagegen! Ganz im Gegenteil: Wir sind der Meinung, bei der Sicherheit hört sich der Populismus auf!

Da muss man manchmal das Unangenehme, aber Notwendige entscheiden. Das ist so bei der Luftraumüberwachung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Jakob Auer: Heute war Scheibner exzellent!)

15.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. 10 Mi­nuten gesetzliche Redezeit. – Bitte.

 


15.50.46

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, dass das ein sehr guter Antrag ist. Gute Anträge zeichnen sich dadurch aus, dass sie einfach sind, dass sie verständlich sind, dass sie in einem Satz erklärt werden können und dass sie einen Punkt treffen. Und das kann man in einem Satz erklären: Dem Nationalrat soll endlich der Eurofighter-Vertrag vorgelegt werden, weil er ein


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Recht darauf hat! – Punkt. Das ist alles. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Das geht so nicht!)

Das ist nicht nur vernünftig, das ist nicht nur angemessen, sondern das schreiben auch die österreichischen Gesetze vor. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Herr Bundesminister Platter, ich weise Sie darauf hin, dass die Verweigerung der Her­ausgabe des Vertrages und der Beitexte an den Nationalrat mit Sicherheit eine Verlet­zung sämtlicher einschlägiger Gesetze – inklusive der Geschäftsordnung des österrei­chischen Nationalrates – ist. Ich werde das in der Folge begründen und Ihnen auch erklären, welche Folgen das noch haben wird.

Zum Ersten: Der „bekannte“ Jurist, Staatssekretär Morak (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), der „Burg-Jurist“ Morak hat uns erklärt, dass der Amtsverschwiegenheit alles unterliegt, was umfassende Landesverteidigung ist.

Herr Minister Platter, seit Sie Bundesminister für Landesverteidigung sind, haben Sie, wenn eine solche Gesetzesinterpretation gelten würde, Dutzende Male die Amtsver­schwiegenheit gebrochen und damit einen wichtigen Paragraphen des Strafgesetzbu­ches verletzt, weil Sie Anfragen von Abgeordneten zu Gegenständen der Landesver­teidigung beantwortet haben.

Nach einer solchen Interpretation hätten Sie das, Herr Bundesminister, kein einziges Mal gedurft. Also müssen Sie erklären, warum Sie es sonst fast immer mehr oder we­niger tun – und in diesem einzigen Fall partout nicht dürfen. Und dieses Nicht-Dür­fen – und wir werden darauf noch zurückkommen – ist in keinem einzigen Gesetz begründet.

Es gibt ein zweites Argument, das Sie heute nicht gebraucht haben, das Sie aber im Rechnungshofausschuss gebraucht haben, und das lautet so: Wir haben mit der Euro­fighter GmbH im Vertrag eine Vereinbarung zur Geheimhaltung auch dem Nationalrat gegenüber geschlossen.

Ja glauben Sie wirklich, dass das geht? Glauben Sie wirklich, dass sich jeder Minister und jeder Geschäftsmann zusammensetzen und sagen können: Für die vorliegende Ausschreibung, für die vorliegende Vergabe schließen wir einen Vertrag, mit dem wir das Fragerecht des Nationalrates aufheben!? Glauben Sie wirklich, dass das Ihnen und Ihren Freunden in der Rüstungsindustrie zusteht? (Abg. Öllinger: Zuzutrauen wäre es schon!) Glauben Sie, dass Sie über den Gesetzen stehen, über der Ge­schäftsordnung stehen, über der Bundesverfassung stehen? (Abg. Öllinger: Die glau­ben das!)

Glauben Sie, dass etwas, was man in diesem Hohen Haus selbstverständlich nicht als Schiebung bezeichnen darf, aber für das man keinen anderen Begriff findet, rechtfer­tigt, Gesetze serienweise zu brechen, sich über die Rechte des Nationalrates hinweg­zusetzen und zu sagen: Ich bin’s, der Herbert Scheibner, und ich habe das mit den Herren aus München ausgemacht? – Das reicht nicht! (Abg. Scheibner: Ich habe gar nichts ausgemacht!) Entschuldigung! – Herbert Scheibner war die Vorgeschichte. Gün­ther Platter hat das unterschrieben, hat das unterschriftsmäßig ausgebadet, was Her­bert Scheibner auf Veranlassung des Finanzministers einlassen musste. (Abg. Scheib­ner: Völlig falsch!)

Jetzt stellt sich die Frage, warum ein persönlich anständiger – und ich sage das ohne jeden zynischen Unterton – und seriöser Verteidigungsminister wie Günther Platter so etwas tut, in vollem Wissen, dass beide rechtlichen Figuren absolut unhaltbar sind.

Da gibt es einen Hinweis – und ich möchte auch da weiterfragen, und vielleicht können Sie da Fragen beantworten –, nämlich folgenden: Im Mai 2003 ist der Vertrag ge-


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schlossen worden. Ende November 2003 ist die Firma Magna wieder der Industriellen­vereinigung beigetreten. Der Sprecher der Firma Magna hat erklärt, dass man wieder beitrete, weil die Industriellenvereinigung in der letzten Zeit eine besonders effiziente Serviceorganisation geworden sei. Es wurde ein hoher Beitrag von Magna an die In­dustriellenvereinigung bezahlt.

Es gibt einen Paragraphen im Parteiengesetz, der beschreibt, wie Parteispenden an den Rechnungshof zu melden sind: Juristische Personen, physische Personen müssen in der Spenderliste ihre Parteispenden deklarieren. Im Absatz 4 gibt es eine Aus­nahme. Die Ausnahme sind freiwillige Interessenvertretungen. Und die Industriellen­vereinigung ist eine freiwillige Interessenvertretung. Über die Industriellenvereinigung werden – ich habe das öffentlich behauptet, und niemand in der Industriellenvereini­gung hat sich nachhaltig zur Wehr gesetzt – völlig legal Spenden gewaschen. Das österreichische Parteiengesetz hat diese Lücke bewusst eingebaut bekommen.

Ich gehe davon aus und frage Sie, Herr Verteidigungsminister, ob Sie Kenntnis davon haben, dass die Firma Magna im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Geschäft der Industriellenvereinigung einen hohen Euro-Betrag überwiesen hat, der an die ÖVP wei­ter überwiesen worden ist. Das ist die Schüsselfrage! (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

In dieser Deklaration, unter dem Punkt „Interessenvertretungen“, hat die ÖVP im Jah­re 2003 314 000 € erhalten. (Abg. Murauer: Er erzählt einfach etwas! Das ist eine bodenlose Sache!) Ich frage die Damen und Herren von der ÖVP: Von welchen Firmen haben Sie, gewaschen über die Industriellenvereinigung, diese 314 000 € erhalten? Wie viel haben Sie im Jahre 2004 erhalten? Warum ist das in der Industriellenvereini­gung gewaschen worden? Warum konnten sich die Spender aus der Industrie nicht zu ihren Spenden bekennen?

Das sind die Fragen, die wir heute im Zusammenhang mit dem Eurofighter hier zu stellen haben, weil wir bis heute nicht wussten, warum derartiger militärischer und wirt­schaftspolitischer Unsinn zu Lasten des österreichischen Staatshaushaltes von einer Regierungsmehrheit, unter der Führung der ÖVP, gegen den Willen des damaligen freiheitlichen Verteidigungsministers durchgepeitscht und durchgesetzt wurde! Das ist der entscheidende Punkt!

Das erste Mal gibt es die Möglichkeit eines klaren Motivs, und dieses klare Motiv heißt „Daimler Benz“, heißt „Interesse Magna“, heißt „Industriellenvereinigung“, heißt „legale Geldwäsche“ und heißt „Finanzierung der ÖVP“. Da wollen wir Fragen stellen, und da wollen wir Fragen beantwortet haben! (Abg. Murauer: Und dann sind Sie munter geworden!)

Legen Sie endlich die gewaschenen Spenden (Abg. Murauer: Legen Sie Ihre Träume ab!) und die verheimlichten Namen der Spender auf den Tisch! Dann wissen wir mögli­cherweise, warum Sie als Partei aus dem Eurofighter-Vertrag nicht mehr rauskommen.

Aber weil es eben so ist und weil es um diese Fragen geht, bin ich noch zuversicht­licher, dass wir schon bald eine Mehrheit haben, die imstande ist, auf Grund völlig anderer Vorgeschichten und anderer Parteifinanzen diesen Vertrag aufzukündigen. Auf das Wichtigste hat uns der deutsche Verteidigungsminister hingewiesen, nämlich: weil die Firma Eurofighter nicht lieferfähig ist, weil sie nicht in der Lage ist, die Muss-Krite­rien zu erfüllen.

Da haben wir zum ersten Mal als Zeugen einen deutschen Verteidigungsminister – nicht einen österreichischen Oppositionspolitiker, nicht eine österreichische Journalis­tin! –, und der sagt, dass wir heute, morgen, übermorgen, ohne einen Euro, ohne einen Cent zu zahlen, aus dem Vertrag aussteigen könnten.


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Deswegen meine beiden Vorschläge: Steigen wir aus, um den Schaden zu minimieren! Und legen Sie endlich Ihre Parteifinanzen in diesem Zusammenhang und auch im In­teresse der Aufklärung der Motive bei diesem Eurofighter-Debakel offen! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter. 10 Minuten gesetzliche Redezeit. – Bitte.

 


15.59.16

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich von solchen Anschuldigungen, wie sie Abgeordneter Pilz hier soeben gemacht hat, ganz klar distanzieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mein wichtigstes Credo in der politischen Arbeit ist es, sauber und korrekt zu arbeiten. Sie beleidigen mich persönlich, wenn Sie solche Anschuldigungen machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben über die Notwendigkeit der Luftraumüber­wachung hier in diesem Hohen Hause oft diskutiert – und ich orte schon einen breiten Konsens dafür, dass es notwendig ist, eine aktive Luftraumüberwachung durchzufüh­ren. Meine Aufgabe und meine Verantwortung ist es, für eine lückenlose Luftraumüber­wachung zu sorgen! Würde man aus diesem Vertrag aussteigen, würde das einen Stopp der Luftraumüberwachung bedeuten. Und das wird diese Bundesregierung zwei­fellos nicht zulassen! Wir brauchen das! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte Sie nun über einige Fakten informieren; das war im Rechnungshofaus­schuss leider nicht möglich, da Sie nicht anwesend waren. (Abg. Murauer: Weil sie da­vongerannt sind!) Im Eurofighter-Vertrag ist geregelt, dass wir vom Jahre 2007 bis zum Jahre 2009 18 Eurofighter der Tranche 2 erhalten werden. Ich bin meinen Experten sehr dankbar dafür, dass sie verantwortungsvollerweise vertraglich abgesichert haben, dass, falls die Tranche 2 nicht fristgerecht geliefert werden kann, zunächst Eurofighter der Tranche 1 – fabriksneu! – geliefert werden, welche dann auf Kosten der Eurofigh­ter GmbH auf den Standard von Tranche 2 adaptiert werden. (Abg. Mag. Kogler: Weil die  schon gewusst haben, dass sie nicht lieferfähig sind!)

Mir ist es wichtig, festzustellen, dass es dabei nicht um einen neuen Eurofighter, son­dern um die Software geht. Hier geht es um einen zusätzlichen leistungsfähigen Com­puter, der eingebaut beziehungsweise modifiziert wird. Wir werden dann also natürlich 18 Eurofighter der Tranche 2 haben.

Grund für die Lieferschwierigkeiten ist, dass es im britischen Parlament auch auf Grund von Wahlen nicht möglich war, der Firma Eurofighter GmbH rechtzeitig das Go für die Tranche 2 zu geben. Deshalb werden sechs Eurofighter der Tranche 1 geliefert, die dann auf Tranche 2 adaptiert werden, und zwar auf Kosten der Firma Eurofigh­ter GmbH; zwölf Eurofighter werden aus Tranche 2 geliefert. – Das heißt, das ist ein­deutig vertragskonform! (Abg. Mag. Kogler: Legen Sie ihn doch offen!) Ich bin froh, dass unsere Experten diese Möglichkeit eingefügt haben.

Meine Damen und Herren, ich verstehe die Kritik nicht, und zwar aus folgendem Grund: Es hat der Rechnungshof das gesamte Geschäft inklusive Vertrag überprüft. Und es ist im Rechnungshofbericht auf diese Tranche 1- und Tranche 2-Möglichkeiten hingewiesen worden, dass nämlich, falls Tranche 2 nicht geliefert wird, Tranche 1 ge­liefert wird. Der Rechnungshof hat dazu nur die Empfehlung gegeben, dass abge­sichert werden soll, dass es nicht zu Lasten des BMLV geht. (Abg. Mag. Kogler:


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Wieso empfiehlt der das, wenn es eh drinnen steht? Das ist ein Widerspruch!) Genau das haben wir auch vertraglich abgesichert. Aber der Rechnungshof – lesen Sie nach im Bericht! – hat diese Vorgangsweise nicht kritisiert. (Abg. Mag. Kogler: Natürlich!) Während der parlamentarischen Debatte, als Ihnen der Bericht vorgelegt wurde, haben Sie überhaupt nicht auf diesen Umstand hingewiesen. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung Grüne –: Habt ihr geschlafen?)

Zum Zweiten bin ich im Juni 2005 in einer Sitzung des Rechnungshofausschusses auf diesen Punkt eingegangen. Ich möchte Ihnen dazu aus dem Bericht der „Parlaments­korrespondenz“ zitieren:

Der Herr Minister berichtete, „dass Österreich ab 2007 mit den ersten Eurofightern beliefert werde, eine lückenlose Luftraumüberwachung sei damit gewährleistet. Sollte die Tranche 2 nicht rechtzeitig fertig sein, dann werden Flugzeuge der Tranche 1 aus­geliefert, die jedoch – ohne zusätzliche Kosten – nachgerüstet werden.“

Von einer Geheimniskrämerei oder sonst etwas kann also überhaupt nicht die Rede sein; ich habe das sehr seriös dem Ausschuss berichtet! (Abg. Mag. Molterer: Da wart ihr ja nicht dabei! Da seid ihr ausgezogen! Das kommt davon, wenn man davonrennt!) Leider waren Sie nicht dabei! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Zur Frage der Vertragsoffenlegung: Ich habe bereits mehrmals gesagt und wiederhole es noch einmal, dass eine Offenlegung auf Grund der Amtsverschwiegenheit nicht möglich ist. Zum Ersten enthält der Vertrag technische Bestimmungen, deren Geheim­haltung im Interesse der umfassenden Landesverteidigung geboten ist. Ich verweise auf Artikel 20 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes. Zum Zweiten enthält der Ver­trag kaufmännische Bestimmungen, deren Geheimhaltung im Interesse des Vertrags­partners liegt. (Abg. Mag. Kogler: Ja, im Interesse des Vertragspartners!) Aus diesen Gründen ist eine Offenlegung des Beschaffungsvertrages nicht möglich.

Meine Damen und Herren! Aus eben diesen Gründen wurde noch nie auch nur irgend­ein militärischer Beschaffungsvertrag offen gelegt. Herr Staatssekretär Morak hat es schon gesagt: Im Jahre 1987 gab es dieselbe Debatte. Der Unterausschuss hat ver­langt, dass der Draken-Vertrag offen gelegt werde. Und aus genau den erwähnten Gründen wurde das damals nicht gemacht. (Abg. Murauer: Das hat die SPÖ ver­gessen!) Sie können sich sicherlich daran erinnern, wer damals Bundeskanzler war, nämlich Dr. Franz Vranitzky. Er hat sich dazu geäußert und gesagt, er fände es gut, dass dieser Vertrag nicht veröffentlicht wird, weil es nicht machbar ist! – Und das, was damals gegolten hat, hat auch heute noch zu gelten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte Sie darüber hinaus auch über den Entwicklungsstand des Eurofighter der Tranche 1 informieren. Es sind bereits 58 Eurofighter der Tranche 1 in Truppenver­wendung. General Jumper, der Chef der amerikanischen Luftstreitkräfte, war – das habe ich ebenfalls schon einige Male gesagt – überrascht über die große Leistungs­fähigkeit des Eurofighter.

Heute kann ich Ihnen in Bezug auf die Zufriedenheit mit dem Eurofighter eine weitere aktuelle Information geben. Die Betreibernationen sind sehr, sehr damit zufrieden, denn heute, am 28. September, hat ein Eurofighter der italienischen Luftwaffe wieder eine hervorragende Flugvorführung vor internationalem Publikum in Ankara absolviert. Bei dieser Gelegenheit hat der stellvertretende italienische Verteidigungsminister und Rüstungsstaatssekretär Filippo Berselli angekündigt, dass die italienische Luftwaffe zu Jahreswechsel den regulären Flugbetrieb mit dem Eurofighter aufnehmen werde. – Das ist also wiederum ein klarer Ausdruck für die Zufriedenheit mit dem Eurofighter auch der Tranche 1.


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Meine Damen und Herren, zum Schluss: Wir bekommen vertragskonform 18 Euro­fighter. Wir bekommen diese Eurofighter fabriksneu in der bestellten Qualität. Der Kauf des Eurofighter wurde mitsamt dem Vertrag vom Rechnungshof genauestens über­prüft, dieser ist zum Ergebnis gekommen, dass die Typenentscheidung zugunsten der Eurofighter zutreffend, dass die Bestbieterermittlung schlüssig und nachvollziehbar war (Abg. Mag. Kogler: Falsch!) und dass es keine Anzeichen von Manipulation und Ge­schenkannahme gegeben hat.

Somit ist in der Zukunft eine lückenlose Luftraumüberwachung in Österreich möglich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. 7 Minuten Wunschredezeit, 10 Minuten gesetzliche Redezeit. (Zwischenrufe bei der ÖVP in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Gaál.)

 


16.07.38

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist ja heute wiederholt die Luftraumüberwachung dezidiert angesprochen worden, zuletzt vom Herrn Bundes­minister, aber auch vom Herrn Staatssekretär – sehr würdevoll vorgetragen – und den Kollegen Murauer und Klubobmann Scheibner. Bleiben wir bei der Wahrheit! Bleiben wir seriös, wie es du, lieber Freund Scheibner, hier verlangt hast – was wir ja ohnedies immer wieder sind. (Abg. Neudeck: „Immer wieder“!)

Der Kauf des Eurofighter Typhoon der Tranche 2 ist der Kauf eines Kampfflugzeugs, das für den Luftkrieg und für den Luftkampf konzipiert worden ist. Das hat mit Luft­raumüberwachung nichts zu tun. Wenn ich all das, was Kollege Scheibner gesagt hat, weglasse, und dazukaufe bis hin zur Bewaffnung, dann brauche ich bitte schön das „sündteure Werkl“ nicht zu kaufen, dann bleibe ich gleich etwa bei gebrauchten F 16, wie der Finanzminister gesagt hat. Dann brauche ich dieses Kriegsgerät doch über­haupt nicht, wie der Herr Finanzminister meinte.

Kollege Murauer behauptet, die Bundesregierung habe all das ausfinanziert. – Also bitte, bis heute gibt es kein schlüssiges Finanzierungskonzept! Und Herr Bundesmi­nister Grasser sagt nach wie vor, dieses Kriegsgerät sei nicht finanzierbar und nicht leistbar, meine Damen und Herren! (Abg. Neudeck: Du hast gesagt, du bleibst bei der Wahrheit, Toni!)

Sie behaupten, die SPÖ sei gegen Luftraumüberwachung. – Auch hier der Wahrheit Ehre gebend: Ihr habt uns niemals die Chance gegeben, hier nein zu sagen. Diese Bundesregierung ist ohne Wenn und Aber drübergefahren und hat diesen Kauf durch­gezogen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Niemand weiß, wie es in Europa weitergeht! Wir sind dabei, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu verwirklichen. Wir arbeiten gemein­sam am Friedensprojekt Europa – und Sie kommen mit Kampfbombern daher, die niemand braucht, weder in Europa noch in Österreich! (Abg. Murauer: Deutschland, England, ... Spanien ...!) Es besteht hier kein Bedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzter Herr Bundesminister Platter! Lieber Freund! Du weißt genau wie ich: Jener Flieger, der angeboten worden ist und den Sie bestellt haben – nämlich aus Tranche 2 –, wird nicht kommen, weil sie nicht fertig ist, weil sie nicht serienreif ist, nicht jetzt, nicht heute! Das sagen alle Experten bei EADS, und ich bin mit vielen im Gespräch. Er wird nicht fertig sein vor 2010/2012. Das ist in allen Fachzeitschriften nachzulesen, das erfahren wir bei allen Gesprächen und das wird sicher auch Kollegen Scheibner bekannt sein.


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Sie werden erst 2010/2012 voll einsatzfähig sein. Und das, Herr Bundesminister, steht in krassem Widerspruch zu den Ausschreibungskriterien und zu den Vergabericht­linien. Das ist für mich eine schwere Missachtung der Sorgfaltspflicht dieser Bundesre­gierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz.)

Daher lautet der einzige Ausweg aus diesem Eurofighter-Debakel: schnellstmöglicher Ausstieg. Nützen Sie die Möglichkeit, Herr Bundesminister! Jetzt haben Sie vielleicht die letzte Chance, denn auch Ihre Herren aus der Revision haben bestätigt, dass der Lieferzeitpunkt 2007 im Kaufvertrag abgesichert ist, mit Konsequenzen bei Nichtein­haltung – mit Schadenersatz, mit Deckungskauf oder Rücktrittsrecht.

Machen Sie wirklich von diesem Rücktrittsrecht Gebrauch, Herr Bundesminister, denn der vereinbarte Liefertermin 2007 kann nicht gehalten werden! Es wird Tranche 2 so, wie Sie sie bestellt haben, nicht geben, daher wird der Eurofighter wieder ein Stück teurer, meine Damen und Herren, denn die als Zwischenlösung angemieteten Uraltflie­ger F-5, die gerade zum Dauerärgernis werden – jede Woche eine Panne! – und die die österreichische Bevölkerung immerhin 75 Millionen €, also 1 Milliarde Schilling, kosten werden, werden verlängert werden müssen!

Wir haben von Anfang an gesagt, dass sich die Eurofighter-Beschaffung als Fass ohne Boden erweisen wird und ein Beschaffungsstopp vorzunehmen ist. Und im Ressort haben sich – noch unter deiner Amtsführung, Kollege Scheibner – sämtliche verant­wortliche Generäle, höchste Beamte und Experten, gegen die Beschaffung des Euro­fighters ausgesprochen. (Abg. Scheibner: Die Kommission war dafür!) Wir haben gemeinsam den Schlussakt gesehen, in dem alles gestanden ist, nur nicht der Kauf von Eurofightern. Das hat uns natürlich alle überrascht. (Abg. Mag. Kogler: Die sind alle pensioniert worden!)

Meine Damen und Herren! Ich kann nur sagen, es ist unfassbar, wie leichtfertig diese Bundesregierung mit schwer verdientem Steuergeld umgeht! Das wird Ihnen die Be­völkerung nicht verzeihen. Dafür wird Ihnen die Rechnung präsentiert werden, frühes­tens bei den Landtagswahlen, aber auch bei den Nationalratswahlen. Dann wird wieder die SPÖ die Hauptverantwortung in diesem Land haben (Rufe bei der ÖVP: Oij!), und dann wird es ein Nein zu dieser Eurofighter-Beschaffung geben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. 6 Minu­ten Wunschredezeit. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Gegenrufe bei der SPÖ.)

 


16.13.38

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Geschätzter Kollege Toni Gaál, ich habe sehr aufmerksam zugehört. Du hast gesagt, dass du dich mit vielen Experten von EADS unterhalten hast, sie hätten alle gesagt, das Gerät kommt nicht auf die Reihe. Das überrascht mich ein wenig, denn als die Mitglieder des Verteidigungs­ausschusses nach Manching aufgebrochen sind, um sich dort die Produktion anzu­sehen, hast du gesagt, du willst dort weder hinfahren noch mit den Leuten von EADS sprechen. Und das ist ein bisschen eigenartig, lieber Toni Gaál!

Zweitens ist es ganz interessant, dass heute versucht wird, einmal mehr Mitglieder der Bundesregierung, Mitglieder der Politik, wenn man es so ganz allgemein sagen darf – denn Sie bleiben ja immer eher im Allgemeinen, Sie werden ja nicht konkret –, zu kriminalisieren. (Abg. Mag. Kogler: Nein, die steirische ÖVP!) Und das ist höchst pro­blematisch, Kollege Kogler – und es passt eh gut, dass du da aus der ersten Reihe dazwischenrufst, was du gar nicht darfst, wie du weißt, weil du nicht auf deinem an-


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gestammten Sitzplatz sitzt. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Öllinger – die Hand in die Höhe haltend –: Bitte, Herr Lehrer!)

Aber es macht nichts, es macht gar nichts! Es passt mir wunderbar, weil du nämlich derjenige warst, der, noch bevor die Entscheidung für den Eurofighter gefallen ist, in einer Anfrageflut an die Mitglieder der Bundesregierung unterstellt hat, dass sämtliche Ausschreibungsunterlagen so manipuliert worden wären, dass nur eine Entscheidung für den Saab Gripen herauskommen könne. Dann aber hat die unabhängige Beschaf­fungskommission im Verteidigungsressort verkündet: Der Saab Gripen ist es nicht, es ist der Eurofighter!

Lieber Kollege Kogler, mich hätte sehr interessiert, zu erfahren, wie die Grünen rea­giert hätten, wenn die Entscheidung tatsächlich zugunsten des Saab Gripen gefallen wäre. (Abg. Mag. Kogler: So ein Unfug!) Das ist höchst unglaubwürdig, was die Grü­nen hier betreiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Was ist nun das Alternativmodell der SPÖ? – Das Alternativmodell der SPÖ zur Be­schaffung des Eurofighters ist: keine Luftraumüberwachungsflugzeuge. Ich habe das, glaube ich, so richtig verstanden. (Ruf bei der SPÖ: Hubschrauber!) – Ich höre gerade den Zwischenruf „Hubschrauber!“. Das passt mir auch wunderbar, denn heute am Vor­mittag, als wir über die Entschädigung der Hochwasseropfer diskutiert haben, haben Sie von der SPÖ gemeint, eigentlich bräuchten wir mehr Hubschrauber. Da ist es doch ganz interessant, dass Sie diejenigen waren, die sich auch bei der Hubschrauber­beschaffung ganz gleich verhalten haben: Sie haben gesagt, wir würden Kampf­hubschrauber beschaffen. Da hat dann das Unglück in Galtür passieren müssen – als uns Nato-Hubschrauber geholfen haben, die betroffenen Menschen ausfliegen zu kön­nen –, damit Sie der Beschaffung dieser Hubschrauber zugestimmt haben, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Das stimmt doch nicht!)

Ihre Alternative ist zunächst einmal, dagegen zu sein. Sie sind dagegen, dass diese Flugzeuge beschafft werden. Ich würde gerne Herrn Gradwohl, meinen Kollegen aus der Region Aichfeld-Murboden einladen, mit mir – wenn es geht, gleich in den nächs­ten Tagen – in die Kaserne Zeltweg zu gehen und dort zu sagen, dass wir diese Flug­zeuge nicht beschaffen. (Abg. Gradwohl: Am Freitag, 11 Uhr? Okay?) 2 000 Arbeits­plätze wären dahin – 2 000 Arbeitsplätze in der Region, die dahin wären, wenn wir diese Beschaffung nicht vornehmen. Und das hätten Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, zu verantworten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Kollege Gradwohl, es ist ja ganz lustig, dass Sie da darüber schimpfen, wie laut dieses Fluggerät in der Region sein wird, denn: Was macht die SPÖ als Reaktion auf die Beschaffung und auf den Flughafen Zeltweg? Wie reagiert die SPÖ? Was macht der Fohnsdorfer Bürgermeister? – Er baut in der Einflugschneise eine Therme! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Eine Therme baut der Fohnsdorfer Bürgermeister in der Einflugschneise, weil die Flugzeuge dort so laut sind. Also mit diesem Projekt wünsche ich Ihnen alles Gute, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Danke für diese Aussage!)

Und als Letztes möchte ich noch – weil ich glaube, dass das einfach nicht in Ordnung ist, dass Sie hier alles so schlechtreden – hinzufügen: Immerhin gibt es Gegenge­schäfte in einem Gesamtvolumen von 4 Milliarden €. Ein Teil dieser Gegengeschäfte ist mittlerweile abgewickelt. (Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo?) Daran hängen Hunderte, ja Tausende Arbeitsplätze! (Abg. Dr. Kräuter: Wo sind sie, die Arbeitsplätze?) Und es ist interessant, dass eine Partei, die immer von sich behauptet, sich um jeden Arbeitsplatz


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zu kümmern, hier nichts anderes versucht, als durch ihre Vorschläge Arbeitsplätze zu vernichten. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit: 6 Minuten. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. (Abg. Gradwohl: Bleibt es bei Freitag, 11 Uhr, Kollege Amon? – Abg. Grillitsch: 15 Uhr! – Abg. Gradwohl: Um 15 Uhr bin ich auch dabei!)

 


16.18.44

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn ihr dann mit der Terminkoordination fertig seid, kann ich vielleicht fortsetzen.

Es war heute wieder einmal äußerst beeindruckend, die sicherheitspolitische Kompe­tenz einer Sozialdemokratischen Partei hier am Rednerpult erleben zu dürfen, eine sicherheitspolitische Kompetenz, die mich sehr traurig stimmt, traurig deswegen, weil es neben der SPÖ – Gott sei Dank für die Sozialdemokratie in Europa! – keine andere Fraktion dieser Couleur gibt, die so fahrlässig mit der Sicherheit ihrer Bevölkerung um­geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Stadlbauer: Vorsichtig mit den Worten!)

Einer solchen sicherheitspolitischen Kompetenz war sich eine SPD in Deutschland auch in Wahlkampfzeiten bewusst, einer sicherheitspolitischen Kompetenz, die die SPD daran gehindert hat, gegen jene 180 Eurofighter zu argumentieren, die Deutsch­land sehr wohl kauft.

Sie aber stellen sich hier an dieses Rednerpult und sagen, alle anderen europäischen Länder hätten keine Ahnung von Sicherheitspolitik, Sie allein hätten den Stein der Wei­sen, denn nur Österreich alleine brauche keine Abfangjäger, alle anderen europäi­schen Nationen liefen sich da irgendwie tot! (Ruf bei der SPÖ: Applaus! – Kein Ap­plaus?)

Das entwickelt sich wieder in die Richtung des schon sehr oft strapazierten Ausdrucks des „sicherheitspolitischen Trittbrettfahrers“. Österreich schimpft beziehungsweise rühmt sich zwar – das kann man jetzt sehen, wie man will –, eines der reichsten Län­der zu sein, aber Sicherheitspolitik ist uns nichts wert. Das sollen die anderen Staaten rund um Österreich für uns machen, die sind blöd genug, solche Kampfflugzeuge zu beschaffen. Wir hoffen, sie werden sie uns dann leihen, wenn wir sie brauchen. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird nicht der Fall sein!

Nun aber zum Inhalt – soweit man einen finden kann – des heutigen Dringlichen An­trages, die Problematik Tranche 1, Tranche 2 betreffend; ich will da ein bisschen Licht in das doch massiv Dunkle der Sozialdemokratie bringen.

Zunächst einmal reden wir hier – wenn wir es jetzt technisch beurteilen – nicht von einer Tranche 1 und einer Tranche 2, sondern von Blocks; Block 5 würde dem ent­sprechen, was Sie als Tranche 1 verstehen, und Block 8 ist das, was wir als Tranche 2 verstehen. Fakt ist, und das wurde heute schon dargestellt, dass der Unterschied bei­der Varianten sehr gering ist.

Was die Lieferzeiten betrifft, so meinte auch Kollege Gaál heute sehr pessimistisch, dass wir ihn nicht bekommen werden. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, ist das erste Rumpf-Mittelstück des österreichischen Eurofighters fix und fertig in Manching. (Der Redner hält ein entsprechendes Plakat in die Höhe.) Bitte schön! (Abg. Mag. Kogler: Deshalb haben Sie diesen ehrfürchtigen Ton ...!) Nein, kei­nen ehrfürchtigen Ton, aber das als Beweis dafür, dass sich Ihre mangelnde Kenntnis


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über den Produktionsstand auch heute wieder einmal niedergeschlagen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Das war eine Vorserie!)

Was mich weiters etwas betrübt, ist die Äußerung des Kollegen Pilz, den ich in sicher­heitspolitischen Belangen doch etwas schätze, dass Luftraumüberwachung ein sicher­heitspolitischer Unsinn sei. Sicherheitspolitischer Unsinn ist das eben nicht, denn es gehört zur Verantwortung eines Staates, vor allem eines neutralen Staates – diese Grundsatzdiskussion haben wir schon des Öfteren geführt, ich will es trotzdem noch einmal anmerken –, es gehört zur Pflicht eines Staates, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, und deshalb sollte man sich auch in Österreich erwarten können, dass wir irgendwann einmal einen sicherheitspolitischen Konsens schaffen, der auch den Bereich Luft umschließt. Ich befürchte leider, das ist ein reiner Wunsch von mir, weil Sie einfach nicht willens sind, sich mit diesem Problem wirklich auseinander zu setzen.

Kollege Kräuter hat heute eine sehr interessante Aussage getroffen, die ich ihm eigent­lich gar nicht zugetraut habe: Er hat dem Rechnungshof gegenüber sein Vertrauen ausgesprochen. Er hat gesagt, dem Rechnungshof traut er. – Umso mehr verwundert es mich, dass im vorliegenden Dringlichen Antrag die Kompetenz und auch die Funkti­onalität des Rechnungshofes latent angegriffen werden. Denn – der Herr Bundesmi­nister hat das schon zitiert – im Gegensatz zu Ihrer nicht vorhandenen Anwesenheit im Rechnungshofausschuss, wo es um den dritten Bericht gegangen ist, hat der Rech­nungshof damals schon klar dargestellt, dass Tranche 1 geliefert wird, wenn Tranche 2 nicht verfügbar ist, und dann, später, auf Kosten der Herstellerfirma nachgerüstet wird. (Abg. Mag. Kogler: Hat er nicht!) Hat er, beziehungsweise – ich korrigiere, um Kolle­gem Kogler Recht zu geben – er hat geschrieben, dass das noch offen ist, aber der Herr Bundesminister hat heute ganz klar erklärt, dass EADS die Kosten übernehmen wird.

Was Kollege Kräuter medial doch weit verbreitet hat, hat mich auch etwas überrascht: Er hat einen Sidestep gemacht und in einer Presseaussendung im Sommer erklärt, ihm würde auch die F 5 reichen. – Interessant, da er ja bis dato eigentlich gegen die Luft­raumüberwachung war. Er scheint sich doch einen Schritt weiterentwickelt zu haben, wonach zumindest die Notwendigkeit einer aktiven Luftraumüberwachung in Österreich besteht.

Kollege Kräuter, ich möchte dich bitten, dich noch weiter zu entwickeln. Du wirst am Ende, so hoffe ich, einsehen, dass der Eurofighter für Österreich die richtige Entschei­dung war. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 10 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.24.52

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Die ÖVP-Redner in dieser Debatte, inklusive Staatssekretär und Mi­nister, haben es geschafft, nicht auf die wesentlichen Bestandteile des Dringlichen Antrages einzugehen – das wäre nämlich eine einfache Sache –, aber das wird seine Gründe haben, und ich werde mich jetzt ausschließlich mit diesem eigenartigen Verhal­ten, das hier seitens der ÖVP zum Besten gegeben wurde, auseinander zu setzen haben.

Grundsätzlich, weil Sie sich schon gewundert haben über die bloße Vorgangsweise, darüber, dass die Opposition, jedenfalls die Sozialdemokraten, mit diesem Antrag nur die Vertragsoffenlegung betreibt: Das ist schon das erste Missverständnis! Das ist na-


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türlich das Um und Auf, um Sie wieder einmal dabei zu überführen, wie Sie hier einmal links, einmal rechts, einmal so, einmal so argumentieren. Es kann nicht sein, dass in der Republik Österreich Einzelne, wenige die Einsicht in irgendetwas haben und damit die Interpretationshoheit für sich herausnehmen, was Sache ist und was nicht, wenn es letztendlich und unter dem Strich um einen Betrag von 5 Milliarden € aufwärts geht.

Deshalb ist der erste Schritt, um aus diesem Vertrag herauszukommen – selbst in Ihrer Logik! –, dass der Vertrag offen gelegt wird, dann würden endlich einmal ein paar Punkte klar werden, nämlich welche Möglichkeiten des Vertragsausstiegs für den je­weiligen Anlassfall gegeben sind. – Genau das wollen Sie verschweigen und verhin­dern, und deshalb sind Sie nicht bereit – entgegen allen nützlichen Usancen –, wenigs­tens in den entsprechenden Ausschüssen des Parlaments die Vertragsbestimmungen offen zu legen!

Es geht vielleicht gar nicht einmal darum, alle Vertragsbestimmungen offen zu legen, aber Sie weigern sich ja offensichtlich, auch nur die relevanten kaufmännischen Be­stimmungen dem Parlament vorzulegen! Angesichts dieser Tatsache werde ich natür­lich zusätzlich skeptisch! Ich werde zusätzlich skeptisch, denn dabei geht es nicht um militärische Geheimnisse – falls Sie diese Argumentation im Schilde führen –, sondern es geht ausschließlich darum, Nachschau zu halten, unter welchen Bedingungen sich die Republik von diesem unsinnigen Geschäft wieder kostengünstig verabschieden kann. Aber das wollen Sie einfach hintertreiben, so einfach ist das!

Sie haben sich zu den Offenlegungsforderungen des Kollegen Pilz in keiner Weise geäußert. Sie haben nur gesagt, das weisen Sie zurück.

Es geht um zweierlei Offenlegungen in diesem Zusammenhang: erstens um die Offen­legung des Vertrages, wenigstens in den relevanten Bestandteilen, und zweitens um die Offenlegung Ihrer Parteifinanzen. Darauf geht niemand von Ihnen ein. Das sei Ihnen vorbehalten, aber darüber wird noch zu reden sein. (Abg. Murauer – nicht von seinem Sitzplatz aus –: Deshalb sollen wir die Parteifinanzen offen legen, nur weil Sie eine kühne Behauptung aufstellen?) Na selbstverständlich! (Abg. Murauer: Das ist auf Dauer unerträglich!) Sie haben Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen, und deshalb ist es sehr eigenartig, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Mur­auer, Zwischenrufe nur vom eigenen Sitzplatz aus, sonst erteile ich Ihnen einen Ord­nungsruf!

Am Wort ist Herr Abgeordneter Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Das ist aber nicht das Problem! – Ich wollte mich gerade Kollegem Murauer zuwenden, der nämlich – jetzt gehen wir die Debatte einmal chronologisch durch – kein Wort dazu gesagt hat, dass er, wie ihm vor­gehalten wurde, in aller Öffentlichkeit wortwörtlich behauptet haben soll, das Parlament hätte diesen Abfangjäger-Kaufvertrag beschlossen. – Sagen Sie etwas dazu! Schreien Sie meinetwegen noch einmal dazwischen! Wo hat das Parlament beschlossen? Das Parlament hat gar nichts beschlossen! Ich sage Ihnen etwas viel Schlimmeres: Das Parlament ist von Ministern dieser Republik mehrmals hinters Licht geführt worden, und das findet sich in der Begründung des vorliegenden Entschließungsantrages. Um­so verwerflicher, muss ich fast sagen, ist es, dass Sie überhaupt nicht darauf eingehen, dann aber eine dicke Lippe riskieren.

Herr Bundesminister, Sie haben sich damit gerechtfertigt, in irgendeinem Ausschuss, wo Hopfen und Malz in der parlamentarischen Auseinandersetzung schon längst ver­loren waren, irgendetwas von sich gegeben zu haben in Richtung Tranche 2. (Abg.


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Neudeck: Also bitte, Hopfen und Malz! – Abg. Scheibner: Das ist der Landwirtschafts­ausschuss!)

Es ist nicht so, dass der Herr Bundesminister diesen Begriff nicht verwenden würde, und wenn das militärtechnisch nicht in Ordnung ist, dann muss man ihn aufklären. Er hat am 6. Oktober 2004 im Rechnungshofausschuss ausdrücklich gesagt, dass man sich für die so genannte zweite Tranche entschieden hat. Das betont er, da schickt er ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe den Vorsitz geführt, aber er hat es sich auch nicht nehmen lassen, das später sogar noch in einer OTS kundzutun! OTS vom 6. Oktober 2004, Nummer 238, Platter: Man hat sich bewusst für die zweite Tranche entschieden.

Das geht in einer Tour so! Wir haben allein hier in diesem Entschließungsantrag vier derartige Belege!

Das Parlament ist hinters Licht geführt worden, unter anderem, aber jedenfalls auch wegen sämtlicher vertragsrelevanter Abläufe in der Chronologie. Dazu passt jetzt – und jetzt wird es schön langsam wieder wirklich interessant –, dass im Mai/Juni/Ju­li 2007 keine Eurofighter des Typs Tranche 2 zur Verfügung stehen werden, weil die ganze Chronologie des Vergabeaktes eine ist, wo immer ein Stück – wenn wir dieses Wort heute auch ausnahmsweise nicht verwenden wollen, so sage ich es trotzdem – weitergewurschtelt wurde in manipulativer Absicht.

Es ist richtig, was Herr Kollege Amon von der ÖVP gesagt hat: Wir haben ursprünglich darauf hingewiesen, dass im Bereich der Gegengeschäfte die Ausschreibung tatsäch­lich schon das erste Mal manipuliert wurde, weil nämlich die Unterlagen der Firma Saab Gripen 1 : 1 zur Ausschreibung geführt haben. Das ist ein unvorstellbarer Vor­gang. Aus meiner Sicht hätte der Wirtschaftsminister, der damals dafür zuständig war, eigentlich zurücktreten müssen. Die Ausschreibung war manipuliert worden, und dar­auf haben wir hingewiesen.

Dass sich zwischenzeitig innerhalb der schwarz-blauen Koalition der Wind gedreht hat und man auf Eurofighter umgeschwenkt hat, ist eine andere Baustelle. Sie haben jetzt nur ein umso schärferes vergaberechtliches Problem, weil in der Ausschreibung tat­sächlich einiges auf die Type Saab Gripen hingedeutet hat. Sie haben sich dann anders entschieden – aus Gründen, die immer wieder und wieder und auch in einem Untersuchungsausschuss, den Sie bei anderen parlamentarischen Mehrheiten nicht mehr werden verhindern können, zur Diskussion gestellt werden müssen.

Sie haben sich für die Type Eurofighter entschieden, obwohl die Lieferung ursprünglich im Jahr 2005 erfolgen sollte. Jetzt hätte er da sein müssen, der Eurofighter. – Er schaut zurzeit aber noch so aus, wie Kollege Fauland ihn vorhin präsentiert hat: irgend­ein Zigarrenröhrl mit ein paar Leitungen drauf, so schaut er im Moment aus. Er hätte aber im Mai 2005 geliefert werden sollen, wenn ausschreibungskonform vorgegangen worden wäre. – Deshalb behaupten wir: Manipulation, dringender Verdacht auf Schie­bung!

So ist es, und das setzt sich in einer Tour fort. Wir haben – ich habe nachgezählt – mindestens 20 Mal darauf hingewiesen, dass die Firma Eurofighter GesmbH selbst im Jahr 2007 nicht lieferfähig sein wird, um nämlich genau darauf hinzuweisen, dass sich dann das historische Fenster des Vertragsausstiegs öffnen wird. – Was haben Sie ge­macht? Es stimmt offensichtlich, Sie haben den Vertrag, den Sie nicht herzeigen wol­len, auch in diese Richtung noch rechtzeitig zugunsten der Firma Eurofighter GesmbH abgeändert: Wenn die Firma nicht auftragsgemäß liefern kann, soll sie eben das lie­fern, was gerade da ist. Deshalb rennt der deutsche Verteidigungsminister in der Ge­gend herum, schaut nach, was gerade da ist, und das soll dann angeliefert werden. – Das ist Ihre Vertragsverhandlung. Gratuliere! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Kompetent, engagiert, kostengünstig – so haben Sie es immer dargestellt. Eine Ver­sagens-Serie der Sonderklasse, und in dieser Hinsicht sind Sie aufklärungspflichtig.

Wir kommen zum nächsten Widerspruch in Ihrer Darstellung. Es wurde auf den Rech­nungshof rekurriert. Es ist richtig, der Rechnungshof sagt, er habe das erkannt, weist dann aber darauf hin: Für den Fall, dass das eintritt, solle man sich als Republik gefäl­ligst darum kümmern, dass uns keine Mehrkosten entstehen. – Es kann also nicht so sein, wie Sie es darstellen, dass in dem Vertrag schon drinsteht, dass diese Mehrkos­ten automatisch die Firma Eurofighter GesmbH zu tragen hätte, sonst hätte ja der Rechnungshof diesen von Ihnen hier aufgezeigten Hinweis nicht machen müssen.

So verstricken Sie sich von einem Widerspruch in den nächsten und flüchten sich ins Durchschweigen und Aussitzen und Ja-nur-nichts-offen-Legen. Das ist Ihre Strategie. In Wahrheit werden Sie damit natürlich unsere Energien anheizen – weil hier von sozi­aler Wärme die Rede war –, diesen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wenn es die erforderliche Mehrheit gibt. Wir werden heute am Ende dieser Sitzung darüber abstimmen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Sie können sich noch lange darüber aufregen, ich erkläre Ihnen jetzt nämlich die Vorgänge im Rechnungshofausschuss noch einmal, weil das im Protokoll auch nicht unerwähnt bleiben soll.

Es gab viele Sitzungen des Rechnungshofausschusses, wo Auskunftsverweigerung geherrscht hat. Die wichtigsten Zeugen sollten mit Mehrheit sozusagen am Aussagen im Parlament gehindert werden. (Abg. Scheibner: Was heißt „Zeugen“, Herr Kollege? Das ist ja kein Untersuchungsausschuss!) Die Ladung ranghöchster Militärs, die sich alle aus eben diesen Gründen, die heute zutage treten, gegen diese Beschaffung aus­gesprochen haben, haben Sie verhindert. Sie haben auch ganz andere Aufklärungs­schritte verhindert. Anstatt uns Dokumente zu übermitteln, haben Sie irgendeinen Briefwechsel vorgelesen, der die Abgeordneten kalmieren sollte, weil eben jene Be­amte nicht mehr aussagen durften.

Auf diese Art und Weise und ohne Vorlegen des Vertrages im Rechnungshofaus­schuss weiter zu verhandeln, hat seitens der Opposition keinen Sinn gehabt. Das er­klärt diesen unseren Schritt. Legen Sie endlich offen und verkehren Sie nicht die Tat­sachen! Wir sind deshalb ausgezogen, weil Sie nicht offen legen. Das Thema steht heute wieder zur Diskussion – sanieren Sie diesen Fehler! – So viel dazu.

Es ist noch nicht so weit, dass die Opposition Schrankenwärter für das Durchwacheln einer völlig verfehlten oder unverantwortlichen Regierungspolitik ist. Da müssen Sie schon in den eigenen Reihen Nachschau halten, um solche gewissenlosen Abgeord­neten aufzutreiben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Kogler, ich gebe Ihnen die Chance, den Vorwurf der „gewissenlosen Abgeordneten“ zurückzunehmen. Wollen Sie nicht noch einmal ans Rednerpult treten? Es wäre schön, wenn wir uns selbst mit einer gewissen Achtung behandeln. – Bitte. (Abg. Dr. Kräuter: Der Bundeskanzler hat nichts zurück­genommen!)

 


16.35.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ich spiele auf die Vor­kommnisse im Rechnungshofausschuss an, und aus diesem Grunde werde ich diesen Vorwurf aufrechterhalten.

Im Übrigen habe ich hier schon mehrmals gesagt, dass Abgeordnete einer bestimmten Fraktion ihr Gewissen an der Garderobe abgegeben haben, das hat Sie aber offen­sichtlich nicht so erregt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.35



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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

Ich muss aber dazusagen, dass wir uns nicht wundern dürfen, wenn unser Prestige in der Öffentlichkeit ständig sinkt, wenn wir uns selber so beschuldigen. (Zahlreiche Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.36.13

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident, ich denke, diese Worte soll­ten Sie auch an den Herrn Bundeskanzler richten. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ich möchte zunächst einmal Kolle­gen Amons Polemik ein bisschen ins rechte Lot rücken. Herr Kollege Amon, wären Sie so freundlich, mir zuzuhören? – Tut er nicht, hält er nicht für notwendig. Ich möchte trotzdem Folgendes ausführen:

Die Therme, die in der Gemeinde Fohnsdorf gebaut werden soll, wird unter anderem vom zuständigen ÖVP-Landesrat finanziert. Es gibt einen Beschluss von der Landes­regierung. – Nummer eins.

Nummer zwei: Diese schöne Einladung zum Fliegerhorst Hinterstoisser nach Zeltweg, die Kollege Amon hier vom Rednerpult aus an Kollegen Gradwohl ausgesprochen hat, hätte Herr Abgeordneter Gradwohl sehr gerne angenommen. Er hat kurz mit Minister Platter gesprochen, Minister Platter allerdings erteilt keine Genehmigung dafür.

Das, meine Damen und Herren, ist ÖVP-Politik: Das eine wird geredet, und das andere wird getan! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Platter, Sie könnten heute das vollziehen, was der Großteil der österrei­chischen Bevölkerung will, nämlich: aus dem Vertrag über den Ankauf dieser Kriegs­geräte, der Eurofighter, auszusteigen.

Es hat im Übrigen immer schon Anlass für einen Ausstieg gegeben. Lassen Sie mich nur ein paar Details in Erinnerung rufen, schon allein deshalb, um die immer wieder­kehrenden Vorwürfe des Abgeordneten Murauer und auch des Klubobmannes Scheib­ner, wir hätten immer wieder dieselben Argumente, entkräften zu können. Das stimmt nicht! Es geht Schlag auf Schlag, immer wieder passiert irgendetwas Neues. (Abg. Murauer steht an der Regierungsbank und spricht, der Rednerin den Rücken zuwen­dend, mit Bundesminister Platter. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

September 2003 ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Darf ich den Abgeordneten Murauer bitten, der Rednerin nicht den Rücken zuzuwenden!

Am Wort ist Frau Abgeordnete Stadlbauer.

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (fortsetzend): Bereits im September 2003 übte der deutsche Rechnungshof auf Grund technischer Mängel Kritik am Eurofighter; Kritik zum Beispiel daran, dass es bei bestimmten Geschwindigkeiten gefährliche System­fehler in der Höhenanzeige gäbe. Oder: dass, wenn in Bodennähe Dunst und Tempe­raturen von unter 5 Grad herrschen, die Kampfmaschinen gar nicht abheben dürften, dass wesentliche Systeme nicht eingebaut wären, kurz, dass sie eben nicht funktions­fähig wären.

Im Übrigen, und deshalb habe ich das auch noch einmal erwähnt, hat Bundesminister Platter nach Bekanntwerden dieser Kritik damals argumentiert, dass es sich dabei um


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die erste Tranche handelt, Österreich aber Maschinen der zweiten Tranche bekommen werde.

Im Mai 2004 gab es die Studie des britischen Verteidigungsministeriums und im Sep­tember 2004 erneut Medienberichterstattung über technische Probleme, die allerdings als Kinderkrankheiten bagatellisiert wurden. Darin ging es auch wieder darum, dass das Kampfflugzeug praktisch fluguntauglich sei.

Nicht näher eingehen möchte ich auf die finanziellen Belastungen. Die Kosten explo­dieren ja förmlich von Monat zu Monat.

Aktuell sehen wir: Eurofighter hat Lieferschwierigkeiten!

Grundsätzlich könnten wir jederzeit bei Schlecht- oder Nichterfüllung seitens des Ver­tragspartners vom Vertrag zurücktreten. Jetzt wissen wir aber nicht genau, eben weil dieser Vertrag nicht öffentlich zugänglich ist, ob diese Lieferschwierigkeiten bezie­hungsweise die Falschlieferung eine Schlecht- oder Nichterfüllung des Vertrages sind oder nicht. Wir wissen es einfach nicht. Es hat auch der Versuch einer Erklärung von Minister Platter nicht wirklich überzeugt. Wir müssen daher annehmen, dass das nicht Bestandteil des Vertrages ist, denn ich denke, jeder vernünftige Mensch, jeder normale Bürger, jede normale Bürgerin würde so einen Passus nicht in einen Kaufvertrag auf­nehmen, und ich nehme an, dass auch dieser Vertrag von vernünftigen Menschen ausverhandelt worden ist.

Wenn aber dieser Passus tatsächlich darin enthalten ist, ist das umso bemerkenswer­ter, da beim Vertragsabschluss im Jahr 2003 anscheinend schon davon ausgegangen wurde, dass die Lieferung nicht eingehalten werden kann (Abg. Scheibner: Das ist mir jetzt zu kompliziert!) – und das nenne ich grob fahrlässig. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ wird alles versuchen und setzt alles daran, aus diesem Vertrag auszusteigen. So wollen wir auch heute wieder die Chance ergreifen, ohne größeren finanziellen Schaden aus dieser unnötigen, sündteuren Anschaffung dieser Kriegsgeräte auszusteigen.

Es gibt Fragen über Fragen, Unklarheiten über Unklarheiten, und der einzige Weg, aus dieser Misere herauszukommen, wäre, den Vertrag offen zu legen, mit dem Ziel, dass wir aus diesem Vertrag aussteigen. Das wäre jetzt möglich.

Diese Regierung tut das nicht, ganz im Gegenteil, sie hat massives Interesse am Wei­terbestand dieses Vertrages. Ich denke, es müssen sehr spannende Dinge drinstehen, die es dieser Regierung unmöglich machen, aus diesem Vertrag auszusteigen. Und solange Sie diesen Vertrag nicht öffentlich zugänglich machen, so lange müssen wir davon ausgehen, dass Sie etwas zu verheimlichen haben.

Staatssekretär Morak hat heute wieder damit argumentiert, dass es ein Gutachten vom Verfassungsdienst gäbe und dass es verfassungsrechtlich bedenklich wäre, Informati­onen über den Vertrag zu veröffentlichen.

Das Problem ist: Abgeordneter Murauer weiß anscheinend mehr. Für ihn gilt dieses Gutachten anscheinend nicht. Er teilt uns ja mit, dass im Eurofighter-Vertrag für alle Eventualitäten vorgesorgt worden ist, dass der Eurofighter-Vertrag sicherstellt, dass Österreich keine Nachteile durch Liefer- oder Entwicklungsverzögerung hätte. Ich frage mich wirklich, woher er das weiß. (Abg. Murauer: Weil ich mich erkundige!) Oder gilt dieses verfassungsrechtliche Gutachten möglicherweise nur für die Abgeordneten der Oppositionsparteien? Das kann natürlich auch sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mur­auer: Zum Unterschied von Ihnen erkundige ich mich!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Was hat der Rechnungshof festgestellt beziehungs­weise nicht festgestellt? – Es gibt den so genannten Einredeverzicht. Das heißt, wir


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müssen zuerst bezahlen, und sollte es Mängel geben, können wir erst im Nachhinein versuchen, diese Gelder wieder zurückzubekommen. Das ist sehr untypisch für einen Kaufvertrag.

Oder: Es gibt keine Schiedsgerichtsvereinbarung. Wenn wir zu Unrecht einbezahlte Beträge zurückverlangen wollen, dann müssen wir den Rechtsweg bestreiten. Das wiederum bedeutet: sehr aufwendig, sehr teuer, sehr ungewiss und schlecht für den Käufer, schlecht für die Republik Österreich.

Es gibt keine Gerichtsstandvereinbarung. Das heißt, im „worst case“ müssen wir davon ausgehen, dass der Gerichtsstandort im Ausland ist. Auch das bedeutet wieder: extrem teuer, sehr aufwendig, der Ausgang ist ungewiss, und es ist das sehr negativ für den Käufer, für die Republik Österreich. (Abg. Neudeck: Der Ausgang ist immer ungewiss bei einem Gericht!)

Minister Platter hat heute auch sehr offenherzig gesagt, dass er den Vertrag aus kauf­männischen Gründen zugunsten des Vertragspartners nicht offen legen kann. Das ist schon spannend, wenn er das so zugibt.

Ich denke, wenn nichts vereinbart wird, gilt nun einmal Verkäuferrecht. In diesem Fall wird ein internationales Unternehmen gegenüber einer Republik bevorzugt.

Wenn es sich um ein internationales Unternehmen handelt, stellt sich die Frage, wel­ches Recht dann zuständig ist. – Alles ungeklärte Fragen, die sich wieder und wieder stellen. Das Wichtigste dabei ist immer wieder die Frage: Wem nützt das, und warum lässt man sich darauf ein?

Herr Staatssekretär! Herr Minister! Sie haben jetzt die Chance der Aufklärung. Sie wer­den es wieder nicht tun, aber diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen – jeder und jede kann sich selbst die Antwort drauf reimen –: Warum legen Sie den Vertrag nicht vor? Wem nützt die Nichtoffenlegung? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.43

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsaus­schuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Wunschredezeit: 4 Mi­nuten, Restredezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


16.44.35

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Gestrenger Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich verstehe die Argu­mente nicht, die Kollegin Stadlbauer soeben gebracht hat. Sie bekrittelt, dass der Ge­richtsstand ein ausländischer sein könnte, und meint, dass damit Österreich von vorn­herein verlieren würde. Das heißt, wenn er in Österreich wäre, würde Österreich von


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vornherein gewinnen. (Zwischenruf des Abg. Eder.) – So parteiisch sind die österrei­chischen Gerichte, glaube ich, nicht.

Frau Kollegin Stadlbauer! Sie sagen ständig, der Flieger sollte schon da sein. – Sie wollen ihn gar nicht, aber er kommt Ihnen zu spät.

Sie sagen, dass das ein Kampfbomber ist, der zu stark ausgestattet ist. – Wenn er dann ein bisschen weniger ausgestattet ist, ist es Ihnen zu wenig.

Kollege Cap kommt heraus, wie oft bei Dringlichen, steigt halb hoch und stürzt dann ab. Danach kommt Kollege Kräuter, der nicht abstürzen kann, weil man aus seiner Höhe nur stolpern kann. Kollege Kräuter befindet sich im Dauerwahlkampf, vier Jahre lang, und jetzt vor den Wahlen in der Steiermark ganz besonders. Aus dem Rech­nungshofausschuss geht er unter Hinterlassung eines Pressedienstes hinaus, an der Debatte beteiligt er sich eigentlich nur am Rande. Hier aber sagt er, dass der Rech­nungshof der einzige Ernstzunehmende bei diesem Thema ist.

Der Rechnungshof hat alles geprüft. Der Rechnungshof hat die Unterstellungen der Opposition entkräftet. Er hat natürlich Kritik geübt, no na, bei solch einem Geschäft gibt es immer etwas zu kritisieren, zu lernen und besser zu machen, meine Damen und Herren!

Weiters wird hier vom Kollegen Kräuter, glaube ich, ständig von Schwarzgeld geredet. Wenn ich Kollege Kräuter wäre, würde ich sagen: schwarzes Geld in roten Taschen!

Meine Damen und Herren! Wenn ich Kollegen Cap und auch Kollegen Kogler hier zu­höre, wenn sie ihre Verschwörungstheorien bringen – Geld kommt von da nach dort, da wird der bestochen, dort ist jener bestochen worden –, dann stellt sich für mich die Frage, in welchem Umfeld sie aufgewachsen sind. (Abg. Mag. Kogler: In einem ÖVP-Umfeld!)

Ich habe mir das dann einmal angeschaut, weil ich mir gedacht habe, das könne doch nicht sein – so nach dem Motto meiner Großmutter: Wie der Schelm denkt, so ist er!, Kollege Cap –, und bin auf eine interessante Rede eines Kollegen aus dem Landtag gestoßen, der 57 Skandale der SPÖ der letzten 20 Jahre aufgezählt hat – und er hat gesagt, dass das nicht alle sind. 100 SPÖ-Mandatare, Funktionäre, Mitglieder und nahe stehende Wirtschaftsmanager wurden im Zusammenhang mit diesen Skandalen durchleuchtet, durch Untersuchungsausschüsse, Disziplinarkommissionen, Staatsan­waltschaften et cetera. Da fallen Namen wie Sekanina, Blecha, Huber, Hinterreiter, weiters ein Unterschriftenskandal in Kärnten, ein Stechkartenskandal in Kärnten – ich erspare Ihnen die Details –, und wir gehen weiter über Apfalter, Kirchweger, Tautner, Haiden, Schmidt, „Volkshilfe“-Aktion, bei der 73 Millionen einkassiert und nur 16 Millio­nen weitergeleitet wurden. (Abg. Eder: Rosenstingl!)

Kollege Eder, ich bin im Moment bei der SPÖ, aber wenn du den einen Fall meinst (Abg. Eder: Da kennen wir genug!), nämlich Rosenstingl, dann kann ich sagen, das hat nicht auf die Partei abgefärbt, so wie das anscheinend bei euch der Fall ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich mir den ehemaligen Landtagspräsidenten Hofmann von der „Volkshilfe“ an­schaue, im Parlament den „Euroteam“-Ausschuss, bei „Euroteam“ sind Millionen ver­schwunden – damit im Zusammenhang stehen Namen wie Klima, Klima-Sohn et cetera. (Abg. Gradwohl: Kollege, verlierst du auch einen Satz zur Sache? Einen Satz zur Sache!) Es kommen weitere Namen: Gratz, Androsch, „Lucona“, Noricum, „Kon­sum“ (Abg. Gradwohl: Das ist absolut nicht zur Sache!), WEB, Rieger-Bank, Bank Burgenland.


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All das ist zur Sache, weil es erklärt, warum Kollege Cap in seiner Dringlichen überall Skandale sieht. (Abg. Schieder: Kräuter darf nicht, Neudeck darf! Der Präsident hat bei ...!) Wieso? Das ist zur Sache, weil es hier um die Beschaffung der Eurofighter geht und Kollege Cap aus dem Vertrag aussteigen möchte, das hier aber gar nicht verlangt. Er möchte – obwohl Kollege Kräuter schon ein Protokoll des Unterausschusses, das vertraulich ist, ins Internet stellt oder sonst gerne darüber plaudert, wenn er gut aufge­legt ist – einen Vertrag, den Eurofighter-Vertrag, der vertraulich ist, hier vorlegen, um ihn in allen Details zu diskutieren?!

Natürlich ist es für ein Unternehmen wie EADS nicht möglich, diesen Vertrag hier vor­zulegen, da sonst diese Vertragsinhalte – und wie ich gehört habe, sind sie für Öster­reich sehr positiv – bei weiteren Verkäufen automatisch von jedem verlangt würden, wenn sie einmal auf dem Tisch liegen.

Unter diesen Affären, in denen ich das Sittenbild der SPÖ oder den Ursprung der Angst betreffend dieses Schwarzgeld in roten Taschen sehe, ist die „Konsum“-Affäre, bei der es 25 Milliarden Schulden gab und 17 000 Arbeitslose und 700 000 Genossen­schafter allein gelassen wurden. (Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Bank Burgenland, Bau-Kartell, Vranitzky-Flugskandal, Marizzi, Mühl – meine Damen und Herren, es wären noch eine Menge Namen und Skandale hier zu nennen, aber damit es ja nicht heißt, dass ich zu wenig zur Sache rede, komme ich jetzt zum Ende (Zwischenrufe bei der SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, die wie vielte Anfrage das zu diesem Thema ist. Sie bekommen immer ordentlich und ausführlich Antwort. Mir fällt jedoch auf, dass Sie von einer Anfrage zur anderen die Antworten vom vorigen Mal in keiner Weise verarbeiten. Sie negieren sie. Der Eurofighter hat keine Tragflächen, er hat Flügel. Das ist nicht die zweite Tranche, sondern Sie ver­wenden eine andere Bezeichnung. Sie kommen immer mit demselben Thema, wollen hier etwas aufkochen – und stürzen jedes Mal ab. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 699/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenle­gung der Verträge betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt. (Abg. Neugebauer: Der Antragsteller ist nicht hier! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.51.37Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3165/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungs­zahl 3165/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes-


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regierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Zum Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Cap zur Begründung dieser Anfra­gebesprechung.

 


16.52.24

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wir sind höchst unzufrieden mit der Beantwor­tung dieser Anfrage. (Abg. Mag. Kogler: Wir auch!) Sie wurde an den Finanzminister gerichtet. Es ging um die Einhaltung des Steuerrechts durch das Kunsthistorische Mu­seum, und es werden da Dinge angesprochen, die man nicht einfach so durchgehen lassen kann.

Wenn die Grundphilosophie, die der Direktor des Kunsthistorischen Museums Seipel am 20. Mai 2005 öffentlich geäußert hat, Schule macht, dann können wir uns sämtliche Kontrolleinrichtungen sparen, dann können wir uns überhaupt eine ordentliche Geba­rung, eine ordentliche Buchhaltung, eine ordentliche Führung von Einrichtungen der Republik – diese Einrichtung wird mit immerhin 20 Millionen € an Steuergeldern geför­dert –, dann können wir uns all das sparen.

Seipel sagt – ich zitiere; es wundert mich, dass der überhaupt noch Direktor des Kunst­historischen Museums ist (Beifall bei der SPÖ und den Grünen) –: Man kann nicht davon ausgehen, dass ein derart riesiger Wirtschaftsbetrieb wie das Kunsthistorische Museum wirklich 100-prozentig allen Anforderungen entspricht. Vielleicht gab es, wie in allen so großen Institutionen, Schlampereien, Nachlässigkeiten, aber das blieb im Rah­men des Normalen.

Was heißt „im Rahmen des Normalen“? Was meint dieser Direktor des Kunsthistori­schen Museums eigentlich? – Ein kleiner Beleg da, vielleicht eine kleine Rechnung dort, die eine Unvereinbarkeit da, vielleicht auf das eine oder andere in der Steuer­erklärung vergessen – was auch immer, das ist doch „im Rahmen des Normalen“. Augenzwinkern als Prinzip in einer Einrichtung, in einem Betrieb, in einer Institution von Weltgeltung! Das Kunsthistorische Museum ist ja keine – und das sage ich nicht respektlos – Würstelbude, sondern es ist eines der ganz großen Museen weltweit, nicht nur in Europa.

Und dann sagt der Direktor seine Geisteshaltung ganz offen in der Öffentlichkeit, sagt, wie er das bisher geführt hat. Aber das verwundert nicht, wenn Frau Ministerin Gehrer sagt, man schulde Seipel Lob; am 23. Juni im „Kurier“. In der APA vom 7. Juli sagt sie: Es gibt im Kunsthistorischen Museum keine Misswirtschaft, keine Verschwendung.

Wenn sie permanent diesen Persilschein, den sie ausgestellt hat, ausstellt, frage ich mich im Endeffekt aber: Wieso kam es dann zu einer Betriebsprüfung? (Abg. Neu­deck: Eine Betriebsprüfung ist ja nichts Schlechtes!) Wieso hat sie dann plötzlich gemeint, es solle ein Vier-Augen-Prinzip eingeführt werden? Es ist alles paletti, alles in Ordnung – Seipel sagt, das, was nicht in Ordnung ist, ist „im Rahmen des Normalen“ –, aber es wird plötzlich das Vier-Augen-Prinzip eingeführt, und das gleich für mehrere Museum; das kostet gleich um ein Eckhaus mehr. Auf diese Art und Weise versucht man sich über das drüberzuschummeln.

Da muss ich fragen: Wieso tritt dann ein Museumsdirektor, der nicht nur all das zu ver­antworten hat, sondern auch mit dieser Philosophie an die Sache herangeht, nicht zurück?

Ich zitiere zur Erinnerung noch einmal den Rechnungshofbericht, in dem es heißt: „Das Kunsthistorische Museum hielt die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchhaltung und Bilanzierung mehrfach nicht ein. Unterlagen wurden nur zögerlich und unvollständig vorgelegt bzw. fehlten. Ein Überblick über die Geschäftsvorfälle und die wirtschaftliche


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Lage der überprüften Stelle war innerhalb angemessener Zeit vielfach nicht möglich. Die Wirtschaftsaufsicht über das Kunsthistorische Museum durch das“ Bundesministe­rium „sowie das Kuratorium des Kunsthistorischen Museums war verbesserungsbe­dürftig.“

Mir fällt schon gar nichts mehr ein, was man sonst noch in einem Bericht anführen könnte, wenn man nicht hinschreiben soll: Chaos, Desaster – alles andere ist eigentlich nur eine Frage der Gerichte und des Rechnungshofes. (Abg. Neudeck: Hat mit der Anfrage wenig zu tun!) Nein. Wenn das so ist, dann sollte man das Wort „Rücktritt“ aus dem Duden streichen, denn dann gibt es überhaupt keinen Rücktritt mehr, dann lassen wir es. Das ist doch unfassbar! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Totale Themenverfehlung!)

Das ist keine Themenverfehlung. Ich komme ja noch auf den zweiten Punkt, das ist nämlich noch etwas anderes, was im Rechnungshofbericht kritisiert wird (Abg. Dr. Par­tik-Pablé: Die Frau Präsidentin Prammer hätte ...), nämlich die Nebentätigkeiten. Frau Partik-Pablé, hören Sie jetzt wirklich zu!

Seipel ist ja nicht nur Direktor des Kunsthistorischen Museums, er hat noch die Funk­tion als Geschäftsführer der „Museums Collection“, Stellvertretender Vorsitzender des österreichischen Archäologierates, er sitzt im Stiftungsrat des ORF, ist stellvertretender Vorsitzender des Programmausschusses, Publikumsrat, umfangreiche Konsulenten­tätigkeit, Kurator bei zahlreichen Ausstellungen. (Abg. Neudeck: Also bei der Prammer ginge das nicht hinein!) Er hätte all das selbstverständlich seiner vorgesetzten Dienst­behörde melden müssen – das ist natürlich nicht geschehen. (Abg. Neudeck: Die Prä­sidentin Prammer hätte schon zur Sache gerufen! – Abg. Mag. Molterer: Prammer hätte schon zur Sache gerufen!)

Die Frage ist auch: Wie war es bei diesem stattlichen Gehalt, bei den Zuschlägen, bei den lukrativen Nebeneinkünften mit der Versteuerung? Und da muss ich sagen, das ist ein Aspekt, über den man nicht so einfach hinwegsehen kann, denn auch diese Kritik hat es gegeben. Ich zitiere den Rechnungshofausschuss vom 22. Juni 2005: ... wo auf Grund der Ergebnisse des Rechnungshofberichtes eine Betriebsprüfung des Kunst­historischen Museums durch die zuständigen Finanzbehörden eingeleitet wurde, denn der Verdacht bestand, Umsatzsteuern nicht korrekt abgeführt zu haben, dass Lohn­steuern, Sozialversicherungsbeiträge von Direktor Seipel nicht entrichtet wurden.

Frau Abgeordnete Partik-Pablé, Sie werden sich das wahrscheinlich angeschaut haben: Wir haben 14 Fragen gestellt betreffend die Betriebsprüfung des Kunsthistori­schen Museums – eine Betriebsprüfung, die gemacht wurde, obwohl die Ministerin Seipel diesen Persilschein ausgestellt hat. (Abg. Dr. Brinek: Seien Sie froh!) Tun Sie nicht so, Sie kennen doch auch den Rechnungshofbericht!

Diskutieren Sie das einmal mit einem privaten Unternehmer. Gehen Sie einmal zur Wirtschaftskammer, zur Industriellenvereinigung und diskutieren Sie einmal mit Leuten, die mit eigenem Geld agieren, nicht mit Steuergeldern! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber das hat alles mit der Anfrage nichts zu tun, seien wir uns doch ehrlich, Herr Abgeord­neter!) Machen wir eine Vollversammlung in der Industriellenvereinigung; ich komme gerne dorthin, und wir zitieren aus dem Rechnungshofbericht. Ich käme auch gerne einmal ins Finanzministerium, auch dort könnten wir eine Vollversammlung machen. Reden wir einmal über all das! Ich sage Ihnen, das Ergebnis wird sein: Dieser Mann hat im Endeffekt, unabhängig von den rechtlichen Folgen, zurückzutreten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Das hat überhaupt nichts mit der Anfrage zu tun!)

Was macht das Finanzministerium? Als Antwort auf die Anfrage, die wir eingebracht haben, Frau Abgeordnete Partik-Pablé (Abg. Dr. Partik-Pablé: Totale Themenver­fehlung!), ist eigentlich nichts anderes als die Interpretation des § 48a im Sinne von


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„schmecks“ gekommen. Das ist die Wahrheit. Man hat es natürlich ein bisschen verbrämt, denn das wäre eine etwas zu kurze Antwort gewesen, wenn man gesagt hätte: Zu den Fragen 1 bis 14 geruhe ich als Finanzminister Folgendes zu sagen: „Schmecks!“

Das ist eigentlich die Aussage, die Sie hier getätigt haben, aber mit dieser sind wir nicht zufrieden. Die nehmen wir nicht zur Kenntnis. Diese Interpretation ist nicht ak­zeptabel, weil das letztlich auch die Einstellung offenbart, die auch Sie, Herr Finanzmi­nister, gegenüber dem Parlament haben: möglichst wenig damit zu tun zu haben, mög­lichst nur herkommen, wenn man muss, und ansonsten so rasch wie möglich mit dem Dienstauto vorbeifahren. – Das ist im Endeffekt Ihre Einstellung dazu, und das können wir nicht zur Kenntnis nehmen.

Das hier ist eine demokratische Einrichtung, wir leben in einer parlamentarischen Demokratie. Es gibt solch absolutistische Monarchen, solche Kurfürsten wie den Herrn Seipel, wo das Haus geführt wird wie eine absolutistische Monarchie. Das sagt interes­santerweise der Direktor des Liechtenstein Museums, das muss man noch dazusagen, eines privaten Museums. Er hat gesagt, die Museen werden geführt wie absolute Monarchien. Und so verhält er sich auch, der Generaldirektor Seipel, der den Rech­nungshof, das Parlament, die Öffentlichkeit, Kontrolle, Steuergelder ... (Abg. Dr. Fassl­abend: Na geh!) – Nein, am wohlsten fühlt er sich als Kurfürst, schalten und walten, wie man will, und Regeln, die kennt man nicht.

Das nehmen wir nicht zur Kenntnis, das ist nicht akzeptabel! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Es wurde die Frage von der Frau Partik-Pablé artikuliert. – Das war zur Sache, denn er hat die Fragen erläutert, die er nicht beantwortet bekommen hat. Da wird der Herr Minister sagen, welche rechtliche Begründung. Aber das war zur Sache.

Zu einer Stellungnahme hat sich Bundesminister Mag. Grasser zu Wort gemeldet. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten.

 


17.01.54

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zu den inhaltlichen Ausführun­gen des Herrn Abgeordneten Cap, was das Kunsthistorische Museum betrifft, nicht Stellung nehmen, weil es nicht in meine Zuständigkeit fällt, möchte aber nochmals auf Ihre Anfrage vom 29. Juni hinweisen, die eine ganze Reihe von steuerlichen Fragen betroffen hat, ob das umsatzsteuerliche Fragen waren, ob das lohnsteuerliche Fragen waren, ob das Fragen nach dem konkreten Bescheid beziehungsweise nach der Be­scheidbegründung, Nachzahlungsforderungen und Ähnliches waren. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe Ihnen hier nicht geantwortet: Schmecks, und mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Ich wäre nie so unhöflich, so etwas zu machen, geschweige denn, Herr Abge­ordneter, würde ich Gesetze verletzen. Das heißt, meine oberste Prämisse – und ich denke, das gilt für mich genauso wie für meine Vorgänger – war, mich an Gesetze zu halten und im Rahmen der Gesetze Anfragen auch entsprechend zu beantworten. Und deswegen habe ich um Verständnis dafür ersucht, dass ich auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen des § 48a der Bundesabgabenordnung über die Verpflichtung zur abgabenrechtlichen Geheimhaltung die gestellten Fragen nicht beantworten kann und darf.


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Jetzt verstehe ich, dass Ihnen das nicht wirklich passt. Ich möchte daher ergänzend und um Verständnis werbend ausführen, dass man als Bundesminister für Finanzen ein mit Aufgaben der Bundesverwaltung betrautes Organ ist, im Sinne des Artikels 20 Abs. 3 der Bundesverfassung, wie Sie wissen, und dass ich daher auf der einen Seite allgemein die Amtsverschwiegenheit beziehungsweise eben in abgabenbehördlicher Funktion auch noch entsprechend die Bestimmungen des § 48a der Bundesabgaben­ordnung in Verbindung mit § 74 Z. 4 Strafgesetzbuch die abgabenrechtliche Geheim­haltungspflicht zu beachten habe und dass die Verletzung dieser Geheimhaltungs­pflichten gemäß § 251 Finanzstrafgesetz und § 310 Strafgesetzbuch strafbar wäre, und zwar deswegen, weil jegliche Stellungnahme meinerseits hinsichtlich der getroffenen Maßnahmen, die Sie hinterfragt haben, oder auch der nicht getroffenen Maßnahmen indirekt oder direkt Aufschlüsse über das abgabenrechtliche Wohlverhalten oder das Fehlverhalten von Abgabenpflichtigen geben könnte und damit das überwiegende schutzwürdige Interesse der Abgabenpflichtigen verletzt würde.

Das heißt, ich gestehe zu, es gibt hier offensichtlich einen gewissen Interessenkonflikt, was einerseits das Recht des Parlaments auf Verlangen aller einschlägigen Auskünfte und andererseits den ebenfalls in der Verfassung festgelegten Grundrechtsanspruch auf Datenschutz beziehungsweise Amtsverschwiegenheit und die dazugehörige Ver­schwiegenheitsverpflichtung betrifft. Das ist ein Spannungsfeld, das man im Einzelfall zu berücksichtigen hat und das man entsprechend beurteilen muss.

Mir wurde von Seiten von Verfassungsjuristen gesagt, es gibt nach herrschender Aus­legung keinen absoluten Vorrang der einen oder der anderen Norm, sondern man hat im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob durch die Beantwortung unter Einräumung eines Vorranges zugunsten des Interpellationsrechts die Grenze zulässiger Grundrechtsein­griffe verletzt würde.

Ich kann Ihnen nur sagen, ich bekenne mich absolut und uneingeschränkt zur Bedeu­tung des demokratischen Instrumentes der Interpellation. Allerdings ist mir die Achtung der schutzwürdigen Interessen an einer Geheimhaltung ein ebenso wichtiges Anliegen. Im konkreten Fall konnte ich daher die Fragen, die Sie mir gestellt haben, nicht beant­worten, weil ich damit nach Einschätzung meiner Experten gegen § 48a der Bundes­abgabenordnung verstoßen hätte. (Abg. Öllinger: Das ist kein Verfassungsrecht!)

Damit Sie sehen, dass nicht nur in dieser Frage so geantwortet wurde, darf ich zum Beispiel an meine Beantwortung vom 12. August 2003 erinnern. Damals wurde der Verdacht geäußert, dass es steuerrechtliche Malversationen im Bereich des Österrei­chischen Gewerkschaftsbundes gäbe, beziehungsweise war Präsident Verzetnitsch in dieser Anfrage direkt angesprochen. Ich habe damals – es war auch unwidersprochen von der sozialdemokratischen Fraktion – genauso geantwortet, nämlich dass ich hin­sichtlich detaillierter Auskunftswünsche zur Person des Präsidenten des Österreichi­schen Gewerkschaftsbundes keine Detailauskünfte geben kann, und zwar unter Hin­weis auf das schutzwürdige Interesse und die Geheimhaltungspflichten.

Ich habe mich bemüht, ein bisschen nachzublättern, welche Praxis es da gegeben hat, und ich darf Ihnen ein weiteres Beispiel geben, das gut zeigt, es kommt offensichtlich darauf an, auf welcher Seite man sitzt, ob man gerade in der Regierung oder in Oppo­sition ist. Es hat Bundesminister außer Dienst Edlinger eine am 27. Mai 1999 einge­langte parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Scheibner beantwortet, der Titel war „Auskunftsverweigerung durch den Bundesminister für Finanzen“.

Der Vorwurf der Freiheitlichen damals war, dass der Bundesminister offensichtlich keine Auskünfte gibt, diese somit verweigert. Edlinger hat geantwortet, dass „eine seit langem und allgemein geübte Rechtsauffassung zugrunde“ liegt, die er dann auf vielen Seiten ausführt. – Ich kann das gerne tun, wenn Sie wollen, und ihn zitieren. Ich denke,


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ich kann es Ihnen ersparen, aber er führt auf mehreren Seiten das aus, was auch ich versucht habe einleitend kurz darzustellen, und hat ebenfalls keine Auskunft gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf verweisen auf die Beantwortung einer am 15. Mai 1998 eingelangten Anfrage „betreffend Betriebsprüfung bei der OeKB (Österreichische Kontrollbank)“. Edlinger hat auch in diesem Fall „auf die abgaben­rechtliche Geheimhaltungspflicht“ hingewiesen.

Ich darf verweisen auf eine am 13. November 1998 eingelangte Anfrage „betreffend Verdacht der Steuerhinterziehung im ÖGB-Druck- und Medienkonzern“. Edlinger hat diese unter Hinweis auf § 48a Bundesabgabenordnung ebenfalls nicht beantwortet.

Ich darf verweisen auf die Anfrage des Abgeordneten Öllinger vom 18. Juni 1998 „betreffend Verdacht auf Steuerhinterziehung durch Scientology“. In der Anfragebe­antwortung wurde von Minister Edlinger ebenfalls auf die Verpflichtung zur abgaben­rechtlichen Geheimhaltung gemäß § 48a Bundesabgabenordnung hingewiesen. (Zwi­schenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich darf weiters verweisen auf eine Anfrage vom 29. Februar 1996. Das war damals Bundesminister Klima. Da ist es gegangen um eine „Schenkungsteuerpflicht des ÖGB aus einer verjährten Darlehensforderung“. In der Anfragebeantwortung wurde ebenfalls auf die Geheimhaltungspflicht gemäß § 48a Bundesabgabenordnung hingewiesen.

Ich könnte das weiter fortsetzen, meine Damen und Herren. Ich habe eine Reihe von weiteren Beispielen hier.

Was ich nur sagen wollte, an ganz konkreten Beispielen dokumentiert: Es gibt offen­sichtlich eine Praxis von Bundesministern für Finanzen – egal, welcher Fraktion sie angehört haben –, auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungsverpflichtung hinzuwei­sen. Daher bitte ich um Verständnis, dass ich diese Fragen nicht beantworten konnte. Und ich denke, es gibt auch ein gutes Recht dazu. Es macht offensichtlich aus der Sicht meiner Vorgänger und auch aus meiner Sicht relativ wenig Sinn, sich in steuer­lichen Angelegenheiten in eine parteipolitische Diskussion zu begeben.

Wenn Sie eine Änderung der Praxis wünschen, steht es dem Gesetzgeber selbstver­ständlich frei, die Gesetze so zu verändern, dass wir als Organe der Exekutive Ihnen entsprechende Auskünfte geben können, was ich dann auch sehr gerne tun würde. Solange das nicht der Fall ist, bitte ich um Verständnis, dass wir uns an die Gesetze zu halten haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie bei Abge­ordneten der Grünen. – Abg. Öllinger: Das waren Kraut und Rüben: Scientology und Bundesmuseen! Also wirklich!)

17.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß der Geschäftsordnung 5 Minuten.

Als Erste zu Wort kommt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.10.00

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Grasser, ich bedanke mich bei Ihnen für die sorgfältige Darlegung der Begründung Ihrer Beantwortung (Abg. Mag. Kogler: Ist ja klar, dass es dort so zugeht in den ÖVP-verwalteten Bundesminis­terien!), für die schlüssige und konsequente Interpretation – bei aller Unterstützung des Interpellationsrechtes. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Für uns, für meine Fraktion und mich ist diese Beantwortung ausreichend, weil wir der Ansicht sind, das Recht gilt für alle: für Josef Cap, Wilfried Seipel, Susi Huber – oder wie immer Bürgerinnen und Bürger in diesem Staat heißen. Man kann sich doch nicht


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einmal diese Rechtsauffassung wünschen, wenn es einem gerade passt, und das andere Mal eben eine andere. Das sollte man doch beherzigen! (Beifall bei der ÖVP.)

Dass in einem Betrieb mit Hunderten Mitarbeitern – wie eben dem Kunsthistorischen Museum – und einem Unternehmensvolumen von mehreren Millionen auch einmal Fehler passieren können, wird nicht bestritten. Da möge jetzt einer/eine herauskom­men und sagen, dass das nicht der Fall sein darf und kann.

Belege wurden nachgereicht. Der Rechnungshofbericht gibt Auskunft darüber, dass die Fragen beantwortet wurden. Es geht lediglich darum, ob früher oder später reagiert wurde. Wir haben das alles ausgiebig diskutiert, und es gibt keine Veranlassung, an der korrekten Beantwortung der Anfrage zu zweifeln. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte meinem Kollegen Cap, der ja dann auch auf das Museumswesen sowie auf die Leistungen des Kunsthistorischen Museums eingegangen ist, in Erinnerung rufen, dass es nicht zuletzt ein renommierter Journalist, nämlich Alfred Worm, war, der ge­sagt hat, Seipel müsse man an seinem Erfolg messen, und da hat es in der letzten Zeit einige schöne Erfolgsbeispiele gegeben. Ich freue mich für die Österreicherinnen und Österreicher, für die Touristinnen und Touristen, für die Besucherinnen und Besucher, gilt es doch, die Wiedereröffnung der Antikensammlung zu feiern, wenn wir Alfred Worm folgen.

In einem „Presse-Kultur-Spezial“-Beitrag wurde darauf hingewiesen, dass mit der Anti­kensammlung, deren Wiedereröffnung ein wesentliches Verdienst von Wilfried Seipel ist, ein großer und entscheidender Schritt in der Geschichte dieses Hauses und eine wichtige Großtat gesetzt wurde, sodass Wilfried Seipel und seinem Team – einschließ­lich dem Ausstellungsmacher, dem Architekten Hans Hoffer – von dieser Stelle aus sehr herzlich zu danken und zu gratulieren sei. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Es galt, mit dieser Wiedererrichtung der Antikensammlung aus einer kaiserlichen Pri­vatsammlung einen Bildungsort zu machen und 2 300 Kunstwerke nach zeitgemäßen Sicherheitserfordernissen und museologischen Vorstellungen auszustellen.

Ich freue mich, dass die Kultur des Erinnerns wieder stärkere Aufmerksamkeit genießt, und als Unterstützung darf ich Ihnen einige Zitate bringen, so etwa eines von Fritz Krin­zinger, dem Direktor des Österreichischen Archäologischen Instituts, der schrieb: „In Wien als Forschungsort, Universitätsstadt und Weltstadt ist die Antikensammlung eine kulturelle Einrichtung ersten Ranges“.

Ein weiteres Zitat von Peter Engelmann, Philosoph und Verleger: „Geschichtliche Tiefe ist die Basis unserer Zivilisation.“ – Diesem Prinzip, dieser Maxime sollten wir folgen – und nicht etwas schlechtreden, weil es einem nicht nach dem Geschmack, nicht nach der Nase steht.

Ich bedanke mich und füge hinzu: Herr Bundesminister Grasser, setzen Sie diese Art von Anfragebeantwortungspraxis fort: im Sinne der Kunstschaffenden, im Sinne der Kunstmanagerinnen und -manager, im Sinne der Abgeordneten des Parlaments und aller Österreicherinnen und Österreicher! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Kräuter. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.13.31

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Grasser, diese Anfragebeantwortung war einigermaßen beschämend,


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denn Sie haben völlig unzulässige Vergleiche gezogen! Es ist nicht irrelevant, ob es sich um Bundeseinrichtungen handelt oder nicht. Ich glaube, Sie, Herr Bundesminister Grasser, haben ein bisschen ein ähnliches Problem wie Herr Seipel, verwechseln doch auch Sie ständig privat und Staat.

Es bleibt dabei: Es stellt eine Missachtung des Nationalrates dar, dass diese Anfrage nicht beantwortet wurde. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Generell ist die Auskunftsfreude bei dieser Bundesregierung enden wollend. Was bei­spielsweise das Kunsthistorische Museum betrifft, hat es noch einigermaßen funk­tioniert. Habe ich jedoch Frau Bundesministerin Gehrer gefragt, welche Kosten die Ge­burtstagsparty von Herrn Morak verschlungen hat, war ihre Antwort, der Rechnungshof hat festgestellt, dass vom Kunsthistorischen Museum 5 736,88 € für die Geburtstags­feier von Herrn Staatssekretär Franz Morak aufgewendet wurden.

Frau Kollegin Brinek, ich finde es unglaublich, dass Sie so etwas auch noch verteidi­gen! Und es ist nobel ausgedrückt, dass das vom Kunsthistorischen Museum ... (Abg. Dr. Brinek: Das waren Sponsoren!) – Nein, die Bevölkerung hat das alles zahlen müssen! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Die Österreicherinnen und Österreicher, die sich ihre eigenen Geburtstagsfeiern natürlich selber zahlen müssen, müssen jetzt auch noch Geburtstagsfeiern für Herrn Staatssekretär Morak bezahlen! Das ist doch eine Ungeheuerlichkeit! Ich warte auf den Tag, an dem Herr Morak das endlich zurückbezahlt, Frau Kollegin Brinek! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kommt aber noch besser: Ich habe mir auch zu fragen erlaubt, ob Herr Staatssek­retär Morak auch mit einem Geschenk bedacht worden ist und, falls ja, mit welchem und wie viel es gekostet hat. Und: Wer hat die Kosten eines allfälligen Geburtstags­geschenkes zu tragen?

Wissen Sie, Frau Kollegin Brinek, was Frau Bundesministerin Gehrer darauf geant­wortet hat? – Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung.

Da muss man einmal innehalten: Was soll denn das heißen? Warum hat Ministerin Gehrer nicht gesagt: Nein, Staatssekretär Morak hat selbstverständlich kein Geburts­tagsgeschenk bekommen, denn die Verköstigung dort ist ohnehin schon bezahlt wor­den. Antwort der Bundesministerin: Das ist kein Gegenstand der Vollziehung. – Das ist doch ungeheuerlich! Also hat Staatssekretär Morak offensichtlich nicht nur vom Steu­erzahler seine Party bezahlt bekommen, sondern auch noch ein Geschenk! Das ist doch wirklich unglaublich! (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Schauen wir noch kurz zum Gironcoli Museum sowie zur Sache Herberstein. Frau Kol­legin Wolfmayr, schon im September 2004 habe ich gewusst, dass da einiges im Argen liegt, und habe das auch offen gesagt. Sie, Frau Kollegin Wolfmayr, haben damals den „degoutanten Zynismus“ des SPÖ-Abgeordneten Kräuter kritisiert und gesagt:

„Die Tüchtigkeit und die großen Leistungen von Andrea Herberstein sind in der Steier­mark und ganz Österreich unbestritten.“

Herr Finanzminister, Sie müssen auch einmal erklären, was denn mit dieser Million Euro passiert ist, die Sie für das Gironcoli Museum gegeben haben, denn mittler­weile ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kräuter, zum Thema der Anfragebesprechung bitte! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Das System des Kunsthistorischen Museum ist ja sozusagen 1 : 1 umzulegen auf das, was in der Sache Herberstein und Gironcoli Museum passiert ist. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Als Beispiel:


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Dort ist Schwarzgeld geflossen – und das nicht wenig, wie ja die „Kleine Zeitung“ be­richtet hat.

Herr Finanzminister, ich hoffe, dass Sie da bald einmal tätig werden. Es ist sehr wich­tig, zu wissen, was da geschehen ist – das muss doch auch Kollegen Grillitsch interes­sieren –, denn solange nicht bekannt ist, wer in der Steiermark die Schwarzgeldzahler sind, kann der Herr Finanzminister nicht mehr guten Gewissens Fördersummen in die Steiermark vergeben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kräuter, wir sind bei der Besprechung einer Anfragebeantwortung, und ich fordere Sie auf, dorthin zurückzu­kommen!

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Frau Präsidentin, selbstverständlich muss das Ganze Konsequenzen haben. Daher: Herr Morak hat die Kosten für diese Geburtstagsparty zurückzuzahlen, ebenso die Kosten für die Verköstigung dort.

Frau Bundesministerin Gehrer ist mir die Antwort schuldig geblieben, was das Ge­schenk für Herrn Morak betrifft. Welches Geschenk war das? Was hat es gekostet?, et cetera.

Und der Herr Finanzminister – das möchte ich noch dazu sagen – wird sich einmal um die Schwarzgeldzahlungen der ÖVP in der Steiermark kümmern müssen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Bundeskanzler Schüssel wird sich wohl einen neuen Wahlkampfsänger suchen müs­sen, denn der bisherige übt schon einschlägige Passagen der Verdi-Oper „Nabucco“. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Neudeck. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.17.54

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wo sind wir jetzt eigentlich? – Steiermark, Herberstein, Gironcoli Museum? Es geht jetzt um die Besprechung einer Anfragebeantwortung des Finanzministers (Abg. Dr. Einem: Nicht-Beantwortung!) in einer steuerrechtlichen Angelegenheit.

Kollege Einem, zu Ihrer Bemerkung „Nicht-Beantwortung“: Der ehemalige Finanzminis­ter Hickersberger ... Nein, Edlinger, Hickersberger ist der Trainer, Edlinger ist der Prä­sident; ich bin kein Fußballer; bitte um Entschuldigung!

Ich bin der Ansicht, es ist inakzeptabel, dass ein Minister so antwortet. Aber dieses Gesetz, dass ein Minister ja geradezu so antworten muss, haben Sie von der SPÖ mitzuverantworten. Ihr ehemaliger Ministerkollege Edlinger ... (Neuerliche Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Das ist hier beschlossen worden; Sie, Kollege Einem, haben es wahrscheinlich mitbeschlossen.

Minister Edlinger hat eine Anfragebeantwortung gemacht; damals waren die Frage­steller Freiheitliche, in Opposition. Ich will das jetzt gar nicht so lange ausbreiten. Jedenfalls hat damals Finanzminister Edlinger genauso, ja sogar ein bisschen mehr von oben herab, erklärt: Dazu sage ich euch nichts! – Ja, das ist inakzeptabel, Kollege Cap, aber Sie von der SPÖ haben solche Gesetze gemacht!

Sie gehen genauso in den Ausschüssen vor: Im Rechnungshofausschuss etwa sind Ihnen immer die Oppositionsrechte zu wenig. – Aber diese Rechte haben doch nicht wir gemacht, sondern eine Mehrheit, die überwiegend aus SPÖ – und etwas ÖVP – bestanden hat.


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Nach diesen Gesetzen wird jetzt in Österreich regiert und kontrolliert. Wir haben einen Rechnungshofpräsidenten, der prüft – und dann kommt der Vorsitzende des Rech­nungshofausschusses und redet statt von Auskunftspersonen von „Zeugen“. Bitte, wo sind wir denn?! (Zwischenrufe des Abg. Dr. Kräuter.) In einem Rechnungshofaus­schuss sind das Auskunftspersonen und nicht „Zeugen“, Herr Vorsitzender Kräuter!

Ihr diskutiert nächtelang, und wir bringen uns dann eben auch ein. Kollege Fauland und ich haben nächtelang mit Ihnen diskutiert – dann aber wird man von Ihnen als gewissenloser Abgeordneter hinzustellen versucht! Das muss man sich doch nicht gefallen lassen! Das sind sozusagen Ihre Gesetze, die da zu vollziehen sind!

Wenn Herr Bundesminister Grasser sagt, dass er es nicht beantworten kann, weil es ihm die Gesetze verbieten, dann war das aber, wenn es tatsächlich inakzeptabel ist, Kollege Cap, damals genauso inakzeptabel wie heute! Da können wir uns wahrschein­lich treffen.

Es ist schön zu sagen: Der Standort bestimmt den Standpunkt. Das war halt 1999. Ich will es Ihnen jetzt gar nicht vorlesen. Interessant dabei ist: Ich habe den Verdacht, dass es Ihnen, als Sie diese Anfrage gestellt haben, gar nicht um die Beantwortung gegan­gen ist. Sie haben ohnehin gewusst, dass Sie diese nicht bekommen werden. Ich weiß, Sie haben natürlich ein gutes Archiv, und Sie haben nachgeschaut, was Edlinger gesagt hat. – Der Edlinger hat gesagt: Schmecks!

Grasser hat auch ein gutes Archiv, und was wird er sagen? – Der wird etwas Ähnliches sagen! Edlinger hat ja nicht alles mitgenommen. Diese Anfragebeantwortung wird wohl noch irgendwo liegen, irgendeinen Computer wird er schon zu löschen vergessen haben. Es ist ja alles – wie ich annehme – bei Ihnen im Archiv vorhanden. Sie wollten aber gar nicht wissen, was wirklich los ist, das ist ja gar nicht mehr wichtig, sondern Sie wollten Seipel beschmutzen! Sie wollen ihn anpatzen!

Kollege Matznetter fragt, ob ich meinen Geburtstag auch dort gefeiert habe. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Cap.) Kollege Cap, wenn ein Minister oder ein Staatssekretär seinen Geburtstag im Rahmen einer solchen großen Feier begeht, dann ist das meistens ir­gendein Sponsorentreffen, bei dem man etwas transportieren will. Ich kritisiere das auch. Ich kritisiere das durchaus auch. Ich will allerdings meinen Geburtstag, auch wenn ich Staatssekretär, Minister oder Bundeskanzler bin, jedenfalls nicht auf Einla­dung eines Museumsdirektors in einem Museum feiern. Wenn ich mir zu meinem Geburtstag eine Feier beim Heurigen zahlen lasse, dann möchte ich mit Freunden fei­ern, die ich mir aussuche, dann möchte ich aber nicht, dass Sie mir Hunderte Leute einladen und ich dann sozusagen als Pausenprogramm herumgereicht werde, also eher der Schmuck für dieses Programm bin, anstatt meinen Geburtstag zu feiern. Das ist nicht elegant!

Wenn Sie mir jetzt meinen Heurigen zahlen oder ich ihn mir von Seipel zahlen lasse, dann können Sie sich aufregen, wenn ich dort meine Freunde eingeladen habe. Aber wenn Seipel oder sonst irgendjemand, um es nicht zu personifizieren, bestimmt, wer kommen darf, und Hunderte Leute einlädt, um seine Institution oder sein Museum in die Öffentlichkeit zu bringen, und irgend jemandes Geburtstag dafür verwendet, um das gut zu verkaufen, dann ist das nicht elegant, aber es ist nicht so tragisch, wie Sie das sehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Zinggl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.22.31

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch wir haben überlegt, die eine oder andere parlamen-


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tarische Anfrage zum Kunsthistorischen Museum, die nicht oder nicht befriedigend beantwortet wurde, hier zu einer Diskussion zu machen.

Eine davon war auch tatsächlich die Finanzprüfung des Kunsthistorischen Museums, betreffend welche wir schon vor einem Jahr eine Anfrage an Sie, Herr Minister, gerich­tet haben. Diese haben Sie jetzt bei Ihrer Aufzählung vergessen. Und wir haben vor einem Jahr die Antwort bekommen, die auch die SPÖ vor einem halben Jahr erhalten hat. Es handelt sich dabei natürlich um die gleiche unbefriedigende Antwort.

Es ist schon richtig: Auch wir haben Verständnis für diesen § 48a, und wir glauben, dass die Geheimhaltung der Daten im Zusammenhang mit einer Finanzprüfung durch­aus gerechtfertigt ist. Meine Damen und Herren! Es gibt aber noch eine zweite Aus­nahme neben dieser einen Ausnahme betreffend gesetzliche Verpflichtung zur Offenle­gung. Für die bereits erwähnte Ausnahme gibt es, glaube ich, gute Gründe. Sie haben selbst erwähnt, Herr Minister, dass das Parlament diese gesetzliche Verpflichtung natürlich mehr oder weniger einlöst, und das kann man eben nicht mit Scientology verwechseln, denn das liegt da ja nicht vor. Es gibt aber – wie gesagt – daneben tat­sächlich im Abs. 4 noch eine zweite Ausnahme, und diese haben Sie uns vorenthalten, eine Ausnahme betreffend Datenschutz, wenn es öffentliches Interesse an der Offen­legung gibt. Und dieses öffentliche Interesse, meine Damen und Herren, liegt doch hier ganz offensichtlich vor! Ich frage Sie: Wenn es diesfalls nicht vorliegt, wann liegt über­haupt öffentliches Interesse vor? (Beifall bei den Grünen.)

Der Rechnungshof erhebt schwerste Vorwürfe, die darauf schließen lassen, dass der Republik Steuermittel entgangen sind und entgehen. Wenn beispielsweise in den Geschäftsbüchern Erlöse nicht ausgewiesen werden, wenn Beamte und Angestellte Zusätzliches verdienen und der Direktor des Museums selbst zugibt, dass dadurch weniger Abgaben entrichtet worden sind, dann, meine Damen und Herren, liegt, glaube ich, öffentliches Interesse vor.

Wir wollen wissen, was da noch geschehen ist! Ist das ein kunsthistorisches Fass ohne Boden? Wie geht es weiter? Ist es egal, ob der Direktor Erlöse, die er gemacht hat, versteuert hat, ob er die Umsatzsteuer überhaupt entrichtet hat, ob sich daraus Zah­lungsforderungen ergeben? Das sind letzten Endes Gelder, deren Handhabung von uns mit beobachtet, verwaltet, kritisiert und gerechtfertigt werden muss. Sie gehen aber jetzt, nachdem der Rechnungshofsbericht hier im Parlament mehr oder weniger durch­diskutiert wurde und ganz eindeutig herausgekommen ist, dass sich dieser Direktor nicht an die gesetzlich vorgeschriebene Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gehalten hat, darüber hinweg, als wäre nichts gewesen! Der Direktor arbeitet weiter, als wäre nichts gewesen. Es gibt nicht einmal das Vier-Augen-Prinzip eines kaufmännischen Geschäftsführers, das uns die Frau Ministerin versprochen hat. Mit einem Wort: Der Direktor kann weiterarbeiten, als wäre nichts gewesen!

Wir wissen beziehungsweise können zumindest gut begründet annehmen, dass diese Prüfung seitens des Finanzministeriums bereits seit drei Jahren existiert, und es muss auch einen Grund geben, warum diese nicht abgeschlossen wird und warum es da keine Ergebnisse gibt, die für die Öffentlichkeit natürlich interessant wären.

Es hat, wie gesagt, jetzt schon zahlreiche Möglichkeiten gegeben, weitere solche An­fragebeantwortungen, die nicht befriedigend sind, hier im Parlament zu diskutieren. Meine Damen und Herren! Wir haben uns aber gedacht, dass es wahrscheinlich für die Ministerin im Augenblick sehr wichtige Dinge in der Universitätspolitik und in der Wis­senschaft gibt, über die sie uns jetzt nicht sagen darf: Ich hatte so viel mit Seipel zu tun, ich musste ihn dauernd decken und hatte keine Zeit für die Universitäten. Auch in Sachen Bildung wollten wir ihr eine solche Ausrede nicht zugestehen, dass sie sagt: Der Seipel macht so viele Schwierigkeiten, und bis ich es endlich geschafft habe,


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meine Ausschreibung für den kaufmännischen Geschäftsführer durchzuführen – man denke nur an das Vier-Augen-Prinzip –, habe ich keine Zeit für die Bildungspolitik.

Also gut: Dann steht die Kultur halt hinten an. Aber nachdem in beiden Bereichen nichts geschieht, meine Damen und Herren, kann ich nur sagen: Jetzt müssen wir halt auch noch den Seipel weiterspielen. Ich habe Ihnen vor dem Sommer versprochen, dass es mit diesem Rechnungshofbericht im Zusammenhang mit Direktor Seipel und der Debatte dazu noch lange nicht aus sein wird und dass wir immer wieder auf dieses Thema zurückkommen werden. – So viel zur Kultur des Erinnerns, Frau Kollegin Bri­nek.

Ich glaube, dass der Schatten des Makels in diesem Zusammenhang wie bei Macbeth von der Regierung, von der Frau Bundesministerin und von Direktor Seipel nicht mehr weichen wird, und wir werden daran weiter arbeiten und diese Museumspolitik weiter diskutieren, medial und im Parlament. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es wurde soeben ein Antrag gemäß § 92 Abs. 3 Geschäftsordnungsgesetz eingebracht.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag gemäß § 92 Abs. 3 GOG-NR

Es wird beantragt, dass im Rahmen der Debatte über die schriftliche Beantwortung der Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Günther Kräuter an den Bundesminister für Finanzen betreffend Betriebsprüfung des Kunsthistorischen Museums (3165/AB), die Beantwortung nicht zur Kenntnis genommen werde.

*****

Dieser Antrag steht dann auch gleich zur Abstimmung.

Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den soeben eingebrachten Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen, der Nationalrat möge die Beantwortung der Anfrage an den Bundesminister für Finanzen 3165/AB nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, ein entsprechendes Zeichen zu geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

17.28.51Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 11 und 12 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.29.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Nach den hitzigen De­batten rund um Eurofighter und um Herrn Seipel kehren wir wieder zurück zur norma­len Tagesordnung.


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Unser Thema ist die Agrarpolitik. Es geht um das weitere Finanzierungsprogramm der ländlichen Entwicklung. – Ich denke, dass man sich auch diesem Thema widmen sollte, obwohl es schade ist, dass Kollege Grillitsch jetzt hinausgegangen ist. Anschei­nend hat ihn als Bauernbundpräsident der Seipel mehr interessiert als die Agrarpolitik. Ich meine trotzdem, dass wir uns diesem Thema widmen sollten, weil es wichtig ist, weil es gut ist und weil auch meine Vorredner schon – Kollege Auer ist da, das ist gut! – einiges Wichtiges dazu gesagt haben.

Dass in der ÖVP sehr viele Bauernbundpolitiker sind, das ist mir sehr wohl bekannt. Es braucht hier nicht jeder extra aufstehen und sich zeigen, denn ich kenne die Präsiden­ten und Funktionäre alle sehr gut, und ich komme auch noch auf den Bauernbund zurück.

Meine geschätzten Damen und Herren! Bei den Vorrednern hat sich herausgestellt – und diese Haltung teile ich zum Teil –, dass es da in dieser politischen Situation ein weinendes und ein lachendes Auge gibt. Ein lachendes Auge deshalb, weil es sicher­lich gelungen ist, innerhalb dieser Regierung die Absicherung der finanziellen Mittel für die Bauern grundlegend sicherzustellen.

Ehrlicherweise muss man dazu sagen, dass wir auch im Ausschuss darüber ziemlich einer Meinung waren, dass es wichtig ist, diese Mittel sicherzustellen, dass das dies­bezügliche Interesse gut und in allen Parteien vorhanden ist, dass aber die Mittelver­wendung innerhalb der Landwirtschaft, innerhalb der Säulen und auch innerhalb der Betriebe sehr wohl Diskussionen ausgelöst hat.

Im Ausschuss wurde sehr intensiv darüber diskutiert, ob man nicht betreffend Größen­ordnungen etwas machen sollte, ob man nicht die klein strukturierte Landwirtschaft bevorzugen sollte. Ich hatte gerade heute die letzte „Agrarpost“ vom 14. September vor mir, und darin ist ganz interessant zu lesen, was Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel beim Erntedankfest des Bauernbundes in Wien diesbezüglich gesagt hat. Ich zitiere wörtlich: „Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat sich dabei für eine Deckelung der Zuschüsse ausgesprochen. Wichtiger sei die Förderung kleinerer Betriebe.“

Ich muss sagen: Das war ein visionärer Ansatz des Bundeskanzlers! Es gibt nämlich, Herr Minister, auch innerhalb Österreichs Agrarfabriken, und es wird sicher wichtig und richtig sein, dass wir bei dieser Mittelverwendung darüber nachdenken, wie wir es be­werkstelligen können, eine Deckelung einzuführen, die nicht erst Betriebe ab 100 000, 200 000 oder 300 000 € betrifft, sondern auch kleinere Betriebe.

Ich glaube aber auch, dass man über diese Mittelverteilung hinausgehen und sich generell darüber unterhalten sollte, in welche Richtung die Agrarpolitik geht. Gestehen wir uns ehrlich ein: Seit Jahren diskutieren wir sowohl hier im Parlament als auch in unseren Ländern, in den Landwirtschaftskammern zu 80 oder 90 Prozent darüber, wie wir Mittel optimal verteilen und lukrieren können. Ich denke aber, dass Agrarpolitik mehr sein sollte als reine Mittelverteilung. Ich glaube, dass man viel weiter gehen und auch den Mut haben sollte, andere Parameter aufzugreifen und andere Gesetze in die Hand zu nehmen, mit welchen wir ohne Europäische Union im Bereich unserer Land­wirtschaft und betreffend unseren – sehr strapazierten – ländlichen Raum, der beinahe in jeder Diskussion Platz findet, auch neue Wege gehen.

Ich habe es schon ein paar Mal gesagt und möchte das hier auch noch einmal erwäh­nen: Es gibt zwei Arten von Steuerungsmechanismen, mit welchen wir Landwirtschaft steuern können, nämlich die Sozialpolitik und die Steuerpolitik. (Beifall bei den Freiheit­lichen.) In diesen Bereichen haben wir nationalen Spielraum, in diesen Bereichen muss es uns gelingen, den Mut zu haben, zu gewissen Dingen ja zu sagen und vielleicht Bauern und Bäuerinnen und Betriebe mehr zu schützen, als es uns momentan gelingt.


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Abschließend sei mir ein Beispiel ... (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Mut braucht man dafür, Kollege Gradwohl, und ich hoffe, dass auch ihr diesen Mut aufbringt und nicht immer nur den Klassenkampf in den Vordergrund stellt! In Wirklichkeit sollte man nämlich bei allem Mut, den man braucht, den Klassenkampf in der Landwirtschaft aus dem Spiel lassen, denn ich denke, alle BäuerInnen sind gut und wichtig genug, dass man für sie kämpft, egal ob sie zwei Hektar haben oder 200 Hektar. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Gradwohl.)

Abschließend – meine Lampe blinkt, sie ist schon auf rot geschaltet – wollte ich das erwähnte Beispiel bringen: Es scheint mir wichtig, gerade in der Sozialpolitik zu han­deln. Herr Bundesminister! Ich würde dich in diesem Zusammenhang wirklich auffor­dern, dass du gemeinsam mit den Vertretern der Bauern, mit den Maschinenringen und mit unserer Interessenvertretung dafür kämpfst, dass diese ungerechte Sozialver­sicherungspflicht bei Maschinenringtätigkeiten, wie die Sozialversicherungsanstalt der Bauern sie plant, nicht kommt. Ich bitte dich, dass du gemeinsam mit den Vertretern draußen in den Ländern dafür kämpfst, dass nicht die Arbeit des Bauern und der Bäue­rin im Bereich des Maschinenringes dafür herangezogen wird, eine marode Sozialver­sicherungsanstalt zu sanieren, und es im Endeffekt dazu kommt, dass wir Arbeitsplätze in der Landwirtschaft verlieren. Jeder Bauer und jede Bäuerin, die heute im Maschinen­ring, im Bereich der sozialen Betriebshilfe oder nur im Rahmen der Nachbarschaftshilfe arbeiten, haben es sich verdient, dass diese Arbeit auch weiterhin von Sozialversiche­rungsbeiträgen befreit bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, Landeshauptmann Pröll hat eh schon gesagt, dass das nicht kommt!)

17.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Wimmer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


17.34.46

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Immer wenn es darum geht, Fördermittel zu ver­teilen, sind wir mit Ihnen, meine sehr geschätzten Damen und Herren von der ÖVP-Fraktion, meistens nicht einer Meinung.

Aber das hat natürlich einen ganz bestimmten und richtigen Grund: Einmal war es die Steuerreform, von der vor allen Dingen die großen Unternehmen sehr bevorzugt wur­den und von der vor allem die Arbeitnehmer fast nichts spürten, ein anderes Mal war es das ungerechte Förderungssystem im gesamten Agrarbereich, von dem ebenfalls die großen Landwirtschaftsbetriebe massiv profitieren. Solange es eine flächenbezo­gene Förderung gibt, ist es eben so, dass die großen Betriebe die Profiteure sind und die kleinen Betriebe auf der Strecke bleiben. Wir sehen natürlich auch die entsprechen­den Auswirkungen: 4 000 Betriebe sperren – wie wir heute schon gehört haben – pro Jahr zu.

Es gibt jetzt aber einen Hoffnungsschimmer, und darum freut es mich ganz besonders, dass Kollege Scheuch das jetzt angesprochen hat. Ich möchte die Zuneigung zwischen Präsident Grillitsch, der gerade isst – Mahlzeit! –, und Kollegen Scheuch nicht durch­einander bringen. (Abg. Grillitsch: Es schmeckt!) Lieber Präsident Grillitsch, es ist aber offensichtlich so, dass wir jetzt, was Förderungen anbelangt, einen Mitstreiter ge­funden haben. Ich nenne nur stichwortartig das Erntedankfest hier auf dem Helden­platz.

Kollege Grillitsch! Sie haben damals ein bissel die Farbe im Gesicht gewechselt, als der Bundeskanzler davon gesprochen hat, dass man endlich die Fördergrenzen än­dern beziehungsweise eine Obergrenze einführen soll! Das hat Ihnen offensichtlich


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nicht so geschmeckt! Ich kann aber von dieser Stelle aus sagen: Wir als Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemokraten werden den Bundeskanzler diesbezüglich ganz mas­siv unterstützen, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Großruck.) Ich hoffe nur, Kollege Großruck, dass sich der Bundeskanzler auch in eurer Fraktion durchsetzen wird! Das wird nicht so einfach sein!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich nehme an, der Bundeskanzler hat gewusst, wovon er redet. Es kann nämlich wirklich nicht sein, dass es heute noch wirk­lich abstruse Förderungen gibt. Wenn ich sehe und höre, dass es immer noch Förder­millionäre mit 1 Million €, 1,5 Millionen € oder 1,7 Millionen € pro Jahr gibt, dann muss ich sagen: Das nicht redlich, das ist im höchsten Maße unfair, meine sehr geschätzten Damen und Herren, vor allen Dingen gegenüber den kleinen Betrieben, die wirklich tagtäglich ums Überleben kämpfen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage auch dazu, dass wir als Sozialdemokraten natürlich zur Finanzierung der ländlichen Gebiete stehen. Aber der ländliche Raum kann nicht allein auf Landwirt­schaft reduziert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es war auch in der Vergangenheit so: 2004 standen 1,068 Milliarden € zur Verfügung, und es waren gerade 3 Prozent, die für die Entwicklung von ländlichen Gebieten aus­gegeben wurden. Dazu sagen wir: Das ist eindeutig zu wenig! Der ländliche Raum umfasst – noch einmal gesagt – mehr als die Landwirtschaft, und alle Menschen, die in diesem Raum leben, müssen mit einbezogen werden.

Ein Beispiel möchte ich hier noch anbringen, weil es wirklich sehr bezeichnend ist. Es geht um die Förderung betreffend Bildungs- und Beratungsschwerpunkte. Da frage ich schon: Warum sollen diese Förderung nicht auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer sowie Klein- und Mittelbetriebe in Anspruch nehmen können? Das ist ja wirklich nicht zu verstehen!

Herr Bundesminister, Ihre Intentionen in diesem Programm gehen uns zu sehr in eine einzige Richtung. Sie schließen große Bevölkerungsgruppen davon aus, und das ist der Grund, warum wir Ihrem Antrag nicht folgen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Eßl. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.39.00

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen ein bissel einen Irrtum aufklären: Die Gelder, die zu den Bauern im ländlichen Raum fließen, kommen allen Bürgern im ländlichen Raum zugute. Das sind keine Geschenke, die an die Bauern verteilt werden, sondern die Bauern liefern dafür Produkte: Sie sichern die Ernährung der Bevölkerung und sichern unseren Lebensraum. Das sollte man bitte auch einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Aus diesem Grund ist es auch notwendig, dass wir ein Programm Ländliche Entwick­lung zur Verfügung haben, und zwar mit Kernpunkten wie Umweltprogramm oder Aus­gleichszulage für die benachteiligten Gebiete, um den Bauern zu ermöglichen, daran freiwillig teilzunehmen und die entsprechenden Leistungen für die gesamte Gesell­schaft zu erbringen. – Die österreichische Bundesregierung und auch die Länder stel­len dazu neben der Europäischen Union die Mittel zur Verfügung, und das ist gut so.

Das Programm Ländliche Entwicklung ist neu in Verhandlung. Wir brauchen 88 Milliar­den € im EU-Topf, und Bundesminister Pröll hat durchgesetzt, dass die europäischen Agrarminister dazu stehen. Wir brauchen für Österreich 500 Millionen pro Jahr, Bun­desminister Pröll kämpft dafür. Das ist der Unterschied zur Opposition: Gusenbauer will


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die Mittel halbieren, Gusenbauer will den Menschen Einkommen wegnehmen, 50 Pro­zent der Direktzahlungen sollen nach Blair und Gusenbauer gestrichen werden. Das wollen wir auf alle Fälle verhindern!

Sie werden sagen, das ist eine leere Drohung. – Das ist es nicht! Dort, wo sozialistisch regiert wird, gibt es die Beweise. In Salzburg hat Landeshauptfrau Burgstaller bereits im ersten Budget unter ihrer Führung den bäuerlichen Familien mehr als ein Viertel der nicht EU-kofinanzierten Direktzahlungen weggenommen. (Abg. Grillitsch: Das ist eine Schande!) Das sollen die Bäuerinnen und Bauern in den anderen Bundesländern – speziell in der Steiermark, wo es um Entscheidungen geht – auch wissen.

Ich bin jedenfalls froh, dass unsere Bundesregierung – mit Sepp Pröll für die Landwirt­schaft an der Spitze – für die Bäuerinnen und Bauern und damit für alle Menschen im ländlichen Raum mit vollem Einsatz kämpft. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.41.31

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Nennen wir es doch einmal beim Namen, weil Franz Eßl jetzt mit diesem Thema der direkten Förderungen angefangen hat. Warum müssen denn manche bäuerlichen Betriebe, nämlich insge­samt 4 000 im Jahr, schließen? – Das hat doch wohl nichts damit zu tun, dass einzelne Förderungen gestrichen worden sind, sondern das hat damit zu tun, dass die Landwirt­schaft auf der Welt insgesamt aus den Fugen geraten ist. Die Landbewirtschaftung durch bäuerliche Betriebe ist aus den Fugen geraten!

Ich kann das jetzt so sagen, weil wir kurz vor den neuen WTO-Verhandlungen im De­zember stehen; dort wird Minister Pröll vermutlich auch einer der wichtigen Verhandler im Agrarbereich sein, und dort wird es genau um diese Themen gehen. Es geht um das Thema: Kann Landwirtschaft wirklich ein Teil des internationalen Handels sein, so wie auch mit anderen Waren gehandelt wird? – Wir haben das Problem, dass zum einen Märkte in den Ländern des Südens ruiniert werden, weil über hoch gestützte Exporte Produkte aus der EU und auch aus den USA dorthin verkauft werden und die dortigen Märkte ruinieren. Wir haben aber auch das Umgekehrte, dass günstig produ­ziertes Gemüse aus dem Gemüseanbau in Mexiko – wenn es nahezu ohne Transport­kosten verkauft wird – in Kanada die lokalen Märkte ruiniert.

Worum geht es hier? – Es geht um die Ernährungssouveränität. Wir müssen dafür kämpfen, dass jedes Land, jeder Staat für seine Bürger und Bürgerinnen die Ernäh­rung gewährleisten kann (Beifall bei den Grünen) und nicht davon abhängt, dass inter­nationale Konzerne die Lizenzgebühren genehmigen beziehungsweise herabsetzen, damit die Länder des Südens überhaupt noch ihre Bevölkerung ernähren können. Wir haben heute schon einmal über den Internationalen Währungsfonds geredet, der zum Teil auch den Ländern des Südens Exportverpflichtungen auferlegt, durch die sie ihre eigene Bevölkerung schädigen. So kann es nicht sein, das ist doch insgesamt aus den Fugen geraten!

Jetzt muss ich noch eine Replik auf den Beginn der Rede des Herrn Grillitsch machen. Er hat die denkwürdige Aussage gemacht: Die Bauern sind das Rückgrat des länd­lichen Raums. – Es nimmt nicht wunder, dass er wieder die Bäuerinnen vergessen hat. Natürlich, sie sind zum Teil auch gar nicht mehr da, weil sie nicht auf den Bauernhöfen bleiben; siehe „Bauer sucht Frau“ im Fernsehen. Das hat auch damit zu tun, dass


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diese Vereinnahmung des ländlichen Raums durch den Bauernbund einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Viele Leute wollen nicht mehr so leben, wie Sie von der ÖVP ihnen das vorschreiben wollen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Das gehört auch einmal gesagt.

Der ländliche Raum ist ein sehr differenzierter Raum, dort findet zum Glück sehr viel Verschiedenes statt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Kollegin, so mächtig ist der Bau­ernbund nicht, dass er vorschreibt, wie wir leben!) Deswegen bringe ich jetzt den Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betref­fend österreichisches Programm für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 ein, damit dort nicht nur Lederhosenkultur und das, was der Bauernbund unter ländlicher Bewirt­schaftung versteht, sondern die ganze Vielfalt dieses österreichischen ... (Abg. Gril­litsch: Lederhosen ...!) Lederhosen – das ist ein gutes Material, ja, aber nicht nur, es gibt auch andere Materialien, die sich hervorragend für Bekleidung eignen.

Die Ziele des Entschließungsantrages sind vor allem die Verbesserung der ökologi­schen Zielgenauigkeit und Nachhaltigkeit – Nachhaltigkeit soll hier tatsächlich in die Tat umgesetzt werden und nicht nur als Wort bestehen (Abg. Grillitsch: Das ist die öko-soziale Marktwirtschaft!) –; die Sicherung der Gentechnikfreiheit der österreichi­schen Landwirtschaft (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da sind wir alle einer Meinung!), die ja auch immer nur in Lippenbekenntnissen besteht, aber nicht tatsächlich umgesetzt ist; Futtermittel, lieber Herr Kollege Scheuch; Stärkung des ländlichen Raums als Lebens- und Arbeitsraum (Abg. Grillitsch: Öko-soziale Marktwirtschaft!); Verbesserung der Lebensqualität, Herstellung von Fördergerechtigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen; keine Untergrenzen, sondern Obergrenzen im Sinne der Fördergerechtigkeit; Förde­rung von artgerechter Tierhaltung und Tierschutzmaßnahmen und, last but not least, Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist nicht Ihr Programm. Deswegen möchte ich gern dem Herrn Minister heute den grünen Regionenreport überreichen. Der ist etwas früher herausgekommen als der Regionalreport der ÖVP, vielleicht ist deswegen darin so viel abgeschrieben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rest-Hinterseer über­reicht Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll eine Broschüre.)

17.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Rest-Hin­terseer eingebrachte Entschließungsantrag liegt schriftlich vor, ist ausreichend unter­stützt, wurde in seinen Grundzügen erläutert, kommt gemäß § 53 Abs. 4 GOG auch zur Verteilung und steht mit in Debatte.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichisches Programm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013, eingebracht im Zuge der De­batte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft 1017 d.B.

Nach der grundlegenden Reform der ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in den Jahren 2003 und 2004 steht im neuen EU-Finanzierungszeitraum (2007 - 2013) die Entwicklung des ländlichen Raums (zweite Säule) im Mittelpunkt der Refor­men. Das neue Programm und dessen Finanzierung wird die ländlichen Regionen in Europa tiefgreifend beeinflussen. Die künftige EU-Politik zur Entwicklung des länd­lichen Raumes (ELER) nach dem Motto: „Ein Fonds, ein Programm, eine Kontrolle“ wird den Schwerpunkt auf die drei folgenden Bereiche legen:


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Achse 1: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Land- und Forstwirtschaft

Achse 2: Förderung von Umweltschutz und Landmanagement

Achse 3: Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft und Verbesserung der Lebensqua­lität im ländlichen Raum

Das Leader-Modell wird auf EU-Ebene fortgesetzt und ausgebaut, wobei in jeder Achse der Leader-Ansatz integriert werden sollte. Die Mitgliedstaaten, Regionen und lokale Aktionsgruppen sollen mehr Mitsprachemöglichkeiten haben. Die Programme müssen auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmt werden.

Die Ziele, Maßnahmen und Förderakzente für die Programm-Periode 2007-2013 sind an folgenden gesellschaftlich erwünschten Leistungen zu messen:

Verbesserung der Ökologischen Zielgenauigkeit und Nachhaltigkeit

Sicherung der Gentechnikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft

Stärkung des ländlichen Raums als Lebens- und Arbeitsraum

Verbesserung der Lebensqualität

Herstellung von Fördergerechtigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen

Gleichstellung von Frauen und Männern

Förderung von artgerechter Tierhaltung und Tierschutzmaßnahmen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Zusammenhang mit dem österreichischen Pro­gramm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 folgende Voraussetzungen zu schaffen beziehungsweise Maßnahmen zu setzen:

Allgemeine Ziele und Leitlinien:

Ländliche Entwicklung finanziell absichern: Die Nettozahler-Position der österreichi­schen Bundesregierung darf die Finanzierung des Programms für die Ländliche Ent­wicklung (ELER) auf EU-Ebene nicht gefährden. Das bisherige Gesamtvolumen des Österreichischen Programms für den ländlichen Raum darf keinerlei Kürzungen zum Opfer fallen.

Partizipation ermöglichen: Es ist ein Begleitausschuss einzurichten und bereits bei der Programmplanung eine breite Palette von einschlägigen Organisationen der Zivilge­sellschaft, des Regionalmanagements, der Umwelt-, Bio- und Tierschutzorganisationen sowie kultureller Interessensgemeinschaften sowie Frauen- und Gleichstellungsbeauf­tragte in die Programmplanung einzubinden.

Das österreichische Parlament ist laufend zu informieren und einzubinden. Das neue Programm muss vor der Einreichung in Brüssel dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Gleichstellung verankern: Das Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter ist in allen Achsen zu berücksichtigen. Chancengleichheit muss messbar werden, daher sind die Daten um Chancenindikatoren zu erweitern (Geschlecht, Alter, Art der geförderten Bereiche, Tätigkeiten). In den Programmdokumenten ist eine geschlechterbezogene Sprache anzuwenden. Der Umsetzungsprozess muss begleitet werden.


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Gentechnikfreiheit absichern: Ziel des österreichischen Programms für die ländliche Entwicklung muss eine gentechnikfreie Produktion und die Schaffung gentechnikfreier Regionen sein.

Biolandwirtschaft als Leitbild: Zwischen dem EU-Strategiepapier zur Ländlichen Ent­wicklung und dem EU-Bioaktionsplan ist eine nachvollziehbare Verbindung herzustel­len.

Fördergerechtigkeit herstellen: Die Modulation ist unter Berücksichtigung der Betriebs­kostendegression bei größeren Betrieben zu verstärken mit dem Ziel, Wettbewerbsver­zerrungen mit kleineren oder mittleren Betrieben auszugleichen und Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu erhalten und zu schaffen. Mit den Mitteln der Modulation sind ökologische Maßnahmen und kleine Betriebe verstärkt zu fördern.

Erfolgsprojekt Leader ausbauen. Das Leader-Modell ist in größerem Maßstab anzu­wenden und die Entstehung dynamischer Netzwerke von unten ist zu fördern.

Die Forstlichen Förderungen sind an den Ergebnissen des Walddialogs auszurichten. Die Gewährung von Forstlichen Förderungen ist an einen Kriterienkatalog „Gute forst­fachliche Praxis“ zu binden.

Die Evaluierungsergebnisse des bisherigen Programms für die ländliche Entwicklung sind im neuen Programm konsequent zu berücksichtigen.

Maßnahmen der Achse 1 Wettbewerbsfähigkeit:

Investitionsförderungen: Es ist ein Gleichgewicht zwischen Betriebsrentabilität, Um­weltschutz und der sozialen Dimension zu finden. Die Investitionsförderungen sind so anzulegen, dass die geförderten Investitionen aus ökologischer, arbeitsmarktpolitischer und sozialer Sicht eine nachhaltige Wirkung zeigen:

Senkung des Mindest-Investitionsvolumens von derzeit allgemein € 7 500 beziehungs­weise € 3 700 für Verbesserungsinvestitionen im Bereich Qualität und artgerechte Tier­haltung, damit auch kleinere Investitionsvorhaben von den Förderungen profitieren können

Vereinfachung der Abwicklung bei niedrigen Förderbeträgen unter 2 500 Euro; ver­pflichtende Erstellung eines Betriebskonzeptes bei hohen Förderbeträgen über 10 000 Euro

Ausweitung des FörderbezieherInnenkreises auf große Verarbeitungsbetriebe nur bei Schaffung neuer Arbeitsplätze oder innovativer Produktionen

Förderung der Umstellung auf artgerechte Tierhaltungssysteme, wobei umfassendere Tierschutzziele deutlich bevorzugt zu fördern sind

Förderung einer gentechnikfreien Produktionsschiene im Futter- und Lebensmittel­bereich und keine Förderungen für Investitionen in die Gentech-Produktion

Förderung betriebsübergreifender Investitionen in Verarbeitung, Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit sowie Förderung von Innovationen

Förderung der Diversifizierung der landwirtschaftlichen Betriebe mit Schwerpunkt auf Qualitätserzeugnisse, Erzeugnisse mit hoher Wertschöpfung sowie umweltverträgliche Produktionsverfahren

Bildung:

Der Zugang zu Fördermitteln im Bildungs- und Beratungsbereich ist einem erweiterten Kreis an Bildungsanbietern zu ermöglichen, um durch verstärkten Wettbewerb eine


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Qualitätssteigerung zu erreichen. Es ist eine Vernetzung der Bildungsanbieter und der Bildungsinfrastruktur anzustreben.

Die Ausbildung und Beratung ist an die neuen ökologischen Herausforderungen anzu­passen und zu verbessern. Innovative Ausbildungs- und Bildungsprogramme für Bäue­rinnen und Bauern sind verstärkt zu fördern, insbesondere in den Bereichen Ökologie, Tourismus, Gesundheit.

Es ist ein übergeordneter Bildungsausschuss einzurichten, der  Bildungsschwerpunkte festsetzt, die Kontinuität von Bildungsmaßnahmen sicherstellt, Qualitätsprüfungen vor­nimmt und die Qualität laufend weiterentwickelt.

Frauen:

Die Gleichstellungsorientierung und Gender Mainstreaming ist auf allen Bereichen und Ebenen anzuwenden. Zur Umsetzung sollte ein entsprechender finanzieller und institu­tioneller Rahmen zur Verfügung gestellt werden. Es sind spezifische Fördermaßnah­men für Frauen im Programm zu formulieren und umzusetzen. Die Organisation und Vernetzungsarbeit von Frauen im ländlichen Raum ist zu fördern.

Maßnahmen der Achse 2 Landmanagement:

Die Ausgleichszulage für Bergbäuerinnen und -bauern ist als erfolgreiches Konzept zur Erhaltung der Berglandwirtschaft beizubehalten und die Empfehlungen laut Evaluie­rungsbericht sind zu berücksichtigen. Betriebskategorien mit besonders hoher Bewirt­schaftungserschwernis sind in der Förderung besser zu dotieren.

Das Österreichische Agrarumweltprogramm ist qualitativ nachweisbar zu verbessern durch klare Zielvorgaben und Berücksichtigung der Evaluierungsergebnisse. Weitere Maßnahmen:

Die Teilnahme am ÖPUL ist an die Verwendung von gentechnikfreiem Saatgut zu bin­den.

Österreich muss seinem Ruf als „Bio-Vorreiter-Land“ gerecht werden und im nationalen Programm die Steigerung des Biolandbaus als Ziel verankern.

Die Maßnahme Biolandbau muss im Vergleich zur Maßnahme Betriebsmittelverzicht wesentlich höher als bisher dotiert werden, um die wesentlich höheren Anforderungen an Biobetriebe auszugleichen.

Durch die Förderungen im Rahmen des ÖPUL sollen möglichst viele Betriebe motiviert werden, nach hohen Umweltstandards zu wirtschaften. Größere Betriebe profitieren auch bei der Produktion nach hohen Umweltauflagen von einer Degression der Fix­kosten. Um die Fördergerechtigkeit sicherzustellen, sollten die Förderbeiträge je nach Programm daher ab 100 ha Reduzierte Landwirtschaftliche Nutzfläche (RLN) degressiv gestaltet werden.

Artgerechte Tierhaltung und Tierschutz ist als verpflichtende Maßnahme in Achse II zu verankern. Die Förderung von Tierschutzmaßnahmen ist durch Etablierung eines ent­sprechenden Finanztopfes sicherzustellen. Freilandhaltung und Weidemanagment sind verstärkt zu berücksichtigen.

Die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen zur Umsetzung von Natura 2000 (parti­zipative Erstellung von Managementplänen, Durchführung von Maßnahmen, Abgeltung von Bewirtschaftungseinschränkungen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) muss verbessert, zumindest jedoch im bisherigen Ausmaß sichergestellt werden. Bis­her erfolgreiche Naturschutzmaßnahmen (Anlegung von Landschaftselementen, öko­logisch wertvolle Flächen, Streuobstwiesen et cetera) sollen konsequent weitergeführt werden.


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Grünland:

Die Grundförderung für Grünland muss im Hinblick auf den Beitrag zum Bodenschutz, zur Kulturlandschaft und Artenvielfalt im Prinzip aufrechterhalten werden. Die Umset­zung kann im Zusammenhang mit Weidehaltung, Offenhaltung der Kulturlandschaft und Mindestbewirtschaftung erfolgen.

Die Grünlandprämie ist insbesondere im biologischen Landbau aufzustocken, um die Auflagen der Bio-Tierhaltung und Fütterung abzugelten.

Die arbeitsintensive Bewirtschaftung der Bergmähder ist verstärkt zu fördern.

Silofreie Grünlandbewirtschaftung (Qualitätsmilchprodukte) soll regional etabliert und die Bewirtschaftungserschwernis abgegolten werden.

Biodiversität, Artenvielfalt:

Voraussetzung für alle am ÖPUL beteiligten Betriebe ist die Offenhaltung der Kultur­landschaft und die verpflichtende Erhaltung der Landschaftselemente.

Die Erhaltung und Verbesserung der pflanzen- und tiergenetischen Ressourcen ist verstärkt zu fördern.

Die genetische Variabilität von Saatgut und die Herstellung von Biosaatgut und gen­technikfreiem Saatgut sind verstärkt zu fördern und sicherzustellen.

Schutz des Grundwassers:

Es sollen nur Betriebe bis maximal 2,5 GVE/ha, die sich verpflichten, ihren Tierbesatz innerhalb der Programmperiode auf 2 GVE/ha abzusenken, am ÖPUL-Grundwasser­schutz-Programm teilnehmen können. Eine generelle Senkung des Eintrages von Nit­rat in die Porengrundwässer ist anzustreben.  Sie soll zu einer messbaren  Verringe­rung des Nitratgehaltes führen und bis zum Jahr 2012 sollte der Nitratgehalt im Bun­desdurchschnitt um 20 Prozent und in den Problemgebieten  soweit gesenkt sein, dass es an keiner Messstelle zu nennenswerten Überschreitungen des Schwellenwertes kommt.

Pestizidreduzierende Maßnahmen sollen nach der ökologischen Effektivität abgestuft und möglichst gesamtbetrieblich zur Wirksamkeit kommen: die biologische Bewirt­schaftung und der gesamtbetriebliche Verzicht auf Pestizideinsatz, sowie der Verzicht auf Herbizide im Getreidebau müssen daher Vorrang erhalten.

Forstförderungen:

Förderungsschwerpunkt ist die naturnahe Waldbewirtschaftung; wirksame waldbau­liche Förderungen (zum Beispiel Läuterungen) sind aufrecht zu erhalten.

Die Förderung von Aufforstungen ist auf spezielle Fälle zu beschränken: zum Beispiel Wiederaufforstung nach Katastrophen, Anlage von Laubholzkulturen, Schutzwald­sanierung, Anlage von (standortangepassten Mischwäldern) in waldarmen Regionen.

Die Förderung des Forststraßenbaus sollte an konkrete Maßnahmen wie zum Beispiel Verbesserung der Schutzfunktion und die Naturnähe der Bewirtschaftung geknüpft werden. Die Fördergelder sollten verstärkt für die Sanierung von Forstwegen herange­zogen werden.

Geeignete Maßnahmepakete zur Umsetzung der Natura2000-Richtlinie in betroffenen bewaldeten Flächen sind zu entwickeln.

Die Bereitstellung von Energieholz ist zu fördern (zum Beispiel Energieholzprämie bei unrentablen Erstdurchforstungen in schwierigem Gelände).

Maßnahmen der Achse 3 Lebensqualität und Diversifizierung


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Anstatt die EU-Agrarwirtschaft „wettbewerbsfähiger“ für den Weltmarkt zu machen, gilt es, ein weiteres Aussterben der Dörfer und die Abwanderung in die Städte zu verhin­dern.

Stärkung der Verbindung Landwirtschaft, Tourismus und Handel:

Die Vernetzung der Land- und Forstwirtschaft mit anderen Sektoren der regional an­sässigen Wirtschaft (Bäckereien, Gasthöfen, Fleischhauereien et cetera) ist zu fördern.

Die Diversifizierung der Betriebe hin zu nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten zum Bei­spiel im Dienstleistungs- und Tourismusbereich („Urlaub am Bauernhof“) ist zu unter­stützen.

Die Besonderheiten der Bergland- und forstwirtschaft sind in geeigneter Weise zu nut­zen und in den gesamten Bereich von der Nahrungsmittelproduktion über die Verar­beitung bis zur Vermarktung mit einzubeziehen. Das Protokoll Berglandwirtschaft der Alpenkonvention zur Erhaltung einer standort- und umweltgerechten Landwirtschaft und Almwirtschaft ist umzusetzen. Die Multifunktionalität der Wirtschaftstätigkeiten im Berggebiet (Erwerbskombination, Tourismusaktivitäten, regionale Spezialitäten) ist durch integrative Konzepte speziell zu berücksichtigen:

Kooperation mit den Schulen (Förderung von „Schule am Bauernhof-Projekten“)

Förderung von grenzüberschreitenden Kooperationen

Förderung der Schaffung von Bio-Regionen

Es müssen neue Einkommensmöglichkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien wie Biomasse, Wind, Sonne und nachwachsende Rohstoffe geschaffen werden. Der Leader-Ansatz bietet sich für die vertikale Integration der Logistikkette im Bereich der Bereitstellung von Energie aus Biomasse an.

Die Basisinfrastruktur und die Voraussetzungen für den Zugang zu Basisdienstleistun­gen insbesondere für Frauen und ältere Menschen müssen verbessert werden.

Durch den verbesserten Zugang zu neuen Informations- und Kommunikationstechno­logien sollen insbesondere für junge Menschen und Frauen neue Beschäftigungsmög­lichkeiten geschaffen werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort. – Bitte.

 


17.46.51

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! In Bezug auf das Thema Ländliche Entwicklung befinden wir uns ohne Zweifel in einer sehr spannenden Phase. Zum einen stellt sich die Frage: Wie geht es in der Europäischen Union weiter?, und zum Zweiten daraus abgeleitet natürlich die Frage: Was nehmen wir uns für die Programmatik dieser ländlichen Ent­wicklung in Österreich selbst – nationale Umsetzung gemeinsam mit den Bundeslän­dern – vor?

Zum ersten Teil der Debatte. Was die Frage Europäische Union betrifft, haben wir sei­tens der Landwirtschaftsminister in den letzten Monaten substanzielle Fortschritte in den Verhandlungen erzielen können. Obwohl auf Regierungschef-Ebene die Frage der finanziellen Vorausschau für die Periode 2007 bis 2013 noch nicht erfolgreich abge­schlossen wurde, haben die Landwirtschaftsminister am 20. September im Agrarminis-


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terrat auch einen formellen Beschluss darüber getroffen, wie, unter welchen Rahmen­bedingungen und Eckpunkten zwischen 2007 und 2013 die Politik für den ländlichen Raum in Europa weitergehen soll.

Wir haben diese Diskussion in Österreich vor eineinhalb Jahren unter Franz Fischler mit der Europäischen Union begonnen und konnten sie jetzt erfolgreich zu einem Ab­schluss bringen. Wir haben auf Ebene der Agrarminister auch einen wichtigen Hinweis gegeben, was die Frage der Finanzmittel betrifft, die wir brauchen, um das, was wir in Europa implementiert haben, auch zukünftig erfolgreich umsetzen zu können: 88 Milli­arden € für die ländliche Entwicklung als Zielpunkt seitens der Landwirtschaftsminister klar definiert, mit dem Hinweis, dies auch im Bereich der finanziellen Vorausschau zu diskutieren.

Was haben wir Österreicher in diese Debatte eingebracht? Wo war der Ausgangs­punkt, und wie schaut nun die Lösung aus? – Ich denke, der Einsatz hat sich gelohnt. Wir haben hart gekämpft, und es war deswegen schwierig, weil Österreich in der Frage der ländlichen Entwicklung – entgegen den Anschuldigungen vieler Vorredner, wir hätten hier keine erfolgreiche Politik gemacht – einfach der Spitzenreiter ist! Wir geben 60 Prozent aller Mittel im Landwirtschaftsbereich für Programme in der ländlichen Ent­wicklung aus, während andere Länder nur 10 bis 20 Prozent dafür ausgeben. Wir sind also einsame Spitze, haben sehr viel an Know-how erarbeitet und haben das auch in die Verhandlungen eingebracht.

Der Vorschlag, der auf europäischer Ebene seitens der Kommission zu diskutieren war, hätte für Österreich geheißen: minus 23 Prozent beim ÖPUL, minus 23 Prozent bei der Ausgleichszulage für die Bergbauern! Diese Achsendotierung, die die Grund­lage für diese Berechnung war, konnten wir erfolgreich wegverhandeln. Das Ergebnis heißt nun: in der ersten Achse 10 Prozent, in der zweiten Achse 25 Prozent und in der dritten Achse 10 Prozent.

Das führt dazu – und das leitet dann auch zur nationalen Schlussfolgerung über –, dass wir mit diesen Rahmenbedingungen auf Ebene der Europäischen Union, bei den Agrarministern, zukünftig in Österreich ein Umweltprogramm, das wichtig ist und auch in Zukunft wichtig sein wird, die Ausgleichszulage für die Bergbauern und ein Investiti­onsförderungsprogramm entsprechend bereitstellen können.

Was die Frage der Gebietsabgrenzung – ein ganz wichtiges Thema – betrifft, haben wir ebenfalls einen Erfolg erzielt. Auch das ist völlig unter den Tisch gefallen, weil man über Erfolge offensichtlich nur ungern diskutiert. Der Vorschlag der Europäischen Kommission hätte geheißen, dass in der Abgrenzung unserer benachteiligten Gebiete 142 von 198 Gemeinden, also 75 Prozent, aus der Abgrenzungskulisse für bergbäuer­liche Unterstützungsgelder hinausgefallen wären. Das war der Vorschlag, und auch da haben wir einen Erfolg erzielt. Es gibt nun mit den von uns – und auch von mir – ge­meinsam ausverhandelten Gebietsabgrenzungsvorgaben keine Reduktion der Ge­bietskulisse in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden – auch entgegen dem, was gesagt wurde – im neuen Programm der länd­lichen Entwicklung mehr Geld als in der Vergangenheit zum Beispiel für LEADER-Pro­jekte ausgeben. Das sind genau jene Projekte, bei denen wir über den agrarischen Be­reich hinaus Geldmittel für integrative Projekte – Tourismus, Gewerbe, Landwirtschaft und so weiter – zur Verfügung stellen. Statt 2,5 Prozent eine Verdoppelung auf 5 Pro­zent – auch das ist ein wichtiger Erfolg! (Beifall bei der ÖVP.) Es ist keine Rede davon, dass man hier in Europa eine kernagrarische ländliche Entwicklung umsetzen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es folgt noch ein zweiter Punkt, bevor ich auf die nationale Herausforderung eingehe. Es ist auch klar, dass wir in den nächsten Mo­naten sehr achtsam mit der Frage der Finanzierung der Europäischen Union, im Spe-


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ziellen der ländlichen Entwicklung, umgehen müssen. Der Briten-Rabatt, der von Tony Blair so stark verteidigt wurde – auch mit der Unterstützung mancher in Österreich –, macht 45 Milliarden über sieben Jahre aus. 45 Milliarden € beträgt der Briten-Rabatt! (Abg. Krainer: Pro Kopf ... der Briten-Rabatt ...!) Europa plant, in dieser Periode 54 Milliarden für die ländliche Entwicklung auszugeben. Ein Land hat einen Rabatt, der annähernd das ausmacht, was für alle Länder der Europäischen Union in der länd­lichen Entwicklung vorgesehen ist! (Abg. Krainer: Pro Kopf ...!)

Das sind die Relationen, über die wir reden müssen. Dazu kommt noch, dass offen­sichtlich Vorschläge gewälzt werden, auch national 50 Prozent der Ausgleichszahlun­gen für Umweltprogramme, für Bergbauern zu reduzieren. Ich verstehe es nicht; die Agrarminister haben einen anderen Hinweis gegeben.

Damit bin ich bei der nationalen Umsetzung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir werden natürlich auch in diesem europäischen Rahmen – nun schon seit Monaten gemeinsam sehr intensiv diskutierend – ein Umweltprogramm implementieren, die Ausgleichszulage für die Bergbauern wieder vorsehen und ein Investitionsförderungs­programm zur Verarbeitungs- und Vermarktungsunterstützung vorsehen, mit dem es uns gelingen kann, gerade auch in der Frage der Positionierung auf den Märkten rich­tige Antworten in Österreich für die Zukunft zu geben. Denn wir wissen, dass 1 €, eingesetzt in der ländlichen Entwicklung, die 2,2-fache Wertschöpfung für den länd­lichen Raum erbringt, eben nicht nur für die Bäuerinnen und Bauern (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja eine wundersame Geldvermehrung!), sondern weit darüber hinaus im vor- und nachgelagerten Bereich. Deswegen müssen wir – auf europäischer Ebene ist es gelungen – auch national nun gemeinsam eine kluge Lösung finden.

Weil Herr Abgeordneter Scheuch es angesprochen hat: Steuerpolitik und Sozialpolitik sind natürlich auch relevant für die Agrarpolitik, keine Frage! Deswegen eine gute Bot­schaft zum Tag: Wir zahlen in diesen Stunden, erstmals in Österreich, mit der Unter­stützung für den Agrardiesel 40 bis 50 Millionen – die zweite Tranche kommt Anfang des nächsten Jahres – an die Bäuerinnen und Bauern aus. Das ist ein wichtiges Sig­nal, aus der Steuerpolitik kommend, für die Wettbewerbsgleichstellung der heimischen Bäuerinnen und Bauern. Versprochen, gehalten – in diesen Stunden läuft die Auszah­lung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Versprochen haben aber schon wir!)

17.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Wittauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.54.01

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eines muss ich hier klarstellen: Der freiheitliche Klub hat jahrelang gefor­dert, dass die Dieselbesteuerung angepasst wird. Ich glaube, das war ein Erfolg von uns. (Abg. Jakob Auer: ... mit euch machen!) Natürlich waren wir froh, dass die ÖVP mit dem Bundesminister da mitgegangen ist und das endlich umgesetzt hat. Es ist eine Freude für die Bauern und Bäuerinnen draußen, die es nicht einfach haben.

Natürlich ist es so, dass „Bauern“ bei uns eine Berufsbezeichnung ist; es ist nicht so, dass wir – sage ich jetzt einmal – Bäuerinnen und Bauern unterscheiden, sondern das ist eben so. Das sollte nicht dazu verwendet werden, um da heraußen wieder eine Dis­kussion anzuzetteln (Abg. Gradwohl: Wie bei der Bundeshymne bei euch!), sondern wichtig ist, dass tatsächlich die Bauern und Bäuerinnen, die Landwirte das Rückgrat der ländlichen Bereiche sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Wir brauchen nur zum Beispiel über die Feuerwehr nachzudenken. Wenn ein Einsatz stattfindet, wer läuft zur Feuerwehr? – Das sind im ländlichen Bereich zum größten Teil die Bauern, wenn Hilfestellungen nötig sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja klar sind sie es! (Abg. Mag. Gaßner: Weil sie nicht abgesichert sind!) – Was heißt „nicht abgesi­chert“? Ich bin Gruppenkommandant bei der Feuerwehr; natürlich sind sie abgesichert, natürlich sind sie versichert! Aber man muss sich die Zeit dafür nehmen. Ein Bauer läuft von seinem Feld weg, wenn es zum Einsatz bei der Feuerwehr kommt, und hilft selbstverständlich. Aber bei manchen Firmen ist es vielleicht nicht unbedingt möglich. (Abg. Mag. Gaßner: ... Feuerwehr erzählen!)

Man sollte bei dieser Gelegenheit vielleicht auch einmal den Firmen, all den Betrieben dafür danken, dass sie ihre Leute freistellen, wenn sie bei der Feuerwehr oder bei an­deren Hilfsorganisationen im Einsatz sind. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Bauern und die Landwirtschaft, das ist ein wesentlicher Impuls in diesen Regionen; natürlich ist es nicht der einzige. Eine ländliche Entwicklung kann nur dann garantiert sein, wenn dort Arbeitsplätze vorhanden sind, das heißt, wenn man dort leben kann. Wenn ich die Steiermark hernehme: Ein ländlicher Bereich war die Oststeiermark, dort gab es viele Wochenpendler. Heute ist es eine Region, in der Arbeit geschaffen wor­den ist.

Natürlich ist die Infrastruktur ein wesentlicher Bestandteil. Nehmen wir ein Beispiel her, erst gestern gab es in Tirol das Paket mit 72 Millionen für die Infrastruktur im Außer­fern. Die Infrastruktur bei der Eisenbahn ist auch ein wesentlicher Faktor für die länd­liche Entwicklung, gerade diese Bereiche. Oder ich nenne hier die Verkehrsträger, die Breitbandinitiative.

Es gibt viele Bereiche, die man ansprechen kann, aber eines wird immer der Fall sein: In diesen ländlichen Bereichen werden die Landwirte Tag und Nacht ihre Arbeit ver­richten. Auch wenn es mancher dort schwer hat und auch wenn manche es lassen, weil sie diese Arbeit nicht mehr machen wollen, haben es andere bis jetzt immer aufge­fangen. Wir haben noch immer die Situation, dass gleich viel an Flächen bewirtschaftet wird.

Ich stelle mir auch vor, was die Landwirtschaft für den Tourismus bedeutet. Wir haben 70 Millionen Nächtigungen allein in Tirol; 70 Millionen, danach ist lange nichts zu sehen, und dann kommt Salzburg. Was wäre denn, wenn die Landwirte nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen würden? Deshalb ist es wichtig, dass wir Förderungen machen, deshalb ist es wichtig, dass wir Umweltförderungen machen. Deshalb ist es wichtig, dass die Landwirte und die Landwirtinnen – ganz gleich, wie wir sie nennen – unter­stützt werden bei dieser Aufgabe, die gesellschaftspolitisch unglaublich wichtig ist.

Ich glaube, ich kann mir auch von den Sozialdemokraten erwarten, dass sie herausge­hen und unseren ländlichen Raum einmal loben, denn das ist auch eine Erfolgsstory: Allein wenn ich schaue, wie viele beim ÖPUL dabei sind, oder wenn ich die Zahlen von der Bundesregierung höre: 64 Prozent für die ländliche Entwicklung, wogegen es euro­paweit nur 20 Prozent sind, oder wenn ich unsere Lebensmittel hernehme, die von hoher Qualität sind.

Ich bin Landwirt, und ich bin stolz darauf, Landwirt zu sein. Jeder, der Grund und Bo­den bewirtschaftet, weiß, was das bedeutet. Ich bin auch froh, dass ich eine Frau habe, die das Gleiche denkt und die den Betrieb in meiner Abwesenheit weiterführt. (Zwi­schenruf der Abg. Pfeffer.) Deshalb sind auch die Frauen im ländlichen Bereich un­glaublich wichtig, nicht nur, weil sie arbeiten, sondern auch deshalb, weil sie viele Gesellschaftsinitiativen im ländlichen Raum setzen. Ich erwarte mir von der nächsten Rednerin, dass sie vielleicht ein bisschen darauf eingeht und auch einmal etwas lobt,


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was zu loben ist und was man auch loben soll. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheit­lichen und der ÖVP.)

17.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Walther. Wunschredezeit:Minuten. – Bitte.

 


17.58.47

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Worum geht es uns im ländlichen Raum? – Es geht uns nicht darum, dass wir nicht die Bauern und ihre harte Arbeit, die, wie die Zahlen zeigen, teilweise weichen müssen, von über 4 000 Betrieben ... (Abg. Steibl: ... aber noch zu wenig!) Bitte? (Abg. Steibl: Wenn Gusenbauer minus 50 Prozent will, was ist denn dann?) – Ich möchte schon bitten, dass Sie mich nicht unterbrechen. Ich habe das nicht gehört, und ich möchte einmal ausreden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Über 4 000 haben weichen müssen, und trotzdem gibt es Leute, die bleiben und diese harte Arbeit auf sich nehmen. In diesem Zusammenhang muss ich sagen: Worum geht es uns? – Dass bei der Aufteilung der Mittel die Empfehlungen der EU berücksichtigt werden! Ich höre mit Zufriedenheit, dass jetzt etliche Verhandlungen stattgefunden haben, das habe ich vorher auch nicht gewusst. Es geht uns darum, dass diese Vor­schläge der EU berücksichtigt und aufgenommen werden, dass zweitens auch die Öffentlichkeit in den Entscheidungsprozess einbezogen wird und dass nicht, so wie bisher, der außeragrarische Bereich bei den Förderungen, bei den Zuschüssen nur mit 3 Prozent berücksichtigt wird, sondern dass diese sich höher zu Buche schlagen sollen.

Der Ist-Zustand ist: 87 Prozent für den Agrarbereich und die Umwelt und benachteiligte Gebiete – das heißt Agrarbereich 61,2 Prozent und benachteiligte Gebiete 25,9 Pro­zent. In der neuen Periode soll das jetzt anders aussehen. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag gemacht – Herr Minister Pröll hat ihn zum Teil schon skizziert –: ein­heitliche Vorschriften für die Programmabwicklung, eine Finanzierungsquelle, ein Fonds, drei Schwerpunktachsen; auch darüber wurde schon geredet. Diese drei Ach­sen sind: Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen der Land- und Forstwirtschaft durch einen Investitionsfonds, Verbesserung der landwirtschaftlichen Produkte. Das ist ganz wichtig, denn immer mehr Bauern spezialisieren sich; ich glaube, das ist ein richtiger Schritt. Weitere Punkte sind: Umwelt- und Land-Management, benachteiligte Gebiete – das soll auch bleiben, zum Teil auch in einer ähnlichen Form –, ÖPUL und Diversifizierung der Landwirtschaft, Lebensqualität, Dienstleistungsbetriebe, zum Bei­spiel Post, Gendarmerie, Grundversorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum.

Damit sind wir bei dem Punkt, dessen Beachtung wir immer eingefordert haben, dass nämlich der ländliche Raum wichtig für die Menschen ist, die dort leben – und das sind alle, nicht nur die Bauern! Mein Vorredner hat zum Beispiel die Feuerwehr erwähnt: In meiner Gemeinde gibt es einen Bauern in der Feuerwehr. Warum? – Weil sehr viele weichen mussten, ihre Landwirtschaft aufgegeben haben und jetzt auf Schichtbetrieb oder auf Saisonarbeit ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie viele Bauern haben Sie denn in Ihrer Gemeinde?) Ungefähr 25. (Abg. Steibl: Vollerwerbslandwirte oder Nebener­werbslandwirte?) Ich wollte es gerade sagen: Zehn sind Vollerwerbslandwirte. Das sind in erster Linie große Weinbauern, die auch Beherbergung machen; Stichwort: Steirischer Wein. Der Rest sind Nebenerwerbsbauern, die Zulieferanten für die großen Weinbauern sind. Diese produzieren nach bestimmten Kriterien, verkaufen das – das ist auch gut und recht und schön –, führen aber nicht mehr eine Vollerwerbslandwirt­schaft und arbeiten teilweise in anderen Betrieben.


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Es geht darum, dass es nicht nur den Bauern zugute kommen kann – das wäre nur mehr ein ganz kleiner Teil der Bevölkerung! –, es müssen auch die kleinen Wirt­schaftsbetriebe gefördert werden, dafür müssen Strukturen geschaffen werden. In einer Gemeinde wie meiner, in der 55 Kilometer Straße zu bewirtschaften sind, damit die Leute in die Schule, in die Arbeit kommen können, geht es auch darum, dass ein Kindergarten weiter bestehen kann, dass eine Schule ordentlich dotiert werden kann und sich auch weiterentwickeln kann. Das alles sind wichtige Sachen! (Abg. Jakob Auer: Das ist eine Frage des Finanzausgleichs!) Das geht zum Teil über den Finanz­ausgleich, sollte aber gerade beim Straßenbau auch über diese Schiene gehen: über die Landwirtschaftsförderung der EU.

Die EU verlangt mindestens 15 Prozent für diese letzte Säule – ich glaube, das ist auch gleich geblieben, oder? (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: 10 Prozent!) 10 Prozent. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: So erfolgreich waren wir!) Die ländliche Nachhaltigkeit muss entwickelt werden, nämlich bei den ersten beiden Säulen, und die Einbindung der Sozialpartner, Gemeinden, regionalen Institutionen soll auch gewährleistet sein. – Ich glaube, da sehen Sie, dass die Landwirtschaft nicht nur die Bauern sind, sondern alle! (Abg. Grillitsch: Alle!) Das betrifft alle Menschen, die im ländlichen Raum leben und sich entwickeln müssen – und in diesem Sinne auch die Landwirtschaft. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Auer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.04.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Damen und Herren der Oppositionsparteien, Sie müssen den Entschließungsantrag, der von den Regierungsparteien eingebracht wurde, schon ganz genau lesen. Es steht unter anderem auch drinnen: eine offene, transparente und breite Diskussion über die Neugestaltung des Programms entsprechend den Vorgaben der Kommission – darum wird der Minister gebeten. Das beinhaltet wirklich alle Be­reiche, nicht nur die Landwirtschaft.

Zudem haben aber auch die Grünen einen Entschließungsantrag eingebracht, der im Großen und Ganzen auch nur die Landwirtschaft betrifft – aber ich denke, ihr habt ge­nauso das gesamte Spektrum damit gemeint.

Wir meinen eben wirklich auch umfassend den gesamten Bereich der ländlichen Ent­wicklung, und dazu gehört auch die Forstwirtschaft. Es freut mich, dass bei der künfti­gen ländlichen Entwicklung die Forstwirtschaft sogar noch verstärkt berücksichtigt wird, unter anderem mit den Waldbesitzervereinigungen, den Waldwirtschaftsgemeinschaf­ten. Sie wissen, dass ein großer Teil des österreichischen Waldes kleiner Privatbesitz ist, und da geht es nur mit Kooperationen, und die werden in Zukunft auch noch ver­stärkt gefördert. Das ist gut so! (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Bereich ist das LEADER-Programm – das wurde vorhin gerade auch ange­schnitten –: Hier gibt es eben eine Verdoppelung – der Herr Minister hat das auch gesagt – von 2,5 auf 5 Prozent; das ist also ein ganz starker Anstieg! Es gibt ja mittler­weile schon 56 LEADER-Regionen in über 1 000 Gemeinden, wovon mehr als 2 Millio­nen Menschen betroffen sind.

Noch nie zuvor gab es so viele kreative und innovative Vorschläge für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Wir von der ÖVP werden Sie auch in Zukunft dabei ganz kräf­tig unterstützen.


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Wenn also der SPÖ-Chef, der jetzt leider nicht im Saal ist, gestern in einer Presseaus­sendung von Totengräbern des ländlichen Raumes geschrieben hat, dann hat er wohl die eigene Partei damit gemeint, denn wenn man zum Beispiel etwas weiter zurück­blickt, dann weiß man, dass im Bundesland Kärnten die SPÖ 1973 fast die Hälfte der Gemeindeämter zugesperrt hat, dass sie 1976 die Bezirksbauernkammern aufgelöst hat – ja, restlos aufgelöst, Frau Kollegin Trunk! Genau, das war die SPÖ, gegen den Widerstand der ÖVP zumindest. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Willst du wieder Bezirks­bauernkammern?) Die ersten Bezirksgerichte wurden geschlossen, Gendarmeriepos­ten, all das ist unter SPÖ-Kanzlern geschehen.

Was lernen wir daraus? – Wie schon die SPÖ-Schuldenpolitik der siebziger und acht­ziger Jahre haben wir von der ÖVP also auch bei der Entwicklung des ländlichen Raumes nunmehr die Suppe auszulöffeln. Die vergessenen Dörfer müssen also mit noch mehr Anstrengung wieder fit für die Zukunft gemacht werden. Das gelingt schon sehr gut.

Die Gewerbetreibenden, die Bauern, die Forstpartie, die Pendler, die Kinder und Schü­ler im ländlichen Raum, alle brauchen diese Unterstützung und damit eben dieses gute Programm für die ländliche Entwicklung. Und für die Ausgewogenheit wird unser Bun­desminister als der für den ländlichen Raum zuständige Minister so wie bisher sor­gen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mittermüller.)

18.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Kummerer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.08.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Scheuch, mit dem größten Teil deiner Ausführungen bin ich eigentlich einverstanden, nur der Einstieg – es geht wieder um die Agrarpolitik – zeigt das Problem auf: Es geht eben nicht nur um die Agrarpolitik, sondern es geht um die Politik für den ländlichen Raum, und das ist ein bedeutender Unterschied! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für mich ist das identisch!)

Eines hast du bei der Erwähnung von Handlungsspielräumen aber vergessen: Wir haben auch in der Förderpolitik einen massiven Handlungsspielraum auf nationaler Ebene, den wir nicht nutzen.

Wenn die ÖVP in ihrem Antrag meint, sie ist Europameister in ländlicher Entwicklung – und der Herr Minister unterstreicht das noch –, muss ich sagen: Okay, Europameister sicher in der Geldbeschaffung, Europameister sicher auch beim Rückfluss – das ist un­bestritten und ist in Ordnung. (Abg. Keuschnigg: Weltmeister!) Allerdings, Herr Minis­ter, wenn Sie den Briten-Rabatt angesprochen haben – auf der einen Seite fordern Sie 88 Milliarden €, auf der anderen Seite ziehen Ihre Regierungskollegen nach Brüssel und sagen: Wir zahlen nicht mehr als 1 Prozent! –: Die Briten zahlen heute netto pro Kopf genauso viel wie die Österreicher. Das sollten wir einmal zur Kenntnis nehmen! Das heißt, Sie fordern von den Briten, dass sie mehr zahlen sollen, die Österreicher sollen laut Bundesregierung aber weniger zahlen, und Sie teilen von 2007 bis 2013 Gelder auf, die Sie noch nicht haben.

Meine Damen und Herren! Sie haben das Gedankenjahr ausgerufen: Machen wir uns Gedanken über die letzten 50 Jahre im ländlichen Raum! Eine Abwanderung von 30 bis 40 Prozent, die in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat. Das heißt, es sind also ohne weiteres auch positive Effekte festzustellen, die ich nicht abstreiten möchte. (Abg. Grillitsch: Dank unserer Politik!)


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Allerdings, Herr Bundesminister, stehen wir jetzt wieder vor Belastungen, die die Be­völkerung im ländlichen Raum massiv treffen. Warum? – Das durchschnittliche Ein­kommen ist geringer, die Belastungen bleiben aber gleich. Ich lebe gerne im ländlichen Raum, ich kann es mir leisten. Sehr, sehr viele werden es sich in absehbarer Zeit aber nicht mehr leisten können.

Die Rädchen greifen natürlich ineinander. Wird das Pendeln teuer, kommt es wieder zu Abwanderungen. Kommt es zu Abwanderungen, folgen Schließungen. Die Bezirksge­richte wurden in ÖVP-Zeiten geschlossen und nicht vorher. Ähnlich ist es bei Gendar­merie und so weiter. Herr Bundesminister! Es muss uns gelingen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen!

Daher wirklich noch einmal der Appell: Es muss doch in diesem Hohen Haus möglich sein, für die Zeit von 2007 bis 2013 eine gemeinsame Linie zu finden, die allen hilft, die den Klein- und Mittelbetrieben hilft, die den Landwirten hilft, die dem ländlichen Raum in seiner Gesamtheit hilft. Kommen wir endlich zu einem Begriff, der uns alle weiter­bringt! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Jakob Auer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.11.47

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer immer jetzt, gleich welcher Fraktion, den Vorred­nern zugehört hat, der könnte meinen, alle seien für den ländlichen Raum. Ich denke, dass hier im Großen und Ganzen auch tatsächlich darum gekämpft wird. Offensichtlich haben wir das gleiche Ziel, aber unterschiedliche Wege und unterschiedliche Metho­den.

An eines darf ich schon erinnern: Meine Damen und Herrn! Es war Bundesminister Pröll, der um die Gesamtmittel in der Europäischen Union kämpfte. Mir fallen da zwei Namen ein: Blair und Gusenbauer, die meinen, man könnte sie halbieren, und das sollte man deutlich machen, und zwar insbesondere dann, wenn man sich ein wenig die englische Agrarpolitik vor Augen führt: in Österreich über 60 Prozent der Ausgaben für die ländliche Entwicklung, in Großbritannien 5 Prozent; der Rest oder der größte Teil, besser formuliert, nämlich 95 Prozent, für Marktordnungsausgaben.

Wenn man sich das pro Betrieb anschaut, dann sieht man, es erhält in Österreich der durchschnittliche Betrieb 5 700 € Ausgleichszahlung, in Großbritannien knapp 18 000 €. Damit auch zur Behauptung hinsichtlich österreichischer Großbetriebe: In England stehen im Schnitt 91 Kühe im Stall und 574 Schweine, während in Österreich 21 Kühe, also nicht einmal ein Viertel, und 40 Schweine im Schnitt im Stall stehen. Und da in Österreich von einer Großbauernpolitik zu reden, das ist ein bisschen sonderbar; seien Sie mir nicht böse. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mittermüller.)

Meine Damen und Herren! Ja, Kollege Scheuch hatte Recht, als er meinte, der Agrar­diesel sei nur mit der FPÖ machbar gewesen. Das ist so, das ist zu bestätigen, und ich bin durchaus froh und dankbar – das anerkennen auch die Bauern –, dass mit dieser Koalition, mit dieser Regierung diese Umsetzung endlich möglich war. Mit Hilfe der SPÖ war es nicht möglich, das sei offen gesagt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Es ist von Kollegem Scheuch die Steuer- und Sozialpolitik angesprochen worden, wo wir die Möglichkeit hätten, den Bauern zu helfen. Es gäbe noch einen dritten Bereich, und dieser wird heute in den „Salzburger Nachrichten“ dargestellt. Dies ist ein interes­santer Artikel – „Wenn Geiz die Fantasie erwürgt“ –, in dem man darauf hinweist, dass


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in den Großmärkten eingekauft wird, damit Lebensmittel so billig als möglich erstanden werden können, damit man sich dann den teuersten Urlaub in der Karibik leisten kann. Dieser Artikel ist es wert, gelesen zu werden. Und wir selbst haben auch nachzuden­ken und unsere Mitbürger zu animieren, das Kaufverhalten so auszurichten, dass der heimische Greißler, der heimische Kaufmann und wer immer auch der Nahversorger in den ländlichen Gemeinden ist, eine Chance hat.

Frau Kollegin Walther hat, was die Sorgen der kleinen Gemeinden betrifft, absolut Recht. Ich würde allerdings bitten, derart berechtigte Hinweise auch vor Finanzaus­gleichsdebatten im eigenen Klub deutlich zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort kommt Herr Abgeordneter Reheis. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.15.24

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja mehr Anlaufzeit als Rede­zeit!) Zunächst stehe ich nicht an, dem Wunsch des Kollegen Wittauer zu entsprechen und mich bei den Landwirten zu bedanken, sie zu loben. Sie leisten wirklich hervor­ragende Arbeit in den Regionen. Die bäuerliche Landwirtschaft ist selbstverständlich ein wichtiger Bestandteil der Region und trägt sehr viel dazu bei, dass die Gäste und die Einheimischen gerne da wohnen.

Meine Damen und Herren! Die Leistungen für die gesamte Bevölkerung und die Gäste erbringen natürlich nicht nur die Mitglieder der bäuerlichen Familien, sondern natürlich auch andere wie etwa Selbständige, kleinere und mittlere Betriebe. Jakob Auer hat dies ja bereits angesprochen. Ich bin dafür, dass gute Produkte gekauft werden, aber dafür sind auch entsprechende Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen notwendig, damit die Leute ein entsprechendes Einkommen haben, um gute Produkte kaufen zu können. Hier schaut es aber nun so aus – das gehört auch zur Entwicklung des länd­lichen Raumes, und da, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, kann ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen –: Sperrstunde ist, seit Sie Regierungsverantwor­tung tragen!

Das ist eine Karte von Tirol. (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Rednerpult.) Seit diese Bundesregierung im Amt ist, wurden in Tirol 74 Postämter, 2 Bezirksge­richte, 4 Kasernen und 7 Polizeiposten zugesperrt – 3 Postämter, 7 Bezirksgerichte und 1 Kaserne sind noch bedroht. Meine Damen und Herren, das bedeutet eine Zer­schlagung des ländlichen Raumes! Und es kommt nicht von ungefähr, dass in unserem Bundesland nach einer OGM-Umfrage die Einkommen jetzt österreichweit an drittletz­ter Stelle liegen und dass Tirol, was die Kaufkraft betrifft, an letzter Stelle liegt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was habt denn ihr für einen Landeshauptmann?) Herr Kollege Auer, wer soll dann diese wertvollen Produkte kaufen, wenn die Leute nicht das ent­sprechende Einkommen haben? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich appelliere an die Regierungsparteien, dafür Sorge zu tragen, dass dieser ländliche Raum nicht weiter zerschlagen wird und dass die Menschen ein entsprechendes Ein­kommen haben, damit sie Ihre und unsere guten Produkte auch kaufen können. Das gehört auch zu einem Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes. (Beifall bei der SPÖ.)

Ländlicher Raum, meine Damen und Herren, ist nicht nur Agrarpolitik. Das heißt auch, dass die Infrastruktur erhalten bleiben muss, dass die kleineren und mittleren Unter­nehmen Existenzkraft haben. So ist dann auch garantiert, dass die Menschen Arbeit


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und Einkommen haben, um gute Produkte zu kaufen. Dann darf es nicht passieren, dass es 13 000 Pleiten österreichweit gibt. In Tirol sind es an die 15 000 Pleiten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da kann etwas mit den Zahlen nicht ganz stimmen!) Meine Damen und Herren, ich habe es heute schon gesagt: 1 031 Pleiten gab es in Tirol allein in den letzten drei Quartalen; das war heuer.

Ich appelliere an Sie: Bitte ändern Sie diese Politik und stärken Sie den ländlichen Raum! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für die Tiroler Pleitebetriebe können wir aber nichts!)

18.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Schultes. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.19.13

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe mit großer Verwunderung die Diskussion ver­folgt. Ich habe erwartet, dass die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion heraus­kommen und erklären, warum Sie den Vorschlag des Parteivorsitzenden Gusenbauer unterstützen, die Agrarzahlungen um 50 Prozent zu reduzieren. Keiner hat das getan. Alle sind gekommen und haben gesagt: Noch viel mehr muss daraus finanziert wer­den, noch viel mehr wünschen Sie sich, sogar die Gerichte sollen daraus bezahlt wer­den, die Eisenbahn, die Post und was weiß ich was sonst noch. Keiner von Ihnen hat den Mumm und den Mut gehabt zu sagen: Ich bekenne mich zu dem, was Gusenbauer verlangt. – Eine schöne Versammlung ist das, was wir da heute erleben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir sind in einer wirklich schwierigen Situation, weil in der WTO Vorgänge im Gang sind, die die Lebensmittelpreise bei uns weiter unter Druck setzen werden.

Wir wissen ganz genau, dass Ausgleichszahlungen die Ergänzung zu den Preisen sind, zu denen wir in Europa nicht mehr produzieren können. Wer diese Ausgleichs­zahlungen in Frage stellt, stellt die Produktion in Frage. Da geht es nicht darum, ob viele oder wenige Bauern Zahlungen erhalten, sondern da geht es darum, ob über­haupt noch produziert werden kann. Ich würde dringend darum bitten, einmal ernsthaft darüber nachzudenken! Die Geschichte ist viel zu gefährlich und viel zu brisant, als dass solch billige Polemik, wie wir sie heute erleben, darüber abgelassen werden sollte. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen etwas: Es gibt wenige Minister in Europa, die so sehr für die ländlichen Regionen kämpfen, wie das unser Minister Josef Pröll tut. Es wäre einmal ganz gut, wenn die Mehrheit in dem Haus sagen würde: Danke, Herr Bundesminister, das geht weit über das Übliche hinaus! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Deswegen ist er auch schon so mager!)

Denn im kleinen Österreich, im großen Europa einen solch großen Erfolg zu haben, das ist eine Leistung. Dafür bedanke ich mich wirklich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des Abg. Dr. Pirklhuber –: Ha, ha, ha!)

Zum Herrn Kollegen Scheuch: Den Agrardiesel haben wir miteinander gemacht, aber wenn ihr beizeiten die Nerven gehabt hättet, hätten wir ihn schon zwei Jahre früher ge­habt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube auch, dass sich der Herr Bundeskanzler ein Scheibchen vom Herrn Minister abschneiden könnte!)

18.21



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122. Sitzung / Seite 190

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schön­pass. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.21.43

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Im Antrag von Herrn Kollegem Pirklhuber wird zu Recht darauf hingewiesen, dass es die Bundesregierung verabsäumt hat, das Parla­ment über ihre Pläne zur Entwicklung des ländlichen Raumes zu informieren. (Abg. Großruck: Ihr hättet es eh nicht gelesen!)

Da wird ein Programm ausgearbeitet, in dem über den Einsatz öffentlicher Gelder ent­schieden wird, in dem über die Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft in den Jahren 2007 bis 2013 entschieden wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Groß­ruck.) Und wenn es nach der Bundesregierung geht, wird dieses Programm direkt nach Brüssel geschickt, ohne im Parlament überhaupt darüber zu sprechen. Der Groß­teil der österreichischen Bevölkerung lebt im ländlichen Raum und hat ein Recht dar­auf, zu erfahren, was die Bundesregierung mit ihrem Lebensraum in den nächsten Jah­ren vorhat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Angesichts solcher Informations­defizite dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass in Wien und in Brüssel über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.

Ein zweites Beispiel dafür, wie die Bedürfnisse der Menschen im ländlichen Raum von Ihnen übergangen werden: Im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft haben Sie mit Ihrer Stimmenmehrheit beschlossen: Ein neues, impulskräftiges Programm für die Ent­wicklung des ländlichen Raumes muss her! – Damit wäre ich zwar einverstanden, aber Sie vergessen immer, dass der ländliche Raum nicht nur aus landwirtschaftlichen Be­trieben besteht. Der ländliche Raum braucht nicht nur Förderungen für die Landwirt­schaft, sondern auch sichere Arbeitsplätze in allen anderen Branchen und Sektoren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen im ländlichen Raum brauchen ein besseres öffentliches Verkehrsnetz, eine bessere Infrastruktur, mehr Bildungschancen und mehr Kinderbetreuungsplätze, um nur einige Punkte zu nennen.

Herr Minister Pröll! Ich fordere Sie auf, in Ihr Programm für die Entwicklung des länd­lichen Raumes auch diese Bedürfnisse der Menschen mit einzubeziehen!

Noch eines, Herr Minister: Ich weiß zwar von Ihnen, dass sich das EU-Förderpro­gramm „LEADER plus“ bewährt hat und weitergeführt werden soll, wir – dabei meine ich meine Region im Hausruck – wissen aber nicht, wie es nach dem Jahr 2006 weiter­geht. Wie schauen die Kriterien für „LEADER plus“ aus? Wie viele Euro werden flie­ßen? (Zwischenruf bei der ÖVP.)  5 Prozent wovon?

Die Menschen warten auf Ihre Antwort. – Danke, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.25.02

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Zirka 10 Prozent der Mittel bei 2 Prozent der Einwohner ist eine Zahl, die heute bereits mehrfach verwendet wurde und die deutlich macht, wie gut unsere Ver­treter, im Besonderen unser Herr Landwirtschaftsminister Sepp Pröll, auf europäischer Ebene agiert haben.


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Dieses Geld für die ländliche Entwicklung gibt einerseits unseren bäuerlichen Familien­betrieben entsprechende Planungssicherheit, andererseits aber auch die Möglichkeit, im ländlichen Raum wichtige Impulse und Akzente zu setzen.

Die wichtigsten Punkte für unsere Bäuerinnen und Bauern sind sicherlich die Aus­gleichszulage und das erfolgreiche österreichische Umweltprogramm. Diese Pro­gramme bedeuten Sicherheit für unsere Betriebe, aber auch Sicherheit für die öster­reichischen Konsumentinnen und Konsumenten, gesunde Produkte aus nachhaltiger heimischer Produktion zu bekommen. Eine gepflegte Landschaft gibt es noch dazu.

Obwohl wir im Landwirtschaftsausschuss durchaus kontroversiell über die Verwendung dieser Mittel diskutiert haben, bin ich völlig überzeugt davon, dass allen Mitgliedern dieses Ausschusses das Wohl des ländlichen Raumes am Herzen liegt.

Ich bin ebenso überzeugt davon, dass uns allen die Wichtigkeit dieser Mittel bewusst ist und Kürzungen in diesem Bereich zu einer eklatanten Benachteiligung des ländlichen Raumes führen würden.

Deshalb frage ich mich, wie Sie, Herr Gradwohl, oder Sie, Herr Gaßner, oder auch Sie, Herr Kummerer, oder sämtliche anderen Abgeordneten der SPÖ im Landwirtschafts­ausschuss die Forderung Ihres Parteivorsitzenden Gusenbauer akzeptieren konnten, der eine Halbierung dieser Mittel gefordert hat. Sie gefährden nicht nur bäuerliche Familienbetriebe, sondern auch die Arbeitsplätze, die auch im ländlichen Raum so immens wichtig sind, und setzen in weiterer Folge die Existenz Tausender Menschen aufs Spiel. (Beifall bei der ÖVP.)

„Weil der Mensch zählt“ war meines Wissens einmal Ihr Wahlkampfslogan. Offensicht­lich haben Sie das für den ländlichen Raum vergessen. (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Wir von der ÖVP, wir vom Bauernbund mit unserem Minister Sepp Pröll werden auch in Zukunft für die Interessen des ländlichen Raumes weiterkämpfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grad­wohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.27.34

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Lieber Kollege Sieber! „Weil der Mensch zählt“ ist nach wie vor unser Motto. Daher, lieber Kollege Sieber, wird es bei uns auch nicht darum gehen, Bodenrenten- und Kuhschwanzprämien zu zahlen, sondern wir fordern seit Jahren, dass die Arbeitskraft unterstützt wird.

Der Herr Bundesminister hat eine entsprechende Studie seit drei Jahren in seinem Schreibtisch liegen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) Was macht er damit? – Verschimmeln lässt er sie! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das, was die österreichische Agrar­politik in Zukunft schwer belasten wird. Aber Sie tragen die Verantwortung dafür! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe Sie jetzt leider nicht verstanden. Sie haben vorher von den Prozentsätzen gesprochen: für die erste Säule, für die zweite Säule, für die länd­liche Entwicklung, für die Querfinanzierungen, für die Ausgleichszahlungen. Sagen Sie mir bitte einmal: Welche Summen stehen hinter diesen Prozentsätzen?! (Abg. Gril­litsch: Nach Gusenbauer 50 Prozent weniger!) Sie haben im Agrarministerrat be­schlossen, wie ein fiktiver Kuchen prozentuell aufgeteilt werden soll! (Abg. Grillitsch: Nach Gusenbauer 50 Prozent weniger!) – Dazu komme ich schon noch. Für den Fall,


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dass du es nicht verstehst, erkläre ich es dir noch fünf Mal, Fritz. (Abg. Dr. Brinek: Ha, ha!)

Aber, Herr Bundesminister, mich würde interessieren, welche Summen hinter diesen Säulen stehen? – Vielleicht könnten Sie uns einmal darüber aufklären und vielleicht könnten Sie einmal das Versprechen einlösen, das Sie in Sitzungen des Agraraus­schusses ständig abgeben, nämlich das Parlament vollinhaltlich einzubinden!

Wir bekommen nämlich immer nur Einladungen zu außerparlamentarischen Veranstal­tungen, die entweder von der Präko, von der Landwirtschaftskammer oder in Kombina­tion mit dem Ministerium veranstaltet werden. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sehr gute Veranstaltungen!) – Das ist durchaus möglich, und ich gebe es durchaus zu. Aber hier, wo Gesetze beschlossen werden, wird nicht darüber gesprochen. Da haben Sie Federn davor! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Geh, hör auf!) Warum, Herr Bundes­minister? (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Schultes, ich gebe schon zu: Die Agrarpolitik befindet sich in Österreich in einer schwierigen Situation. Ich gebe dir Recht. Nur: Wie lange ist es her, dass ein ÖVP-Landwirtschaftsminister die Geschicke der österreichischen Landwirtschaft in die Hand genommen hat? (Abg. Dr. Brinek: Das ist ein bisschen simpel!)

Es ist ziemlich lange her, und genau das ist das Problem. Ihr seid einfach nicht in der Lage, die Zeichen der Zeit zu erkennen! Ihr seid auch nicht in der Lage, Veränderun­gen durchzuführen. Ihr sprecht zwar von Reformen, aber wenn die Reformen anstehen (Zwischenruf des Abg. Grillitsch), dann, lieber Kollege Grillitsch, organisierst du eine Bauernbund-Demonstration, damit ja nichts reformiert wird und damit ja alles so bleibt, wie es ist, damit man mit den Betriebsprämien auch in Zukunft die Größeren fördert und die Kleineren zum Aufhören zwingt. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Grillitsch, es gibt zurzeit im ORF eine wunderbare Werbung, in der das kleine Schweinchen auf der Alm sagt, das Gras sei so gut, und zum Bauern sagt: Ich würde gerne da bleiben. Und der Bauer sagt dann: Ja, natürlich, du darfst da bleiben. – Hervorragend. Das Schwein darf dort bleiben, aber die Bergbauern werdet ihr mit eurer Politik bald vertrieben haben. Das ist das Problem! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Weil Sie schon entsetzt die Hände zusammenschlagen, frage ich Sie: Wie viele Bergbauern, Herr Bundesminister, könnten mit der Summe, die die fünf größten Agrarbetriebe Österreichs bekommen, tatsächlich mit Direktzahlungen aus­gestattet werden? – Ich sage es Ihnen mit Ihren Zahlen: 12 249. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ihr wollt es halbieren!)

Herr Bundesminister! Was wollen wir halbieren? Erklären Sie bitte einmal: Was wollen wir halbieren?! – Alle Redner von der ÖVP reden von Halbierung. Halbierung wovon? (Abg. Grillitsch: Gusenbauers Vorschlag!) 50 Prozent wovon? – Ich nehme noch ein­mal die Aussage des Herrn Bundeskanzlers an keinem besseren Tag als dem Ernte­dankfest in Wien zur Hand. Der Herr Bundeskanzler hat die Argumentation aus dem SPÖ-Agrarprogramm übernommen und hat gemeint (ironische Heiterkeit bei der ÖVP sowie von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll), es fließe sehr viel Geld in die Landwirt­schaft. Ich zitiere wörtlich:

„Von manchen werde darum die Frage gestellt, ob dies gerecht sei, so Schüssel: Ich sage: es könnte gerechter sein.“ – Hört, hört! – „Wir könnten etwa die Agrarfabriken deckeln in den Förderungen. Aber die kleinen Bauern, die Familienbetriebe, die Berg­bauern, die brauchen unsere Unterstützung.“ – Ende des Zitats.

Der Herr Bundeskanzler hat uns auf seiner Seite. Dich vom Bauernbund leider nicht, lieber Fritz. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Entschuldige!)


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Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich, nachdem ich mich jetzt sehr intensiv mit der Landwirtschaft beschäftigt habe, sagen: Der ländliche Raum ist mehr. Der ländliche Raum ist viel mehr als nur Landwirtschaft oder Wirtschaft, es geht beispielsweise auch um Versorgung. Da geht es darum, dass die Postämter zu­gesperrt wurden, auch in der Steiermark.

Lieber Kollege Grillitsch, entgegen deinen Aussendungen in der Heimat gibt es eine Anfragebeantwortung des Herrn Vizekanzlers Gorbach, der auf die Frage von Mitglie­dern des Bundesrates: „Hat Frau Landeshauptmann Klasnic bezüglich der Schließung steirischer Postämter mit Ihnen Kontakt aufgenommen?“, antwortet:

„... darf ich Ihnen mitteilen, dass ich im angefragten Zeitraum keinen Termin mit Frau Landeshauptmann Klasnic zum Thema Postämterschließung hatte.“ – So weit zur Of­fenheit, zur Ehrlichkeit. (Abg. Grillitsch: Was habe ich für eine Aussendung gemacht? Zitiere vorher meine Aussendung!) Da ist es mir lieber, wenn wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keusch­nigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.33.53

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir erleben hier wirklich eine gespenstische Debatte. Herr Kollege Gradwohl, Sie haben jetzt wirklich die Chance verpasst, das Rätsel um die agrarpolitische Linie der SPÖ aufzuklären. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das gibt es nicht!) Wir fragen Sie seit zwei Stunden, was Sie zur Haltung Ihres Parteivor­sitzenden Gusenbauer sagen. (Abg. Gradwohl: Dass ihr es nicht versteht ...!) Und seit zwei Stunden reden Sie wortreich darum herum und sagen nichts. Das ist schade.

Liebe Kollegen! Wir können es Ihnen nicht ersparen, Sie hier vor den Vorhang zu bit­ten. Sie können diesen Widerspruch nicht stehen lassen! Wenn Sie ihn stehen lassen, dann müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass da hohle Phrasen gedro­schen werden. (Abg. Gradwohl: Das stimmt nicht!) Wenn Sie dazu nichts sagen, dann müssen Sie das.

Wir müssen schon aus diesem Grund bei der Sache bleiben, weil das genau die Kon­fliktlinie ist, die derzeit in Europa läuft. Wenn sich diese Linie des Tony Blair durchsetzt, dann ist das eine Katastrophe für den ländlichen Raum! Alle bisherigen Maßnahmen sind dann ein Lercherl, wie man so sagt. (Abg. Gradwohl: Das ist eine Katastrophe für die Agrar...!)

Herr Kollege Gradwohl, Ihre Vorredner aus der Partei – Sie hätten als Letzter die Chance gehabt, das zurechtzurücken – haben gesagt, es werden nur die Bauern geför­dert. Es gibt ja nichts Falscheres als diese Betrachtungsweise! Ich nenne das Beispiel Biomasse: Biomassepolitik, Wertschöpfungspolitik Biomasse. Wer profitiert davon? – Natürlich profitieren die Bauern, weil sie den Rohstoff zur Verfügung stellen. (Abg. Silhavy: Ah, stell dir vor!) Okay. Es profitieren aber auch die Transportunternehmer, die das ganze Zeug aus dem Wald herausbringen. Es profitieren in höchstem Maße die Arbeitsplätze in der Kesselindustrie zum Beispiel. Die Kesselindustrie macht Um­sätze wie schon lange nicht mehr. Sie setzt jeden Tag fünf neue Anlagen ab. (Abg. Ja­kob Auer: Vier Schichtbetriebe!) Dann sind da noch die Installateure und die gesamte Wertschöpfungskette des ländlichen Raumes.

Als Schlusswort: Die Niederlande und Österreich haben die geringsten Beschäfti­gungsunterschiede innerhalb der Regionen. Dieses Programm für den ländlichen Raum ist eine Erfolgsstory. Wir können uns in Österreich mit dieser Politik wirklich


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sehen lassen. Schauen Sie nach Südeuropa, schauen Sie nach Osteuropa, schauen Sie in die französischen Alpen und Sie wissen es! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


18.36.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es fallen hier ganz unterschiedliche Be­griffe und Einschätzungen. Ich möchte noch einmal etwas Grundsätzliches zum Pro­gramm der ländlichen Entwicklung sagen. Ich denke, dass in diesen Formulierungen dahin gehend Konsens bestehen würde, dass dieses Programm auch eine soziale Ausrichtung hat und auch eine ökologische Ausrichtung haben muss. Das sind die zwei Eckpfeiler für dieses Programm der ländlichen Entwicklung und müssen es sein. Diese spezifischen Einzelmaßnahmen müssen jedenfalls auf den Prüfstand kommen.

Dieses Haus, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, dieses Parlament wäre berufen dazu, über dieses Programm abzustimmen. Das ist aber nicht der Fall. Wir stimmen ja hier nicht über ein Gesetz ab, sondern über Maßnahmen, die der Herr Bun­desminister auf Basis einer EU-Verordnung in verschiedenen Foren diskutieren und dann im Ministerium fertig schnüren lässt.

Das ist die demokratiepolitische Fragestellung, die hier offen ist: Wie ist es in Zukunft sinnvoll möglich, so viele Geldmittel – da geht es immerhin um bis zu 4 Milliarden € bis zum Jahr 2013 – am Parlament vorbei – es ist ansatzweise durchaus legitim –, nämlich über ministerielle Sonderrichtlinien, umzusetzen?

Das ist meine erste zentrale Fragestellung, Herr Bundesminister. – Natürlich ist es möglich. Aber ist es langfristig legitim? – Das ist die eine Seite.

Die zweite Seite ist: Wie schaut es mit der Rechtssicherheit der Bäuerinnen und Bau­ern aus, die diese Förderungen lukrieren wollen? – Auch das ist ein altes Streitthema. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Folgendes: Für die alten Marktordnungs­zahlungen gab es einen Rechtsanspruch. Für diese Umweltleistungen, die im Rahmen der ländlichen Entwicklung bezahlt werden, besteht kein Rechtsanspruch. Es gibt sehr viele Probleme, die damit zusammenhängen.

Das würde ich gerne mit Ihnen diskutieren. Wenn wir ein Rahmengesetz für die länd­liche Entwicklung beschließen würden, in dem wir diese Fragen gesetzlich normieren und in bestimmten Bereichen regeln, dann hätten wir ernsthaft die Entscheidungs- und Kontrollmacht auch wieder dort, wo sie sein soll: hier im Haus, im Parlament. Das vor­neweg. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl.)

Ich möchte einige Punkte herausgreifen, die sicher zentral sind. Das Stichwort Förder­obergrenzen, das Stichwort Arbeitskraftbezug, Arbeitskrafteffizienz von Fördermitteln. Das sind Orientierungen und Ziele, Herr Bundesminister, die ganz entschieden disku­tiert werden müssen. Dass da manches etwas „schräg“ rüberkommt, das ist ja kein Geheimnis für jemanden, der die Debatte in den letzten Monaten verfolgt hat.

Eines ist unbestritten: Das, was Tony Blair diesbezüglich von sich gegeben hat, ist in der Sache völlig unpassend, weil man die Mittel, die ernsthaft sozial auf den Prüfstand gehören würden, vorneweg bereits bis zum Jahr 2013 fixiert hat, nämlich die Mittel der ersten Säule der Agrarpolitik auf europäischer Ebene.

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, das wird wieder aufgeschnürt. Es kann in dieser Form nicht unhinterfragt bleiben, dass das englische Königshaus zu den


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größten Fördernehmern der Europäischen Union zählt. – Das kann sozial und in der politischen Debatte auch den Bäuerinnen und Bauern nicht egal sein, denn die Kon­sumenten und die Steuerzahler verstehen nicht, warum solche „Institutionen“ wie die englische Krone massiv mit Steuermitteln subventioniert werden. – Das zur Debatte über die Fördergerechtigkeit. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber schon noch die Inkonsistenz Ihrer Position, der Position der ÖVP und der FPÖ, ansprechen. Auch Sie, Herr Bundesminister, haben berichtet, die Agrarmi­nister hätten sich gemeinsam entschlossen, dass sie diese 88 Milliarden € für die länd­liche Entwicklung haben wollen. – Ja, diese Entschließung aller europäischen Agrar­minister gibt es, aber es gibt auch die Entscheidung einiger Regierungschefs, inklusive unserem Finanzminister und unserem Bundeskanzler, nicht mehr Geld in die Euro­päische Union einzahlen zu wollen. Und das betrifft gerade Sie im ländlichen Raum, Kollege Grillitsch, denn wo wird gekürzt? – Doch nicht bei den Britenrabatten! Doch nicht 100 Prozent dieser Britenrabatte! Herr Bundesminister, machen Sie uns das doch nicht glauben! Das ist doch völlig unglaubwürdig. Gekürzt wird genau dort, wo wir die Mittel brauchen: im ländlichen Raum, in den Berggebieten in Österreich oder bei unse­rem Umweltprogramm. (Abg. Grillitsch: Hast du dich mit dem Gusenbauer schon verbündet? Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger.)

Also, seien Sie ehrlich: eine – unter Anführungszeichen – „Nettozahlerposition“, wie sie Ihre Bundesregierung, Ihre Vertretung auf EU-Ebene argumentiert, wird gerade jene treffen, für die Sie hier sprechen wollen. Das ist eigentlich völlig inkonsistent, und das hätten Sie schon längst korrigieren müssen. Herr Bundesminister, da hätten Sie sich im Ministerrat und bei Ihrem Chef, dem Bundeskanzler, dafür einsetzen müssen, dass er das entsprechend korrigiert.

Inhaltlich geht es uns um Folgendes: Die ökologische Zielgenauigkeit muss geschärft werden. Dafür gibt es ein gutes Beispiel: Ein ernsthaftes Pestizid-Reduktionsprogramm ist bis heute nicht gelungen. Diese Kritik müssen Sie sich anhören, Herr Bundesminis­ter! Etwa 90 Prozent der Bauern wirtschaften umweltorientiert, daneben setzen aber andere illegal Pestizide ein. Das passiert derzeit offensichtlich in einigen Regionen in Österreich.

Herr Bundesminister, Sie wissen es! Atrazinwerte steigen bei nicht nur ein oder zwei Messstellen. Bei inzwischen mehr als zehn Messstellen werden steigende Atrazinwerte beobachtet. Das ist nur ein Pestizid, das seit zehn Jahren in Österreich verboten ist. Da wäre es doch an der Zeit, auch über die Kontrolle derjenigen nachzudenken, die nicht im Umweltprogramm sind. Sie als Umweltminister wären der Erste, der entschie­den und massiv für eine harmonisierte, österreichweite Kontrolle eintreten müsste. Das ist ein Defizit, und da würden wir uns einiges erwarten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Zweite ist die Gentechnikfreiheit im Bereich des Saatguteinsatzes. Es wäre doch zweckmäßig, gerade jetzt die Verpflichtung einzuführen, dass die Bauern beim Zukauf von Saatgut verpflichtet sind, gentechnikfreies Saatgut einzukaufen. Das wäre eine freiwillige Maßnahme, wäre EU-konform und würde unsere gentechnikfreie Lebens­mittelproduktion absichern – eine Zukunftsstrategie.

Ich habe bisher von Seiten der ÖVP, vom Bauernbund – anders als von einzelnen Landesräten, die sehr wohl positive Rückmeldungen gaben –, insbesondere aber von Ihnen, Kollege Grillitsch, keine positive Rückmeldung dazu erhalten. (Abg. Grillitsch: Du bist mit dem Gusenbauer in einer Allianz!) Das ist auch der Grund, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen werden. In diesem Punkt fehlt Ihnen der Weitblick, und was die ökologische Zielgenauigkeit betrifft detto.


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Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, genau diese Vorschläge wirklich ernsthaft zu prüfen, und überreiche Ihnen daher unsere Positionen, unseren Programmvorschlag für die ländliche Entwicklung. Ich erwarte mir, dass Sie diesen bei den Beratungen in den nächsten beiden Monaten auch berücksichtigen werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Dr. Pirklhuber begibt sich zur Regierungsbank und überreicht Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll ein Schriftstück.)

18.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen damit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1017 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 136.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichi­sches Programm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abge­lehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1016 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

18.45.2913. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1000 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (1102 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 529/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der „Pi­ckerl“-Regelung (wiederkehrende Begutachtung von Kraftfahrzeugen nach § 57a KFG) hinsichtlich der derzeit insbesondere aus Verkehrssicherheitsperspektive zu großzügigen Prüfintervalle (1103 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 213/A (E) der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbau von Bürokratie bei der Genehmigung von Motorrad-Zubehör (1104 d.B.)


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16. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 387/A (E) der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Markteinfüh­rung lärmarmer Reifen (1105 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.46.47

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass heute zumindest ein Staatssek­retär anwesend ist. Herrn Bundesminister Gorbach sieht man ja selten hier im Haus, zumindest bei Verkehrsthematiken. Er spricht zu großen österreichischen Fragen, aber zur Verkehrsproblematik eher wenig. Aber ich bin schon froh, wenn wir einen kompe­tenten Staatssekretär hier haben, und ich freue mich darüber.

Ich darf vielleicht vorweg sagen, dass wir uns nun der Verkehrspolitik zuwenden wol­len. Wir haben auch im Verkehrsausschuss eine Reihe von Änderungen des Kraftfahr­gesetzes besprochen. Die Änderungen, die vorgeschlagen wurden, beziehungsweise die Vorlagen haben wir unterschiedlich kontroversiell diskutiert.

Ich möchte daher gleich zu Beginn das Verlangen an die Frau Präsidentin richten, ge­trennt abzustimmen, und zwar über Artikel 1 Ziffer 83 betreffend die Einfügung eines neuen Absatzes 5 in § 99, sodass wir zu einem wesentlichen Teil, der mitdiskutiert wurde, die Zustimmung geben können.

Dabei geht es um die Frage, ob bei Kraftfahrzeugen am Tag das Licht eingeschaltet werden soll oder nicht. Ich möchte dazu sehr emotionslos sagen, dass wir ohne vor­gefasste Meinung in die Ausschussverhandlungen gegangen sind, weil das doch ein Thema ist, das man wirklich ernst nehmen muss und bei dem wir die Verkehrssicher­heit in den Vordergrund stellen wollten.

Wir haben zunächst einmal Experten angehört, die zu dieser Frage im Ausschuss Stel­lung genommen haben, also ein so genanntes Hearing veranstaltet. Dabei sprachen Dr. Heller vom ARBÖ, Dr. Tann vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, Dr. Haup­fleisch vom ÖAMTC, Dipl.-Ing. Wolfgang Rauh vom Verkehrsklub Österreich und Dipl.-Ing. Dr. Ernst Pfleger von einem wissenschaftlichen Institut. Nach Anhörung dieser Experten ist schlechthin durchgekommen, dass Tagfahrlicht an und für sich ein Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit sein kann und sein sollte.

Natürlich ging es auch darum, ob die schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Fußgän­ger – besonders Kinder – dann besser oder weniger gut gesehen werden oder ob sie ihrerseits Kraftfahrzeuge besser sehen, die auf sie zukommen – also nicht sehr einfach zu beantwortende Fragen.

Letztendlich haben wir dann im gesamten Verkehrsausschuss mit einigen Zusätzen doch eine Mehrheit dahin gehend gefunden, dass man dieses Gesetz zunächst einmal machen soll, dass man aber auch innerhalb von zwei Jahren eine Evaluierung durch­führen soll, sodass man danach noch einmal feststellen kann, ob Licht am Tag für die Verkehrssicherheit wirklich entsprechende Vorteile bringt.


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Wir haben auch das Nebellicht, das ursprünglich mit im Gesetzentwurf gestanden ist, weggebracht, weil es unter Umständen total falsch eingestellt sein könnte und beson­ders blendet. Wir haben in den Ausschussbericht auch den Punkt hineingenommen, dass der Herr Bundesminister möglichst danach trachten soll, das Running Light – ein Tagfahrlicht – auch bei neu zugelassenen Fahrzeugen einzuführen.

Nicht gelungen ist uns die Lösung eines leidigen Problems, nämlich der Zählregel bei Schülertransporten. Da ist es nach wie vor so, dass drei Kinderplätze als zwei Erwach­senenplätze zählen und Kinder unter sechs Jahren überhaupt nicht zählen. – Da hat der Kostenfaktor gesiegt, und es gab nur leichte Verbesserungen. Dem konnten wir in dieser Form nicht zustimmen. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Interessant ist aber der Strafrahmen bei Verletzung der Helmpflicht, der erhöht wird. Da meinen wir: Wenn man es mit der Erhöhung des Strafrahmens bei Verletzung der Helmpflicht bei Benützung von Motorrädern und Motorrollern wirklich ernst nimmt, wenn man also will, dass die Fahrer Helme aufsetzen, dann sollte das auch in der Werbung des BZÖ besser herauskommen.

Herr Staatssekretär! (Der Redner dreht sich zur Regierungsbank um und zeigt Staats­sekretär Mag. Mainoni ein Foto, auf dem drei Personen zu sehen sind, die auf einem Moped sitzen.) In Wien wird mit einem Plakat geworben, auf dem erstens drei Perso­nen auf einem Moped sitzen und zweitens alle drei keinen Helm aufhaben. (Ruf bei der SPÖ: Anarchie!) Es ist meines Erachtens nicht besonders günstig, wenn man auf der einen Seite den Strafrahmen erhöht und auf der anderen Seite dann für die eigene Partei mit Dreien auf einem Moperl und ohne Helm wirbt. (Abg. Wittauer: Aber nicht fahrend! Sitzend!) – Das kann man nicht feststellen, ob die fahren oder sitzen. Eine gute Werbung ist es jedenfalls nicht. Ansonsten stimmen wir Licht am Tag zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.51.34

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist im Verkehrsausschuss so üblich, dass sehr sach­lich diskutiert wird, und es war mein Vorredner auch über weite Strecken äußerst sach­lich.

Meine Damen und Herren! Licht am Tag ist einer der Punkte, die im Zuge der KFG-Novelle diskutiert wurden. Aus unserer Sicht – aus der Sicht der ÖVP – geht es darum, mögliche Gefahren zu erkennen, und zwar rechtzeitig zu erkennen, sodass derjenige, der schwächer ist, möglichst rasch darauf reagieren kann. So kann man aus meiner Sicht Unfälle vermeiden.

Es ist kein Geheimnis, dass bei Verkehrsunfällen – ich weiß es, ich bin selbst Polizist – Beteiligte immer wieder sagen: Herr Inspektor, ich weiß nicht, wie es passiert ist, der war plötzlich da, den habe ich nicht gesehen.

Und ich denke, bei dieser kontroversiellen Diskussion unter Fachleuten, die im Exper­tenhearing stattgefunden hat – es waren vier Fachleute anwesend, zwei haben eher pro geredet, zwei haben eher vorsichtig gesprochen –, ist es für uns Politiker relativ schwer, das Richtige zu tun.

Ich habe das auch im Ausschuss gesagt und danke daher auch der Fraktion der Grü­nen, aber auch der Fraktion der SPÖ, der Fraktion des BZÖ und natürlich meiner Frak­tion für die wirklich äußerst sachliche Diskussion, weil tatsächlich das Gefühl da war, es geht allen Beteiligten um ein Heben der Verkehrssicherheit in weiten Bereichen.


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Wenn die Experten Recht haben, kann man unter dem Strich sagen: Licht am Tag wird bestimmt nicht schaden, und es wird möglicherweise einen Verkehrssicherheitsgewinn bringen.

Experten des ADAC – das ist der deutsche Autofahrerclub – haben errechnet, dass mit Licht am Tag eine rund dreiprozentige Verringerung der Verkehrsunfälle erreicht wer­den kann, und ich glaube daran. 3 Prozent würden umgelegt auf österreichische Ver­hältnisse bedeuten, dass wir in etwa 25 Verkehrstote weniger zu beklagen hätten. Meine Damen und Herren! Wenn wir die 25 nicht erreichen würden und es ein einziger Verkehrstoter weniger wäre, hätte sich das politische Vorgehen von heute bereits legi­timiert.

Daher kämpfe ich für mehr Verkehrssicherheit und sage Ihnen, dass die ÖVP natürlich einen möglichst langen Zeitraum der Gesetzwerdung bis hin zur Bestrafung haben will. Weswegen? – Es ist von europaweitem Interesse, wie man durch Österreich fährt, und da haben wir eine bestimmte Informationspflicht gegenüber allen europäischen Auto­fahrern und Verkehrsteilnehmern.

Wir wollen die Menschen nicht mit neuen gesetzlichen Bestimmungen überfahren, son­dern wir wollen sie, soweit sie Gegner sind, ins Boot der Verkehrssicherheit holen. Da brauchen wir, denke ich, eine Frist, in der wir informieren und aufklären können. Wir wollen auch der Wirtschaft eine Chance geben: Die Kfz-Wirtschaft rechnet damit, dass es einen sehr hohen Run auf die Werkstätten geben wird. Wir wollen der Wirtschaft eine Chance geben, sich darauf vorzubereiten und einzustellen.

Meine Damen und Herren! Weiters soll auch die Autoindustrie die Chance haben, Tag­fahrlicht – das Day Running Light – einzubauen. Wir sind uns einig – die ÖVP hat das mehrmals gesagt –, dass die höchste Ausbaustufe in dieser Frage nur mit einem Tag­fahrlicht, das energiepolitisch auch zu vertreten ist, erreicht werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich erwähne nur kurz: Die ÖVP wird daher dieser Frage des Fahrens mit Licht am Tag zustimmen. Wir wollen auch, dass das nach zwei Jahren evaluiert wird. Ich erwähne aber auch, dass die KFG-Novelle noch einige weitere Be­stimmungen enthält wie zum Beispiel die Erhöhung des Strafrahmens. Hier sind wir für einen differenzierten Strafrahmen eingetreten, und wir wollen auch mit Hilfe der Ex­perten erreichen, dass ein abgestufter Strafrahmen möglich wird.

Alles andere war in weiten Bereichen Konsensmaterie.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe heute auf einen einstimmigen Beschluss im Haus zu einer Verkehrssicherheitsneuerung, die für ganz Österreich und die Verkehrsteil­nehmer enorme Bedeutung haben wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 7 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Redner­pult –: Vier!) – 4 Minuten. Bitte.

 


18.56.13

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte verwaiste Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Der Herr Minister fehlt wie­der einmal, der kommt eben vormittags, wenn es um die Regierungssachen geht, und fehlt nachmittags, wenn es um Verkehrssicherheit geht.

Es besteht ja, wie meine Vorredner schon hervorgehoben haben, diesmal wirklich ein sehr breiter Konsens, obwohl von unserer Seite bei dem Haupttagesordnungspunkt, der die KFG-Novelle betrifft – nämlich Licht am Tag –, durchaus auch kritisch die Stimme erhoben worden ist, weil uns gerade die Sicherheit der schwachen Verkehrs-


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teilnehmerInnen – das sind die FußgängerInnen und die RadfahrerInnen – sehr am Herzen liegt.

Auch der Experte Professor Pfleger hat ja darauf hingewiesen, dass bei Licht am Tag im Ortsgebiet durchaus in der sehphysiologischen Wahrnehmung der entgegenkom­mende beleuchtete Autofahrer früher wahrgenommen und registriert wird als der sich in der gleichen Richtung unterwegs befindliche Fahrradfahrer oder die Fußgängerin. So funktioniert einfach unsere Sinneswahrnehmung, dass sie eher auf Licht anspricht und weniger auf unbeleuchtete Personen oder Objekte.

Da müssen wir gerade bei der Evaluierung sehr genau vorgehen und uns die Unfall­bilanz bei den FußgängerInnen und RadfahrerInnen genau und sehr differenziert an­sehen, weil wir ja durch den Expertenbeitrag vom VCÖ auch wissen, dass in Däne­mark die Unfallzahl bei den FußgängerInnen und RadfahrerInnen zugenommen hat. Wieweit das mit Licht am Tag zusammenhängt, ist eben zu klären. Darum unser klei­ner Vorbehalt in dieser Richtung, was Sicherheit anbelangt.

Dann gab es noch einen anderen Vorbehalt, der mit dem erhöhten Treibstoffverbrauch und mit den erhöhten Emissionen zusammenhängt. Natürlich ist ein Zuwachs des Treibstoffverbrauchs um ein Prozent im Zusammenhang mit der Sicherheitsfrage ab­zuwägen. Da haben wir gesagt, Sicherheit geht vor und man soll in diesem Sinn durchaus auch Treibstoff sparende Autos vorantreiben beziehungsweise den Umstieg auf das Dreiliterauto oder Vierliterauto oder Fünfliterauto forcieren. Dann erfolgen ein Sicherheitsgewinn und eine Treibstoffreduktion. – Das war in der Diskussion für uns wichtig.

Ein zweiter wichtiger Punkt: Generell sollen wir uns, so denke ich, wenn wir jetzt schon über Verkehrssicherheit reden, doch auch wieder in Erinnerung rufen, dass unser Hauptaufgabenfeld in dem Bereich liegt, der leider die meisten Verkehrstoten mit sich bringt, und zwar die Übertretung von Geschwindigkeitsbegrenzungen beziehungsweise überhöhte Geschwindigkeit.

Was hilft es uns, wenn wir mit Licht am Tag eine offensive Maßnahme haben, wenn es uns vielleicht gelingt, dieses Tagfahrlicht auf europäischer Ebene verpflichtend zu in­stallieren – was auch unser Ansatzpunkt und unsere Perspektive ist, weg vom Ab­blendlicht hin zum Tagfahrlicht –, was nützt es uns also, wenn wir damit wirklich Leben retten, wenn auf der anderen Seite dort, wo die meisten Toten zu beklagen sind – im Geschwindigkeitskontrollbereich –, zu wenig getan wird, zu wenig Nachdruck vorhan­den ist, vielleicht auch zu wenig couragiert politisch gehandelt wird.

Deshalb zum Schluss noch mein Plädoyer: Nächstes Mal eine KFG-Novelle, die das Strafausmaß bei Geschwindigkeitsüberschreitungen noch mehr anhebt und die vor allem diese Delikte auch vermehrt ins Vormerksystem hineinnimmt!

Zu den Erläuterungen, wie weit der Transport von Kindern in Schulbussen leider nicht verbessert worden ist, wird meine Kollegin noch einige Kommentare abgeben. Da hät­ten wir uns auch mehr erwartet. Wir geben aber trotzdem unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wittauer. 4 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Wittauer auf dem Weg zum Rednerpult –: Drei!) Dann stelle ich 3 Minuten ein. – Bitte.

 


19.00.14

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Mit dieser Novellierung erreichen wir, dass ein kleiner, aber weiterer Teil in puncto Verkehrssicherheit verbessert wird. Engagiertes Ziel unse-


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rer Staatssekretäre sowie unseres Bundesministers und Vizekanzlers – natürlich auch unserer Fraktion – war und ist es, die Zahl der Verkehrstoten zu halbieren sowie die Zahl der Unfälle zu reduzieren.

Die Diskussion darüber im Ausschuss war ja sehr interessant. Am Anfang hatte ich das Gefühl, es wären mehr Gegner dort, aber mit Hilfe der Experten sind offensichtlich immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass es für die Verkehrssicherheit gut ist, wenn man auch am Tag das Licht im Auto eingeschaltet hat.

Wenn man dann hört: Ja, aber Radfahrer, Motorradfahrer, Fußgänger werden benach­teiligt, weil sie eben nicht mehr so gut gesehen werden!, dann muss ich sagen: Für mich als Motorradfahrer war immer ein wesentlicher Faktor, dass ich mein Gegenüber sehe. Klar ist: Wenn ein Fußgänger über die Straße geht, dann sieht er sofort, dass ein Auto kommt, wenn bei diesem das Licht eingeschaltet ist.

Zum Thema Übertretungen, wobei da kritisiert wird, dass wir „Kleinigkeiten“ angehen würden, große Dinge jedoch nicht. – Das stimmt nicht! Ich darf da etwa nur die Section Control als eine der Maßnahmen anführen, ebenso das Vormerksystem.

Was Sanktionen nach Übertretungen anlangt: Es gibt doch den Führerscheinentzug. Jetzt also zu behaupten, das andere sei in unsere Überlegungen weniger eingeflossen, stimmt ganz einfach nicht. Das ist ein Teil des Gesamten, und das ist auch gut so, denn wir werden auch auf diesem Gebiet eines nach dem anderen abarbeiten.

Wichtig ist meiner Überzeugung nach auch, dass gerade seitens der Experten die Be­stätigung gekommen ist – es können 30 Verkehrstote weniger sein oder 20 –, dass es dadurch weniger Verkehrstote geben wird, wovon auch ich voll überzeugt bin.

Wenn die Untersuchungen stimmen, dann wird es dabei – wirtschaftlich gesehen – nicht nur um 2,4 Milliarden €, sondern auch um eine Zahl von über 2 000 weniger an Verletzten im Straßenverkehr gehen. Ich hoffe, dass das nach einer Überprüfung in zwei Jahren voll bestätigt werden wird. Dann haben wir jedenfalls großen Erfolg damit gehabt und werden vielleicht noch einmal hier im Hohen Haus darüber diskutieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


19.02.42

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Zu zweierlei. Einerseits zu meinem Antrag, den die Regierungsparteien dann ablehnen werden, den ich schon vor zwei Jahren hier eingebracht habe und der Ende Juni 2004 erstmals im Ausschuss diskutiert wurde, wo Herr Staatssekretär Mainoni damals durchaus zugegeben hat, dass sowohl für Zulassungsbesitzer von Autos als auch von Motorrädern Handlungsbedarf besteht, was die Ersatzteile betrifft, dass deren Montage unwahrscheinlich große bürokratische Hürden mit sich bringt.

Staatssekretär Mainoni hat gemeint, da bestehe sehr wohl Handlungsbedarf, und in diesem Antrag wird ja auch angeregt, § 22 a in der Kraftfahrgesetzdurchführungsver­ordnung neu zu regeln. Das ist die Liste, wo angeführt ist, was wie montiert werden darf. – Geschehen ist jedoch seitdem leider genau gar nichts! Für das Anbringen von Ersatzteilen, die für die Verkehrssicherheit nicht wirklich relevant sind, gibt es immer noch einen „Batzen“ an Bürokratie; es gibt nach wie vor Schikanen, auch wenn Sie (in Richtung Staatssekretär Mag. Mainoni) jetzt pfauchen und stöhnen. Die Schikanen werden dadurch nicht kleiner, auch nicht die Bürokratie.


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Es gibt Kosten für die Zulassungsbesitzer, es gibt Kosten für die Behörden. Daher: Mir ist nicht ganz klar, was daran so „zweckmäßig“ sein soll, dass Sie von den Regierungs­parteien da so ein Beharrungsvermögen zeigen und sich diesbezüglich überhaupt nicht bewegen. Es bringt das, wie gesagt, nichts, sondern hat für alle nur Nachteile, und das ist auch nicht wirklich rational. Aber das ist möglicherweise einer der Leitgedanken, dem Sie folgen.

Zur Frage: Licht auch am Tag. Aus meiner Sicht brachte das Hearing, das wir im Aus­schuss hatten, nicht wirklich eindeutige Ergebnisse, und es wurde auch nicht wirklich klar festgelegt, dass, wenn jetzt alle am Tag mit Licht fahren, die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer/Verkehrsteilnehmerinnen damit automatisch größer würde.

Ich erinnere nur an ein Beispiel, das auch beim Hearing von den Experten genannt wurde, nämlich Dänemark, wo seit Einführung von Fahren mit Licht auch am Tag die Zahl der verletzten und verunfallten Fußgänger/Fußgängerinnen um 5 Prozent gestie­gen ist. Aus meiner Sicht sind auch bei diesem Hearing Probleme, die durch Blendun­gen, die durch Reizüberflutungen und Ablenkung möglicherweise entstehen, nicht wirklich ausgeräumt worden.

Folgendes möchte ich jetzt auch noch zu bedenken geben: Als der Gesetzgeber, als das Hohe Haus vor vielen Jahren Licht am Tag verpflichtend für einspurige Fahrzeuge eingeführt hat, ging es darum, damit einen Sicherheitsnachteil wettzumachen, den Lenker von einspurigen Fahrzeugen auf Grund ihrer kleineren, schmäleren Silhouette haben, ging es darum, deren Erkennbarkeit durch zusätzliches Licht zu erhöhen.

Faktum ist, dass sich an den Tatsachen und an den Rahmenbedingungen seither nichts geändert hat. Nichtsdestotrotz: Es ist zumindest zu diesem Kompromiss ge­kommen, dass Licht auch am Tag jetzt für die Autofahrerinnen und Autofahrer auf zwei Jahre befristet eingeführt und danach evaluiert wird. Und ganz sicher werden dann alle Fraktionen – nicht nur unsere – schauen, ob es wirklich weniger Unfälle gibt, was ich natürlich sehr hoffe. Auch aus Sicht der Motorradfahrer/Motorradfahrerinnen ist, so denke ich, diese zweijährige Befristung eine gangbare Möglichkeit, ein Kompromiss.

Ich hoffe sehr, dass auch die FußgängerInnen und die RadfahrerInnen nicht mehr un­ter die Räder kommen. Und ich hoffe wirklich aus tiefstem Herzen, dass das, was wir heute hier beschließen, zu weniger Toten im Verkehr führt und nicht zu mehr. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

19.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Kößl 3 Minuten zu uns.

 


19.06.20

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Mit der 26. Kraftfahrgesetz-Novelle wird eine jahrelang diskutierte Maßnahme zum Thema mehr Verkehrssicherheit in einen Gesetzesrahmen aufgenommen, nämlich Fahren mit Licht auch bei Tag.

Was das Fahren mit Licht bei Tag betrifft – das ist ja schon angesprochen worden –, ist es richtig, dass sich da auch die Experten nicht einig waren. Bedeutet das also ein Mehr an Sicherheit oder ein Vergeuden von Ressourcen? Ich als Exekutivbeamter bin davon überzeugt, dass das ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit ist. Daher: Alles, was mehr Verkehrssicherheit mit sich bringt, ist nicht nur zu diskutie­ren, sondern auch umzusetzen.

Wenn heute schon mehr als 50 Prozent der Autofahrer mit Licht auch bei Tag fahren und sich laut einer Umfrage 70 Prozent dadurch sicherer fühlen, dann meine ich sehr wohl, dass das generell als ein Mehr an Verkehrssicherheit anzusehen ist. In Öster-


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reich haben wir zwar eine rückläufige Zahl von Verkehrstoten und ‑verletzten, aber diese Zahl ist nach wie vor zu hoch. Die Bundesregierung ist bemüht, durch gebün­delte Maßnahmen die Unfallzahlen, die Zahl der Verletzten und Verkehrstoten wesent­lich zu senken. Deshalb dürfen auch wir keine vernünftige Maßnahme auslassen – eben auch nicht das Fahren mit Licht am Tage –, um dieses Ziel zu erreichen.

Ich habe schon angesprochen, dass sich auch die Experten da nicht ganz einig waren, aber ich bin der Überzeugung, dass es im Endeffekt und beim Abwägen aller Für und Wider richtig war und ist, dass wir heute in einer Vier-Parteien-Einigung zu diesem Gesetzesbeschluss kommen. Ich glaube, dass sich das tatsächlich als ein wesentlicher Beitrag zu einem Mehr an Verkehrssicherheit erweisen wird.

Eine Studie in den Niederlanden hat ja gezeigt, dass sich diese Maßnahme positiv aus­gewirkt hat, und zwar nicht nur für mehrspurige Fahrzeuge, sondern auch für so ge­nannte schwache Verkehrsteilnehmer, wie eben Fußgänger und Radfahrer, und ich bin überzeugt davon, dass das einen wesentlichen Beitrag zur Hebung der Verkehrs­sicherheit in unserem Lande darstellt.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei allen, die zum Zustandekommen die­ses Gesetzesbeschlusses beigetragen haben; auch den Experten ein herzliches Dan­keschön für ihren Beitrag! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

19.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. Ihre Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.09.30

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Her­ren Staatssekretäre! Hohes Haus! Anfügen zur KFG-Novelle möchte ich noch, dass wir es positiv finden, dass nun eine Grundlage für eine duale Ausbildung zum Führer­schein geschaffen wird, was in Bezug auf die Ausbildung besser ist, aber auch zu einer Senkung der Führerscheinerwerbskosten führt, was für junge Leute doch sehr relevant ist.

Wir haben schon im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es unserer Meinung nach negativ ist, dass diese Schulbusbeförderungsregel nicht verändert wird. (Abg. Mag. Regler: Wird verändert!) Ja, beim Gelegenheitsverkehr auf 3 : 2. Allerdings sehen wir, wenn wir dem nachgehen, wo Kinder und Jugendliche hauptsächlich fahren, dass sie hauptsächlich in Schulbussen zur Schule und in Bussen zum Kindergarten fahren, und dort bleibt nach wie vor die 3 : 2-Regel. Das heißt, dass Kinder nach wie vor ungeschützt auf dem Weg sind.

Auch ich bin regelmäßig mit dem Schulbus unterwegs, von Dorfgastein nach St. Jo­hann im Pongau, und das ist wirklich nicht sehr angenehm, muss man sagen, wie die Kinder da befördert werden, wenn sie sich gegenseitig auf den Füßen stehen bezie­hungsweise auf dem Schoß sitzen und großes Gedränge herrscht. Das sind eben immer nur Kinder, Erwachsene nehmen das kaum wahr, weil sie nicht mit den Bussen fahren, und deswegen wird das, glaube ich, nicht besonders ernst genommen.

Natürlich ist es mit einer Kostenerhöhung verbunden, weil mehr Busse fahren müssten, aber es bedeutet auch eine Erhöhung der Sicherheit und hat auch mit der Wertschät­zung, der Unversehrtheit von Kindern zu tun.

Noch ein letztes, abschließendes Wort zum Fahren mit Licht am Tag in Europa. Wir haben auch darüber diskutiert, dass die Situation des Fleckerlteppichs in Europa nicht besonders sinnvoll ist. Das (die Rednerin weist eine Graphik vor) sind die verschiede­nen Länder, die Fahren mit Licht am Tag bereits eingeführt haben, wie alle skandinavi-


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schen Länder, auch die neu hinzugekommenen Staaten, wie Polen, Tschechien, Slo­wakei, die baltischen Länder, aber in Italien etwa gibt es auch die Regel: Abblendlicht außerhalb von Ortschaften.

Wir wären sehr dafür, dass es da europaweit eine Vereinheitlichung gibt, damit man nicht immer grübeln muss: Wie fahre ich jetzt? – Fahre ich gerade richtig oder falsch?, sondern dass es da eine allgemeine Regel gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Sie sind am Wort.

 


19.12.24

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin wirklich sehr froh über die Art und Weise, wie im Verkehrsausschuss die Diskussion über dieses wichtige Thema Fahren mit Licht am Tag stattgefunden hat. Es war eine unvoreingenommene Diskussion, frei von Partei­politik, und schließlich war man auf Grund der Ausführungen der Experten, die wesent­liche Neuerungen aufgezeigt und interessante Beiträge geliefert haben, davon über­zeugt, dass das Fahren mit Licht am Tag überwiegend Vorteile für die Sicherheit im Verkehr hat.

Ich darf aber vielleicht ganz kurz zur Ausgangsposition unseres Ministeriums zurück­kommen, zu dem, was eigentlich die Grundlage war. Grundlage war auf der einen Seite, dass wir, wie heute schon gesagt wurde, in einer Verkehrssicherheitsinitiative eine drastische Senkung der Zahl der getöteten Personen im Straßenverkehr um 50 Prozent und der Unfallzahlen bis 2010 anstreben. Weitere Ausgangsposition unse­rer Entscheidungen war dann erstens, dass es in anderen europäischen Staaten, wie Kollegin Rest-Hinterseer bereits erwähnt hat, derartige Regelungen bereits gibt und dies erfolgreich ist: Schweden, Finnland und Norwegen auf allen Straßen ganzjährig, Litauen, Polen und Tschechien auf allen Straßen im Winter, Italien auf Freilandstraßen ganzjährig, Ungarn auf Freilandstraßen ganzjährig und Spanien in Vorbereitung, jeden­falls auch ganzjährig.

Meine Damen und Herren! Das war der eine Eckpunkt. Ein weiterer Eckpunkt in die­sem Zusammenhang war die Erkenntnis des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, dass bis zu 30 Unfalltote durch Fahren mit Licht am Tag verhindert werden können. Und das war für uns ausschlaggebend, in Verbindung mit einer Umfrage des ÖAMTC, die erge­ben hat, dass 71 Prozent der Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenker ein Fahren mit Licht am Tag für gut befinden und 56 Prozent sogar schon selbst mit Licht am Tag fah­ren.

Das waren die Eckpunkte, die ausschlaggebend dafür waren, dass wir uns dazu ent­schlossen haben, dieses Gesetz vorzubereiten und im Verkehrsausschuss und hier im Plenum zu diskutieren.

Es ist natürlich klar – und darüber sollte man auch sprechen –, dass es Optimierungs­bedarf geben wird. Deshalb die sinnvolle Entscheidung, einmal eine Überprüfung die­ses Gesetzes binnen zwei Jahren vorzunehmen und dort zu optimieren, wo es not­wendig ist. Es ist aber für uns auch sehr wichtig, dass die Entscheidung erfreulicher­weise einstimmig hier im Hohen Haus fällt, weil wir angesichts der EU-Ratspräsident­schaft im kommenden Jahr gerade dieses Thema aktualisieren wollen und die Euro­päische Union dazu bringen wollen, dass Richtlinien erlassen werden, die vorsehen, dass in ganz Europa Daytime Running Lights, also das Fahren mit Licht am Tag einge­führt werden sollte. Wir sind der Ansicht – auch die Experten, und das war für uns der


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ausschlaggebende Grund –, dass gerade das Fahren mit Licht am Tag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen wird, sodass Unfälle verhindert werden und vor allem auch die Anzahl der getöteten Personen im Straßenverkehr jährlich bis zu 30 weniger wird.

Das alles waren die ausschlaggebenden Gründe für unsere Entscheidung, und ich freue mich sehr, dass diese Entscheidung hier im Hohen Haus eine überwiegende Mehrheit, ja ich hoffe auch Einstimmigkeit finden wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.16.06

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Es ist wirklich erfreulich, dass die Anzahl der Verkehrsunfälle wiederum rückgängig ist. Die Ergebnisse im ersten Halbjahr haben gezeigt, dass gerade im Bereich Unfalltote 13 Prozent weniger Fälle als im Vorjahr zu beklagen sind. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit gibt sogar an, dass im Vergleich zum Jahr 1990 beinahe eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten erreicht wurde. Das zeigt, dass die Verkehrspolitik und dass insbesondere das Verkehrssicherheits­programm von Verkehrsminister Gorbach wirklich sehr erfolgreich ist.

Die Opposition hat der Verkehrssicherheit sehr oft nichts abgewinnen können; ich den­ke da nur an das Vormerksystem oder an die Einführung von Warnwesten. Daher sehe ich es sehr positiv, dass SPÖ und Grüne jetzt erkannt haben, wie sinnvoll diese Ver­kehrssicherheitsmaßnahmen sind, und dass sie sich einhellig dazu bekennen, bei der Einführung von Licht am Tag gemeinsam mit den Regierungsparteien zuzustimmen.

Die Vorteile dieser Maßnahme liegen ja wirklich auf der Hand: einmal die Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten, der Verletzten, was einerseits eine Verminderung von Leid bringt, andererseits aber auch der Volkswirtschaft Kosten erspart. Es wurde errechnet, dass auf Grund der Vermeidung von Verkehrsunfällen über 175 Millionen € an Kosten pro Jahr weniger anfallen. Und Experten haben – im Gegensatz zu anfänglichen Be­fürchtungen – auch angeführt, dass auch für Fußgänger und Radfahrer, insbesondere für Kinder und Senioren, mehr Sicherheit durch Fahren mit Licht am Tag gewährleistet ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, mir ist nicht ganz klar, warum gerade die SPÖ insbe­sondere im Ausschuss bei anderen Maßnahmen dieser Kraftfahrgesetz-Novelle nicht mitstimmt. Vielleicht aber überlegen Sie es sich doch noch und stimmen hier im Ple­num zu.

Es wundert mich nämlich schon, dass Sie gegen Umweltschutz sind, wenn es darum geht, Vorschriften über Typengenehmigung, insbesondere Umweltschutzmaßnahmen, zu berücksichtigen, dass Sie gegen Sicherheit sind, wenn es darum geht, Sicherheits­gurte bei größeren Lastkraftfahrzeugen einzuführen. Und ganz besonders wundert mich, dass Sie im Grunde genommen gegen die neue Führerschein-Ausbildung sind, wo die Ausbildung teilweise privat erfolgen kann, etwa durch Fahrten mit Privaten, 1 000 Kilometer selbst fahren. Es wundert mich, dass gerade in Zukunft, wo dadurch die Führerscheinausbildung für in erster Linie junge Österreicher billiger wird, Sie von der SPÖ dagegen sind, aber vielleicht überlegen Sie es sich noch.

Wir begrüßen auf jeden Fall diese Kraftfahrgesetz-Novelle mit allen Maßnahmen für die Verkehrssicherheit, für den Umweltschutz und für die Senkung der Führerschein­kosten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.19



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122. Sitzung / Seite 206

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.19.39

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Staatssek­retäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich muss man sagen, dass wir im Ver­kehrsausschuss einen, wie wir meinen, guten Konsens erreicht haben, weil wir offene Gespräche geführt haben.

Natürlich vertraten die Experten unterschiedliche Meinungen, aber wenn man bedenkt, dass in Österreich jährlich 800 Menschen und in Europa 62 000 Menschen bei Ver­kehrsunfällen sterben, dann muss man sagen, dass auch das Erreichen kleiner Ziele in der Verkehrspolitik notwendig ist. Kollege Miedl und Kollege Eder haben als Verkehrs­sprecher ja schon gesagt, dass damit gerechnet wird, dass die Unfälle um drei Prozent reduziert werden und daher unter Umständen auch weniger Menschen zu Schaden kommen.

Die Einführung von Fahren mit Licht am Tag war, glaube ich, ein Erfolg. Es waren auch kontroverse Standpunkte auf Seiten der Experten erkennbar, aber letzten Endes haben wir uns in einer sehr offen geführten Diskussion entschlossen, dieser Novelle bezie­hungsweise dem Gesetz zuzustimmen. Ich glaube, das ist wichtig. Es wurde ja bereits im Detail gesagt, welche Auswirkungen Fahren mit Licht am Tag für die Verkehrssi­cherheit hat. Ich brauche darauf nicht näher einzugehen. Aber weil der Herr Bundes­minister im Ausschuss von Mosaiksteinen gesprochen hat, möchte ich auch etwas anmerken, damit das nicht so als Kuschelkurs verstanden wird, dass wir da zustimmen und so nett sind – weil Frau Achleitner ja auch gewisse Standpunkte eingebracht hat –:

Wir haben zum Beispiel im Verkehrsausschuss, sehr geehrte Herren hinter mir (in Richtung der Staatssekretäre Mag. Kukacka und Mag. Mainoni), 38 Anträge einge­bracht, und letztendlich schlummern manche noch im Ausschuss – und das sind auch verkehrspolitische und wichtige Punkte! Ich glaube, man sollte auch mit der Opposition so umgehen, dass man eine Idee, wenn es eine gute Idee ist, aufnimmt – und sie nicht, weil sie von der Opposition kommt, einfach liegen lässt.

Frau Abgeordnete Achleitner, da Sie schon so sehr vom Sparen beim Führerschein gesprochen haben: Sie haben bestimmt vorige Woche das „NEWS“ gelesen. Wir wer­den ja bei Fahren mit Licht am Tag 1 Prozent mehr an Treibstoffverbrauch haben, aber schauen Sie sich einmal an (der Redner zeigt eine Doppelseite der Zeitschrift „NEWS“ mit dem Titel „So casht Grasser Autofahrer ab“), wie sehr diese Bundesregierung in fünf Jahren den Autofahrern letztendlich in die Tasche gegriffen hat. Das waren ja Kos­tenexplosionen! Ich kann ja, weil das Licht am Rednerpult schon leuchtet, das Ganze gar nicht aufzählen, Frau Achleitner. Da sind die Führerscheinkosten ja ein Lercherl gegen das (Abg. Dipl.-Ing. Achleitner: Aber trotzdem stimmen Sie dagegen!), was die Bundesregierung den Autofahrern aus der Tasche nimmt! Da sollten Sie sich auch ein­mal ein Herz nehmen und analysieren, warum es zum Beispiel bei den Versicherungen eine Steigerung um 20 Prozent, bei der Maut eine Steigerung um 74 Prozent gegeben hat. Das ist viel, viel mehr als das, was durch Ihre Führerscheinphilosophie, dass das vielleicht Private machen können, erspart werden kann. 1 000 € pro Jahr seit dem Jahr 2000 hat diese Bundesregierung den Autofahrern aus der Tasche genommen!

Wir stimmen gerne dem Fahren mit Licht am Tag zu, aber Ihnen gebe ich das zum Nachdenken mit, damit Sie über die 1 000 € nachdenken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23



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122. Sitzung / Seite 207

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Er will sogar nur 2 Minuten zu uns sprechen. – Bitte.

 


19.23.19

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Herr Marizzi, ich gebe Ihnen auch etwas zum Denken mit: Die Ölprei­se haben sich je Barrel um 30 € erhöht. Hat die OMV aus sozialen Gründen dies an die österreichischen Autofahrer weitergegeben, ja oder nein? – So weit zu diesem Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Fekter: Und der Ruttenstorfer ist was für eine Fraktion?)

Mit der Novelle zum Kraftfahrgesetz wird der aktuellen Entwicklung Rechnung getra­gen. Durch die Schaffung einer Genehmigungsdatenbank, in der die fahrzeugspezifi­schen Daten gespeichert werden, wird der Parallelimport ab 1. Juli 2007 erleichtert, da die Zulassung auf Basis einer so genannten Übereinstimmungsbescheinigung ermög­licht wird. Damit wird eine langjährige Forderung der Bauern umgesetzt. Die Novelle leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Entbürokratisierung auch im landwirtschaft­lichen Bereich, die unserer Branche Einsparungen ermöglicht. Damit stärken wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Betriebe. (Beifall bei der ÖVP.)

Bisher mussten bei einem direkten Import nach Österreich oft mehrere Monate Warte­zeit für Einzeltypisierungen und Kosten, in Spezialfällen bis zu 1 000 €, in Kauf genom­men werden. Das hat speziell jenen Kleinbetrieben, die sich auf Sonderkulturen spezi­alisiert haben, Probleme bereitet. Einen weiteren Vorteil dieser KFG-Novelle sehe ich darin, dass überbreite landwirtschaftliche Fahrzeuge in Zukunft gelbrote Warnleuchten verwenden dürfen, und dies zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Ein sinnvoller und effizienter Baustein, diese KFG-Novelle! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dipl.-Ing. Achleitner.)

19.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Reheis. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.25.03

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Teure Mitglieder der Bundes­regierung! Wertes Hohes Haus! Ich beziehe mich auf den Antrag 387/A (E) betreffend Markteinführung lärmarmer Reifen. Ich glaube, in diesem Hohen Haus braucht man nicht extra zu betonen, dass der Hauptverursacher von Lärm der Straßenverkehr ist. Lärm macht krank. Der Transit in unseren Bundesländern und österreichweit auf unse­ren Straßen schädigt die Bevölkerung massiv, und ganz besonders die Anrainer wer­den von Lärm sehr stark betroffen und geschädigt.

Unser Antrag wäre darauf gerichtet gewesen, eine Definition lärmarmer Reifen zu erar­beiten sowie eine Kennzeichnung vorzusehen, wonach sich der umweltbewusste Kon­sument für lärmarme Produkte, lärmarme Reifen entscheiden kann und diese kauft. Darüber hinaus wäre es auch in unserem Interesse gewesen, dass Sie als Bundes­regierung mit der Fahrzeugindustrie Gespräche führen, um auch die Ausrüstung der Fahrzeugindustrie auf lärmarme Reifen auszurichten.

Wir wissen ja, dass bereits ab einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern die Reifengeräusche im Vordergrund stehen und jede Reduktion massiv spürbar wird, auch für die Anrainer. Darüber gibt es Untersuchungen. Die Lärmersparnis bei derarti­gen Reifen würde bis zu 3 Dezibel ausmachen. Leider werden von Seiten der Bundes­regierung keine Möglichkeiten geboten, ein Produkt auszuwählen, das entsprechend gekennzeichnet ist.


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Ich frage mich: Was vergeben Sie sich, wenn Sie einer derartigen Kennzeichnung zu­stimmen? Der Konsument sollte entscheiden! Oder: Was vergeben Sie sich, wenn Sie mit der Fahrzeugindustrie in Gespräche eintreten?

Wenn ich schon hier am Rednerpult stehe, möchte ich auch noch folgende Frage stellen, meine Herren Staatssekretäre: Ich habe hier eine Presseaussendung der APA betreffend „Weniger EU-Geld für Brenner“. In drei Minuten kann man leider nicht aus­führlicher darauf eingehen, aber vielleicht könnten Sie nach diesem Gespräch, das zwi­schen dem Bundesminister und dem dafür zuständigen Koordinator Karel van Miert an­lässlich seines Besuches in Wien stattgefunden hat, auch Antwort auf die Frage geben, wie jetzt nach dieser Presseaussendung tatsächlich die Mitfinanzierung der EU beim Bau des Brenner-Basistunnels aussieht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27



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122. Sitzung / Seite 209

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.28.01

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Staatssek­retäre! Hohes Haus! (Ruf: Jungfernrede! – Heiterkeit.)

Grundsätzlich begrüße ich natürlich auch jede Maßnahme, die zur Sicherheit im Stra­ßenverkehr und vor allem zur Verringerung der Zahl von Verkehrstoten beiträgt. Was die LKW-Gurtenpflicht in schweren LKW betrifft, so wisst ihr, ich bin selbst Fuhrwerks­unternehmer, und ich kann das nur absolut unterstützen. Ich war vor kurzem in Schwe­den und habe dort Filme gesehen über das, was sich abspielt. Da muss man unbedingt auch das Bewusstsein bei den Menschen dafür schaffen, dass sich auch bei schweren LKW die Beifahrer und die Lenker anschnallen. Damit kann man sehr viel Leid verhin­dern.

An den Herrn Kollegen von der ÖVP: Die Errichtung dieser Genehmigungsdatenbank dient natürlich nicht nur der Landwirtschaft, sondern der gesamten Wirtschaft. Wir Unternehmer sind eben europäische Unternehmer, wir kaufen teilweise Fahrzeuge aus dem europäischen Ausland, und natürlich ist das für uns von Vorteil.

Ein Problem sei hier noch erwähnt – ich weiß keine Lösung dafür –, weil es vor kurzem auf der West Autobahn zwei Mal passiert ist, nämlich diese Unfälle durch Sekunden­schlaf, wodurch acht Tote zu verzeichnen waren. Wie gesagt, ich weiß die Lösung für dieses Problem auch nicht (Abg. Neudeck: Weniger lang fahren!), ich würde nur dar­um bitten, dass man sich im Ministerium Gedanken darüber macht, was man dagegen machen kann.

Eines muss man sagen: Man weiß, dass LKW-Fahrer Tachographenscheiben haben und dass ihnen die Einsatzzeiten genau vorgeschrieben sind. Sie dürfen vier Stunden fahren, müssen eine Stunde Pause machen und dürfen dann wieder vier Stunden fahren. Wenn Sie sich hingegen heute ins Auto setzen und meinetwegen nach London fahren, dann wird bei einem PKW-Fahrer kein Mensch irgendetwas unternehmen. Das ist natürlich kein Ausländerproblem, aber es ist eben bei uns passiert. Dasselbe würde passieren, würde ich mich jetzt ins Auto setzen und nach Rom fahren.

Man muss sich diesbezüglich einfach etwas überlegen, denn wenn man schon die Zahl der Verkehrstoten minimieren will, muss man sich auch über das Problem der Übermü­dung im Straßenverkehr Gedanken machen, nicht zuletzt deshalb, weil durch übermü­dete Fahrer natürlich auch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden und zu Tode kommen könnten. Wie gesagt, Lösung weiß ich keine, aber Bewusstseinsbildung wäre vielleicht das Optimale. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.30.32

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Es ist heute schon mehrmals gesagt worden: Die Er­höhung der Sicherheit aller Teilnehmer am Straßenverkehr ist sicherlich kein Ziel, das leicht erreicht werden kann. Das ist für mich das eigentliche Ergebnis der teilweise sehr kontrovers geführten Debatte zum Thema „Licht am Tag“. Der nun erreichte Kompro­miss, dass die in allen Fahrzeugen vorhandenen Abblendlichter auch am Tag einzu­schalten sind, kann aus meiner Sicht aber nur als Zwischenlösung dienen.

Die Benutzung der Abblendlichter als Tagesbeleuchtung setzt natürlich auch das Vor­handensein ordentlich eingestellter Scheinwerfer voraus. Ich möchte in diesem Zusam­menhang darauf hinweisen, dass durch die Verlängerung der Intervalle für die wieder­kehrende Begutachtung gemäß § 57a für Neuwagen eine erschreckende Zunahme – das sagen nicht nur die Verkehrsexperten, sondern auch der ARBÖ und der ÖAMTC – fehlerhaft eingestellter Scheinwerfer und auch höhere Abgaswerte eingetreten ist.

Das Verkehrsministerium möchte ich deshalb auch bitten beziehungsweise auffordern, eine Kampagne zur Information der Autofahrerinnen und Autofahrer über die richtige Wartung und Benützung der vorhandenen Beleuchtung zu starten. Diese Punkte soll­ten auch in dem Überprüfungsbericht nach der zweijährigen Testphase explizit behan­delt werden.

Hohes Haus! Die alternativtechnisch optimale Lösung – und das ist für mich auch das Ergebnis dieses Expertenhearings – der Ausrüstung der Fahrzeuge mit speziellen Ta­gesleuchten müsste oder muss der nächste Schritt sein. (Abg. Neudeck: So wie bei den Fiakern! Die haben solche Laternen, ...!) – Herr Kollege, Ihnen würde ich über­haupt einmal empfehlen, sich so ein Expertenhearing anzuhören. (Abg. Neudeck: Ich muss aber jetzt dir zuhören!) Vielleicht geht Ihnen dann persönlich einmal ein Licht auf, Herr Kollege. (Beifall bei der SPÖ.) – Dieses sanfte Tageslicht mit reduzierter Lichtstär­ke bewirkt ein Viertel des zusätzlichen Spritverbrauchs im Vergleich zum Abblendlicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Da die Autos nicht nur für den österrei­chischen Markt gebaut werden, muss es unser nächstes Ziel sein, eine Lösung auf europäischer Ebene zu finden. (Abg. Neudeck: Die vorderen Scheibenwischer für deine Brille!)

Andere Punkte in der KFG-Novelle tragen aber sicherlich nicht zur Erhöhung der Ver­kehrssicherheit bei. Es wurde heute schon ein paar Mal angesprochen, dass es bei den Schülertransporten aus unserer Sicht sicherlich nicht zu einer befriedigenden Lösung gekommen ist, denn es ist sehr problematisch, dass auf einer Zweiersitzbank auch in Zukunft drei Kinder befördert werden können. Es ist eben eine Tatsache, dass dieses Gesetz im Speziellen für Schülerinnen und Schüler, für Kinder keinen Schutz und keine zusätzliche Sicherheit bietet, und das ist wirklich sehr schade. (Beifall bei der SPÖ.)

19.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.33.58

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dieser 26. KFG-Novelle wird ein Bündel an Maßnahmen umgesetzt. Es gab einen Wunsch aus dem Jahre 1999, die Parallelimporte für Kraftfahrzeuge zu ermöglichen. Das war ja bisher


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122. Sitzung / Seite 210

nur mit Einzeltypisierungen möglich, welche Kosten in Höhe von 200 € verursacht ha­ben. Die Novelle bringt also einen Schritt in Richtung Kostenentlastung und Bürokratie­abbau und natürlich auch eine Zeitersparnis. Es wird ab sofort begonnen, eine Geneh­migungsdatenbank aufzubauen, und mit dem Aufbau dieser Datenbank wird es mit 1. Juli 2007 möglich sein, dieses Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Insgesamt, glaube ich, also eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Es werden auch neue und gebrauchte Fahrzeuge von dieser Datenbank erfasst. Es können Generalimpor­teure direkt auf diese Datenbank zugreifen. Und natürlich ist es möglich, dass gerade selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Spezialmaschinen möglichst schnell und rasch in Österreich zum Einsatz gebracht werden. Der Import wird einfacher, schneller und günstiger. Es profitieren davon Produzenten, Kunden, Wirtschaft, und natürlich gibt es auch für die Behörden eine gewisse Entlastung.

Europa ist ein Wirtschaftsraum, meine Damen und Herren, und ich glaube, es ist daher auch notwendig, dass wir unter gleichen und fairen Rahmenbedingungen in diesem Wirtschaftsraum tätig und aktiv sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

19.35



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122. Sitzung / Seite 211

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haubner. Wunschredezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


19.35.50

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staats­sekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, für diese Bundesregierung steht das Thema Sicherheit an oberster Stelle – sei es die Sicherheit der Arbeitsplätze, die Sicherheit des Wirtschaftsstandortes oder die Sicherheit jedes Einzelnen und jeder Einzelnen.

Dass Österreich in den letzten Jahren auch verkehrssicherer geworden ist, zeigen die Statistiken. Und um diesen konsequenten Weg der Erhöhung der Verkehrssicherheit weiterzugehen, beschließen wir heute mit der KFG-Novelle auch die Verwendung von Licht am Tag. Jeder Verkehrsunfall ist ein Verkehrsunfall zu viel, und es gilt, alles zu unternehmen, um durch gezielte Maßnahmen zu einer weiteren Reduktion zu kommen.

In vielen europäischen Ländern ist Licht am Tag bereits Realität geworden und trägt vor allem auf Schnellstraßen und Autobahnen zur erhöhten Sicherheit bei. In Öster­reich schaltet bereits heute die Hälfte der Autolenker freiwillig das Licht am Tag ein – das ist fast eine Verdoppelung der Werte in den letzten fünf Jahren. Ein noch höherer Wert von so genannten Lichtfahrern kann auf der Autobahn gemessen werden: Hier schalten immerhin bereits zwei Drittel das Licht am Tag ein. Eine ÖAMTC-Umfrage zeigt uns, dass 71 Prozent der befragten Autolenker für Licht am Tag sind. Das heißt, dass sich jeder Autofahrer an und für sich schon jetzt sicherer fühlt, wenn er mit Licht am Tag fährt.

„Lichtfahrer sind sichtbarer“, das war schon eine Kampagne vor mehr als 20 Jahren, und ich denke, dass wir jetzt das umgesetzt haben, was damals schon quasi von den Plakaten gelächelt hat – ein klarer Beweis dafür, dass es für viele einfach offensichtlich ist, dass Licht am Tag die eigene Sicherheit als Verkehrsteilnehmer erhöht, und dass sie sich spürbar besser fühlen, wenn sie sichtbar sind.

Die Einführung mit 15. November kann auch in der Übergangszeit das Bewusstsein der Autolenker im Hinblick auf die Vorteile von Licht am Tag noch sensibilisieren.

Die KFG-Novelle bringt uns mehr Sicherheit auf unseren Straßen und damit ein weite­res Signal für ein sicheres Österreich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Glaser. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


19.38.02

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Zum Kollegen Marizzi: Wir haben bei diesem Verkehrsausschuss, der, wie schon gesagt wurde, äußerst konstruktiv war, sehr wohl einige Anträge der Opposition miterledigt. Ich glaube, das sollte man in diesem Fall auch erwähnen. Ich glaube, dass das auch das Ziel ist – wenn sie auch teilweise abgelehnt wurden, das ist schon richtig.

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die, wie ich glaube, sehr kon­struktive Rolle von Staatssekretär Kukacka, der in einigen Punkten zu Lösungen bei­getragen hat. Ich meine, dass das insgesamt der Qualität der Gesetze sicherlich gut getan hat. Ich denke nur etwa an die Evaluierung bei Licht am Tag.

Nun, es gibt viele Änderungen in diesem Gesetz. Die wichtigste wurde schon sehr ein­gehend und sehr oft besprochen, das ist die Bestimmung betreffend Licht am Tag. Sie betrifft sicherlich fast jeden von uns, und ich glaube, dass hier das Ziel, ein Tagfahrlicht europaweit einzuführen, ein gemeinsames ist.

Von den weiteren Punkten in dieser Novelle möchte ich kurz die Ermöglichung einer höheren Tonnagebeschränkung für Rundholzabfuhren und Kanalfahrzeuge erwähnen. Der stets ablehnende Reflex der Oppositionsparteien ist mir absolut nicht erklärbar, denn notwendige Anpassungen an die reale Wirtschaft sind, so glaube ich, ganz ein­fach zu tätigen.

Die Direktimporte sowie andere landwirtschaftliche Erleichterungen beziehungsweise Bestimmungen, wie zum Beispiel, dass man eine gelbrote Warnleuchte verwenden darf, möchte ich ebenfalls noch kurz erwähnen.

Abschließend möchte ich zusammenfassend sagen: Es gibt eine Reihe von Bestim­mungen, die wir mit dieser 26. KFG-Novelle ändern. Wir leisten damit einen großen Beitrag zur Entbürokratisierung im Dschungel all dieser Bestimmungen, und wir setzen mit dieser Novelle schlussendlich auch einige EU-Richtlinien um.

Wir werden gerne zustimmen, und es wäre schön, wenn die Opposition auch in allen Punkten zustimmen könnte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kainz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.40.20

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Das Maßnahmenpaket, das wir heute beschlie­ßen werden, widmet sich der Verkehrssicherheit und soll die Verkehrssicherheit in Österreich weiter erhöhen. Das bedeutet weniger Verkehrstote, das bedeutet aber vor allem weniger Leid und Schmerz.

Wenn ich mir hier eine Auflistung anschaue, so kam es 1973 mit der Einführung der Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h auf Bundesstraßen zu einer ersten massi­ven Senkung der Zahl der Verkehrstoten, 1974 erfolgte die Einführung der Geschwin­digkeitsbegrenzung von 130 km/h auf Autobahnen, und auch mit der Einführung der Gurtenpflicht 1984 konnte die Zahl der Verkehrstoten gesenkt werden. Ich denke, dass diese damals eingeführten Maßnahmen heute selbstverständlich sind. So wird auch


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letztlich die Maßnahme Licht am Tag – eine große Zahl an Verkehrsteilnehmern schal­tet es bereits heute ein – in einiger Zeit selbstverständlich sein.

Wenn man sich die Unfallstatistik und die Hauptunfallursachen anschaut, so sind gefährliches Überholen, die Verletzung der Vorrangregel, aber auch überhöhte Ge­schwindigkeit die häufigsten Unfallursachen. Gerade da bedeutet Licht am Tag eine deutliche Verbesserung.

Wenn wir uns den so genannten Fleckerlteppich in Europa anschauen, wie es Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer gesagt hat, so denke ich, dass gerade auch Österreich in dieser Frage wieder eine Vorreiterrolle einnimmt. Ich plädiere auch dafür, dass die Regelung Licht am Tag europaweit einheitlich eingeführt wird, aber wir sind hier wieder einen richtigen Schritt voraus. Eine deutsche Studie belegt, dass durch die Einführung von Licht am Tag die Verkehrssicherheit erhöht wird. Man merkt auch daran, dass wir Deutschland damit einen Schritt voraus sind.

Ich freue mich darüber, dass es einen Vier-Parteien-Antrag gibt und wir diesen ein­stimmig annehmen werden, der zweifellos eine deutliche Verbesserung im Sinne der Verkehrssicherheit bringen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Machne. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.42.19

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Nach den wirklich sehr interessanten Stellungnahmen der Experten im Verkehrsausschuss haben mich persönlich die Argumente von Herrn Dr. Thann vom Kuratorium für Verkehrssicherheit am meisten davon überzeugt, dass die Einführung von Licht am Tag wirklich sinnvoll ist.

Licht am Tag, so glaube ich, fördert tatsächlich unsere Verkehrssicherheit in großarti­ger Weise. Wenn man selbst Autofahrer ist, dann stellt man fest – das ist heute schon gesagt worden –, dass ja die Mehrheit der Autofahrer ohnehin jetzt schon Licht am Tag hat, und man stellt auch fest, dass man auch bei Tag ein beleuchtetes Auto besser sieht als ein unbeleuchtetes.

Für uns an der italienischen Grenze wohnenden Osttiroler ist es keine besondere Um­stellung, mit Licht am Tag zu fahren, da ja in Italien schon seit längerer Zeit Licht am Tag Pflicht ist. Der minimal erhöhte Treibstoffverbrauch und die damit zusammenhän­gende Luftverschmutzung ist unbedingt für die Verkehrssicherheit in Kauf zu nehmen.

Die so genannten Tagfahrleuchten, die zugleich mit der Zündung eingeschaltet wer­den, sind natürlich eine Ideallösung. Ich bin auch sicher, dass der nachträgliche Einbau sehr bald von den Autowerkstätten zu kostengünstigen Preisen angeboten wird.

Ideal wäre natürlich eine europaweite Lösung. Ich bin mir sicher, dass Herr Vizekanzler Gorbach diese auch anstrebt – und trotzdem ist es wichtig, dass wir heute dieses Gesetz beschließen.

Ich danke unseren beiden Herren Staatssekretären, dass sie diese Verkehrssicher­heitsmaßnahme ausgearbeitet und vorgelegt haben. Und ich freue mich, dass trotz einiger oder anfänglicher Skepsis alle Abgeordneten diesem Verkehrssicherheitsge­setz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

19.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Preineder. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 



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19.44.20

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich freue mich, dass nach Abschluss dieser Verkehrsde­batte die 26. Kraftfahrgesetz-Novelle beschlossen werden soll. Es handelt sich hiebei um einen weiteren Schritt zu mehr Verkehrssicherheit. Damit schaffen wir es, bei steter Zunahme des Verkehrsaufkommens eine Senkung der Zahl der Verkehrstoten zu erzielen. Das ist, so glaube ich, ein sehr wichtiges und wertvolles Ziel.

Die heftigste Diskussion löste dabei das Thema Licht am Tag aus. Umso mehr freut es mich, dass hier nach Anhörung von Experten eine entsprechende Einstimmigkeit zu erzielen war. Und ich glaube, es war für alle Mitglieder im Ausschuss klar, dass die Tagfahrleuchte europaweit unser gemeinsames Ziel ist.

Ein zweiter wichtiger Punkt in dieser Novelle betrifft überbreite landwirtschaftliche Fahr­zeuge. Diese dürfen jetzt – das wurde auch vorher schon angewendet – ein oranges Drehlicht verwenden. Und auch hier gilt: Eine sichtbare Gefahr ist nur mehr die halbe Gefahr.

Geschätzte Damen und Herren! Auch der Import von Fahrzeugen, Geräten und Land­maschinen wird erleichtert. Mit der Schaffung einer Genehmigungsdatenbank wird eine Vereinfachung von Direktimporten von Maschinen und Geräten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum beschlossen. Mit diesem Schritt werden Importhürden für Traktoren und Geräte abgebaut und der bürokratische Aufwand für die Landwirte und für die Wirt­schaft reduziert.

Bislang mussten bei Direktimporten nach Österreich mehrere Monate Wartezeit für Einzeltypisierungen und Kosten in der Höhe von rund 200 € in Kauf genommen wer­den. Die neue Genehmigungsdatenbank, in der fahrzeugspezifische Daten der Fahr­zeuge gespeichert werden, soll künftige Erleichterungen bringen.

Alles in allem: mehr Sicherheit und weniger Bürokratie. Das ist ein weiterer Schritt auf dem Weg: mit Sicherheit weniger Bürokratie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

19.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden, in 1102 der Beilagen.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Eder ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 83 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.


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Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Be­richt 1103 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich erteilt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Be­richt 1104 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser Bericht wird mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1105 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieses Zeichen wird mehrheitlich erteilt.

19.48.1817. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1060 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005) (1106 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minu­ten. – Bitte.

 


19.48.45

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren Staatssek­retäre! Hohes Haus! Bei der Beurteilung der vorliegenden Novelle zum Gefahrgutbeför­derungsgesetz sind uns zwei Aspekte ganz besonders wichtig: Einerseits ist unbestrit­ten, dass die Umsetzung von internationalen Vorgaben notwendig und unumgänglich ist, gleichzeitig wurde aber eine Reihe von Änderungen in den Gesetzentwurf hineinge­packt, die rein nationaler Regierungskompetenz unterliegen und die wir insbesondere als überaus problematisch sehen.

Diese Änderungen haben nämlich ihren Ursprung in einem Forderungskatalog der Wirtschaftskammer und werden zu einer Aufweichung der bestehenden, strengeren nationalen Regelungen des Gefahrguttransportrechtes führen – konkret zum Beispiel die Änderungen bezüglich Straf- und Zwangsmaßnahmen oder jene Regelung, die trotz festgestellter Mängel die Weiterfahrt eines Gefahrguttransportes ermöglichen soll.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist daher wenig verwunderlich, dass die in Aussicht genommenen Regelungen im Begutachtungsverfahren zum Teil überaus kri­tisch bewertet wurden, denn die angestrebten Änderungen enthalten, wie es heißt, auf


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der einen Seite verständliche Forderungen einer Unternehmer-Interessenvertretung, andererseits untergraben sie nachhaltig die Sicherheitsstandards des österreichischen Gefahrgutrechtes und damit die allgemeine Verkehrssicherheit.

Die Aufweichung der bestehenden Sicherheitsstandards gerade im Gefahrguttrans­portbereich ist absolut kontraproduktiv. Ich darf daran erinnern, dass der TÜV im April dieses Jahres davor gewarnt hat, dass zu viele Gefahrguttransporte mit zum Teil ekla­tanten Mängeln auf unseren Straßen unterwegs sind. In diesem Zusammenhang gibt es einen Bericht der EU-Kommission, der für die Jahre 1997 bis 2002 in einem Ge­fahrguttransport-Kennzeichnungsbericht festhält, dass Österreich absoluter Spitzen­reiter bei Verstößen pro Kontrolle ist, nämlich 1,39 Verstöße pro Kontrolle. Im europäi­schen Durchschnitt sind es 0,26 Verstöße. Das heißt: Abgefahrene Reifen und zum Teil durchgerostete Bremsen kennzeichnen die Gefahrenpotentiale auf den Straßen.

Konkurrenz und Gewinnmaximierung unter den Spediteuren, schlecht gewartete Fahr­zeuge und überlastete Fernfahrer führen ohne zusätzliche Kontrollen zu jenem gefähr­lichen Mix, nämlich zu den rollenden Bomben auf unseren Landstraßen.

Meine geschätzten Damen und Herren, angesichts der möglichen Folgen der neuen Regelungen, welche die Regierungsparteien heute beschließen wollen, bleibt wohl nur der Appell, die Sicherheitsstandards für den Transport gefährlicher Güter doch, bitte, um etliches ernster zu nehmen, denn Gefahrguttransporte bergen bei Unfällen nicht nur ein hohes Risiko. Wenn nämlich diese rollenden Bomben in Unfälle verwickelt sind, sind nicht nur die Verkehrsteilnehmer gefährdet, sondern auch die Bevölkerung im Um­kreis des Unfallgeschehens.

Daher meine Schlussbemerkung: Die Gesundheit und Sicherheit der Menschen sollte doch höher anzusetzen sein als die wirtschaftspolitische Lobby einiger Frächter. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Reg­ler. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.52.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Gegensatz zu meinem Vorredner muss ich feststellen, dass die gegenständliche Novelle die Sicherheit in keiner Weise beeinträchtigt.

Erstens ist diese Novelle unbedingt notwendig. Wir haben ja bekanntlich ein ganz mo­dernes Gefahrgutbeförderungsgesetz, das auf die wichtigen Gefahrgutbestimmungen im internationalen Recht verweist: auf das ADR, das RID, das ADN und die ICAO-Regeln. Und diese Regeln werden ununterbrochen verschärft. Alle zwei Jahre gibt es sozusagen einen Strich, und das, was neu erkannt wurde, muss dann umgesetzt wer­den. Das heißt, wenn wir heute das nicht beschließen, würden wir viele verschärfte Rechtsbestände im internationalen Gefahrgutbeförderungsrecht nicht übernehmen. Wir hätten außerdem Rechtsunsicherheit. Darum, bitte, muss dieses Gesetz beschlossen werden.

Zweitens gibt es in diesem Gesetz Sicherheitsverbesserungen und Aktualisierungen. Ich verweise zum Beispiel darauf, dass der öffentliche Sicherheitsdienst in Hinkunft auch Kontrollen in den Unternehmen durchführen kann, was ganz wesentlich ist, oder dass die Bundespolizei an der Vollziehung des Gesetzes mitzuwirken hat.

Die Weiterfahrt, die hier erwähnt worden ist, darf nur dann gestattet werden, wenn die Mängel die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen. Sonst, wenn mittlere oder schwe­re Mängel vorhanden sind und nicht behoben wurden, darf nicht weitergefahren wer­den.


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Und drittens ist ein für die Wirtschaft sicherlich wesentlicher Punkt, dass wir nunmehr vom bisher undifferenzierten Strafrahmen zu einem geteilten Strafrahmen kommen. Es sind die Verstöße in schwerwiegende, mittlere und leichte Verstöße eingeteilt worden. 134 Tatbestände wurden hier aufgelistet und entsprechend zugeteilt. Und die Strafen reichen dann natürlich von einem geringeren Eurobetrag für leichte Verstöße bis zu wesentlich höheren Strafen für schwere Verstöße.

Bisher war es nämlich so, dass oft ganz undifferenziert gestraft worden ist, wenn etwa lediglich die Bezettelung nicht hundertprozentig gestimmt hat: die Farbe am Rand nicht exakt war oder die Größe um den einen oder anderen Zentimeter nicht gepasst hat. Diese Strafen sind immer additiv dazugekommen und haben de facto oft die Existenz der Unternehmungen gefährdet. Nunmehr ist es so, dass klar festgehalten wird, wo die Verkehrssicherheit tatsächlich schwer beeinträchtigt wird und wo es sich nur um ein leichtes Vergehen handelt. Die Exekutive kann dann wirklich viel gerechter strafen.

Ingesamt ist das Ganze ein erheblicher Fortschritt. Wie gesagt: Wir müssen die geän­derten Regelungen ohnedies übernehmen, weil wir damit das moderne internationale Gefahrgutrecht in das österreichische Recht rezipieren. Ich bin eigentlich ein bisschen enttäuscht darüber, dass die Opposition hier nicht zustimmen will. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Redner­pult –: Es wird kürzer! Drei Minuten!) 3 Minuten. – Bitte.

 


19.55.32

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner war enttäuscht; bei uns Grünen ist klar, dass Sicherheit einfach vorgeht. Sie haben ja ganz Recht: Es wer­den einerseits UN-, also internationale Vorgaben, andererseits EU-, also europäische Vorgaben umgesetzt, und das bringt sicher einiges an Verbesserungen. Andererseits werden aber gewisse, jetzt strengere Strafbestimmungen wieder aufgeweicht. Insofern ist durchaus eine etwas frächterfreundliche Handschrift in dieser Regierungsvorlage zu sehen.

Mich macht es halt etwas stutzig, wenn die Länder den Konsultationsmechanismus auslösen. Das ist für mich schon ein Warnsignal, dass die Rechtsprechung vielleicht in die falsche Richtung geht und dass wir doch stärkere Regelungen brauchen, die diese Standards im Frachtverkehr wirklich massiv ausbauen und verbessern – wir haben es schon gehört –, nämlich zugunsten der LKW-Lenker selber, zugunsten der Frächter, die ja dann weniger Unfälle zu befürchten haben, also ihr Gut sicher ans Ziel bekom­men, zugunsten vor allem der allgemeinen VerkehrsteilnehmerInnen und nicht zuletzt auch zugunsten der Bevölkerung, die im Umfeld des Verkehrs lebt und die ja auch eventuell durch Gütertransporte – wenn es Gefahrgüter in größerem Umfang sind – wirklich beeinträchtigt werden kann.

Deshalb sind wir lieber auf der vorsichtigen Seite und lehnen diese Regierungsvorlage als unzulänglich ab. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder.)

19.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.57.16

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Steier, es ist schon eigenartig, dass Sie das umdrehen. Wir sind in


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dieser Frage Sicherheitspartei, und zwar auch beim Gefahrgut. Und bei dieser Novel­lierung ist die Sicherheit ein wesentlicher Bestandteil. Wenn ich mir anschaue, wie viele Punkte da drinnen sind, so werden nicht nur die Strafen erhöht, sondern es erfol­gen auch die Anpassung der Gefahrgutkontrolle an die EU-Richtlinie und die Einteilung in drei Gefahrenkategorien. Es ist eine Vielzahl an Maßnahmen in diesem Gesetzent­wurf enthalten, die so weiterhin die Sicherheit hochhalten und verbessern. Ich denke nur an Abstellbereiche und Fahrzeugdepots, die gesichert und gut beleuchtet sein müssen. Unbefugten ist der Zutritt verboten. Es gibt einen Sicherungsplan. Das Perso­nal muss sich identifizieren können. Außerdem gibt es ein Verzeichnis der österrei­chisch geschulten Gefahrgutlenker.

Ich bin direkt dankbar, dass Frau Abgeordnete Moser das in gewissen Bereichen er­kannt hat. Dass sie natürlich gerade da kritisch ist, ist legitim. Ich habe aber trotzdem gehört, dass Sie da ähnlicher Meinung sind wie ich. – Danke. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Binder-Maier. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.58.00

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wittauer, es geht nicht darum, ein Gesetz oder eine Vorlage umzudrehen, sondern es geht darum, dass Regelungen eingehalten wer­den. Das vorliegende Bundesgesetz wird den internationalen Vorschriften angepasst. Positiv, das streiche ich hier hervor, ist dabei, dass im Sinne der Unfallvermeidung Meldungen betreffend Gefahrguttransporte an den Verkehrsminister vorgesehen sind.

Negativ an diesem Gesetz und an dieser Vorlage ist aber, dass es zu einer weiteren Liberalisierung ganz im Sinne der Frächter kommt. Dadurch ergeben sich wesentliche Nachteile in diesem Bereich, insbesondere für die Arbeitnehmer, die vor allem mit erhöhten Haftungen konfrontiert werden.

Grundsätzlich ist diese Novelle ein Kniefall vor der Wirtschaft. Kollege Steier hat es schon erwähnt, es gibt schon lange einen Forderungskatalog. Drei Forderungen der Wirtschaftskammer sind umgesetzt worden, nämlich erstens keine ungebührlich langen Transportunterbrechungen bei Kontrollen. Trotz Mängeln kann weitergefahren werden. Zweitens die Einführung eines Strafzettels, das bedeutet eine Herabsetzung der Geld­strafe. Und drittens der Entfall der Strafen für Zulassungsbesitzer.

Allein diese drei Punkte, meine Damen und Herren, sind Maßnahmen und Regeln, die sicherlich nicht dazu dienen, die Sicherheit und die Kontrolle bei der Gefahrgutbeförde­rung zu heben. Noch dazu belegt der Bericht der EU-Kommission, dass es in Öster­reich überdurchschnittlich viele Verstöße bei Gefahrgut gibt.

Zusammengefasst sei gesagt: Uns sind die Sicherheit und die Kontrolle sehr wichtig. Es geht um Menschen, es geht um Verkehrsteilnehmer und in letzter Konsequenz vor allen Dingen auch um die Einsatzkräfte, die heute schon immer wieder hervorgehoben worden sind, wenn es zu Unfällen kommt.

Dieses Gesetz untergräbt nachhaltig die Sicherheitsmaßnahmen des österreichischen Gefahrengutrechts und damit die allgemeine Verkehrssicherheit, und deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Wattaul. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



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20.01.00

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich sehe das nicht so: Das Gesetz ist angesichts der Bedrohungen durch den Terrorismus extrem verschärft worden.

Es wird in Zukunft für die Unternehmer zu Mehrkosten kommen. Folgendes ist für den Fahrer gut: Jetzt steht im Gesetz, dass sich der Fahrer darauf verlassen kann, was ihm der Verlader mitgegeben hat; das war früher nicht so. Das ist positiv für den Fahrer.

Ich glaube auch, dass der Strafrahmen geändert werden hat müssen, weil die Mindest­strafe in der Höhe von 10 000 S bei einem kleinen Delikt einfach zu hoch war. Ich nenne ein Beispiel dazu: Wenn auf einem Feuerlöscher kein Ablaufdatum gestanden ist, dann hat der Unternehmer 10 000 S Strafe zahlen müssen und der Fahrer 1 000 S. Ich glaube, das war nicht angemessen. Jetzt gibt es eine praktikable Lösung.

Noch eine Bemerkung zu der EU-Statistik: Herr Kollege, man muss natürlich auch da­zusagen, dass wir in Österreich sehr viel Grenzgebiet haben und dass sehr viele Frächter aus den Ostländern kommen. Natürlich werden die Kontrollen in Österreich gemacht und dann auch Österreich zugerechnet. Man muss sich die Statistik genauer anschauen, ob das österreichische oder ausländische Frächter waren, die in Öster­reich kontrolliert wurden. So einfach kann man sich das also nicht machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1106 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wer dem Gesetz auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich ebenfalls um ein Zei­chen.  – Der Gesetzentwurf wird auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

20.03.0918. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1001 d.B.): Sat­zung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationalen Fern­meldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevoll­mächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtig­ten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und Vorbe­halten (1107 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ihre Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


20.04.01

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Her­ren Staatssekretäre! Hohes Haus! Bei diesem Staatsvertrag handelt es sich um eine Anpassung bei technischen Modalitäten. Betroffen davon sind die Aufgaben der Inter-


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nationalen Fernmeldeunion. Diese Institution ist dafür zuständig, eine Standardisierung im Fernmeldewesen durchzuführen, Funkfrequenzen zuzuweisen und zu koordinieren und unter anderem auch Studien über technische, betriebliche und tarifliche Angele­genheiten zu erstellen.

Diese Aufgaben sind eine gute Gelegenheit, die Fragen des Mobilfunks wieder in Erin­nerung zu rufen. Diesbezüglich gibt es bereits mehrere Petitionen, die immer wieder in Umlauf geschickt worden sind, zum Beispiel die Petition der WHO und der Europäi­schen Kommission, worin gefordert wurde, dass unverzüglich mit dem in Aussicht ge­stellten interministeriellen und interdisziplinären runden Tisch gestartet werden soll, mit Beteiligung der Plattform Mobilfunk-Initiativen, zur Erarbeitung eines Gesetzes betref­fend Schutz vor elektromagnetischen Feldern.

Schon seit langem sind Bürgerinitiativen und betroffene Bevölkerungsgruppen sehr un­zufrieden damit, dass nichts geschieht, dass nichts weitergeht. Auch Gemeinden sind davon betroffen, dass da immer wieder die Maßnahmen hinausgezögert werden. Die Gemeinden werden sehr oft gar nicht gefragt oder informiert darüber, welche Mobil­funkanlagen auf ihrem Gemeindegebiet aufgestellt werden. Und es gibt Vorbilder, die auch in der Internationalen Fernmeldeunion organisiert sind, wie beispielsweise Italien.

Italien hat eine industrieabhängige Überprüfung und ein Monitoring nach Errichtung von Anlagen vorgesehen, ebenso die Erstellung eines auch für die Öffentlichkeit zu­gänglichen Immissionskatasters. Das heißt, die Leute können schauen: Wo stehen bei uns Mobilfunkanlagen, mit welcher Frequenz und mit welcher Belastung?

Ich würde dringend ersuchen, dass endlich weitergearbeitet wird beziehungsweise dass dieser runde Tisch installiert wird, um auch solche Fragen wie die Funkfeldmes­sung in einem Linienbus zu behandeln.

Es gibt ein neues Gutachten beziehungsweise eine Messung in München, bei der man draufgekommen ist, dass sich, wenn mehrere Personen in einem öffentlichen Ver­kehrsmittel, in einem Linienbus mit Handy telefonieren, eine ungeheure Vervielfachung der Strahlenbelastung ergibt.

Wir wissen, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln sehr viele Kinder, Jugendliche und auch ältere Menschen unterwegs sind, die dann ungeschützt dieser Strahlung ausge­setzt sind.

Es gibt einen eklatanten Unterschied, ob man noch im Freien mit dem Handy telefo­niert oder dann in den Bus einsteigt. Da steigt die Belastung nicht nur für den, der telefoniert, sondern auch für die Umgebung, für die Personen, die sich in seiner un­mittelbaren Umgebung befinden, extrem an.

Daher meine Aufforderung, endlich tätig zu werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsaus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1001 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Zustimmung wird einstimmig erteilt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG, dass die Kundmachung der arabischen, chinesi­schen, englischen, russischen und spanischen Sprachfassungen dadurch zu erfolgen


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hat, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Verkehr, Inno­vation und Technologie aufliegen.

Wer dazu die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen.  – Die Zustimmung wird einstimmig erteilt.

20.08.5019. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (681 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Un­falluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (1108 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 247/A der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Verkehr (Bundesamt für Verkehr-Gesetz – BAVG) erlassen und das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967), das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Stra­ßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), das Bundesgesetz über die gewerbs­mäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsge­setz 1995 – GütbefG), das Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBG 1998), das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens über die internationale Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförde­rungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchführungs­gesetz 1970), das Bundesgesetz über sichere Container (Containersicherheits­gesetz – CSG), das Kraftfahrzeugsteuergesetz – KfzStG, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG), das Bundesgesetz über die li­nienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrlinienge­setz – KflG), das Bundesgesetz über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Ge­setz 1996 – GelverkG), das Umsatzsteuergesetz, das Ausländerbeschäftigungs­gesetz, das Außenhandelsgesetz, das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Zollrecht-Durch­führungs-Gesetz, das Bundesgesetz über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) und das Bundesgesetz über die Maut­einhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz) geändert werden (Bundesamt für Verkehr – Errichtungsgesetz) (1109 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 400/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung rechtsverbind­licher Grenzwerte für die Griffigkeit von Fahrbahnen sowie ein Schwerpunktpro­gramm für die Beseitigung von Unfallhäufigkeitsschwerpunkten (1110 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 21 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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122. Sitzung / Seite 221

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Eder. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


20.10.00

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, mitteilen zu können, dass wir dem Unfalluntersuchungsgesetz heute zustimmen können und dass damit auch die Zwei-Drittel-Mehrheit gesichert ist.

Dabei möchte ich aber betonen, dass wir ursprünglich mit dem Entwurf, so wie er uns vorgelegen ist, nicht einverstanden waren. Wir haben dann eine Reihe von Punkten in dieses Gesetz hineinverhandeln können, die für uns sehr wichtig waren, wie zum Bei­spiel, dass es zu keiner parallelen Ermittlung von Untersuchungsstelle und Staatsan­waltschaft kommt und damit Doppelgleisigkeiten vermieden werden, dass es einen ver­besserten Rechtsschutz für die jeweiligen Beschuldigten gibt, dass die Untersuchungs­befugnisse der Unfalluntersuchungsstelle klargestellt wurden, dass in einer vorzeitigen Vorwegnahme einige Bestimmungen der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit be­reits umgesetzt werden konnten und – meine sehr geehrten Damen und Herren, das war uns nach den vielen Unfällen der letzten Zeit ein besonderes Anliegen – dass auch Seilbahnunfälle durch die unabhängige Unfalluntersuchungsstelle in Hinkunft unter­sucht werden können. Das ist auch ein Signal des Tourismuslandes Österreich. Touris­ten sollen sich auf Österreichs Seilbahnen sicher und wohl fühlen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter diesen Tagesordnungspunkten werden auch noch zwei Anträge verhandelt. Das eine ist ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion betreffend Einführung eines umfangreichen Prüfvorganges beziehungsweise Installierung eines Bundesamtes für Güterverkehr, der schon sehr lange im Verkehrs­ausschuss gelegen ist.

Dabei ging es darum, nicht ein weiteres Amt zu installieren, sondern darum, dass man das neue Amt für Güterverkehr zwar als neue Behörde gründet, letztendlich aber per­sonalmäßig auf Organisationen zurückgreift, die es jetzt auch schon gibt und die bisher mit den Agenden des Güterverkehrsweges bis hin zur Kontrolle auf der Straße betraut waren. Dies sind derzeit rund 20 verschiedene Bundes- und Landesbehörden, die nicht miteinander korrespondieren, und dadurch ist auch eine umfassende Kontrolle von LKWs auf Autobahnen und Straßen nicht sichergestellt.

Wir haben schon einmal angemerkt, dass es in Deutschland, wo es dieses Amt gibt, effizientere Kontrollen gibt und Frächter, die sich nicht an die Spielregeln, an die Ge­setze halten, leichter gefunden werden können als in Österreich. Vielleicht werden wir später noch einmal über diese Dinge diskutieren und einen weiteren Antrag einbringen können, auch wenn dieser heute hier abgelehnt wird.

Völlig unverständlich ist mir auch die Vorgangsweise bei einem weiteren Antrag, der schon sehr lange im Parlament liegt und zu dem es schon unter Verkehrsministerin Forstinger ein Hearing gegeben hat. Dieser Antrag beschäftigt sich mit der Einführung rechtsverbindlicher Grenzwerte für die Griffigkeit von Fahrbahnen. Das ist zum Beispiel in Bayern, aber auch in anderen Bundesländern Deutschlands möglich. Das hat vor allem den Vorteil, dass sich die Autofahrer darauf verlassen können, dass bei be­stimmten Straßenverhältnissen wie Nässe oder Glätte die Straße eine entsprechende Griffigkeit hat. Das lässt sich mittels Normen festlegen.

In Österreich ist es aber leider so, dass sich die Kalklobby durchsetzt und Asphalt in erster Linie mit Kalkstein vermischt wird und daher die Straßenoberflächen nicht die Griffigkeit haben, die sie hätten, wenn sie mit Hartstein vermischt werden würden. Das ist schade. Das hat man auch bei den Semmering-Tunnelausfahrten, als der Semme-


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ringtunnel fertig war, bemerkt. Wäre die Griffigkeit dort vorgeschrieben gewesen, hätte es keine Rutschpartien bei den Tunnelausfahrten gegeben.

Ich mache auch darauf aufmerksam, dass Autofahrer, die die Geschwindigkeitsvor­schriften einhalten, deren Reifen in Ordnung sind und bei Nässe einen Unfall haben, durchaus – das hat es auch in schon zwei Fällen gegeben – die ASFINAG oder den Straßenerhalter auf Schadenersatz klagen können, wenn die Straße nicht den entspre­chenden Griffigkeitsvorschriften entspricht.

Ich kann nur appellieren, dass es vor allem bei den Unfallschwerpunkten, also dort, wo es sehr viele Unfälle gibt, notwendig wäre, diese Griffigkeit entsprechend vorzuschrei­ben, sodass Unfälle vermieden werden können. Ich hoffe, meine Herren Staatssekre­täre, dass wir auch in dieser Frage weiter miteinander reden können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.14.19

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem Unfalluntersu­chungsgesetz in der vorgeschlagenen Variante handelt es sich um eine Zweidrittel-Materie. Ich würde sagen, Kollege Eder, es war gelebter Parlamentarismus. Wir haben tatsächlich auf Grund der Einwände der anderen Parteien einiges noch zustande ge­bracht. Im Wesentlichen geht es aus meiner Sicht und aus Sicht der ÖVP darum, dass künftig Daten von Unfällen, die sich ereignen, nicht abgelegt werden, dass die Fakten­sammlung nicht irgendwo in den hinteren Schreibtischladen verschwindet, sondern dass mit diesen Fakten im Sinne der Unfallprävention, der Unfallvermeidung gearbeitet werden kann.

Sehr oft passieren auf Grund des gleichen Fehlverhaltens immer wieder Verkehrs­unfälle oder Unfälle, und niemand ist da, der aufklärt und informiert, was man tun kann, um solche Unfälle zu verhindern. Ich selbst weiß das, weil ich über zwölf Jahre lang Verkehrsunfallstatistiker war. Es sind in Tausenden von Arbeitsstunden Unfallursachen ermittelt worden, und diese Ermittlungsergebnisse hat man dann abgelegt. Ich denke, dass das diesbezügliche Wissen einfach zu wertvoll ist, um in den Akten gelagert zu werden.

Ich sage daher namens der ÖVP, dass wir uns selbstverständlich zum UG bekennen, dass wir aber glauben, dass man darüber hinaus noch einiges mehr tun muss. Ich glaube, dass wir die Universitäten zur Unfallforschung dringender brauchen denn je. Wir brauchen eine viel stärkere Unfallprävention in allen Bereichen, ob das der Kfz-Verkehr, ob das der Verkehr auf der Schiene, auf der Seilbahn oder auf der Wasser­straße ist. Wir brauchen Unfallprävention!

Wir brauchen als Gesetzgeber das Wissen, um in Hinkunft Unfälle verhindern zu können. Das heißt, meine Damen und Herren: Das, was mir als einen Verkehrspolitiker abgeht, ist, dass es keinerlei Dialog zwischen Politik, Wissenschaft und Praktikern gibt und wir bei der Schaffung von Gesetzen sehr oft mit Gefühl handeln müssen. Daher wäre, meine ich, die Wissenschaft viel stärker in diesen Bereich einzubinden.

Es wird eine Zweidrittelmehrheit geben. Ich glaube, es ist eine Vier-Parteien-Einigung möglich, meine Damen und Herren! Es hat einen Kompromiss gegeben, der aus der Sicht der Vertreter der SPÖ unabdingbar war. Ich habe natürlich noch sehr vieles an Forderungen und Ideen einzubringen. Ich denke, da ist noch nicht aller Tage Abend. Da muss noch weiter gehandelt werden im Interesse einer erhöhten Verkehrssicher-


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heit. Der Beginn kann heute gestartet werden. Ich freue mich auf die Vier-Parteien-Einigung zum Unfalluntersuchungsgesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.17.33

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ja, es gibt einen Konsens, aber der Kon­sens hat lange auf sich warten lassen. Dieses doch vergleichsweise wichtige Gesetz ist bereits im Jahr 2004 entwickelt worden und hat immer wieder den Verkehrsaus­schuss unerledigt verlassen. Jetzt geht es endlich, und ich glaube, es ist hoch an der Zeit.

Auf der einen Seite setzen wir EU-Vorlagen und EU-Erfordernisse um, auf der anderen Seite haben wir jetzt die Möglichkeit – es ist eigenartig, dass Sie als Regierungsfraktion das bedauern –, den Dialog mit der Wissenschaft voranzutreiben, aber diese Möglich­keit hätten Sie schon lange gehabt. Gerade als Regierungsfraktion kann man in alle Gesetzwerdungsprozesse verstärkt die Wissenschaft mit einbeziehen und darauf Rücksicht nehmen, sodass in Summe die Verkehrssicherheit auf einem breiteren, wis­senschaftlich abgesicherten Fundament steht. Daher verstehe ich Ihre Klage, dass das bisher zu wenig der Fall war, nicht ganz.

Wie gesagt, an der Opposition wäre es nie gelegen. Wir haben immer geschaut, dass der Sachverstand waltet, dass wir schneller vorankommen, was die Umsetzung unse­rer durchaus ambitionierten Verkehrssicherheitsziele anlangt. Aber wir stießen auf be­schränktes Echo, auf beschränktes Verständnis und beschränkte Handlungsfähig­keit. – Dieses neue Gesetz beziehungsweise diese neue Stelle gibt uns Mut.

Auf ein Detail darf ich Sie aber in diesem Zusammenhang hinweisen: Unsere Ver­kehrsstatistik, unsere Unfallstatistik beruht auf Daten, die das Innenressort zur Verfü­gung stellt. Jedoch muss das Kuratorium für Verkehrssicherheit jedes Mal diese Daten dem Innenressort abkaufen und muss sie dann auf eigene Kosten lesbar aufbereiten. Damit ist ein großer Aufwand verbunden.

Nordvietnam beziehungsweise Vietnam sagt man jetzt, weil die Länder vereinigt sind, hat eine bessere gesetzliche Basis der Unfallstatistik als Österreich. Ich glaube, diese Unfalluntersuchungsstelle hat da relativ viel zu leisten, da sie auf jeden Fall auch im Seilbahnbereich tätig sein soll. (Zwischenruf des Abg. Mag. Regler.)

Herr Kollege Regler! Wir können uns gerne im Detail dann noch über die Verbesserung der Unfallstatistik unterhalten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittauer spricht nun auch 2 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.20.10

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Die Frau Abgeordnete Moser macht immer interessante Vergleiche, aber das Gelächter hat gezeigt, dass diese Vergleiche sehr hinken.

Diese Gesetzesregelung hat lange auf sich warten lassen, das stimmt. Von meiner Seite her gesehen hätte diese Gesetzesmaterie schon vor einem Dreivierteljahr oder vor über einem halben Jahr erledigt sein können, aber es gab eben das Problem, dass sehr viele verschiedene Bereiche miteinander in diesem Gesetz geregelt werden sol-


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len. Dabei hat es auch viel Lobbyismus gegeben, wie ein jeder von Ihnen weiß. Ich bin dankbar dafür, dass wir trotzdem am Ende eine gemeinsame Lösung gefunden haben.

Für mich persönlich ist es wichtig, dass auch der Bereich der Seilbahnen in diesem Gesetz geregelt wird. Viele haben sich dagegen gewehrt, auch diesen Bereich in das Gesetz aufzunehmen. Ich halte das deshalb für wichtig, weil auch das Unglück in Tirol gezeigt hat, dass es da einen Handlungsbedarf gibt. Es gibt natürlich dem Gast mehr Sicherheit, wenn etwas von einer unabhängigen Stelle untersucht wird und wenn dann aus diesem Resultat heraus die notwendigen Maßnahmen getroffen werden.

Deshalb ist es gut, dass nun auch die Seilbahnen wie alle anderen Bereiche in diesem Gesetz Berücksichtigung finden. Das ist für mich ein Freudentag. Heute ist so ein Sicherheitsgipfel fast völlig undenkbar. Wir haben viele Maßnahmen beschlossen, die gut sind für die Menschen in unserem Land und auch für die Gäste, die bei uns verwei­len. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.21.28

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Es ist schon viel Lob zum Unfalluntersuchungsgesetz, das der Umsetzung einer EU-Richtlinie dient, geäußert worden. Der Zweck dieses Gesetzes ist es, Unfälle zu untersuchen, zu klären, warum ein Unfall passiert ist, in der Hoffnung und in der Erwartung, dass dadurch in Zukunft Unfälle verhindert werden können.

Die vorliegende Regierungsvorlage hat anfangs zu weit gehende Kompetenzen für die Untersuchungsstelle vorgesehen. Es bestand bei uns die Befürchtung, dass es zu parallelen Erhebungen der Untersuchungsstelle einerseits und der Gerichte anderer­seits kommt, und das lehnen wir ab.

Es gab dann, wie bereits gesagt wurde, Verhandlungen darüber. Die Behörde ist ja eine weisungsfreie Untersuchungsstelle, und daher bedarf es einer Verfassungsbe­stimmung. Der Abänderungsantrag, der dann im Ausschuss beschlossen worden ist, hat auch unsere Zustimmung gefunden, da wir der Auffassung sind, dass es ein guter Kompromiss ist. Damit ist nun auch klargestellt, dass nur die Gerichte Schuld- und Haftungsfragen behandeln sollen und dass die Unfalluntersuchungsstelle nur für die Unfallforschung und für die Unfallprävention zuständig ist.

Es hat sich gezeigt, dass wir dann, wenn die Regierungsparteien bereit sind, mit der Opposition zu verhandeln, kompromissbereit sind und bereit sind, uns einzubringen, und dass es dann möglich ist, im Parlament eine gute Lösung zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Wunschredezeit 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.23.35

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit diesem Unfall­untersuchungsgesetz werden die Qualität bei der Unfalluntersuchung und insbeson­dere die Unfallprävention sicherlich gestärkt. Ich muss aber trotzdem der Frau Kollegin Moser, die von der großen Unfallhäufigkeit gesprochen hat, ein paar Zahlen nennen.

Im Seilbahnwesen hatten wir in den letzten acht Jahren lediglich drei Unfälle mit Perso­nenschaden. Der letzte Unfall in Sölden war kein Seilbahnunfall, sondern ein Unglück


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mit einem Hubschrauber. (Zwischenruf der Abg. Mandak.) Ich betone: Drei Unfälle in acht Jahren bei fünf Milliarden beförderten Personen! Da von einer Unfallhäufung zu sprechen, scheint mir ein wenig überzogen zu sein. Ich glaube, dass es dennoch wichtig ist, dass diese Unfälle gründlich untersucht werden.

Im Unterschied zu den Bahnen – die europäische Richtlinie wurde ja für den Bahnbe­reich erlassen, die zum Ziel hatte, den grenzüberschreitenden Bahnverkehr sicherer zu machen – wurden schon in der Vergangenheit die Seilbahnen und U-Bahnen, die aller­dings niemals über die Grenzen fahren, einerseits von Sachverständigen und von den Gerichten und andererseits auch von den Landeshauptleuten, die jeweils keine Identi­tät mit den Eigentümern und Betreibern der jeweiligen Bahnen hatten, untersucht, und es wurden auch entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Ich bin sicher, dass die betroffenen Länder die Erkenntnisse aus den Untersuchungen der Unfälle in der Vergangenheit der Unfalluntersuchungsbehörde zur Verfügung stel­len werden und somit genügend statistisches Material für die Zukunft zusammenkom­men wird. Ich bin auch sicher, dass dadurch die Sicherheit weiter steigen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.25.24

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekre­täre! Meine Damen und Herren! Alle Parteien sind sich darin einig, dass mit dem vorlie­genden Unfalluntersuchungsgesetz eine gute Untersuchungsstelle für Unfallforschung und Unfallprävention eingerichtet wird. Die Chance für diese Regierungsvorlage, die ursprünglich Mängel aufgewiesen hat, war zweifellos die Tatsache, dass die Opposi­tion korrigierend eingegriffen hat. Vielleicht war es auch deshalb ein bisschen leichter, weil nun die Wirtschaftskammerwahlen vorbei sind und zumindest gegenwärtig die Klientelpolitik für die ÖVP nicht ganz so im Vordergrund steht. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Eigentlich ist es schon unfassbar, wie leichtfertig der rechte Teil dieses Hohen Hauses mit der Sicherheit der Menschen umgeht. Wenn einmal Wahlen ... (Abg. Mag. Molte­rer: Das ist alles sehr relativ, Herr Kaipel!) Von mir aus gesehen der rechte Teil dieses Hauses.

Wenn einmal Wahlen und dann wieder die Freunderln vor der Sicherheit der Menschen stehen, dann ist das schon bedenklich. Aber wie auch immer, Ihre Politik ist bekannt. Tatsache ist, dass es ein Erfolg der SPÖ ist, dass es nun auch Seilbahnsicherheit in Österreich gibt.

Es sind auch noch weitere Erfolge mit Hilfe der Opposition und vor allem mit Hilfe der Verkehrsexperten der Gewerkschaften möglich gewesen, auf die schon hingewiesen worden ist. In Summe ist es jetzt doch ein gutes Gesetz, dem wir zustimmen können. Ein gutes Gesetz ist es auch deshalb, weil ausnahmsweise auch einmal die Opposition und die Sozialpartner in die Verhandlungen eingebunden waren. Wenn Sie auch in Zu­kunft gute Gesetze zustande bringen wollen, dann werden Sie an der Opposition nicht vorbeikommen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 



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20.27.29

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Trotz allem möchte ich doch hier festhalten: Der heutige Tag ist – das zeigen die heute von uns zum Großteil sogar ge­meinsam beschlossenen Gesetze – ein guter Tag für die Verkehrssicherheit, und das freut mich. Wir haben, wie ich meine, eine sehr konstruktive Debatte zu den einzelnen Themen geführt, ohne dass wir es uns dabei leicht gemacht haben.

Leicht gemacht haben wir es uns auch nicht in der Frage „Licht am Tag“, weil wir alle gesehen haben, dass die Experten bis dato in dieser Frage zu keiner klaren Entschei­dung gekommen sind, dass es nach wie vor Vorbehalte gibt, dass Fußgänger und einspurige Fahrzeuge dadurch möglicherweise sogar benachteiligt werden könnten. Aber es gibt auch Vorteile, die zweifellos unbestritten sind, etwa jene, dass im Winter­halbjahr sicherlich ein Verkehrssicherheitsgewinn eintritt und auch außerhalb der Ort­schaft. Deshalb haben wir uns gemeinsam – auch ich, der ich lange Jahre skeptisch gegenüber dieser Einführung war; das habe ich nie verhehlt – im Zweifelsfall für die Verkehrssicherheit entschieden, also für die Einführung von „Licht am Tag“. Ich glaube, das war eine richtige Entscheidung.

Es war auch eine richtige Entscheidung, dass wir nun nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern, wie wir das auch im Ausschuss vereinbart haben, in einer zwei­jährigen Evaluierungsphase darauf achten, welche Ergebnisse das wirklich bringt. Wir werden schauen: Bringt es mehr Vorteile als Nachteile? Und dann wird nochmals dar­über eine Entscheidung getroffen.

Der Herr Vizekanzler wird sich, hat er klar erklärt, während Österreichs EU-Präsident­schaft auch sehr dafür einsetzen, dass es zur Einführung des „Daytime Running Lights“ während unserer EU-Präsidentschaft kommt. Er wird in seinem Schwerpunkt „Verkehrssicherheit“ das auch zu einem Thema der österreichischen EU-Präsident­schaft machen und wird versuchen, das entsprechend durchzusetzen. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass das sicher ein großer Fortschritt wäre und dass wir diese Bemühungen alle unterstützen sollen.

Wir werden letztlich auch eine Bewusstseinskampagne durchführen, nämlich, dass rechtzeitig, regelmäßig und ständig wirklich mit „Licht am Tag“ gefahren wird, dass wir aber darauf verzichten, schon in der Einführungsphase zu strafen. Das heißt, es wird einige Monate Straffreiheit geben, um die Leute daran zu gewöhnen. Ich glaube, dass das sinnvoll und richtig ist.

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass die Einführung des „Lichtes am Tag“ auch zu einem erheblichen Sicherheitsgewinn beitragen wird.

Genauso wichtig ist, glaube ich, die Einrichtung einer Unfalluntersuchungsstelle, die wir heute beschließen, weil wir damit auch die EU-rechtlich geforderte Voraussetzung da­für schaffen, dass wir in allen Bereichen, also bei den Seilbahnen, bei der Schifffahrt und auch bei der Schiene, jene unabhängige Untersuchungsstelle einführen, die tat­sächlich notwendig ist.

Meine Damen und Herren! Im Schienenverkehr war es bis heute üblich und auch so gesetzlich vorgesehen, dass die Eisenbahn selber ihre Verkehrsunfälle sozusagen untersucht und analysiert und aus den Ergebnissen die notwendigen Konsequenzen zieht. Das erklärt sich aus der langjährigen Monopolsituation im Schienenverkehr. Jetzt, wo es Liberalisierung, wo es Harmonisierung, wo es auch Wettbewerb im Schie­nenverkehr geben soll, ist es, glaube ich, höchst an der Zeit, auch in diesem Bereich eine unabhängige Untersuchungsstelle einzurichten.


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Das werden wir tun. Sie wird unabhängig sein. Sie wird weisungsgebunden sein. Sie wird von unseren besten Experten besetzt werden. Ich bin überzeugt, dass dann auch in diesem Bereich Objektivität herrschen wird und wir damit auch einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn erzielen werden.

In diesem Sinne glaube ich wirklich sagen zu können, dass wir heute ein gutes Ver­kehrssicherheitspaket beschließen, das uns dem Ziel näher bringen wird, bis zum Jahre 2010 die Zahl der Unfälle, vor allem die Zahl der tödlichen Unfälle im österreichi­schen Verkehr zu halbieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.32.29

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das Unfalluntersu­chungsgesetz ist ein weiterer Meilenstein im Rahmen des Verkehrssicherheitspro­gramms des Verkehrsministers Gorbach. Ich begrüße es, dass zwar mit langen Verhandlungen, aber dennoch mit Übereinstimmung aller Parteien der Beschluss im Ausschuss erfolgt ist, dass eine Unfalluntersuchungsstelle eingerichtet wird, eine Orga­nisationseinheit im BMVIT, die sich in erster Linie mit Unfallforschung und mit Unfall­prävention beschäftigen wird. Bei den Untersuchungen von Unfällen soll nicht so vor­gegangen werden, dass man nach Schuldigkeiten sucht, das machen andere Stellen, sondern es sollen Hintergründe erforscht werden, Verbesserungen aufgezeigt werden und im Endeffekt Empfehlungen für Sicherheitsmaßnahmen gegeben werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist sicher ein weiterer Schritt zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Österreich. Wir müssen sicher noch mehr Maßnahmen zur Ver­kehrssicherheit setzen, aber sie müssen auch sinnvoll sein. Den Vorschlag, einen rechtsverbindlichen Grenzwert für die Griffigkeit von Fahrbahnen zu erstellen, diese Verkehrssicherheitsmaßnahme lehnen wir ab. Das tun wir, Herr Kollege Eder, nicht deshalb, weil wir die Thematik nicht für wichtig halten, sondern deswegen, weil das BMVIT bereits sehr sorgfältig mit dieser Thematik umgeht. Tatsache ist nämlich, dass bei bestehenden Fahrbahndecken laufend Messungen durchgeführt werden, dass es da Grenzwerte gibt, die im internationalen Gleichklang stehen und jeweils nach dem Stand der Technik neu festgesetzt werden. Bei den neuen Fahrbahnen gibt es einen verbindlichen Grenzwert, einen Mindestgrenzwert für die Griffigkeit, insbesondere bei der Abnahme und bei der Gewährleistung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Maßnahmen für die Verkehrssicherheit müssen auch in Zukunft oberste Priorität haben, und die schwarz-orange Regierung unter Vize­kanzler Gorbach als Verkehrsminister ist eine Garantie dafür, dass der konsequente Weg der Politik für Verkehrssicherheit fortgesetzt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Darüber können wir streiten!)

20.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Wunsch­redezeit: bis zu 2 Minuten. – Bitte.

 


20.35.13

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Bundesminister! Mit dem vorliegenden Unfalluntersuchungs­gesetz wird dem Bedürfnis von Schutz und Sicherheit aller Bürger in allen Lebens­lagen, ob Beruf oder Freizeit, Rechnung getragen.


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Das tagtäglich Leben zeigt uns ganz einfach, dass es zu Unfällen kommt, und diese Unfälle müssen natürlich auch genau analysiert werden. Ich darf an das Bahn-Unglück im Pinzgau erinnern. In der Vergangenheit sind leider mehrere Seilbahnunglücke pas­siert. Es geht darum, dass wir alle Maßnahmen ergreifen müssen, um für den Schutz der Bürger mit Präventivmaßnahmen zu sorgen.

Die Einrichtung einer Unfalluntersuchungsstelle im BMVIT wird dazu beitragen, dass man die Zuständigkeiten klar regelt, dass man die Ursachenforschung optimiert und dass die daraus fälligen Schlüsse gezogen und die Empfehlungen auch umgesetzt werden.

Es geht eben darum, dass Sicherheitsempfehlungen als Maßnahmen zur Verbesse­rung der Verkehrssicherheit erarbeitet werden. Es geht darum, dass man Sicherheits­programme für alle Verkehrsträger erstellt, dass diese evaluiert und ständig weiterent­wickelt werden.

Es wird mit dem vorliegenden Unfalluntersuchungsgesetz einer EU-Richtlinie umge­setzt, mittels welcher die unabhängige Unfalluntersuchung im Bereich der Schienen, wie der Herr Staatssekretär schon gesagt hat, durchgeführt werden kann. Wir werden damit einen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit leisten, indem wir auch Prä­ventivmaßnahmen setzen. Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel.

Abschließend möchte ich mich bedanken und sagen: Es war ein sehr langer Verkehrs­ausschuss, aber die umsichtige Vorsitzführung des Herrn Abgeordneten Eder hat dazu beigetragen, dass wir heute ein vernünftiges und zukunftsweisendes Programm be­schließen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Rädler spricht jetzt 2 Minuten zu uns.

 


20.37.07

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Zu den vorherigen Aussagen des Herrn Abgeordneten Kaipel und zu dem Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Kräuter, der meinte, dass diese Bundesregierung keine Garantie für Sicherheit im Verkehrswesen sei, darf ich eines bemerken: Auch wenn es im Entschließungsantrag der SPÖ zur Kri­senvorsorge, der heute hier eingebracht wurde, heißt, von der ÖVP-BZÖ-Bundesre­gierung werde die Sicherheitsforschung nach wie vor sträflich vernachlässigt und würden konkrete Projekte nicht zügig vorangetrieben, zeigt nunmehr die gemeinsame Beschlussfassung, wie rasch sich das als unzutreffend erweist.

Ich darf an dieser Stelle das Lob des Abgeordneten Kollegen Gahr an den Vorsitzen­den des Verkehrsausschusses, Herrn Abgeordneten Eder, weitergeben, dass er dazu beigetragen hat, dass wir heute dieses Unfalluntersuchungsgesetz gemeinsam be­schließen können.

Die Diskussion im Verkehrsausschuss war von großem Konsens getragen. Es gab mehrere Sitzungsunterbrechungen, und wir trachteten danach, hier zu einer Lösung zu kommen, die dem guten Ruf Österreichs als Tourismusland gerecht wird. Mehr als 70 000 Betriebe und 150 000 Beschäftigte sind sehr eng damit verbunden, welche Si­cherheitsstandards wir in Österreich für jene Leute, die zu uns kommen, um Erholung zu finden, schaffen. Darauf bin ich stolz, und ich begrüße diese einstimmige Vorgangs­weise.

Auch die Länder haben ihre Zustimmung gegeben, obwohl das für uns in Niederöster­reich mit Schwierigkeiten verbunden war. Der Konsens aller Parteien hat letztlich dazu


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beigetragen, dass wir mit dieser Einrichtung einen erhöhten Sicherheitsstandard auch in diesem Bereich aufweisen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Böhm. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.39.12

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ein schweres Hubschrauber­unglück hat im September im Gletscherschigebiet von Sölden neun Menschen, davon sechs Kindern, das Leben gekostet.

Mit Betroffenheit reagierte sogar Papst Benedikt der XVI. auf das Unglück im Tiroler Ötztal. In einem Schreiben an die Hinterbliebenen des Seilbahnunglücks versicherte das Oberhaupt der katholischen Kirche den Angehörigen seine Anteilnahme. – Auch unsere Anteilnahme ist ihnen sicher. Ihnen gelten unsere Gebete.

Die Suche nach den Schuldigen des größten Gondelunglücks in Österreich gestaltet sich schwierig. Meiner Ansicht nach war die Katastrophe am Rettenbach ferner eine Verkettung unglücklicher Umstände. Weder technisches Gebrechen noch mensch­liches Versagen sind auszuschließen.

Die Untersuchung wurde von einer Gerichtskommission durchgeführt. Die Austro Con­trol, Sachverständige und Staatsanwaltschaft untersuchten den Unfall genau. Um Inter­essenkonflikte, um auch eine Verwicklung in die Ursuchen des untersuchten Vorfalles zu vermeiden, finde ich es richtig, eine Unfalluntersuchungsstelle des Bundes auf der Basis der gemeinschaftsrechtlichen Anforderung als unabhängige Stelle einzurichten.

Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Sichergestellt wird, dass Unfälle und Störungen von der eigens dafür vorgesehenen Stelle gründlich untersucht werden, mit dem Ziel, Wiederholungen zu verhindern, wo­bei der Unfallforschung und der Unfallprävention größte Bedeutung zukommt. Für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit ist von entscheidender Bedeutung, dass ein internationaler Informations- und Datenaustausch auf Basis gemeinsam anerkannter Richtlinien erfolgt, wozu eine zentrale Ansprechstelle in den einzelnen EU-Mitglied­staaten erforderlich ist.

Ich bedanke mich bei den Staatssekretären für diese Möglichkeit und bitte um eine ein­heitliche Abstimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird und das Luftfahrt­gesetz, das Eisenbahngesetz, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1108 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.


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Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung ein­stimmig, daher mit der notwendigen Verfassungsmehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1109 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 1110 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mehrheitlich erteilt.

20.43.0122. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 634/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übereinkommen der UNESCO zum Schutz der kulturellen Vielfalt (1076 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun gelangen wir zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Wunschredezeit: 3 Minu­ten. – Frau Kollegin, bitte.

 


20.43.28

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass der Kulturausschuss des österreichi­schen Nationalrates über die UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt, die bei der 33. Generalkonferenz Anfang Oktober – Staatssekretär Franz Morak wird Österreich dabei vertreten – in Paris beschlossen werden soll, einer Meinung ist.

Die Zustimmung einer überwältigenden Mehrheit von 191 Mitgliedstaaten zeichnet sich bereits ab, nur Amerika hat eine eigene Vorlage angekündigt, denn die USA sehen Kultur als Dienstleistung wie andere auch an, also sei die Kompetenz bei der WTO an­zusiedeln – eine Einstellung, die wir dezidiert nicht teilen. Was Österreich vielmehr zusammen mit den europäischen Verbündeten erreichen will, ist eine Anerkennung der in den Menschenrechtserklärung enthaltenen Bestimmungen zur kulturellen Selbstbe­stimmung, ist persönliche Wahlfreiheit von künstlerisch-kulturellen Ausdrucksformen und das Recht auf Zugang und Teilhabe an der Kultur für alle.

Meine Damen und Herren! Wir haben es schon bei den umfangreichen Diskussionen um die Buchpreisbindung thematisiert: Kulturgüter haben ebenso wie kulturelle Dienst­leistungen einen Doppelcharakter. Sie sind einerseits Handelsware und anderseits Kulturgut, sie sind Träger von Identität und Ausdruck von Werten und Orientierungen. Deshalb ist es sehr wichtig, das Recht aller Staaten auf eigenständige Kulturpolitik EU-weit zu verankern und innerstaatliche Förderung sowie den Schutz kultureller Diversität gesetzlich festzuschreiben.


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Eine Voraussetzung dafür ist selbstverständlich die Sicherung tragfähiger regionaler und lokaler Märkte. Ich darf hier kurz erwähnen, dass Landeshauptmann Waltraud Klasnic uns das in der Steiermark schon seit Jahrzehnten bewiesen hat und als über­zeugte Europäerin auch uns Steirern sagt, dass das Miteinander mit den unmittelbaren Nachbarn sehr, sehr wichtig ist und Europa so für den Bürger direkt erfahrbar wird.

Meine Damen und Herren, es gibt noch weitere Punkte in der Konvention, aus Zeit­gründen werde ich es aber den Nachrednern überlassen, diese Punkte vorzubringen; wir sind ja hier Gott sei Dank einstimmig „unterwegs“.

Die Zweidrittelmehrheit bei der Generalkonferenz scheint, wie gesagt, sicher zu sein, und wir können das als wichtigen Erfolg eines gemeinsamen Vorgehens auf europäi­scher Ebene werten.

Der umfassende und ausgewogene Kulturaustausch zwischen allen Ländern der Welt ist freilich noch Zukunftsmusik, aber Österreich spielt in diesem Konzert eine immer wichtigere Rolle. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.46.20

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Im Mai dieses Jahres haben wir von der SPÖ einen Entschlie­ßungsantrag zum Schutz der kulturellen Vielfalt eingebracht, über den wir eben heute debattieren. Ich freue mich sehr, dass vergangene Woche im Kulturausschuss alle Fraktionen diesem Antrag zugestimmt haben.

Es geht also um das Übereinkommen der UNESCO zum Schutz der kulturellen Vielfalt, welches derzeit in Verhandlungen ist. Das Thema der kulturellen Vielfalt zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit der UNESCO. Artikel I der UNESCO-Verfassung von 1945 enthält die Erhaltung und die Förderung der kulturellen Vielfalt als Zweck und Aufgabe der UNESCO. Die Globalisierungsdebatte, der Liberalisierungsdruck und der Abschluss des GATT-Abkommens von 1994 haben die Anstrengungen der UNESCO verstärkt, Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der kulturellen Vielfalt auf glo­baler Ebene zu ergreifen. 2001 wurde eine allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt verabschiedet, 2003 beschloss die UNESCO die Erarbeitung einer Konvention, welche nun im Oktober dieses Jahres verabschiedet werden soll.

Kernfragen der Konvention sind die Fragen, in welchem Maße und durch welche In­strumente Kunst und Kultur vor Liberalisierungsvereinbarungen im Rahmen der WTO-Verhandlungen geschützt werden können und in welchem Maße Kunst und Kultur durch eine eigenständige Kulturpolitik der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene gefördert werden sollen und müssen.

Durch diese Konvention soll eine völkerrechtlich verbindliche Grundlage geschaffen werden, die den Mitgliedstaaten eine unabhängige Kulturpolitik ermöglicht, ohne mit internationalen Handelsabkommen in Konflikt zu geraten, denn, meine Damen und Herren, kulturelle Güter und kulturelle Dienstleistungen dürfen nicht einfach nur nach Marktkriterien bewertet werden, sondern ihre Besonderheit muss anerkannt und sicher­gestellt werden! Das ist, wie schon gesagt, angesichts der Globalisierung und ange­sichts des verstärkten Liberalisierungsdrucks besonders wichtig.

In Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung zur kulturellen Vielfalt“ der UNESCO vom No­vember 2001 wird kulturelle Vielfalt bezeichnet als „Quelle des Austauschs, der Erneu­erung und der Kreativität“. Und es ist, so heißt es darin weiter, „kulturelle Vielfalt für die Menschheit ebenso wichtig wie die biologische Vielfalt für die Natur. Aus dieser Sicht


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stellt sie das gemeinsame Erbe der Menschheit dar und sollte zum Nutzen gegenwär­tiger und künftiger Generationen anerkannt und bekräftigt werden.“ – Das, meine Da­men und Herren, sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, wenn es um diese Debatte geht! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Es muss also zulässig sein, dass Staaten die eigene Kulturpolitik definieren und durch geeignete Regelungen und Fördermaßnahmen umsetzen. Es muss zulässig sein, dass Rahmenbedingungen für die künstlerische Arbeit geschaffen werden, und es muss zulässig sein, dass beispielsweise eine nationale Förderung von einheimischen Musik- oder Filmproduktionen weiterhin möglich ist. Es geht also um die Sicherstellung ausrei­chender kulturpolitischer Gestaltungsspielräume der einzelnen Mitgliedstaaten für öf­fentliche beziehungsweise mit öffentlichen Mitteln geförderte kulturelle Einrichtungen.

Da es seitens der Bundesregierung kaum Initiativen gab, all diese Fragen öffentlich zu diskutieren, und auch der Nationalrat und wir im Parlament nicht wirklich informiert wur­den, haben wir diesen Antrag eingebracht, um ein Zeichen auch von Seiten des Parla­ments zu setzen. Wir haben Forderungen formuliert, um die kulturpolitischen Gestal­tungsspielräume auf nationaler und regionaler Ebene weiterhin zu erhalten. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, sich aktiv an der Erarbeitung dieses UNESCO-Abkommens zu beteiligen und dafür zu sorgen, dass es zu einem zeitgerechten Ab­schluss kommt.

Wir würden uns wünschen, dass sich die Bundesregierung verstärkt im Rahmen der EU und auch auf bilateraler Ebene einsetzt und politische Überzeugungsarbeit leistet, und zwar dort, wo es noch notwendig ist, damit es zu einer raschen Ratifikation kommt. Und wir erwarten den verstärkten Einsatz der Bundesregierung auch bei künftigen WTO- und GATS-Verhandlungen, denn nur so, meine Damen und Herren, kann die Vielfalt unserer Kulturlandschaft weiterhin bestehen bleiben.

Ich freue mich, dass vom Parlament ein so starkes und eindeutiges Signal kommt, wenn wir heute diesen Entschließungsantrag beschließen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Par­tik-Pablé zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.51.49

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde meine Wunschredezeit nicht ausnützen, das verspreche ich Ihnen jetzt schon, weil wir alle heute schon ein bisschen ermüdet sind. Ich möchte nur ein paar Worte zu diesem Übereinkommen sagen.

Derjenige, der sich vielleicht nur oberflächlich mit dem Anliegen der UNESCO beschäf­tigt, wird natürlich sagen: Kulturelle Vielfalt, no na, warum nicht? Ist die überhaupt ge­fährdet, besteht überhaupt die Gefahr, dass es keine kulturelle Individualität der einzel­nen Mitgliedsländer mehr gibt? – Tatsächlich besteht sehr wohl die Gefahr, dass diese kulturelle Vielfalt gefährdet ist.

Wenn man sich die Broschüre anschaut, die die UNESCO in Zusammenarbeit mit dem Bundeskanzleramt herausgegeben hat (die Rednerin hält die Broschüre „Culture for sale?“ in die Höhe), dann liest man darin einiges, was wirklich Besorgnis erregend ist, beispielsweise: Neuseeland hat sämtliche audiovisuellen Dienstleistungen in das GATS eingebracht und daher überhaupt keine Möglichkeiten mehr, den Zugang ein­zuschränken, sondern alle WTO-Mitglieder haben nun einen uneingeschränkten Markt­zugang, was diese Dienstleistungen betrifft. Dies führt beispielsweise dazu, dass es in


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Neuseeland überhaupt keine neuseeländischen Sendungen mehr gibt, sondern nur noch internationale. Die nationale Kultur ist also enorm gefährdet!

Die USA sind diejenigen, die die kulturellen Leistungen als reine Dienstleistungen be­trachten, ohne den immateriellen Wert zu bedenken. Sie überschwemmen mit ihrer Kultur, mit ihrem wirtschaftlichen Denken sämtliche Märkte, beispielsweise Kanada. Allerdings hat Kanada Quoten eingeführt, um sich so dem Einfluss einigermaßen zu entziehen.

Wir haben daher in Österreich diese Initiative der UNESCO sehr begrüßt und hoffen, dass alle Mitglieder beitreten werden. Die USA sind ja aus der UNESCO ausgetreten, jetzt aber wieder eingetreten, haben jedoch gewaltige Vorbehalte gegen diese Konven­tion. Wir sind dafür, weil diese Konvention einen Ausgleich im Spannungsfeld zwischen Protektionismus und Liberalisierungstendenzen, die mit der zunehmenden Globalisie­rung überhand nehmen, schafft. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


20.54.44

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): So viel werde ich nicht brau­chen. – Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Es ist dies tatsächlich ein Instrument der Hoffnung: die UNESCO schützt die Kultur vor den GATS-Bestimmungen. Lange Zeit hat ja die UNO eher unverbindliche Erklärungen von sich gegeben, etwa eine univer­selle Erklärung zum Schutz der kulturellen Vielfalt. – Das war aber eher ein Schnarch­titel, ein „Wort zum Sonntag“, und dementsprechend sind selbst die Amerikaner und die globale Kulturindustrie mit diesem Wort „kulturelle Vielfalt“ gesegelt, es hat also überhaupt nichts genützt!

Seit jedoch die GATS-Bestimmungen gedroht haben, haben sich sehr viele internatio­nale Kulturinstitutionen zusammengetan und gemeinsam die UNESCO dazu bewogen, dagegen etwas zu tun. Es kann einfach nicht sein, dass kulturelle Güter und Dienstleis­tungen wie jede Suppendose und der Handel mit Suppendosen behandelt werden! Das würde nämlich bedeuten, dass zwar die staatliche Unterstützung für die Kultur weg­fallen würde, weil angeblich die Privaten nicht dieser staatlichen Unterstützung anheim fallen und daher in der Unterstützung und in der Konkurrenz benachteiligt wären, aber insgesamt wäre es dann doch wieder so, dass die Mächtigen im globalen Wettstreit noch mächtiger geworden wären. – Diese UNESCO-Konvention wird nun als im Ver­hältnis zum GATS-Abkommen gleichberechtigtes Instrument dem einen Riegel vor­schieben.

Aber die Konvention unterstützt eben nicht nur nationale Interessen – sonst hätten wir in Zukunft statt weniger globaler Kulturen 191 nationale Kulturen –, sondern eigentlich die Vielfalt insgesamt, was bedeutet, dass sie auch alle möglichen Eigenheiten unter­stützt, die nicht unbedingt mit Handel in der Kultur in Verbindung zu bringen sind. Die Staaten sind dementsprechend aufgefordert, mit dieser Konvention mitzuziehen, nicht nur, indem sie ratifizieren, sondern auch, indem sie in den eigenen Ländern die kultu­relle Vielfalt stärker unterstützen als bisher.

In diesem Sinne richte ich einen Appell an Sie, Frau Ministerin, und an den Staatssek­retär, dem mehr Folge zu leisten! Das würde nämlich bedeuten, dass man mehr Min­derheitenkulturen, mehr Jugendkulturen hat, also diese 1 000 Blumen blühen lässt, die kulturelle Vielfalt ausmachen. Und es ist zum Beispiel überhaupt nicht einzusehen,


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dass die freien Radios nicht staatlich unterstützt werden! Das wäre ein Beitrag zu einer kulturellen Vielfalt, wie wir uns das alle wünschen würden.

Dass die Kultur nur ein Bereich ist, aus dem sich der Staat nicht zurückziehen darf, um den kommerziellen Interessen von Angebot und Nachfrage überantwortet zu werden, ist auch klar. Gesundheit, Bildung, Sozialleistungen müssen auch auf internationaler Ebene folgen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


20.58.07

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die UNESCO hat sich hinsichtlich des Schutzes des Weltkul­turerbes bereits seit vielen Jahren einen sehr guten Ruf erworben. Auch in Österreich sind bereits acht Bereiche – Landschaften, Gebäude, Städte – unter diesen Schutz ge­stellt worden. Dazu gehören die Wiener Innenstadt, die Grazer Altstadt, die Salzburger Altstadt, der Semmering, dazu gehören der Neusiedler See, die Wachau, die Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut-Region sowie Schloss und Park von Schönbrunn.

In weiterführender Diskussion hat die UNESCO nun zum Ziel gesetzt, die kulturelle Vielfalt unter Schutz zu stellen, vor allem auch das immaterielle Kulturerbe. Unter die­sem immateriellen Kulturerbe versteht man die Sprache, die Sprachausprägungen, die Lieder, die Musik eines Landes, die kulturelle Vielfalt eines Landes.

Ich habe bereits anlässlich der 32. Generalkonferenz der UNESCO in Paris im Jahr 2003 die Ausarbeitung dieser Konvention und die Unterschutzstellung der kultu­rellen Vielfalt von österreichischer Seite her unterstützt. Wir haben sehr, sehr intensiv an der Ausarbeitung dieser UNESCO-Konvention mitgearbeitet. Wir haben in Öster­reich bereits eine Stelle bei der UNESCO-Kommission eingerichtet, die sich mit dem kulturellen Erbe im Bereich des Immateriellen beschäftigt. Und wir haben schon eine eigene Arbeitsgruppe dafür, die unsere Lieder, unsere Sprache, die vielfältigen Aus­drucksweisen der österreichischen Kultur im besonderen Maße unter Schutz stellen will.

Die Konvention, deren Unterstützung wir heute beschließen, hat folgende drei wichtige Ziele:

Jeder Staat hat das souveräne Recht auf die Definition seiner eigenen Kulturpolitik und kann geeignete Regelungen und Fördermaßnahmen festlegen und umsetzen.

Damit verbunden ist die Aufwertung der Kulturpolitik. Kunst und Kultur sind keine Handelsware und werden nicht den Spielregeln der Handelspolitik untergeordnet. Dazu kommt auch die Stärkung der internationalen Kooperation und Solidarität.

Meine Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung sieht diese UNESCO-Erklärung als großen Erfolg des gemeinsamen Vorgehens auf europäischer Ebene an. Auch unsere Bemühungen haben sich niedergeschlagen in dieser Konvention, deren Unterstützung heute von Ihnen beschlossen wird.

Der Konventionsentwurf unterstützt die von Österreich und der Europäischen Union vertretene Position, und dieser vorliegende Entschließungsantrag wird eine weitere Unterstützung für diesen wichtigen Schutz des kulturellen Erbes, der kulturellen Vielfalt und des immateriellen Kulturerbes darstellen. Ich danke allen, die diese Konvention unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

21.01



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Rädler. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.01.15

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Die Institutionen, die wunderschönen Denkmäler, die Landschaften Öster­reichs, die zum Weltkulturerbe erklärt wurden, wurden bereits erwähnt. Ich als Nieder­österreicher bin stolz darauf, dass auch der Semmering und die Wachau dazu zählen, daher kann ich zu dieser vorliegenden Konvention nur ja sagen.

Wenn 130 Nationen entschlossen sind, mit dieser Konvention einen Beitrag zu leisten, dass die Vielfalt der kulturellen Aktivitäten auf Dauer gesichert ist und die Unabhängig­keit von staatlicher Förderung zwar notwendig ist, aber letztendlich auch dazu beiträgt, dass wir unsere Länder, unsere Regionen in kulturpolitischen Belangen selbst unter­stützen können, dann spricht das für die Konvention.

Ich möchte vielleicht noch festhalten, dass gerade wir in Niederösterreich mit unseren vielen Institutionen, angefangen von der Dorferneuerung bis hin zu jenen gesellschaft­lichen Ereignissen, die im Kulturbereich stattfinden, sehr viel dazu beigetragen haben und auch darauf angewiesen sind, dass wir Kulturpolitik nach Regionen, nach Interes­sen der Länder ausrichten können.

Ich darf abschließend sagen, dass ich sehr stolz bin auf die Vielfalt der Kultur. Im Zu­sammenhang mit der Diskussion um die Bundeshymne darf ich vielleicht anmerken, dass ich sehr stolz bin, dass ich diese Rede sowohl in meiner Mutter- als auch in mei­ner Vatersprache halten durfte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Hlavac. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.02.59

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist sehr erfreulich, dass wir hier alle der Auffassung sind, dass das UNESCO-Übereinkommen beschlossen wer­den soll, dass wir dafür eintreten, dass es zu einem positiven Abschluss kommt, dass das Übereinkommen vor allem auch in der Form abgeschlossen werden soll, wie es jetzt vorliegt. Das heißt: ohne Verwässerungen, damit es wirklich einen Schutz der kulturellen Vielfalt darstellen wird, damit es wirklich ein Förderungsinstrument in einer Zeit darstellen wird, in der es eine extreme Liberalisierung gibt, in der von einzelnen Staaten versucht wird, auch die Kulturgüter dem Marktmechanismus und den GATS-Verhandlungen zu unterwerfen.

Daher bin ich sehr froh darüber, dass wir uns hier einig sind. Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Europäische Union eine positive Rolle spielt, dass die Europäische Union es geschafft hat, sich auf einen Standpunkt zu einigen, und damit dem Druck entgegenwirkt, dem manche Staaten ausgesetzt sind, da ja bekanntlich die USA nicht bereit sind, dieses Übereinkommen mit zu beschließen.

Ich denke, dass es für ein kleines Land sehr wichtig ist, dass die kulturelle Vielfalt ge­fördert werden kann, dass nicht nur die nationale Kultur, sondern eben auch die regionale Kultur, dass die Vielfalt gefördert wird, dass auch kleine Sprachen gefördert werden; wir haben am 26. September den Tag der Sprachen gefeiert. Es ist wichtig, dass nicht nur die amerikanische Kulturindustrie mit ihrer großen Übermacht und auch mit ihrer sprachlichen Übermacht die kulturelle Entwicklung bestimmen kann, sondern dass eben gezielt die einzelnen nationalen und regionalen kulturellen Errungenschaf­ten und Leistungen gefördert werden können.


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Daher freut es mich, dass wir gemeinsam diese Entschließung fassen. Ich hoffe, dass die Verhandlungen tatsächlich sehr bald positiv abgeschlossen werden und dieses Übereinkommen auf Grund einer raschen Ratifikation auch bald in Kraft treten wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Turkovic-Wendl. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.06.27

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße den Antrag betreffend die Konven­tion der UNESCO zum Schutz der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen ganz beson­ders – als Österreicherin und Europäerin, die dieses kulturelle Angebot durch viele Veranstaltungen fest in ihrem Leben zu spüren bekommt und die diese europäische und österreichische Identität gerne präsentiert sieht.

Vor Jahrzehnten war ich ein Teil davon. Die Wiener Eisrevue hat mit ihren Produk­tionen in Europa, aber auch in den USA und in Nordafrika österreichische Eisoperette und österreichische Musik bekannt gemacht. Wir waren eine sehr erfolgreiche Heraus­forderung zur US-Show „Holiday on Ice“. Später habe ich im ORF Kultur- und Unterhal­tungsprogramme moderiert, die sowohl bekannte als auch weniger bekannte Künstler und deren Arbeiten in den Mittelpunkt gestellt haben. Wir alle waren sehr erstaunt über das Angebot dieser musikalischen, darstellerischen und folkloristischen Kunst, die aus den Balkanländern, der Slowakei, aus Ungarn, Polen und der Tschechischen Republik kam.

Daher ist es schön, zu sehen, dass diese Konvention der UNESCO wesentlich Wert darauf legt, dass sich dieses Potential auch weiterhin entfalten kann.

Der öffentlich-rechtliche ORF mit seinem Kulturauftrag bietet heute über den Satelliten­sender ASTRA das Programm ORF 2 Europe als eine Plattform dieser Form an. Er zeigt Programme, die die österreichische Identität vermitteln, über die Sender 3sat, arte und BR-alpha. Wissenschafts- und Kulturprogramme werden mit BBC koprodu­ziert. NHK, der japanische Sender, war einer der Koproduzenten der viel beachteten „La Traviata“-Liveübertragung, wo nicht nur Netrebko und Villaźon, sondern auch die Festspielstadt Salzburg im Mittelpunkt standen.

Nicht so sehr medial beleuchtet, aber dafür seit eineinhalb Jahren in guter Koproduk­tion mit dem Privatsender „Radio DVA-AGORA“ wird täglich acht Stunden lang ein Radioprogramm in slowenischer Sprach in Kärnten ausgestrahlt.

Dass es keine kulturelle Monokultur in Österreich geben wird, dafür sorgt die regionale und lokale Kunstinitiative, die Staatssekretär Morak 2003 eingeleitet hat und die es zu einer 15 Prozent-Aufstockung des Budgets für diese interdisziplinäre Veranstaltung gebracht hat.

Diese Festivals werden von Jahr zu Jahr mehr und interessanter, und so soll es auch weitergehen.

Wir haben uns in guter Abstimmung mit den EU-Partnern, und das schon seit Jahren, für diese Konvention eingesetzt, und es ist sehr schön, dass sie nun hier im Parlament in Konsens mit einem Vier-Parteien-Beschluss bestätigt und bekräftigt wird. Ich be­danke mich auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen für diese ambitionierte Zusam­menarbeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.09



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.09.42

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Auch ich bin sehr froh darüber, dass wir heute hier den Entschließungsantrag betreffend das Übereinkommen der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der kulturellen Vielfalt einstimmig be­schließen werden. Ich bin auch sehr froh darüber, dass unsere Kultursprecherin Chris­tine Muttonen diesen Entschließungsantrag eingebracht hat, damit wir heute hier im Hohen Haus darüber sprechen können und auch müssen. – Danke, Christine. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Gerade auch im Hinblick auf das allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen, das so genannte GATS, im Rahmen der WTO gewinnt diese Unesco-Konvention an massiver Bedeutung; das wurde auch schon von meinen Vor­rednerInnen angesprochen. Die Folgen dieser GATS-Vereinbarung sind nämlich fatal: Das GATS versteht die kulturellen Dienstleistungen schlichtweg einfach nur als Han­delsgut, und es will sie komplett den Gesetzen des freien Marktes preisgeben. Das GATS macht keinen Unterschied zwischen kulturellen und sonstigen Dienstleistungen und lässt somit den ästhetischen und auch den identitätsstiftenden Charakter von Kul­tur völlig außer Acht.

Ich denke, diese zunehmende Liberalisierung, wie sie das GATS anstrebt, hätte, wie schon angesprochen, fatale Folgen für das kulturelle Leben in Österreich und auch für die kulturelle Vielfalt in Europa. Die kulturellen Standards werden gefährdet und auch die kulturelle Vielfalt könnte gefährdet werden. Ich denke, auch regionale und lokale Kulturförderungen könnten erschwert oder vielleicht sogar verunmöglicht werden, und das hätte wiederum Auswirkungen auf viele Kulturinitiativen, auf viele Vereine, auch auf Veranstaltungen und auch auf die Medien.

Deshalb begrüße ich es außerordentlich, dass sich die Unesco-Konvention sowohl für das Recht einsetzt, dass alle Staaten eine eigenständige Kulturpolitik durchführen dürfen, aber auch gleichzeitig dafür, dass sich die Staaten damit verpflichten müssen, die kulturelle Diversität innerstaatlich zu stützen und auch zu fördern. Da schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Zinggl vollinhaltlich an. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Punkt, damit auch kleine Kulturinitiativen in Österreich in Zukunft eine Förderung erhalten können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Abschließend möchte ich noch einen Wunsch anbringen: Ich würde mir sehr wün­schen, dass auch in anderen Bereichen, außerhalb der Kultur, nämlich bei der so ge­nannten Daseinsvorsorge, sei das Bildung, Unterricht oder auch die Wasserversor­gung, ein nationaler Schulterschluss gelingen könnte, damit wir gemeinsam gegen die GATS-Verhandlungen und gegen die Bestrebungen der WTO ankämpfen können und diese Güter für unsere Menschen in ihrer hohen Qualität auch in Zukunft anbieten kön­nen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.12.38

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Vielleicht zu Beginn auch eine andere Meinung: Ich glaube, die Kultur unter­liegt zwei Kräften, nämlich auf der einen Seite der Globalisierung und auf der anderen Seite den Massenmedien. Ich denke, dass wir diesem Einfluss der Globalisierung und


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der Massenmedien schon auch Positives abgewinnen können, denn es bietet sich im Endeffekt die Möglichkeit, dass wir Kultur an einen viel größeren Adressatenkreis ver­breiten können.

Ganz klar ist – und das haben meine Vorredner eindeutig auf den Punkt gebracht –: Die Gefahr der Kulturindustrie von so genannten mächtigen Ländern darf man natürlich nicht außer Acht lassen! Ziel, längerfristiges Ziel muss es natürlich sein, dass es zu einer gleichberechtigten Entwicklung zwischen Kultur und Kommerz kommt, denn im Endeffekt – Andrea Wolfmayr hat das richtig gesagt – ist kulturelle Leistung ein Gut wie jedes andere, das aber natürlich bestimmte Werte transportiert, und jede Gesellschaft ist verpflichtet, diese Werte für sich zu erhalten.

In diesem Sinne, meine ich, ist der Konsens, den wir hier haben, ein Zeichen dafür, dass wir der Kultur einen entsprechend hohen Stellenwert zukommen lassen, dass jede Nation das Recht auf seine eigene Kulturpolitik hat. Ebenso denke ich, durch die­sen Entwurf werden auch neue Möglichkeiten für eine nationale und regionale Kultur­politik eröffnet. (Beifall bei der ÖVP.)

21.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Kuntzl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.14.35

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Natürlich begrüße ich auch die Einig­keit, die heute hier im Hause hinsichtlich des Unesco-Übereinkommens zum Schutz der kulturellen Vielfalt besteht, zur Gänze soll man aber die Entstehungsgeschichte und Vorgeschichte aus Freude über das heutige harmonische Vorgehen nicht außer Acht lassen.

Es ist der konstruktiven Zähigkeit unserer Kultursprecherin Christa Muttonen zu ver­danken, dass dieser Antrag eingebracht worden ist. Es war auch nicht so, dass sofort große Freude darüber geherrscht und die Bereitschaft, darüber zu diskutieren, bestan­den haben. Es hat lange gedauert. Es ist nicht gleich eine Debatte im Kulturausschuss erfolgt. Aber was lange währt, wird heute endlich gut: Wir werden mit den Stimmen aller Fraktionen diesen Antrag beschließen. (Abg. Dr. Jarolim: Konnte herbeigezwun­gen werden, kann man sagen!) Danke für diesen wichtigen Hinweis, Kollege Jarolim. (Abg. Mag. Molterer: Das war der zweitdümmste Zwischenruf des Tages!)

Natürlich ist es wichtig, dass wir heute alle dazu stehen, dass verbindliche Grundlagen geschaffen werden, um weiterhin eigenständige Kulturpolitik zu machen, und dass damit auch Konsens darüber besteht, dass kulturelle Güter nicht einfach Marktmecha­nismen unterworfen sein dürfen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, aber ich glaube, es ist ein wichtiger Punkt in der Folge dieses Beschlusses, der auch in der De­batte nicht oft genug genannt werden kann, dass nicht nur das Recht darauf besteht, kulturelle Vielfalt zu schützen und zu erhalten, sondern wir auch eine Verpflichtung dazu haben. Das fehlt häufig als Ambition in der österreichischen aktuellen Kulturpoli­tik, das würden wir uns weit mehr als Bekenntnis und tatsächliche Leitlinie wünschen.

Abschließend auch noch von mir der Hinweis im Zusammenhang mit dem GATS-Ab­kommen, dass es wichtig ist, eine Übereinstimmung im Hinblick auf kulturelle Güter er­reicht zu haben, dass es aber auch zu anderen wichtigen Bereichen des Lebens einen Vier-Parteien-Konsens geben muss; so zum Beispiel – weil Frau Minister Gehrer jetzt auf der Regierungsbank sitzt – der Hinweis darauf, dass auch Bildung nicht einfach ein Gut wie jedes andere sein darf. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.17



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122. Sitzung / Seite 239

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Kainz. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.17.13

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Kuntzl! Ich glaube, der Zeitpunkt der Abstim­mung und der Beschlussfassung ist entscheidend, und da die Unesco-Weltkonferenz erst Anfang Oktober stattfindet, ist der Zeitpunkt heute genau richtig. Es hätte wenig Sinn, wenn wir das Übereinkommen vor drei Monaten oder vor einem halben Jahr beschlossen hätten, wichtig ist letztendlich, dass wir bei der Unesco-Konferenz, mit diesem Mandat ausgestattet, diesen Beschluss auch mittragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist Kulturland Nummer 1 in der Welt. Wir sind stolz auf unsere Kulturgüter, auf unsere Kulturschaffenden und auf unsere Kulturschwerpunkte. Kultur ist aber nicht nur für uns als Tourismus- und Frem­denverkehrs- und Kulturland wichtig, Kultur ist vor allem auch deshalb für uns wichtig, weil Kultur identitätsstiftend für die Bevölkerung ist.

Wir leben heute in einer Zeit, in der zum Glück die Grenzen fallen, in der wir näher zusammenrücken, in der wir aber in einem Europa der Regionen leben. Wir sind im Jahr 1994 auch dem GATS beigetreten, und deshalb ist es wichtig, dass die Regionen in Europa auch eigenständige Kulturpolitik betreiben. Ich begrüße diese Konvention, freue mich, dass wir einen Vier-Parteien-Konsens erreicht haben und freue mich, dass wir heute hier im Hohen Haus einstimmig zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

21.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Sonnberger. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.18.58

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Konventionsentwurf zum Schutz und zur Förde­rung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen soll anlässlich der 33. Unesco-General­konferenz im Oktober 2005 in Paris mit einer dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit von den Unesco-Mitgliedstaaten verabschiedet werden, und es zeichnet sich eine Mehrheit ab.

Die EU, im Übrigen sehr gut koordiniert, hat viele Ideen und Vorschläge eingebracht, so zum Beispiel das Prinzip des Medienpluralismus. Auch auf nationaler Ebene wurden auf breiter Basis österreichische Positionen erarbeitet. So werden ausdrücklich der Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie die Rolle der Zivilgesellschaft betont. Kulturelle Vielfalt und Entwicklungszusammenarbeit werden ebenfalls themati­siert.

Die Konvention ist weiters geeignet, der Kulturpolitik und öffentlichen Förderung von Kultur gegenüber drohenden wettbewerbsgesteuerten Einschränkungen eine neue Le­gitimität zu verleihen.

Kulturpolitik muss in den Händen der jeweiligen Regierungen bleiben, jedoch nicht mit dem Ziel der Abschottung und Ausschließung, sondern mit dem Ziel des kulturellen Austausches und der interkulturellen Zusammenarbeit. Damit soll gesichert werden, dass auch in Zukunft Kunst und Kultur keine Handelswaren sind.

Der aktuelle Konventionsentwurf widerspiegelt die von Österreich und der EU unter­stützten Positionen und entspricht auch den im vorliegenden Entschließungsantrag vertretenen Forderungen.


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Stenographisches Protokoll
122. Sitzung / Seite 240

Ich freue mich über die Zustimmung aller Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Freund. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.20.42

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich freue mich, dass alle Fraktionen hier im Par­lament beim Übereinkommen der UNESCO zum Schutz der Vielfalt kultureller Inhalte und künstlerischer Ausdrucksformen Einigkeit zeigen – wie alle wissen, kommt das ja in diesem Haus nicht so oft vor.

Kultur und Kulturgüter und deren Erhalt sind uns von den Regierungsparteien ein gro­ßes Anliegen. Besonders hervorheben möchte ich die Leistungen von Bundesminis­terin Elisabeth Gehrer, die sich bereits im Jahr 2003 für die Ausarbeitung einer solchen Konvention ausgesprochen und eingesetzt hat.

Österreich ist seit jeher sehr bemüht, Kultur in jeglicher Form zu fördern. Mit diesem Übereinkommen wird sichergestellt, dass die kulturpolitischen Gestaltungsspielräume gerade von öffentlichen und öffentlich geförderten Einrichtungen auch in Zukunft erhal­ten bleiben.

Einen wichtigen Faktor zum Schutz der kulturellen Vielfalt stellt meiner Ansicht nach die Medienvielfalt in Österreich dar. Im Vordergrund stehen dabei öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, deren Auftrag es ist, den Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu qualita­tiv hochwertigen Inhalten und Information zu bieten.

Überall in unserem Land kommt diese kulturelle Vielfalt zum Ausdruck, auch in den einzelnen Regionen – das ist das, was Österreich so interessant macht! Nicht nur die österreichischen Bürgerinnen und Bürger sind Nutznießer davon, sondern im Speziel­len auch die Tourismuswirtschaft, die ja in Österreich einen wesentlichen Stellenwert einnimmt, in der Gesamtwirtschaft und natürlich auch bei der Schaffung von Arbeits­plätzen.

Selbstverständlich profitiert der Tourismus von unserer schönen Landschaft, aber ge­rade auch unsere Kultur und Kulturgüter locken viele Touristen in unser Land. Die österreichische Geschichte, unsere beliebten Komponisten, Dichter, Künstler sowie die herausragenden Musiker und Orchester machen uns auf der ganzen Welt berühmt, beliebt und einzigartig.

Dieses Übereinkommen der UNESCO stellt sicher, dass wir diesen für Österreich so wichtigen Weg der Förderung der kulturellen Vielfalt auch in Zukunft weitergehen kön­nen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Fleckl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.23.07

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich freue mich sehr, dass der vorliegende Antrag von Kollegin Muttonen zum Übereinkommen der UNESCO zum Schutz der kulturellen Vielfalt heute von allen vier Parteien mitgetragen wird. Christine Muttonen, Kultursprecherin der SPÖ, ist es zu verdanken, dass dieser Entschließungsantrag heute hier zum Thema gemacht wurde (Zwischenruf des Abg. Kainz) und überhaupt heute hier im Hohen Haus diskutiert wird. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall und Bravoruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)


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122. Sitzung / Seite 241

Gerade für ein kleines Land wie Österreich ist es ganz wichtig, hier ein Mitspracherecht zu haben, im Entscheidungsprozess mit eingreifen zu können, denn die Freiheit der Kunst ist unverzichtbar für jeden Staat. Und die Konvention soll gewährleisten, dass der Gestaltungsspielraum der Unterzeichner-Staaten zum Schutz der kulturellen Viel­falt auch in Zukunft erhalten bleibt.

Diese Entwicklung ist als Antwort auf die vielfältigen Auswirkungen der Globalisierung, denen wir heute gegenüberstehen, notwendig geworden. Von der Globalisierung sind nicht nur internationale Finanz- und Kapitalmärkte oder Forschung und Entwicklung be­troffen, Globalisierung greift auch vermehrt in persönliche Lebensstile und Kultur ein – ein Umstand, der uns ziemlich bedenklich stimmen sollte.

Gegen diese Entwicklung regt sich bereits seit längerer Zeit Widerstand – und das zu Recht! Es wird immer wieder die Notwendigkeit hervorgehoben, die Vielfalt der Kultu­ren zu schützen. Der Schutz dieser Vielfalt wird daher auch als Aufgabe der gesamten Menschheit angesehen, und die Forderung nach Solidarität mit gefährdeten Kulturen ist eine Folge daraus. So gesehen ist es kein Zufall, dass wesentliche Vorarbeiten zu dieser Konvention gerade zu jener Zeit entstanden sind, als GATS in Kraft getreten ist. (Abg. Neudeck: Man kann auch ein gutes Thema zerreden!)

Die Auseinandersetzung mit kultureller Vielfalt ist ständiges Thema der Europäischen Union, und das ist gut so. Die Bedeutung der Kultur für den europäischen Einigungs­prozess kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Eine europäische Einheitskultur soll es selbstverständlich nicht geben, aber: Welche Werte werden für eine gemein­same europäische Identität künftig eine zentrale Rolle spielen? – Bei aller Verschie­denheit und Vielfalt, die Europas Reichtum andererseits auch ausmachen.

Meine Damen und Herren! Die nächste UNESCO-Generalkonferenz findet, wie schon erwähnt, im Oktober in Paris statt. Es ist in unser aller Interesse zu hoffen, dass dort mit der Unterzeichnung des Übereinkommens zum Schutz der kulturellen Vielfalt ein kulturpolitischer Meilenstein gesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen damit zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1076 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 137.)

21.26.3123. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (994 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzge­setz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzge­setz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden (1077 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, ich eröffne daher sogleich die Debatte.


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122. Sitzung / Seite 242

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Wunschredezeit: 4 Mi­nuten. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Neudeck: Ob diese Rede besser wird als die Zwischenrufe?)

 


21.27.18

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ich fühle mich da sehr herausgefordert, Kollege Neudeck, bin auch sehr glücklich über Ihre Anwesenheit und begrüße Sie daher ganz besonders.

Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Gerne hätten wir heute hier gemeinsam unter diesem Titel ein Verbandsver­antwortlichkeitsgesetz beschlossen – der Arbeitstitel war „Die strafrechtliche Behand­lung juristischer Personen“. Das Ganze ist zudem nichts Neues, da wir – und das ist das Erste, das bemerkenswert ist – eigentlich bereits seit 30. Juni 2002 – Herr Kollege, Sie wissen das, glaube ich, ohnehin – einen Rahmenbeschluss umzusetzen gehabt hätten, den wir aber noch nicht umgesetzt haben. Es ist schon „bewundernswert“, dass man drei Jahre lang gebraucht hat, ein beschlussfähiges Gesetz überhaupt hier ins Hohe Haus zu bringen.

Wenn ich bedenke, Kollegin Wurm, was Kollege Böhmdorfer seinerzeit angekündigt hat – wie effizient und wie gut es ist –, nachdem er bemerkt hatte, dass wir hier schon erheblichen Nachholbedarf haben, und sehe, was heute hier letztlich herausgekommen ist – wobei ich aus der Diskussion im Ausschuss mitgenommen habe, Frau Ministerin, dass Sie sich doch, glaube ich, mehr als das, was heute hier beschlossen wird, ge­wünscht hätten –, kann ich nur sagen: Es kommt nicht von Ungefähr, dass in Fachkrei­sen nicht von einem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, sondern von einem Unver­antwortlichkeitsschutzgesetz gesprochen wird, da die eigentliche Schutzintention die­ses Gesetzes nicht erreicht werden kann.

Worum geht es bei diesem Gesetz? – Es geht letztlich darum, dass jene Strafdelikte, die Einzelpersonen, wenn sie sie begehen, mit einer Strafe büßen müssen, auch ge­genüber Verbänden, Gesellschaften, insbesondere großen Gesellschaften – um die geht es; Banken (Abg. Dr. Fekter: Nein, es geht auch um die kleinen Vereine!) –, wenn sie von diesen begangen werden, geahndet werden. Es ist ja niemandem geholfen, dass dann, wenn ein Unternehmen etwas macht und zu verantworten hat, möglicher­weise ein Geschäftsführer oder jemand anderer bestraft wird, aber die Gesellschaft, die eigentlich den Ertrag, den Gewinn aus dieser Handlung bekommen hat, nicht bezahlen muss, nicht abgeschöpft werden kann. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Die Konsequenz war daher, dass man gesagt hat: Wenn es zu einer derartigen straf­baren Handlung der Gesellschaft, die der Gesellschaft zuzurechnen ist, kommt, dann soll auch die Gesellschaft dafür bezahlen. Die Frage war daher die Kenngröße, man hat gefragt: Was ist da maßgeblich? – Der Umsatz!

Dieser Umsatz wurde von der Industriellenvereinigung, von der Industrie, von der Wirt­schaft herausverhandelt, und man hat sich auf den Gewinn geeinigt. Man hat gesagt, der Gewinn ist, wie wir alle wissen, eine Größe, die natürlich sehr dehnbar und sehr gestaltbar ist, natürlich wesentlich weniger als der Umsatz, keine Frage. Was zuletzt noch dazugekommen ist, war, dass man gesagt hat: Naja, der Gewinn eigentlich auch nicht in voller Höhe, sondern da muss eine Höhe des Strafsatzes – 10 000 € – einge­zogen werden. Wenn ich jetzt ein Unternehmen mit Milliardenumsatz habe, dem ich mit einer Höchststrafe von 10 000 € drohe, dann wissen wir alle, das ist eigentlich keine wirkliche Drohung. Daher ist das, was man mit diesem Gesetz eigentlich wirklich haben wollte, nicht erreicht worden.

Dass es nach wie vor nicht ausgeschlossen ist, dass die Strafen von der Steuer abge­setzt werden, ist ein weiterer Mangel, von dem wir eigentlich erwartet hätten, dass er


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122. Sitzung / Seite 243

bereinigt wird. Dass es letztlich so ist, dass hier nur diese Strafe, nämlich die Geldbuße verhängt werden kann, es allerdings dabei zu keiner Einstellung des Unternehmens, des Betriebes, auch nicht in besonders krassen Fällen, kommen kann, das ist zu bedauern und zeigt auch, dass man hier von den Ahndungsmechanismen her ge­schaut hat, soweit wie möglich nichts zu machen, also keinen wirklich effizienten Schutz zu bieten.

Diese Chance haben wir also leider Gottes vorübergehen lassen, Frau Minister. Wir hätten gerne zugestimmt, aber dieser Kosmetik können wir nicht zustimmen, weil sie dem eigentlichen Ziel nicht gerecht wird. Daher werden wir diese Vorlage ablehnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.31.42

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Dieses Gesetz, das als Regierungsvorlage hier ins Haus gekommen ist, hat ausgezeichnete Erläuternde Bemerkungen – ich bedanke mich da beim Justizressort –, in denen wirklich die Gesetzeswerdung, die Hintergründe und das, was Wille des Gesetzgebers bei diesem Gesetz ist, sehr gut beschrieben sind.

Ich beschränke mich daher in meiner Rede auf die falschen Dinge, die Kollege Jarolim gerade vorgebracht hat. (Abg. Neudeck: So viel Redezeit hast du aber nicht!)

Erstens einmal: Die Höchststrafe ist nicht 10 000 €, sondern das ist der Deckel des Tagsatzes. Insgesamt kann eine Höchststrafe von 1,8 Millionen € verhängt werden. Im Vergleich dazu: In Deutschland liegt die Höchststrafe bei 1 Million €.

Falsch ist außerdem, dass es nur die großen Konzerne betrifft. Ganz im Gegenteil, es ist jede juristische Person gemeint, also auch die kleine Friseur GesmbH oder alle Ver­eine, die wir in Österreich haben.

Daher, Herr Kollege Jarolim: Es ist eines Justizsprechers nicht würdig, hier so falsch zu informieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Großruck: Frau Mag. Wurm wird Herrn Jarolim tatsächlich berichtigen!)

 


21.33.17

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich bin froh, dass wir das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz – es klingt etwas sperrig, in Zukunft werde ich von Unternehmensstrafrecht sprechen; es ist einfach leichter, und man versteht es auch besser – heute hier beschließen, dass wir auch den EU-Rahmenbeschluss jetzt sozusagen umsetzen. Das ist gut und wichtig! (Abg. Dr. Fekter: Wer beschließt? – Ihr beschließt es ja nicht!) – Sie beschließen es, somit wird es heute hier im Haus beschlossen. Und ich will nicht leugnen, Frau Dr. Fekter, dass das, was wir jetzt hier vorliegen haben, besser ist, als wenn wir nichts da hätten. (Abg. Dr. Fekter: Dann stimmen Sie mit!)

Lassen Sie mich das bitte ausführen! Lassen Sie mich einmal die guten Sachen sagen! Es wäre ja nicht schlecht, das auch einmal von der Opposition zu hören.

Was wir anerkennen, ist, dass es den Verbrauchern erstmals möglich ist, rechtlich gegen Verbände beziehungsweise Unternehmen vorzugehen, ohne dass zuvor der


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122. Sitzung / Seite 244

persönlich Schuldige ermittelt wurde. Gerade für künftige Schadenersatzforderungen gegen Unternehmen ist das wichtig. Ich möchte anmerken, dass das Urteil von Kaprun auf Grund dieser Rechtslage vielleicht anders gelautet hätte, die Basis wäre zumindest eine andere. Es wäre möglich gewesen, sich noch auf ein anderes Gesetz zu bezie­hen.

Das zweite für mich sehr wichtige Anwendungsgebiet in diesem Gesetz ist, dass es auch den Bereich der medizinischen Kunstfehler beinhaltet. Künftig kann nicht mehr nur der behandelnde Arzt zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch der Spi­talserhalter. Auch das ist in meinen Augen ein Fortschritt.

Die dritte wichtige Anwendung betrifft die Baubranche, was zu begrüßen ist, weil ge­rade die in dieser Branche oft vorkommende Form des Sozialbetruges mit diesem Instrument hoffentlich etwas zurückgedrängt wird. Ich möchte aber schon betonen, dass deshalb die anderen noch ausstehenden Gesetzesvorhaben, wie zum Beispiel Beschlüsse gegen das Schwarzunternehmertum zu fassen, was von den Gewerk­schaften und auch von uns hier immer wieder gefordert wird, nicht obsolet sind.

Gewundert hat mich die wirklich eher vernichtende Stellungnahme des Österreichi­schen Rechtsanwaltkammertages, die besagt:

„Der Entwurf würde ohne inhaltliche Begründung in der Sache eine tiefgreifende Ände­rung der dogmatischen Grundstrukturen des österreichischen (Straf-)Rechtsystems bewirken und die Balance des bestehenden ausdifferenzierten österreichischen Sank­tions- und Präventionsrechts stören, ohne einen Beitrag zur inhaltlichen Weiterent­wicklung/Verbesserung dieses Rechtsystems zu leisten.“

So die Stellungnahme des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages. (Abg. Neu­deck: Was heißt das? – Das ist ja positiv!)

Ich glaube, da liegt die Rechtsanwaltskammer falsch (Abg. Neudeck: Können Sie den Satz kurz inhaltlich erklären? Ich habe ihn nicht verstanden – Sie auch nicht!), und ich glaube auch, dass manche Kreise in der Wirtschaft falsch liegen, wenn sie grundsätz­lich gegen ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz agieren oder agiert haben, es in Wirklichkeit teilweise in Bausch und Bogen abgelehnt und auch dagegen lobbyiert haben. Auch das muss gesagt werden.

Frau Kollegin Fekter, nun komme ich zu den Punkten, warum wir dieser Vorlage nicht zustimmen können. Es wurde schon von Dr. Jarolim ausgeführt, dass die Geldbuße mit einem Tagsatz von 10 000 € begrenzt ist. – Das ist das eine. Das war in der ursprüng­lichen Regierungsvorlage nicht enthalten. Dass diese Höchstgrenze nun verankert ist, ist in unseren Augen ein Wermutstropfen. So sehen wir das.

Ein weiterer Wermutstropfen in meinen Augen ist – und das müsste Sie von der FPÖ auch interessieren –, dass der Opferschutz nicht so ernst genommen wurde, wie wir es gerne gehabt hätten. Es ist nämlich so, dass die Geldbußen, die Geldleistungen nicht zweckgebunden den Opfern zugute kommen, sondern höchstwahrscheinlich ins Bud­get fließen und das Budget auffetten. (Abg. Dr. Fekter: Schadenersatz ist Strafe!) Es wäre schön gewesen, wenn es den Opfern zugute gekommen wäre, in welcher Form auch immer. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) – Trotzdem könnte man einen Fonds schaffen, um die Opfer auch schadlos zu halten.

Grundsätzlich möchte ich Ihnen, Frau Ministerin, Folgendes sagen: Wir sind froh, dass der erste Schritt getan ist. Es ist ja eine Evaluierung geplant. Nach vier Jahren soll noch einmal überprüft werden. Insofern hoffen wir, dass die eine oder andere Verbes­serung in der Zukunft noch gemacht werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.38



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122. Sitzung / Seite 245

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Fauland zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.38.27

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn ich jetzt ganz kurz das Revue passieren lasse, was Kollegin Wurm im Großteil ihrer Rede ausgezeichnet dargelegt hat (Abg. Neudeck: Das war bei ihr schon schwer genug!), dann, muss ich sagen, ist es für mich umso unverständlicher, dass die Sozialdemokratie, aus welchen Gründen auch immer, diesem Gesetz eher ablehnend gegenüber steht, wobei ich ja eine gewisse Unruhe innerhalb des SPÖ-Klubs orte. Würde ich nämlich jetzt die Posi­tiva und die Negativa in der Rede der Kollegin Wurm abwägen, dann hätte ich gesagt, die Positiva überwiegen. Aber sei es, wie es sei.

Mit diesem Gesetz beschreiten wir auch in Österreich ein Neuland, das uns auf Grund der internationalen Vereinbarungen und auch der internationalen Verpflichtungen, aber auch des Druckes auferlegt worden ist.

Die Frau Bundesministerin hat im Ausschuss schon angemerkt, dass es natürlich ein Kompromiss war, was vor allem die Deckelung der Sanktionen betrifft, wobei ich aber aus unserer Beurteilung heraus sagen möchte, dass auf Grund der in Aussicht gestell­ten Evaluierung in vier Jahren Änderungen erfolgen könnten, sollten wirklich die Be­fürchtungen Realität werden, dass es den Firmen zu wenig ist und sie das in Kauf neh­men. Aber grundsätzlich sollte der Sinn des Ganzen eine präventive Maßnahme sein, eine Repressalie für Firmen, die Möglichkeit, dass eine Firma strafrechtlich verurteilt werden kann, sollte etwas nicht ganz in Ordnung gewesen sein.

Wenn man nämlich den Kaprun-Prozess ein bisschen Revue passieren lässt, ist fest­zustellen, dass dort Geschäftsführer, stellvertretende Geschäftsführer als die Sünden­böcke vor die Justiz gestellt wurden. Es gab aber auf Grund der damaligen Rechtslage keine Möglichkeit, die Betriebe und die Firmen, die trotz allem mindestens mitverant­wortlich, wenn nicht hauptverantwortlich waren, strafrechtlich zu belangen.

Mit diesem neuen Gesetz besteht nun diese Möglichkeit. Deswegen ist es aus unserer Sicht eine wesentliche Besserstellung, auch was die betroffenen Leute betrifft, die als Geschädigte sonst nur die Möglichkeit haben, auf dem Zivilrechtsweg Schadenersatz­forderungen zu stellen, während der Ruf der Firmen unbeschädigt bleibt.

Das ist der zentrale Punkt. Eine strafrechtliche Verurteilung wird auch auf dem interna­tionalen Markt, auch was den Ruf einer Firma betrifft, ganz anders eingestuft als eine zivilrechtliche Verurteilung, wo man sich möglicherweise sogar noch außergerichtlich einigt und Summen unter dem Tisch fließen, weil es zu keiner präsenten Verurteilung vor einem Strafrichter kommt.

Unter diesem Blickwinkel glaube ich, dass dieses Gesetz gelungen ist. Ich weiß, dass wir die Befürchtungen des Kollegen Jarolim hier jetzt nicht ausräumen können, aber er kann sich im Rahmen der Evaluierung wieder zu Wort melden und dann vielleicht Ver­besserungsvorschläge vorbringen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

21.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Bundesministerin Mag. Gastinger zu Wort gemeldet. – Frau Bundesministerin, Sie sind am Wort.

 


21.41.47

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich glaube, wir sollten uns


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122. Sitzung / Seite 246

dessen bewusst sein, dass dies heute eine historische Stunde für die Justiz ist. Wir haben nämlich, wenn der hohe Nationalrat dieses Verbandsverantwortlichkeitsgesetz beschließen wird, ein völlig neues Rechtssystem im Bereich der Justiz, denn das ist etwas, was es jetzt zum ersten Mal in dieser Republik gibt, nämlich die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie Herr Abgeordneter Fauland schon ganz richtig ausgeführt hat, geht es hier viel mehr auch um Generalprävention, und wir erwarten uns aus Sicht des Justizministe­riums sehr viel davon, also nicht sehr viele Fälle, die strafanhängig werden, aber doch sehr vieles, das sich im Bereich der Betriebe verbessern wird.

Im Hinblick auf die Ausführungen insbesondere des Herrn Dr. Jarolim möchte ich er­wähnen, dass morgen eine Wirtschaftszeitung eben einen Artikel veröffentlichen wird, den ich aus dem Internet ausgedruckt habe. Darin steht ausdrücklich: Wem der Kon­sumentenschutz am Herzen liegt – der liegt mir am Herzen; also den Konsumenten, der Arbeiterkammer, mir und auch meinem Amtsvorgänger –, der werde bei diesem Gesetz applaudieren. (Abg. Dr. Jarolim: Diesen Artikel kann man streichen!)

Das passt schon, aber dieser Artikel sagt, dass das jetzt sicherlich ein Gesetz ist, das natürlich auch von der Wirtschaft entsprechend angenommen wird. Wichtig ist in die­sem Zusammenhang auch, dass wir uns in Österreich dafür entschieden haben, dass wir den gesamten Strafrechtskatalog jetzt auch für die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen heranziehen. Ich glaube, dass das ein sehr guter, ein wichtiger und auch ein richtiger Schritt war.

Ich erwarte mir auch sehr viel von der Evaluierung, und ich halte es für sehr sinnvoll, dass es hier einen Entschließungsantrag des Nationalrates geben wird, weil ich glau­be, dass wir uns auf dieses neue System in weiterer Folge werden einstellen müssen.

Ich meine, dass dies heute wirklich eine historische Stunde ist. Zumindest für uns aus dem Justizbereich kann ich das auf alle Fälle feststellen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

21.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Peter, kannst du das richtig stellen, was Kollegin Fekter gesagt hat!)

 


21.44.08

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Einige Wortmeldungen sind mir nicht ganz erklärlich. (Abg. Neudeck: Vor allem Ihre eigenen!) Ich glaube, dass das Gesetz, das hier vor­liegt, durchaus ein Gesetz ist, das an sich äußerst notwendig ist, aber leider hat man wieder auf halbem Weg kehrtgemacht. (Abg. Neudeck: Vor allem Sie, Sie stimmen nicht zu! Sie haben auf halbem Wege kehrtgemacht!)

Ich verstehe nicht, warum es wieder gelungen ist, einen Kniefall vor der Industrie zu machen, der wirklich nicht notwendig gewesen wäre, denn die Beschränkung des Tag­satzes auf 10 000 € ist eine Bevorzugung genau jener, die man eigentlich general­präventiv abschrecken sollte. Manche dieser Strafen können die aus der Portokasse bezahlen. Ich verstehe nicht, wie die Vertreter der Klein- und Mittelbetriebe hier auf ÖVP-Seite dem überhaupt zustimmen können, tragen diese doch die volle Wucht eines umsatz- beziehungsweise gewinnbeteiligten Sanktionensystems.

Anders ist es bei der Industrie, die wirklich abgeschreckt werden soll, weil dort, wenn es zu Straftaten kommt und Schaden entsteht, wirklich große Schäden zu erwarten


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122. Sitzung / Seite 247

sind. (Abg. Dr. Fekter: Schadenersatz ist davon unabhängig!) Beim Betrieb von Raffi­nerien, von Kraftwerken oder anderen Dingen kann doch wesentlich mehr passieren als bei einem Hotelbetrieb! Dort riegelt man ab? – Das ist genau der falsche Gedanke im Hinblick auf Generalprävention, Frau Bundesministerin! Das ist das Gegenteil von Generalprävention, weil ich jenen einen Vorteil verschaffe, die wirklich Schädigungen herbeiführen können.

Das ist der falsche Ansatz. Das ist grundsätzlich falsch und ein Kniefall vor der Indust­rie, der die Vertreter der Klein- und Mittelbetriebe gerade in Ihren Reihen maßgeblich benachteiligt. Ich wundere mich, dass man da zustimmen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage mich wirklich, warum man die Industriebetriebe in diesen Fällen bevorzugt, die wirklich die Schadensverursacher Nummer eins sind, und letztendlich hier eine Abriegelung stattfindet. Völlig unverständlich!

Zweite Geschichte: Noch unverständlicher ist, dass man keinen Sanktionenkatalog ein­geführt hat, dass man sich ausschließlich auf eine Geldbuße festgelegt hat, statt dass man auch Betriebsverbote aussprechen kann.

Ein Beispiel: Wenn einer eine Mülldeponie in der Mitterndorfer Senke betreibt, dort eine ganze Landschaft ökologisch verunreinigt und Riesenschaden hervorruft, wird der Schadenersatz bei der Firma angemeldet. Im selben Augenblick gründet der Betreiber eine neue Firma und macht mit der dasselbe weiterhin.

Liebe Abgeordnetenkollegen, das ist der falsche Ansatz! Man müsste auch ein Be­triebsverbot aussprechen können, damit eine weitere Schädigung verhindert werden kann.

Es ist ganz einfach ein Gesetz, das auf halbem Weg stehen geblieben und deswegen schlecht ist. Daher können wir nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.47.12

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es kam in den letzten Jahren nicht so oft vor – es kommt schon vor, aber nicht im Justiz­bereich –, dass die Grünen mit der SPÖ nicht einer Meinung sind.

Ich möchte für die Grünen hier feststellen – und da haben vielleicht die SPÖler nicht so ein langfristiges Gedächtnis –, dass die Verantwortlichkeit juristischer Personen, wie wir das früher genannt haben, ein Anliegen ist, das die Opposition viele Jahre verfolgt hat.

Ich bin – im Gegensatz zum Obmann des Verfassungsausschusses – froh darüber, dass es am Tag, nachdem es in Kaprun in zweiter Instanz lauter Freisprüche gegeben hat – das ist eine Koinzidenz, dass wir das gerade heute verhandeln –, dieses Ver­bandsverantwortlichkeitsgesetz jetzt in Österreich geben wird. (Abg. Dr. Jarolim: Nicht in der Ausprägung!) – Lieber Kollege Jarolim! Ich habe den Diskussionsprozess noch ziemlich gut vor Augen, in den Ohren und im Kopf, den es um diese Regelung gege­ben hat.

Wir könnten nämlich heute – das sage ich nicht jetzt in Verteidigung der Frau Bundes­ministerin, die kann gar nichts dafür, denn das war lang vor ihrer Zeit – auch Systeme haben, wie andere Länder sie kennen, wo das alles im Verwaltungsstrafrecht abge­handelt wird.


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Österreich hat sich unter anderem auch unter dem Druck der Opposition dafür ent­schieden, das Sanktionen-Instrumentarium in der vorliegenden Form zu gestalten. Und ich bin froh, dass wir zu dieser Regierungsvorlage im Nationalrat gekommen sind. (Abg. Dr. Jarolim: EU-Recht!) – Das EU-Recht schreibt eben nicht strafrechtliches Instrumentarium vor, sondern lässt ziemlich viel Spielraum.

Ich komme mir jetzt überhaupt ein bisschen komisch vor, wenn ich hier bestimmte sachliche Argumente vorbringen muss, um Ihnen zu zeigen, was der wirklich wesent­liche Kritikpunkt an diesem ganzen Gesetz ist und warum ich in zweiter Lesung auch einen Abänderungsantrag einbringe, was – und jetzt muss ich die Frau Bundesministe­rin direkt ansprechen –: Das ist quasi jetzt Ihr Verschulden, wenn ich das so juristisch unpräzis sagen darf!

Frau Ministerin, hätten wir nämlich heute die Möglichkeit, die Regierungsvorlage, so wie sie dem Nationalrat zugeleitet wurde, zu beschließen, gäbe es unter Umständen – da hätte man vielleicht auch noch mit der SPÖ geredet – eine einstimmige Beschluss­fassung. Aber nein, zwischen Regierungsvorlage und zweiter Lesung im Nationalrat, nämlich in der Sitzung des Justizausschusses vorige Woche – das klingt immer so blöd mit dem Kniefall, Frauen sollten prinzipiell nicht auf die Knie fallen, aber nur im Symbo­lischen (Beifall bei den Grünen) –, gab es diesen Kniefall, Frau Bundesministerin, vor der Industrie und vor der Wirtschaft, wenn es um diese Höchstgrenzen geht. (Zwi­schenrufe.) – Sie versteht mich schon richtig! Sie weiß genau, was ich meine!

Es ist überhaupt alles skurril: Dr. Böhmdorfer hat, als er noch Minister war, heftigen Widerstand gegen diese Höchstgrenzen geleistet. Und ich weiß nicht, wie sich die Ent­scheidungsfindung im Weiteren zwischen Einlangen hier bis zum jetzigen Zeitpunkt letztlich gestaltet hat. Aber jedenfalls enthält das, was jetzt zur Beschlussfassung vor­liegt, einige Punkte, die man anders beziehungsweise noch optimaler gestalten können hätte.

Ich kann nur die Kollegen auf der linken Seite auffordern, das in Betracht zu ziehen, und wenn sich die Mehrheitsverhältnisse ändern, kann man das ja wirklich probieren; mit den Grünen jederzeit. Ich schaue mir dann an, wie das in einer großen Koalition wäre, von der ich hoffe, dass sie niemals wieder kommen wird. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 2015!)

Darum bringe ich jetzt einen Abänderungsantrag ein: In § 4 Abs. 4 entfällt die Wort­folge „und höchstens mit 10 000“. – Diese 10 000 sind nämlich hier die absolute Schwachstelle. Frau Ministerin, 1,8 Millionen € sind für kleine österreichische Unter­nehmen wahnsinnig viel Geld. In Anbetracht der durchschnittlichen Betriebsgrößen bei uns kämen diese Unternehmen nie auch nur annähernd in diese Größenordnung, denn in den Erläuterungen des Gesetzes heißt es: Es ist auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen Rücksicht zu nehmen. – Selbst wenn man auf die wirtschaftliche Situa­tion des Unternehmens Rücksicht nimmt, können für andere wiederum 1,8 Millionen € nahezu ein Klacks sein; ich denke jetzt an multinationale Konzerne wie Shell, Esso, Microsoft, Siemens oder Ähnliche. Das kann man, Frau Ministerin, nicht schönreden. Das ist die Schwachstelle dieses Gesetzes, wiewohl ich doch hoffe, dass die auch schon hoch gepriesene Präventivwirkung so groß sein wird, dass sie selbst dort Wir­kung zeigt.

Ich bitte Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, sich das noch einmal zu überlegen! Kehren wir zum Zustand der Regierungsvorlage zurück! Dann wäre das ein Gesetz, auf das sich alle etwas einbilden können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete! Ich darf Sie der Ordnung halber ersuchen, den Antrag zur Gänze einzubringen. Er muss zur Gänze eingebracht werden. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
122. Sitzung / Seite 249

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Das ist klar! Ich trage den Antrag wie folgt vor:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Justizausschusses (1077 d.B.) über die Regierungsvorlage (994 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Medi­engesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentge­setz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzge­setz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses (1077 d.B.) über die Regierungsvorlage (994 d.B.), Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

zu Art. 1:

Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit von Verbänden für Straftaten (Verbandsver­antwortlichkeitsgesetz – VbVG)

1. In § 4 Abs. 4 entfällt die Wortfolge „und höchstens mit 10.000“.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön. Damit ist dieser Antrag ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht damit auch mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. Wunschredezeit: 2 Minu­ten. – Bitte.

 


21.53.16

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ganz kann ich Herrn Kollegen Wittmann und seiner Fraktion nicht mehr folgen: Kaum ist irgendwo eine Kamera in Sicht, er­scheint es ihm am wichtigsten, dass man Arbeitsplätze in Österreich sichert und schafft. Heute geht er heraus und sagt: Am besten ist es, Unternehmen zuzusperren und die Arbeitsplätze gleich aufzugeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: Sie wissen ganz genau, dass die Ertragskraft der Unternehmen entschei­dend ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Daher ist es eine völlig absurde Argumen­tation, zu behaupten, dass die kleinen und mittleren Unternehmen eine besondere Härte zu spüren bekommen und die großen nicht. Es geht um die Ertragskraft! Ent­weder liest man bei der Sozialdemokratie die Gesetze nicht mehr oder man ist einfach nicht bona, sondern mala fide und behauptet Dinge, von denen man weiß, dass sie falsch sind. Beides ist nicht seriös und nicht regierungsfähig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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122. Sitzung / Seite 250

Drittens: Wenn ich heute Unternehmen – und ich sage es jetzt im übertragenen Sinn – mit einer nach oben offenen Pönalisierung der Todesstrafe aussetze, dann verhalte ich mich arbeitsplatzvernichtend und gleichermaßen konsumentenschutzfeindlich, denn für die Opfer, die dann Schadenersatz von dem Unternehmen fordern, gibt es zwar noch einen Titel, aber kein Unternehmen mehr, bei dem sie Geld bekommen können. Auch das ist also widersprüchlich, ein Zickzackkurs, demagogisch und unseriös. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jaro­lim.)

Daher glaube ich – und komme zum Schluss –, dass wir in einem sehr intensiven Pro­zess eine gute Lösung gefunden haben. Kollege Jarolim behauptet immer wieder, dass wir ihn überfahren würden. Ich meine, wir haben drei Jahre lang intensiv über einen gravierenden Systemwandel in unserem Justizsystem diskutiert und jetzt einen Kom­promiss zwischen Konsumentenschutz und Standortsicherung gefunden. Gleicherma­ßen haben wir hiezu den internationalen Gleichklang gewahrt, auch das möchte ich anmerken.

Wir können doch nicht so tun, als ob wir in Österreich Fragen des Wirtschaftsstand­ortes und der Entscheidung, wo sich Unternehmen ansiedeln, völlig ignorieren dürften. So bewegen wir uns nun im internationalen Gleichklang, wir sind sogar etwas strenger als eine Reihe europäischer Staaten und haben gleichzeitig etwas Wichtiges getan: Wir haben jetzt Sachinhalte, die heute schon im Verwaltungsstrafrecht fast lückenlos geregelt sind, ins Strafrecht übertragen und damit eine Qualität im Konsumentenschutz gestaltet, die deutlich über das, was die EU von uns verlangt hat, hinausgeht und auch deutlich über das hinausgeht, was die meisten europäischen Länder haben.

Das heißt: Wir sind konsequent im Konsumentenschutz, aber auch im Schutz des Wirt­schaftsstandortes und der Arbeitsplätze. Nehmen Sie sich ein Beispiel daran und stim­men Sie zu! Noch haben Sie die Chance. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter! Sie kennen die Bestimmungen: Zunächst der zu berichtigende, dann der berichtigte Sachverhalt in 2 Minuten. – Bitte.

 


21.56.27

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Abgeordneter Ikrath hat behauptet, dass ich hier die Schließung von Betrieben angeregt habe. (Abg. Neudeck: Sie haben sie vehement gefordert!) – Diese Behauptung ist unrichtig!

Ich habe lediglich in meiner Argumentation ausgeführt, dass als Sanktion für Straftaten auch die Betriebsschließung oder das Betriebsverbot in Frage kommen könnten. (Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist nicht gleichbedeutend mit der Schließung eines Betriebes.

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen.

 


21.57.17

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ikrath hat be­hauptet, dass mit dieser Vorlage etwas für den Konsumentenschutz getan wird.


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122. Sitzung / Seite 251

Ich stelle richtig: Das ist nicht der Fall! (Abg. Scheibner: Das ist eine politische Berich­tigung! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, das ist keine tatsächliche Berichtigung; das ist eine politische Bewertung!

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Glaser. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.58.02

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Frauen Ministerinnen! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, dass diese beiden Berichtigungen klar gezeigt haben, wie unwohl sich die SPÖ eigentlich fühlt, dass sie jetzt als einzige Partei diesem so wichtigen Gesetz nicht zustimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich denke, wenn jetzt wirklich übrig bleibt, dass einzig und allein die Strafhöhe das aus­schlaggebende Argument dafür ist, dass Sie nicht zustimmen, dann ist das wirklich nicht würdig, denn eine Strafe im Höchstmaß von 1,8 Millionen € als zu gering zu bezeichnen, ist – wie ich glauben würde – doch ein bisschen vermessen!

Ich meine, dass wirklich der Vorwurf zu Recht besteht, dass Ihnen bei Strafen in Rich­tung Betriebe nichts hoch genug sein kann und Ihnen Arbeitsplätze nicht wirklich sehr viel wert sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur einen zusätzlichen Aspekt ein­bringen, der für mich eigentlich in einer Unklarheit bestanden hat. Deswegen bin ich so froh, dass es auch eine Evaluierung dieses Gesetzes geben wird. Wie Sie wissen, sind die Körperschaften Bund, Länder und Gemeinden in ihrer hoheitlichen Funktion von diesem Gesetz ausgenommen. Nun gibt es zum Beispiel im Bereich der Gemeinden etwa im Bereich Wasserversorgung durchaus den Tatbestand, dass diese hoheitlich von Ländern den Gemeinden vorgeschrieben wird.

Unklar ist für mich nun, wenn das zum einen hoheitlich vorgeschrieben wird, zum anderen privatrechtlich genau so besorgt werden kann und in dem Fall diesem Gesetz unterliegt, wie man hier doch die Unterscheidung trifft. Ich glaube, dass das im Zuge der Evaluierung auch klar zum Ausdruck kommen wird.

Jedenfalls: Insgesamt bleibt bestehen, dass wir mit diesem Gesetz eine Lücke schlie­ßen, die zu schließen absolut notwendig war. – Ich danke und bitte um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort kommt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.00.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Herr Abgeordneter Wittmann hat uns vorgeworfen, wir wären bei dieser Regie­rungsvorlage auf halbem Weg stehen geblieben beziehungsweise hätten auf halbem Weg Halt gemacht. – Ich meine: Wer auf halbem Weg Halt gemacht hat, das sind Sie von der Opposition oder von der SPÖ, weil Sie nicht mitstimmen, obwohl Sie in Wirk­lichkeit keinen Grund nennen konnten, warum eigentlich nicht, außer die Höhe der Strafe. Das ist Ihr einziger Kritikpunkt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Wir haben fünf Gründe genannt!)


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122. Sitzung / Seite 252

Aber, die Unzufriedenheit ist ja das Kennzeichen der Opposition. Das kennen wir schon, Herr Abgeordneter Jarolim, und das akribische Suchen nach Gründen, warum man nicht zustimmen muss, das kennen wir auch schon. Und das „Leider“, dass Sie nicht zustimmen können, hätten Sie sich ersparen können, denn Sie wollen nicht zu­stimmen, und das tut Ihnen überhaupt nicht Leid. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine schöne Rede!)

Wie gesagt, der einzige Vorwurf war die Höhe der Strafe, dass es nicht von der Steuer absetzbar ist und dass – wie Sie schon im Ausschuss gesagt haben – darin zu wenig Drohpotential enthalten ist. Frau Abgeordnete Wurm hat noch hinzugefügt, dass die Buße nicht den Opfern zugute kommt. – Ich meine dazu: Bei aller Berechtigung der Forderung nach einer strengen Bestrafung muss man doch einmal zugute halten, dass wir die Unternehmer nicht ruinieren wollen.

Wenn hier auch bemängelt wurde, dass es kein Betriebsführungsverbot gibt, dann muss man doch auch sehen, dass in den meisten Fällen die Konstellation nicht vorhan­den ist, dass der gesamte Betrieb kriminell ist, sondern dass eben entsprechende Organisationsstrukturen nicht vorhanden sind, dass eine Verantwortlichkeit fehlt und so weiter und so fort. Aber es ist kein Kniefall vor der Industrie, dass man kein Betriebs­führungsverbot gemacht hat, sondern nur wirtschaftliches Denken. Herr Abgeordneter Ikrath hat ja schon gesagt: Wir wollen doch Arbeitsplätze sichern und nicht Betriebe vernichten. Das ist unser großes Anliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Sie haben dann versucht, sich mit einer tatsächlichen Berichtigung ein bisschen her­auszuwinden, weil Sie gesehen haben, dass es nicht sehr opportun ist, gegen Arbeits­plätze oder für Arbeitsplatzvernichtung zu sein. Aber das wird Ihnen nicht sehr viel helfen: Sie stehen nun einmal allein da mit dieser Forderung, möglichst hart gegen die Wirtschaft vorzugehen, weil Ihnen nur dann die Gesetze recht sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was nun die Generalprävention betrifft, möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Wir haben im Strafgesetzbuch einen gerichtlich strafbaren Tatbestand verankert, und das ist doch für ein Unternehmen schon genug Drohpotential, denn zu einem Unternehmen gehört auch der Ruf, den es hat, und welches Unternehmen lässt sich schon gerne vor den Strafrichter zitieren? Das allein genügt sicherlich schon, um Verantwortlichkeiten mehr Gewicht zu geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Dennoch finden Sie immer fadenscheinige Argumente, dass Sie einem Gesetz nicht zustimmen müssen, das sinn­voll ist, das die Opfer schützt und auch die Arbeitsplätze nicht minimiert. Aber wir sind halt allein auf dem Weg zu einem guten Gesetz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gut so!)

22.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1077 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.


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122. Sitzung / Seite 253

Die Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 1, § 4 Abs. 4 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1077 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 138.)

22.05.2424. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1058 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch in Unternehmensgesetzbuch umbe­nannt und gemeinsam mit dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, dem Akti­engesetz 1965, dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dem Genossenschaftsgesetz, dem Genossenschaftsrevisionsgesetz, dem Firmen­buchgesetz, dem Umwandlungsgesetz, dem Spaltungsgesetz, dem EWIV-Aus­führungsgesetz, dem SE-Gesetz, dem Handelsvertretergesetz, der Jurisdiktions­norm, dem Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, der Zivilprozessord­nung, dem Rechtspflegergesetz, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem Privatstiftungsgesetz, dem Unternehmensreorganisationsgesetz, dem Ge­richtsgebührengesetz, dem Gerichtskommissionstarifgesetz, dem Wohnungs­eigentumsgesetz 2002, dem Mietrechtsgesetz, dem Versicherungsaufsichtsge­setz, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltechnikergesetz 1993 geändert wird sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte Einfüh­rungsverordnung außer Kraft gesetzt werden (Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG) (1078  d.B.)

25. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereins­gesetz 2002 geändert werden (1079  d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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122. Sitzung / Seite 254

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen damit zur Debatte.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Wunschredezeit: 2 Minu­ten. – Bitte.

 


22.06.06

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist das die große Handelsrechtsänderung. Das heißt: Das alte HGB gibt es mit dieser Beschluss­fassung nicht mehr. Wir bekommen ein neues Unternehmensgesetzbuch – UGB.

Das war notwendig geworden, weil ja der Kaufmannsbegriff des Handelsgesetzbuches oder das darin im Vordergrund stehende Handeln mit Waren eigentlich nicht mehr den Marktgegebenheiten entspricht. Die Dienstleistungen waren nicht in entsprechender Form vorhanden. Und man hat sich statt des Begriffs „Kaufmann“ zum Unternehmer­begriff durchgerungen.

Schwerpunkte dieser Reform sind der einheitliche Grundtatbestand „Unternehmen“, die Liberalisierung der Firmenbildungsvorschriften, die Öffnung des Tätigkeitsbereiches der Personenhandelsgesellschaften für jeden unternehmerischen Zweck, also nicht nur für den Handel, und die Bereinigungen im Bereich der schuld- und sachenrechtlichen Bestimmungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insbesondere sind einige Bestimmungen zurückgewandert ins ABGB wie beispielsweise der gutgläubige Eigen­tumserwerb.

Beibehalten im UGB haben wir aber Bestimmungen über die „laesio enormis“, den rigorosen Verlust von Gewährleistungsansprüchen bei unterlassener Mängelrüge oder Sonderbestimmungen für Bürgschaften und den Ausschluss der richterlichen Mäßi­gung bei Vertragsstrafen. – Diese sind im UGB geblieben.

Ich glaube, dass dieses Reformwerk der Modernisierung unserer Rechtsordnung gut tut, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diesbezüglich einen breiten Konsens im Hohen Haus finden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Maier. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.09.00

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es wird eine breite Zustimmung zu diesem Gesetz geben. Die sozialdemokratische Fraktion wird dieses Handelsrechts-Änderungsgesetz voll unterstützen.

Kollegin Fekter hat bereits darauf hingewiesen, warum diese Reform notwendig gewor­den ist. Wir bekommen damit einen einheitlichen Unternehmerbegriff, es kommt zu einer Liberalisierung des Firmenrechts, ein Gestaltungsspielraum für Einzelunterneh­men, insbesondere für die Landwirtschaft, wird geschaffen, und es kommt unter ande­rem auch zu einer Anpassung des Rechnungslegungsrechts.

Ich möchte nur an etwas erinnern: Der Entwurf war anders. Dem Entwurf hätten wir als sozialdemokratische Fraktion nicht zugestimmt, weil es darin – das wissen Sie, Frau Kollegin Fekter – auch zu einer Benachteiligung der Konsumenten gekommen wäre. Man soll nicht vergessen: In diesem Handelsrechts-Änderungsgesetz werden ganz wesentliche Bestimmungen, die den Konsumentenschutz betreffen, mitgeregelt und zum großen Teil positiv geregelt. Im alten Entwurf war noch die Kontokorrentregelung


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enthalten. Damit wären die Wirkungen eines Unterlassungsurteils beschränkt worden. Auch war noch die Regelung über das Zurückbehaltungsrecht enthalten, die einschrän­kend gewirkt hätte. Sie kennen das Problem: Konsumenten müssen nicht bezahlen, wenn es nicht zu einer korrekten Vertragserfüllung kommt, sie können einfach das Geld zurückbehalten.

Oder die Frage der überraschenden Sicherstellung: Das wäre für einzelne kleine Bau­unternehmer kaum zu finanzieren gewesen. Daher sind wir froh, dass es zu diesen Änderungen gekommen ist, insbesondere auch zu dem Abänderungsantrag, der im Justizausschuss eingebracht wurde.

Ich möchte hier zwei Punkte hervorheben. Das eine ist diese Neuregelung im § 38, wonach bei der Veräußerung eines Unternehmens ein Vertragspartner die Möglichkeit hat, Widerspruch einzulegen. Ich denke hier beispielsweise an Energieversorgungs­unternehmen, ich denke an Telekommunikationsunternehmen, denen gegenüber nun die Möglichkeit besteht, dass Konsumenten, die einen Vertrag mit dem jeweiligen Unternehmen haben, Widerspruch einlegen können und dann von diesem Vertrag zurücktreten können. Ich weiß nicht, ob alle Unternehmen in Österreich die Tragweite dieser gesetzlichen Regelung erkannt haben.

Aber für entscheidend halte ich die Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, wo­durch einfach mehr Rechtssicherheit geschaffen worden ist. Wir kennen aus der Be­ratung die Probleme, die entstehen, wenn jemand von einem Vertrag zurücktritt. Da ist meistens im Vertrag, in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, eine Konventional­strafe geregelt, und dann geht es um die Frage: Kann zusätzlich noch Schadenersatz geltend gemacht werden? – Mit dieser Neuregelung, die jetzt erfolgt ist, schaffen wir mehr Rechtssicherheit. Denn der Gläubiger kann neben einer Konventionalstrafe den Ersatz eines diese übersteigenden Schadens nur dann geltend machen, wenn das im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes bei Verbrauchergeschäften ausdrücklich ver­einbart wird. Das wird zu einer absoluten Besserstellung für Konsumenten führen.

Nicht nur deshalb werden wir dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser. – Abg. Neudeck: Das ist sehr gut!)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.12.25

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde Ihnen jetzt nichts vom antiquierten Kaufmannsbegriff und von der kleinkrämerischen Firmengründung erzählen, die in dem Handelsgesetzbuch, das jetzt noch Geltung hat, etabliert ist, weil meine Vorrednerin schon darüber gesprochen hat und es außerdem schon spät ist, sondern ich möchte nur erwähnen, dass dies wirklich das Ergebnis einer großartigen Leistung ist, was wir heute vor uns liegen haben. Es ist wirklich ein großes Werk!

Immerhin stammt das Handelsgesetzbuch noch aus dem Deutschen Reich und hätte schon lange, lange überarbeitet werden müssen. Dies ist immer wieder in Angriff ge­nommen worden, aber ich glaube, es sind immer nur Versuche gewesen. Jetzt liegt es uns zur Beschlussfassung vor, und es ist ein Gesetzeswerk, das für Jahrzehnte ge­dacht ist, das eine ungeheure Tragweite hat und sehr viele Bereiche ändern wird.

Ich glaube, es geht eigentlich unter, was wir heute – noch dazu zu so später Stunde – beschließen. Ich denke, wir sollten wirklich überall in Wirtschaftskreisen sagen, welche umwälzenden Neuerungen wir mit diesem Gesetz beschlossen haben. Ich bin sehr froh, dass es gemeinsam geschieht und dass es diese Übereinstimmung gibt. Selbst-


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122. Sitzung / Seite 256

verständlich stimmen wir zu. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


22.14.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wenn jetzt so viel Positives in Rich­tung KonsumentInnenschutz und so viel Positives in Richtung Modernisierung des Un­ternehmensrechts legistisch möglich ist, stimmen wir selbstverständlich auch zu, keine Frage! Die verschiedenen Aspekte – wo es überall besser wird – sind bereits angeführt und detailreich ausgeführt worden.

Ich möchte nur noch eine kleine Verbesserung für die Zukunft an Sie herantragen. Ich habe auch im Ausschuss darauf hingewiesen, dass das eigentlich beim Konsumenten­schutzgesetz integriert werden sollte. Da wäre es im § 25b KSchG möglich gewesen, dass auch die Verbesserungen für die SchuldnerInnen hätten berücksichtigt werden können. Der VKI hat an sich diese ursprüngliche Überlegung, die auch schon vorbe­reitet war, sehr stark begrüßt. Es wäre darum gegangen, dass dann, wenn Verschul­densfragen vorliegen, die KonsumentInnen und die Schuldner durch die Zahlungen zunächst die Kosten der Rechtsverfolgung, dann das Kapital und erst zum Schluss die Zinsen abdecken.

Aber ich habe im Ausschuss gehört, es wird einmal extra eine Enquete oder eine Ver­anstaltung geben, um die Verschuldensfrage insgesamt auf neue Beine zu stellen und hier für Verbesserungen und Anregungen zu sorgen. Insofern gebe ich Ihnen, Frau Ministerin, diesen Aspekt noch mit und trage natürlich auch die positive Beschlussfas­sung dieser Gesetzesmaterie gerne mit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. – Bitte, Frau Ministerin.

 


22.15.52

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Ausschusses! Ich möchte zuerst gleich auf Frau Abgeordnete Moser reagieren. Wie Sie wissen, war der § 25b KSchG im ursprünglichen Entwurf enthalten. Wir haben ihn auf Grund starker Kritik im Begut­achtungsverfahren herausgenommen. Aber ich kann an dieser Stelle bestätigen, was ich schon im Ausschuss gesagt habe, nämlich dass das einer gesonderten legistischen Regelung zugeführt werden wird.

Ansonsten muss ich sagen, es freut mich natürlich ganz besonders, dass dieses Ge­setz, das fast schon ein Jahrhundertwerk ist, wie man wirklich sagen kann – denn das HGB stammt in seinen Ursprüngen an und für sich aus dem 19. Jahrhundert –, heute hier zu einer offensichtlich einstimmigen Beschlussfassung gelangen wird.

Ich möchte aber die Gelegenheit, dass ich jetzt am Wort bin, auch dafür nützen, ins­besondere den beiden Professoren Dr. Heinz Krejci und Dr. Martin Schauer – die, so nehme ich an, auf der Besuchergalerie sitzen – recht herzlich zu danken, weil diese beiden Herrn ganz maßgeblich dazu beigetragen haben, dass dieses Gesetzeswerk, das sich in der Bearbeitung doch über Jahre hingezogen hat, heute in der jetzigen Form vorliegt. (Allgemeiner Beifall.)


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Gleichzeitig möchte ich die Gelegenheit natürlich auch dafür nützen, mich bei meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu bedanken, insbesondere bei Frau Dr. Bydlinski, bei Sektionschef Hopf und seinem Team, denn ohne deren Expertise, ohne deren Know-how und vor allem auch ohne deren Ausdauer – allein seit dem Begutachtungs­verfahren sind zwei Jahre vergangen, in denen dieses Gesetzeswerk endgültig aus­gefeilt wurde – würden wir heute nicht hier, jetzt in meinem Fall, stehen dürfen und könnten wir dieses Gesetz nicht beschließen. Auch ein herzliches Dankeschön in diese Richtung! (Allgemeiner Beifall.)

Damit sage ich, insbesondere in Anbetracht der späten Stunde, danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Donnerbauer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.18.00

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie schon gesagt wurde, handelt es sich beim Unternehmensgesetzbuch um einen ganz, ganz wichtigen Schritt. Jahrelange Reformbemühungen finden heute mit diesem Gesetzesbeschluss ihren Abschluss. Es kommt zu wichtigen Klarstellungen und Ausweitungen.

Viele von Ihnen, zumindest diejenigen, die irgendwie mit der Juristerei in Verbindung sind, wissen, wie mühsam die Festlegung der Kaufmannsbegriffe – von Soll-, Kann-, Muss-, Ist- und sonstigen Kaufleuten – in der Vergangenheit war. All das erleichtern wir auch für zukünftige Jusstudenten, weil es einfach, glaube ich, im Sinne eines moder­nen Unternehmensrechtes notwendig ist, diese Bestimmungen des bisherigen Han­delsgesetzbuches umfassend auf alle Unternehmer anzuwenden.

Wie ebenfalls schon erwähnt wurde, sind wichtige Bestimmungen, die bis jetzt im Han­delsgesetzbuch verankert waren, aber eigentlich Bedeutung für alle Bereiche des Rechtslebens hatten, in das ABGB übernommen worden und sind dort an der richtigen Stelle geregelt.

Ich möchte zum Abschluss auf eine meiner Ansicht nach sehr wesentliche Klarstellung, die im Justizausschuss in Form einer Ausschussfeststellung getroffen wurde, hinwei­sen, weil es für uns auch wichtig ist, dass diejenigen, die in vielen Bereichen freiwillige Arbeit leisten – unsere Vereine –, nicht durch ein Unternehmensgesetzbuch vielleicht sehr stark beschränkt werden. Deswegen wurde im Justizausschuss ausdrücklich fest­gehalten, dass Vereinstätigkeit, die keine Unternehmereigenschaft aufweist – insbe­sondere Festivitäten und Veranstaltungen, die unregelmäßig ein, zwei Mal im Jahr stattfinden, oder ähnliche Dinge, die Vereine durchaus, glaube ich, im Sinne der Allge­meinheit veranstalten –, nicht unter diesen Unternehmensbegriff fallen soll. Auch das ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Schritt gewesen.

Insgesamt ist dies, wie ich meine, ein wichtiger Schritt für alle Unternehmen, für die Wirtschaft und für die Konsumenten in Österreich. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

22.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neudeck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.20.18

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen auf der Regierungsbank! Frau Bundesminister Gastinger hat sich bei ihren Mitarbeitern und bei den Professoren bedankt. Ich darf mich jetzt bei ihr bedanken.


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122. Sitzung / Seite 258

Auf das Gesetz, den Inhalt und die Historie dieses Gesetzes ist eingegangen worden. Ich glaube, dass die Frau Bundesminister eine neue Art der Verhandlung in diesem Ministerium eingeführt hat, sowohl innen als auch außen, und ich glaube, dass es auch ihr Verdienst ist: Es wurde hier eine sehr gute Konsensmaterie vorgelegt. Aber ich den­ke auch, dass es gerade ihrer Führung des Amtes und der Verhandlungen zu danken ist, dass hier ein Konsens zustande gekommen ist. Dafür gebührt sicher auch Dank! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP sowie der Abg. Mandak.)

22.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


22.21.30

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen Minis­terinnen! Meine Damen und Herren! Auf den Inhalt des Unternehmensgesetzbuches sind meine Vorredner eingegangen. Ich möchte auf zwei Aspekte hinweisen. Es fügt sich dies in eine Reihe beachtenswerter Justizreformen im Zivilrecht, im Strafrecht, im Unternehmens- und Wirtschaftsrecht. Es ist im Bereich der Justiz nie so viel geändert, zielgerichtet und zweckmäßig verändert worden wie in den letzten Jahren.

Ich möchte bewusst den Bogen zum Thema das heutigen Vormittags, der Beschäfti­gungspolitik, schlagen. Vernünftige, zweckmäßige, zeitgemäße Normen sind eine wichtige Grundlage für Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung. In diesem Sinne ist dieses neue Unternehmensgesetzbuch aber auch ein Beispiel für vernünftige Deregu­lierung: nicht Abschaffen von Normen, sondern ein Neufassen, ein Anwendbar-Ma­chen, ein Durchschaubar-Machen für alle Anwender.

Ich denke, es ist dies eine gute Reform, und ich freue mich, dass wir hier einen allge­meinen Konsens erzielen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

22.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.22.59

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Ministerinnen! Ich möchte kurz auf das Handelsrechts-Änderungsgesetz eingehen und mich wirklich nur noch den Vorrednern dahin gehend anschließen, dass mit diesem Reformwerk, mit diesem Jahrhundertwerk eine Modernisierung dieses Gesetzes erfolgt ist. Kollege Maier hat bereits ausführlich auf die Bezüge zum Konsumentenschutz­gesetz hingewiesen. Ich glaube, dass hiezu nur noch erwähnenswert ist, dass dieser Entwurf auch mit den EU-Richtlinien, mit den EU-Vorgaben in Einklang steht. Meiner Ansicht nach ist es im Wesentlichen eine sehr vernünftige und großartige Leistung, dass dieses Handelsrechts-Änderungsgesetz heute von allen vier Parteien gemeinsam beschlossen wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Es ist mir ein Bedürfnis, mich seitens meiner Fraktion bei der Regierung, die diesen Reformschritt gesetzt hat – der ja auch Ziel dieses Reformkurses ist –, herzlichst zu bedanken. Ich bedanke mich aber auch bei der Frau Ministerin dafür, dass sie dies so umsichtig vorangetrieben hat, und möchte ganz besonders den Dank an die MitarbeiterInnen im Ministerium aus­sprechen, die zu diesem Reformwerk beigetragen hat. Herzlichen Dank für die Zustim­mung! (Allgemeiner Beifall.)

22.24



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
122. Sitzung / Seite 259

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ledolter. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.24.55

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine geschätzten Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass nicht nur Professor Krejci als geistiger Vater und Begleiter dieses Gesetzes auf der Galerie ist, sondern auch die geballte Kapazität des Ministeriums und damit die genialen Umsetzer dieser Gedanken und Entwürfe hier sind, ist es eini­germaßen schwierig, zu dieser Thematik überhaupt noch etwas zu sagen (Abg. Dr. Einem: ... streichen!), außer dass es offensichtlich ein großer Wurf ist, der hier gelungen ist, sodass zusammen mit dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz durchaus Maßnahmen zur Stärkung der Betriebe, zur Stärkung der Wirtschaft in unserem Lande gesetzt werden.

Ich meine auch, dass durch die Rechtsbereinigung und durch die vermehrte Rechts­klarheit nicht nur die Großen, sondern vor allem auch die KMUs profitieren werden vom leichteren Zugang zur Unternehmensbegründung, aber auch durch die Tatsache der Eintragungsmöglichkeit ins Firmenbuch, Liberalisierungsschritte und Ähnliches mehr, was mit dieser Gesetzesvorlage einhergeht.

Was nicht möglich geworden ist, ist, dem Wunsch der Versicherungsvertreter, der Ver­sicherungsagenten Folge zu leisten, einer Gruppe von 11 000 Personen, die gemeint haben, man könne die Ausnahme aus dem Versicherungsagenten-Regelwerk im Zuge der Umschreibung des Unternehmensgesetzbuches beseitigen. Dabei habe ich den Eindruck, dass es nicht an der Bereitschaft des Gesetzgebers mangelt, hier nachzujus­tieren und ein eigenes Versicherungsagenturgesetz zu schaffen, aber mit all den Schritten, die notwendig sind, nämlich Konsens, Begutachtung und alles Weitere.

Zur Abrundung braucht es dann meiner Meinung nach nur noch das Unternehmensre­gister auf der Basis von E-Government. Mit dieser gesamten Regelung ist es gelungen, eine entsprechende Rahmenbedingung für die gute Fortsetzung der Wirtschaftspolitik des Kabinetts Schüssel zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

22.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Handels­rechts-Änderungsgesetz samt Titel und Eingang in 1078 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Prof. Dr. Heinz Krejci spendet Beifall von der Galerie.)


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002 ge­ändert werden, samt Titel und Eingang in 1079 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.29.1926. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1059 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden, und über den

Antrag 525/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, das die Überprüfung des Ermessens gem. § 35 Abs. 2 SMG in den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11a StPO aufnimmt (1080 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 334/A (E) der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus (1082 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 und 27 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen damit zur Debatte.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Wunschredezeit: 2 Minu­ten. – Bitte.

 


22.30.19

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Frauen Minister! Hohes Haus! Mit dem 1. Jänner 2008 tritt eine Strafprozessreform in Kraft. Im Zuge der Beschlussfassung kam es zu einer erfreulichen Entschließung, nämlich dass im Bezug auf die Stärkung der Opferrechte bestimmte Maßnahmen vorgezogen werden sollten, damit schon früher eine Verbesserung für die Opfer erreicht werden kann – hinsichtlich der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung und der Information darüber.

Dieser Entschließung werden wir heute mit der vorliegenden Regierungsvorlage ge­recht und erreichen damit, dass Personen, die Opfer von strafbaren Handlungen ge­worden sind, hinsichtlich der Respektierung ihrer Achtung und Würde beziehungsweise hinsichtlich der Möglichkeiten betreffend Entschädigungs- und Hilfsleistungen eine bes­sere Information und Betreuung erhalten sollen. Ich hoffe, dass es dazu breitestmög­liche Zustimmung gibt.

Des Weiteren verweise ich auf einen Antrag Partik-Pablé, Fekter, wonach die Flexibili­sierung, die wir beim Richterdienst erreichen, auch für die Staatsanwälte gelten soll. Ich möchte auch, dass damit zugleich der nächste Tagesordnungspunkt gewisserma-


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ßen angesprochen und vorweggenommen wird, zumindest was meine Fraktion und die Haltung meiner Fraktion betrifft.

Ich denke, dass wir mit diesen beiden Maßnahmen einen guten Weg zur weiteren Ver­besserung der Opferrechte und der Situation der Opfer beschreiten und bitte um Ihre Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Brinek, ich weise nur der Ordnung halber darauf hin, dass Tagesordnungspunkt 28 gesondert behandelt wird.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


22.32.18

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Initiative zur Stärkung der Opferrechte geht eindeutig von der SPÖ aus. (Abg. Donabauer: Ja, freilich! Selbstverständlich!) Wir haben, noch bevor überhaupt der Unterausschuss zur Strafprozessordnung zu tagen begonnen hat, bereits eine frak­tionelle Enquete abgehalten, auf der verschiedene Beispiele dafür gebracht wurden, was geändert werden muss. (Abg. Dr. Fekter: 30 Jahre hättet ihr Zeit dafür gehabt!) Im Unterausschuss war es federführend die SPÖ, die gemeinsam mit den NGOs auf die Stärkung der Opferrechte gedrängt hat. Dass die Opferrechte jetzt auch vorgezogen werden, diese gemeinsame Initiative, die ich sehr begrüße, geht ebenfalls auf eine For­derung der SPÖ zurück, und im Ausschuss vorige Woche ist es sogar noch gelungen, Verbesserungen einzubringen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Na sehen Sie, weil wir so offen sind, Frau Kollegin!)

Es war mühsam, aber es war doch eine vernünftige und letztendlich auch eine erfolg­reiche Zusammenarbeit. Ich möchte aber trotzdem betonen: Wenn die Opposition, wenn die SPÖ, wenn die NGOs in dieser Frage nicht immer so auf die Opferrechte gepocht hätten, würde das Gesetz ganz anders aussehen.

Zwei Wermutstropfen gibt es allerdings. Zwei dringende Forderungen sind im Aus­schuss nicht angenommen worden, obwohl Ministerin Gastinger – und ich zitiere sie – gesagt hat: Alles was technisch möglich ist und ins System passt, wird vorgezogen. – Auf zwei Punkte trifft das leider nicht zu, nämlich erstens auf die Gewährung von Ver­fahrenshilfe für Privatbeteiligte. Das würde gut in diese Strafprozessordnung passen. Es gibt keinen legistischen Grund dafür, dass das nicht gemacht werden sollte, nur einen finanziellen, und ich denke, genau hier sollten wir nicht zu sparen beginnen.

Der zweite Punkt, überhaupt der bedauerlichste Kritikpunkt, ist der, dass auch künftig nicht alle Opfer von Gewalt das Recht auf schonende Einvernahme haben werden. Nicht berücksichtigt wurden zum Beispiel ältere Frauen, die Opfer eines Raubüberfalls wurden. Sie können sich sicher vorstellen, dass diese Frauen sehr traumatisiert sind, und wir sollten ihnen die Situation erleichtern.

Oder auch im Bereich der familiären Gewalt: Da ist überhaupt davon auszugehen, dass die Opfer in der Regel besonders emotional betroffen sind. Sie sagen ja nicht gegen irgendeinen fremden Menschen aus, sondern etwa gegen den eigenen Ehe­mann oder den eigenen Vater, mit dem sie im selben Haushalt leben. Können Sie sich vorstellen, wie peinlich, wie beschämend, wie demütigend es ist, wenn das Opfer in einer öffentlichen Verhandlung vor dem ihm sehr gut bekannten Täter über die Details der erlebten Gewalt erzählen muss? Können Sie sich vorstellen, wie es für die Frau ist, wenn sie darüber reden muss, dass sie vor dem verschlossenen Eiskasten kniend um Essen betteln musste oder dass sie mit einer Pumpgun an ihren Kopf gedrückt ihren Mann als Gott huldigen musste oder dass sie Essen zu sich nehmen musste, in das


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der Mann vorher gespuckt hatte oder dass sie am Boden neben dem Bett schlafen musste oder dass sie sich nur auf öffentlichen Toiletten waschen konnte, da der Mann zu Hause immer die Wasserhähne abschraubte?

Das sind keine wilden Phantasiegeschichten, die ich mir ausgedacht habe, sondern das sind Alltäglichkeiten aus der Arbeit der Frauenhäuser, der Interventionsstellen und der NGOs. Sollte diesen Opfern wirklich zugemutet werden, dass sie darüber mehr­mals in der Öffentlichkeit befragt werden – in Anwesenheit des vielleicht grinsenden Täters oder der Familie?! Glauben Sie wirklich, dass diese Frauen dazu bereit sind, glauben Sie wirklich, Herr Kollege Donabauer, weil Sie das im Ausschuss so betont haben, dass das Argument, dass die Unmittelbarkeit nicht mehr gegeben wäre, wirklich stärker ist als der Schutz der Opfer, glauben Sie wirklich, dass dadurch die Aussage glaubwürdiger wird, wie im Ausschuss ebenfalls argumentiert wurde?

Ich denke, es ist dringend erforderlich, dass genau dieser Punkt der Reform noch ein­mal überdacht wird und allen Opfern von Gewalt das Recht auf schonende Einver­nahme zugestanden wird. „Im Zweifel für die Opfer“ wäre hier ein guter Ansatz.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (1080 d.B.) über die Regierungsvorlage (1059 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden und über den Antrag 525/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, das die Überprüfung des Ermessens gem. § 35 Abs. 2 SMG in den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11a StOP aufnimmt

eingebracht in der 122. Sitzung des Nationalrates XXII. GP

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Zu Artikel I, Änderung der Strafprozessordnung

1.) Die bisherige Z. 1 wird zu Z. 1a und die neue Z. 1 lautet:

„1. In § 47 wird ein Abs. 3 angefügt, welcher lautet:

„§ 41 Abs. 2 gilt für Privatbeteiligte sinngemäß.“

2.) Die bisherige Z. 4a wird zur Z. 4b und die neue Z. 4a lautet:

„4a. Im § 162a Abs. 3 lautet der letzte Satz wie folgt:

„Im Übrigen hat der Untersuchungsrichter die in den §§ 49 Abs. 1, 152 Abs. 1 Z. 2, 2a, 3 erwähnten Personen auf solche Weise (Abs. 1 und 2) zu vernehmen, wenn sie dies verlangen.“

*****

Noch eines: Ich möchte mich bei den NGOs ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit bedanken, beim Weißen Ring, den Interventionsstellen, den Frauenhäusern und, und, und. Das sind großartige Experten und Expertinnen, die in der Opferschutzarbeit ar­beiten. Umso bedenklicher ist es, Frau Ministerin, dass Sie diese Institutionen finanziell nicht unterstützen und stattdessen Gelder in eine Täterarbeitsorganisation, den Verein Neustart, stecken, die zwar in der Täterarbeit hervorragend arbeitet, aber nicht Ex­perte bei der Opferarbeit ist. Und noch dazu wird in diesem Zusammenhang von Ihnen


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eine sehr fragwürdige sexistische Werbekampagne finanziert. Auch das sollten Sie noch einmal überdenken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Frau Abgeordneter Stadlbauer soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unter­stützt und steht somit mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.38.09

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Die heute in der Strafprozessordnung vorgesehe­nen Verbesserungen des Opferschutzes sind die Fortsetzung verantwortungsvoller Justizpolitik. Die Rechte von Gewaltopfern sollen in wichtigen Bereichen Verbesserun­gen erfahren.

Die Kernpunkte sind dabei der Rechtsanspruch auf psychosoziale und juristische Pro­zessbegleitung für Gewaltopfer und die von den Oppositionsparteien eingebrachte Informationspflicht an die Opfer, wenn Täter enthaftet werden. Beides sind wesentliche Verbesserungen für die Menschen in unserem Land, die durch Straftaten großes Leid erfahren haben. Insbesondere die Prozessbegleitung ist für die Gewaltopfer eine we­sentliche und mehr als notwendige Schutzfunktion.

1 500 angezeigte Sozialdelikte gab es im letzten Jahr in Österreich und dementspre­chend groß ist auch die Zahl der Opfer. Wir alle wissen, dass es bei diesen Delikten noch immer eine große Dunkelziffer gibt. Die Menschen fürchten sich, ihr Leid zur Anzeige zu bringen. Es ist zu hoffen, dass diese begleitenden Verfahrensmaßnahmen, die Opfer vermehrt dazu bewegen, Gewaltakte anzuzeigen.

Frau Bundesminister Gastinger und ihrem Vorgänger ist für ihren Einsatz für die Ge­waltopfer ganz herzlich zu danken. An dieser Stelle möchte ich meiner Vorrednerin widersprechen: Nicht nur Initiativen der SPÖ sind es, die zum Opferschutz beitragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Stadlbauer: Das habe ich auch nicht gesagt!)

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf verweisen, dass erstmals unter Minister Böhmdorfer ein Budgetansatz für Opferschutz eingerichtet wurde. Für das Jahr 2001 wurden 400 000 € dafür budgetiert, und im heurigen Jahr wurde dieser Ansatz auf 2 Millionen € aufgestockt.

Erfreulich wäre ein gemeinsamer Beschluss dieser doch weitgehend im Konsens erar­beiteten Maßnahmen, um damit einen wichtigen Schritt für die Opfer zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


22.40.52

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Ich habe eigentlich den Worten der Kollegin Stadlbauer überhaupt nichts hinzu­zufügen, außer vielleicht, dass ich mir gewünscht hätte, dass sie dort, wo sie meinte, dass es „die SPÖ“ gewesen wäre, die das verlangt hat, korrekterweise hätte sagen sollen, dass es die Opposition war, denn mindestens so intensiv wie sich die SPÖ-Kol­leginnen und -Kollegen dafür eingesetzt haben, haben wir dies auch getan. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Streitet euch ein bisserl!)


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Meine Damen und Herren! Das hat letztendlich auch dazu geführt, dass Teile des Abänderungsantrages, den SPÖ und Grüne im Justizausschuss eingebracht haben, auch auf Verständnis und Zustimmung bei den Regierungsfraktionen gestoßen sind. Daran sieht man, dass beide Oppositionsparteien im Nationalrat konstruktiv arbeiten, vor allem auch im Justizausschuss, denn sonst könnte so etwas nicht geschehen.

Nichtsdestotrotz wiederhole ich nicht, was Bettina Stadlbauer gesagt hat; deshalb also der heutige Abänderungsantrag. – Das zum Ersten.

Zum Zweiten muss ich sagen, dass ich es leid bin, hier ständig zu hören, welche Minis­ter wie viel Geld welchen Organisationen wann geben; das wendet sich jetzt nicht gegen die beiden Damen hinter mir. Frau Mittermüller hat das wieder gesagt, so als hätte Herr Dr. Böhmdorfer irgendetwas von seinem eigenen Geld für Opferschutzein­richtungen gegeben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Bitte, das ist das Geld der österreichischen Bevölkerung, der Steuerzahler und Steuer­zahlerinnen, das für Projekte, die, weil sie notwendig und wichtig sind, gemäß überein­stimmendem Willen auch des Nationalrats entsprechend budgetiert wurden, aber nicht: Er hat in seinem Budget ... Diese Diktion bin ich leid!

Wir wollen das gemeinsam. Diese StPO-Novelle wird heute gemeinsam beschlossen, weil die Vorverfahrensreform von Opposition und Regierung als Notwendigkeit erkannt wurde. Darüber freue ich mich, und das wollte ich gesagt haben.

Ein Letztes noch: Es wird auch das Tilgungsgesetz geändert. Ich möchte hier jetzt nicht eine Debatte über Amnestie, Rehabilitierung von Homosexuellen auslösen. Ich möchte nur darauf hinweisen, Frau Ministerin, dass ich den Abänderungsantrag, den ich im Justizausschuss eingebracht habe, heute nicht einbringe, sondern ihn als Selb­ständigen Antrag eingebracht habe, wir also Gelegenheit haben werden, über diesen Antrag im Justizausschuss intensiv zu diskutieren. Es gibt auch schon Verbesserungs­vorschläge für diesen Initiativantrag. Ich erhebe keinen Anspruch auf Perfektion, denn ich bin keine Legistin und schon gar nicht, überhaupt nicht eine Kennerin des Systems wie die Herren in Ihrem Ressort, Frau Ministerin. Ich nehme an, Sie würden diesen Anspruch für sich ja auch nicht erheben.

Was ich mir aber wünsche, Frau Ministerin und Frau Vorsitzende des Justizausschus­ses, ist, dass wir diese Diskussion im Justizausschuss führen, denn das ist eine not­wendige Diskussion. In dieser Republik soll Recht vor Gnade gehen. (Beifall bei den Grünen.)

22.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Franz. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.44.27

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausweitung des Opferschutzes ist in unserer demo­kratischen Gesellschaft ein absolutes Muss. Das zeigt schon die Zustimmung aller Fraktionen zu dieser Gesetzesänderung. Ich möchte besonders auf Frauen eingehen, die einer Unzahl von Gewaltformen ausgesetzt sind und dringend der Opferhilfe bedür­fen.

Die meisten Verbrechensopfer in unserer Gesellschaft sind weiblich. Gewalt gegen Frauen ist einer der entscheidenden sozialen Mechanismen, durch die Frauen in einer untergeordneten Position gehalten werden. Aus Berichten und persönlichen Gesprä­chen wissen wir, dass Verbrechensopfer nach dem Geschehen meist traumatisiert sind und über das Gewesene nicht mit jedem reden wollen oder auch können. Diese Menschen brauchen dringend Hilfe, auch von staatlicher Seite.


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Es ist nun vorgesehen, dass Personen, die durch eine strafbare Handlung in ihrer se­xuellen Integrität verletzt worden sein könnten, berechtigt sind, im Vorverfahren nach Möglichkeit von einer Person des gleichen Geschlechts vernommen zu werden. Gera­de für Frauen bedeutet die Einvernahme nach sexuellen Übergriffen eine große Hürde, die sie bewältigen müssen. Ab In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung können sie die Beantwortung von Fragen, die sie für unzumutbar halten, verweigern, ebenso können sie den Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Hauptverhandlung verlangen.

Der Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung wird eine große Erleichterung für die Betroffenen sein. Bereits ab dem Jahr 2006 muss die Polizei die Verbrechensopfer bei der ersten Vernehmung über ihre Opferrechte informieren. Das bedeutet konkret, dass Opfer nicht mehr allein gelassen werden, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.46.46

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen Minis­ter! Diesem Paket heute umfasst eigentlich eher atypisch auf Grund einer getroffenen Vereinbarung, damit das mit behandelt wird, auch die Thematik der Rehabilitierung von Justizopfern des Austrofaschismus. Gerade jetzt im Gedenkjahr muss ich mit großem Bedauern feststellen, dass es – doch eines der schwärzesten Kapitel der Zweiten Republik – nicht gelungen ist, einen entsprechenden, vor allem dem Gedenkjahr gezie­menden Umgang gemeinsam festzulegen.

Ich darf darauf hinweisen, dass wir bereits im Februar 2004 einen Entschließungsan­trag eingebracht haben. In einer langen Reihe von eher sehr merkwürdigen Behand­lungen wurde dieser Antrag immer wieder vertagt. Letztlich ist es gelungen, dass es zu einer Beschlussfassung kommt, allerdings im ablehnenden Sinn. Daher steht er auch heute zur Diskussion.

Worum geht es? – Ich darf vielleicht den Entschließungsantrag noch einmal kurz zitie­ren und darauf hinweisen, dass es um die Geschehnisse des Februar 1934 geht, in denen eine Reihe von Widerstandskämpfern, von Patrioten versucht haben, gegen den Putsch, gegen die Sperre des Parlaments und die daraus resultierenden Konsequen­zen, gegen diesen Anschlag auf die Demokratie, der auch eine der Grundlagen der Schwächung der Republik war im Hinblick auf die dann darauf folgenden nationalsozi­alistischen Gräuel, anzugehen. Damit ist in einer Art und Weise umgegangen worden, die eines Rechtsstaats nicht würdig ist.

Ich darf darauf hinweisen, dass Bundeskanzler Dollfuß damals in einer Art und Weise gehandelt hat, die auch in kriminalpolitischem Sinne als Mord zu bezeichnen ist. Ich denke, dass man sich in diesem Gedenkjahr der Republik dieser Thematik stellen sollte. Ich darf Sie wirklich ersuchen, auffordern, Stellung zu beziehen und nicht mehr oder weniger zu verdrängen, wie mit diesen Opfern umgegangen worden ist.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob das alle wissen, aber es war so, dass es letztlich auch darum gegangen ist, ein Exempel zu statuieren, unter anderem auch dadurch, dass man das Kriegsrecht über die Zeit der Revolution hinaus verlängert hat, um standgerichtliche Urteile an Menschen zu vollziehen, die schwer verletzt waren. Es waren 21 Standgerichtsurteile, die damals um den 12. Februar herum verhängt worden sind. Ich darf nur Koloman Wallisch nennen, Emil Swoboda, Karl Münichreiter. Das sind Vorfälle, die seitens der Regierung, der ÖVP und auch von Ihrer Seite, Frau Mi­nister, noch keine Entschuldigung erfahren haben.


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Die Argumentation, dass es ohnedies bereits das Gesetz aus 1945 gäbe, das das de facto mit behandelt, hatten wir bei der Thematik der Opfer des Nationalsozialismus auch nicht angewandt. Das heißt, es gibt eigentlich keinen einzigen vernünftigen Grund dafür, dass mit diesen Opfern anders umgegangen werden soll als mit den Opfern des Nationalsozialismus. Ich betrachte das daher als in höchstem Ausmaß bedauerlich und würde meinen, dass Sie noch einmal in sich gehen sollten.

Ich sage das hier in vollem Bewusstsein, dass dieses Thema schon des Öfteren ange­schnitten worden ist. Es scheint mir allerdings gerade – ich sage es noch einmal – im Gedenkjahr besonders sinnvoll und notwendig zu sein, dass Sie wirklich in sich gehen und die Frage stellen, ob es notwendig ist, dass Sie hier im Haus jener Person, die eigentlich all diese Kriegsverbrechen zu vertreten hat, die eigentlich als ein schwer krimineller Arbeitermörder zu bezeichnen ist, nämlich Dollfuß, eine Stelle zur Vereh­rung einräumen, indem Sie das Bild hier aufgehängt haben.

Ich denke, dass es bei einer sachlichen Betrachtungsweise irgendwann einmal dazu kommen muss, dass auch Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, zu Ihrer Ge­schichte stehen und einräumen müssen, dass das ein Fehler war, ein Kardinalfehler, und dass Sie daraus die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Diese können sicher­lich nicht sein, dass man hier mehr oder weniger über die Hintertüre eine Verehrung, die dieses Landes nicht würdig ist, weiterhin aufrechterhält. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. – Bitte.

 


22.51.37

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungskollegin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Ich möchte gerne noch einmal auf den Opferschutz zu sprechen kommen und vor allem auch darauf eingehen, was Frau Abgeordnete Stadlbauer gesagt hat.

Ich denke, dass gerade der Bereich Opferschutz aus jeglicher politischen Diskussion herausgehalten werden sollte. Das ist meine persönliche Meinung. Ich habe jetzt ge­rade im Bereich der Prozessbegleitung auch sehr viel Kontakt mit Opferschutzvereinen von den verschiedensten Ausrichtungen gehabt, weil wir mit sehr vielen Vereinen zu­sammenarbeiten. Ich denke, dass es besonders wichtig ist, gerade für den Opferschutz gemeinsam aufzutreten. So wie ich das hier aus der Diskussion im Hohen Nationalrat feststelle, gehe ich davon aus, dass das uns allen gemeinsam ein wichtiges Anliegen ist. Ich denke, dass es keinen Sinn macht, die Vereine gegeneinander auszuspielen. Ich habe selbst bei unserer Diskussion um die Prozessbegleitung feststellen müssen, wie schwierig es war, verschiedenste Vereine an einen Tisch zu bekommen und die­sen Vertrag mit dem Justizministerium im Endeffekt auszuverhandeln.

Ich bin aber sehr froh darüber, dass das letztendlich geglückt ist. Wir haben die psy­chosoziale und die juristische Prozessbegleitung bereits auf die Beine gestellt. Das läuft bereits. Wir bieten schon derzeit im Bereich des Justizministeriums auf freiwilliger Basis jene Maßnahmen an, die der Hohe Nationalrat in ein paar Minuten beschließen wird. Ich denke, dass das der richtige und auch der wichtige Weg ist.

Wie schon einige Vorredner gesagt haben, haben wir unser Budget gerade für diesen Bereich massiv aufgestockt. Im Jahr 2000 wurden für den Bereich Opferschutz aus dem Justizbudget zirka 33 000 € ausgegeben, und im Jahr 2005 habe ich für den Be­reich des Opferschutzes – dank Ihrer Unterstützung, da hat Frau Abgeordnete Stoisits sicherlich Recht, denn das Budget beschließt der Hohe Nationalrat – ein Budget von


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2 Millionen € zur Verfügung. Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass wir diesen Weg auch weitergehen sollten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fau­land. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.54.03

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rinnen! Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Jarolim ein­gehen. Aus unserer Sicht ist das Gesetz vom 19. Jänner 1946 über die Einstellung der Strafverfahren und die Nachsicht von Strafen für Kämpfer gegen Nationalsozialismus und Faschismus sehr wohl anwendbar, was die Rehabilitierung der Justizopfer des Austrofaschismus betrifft. Nichtsdestotrotz ist das wirklich eines der schwärzesten Kapitel der österreichischen Geschichte. – Das zu diesem Teil.

Eine zweite Anmerkung, die ich in Richtung Kollegin Stoisits bezüglich ihrer Ankündi­gung, die Tilgung für die Homosexuellen in der nächsten Ausschusssitzung zu beraten, geben möchte: Wir freuen uns schon darauf, aber ich stelle gleich jetzt fest, dass für uns eine generelle Tilgung kaum möglich sein wird, da jeder Einzelfall als solcher zu beleuchten ist und jeder Einzelfall dann zu beurteilen ist, da wir eine Vermischung von Delikten, die aus § 209 auch heute noch strafbar werden nach § 207b, haben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.55.27

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Nationalrat hat am 26. Februar 2004 anlässlich der Beschlussfassung des Strafprozessreformgesetzes die Entschließung betreffend Ver­besserung des Opferschutzes einstimmig verabschiedet. (Präsident Dr. Khol über­nimmt den Vorsitz.)

Das Bundesministerium für Justiz wurde ersucht, zu prüfen, ob durch das Strafpro­zessreformgesetz geschaffene Verbesserungen der Opferrechte bereits vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes bis Ende des Jahres 2007 in die geltende Strafprozess­ordnung eingebaut werden können, um eben diese Vorteile bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu verwirklichen.

Im Bereich des Anklageeinspruches und der Nichtigkeitsgründe sollen die in dem Entwurf eines Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes enthaltene Divisionsregelung und Divisionsmöglichkeiten in anderen Gesetzen verfahrensrechtlich abgesichert werden.

Durch die im Entwurf enthaltene Änderung des Tilgungsgesetzes soll die im Rahmen der Integrierten Vollzugsverwaltung in Aussicht genommene neue Klassifizierung durch die Schaffung eines unbeschränkten Zuganges der Anstalt zum Strafregister für Zwe­cke der Vorbereitung der Klassifizierung ermöglicht werden, um eben dadurch Verfah­ren selbst zu beschleunigen sowie Sicherheitsrisiken im Rahmen der „Vorklassifizie­rung“ zu minimieren.

Um bundesweit eine flächendeckende Versorgung mit solchen Einrichtungen der Pro­zessbegleitung zu ermöglichen, wird die Frau Bundesministerin für Justiz bewährte und geeignete Einrichtungen vertraglich mit der Prozessbegleitung beauftragen. Ich denke,


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somit ist wiederum eine weitere Verbesserung des Opferschutzes und der Opferrechte gewährleistet.

Die Beschlussfassung über diesen Gesetzentwurf ist gut und macht Sinn. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.57.47

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerin­nen! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf enthält sicher wesentliche Verbesserungen im Bereich der Opferrechte, allerdings sind diese Verbesserungen nach wie vor verbesserungswürdig. (Abg. Scheibner: Ihr seid mit nichts zufrieden!) Aber es ist schon ein sehr gutes Zeichen, wenn auch ein sehr seltenes, dass das Begutachtungsverfahren diesmal nicht völlig spurlos an den Regierungsfraktionen vor­übergegangen ist und dass doch die eine oder andere Anregung der Opposition einge­arbeitet wurde.

So ist zum Beispiel positiv, dass unter bestimmten Voraussetzungen psychosoziale und juristische Prozessbegleitung gewährt werden soll. Prozessbegleitung, Herr Kol­lege Praßl, ist etwas anderes als Verfahrenshilfe, und diese wird Verbrechensopfern, die sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren anschließen, nach wie vor vorenthalten, und zwar allen, auch den Opfern von Gewaltverbrechen. Besonders verärgert im Aus­schuss haben mich Aussagen von den derzeitigen Regierungsfraktionen, dass dafür eben kein Geld da sei, denn wo käme man da hin, wenn alles bezahlt werden würde. Diese Äußerungen, meine Damen und Herren, sind für mich wirklich blanker Zynismus und maßlose Ignoranz. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe im Ausschuss auch einen tragischen Fall aus meinem Bezirk geschildert. Eine Frau war – vermeintlich muss man sagen, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist – vor Jahren auf einem Gendarmerieposten vergewaltigt worden und hat in Folge dieser Vergewaltigung ein Kind bekommen. Mutter und das mittlerweile 13-jährige Kind waren und sind schwer traumatisiert, wie man sich vorstellen kann, und haben in der Vergangenheit einen Spießrutenlauf absolvieren müssen, um die Therapiekosten er­setzt zu bekommen. Nach mehrjährigen Verfahrensverzögerungen ist es endlich vor rund zwei Wochen zur Hauptverhandlung gekommen. Die Frau ist am Anfang ohne jede Vertretung dagestanden und hat privat sammeln gehen müssen, um den Kosten­vorschuss für ihren Rechtsbeistand finanzieren zu können.

Erfreulich in diesem Zusammenhang – das möchte ich auch nicht unerwähnt lassen – ist, dass die Frau Justizministerin in diesem Einzelfall Unterstützung zugesagt hat, so­dass wenigstens die materiellen Sorgen etwas gelindert werden konnten.

Aber unerfreulich ist, dass die Regierungsparteien nach wie vor Verbrechensopfern im Strafverfahren keine Verfahrenshilfe zugestehen wollen und damit Verbrechensopfer auf den langwierigen und riskanten Zivilrechtsweg verweisen, wo die ganze Prozedur dann noch einmal durchgemacht werden muss. Da, so meine ich, wäre es ein höchst fälliger Schritt gewesen, Verbrechensopfern weiter entgegenzukommen, etwa auch durch den Ausbau der schonenden Einvernahme. Schließlich haben diese Menschen in ihrem Leben wirklich schon genug ertragen müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, ich werde mir Ihre Rede noch genau anschauen. Wenn Sie wirklich der Frau Ministerin „Zynismus“ und „maßlose Ignoranz“ vorgeworfen haben, müssen wir noch miteinander reden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Ich schaue mir das noch im Protokoll an. (Abg. Heinisch-Hosek: Dann schauen Sie nach!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.01.08

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen Ministerinnen! Hohes Haus! Ich begrüße es sehr, dass die so wichtigen Verbesserun­gen für Verbrechensopfer nun gegenüber dem ursprünglichen Beschluss schon ein Jahr früher in Kraft treten werden. Es ist eine gute Entscheidung in einem ausgespro­chen sensiblen Bereich.

Lassen Sie mich aber auf einen Bereich eingehen, in dem wir in der nächsten Zeit sicherlich besonderen Handlungsbedarf haben werden, und zwar auf den Menschen­handel. – Laut OSZE werden nach vorsichtigen Schätzungen mittlerweile jährlich etwa 500 000 Menschen in die Europäische Union geschleppt. Unter welchen Bedingungen diese – vornehmlich Frauen – dann hier leben, machen immer wieder Berichte in den Medien deutlich.

Gerade bei Frauenhandel ist die Schaffung entsprechender Opferschutzbestimmungen besonders wichtig, und ich hoffe sehr, dass wir hier gemeinsam Regelungen schaffen können, die den Betroffenen die nötige Sicherheit bieten. Und zwar ist das besonders dann sehr wichtig, wenn die betroffenen Frauen in Zusammenarbeit mit den Behörden zur Verhaftung und Verurteilung der Schlepper beitragen.

Die Ministerinnen Rauch-Kallat und Plassnik haben diesbezüglich bereits erste Schritte gesetzt mit wichtigen, teils länderübergreifenden Initiativen, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch bedanken möchte ich mich ganz ausdrücklich bei den NGOs, die unverzichtbare Arbeit bei der Betreuung und Begleitung der Opfer leisten. Besonders erwähnen möchte ich hier den Verein LEFÖ, der morgen seinen 20. Geburtstag feiert und heute Bilanz ziehen konnte über 20 bewegte Jahre. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Organisationen gilt meine Wertschätzung und meine Anerkennung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Mandak.)

23.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher sofort zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Til­gungsgesetz geändert werden, in 1080 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Stadlbauer, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den Zusatzantrag und danach über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Stadlbauer, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Ziffern 1 und 4a in Art. I sowie der dadurch bedingten Änderung der Ziffernbezeichnung bezieht.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit im Hohen Haus und ist daher abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das wird einstimmig erteilt. Der Gesetzentwurf ist daher einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1082 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Bericht wird mit Mehrheit ange­nommen.

23.04.4728. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (1081 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 28. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Darf ich Frau Mikesch und Herrn Stummvoll bitten, mir nicht unbedingt den Rücken zuzuwenden, während ich hier enunziere! (Abg. Mikesch: Entschuldigung! – Abg. Dr. Stummvoll: Entschuldigung!)

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten? – Bitte.

 


23.05.35

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine beiden Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ wird der Änderung des Richter­dienstgesetzes ihre Zustimmung geben, weil es ein Kompromiss ist: Im Vorjahr wurde ja von Ihnen, Frau Justizministerin, der Vorstoß gemacht und beabsichtigt, die Spren­gelrichter von zwei auf vier von 100 Richterstellen aufzustocken.

Eine wichtige Säule des Rechtsstaates ist die Unabhängigkeit der Richter. In der Ver­fassung ist auch die Unabsetzbarkeit und die Unversetzbarkeit vorgesehen und festge­schrieben. Ein Ziel bei den Sprengelrichtern war auch immer, dass man für unvorher­sehbare Fälle Richter bereitstellen kann. Daher ist in der Verfassung auch vorgesehen, dass es als Ausnahme gilt. Es ist mit einer Beschränkung von zwei auf 100 Richter­stellen festgeschrieben. Daher war es damals auch absehbar, dass Ihr Vorstoß auf Ablehnung bei der Richterschaft stoßen würde, weil das natürlich das Prinzip der Unabsetzbarkeit beeinträchtigt hätte.

Mit dem vorliegenden Antrag wird aber den Bedenken der Richterschaft und der Kritik der SPÖ Rechnung getragen. Der Richterschaft war es vor allem sehr wichtig, dass es


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bei den Einsatzmöglichkeiten für die Sprengelrichter keine Änderung gibt und der Ein­satz der Sprengelrichter auch weiterhin eine sehr enge Ausnahme bilden wird.

Dieses Anliegen ist im Antrag berücksichtigt. Wir begrüßen auch, dass es nicht zu einer Verdoppelung des Anteils der Sprengelrichter gekommen ist, sondern dass nun­mehr drei von 100 Planstellen dafür vorgesehen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.07.48

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich möchte eigentlich nur einen Abänderungsantrag einbringen, aber zuerst noch ein paar Worte an die SPÖ richten.

Frau Kollegin, ohne Sprengelrichter wäre der Gerichtsbetrieb überhaupt nicht aufrecht­zuerhalten, insbesondere seitdem ungefähr 50 Prozent der Frauen Richterinnen sind (Abg. Neudeck: 50 Prozent der Richter sind Frauen!), denn da kommt es zu sehr viele Karenzen, und da braucht man Sprengelrichter, weil sonst, wie gesagt, ungeheure Belastungen für die Bevölkerung entstehen würden.

Ich möchte einen Abänderungsantrag einbringen, der inhaltlich irrelevant ist, der nur legistische Verbesserungen darstellt, und zwar:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (1081 d.B.) betreffend den Antrag 663/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richter­dienstgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienst­gesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1081 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 Z 2 lautet der Einleitungssatz

„Dem Art. 151 wird folgender Abs. 35 angefügt:“, die Absatzbezeichnung lautet „(35)“ und das Datum des In-Kraft-Tretens lautet: „1. November 2005“.

2. In Artikel 2 Z 2 lautet der Einleitungssatz

„Dem § 173 wird folgender Abs. 39 angefügt:“, die Absatzbezeichnung lautet „(39)“ und das Datum des In-Kraft-Tretens lautet: „1. November 2005“.

*****

Wie gesagt, dem Gesetz stimmen wir selbstverständlich zu. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

23.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé einge­brachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Dr. Fekter, Kollegin­nen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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Als Letzte zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


23.09.37

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! So oft wird die Verfassung im Nationalrat nicht geändert, trotzdem wollte ich mich gar nicht zu Wort melden. Ich habe mich aber jetzt zu Wort gemeldet, um hier nicht einen Eindruck im Raum stehen zu lassen: als wären Frauen im gebärfähigen Alter schuld, dass wir jetzt die Verfassung ändern müssen, weil sie sich doch erlauben, Richterinnen zu sein, ja?

So ist es nicht. – Die Frau Ministerin lacht hinter mir. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie kön­nen alles ins Negative ziehen!) Frau Ministerin! Da ist Ihre Fantasie und die Ihres Hau­ses gefragt, diesen möglicherweise implizierten Vorwurf zu entkräften.

Diese jetzt vorgelegte Novelle ist so ein goldener Mittelweg: Die einen wollen vier, dann braucht man eine Zweidrittelmehrheit, und dann werden drei daraus. Ich bin auch damit zufrieden. (Abg. Wittauer: Für das, dass Sie nichts sagen wollten, sagen Sie aber recht viel!)

Frau Ministerin, ich möchte diese Gelegenheit nutzen beziehungsweise diese Be­schlussfassung zum Anlass nehmen, um zu sagen: Nicht nur im Bereich der Recht­sprechung gibt es Personalprobleme, sondern es gibt Personalprobleme auch in Berei­chen der Justizverwaltung, wo es nicht um Zweidrittelmehrheiten und Ähnliches geht. Man braucht nur an die Justizwache zu denken, oder an die überfüllten Gefängnisse, oder daran, dass es in Österreichs Gefängnissen jetzt eine um ein Vielfaches kompli­ziertere Klientel – also Insassen – gibt und nicht mehr Psychiater, nicht mehr Psycho­logen, nicht mehr Sozialarbeiter.

Frau Ministerin, ich wünsche Ihnen ähnlich viel Erfolg bei Personalverhandlungen wie in diesem Fall. Sie können diese Wünsche jetzt im Sinne der österreichischen Justiz mehr als gut brauchen, glaube ich. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1081 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Da nur der eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Ab­änderungsantrages der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses Zei­chen wird einstimmig erteilt. Daher ist auch die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit gegeben.

23.13.0529. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 606/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Mag. Walter Tancsits, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Vorlage des ersten österreichischen Männerberichts, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat (1015 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 29. Punkt der Tagesord­nung: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 606/A (E) der Abgeordneten Mag. Haupt, Magistra ... Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Vorlage des ersten österreichischen Männerberichtes, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Ihre Wunschrede­zeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.13.40

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Die Damen Bundes­ministerinnen! Herr Staatssekretär! Herr Präsident, dass Sie den Herrn Mag. Tancsits gegendert haben, finde ich recht amüsant, aber es wahr wohl nur ein Versprecher. (Abg. Neudeck: Das heißt aber „MännerInnen-Bericht“!)

Meine Damen und Herren! Männerberichte sind nicht gut, wenn sie aus fünf Einzel­studien, die es bereits gibt, und zwei Studien, die in Arbeit sind, sieben Studien zusam­menfassen, wie es die Intention dieses Antrages über einen fünfjährig zu erstellenden Männerbericht ist – zumindest lesen wir das heraus. Es steht auch Schwarz auf Weiß genauso drinnen: Es mögen die bestehenden Studien eingearbeitet werden und die beiden sich in Arbeit befindlichen Studien auch in diesen Männerbericht einfließen.

Ich denke auch, dass Diskussionen über die Bundeshymne nicht gut sind, wenn sie vom frauenpolitischen Versagen der Frauenministerin ablenken wollen.

Männerberichte hingegen sind im Sinne von Gender Mainstreaming dann gut, wenn sie auch nach Kriterien des Gender Mainstreamings erstellt werden, aber leider ist das hier nicht der Fall.

Ich erinnere nur an einen Ministerratsvortrag der Frauenministerin vom Vorjahr – vom März 2004 –, wo sich die Bundesregierung politisch und rechtlich verpflichtet, die Stra­tegie des Gender Mainstreamings in alle politischen Konzepte und Handlungsfelder einfließen zu lassen, alle geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Gesetzen und Verordnungen zu prüfen und sich selbst zu geschlechtsspezifischer Datenerhebung, Erfassung, Auswertung und Darstellung in allen Bundesministerien verpflichtet. – Das heißt, das gilt auch für alle Studien, die erstellt werden. Leider lese ich aber in diesem Antrag nichts davon.

Gut war der letzte Frauenbericht. – Der ist aus dem Jahr 1995. Wir erwarten dringend und mit Hoffnung einen Frauenbericht 2005. Ich höre nicht, dass er schon in Auftrag gegeben wäre, und warte, ob sich das ausgeht. Genauso möchte ich auf eine Unserio­sität im bestehenden Antrag hinweisen. Es steht nämlich drinnen, im Herbst 2005 soll dieser umfassende Männerbericht fertig sein. Der Herbst dauert noch bis 21. Dezem-


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ber, und auch wenn man nur Bestehendes schnell zusammenfasst, dauert das viel­leicht doch etwas länger, um das seriös zu machen.

Damit im Sinne von Gender Mainstreaming ein Männerbericht, gegen den wir nichts haben, wenn er Vergleichbares mit Vergleichbarem vergleicht, erstellt werden kann, stellen wir einen Abänderungsantrag, den wir auch schon im Ausschuss gestellt haben.

Ich möchte ihn kurz zur Kenntnis bringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Silhavy, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialausschusses (1015 der Beilagen) über den Antrag 606/A (E) der Abgeordneten Mag. Haupt und Mag. Tancsits

betreffend Vorlage des ersten österreichischen Männerberichtes, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag wird wie folgt geändert:

„Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wird ersucht, dem Nationalrat analog der Vorlage des zehnjährigen Frauenberichtes durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen einen zehnjährigen Männer­bericht vorzulegen, der unter vergleichbaren Kriterien erstellt wird und somit beide Be­richte als Grundlage für Vergleiche in den Entwicklungen der Geschlechter dienen kön­nen.

Der erste Bericht soll bereits im Herbst 2005 vorgelegt werden, da zu diesem Zeitpunkt auch der nächste Frauenbericht dem Nationalrat übermittelt werden sollte.“

*****

Abschließend: Wir hätten einen fertigen Männergesundheitsbericht. Wir hätten bezie­hungsweise haben einen fertigen Frauengesundheitsbericht. Würde man sich diese beiden Berichte anschauen und sie im Sinne des Gender Mainstreamings vergleichen, könnte man viel Geld sparen und hätte gleich gute und viele Daten zur Verfügung, um auch Gesetzesänderungen einleiten zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

23.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Heinisch-Hosek verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Silhavy, Kolleginnen und Kol­legen zum Bericht des Sozialausschusses über den Antrag 606/A (E) der Abgeord­neten Mag. Haupt und Mag. Tancsits betreffend Vorlage des ersten österreichischen Männerberichtes, im Sinne des Gender Mainstreamings, an den Nationalrat ist hinrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Ihre Wunschredezeit beträgt 2 Minu­ten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.18.02

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass es gut und not­wendig ist, dass es analog zu den Frauen-, Jugend- und Familienberichten nun einen Männerbericht geben soll und wird, auch mit dem Schwerpunkt der Einbindung der


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Buben- und Männerarbeit, aber auch der Vätereinbindung, angefangen von der Karenz bis weiter hinaus.

Zum Gender möchte ich noch einmal sagen, weil ich glaube, dass viele mit diesem Be­griff nichts anfangen können: Gender ist soziales Geschlecht. Mit Gender werden die unterschiedlichen, gesellschaftlich bestimmten Rollen, Rechte und Pflichten von Frau­en und Männern bezeichnet. Mainstreaming bedeutet, etwas in den Hauptstrom zu bringen.

Ich bin überzeugt davon und hoffe, dass diese Regierung auch diesen Bericht in Rich­tung eines Hauptstromes bringt und dass die SPÖ und die Grünen vielleicht einmal zufrieden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.19.20

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Die Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich ent­nehme dem Lärmpegel, dass zumindest noch einige wach sind. – Das freut mich sehr. Insbesondere bei der FPÖ wogt ja immer Begeisterung auf, wenn frauenpolitische Themen am Rednerpult besprochen werden – diesmal frauenpolitische und männer­politische Themen, weil ich gerne beides angehen möchte. (Abg. Wittauer: Also wenn Frauen über Männer reden, dann wird’s schwierig!)

Vorab eine Bemerkung: Ich bin sehr dafür, einen vernünftigen, zeitgemäßen Männer­bericht zu erstellen, der den Platz einnimmt, der der Männerpolitik durchaus gebührt. (Abg. Wittauer: Liebe Töchter und Söhne!)

Zweitens: Ich bin allerdings zutiefst davon überzeugt, dass diese Bundesregierung ge­nau das nicht vorhat. Ich habe zwei plakative Beispiele, um meinen Verdacht zu unter­mauern.

Das eine Beispiel ist ganz simpel: Was diese Bundesregierung zur Männergesundheit vorgelegt hat, ist dieses Paket. (Die Rednerin hält drei Bände in die Höhe, von denen der erste den Titel „Österreichischer Männergesundheitsbericht 2005“ trägt.)

Was diese Bundesregierung zur Frauengesundheit vorgelegt hat, ist dieses schmale Heft. (Die Rednerin hält einen Band mit dem Titel „Österreichischer Frauengesund­heitsbericht 2005“ in die Höhe. Abg. Neudeck: Die sind viel gesünder als die Män­ner! Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Grünen und der Freiheit­lichen.)

Soll ich da annehmen, dass dies das Mainstreaming ist, wie sich das die Frau Kollegin Steibl wünscht? So nach dem Motto: Ach, immer die Frauen! Da muss es reichen, ein paar Seiten zusammenzuschreiben, während wir der Männergesundheit natürlich gleich mehrere Bände widmen und einen hohen Wert beimessen müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist etwas, das sich durchzieht: Nicht nur, dass sowieso der größte Teil Ihrer Politik den Männern mehr nutzt als den Frauen – oder den Frauen mehr schadet als den Männern, Stichworte: Pensionsreform, Steuerreform und so weiter (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja nicht wahr!) –, damit nicht genug – das wäre ja eigentlich schon zu viel! –, nein, wenn es in den vergangenen Regierungen ein Frauenministerium gegeben hat, dann müssen Sie jetzt schauen, dass das Frauenressort nur mehr möglichst wenig zu tun bekommt, und gleichziehen mit der Männerpolitik – in Ihrer Definition.


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Wie diese inhaltlich ausschaut, würde ich auch gerne dokumentieren, um einen zwei­ten Anspruch zu belegen, weil ich ja gesagt habe: ein vernünftiger, zeitgemäßer Män­nerbericht – jederzeit gerne!

Was Sie publizieren, das sind Dinge, die dem nicht unbedingt entsprechen. Ich zitiere aus dem „Männerratgeber“ – gerade erschienen, von dieser Bundesregierung heraus­gegeben –, zum Beispiel Seite 259:

„Von Natur aus ist die Frau emotional und physisch dazu ausgerüstet, Kinder Monate vor der Geburt und Jahre nachher als primäre und dominante Beziehung zu betreuen. Dieser angeborene Impuls kann sich auch auf erweiterte Pflege und Hilfe über die Kin­desjahre und die eigenen Kinder hinaus übertragen – was von allen Gesellschaften genutzt wird. Doch ist das nicht mehr genetisch zwingend.“ (Abg. Dr. Brinek: Wo steht das?)

In welchem Jahrhundert leben wir? Ich lese weiter nicht mehr im Detail vor, sondern weise noch darauf hin, dass der Ratgeber zu den Männern immerhin auch etwas sagt – es ist ja ein Männerratgeber –, nämlich, dass die „universelle Verbreitung von kämpferischen und kooperativen Männergemeinschaften in allen Kulturen“ ein Beleg dafür sei, dass der „genetisch-hormonelle Trieb zu Dominanz und Einordnung, zu Füh­rung und Kumpanei Männern stärker zu eigen ist als Frauen“. (Abg. Scheibner: Das stimmt sicher nicht! Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt wissen wir es: Die Genetik ist schuld, dass ein Mann Bundeskanzler ist. Dass es dieser Mann ist und diese Parteien sind, daran sind leider noch die Wählerinnen und Wähler schuld. Sie werden sich besinnen, wenn sie das lesen. (Beifall bei den Grü­nen. Zwischenruf des Abg. Donabauer.)

Solche Männerberichte – nein danke! Ich werde liebend gerne dem Antrag der Kollegin Heinisch-Hosek zustimmen. Das wird Sinn machen. Das, was Sie hier betreiben, ist vorvorvorgestrige Politik, und die brauchen wir wirklich nicht – auch die Männer nicht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

23.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt ans Rednerpult. 4 Minuten Redezeit. – Bitte. (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Da Sie heute Geburtstag haben, Herr Kollege Haupt, werden Sie von allgemeinem Beifall begrüßt!

 


23.23.44

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Weinzinger, ich hoffe nicht, dass Sie jemals nach den gleichen hormonellen Vorstellungen behandelt werden, die Sie gerade for­muliert haben, denn dann müsste man Ihnen relativ bald einen Rasierapparat zur Ver­fügung stellen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Damit ist also auch das decouvriert, was Sie von der linken Reichshälfte hier immer postuliert haben: Gleiches kann nur gleich behandelt werden, und Ungleiches gleich zu behandeln, das ist leider nicht möglich. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich bitte Sie, Frau Kollegin, doch zur Kenntnis zu nehmen, dass es tatsächlich gene­tische Unterschiede gibt, und das ist, glaube ich, sehr gut. (Heiterkeit bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.) Wenn Sie das gleich gestalten wollen, dann werden wir uns in einer Gesellschaft befinden, wo die Europahymne gilt: alle Menschen werden Brüder. – Das ist eine Gesellschaft, in der ich als ehemaliger Frauenminister nicht leben möchte!


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(Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

23.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Haub­ner. – Bitte. (Unruhe im Saal. Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


23.25.02

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte wieder auf die Sachebene zurückkommen, denn es geht letztendlich darum, dass wir auch einer Politik, die eine Geschlechterpolitik ist, ein Miteinander von Frauen und Männern – auch in allen Politikbereichen – mit einem dem Parlament vorzulegenden Männerbericht Ausdruck verleihen. (Abg. Mag. Weinzinger: Wie wäre es mit einer Distanzierung?)

Ich bin froh darüber, dass es eine allgemeine Übereinstimmung gibt, dass es auch einen Männerbericht geben soll, wenn es einen Frauenbericht gibt. Es ist nur offenbar der Zugang ein unterschiedlicher, was in diesem Männerbericht stehen soll. (Zwischen­rufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich halte – auch zu vorgerückter Stunde – nichts davon, wenn wir Frauen gegen Männer und Männer gegen Frauen ausspielen. Ich bitte da um eine sachliche Ebene. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Abg. Silhavy: Es geht um Gender Mainstreaming ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Familien- und Geschlechterpolitik verlangt in allen Bereichen eine sehr aktive Mitgestaltung durch die Männer. Partner­schaft und familiäre Verantwortung bedürfen der Abstimmung und vor allem auch des Aufeinanderzugehens von Männern und Frauen.

Daher ist es ganz wichtig, dass wir mit Studien, mit Umfragen und mit Prüfungen bele­gen, dass sich Männer zunehmend auch an der Entwicklung eines partnerschaftlichen Geschlechterverhältnisses aktiv beteiligen wollen.

Dieser geplante erste österreichische Männerbericht entspringt mehreren Überlegun­gen: Einerseits dem ganz reellen Bedürfnis, für die Bevölkerung auch diese Themen­bereiche sachlich aufzubereiten – auch im Sinne einer ganzheitlichen Familien- und Geschlechterpolitik. Vor allem soll es auch ein Resultat einer vorausschauenden Politik sein, die 2001 mit der Gründung der männerpolitischen Grundsatzabteilung begonnen wurde.

Dieser innovative Schritt wurde damals im Jahre 2001 sehr stark belächelt und kritisiert und ist inzwischen nicht nur zu einer anerkannten Abteilung geworden, sondern ist auch in all unseren europäischen Nachbar- und Mitgliedsländern etwas, das immer wieder begrüßt und interessiert beobachtet wird.

Meine Damen und Herren! Es ist daher ganz konsequent, wenn im österreichischen Nationalrat eine sehr kompakte Zusammenfassung der bisher erforschten Situation der Männer in ihrer Entwicklung, der Buben, der Burschen, sowie der Männer und Väter in Österreich vorgelegt und angeregt diskutiert wird.

Dieser Bericht, diese Vorlage soll im Interesse aller im österreichischen Parlament ver­tretenen Parteien sein.

In diesem Sinne ist es, denke ich, ein guter Schritt, den wir hier setzen, dass wir einen Männerbericht vorlegen, der auch gemeinsam mit dem Frauenbericht intensiv diskutiert


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122. Sitzung / Seite 278

werden soll. Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Zwischen­rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

23.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Öllinger. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


23.28.56

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Es war zwar ein bemühter Versuch von Ihrer Seite, und Sie haben das auch angekündigt, als Sie gesagt haben, Sie wollen auf ein sachliches Niveau kommen.

Aber, ehrlich gesagt, Herr Kollege Haupt! Selbst ein Geburtstag rechtfertigt es nicht, dass man die dümmlich-dünnen Bemerkungen, die aus dem Buch zitiert wurden, auf Biertischniveau herunterdestilliert, so wie Sie das in Ihrer Rede gemacht haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. Abg. Wittauer: Willst du dich jetzt einschleimen? Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, die Anmerkungen meiner Kollegin Weinzinger zu dem, was hier in dem Männerguide steht, haben selbst bei Ihnen Betroffenheit ausgelöst und sollten dann nicht durch schenkelklopfende und klatschende Bemerkungen – nach dem Motto: Jetzt hat es ihr aber wieder einer gezeigt! – zu eliminieren versucht werden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich halte das wirklich für ein Riesenproblem. Das ist nicht angemessen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte ganz kurz auch noch zu diesem Büchlein und natürlich auch zu den Be­fürchtungen, die wir betreffend diesen Männerbericht haben, zurückkommen.

Meine Kollegin Weinzinger war es, die gesagt hat: Wir haben nichts gegen einen Män­nerbericht! Im Gegenteil: Es wäre manchmal notwendig, einen Bericht über die Situa­tion von Männern zu machen, auch im Vergleich zur Situation von Frauen. Das wäre sinnvoll. Warum gibt es bestimmte Entwicklungen bei den Männern, die es bei den Frauen nicht gibt, oder umgekehrt? Das würde Sinn machen.

So ist aber der Männerbericht nicht konzipiert. Vor allem: Wir haben jetzt einen Vorge­schmack dessen, was möglicherweise noch alles kommen kann. Entschuldigung, Herr Kollege Haupt! Aber Ihre Bemerkungen haben das auf eine Ebene gebracht, die dem überhaupt nicht angemessen ist. Außerdem ist dieser Männerratgeber eine unglaub­liche Ansammlung von Plattheiten beziehungsweise Adressen ist. Ich möchte nicht, dass man sich mit der Situation von Frauen, aber auch nicht mit der Situation von Män­nern auf diesem Niveau auseinander setzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

23.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.31.42

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Her Staatssekretär! Hohes Haus! Für mich ist es das Ziel von Sozialpolitik, Menschen und Menschengruppen, die es nötig haben, zu helfen, und für mich ist es auch das Ziel, diese Hilfe auf eine Art und Weise zuteil werden zu lassen, dass daraus eine bes­sere Gesellschaft entsteht.


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Wir wissen, dass Männer nicht nur um etliche Jahre früher sterben als Frauen, wir wissen, dass die Suizidrate bei Männern um ein Gigantisches höher liegt als bei Frau­en, insbesondere auch im jugendlichen Alter, und wir wissen, dass es ganze Gesund­heitsbereiche gibt, in denen es enorme Unterschiede und Probleme gibt, ich denke nur an den Alkoholismus: In Anbetracht all dessen kann ich nur sagen, dass wir gerade in Österreich, wo etwa das Problem des Alkoholismus so weit ausgeprägt ist, dass nicht nur Tausende oder Zehntausende, sondern Hunderttausende davon betroffen sind, da­vor nicht die Augen verschließen dürfen, sondern auch gendermäßig versuchen müs­sen, entsprechende Lösungen anzubieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich freue mich daher, dass es eine Politik gibt und dass der Versuch gestartet wird, diese Probleme aktiv anzugehen. Ich danke auch Herbert Haupt, dass er in seiner Ministerzeit damit begonnen hat, und ich danke Frau Ministerin Haubner, dass sie das fortführt.

Ich gehe davon aus, dass der erste Bericht sicherlich nicht vollkommen sein wird, dass es darin viele Fehler und vieles geben wird, was vielleicht unverständlich ist, aber wenn wir nicht ideologiegeprägt daran herangehen, sondern schlicht und einfach sozial ori­entiert, dann bin ich sicher, dass dieser Bericht einen wesentlichen Fortschritt bringen wird. Was ich mir wünsche, das ist, dass wir mit weniger Vorurteilen und mit stärkerem Sozialgefühl an die Arbeit gehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

23.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1015 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Hiezu haben die Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den erwähnten Abänderungsantrag und dann über die dem Ausschussbericht 1015 der Beilagen angeschlossene Entschließung abstimmen las­sen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1015 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Diese Entschließung ist daher angenommen. (E 139.)

23.34.4930. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (951 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bul­garien über soziale Sicherheit (1014 d.B.)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Donabauer. Wunschredezeit: 2 Mi­nuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


23.35.12

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die österreichische Sozialpoli­tik zeichnet sich nicht nur durch Qualität im eigenen Land aus, sondern auch dadurch, dass wir mit vielen Ländern Abkommen haben, mit denen wir unsere Leistungen auch all jenen, die mit uns in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verbindung stehen, im Austausch anbieten.

Zur Debatte steht ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit. Solche Abkommen gibt es nicht nur auf Grund des Beitrittsvertrages mit allen EU-Staaten – mit diesen ist das im EU-Recht bereits gere­gelt –, sondern es gibt solche Abkommen auch mit weiteren 44 Staaten. Zuletzt haben wir solche mit Polen und mit der Slowakei, die inzwischen Mitgliedsländer der Europäi­schen Union geworden sind, abgeschlossen.

In diesen Abkommen geht es im Konkreten um den Geltungsbereich der gesetzlichen Sozialversicherung, der Krankenversicherung, der Unfall- und Pensionsversicherung, des Arbeitslosenrechts, aber auch um die genormten Rechtsvorschriften im Sozialrecht im bulgarischen Recht. Da findet eben ein Austausch statt.

Es ist in weiterer Folge festgeschrieben, dass der Aufenthalt in einem anderen Land die Rechtsgrundlage mitnimmt, ausgenommen bei Arbeitslosigkeit, bei der Ausgleichs­zulage oder bei Pensionen nach bulgarischer Rechtsvorschrift.

Wichtig für mich ist, dass in diesem Gesetz festgeschrieben ist, dass der Datenschutz so gewahrt ist, dass dann, wenn ein Datenaustausch stattfindet, dieser nur für diesen bestimmten Bereich genützt werden darf. Wichtig ist letztendlich auch, dass dieses Abkommen keinen Anspruch auf den Zeitraum vor Inkrafttreten dieses Abkommens be­gründet. – An und für sich ist das eine gute Sache, der wir sicherlich unsere Zustim­mung geben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.37.10

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Uns Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten liegen soziale Sicherheiten, natürlich auch länderübergreifende, sehr am Herzen. Es ist erfreulich, dass am Ende vieler hitziger Debatten und der nicht zu ent­schuldigenden heutigen Entgleisung unseres Bundeskanzlers Dr. Schüssel dieser Ta­gesordnungspunkt 30, Abkommen mit Bulgarien über soziale Sicherheit, einstimmig beschlossen wird. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Leider gibt es in unserem eigenen Land, und zwar in der Steiermark, noch ein sehr un­soziales Ressort, nämlich jenes für Frauen, Familie und Gesellschaft, welchem die ÖVP-Landesrätin Frau Edlinger-Ploder vorsteht und bei dem Hilfe suchende Personen äußerst unsozial und unmenschlich behandelt werden.


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Ich darf hier das jüngste Beispiel konkret anführen. Gestern rief Herr Klaus Heufler, wohnhaft in Leoben, bei diesem Ressort in Graz an und erkundigte sich nach einer eventuellen Beihilfe, da die Karenzzeit seiner Frau abgelaufen ist. (Lebhafte Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist wichtig! Auch im eigenen Land haben die Menschen ein Recht auf soziale Betreuung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Karenzzeit seiner Frau ist abgelaufen, und daher hat er sich erkundigt, ob es eine Beihilfe gibt. Die Familie Heufler hat drei Kinder im Alter von sieben, vier und zweiein­halb Jahren. (Abg. Scheibner: Zur Sache!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, würden Sie einmal das Wort „Bul­garien“ einflechten? (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Abgeordneter Karl Dobnigg (fortsetzend): Wir schließen jetzt ein Abkommen zwi­schen Österreich und Bulgarien ab. Hiebei geht es um soziale Sicherheit. Aber im eigenen Land haben wir auch für die soziale Sicherheit unserer Mitmenschen, unserer Frauen und Männer zu sorgen. Die Antwort, die von diesem Büro gekommen ist, war, dass man sich vorher überlegen muss, wenn man ... (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Ihnen den ersten Ruf zur Sache!

 


Abgeordneter Karl Dobnigg (fortsetzend): Die Antwort lautete, dass man sich vorher überlegen muss, wenn man drei Kinder in die Welt setzt. Außerdem bezahle der Staat schon genug für Frauen und für Familien. – Das ist äußerst schäbig!

Wir stimmen zwar diesem sozialen Abkommen zu, ich füge aber hinzu: Sie, vor allem die ÖVP in der Steiermark, müssen soziale Politik machen und sollen nicht nur ver­sprechen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Ab­geordnete Steibl zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Geschäftsordnung: Fakten gegen Fakten, keine politischen Bewertungen. – Bitte.

 


23.39.42

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Kollege Dobnigg hat hier behauptet, dass das Refe­rat „Frau, Familie, Gesellschaft“ beziehungsweise die Mitarbeiter dieses Referates eine unsoziale Auskunft gegeben haben.

Ich kann feststellen und berichtige, dass eine Familie mit drei Kindern – und die Familie Heufler ist eine Familie mit drei Kindern – von Gesetzes wegen keinen Anspruch mehr hat, weil die Landesregierung Steiermark – und zu dieser gehört auch die SPÖ – be­schlossen hat, dass für den Kinderzuschuss der Antrag im ersten Lebensjahr des Kindes gestellt werden muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

23.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.40.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich natürlich genauso wie der Präsident gefragt, was diese Problemstellung mit dem Sozialabkommen zu tun hat, aber jetzt nach dieser Antwort beziehungsweise Ihrer tatsächlichen Richtigstellung, Frau Abgeordnete Steibl, muss ich mich wirklich fragen: Was ist da los in der Steiermark? (Ruf bei der ÖVP: Was denn?)


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So über die Dinge drüberzugehen, wie Sie das gemacht haben, ist unangemessen, egal, ob das mit SPÖ-Beteiligung oder FPÖ-Beteiligung geschieht. (Abg. Steibl: Ich habe eine ordentliche tatsächliche Berichtigung gemacht! Wir haben einen Präsiden­ten, der weiß, was sich gehört! Wenn Frau Prammer oben gesessen wäre, wäre das anders gewesen!) Diesfalls ist mir egal, ob das zu diesem Punkt, dem Sozialabkom­men mit Bulgarien, dazu passt, da muss auch ich sagen: Eine derartige Antwort ist der Sache völlig unangemessen! Eigentlich muss ich sagen: Sie gehören wirklich abge­wählt, auch in der Steiermark! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweiter Punkt: Zum Sozialabkommen Öster­reich-Bulgarien nur eine Anmerkung: Wir stimmen derartigen Abkommen natürlich prin­zipiell zu, wenn sie etwas verbessern. Ich möchte Sie aber bei dieser Gelegenheit – und da war auch noch eine andere politische Konstellation gegeben – auf Folgendes aufmerksam machen: Wir haben hier auch schon Sozialabkommen beschlossen bezie­hungsweise Sie haben sie beschlossen, durch welche die soziale Lage nicht verbes­sert wurde, etwa das Abkommen mit der Türkei, sondern durch welche unseren türki­schen MitbürgerInnen hier im Land, den Arbeitsmigranten, die hier jahrelang gearbeitet haben und arbeiten, die Familienbeihilfe gestrichen worden sind.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Sie bei dieser Gelegenheit damals gesagt haben: Wir machen das, weil das budgetär nicht anders geht, bei nächst bester Ge­legenheit werden wir das aber wieder ändern! Inzwischen sind viele Gelegenheiten verstrichen, und Sie haben an dieser Situation nichts zum Positiven geändert, sondern den verschlechternden Zustand, den Sie erst mit Ihrem Beschluss hergestellt haben, so belassen, wie er war. Das ist, auch wenn das Abkommen „Sozialabkommen“ heißt, mit Sicherheit nicht sozial! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 951 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft. – Wir kommen aber zu einer Reihe von Abstimmun­gen.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den An­trag der Abgeordneten Kößl und Dr. Partik-Pablé, dem Ausschuss für innere Angele­genheiten zur Berichterstattung über den Antrag 685/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden, eine Frist bis 18. Okto­ber 2005 zu setzen.

Wer mit diesem Fristsetzungsantrag einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag erhält die Mehrheit des Hohen Hauses und ist daher ange­nommen.


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122. Sitzung / Seite 283

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Rosen­kranz und Steibl, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über die Regierungs­vorlage, mit der das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Be­ruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, in 1070 der Beilagen, eine Frist bis 18. Oktober 2005 zu setzen.

Wer mit dieser Fristsetzung einverstanden ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist daher angenommen.

23.45.01Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den An­trag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Beschaffung von Eurofigther-Kampfjets.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses gemäss § 33 GOG betreffend Beschaffung von Eurofighter-Kampfjets

Begründung:

Im September 2005 wurde auf Grund von Berichten aus Deutschland bekannt, dass es im Jahr 2007 keine Eurofighter der Tranche 2 geben wird. Der für Österreich verein­barte Lieferplan kann daher nur mit Eurofightern älterer Bauart – die für andere Natio­nen gebaut wurden – gewährleistet werden.

Die Hersteller dieses Kampfflugzeugs haben bis jetzt somit eine bemerkenswerte Serie von Entwicklungspannen, Verzögerungen und nicht eingehaltenen Zusagen hingelegt. Im Jahre 2003 war der Entwicklungs- und Produktionszeitplan bereits um sechs Jahre überschritten. Im Frühjahr 2003 – während der Vertragsverhandlungen – waren den Verantwortungsträgern aller Herstellerländer die Probleme der Firma Eurofighter be­wusst. Eine weitere Verzögerung von einem Jahr kündigte sich an, und es war noch immer kein einziges Flugzeug der Serienproduktion in der Luft. Die berühmte Mängel­liste der Firma Eurofighter, die der deutsche Rechnungshof in seinen Bericht aufnahm, sorgte für Unruhe. Und von all dem hat diese Regierung angeblich nichts mitbekom­men.

Trotzdem kam man bei den Verhandlungen der Firma Eurofighter entgegen und ver­schob den Lieferbeginn von 2005 auf 2007, was alleine schon den Verdacht der ver­gaberechtlichen Manipulation rechtfertigt. Und nun ist zu erfahren, dass auch 2007 nicht die von Österreich bestellten Kampfflugzeuge geliefert werden können.

Wurde bis jetzt immer beteuert, die dokumentierten Mängel der jetzt produzierten Flug­zeuge der sogenannten Tranche 1 seien ohne Bedeutung, weil Österreich ja die aus­gereifteren Flugzeuge der Tranche 2 bekommen würde, wird jetzt plötzlich behauptet, es wäre immer die Lieferung von Flugzeugen der Tranche 1 geplant gewesen und daher vertragskonform. Da sich diese Argumente gegenseitig ausschließen, kann man nur den Schluss ziehen, dass in einem Fall die Bevölkerung und das Parlament ge­täuscht wurden.


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122. Sitzung / Seite 284

Es ist daher hoch an der Zeit, zu prüfen, was tatsächlich im Kaufvertrag vereinbart wurde. Es geht nicht an, dass dieses Dokument vor den Volksvertretern geheim gehal­ten wird. In entwickelten Demokratien ist es selbstverständlich, dass ein derartiger Ver­trag im dafür zuständigen Parlamentsausschuss geprüft und genehmigt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss einge­setzt:

Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Abläufe und Entscheidungen innerhalb des Beschaffungsvorganges betreffend die Eurofighter-Kampfjets.

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebungen von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten, Verträge und Vorverträge der angeführten Bundesministerien, Parteien, Organisationen und Firmen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

Dabei sind insbesondere folgende VerantwortungsträgerInnen und Institutionen be­sonders in die Überprüfung einzubinden:

Involvierung und Verantwortung von Bundeskanzler Dr. Schüssel, VizekanzlerIn (Riess-Passer und Haupt), den Bundesministern für Finanzen (Grasser), Wirtschaft (Bartenstein) und Landesverteidigung (Scheibner und Platter), deren Kabinetten und der von ihnen geleiteten Ministerien im Zuge des gesamten Beschaffungsvorganges zur Anschaffung der Kampfflugzeuge;

Involvierung der Landeshauptleute im Rahmen des gesamten Beschaffungsvorganges, insbesondere im Zusammenhang mit den sogenannten Kompensationsgeschäften;

Involvierung der politischen Parteien in Österreich;

Involvierung von parteinahen Organisationen und Vorfeldorganisationen;

Involvierung von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung;

Involvierung von parteinahen Firmen, insbesondere die von EADS beauftragte PR-Agentur für das Eurofighter-Lobbying "100% Communications", und deren Geschäfts­führung.

Der Untersuchungsausschuss soll aus 11 Mitgliedern bestehen, die sich folgenderma­ßen auf die parlamentarischen Klubs verteilen sollen: 5 ÖVP, 4 SPÖ, 1 Freiheitliche, 1 Grüne.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit des Hohen Hauses und ist daher abgelehnt.


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122. Sitzung / Seite 285

23.45.44Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den An­trag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflug­zeugen.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Dr. Kräuter und GenossInnen gemäß § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V: 5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung über die tatsächliche Vertragsgestaltung zwischen dem BMLV sowie dem BMWA und der Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH;

Aufklärung über die tatsächlichen Ausstiegskosten aus den Eurofighter-Beschaffungs­verträgen;

Aufklärung über die vertragliche vereinbarte technische Spezifikation sowie Kostenfol­gen von notwendig gewordenen Umrüstungen von bereits gelieferten Kampfflugzeu­gen;

Aufklärung über die tatsächliche Höhe der jährlichen Betriebskosten für den Einsatz von 18 Kampfflugzeugen;

Aufklärung über die Existenz der von Bundeskanzler Schüssel propagierten Wirt­schaftsplattform zur Finanzierung von Kampfflugzeugen sowie mögliche Ergebnisse dieser Plattform;

Aufklärung der Vorwürfe möglicher Geldflüsse, „nützlicher Aufwendungen“ und Mani­pulationen des Vergabeverfahrens im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer seit April 2001;

Aufklärung von Einflussnahmen auf Entscheidungsträger und Spitzenrepräsentanten der Regierungsparteien in der XXI. und XXII. Gesetzgebungsperiode im gegenständ­lichen Vergabeverfahren;

Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von „wirtschaftlichen (Eigen)interessen“ von politischen Parteien und persönlichen Interessen von Regierungsmitgliedern im Zuge der gegenständlichen Vergabe;

Aufklärung über die Vorgänge rund um die Ministerratsentscheidung am 2. Juli 2002 hinsichtlich der Meinungsbildung von Bundesminister Grasser, Bundesminister Scheib­ner und Bundeskanzler Schüssel;

Aufklärung über den Abschluss von Kompensationsgeschäften sowie deren Einfluss auf die Kaufentscheidung;

Aufklärung hinsichtlich der Reduktion der Kampfflugzeugstückzahl von 24 Geräten auf 18 unter Nichteinhaltung des selbst gewählten Vergabeverfahrens;


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Aufklärung über die durch die Bundesregierung vorgenommene Anmietung von Kampf­flugzeugen zur Überbrückung des Zeitraumes bis zur Eurofighter-Auslieferung;

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit den genannten Sachverhalten.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bun­deskanzleramtes, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Landesverteidigung, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand sämt­liche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

Begründung:

Ein öffentlich bekannt gewordener so genannter „Sachstandsbericht Eurofighter“ des deutschen BMVg beinhaltet eine Passage über Schwierigkeiten beim Export des Kampfflugzeuges Eurofighter Typhoon in das bisher einzige Exportland:

Als erster Exportkunde konnte Österreich 2003 gewonnen werden. Erste Luftfahrzeug­lieferungen im Tranche 2-Standard sollten 2007 erfolgen. Da zu diesem Termin noch keine Lfz der Tranche 2 verfügbar sein werden, hat Eurofighter Jagdflugzeug die Part­nernationen gebeten, insgesamt sechs Lfz aus der Tranche 1 für Österreich zur Verfü­gung zu stellen. Damit soll verhindert werden, dass Österreich ein vertraglich verein­bartes Rücktrittsrecht ausübt.

Der zuständige Bundesminister Platter denkt nicht daran, das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht auszuüben, obwohl Platter mehrmals klar davon ausging, ein Flugzeug aus der zweiten Tranche zu erwerben:

Am 6. Oktober 2004 erklärt Platter im Rechnungshofausschuss, dass sich die Regie­rung bewusst für die zweite Tranche entschieden habe: „Darüber hinaus habe sich die Regierung bewusst für Flugzeuge aus der zweiten – weiterentwickelten – Tranche ent­schieden.“ (OTS 238)

Am 20. Mai 2003 erklärt Platter im Budgetausschuss: „Die für Österreich 2007 ange­lieferten Flugzeuge stellen dann bereits eine zweite Tranche mit weiteren technischen Verbesserungen dar.“ (OTS 245)

Am 9. September 2003 erklärte Platter (APA 170), dass Österreich vom deutschen Rechnungshofbericht über die Mängel beim Eurofighter „nicht betroffen“ sei, denn die­ser habe die erste Tranche der Jets bewertet, „Österreich werde aber Maschinen der zweiten Tranche bekommen“.

Am 1. Juli 2004 (APA 671) betonte Platter, er habe „in Richtung zweiter Tranche der Eurofighter nie Angst gehabt, dass die Beschaffung – die 18 österreichischen Maschi­nen sollen ab 2007 geliefert werden – nicht gesichert sein könnte“.

Der österreichische Rechnungshof hat in seinem Wahrnehmungsbericht hinsichtlich der Luftraumüberwachungsflugzeuge (Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäfts­vertrag) festgestellt, dass

die Luftraumüberwachung für die nächsten 30 Jahre nur eingeschränkt möglich ist;

neben den Finanzierungskosten von 2,167 Milliarden € weitere 463 Mio € für Neben­beschaffungskosten erforderlich sind;


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122. Sitzung / Seite 287

die jährlichen Betriebskosten nur mit 50 Mio € ausschließlich für Flugstunden berech­net wurden und sämtliche andere Betriebskosten darin nicht enthalten sind;

enorme Mängel bei der Vertragsgestaltung vorhanden sind, darunter auch ein so ge­nannter „Einredeverzicht“, der bei Leistungsmängeln keine Einstellung der Ratenzah­lung ermöglicht;

die Anzahl der militärischen Anforderungen, wie etwa, Ziele in der Nacht erkennen zu können, oder Selbstschutz-Systeme, jährliche Flugstunden, Pilotenausrüstungen und Betriebsstandorte, erheblich reduziert wurde und Träger für Aufklärungseinrichtungen sowie Zusatztanks im Gegensatz zur Angebotseinholung im Kaufvertrag nicht mehr vorgesehen waren.

Nicht zuletzt angesichts der wesentlichen Abänderungen im kommerziellen Bereich erachtet der Rechnungshof die Vorgangsweise des BMLV als mit hohen Risiko behaf­tet.

Ebenso wiesen die Erkenntnisse des Rechnungshofes hinsichtlich des Vergabeverfah­rens zur Beschaffung von 24 Kampfflugzeugen erhebliche Mängel nach:

Musskriterien wurden in Sollkriterien ohne nachvollziehbare Begründung umgewandelt;

neue Entscheidungskriterien wurden ohne nachvollziehbare Dokumentation in das be­reits laufende Vergabeverfahren einbezogen;

die Kostendarstellung im Zuge des Ministerratsvortrages zur Typenentscheidung wurde unrichtig wiedergegeben;

Akten hinsichtlich eines anders lautenden Ministerratsvortrages, die einen anderen Bieter begünstigten, waren im Zuge der Rechnungshofprüfung nicht auffindbar;

die Beurteilung der Gegengeschäfte erschien als nicht nachvollziehbar, ebenso eine entsprechende Kommunikation zwischen den BMLV und dem BMWA;

es erfolgte keine Überprüfung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des angebotenen Kampfflugzeuges des Typs Eurofighter.

Erhebliche Zweifel bestehen an der Einhaltung des Liefertermins sowie der grundsätz­lichen Einsatzfähigkeit des ausgewählten Flugzeugtyps. Dem gegenüber stehen exor­bitant hohe Lebenszykluskosten.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 und am 1. Juli 2003 Ministerratsentschei­dungen auf Basis von falschen beziehungsweise geschönten Preiskalkulationen her­beigeführt hat. Ebenso haben sich die Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfangjäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar herausgestellt.

Nunmehr nimmt die österreichische Bundesregierung das vertraglich vereinbarte Rück­trittsrecht zu Lasten des österreichischen Steuerzahlers nicht wahr.

Sämtliche Sachverhalte sind hinsichtlich der rechtlichen und politischen Verantwortung nur durch die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufklär­bar, dieser sollte auch die tatsächlich entstehenden Kosten erheben und die abge­schlossenen Verträge prüfen.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.


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122. Sitzung / Seite 288

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 699/A bis 711/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3455/J bis 3447/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.46 Uhr – das heißt für jetzt – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.46.47Schluss der Sitzung: 23.46 Uhr

 

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