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821. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 6. Juni 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

821. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 6. Juni 2013

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 6. Juni 2013: 9.00 – 18.18 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internatio­nalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank

3. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subven­tionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationa­len Währungsfonds

4. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nige­ria über die Förderung und den Schutz von Investitionen

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

6. Punkt: Vertragswerke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins; Erstes Zusatzprotokoll zur allgemeinen Verfahrensord­nung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Postzahlungsdienste

7. Punkt: Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Regierungsbevollmäch­tigten (Marrakesch 2002) und die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Antal­ya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Containersi­cherheitsgesetz, das Führerscheingesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrliniengesetz, das Straßentunnel-Sicher­heitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunternehmen, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schifffahrtsgesetz, das Seeschifffahrtsge­setz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktgesetz, das Telekommunikationsge­setz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Bun­desgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsge­setz – Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird

12. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates

13. Punkt: Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2012

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Be­hinderteneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bun­des-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundes­luftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsge­setz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser)

19. Punkt: Bundesgesetz mit dem das Umweltförderungsgesetz, das Emissionszertifi­kategesetz 2011, das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Umweltmanagement­gesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Umweltrechtsanpas­sungsgesetz 2013)

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle In­dustrieemissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird

22. Punkt: Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spani­schen Sprachfassung

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz 1950, das Flurverfas­sungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstgesetz 1975, das Forstliche Vermeh­rungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittel­gesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutz­gesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Re­benverkehrsgesetz 1996, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermarktungsnormengesetz geändert werden und das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpas­sungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelge­setz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzge­setz 2011, das Agrarkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Land­wirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, das Börsesensale-Gesetz, das Vermarktungsnormengesetz, das Forstgesetz 1975 und das Weingesetz 2009 ge-


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ändert werden und ein Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse er­lassen wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2013)

25. Punkt: Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidpro­duktegesetz – BiozidprodukteG)

26. Punkt: EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2013

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Denkmalschutzgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur)

28. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung des Königreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird

30. Punkt: Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012

*****

Inhalt

Bundesrat

Ansprache des Präsidenten Edgar Mayer aus Anlass der Hochwasserkata­strophe                    12

Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Wahl von Mitglie­dern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ................................................................................................................ 13

Angelobung der Bundesräte Ing. Hans-Peter Bock, Anneliese Junker, Dr. An­dreas Köll, Sonja Ledl-Rossmann und Mag. Nicole Schreyer ........................................................................ 15

Schreiben des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungs­gesetz betreffend Nominierung eines Mitgliedes und eines stellvertretenden Mit­gliedes in den Ausschuss der Regionen    ............................................................................................................................... 39

Schreiben des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungs­gesetz betreffend Nominierung eines Mitgliedes und eines stellvertretenden Mit­gliedes in den Ausschuss der Regionen    ............................................................................................................................... 41

Schreiben der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Ver­handlungen für ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Ver­einigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit zur vereinfachten Um­setzung von FATCA („Foreign Account Tax Compliance Act“) durch den Herrn Bundespräsidenten                       43

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über den Zugang von seh- und lesebehinderten Personen zu urheberrechtlich geschütztem Material durch den Herrn Bundespräsidenten ......................................................................................................... 45

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 4

Aktuelle Stunde (22.)

Thema: „Kampf gegen Steuerbetrug“ ...................................................................... 15

Redner/Rednerinnen:

Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................... 16

Ewald Lindinger ........................................................................................................... 19

Mag. Reinhard Pisec, BA ............................................................................................. 21

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................  24, 36

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................... 29

Franz Perhab ................................................................................................................ 30

Stefan Schennach ........................................................................................................ 32

Monika Mühlwerth ........................................................................................................ 33

Mag. Gerald Zelina ....................................................................................................... 35

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ............................................................. 48

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 49

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 37

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (2264 d.B. und 2344 d.B. sowie 8976/BR d.B.)          ............................................................................................................................... 49

Berichterstatter: Mag. Josef Taucher ........................................................................... 49

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundes­gesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Wäh­rungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (2266 d.B. und 2345 d.B. sowie 8977/BR d.B.) ............................................................. 49

Berichterstatter: Mag. Josef Taucher ........................................................................... 49

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundes­gesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subventionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Wäh­rungsfonds (2296 d.B. und 2346 d.B. sowie 8978/BR d.B.)                        49

Berichterstatter: Mag. Josef Taucher ........................................................................... 49

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen (2301 d.B. und 2347 d.B. sowie 8979/BR d.B.) ............................................................................... 49

Berichterstatter: Mag. Josef Taucher ........................................................................... 49

Redner/Rednerinnen:

Mag. Reinhard Pisec, BA ............................................................................................. 50

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 52


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 5

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................... 54

Ewald Lindinger ........................................................................................................... 56

Mag. Gerald Zelina ....................................................................................................... 57

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 59

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 59

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 60

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (2299 d.B. und 2349 d.B. so­wie 8984/BR d.B.) ............. 60

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .......................................................................................................... 61

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 62

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 63

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Vertrags­werke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins; Erstes Zusatzprotokoll zur allgemeinen Verfahrensordnung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Postzahlungsdienste (1895 d.B. und 2350 d.B. sowie 8985/BR d.B.) ........................... 63

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 63

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Änderungs­urkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Konferenz der Regierungsbe­vollmächtigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Regierungsbevollmächtig­ten (Marrakesch 2002) und die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (An­talya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten (1906 d.B. und 2351 d.B. sowie 8986/BR d.B.) ............................................................................... 63

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 64

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Containersicherheitsge-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 6

setz, das Führerscheingesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Gü­terbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrliniengesetz, das Straßentunnel-Si­cherheitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaß­nahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunternehmen, das Bun­desgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schifffahrtsge­setz, das Seeschifffahrtsgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktge­setz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekom­munikationsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Ver­kehr, Innovation und Technologie) geändert werden (2194 d.B. und 2352 d.B. so­wie 8972/BR d.B. und 8987/BR d.B.) ............................................................................. 64

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 64

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .......................................................................................................... 64

Michael Lampel ............................................................................................................. 65

Anneliese Junker .......................................................................................................... 66

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 67

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (2298 d.B. und 2353 d.B. sowie 8988/BR d.B.)               ............................................................................................................................... 67

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 67

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (2279/A und 2354 d.B. sowie 8989/BR d.B.) ....... 67

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 67

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (2280/A und 2355 d.B. sowie 8990/BR d.B.)                          67

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 67

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .......................................................................................................... 68

Michael Lampel ............................................................................................................. 68

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 69

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 71

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 72

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 72

12. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-482-BR/2013 d.B. sowie 8991/BR d.B.)    ............................................................................................................................... 72

Berichterstatter: Michael Lampel .................................................................................. 72


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................... 72

Werner Stadler .............................................................................................................. 74

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 76

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-482-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................... 79

13. Punkt: Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegs­kontrollen im Jahr 2012 (III-493-BR/2013 d.B. sowie 8992/BR d.B.) ................................................................................ 79

Berichterstatter: Michael Lampel .................................................................................. 79

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler .............................................................................................................. 79

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 81

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 82

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-493-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................... 83

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleich­behandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinder­teneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (2300 d.B. und 2326 d.B. sowie 9004/BR d.B.) ............................................................. 83

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................... 83

Redner/Rednerinnen:

Cornelia Michalke ......................................................................................................... 83

Ana Blatnik .................................................................................................................... 85

Gregor Hammerl ........................................................................................................... 86

Marco Schreuder .......................................................................................................... 88

Richard Wilhelm ........................................................................................................... 90

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 90

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013) (2149 d.B. und 2305 d.B. sowie 9005/BR d.B.) ...................................................................................... 90

Berichterstatter: Klaus Konrad ..................................................................................... 91

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .......................................................................................................... 91

Günther Novak ............................................................................................................. 92

Mag. Gerald Zelina ....................................................................................................... 93

Dr. Magnus Brunner, LL.M .......................................................................................... 94

Hans-Jörg Jenewein .................................................................................................... 96

Bundesminister Mag. Gerald Klug ............................................................................. 97

Michael Lampel ........................................................................................................... 100

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 101


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 8

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird (2295 d.B. und 2313 d.B. sowie 8993/BR d.B.) ..... 101

Berichterstatter: Mag. Josef Taucher ......................................................................... 101

Redner/Rednerinnen:

Hermann Brückl ......................................................................................................... 102

Friedrich Reisinger .................................................................................................... 103

Mag. Nicole Schreyer ................................................................................................. 105

Richard Wilhelm ......................................................................................................... 106

Martin Preineder ......................................................................................................... 107

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 108

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 110

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird (2252 d.B. und 2314 d.B. sowie 8994/BR d.B.) ............................... 111

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................. 111

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundesluftreinhal­tegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2290 d.B. und 2315 d.B. sowie 8973/BR d.B. und 8995/BR d.B.) ............................................................................................................... 111

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................. 111

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz mit dem das Umweltförderungsgesetz, das Emissionszertifikatege­setz 2011, das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Umweltmanagement­gesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Umweltrechts­anpassungsgesetz 2013) (2292 d.B. und 2316 d.B. sowie 8974/BR d.B. und 8996/BR d.B.)                       111

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................. 111

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrie­emissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden (2293 d.B. und 2317 d.B. sowie 8997/BR d.B.) .............................................. 111

Berichterstatterin: Adelheid Ebner ............................................................................. 111

Redner/Rednerinnen:

Hans-Jörg Jenewein .........................................................................................  111, 121

Walter Temmel ............................................................................................................ 113

Mag. Nicole Schreyer ................................................................................................. 114

Johanna Köberl .......................................................................................................... 115

Mag. Josef Taucher .................................................................................................... 117

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 118


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 9

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 18, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 19, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 122

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 20, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 122

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird (2161, Zu 2161 d.B und 2318 d.B. sowie 8998/BR d.B.)                    122

Berichterstatter: Mag. Josef Taucher ......................................................................... 122

Redner/Rednerinnen:

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 123

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 123

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 123

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Überein­kommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spanischen Sprach­fassung (2201 d.B. und 2339 d.B. sowie 8999/BR d.B.) ............................................................................................................................. 123

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 124

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Gü­ter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstgesetz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsge­setz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Sortenschutzge­setz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Ver­marktungsnormengesetz geändert werden und das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft) (2291 d.B. und 2340 d.B. sowie 8975/BR d.B. und 9000/BR d.B.)                    124

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 124

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzge­setz 2011, das Agrarkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, das Börsesensale-Gesetz, das Vermarktungsnormengesetz, das Forstgesetz 1975 und das Wein­gesetz 2009 geändert werden und ein Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse erlassen wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2013) (2297 d.B. und 2341 d.B. sowie 9001/BR d.B.) ........................................................... 124

Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 124


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Christian Hafenecker ................................................................................................. 124

Walter Temmel ............................................................................................................ 125

Mag. Nicole Schreyer ................................................................................................. 126

Adelheid Ebner ........................................................................................................... 127

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 128

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 22, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 23, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 24, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 130

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktege­setz – BiozidprodukteG) (2294 d.B. und 2342 d.B. sowie 9002/BR d.B.) ............................................................................................................... 130

Berichterstatter: Walter Temmel ................................................................................. 131

Redner/Rednerinnen:

Christian Hafenecker ................................................................................................. 131

Martin Preineder ......................................................................................................... 132

Mag. Josef Taucher .................................................................................................... 132

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 132

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 133

26. Punkt: EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2013 (III-488-BR/2013 d.B. sowie 9003/BR d.B.) ........................... 133

Berichterstatter: Martin Preineder .............................................................................. 133

Redner/Rednerinnen:

Hans-Jörg Jenewein .................................................................................................. 133

Friedrich Reisinger .................................................................................................... 136

Stefan Schennach ...................................................................................................... 137

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 140

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-488-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 144

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunstför­derungsbeitragsgesetz 1981 und das Denkmalschutzgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur) (2189 d.B. und 2307 d.B. sowie 8980/BR d.B.) ........................................................... 144

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ........................................................................ 145

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des König­reichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich (1787 d.B. und 2308 d.B. sowie 8981/BR d.B.) .............................................. 144

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ........................................................................ 145


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 11

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 27, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 145

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 28, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 145

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2278/A und 2309 d.B. sowie 8982/BR d.B.)                            145

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ........................................................................ 145

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder ........................................................................................................ 146

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 147

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 148

30. Punkt: Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012 (III-486-BR/2013 d.B. so­wie 8983/BR d.B.)        ............................................................................................................................. 148

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ........................................................................ 149

Redner/Rednerinnen:

Christian Füller ........................................................................................................... 149

Günther Köberl ........................................................................................................... 150

Monika Mühlwerth ...................................................................................................... 153

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 155

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 158

Elisabeth Reich ........................................................................................................... 161

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-486-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 164

Eingebracht wurden

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökostrom an österreichischen Vertretungen in Europa (2725/AB-BR/2013 zu 2940/J-BR/2013)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Hermann Brückl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Schuldenregulierungsverfahren im Jahr 2012 und auf die Anfrage der Bundesräte Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schuldenregulierungsverfahren im Jahr 2011 (2726/AB-BR/2013 zu 2943/J-BR/2013 und 2944/J-BR/2013)


 


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 12

09.00.41Beginn der Sitzung: 9 Uhr

 


Präsident Edgar Mayer: Ich eröffne die 821. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 820. Sitzung des Bundesrates vom 8. Mai 2013 ist aufgele­gen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Gerhard Dörfler, Rein­hard Todt, Franz Wenger und Robert Zehentner.

09.01.10Ansprache des Präsidenten aus Anlass der Hochwasserkatastrophe

 


Präsident Edgar Mayer: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr verehrte Damen und Herren an den Bildschirmen zu Hause und über Livestream im Internet! Bevor ich in die Tagesordnung der 821. Sitzung des Bundesrates eingehe, darf ich auf diesem Wege als Präsident der Länderkammer allen Betroffenen und Ge­schädigten der Flutkatastrophe unser tiefstes Mitgefühl und unsere Anteilnahme aus­sprechen.

Wir alle sind geschockt und bestürzt über diese unglaubliche Katastrophe, die viele Teile unseres Landes verwüstet und zerstört hat. Eigentlich sind nur wenige Gebiete unseres Landes davon verschont geblieben.

Wir möchten uns aber auch bei all jenen bedanken, die, in welcher Form auch immer, geholfen haben und noch helfen werden, diese schicksalhaften Ereignisse zu bekämp­fen, insbesondere bei der Feuerwehr, der Rettung, der Polizei, aber auch bei den vie­len freiwilligen HelferInnen in der Nachbarschaftshilfe.

Tausende leisten im Einsatz Übermenschliches, und unser ganzes Land ist in der Not zusammengerückt. Danke, wenn Sie dann auch in weiterer Folge bei den Aufräum­arbeiten helfen – ich denke da insbesondere auch an unser Bundesheer.

Danke auch für die großzügige Spendenbereitschaft im Rahmen der ORF-Hochwas­serhilfe – Sofort und bei anderen Spendeninitiativen. Jeder Euro ist wichtig, und wer schnell hilft, hilft doppelt. Auch unsere Bundesregierung hat bereits eine großzügige finanzielle und solidarische Hilfe beschlossen; das Geld für den Wiederaufbau soll rasch zur Verfügung gestellt werden.

Es ist uns allen bewusst, dass kein Wort, kein Satz diese Schicksale wiedergutmachen kann, aber ich glaube, in der Krisensituation ist es seitens der Politik auch wichtig, durch rasches Handeln zur betroffenen Bevölkerung zu stehen und schnell und vor allem unbürokratisch zu helfen.  Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

09.03.10Einlauf

 


Präsident Edgar Mayer: Eingelangt ist ein Schreiben des Tiroler Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat.

Hinsichtlich des Wortlautes dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern:


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*****


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 15

09.03.30Angelobung

 


Präsident Edgar Mayer: Sehr geehrte Damen und Herren! Heute werden, wie schon in den beiden letzten Sitzungen, neue Mitglieder des Bundesrates angelobt. Dies des­halb, weil in einigen Bundesländern Landtagswahlen stattgefunden haben. Die jeweili­gen Landtage haben in ihrer ersten, der sogenannten konstituierenden Sitzung, unter anderem die vom Land zu entsendenden Mitglieder des Bundesrates gewählt.

Nach der Wahl in ihren Landtagen sind diese Frauen und Männer Mitglieder des Bun­desrates. Die Angelobung ist quasi ein offizielles Willkommenheißen hier im Bundesrat.

Die neuen beziehungsweise die wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen. Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel. – Bitte, Herr Kol­lege Saller.

9.04.31

 


Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

Über Namensaufruf durch den Schriftführer Josef Saller leisten die Bundesräte Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol), Anneliese Junker (ÖVP, Tirol), Dr. Andreas Köll (ÖVP, Tirol), Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP, Tirol) und Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol) ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“. (Allgemeiner Beifall. – Die neu an­gelobten Mitglieder des Bundesrates werden zahlreich von ihren Kolleginnen und Kol­legen beglückwünscht.)

*****

 


Präsident Edgar Mayer: Ich begrüße die neuen beziehungsweise wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. Alles Gute! Viel Erfolg und auf eine gute Zusammenarbeit!

09.07.29Aktuelle Stunde

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema

„Kampf gegen Steuerbetrug“

mit der Frau Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Theresia Fekter, die ich sehr herzlich begrüßen darf. Guten Morgen, Frau Minister! (Allgemeiner Beifall.)

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommen je eine Rednerin/ein Redner pro Fraktion zu Wort, deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme der Frau Bundesministerin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt eine Rednerin/ein Redner der Bundesräte ohne Fraktion und dann je eine Rednerin/ein Redner der Fraktionen sowie anschließend wieder eine Rednerin/ein Redner der Bundesräte ohne Fraktion mit jeweils einer fünfminütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließende Stel­lungnahme der Frau Bundesministerin erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten gleich­falls nicht überschreiten soll.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 16

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkon­ferenz die Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Herr Kollege Fürlinger.

 


9.08.40

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Steuerbetrug, Steuerflucht ist ein vielfältiges Problem für unsere Staaten, vor allem in der EU, geworden. Es ist, mit ganz wenigen nationalen Momenten, ein internationales Problem. Es gibt nationale Probleme: Ich wusste vor Studium der Unterlagen nicht, dass man auch bei der Familienbeihilfe betrügerische Handlungen setzen kann, sich durch Angabe falscher Daten die Beihilfe erschleichen kann. Das ist eher ein nationa­les Problem, aber das hat mich einigermaßen überrascht.

International ist das Problem selbstverständlich dort, wo wir Schmuggel ausgesetzt sind – ich glaube, jeder von uns kennt das Problem des Zigarettenschmuggels über gewisse Routen hier nach Österreich herein –, es ist ein Umsatzsteuerproblem – Um­satzsteuerbetrug über die Grenzen hinweg ist ein sehr, sehr intensives Thema gewor­den, das mit allen Mitteln bekämpft werden muss – und zuletzt haben wir mehrfach, nicht nur anhand der Berichte über Offshore Leaks, das Einkommensteuerproblem, Betrug mit Einkommensteuer, Steuerflucht.

Nun ist es so, dass Österreich im Rahmen der EU bereits sehr viel dazu beigetragen und getan hat, den internationalen Teil des Problems zu lösen, vor allem betreffend diese Steuerprobleme wie Umsatzsteuer, aber auch Einkommensteuer.

Es gibt eine Steuerbetrugsbekämpfungsvereinbarung, die EUROFISC. Es ist ein Ab­kommen zuletzt auch auf Ebene der OECD abgeschlossen worden. Die OECD ist des­halb ein ganz, ganz wichtiger Punkt, weil da auch Drittstaaten, nicht EU-Staaten drin­nen sind. Es hilft uns relativ wenig, meine Damen und Herren, wenn wir uns innerhalb der EU einig sind, dass wir alle brav sind, und die wenigen, die nicht brav sein wollen, sich irgendwo anders, im Drittstaat ansiedeln und dort ihr Geld unversteuert unter­bringen.

Ich möchte an dieser Stelle auch anmerken, dass ich die Diskussion gegenüber der Fi­nanzministerin, die teilweise auch medial stattgefunden hat, alles andere als fair emp­funden habe. Es ist, wenn wir ein Abkommen zum Austausch von Bankdaten ab­schließen, wichtig, dass jemand dort auch sagt: Leute, wir unterschreiben das gerne, aber es müssen alle mitmachen! Es ist wichtig, dass ein Minister/eine Ministerin eines kleinen Staates in der EU jenen der großen auch ganz klar und nicht verklausuliert sagt: Leute, wir unterschreiben gerne, wir tauschen gerne aus, aber es kann nicht sein, dass ihr dasitzt, vor allem die großen Briten, und sagt, wir haben da noch ein paar vor­gelagerte Inseln und in Übersee hätten wir auch noch ein paar Dinge, die da nicht da­zugehören; das, was dort ist, geht euch nichts an. – Das kann nicht funktionieren!

Und es muss auch klargelegt werden, dass bei den zahlreichen Firmengeflechten, die es dort gibt, bei Trusts und sonstigen Stiftungen, eine entsprechende Aufdeckung da ist, dass jeder voll informiert ist. Es muss da Waffengleichheit herrschen, und dafür müssen wir der Finanzministerin, glaube ich, auch den Dank dieses Hauses für diese Verhandlungen aussprechen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Beer.)

Auch bei den Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein, die durch die Medien ge­gangen sind und auch von manchen Seiten durchaus kritisiert worden sind, wird in der Diskussion einiges übersehen:

Es wird übersehen, dass schon aus historischen Gründen – und da ist den Kommen­tatoren in den Medien zu danken, die das hervorgekehrt haben – nicht nur Steuerbetrü­ger und Steuerhinterzieher in der Schweiz und Liechtenstein ihr Geld liegen haben,


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 17

sondern auch Leute, die ihr Geld versteuert haben, dort allerdings die Quellensteuer dann nicht abführen. Und das ist mit diesem Abkommen ein für alle Mal geklärt. Öster­reich ist weder ein Land von Steuerhinterziehern und Steuerflüchtlingen, noch ist es eine Oase für solche aus dem Ausland. Das muss einmal ganz klar hier gesagt wer­den. Das war in der medialen Diskussion sehr schlecht dargestellt und niemals richtig.

Es gibt ja Steuerflucht im Großen und es gibt Steuerflucht im Kleinen. Im Großen, mei­ne Damen und Herren, gibt es sie legal und illegal. Die illegale haben wir ja schon be­leuchtet – wenn einer sein Geld nicht-versteuert mitnimmt und irgendwo in Übersee oder auf einer Kanalinsel als Trust parkt –, aber die legale gibt es eben innerhalb der EU auch noch immer. Ich weiß nicht, wer den wundervollen Begriff des irisch-hollän­dischen Doppelsandwiches in den Zeitungen gelesen hat, was dazu führt, dass man Einkommen zwischen zwei EU-Staaten so lange hin- und herschieben kann, bis ein Konzern wie Apple, der 46 Milliarden € Gewinn erzielt, keine Steuern zahlt.

Das ist eine legale Steuerflucht. Das ist aber ein internationales Problem, und auch diese Lücke gehört geschlossen, denn bei 46 Milliarden € Gewinn gehe ich davon aus, dass die wunderbare Firma Apple nicht untergehen wird, wenn sie ein paar Kreuzer Steuer abführt. Dieses Problem ist auch ein internationales und ist auch mit dieser Methode zu lösen. Man wird auch den irischen Freunden und den Niederländern sagen müssen: Liebe Leute, wir gehören alle zusammen, die EU ist eine Schicksalsgemein­schaft, auch in diesem Bereich!

Und dann gibt es sie eben im Kleinen. Ich höre immer, dass es Menschen gibt, die ihre Handwerker ohne Rechnung bezahlen, und ich höre, dass es Menschen gibt, die Rei­nigungskräfte ohne Rechnung bezahlen. Die Antwort, wenn man fragt: Warum tust du das?, ist die: Na ja, wenn ich 90 € für die Stunde des Handwerkers bezahle, kann ich mein Haus in den nächsten 30 Jahren nicht fertigbauen. Wenn ich 20 € für die Stunde zahle, dann kriege ich es doch in den nächsten drei Jahren hin!  Da fragt man sich, warum kostet eine Stunde 90 €, und warum kann sie 20 € kosten?

Und langsam, aber sicher dräut es einem herauf, dass es doch sein könnte, dass wir in Österreich in einem Hochsteuerland leben, in einem Land, das eine Abgabenquote hat, die vielleicht viel zu hoch ist, und dass der kleine Handwerksunternehmer so viele Steuern und Abgaben zahlen muss  Sozialversicherung, Gebühren, Einkommensteu­ern , dass er sie irgendwie auch weiterverrechnen muss, sonst kann er nämlich selber nicht überleben. Und was tut er?  Es trifft letztlich, bedauerlicherweise, den Konsu­menten. Und der Konsument hilft sich dann eben auch und sagt: Mir brauchst du keine Rechnung zu schreiben, ich gebe dir dafür nur ein Viertel von dem, was du verdienst!

Dieses Hochsteuerland Österreich ist ein Land der Abgaben, Steuern und Gebühren. Jeder Schritt, den wir hier alle miteinander in diesem Raum und die Menschen draußen gehen, ist ein Schritt, der x-fach versteuert ist. Das beginnt beim Wurstsemmelkauf und geht bis dahin, dass ich bei der Behörde etwas brauche und Gebühren zahlen und fürs Abstempeln etwas berappen muss, aber auch  um vielleicht zwei besondere Beispiele herauszuheben  die Besteuerung und Vergebührung von Grund und Boden ist in die­sem Land mittlerweile weltrekordverdächtig.

Wenn Sie heute eine kleine Wohnung um 100 000 € kaufen, dann müssen Sie 3,5 Pro­zent Grunderwerbsteuer bezahlen, 3 500 €. Dann zahlen Sie 1,1 Prozent Eintragungs­gebühr ins Grundbuch, somit sind wieder 1 100 € weg. Dann zahlen Sie noch die Ver­mögensteuer drauf – die Grundsteuer ist ja eine Vermögensteuer. Na ja, und dann kommt noch, sollten Sie sie verkaufen und wehe, Sie machen einen Gewinn, diese wunderbare Immobiliengewinnsteuer, die wir da beschlossen haben  die, wie ich zweifelsfrei sagen darf, selbst für geübte Rechtsanwender ein Buch mit sieben Siegeln ist und hoffentlich bald einmal aufgebrochen wird.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 18

Oder, wenn wir beim Thema Abgaben sind: Ich weiß, der Verfassungsgerichtshof er­zählt uns immer, dass Zahlungen an die Sozialversicherungen keine Steuern sind, ob­wohl sie prozentuell bemessen sind. Ich habe mich immer schon gefragt, warum, wenn ein Mensch bei zwei verschiedenen Arbeitgebern tätig ist, er zweimal Krankenversi­cherung zahlen muss. Kann er zweimal krank sein? Oder kriegt er aus der Leistung mehr? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe mich das immer gefragt. Ich finde es eine interessante Frage.

Oder warum zahlt einer, der mehr verdient, höhere Krankenversicherungsbeiträge als der, der weniger verdient? Kann der mehr krank sein? Kriegt er höhere Leistungen? (Rufe bei der SPÖ: Hallo, hallo! – Bundesrätin Posch-Gruska: Aus Solidarität!) Ich freue mich über Ihren regen Zuspruch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Ich ha­be ihn erwartet. Trotzdem: Versuchen Sie gemeinsam mit mir den Grundsätzen der Dialektik zu entsprechen! Ich habe Sie ja nur etwas Logisches gefragt. Es wird ja Ihnen auch so gehen ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich darf Ihnen doch eine logische Frage stellen.

Kolleginnen und Kollegen, regen Sie sich nicht auf! Ich weiß, dass Sozialversicherung für Sie ein wunderbares Thema ist, aber belassen wir es einmal dabei. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Antwort, meine Damen und Herren, auf alle diese kleinen Fragen, die ich hier ge­stellt habe und die offensichtlich große Reaktion zeitigen, ist nicht, dass sich dort ir­gendwelche Menschen hinstellen und sagen, in unserem Hochsteuerland brauchen wir noch mehr Steuern, noch höhere Steuern. Es war ja ganz witzig, nicht? In der Zeitung ist gestanden, wir haben jetzt 7 000 Millionäre, und da sind sofort die einen oder an­deren Berufenen aufgestanden und haben auf die eingedroschen  anstatt dass ir­gendjemand dankbar ist, dass wir sie haben, dass es Menschen gibt, die sich selber etwas erarbeitet haben, die hier Steuern zahlen (Bundesrat Stadler:  haben auch nichts dagegen!), und zwar auf alles Steuern zahlen, was es gibt: auf ihren Grund, auf ihr Eigentum, auf ihre Wertpapiere, auf ihre Sparbücher, volle Länge.

Stattdessen sagen wir, nein, denen sollten wir es noch wegnehmen! Die Problematik ist nur, wenn wir allen 7 000 Millionären alles wegnehmen, was sie haben (Bundesrat Stadler: Das hat aber niemand gesagt!), dann ist es weg. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dann haben sie im Jahr darauf nichts mehr, wovon sie Steuern zahlen. (Ruf bei der SPÖ:  70 000! Bundesrat Stadler: Jetzt wirst aber schon langsam unglaubwürdig, Herr Kollege!) Ich bemühe mich ja nur, die planwirtschaftlichen Ansätze der Steuerde­batte aufzuzeigen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.  Bundesrat Stadler: Das ist dir nicht ge­lungen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Lindinger, da sind andere herinnen anderer Meinung. Wissen Sie, an jene, die alle  (Bundesrat Stadler in Richtung des Bundesrates Lindinger –: Er redet mit dir!) Also ich bemühe mich, meine Rede innerhalb von zehn Minuten abzuschließen und  (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Danke für das Kompliment.

In unserer Steuerkassa, meine Damen und Herren, landen jährlich 68 Milliarden €. Das sind mehr als 8 000 € pro Kopf und Nase der Bevölkerung. Wenn man damit nicht aus­kommt beziehungsweise ein Land wie das unsere damit nicht auskommt, dann ma­chen wir garantiert etwas falsch. Es geht letztlich einfach ein bisschen um Ausgaben­vernunft, und wenn wir die hinkriegen, dann werden wir auch eines schaffen, meine Damen und Herren: dass wir jenen Mitbürgern und Mitbürgerinnen, die in diesen Stun­den massiv betroffen sind von dem, was sich als Hochwasser und Wassermassen durch Österreich durchzieht, unbürokratisch, schnell und zur Gänze helfen können.

Wir werden einiges an Ausgaben auf den Prüfstand stellen müssen. Ich denke nur an das Stichwort Förderungen. Wenn ich mir so anschaue, was alles in Österreich auf vie-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 19

len Ebenen gefördert wird, war die Transparenzdatenbank ja eine glänzende Idee. Man hätte dann doch einmal schauen können, was alles an Förderungen auf allen Ebenen nach der Guten-Onkel-Methode vergeben wird und welche sinnvollen und vielleicht we­niger sinnvollen Projekte dreifach bis vierfach auf verschiedensten Ebenen in Öster­reich gefördert werden. Da gibt es gute Möglichkeiten, zu sparen, ohne, meine Damen und Herren, irgendwo Sparpakete schnüren zu müssen, ohne den Sozialstaat be­schneiden zu müssen. Das alles geht mit Ausgabenvernunft mit Sicherheit.

Wir brauchen sicher keine neuen Steuern in Österreich! Wir haben kein Einnahmen­problem, wir haben ein Ausgabenproblem. Da sind Vernunft und Wirtschaftlichkeit ge­fragt, und ich bin überzeugt davon, dass wir bei Frau Bundesministerin Fekter dies­bezüglich in den richtigen Händen sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.19


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Lindinger zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


9.20.16

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Fürlinger, ich weiß nicht, aber wahrscheinlich hast du den Tagesordnungspunkt verwechselt. Zur österreichi­schen Steuerpolitik kommen wir noch bei den anderen Tagesordnungspunkten. Aber ich kann schon einiges dazu sagen, weil das ja direkt eine Herausforderung ist, wenn dir die österreichischen Millionärinnen und Millionäre leidtun: dass es nur 78 000 gibt und das ja nicht viele sind und wir, mein Gott, noch einige mehr brauchen.

Wir brauchen tatsächlich viel mehr, die viel Steuern zahlen und mehr Steuern zahlen und nicht auf der Flucht sind und die unsere Finanzministerin dann durch die ganze Welt jagen muss, wofür man eine eigene SOKO einrichten muss – die „SoKo Offshore-Leaks“ –, die, verknüpft mit anderen Steuerbehörden auf der ganzen Welt, unsere Steuersünder sucht, aufdeckt und zur Kasse bittet und denen, weil Steuerbetrug kein Kavaliersdelikt ist, auch einige Jahre hinter Gittern droht.

Es gibt dafür ja einige gute Beispiele in Österreich. Eines der bekanntesten – das ist ja noch nicht abgeschlossen –: Vor Kurzem war er noch einer, der auf legalem Weg, wie ich gehört habe, Eigentumswohnungen über Briefkastenfirmen kauft. Als ob man, wenn man 5 Millionen € im Jahr verdient, noch nicht genug hat, als ob man das Geld noch an der Steuer vorbeischleusen muss, um noch ein paar Hunderttausend „Eurochen“ zu sparen. Es ist doch widerlich, geschätzte Damen und Herren, dass es das überhaupt gibt, während es in Österreich noch viele Menschen gibt, die sehr wenig haben und ar­mutsgefährdet sind. Das ist das, was mich immer schockiert, wenn ich das höre: dass jene Menschen, die sehr viel haben, noch ein paar Euro an der Steuer vorbeischleu­sen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir geht es nicht um jenen, der vielleicht um 20 € beim Nachbarn eine Elektroinstal­lation macht, damit dieser mit dem Haus früher fertig ist, hier geht es um den Großbe­trug. Hier geht es wirklich um jene, die zur Kasse gebeten werden sollten. Und wer ist nicht schon – da möchte ich nicht hier in den Reihen fragen –, also wer ist nicht schon einmal gefragt worden: Brauchst du eine Rechnung oder machen wir es so? – Ich bin mir sicher, das ist schon jedem einmal passiert, und das, glaube ich, ist auch ein Teil der Wirtschaft in Österreich, denn es werden auch Güter erworben, die dann verbaut oder in den Häusern verwendet werden – da geht es hauptsächlich um den Hausbau. Da ist aber die Finanz sehr stark dahinter und da gibt es ganz klare Einschränkungen, was Nachbarschaftshilfe ist und was keine ist.

Da gibt es auch im kleinen Bereich organisierte sogenannte Nachbarschaftshilfen. Die werden aufgestellt, und das muss man auch verhindern, denn „organisiert“ heißt, mit


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einer Arbeitsgruppe ankommen, den Estrich legen und am Abend heißt es wieder: Ab die Post! – Keiner haftet für irgendetwas. Der Konsument, der vielleicht ein Jahr später den Schaden hat, ist der Geschädigte, denn niemand haftet dafür. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist auch ein Schaden für die Wirtschaftstreibenden in unserem Lande, denn hier wird von Bundesland zu Bundesland gefahren: Heute machen wir das in Tirol, morgen machen wir dasselbe in Salzburg und übermorgen in Oberösterreich. Und dann fahren wir wieder in unser Wohnsitzbundesland oder in das Land zurück, wo wir wohnen. – Aber zurück zum Thema.

Geschätzte Damen und Herren! Zum Glück hat es einige deutsche Journalisten gege­ben, die das aufgedeckt haben, um zunächst einmal in Deutschland einigen Millionären das Fürchten zu lehren. Einige Beispiele kennen wir ja, wie den Präsidenten, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates eines sehr bekannten Fußballvereines, der gewartet hat, ob vielleicht das Steuerabkommen mit der Schweiz vom Deutschen Bundesrat rati­fiziert wird. Aber es ist vom Bundesrat als solches nicht verabschiedet worden, und so konnte er seine Steuerschulden nicht anonym anmelden, sondern der Steuerbetrug ist ans Tageslicht gekommen – und da geht es ja um nicht wenige, sondern doch um ein paar tausend Würste, um Erträge von einigen hunderttausend Würsten (Heiterkeit bei der SPÖ), die jener Fußballmanager an der Finanz vorbei- und in die Schweiz gescho­ben hat.

Wir wissen auch, wie es ist, wenn bekannte Menschen – und zwar sehr bekannte, so­wohl aus den Medien bekannte und vielleicht auch in diesem Hause hier – immer wie­der mit dem Koffer durch die Schweiz oder über die Schweizer Grenze nach Österreich oder in die Schweiz reisen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Sie haben nicht gewusst, was das für Geld ist: Ist es das Geld der Schwiegermutter oder ist es das eigene? (Heiterkeit der Bundesrätin Mag. Kurz.) Wie auch immer! – Diesen Steu­erbetrügern, die es so flott getrieben haben, geschätzte Damen und Herren, soll hier Einhalt geboten werden.

Wir haben einige bilaterale Steuerabkommen, beispielsweise mit der Schweiz und mit Liechtenstein. Wir sind auf gutem Wege, und diesbezüglich ist Österreich auch am Zug, damit dieser Datenaustausch nicht nur von einer Richtung in eine Richtung läuft, sondern auch in die andere Richtung.

Geschätzte Frau Finanzministerin! Sie haben ja im Mai in Paris das Amtshilfeabkom­men, das seit 2011 schon 45 Staaten unterzeichnet haben, unterzeichnet, wie das von der OECD und vom Europarat gefordert wurde. Auch unsere Mitglieder im Europarat – der Herr Präsident und Kollege Schennach –, werden wissen, dass es wichtig ist, dass Abkommen oder Beschlüsse und Empfehlungen, die man vonseiten des Europarats macht, in den Staaten ratifiziert werden. Wir sind dabei, das hier zu ratifizieren. Das Abkommen ist unterzeichnet und wir sind auf dem richtigen Weg.

Es haben auch einige andere Staaten zum selben Zeitpunkt unterzeichnet, nämlich fünf, unter anderem Singapur und auch Saudi Arabien. Diese „Steuerflüchtlingsländer“ haben unterzeichnet, und ich glaube doch, dass Österreich mit der Unterzeichnung dieses multilateralen völkerrechtlichen Vertrages auf dem Weg in den Kampf gegen den internationalen Steuerbetrug den ersten Schritt gemacht hat.

Ich habe schon erwähnt, dass sehr viele Profisportlerinnen und Profisportler, sehr viele bekannte Personen betreffend die Steuerflucht und Steuerhinterziehung in Europa sehr rege gehandelt haben. Aber ich glaube doch, dass wir mit dem Abkommen, das wir un­terzeichnet haben, auf dem richtigen Weg sind.

Und dann gibt es noch etwas, was in der letzten Zeit für Aufregung gesorgt hat, näm­lich das österreichische Bankgeheimnis. – Was ist denn das österreichische Bankge-


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heimnis? Wer hat ein Geheimnis, wenn eine ältere Dame oder ein älterer Herr ein Gut­haben von 20 000 € auf dem Bankkonto hat, auf einem Sparbuch, angespart vielleicht für die Enkerln oder für die Kinder oder angespart für den letzten Weg? Muss das ge­heim sein? – Nein, das kann doch jeder wissen! Es kann doch jeder wissen, dass die Oma 20 000 € hat!

Geheim muss es dann sein, wenn ich Schwarzgelder habe, die ich nicht deklariere, die dann – okay! – mit 25 Prozent KESt doch minimalst versteuert werden, aber vielleicht, wenn sie legal angelegt würden, vorher einer Versteuerung hätten zugeführt werden müssen. Auf dieses Bankgeheimnis kann ich verzichten, wenn es wirklich Grenzen gibt, sodass jene, die glauben, sie müssen ein Bankgeheimnis haben, zufrieden sind – mit einer gewissen Obergrenze, über die man reden kann –, aber das Bankgeheimnis muss auch in Fällen, wo es einen Verdacht auf Steuerbetrug gibt, gelockert werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Es kann nicht sein, dass wegen des sogenannten geheimen Sparbuchs und des Bank­geheimnisses, wenn ausländische Steuerflüchtlinge, -hinterzieher in Österreich etwas anlegen, nichts bekannt gegeben wird, wenn ein Steuerverfahren gegen diese Perso­nen läuft. Es muss hier gegenseitige Unterstützung im Kampf gegen Steuerbetrug in Europa und auch weltweit geben.

In der Europäischen Union geht jährlich eine Billion Euro – eine Billion Euro! – durch Steuerflucht und Steuerhinterziehung verloren. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist eine falsche Berechnung, leider!) – Ja, man kann es sehen, wie man will. (Bundesmi­nisterin Dr. Fekter: Aber es ist immer noch viel!) – Ja, es ist sehr viel. Es kann auch mehr sein – und das in der EU.

Wir könnten mit diesem Geld in der Europäischen Union in sehr viel investieren, sehr viel für Menschen tun, die es nicht so leicht haben, sehr viel tun im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, sehr viel tun für die Mindesteinkommen von Älteren in Ländern, die es nicht so leicht haben, die kein Grundeinkommen, keinen Mindestbezug haben, mit dem man auch auskommen kann. Wir könnten mit dem Geld – ach, weiß Gott, mir würde so viel einfallen. (Präsident Mayer – das Glockenzeichen gebend –: Bitte um den Schlusssatz, Herr Kollege!)

Eine Billion Euro in Österreich! Damit wäre auch das nicht notwendig, was wir in den nächsten Tagesordnungspunkten behandeln – Griechenland und so weiter. Es wäre selbstverständlich, dass auch die Griechen das Geld hätten, wenn die Griechen ihr Geld in Griechenland anlegen würden und, und, und.

Geschätzte Damen und Herren! Kampf den Steuerbetrügern, Kampf den Steuerflücht­lingen, damit alle eine gerechte Besteuerung haben und damit auch dem österreichi­schen Staat die gerechten Steuern zugeführt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.32


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Mag. Pisec zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Kollege.

 


9.32.47

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Kampf gegen Steuer­betrug“ ist ein wichtiges Thema, geht uns alle an, und der Staat als Rechtsstaat hat sicherlich ein Anrecht und muss ein Anrecht darauf haben, dass die Steuern korrekt gemäß der Gesetzgebung bezahlt werden.

Das Thema „Kampf gegen Steuerbetrug“ beinhaltet ja eine imperative Aufforderung – ein Imperativ hat immer ein bisschen Verzweiflung im Hintergrund –, und mir würde eine Diskussion zu folgendem Thema besser gefallen: Warum gibt es eigentlich Steu-


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erbetrug in Österreich? Was sind die Hintergründe? – Bei einer Analyse wird sich zei­gen, dass von den Ursachen des Steuerbetrugs einige ihre Gründe in Österreich ha­ben und die Wirkung dann dieser Steuerbetrug ist. Vieles davon ist also hausgemacht.

Teilen wir den Staat in seiner Konzeption ein, einerseits als Rechtsstaat – das Anrecht darauf muss natürlich gegeben sein, sonst funktioniert das Ganze nicht – andererseits als Leistungsstaat – das ist der ordnungspolitische Rahmen. Da wird es schon interes­sant: Erbringt der österreichische Staat eigentlich seine Leistung für den Bürger?

Wenn ich mich dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip zuwende, dann betrifft eine Hauptlast des Steuerbetrugs sicherlich die Umsatzsteuer. Das ist ein wesentliches Thema. Über die Umsatzsteuer wird der österreichische Staat jährlich um zirka 200 Millionen € – plus minus – geschädigt. Das sind diese berühmten Karussellgeschäfte, diese Schein­geschäfte, die abgeschlossen werden und denen der Fiskus immer hinterherrennt, weil die Betrüger meistens schneller als die Finanzpolizei sind.

Auf Business-to-Business-Ebene hat man dem in der Europäischen Union schon einen Riegel vorgeschoben durch dieses bekannte Reverse-Charge-System. Das heißt, in­nereuropäische Lieferungen werden nach dem Reverse-Charge-System gebucht, da­mit genau das nicht passiert. Warum das in Österreich nicht der Fall ist, warum das nicht umgesetzt wird, ist mir nicht ganz klar. Hier gibt es zwar immer wieder Versuche, das Modell umzusetzen, aber es funktioniert nicht, es wird nicht umgesetzt. Ich glaube, in der Bauwirtschaft ist es vor Kurzem umgesetzt worden, aber auf der täglichen Busi­ness-to-Business-Ebene nicht. – Das heißt, der Leistungsempfänger sollte die Umsatz­steuer abführen. Er – und nicht der Leistungserbringer – kann das dann auf Null sal­dieren, damit würde man dem einen Riegel vorschieben.

Unabhängig davon ist die Umsatzsteuer in Österreich generell etwas hoch: In der Schweiz beträgt die Umsatzsteuer 8 Prozent, in Japan 8 Prozent, in Amerika gibt es überhaupt 0 Prozent Umsatzsteuer – also die haben mit dieser Problematik überhaupt nicht zu kämpfen.

Ein anderes Beispiel, und ich würde nicht sagen: eines Steuerbetruges, sondern ich würde es „aggressives Steuersparmodell“ nennen, findet hier in Wien statt beziehungs­weise hat in Wien stattgefunden. Das sind nämlich diese Cross-Border-Leasing-Ge­schäfte, indem sich die Stadt Wien erdreistet hat, den gesamten Bestand an Straßen­bahnen – das sind über 1 000 Stück –, das gesamte U-Bahn-System, das gesamte Ka­nalsystem in die USA zu verkaufen und dann wieder zurückzuleasen (Bundesrätin Mühlwerth: Damit sie eine Steuerersparnis haben!) – genau!, damit sie eine Steuerer­sparnis haben, aber den amerikanischen Steuerzahler schädigen. Da war sich die Stadt Wien nicht zu blöd, dieses Modell umzusetzen und zu sagen: Ja, mir ist das wurscht. Wir wollen Steuern sparen, egal wie das Modell heißt, und wenn das in den USA ist, soll es uns recht sein!

Also das muss einem Bürger doch zu denken geben, wenn sogar die Stadt Wien als Gebietskörperschaft jedes Steuerschlupfloch in der ganzen Welt sucht! Also fängt der österreichische Staatsbürger zu denken an: Warum soll ich der Dumme sein und alle Gegebenheiten offenlegen müssen – sprich, brauche ich eine Rechnung, wenn die Stadt Wien im anderen Fall den Steuerzahler in den USA hemmungslos schädigt? – Und das abgesehen davon, dass es auch eine Eigentumsproblematik geben wird. Das ist noch lange nicht gelöst, denn die Stadt Wien hat ja diese ganze Infrastruktur für vol­le 99 Jahre verleast. Das muss man sich einmal vorstellen, dass man öffentliches Ei­gentum verleasen kann! Also das ist demokratiepolitisch sowieso mehr als bedenklich. (Beifall bei FPÖ und Grünen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Der dritte Punkt eines Steuerbetruges respektive eines aggressiven Steuersparmodel­les ist sicherlich die Schattenwirtschaft in Österreich, die über 20 Milliarden € aus-


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macht. Das kann vielleicht recht lustig sein, ist aber sicher nicht lustig für den österrei­chischen Staat, weil der um zirka 7 Prozent seiner Einnahmen geprellt wird und das auf das Wirtschaftswachstum auch einen absolut negativen Einfluss hat. Abgesehen davon trifft das vor allem die Unternehmen, die KMU-Betriebe, weil jener, der seine Mitarbeiter korrekt anmeldet, korrekt anstellt und die Abgaben und Steuern rechtmäßig dem Fiskus abliefert, natürlich einen wesentlich höheren Preis hat als jener, der seine Mitarbeiter schwarz anstellt und damit natürlich wesentlich konkurrenzfähigere Preise am Markt anbieten kann.

Da gibt es absolut keine Gleichheit und keine Gerechtigkeit. Das gehört abgeändert, kann aber mit diesem Modell, wie sich Österreich heute als Leistungsstaat präsentiert, sicherlich nicht geändert werden, weil einfach die Steuern viel zu hoch sind. Die sind einfach viel zu hoch!

Am Anfang, als der Kollege Fürlinger gesprochen hat, hat er zwar gut angefangen, aber schlecht aufgehört: Es geht nicht darum, dass die Steuern nicht mehr erhöht wer­den – die sind schon längst viel zu hoch! –, die müssen gesenkt werden. Wir Freiheitli­chen fordern eine Senkung der Steuern und Abgaben auf jedem Gebiet! (Beifall bei der FPÖ.)

Und jetzt kommen wir zum Leistungsstaat. – Was bietet der österreichische Staat dem Bürger? Als Unternehmer ist man gewohnt, etwas aus der Perspektive des Kunden zu sehen und nicht immer aus der eigenen Perspektive. Man muss kundenorientiert arbei­ten, man muss sich kundenorientiert aufstellen und darf da nicht egomanisch, hedonis­tisch vorgehen.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich kann mich noch gut an die Situation erinnern, als Sie hier im Bundesrat vor wenigen Jahren Ihre Antrittsrede oder Ihre erweiterte Antrittsrede gehalten haben, in der Sie sich geradezu als Schutzpatronin der österreichischen Un­ternehmer und des Mittelstandes dargestellt haben. – Jetzt sind zwei bis drei Jahre vergangen; eine Änderung ist nicht in Sicht. Ich sehe nichts!

Und wenn der Herr Kollege Fürlinger sagt: „Wir müssen ...“, „wir sollten ...“, sage ich: Die ÖVP ist seit 20 Jahren in der Regierung. Es tut sich nichts. Es tut sich nichts!

Wir haben in Österreich eine viel zu hohe Steuer- und Abgabenquote – 45 Prozent, Tendenz steigend, wobei von diesen 45 Prozent bereits 3 Prozent uneinbringlich sind, weil die Firmen in Insolvenz gehen und sich diese Beträge überhaupt nicht mehr leis­ten können.

Wir haben ein Steuersystem, das restlos veraltet ist, das aus der Nachkriegszeit kommt, viel zu kompliziert ist und dem dritten Jahrtausend überhaupt nicht entspricht. Der Lohnverrechner ist schon eine eigene Berufsgruppe geworden. Eine Einkommens­steuererklärung macht bereits zehn Seiten aus; jedes Jahr liegen da mehr Blätter auf dem Tisch. Damit kommt nicht einmal mehr ein Steuerberater zurecht! Sogar die Steu­erberater brauchen einen Steuerberater, damit sie sich da zurechtfinden.

Aus diesem Grund haben wir die höchste Insolvenzrate von Unternehmen in Europa, weitaus zu wenige Unternehmensgründungen, und der Standort Wien leidet unter die­sem investitions- und innovationsfeindlichen Klima. Wenn ich als Unternehmer ein Un­ternehmen in Österreich gründe, zahle ich – vorausgesetzt, ich schaffe einmal einen Gewinn – 25 Prozent Körperschaftsteuer, 25 Prozent Kapitalertragsteuer und dann ei­nen 33-prozentigen arbeitgeberseitigen Steuer- und Abgabenteil für einen Mitarbeiter. Das sind einmal über 70 Prozent.

Dann will ich mir ein Auto kaufen, zahle 16 Prozent NoVA, die Umsatzsteuer sowieso, dann fahre ich zur Tankstelle, zahle 60 Prozent Mineralölsteuer, noch einmal 20 Pro­zent Umsatzsteuer. Dieser gesamte Steueranteil ist dermaßen hoch, dass allein die


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Vernunft und die logische Darstellung zeigen, dass, egal, welcher Ideologie man ange­hört, es gar nicht sein kann, dass mit diesem Konzept irgendetwas an Steuerbetrug oder aggressiven Steuermodellen hier in Österreich in Zukunft reduziert werden kann. Das findet einfach nicht statt, auch wenn noch so schöne Reden gehalten werden.

Wir müssen uns endlich damit auseinandersetzen, wie wir den Steuerwiderstand – denn darum geht es! – der Bürger und damit die Steuerbetrugsanfälligkeit nachhaltig senken.

Bei meinen Modellen, die für Österreich am besten passen, kann man mit Hesiod aus der Antike – ein echter Grieche – sagen: Manche wissen nicht, dass die Hälfte auch manchmal mehr als das Ganze ist.

Wenn wir jetzt Steuersätze senken, dann gibt es von selbst die Ergebnisse, da braucht man nicht extra machtpolitische Strukturen einzusetzen, damit der Bürger seine Steu­ern bezahlt. Je niedriger die Steuern, desto mehr kann er sich die Beträge, die er ablie­fern muss, auch zu Recht leisten.

Wichtig ist die Perspektive des Bürgers und nicht die Perspektive des Staates. Nicht die Perspektive des Staates ist das Entscheidende, sondern wir müssen uns nach den Bedürfnissen des Bürgers richten.

Da bin ich noch auf den Nobelpreisträger James Buchanan, einen US-Amerikaner, gestoßen, der gesagt hat: Wenn der Staat versucht, immer mehr Aufgaben an sich zu ziehen, dann wird immer weniger funktionieren. – Das ist in Österreich derzeit der Fall. Wenn die Bürger das staatliche Besteuerungssystem als nicht mehr gerecht empfin­den, weil sie nicht die Möglichkeit zur Entfaltung haben, dann sind sie auch nicht bereit, dem Staat ihren Obolus abzuliefern. Dazu gehört auch die Staatsquote.

Abschließend: Vor Kurzem durfte ich Gast im Budgetausschuss des Nationalrates sein, wo dann auch Sie gekommen sind, sehr geehrte Frau Ministerin. Da hat ein Wifo-Re­präsentant allen Ernstes gesagt: Je höher die Staatsquote, desto größer der Wohl­stand. – Jeder, der sich mit der Staatsquote auseinandersetzt, weiß, 100 Prozent Staatsquote hatten wir schon einmal, das ist 1992 auseinandergebrochen, 0 Prozent geht natürlich auch nicht, das ist die Anarchie. Die Staatsquote wird sich irgendwo um 40 Prozent einpendeln, aber nicht bei 52 Prozent, wie wir sie in Österreich haben.

Wenn jemand von der Regierungsbank, ein Experte sagt, je höher die Staatsquote, desto größer der Wohlstand, dann weiß ich, wohin in Österreich die Reise geht. Näm­lich zu weiteren Steuererhöhungen in jeder Art und Weise, egal, welche von den bei­den Parteien, SPÖ oder ÖVP, hier an der Macht ist.

Zusammenfassend ist daher zu sagen: Senken wir die Steuerquote und senken wir damit die Staatsquote, denn dann wird der Steuerbetrug auch nachhaltig massiv ge­senkt werden! Abgesehen davon erzielt man als Nebeneffekt einen positiven Beschäf­tigungseffekt, das heißt, die Arbeitslosigkeit in Österreich wird verringert. Das ist in den nächsten Jahren sowieso ein Hauptproblem. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.43


Präsident Edgar Mayer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich die Frau Bun­desministerin für Finanzen zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. – Bitte, Frau Minister.

 


9.43.23

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her! Als ehemalige Innenministerin weiß ich, dass jede organisierte Kriminalität mit ih­ren kriminellen Handlungen nicht nur die Strafgesetze verletzt, sondern auch Steuern


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hinterzieht. Das heißt, die organisierte Kriminalität oder der organisierte Steuerbetrug war mir daher immer, von Beginn an, ein ganz besonderes Anliegen.

Und das Know-how, das ich als Innenministerin da mitgebracht habe, habe ich dann in der Finanzverwaltung mit einsetzen können. Wir haben die Finanzpolizei besser aufge­stellt, wir haben sie rechtsstaatlich geschult, wir haben dafür gesorgt, dass, wenn sie einschreitet, auch da der Rechtsstaat zum Durchbruch kommt. Wir haben Koopera­tionen mit der Polizei gewählt. Beispielsweise kennen wir über das Bundeskriminalamt die Logistik der Buntmetalldiebe oder die Logistik des illegalen Glücksspiels. Wir arbei­ten auch eng mit der Polizei zusammen, wenn es darum geht, effizient zu kontrollieren und illegale Beschäftigung ausfindig zu machen.

War es früher so, dass die Finanzbeamten zur Geschäftszeit in die Betriebe kamen, während des Tages auf Baustellen kamen, um die Anmeldedaten zu kontrollieren – und während sie kontrollierten, sind alle Illegalen irgendwie davongehuscht –, ist es heute so, dass wir gemeinsam mit der Polizei die gesamte Baustelle abriegeln, vorne gehen dann die Beamten rein, kontrollieren, und wenn jemand davonhuschen will, dann wird er von der Polizei daran gehindert.

Diese Kooperation hat dazu geführt, dass wir Tausende Betriebe kontrolliert haben, und wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass in etwa 12 Prozent illegale Beschäfti­gung vorhanden ist, die aufgegriffen wurde. Das ist nicht nur illegale Beschäftigung, die wettbewerbsverzerrend ist, sondern das sind gleichzeitig auch Abgabenhinterziehung und Steuerhinterziehung.

Wir haben inzwischen Tausende illegale Glücksspielautomaten abmontiert. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht das Abmontieren, das jene fürchten, die man erwischt, sondern das, was sie fürchten, ist die darauf folgende Steuerprüfung. Das heißt, beim illegalen Glücksspiel muss man nicht nur die illegalen Automaten aus dem Markt nehmen, sondern muss man selbstverständlich im selben Atemzug auch die illegale Steuerhinterziehung, die im Rahmen dieses illegalen Glücksspiels stattge­funden hat, bekämpfen.

Daran sehen Sie, dass Steuerbetrug ausgesprochen vielfältig ist. Wir haben eine ei­gene Abteilung im Finanzministerium eingerichtet, die sich mit den Risiken auseinan­dersetzt, damit, wo Steuerbetrug im großen Stil, in organisierter Form stattfindet. Die­ses Risiko analysieren wir, wir analysieren die Logistik, die dahintersteckt, und dann setzen wir wie die Kriminalisten die Steuerfahndung, die Finanzpolizei, die Zollfahn­dung, die Observation darauf an, da aktiv vorzugehen.

Früher war es so, dass wir bei der Kontrolle überwiegend eigentlich jene kontrolliert ha­ben, die eine Steuernummer gehabt haben, und dass wir kontrolliert haben, ob sie al­les richtig berechnet oder ob sie etwas an der Steuer vorbeigeschwindelt haben, wobei im Grunde genommen bei unseren Kontrollen nicht die kriminelle Energie im Vorder­grund gestanden ist. Jetzt erkennen wir, dass die kriminelle Energie stark im Zuneh­men ist, dass viele gar keine Steuernummer haben. Die müssen wir erst suchen im Be­reich der organisierten Kriminalität, bei der Steuerflucht, dort, wo sie die Umsätze nicht deklarieren. Das heißt, die kriminelle Energie ist auch eine grenzüberschreitende. Da­her haben wir auf internationaler Ebene mehrere Plattformen, wo wir ganz eng zusam­menarbeiten.

Die großen Dinge beginnen beim Mehrwertsteuerkarussell. Beispielsweise war es län­gere Zeit üblich, Verkäufe hochpreisiger Handys mit Rechnungen durch Europa zu schicken. Die Vorsteuer hat man sich geholt, eine Mehrwertsteuer hat man nie abge­führt. Ähnliches gab es bei Mineralöltransporten oder bei Mineralöllieferungen grenz­überschreitender Art. Da ist es uns gelungen, nicht nur erhebliche Beträge wieder zur Finanz zurückzuholen, sondern diese kriminelle Energie auch den Strafbehörden we­gen Betrugs zuzuführen, und diese Leute sind zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.


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Inzwischen ist die Debatte auf europäischer Ebene so intensiv, dass ich zuversichtlich bin, dass wir gemeinsam diesen Machenschaften begegnen, und zwar effizient begeg­nen werden.

Wir haben derzeit in der Europäischen Union bei den Finanzministern ein großes Paket bezüglich Steuerbetrug in Bearbeitung, das gehört zur Priorität der derzeitigen irischen Präsidentschaft, insbesondere bezüglich Mehrwertsteuerbetrug. Da brauchen wir zwei Elemente: einmal das schnelle Verfahren, damit wir mit den anderen Steuerbehörden schnell kooperieren können; es nützt nichts, wenn man acht Monate und einen schriftli­chen Depeschenverkehr braucht, dass man irgendwelche Daten von anderen Ländern bekommt, da muss es ein Schnellverfahren geben; und zweitens das Reverse-Char­ge-Modell, das Österreich begrüßen würde, wo aber andere Länder in der EU noch sehr, sehr zögerlich sind.

Wir haben das Reverse-Charge-Modell auf all jene Bereiche ausgeweitet, wo es ein Mehrwertsteuerkarussell gegeben hat. Das ist beispielsweise bei den Reinigungsfir­men, bei den Handys, bei Buntmetall und am Bau der Fall. Daran können Sie erken­nen, dass wir sehr rasch reagieren, um die betrügerischen Machenschaften zu unter­binden.

Neben der kriminellen Energie im Hinblick auf organisierte Kriminalität und auf straf­rechtlich relevante Elemente ist natürlich die Steuervermeidung auch so eine Sache. Das heißt, dass man aggressive Gestaltungsmöglichkeiten sucht, um möglichst keine Steuer zahlen zu müssen. Es gibt legale Möglichkeiten, Steuer zu vermeiden, aber in­zwischen ist die Debatte international schon so weit, dass wir sagen: Es kann nicht sein, dass einige, die sehr große Umsätze machen, international tätig sind, ihre Kon­struktionen so wählen, dass sie womöglich nirgendwo Steuern zahlen.

Daher gibt es hier in der Zusammenarbeit nicht nur mit der EU, sondern auch mit der OECD klare Vorgaben, dass man das unterbindet. Ich begrüße das. Denken Sie an Großkonzerne wie Starbucks, Amazon oder beispielsweise Google, die ihre Konstruk­tionen so wählen, dass sie eigentlich in fast keinem Land Steuern zahlen. Das ist nicht gerechtfertigt, weil viele kleinere, mittelständische Unternehmen brav ihre Steuern ab­liefern und nicht diese Möglichkeit haben, solche Konstruktionen zu wählen.

Das heißt, Steuerhinterziehung, Steuerbetrug ist nicht nur eine Frage des verkürzten Steueraufkommens, sondern ist auch eine Frage der Steuergerechtigkeit gegenüber all jenen, die brav ihre Steuern abliefern (Beifall bei der ÖVP), und ist neben der Steuer­gerechtigkeit und der Finanzverkürzung auch eine Frage des Wettbewerbs. Es ist wett­bewerbsverzerrend, wenn Firmen Steuern hinterziehen, illegal beschäftigen und dann womöglich im Wettbewerb das billigere Angebot stellen können. Da sind jene die Dum­men, die brav nach den Gesetzen handeln. Ich komme vom Bau, und daher ist es mir ein Dorn im Auge, wenn wir illegale Beschäftigung am Bau haben, weil das gegenüber jenen Betrieben wettbewerbsverzerrend ist, die sich an die Gesetze halten. Daher müssen wir in diesem Fall streng vorgehen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu den Zahlen: Wir sind in der Steueradministration sehr erfolgreich. Die Unternehmen liefern 126 Milliarden an Sozialabgaben und Steuer regelmäßig, jedes Monat, rechtzei­tig richtig berechnet ab. Und obwohl wir eine hohe Abgabenlast und eine hohe Abga­benquote haben, ist dieses System vorbildlich in ganz Europa. Seit ich mich mit Grie­chenland befasst habe, weiß ich, was es heißt, Steueradministration, Effizienz zu ha­ben. Wir bekommen den überwiegenden Teil des Geldes rechtzeitig und richtig berech­net. Dafür einmal ein großes Dankeschön an die Unternehmen, die das nämlich unent­geltlich für die Administration des Staates durchführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Internationale ist ja schon angesprochen worden. Es gibt auf europäischer Ebene die EUROFISC. Das ist eine Betrugsbekämp-


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fungsplattform, wo die Steuerbehörden intensiv zusammenarbeiten. EUROFISC gibt auch Informationen aufgrund von Analysen veränderten Betrugsverhaltens oder im Hinblick auf die Entwicklung gemeinsamer Strategien weiter. Wir bringen uns da sehr aktiv ein. Mit EUROFISC konnten immerhin 170 Betrugsfälle aufgedeckt werden, und es gibt dabei auch multilaterale Kontrollen, was ja ganz wichtig ist, denn Steuerbetrug geht auch ganz ungeniert über die Grenze.

Die OECD hat eine eigene Task Force on Tax Crimes and Other Crimes; auch dort sind wir aktiv drinnen. Ich habe erst vorige Woche ein multilaterales Abkommen in der OECD unterfertigt, damit wir dort mit eingebunden sind, um mit allen, die dieses Ab­kommen auch unterfertigt haben, rasch gemeinsam vorgehen zu können.

Auch Europol, die europäische Kriminalitätsbekämpfungsbehörde, ist in die Bekämp­fung der Steuerdelikte beziehungsweise auch der Zollverwaltungsdelikte mit eingebun­den. Wir sind ja mit der Finanzpolizei ganz eng auch hinter den Zollvergehen her. Den­ken Sie an den Zigarettenschmuggel oder an den Artenschutz. Auch da haben wir sehr große Erfolge zu verzeichnen. Europol ist auch ein Lieferant von Informationen über die Logistik der kriminellen Energie nicht nur bezüglich der Steuern, sondern auch be­züglich des Zolls.

Wir haben BEPS, Base Erosion and Profit Shifting, etwas, was uns in der nächsten Zu­kunft ganz intensiv beschäftigen wird. Das ist ein OECD-Projekt, das jetzt aktiviert wird und sich mit der Bekämpfung von Steuerverkürzung, aggressiver Gewinnverschiebung und aggressiver Steuerplanung auf internationaler Ebene befasst. Die G 20 haben sich da im Hinblick auch auf die gegenseitige Amtshilfe einen Schwerpunkt gesetzt, nämlich neue Methoden der Steuervermeidungsbekämpfung zu entwickeln.

Wir haben in Österreich gemeinsam mit unseren Partnerländern ein ganz dichtes Netz­werk der Doppelbesteuerungsabkommen, die immer auch mit Amtshilfe einhergehen. Das heißt, die legale Steuer über Grenzen hinweg werden wir über die Doppelbesteue­rungsabkommen regeln, aber den Betrug über die Finanzpolizei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstmals sind Geldwäsche, Steuerbetrug, Steuerflucht auf die aktive Agenda der Europäischen Union durch Zypern gekommen. Zypern hatte ein Netzwerk von Möglichkeiten, Gelder zu „verstecken“ – unter Anfüh­rungszeichen –, und zwar auf legale Art und Weise – dort waren die Fluchtgelder aus Griechenland, dort waren auch andere Fluchtgelder –, und hat darüber einen sehr gro­ßen Finanzmarkt aufgebaut, der dann kollabiert ist.

Wenn wir also jetzt Zypern umstrukturieren – das war allen Finanzministern im Eco­fin von vornherein klar –, dann müssen wir diese Verschleierungsmöglichkeiten unter­binden. Österreich war federführend darin, hineinzureklamieren, dass die Verschleie­rung durch anonyme Trusts, durch Briefkastenfirmen, durch Nummernkonten unter­bunden werden muss – und das ist uns auch gelungen. Die Zyprioten müssen ein Trustregister schaffen, die Zyprioten müssen uns bekannt geben, wer hinter diesen anonymen Strukturen steckt. Alle Finanzminister haben dem zugestimmt, das ist ein­stimmig verabschiedet worden.

Gleichzeitig ist dann aber schon noch aufs Tapet gekommen, dass es solche Kon­struktionen nicht nur auf Zypern gibt, sondern dass auch speziell Großbritannien ein dichtes Netzwerk hat, bei den Kanalinseln – Guernsey, Jersey –, Gibraltar, bei seinen Karibikdestinationen – Virgin Islands, Cayman Islands. Dort hat das britische Recht die Möglichkeiten dieser anonymen Trusts geschaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anonymität im Bankbereich gibt es in Ös­terreich schon lange nicht mehr. Jede Bank kennt ihre Kunden, und für Betrüger wer­den die Konten auch geöffnet. Österreich ist kein Paradies für Steuerhinterzieher, ist kein Paradies für Geldwäsche, ist kein Paradies für Steuerbetrüger. Wir sind, ganz im


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Gegenteil, ein Hochsteuerland. Bei uns werden die Steuern bei den Bankkonten direkt abgeschöpft. Das heißt, mit der Quellenbesteuerung, mit der Kapitalertragsteuer sind sie direkt an die Finanzverwaltung abzuliefern. Nicht so in den Steuerparadiesen Cay­man Islands, Virgin Islands, Gibraltar, San Marino, Monte Carlo oder beispielsweise auch auf den Kanalinseln. Daher habe ich in Europa massiv gefordert – das ging auch durch die Medien –: Was für die kleine Insel Zypern gilt, dem alle Ecofin-Minister ein­stimmig zugestimmt haben, das muss auch für die große Insel Großbritannien gelten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ungerechtfertigt, wenn die Großen in der EU auf unser Bankgeheimnis schielen und es madig machen. Wir sind kein Para­dies für Geldwäsche und Steuerbetrug. Auch wir bekämpfen die Geldwäsche aktiv mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Wir haben die Geldwäsche-Melde­stelle. Alle Bankangestellten sind aufgefordert, bei Verdachtsmomenten sofort zu mel­den. Man kann in Österreich nicht mit einem Geldkoffer in die Bank gehen und das Geld ganz still und heimlich und anonym anlegen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Bankgeheimnis heißt wörtlich, dass die Angestellten und Mitarbeiter einer Bank Stillschweigen wahren müssen über die Konten, die Kontenbewegungen und die Vorgänge in der Bank. Wer also dieses Bankgeheimnis aufweichen oder abschaffen möchte, der muss den Bürgern auch sagen, dass die Bankangestellten dann am Biertisch im Ort erzählen können, wie es sich mit den Bankkonten so verhält. (Rufe bei der SPÖ: Blödsinn! So ein Blödsinn!) Das muss man den Bürgern sagen.

Man muss den Bürgern auch sagen: Wenn es keine Verpflichtung der Bankangestell­ten mehr zur Verschwiegenheit gibt, dann wird offengelegt, welche Kontobewegungen es gibt, wofür die Menschen ihr Geld ausgeben, wie viel Wein sie bestellen, was sie bei Amazon bestellen, was sie sonst in irgendwelchen Shops kaufen, welche Überweisun­gen sie tätigen. – Wollen Sie das, Sie von der linken Reichshälfte? Wollen Sie das? (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Jenewein. – Bundesrat Konrad: Das stimmt ja nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin schon sehr überrascht, ich bin enorm überrascht! Wollte ich früher als Innenministerin Daten zur Kriminalitätsbekämpfung, dann haben alle sofort aufgeheult und gemeint: Nein, Polizeistaat, gläserner Staat, Da­tenschutz, Schutz der Persönlichkeitssphäre, man kann der Polizei keine Daten ge­ben! – Wo bleibt der Aufschrei, wenn alle in den Konten herumschnüffeln wollen (Bun­desrat Füller: Alle? – Bundesrat Konrad: Wer ist „alle“?), wenn die Privatsphäre nicht mehr geschützt ist? Es geht die Finanz nichts an, was brave Bürger, die brav ihre Steuern zahlen, die keine Steuerhinterzieher sind, die keine Betrüger sind, tun. Warum soll die Finanz in deren Konten herumschnüffeln können? Warum? (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Mag. Zelina. – Bundesrat Konrad: Entschuldigung, reden wir jetzt von der Finanz oder vom Biertisch?)

Es hat noch nie einen Finanzminister gegeben, der effizienter hinter den Steuerbetrü­gern her war als ich – mit dem Abkommen mit der Schweiz habe ich die Fluchtgelder zurückgeholt, mit dem Abkommen mit Liechtenstein habe ich die Fluchtgelder zurück­geholt, mit der Effizienzsteigerung in der Finanzpolizei sind wir wirklich hinter den Be­trügern her –, aber ich sage Ihnen eines: Ich möchte nicht in einem Schnüffelstaat le­ben. Ich will die Privatsphäre der Bürger achten, ich will die Privatsphäre der Bürger re­spektieren, und ich kann auch nicht akzeptieren, dass man Millionen Österreicher aus­schnüffelt, weil es ein paar schwarze Schafe gibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Gott sei Dank – und da möchte ich die Bürgerinnen und Bürger beruhigen – ist unser Bankgeheimnis verfassungsrechtlich abgesichert, eine Verfassungsmehrheit hat einen hohen gesellschaftlichen Wert in unserem Staat. Ich bin auch massiv sorgsam, wirklich


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massivst sorgsam, dass die Privatsphäre der Bürger nicht über Gebühr tangiert wird, wiewohl ich weiß, dass es notwendig ist, dass man die Konten öffnet, wenn es um Betrug, wenn es um Geldwäsche und wenn es um Steuerhinterziehung geht. Aber eine klare Grenze zu ziehen zwischen der Privatsphäre von Kontobewegungen und der Be­kämpfung des Steuerbetruges ist direkt notwendig. Ich hoffe, die Debatte bewegt sich ein bisschen mehr in Richtung Datenschutz und Schutz der Privatsphäre unserer Bür­gerinnen und Bürger. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP, Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Mag. Zelina.)

10.08


Präsident Edgar Mayer: Danke, Frau Bundesministerin, das waren knapp über 10 Mi­nuten (allgemeine Heiterkeit), aber in Anbetracht der Wichtigkeit der Materie nehmen wir das so zur Kenntnis.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Dönmez. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.09.05

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause! Frau Ministerin, Sie haben eine sehr energische Rede gehalten, viele Punkte daraus kann ich auch unterstreichen. (Bundesrätin Grimling: Das glaube ich jetzt aber nicht!) Dass im Bereich der organisierten Kriminalität viele Schäden angerichtet werden und dass auch im Bereich der Steuerhinterziehung für den Staat und die ehrlichen SteuerzahlerInnen ein riesengroßer Schaden angerichtet wird, steht außer Frage. Sie haben auch sehr viele Instrumentarien zur Hand, diese zu bekämpfen. Sie wurden Ih­nen letztendlich auch von diesem Parlament in die Hände gelegt.

Aber eines muss auch in aller Deutlichkeit gesagt werden, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Diese Konstellationen, die es da gibt – Offshore-Gründungen, Cayman-In­seln, Briefkastenfirmen –, sind auch Auswüchse einer neoliberalen Politik, die in den Denkwerkstätten der Universitäten, in den politischen Akademien und in den Köpfen der führenden Politiker europaweit oder auch weltweit Niederschlag gefunden haben. Das sind die Auswüchse einer neoliberalen Politik. Dass Firmen – wie Sie angespro­chen haben – wie Google, Apple, Amazon und so weiter sich dieser Mechanismen be­dienen, die wir ihnen als Politiker ermöglicht haben, ist vielleicht moralisch verwerflich, aber rechtlich ist das absolut im Rahmen. Das heißt, wir müssen uns selbst als Poli­tiker und Politikerinnen an der Nase nehmen. Wenn wir wieder Verantwortung und das Zepter in die Hand bekommen möchten, dann müssen wir diesem entarteten Finanz­dienstleistungssektor im Bankenbereich wieder die Riemen anlegen, denn das, was da passiert, ist etwas, das wirklich fast niemand mehr nachvollziehen kann.

Sie haben das vollkommen richtig angesprochen: Einem unselbständig Beschäftigten werden durch die Abgaben, die ihm vorgeschrieben werden, die Steuern, die er zu ent­richten hat, automatisch abgezogen. Darüber gibt es keine Diskussion, das liegt auch alles offen. Aber was ist mit all jenen, denen wir durch genau diese Konstellationen er­möglicht haben, ihr Geld steuerschonend in anderen Ländern zu parken? Sie selbst, geschätzte Frau Ministerin, haben zum Beispiel das Steuerabkommen mit Liechten­stein erwähnt, es euphorisch als großen Wurf im Sinne einer Steuergerechtigkeit dar­gestellt. Ich erkenne darin, ehrlich gesagt, keine große Steuergerechtigkeit, denn wenn Firmen oder Privatpersonen bis 2014 weiterhin die Möglichkeit haben, Gelder anonym zu verschieben, dann geht das wieder uns – dem Staat – durch die Finger.

Kollege Pisec, es ist natürlich gerade in Wahlkampfzeiten en vogue, zu sagen: Wir sind für Steuererleichterungen oder weniger Steuern! Das kommt bei einem Großteil der


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Bevölkerung sicher gut an, ist aber nur die halbe Wahrheit. Man muss nämlich auch Folgendes dazusagen: Mit den Steuereinnahmen finanzieren wir sehr, sehr viele Berei­che, gesellschaftspolitische Bereiche, Bildung, Gesundheit, Soziales und so weiter. Es geht daher meiner Meinung nach nicht nur darum, weniger Steuern quer durch die Bank einzunehmen, sondern es geht darum, sich Gedanken darüber zu machen, wie man das Steuersystem anders und neu gestalten kann, ebenso unser Wirtschaftssys­tem. Schon im Club of Rome aus dem Jahr 1972 hat es Überlegungen gegeben, wie man Wirtschaftswachstum anders gestalten kann, wie man Besteuerung anders ge­stalten kann.

Es bedarf einer ökosozialen Steuergerechtigkeit. Wir brauchen in vielen Bereichen Kostenwahrheit. Es stimmt schon, dass wir im Bereich Arbeit massive Steuern haben, worunter die Wirtschaft leidet. Es stimmt, dass man heute beim Einkaufen oder für den Treibstoff auf der Tankstelle mehrfach besteuert wird. Das ist Fakt, vollkommen richtig, allerdings müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, wie wir mit den knapper werdenden Ressourcen weltweit effektiver umgehen. Eine Möglichkeit bestünde darin, dass wir alles, was mit fossilen Energieträgern zu tun hat – die Verbrennung und In-Kreislauf-Bringung –, höher besteuern. Das sind auch genau jene Dinge, die unter anderem den Klimawandel begünstigen, dessen Vorboten und Auswirkungen wir in Mitteleuropa, auch in Österreich, gesehen haben. WetterexpertInnen haben uns pro­phezeit, dass diese Flutkatastrophen nicht mehr in Jahrhundertabständen auftreten werden, sondern dass wir uns darauf einstellen können, dass es in 15 bis 20 Jahren wieder so weit sein wird.

Abschließend ein kurzes Beispiel – es ist skurril, wie die Politik mitunter agiert, da müs­sen wir auch selbstkritisch sein –: Wir vergeben Baugründe in Hochwasserzonen. Was ist der logische Effekt, wenn ein Hochwasser kommt? – Die Bürger steigen auf die Bar­rikaden und sagen, sie müssen geschützt werden. (Bundesrat Schennach: Und wer haftet?) Dann nimmt man Steuergeld in die Hand und baut teure Hochwasserstaudäm­me, mobile Dämme. Wenn das Wasser dann da ist, wenn der Schaden eingetreten ist, müssen wir den betroffenen Leuten wieder helfen. Wäre es da nicht von vornherein gescheiter, in derartigen Zonen überhaupt keine Baugenehmigungen zu erteilen?

In Deutschland wird schon angedacht, dass man den Landwirtinnen und Landwirten die Flächen teilweise wieder wegnimmt 

 


Präsident Edgar Mayer (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege, bitte um einen Schlusssatz! Es geht um den Kampf gegen Steuerbetrug (Bundesrat Dönmez: Ja, aber das gehört genauso dazu! Das sind politische Fehler!), beim Hochwasser waren wir schon. – Bitte.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (fortsetzend): Da fließt massiv Steuergeld hinein. Das sind politische Fehler, Fehler im System. Das muss man erkennen und eingeste­hen, wenn man ganz ehrlich über Steuergerechtigkeit und Steuerbetrug reden möchte, denn letztendlich ist es wurscht, ob das Geld aus der rechten Tasche oder aus der linken Tasche kommt, es kommt aus der Tasche des Steuerzahlers, und damit müssen wir sorgsam umgehen. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Mag. Schreyer.)

10.15


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster hat sich Herr Kollege Perhab zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.15.58

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf trotz meiner kurzen Redezeit doch eine Vorbemerkung zu dir, Kollege Lindinger, machen. Von dei­nem Outfit her mit deinem feschen Steireranzug bist du der Antitypus eines Klassen-


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kämpfers, aber du hast in deiner Rede natürlich das Pflichtprogramm der SPÖ vor der Nationalratswahl abgespult. Auf der einen Seite die bösen Reichen und vor allem auch die ÖVP als Beschützer der Reichen und der Millionäre und auf der anderen Seite die aufrechten Sozialdemokraten, die in Österreich nicht nur rechtlich und inhaltlich alles besser wissen, sondern auch den größeren Anteil am Gemeinwohl leisten. (Bundesrat Lindinger: Du sagst es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbstverständlich bekenne ich mich als wertkonservativer Mensch zum bonum commune, zum Gemeinwohl – in jeder Bezie­hung –; um allerdings dieses Gemeinwohl zu finanzieren, brauchen wir ganz andere Methoden, als Sie sie vorschlagen. Diese Gemeinwohlökonomie, die auch Efgani ger­ne hätte, funktioniert in der Praxis nicht, wie wir an zahlreichen Beispielen gesehen ha­ben. Man kann mittels Steuern alles abschöpfen, jede Wertschöpfung, die gesamten Einkommen, das Eigentum, und dann irgendwie auf die Bevölkerung verteilen – aber nur so lange, bis es nichts mehr zu verteilen gibt, weil kein Geld mehr vorhanden ist. Wir von der Österreichischen Volkspartei sind stolz darauf, dass wir uns zu Eigentum, Eigenverantwortung und Leistung bekennen, das ist unser Konzept! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man den Ausführungen unserer Finanzministerin, die sie in ihrer bekannten und kämpferischen Art und Weise präsentiert hat, zugehört hat, dann kann man sagen, der österreichische Steuerzahler ist bei dieser Politik bestens aufgehoben. Das hat sie auch international bewiesen. Wie viele Minister oder wie viele Staatsoberhäupter gibt es, die innerhalb der Europäischen Union gegen die großen, mächtigen Mitgliedstaaten einmal die Stimme erheben und sagen: Bis hierher und nicht weiter!? Ich war bei ei­nem interparlamentarischen Treffen in Brüssel, bei dem die Franzosen und Engländer über uns hergefallen sind. Wir haben uns aber doch gewehrt, und zwar mit der Begrün­dung, zuerst die Steueroasen dort zu schließen, wo sie wirklich sind, nämlich in den erwähnten Steueroasen in England, aber auch in Frankreich – Frankreich ist ja die Schutzmacht von Monaco –, dann sind wir in Österreich natürlich bereit, die weiteren Schritte – auf OECD-Niveau sind wir ja schon – zu setzen. Darin sind wir uns einig, Frau Minister!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte einen Punkt besonders hervor­heben, der auch mich als Unternehmer teilweise betrifft, und das ist die Einrichtung der Finanzpolizei, ein mit inzwischen über 400 Mitarbeitern schlagkräftiges Instrument zur Herstellung von Steuergerechtigkeit und auch zur Herstellung einer Wettbewerbsge­rechtigkeit für uns Unternehmer, denn da sind wir noch lange nicht am Ziel.

Über die Methode möchte ich mich heute nicht äußern – ich bin ein Betroffener und da­her sicher nicht objektiv (Heiterkeit bei Bundesrätin Zwazl) –, ich bezweifle die Verhält­nismäßigkeit bei jeder Überprüfung. Der stellvertretende Leiter der Finanzpolizei ist an unserer Seite, wir haben über die Wirtschaftskammer zahlreiche Veranstaltungen in Kärnten und der Steiermark gemacht und gemeinsam versucht, die gröbsten Missver­ständnisse, sage ich einmal zynisch formuliert, aufzuklären und vielleicht einer Lösung zuzuführen.

Vielleicht gelingt es uns, in Zukunft doch eine Schlichtungsstelle einzurichten, die nicht direkt im Finanzministerium angesiedelt ist, an die unsere Unternehmer, die glauben, dass sie nicht gerecht behandelt worden sind, sich wenden können (Zwischenruf bei der SPÖ); vielleicht wird für die Zukunft vorgebaut.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das gröbste Problem in unserer Wirtschaft haben wir natürlich durch die Ostöffnung, durch die Entsendungspraxis am Bau. Viele Mitgliedsbetriebe bei uns in der Bauinnung der Wirtschaftskammer beschweren sich natürlich, dass sie als Bestbieter fast nicht mehr in Frage kommen, weil slowenische, slowakische oder sonstige Unternehmen zu niedrigeren Kosten und Preisen anbieten


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können, weil sie nicht zu 100 Prozent die Entsenderichtlinien berücksichtigen. Das ist meiner Meinung nach in Zukunft das Hauptkampffeld für die Finanzpolizei.

Zum Schluss: Wir haben in Österreich mit 53 Prozent Steuer- und Abgabenquote den Plafond erreicht, meine Damen und Herren, und wir werden den Österreichern im Herbst auch folgende Frage stellen: Wollt ihr mehr Steuern zahlen, oder glaubt ihr, dass wir genug Steuern bezahlt haben? – Daher: eine Stimme für die Österreichische Volkspartei! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Konrad.)

10.21


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Kollege Perhab, insbesondere bedanke ich mich für die Einhaltung der Redezeit.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.21.27

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Mir sagt man an sich nicht nach, dass ich nicht ein char­manter Mensch oder ein charmanter Mann bin, jetzt muss ich aber ein bisschen un­charmant werden.

Frau Bundesministerin Fekter, ich habe Sie schon öfters reden gehört, aber vom intel­lektuellen Level her gesehen waren da schon bessere Reden als das, was Sie heute mit dem Biertisch hier  (Bundesrätin Mühlwerth: Na ja! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben nicht nur alle Bankangestellten Österreichs dem Generalverdacht ausgesetzt, dass sie in ihrer Freizeit Bier saufen gehen (Zwischenruf bei der ÖVP), sondern auch dass alle Bankangestellten, wenn sie nicht das Bankgeheimnis, wie Sie es interpretieren, haben, über ihre Kunden am Biertisch tratschen. Das haben Sie heu­te gesagt, und das finde ich unerhört! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt ist genau das wieder passiert, was mich in dieser Diskussion so stört – Harry Himmer, hör einmal zu! –: dieser Nebelscheinwerfer, der da immer eingesetzt wird, dass, zum Beispiel vor den Bildschirmen, die 94-jährige Oma beginnt, sich zu fürchten, mit dem Bankgeheimnis; in Wirklichkeit geht es aber darum, dass Leute etwas zu ver­stecken haben. Es geht nicht um die kleinen Angestellten oder das wenige Ersparte der Oma. Es geht um Betrug.

Der Chefredakteur der „Süddeutschen Zeitung“ hat geschrieben: Fangen wir einmal semantisch an! Tax Haven, Steueroasen, Steuerparadiese – nehmen wir ihnen diese Namen weg! Das sind Betrüger und Verbrecher. Wenn heute jemand jemanden er­mordet oder eine Frau vergewaltigt, dann heißen wir denjenigen auch nicht bei den Salzburger Festspielen willkommen – dort haben wir aber zum Teil eine Generalver­sammlung von Steuerflüchtlingen und Steuerbetrügern. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desministerin Dr. Fekter: Das ist aber jetzt eine ! Das geht zu weit! – Bundesrat Kneifel: Das geht zu weit! – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.  Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Der Biertisch geht mindestens genauso weit! (Bundesrat Kneifel:  bei den Salzburger Festspielen, das geht zu weit!)

Die Frau Bundesministerin hat gesagt, Österreich sei kein Paradies für Steuerbetrug oder Geldwäsche. – Dann frage ich mich, Herr Kollege Kneifel – von den Besuchern höre ich das manchmal –: Warum ist dann ein Herr Flick oder eine Familie Horten nach Österreich gegangen? Weil es so schön ist in den Bergen, weil es so schön ist an den Kärntner Seen? – Nein, weil man hier weniger Steuern zahlt! (Bundesministerin Dr. Fekter: Und ist das schlecht !?  zahlen hier die Steuern!) – Ja, aber welche Steuer zahlen sie!? (Präsident Mayer gibt das Glockenzeichen. – Weitere Zwischen­rufe.)

 


Präsident Edgar Mayer: Am Wort ist Kollege Schennach! – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 33

Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend): Hier ist in 3 300 Stiftungen mehr Geld geparkt als der Staatshaushalt Österreichs, und das zu Dumpingpreisen. Das ist auch etwas, wenn wir schon europäisch reden  (Bundesministerin Dr. Fekter:  vertrei­ben! – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Wir wollen Steuergerechtigkeit. Sie selbst, Frau Bundesminister, haben gesagt, wir wollen Steuergerechtigkeit, und Steuergerechtigkeit kann man nur herbeiführen, wenn man europäische Mindeststeuersätze hat, wenn man eine europäische Steuerprüfung hat und wenn wir aufhören mit dem Steuerwettbewerb zwischen den europäischen Staaten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was wir hier machen, das ist ein Wettbewerb, wenn die einen mit der Flat-Tax da­herkommen und die anderen mit einer ordentlichen Besteuerung. Wenn wir uns in­nerhalb der Europäischen Union einen Wettbewerb um weniger Steuern liefern, dann können wir auch die Leistungen, die notwendig sind, nicht bezahlen. Das sind keine Kavaliersdelikte, wie Ewald Lindinger gesagt hat.

Sie haben – in einem Zwischenruf – diese eine Billion, die Kommissionspräsident Bar­roso genannt hat, angezweifelt. Es gibt verschiedene Berechnungen, sie kommen alle in die Richtung von 1 000 Milliarden € Steuerbetrug oder 32 Billionen weltweit – und das ist enorm viel. Deshalb: Fangen wir nicht an, von den kleinen Häuselbauern zu re­den, sondern reden wir darüber, dass unser derzeitiges System das ist, dass die gro­ßen Konzerne nichts zahlen, so wie aber auch die Banken in Österreich so gut wie keine Steuern zahlen, allerdings die kleinen Steuerzahler zur Bankensanierung zur Kasse gebeten werden. – Das ist keine Gerechtigkeit, und deshalb müssen wir das ernst nehmen. Wir müssen endlich aufhören, und wir müssen einen Cordon sanitaire um diese sogenannten Steuerbetrüger bilden. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines noch: Vor 15 Jahren hat der Anti-Mafia-Ausschuss des italienischen Parlaments sich an Österreich gewandt und gesagt: Über euer Bankgeheimnis, über eure Treu­handgesellschaften – wir haben uns jetzt gerade über die Briten ausgelassen – wäscht die Mafia ihr Geld. Wir haben 15 Jahre lang geglaubt, wir kommen mit dem schlawi­nerhaften Augenzwinkern durch. Deshalb war es auch gut, dass jetzt Europa Druck auf jene Länder gemacht hat, die nicht so mit voller Kraft dahinter waren, diese Steuer­gerechtigkeit in ganz Europa umzusetzen. Deshalb bedeuten die jüngsten Beschlüsse, dass Europa es jetzt angeht, gemeinsam angeht.

Es muss Schluss sein damit, dass man sagt, dass für Gebiete, die zur Europäischen Union gehören und wo rundherum Wasser ist, eine andere Regelung gilt. Das haben wir ja, das sind diese sogenannten Inselregelungen. Das geht nicht mehr! Da können wir auch andere Inseln dazunehmen; die Åland-Inseln zwischen Schweden und Finn­land zum Beispiel – alles ausgenommen. Das geht nicht mehr. Entweder leisten wir Steuern und kommen zu einer Gerechtigkeit (Präsident Mayer gibt das Glockenzei­chen) oder wir unterstützen nach wie vor ein System eines groß angelegten Betru­ges, 

Präsident Edgar Mayer: Herr Kollege Schennach, bitte um den Schlusssatz.

 


Bundesrat Stefan Schennach (fortsetzend):  das mit Häuselbauern überhaupt nichts zu tun hat. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

10.28


Präsident Edgar Mayer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühl­werth. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.28.21

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 34

vor den Fernsehgeräten! Sehr geehrter Herr Kollege Schennach, das mit der Intellek­tualität hättest du weglassen können, denn deine Rede war intellektuell wohl eher auch am unteren Rand.

Dass die ÖVP so ein Thema wählt – „Kampf gegen Steuerbetrug“ –, um damit der ei­genen Ministerin eine gute Plattform zu geben, das verstehen wir natürlich, das ist ganz klar, das macht jeder. Kollege Perhab hat Sie, Frau Minister, hier zur Jeanne d’Arc der Finanzpolitik stilisiert. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) – Jeanne d’Arc war eine starke Kämpferin, die gegen den Rest der Welt angeritten ist (Bundesrätin Zwazl: Aber ohne Zukunft!), deshalb versucht Kollege Perhab jetzt zu skizzieren, dass eure Finanzministerin das ebenso macht.

In einem Punkt sind wir uns auf jeden Fall einig, Frau Minister: Ja, wir wollen den Steu­erbetrug, den organisierten Steuerbetrug, aber auch den kleinen, bekämpfen. Nein, wir wollen nicht, dass auf dem Gehaltskonto des einzelnen Arbeitnehmers und auf dem Sparbuch der Oma, auf dem 2 000 € sind, herumgegrabbelt wird und das der Behand­lung mithilfe eines engmaschigen Informationsnetzes unterzogen wird. Da sind wir wirklich einer Meinung, das wollen wir nicht.

Wir Freiheitlichen wollen darüber hinaus aber auch nicht diese totale Vergemeinschaf­tung der Europäischen Union, wo wir in Richtung Zentralstaat gehen. Die Vereinigten Staaten von Europa, wie es dem einen oder anderen so vorschweben mag, das wollen wir nicht! Wir wollen schon, dass auch die Bekämpfung zu einem überwiegenden Teil bei den Nationalstaaten verbleibt (Beifall bei der FPÖ) – auch dann, wenn man na­türlich weiß, dass man sich international austauschen muss und dass eine Zusammen­arbeit gewährleistet sein muss; das ist ja keine Frage. Wir haben schon so viele Kom­petenzen an Brüssel abgegeben, wir wollen nicht noch mehr abgeben. (Vizepräsidentin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)

Das Stichwort Schattenwirtschaft ist heute schon einige Male gefallen – 12 Prozent il­legale Arbeitskräfte –, und Sie haben gesagt, es ist Ihnen gelungen, das durch entspre­chende Maßnahmen zu senken. Das ist super und löblich, aber damit sind wir ja noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Wir wissen ja seit Jahrzehnten, dass es Schattenwirtschaft gibt, ernsthaft unternommen wurde dagegen aber nichts. Es wurde zwar immer darüber geredet, aber es gab keine ernsthaften Bemühungen, dem Einhalt zu gebieten.

Wir reden ja nicht nur von den illegalen Arbeitern auf der Baustelle, es geht ja nach wie vor auch um die illegale Putzfrau, wo wirklich niemand etwas dabei findet, dass er sie schwarz anstellt. Der Scheck, mit dem sie unfallversichert ist, hat sich einfach als nicht wirklich praktikabel in der Umsetzung erwiesen. Da könnte man vielleicht einmal darü­ber nachdenken, wie man das verbessern könnte, damit er auch besser angenommen wird. Wir haben natürlich nach wie vor auch noch den Bautrupp, den Kollege Lindinger zitiert hat, der kommt und den Estrich verlegt; das ist schon über die Nachbarschafts­hilfe hinausgehend.

Die Frage meines Kollegen Pisec ist völlig berechtigt: Warum geschieht das? – Weil uns die Professionisten oft genug viel zu teuer sind! Diese können aber auch nichts dafür, denn sie müssen entsprechende Abgaben zahlen, haben ihre Personalkosten und müssen natürlich in einer gewissen Art und Weise kalkulieren, damit ihnen etwas übrig bleibt, denn man betreibt doch ein Geschäft nicht aus Solidarität, sondern es soll ja ein Gewinn herauskommen.

Wenn wir von Steuervermeidung sprechen – das ist heute schon alles gesagt worden –, müssen wir auch immer wieder nach den Ursachen fragen. Wenn es eine zu hohe Ab­gabenquote gibt, ist man eher bereit, zu schauen, wo man sein Geld am Fiskus vorbei­schleusen kann. Es gibt Hunderte Studien und Diplomarbeiten dazu, die die Frage


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 35

stellen – keiner bezahlt gerne Steuern –, warum man bereit ist, Steuern zu zahlen. Man ist bereit, Steuern zu zahlen, wenn man der Meinung ist, dass die Quote nicht zu hoch ist und der Staat mit diesem Geld sorgsam und sinnvoll umgeht.

Ist die Quote zu hoch und hat man das Gefühl, der Staat geht nicht so sorgsam mit dem Steuergeld um, ist natürlich sofort die Bereitschaft zur Vermeidung da, und zwar ohne schlechtes Gewissen. Der Bürger sagt sich, er habe eigentlich völlig recht, denn was der Staat mit seinem Geld mache, sei Mist, und daher mache er das nicht.

Das heißt, wenn wir über Steuervermeidung – auch legale Steuervermeidung – spre­chen, müssen wir immer nach den Ursachen fragen, damit wir das bekämpfen können. Die Forderung meines Kollegen Pisec bleibt natürlich aufrecht: Wir müssen die Steuern senken. Und Kollege Dönmez hat nicht recht: Eine Senkung der Steuern heißt nicht automatisch, dass da weniger in den Steuersäckel hineinfließt, ganz im Gegenteil. Frag einmal die Ökonomen! (Beifall bei der FPÖ.)

10.33


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Zelina. – Bitte.

 


10.33.37

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! (Heiterkeit. – Ruf bei der ÖVP: Der sieht schlecht! – Ruf: Das geht gar nicht! Frau Präsidentin!) – Frau Präsidentin, Entschuldigung! (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) Da gab es einen Wechsel, einen fliegenden Wechsel.

Zum Thema Fairness und Steuergerechtigkeit möchte ich im Grunde sehr vielen Vorrednern zustimmen. Wesentlich ist, dass wir Voraussetzungen schaffen, dass auch gerne Steuern bezahlt werden. Die Bürger, mit denen ich spreche, erzählen mir von korrupten Politikern, von Lobbys, die sich aus dem Steuertopf bedienen – da müssen wir ansetzen. Genauso müssen wir auch bei den Steuerausnahmebestimmungen an­setzen, die gehören reduziert.

Ein wesentlicher Beitrag ist auch der Bankensektor. Wir haben in Österreich zwei Rie­senprobleme, das ist auf der einen Seite die Staatsverschuldung, weil wir nicht in der Lage sind, uns an Grenzen, die vorgegeben werden, zum Beispiel 60 Prozent vom BIP, zu halten, und auf der anderen Seite der Bankenbereich, weil wir Haftungen über­nehmen, weil wir Bank-Schulden übernehmen. Ein Großteil unserer Staatsschulden entsteht dadurch, dass wir im Bankenbereich ein Marktversagen haben. Wir müssen die Banken viel mehr regulieren und enger an die Leine nehmen.

Zum Thema Steuerbetrug am Staat gehört auch das Thema Steuerbetrug am Bürger. Wir brauchen Maßnahmen, damit Politiker nicht mehr in der Lage sind, ihre Staaten in dermaßen hohe Verschuldung und Haftungsübernahmen zu stürzen. Nie wieder darf es vorkommen, dass in einem Bundesland wie Kärnten ein Politiker in der Lage ist, 20 Milliarden an Haftungen zu übernehmen (Bundesministerin Dr. Fekter: 21!) – 21 Milliarden. Da brauchen wir gesetzliche Regelungen, dass das einfach nicht mehr möglich ist. Eine Person oder eine Landesregierung darf das nicht, da muss ein Riegel vorgeschoben werden.

In Salzburg haben wir wieder ein Problem mit den Banken. Sie kommen rein, beraten die Regierungen, es werden Transaktionen vorgenommen, von denen wieder nur der Bankenbereich profitiert, und die Stadt gerät in Schulden oder an den Rand des Kon­kurses. Ähnliches sehen wir auch in der Stadt Linz, wo wir gerade das Problem mit der BAWAG haben. Überall ist die Verknüpfung zwischen Banken und Verschuldung des Staates gegeben.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 36

Auch die österreichische Bundesregierung muss sehr aufpassen, wenn wir Haftungen übernehmen – auch im internationalen Bereich, Thema ESM –, dass wir auch da Gren­zen setzen und wissen, wo das Maximalrisiko ist, das wir eingehen können – Thema Risikomanagement. Österreich muss seinen völlig aus dem Ruder gelaufenen Haus­halt in Ordnung bringen und den Bankensektor stark regulieren, damit es den Unter­nehmen und Bürgern nicht noch höhere Steuern auflasten muss.

Ein großes Problem ist auch unser Geldsystem. Wir haben derzeit negative Real­renditen auf den Kapitalmärkten. Das heißt, auf das Sparbuch von der Oma gibt es 1 Prozent Rendite, wir haben tatsächliche Inflationsraten von 4 Prozent, das ergibt eine negative Realrendite von 3 Prozent auf jedes Sparbuch. Unser Geldsystem ist prak­tisch ein zweiter Steuerkomplex, wo Geld eingehoben wird.

Wenn wir endlich in der Lage wären, Reformen durchzuführen im Bereich Verwaltung, Gesundheit, im Pensionsbereich, und auch bei den Förderungen und bei den Subven­tionen einzusparen, und gegengleich die Steuern senken könnten, dann hätten wir eine Möglichkeit, das Wirtschaftswachstum wieder auf Vordermann zu bringen, weil wir die Kaufkraft der Bürger stärken und auf der anderen Seite Investitionsmöglichkeiten für die Unternehmen schaffen.

Niedrige Steuern sind eine wesentliche Voraussetzung für die Steuermoral in Öster­reich. Dort müssen wir hin, also runter mit den Steuern in Österreich, dann hört sich Steuerbetrug von allein auf! – Danke.

10.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnah­me hat sich nochmals die Frau Bundesministerin für Finanzen zu Wort gemeldet. Frau Ministerin, bitte nach Möglichkeit die Redezeit von 5 Minuten einzuhalten. – Bitte.

 


10.39.20

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es herrscht großer Konsens hier im Bundesrat, dass gegen Steuerbetrüger, gegen Geldwäsche, gegen Steuerhinterzieher aktiv vorgegangen werden muss. Auch ich sehe das so und habe daher in der Steueradministration einen Schwerpunkt auf genau dieses Thema gelegt. Es ist auch so, dass die Finanzpolizei und alles, was mit den Steuereinhebungen zu tun hat, von den Reduktionen, die wir im Rahmen des Konsolidierungspfades für das Personal haben, ausgenommen ist.

Der Herr Bundeskanzler hat ja in der „Pressestunde“ gemeint, dass wir in diesem Be­reich keine Personaleinsparungen vornehmen sollen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir da auch entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen können.

Wir arbeiten diesbezüglich effizient, aber die Betrüger finden immer wieder neue We­ge, und wir sind dahinter, dass wir ihnen das Leben ausgesprochen schwer machen. Es ist notwendig, weil es gerecht ist für diejenigen, die brav ihre Steuern abliefern. Es ist notwendig, weil es den Wettbewerb gegenüber jenen Betrieben verzerrt, die sich an die Gesetze halten, und es ist auch notwendig, weil wir ja Steuereinnahmen für die Leistungen, die der Staat den Bürgerinnen und Bürgern bietet, brauchen.

Ich möchte aber schon noch einmal darauf hinweisen, dass Herr Schennach gemeint hat, man solle die Steuern auf hohem Niveau harmonisieren. – Ich bin der absolut ge­genteiligen Meinung. Steuerwettbewerb hat beispielsweise dazu geführt, dass wir Standortvorteile haben, dass wir Vollbeschäftigung haben, dass sich Betriebe in Öster­reich ansiedeln und nicht abwandern.

Warum soll das kleine Österreich diesen Standortvorteil aufgeben? – Alle rund um uns im Westen, also auch die Großen, Deutschland, Frankreich, haben eine höhere Kör­perschaftsteuer, aber die Staaten im Osten, die sich um Betriebsansiedelungen bemü-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 37

hen, haben niedrigere Steuern. Herr Schennach, Sie verkennen das ökonomisch! Wenn alle auf hohem Niveau dieselbe Steuer anbieten, dann haben wir keinen Stand­ortvorteil mehr, dann können wir nicht mehr für Vollbeschäftigung sorgen, sondern dann nähern wir uns den maroden Staaten wie beispielsweise Frankreich, auch wenn dort Ihr Parteikollege sitzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist Steuerwettbewerb etwas Gutes. Ich habe kein Verständnis dafür: Was soll denn schlecht daran sein, Steuern zu senken? Was ist denn schlecht daran, niedrige Steuern zu haben? – Also ständig über ein hohes Steuerniveau zu diskutieren und eine Harmonisierung auf hohem Niveau anzustreben, das ist nicht mein Ziel. Nicht mit der ÖVP! Wir wollen die Steuern senken und wir arbeiten hart daran, dass uns das auch gelingt und dass wir das der Bevölkerung anbieten können. (Beifall bei der ÖVP.)

10.43


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke, Frau Ministerin. Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich darf Herrn Professor Dr. Schambeck bei uns im Bundesrat sehr herzlich begrüßen. Es freut uns, dass Sie uns besuchen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

10.43.15Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2725 bis 2726/AB-BR/2013

beziehungsweise jenes Verhandlungsgegenstandes, der gemäß Art. 42 Abs. 5 Bun­des-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegt,

sowie jenes Schreibens des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 Bundes-Verfas­sungsgesetz, Herrn Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser dem Rat der EU als Mitglied sowie Herrn Landtagsabgeordneten Herwig Seiser als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses der Regionen vorzuschlagen

beziehungsweise Herrn Landesrat Mag. Dr. Michael Strugl, MBA dem Rat der EU als Mitglied sowie Herrn Landtagspräsidenten Kommerzialrat Viktor Sigl als stellvertreten­des Mitglied des Ausschusses der Regionen vorzuschlagen, und

jenes Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über den Zugang von seh- und lesebehinderten Personen zu urheberrechtlich geschütztem Material sowie

jenes Schreibens der Bundesministerin für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend die Aufnahme von Verhandlungen für ein Abkommen mit Amerika über die Zusammenarbeit zur vereinfachten Umsetzung von FATCA be­ziehungsweise

jenes Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, Dr. Karlheinz Töch­terle, am 6. Juni 2013 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bei gleichzeitiger Wahrnehmung seiner Angelegenheiten im Plenum des Bundesrates ge­mäß Art. 73 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz durch Bundesminister Dipl.-Ing. Niko­laus Berlakovich

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sit­zung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 38

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 11)

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Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmen­gesetz 2014 bis 2017) (2251 und 2320/NR der Beilagen)

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Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Vorschläge für Nominierungen gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 39


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 40

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BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 41


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 42

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BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 43

Schreiben der Bundesministerin für Finanzen und des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 44

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BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 45


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 46


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 47

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Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bun­desregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 48

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Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Darüber hinaus ist der Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2012 eingelangt, der dem Wirt­schaftsausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Weiters eingelangt ist der Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht 2011 der Bundesmi­nisterin für Verkehr, Innovation und Technologie, der dem Ausschuss für Verkehr, In­novation und Technologie zur Vorberatung zugewiesen wurde.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 49

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlos­sen und schriftliche Ausschussberichte erstattet. Ich habe die zuvor genannten Ver­handlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschla­ges beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4, 6 und 7,
9 bis 11, 17 bis 20, 22 bis 24 sowie 27 und 28 jeweils unter einem durchzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.46.191. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (2264 d.B. und 2344 d.B. sowie 8976/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (2266 d.B. und 2345 d.B. sowie 8977/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subventionskonto des Treuhand­fonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Währungs­fonds (2296 d.B. und 2346 d.B. sowie 8978/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen (2301 d.B. und 2347 d.B. sowie 8979/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen zu den Punkten 1 bis 4 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Taucher. Bitte um die Berichte.

 


10.47.07

Berichterstatter Mag. Josef Taucher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zu den Punkten 1 bis 4 die Berichte des Finanzausschusses bringen. Die Berichte liegen Ihnen jeweils in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

TOP 1: Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz:


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 50

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juni 2013 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vor­lage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

TOP 2: Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationa­len Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank:

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juni 2013 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vor­lage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

TOP 3: Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subven­tionskonto des Treuhandsfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internatio­nalen Währungsfonds:

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juni 2013 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vor­lage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

TOP 4: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen:

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 4. Juni in 2013 in Verhandlung genommen und stellt mit Stimmeneinhellig­keit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.

 


10.50.00

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man die unter einem zusammengefassten vier Tagesordnungspunkte aufteilt, so betreffen die ersten beiden Griechenland, um es vereinfacht auszudrücken, der dritte die Armut, die immer abzustellen ist, vor allem in Österreich, und der vierte das schöne Afrika.

Zu den Punkten 1 und 2 ist mir vor Kurzem ein Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ untergekommen. Dort stand auf Seite 1: Europa, die EU, der Euro in erster Li­nie ist und bleibt ein einziger Sanierungsfall. Und da wundert es mich auch nicht, dass sich die US-Amerikaner weigern, bei der Aufstockung des Kapitals vom IWF, vom In­ternationalen Währungsfonds, mitzumachen, denn sie sagen zu Recht, Europa mit sei­nem völlig irrsinnigen Eurosystem soll allein zurechtkommen, soll sich allein aus dem Sumpf ziehen. Trotzdem versuche ich, die ersten beiden Punkte jetzt halbwegs analy­tisch über die Bühne zu bringen.

Zu TOP 1: Da geht es um einen Schuldenschnitt, muss man ganz ehrlich sagen. Die Oesterreichische Nationalbank hält ja zirka 3 Millionen griechische Anleihen, Ramsch­anleihen sozusagen. Sie ist von der EZB dazu verpflichtet worden, diese als Euroland zu übernehmen. Da beneide ich die Bank of England und die Schweizerische National­bank, die das nicht tun müssen.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 51

Mit diesem Gesetz wird angenommen, dass die Griechen das bis zum Jahr 2038 zu 100 Prozent zurückzahlen. – Also, Entschuldigung, wenn man weiß, wie es am Finanz­markt zugeht, dann kostet mich das einen Lacher, dass man heute einen Gesetzent­wurf für die nächsten 25 Jahre aufstellt. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Bis 2025 jedoch, also auch noch in zwölf Jahren, soll die Oesterreichische Nationalbank die Dif­ferenz an die Griechen bezahlen, aber immer unter der Voraussetzung, dass 2038 das Ganze zum Nominalkurs von 100 Prozent zurückgezahlt wird. Das wage ich zu be­zweifeln, steht aber hier so im Gesetz.

Daher ist es natürlich budgetwirksam, sprich es kostet den österreichischen Steuerzah­ler diesen Betrag. Die Oesterreichische Nationalbank wird mit dem öffentlichen Schul­denschnitt, den Griechenland in kürzester Zeit weitergeben muss, zumindest nach der Wahl in Deutschland hier weiter den Staatshaushalt in Österreich belasten.

Zu TOP 2: Die Oesterreichische Nationalbank wird verpflichtet, dem Internationalen Währungsfonds mehr als 6 Milliarden € zur Verfügung zu stellen. Das sind die berühm­ten Sonderziehungsrechte. Das ist eigentlich der gesamte Devisenreservenbestand der Oesterreichischen Nationalbank, ist weder im Bundesbudget noch im Budget der Oesterreichischen Nationalbank wirksam, weil lustigerweise die Sonderziehungsrechte auch als Devisenreserven gelten. Verfügbar sind sie jedoch nicht.

Wie das budgetär gehandhabt wird, ist mir absolut ein Rätsel. Cash ist Cash, Sonder­ziehungsrechte sind Sonderziehungsrechte und sind sicher nicht monetär zu verwer­ten. Aber so ist es eben. Auch hier kommt der österreichische Steuerzahler zum Hand­kuss, denn es ist praktisch mehr oder weniger ein zinsenloses Darlehen und entspricht nicht dem aktuellen Zinssatz von zumindest 0,5 Prozent.

Generell muss man zu der ganzen Griechenlandproblematik Folgendes sagen: Sie ist ja jetzt ein bisschen in den Hintergrund getreten, das heißt aber noch lange nicht, dass es nicht weitergeht, weil auch Zypern, Portugal und Spanien, all diese berühmten süd­lichen Euroländer betroffen sind. Wobei nicht diese Länder allein die Schuld haben, sondern vor allem jene Politapparatschiks, die damals, Ende der neunziger Jahre, die­sen südlichen Ländern, die heute darunter leiden, diesen Euro praktisch übergestülpt haben.

Warum man nicht den Artikel 125 heranzieht und bei der Europäischen Union einfach stärker auftritt, wie es die Engländer tun, weiß ich nicht. Dort steht: „Ein Mitgliedstaat“ – das hat ja Österreich unterschrieben – „haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zen­tralregierungen () eines anderen Mitgliedstaats ().“

Das sind europäische Verträge, das ist ein Grundvertrag der Europäischen Union, ein Eckpfeiler, eine Säule des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dagegen wird permanent verstoßen. Warum hier Österreich nicht stärker auftritt, das ist mir ein Rätsel. Jetzt kommt sogar die Oesterreichische Nationalbank zum Hand­kuss, aber letztlich immer der österreichische Steuerzahler.

Kurz zur Oesterreichischen Nationalbank. Die ist ja auch durch den – unter Anfüh­rungszeichen – „Verstaatlichtenminister“ Josef Pröll ins österreichische Eigentum über­gewandert, mit dem Ziel, die Finanz und vor allem die Banken in Österreich besser – wie soll ich sagen?; „an die Kandare zu nehmen“ möchte ich jetzt nicht sagen – auf­zustellen. Wir wissen alle, was sich am Finanzmarkt tut. Vor allem wissen wir, dass die Zinsen für Kredite für Unternehmen, wenn sie überhaupt einen Kredit bekommen, bei Weitem jene von Anleihen übertreffen. Diese sind doppelt bis dreifach so hoch, ob­wohl die Leitzinssätze ja wesentlich mehr gesenkt worden sind. Da gibt es sicherlich ein Kartell, da gibt es sicherlich Absprachen. Da sollte die Oesterreichische National­bank stärker auftreten, zusammen mit der FMA. Tun sie aber nicht, obwohl das bei der Verstaatlichung 2010 gemeint gewesen war.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 52

Da brauchen wir mehr Dynamik, mehr Organisation, mehr Hilfestellung für unsere ös­terreichischen KMU-Betriebe, für unseren Mittelstand, für unsere leistungsorientierten Betriebe. Das ist derzeit nicht der Fall. Das wäre der Sinn und Zweck der Oester­reichischen Nationalbank im Sinne einer funktionierenden Bankenaufsicht hier in Ös­terreich.

Zuletzt darf ich noch zu TOP 4 kommen, zu Afrika. Nigeria ist Österreichs zweitgrößter Außenhandelspartner, Exportland von den afrikanischen Ländern südlich der Sahara nach Südafrika. Ein wesentlicher Punkt in diesem Investitionsschutzabkommen ist die Enteignung. Bekanntlich ist der Schutz des Eigentums eine der Grundprämissen der Marktwirtschaft. Ohne Eigentum funktioniert überhaupt nichts: das Recht, Eigentum zu erwerben, das Recht, Eigentum zu besitzen und das Recht, Eigentum am Markt zu ver­äußern.

In Afrika gehen die Uhren leider Gottes in den letzten Jahren etwas anders, verursacht durch diverse – wie soll man sagen? – Korruptionsfälle und innere Bürgerkriege. Wenn ich mir da Südafrika anschaue, wo in den letzten Monaten in Pretoria ein Gesetz das Parlament passiert hat, in dem erstmals praktisch auch Enteignungen von Unterneh­men möglich sind – es können Aktien enteignet werden, also nicht nur physisches Ei­gentum, sondern auch ideelles Eigentum, wie Patente und Schürfrechte –, dann frage ich mich, ob das in diesem bilateralen Abkommen mit Nigeria – mit Südafrika gibt es das ja schon – auch festgehalten ist, ob das dem praktisch übergeordnet ist oder ob das Abkommen, das jetzt bilateral unterzeichnet worden ist, dem untergeordnet ist.

Das sollte man festlegen. In Südafrika finden Enteignungen statt. Auf Basis dieser in­nerstaatlichen Gesetze werden mehr Enteignungen, nicht nur von Eigentum, sondern auch von anderen Institutionen stattfinden. Das ist ein Grund dafür, warum es in Süd­afrika in den letzten Jahren leider Gottes zu vermehrten Wachstums- und Wirtschafts­problemen gekommen ist.

Zusammengefasst: Die ersten drei Gesetze lehnen wir ab, dem letzten stimmen wir zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.57


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Kneifel. – Bitte.

 


10.57.51

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geschätzte Frau Präsiden­tin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Länderkammer! Die Vorlagen der Frau Bundesministerin für Finanzen, die wir heute im Bundesrat zu bear­beiten und zu verabschieden haben, hängen alle mit der europäischen Entwicklung, mit der weltweiten Entwicklung zusammen. Wir wissen, dass derzeit weltweit eine sehr schwache wirtschaftliche Dynamik besteht, dass sich der Euroraum weiterhin in einer Phase der Rezession befindet, dass wir eine äußert schwache Binnennachfrage haben und dass die Konjunkturentwicklung insgesamt in diesen Monaten beeinträchtigt ist.

Wir hoffen im zweiten Halbjahr auf ein höheres Wachstum in Österreich und hoffen, dadurch auch mehr neue wirtschaftliche Impulse setzen zu können. Es gibt derzeit eine schwache Auftragssituation, und wir müssen entsprechend gegensteuern. Diese Vorla­gen helfen auch mit, die gesamteuropäische Situation in Wirtschafts- und Finanzfragen zu stabilisieren. Und da bin ich der Frau Bundesministerin zu großem Dank verpflichtet. Es ist ihr wirklich gelungen, gerade mit diesem OECD-Abkommen die wesentlichsten österreichischen Positionen abzusichern.

Das war nicht von vornherein klar, das hat man zu Beginn nicht absehen können. Es hat einer Anstrengung und eines Kampfes bedurft, da europaweit durchzudringen, ins­besondere bei den nördlichen Nachbarn und bei den Inselbewohnern, also in Großbri-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 53

tannien, dass wir unsere wichtigsten Positionen absichern konnten, nämlich dass alle bilateralen Abkommen, die verdienstvollerweise von der Regierung beziehungsweise von der Frau Bundesministerin geschlossen wurden, weiter unberührt bleiben, dass die OECD-Standards als Grundlage für Verhandlungen mit Drittstaaten bestehen bleiben und gelten. Das war auch von vornherein nicht absehbar. Aber was für Kleine gilt, muss in der gesamteuropäischen Entwicklung auch für Große gelten. Und künftig sol­len auch anonyme Trust-Konstruktionen erfasst sein. Das ist auch ein Verdienst un­serer Verhandlungsseite bei dem gesamten OECD-Abkommen.

Das sollten wir auch entsprechend bewerten, weil einem das nicht automatisch in den Schoß fällt, dahinter stehen Kampf und Anstrengung. Österreich ist da einiges gelun­gen, und dafür ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Tagesordnungspunkte schließen nicht nur formell, sondern auch inhaltlich naht­los an die Aktuelle Stunde an. Ich glaube, dass uns in diesem Bereich sehr viel ge­lungen ist. Das Bankgeheimnis für Inländer bleibt aufrecht, von Ausländern, die hier in der Absicht, Steuerhinterziehung, Steuerbetrug zu begehen, tätig sind, werden die Konten geöffnet, werden die Informationen weitergegeben, damit sich so etwas in Eu­ropa nicht mehr wiederholen kann.

Ich denke, wir sollten das auch entsprechend nach außen tragen, weil dadurch auch eine präventive Wirkung einsetzt und man sagt, dass sich solche Hinterziehungen und Betrügereien in Österreich nicht mehr rentieren.

Um all diese Lasten, die wir auf uns nehmen, verkraften zu können, brauchen wir in den nächsten Monaten ein entsprechendes Wachstum. Wir brauchen Wachstum! Oh­ne Wachstum wird es nicht gehen.

Es gibt ja immer wieder Vorschläge, wie wir mehr Wachstum kreieren können, und so weiter. Jetzt hat, muss ich sagen, leider auch die Natur mitgespielt. Ich war selbst zwei Tage mit der Feuerwehr im Hochwassergebiet unterwegs. Meine Heimatgemeinde ist zu 25 bis 30 Prozent unter Wasser gesetzt worden, im Mündungswinkel der Enns in die Donau – wie das auch in Schärding und in vielen anderen Gemeinden passiert ist. Das, was sich in diesen Gebieten abgespielt hat, ist dramatisch.

Ich glaube, wir sollten daraus auch entsprechende Forderungen ableiten. Wir sollten helfen, wo es geht. Wir sollten rasch Hilfe angedeihen lassen, und zwar ohne große bürokratische Hürden, damit jene, die da völlig unverschuldet zu Schaden gekommen sind, rasch Hilfe von der öffentlichen Hand, aber auch von privaten Spendern – es sind schon Aktionen eingeleitet worden – erhalten.

Es wird jetzt natürlich die Nachfrage steigen. Heute sind die Großmütter und deren Sparbücher schon erwähnt worden. (Bundesrat Lindinger: Schwiegermütter!) Meine Großmutter hat gesagt: Es gibt in dieser Welt nichts Schlechtes, das nicht auch etwas Gutes hat! – So traurig dieses Ereignis ist, aber es wird dadurch natürlich die Nach­frage entsprechend gesteigert, denn einiges muss erneuert werden, es muss etwas in­vestiert werden. Und das werden wir in unseren Katastrophenfondsmitteln, in unseren Hochwasserfondsmitteln beziehungsweise in unseren Schadenswiedergutmachungs­aktionen unterbringen müssen.

Ich glaube, eines kann man aus dieser Aktion auch lernen: In Zeiten wie diesen, wenn ein Land so heimgesucht wird, rücken alle zusammen. Dann gibt es wieder einen Zu­sammenhalt. Und das ist das Positive daran. Ich habe gesagt, es gibt nichts Schlech­tes, das nicht auch etwas Gutes hat: Die Menschen rücken zusammen, es wird große Solidarität geübt. Viele fragen: Wo kann ich helfen, wo kann ich anpacken, was kann ich tun?

Das sollte Auftrag für uns als Gesetzgeber und für die Regierung in diesem Land sein, diesen privaten Intentionen noch eines draufzusetzen und zu helfen. Von der Regie-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 54

rung müssen aber auch alle Maßnahmen ergriffen werden, dass die finanziellen Mittel, die im Zusammenhang mit dem Hochwasser, mit dieser Katastrophe eingesetzt wer­den, dass diese Wiedergutmachungsmittel nicht Maastricht-relevant sind, nicht einge­rechnet werden. Das wäre fair und sinnvoll, weil das völlig außerhalb der Planung und außerhalb jeder Prävention und Betrachtung gelegen ist.

Es ist sehr viel geschehen, es ist aber auch noch sehr viel zu tun. Ich glaube, dass die­se Maßnahmen auch die europäische Solidarität wieder in den Mittelpunkt stellen. In Notzeiten rückt man auch europaweit wieder zusammen und fragt: Wie können wir gerechter, wie können wir besser werden, wie können wir in diesen Zeiten noch mehr helfen und zusammenstehen?

Etwas muss ich noch sagen, obwohl Kollege Schennach nicht im Saal ist: Ich habe mich sehr geärgert, als er eine intellektuelle Unredlichkeit begangen hat, indem er zu­erst der Frau Minister unterstellt hat, dass sie gesagt hat, dass alle Bankbediensteten Biertrinker sind. – Das hat sie nie gesagt!

Und er hat dann selbst dieses System angewendet und gesagt, die Salzburger Fest­spielbesucher seien eine Generalversammlung der Steuerhinterzieher. – Das lasse ich in dieser Kammer nicht gelten! Solchen Vorwürfen muss man entgegentreten! Das stimmt nicht! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir sollten auch der Glaubwürdigkeit halber, wenn wir hier an diesem Rednerpult ste­hen und Stellungnahmen abgeben, bei aller Pointiertheit und bei aller parteipolitischen Profiliertheit eine gewisse Redlichkeit an den Tag legen (Bundesrat Konrad: Das gilt aber dann für alle!) und bei den Fakten, den Tatsachen bleiben. Die Salzburger Fest­spiele sind ein hochwertiges kulturelles Ereignis und dienen nicht einer billigen partei­politischen Kleingeldsammlerei. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der FPÖ– Bundesrat Stadler – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Bundes­rates Kneifel –: Das hat er nicht gesagt! – Gegenruf: Na sicher hat er das gesagt!)

11.07


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.07.19

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Man merkt, es ist Wahl­kampfzeit, die Gemüter erhitzen sich ein bisschen. Ich versuche dennoch, zur Tages­ordnung zurückzukehren.

Wir diskutieren jetzt vier Tagesordnungspunkte, einer davon hat auch bei uns partei­intern, im Klub noch zusätzlich für eine Diskussion gesorgt. Wir werden dem ersten Tagesordnungspunkt unsere Zustimmung nicht erteilen, und zwar aus folgendem Grund: Es ist für mich und auch für viele, viele andere ein Gebot der Stunde, dass wir, wie das auch Kollege Kneifel gesagt hat, in Zeiten der Not zusammenrücken. Das gilt im europäischen Rahmen, das gilt in meinen Augen aber auch weltweit. Es gibt Pro­bleme, die wir nur gemeinsam lösen können. Das beginnt beim Menschenhandel, geht über den Klimawandel und so weiter bis hin zur Hochwasserkatastrophe in Österreich.

Auch bei mir haben sich in den letzten Tagen viele, viele unterschiedliche Bürger, auch BürgerInnen mit Migrationshintergrund, und das freut mich ganz besonders, gemeldet und gefragt: Wo können wir anpacken, was können wir machen? Ich war in den letzten paar Tagen auch nur noch am Telefon und habe Hilfe organisiert und koordiniert. Auch hier dafür großen Dank. – Das ist die positive Seite.

Wo ich jedoch ein bisschen Gänsehaut bekomme, sozusagen eine Piloerektion, ist, wenn Kollege Kneifel sagt, das Schlechte habe auch eine gute Seite, und wir tun –


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 55

nicht in diesen Worten, aber sinngemäß – so weiter wie bisher. Ich bin der festen Über­zeugung, wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher, denn all diese Ereignis­se, seien es Trockenperioden in afrikanischen oder asiatischen Ländern, diese Hoch­wasserkatastrophen oder die zahlreichen Murenabgänge, haben eine Ursache, die uns alle vereint, die uns zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammenschweißt: Sie sind die Folgen des Klimawandels. Wir können nicht mehr so weiterwirtschaften wie bisher. Wohlstand ja, aber wir müssen uns überlegen, wie wir diesen Wohlstand auf eine qua­litative Ebene heben können, wie wir diesen Wohlstand anders erreichen können.

Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass man ab einem gewissen Punkt an mate­rieller Absicherung und ab einem gewissen Finanzvolumen das Glück, den persönli­chen Wohlstand nicht mehr maximieren kann. Das heißt, wir müssen uns auch Gedan­ken darüber machen und überlegen, wie wir unser Wirtschaftssystem, unser Wirt­schaftswachstum anders, ökologischer und sozialer gestalten können. Das ist das, was ich auch in der Aktuellen Stunde versucht habe in aller Kürze anzusprechen.

Wir müssen also umdenken und können nur hoffen, dass nicht die gleiche Kommission seitens der EU zum Einsatz gebracht wird, die dafür verantwortlich ist, dass Griechen­land jetzt in der EU und in der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ist. Lettland hat ja jetzt auch sozusagen den Schritt gemacht, der Eurozone beizutreten. Also ich hoffe, dass das nicht die gleichen Akteure sind, denn denen hätte, wenn sie sorgfältig über­prüft hätten, auffallen müssen, dass es sich damals dort um gefälschte Bilanzen, ge­fälschte Zahlen und so weiter gehandelt hat, wodurch sie sich in die Europäische Ge­meinschaft hineingeschwindelt haben.

Faktum ist, wir haben diesen Scherbenhaufen. Und Faktum ist auch, dass wir dieses Problem nicht dadurch lösen können – wie das seitens der FPÖ, des BZÖ oder auch des Team STRONACH des Öfteren propagiert wird –, dass wir die Reißleine ziehen und Griechenland einfach hinausschmeißen. Diese Reißleine, die ihr ziehen wollt, ist meines Erachtens ein Galgen, ein Strick, von dem sich dieses Land nicht mehr erholen würde. Das Ganze würde noch mehr Schaden anrichten – nicht nur in Griechenland, sondern in der gesamten Europäischen Union –, als wenn wir ihnen jetzt diese Hilfsgel­der zukommen lassen.

Natürlich, es steht außer Diskussion, dass in Griechenland sehr viel Misswirtschaft be­trieben worden ist, Korruption und so weiter (Bundesrat Konrad: Wie in Kärnten!), und dass man das beseitigen muss. Aber es ist auch Faktum, dass das Geld, das wir zur Verfügung stellen, nicht bei den Griechen und Griechinnen ankommt, sondern in die Erhaltung und Stabilisierung eines kranken Bankensystems gepumpt wird und wir nach wie vor ein System haben, das wir nicht bändigen können oder wollen.

Erste Diskussionen gibt es ja schon auf Ebene der Finanzminister/Finanzministerinnen, aber die Schritte, die gesetzt wurden, sind meines Erachtens noch viel, viel zu wenig. Wir Politiker hinken da meistens diesen Konstrukten, die ja letztendlich auch wir ver­antworten, hinterher. Wir müssen das Zepter wieder in die Hand nehmen, wenn wir das wieder in den Griff bekommen möchten. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist der Kreditvertrag zwischen dem IWF und der Oesterreichischen Nationalbank. Dieser ist aus unserer Sicht begrüßenswert und auch unterstützenswert. Was ich aber nicht verstehe und auch viele Bürger und Bürgerinnen draußen nicht ver­stehen, ist, dass ein normaler Durchschnittsbürger, wenn er einen Kreditvertrag unter­zeichnet, Garantien und Leistungen bekannt geben muss, dass sich zum Beispiel die Bank auch im Grundbuch einträgt, dass sie Zusatzversicherungen verlangt und so wei­ter, dass aber Österreich und auch viele andere Länder, die diese bilateralen Verträge abgeschlossen haben, die Gelder zwar zur Verfügung stellen, aber kein Mitsprache­recht haben. Sie können nicht sagen, dass sie möchten, dass diese Gelder zum Bei­spiel in ökosoziale Maßnahmen investiert werden, dass die Gelder zum Beispiel in


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Maßnahmen der Armutsbekämpfung investiert werden. Das fehlt mir. – Wir stimmen zwar zu, aber ich stimme dem, ehrlich gesagt, mit ein bisschen Bauchweh zu.

Dass wir auch Gelder zur Armutsbekämpfung zur Verfügung stellen, wie das bei Ta­gesordnungspunkt 3 der Fall ist, ist zu begrüßen.

Zum Abkommen zwischen Österreich und Nigeria unter Tagesordnungspunkt 4: Es ist aus österreichischer Sicht sinnvoll, dass wir unseren Wirtschaftsbetrieben, die dort in­vestieren, Sicherheit, Garantien geben, dass sie diese Investitionen tätigen können.

Ich sage es Ihnen ganz offen und ehrlich: Mir ist es hundertmal lieber, dass Öster­reicher 300 Traktoren an die Nigerianer verkaufen, als wenn dies Chinesen machen, die sich an keine Umweltauflagen, an kein Arbeitsrecht halten. Somit ist das, denke ich, eine Win-win-Situation. Die österreichische Wirtschaft profitiert davon, wir haben abgesicherte Arbeitsplätze, und letztendlich auch die Umwelt, denn wir sind ein Garant dafür, dass bei der Erzeugung der Produkte in Österreich Umweltauflagen und Arbeits­schutzbestimmungen eingehalten werden, was in sehr vielen anderen Ländern ja leider Gottes nach wie vor nicht der Fall ist.

Wir werden also dem Tagesordnungspunkt 1 unsere Zustimmung nicht erteilen, den anderen Tagesordnungspunkten jedoch schon. – Danke vielmals. (Beifall des Bundes­rates Schreuder.)

11.15


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort er­teile, darf ich ganz herzlich einen Teil einer Schulklasse des Johanneum zu Lübeck be­grüßen. Sie haben den weiten Weg unter aufgrund des Hochwassers sehr erschwerten Bedingungen auf sich genommen, um Wien zu besuchen, und sind heute von mir persönlich im Parlament eingeladen. Herzlich willkommen hier bei uns im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte.

 


11.15.50

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Lieber Kollege Perhab, wenn du glaubst, dass das Tragen ei­ner Tracht das Vorrecht von wertkonservativen Personen wie dir ist, dann lebst du, meine ich, in einer falschen Zeit. Denn ich als Sozialdemokrat darf auch die Tracht meines Landes hier in Wien tragen, und zwar mit Stolz tragen. Ich repräsentiere hier damit auch meine sozialdemokratische Einstellung zu meinem Bundesland Oberöster­reich. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Kneifel. – Bundesrat Kneifel: Bra­vo, Ewald!)

Lieber Kollege Kneifel, lieber Gottfried, wir kennen einander schon lange, und wenn du im Rahmen deiner Ausführungen gesagt hast, in schlechten Zeiten rücken wir zusam­men (Bundesrat Kneifel: Besonders zusammen!), in besonders schlechten, möchte ich der Bundesregierung empfehlen, in guten und in schlechten Zeiten zusammenzurü­cken – nicht nur in schlechten Zeiten. Ich kenne den Satz von irgendwo: Man soll in guten und in schlechten Zeiten zusammenrücken. (Heiterkeit. – Bundesrat Kneifel: Du lebst ja auch danach!) – Ja, ich lebe danach.

Und da kommen wir schon zu dem Punkt, wenn es um ein Zusammenrücken und um Solidarität geht. Ich sage: Da geht es um eine Solidarabgabe. Wir haben eine Banken­solidarabgabe gehabt, und jetzt wäre es endlich an der Zeit, dass wir aufgrund des Vermögensreports des Investmenthauses Valluga aus Liechtenstein, in dem die öster­reichischen Millionäre sehr gut wegkommen und in dem es heißt, dass ihre Zahl immer größer wird und das Gesamtvermögen um 10 Prozent auf 245 Milliarden € angewach­sen ist, eine Solidarabgabe für diese Personengruppe schaffen. Das entspräche in


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meinen Augen einem Zusammenrücken. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ein bisschen zu wenig. (Bundesministerin Dr. Fekter: 50 Prozent zahlen die schon!) Da sind wir euro­päisches Schlusslicht, da sind wir noch ein bisschen weit hinten. Die leisten noch viel zu wenig für den Gesamtstaat gemessen an dem, was sie am und im Gesamtstaat ver­dienen. Einer, der 1 000 € im Monat verdient, leistet wesentlich mehr – gemessen an seinem Einkommen –, denn der muss für jedes Kilo Brot Mehrwertsteuer bezahlen, für das gesamte Fleisch, für jeden Liter Bier – da wir heute schon vom Stammtisch ge­sprochen haben –, und, und, und.

Ich glaube, dass Personen, die wenig verdienen, sehr viel zur Gesamtbilanz des Staa­tes beitragen, nämlich gemessen an ihrem Einkommen, in Prozenten ihres Einkom­mens.

Die jetzige Debatte betrifft vier Tagesordnungspunkte. Zum Abkommen mit Nigeria kann ich nur sagen, dass Nigeria einer der wichtigsten Handelspartner ist, und zwar mit einem Handelsvolumen von 880 Millionen €. Es geht da im Wesentlichen um den Schutz von Investitionen der österreichischen Industrie, die nicht gesichert sind, also unabhängig von einer Sicherung durch die Kontrollbank, um ein zwischenstaatliches Abkommen, einen bilateralen Kreditvertrag, ein bilaterales Abkommen zwischen Nige­ria und Österreich.

Der Beitrag an das Subventionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung des Internationalen Währungsfonds ist etwas, das wir leisten sollen und müssen, denn es ist ein wichtiger Beitrag Österreichs für die ärmsten Länder der Welt. Wir gehen, glau­be ich, von einem Jahreseinkommen von 100 € pro Kopf in diesen Ländern aus. Das ist ganz wichtig, denn gerade Österreich soll schließlich bei der internationalen Solida­rität nicht ausscheren und einen Beitrag leisten.

Wir wissen auch, dass das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz wichtig ist. Wir sichern damit das mit Griechenland ab.

Kollege Pisec, jetzt zu dir: Du hast hier den europäischen Vertrag erläutert und erklärt, dass die Mitgliedstaaten keine Haftung für nationale Schulden der Mitgliedstaaten übernehmen. Das stimmt schon. Es wäre ein Automatismus, wenn es im Vertrag ste­hen würde. Darum stehen wir hier, und darum werden jedes Mal die nationalen Par­lamente mit Haftungen für Investitionen oder Kredite für andere Länder beschäftigt, die es derzeit nicht so leicht haben wie wir.

Wir Sozialdemokraten werden diesen vier Vorlagen aus dem Finanzministerium zu­stimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

11.22


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Zelina zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.22.24

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Das Brüs­seler Bruegel-Institut hat sich wissenschaftlich mit dem seit drei Jahren laufenden Grie­chenlandhilfsprogramm auseinandergesetzt. Das Ergebnis der Arbeit: Die Wissen­schaftler bezeichnen die Griechenlandhilfe als Fehler, ein Schuldenschnitt der Gläubi­ger hätte viel früher kommen müssen, den Steuerzahlern sind durch die öffentlichen Hilfszahlungen viel zu hohe Lasten auferlegt worden. Die Analysen zur Lage Griechen­lands sind viel zu optimistisch, und Griechenland wird seine Schulden niemals zurück­zahlen können. Das werden sich auch die europäischen Geldgeber eingestehen müs­sen.

Sanierungsfall Griechenland: Griechenland hat zwei Hauptprobleme. Das eine ist die überbordende Staatsverschuldung, das andere ist die mangelnde Wettbewerbsfähig-


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keit. Es braucht Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt. Die Kosten sind viel zu hoch, flexiblere niedrigere Kostenstrukturen müssen geschaffen werden. Wenn wir Griechen­land helfen wollen, dann wäre es sinnvoller, dass wir vielleicht in einen Strukturfonds einzahlen. Oder wir machen aus Griechenland eine Sonderwirtschaftszone für ganz Europa, damit wir dort internationale Investoren hinbringen, die das Land wieder vor­wärts bringen.

Man sagt immer: Schulden, Schulden, Schulden, überall Schulden! Man muss aber verstehen, dass auf der anderen Seite der Bilanz für die Investoren, die in Griechen­land investiert haben, diese Schulden Vermögen sind. Für die Geldgeber, für die Ban­ken, für die Versicherungen, für die Pensionskassen ist es Vermögen. Und diese Geld­geber haben Angst, ihr Vermögen zu verlieren. Sie tun alles – auch durch Angstpropa­ganda in Europa –, damit sie sich aus diesen Schulden rausdrehen können.

Die Last von Fehlinvestitionen der Banken darf nicht dem österreichischen Steuerzah­ler aufgebürdet werden. Österreichische Steuergelder unter dem Titel Griechenlandhil­fe herzuschenken, damit Großbanken ohne Verluste aus ihren Griechenland-Fehl­investitionen aussteigen können, ist definitiv der falsche Weg. Was kann uns im schlimmsten Fall geschehen? – Im schlimmsten Fall haben wir einen Staatsbankrott. Da macht die Angstpropaganda Werbung und versucht, uns dazu zu bringen, dass wir über die Notenbanken, über die Europäische Zentralbank, über den Währungsfonds Anleihen kaufen.

Wir sollten nicht so viel Angst vor Insolvenzen haben. Natürlich hat ein Staatsbankrott zur Folge, dass die Zinsen auf Staatsanleihen nicht mehr bedient werden. Das zieht in der Folge Bankenkonkurse nach sich. Genau im Bankenbereich liegt ein riesiges Pro­blem, und da müssen wir ansetzen – beim Bankeninsolvenzrecht. In erster Linie sollten die Aktionäre einer Bank haften, in zweiter Linie die Bondholder. Das ist ganz wesent­lich. Bondholder bedeuten oft verstecktes Eigenkapital, das den Banken zur Verfügung gestellt wird, wo sich Investoren 5 bis 6 Prozent an Kapital pro Jahr herausholen, egal, ob die Bank Gewinne macht oder nicht.

Wesentlich ist auch, dass wir das Eigenkapital der Banken erhöhen. Meiner Ansicht nach wären 20 Prozent Eigenkapital auf die Bilanzsumme ein ganz wichtiger Schritt. Das würde wie ein Selbstbehalt wirken. Dann würde sich das Bankensystem überle­gen, ob es Staaten wie Griechenland noch Geld gibt.

Das Ausmaß, das hier an Krediten vergeben wurde, ist im Verhältnis zu den Steuerein­nahmen gesehen schon sehr fahrlässig. Auch die Renditeerwartung der Investoren in Europa überhaupt ist viel zu hoch. In Märkten, die gesättigt sind, wo wir kein Wachs­tum mehr haben und wo manche Bankmanager von ihren Mitarbeitern verlangen, dass sie 20 oder 25 Prozent an Eigenkapitalrendite erwirtschaften sollen, und das an Bonus­gehälter koppeln, da liegt ein enormes Problem begraben. Wir müssen die Renditeer­wartungen senken, dann haben die Bankmanager auch nicht so einen Druck, hinaus­zugehen und Produkte an unsere Staaten zu verkaufen, die viel zu riskant sind.

Eine Rückkehr zum klassischen Kerngeschäft der Banken wäre angesagt, das heißt reine Entgegennahme von Spareinlagen und Vergabe von Krediten an Staat, Unter­nehmen und Privatpersonen. Frau Finanzminister! Wir sollten uns überlegen, ob wir nicht auch im Bankenbereich zu einem Spekulationsverbot kommen.

Im EU-Vertrag haben wir eine glasklare No-Bailout-Klausel. Ein Staat darf nicht für die finanziellen Verbindlichkeiten eines anderen Staates geradestehen. Wir sollten uns an dieser No-Bailout-Klausel orientieren. Wichtig ist, dass die Großbanken und die Geld­verleiher Verantwortung für die erlittenen Verluste aus ihren Investitionen, Spekulatio­nen und unverantwortlichen Kreditvergaben an verschuldete Staaten übernehmen und ihr Risiko und ihre Verluste nicht auf die Masse der Bürger abwälzen und sich dadurch schadlos halten.


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Ein Lösungsansatz für die hochverschuldeten Länder ist der Schuldenschnitt. Das heißt, die bestehenden Gläubiger sollten entweder ihre eigenen Anleihen umschulden und längere Laufzeiten eingehen oder überhaupt einen Schuldenschnitt machen, das heißt, einen teilweisen Schuldenerlass gewähren und für ihre Fehlinvestitionen gerade­stehen. Das wäre der richtige Weg, denn dann würden die Banken nicht weiterhin so viele Kredite an Länder wie zum Beispiel Griechenland vergeben.

Österreich darf nicht für die Verbindlichkeiten Griechenlands geradestehen, oder wenn, dann nur zu einem Teil. Auch da gehört ein Limit eingezogen, damit das nicht ausufert.

11.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Winzig zu Wort. – Bitte.

 


11.29.20

Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mir fällt jetzt viel ein zur Rede des Herrn Kollegen vor mir. Ich glaube, es ist eine Träu­merei, wenn man davon ausgeht, dass man Griechenland vor drei Jahren mit einer Einmalaktion retten hätte können. Das ist ein Prozess, der uns Höhen und Tiefen be­scheren wird. Ich kann Ihnen positiv berichten: Ich habe am Montag in Brüssel Kom­missar Hahn getroffen, und er hat von einer positiven Entwicklung auf dem Arbeits­markt in Griechenland berichtet, was ja sehr erfreulich ist.

Fakt ist, Griechenland ist ein Teil Europas, und wenn man in diesem Zusammenhang Europa verneint, verweigert man die globale Realität. Sie brauchen sich nur die demo­graphische Entwicklung anzuschauen: In 100 Jahren wird unser Anteil an der Weltbe­völkerung von 20 auf 7 Prozent sinken. Auch das globale Sozialprodukt wird schrump­fen. Wir haben als Einzelstaaten nur die Wahl: Entweder wir schwimmen gemeinsam oder die europäischen Staaten gehen einzeln unter.

Zu einem Austritt Griechenlands: Was würde das für Österreich heißen? – Das bedeu­tet einen Rückgang des BIP um 4 Milliarden €, einen Rückgang der Exporte um 5 Mil­liarden €. Das bedeutet dann in Summe 29 500 Arbeitsplätze weniger in Österreich. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, das sind diese Horrorszenarien!) Vor diesem Hintergrund finde ich es ökonomisch sinnvoll, aber auch moralisch vertretbar, wenn wir die Zinser­träge aus diesen Anleihen an Griechenland zurückgeben. Diese Rückgabe ist ja an Vorleistungen gebunden. Die Auflagen zur Konsolidierung, zur Steigerung der Wettbe­werbsfähigkeit – ein Privatisierungsplan, ein Steuereinhebungsplan, aber auch die Re­duzierung im Staatsbereich – müssen eingehalten werden. Das ist kein einfacher Weg für die griechische Bevölkerung. Erfolg spielt sich nicht in der Komfortzone ab. Aber ich glaube, Hilfe zur Selbsthilfe ist der richtige Weg, und das vertritt meine Fraktion. (Beifall bei der ÖVP.)

11.31


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungs­gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 60

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Währungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das all­gemeine Subventionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Währungsfonds.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Nigeria über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbe­reichs der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Arti­kel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu er­teilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.33.585. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (2299 d.B. und 2349 d.B. sowie 8984/BR d.B)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um den Bericht.

 


11.34.00

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie zu dem zur Debatte stehenden Beschluss des Nationalrates liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss stellt den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 61

11.34.51

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Es ist ein bisschen ei­genartig, ohne Adressatin eine Rede zu halten, ganz ehrlich gesagt. Aber ich tue jetzt einfach so, als ob Sie da wären, Frau Ministerin. (Ruf bei der ÖVP: Wir hören zu! – Bundesrat Kneifel: Wir horchen eh zu!)

Wir sprechen jetzt zum Luftfahrtgesetz. Da ich heute der einzige Redner zu diesem Ta­gesordnungspunkt bin, muss ich jetzt sozusagen unsere Ablehnung begründen. Ich nehme einmal an, dass alle anderen zustimmen werden.

Zweifelsfrei ist der Flugverkehr eines der schwierigsten politischen Themen, das wis­sen wir alle. Es gibt unfassbar viele Interessen, aber auch Interessenkonflikte. Man denke nur an Anrainer und Anrainerinnen, die in der Nähe von Flughäfen leben, an den Fluglärm und die Abgasemissionen, die dort zutage treten.

Man denke aber auch an den Tourismus. Ich war selbst sehr lange Mitglied der Wiener Tourismuskommission, und es war auch für mich erstaunlich, dass, wenn eine Fluglinie irgendeine Destination aus Spargründen einstellt, auch die Nächtigungszahlen aus die­sen Ländern dementsprechend dramatisch sinken. Das war mir in der Dramatik gar nicht bewusst. Ich glaube, das war zum Beispiel beim Flug Kyoto-Wien so der Fall. Als es diese Flugroute nicht mehr gab, sind auch die Übernachtungszahlen aus dieser Re­gion dramatisch abgestürzt.

Der Flughafen ist ein Wirtschaftsfaktor, das wissen wir auch. Geben wir es zu: Wir alle freuen uns wahrscheinlich, wenn wir irgendwo auf Urlaub hinfliegen und einen günsti­gen Flug finden.

Jetzt freue ich mich, dass die Frau Ministerin da ist. (Bundesministerin Bures: Ich freue mich auch!) Ich übernehme jetzt einfach die Rolle der Frau Präsidentin und sage: Herz­lich willkommen! Ich war schon in Angst, eine Rede ohne Adressatin halten zu müssen.

Ich möchte jetzt auch die positiven Punkte in diesem Gesetz festhalten. Es ist jetzt nicht so, dass wir dieses Gesetz in Bausch und Bogen ablehnen würden. Wir halten die Umsetzung der EU-Richtlinien für sehr richtig. Wir freuen uns, dass es eine Lösung für Hubschrauberplattformen auf Krankenhäusern gibt. Wir wissen ja, dass die Droh­nen ohnehin seit Wochen und Monaten die Medienberichterstattung dominieren. Für die Drohnen und andere unbemannte Flugzeuge gibt es auch eine Lösung. Das halten wir für richtig, auch wenn von unserer Seite noch Datenschutzbedenken bestehen.

Allerdings gibt es auch Kritik an diesem Gesetz, und das möchte ich jetzt schon deut­lich machen. Prinzipiell ist die Behördenstruktur im Flugverkehr ohnehin schon sehr unübersichtlich. Die Austro Control ist ja nicht gerade eine der günstigsten Behörden. Da einmal für eine Neuregelung zu sorgen ist in diesem Gesetz vollkommen verab­säumt worden.

Im Gesetz selbst steht bezüglich der Emissionen – egal, ob es jetzt um Lärm oder um Abgas geht –, dass keine technische Lösung gefunden werden kann. Das halten wir für etwas absurd, denn es geht ja in der Politik nicht unbedingt darum, dass man eine technische Lösung für etwas findet, sondern eine politische Lösung.

Die Interessenkonflikte sind groß, das habe ich vorher schon genannt. Es sind viele Player und Playerinnen, die mit im Boot sein müssen. Es ist nicht einfach, aber es muss eine politische Lösung gefunden werden. Wir brauchen schlicht und ergreifend bei den Genehmigungen von An- und Abflugverfahren eine klarere Hierarchisierung, was wichtig und was weniger wichtig ist. Aus unserer Sicht müssen die Nachtruhe und die Gesundheit von Anrainern und Anrainerinnen auf jeden Fall sehr hoch bewertet werden und nicht geringer als der Profit von Fluglinien. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

Frau Finanzministerin Fekter ist ja vor ein paar Minuten gegangen, aber das wäre für beide Ministerinnen relevant. Einer der wichtigsten Punkte, den wir wirklich nicht ver-


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stehen und den wir anprangern werden, solange es das noch gibt, sind die Steuerge­schenke, die an Flughäfen und Fluglinien gemacht werden. Damit wird der Flugverkehr gegenüber anderen Verkehrsmitteln bevorzugt. Dass Flughäfen von der Grundsteuer befreit sind, Bahnhöfe aber nicht, ist nicht logisch. In einer Zeit, in der es gerade um Einsparungen, neue Verkehrsmöglichkeiten und eine neue Form der Mobilität geht, die auch den Klimaschutz im Auge hat, ist das absolut nicht nachvollziehbar, genauso we­nig nachvollziehbar wie dass Kerosin immer noch wenig bis gar nicht besteuert wird und das alles ermöglicht wird. Wir reden so oft von Kostenwahrheit, und in diesem Fall, im gesamten Bereich Verkehr, stimmt die Kostenwahrheit hinten und vorne nicht. Das gehört geändert! Und solange das nicht geändert ist, werden wir hart bleiben und auch in diesem Fall das Gesetz ablehnen. – Danke schön. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

11.40


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich begrüße Frau Bundesministerin Bures jetzt auch offiziell hier bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Und ich erteile ihr gleich das Wort. – Bitte.

 


11.40.45

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich bin fast hergeflogen, um diese Novelle zum Luft­fahrtgesetz mit Ihnen zu besprechen. Ich weiß aus den Vorbesprechungen im Aus­schuss, dass es eine breite Zustimmung dazu gibt, aber, wir haben es gehört, auch Be­denken und eine kritische Stellungnahme, zu der ich ganz kurz etwas sagen möchte.

Erstens: Was mir wichtig ist und was ich vorausschicken möchte, ist, dass ein Luft­fahrtstandort, eben ein Standort, der in seiner Mobilität nicht nur den öffentlichen Ver­kehr, Schienennetze, Straßennetze, sondern auch den Flugverkehr inkludiert, etwas ganz Wesentliches für einen Wirtschaftsstandort ist. Für Österreich ist das besonders wichtig, auch deshalb, weil wir ein Fremdenverkehrsland sind, aber natürlich ist das auch für alle Unternehmungen und Firmen, die davon betroffen sind, wirklich von ganz großer Bedeutung. Wir haben deshalb auch eine Roadmap Luftfahrt entwickelt. Wir haben mit allen Stakeholdern in diesem Bereich eine österreichische Strategie entwi­ckelt, weil wir uns dieser wirtschaftlichen Bedeutung bewusst sind.

Betonen möchte ich, auch gerade im Hinblick auf die vorige Wortmeldung, dass es im gleichen Ausmaß wichtig ist, einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen und den Bedürfnissen der Bevölkerung zu finden. Das heißt, überall dort, wo es um Lärm­belästigungen geht, überall dort, wo es auch um die Frage, wie wirkt sich das auf un­sere Umwelt aus, geht, muss darauf geschaut werden – und dieser Entwurf heute stößt genau in diese Richtung –, wie wir Menschen vor diesen Emissionen schützen können, soweit das eben möglich ist, mit technischen Möglichkeiten, mit legistischen Möglich­keiten, auch vor Lärm- und Umweltbelastungen und Immissionsbelastungen.

Deshalb haben wir die klare gesetzliche Vorgabe eines Minimierungsgebotes vorgese­hen. Das heißt, dass wir versuchen müssen, mit der Festlegung der Streckenführun­gen, der An- und Abflugrouten die Belastung der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten, die Streckenführungen so kurz wie möglich zu gestalten, denn umso kürzer desto geringer die Lärm- und Luftbelastung, also den Luftverkehr so abzuwickeln, dass er für die Bevölkerung so wenig belastend wie möglich ist. Aber ich glaube, wir brau­chen nicht darüber zu diskutieren, dass ein Flughafen wie der Flughafen Wien ganz entscheidend für unser Land ist, und alle Schutzmaßnahmen, die nur irgendwie mög­lich sind, werden unsererseits auch ergriffen.

Auf die konkreten Änderungen in der Novelle wurde hingewiesen. Sie beziehen sich auf die Frage der unbemannten Luftfahrzeuge, der Drohnen, wo es darum geht, für diesen Bereich erstmals klare Regelungen zu finden. Wir werden damit das Gesetz auf


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 63

den modernen Stand der Luftfahrttechnik bringen. Und wir haben auch Regelungen vorgesehen betreffend spezielle Zivilflugplatzbewilligungen für Hubschrauberlandeflä­chenbereiche bei Krankenhäusern, betreffend ultraleichte Flugzeuge, Hängegleiter, Paragleiter, Fallschirme et cetera.

Zusammenfassend sei nur kurz gesagt: Wir haben ein großes Interesse, die Luftfahrt in Österreich zu stärken, die Menschen von den negativen Auswirkungen der Luftfahrt so weit wie möglich zu entlasten und dafür zu sorgen, dass sie so wenig Belastung wie möglich dadurch haben. Und wir werden mit dieser Novelle für mehr Rechtssicherheit und Entbürokratisierung in diesem Bereich sorgen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.44


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.45.266. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Vertragswerke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpost­vereins; Erstes Zusatzprotokoll zur allgemeinen Verfahrensordnung des Welt­postvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Post­zahlungsdienste (1895 d.B. und 2350 d.B. sowie 8985/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertrages der Interna­tionalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Konferenz der Regierungsbevollmäch­tigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Marra­kesch 2002) und die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Antalya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten (1906 d.B. und 2351 d.B. sowie 8986/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Nun kommen wir zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 6 und 7 ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um die Berichte.

 


11.46.19

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Berichte des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie zu den zur Debatte vorgesehenen Beschlüssen des Nationalrates liegen Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss stellt die Anträge, gegen die Beschlüsse des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 64

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Vertragswerke des Weltpostvereins.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.47.448. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Containersicherheitsgesetz, das Führer­scheingesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Güterbeförderungsge­setz 1995, das Kraftfahrliniengesetz, das Straßentunnel-Sicherheitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei ausländi­schen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunternehmen, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schifffahrtsgesetz, das Seeschiff­fahrtsgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktgesetz, das Telekom­munikationsgesetz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Funker-Zeugnisge­setz 1998, das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendein­richtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz  Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden (2194 d.B. und 2352 d.B. sowie 8972/BR d.B. und 8987/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Somit kommen wir zum 8. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um den Bericht.

 


11.48.02

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie zu dem zur Debatte vorgesehenen Beschluss des Natio­nalrates liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss stellt den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


11.48.37

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Danke, Frau Präsidentin. – Prinzipiell haben wir in den meisten Fällen, wenn es um die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform gegangen ist, zugestimmt. Was Sie die große Verwaltungsreform nennen, halten wir nur für einen völlig richtigen ersten Schritt zu einer Verwaltungsreform. Und das sind jetzt die sogenannten Novellen, die für diese Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform im Verkehrsbereich anfallen.

Wir würden, wie gesagt, zustimmen, wenn es nicht doch drei, eigentlich sind es drei­einhalb, ganz wesentliche Kritikpunkte gäbe, die wir hier loswerden müssen und wol-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 65

len. Ich sage deswegen „dreieinhalb“, weil wir einen Kritikpunkt noch im Ausschuss dis­kutiert haben, nämlich dass der Straßenbau der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit und der Eisenbahnbau der Landesgerichtsbarkeit untersteht. Darüber haben wir im Aus­schuss diskutiert, und da hat mich ein Mitarbeiter des Ministeriums darauf hinge­wiesen, dass da ein Missverständnis vorliegen kann. Ich habe es bis zur heutigen Sit­zung nicht geschafft, das jetzt juristisch zu prüfen. Deswegen lasse ich dieses Kapitel sozusagen aus. Wir lehnen diese Vorlage aber trotzdem ab, nämlich noch aus drei anderen Gründen.

Erstens: Der Rechtsschutz wird aus unserer Sicht bei dieser Novelle völlig durchlö­chert. Zum Beispiel gibt es keine aufschiebende Wirkung mehr bei Beschwerden. Das halten wir für in höchstem Maße bedenklich.

Was heißt das? – Das heißt, selbst wenn ein Gericht einen Baustopp verfügt, darf ein Jahr weitergebaut werden. Ich meine jetzt nicht die Sicherung der Baustelle, das wäre ja nachvollziehbar. Wenn ein Gericht sagt: Baustopp, jetzt muss einmal das Gerichts­verfahren durchgehen!, dann wäre nachvollziehbar, dass mit baulichen Maßnahmen die Baustelle gesichert wird, bis weitergebaut werden darf. Nein, nein! Es darf ein Jahr einfach weitergebaut werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Ein Jahr darf wei­tergebaut werden!

Das widerspricht allerdings der Aarhus-Konvention und widerspricht auch EU-Richtli­nien, und ich finde es in höchstem Maße nicht nachvollziehbar, dass Österreich hier in­ternationale Abkommen einfach bricht.

Der zweite Kritikpunkt ist das sogenannte Neuerungsverbot, für mich auch völlig un­nachvollziehbar. Wenn ein Anrainer ein Verfahren anstrengt und von der ersten Instanz zur zweiten Instanz geht, dann darf er in der zweiten Instanz keine neuen Argumente mehr vorlegen! Das verbietet das Gesetz. Er darf nur dieselben Gründe angeben wie in der ersten Instanz. Wenn sich weitere Gründe ergeben – es vergeht ja auch Zeit –, dann darf er oder sie diese nicht vorbringen. Das ist in keinster Weise nachvollziehbar.

Und unser dritter Kritikpunkt ist ein demokratiepolitischer: Es ist ein höchst komplexes Gesetz, es betrifft insgesamt, ich glaube, zwölf Gesetze – ich habe es jetzt nicht mehr gezählt, aber zirka zwölf Gesetze sind es –, und es gab für dieses Gesetz genau zwei Wochen Begutachtungsfrist, obwohl Zeit genug war. Wenn selbst das Bundeskanzler­amt sagt, dass sie es nicht im vollen Umfang prüfen und begutachten konnten, weil die Frist nicht reichte, dann hätte man sich mehr Zeit gönnen müssen für so ein kom­plexes Gesetz. Auch deshalb lehnen wir es ab. – Danke schön. (Beifall des Bundesra­tes Dönmez.)

11.52


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Lampel. – Bitte.

 


11.52.37

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Auf­grund der vorher erwähnten Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wird die Einfüh­rung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ab 1. Jänner des kommenden Jah­res verfassungsrechtlich verankert. Das hat natürlich zur Folge, dass Anpassungen in den einfachen Materiengesetzen innerhalb der verschiedensten Ressorts erforderlich sind. Durch die eingangs genannte Novelle schaffen wir, das ist meine Meinung, durch­wegs eine Verwaltungsvereinfachung, eine Verfahrensbeschleunigung und meiner Mei­nung nach auch mehr Rechtssicherheit.

Um diese aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erforderlichen An­passungen auch im Verkehrsressort durchführen zu können, debattieren wir heute das


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Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie.

Die heute zu beschließende Novelle beinhaltet einerseits Anpassungen der gesetz­lichen Regelungen an das neue System der Verwaltungsgerichtsbarkeit und anderer­seits im Bereich der Schiene die Auflösung der derzeitigen Schienen-Control Kommis­sion beziehungsweise die Einrichtung einer neuen Kommission mit dem gleichen Na­men, Schienen-Control Kommission – das ist sehr verwirrend, muss ich sagen –, damit in Österreich weiterhin eine den EU-Vorgaben entsprechende Regulierungsbehörde bestehen bleibt.

Die Einrichtung dieser Kommission als Nachfolgebehörde der derzeitigen Schienen-Control Kommission hat keinerlei finanzielle Auswirkungen, da die neue Behörde hin­sichtlich ihrer organisatorischen Gestaltung, ihres Aufgabenbereiches und der Finan­zierung ihres Aufwandes denselben Regelungen unterliegt wie die derzeitige Kommis­sion.

Die Behandlung von Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control Kommis­sion, der Schienen-Control GmbH und der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesell­schaft mbH im Sinne der Rechtssicherheit unterliegt dem Bundesverwaltungsgericht.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das heute zu beschließende Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz, welches Anpassungen im Verkehrsressort enthält, die aufgrund der bereits beschlossenen Novelle 2012 erforderlich und notwendig sind, ist sicherlich ein weiterer Schritt zur Verwaltungsreform. Daher wird meine Fraktion die­sem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz, welches in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie fällt, gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Junker. – Bitte.

 


11.55.47

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die Verwaltungsreform wird Schritt für Schritt umgesetzt. So ist es! Im Mai 2012 wurde die Reform der Verwaltungsgerichts­barkeit beschlossen. Bei der letzten Bundesratssitzung haben wir die sogenannten Ma­teriengesetze im Bereich des Wirtschaftsministeriums umgesetzt, und heute stehen, wie schon berichtet, die Materiengesetze für den Bereich Verkehr, Innovation und Technologie zur Abstimmung.

Ziel dieser Reform ist es:

1. dass es zu einer Verwaltungsvereinfachung und damit auch zu einer schnelleren Abwicklung der Verfahren kommt,

2. dass es in diesem Zusammenhang auch mehr Bürgerrechte gibt und

dass wir damit eine Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes erreichen.

Mit unserer heutigen Zustimmung schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass ab 1. Jänner 2014, wie schon Bundesrat Lampel ausgeführt hat, das sogenannte 9 plus 2-Modell eingeführt wird, das heißt auf Bundesebene die Einrichtung eines Bundesver­waltungsgerichtes und eines Bundesfinanzgerichtes und in jedem Bundesland die Ein­richtung eines Landesverwaltungsgerichtes.

Außer in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden wird es künftig nur noch eine einzige Verwaltungsinstanz geben. Jede Verwaltungsbehörde soll also erste und letzte Instanz sein. Gegen die von ihr erlassenen Bescheide bezie-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 67

hungsweise wegen einer Verletzung der Entscheidungspflicht durch sie wird als einzi­ges Rechtsmittel Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben werden können.

Die bisherige Schienen-Control Kommission wurde mit der Verwaltungsgerichtsbar­keits-Novelle 2012 aufgelöst. Damit aber keine Lücken entstehen, beschließen wir heu­te die Einrichtung der neuen Schienen-Control Kommission, womit auch den Vorgaben der Europäischen Union Rechnung getragen wird. Die bisherigen Fälle, die von der alten Kommission noch nicht entschieden worden sind, gehen an das Verwaltungsge­richt über.

Stimmen wir gemeinsam dieser Novelle zu, die uns mehr Verwaltungsvereinfachung und mehr Rechtssicherheit bringt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.59.129. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (2298 d.B. und 2353 d.B. sowie 8988/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (2279/A und 2354 d.B. sowie 8989/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (2280/A und 2355 d.B. sowie 8990/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Nunmehr kommen wir zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 9 bis 11 ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um die Berichte.

 


11.59.40

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Berichte des Ausschusses für Ver­kehr, Innovation und Technologie zu den zur Debatte vorgesehenen Beschlüssen des Nationalrates liegen Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss stellt daher die Anträge, gegen die Beschlüsse des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für die Berichte.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat.

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 68

12.00.17

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es stehen jetzt drei Gesetze zur Debatte. Ich fasse mich kurz.

Zuerst zu TOP 9: Mautgesetz-Anpassung. – Es geht bei allen drei Gesetzen auch um die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform. Das zur Klärung, weil ich der erste Redner bin, damit es auch die Zuseher zu Hause vor den Fernsehbildschirmen verstehen. Aller­dings wurden da ein paar Sachen vergessen, und daher wurden später dann halt ei­nige Gesetze auch noch angepasst, und die behandeln wir jetzt. (Vizepräsident Mag. Him­mer übernimmt den Vorsitz.)

Tagesordnungspunkt 9 werden wir ablehnen, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Es wurde unserer Meinung nach schlicht und ergreifend etwas vergessen. Es gibt nämlich mittlerweile – und das haben wir schon oft diskutiert, und es wird auch oft diskutiert – eine neue EU-Wegekostenrichtlinie, die ein neues Mautschema auch für Frächter und ein neues Mautsystem für den Lkw-Verkehr ermöglichen würde. Und im Sinne der Kostenwahrheit, die ja auch so oft gefordert wird, wäre es wirklich an der Zeit, da entsprechende Anpassungen vorzunehmen, auch wenn wir alle der Meinung sind, dass der Güterverkehr vor allem auf der Schiene stattfinden soll. Da wir das so vehement wollen, müssen wir dieses Gesetz ablehnen, weil das aus unserer Sicht schlicht und ergreifend vergessen worden ist, obwohl die Europäische Union uns diese Möglichkeit einräumt.

Tagesordnungspunkt 10 müssen wir leider auch ablehnen. Das wäre nicht der Fall, hätte es im Nationalrat nicht in letzter Minute dazu noch einen Abänderungsantrag ge­geben. Da geht es um die Mitnahme von Arbeitszeiten, zum Beispiel bei Buschauffeu­ren. Wir wissen allerdings, dass die, wenn sie mit einem anderen Bus weiterfahren und dieser Bus einem anderen Verkehrsunternehmer oder -unternehmerin gehört, die Ar­beitszeiten nicht mitnehmen können. Und das halten wir für grundsätzlich falsch. Es ist nämlich so, dass Buschauffeure oder Buschauffeurinnen – und das geschieht, das ist jetzt keine erfundene Geschichte, keine konstruierte Geschichte, de facto findet das sehr oft statt – für mehrere Unternehmen Bus fahren, und wenn die bei dem einen Un­ternehmer Bus fahren und dann bei einem anderen Unternehmer weiterfahren, dann gilt die Arbeitszeit davor nicht. Das halten wir für falsch!

Aber damit ich heute nicht nur ein Böser bin, der alles kritisiert, darf ich auch etwas Erfreuliches sagen, nämlich dass wir bei Tagesordnungspunkt 11 keine Einwände ha­ben und diesem gerne zustimmen werden. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Mag. Schreyer.)

12.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Lampel. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.02.56

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Lieber Marco, als Mitarbeiter eines Eisenbahnunternehmens kann ich deine Haltung zur Kos­tenwahrheit bei Straße und Schiene verstehen. Ich stehe auch zur Kostenwahrheit. (Bundesrat Schreuder: Na dann!)

Nun zur Debatte, wo es um die drei Bundesgesetze, die mein Vorredner bereits er­wähnt hat, geht, und zwar um das Bundesstraßen-Mautgesetz, das Kraftfahrgesetz und das Gefahrgutbeförderungsgesetz. Ich werde mich in meinem Statement vorwie­gend auf die Novelle zum Bundestraßen-Mautgesetz beziehen.

Mit der vorliegenden Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes wird die Basis für ein einheitliches europäisches elektronisches Mautsystem geschaffen. Das heißt, es


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schafft die Voraussetzungen für die technische und vertragliche Interoperabilität der europäischen Mautsysteme. Kurz gesagt: Das ist ein europäischer elektronischer Mautdienst.

Dieser Dienst wird einerseits auf technischen Lösungen, andererseits auf einem kom­plexen vertraglichen Regelwerk beruhen. Die Gesetzesnovelle, die wir heute beschlie­ßen, legt die Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes und seine tech­nischen Komponenten fest.

Der große Vorteil bei diesem elektronischen Mautdienst liegt vor allem beim Anwender. Jeder Kunde des Mautdienstanbieters wird dadurch in den Vorteil kommen, durch den Abschluss eines einziges Vertrages mit einem beliebigen Anbieter dieses Dienstes das gesamte europäische Mautnetz der EU nutzen zu können, ohne seine Fahrt quer durch Europa an einem Mautschranken unterbrechen zu müssen. Das heißt, es ist hinkünftig nur mehr ein Bordgerät notwendig im Gegensatz zu bisher, wo ein Lkw beim Durch­fahren mehrerer europäischer Länder zumindest zwei solche Fahrzeuggeräte benötigt hat.

Diese Änderung bringt in Zukunft einerseits einen wesentlichen Abbau an bürokrati­schen Hürden für die betreffenden Unternehmungen, und zwar sowohl für den Arbeit­geber als auch für den Arbeitnehmer, und andererseits wird durch diese Änderung auch das Mautsystem transparenter.

Zusätzlich wird mit dieser Gesetzesnovelle – und das ist sicherlich begrüßenswert – der Tatbestand der Mautprellerei durch den Zulassungsbesitzer eingeführt. Des Weite­ren gibt es eine Erweiterung der Informationspflichten der Fahrunternehmer an die Fahrer im Zusammenhang mit der fahrleistungsabhängigen Maut.

Die Änderungen des Kraftfahrgesetzes möchte ich auch noch kurz streifen. Mit diesem Gesetz wird die bestehende Ausnahmeregelung betreffend die Mitführverpflichtungen über Arbeitszeiten um ein weiteres Jahr bis Ende 2014 verlängert. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass im Herbst 2013 eine Evaluierung der bisherigen Er­fahrungen durchgeführt wird, damit eine endgültige technisch sinnvolle Lösung auch umgesetzt werden kann.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Fraktion wird diesen zur Debatte stehenden Gesetzesnovellen auf jeden Fall zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.06


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Kneifel. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.06.52

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Mauttarifordnung möchte ich zwei Anmerkungen machen, aber zunächst einmal eine grundsätzliche Be­merkung: Die Mautgebühr ist natürlich ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für die ver­ladende Wirtschaft, für die Transportwirtschaft und für die Logistik. Ohne Logistik ist keine Wirtschaft möglich, weil einerseits die Waren, Güter und Produkte immer zu den Konsumenten gebracht werden müssen und andererseits die Rohstoffe zu den Be­trieben transportiert werden müssen, und das mit verschiedensten Verkehrsmitteln.

Erste Anmerkung zur Mauttarifordnung: Der Überschuss, der an Maut erzielt wird, soll nicht an das Gesamtbudget abgeliefert werden – ich glaube, das wäre auch in Ihrem Sinne, Frau Ministerin –, sondern soll wirklich zweckgebunden für Infrastruktur, Tele­matik, Parkplätze, Brücken et cetera verwendet werden.

Zweite Anmerkung: Die Mauttarifverordnung für die Transporteure und für jene, die auch entsprechende Fahrzeuge nachschaffen müssen, soll nicht immer erst kurz vor


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Weihnachten, zwischen 6. und 24. Dezember, erlassen werden, sondern das soll mög­lichst bald gemacht werden. Ich weiß schon, dass es Gründe dafür gibt, wie bei­spielsweise, dass man die Inflationsentwicklung und so weiter berücksichtigen will, aber das ist ja weitgehend absehbar, sodass die Mauttarifverordnung früher erlassen werden könnte. Ich glaube, dass das sinnvoll wäre, um eine gewisse Planungssicher­heit für die Investoren in diesem Bereich zu gewährleisten, damit diese ihre Investi­tionen besser berechnen können.

Ich glaube auch, dass diese Maßnahme dazu geeignet wäre, dass rascher CO2-freund­liche Motoren für Lkws der EURO-Klasse VI angeschafft werden. Das wäre auch für die Umwelt ein gewisser Vorteil. Es geht in erster Linie darum, ob eine Spreizung der Mauttarife – ich weiß, das ist ein sehr technischer Begriff in diesem Bereich – stattfin­den wird, denn die normale indexbezogene Erhöhung kommt ja ohnedies.

Also es geht darum, mehr Planungssicherheit für Investoren zu bekommen. Daher soll die neue Mauttarifverordnung früher als jetzt, nämlich erst kurz vor Jahresende, erlas­sen werden. Damit wäre unseren Transporteuren und Investoren sehr geholfen.

Ich habe Ihnen zu diesem Zweck am 25. März einen Brief geschrieben und habe die­ses Thema auch entsprechend ausführlich erläutert, weil ich weiß, dass es sich hierbei um einen technischen Bereich handelt, der hier in diesem Hohen Haus, vor allem ge­genüber den Zuseherinnen und Zusehern vor den Fernsehbildschirmen zu Hause, nur schwer erläutert werden kann. Leider habe ich darauf bisher keine Antwort bekommen.

Ich glaube, ein Abgeordneter sollte genauso behandelt werden wie jeder andere Staatsbürger auch. Ich weiß, dass Sie Briefe von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern behandeln. Ich bitte Sie, dass auch mein Brief entsprechend behandelt und beantwor­tet wird. (Beifall bei der ÖVP.)

12.10


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Bu­res. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.10.51

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich habe den Aus­führungen des Herrn Bundesrates Lampel nichts hinzuzufügen, der den Inhalt der vor­liegenden Novellen in seinen Ausführungen sehr detailliert dargelegt hat. Daher möch­te ich mich nur auf die Diskussion beschränken beziehungsweise in aller Kürze darauf eingehen.

Vorausschicken möchte ich, dass wir in Österreich nicht nur ein sehr bewährtes Maut­system haben, sondern auch eines, das eine ganz hohe Akzeptanz in der Bevölkerung hat. Das halte ich für sehr wichtig. Wir haben genau genommen zwei Systeme: die kilo­meterabhängige Bemautung im Bereich des Lkw- und Güterverkehrs auf der Straße und für den Pkw-Bereich die Vignetten-Regelung. Es gibt darüber hinaus noch ein paar Sondermauten. Aber beide genannten Mautsysteme haben, wie gesagt, eine hohe Ak­zeptanz in der Wirtschaft und auch in der Bevölkerung.

Wir haben – und das ist mir auch sehr wichtig – immer wieder Veränderungen vorge­nommen, und zwar, Herr Bundesrat Schreuder, auch in Richtung mehr Kostenwahr­heit, die Sie fordern, aber auch in Richtung mehr Effektivität, wo wir auch einen stärke­ren Schutz unserer Umwelt und eine Ökologisierung zum Ziel haben.

Was die Ökologisierung betrifft, so ist es natürlich für die Umwelt besser, wenn der Gü­terverkehr auf der Schiene abgewickelt wird und nicht auf der Straße. Daher haben wir auch eine Querfinanzierung vorgenommen, soweit es möglich war, und zwar mit Zu­schlägen.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 71

Bei der Ökologisierung der Lkw-Maut haben wir gesagt, die Besitzer jener Lkw-Klas­sen, die einen hohen Schadstoffausstoß haben, sollen eine höhere Maut zahlen und für Lkws, die eine moderne Technologie aufweisen, wodurch es nur geringe Emissio­nen gibt, soll eine niedrigere Maut verlangt werden.

Das hat wirklich Wirkung gezeigt. So sind viele Transportunternehmen auf umwelt­freundlichere Lkws umgestiegen, weil die Höhe der Maut natürlich auch wirtschaftliche Auswirkungen hat. Damit konnte ein enormer Umstieg erreicht werden, wie die Eva­luierung der Ökologisierung der Lkw-Maut gezeigt hat, und zwar haben wir in diesen zwei Jahren bei den Lkws einen Umstieg von 30 auf fast 50 Prozent auf modernste Fahrzeuge mit dem geringsten Schadstoffausstoß verzeichnen können.

Das heißt, das ist auch ein Instrument, mit dem es uns gelingt, dafür zu sorgen, dass wir weniger Stickoxid- und weniger Partikel-Emissionen haben. Auch da haben wir eine klare Zielsetzung, und zwar wollen wir durch die Ökologisierung einen Rückgang von 30 Prozent bis zum Jahr 2015 erreichen.

Ich sage das auch deshalb, weil es Kritik an der Umsetzung der Wegekostenrichtlinie gegeben hat. Die Begutachtung in meinem Haus, was die externe Anrechnung von Lärm und Luftverschmutzung betrifft, ist so weit, dass wir nächste Woche eine Abstim­mung in der Kommission haben werden und wir so rasch wie möglich in die Vorbegut­achtung gehen werden.

Für alle notwendigen Abklärungen, auch in der Kommission, hat die Zeit bis zur heuti­gen Beschlussfassung nicht ausgereicht. Aber ich gehe davon aus, dass ich das noch in dieser Legislaturperiode, obwohl wir nur mehr wenig Zeit bis zu deren Ende haben, auf den Weg bringen werde, weil das etwas ist, wofür sich Österreich in Europa immer stark gemacht hat, nämlich dass es so etwas wie Kostenwahrheit und Verursacher­prinzip im Bereich der Mautsysteme gibt.

Was die Frage der Mauttarifverordnung beziehungswiese die Information betrifft, wer­den wir uns bemühen, das so rasch wie möglich abzuwickeln. Ich habe dazu schon Gespräche geführt und kann sagen: Wir werden das dieses Mal sicher vor dem De­zember machen.

Herr Bundesrat Kneifel, ich kann mir nicht ganz erklären, warum Sie von mir keine Antwort auf Ihren Brief bekommen haben. Wenn das so ist, dann entschuldige ich mich dafür. Möglicherweise ist es aufgrund der Fülle der Schreiben, die man als Ministerin bekommt, passiert. Aber ich kann Ihnen garantieren beziehungsweise sagen – und Sie haben recht –: Ich bemühe mich und achte sehr darauf, dass alle Schreiben beant­wortet werden – die der Bürgerinnen und Bürger und natürlich auch die des hohen Bundesrates! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Kneifel.)

12.15


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautge­setz 2002 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrengutbeförderungsge­setz geändert wird.

Ich ersuche abermals jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.17.2112. Punkt

Jahresvorschau des BMVIT 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-482-BR/2013 d.B. sowie 8991/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Ich bitte um den Bericht.

 


12.17.38

Berichterstatter Michael Lampel: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kol­leginnen und Kollegen im Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Inno­vation und Technologie über die Jahresvorschau des BMVIT 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahres­programms des Rates liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 4. Juni 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, die Jahresvorschau des BMVIT 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.18.38

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Werte Zuseher zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wir haben es hier mit der Jahresvorschau des BMVIT 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operati­ven Jahresprogramms des Rates zu tun.

Man höre und staune, gleich im ersten Satz steht drinnen, dass es die vordringlichste Aufgabe sei, die Wirtschaftskrise zu meistern. Und es wird auch gleich im Punkt eins der Zusammenfassung die Schlussfolgerung gezogen, dass der Weg dazu nur über ei­ne echte Wirtschafts- und Währungsunion führen könne und in weiterer Folge auch ei­ne vollwertige Banken- und Fiskalunion das Ziel sein müsse.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 73

Es dürfte bekannt sein, dass wir mit diesen Forderungen gewisse Probleme haben, aber die will ich jetzt nicht näher ausführen.

Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass es sich nicht um eine Jahresvor­schau des Finanzministeriums, sondern des BMVIT handelt. Es geht jedoch, was die Themen betrifft, munter weiter: In der Zusammenfassung wird beispielsweise über die Anpassung der Mehrwertsteuerrichtlinien, über Ökodesign und Energiekennzeichnung, Beschäftigungspolitik und Qualifizierungsmaßnahmen, Gesundheit und Sozialfürsorge, Justiz und Lebensmittelsicherheit fabuliert. Eigentlich wird das gesamte politische Spektrum abgedeckt.

Würde ich jetzt zum Beispiel zum Thema Pflegeversicherung sprechen, hätte ich wahr­scheinlich nicht einmal das Thema verfehlt. – Ich werde das aber trotzdem nicht tun.

Ab Seite 6 des Berichtes wird es besser. Da findet man dann im Kapitel über die Vor­haben der Europäischen Kommission Themen, die für das BMVIT relevanter sind und auch durchaus übersichtlich aufbereitet sind. Es werden Ziele, der aktuelle Stand und – ganz wichtig – auch die österreichische Haltung dazu angeführt.

Da geht es also um, wie ich sagen würde, unstrittige Punkte, bezüglich derer wir ja hier im Hohen Haus auch schon diversen Gesetzen zugestimmt haben, beispielsweise um den einheitlichen europäischen Luftraum und auch um für Österreich weniger relevante Themen wie den Seeverkehr. Anders sieht es dann bei anderen Punkten aus, über­raschenderweise auch bei der Hafenpolitik, wobei zur österreichischen Haltung ange­führt wird, dass eine Gefahr drohen würde, wenn Binnenhäfen gleich wie Seehäfen behandelt würden. Warum das so ist, bleibt im Dunkeln und ist etwas kryptisch for­muliert.

In einem aus unserer Sicht sehr wichtigen Punkt geht es um die Kabotage, also um Transportdienstleistungen, die in Österreich von ausländischen Unternehmungen er­bracht werden. Da sehe ich große Gefahren. Eine weitere Liberalisierung in diesem Bereich und eine häufigere Durchführung solcher Fahrten durch ausländische Unter­nehmen wären sicherlich fatal für die heimische Transportwirtschaft und die heimi­schen Fuhrunternehmen, das würde in weiterer Folge mit Sicherheit in großem Maße Arbeitsplätze gefährden. Was den Breitbandausbau betrifft, so findet dieser unsere Zu­stimmung.

Dann geht es weiter mit dem operativen Achtzehnmonatsprogramm des Rates. Auf 14 Seiten wird dieses – wesentlich weniger übersichtlich als das vorige Kapitel – dar­gestellt. Auch darin findet man durchaus sehr Erfreuliches, vor allem was die transeu­ropäischen Netze betrifft. So sind etwa in den TEN-V-Leitlinien alle wichtigen österrei­chischen Achsen enthalten, also der baltisch-adriatische Korridor mit Semmering- und Koralmtunnel, der Helsinki-Valetta-Korridor mit Brenner Basistunnel und seinen Zulauf­strecken und der Strassbourg-Donau-Korridor. Beim Korridor Hamburg/Rostock – Bur­gas – Piraeus – Lefkosia ist erfreulicherweise zusätzlich noch ein Ast von Brünn über Wien nach Pressburg dazugekommen.

Andere Punkte sehe ich in diesem Kapitel wesentlich kritischer. Es geht zum Beispiel auch um eine geplante Verordnung hinsichtlich Kfz-Überwachungen. Es heißt in der österreichischen Position, wünschenswert wäre nur eine Richtlinie und keine Ver­ordnung. Wir wissen ja aus leidvoller Erfahrung, wie das mit dieser EU-Regulierungs­wut ist. Wenn es zu einer Verordnung kommt, besteht durchaus die Gefahr, dass die guten und eingebürgerten, wenn ich so sagen darf, österreichischen Richtlinien und Vorschriften, beispielsweise die Abstände für die Kfz-Überprüfungen, aufgeweicht wür­den und es zu einer Verschlechterung käme.

Ein ganz kritischer Punkt betrifft die Gigaliner, hinsichtlich derer man nicht genau weiß, wie das auf europäischer Ebene weitergehen wird. Ein europaweite Zulassung wäre


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aus meiner Sicht eine mittlere Katastrophe für Österreich – erstens einmal, was die Verkehrssicherheit betrifft, aber auch hinsichtlich möglicher Kostensteigerungen. Ich denke nur an die Kurvenradien: Wir haben ja auf den Gebirgsautobahnen teilweise sehr enge Kurvenradien, Aus- und Abfahrten, Parkplatz- oder Rastplatzzufahrten; was den höheren Verschleiß und die dadurch entstehenden Kosten betrifft, ganz zu schwei­gen.

Weitere unstrittige Punkte betreffen Seeverkehr, Luftfahrt, GALILEO und die Telekom­munikation.

Das wäre jetzt einmal Teil 1, also die ersten 28 Seiten dieses Berichtes mit den we­sentlichen Inhalten gewesen. Dann gibt es noch einen Teil 2, der auf 13 Seiten Mittei­lungen der Kommission zum Inhalt hat. Da wird im Wesentlichen das, was bereits in der Zusammenfassung des ersten Teiles steht, noch einmal breit ausgewalzt.

Im Teil 3 gibt es das Ganze dann noch einmal auf 25 Seiten in Tabellenform, und schließlich folgt mit 103 Seiten der Höhepunkt, Teil 4, in dem das gesamte Achtzehn­monatsprogramm der EU angeführt ist.

Ich muss schon sagen, das, was hier vorliegt, ist eigentlich weniger ein Bericht als eine unstrukturierte Papiersammlung. Frau Bundesminister, weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen, ohne ständige Wiederholung, mit dem Fokus auf die für Ihr Ministerium wirklich relevanten Bereiche und mit einer klaren Strukturierung.

Sollte jetzt einer meiner Nachredner auf die Idee kommen, zu sagen, das sei ja ein Bericht, den könne man nur zur Kenntnis nehmen, da könne man ja gar nicht dagegen sein, so darf ich im Vorhinein entgegenhalten: Man kann einen Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen oder aber, wenn man mit inhaltlichen Punkten oder formalen Kri­terien nicht einverstanden ist, ablehnend. – Und genau das werden wir bei diesem Be­richt tun. (Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


12.27.44

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Krusche, du brauchst keine Angst zu haben. Jeder hat das Recht – jeder Bundesrat persönlich und auch jede Fraktion –, etwas zur Kenntnis zu nehmen oder auch zu kritisieren. Und dass du dieses Recht im Sinne deiner Fraktion in Anspruch nimmst, werde ich sicher nicht kritisieren. Zum anderen Thema habe ich dir ohnehin letztes Mal schon etwas gesagt, das sage ich heute nicht mehr. (Allgemeine Heiterkeit.)

Das Arbeitsprogramm, das uns von Frau Bundesministerin Bures vorgelegt wurde, hat Herr Kollege Krusche ja von Seite 1 bis Seite 143 wirklich detailliert beschrieben. (Zwi­schenruf des Bundesrates Krusche.) Ich fange vielleicht dort an, wo Herr Kollege Kru-sche aufgehört hat.

Ich kann für die SPÖ-Fraktion sagen: Wir werden den sehr umfangreichen Bericht zur Kenntnis nehmen. (Bundesrat Jenewein: Wohlwollend in dem Fall! Positiv! Heiterkeit bei der FPÖ.) Mein Vorredner hat ja schon die umfangreiche Darstellung des Arbeits­programms der Kommission und der Themen, die dort angesprochen sind, erwähnt. Es stimmt, dass der wichtigste Aspekt dabei ist und dass größte Anstrengungen unter­nommen werden, die Wirtschaftskrise zu meistern und die EU wieder auf einen von Nachhaltigkeit geprägten Wachstumspfad zurückzuführen.

Das hat nicht nur unmittelbar etwas mit Verkehr zu tun und fällt nicht nur in den Zu­ständigkeitsbereich der Frau Ministerin, sondern in diesem Bericht ist wirklich sehr vieles beschrieben, ich glaube aber trotzdem, dass das wichtige Punkte sind. Über


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Steuerbetrug und Steueroasen haben wir ja heute schon ausführlich diskutiert, das können wir wirklich weglassen und uns bei diesem Tagesordnungspunkt auf Dinge konzentrieren, die in den Zuständigkeitsbereich der Frau Bundesministerin fallen.

Ich möchte noch erwähnen, was du, Kollege Krusche, ja auch schon positiv angemerkt hast, dass bei den Vorhaben der Europäischen Kommission auch die österreichische Haltung dazu angeführt ist. Man kann aus diesem Bericht auch herauslesen, dass Ideen, Vorschläge oder  und das ist, glaube ich, besonders wichtig – Dinge, die sich in unserem Staat schon bewährt haben, stark in die Diskussion mit einfließen und dass man sich mit dem Thema EU und mit allen EU-Vorhaben im Plenum des Bundesrates, aber auch in dessen Ausschüssen, besonders im EU-Ausschuss, intensiv beschäftigt, wo auch Expertinnen und Experten zu diesen Themen Stellung nehmen. Wir haben ja in der gestrigen EU-Ausschusssitzung gesehen, dass man sich, wenn es nötig ist, sehr kritisch – oder, wenn es unbedingt nötig ist, auch negativ – äußern kann, was ich be­sonders hervorheben möchte.

Ein Thema, das uns auch beim nächsten Tagesordnungspunkt beschäftigen wird, möchte ich noch ansprechen, und zwar die Verkehrssicherheit, die im operativen Acht­zehnmonatsprogramm des Rates angesprochen worden ist. Da gibt es wirklich wich­tige Themen und gute Vorschläge, im ganzen EU-Bereich einheitliche Standards zu erzielen, wenn es um das Thema Verkehrssicherheit geht. Das muss uns allen im Sin­ne der Bürgerinnen und Bürger und der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer wich­tig sein.

Notwendig ist zum Beispiel eine Fortführung der Beratungen über eine Verordnung be­treffend Fahrtenschreiber. Hinter vorgehaltener Hand wird ja darüber gesprochen, wie oft diese manipuliert werden und wie oft in diesem Bereich Betrug stattfindet. Eine diesbezügliche Verordnung wäre notwendig, damit dies nicht mehr oder nicht mehr so häufig möglich ist.

Besonders wichtig sind auch die technische Überwachung und Überprüfung von Fahr­zeugen – nicht nur von Lkw sondern auch im Pkw-Bereich – und auch ein Vorschlag für eine EU-Verordnung über die technische Unterwegskontrolle.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, diese Vorschläge kann man im Sinne der Ver­kehrssicherheit nur tatkräftig unterstützen. (Vizepräsidentin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)

Am Ende meiner Ausführungen möchte ich noch kurz ein Thema anreißen, über das Herr Kollege Krusche schon gesprochen hat und das sowohl im Ausschuss am Diens­tag kurz Thema war als auch generell in den letzten Wochen und Monaten im Hohen Haus schon besprochen wurde, nämlich die überlangen und überschweren Lkw, die Gigaliner.

Uns allen ist klar – darin sind wir uns wirklich alle einig –, dass wir uns vehement ge­gen diese Gigaliner aussprechen müssen, da sie wirklich in Widerspruch zu den Zielen einer nachhaltigen Verkehrspolitik und zur Verlagerung auf umweltfreundliche Ver­kehrsträger stehen. Die Einführung solcher Monster-Lkw hätte auch eine massive Rückverlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße zur Folge. Darum gilt es, deren Zulassung mit aller Kraft zu verhindern. Geschätzte Frau Ministerin, du hast die Unterstützung von uns allen hier im Haus. Ich bitte dich, im Bereich deiner Mög­lichkeiten mit aller Kraft in Gesprächen Verbündete in den Mitgliedstaaten zu suchen. Das ist ja, glaube ich, das Wichtigste, denn wir fühlen uns zwar oft mächtig, aber trotz­dem sind wir nur ein kleines Rädchen in der EU; daher brauchen wir Verbündete.

Ich habe im Ausschuss von Experten gehört, dass es ohnehin schon einige Verbün­dete gibt. Aber schauen wir, dass es mehr werden und dass wir diesen Unsinn mit aller Kraft verhindern! (Beifall bei der SPÖ.)

12.34



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 76

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Vizepräsi­dent Mag. Himmer. – Bitte.

 


12.34.50

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich auch ein klein wenig an der Debatte zur Kenntnisnahme von Berichten beteiligen. Ich neige formal zur Auffassung von Herrn Kollegen Krusche, dass man mit einer Nicht-Kennt­nisnahme eines Berichtes natürlich auch zum Ausdruck bringt, dass man mit dem Vorgelegten auch von der Grundtendenz her so nicht einverstanden ist. Ich glaube nicht, dass es bei der Kenntnisnahme der Berichte nur darum geht, dass man seinen Wachzustand während der Anwesenheit hier dokumentiert.

Eine andere Meinung als Herr Kollege Krusche habe ich, wenn es darum geht, dass man einen Themenbereich wie die Infrastrukturpolitik losgelöst von anderen Themen­bereichen besprechen kann. Deshalb stört es mich eigentlich nicht, dass am Beginn der Jahresvorschau des BMVIT ein Bekenntnis zur Wirtschafts- und Währungsunion steht und dass auch festgehalten wird, dass eine Bankenunion für die europäische Wirtschaft ganz wichtig ist. Das sind ja letztendlich die Themen, die in alle Branchenbe­reiche hineinspielen.

Darüber hinaus ist es meiner Meinung nach generell so, dass die Berichte eigentlich nur eine Menüvorlage für uns sind und wir die Möglichkeit haben, mit dem jeweiligen Bundesminister oder der jeweiligen Bundesministerin über politische Inhalte zu disku­tieren und ihm oder ihr mit auf den Weg zu geben, was die Empfindungen und das Wissen der Parlamentarier zu diesen Materien sind. Ich sehe es auch nicht als unsere Aufgabe, die Berichte zu überprüfen wie ein Professor eine Diplomarbeit oder den Um­fang, die Überschriften und die Statistiken darin kritisch zu beleuchten, damit wir auch einmal mit dem Rotstift über etwas drüberfahren können, sondern es ist einfach eine Grundlage für eine inhaltliche Diskussion.

Insbesondere in diesem Zusammenhang möchte ich schon betonen, dass ich es verstehe, dass sich ein Bereich, wie ihn das BMVIT oder auch die entsprechenden Ak­teure in der Europäischen Union zu vertreten haben, sehr stark in einer Querschnitts­materie befindet, weil all die Themen, die da diskutiert werden – was sich in der Ver­kehrspolitik tut, was sich in der Energiepolitik tut, was sich in der Telekommunikations­politik tut –, unmittelbare, substanzielle Auswirkungen auf alle anderen Bereiche der Wirtschaft haben.

Wir haben heute hier bereits die Debatte geführt, dass man, was den Flughafen betrifft, fröhlich unterschiedliche Standpunkte einnehmen kann, was Betriebsgenehmigungen et cetera betrifft. Dies wirkt jedoch unmittelbar auf den Tourismus zurück, wie Herr Kol­lege Schreuder heute bereits ausgeführt hat, aber selbstverständlich nicht nur auf den Tourismus, denn mit dem Flugzeug kommen ja nicht nur Touristen, sondern auch sehr viele Produkte, die wiederum Bestandteile anderer Produkte sind et cetera. Dasselbe gilt natürlich für die Schiene, für die Straße und so weiter.

Was ich damit sagen will, ist, dass damit natürlich auch ein weiterer Bereich, der hier angesprochen worden ist, nämlich die Beschäftigungs- und Bildungspolitik, zusammen­hängt. Wenn die Europäische Union im internationalen Wettbewerb stark sein möchte, dann ist es selbstverständlich so, dass wir die Qualifizierungen in bestimmten Berei­chen – zum Beispiel in der Telekommunikation – sehr stark vorantreiben müssen. Viele internationale Studien belegen ja, dass die Anwendung von modernen Technologien – rund um Breitband, aber natürlich auch in der Computertechnologie – und von moder­nen Logistikmethoden unmittelbar mit der Qualität eines nationalen Standorts zusam­menhängen, aber natürlich auch mit der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union insgesamt in der Weltwirtschaft.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 77

Daher finde ich das wirklich nicht fad, dass ein Bericht in diesem Zusammenhang auch in andere Politikfelder ausfranst.

Wenn hier festgehalten wird, dass zum Beispiel eben auch die Ressourceneffizienz et­was sehr Bedeutendes ist, dann halte ich das sehr wohl für wichtig. Bedenken wir doch, dass gerade der Umstand, dass Energie an unterschiedlichen Orten der Welt ganz unterschiedlich viel kostet, auch sehr viel zur Verzerrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt! Wenn Energie in Amerika signifikant günstiger ist, dann ist es kein Wunder, wenn die Amerikaner auf internationalen Märkten erfolgreicher sind als wir.

Deswegen sind auch all die Debatten und entsprechenden internationalen Abkommen rund um den Treibhauseffekt auch immer wieder solche, in denen es natürlich sehr, sehr vordergründig um die Umwelt geht – das ist auch wichtig, denn das ist schließlich unser Planet, und das ist alles richtig –, aber natürlich stecken dahinter beinharte Wirt­schaftsinteressen von jenen, die sich an diese Spielregeln nicht halten. Und auch da kann einmal mehr nicht ein einzelnes Land, sondern nur eine starke Europäische Uni­on handlungsfähig sein.

Was ich damit sagen möchte, ist: Man könnte sich wahrscheinlich, was die Systematik betrifft, an einer Diplomarbeit ein Beispiel nehmen, und auch was die Übersichtlichkeit betrifft, gäbe es, würde etwa ein Lehrer sagen, bei diesem Bericht Verbesserungspo­tenzial, das ist keine Frage. Aber was die Themen, die hier angesprochen worden sind, und auch die Positionen der österreichischen Bundesregierung und des Ministeriums betrifft, kann ich sagen, dass wir vonseiten unserer Fraktion diesen Bericht sehr gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.41


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bu­res. – Bitte.

 


12.41.28

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich bedanke mich für die Debattenbeiträge und meine, dass dadurch deutlicher geworden ist, welche Möglichkeiten wir haben, wenn wir uns mit der österreichischen Position zur Jahresvorschau der Kommission über ein Jahr und deren geplanter Tagesordnung auseinandersetzen. Es ist nun einmal so, dass ge­rade in den Bereichen Infrastruktur, Forschung und Technologieentwicklung, also in meinem Zuständigkeitsbereich, die ganz entscheidenden Faktoren für einen Wirt­schaftsstandort, für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes liegen. Daher steht das auch in diesem Bericht in einem engen Zusammenhang mit der Frage: Wie können wir den Wirtschaftsstandort Österreich mit einer modernen, guten zum Beispiel Verkehrs­infrastruktur stärken? (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben ja auch in Europa gesehen, dass jene Länder, die in die Modernisierung ih­rer Infrastruktur investiert haben, die damit auch Beschäftigung geschaffen haben, die damit eine gute Voraussetzung für einen starken Standort und für mehr Wettbewerbs­fähigkeit geschaffen haben, nicht diese Einbrüche im Wachstum verzeichnet haben, dass sie nicht diese hohen, ja explodierenden Arbeitslosenzahlen zu verzeichnen hat­ten. Das ist sehr wohl darauf zurückzuführen, dass wir diese Entwicklungen im Bereich der Infrastruktur in einem engen Zusammenhang sehen, dass wir nicht nur Straßen- und Schieneninvestitionen tätigen, sondern das auch in einem Kontext mit Beschäf­tigung, mit Standortfragen sehen und durch diese Investitionen in die Infrastruktur na­türlich auch Werte für die Zukunft schaffen.

Gerade im Bereich der Verkehrsinfrastruktur und gerade für ein Land wie Österreich, das im Herzen Europas liegt, ist auch die europäische Diskussion darüber sehr wichtig.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 78

Wenn wir über den Transitverkehr über den Brenner reden, dann geht es um ein paar Kilometer eines europäischen Korridors, der dort verläuft. Und wenn wir Maßnahmen treffen wollen, damit wir nicht die Lkw-Lawinen auf den Straßen und den Transitverkehr haben, sondern den Verkehr auf der Schiene, dann erfordert das eine Abstimmung auf europäischer Ebene, sowohl im Bereich des freien Güter- und Personenverkehrs, aber ganz im Besonderen natürlich auch dort, wo es um Schienenkorridore geht.

Wir können in Österreich unser Bahnsystem modernisieren und ausbauen, aber wir können dies nicht, ohne die gesamten Korridore zu betrachten. Der Verkehr macht an den Grenzen nicht Halt. Wir reden von der baltisch-adriatischen Achse, wir reden von der Donauachse. Daher stellt sich hier nicht die Frage, was das denn mit dem österrei­chischen Verkehr zu tun hat, denn es hat sehr, sehr viel und ganz existenziell mit dem österreichischen Verkehr und auch mit der Lebensqualität und mit Standortfragen zu tun.

Deshalb bin ich auch froh, dass das auch aus dem Bericht hervorgeht, nämlich dort, wo dezidiert zu den einzelnen Punkten angeführt ist: Was hat die EU in den einzelnen Themenbereichen als Ziele definiert? Wie ist der Stand, wo stehen wir da jetzt? Und was ist die österreichische Haltung? – Das sind Fragen, über die ich gerne diskutiere, und wir haben da auch in vielen Themenbereichen über alle Parteigrenzen hinweg eine gemeinsame österreichische Verkehrspolitik definiert.

Denn: Wir haben ja einen Gesamtverkehrsplan, wir haben ja die Vernetzung aller Ver­kehrsträger definiert – wir haben uns diesbezüglich Verkehrsprognosen und –entwick­lungen angesehen –, und wir setzen diese mit all unseren Programmen über den Aus­bau der Infrastruktur entsprechend um. Das ist aber, wie gesagt, nur dann erfolgreich und wird nur dann die Effekte erzielen, die wir haben wollen, wenn wir es auch im eu­ropäischen Kontext sehen.

Beim Schienennetz ist es so, dass Europa zehn europäische Korridore definiert hat, von denen drei durch Österreich verlaufen. Es ist richtig, dass auch Europa erkannt hat, dass wir in Europa kein Wachstum generieren können, wenn wir nur den Weg des Kaputtsparens gehen, sondern wir brauchen kluge Zukunftsinvestitionen, so wie sie die österreichische Bundesregierung auch mit den Konjunkturpaketen im Bereich der In­frastruktur getätigt hat. Die positiven Auswirkungen sind heute ersichtlich.

Daher ist es gut, dass auch in Europa überlegt wird, das Budget für den umweltfreund­lichen Ausbau des öffentlichen Verkehrs, der Schienenkorridore durch Europa ganz massiv zu erhöhen – nur um ein Beispiel aus diesem Bereich zu nennen –, nämlich die Zuschüsse für diese Schienenkorridore von 8 Milliarden € auf über 13 Milliarden € an­zuheben.

In diesem Zusammenhang ein zweiter Punkt, weil dieser auch angesprochen worden ist und mir wirklich wichtig erscheint: Diese europäische Politik einer stärkeren Verla­gerung von der Straße auf die Schiene, die von Österreich in Europa und auch von mir als Verkehrsministerin ganz massiv vertreten wurde, wird völlig konterkariert, wenn wir die Gigaliner einführen. Wenn wir ermöglichen, dass Monster-Lkws durch Europa fah­ren, dann führt das zu einer Verlagerung auf die Straße. Das wollen wir nicht, und da­her werden wir das ablehnen.

Das wäre auch schon Grund genug, das abzulehnen, weil es die falsche Politik wäre, aber wir haben auch drei Studien gemacht, und diese haben ergeben: Es ist für die Frage der Verkehrssicherheit eine Katastrophe. Ein 60-Tonnen-Lkw mit einem Über­holweg, der um ein Zigfaches länger ist als bei den jetzigen Zulassungsgrößen, führt zu geringerer Verkehrssicherheit und zu einem höheren Unfallrisiko.

Wir haben eine zweite Studie gemacht, wo es darum gegangen ist, was uns die Zu­lassung von Gigalinern kosten würde. Österreich ist ein Land der Berge, das heißt, wir


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 79

haben viele Tunnel. Wir müssten dann die Tunnel vergrößern. Wir müssten des Wei­teren die Brücken verstärken, wir müssten Leitschienensysteme neu bauen, um zu ge­währleisten, dass sie diesem Gewicht auch tatsächlich standhalten können. Es wären Millionen – Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler –, die wir investieren müss­ten, um überhaupt diese Lkw durch Österreich schleusen zu können.

Also: Es ist finanziell ein Unsinn, es ist umweltpolitisch ein Unsinn. Und daher werden wir in Europa dafür kämpfen, dass es nicht zur Einführung dieser Gigaliner kommt. Der Jahresbericht zeigt diese Linien auf, wo sie sich befinden.

Ich bedanke mich bei Ihnen für die Diskussion und möchte abschließend nur noch einen Punkt erwähnen, weil mir das wirklich wichtig ist: Herr Bundesrat Kneifel – Sie haben es mir ja zur Verfügung gestellt, weil mir das wichtig ist, und mein Büro wird im­mer ganz nervös, wenn solche Dinge kommen, weil ich dann immer frage, wie das passieren kann –, das Schreiben von Ihnen ist am 21. Mai bei uns eingelangt und ist am 29. Mai – ich glaube, in Ihrem Sinne, nämlich dass wir uns bemühen – auch beant­wortet worden. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.48


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.49.1113. Punkt

Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2012 (III-493-BR/2013 d.B. sowie 8992/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Bitte um den Bericht.

 


12.49.21

Berichterstatter Michael Lampel: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Der Bericht über den Bericht der Bundesanstalt für Verkehr liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegs­kontrollen im Jahr 2012 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.50.04

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie der Berichterstatter schon gesagt hat, hat uns die Bundesministerin den Bericht über die technischen Unterwegskontrol­len 2012 vorgelegt. Ich möchte mich eingangs im Namen unserer Fraktion herzlich da­für bedanken. Geschätzte Frau Ministerin, bitte das weiterzugeben an alle, die zum Entstehen dieses Berichts einen Beitrag geleistet haben.

Jetzt kann man sich vielleicht fragen: Warum brauchen wir diesen Bericht? Ist dieser Bericht für uns so wichtig? – Ich glaube, es ist wirklich gut und wichtig, dass uns dieser


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 80

Bericht vorgelegt wird, einerseits für alle an den technischen Unterwegskontrollen Be­teiligten, andererseits natürlich auch für uns, die Gesetzgebung, weil wir anhand der gelieferten Daten, wenn erforderlich, weitere Handlungen in Bezug auf mehr Verkehrs­sicherheit setzen können.

Der Bericht unterstreicht die präventive Wirkung dieser Kontrollen, die von den techni­schen Sachverständigen der Länder und der Bundesanstalt für Verkehr gemeinsam mit der Polizei durchgeführt werden.

Ein paar Daten aus dem umfangreichen Bericht: 2012 wurden bei 2 750 Einsätzen 32 046 Fahrzeuge geprüft. Der Anteil, bei denen Gefahr in Verzug gegeben war, be­trug 21,25 Prozent und ging damit gegenüber dem Vorjahr leider nur sehr geringfügig zurück.

Schaut man sich die Daten ein bisschen näher an, aufgeteilt nach Herkunftsland, stellt sich die Situation wie folgt dar: Bei den in Österreich zugelassenen Fahrzeugen ist bei gut 20 700 geprüften Fahrzeugen beinahe bei 16,98 Prozent Gefahr in Verzug – auch nur eine leichte Verminderung von nicht einmal einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aus der EU – in diesem Fall natürlich ohne Österreich – sind 10 291 Fahrzeuge geprüft worden, und da bestand bei 25 Prozent, also bei einem Viertel der geprüften Fahr­zeuge, Gefahr in Verzug. Auch da gab es nur einen ganz geringen Rückgang, nämlich von 0,2 Prozent – man kann also sagen, der Anteil ist fast gleich geblieben. Und bei den Fahrzeugen aus Drittländern, von denen 1 008 geprüft wurden, bestand bei fast ei­nem Drittel der geprüften Fahrzeuge, nämlich bei 29,66 Prozent, Gefahr in Verzug. Da gab es gegenüber dem Jahr 2011 sogar eine Steigerung von 4,25 Prozent.

Die häufigsten Mängel, die dabei festgestellt wurden, waren nicht oder nicht einwand­frei funktionierende Bremsanlagen, Schäden an der Achsaufhängung, der Bereifung, den Leuchten und der Beleuchtung, Schäden am Fahrgestell und Rahmen sowie de­fekte Lenkanlagen. – Da ist eigentlich ein großes Rufzeichen hinzuzufügen.

Die aktuellen Zahlen unterstreichen, wie ich meine – und mit dieser Ansicht werde ich sicher nicht alleine sein –, die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung einer hohen Kon­trolldichte bei uns in Österreich. Meiner Meinung nach müsste man sogar darüber nachdenken, die Kontrollen verstärkt durchzuführen, denn wenn man sich die aufge­deckten Mängel ansieht, dann ist es, glaube ich, unverantwortlich, dass solche Fahr­zeuge auf unseren Straßen überhaupt unterwegs sind. Ich glaube, keiner von uns – wir sind sicherlich auch viel unterwegs – würde mit seinem Pkw mit einer defekten Bremse oder mit einer defekten Lenkung unterwegs sein. Somit müsste man meiner Meinung nach eigentlich noch mehr kontrollieren.

Kurz zu einer Aussage, die im Ausschuss erfolgt ist und die sicher auch heute noch er­folgen wird, weil sie von jener Kollegin getätigt wurde, die nach mir reden wird und die das sicher ansprechen wird. Ich will daher meinen Teil jetzt schon dazu sagen. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Dr. Winzig sowie weiterer Bundesräte der ÖVP.) – Nein, zu der Aussage im Ausschuss; nicht zu dem, was Sie jetzt dann sagen werden. Dazu kann ich noch nichts sagen, wenn Sie nach mir reden.

Es ging dabei um ein – nach Ansicht der Frau Kollegin – schikanöses Kontrollieren von Fahrzeugen und die daraus folgende Verzögerung des Frachtlaufs, dass also die Chauffeure mit den Lkws durch die Kontrollen aufgehalten werden. Wenn ich mir aber die Daten anschaue, dann meine ich, dass man sich eine solche Aussage schon über­legen muss, geschätzte Frau Kollegin, denn die Zahlen verdeutlichen eigentlich die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Kontrollen. Es gibt eben für alle am Straßen­verkehr Beteiligten Vorschriften, und die müssen eingehalten werden, und ihre Einhal­tung muss auch überprüft werden. Und es braucht eben eine gewisse Zeit, das alles zu überprüfen. Im Sinne der Verkehrssicherheit, im Sinne aller am Straßenverkehr Betei-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 81

ligten und auch im Sinne aller hier im Haus muss diese Vorgangsweise meiner Mei­nung nach auch oberste Priorität haben.

Du hast auch die Ladung und Ladungssicherung angesprochen, das Auslegen der Vor­schriften in diesem Bereich. Ich glaube, gerade in Bezug auf hohe Verkehrssicherheit hat eine unzureichende oder nicht vorhandene Ladungssicherung oft ungeahnte Aus­wirkungen (Bundesrätin Dr. Winzig: Darum ist es nicht gegangen!), und es geht na­türlich auch nicht nur um die Sicherheit für den Lenker, sondern auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Und gerade in diesem Bereich – ich glaube, Sie wissen jetzt alle schon, wo ich herkomme (Zwischenruf bei der ÖVP), ja, du vielleicht nicht, aber alle anderen – habe ich vier Jahrzehnte lang bei den ÖBB – nicht auf der Straße, aber bei den ÖBB – mit technischen Untersuchungen zu tun gehabt. Gerade über das Thema Ladung und Ladungssicherung könnte man lange reden, könnte man einen Roman schreiben. Ich glaube, das ist einfach wichtig, und ich weiß, wovon ich rede. Eine tech­nische Unterwegskontrolle hat, wie ich meine, noch nie so viel Zeit in Anspruch genom­men, dass der Unternehmer oder die Wirtschaft dadurch irgendeinen Schaden genom­men hätte.

Geschätzte Frau Ministerin! Nochmals herzlichen Dank für den Bericht. Unsere Frak­tion wird ihn gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.57


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Win­zig. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.57.26

Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kol­lege Stadler, ich muss dir recht geben, wenn du sagst, dass technische Unterwegs­kontrollen im Straßenverkehr sehr wichtig sind zur Vermeidung von Unfällen. Nur, wenn du die Statistik zitierst, dann ist man zwar geschockt, wenn man hört, dass ein so großer Anteil mit Mängeln unterwegs ist – ob das jetzt Gefahr in Verzug bedeutet oder ob es sich um sonstige schwere Mängel handelt, sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Fahrzeugen –, man muss aber dazu sagen, und das hat auch der Ex­perte im Ausschuss betont: Es gibt ja diese Vorselektion. Es kommen ja nur vorselek­tierte Autos, die auffällig sind, da rein, und darum ist der Prozentsatz eben so hoch. In Wirklichkeit waren es in Oberösterreich nur ein paar hundert Fahrzeuge.

Ich möchte, weil du das mit der Ladesicherung angesprochen hast, Folgendes sagen (Bundesrat Stadler: Um die Auslegung der Ladungssicherung, haben Sie gesagt!): Ja, dass hier vereinheitlicht werden soll, war eine Anregung von mir. Aber ich habe nicht gesagt, dass ich gegen eine Ladesicherung bei Lkws bin. Das ist ja schwachsinnig.

Aber ich möchte aus der eigenen betrieblichen Erfahrung und auch aufgrund von Un­ternehmerbeschwerden schon erwähnen, dass es bei technischen Unterwegskontrol­len nicht immer die Vorselektion, diese Sichtkontrolle, gibt und dass, wenn der Park­platz groß genug ist, einmal eine Reihe vorbeifahrender Autos reingeholt wird, die dann stehen bleiben müssen, dies auch ohne sichtbare Mängel.

Im letzten Jahr haben die Beratungen im Rat zum Verkehrssicherungspaket begonnen, und da sind ja auch neue Regelungen drinnen, die mir auch aus Unternehmersicht ein bisschen Sorge bereiten, weil ich davon ausgehe, dass sie auch den Aufwand für die Betriebe erhöhen werden. Es sollen auch leichte Nutzfahrzeuge und ihre Anhänger aufgenommen werden. Es soll ein bestimmter Prozentsatz der zugelassenen Nutzfahr­zeuge geprüft werden. Und vor allem spannend ist: es soll nach einem Risikoprofil des Unternehmens kontrolliert werden. – Also da bin ich gespannt, wie wir da als Unterneh-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 82

mer abschneiden werden. – Und auch die Kontrollen der Ladesicherung sind da mit drinnen. Aber die Ladesicherung wird ja von der Polizei in den normalen Kontrollen so­wieso kontrolliert.

Da dieser Rechtsakt vom BMVIT als Richtlinie und nicht als Verordnung erlassen wer­den soll, um das hohe Niveau in Österreich aufrechtzuerhalten, befürchte ich natürlich, dass wir da im internationalen Wettbewerb einen Nachteil haben werden. Kontrollen kosten Geld, Herr Kollege. Das Unternehmen kosten sie – abgesehen von den Stra­fen – Zeit und damit Geld.

Wir haben heutzutage das Lager auf der Straße, Just-in-time-Lieferungen sind das oberste Gebot. Das heißt aber, wenn die Ware direkt aus der Produktion hinausgeht und ich eine halbe Stunde Verzögerung habe, kann das bedeuten, dass die Produk­tionsanlage meines Kunden steht – und das kostet eben etwas.

Ich bitte Sie daher, Frau Bundesministerin, darauf zu achten, dass diese zusätzliche Bürokratie, die jetzt sicherlich wieder auf uns zukommt, auch mehr Sicherheit bringt und nicht nur Kosten für die Unternehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.00


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesminister Bu­res. – Bitte.

 


13.00.54

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass dieser Bericht der Bundesanstalt für Verkehr die technischen Unterwegskontrollen betreffend ein ganz wichtiger für uns ist, weil wir daraus Schlussfolgerungen ziehen können, wo wir noch einen Beitrag leis­ten können, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Es wurde bereits darauf hingewiesen: Lkw mit schweren technischen Schäden stellen ein enormes Unfallrisiko dar, Unfälle mit Lkw haben ganz katastrophale Folgen. Das ergibt sich natürlich aus der Logik und aus dem Gewicht der Lkw. Daher sollten wir bei allen Schwerpunktsetzungen der Verkehrssicherheit und bei der Priorisierung dieses Themas „Wie können wir menschliches Leid auf Österreichs Straßen minimieren und so weit wie möglich hintanhalten?“ diesem Bericht eine große Bedeutung zukommen lassen.

Ich bedanke mich für diesen Bericht und möchte auch erwähnen, dass wir, wie gesagt, die richtige Schlussfolgerungen daraus ziehen müssen. Unter meiner Verantwortung ist es gelungen, die rund 1,1 Millionen €, die für diese Kontrollen zur Verfügung gestanden sind, auf 2,6 Millionen € zu erhöhen, und zwar nicht, um Speditions- und Transportun­ternehmen zu schikanieren, sondern um dafür zu sorgen, dass es diese Kontrollen gibt, wenn der Verdacht besteht, dass es sich um Schrott-Lkw handelt und andere Menschen gefährdet sind. Ich glaube, wir sind uns einig, dass man gegen diese Schrott-Lkw vorgehen muss.

Was mir auch ganz wichtig ist, ist, dass diese Kontrollen in enger Abstimmung mit der Exekutive durchgeführt werden. Es sind nicht unsere Einrichtungen, die Autos von den Autobahnen leiten und die Kontrollen durchführen, sondern das wird ausschließlich in Zusammenarbeit mit der Polizei gemacht. Aus dem fließenden Verkehr kann nur die Exekutive ableiten, und wir führen dann mithilfe all der technischen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, diese Überprüfungen tatsächlich durch.

Ich kann Ihnen versichern, Frau Bundesrätin Winzig, es geht uns darum, anhand des Berichts zu sehen, wo man ansetzen muss, und dann die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Unser Interesse gilt ausschließlich der Erhöhung der Verkehrssicherheit –


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 83

so wie wir die Sicherheit in allen anderen Bereichen auch täglich überprüfen –, indem wir Schrott-Lkw aus dem Verkehr ziehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundera-
tes Kneifel.)

13.03


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, den gegenständli­chen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

13.03.5714. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungs­kommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinderteneinstel­lungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (2300 d.B. und 2326 d.B. sowie 9004/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ebner. Bitte um den Bericht.

 


13.04.29

Berichterstatterin Adelheid Ebner: Herr Präsident! Frau Bundesminister Heinisch-Hosek! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Gleichbehandlungsaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehand­lungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinderteneinstel­lungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antrags­stellung.

Der Gleichbehandlungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Zur Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt darf ich Frau Bundesminister Heinisch-Hosek sehr herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte.

 


13.05.27

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher an den Fernseh­geräten zu Hause! Mit dieser Novellierung werden natürlich wieder einige positive Än­derungen vollzogen, aber leider Gottes auch solche, die wir nicht zur Kenntnis nehmen können beziehungsweise denen wir nicht zustimmen können.

Um zur Abwechslung einmal mit dem Positiven zu beginnen: Es ist gut, dass die Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen bei sexueller Belästigung auf drei


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 84

Jahre verlängert werden. Ebenfalls positiv vermerken möchten wir die Verkleinerung der Senate der Gleichbehandlungskommission. Ebenfalls sehr positiv ist natürlich, dass das Schutzniveau im Behindertengleichstellungsrecht jetzt analog zum Gleichbe­handlungsgesetz angehoben wird und der Begriff Belästigung im Bundes-Behinderten­gleichstellungsgesetz § 7d harmonisiert wird.

Nicht einverstanden sind wir hingegen mit der Ausdehnung des Diskriminierungsschut­zes auf den Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich des Wohnraumes. Ich betone: einschließlich des Wohnraumes. Wir gehen davon aus, dass das ein tatsächlicher Ein­griff in das Vertragsrecht und in die Vertragsfreiheit jedes Einzelnen und in das Eigen­tumsrecht eines Vermieters ist.

Es handelt sich dabei um eine EU-Richtlinie, die in österreichisches Recht transformiert werden soll. Für uns stellt die Novelle in diesem Bereich einen starken Eingriff in die Privatsphäre dar und wir sind der Meinung, dass es nach wie vor möglich sein muss, dass sich ein Vermieter sehr wohl – nach Religion oder Geschlecht oder was auch immer – aussucht, wem er seine Wohnung vermietet. Dieser Eingriff geht für uns ein­deutig zu weit und es handelt sich hier um eine überschießende Regelung, der wir un­sere Absage erteilen.

Ebenso wenig einverstanden sind wir mit dem Levelling-up, das geht ein bisschen in dieselbe Richtung. (Bundesrätin Zwazl: Das ist herausgenommen worden! Das Level­ling-up ist herausgenommen worden!) – Seit wann? (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Allein die Tatsache, dass das Levelling-up angedacht war, ist ja schon Zeugnis des überschießenden Regulierungswahns gewesen. (Bundesrat Schreuder: Was meinen Sie mit „überschießend“?) Dementsprechend haben wir gestern auch im EU-Aus­schuss schon festgestellt, dass es Regelungen gibt, die wir schlicht und einfach ableh­nen. (Bundesrat Schreuder: Warum?) Wir sind der Meinung, dass nicht alles reguliert werden muss. Wir glauben, es muss nicht alles mittels Strafen und per Gesetz von der EU reguliert werden, und wenn das Levelling-up herausgenommen wurde, dann ist das umso besser.

Ebenfalls gesetzlich verankert werden soll der Dialog zwischen dem Bundeskanzler und den NGOs. Wir sind der Meinung, dass der Bundeskanzler wahrscheinlich genü­gend zu tun hat, sodass man nicht auch noch gesetzlich verankern muss, dass die NGOs immer und überall in diesen Dialog miteinbezogen werden müssen.

Last but not least – das ist ja mittlerweile hinlänglich bekannt – haben wir unsere Pro­bleme mit der Klarstellung des Familienstandes. Wir sind nicht damit einverstanden – so wie wir das bereits im vergangenen Jahr mitgeteilt haben –, dass die eingetragenen Partnerschaften und die Ehe mit dieser Novellierung jetzt auch in das Gleichstellungs­gesetz mit aufgenommen werden. Wir sind der Meinung, dass diese Novellierung ei­nen Vorschritt für künftige Regulierungen gesellschaftspolitischer Art darstellt, und zwar einen Vorschritt in eine Richtung, mit der wir nicht einverstanden sind, weil sie nicht der gesellschaftspolitischen Linie der FPÖ entspricht. Deshalb lehnen wir dies auch ab.

Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass zum Beispiel die Verbote von Zwangsehen oder von Zwangsbeschneidungen, die sehr wohl auch Thema in diesem Ausschuss waren, gesetzlich verankert worden wären. Es hat uns ein bisschen enttäuscht, Frau Minister, wenn Sie sagen, nein, Sie schreiben niemandem etwas vor. – Da hätten wir uns sehr wohl gewünscht, dass Sie vorschreiben, dass das hier in Österreich verboten ist. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Das ist ja verboten! Das ist in Österreich schon verboten!) Offensichtlich gehen die Meinungen diesbezüglich auseinander, und wir lehnen deshalb diese Novellierung ab. (Beifall bei der FPÖ.)

13.11



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 85

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.

 


13.11.15

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Frau Bundesministerin! Gospa zvezna ministrica! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Seit nunmehr über 30 Jahren verbietet das Gleichbehandlungsge­setz Diskriminierung zwischen den Geschlechtern und seit 2004 auch Ungleichbehand­lung, Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltan­schauung oder auch des Alters in der gesamten Arbeitswelt.

Es ist vieles verändert worden, es ist vieles verbessert worden, aber einiges muss noch getan werden. Auch diese Sammelnovelle ist ein wichtiger Schritt, eine wichtige Verbesserung im Bereich der Ausweitung des Diskriminierungsschutzes. In dieser No­velle wird auch eine EU-Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbe­handlung zwischen Frau und Mann, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, umgesetzt.

Welche Maßnahmen sind in dieser Novelle verankert? – Vorgesehen sind verpflich­tende Angaben des Mindestentgelts in Stelleninseraten inklusive der Strafbestimmun­gen in allen Bereichen, in denen kein Kollektivvertrag, kein Gesetz oder keine sonstige Norm die Mindestentgelte regelt. Warum ist das so wichtig? – Diese Maßnahme ist so wichtig, damit man weiß, was Verhandlungsbasis ist, was man verlangen kann, was man fordern kann. Das ist vor allem für Frauen wichtig, weil es die Frauen sind, die, wenn es um Löhne geht, wenn es um Gehälter geht, Hemmungen haben und nicht klar und selbstbewusst darüber reden können oder das verlangen, was sie eigentlich ver­dienen wollen. Oft wissen sie auch nicht, wie viel ihre Leistung wert ist. Deswegen bin ich über eine Initiative, die von unserer Frau Bundesministerin gestartet und auch um­gesetzt worden ist, so froh, nämlich über den Gehaltsrechner und den Einkommens­bericht. Das sind Maßnahmen, die ganz einfach für Frauen sehr wichtig sind.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte – es wurde von meiner Vorrednerin schon erwähnt –, ist die Ausweitung der Fristen für die gerichtliche Geltendmachung bei sexueller Belästigung von einem Jahr auf drei Jahre. Warum ist das so wichtig? Was heißt das? Liebe Kolleginnen und Kollegen, sexuelle Belästigung ist kein Einzel­fall. Sexuelle Belästigung kommt sehr oft vor, und sie ist auch kein Kavaliersdelikt. Se­xuelle Belästigung kann jeden treffen, Mann und Frau, sie trifft jedoch mehr Frauen, wie die Erfahrung zeigt. Ich denke, diese Personen, diese Menschen melden oder kla­gen das nicht sofort ein – nicht am ersten, zweiten oder dritten Tag. Diese Menschen brauchen Zeit, um das Geschehene aufzuarbeiten, und Mut, um ihr Recht einzuklagen. Deswegen ist diese Ausdehnung der Frist von einem Jahr auf drei Jahre sehr wichtig.

Wir sind sehr wohl für die Informationspflicht und den verpflichtenden Dialog zwischen den Nicht-Regierungsorganisationen und dem Bundeskanzler beziehungsweise der Bundeskanzlerin. Der Dialog wird ja schon praktiziert; jetzt sollte er im Gesetz veran­kert werden. Das gleiche gilt auch für den Sozialminister beziehungsweise die Sozial­ministerin, wenn es um die Bekämpfung von Diskriminierung von Menschen mit Behin­derungen geht.

Ein zusätzlicher Punkt ist auch, dass in dieser Novelle eine Verbesserung des Schutz­niveaus gegen Diskriminierung bei selbständiger Erwerbstätigkeit erfolgt. Das Schutz­niveau wird neu geregelt, es wird klarer geregelt, um sicherzustellen, dass betroffene Personen ihre Ansprüche auch geltend machen können.

Außerdem ist in dieser Novelle verankert, dass es zur Verkleinerung der Senate der Gleichbehandlungskommission kommt, dass es zur Vereinfachung und Zusammen­fassung der Struktur der Anwaltschaft für Gleichbehandlung und ihrer Aufgaben kommt,


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 86

dass es zur Klarstellung der Befugnisse der Regionalanwaltschaft sowie zur Neuregelung der Befragung durch die Gleichbehandlungskommission kommt. Was heißt das? – Eine Verkleinerung kann auch heißen, dass die Verfahren schneller erfolgen. Wenn die Verfahren schneller erfolgen, heißt das, dass Recht schneller gesprochen wird, und wenn Recht schneller gesprochen wird, bedeutet das doppelte Hilfe.

Einen Punkt möchte ich noch erwähnen, der auch in dieser Novelle geregelt wird, und zwar die Harmonisierung des Behindertengleichstellungsrechts mit den im Gleichbe­handlungsgesetz geplanten Änderungen. Was heißt das? – Mit diesem Satz entfallen die diskriminierenden und EU-rechtswidrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnah­me der Familienhospizkarenz für eingetragene Partnerschaften. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch ein sehr wich­tiger Schritt. Ich glaube, dass man bei Diskriminierung nicht wegschauen, sondern sie ansprechen sollte.

Wir hatten gestern in unserem Klub eine tolle Enquete, und ich möchte in diesem Zu­sammenhang noch einen wichtigen Punkt ansprechen: Ich vermisse das Levelling-up in dieser Novelle. Ich finde es schade, dass es gerade aufgrund des Widerstandes in den Verhandlungen vonseiten der ÖVP – jetzt auch von der FPÖ – nicht zustande kommt.

Levelling-up wird in acht Bundesländern und in 17 EU-Mitgliedstaaten eigentlich schon umgesetzt. Levelling-up heißt, dass niemand aufgrund des Geschlechtes, des Alters, der sexuellen Orientierung, der Religion, der Weltanschauung diskriminiert werden sollte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Arbeitswelt gibt es in allen Bereichen denselben Schutz. Außerhalb der Arbeitswelt gibt es diesen jedoch nicht, und ich sehe das nicht ein. Wenn jemandem wegen seiner sexuellen Orientierung der Zugang zu Wohnraum verwehrt wird – und die Erfahrungen zeigen, dass es so ist und dass da Handlungs­bedarf besteht –, ist das meiner Meinung nach diskriminierend. Ich sage es noch ein­mal: Ich vermisse diesen Teil. Es ist schade, dass das nicht umgesetzt wurde. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Novelle wurde ein weiterer Schritt, eine weitere Verbesserung erzielt, aber es muss sich noch vieles ändern. Wir werden selbstverständlich zustimmen.

(Bundesrätin Blatnik setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke. – Hvala lepa. (Beifall bei der SPÖ.)

13.20


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Hammerl. – Bitte.

 


13.20.23

Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzte Frau Mi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Michalke und Frau Kollegin Blatnik haben bereits vieles aus dieser Novelle berichtet. – Sie sind unterschiedlicher Meinung; es ist aber gut so, wenn wir diese Meinungsverschiedenheiten hier offen austragen. Es ist nun einmal so, dass wir nicht alle der gleichen Meinung sein können. Das ist auch von den Fraktionen her so.

Meine Damen und Herren, jetzt zur Gesetzesnovelle selbst: Die Gleichstellung von Menschen ist ein wichtiges Ziel, wenn es um Gerechtigkeit in der Gesellschaft geht. Leider sind bei uns in Österreich nur zu oft noch viele Menschen aufgrund ihres Ge­schlechtes, ihrer Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder ihrer Weltanschauung


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und sexuellen Einstellung benachteiligt. Deswegen ist die Novelle – das wurde heute auch erwähnt – zum Gleichbehandlungsgesetz ein wichtiger Schritt.

In dieser Novelle ist auch eine EU-Richtlinie umgesetzt worden. Das Gleichbehand­lungsgesetz ist in diesem Sinne geschärft worden. Von 27 EU-Ländern haben bereits 17 dieses Gesetz umgesetzt. Am 1. Juli geschieht dies auch Kroatien. Ich habe ges­tern mit Herrn Mag. Gordan Bakota, dem Botschafter, gesprochen. Dort ist man auch dabei, diese Novelle zu verwirklichen, keine Frage.

Meine Damen und Herren, allgemeine gesetzliche Forderungen wie etwa gleicher Lohn für gleiche Arbeit führen nicht automatisch zum Ziel der Gleichbehandlung, wie wir an den immer noch bestehenden Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen se­hen. Deswegen sind so kleine Schritte wichtig wie etwa, dass in Stellenausschreibun­gen jenes Entgelt anzugeben ist, das als Mindestgrundlage zur Vereinbarung des Ent­geltes dienen soll. Es ist dies ein wichtiger Schritt. Damit wird die Umsetzung des Prinzips gleicher Lohn für gleiche Arbeit erleichtert, weil die Verhandlungsgrundlage klargemacht wird und deswegen nicht nach Geschlecht oder Ethnie unterschiedliche Gehaltsverhandlungen geführt werden, was dann dazu führt, dass Frauen oder Männer mit Migrationshintergrund schlechter bezahlt werden.

Ähnliches gilt auch für die Konkretisierung des Diskriminierungsverbotes bei Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie für die Aufnahme oder Aus­weitung jeder anderen Art selbstständiger Tätigkeit. Zudem, meine Damen und Herren, ist es wichtig, dass auch eine entsprechende Beratung in dieser sehr heiklen Angele­genheit dieses Gesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbe­handlungsanwaltschaft zum Tragen kommt. Auch das wurde heute schon erwähnt. Da­mit sind Erleichterungen in der Gesetzesvollziehung gegeben – etwas, was gerade hier sehr wichtig ist, weil Benachteiligte oft den Zugang zum Recht schwer finden.

Trotz all dieser notwendigen gesetzlichen Ausweitungen in Bezug auf Gleichstellung und das Verbot von Diskriminierungen ist zu betonen, dass die gesetzliche Ebene al­lein nicht genügen wird, um Ungleichbehandlung abzuschaffen. Wir müssen uns vor der Illusion hüten, dass gesetzliche Regelungen immer schon die gewünschte Wirklich­keit schaffen.

Das ist auch einer der Gründe, warum die ÖVP gegen das sogenannte Levelling-Up in Bezug auf verschiedene Diskriminierungsbereiche war und ist. Das bedeutet, außer­halb der Arbeitswelt gilt der volle Diskriminierungsschutz weiterhin für Geschlecht und ethnische Herkunft, nicht aber für Kriterien wie Alter, Weltanschauung, religiöse Zuge­hörigkeit oder sexuelle Orientierung. Von den anderen Parteien wurde die Ausweitung dieses vollen Diskriminierungsschutzes auch für Bereiche wie Wohnraum oder den Zu­gang zu anderen Gütern gefordert. Gegen ein solches Levelling-Up möchte ich im Zu­ge dieser Diskussion drei Gründe geltend machen.

Durch eine solche Ausweitung der Bereiche, in denen Gleichstellung über die verschie­denen Kriterien erreicht werden soll, könnte eine Unüberschaubarkeit entstehen, die gerade dem Anliegen der Gleichbehandlung in der Arbeitswelt zuwiderläuft. Es sollte einmal alles getan werden, um dieses Feld der Ungleichbehandlung zu bearbeiten. Man muss ja bei Gesetzen immer vorsichtig sein, dass dann nicht die Wirkungen dem angepeilten Ziel entgegenstehen. So hat etwa das Behinderteneinstellungsgesetz in manchen Fällen behindert, dass Behinderte eingestellt wurden! Die von vielen als Übergangsbestimmung angesehene Regelung hat nämlich zum Teil bewirkt, dass lieber die Abschlagszahlung in Kauf genommen wurde, als etwa den unkündbaren Menschen mit Behinderung einzustellen.

Meine Damen und Herren, beim Hilfswerk Steiermark haben wir in zirka einem halben Jahr vier Behinderte aufgenommen. Alle vier Behinderten waren vorher zirka zwei bis


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drei Jahre arbeitslos, alle hatten eine gute Ausbildung, von der Matura begonnen bis hin zur beruflichen Ausbildung. Wichtig war in diesem Gesetz auch, dass man gesagt hat, als sie vorgesprochen haben: Unter Umständen, hat man hinterher gesagt, kann ich den Behinderten vielleicht nicht mehr entlassen, oder wenn irgendetwas passieren sollte, muss ich ihn behalten.

Zu weitgehende gesetzliche Regelungen über Gleichbehandlung können auch die Ver­tragsfreiheit einschränken. Heute wurde etwa von Frau Kollegin Michalke die Woh­nungsmiete erwähnt. Bei all diesen Diskriminierungsverboten, die im Levelling-Up vor­gesehen sind, müssen wir auch beachten, dass wir dann nicht mehr frei sind, wenn wir einen Vertrag schließen. Die Folge davon könnte sein, dass die Wohnung dann nur noch nach Kriterien, die sich der Vermieter vorgestellt hat, vergeben wird, weil es rechtlich auch sehr schwer wird, die verschiedenen Verfehlungen geltend zu machen.

Meine Damen und Herren, rechtliche Reglungen werden – besonders auch dann, wenn sie sehr detailliert sind – oft umgangen, wenn der Wille nicht vorhanden ist, sie umzusetzen. Irgendwie wird dann ein Weg gefunden werden, dass man ein Gesetz seinem Sinn nach umgeht, wodurch dann das Gesetz sein Ziel verfehlt. Wir haben das, wie ich angedeutet habe, auch schon beim Behinderteneinstellungsgesetz gesehen.

Gesetze, meine Damen und Herren, müssen für Menschen auch nachvollziehbar sein! Um das zu erreichen, gilt es auch, das Bewusstsein der Menschen zu bilden. Um diese Bewusstseinsbildung zu erreichen, ist es aber wichtig, Menschen nicht zu überfordern. Wenn etwa die Freiheit des Wohnungsvermieters, seine Wohnung einer bestimmten Person zu vermieten, die er dazu für geeignet hält, so stark eingeschränkt wird, dass kein Verständnis dafür erreicht wird, kann es zur Ablehnung des Gesetzes insgesamt kommen. Dann wird nämlich versucht, das Gesetz zu umgehen. Die Verwirklichung von Zielen wird durch Gesetze angestoßen, sie wird aber nicht durch diese allein er­reicht.

Hohes Haus, wir müssen alles tun, damit unsere Gesellschaft nicht eine ist, die Men­schen ausgrenzt, sondern eine Gesellschaft, die Menschen einbezieht. Die vorliegende Gesetzesnovelle ist ein wichtiger Schritt dazu, ein Schritt, der Verbesserungen bringt, zugleich aber die Menschen nicht überfordert. Das ist sehr wichtig!

Wir stimmen dem Gesetzesvorschlag gerne zu. Es wird aber in den nächsten Monaten und Jahren sicherlich zu diskutieren sein, dass wir das Gleichstellungsgesetz gemein­sam ändern, und zwar in Diskussionen, damit die Menschen draußen nicht überfordert werden, aber auch nicht die Wirtschaft. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zwischenzeitlich hat unser guter Bekannter, Bundesminister Mag. Klug, auf der Regierungsbank Platz genommen. Herzlich will­kommen! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


13.28.13

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Herr Minister! Herr Kollege Hammerl, Ihre Rede hat mich jetzt echt bestürzt! Sie haben hier Erklärungen abgegeben und Erläuterungen dargelegt, warum ein Level­ling-Up bei der Antidiskriminierung nicht möglich ist, mit Argumenten, die eigentlich ge­nau das Gegenteil bewirken müssten, nämlich dass ihr das Levelling-Up mit be­schließt! Die Unübersichtlichkeit, die Sie besprochen haben, haben wir nämlich genau jetzt, weil es unterschiedliche Antidiskriminierungsregelungen wegen unterschiedlicher Antidiskriminierungsgründe gibt. Das ist die Unübersichtlichkeit, das ist nicht zumutbar!


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Wenn Sie meinen, ein Levelling-Up sei sozusagen der Gesellschaft nicht zuzumuten, dann klingt das ein bisschen danach als sei die Gesellschaft noch nicht reif dafür. Aber Sie wissen, dass mittlerweile eine hohe Mehrheit der österreichischen Bevölkerung so­gar für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle ist, nur Ihre Partei nicht! Also da glauben Sie, dass die Bevölkerung weiter hinten ist, und sehen offensichtlich nur Ihre eigene Klientel. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Nebenbei: Dass Sie von dieser Materie nicht wirklich viel verstehen und Antidiskrimi­nierung nicht wirklich verstehen, beweisen Sie allein durch die Bezeichnung „sexuelle Einstellung“. Es heißt erstens einmal „sexuelle Orientierung“! Eine Einstellung wäre ja etwas, das man einstellt oder dann auch wieder umstellen kann. So funktioniert das aber nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bei Antidiskriminierung geht es außerdem genau darum, Menschen zu beschützen, die nur aufgrund der Tatsache, dass sie so sind, wie sie sind, diskriminiert werden: Re­ligion, Hautfarbe, Herkunft, sexuelle Orientierung, Geschlecht, Alter. – Das sind Dinge, die nicht beeinflussbar sind – bei der Religion könnten wir uns vielleicht noch streiten –, das sind Dinge, die nicht veränderbar sind, das sind Ureigenschaften. (Präsident Mayer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn Menschen deswegen eine Wohnung verwehrt wird und eine Gruppe sich ge­richtlich wehren darf, eine andere Gruppe aber nicht, dann versteht das niemand! Wenn man eine Wohnung von einem Vermieter nicht bekommt oder ein Haus nicht kaufen kann, wenn eine Immobiliengesellschaft ein paar Häuser verkauft, darf man sich wehren, wenn einem das Haus oder die Wohnung wegen der Herkunft verweigert wird; wenn es aufgrund der sexuellen Orientierung oder auch des Alters geschieht, hat man hingegen keine rechtliche Handhabe. Dann muss man gehen und zur Kenntnis nehmen, dass in dieser Republik ein Mensch einfach sagen kann: Nein, dir verkaufe ich kein Haus, weil du lesbisch bist! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Das ist nicht eine Frage von Freiheit, sondern das ist eine grundsätzliche Frage, denn ein Vermieter oder eine Vermieterin kann einen Menschen jederzeit aufgrund von Tat­sachen wie dass die Miete nicht bezahlt wird, dass Lärm gemacht wird oder dass Unrat im Stiegenhaus hinterlassen wird aus einer Wohnung weisen. Das sind alles gute Gründe, warum man sagt: Sorry, aber wenn du das nicht besserst, dann schmeiße ich dich hinaus! Aber wenn jemand aufgrund seiner Religion, seiner sexuellen Orien­tierung, seines Geschlechts, Alters und so weiter hinausgeworfen wird, dann kann die Person nichts dafür, nichts tun! Und wenn man diesen Menschen keine rechtliche Handhabe gibt, dann sagt man: Ich erlaube das.

Ich nehme zur Kenntnis, dass die ÖVP und die FPÖ sagen: Wir erlauben Diskriminie­rungen in dieser Republik und wollen weiterhin, dass diese stattfinden – denn das heißt es im Umkehrschluss! Das heißt es, wenn man Menschen Güter und Dienstleistungen verwehrt.

Ich wollte meine Rede hier eigentlich mit dem positiven Aspekt beginnen, aber ich war jetzt so aufgebracht aufgrund der Reden der FPÖ und der ÖVP. – Danke übrigens, Frau Kollegin Blatnik, ich sehe es genauso wie Sie!

Die positiven Aspekte sind erwähnt. Der Erweiterung der Frist bei sexueller Belästi­gung auf drei Jahre und dergleichen stimmen wir zu.

Offensichtlich ist Antidiskriminierung in diesem Land jedoch ein derart unterentwickel­tes Thema, wo selbst Abgeordnete dieses Hauses so überhaupt keine Ahnung davon haben, dass ich es erschütternd finde! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 90

13.32


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Kollege Wilhelm. – Bitte.

 


13.32.50

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Die vorliegende Sammelnovelle enthält eigentlich viele wichtige Punkte, besonders im Bereich der Ausweitung des Diskriminierungsschutzes. Die Harmonisierung des Behin­derteneinstellungsrechts mit den Angleichungen an das Gleichbehandlungsgesetz wird ebenfalls eingearbeitet.

Wie die Kollegin vorhin schon erwähnt hat, verbietet seit nunmehr über 30 Jahren das Gleichbehandlungsgesetz Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und seit 2004 auch Ungleichbehandlungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder des Alters auch in der Arbeitswelt. Viele Mitglieder dieses Hauses, der Arbeiterkammer und Gewerkschaften haben sich seither Schritt für Schritt um Verbesserungen bemüht. Es geht dabei um Gerechtigkeit – um Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und um Gerechtigkeit für jene, die körperlich beeinträchtigt sind.

Es sind unter anderem Kleinigkeiten, die geändert werden, zum Beispiel für die Frau, die sich auf dem Arbeitsmarkt bewegt und nicht genau weiß, wie hoch ihr Lohn ist, ihr Mindestgehalt ist, das ihr eigentlich zusteht, weil es für ihre Arbeit zum Beispiel noch keinen Kollektivvertrag gibt. Jetzt muss das Mindestgehalt Gott sei Dank einmal in den Stelleninseraten verankert werden. Geschieht das nicht, zieht das mitunter eine Strafe nach sich. Das ist für jene Personengruppe natürlich eine wichtige Maßnahme. Die alte Forderung gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist heute genauso aktuell wie vor hundert Jahren. Frauen verdienen heute noch immer im Schnitt um 20 Prozent weniger, in manchen Betrieben oft bis zu 30, 40 Prozent. Das ist ungerecht und auch moralisch nicht vertretbar.

Ein weiterer positiver Schritt ist die Verankerung der Verpflichtung des Bundeskanzlers sowie der Bundesministerin beziehungsweise des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, einmal die NGOs zu einem Arbeitsgespräch betreffend die Bekämpfung der Diskriminierungen von Frauen sowie von Menschen mit Beeinträchti­gungen einzuladen. Wie vorher auch angesprochen: Die Verkleinerung der Senate der Gleichbehandlungskommission und die Verringerung der Verfahrensdauer von 18 auf 12 Monate sind für die Betroffenen natürlich begrüßenswert.

In Summe sehe ich, dass diese Gesetzesänderung wieder ein kleiner Schritt zu mehr Gerechtigkeit ist. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35


Präsident Edgar Mayer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.36.0615. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz be­treffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportförderungsge­setz 2013 – BSFG 2013) (2149 d.B. und 2305 d.B. sowie 9005/BR d.B.)

 


Präsident Edgar Mayer: Nun gelangen wir zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Konrad. Bitte um den


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 91

Bericht.

 


13.36.19

Berichterstatter Klaus Konrad: Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten.

Der Ausschuss für Sportangelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Na­tionalrates vom 23. Mai 2013 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Kollege Schreuder. – Bitte.

 


13.37.03

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Wenn man vom Sport spricht, dann hat man zunächst natürlich immer – außer vielleicht jetzt das Fußballspiel am Freitag gegen Schweden, oder wer gerade Meister geworden ist und dergleichen – den Spitzensport im Blick, weil die Berichterstattung im Sport dement­sprechend ist. Ich verfolge das ja auch: Wer gewinnt welche Olympiamedaillen, wer gewinnt welche Abfahrtsläufe, wer gewinnt welche Fußballspiele – klar, das interessiert einen ja.

Wie es allerdings dazu kommt – und wir hatten ja sehr heftige Diskussionen nach Olympia in London, als Österreich bedauerlicherweise ausgesprochen schlecht abge­schnitten hatte –, dazu ist eine Diskussion in Österreich losgetreten worden. Das finde ich ganz gut. Manchmal ist ein Misserfolg ja auch eine Chance. (Bundesrätin Mühl­werth: Dazu müsste man aber was ändern! – Weitere Zwischenrufe.)

Das Problem ist – und jetzt komme ich ja zu dem Punkt, Frau Mühlwerth, Sie haben nämlich vollkommen recht –: Es ändert sich nichts! Es steht schon im Vorwort des Be­richts, dass bei den Reformen, die angedacht werden, auf bestehende Strukturen auf­gebaut wird! Da stellen sich bei mir schon die Nackenhaare auf, weil eindeutig nicht re­formiert wird. Viele Sportlerinnen und Sportler kritisieren ununterbrochen die Ver­bandstrukturen in diesem Land, und zwar zu Recht. Wenn wir da nicht wirklich einmal völlig neu denken, völlig neue Strukturen aufbauen, geht da auch nichts weiter.

Ich denke nur an Eisschnelllauf, da gab es auch einmal erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler: Hadschieff, Emese Hunyady. Da haben wir – denn Holländer interessieren sich ja sehr für Eisschnelllauf – gedacht: Super, das wird jetzt in Österreich auch eine sehr beliebte Sportart. Aber die waren weg – man sieht sie auch kaum noch, letztens war im „Standard“ ein Artikel „Was wurde aus Emese Hunyady?“ –, weil nicht einmal die eingebunden werden, dass sie Werbung für den Sport machen, dass sie dabei hel­fen, Strukturen aufzubauen. Nichts! Verschwunden, so wie leider auch der Sport.

Es ist aus grüner Sicht auch wichtig, einerseits auf den Breitensport zu wirken, denn nur, wenn man den Breitensport fördert, findet man auch die Spitzensportler und -sport­lerinnen, andererseits ist auch das Thema Schulen und Universitäten wichtig. Das ist übrigens ein Kernproblem in diesem Land. Sie kennen das wahrscheinlich aus den USA, aus Skandinavien, auch aus den Niederlanden oder anderen Staaten: Dort gibt es einen ganz engen Zusammenhang zwischen Sport, Sportförderung, Sportvereinen, Schulen und Universitäten. Collegesport ist sicher vielen ein Begriff. Das gibt es in Ös­terreich de facto nicht.

Wenn die Schule in den Sommerferien zusperrt, gibt es in Österreich auch keine Trai­ningsmöglichkeiten mehr für die Kinder, die sich aber gleichzeitig in den Sportarten weiterentwickeln wollen und vielleicht dann auch die Medaillenhoffnungen für die nächsten acht oder zwölf Jahre wären.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 92

Es wundert mich, dass es in diesen Strukturen, obwohl beide Ressorts – das Unter­richtsministerium und jetzt das Sportressort – bei der SPÖ liegen, nicht zu einer viel in­tensiveren, gemeinsamen Zusammenarbeit kommen kann, um sowohl Breitensport als auch die Förderung Einzelner – die muss es natürlich auch geben – zu bewerkstelli­gen. Ich verstehe das nicht.

Wir schließen uns den vielen Kritikern und Kritikerinnen an, die die Verbandstrukturen in diesem Land kritisieren, und das möchte ich hiermit auch getan haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.40


Präsident Edgar Mayer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Novak. – Bitte.

 


13.40.59

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her! Sport hat eine außerordentlich wichtige gesellschaftspolitische Funktion.

Zum einen dient er dem einzelnen Menschen als sinnvolle Freizeitgestaltung, man kann sich fit halten und vor allem in weiterer Folge Gesundheitsvorsorge betreiben. An­dererseits hat Sport eine Identifikationswirkung und schafft die für junge Menschen so wichtigen Vorbilder, denen es nachzueifern gilt. Wenn die österreichischen Schistars Winter für Winter bei wichtigen Rennen Medaillen holen, dann jubelt die ganze Sport­nation. Wenn die österreichische Fußballnationalmannschaft, wie es vorhin schon er­wähnt worden ist, morgen zu einem entscheidenden Spiel gegen Schweden antritt, um zur WM nach Brasilien zu fahren, dann leiden und zittern die Fans mit.

Das heißt, Sport bewegt und bewegt auch die Gemüter – nicht nur das des Kollegen Schreuder. Sport steht nicht nur für Erfolg und Misserfolg, sondern er steht auch für Charakter- und Persönlichkeitsbildung, für gelungene Beispiele an Integration und für Fair Play.

Sport benötigt finanzielle Mittel, und aus den genannten Gründen sind Zuwendungen aus dem Budgettopf absolut gerechtfertigt. Durchaus hinterfragt darf aber das Förder­system werden, und das wurde in den letzten Jahren auf sehr breiter Basis getan, weil erkannt wurde, dass das Bundes-Sportförderungsgesetz aus dem Jahr 2005 einer No­velle bedarf.

Nun ist es soweit. Das, was vom seinerzeitigen Minister Darabos begonnen wurde, fin­det nun unter Sportminister Klug mit der vorliegenden Gesetzesnovelle seinen Ab­schluss. Das neue Bundes-Sportförderungsgesetz bringt eine wichtige Neuausrichtung des Sports mit sich. Die Förderung nach dem Gießkannen-Prinzip wird von der Projekt­förderung abgelöst. Die vielen, zum Teil unübersichtlichen Förderungsschienen gehö­ren der Vergangenheit an. In Zukunft wird es ein duales System geben, das aus einer Grund- und der Projektförderung besteht. Damit wird es in Zukunft mehr Klarheit und mehr Transparenz geben.

Ganz besonders erwähnenswert scheint mir – was mein Vorredner nicht so gesehen hat –, dass es bei den Beratungen und Vorarbeiten zu diesem neuen Gesetz zu kei­nem Auseinanderdividieren von Spitzen- und Leistungssport einerseits und Breiten­sport andererseits gekommen ist. Vielmehr konnte ein Konsens erzielt werden, der bei­den Seiten gerecht wird. Ebenso kommen – und das möchte ich bei dieser Gelegenheit auch betonen und erwähnen – die ursprünglich geplanten finanziellen Kürzungen im Bereich des Behindertensports nun doch nicht zum Tragen. Das ist sehr erfreulich und begrüßenswert, zumal die Leistungen der österreichischen Behindertensportler – das Stichwort Paralympics in London wurde heute auch schon erwähnt , hervorragend sind und zudem gerade der Sport für die Inklusion von großer Bedeutung ist.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 93

Ich möchte dem Herrn Minister zu dieser Gesetzesnovelle gratulieren und es auch mit den Worten der BSO-Geschäftsführerin Barbara Spindler sagen: Sie ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Sportförderung in Österreich.

Meine Damen und Herren, auch wenn es Herr Schreuder nicht so sieht, glaube ich, dass heute mit Sicherheit ein besonderer Tag für den organisierten Sport in Österreich ist: Die Förderung der Bewegung ist zu einer nationalen Aufgabe geworden, und da­rüber können wir uns alle freuen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.45


Präsident Edgar Mayer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Zelina. – Bitte.

 


13.45.46

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Als ehemaliger Generalse­kretär des Österreichischen Badminton Verbandes möchte ich auch ein paar Worte zu diesem Thema sagen.

Das duale Fördersystem begrüße ich. Es ist für einen Verband ganz wichtig, eine Grundförderung zu haben, damit er wirklich konstant planen kann, auch langfristig hin­sichtlich der Mitarbeiter. Das ist hervorragend. Ich begrüße auch sehr, dass wir vom Gießkannen-Prinzip wegkommen und in Richtung Projektförderung, in Richtung Leis­tungsförderung gehen. Das ist eine ganz wesentliche Sache.

Was mir auch gefällt, ist, dass eine unbürokratische One-Stop-Shop-Lösung angedacht ist. In der Vergangenheit hatten wir wirklich zerstreute Förderlandschaften, und nun wird versucht, das zu zentralisieren.

Auch die Transparenz bei der Fördermittelvergabe war zu meinen Zeiten immer ein Thema. Die BSO hatte da doch eine ziemliche Monopolmacht. Schauen wir einmal, was dabei herauskommt!

Beim Thema Entpolitisierung der Sportvereine könnten wir vielleicht noch etwas tun. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, wenn Politiker als Präsidenten von Sportver­bänden fungieren. Aber ich wehre mich dagegen, dass irgendjemand aus der Politik im Präsidium sitzt und etwa seinen Sohn oder seine Parteifreunde, die vielleicht nicht so gut sind, nach vorne schiebt, wenn in den Sportvereinen wirklich gute Nachwuchsleute vorhanden sind.

Auch die Kontrollmechanismen sind sehr wichtig. Ich erinnere mich an von uns einge­reichte Projekte, wo es im Prinzip nur darum gegangen ist, Belege zu sammeln und dann abzurechnen, ohne dass wirklich kontrolliert wurde, welche Belege hier abgege­ben worden sind. – Die Gelder sollen beim Sport ankommen und weniger in der Sport­verwaltung.

Meine Kritik: Mir ist noch nicht ganz klar, warum jetzt wirklich ein eigener Bundes-Sportförderungsfonds notwendig ist, warum es notwendig ist, dass wir wieder eine neue Struktur schaffen, mit eigener Geschäftsführung, die eine Doppelstruktur ist und bei der zusätzliche Verwaltungskosten entstehen. Vielleicht kann mir der Herr Minister ein bisserl Auskunft darüber geben? Es entstehen wieder zusätzliche Kosten von 1 Mil­lion € pro Jahr, die dem Sport dann fehlen.

Ein großes Anliegen ist mir die Kooperation zwischen Sportvereinen und Schulen, und zwar besonders im Hinblick auf eine tägliche Sportstunde in der Schule, um täglich die Bewegung zu fördern. Es ist wirklich meine Bitte, dass die Ministerien in diesem Be­reich zusammenarbeiten. Wir haben ausgebildete Lehrwarte, wir haben ausgebildete Übungsleiter, die theoretisch auch gut in der Nachmittagsbetreuung an den Schulen eingesetzt werden könnten, aber nicht dürfen, weil ihnen nach dem Gesetz eine be­stimmte Ausbildung fehlt. Vielleicht wäre es doch möglich, hier eine Kooperation her­beizuführen?


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 94

Die Themen Sport sowie gesunde Ernährung als Lehrinhalt im Zuge einer kooperativen Zusammenarbeit sind mir sehr wichtig, ebenso wichtig wäre die Einbindung der Sport­vereine in Gesundheitsvorsorgeprogramme, also auch eine Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium. Ich habe gehört, dass das Gesundheitsvorsorgebudget im Verhältnis zum Gesamtbudget für Gesundheit nur 1 Prozent ausmacht. Da könnte man ansetzen.

Vielleicht kann man den Bundes-Sportförderungsfonds auch dahin gehend nutzen, dass er ein Dienstleister auch für andere Ministerien wird, indem Vorsorgeprogramme oder Gelder zum Beispiel vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt werden, die dann über den Sportförderungsfonds abgerechnet werden.

Jeder Euro, der in den Sport investiert wird, spart viel Geld im Gesundheitssystem. Wer früh die Freude am Sport entdeckt, bleibt meist sein Leben lang körperlich aktiv, wer gesund lebt und sich regelmäßig bewegt, verursacht weniger Gesundheitskosten. Deshalb ist eine Zusammenarbeit von Gesundheitsministerium, Schule und Sport sehr wichtig.

Als letzten abschließenden Punkt möchte ich noch das sehr wichtige Thema Sportan­lagen und besonders deren Kapazitätsauslastung erwähnen. Alle Anlagen könnten vom Vereinssport und vom Schulsport gemeinsam genutzt werden, vielleicht auch un­ter Einbeziehung der Heeressport-Anlagen – falls das möglich ist –, denn deren Kapa­zitätsauslastung ist wahrscheinlich sehr gering. – Danke.

13.51


Präsident Edgar Mayer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Brunner. – Bitte.

 


13.51.16

Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundesminister, willkommen zurück! Lieber Marco Schreuder, ich glaube, wir haben ein unterschiedliches Gesetz gelesen, und ich habe auch die Vergleiche mit Holland nicht ganz verstanden. Eisschnelllauf ist natürlich eine holländische Domäne. Österreich war da zwischendurch einmal nicht so schlecht, aber man kann das Thema nicht auf Eisschnelllauf reduzieren. Da ist etwas in eine falsche Richtung gegangen. Wir reden ja auch nicht über Segeln oder über andere Sportarten, in denen Österreich besser ist. Ich verstehe diesen Vergleich nicht. Es sei denn, du glaubst, dass der Marcel Hirscher so gut ist, weil er eine holländische Mutter hat. (Bundesrat Schreuder: Es geht um die Strukturen!)

Spaß beiseite, ich glaube ganz im Gegenteil, dass dieses Gesetz dem Sport ganz klare Aufträge erteilt, auch Aufgaben und Verantwortungen zuweist, und das nicht nur im Spitzensport, sondern auch im Breitensport und auch – und das ist sicher auch wich­tig – dahin gehend, dass die gesundheitsfördernde Bewegung nicht zu kurz kommt. Es werden – wieder im Gegenteil zu dem, was du, Marco, gemeint hast – verkrustete Strukturen aufgebrochen. Es wird mit diesem Gesetz auch die vom Rechnungshof angesprochenen Kritik sehr ernst genommen und es wird den von ihm erteilten Moder­nisierungsaufträgen Rechnung getragen.

Nach deiner Rede muss ich auch noch einen Satz zu deiner Kritik an den Verbänden sagen: Ich bin als Vizepräsident des Österreichischen Tennisverbandes selbst Ver­bandsfunktionär und glaube, dafür, was die Verbände und die Vereine in zig Stunden an ehrenamtlichem Engagement leisten, gehört ihnen im Gegenteil gedankt. Ich würde dich, Marco, bitten, dass du das vielleicht in Zukunft in deine Überlegungen mit einbe­ziehst.

Für die Vertreter des Sports, der Verbände, der Vereine ist heute ein sehr guter Tag, zumindest was die Theorie und das Gesetzeswerk an sich betrifft. Jetzt muss das


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Ganze natürlich auch noch in die Praxis umgesetzt werden, das steht außer Frage; das wird sich dann herausstellen. Wir hoffen natürlich alle, dass am Ende mehr Erfolge herausschauen. London hat das Ganze sicher etwas beschleunigt, aber man muss auch wissen, dass die Arbeitsgruppen mit Experten und anderen Beteiligten schon seit 2009 intensiv daran arbeiten. Der Misserfolg in London hat das aber sicher noch etwas unterstützt.

Lieber Herr Bundesminister, du hast ja von deinem Vorgänger in anderen Bereichen viel aufzuräumen, das ist uns allen bewusst. Bei dieser Materie hat dein Vorgänger zu­mindest zugelassen, dass sich Experten und viele verschiedene Beteiligte in Arbeits­gruppen an diesem Gesetz positiv beteiligen konnten, das ist immerhin etwas und das kannst du jetzt zu Ende führen.

Ich habe vorletztes Mal mit großer Spannung deine Antrittsrede hier im Bundesrat ver­folgt und muss sagen, dass ich davon – eigentlich wie erwartet, da ich dich ein biss­chen kenne – einige mich sehr optimistisch stimmende Aussagen mitgenommen habe. Du hast insbesondere das Thema Infrastruktur angesprochen. Wir wissen, dass hier in Österreich doch einiges verbessert werden kann. Ich erlaube mir, als Tennis-Funktio­när das Beispiel Tennis heranzuziehen: Beim Tennisverband – dem zweitgrößten Sportverband in Österreich, was die Mitgliederzahl betrifft – warten wir alle darauf, dass endlich ein Bekenntnis zum nationalen Leistungszentrum abgegeben wird. Zu diesem Bekenntnis hat sich dein Vorgänger zwar immer wieder vage positiv geäußert, dann aber alle Beteiligten doch wieder im Kreis herumgeschickt.

Du, lieber Minister, hast bei deiner Antrittsrede unter anderem auch zum Thema Infra­struktur gesagt, dass du dich für bundesländerübergreifende Infrastrukturprojekte ein­setzen wirst. Wir hätten es im Tennis geschafft, drei Landesverbände – nämlich Wien, Burgenland, Niederösterreich – und den Österreichischen Tennisverband auf ein ge­meinsames Projekt, auch zusammen mit einem Bundesleistungszentrum, einzuschwö­ren. Das hätte auch unglaubliche Synergien zur Folge. Wenn wir in Zukunft über not­wendige, auch vernünftige und zukunftsweisende Sportstättenplanungen diskutieren wollen – was wir natürlich auch müssen –, wird es ohne den breiten Schulterschluss zwischen den Ländern und dem Bund wahrscheinlich nicht gehen. Wir hätten jetzt län­derübergreifend diese Voraussetzungen geschaffen. Es wäre aus meiner Sicht auch ein Vorzeigemodell, solche Infrastrukturprojekte länderübergreifend zu machen und im Sport zusammenzuarbeiten. Wir harren jetzt der Entscheidungen, und ich ersuche dich, ein klares Bekenntnis zu einem solchen Leistungszentrum abzugeben und dieses Projekt zu unterstützen.

Aber noch kurz zurück zum Gesetz an sich: Es wird sich, wie gesagt, zeigen, wie es sich mit Leben erfüllen lässt. Erfolge hängen natürlich nur zum Teil von diesen Struk­turen ab, und wesentlich auch vom Fleiß, vom Ehrgeiz, vom Talent, vom Einsatz der einzelnen Sportler. Was man aber mit dem Gesetz sicher machen kann – und was man auch tut –, ist, die Voraussetzungen für Erfolge zu schaffen. Da geht es um Ver­waltungsvereinfachungen, da geht es auch langfristig darum, die Verein- und Verband­struktur zu sichern. Es werden mit diesem Gesetz auch manche Verbände quasi höf­lich gezwungen, ihre Strukturen weiterzuentwickeln und auch endlich internationalen Entwicklungen Rechnung zu tragen, denn ganz ehrlich, Herr Minister: Du und wir alle wollen ja nicht ständig hören, warum etwas nicht geht, sondern wir wollen auch Lö­sungen im Sinne des Sports zustande bringen. Warum tun wir uns diese unzähligen Stunden des Ehrenamtes im Sportbereich an? Weil wir eben wollen, dass etwas wei­tergeht, dass sich der Sport weiterentwickeln kann.

Wir müssen also diese Kräfte im Sport bündeln, wir müssen die Ressourcen bündeln, damit wir zu guten Ergebnissen kommen. Da sind die Stichworte Ausbildung und Sportstättenbau sicher am wichtigsten. In diesem Sinne wünsche ich dir, lieber Herr


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Minister, alles Gute bei der Umsetzung. Wir werden unseren Teil dazu beitragen, wir werden dich unterstützen, und wir bitten dich, dass du auch uns unterstützt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.58


Präsident Edgar Mayer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Jenewein. – Bitte.

 


13.58.17

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich brauche die Diskussion nicht noch zu­sätzlich zu verlängern, im Prinzip ist ja schon alles gesagt.

Ich denke auch – und das sieht auch meine Fraktion so –, dass dies ein Gesetz ist, mit dem man die Sportförderung auf neue Beine stellt, das gut für die Zukunft ist. Herr Kol­lege Brunner hat das gerade richtig ausgeführt: Es geht ja auch darum, solche Ins­titutionen an die internationalen Gegebenheiten anzupassen. Ich denke, dass das ein richtiger Weg ist.

Es war, glaube ich, im April, als Kollege Kunasek von der FPÖ bei der Parlamenta­rischen Enquete gesagt hat, das sei alles schön und gut, aber bei der Förderung für die paralympischen Sportler, für den Behindertensport solle noch nachgebessert werden. Ich darf mit ein bisschen Stolz sagen, dass dann entsprechend nachverhandelt wurde und diese Nachbesserung auch erfolgt ist. Das freut mich besonders, denn einer mei­ner Vorredner hat gerade London angesprochen. Die österreichischen Spitzensportler waren in London nicht so erfolgreich, wie wir uns das vielleicht alle gewünscht hätten. Bei den Paralympischen Spielen hat es dann aber ganz anders ausgesehen, da waren wir sehr erfolgreich. Das muss man auch einmal von dieser Stelle aus sagen. Man kann gar nicht stolz genug darauf sein, denn natürlich ist die Paradedisziplin 100-Me­ter-Finale schon etwas ganz Tolles. Wenn man sich aber einmal Sportevents mit Sport­lern anschaut, die eine körperliche Einschränkung haben, sieht man erst, was noch ge­leistet werden kann. Das ist auch enorm beeindruckend und steht leider nach wie vor ein bisschen im Schatten.

Ich denke, es ist eine Aufgabe für die Zukunft, das ein bisschen ins rechte Licht zu rü­cken – oder noch besser ins Licht zu rücken, denn es hat ja da in den letzten Jahren ohnehin starke Verbesserungen gegeben.

Zum Schluss möchte ich noch einen Gedanken des Herrn Kollegen Zelina vom Team Stronach aufgreifen. Es hat ja im Plenum bei der Debatte über dieses Gesetz Herr Kollege Kunasek einen Antrag gestellt, in dem es darum geht, dass man die Öffnung der Sportstätten des österreichischen Bundesheeres in die Überlegungen miteinfließen lassen soll. Der wurde zwar von SPÖ und ÖVP abgelehnt, ich darf aber dazusagen, dass in nahezu allen Redebeiträgen eigentlich durchaus ein Wohlwollen zu bemerken war und es lediglich darum ging, dass man sich natürlich die Gegebenheiten genau an­schauen muss. Das wird wahrscheinlich nicht überall möglich sein. Ich selbst weiß aus persönlicher Erfahrung: Bei manchen Kasernen war das früher durchaus üblich, dass Sportstätten mitgenutzt werden konnten. Es ist dann erst in weiterer Folge so geregelt worden, dass eben andere Leute da keinen Zutritt mehr hatten.

Ich denke, es wäre eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode, da die gesetzlichen Möglichkeiten zu schaffen. Es wäre wahrscheinlich gerade in jenen Bereichen im ländlichen Raum, wo man nicht unbedingt mit einer großen Fülle und Dichte an Schwimmbädern und Leichtathletikplätzen ausgestattet ist, sinnvoll, für Schulen die Möglichkeit von kürzeren Anfahrtswegen zu schaffen. Ich denke, das wäre auch im Sinne der Zusammenarbeit, der Effizienz und der Kostenreduktion ein wesentlicher Beitrag.


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Abschließend, wie gesagt: Ich denke, es ist ein gutes Gesetz. Man kann nicht immer alles zu hundert Prozent perfekt machen. Es wird sicher auch hier Dinge geben, die man in den nächsten Jahren evaluieren wird müssen, keine Frage, aber ich denke, da­mit sind wir recht gut aufgestellt. Jetzt geht es daran, das in die Praxis umzusetzen, und ich bin eigentlich ganz guter Dinge, dass das geschieht. – Danke schön. (Allgemei­ner Beifall.)

14.02


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Mag. Klug zu Wort. – Bitte, Herr Minister.

 


14.02.20

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat! Herr Kol­lege Schreuder, Sie haben gesagt, wenn Sie so an den Sport denken, dann denken Sie erst einmal an das WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden kommenden Freitag und an ähnliche Leistungen. Als ehemaliger Kollege aus dem Bundesrat hätten Sie auch sagen können, Sie denken an den Sportminister. (Allgemeine Heiterkeit. – Bun­desrat Schreuder: Das tut mir leid!)

Aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir zu Beginn doch, da ich einige neue Gesichter hier sehe, die Gelegenheit wahrzunehmen, meinen geschätzten Kollegen Hans-Peter Bock aus Tirol wieder herzlich willkommen zu heißen, aber natür­lich auch die wiedergewählte Anneliese Junker sowie Dr. Andreas Köll, Mag. Nicole Schreyer, die Kollegin Ledl-Rossmann und die Kollegin Winkler.

Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit – ich möchte dadurch natürlich zum Aus­druck bringen, dass es mir noch immer sofort auffällt, wenn ich neue Gesichter hier im Bundesrat sehe – und stehe natürlich als Sport- und Verteidigungsminister in diesem Sinne zur Verfügung.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nun aber eingangs doch einige Worte zum vorliegenden Tagesordnungspunkt, also der Beschlussfassung des Bun­des-Sportförderungsgesetzes, sagen. Jawohl, nach meiner Einschätzung kommen wir heute zu einem historischen Beschluss für den Sport. Wenn wir uns die Entstehungs­geschichte dieses neuen Gesetzes anschauen, dann sehen wir, dass es dreieinhalb Jahre intensiver Beratungen gegeben hat.

De facto waren alle eingebunden, und heute führen wir dieses neue Bundes-Sportför­derungsgesetz im Wege der Bundesgesetzgebung ins Finale und bringen dazu eine maßgebliche Reform im Bereich der österreichischen Sportförderung ans Ziel, um nicht zu sagen: Es ist ein historischer Beschluss. Aber ich sage in diesem Zusammenhang im gleichen Atemzug dazu: Es ist mein erstes Gesetz, und, in aller Offenheit, ich bin natürlich auch sehr stolz darauf.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir kommen mit diesem neuen Gesetz der Bun­des-Sportförderung nicht nur zur größten Reform der Nachkriegszeit im Sport, sondern ich habe bereits – und Kollege Magnus Brunner hat das angesprochen – im Zuge mei­ner Antrittsrede als Sportminister im Bundesrat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eines meiner Ziele darin besteht, die Österreicherinnen und Österreicher über den Sport gesünder zu machen.

Dazu gibt es viele Möglichkeiten, viele Initiativen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass auch dieses neue Bundes-Sportförderungsgesetz mittel- und langfristig zur Errei­chung dieses Ziels einen deutlichen Beitrag leisten wird.

Jawohl, es war ein aufwendiger, betont partnerschaftlicher Prozess. Es war der gesam­te organisierte Sport eingebunden, und es ist gelungen, letztlich auch heute mit der De-


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batte im Bundesrat – und ich bedanke mich jetzt natürlich auch schon für die vielen wohlwollenden Worte – dieses Gesetz sozusagen ins Finale zu bringen.

Mein besonderer Dank – und den möchte ich deutlich zum Ausdruck bringen –, ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen, gebührt in diesem Zusammenhang meinem Amts­vorgänger als Sportminister, Norbert Darabos. Er hat maßgebliche Schritte gesetzt, er hat dieses Gesetz maßgeblich begleitet, er hat maßgebliche Initiativen gesetzt, damit wir das heute beschließen können. Lieber Norbert, in Abwesenheit herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)

Alle sportlich Interessierten, alle Politikerinnen und Politiker, die mit Sportlerinnen und Sportlern, aber auch mit Funktionärinnen und Funktionären aus dem Sport regelmäßig Kontakt haben, wissen, dass wir aufgrund unserer aktuellen Situation doch einige De­fizite haben, die wir mit diesem Gesetz beseitigen. Es gab in der Vergangenheit zu viele Fördertöpfe, es gab in der Vergangenheit nur eingeschränkte Kontrollen oder Kontrollen, die zum Teil nicht sehr gut funktioniert haben, und wir wissen natürlich auch, dass die sogenannte Gießkannenförderung im Sport nicht das Gelbe vom Ei ist.

Darüber hinaus gab es immer wieder einen hohen administrativen Aufwand für die För­dernehmer, und die Planungssicherheit für die Verbände war meines Erachtens auch nur eingeschränkt gewährleistet. Das neue Gesetz bringt in diesem Zusammenhang zweifellos erhebliche Fortschritte, und wenn wir davon ausgehen – und ich glaube, diese politische Einschätzung eint uns –, dass das Geld in Zukunft nicht mehr wird, dann ist effizienter Umgang mit den öffentlichen Mitteln nicht nur ein Gebot der Stunde, sondern das bedeutet letztlich auch verantwortungsvolle Politik.

Das neue Modell wird im Wesentlichen im Bereich der Verbandsförderung maßgebli­che Veränderungen bringen. Wir kommen mit diesem Bundes-Sportförderungsgesetz zu einer klaren Trennung zwischen dem Spitzensport und dem Breitensport, und ich sage in aller Offenheit: Jawohl, der Spitzensport wird davon profitieren, in Summe mit 5 Millionen € pro Jahr mehr.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit diesem neuen Bundes-Sportförderungsgesetz einen essentiellen Beitrag dazu leisten, auch im Rot-Weiß-Rot-Sport in Zukunft schö­nere Erfolge zu erzielen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir mit diesem neu­en Gesetz auch Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, dass wir wieder zu neuen sportlichen Vorbildern kommen, und wenn ich das so besonders betone, dann meine ich damit natürlich, dass neue sportliche Vorbilder auch wichtig für unsere Ju­gend sind.

Wir alle erinnern uns zurück: Wenn uns jemand im Sport besonders begeistert hat, dann sind wir mit einem gewissen Elan dabei gewesen, dann haben wir uns das zwar auch im Fernsehen angeschaut, aber sind eben nicht in dieser Passivsportrolle verblie­ben, sondern wir haben uns dann auch aktiv in den Sport eingebracht, weil wir natür­lich geschaut haben, ob es auch uns gelingt, einen Aufschlag wie zum Beispiel Tho­mas Muster am Trainingsplatz zustande zu bringen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Daher bin ich felsenfest davon überzeugt, dass mit diesem Gesetz neue sportliche Vor­bilder wieder möglich werden, und das ist meines Erachtens ein wichtiger Beitrag auch für unsere Jugend, um diese wieder für den Sport zu begeistern.

Mir ist vollkommen bewusst, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass dieser Spagat, auf der einen Seite mehr Kontrolle zu gewährleisten, aber auf der anderen Seite keine zusätzlichen neuen administrativen Hürden aufzubauen, etwas ist, das zu bewältigen ist. Aber ich bin auch der Meinung, dass mit dem vorliegenden Gesetz dieser Spagat sehr gut bewältigt wird und wir daher in Zukunft auch zu mehr Transparenz durch mehr Kontrolle kommen werden, insbesondere natürlich mit der Förderungsdatenbank.


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Eines scheint mir noch essentiell zu sein und damit sozusagen zum vorliegenden Ge­setz ein wichtiger Punkt zum Schluss: Dass wir mit dem One-Stop-Shop auch zu einer Verwaltungsvereinfachung für die Fördernehmer kommen, war uns gemeinsam wich­tig. Es wird damit gelingen, diese Vereinfachung auf Schiene zu bringen. Ich freue mich natürlich, dass wir damit eine Hauptforderung des organisierten Sports umgesetzt haben. Insofern blicken wir in diesem Zusammenhang in eine tolle Zukunft.

Wenn ich zusammenfassen darf: Nach meiner politischen Einschätzung im Bereich des Sports gehen wir mit diesem Gesetz in eine spannende neue Zeit. Wir beschließen heute die größte Reform im Bereich der Sportförderung der Nachkriegszeit. Ich bin sehr optimistisch, dass wir in diesem Zusammenhang auf einem tollen Weg sind, der mittel- und langfristig essenziell dazu beitragen wird, dass wir im Rot-Weiß-Rot-Sport, und zwar sowohl im Winter- als auch im Sommersport, beste Erfolge erzielen.

In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir, auf den einen oder andern Punkt einzu­gehen, der in der Debatte eingeworfen wurde. Grundsätzlich halten wir uns natürlich mit neuen Verwaltungsstrukturen zurück. Wenn wir aber sehenden Auges eine Ent­wicklung im Bereich der Mittelaufbringung mitverfolgen, die da lautet: 2005 haben wir über 46 Millionen € gesprochen, und 2014 reden wir über 80 Millionen €, wenn wir se­henden Auges 80 Millionen € an öffentlichen Mitteln im Bereich der Sportförderung zum Einsatz bringen, dann bin ich der Meinung, dass wir damit verantwortungsbewusst und kontrolliert umgehen müssen, und für einen verantwortungsbewussten Umgang mit diesen Mitteln sind eben schlanke, aber professionelle Strukturen unumgänglich. Daher bin ich der Meinung, dass die Fondsstruktur grundsätzlich gut aufgestellt ist.

Ich darf noch einen weiteren Aspekt erwähnen. Ja, es hat eine Diskussion gegeben, im Wesentlichen zu zwei Punkten. Ich freue mich, dass mit dem Präsidenten des ÖOC hier ein gemeinsamer Weg gefunden wurde. Ich habe sehr gute Gespräche führen können, freue mich, dass eine Lösung möglich war. Im zweiten Bereich möchte ich doch aufmerksam machen: Es war von uns von Anfang an nie beabsichtigt, auch nur einem Einzigen etwas wegzunehmen. Daher war die Debatte im Zusammenhang mit dem Behindertensport gesamt betrachtet meines Erachtens eine in der textlichen Wahrnehmung nicht ganz scharf geführte.

Ich schließe sozusagen den Part damit ab, dass mit einer textlichen Nachschärfung, gemeinsam erreicht wurde, dass wir für den Behindertensport in Zukunft in Summe 25 Prozent mehr finanzielle Mittel gesetzlich fixiert zur Verfügung stellen werden. Ich freue mich, dass wir auch in diesem Bereich meines Erachtens die richtigen Signale setzen.

Lassen Sie mich jetzt abschließend unmittelbar auf etwas eingehen, das angesprochen wurde. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ja, die Olympischen Spiele in London waren vor meiner Zeit; aber ich bitte auch alle politischen Verantwortungsträger, bei der Debatte über sportliche Erfolge, insbesondere im Spitzensport, beziehungsweise in unserer politischen Einschätzung sehr sorgsam damit umzugehen, welche Lehren wir aus welchen Ereignissen ziehen.

Ich sage in diesem Zusammenhang als Sportminister – und Hobbysportler – eindeutig: Nein, wir haben die uns gesteckten Ziele in London nicht erreicht. Aber ich sage in die­sem Zusammenhang auch dazu: Schauen wir uns genauer an, was erreicht wurde! 17 Top-Ten-Platzierungen sind Leistungen, die Potenzial erkennbar werden lassen! 17 Top-Ten-Platzierungen sind Potenzial, auf dem wir aufbauen können.

Suchen wir daher bitte nicht die Schuld bei den Sportlerinnen und Sportlern! Sich für Olympische Spiele vorzubereiten bedeutet viel an Verzicht, an Entbehrungen. Dass man dieses Leistungsniveau erreicht, muss erst einmal gelingen! Suchen wir bitte auch nicht die Schuld bei den Funktionärinnen und Funktionären. Es ist heute schon ange-


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sprochen worden: Viele arbeiten ehrenamtlich, viele bringen ihr gesamtes Herzblut in den Sport ein, und ich glaube, es ist an der Zeit, diesen Persönlichkeiten Danke zu sa­gen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich sage daher: Meine Lehren aus London, wenn Sie so wollen, bestehen im Wesentli­chen in Folgendem: Spitzensportleistungen sind in Österreich nur möglich, wenn Sport­lerinnen und Sportler optimale Trainingsbedingungen vorfinden. Das heißt, es bedeutet für die Politik, geeignete Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass dies auch mög­lich ist. Im Idealfall stehen diese sportlichen Trainingsmöglichkeiten den Spitzensportle­rinnen und Spitzensportlern rund um die Uhr zur Verfügung.

Eine meiner Konsequenzen daraus ist: Ich habe gemeinsam mit Präsident Peter Schröcksnadel das neue Projekt Rio 2016 auf die Beine gestellt. Ich bin der Meinung, dass wir auch in diesem Zusammenhang den richtigen Weg eingeschlagen haben. Da­rüber hinaus bemühe ich mich, sozusagen über den Weg eines Spitzensportstätten-Masterplans auch noch dementsprechende Akzente zu setzen.

Über Themen, ob und wie weit Leistungszentren eine gewisse Bundesrelevanz entwi­ckeln können, werden wir in der Feinjustierung in einem ständigen Austausch bleiben. Aber ich habe das Anliegen natürlich grundsätzlich verstanden, Magnus. Vielen herzli­chen Dank!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Allen, die heute diese Reform im Bereich der Sportförderung unterstützen, darf ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön sa­gen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.18


Präsident Edgar Mayer: Bevor ich nun Herrn Bundesrat Lampel das Wort erteile, darf ich noch einen besonderen Ehrengast begrüßen, und zwar einen Freund und Kollegen aus Bangladesch von der Mitgliedsgewerkschaft IndustriALL. Der Kollege kommt aus dem Ort, in dem beim Einsturz eines Fabrikgebäudes 1 200 Menschen gestorben sind. Ich begrüße sehr herzlich Herrn Präsidenten Abu Taher. Welcome Mister President! (Allgemeiner Beifall.)

We are very pleased to have you here and we wish you a nice and successful stay in Vienna. All the best to you! Thanks for coming! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Lampel zu Wort. – Bitte.

 


14.19.13

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Nach einem der­art engagierten Sportminister zu reden, ist, glaube ich, nicht ganz einfach. Und wenn er noch sagt, dass dieses sein erstes Gesetz so toll, so gut geworden ist, dann bin ich schon gespannt auf die nächsten Gesetze, die er einbringen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat, ich will aber noch eines zu London 2012 sagen. Der Herr Bundesminister hat kurz die sportlichen Leistungen erwähnt. Was merken wir uns wirklich von einer Olympiade?  Einzig die Medaillen! Und was ist wirk­lich in London geschehen?  Es gab österreichische Rekorde beim Schwimmen, das erste olympische Einzelsprintfinale einer österreichischen Leichtathletin, im Segeln schrammten wir knapp an einer Medaille vorbei, und im Beach Volleyball wurde das Viertelfinale erreicht. Ich glaube, man kann zu London auch sagen: Wenn du kein Glück hast, kommt das Pech auch noch dazu! (Heiterkeit.)

Leider zählen bei Großereignissen bei vielen Besuchern beziehungsweise bei denen, die im Fernsehen zusehen, oft nur die Medaillen und nicht die wirklichen sportlichen Leistungen.


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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es war ein harter, steiniger Weg, auf dem viele Felsbrocken aus dem Weg geräumt werden mussten, aber es hat eines ganz klar gezeigt: Erst wenn alle gemeinsam daran arbeiten und vor allem ein modernes, neues, gerechtes, transparentes System bei der Förderung des Sports in Österreich zum Ziel haben, ist ein derartiges Reformpaket überhaupt umzusetzen.

Das Bundes-Sportförderungsgesetz 2013 ist sicherlich eine sehr gute Grundlage, um künftig einen neuen, weiteren, erfolgreichen Weg im österreichischen Sport zu gehen, egal ob Breiten-, Gesundheits-, Behinderten- oder Spitzensport. Als Sportsprecher meiner Bundesratsfraktion darf ich allen  den vielen Expertinnen und Experten, den ehemaligen und aktiven Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern, den Dach- und Fachverbandsvertreterinnen und -vertretern, den Sportwissenschafterinnen und Sport­wissenschaftern, den Sportpolitikerinnen und Sportpolitikern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sportministeriums –, die gemeinsam diesen Weg zu einer erfolgrei­chen Reform, zu einem Meilenstein in der Sportförderung mitgegangen sind, ein herzli­ches Dankeschön aussprechen.

Schlussendlich ein ganz besonderes Dankeschön noch einmal den beiden Ministern, dem ehemaligen Sportminister Norbert Darabos, der diesen Reformprozess 2009 be­gonnen hat, und meinem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden und jetzigen Sportminister Gerald Klug, der dieses Gesetz finalisiert hat.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Fraktion wird diesem Gesetz mit Freude zu­stimmen, und als Sportsprecher verwende ich jetzt die Sportsprache, wenn ich sage: Es ist ein Golden Goal, ein Touch Down oder auch ein großer Wurf gelungen. – Herz­lichen Dank! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.22


Präsident Edgar Mayer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.23.2416. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird (2295 d.B. und 2313 d.B. sowie 8993/BR d.B.)

 


Präsident Edgar Mayer: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Taucher. – Bitte.

 


14.23.42

Berichterstatter Mag. Josef Taucher: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Umweltausschusses zum Klima­schutzgesetz bringen. Der Bericht liegt Ihnen ja in schriftlicher Form vor, daher werde ich ihn nicht mehr verlesen.

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner vorgestrigen Sitzung am 4. Juni in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Kollege, für den Bericht.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 102

Bevor wir in die Debatte eingehen, darf ich noch Herrn Bundesminister Niki Berlakovich sehr herzlich begrüßen. Herzlich willkommen, Herr Minister! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.24.43

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren Mitglieder dieses Hauses! Klima­schutz ist an sich schon eine Selbstverständlichkeit, ist eine Überlebensfrage für uns alle, und es ist auch unsere Aufgabe, diese Selbstverständlichkeit immer wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung zu tragen. Dazu braucht es auch Regeln.

Eine dieser Regeln diskutieren oder debattieren wir heute hier in diesem Haus, nämlich die Novelle des bestehenden Klimaschutzgesetzes. Diese Novelle sieht unter anderem vor, dass künftig der Ausstoß von Treibhausgasemissionen in Sektoren eingeteilt wer­den soll beziehungsweise der Ausstoß an Treibhausgasen in diesen Sektoren eine festgeschriebene Höchstmenge nicht überschreiten darf. Die Einteilung beziehungs­weise Vorschreibung erfolgt in sechs Sektoren.

Das ist auf den ersten Blick ein scheinbar anerkanntes Vorhaben, wenn man sich das Ganze aber im Detail anschaut, dann kommt man schnell dahinter, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Und warum sage ich das jetzt so? – Ich werde das am Sektor Ge­bäude festmachen. Ich darf hier ein paar Stellungnahmen, die im Zuge des Begutach­tungsverfahrens eingelangt sind, anführen. So schreibt zum Beispiel das Bundesland Niederösterreich, ein ÖVP-regiertes Bundesland, zum Sektor Gebäude:

„Der Sektor Gebäude, der nur für rund ein Fünftel der Emissionen verantwortlich ist, weist im Entwurf gegenüber diesem Gesamteinsparziel von 16 % mit knapp 32 % ein doppelt so hohes Reduktionsziel auf. Dabei wird augenscheinlich nicht berücksichtigt, dass die Länder mit den Bauordnungen und den Wohnbauförderungen die Kyoto-Vor­gaben bereits eingehalten bzw. sogar übertroffen haben.“ Und weiter dann: „Vielfach werden Wohnbaufördermittel, die an zu strenge und aufwendige Energieeffizienzmaß­nahmen gekoppelt sind, von den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr angenom­men.“ – So die Stellungnahme aus Niederösterreich.

Und das, was man hier aus Niederösterreich schreibt, bedeutet in Wirklichkeit ja nur ei­nes, nämlich dass der Sektor Gebäude zwar für ein Fünftel der Emissionen verantwort­lich ist, gleichzeitig aber ein Drittel der Einsparungen bringen soll. Und es bedeutet zum Zweiten noch etwas, nämlich dass das Wohnen in seiner Gesamtheit, dass der Wohnbau schlussendlich durch überbordende Energieeffizienzmaßnahmen wieder teu­rer wird, und das sollte er, siehe Medien, laut Vorwahlgeplänkel ja nicht.

Ich darf auch aus der Stellungnahme des rot-grün geführten Bundeslandes Wien zitie­ren. Die Wiener Landesregierung schreibt ebenfalls zum Sektor Gebäude:

„Das für den Sektor Gebäude vorgeschlagene Reduktionsziel  ist mit unrealistisch hohen und aus heutiger Sicht höchstwahrscheinlich nicht finanzierbaren Anforderun­gen verbunden.“ – Dabei steht dann aber in den Erläuterungen beziehungsweise im Vorblatt ganz klar drinnen, dass dieses Gesetz keine finanziellen Auswirkungen hat.

Und weiter heißt es dann in der Stellungnahme: „Dabei haben die Länder mit Hilfe der ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente (Bauordnungen und Wohnbauförderun­gen)  im Gegensatz zu den meisten anderen Sektoren  die Kyoto-Vorgaben einge­halten bzw. sogar übertroffen. Nunmehr werden diese Vorleistungen aber nicht nur nicht anerkannt, sondern soll dieser Sektor mit weiteren überzogenen Anforderungen gleichsam ‚bestraft‘ werden.“ – So die Stellungnahme aus Wien.


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Ich darf dann auch noch, weil das immer wieder bemängelt wird, auf die Begutach­tungsfrist hinweisen. Völlig berechtigt kritisiert das Bundesland Niederösterreich eben die Kürze der Begutachtungsfrist. Der Kollege Schreuder hat das heute in einem an­deren Zusammenhang, ich glaube, es war im Verkehrsbereich, auch schon erwähnt. Also das dürfte nicht nur, Herr Minister, in Ihrem Ministerium so sein, sondern es trifft in Wirklichkeit schon fast alle, dass immer wieder in den Stellungnahmen bemängelt wird, dass die Begutachtungsfristen viel zu kurz sind. Daher ein völlig berechtigter Einwand.

Ich darf abschließend, geschätzte Damen und Herren, noch darauf hinweisen, dass ich jetzt nur die Stellungnahmen aus Niederösterreich und aus Wien genannt habe. Das Gesagte gilt allerdings für alle Bundesländer, die hier Stellungnahmen abgegeben haben: Niederösterreich, Wien, Burgenland, Steiermark, Tirol und so weiter. Sie alle lehnen dieses Gesetz ab. Herr Bundesminister, nicht einmal die Landwirtschaftskam­mer hält Ihnen in ihrer Stellungnahme die Stange. (Bundesrat Schreuder: Wir sind ei­ne Länderkammer!)

Geschätzte Damen und Herren, jetzt bringe ich es auf den Punkt: Wir Mitglieder dieses Hauses, geschätzte Damen und Herren Bundesräte, jeder Einzelne von uns sitzt hier herinnen, weil wir uns hier als Vertreter der Bundesländer befinden, gewählt und ent­sandt von den jeweiligen Landtagen, als Vertreter der Länder verpflichtet, an der Bundesgesetzgebung mitzuwirken, im Interesse des eigenen Bundeslandes. Und da­her kann es und sollte es und müsste es Pflicht für jeden hier herinnen sein, dieses Gesetz im Sinne des eigenen Bundeslandes abzulehnen! (Beifall bei FPÖ und Grü­nen.)

Wir Freiheitlichen kommen unserem Auftrag hier nach und werden diese Gesetzes­vorlage ablehnen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

14.30


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Reisinger. – Bitte.

 


14.30.27

Bundesrat Friedrich Reisinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Da­men und Herren! Wir beschließen heute eine Novelle zum Klimaschutzgesetz, bei der es darum geht, dass für die einzelnen Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft, Industrie und Energie, Gebäude, aber auch Abfallwirtschaft konkrete Ziele bezüglich der Ver­minderung von Emissionen festgelegt werden.

Damit wird in Österreich ein klares Klimaschutzziel strukturiert für die einzelnen Sek­toren definiert. Wenn man die einzelnen Sektoren genauer anschaut, dann sieht man, dass wir in Österreich relativ gut unterwegs sind, es aber dennoch in manchen Be­reichen einiges zu tun gibt. Positiv fällt beispielsweise die Entwicklung im Abfallbereich auf, wo wir auf einem sehr guten Weg sind. Nicht ganz so gut läuft es in den Sektoren Industrie und Verkehr. Das begründet sich aber durchaus mit der erfreulichen Ent­wicklung, dass sich unsere Wirtschaft wieder einigermaßen erholt hat, womit diese Überschreitungen auch zusammenhängen. Es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass da ein sehr enger Zusammenhang besteht.

Klimaschutz ist wichtig, und ich denke, wir brauchen mittlerweile keine Debatte mehr darüber zu führen, wie wichtig Klimaschutz ist. Aber man darf den Bogen der Be­lastungen für die Wirtschaft auch in dieser wichtigen Frage nicht überspannen. Es ist einfach wichtig und notwendig, dass unsere Betriebe und unsere Industrie auch wett­bewerbsfähig bleiben und damit Arbeitsplätze und Wohlstand gesichert sind. Es ist uns wenig geholfen, wenn Industriebetriebe dann mit ihrer Produktion vielleicht in Länder ausweichen, in denen weit niedrigere Standards bezüglich der Emissionswerte gelten als bei uns.


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Das müssen wir auch wissen: Europa und allen voran Österreich zählt wie in so vielen Fragen des Umweltschutzes auch in der Frage des Klimaschutzes im internationalen Vergleich zweifelsohne zu den Vorreitern. Das wurde heute auch schon vom Kollegen Dönmez bestätigt, und zwar in Bezug auf industrielle Produktion, dass Österreich ein Garant dafür ist, dass auch im Bereich des Umweltschutzes hohe Standards einge­halten werden. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.) Die großen Player wie China, Indien, die USA und Russland haben diesbezüglich keinerlei Verpflichtungen und da­durch natürlich auch Wettbewerbsvorteile.

Wie Sie wissen, ist die Bereitstellung kostengünstiger Energie ein wesentliches Stand­ortkriterium für viele Industriebereiche. Und auch da können wir durchaus auf den ös­terreichischen Weg stolz sein, wo es uns gelingt, den Anteil erneuerbarer Energie und damit umweltfreundlicher Energie kontinuierlich zu steigern und dennoch die Strom­preise sowohl für die Wirtschaft als auch für die Haushalte auf einem vernünftigen und leistbaren Niveau zu halten.

Andere Länder Europas gehen da einen anderen, wie ich meine, sehr bedenklichen Weg. Sie fordern jetzt, dass auch Atomenergie als erneuerbare Energie anerkannt wird und als solche auch gefördert werden darf. Ich bin sehr froh und sehr dankbar dafür, dass sich die österreichische Bundesregierung mit Bundesminister Mitterlehner, aber allen voran vor allem mit dir, Herr Bundesminister, gegen derartige Bestrebungen aus­gesprochen hat.

Geschätzte Damen und Herren, Klimaschutz muss ein gesamtgesellschaftliches An­liegen werden. Und mit dieser Novelle schaffen wir die Grundlage dafür, dass erstmals nicht nur ein einzelnes Ministerium für Klimaschutz zuständig ist, sondern auch alle an­deren von den betroffenen Sektoren Verantwortung tragen. So wird man ernsthaft auch darüber nachdenken müssen, wie die Problematik der ständig steigenden Umweltbe­lastung durch den Individualverkehr zu lösen ist. Für die Menschen in den ländlichen Regionen wird es immer schwieriger, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Regionale Zugverbindungen werden vielerorts eingestellt statt ausgebaut. Wenn es kein oder nur ein schlechtes Angebot gibt, dann kann es auch nicht angenommen werden.

Wenn wir von Klimaschutz reden, dann möchte ich aber auch auf eine durchaus na­türliche Ressource hinweisen, die wir in Österreich haben, und das ist unser hoher Waldanteil. Rund 47 Prozent der Landesfläche sind mit Wald bedeckt, und Bäume ha­ben die großartige Fähigkeit, sage ich einmal, CO2 in Form von Biomasse beziehungs­weise in Form von Holz zu speichern und auch zu binden. Das heißt, durch die ver­stärkte Verwendung von Holz als Baustoff, aber auch als Energieträger können wir einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, weil nämlich beim Verbrennen von Holz nur jenes CO2 freigesetzt wird, welches vorher beim Wachsen aufgenommen und gespeichert wurde. Energie aus Biomasse ist daher nicht nur erneuerbar, sondern wird auch als CO2-neutral bezeichnet, das im Gegensatz zu fossiler Energie wie Öl oder Kohle kein zusätzliches CO2 freisetzt.

Es darf auch erwähnt werden, dass Österreich im Bereich der Nutzung von Biomasse aufgrund sehr umsichtiger und vernünftiger Rahmenbedingungen europaweit vorbild­lich unterwegs ist. Denken Sie nur an das weltweit modernste Biomassekraftwerk hier in Wien-Simmering, an die Aktivitäten in Güssing oder auch an die vielen regionalen mittleren und kleineren Biomasseheizwerke!

Sehr geehrte Damen und Herren, wie gesagt: Klimaschutz ist ein höchst wichtiges und notwendiges Anliegen. Wir brauchen daher einen noch stärkeren Ausbau erneuerbarer Energieträger, eine attraktive Gestaltung des öffentlichen Verkehrs, aber auch neue Formen der Mobilität und vor allem auch eine wesentliche Steigerung der Energieeffi­zienz bei den Gebäuden.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 105

Ich glaube, dass Österreich damit auf dem richtigen Weg ist, dass vieles bereits auf Schiene ist und dass diese Novelle des Klimaschutzgesetzes ein wesentlicher Schritt zur Erreichung des Klimaschutzzieles ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bun­desräte Dönmez und Ebner.)

14.37


Präsident Edgar Mayer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Schrey­er. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.37.28

Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe neue Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Ich freue mich sehr auf meine Arbeit im Bundesrat und darauf, als grüne Bundesrätin das Land Tirol hier im Bundesrat, in die­sem Gremium vertreten zu dürfen.

Ich möchte meine erste Rede im Bundesrat auch gerne als Anlass nehmen, um mich kurz vorzustellen. Ich bin Biologin, meine Schwerpunkte liegen bei der Gewässeröko­logie und im Naturschutz, und ich bin bisher vor allem im Naturschutz und Umwelt­schutz tätig gewesen: im NGO-Bereich, in der Forschung und im öffentlichen Bereich. Diesen Themen möchte ich mich auch im Bundesrat, in diesem Gremium verstärkt wid­men.

Ich werde auch heute zu den Tagesordnungspunkten aus dem Umweltbereich spre­chen, damit ich gleich mit meinen Kernthemen beginne. Umso mehr bedaure ich es na­türlich, dass heute, einen Tag nach dem Weltumwelttag, der Nationalratsbeschluss zur Änderung des Klimaschutzgesetzes vorliegt, den wir Grünen leider ablehnen müssen.

In der vorliegenden Novelle werden, wie meine Vorredner auch schon gesagt haben, Reduktionsziele sektoral aufgeteilt, um die Treibhausgasemissionen für 2013 bis 2020 festzuschreiben. Die Sektorziele gehen allerdings teilweise sogar hinter die schon er­reichten Ziele zurück. Von „ambitioniert“ kann also nicht einmal ansatzweise die Rede sein.

Im Verkehrsbereich wird ein Plus von 66 Prozent im Vergleich zu 1990 erlaubt sein. Im gesamten Klimaschutzgesetz sind es einfach die mangelnde Verbindlichkeit und die mangelnde Klarheit der Umsetzungsmöglichkeiten, die ein Hemmschuh sind – sowohl was die Zuständigkeit als auch was die Zielsetzung betrifft.

Im Bericht des Umweltausschusses steht sogar wortwörtlich – und ich darf jetzt zi­tieren :

„Eine weitergehende ‚Umsetzung‘ der Höchstmengen ist im KSG selbst nicht vorgese­hen.“ Und weiter: „Unmittelbare Auswirkungen auf die Entwicklung der Treibhausgas­emissionen in Österreich und auf den Bundeshaushalt gehen davon nicht aus.“ – Hm!

Das finde ich jetzt ein bisschen komisch, denn wovon sollte es sonst ausgehen, wenn nicht vom Klimaschutzgesetz?! Das sagt einfach schon sehr viel über den Stellenwert des Klimaschutzes in Österreich aus.

Auch die Transparenz der Gremien und die Berichtlegung sind nicht in genügendem Maße gegeben.

Der Klimawandel ist aber für die Österreicher und Österreicherinnen ein großes The­ma, und die Fortschritte – oder in diesem Fall natürlich auch Rückschritte – müssen für die BürgerInnen deutlicher sichtbar sein.

Mein Vorredner, Herr Reisinger, hat die Vorreiterrolle Österreichs im Umweltschutz an­gesprochen. Ich möchte hier, an dieser Stelle noch einmal ganz kurz einbringen, dass Österreich das Klimaschlusslicht in der EU ist und als einziges EU-Land die Kyoto-


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Ziele nicht erreicht hat. Statt der 13 Prozent Einsparungen an CO2-Emissionen ge­genüber 1990 liegen wir bei einem Plus von 8 Prozent. (Zwischenruf des Bundesra-
tes Preineder.)

Wir Grünen möchten einfach, dass Österreich endlich diese rote Laterne im Klimaschutz abgibt. Es braucht dazu einfach ein wirklich echtes Bekenntnis zum Klimaschutz in Ös­terreich! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Dazu braucht es konkrete Klimaschutzmaßnahmen in Österreich – im Bund und in den einzelnen Bundesländern –, mit Kontrollen der Zielerreichung, mit Nachbesserungs­pflicht und auch mit konkreten Sanktionen bei Nichterreichung. So können wir es viel­leicht schaffen, dass wir eben diese rote Laterne abgeben und sogar das Gelbe Trikot im Klimaschutz ergattern. (Beifall bei den Grünen.)

14.41


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Wilhelm zu Wort. – Bit­te, Herr Kollege.

 


14.41.19

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schon heute ist der Klima­wandel bittere Realität, und die Auswirkungen des Klimawandels sind eigentlich nicht mehr zu übersehen. Millionen Menschen sind von den Auswirkungen des Klimawan­dels, wie Dürren oder Fluten, schon heute betroffen. Man braucht nur den Fernseher aufzudrehen, dann sieht man, was los ist.

Das Ziel, die Treibhausgas-Emissionen zu senken, ist gut, mitunter auch jenes, das
2-Grad-Ziel zu erreichen – das heißt, dass der Anstieg der globalen Temperatur auf unter 2 Grad begrenzt wird. Dazu brauchen wir aber Bündnispartner, auch auf interna­tionaler Ebene. Warum? – Kollege Reisinger hat es vorhin schon angesprochen: Au­ßerhalb Europas kümmert sich kaum jemand um den Umweltschutz, und man hört immer mehr von der Industrie, von der Wirtschaft, dass sie den Industriestandort Öster­reich verlassen und ihre Unternehmen in Ländern ansiedeln, die keine so hohen Um­weltauflagen haben. Ursache ist nicht die Existenz von Umweltauflagen an sich, son­dern es ist die Tendenz, dass die Einhaltung von europäischen Umweltauflagen tech­nisch nicht mehr möglich ist und die Energiekosten immer weiter erhöht werden, wäh­rend sie in anderen Regionen sinken.

Ich habe hier ein gutes Beispiel, nämlich die voestalpine: Die Linzer haben den um­weltfreundlichsten Hochofen der Welt mit dem geringsten Schadstoffausstoß. Es ist mit dem heutigen Stand der Technik eigentlich nicht mehr möglich, eine weitere Reduzie­rung der Schadstoffe zu erreichen. Dieses Unternehmen, die voestalpine, investiert jährlich 300 Millionen € in Umweltkosten. Weitere 130 Millionen € kommen jährlich hin­zu für Sektoren wie Abfallwirtschaft, umweltschonende Arbeitsprozesse sowie effizien­te Energieerzeugung. Da ist aber nicht nur die voestalpine, es gibt sicher eine Vielzahl von Firmen in Österreich, denen das Thema Umwelt und Energie ebenso nahesteht und die ebenfalls laufend in die Betriebe investieren.

Wir alle hier sind uns sicher einig, dass Umweltschutz ein zentrales Thema unserer Zeit ist, aber man soll das auch global betrachten und nicht jene bestrafen, die bereits jetzt in hohem Maß in den Umweltschutz investieren.

Von 100 Prozent CO2-Austritt weltweit kommen 14 Prozent aus Europa, und mit diesen 14 Prozent können wir leider die Welt nicht retten. Die österreichische Energiestrategie sieht vor, den Energieverbrauch auf dem Niveau von 2005 zu stabilisieren, den Anteil erneuerbarer Energien auf 34 Prozent zu erhöhen und die Energieeffizienz um 20 Pro­zent zu steigern. Es wird jetzt an den Ländern, am Bund und an den einzelnen Sekto­ren liegen, die vorgegebenen Ziele zu erfüllen.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 107

Österreich leistet seinen Beitrag und hat einen weiteren Schritt in Richtung Verbes­serung des Klimaschutzes gesetzt. Trotz allem brauchen wir Bündnispartner auf inter­nationaler Ebene. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.44


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster ist Herr Bundesrat Preineder zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.44.26

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Teile von Öster­reich versinken im Hochwasser. Das Hochwasser 2002 wurde als „Jahrhunderthoch­wasser“ bezeichnet, jetzt, nur elf Jahre später, gibt es das nächste „Jahrhunderthoch­wasser“. Die Klimaforscher haben also recht: Es gibt eine Zunahme von extremen Kli­maereignissen, und Klimaschutz ist damit eine der massivsten weltweiten Herausforde­rungen.

Österreich hat sich in diesem Bereich schon immer hohe Ziele gesetzt, das manifestiert sich auch in diesem Gesetz, da wir in der Periode von 2013 bis 2020 ein Minus von 16 Prozent erreichen wollen.

In diesem Gesetz sind drei Kerninstrumente beinhaltet: zum einen die im Vordergrund stehenden Sektorziele, die Maßnahmenprogramme und die Kosten bei der Zielverfeh­lung. – Heute geht es konkret um die Sektorziele und da auch um die Einbindung der Bundesländer bei der Umsetzung. Und wenn Herr Kollege Brückl meint – wo ist er? (Bundesrat Brückl – von seinem Sitzplatz –: Da!) –, dass die Stellungnahmen eine Ab­lehnung bedeuten, dann, muss ich Ihnen sagen, verkennen Sie das Wesen von Stel­lungnahmen, denn Stellungnahme heißt: Wunsch nach Teiländerungen (Bundesrat Je­newein: Niederösterreich nicht!) beziehungsweise eine Erklärung, was man vielleicht noch verbessert haben will, aber das ist noch lange keine Ablehnung. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. – Bundesrat Jenewein – in seinen Unterlagen nachlesend –: Wird abgelehnt, steht da!)

Es geht uns – darauf wurde schon hingewiesen – darum, diese Klimaziele, die CO2-Belastung für Sektoren festzuschreiben, seien es die Abfallwirtschaft, der Energie- und Industriebereich, die fluorierten Gase, die Gebäude, die Landwirtschaft und vor allem der Bereich des Verkehrs. Und auch dort gibt es entsprechende Wechselwirkungen, die immer wieder zu berücksichtigen sind.

Als Vertreter der Landwirtschaft darf ich auch darauf hinweisen, dass gerade im Be­reich der Erreichung der Klimaziele der Land- und Forstwirtschaft eine große Bedeu­tung zukommt, weil durch den Einsatz von Biotreibstoff – und wir könnten diesen auch noch ausbauen – entsprechend CO2 gespart wird, vor allem im wesentlich wachsenden Sektor Verkehr, weil durch den Einsatz von Biomasse aus der Forstwirtschaft im Be­reich Energie und Gebäude CO2 gespart wird und weil Holz als Baustoff auch zu einer Einsparung von Energie und von CO2 beiträgt.

Die Landwirtschaft hat viele Möglichkeiten, erneuerbare Energie zur Verfügung zu stel­len, aber auch die anderen Formen sollten entsprechend genutzt werden, sei es die Solarenergie, sei es die Windenergie – natürlich entsprechend sinnvoll geregelt. In Nie­derösterreich ist derzeit gerade ein Raumordnungsprogramm „unterwegs“, in dem man sich damit beschäftigt, wo Anlagen für Windenergie hinpassen und wo sie aus Land­schaftsgründen eher nicht hinpassen.

Ich glaube, gerade an Tagen wie diesen werden uns die Aufgabe und die Wichtigkeit des Klimaschutzes vor Augen geführt. Wir haben in diesem Bereich nicht die rote La­terne, sondern wir schalten die Ampel auf Grün und stimmen dem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Ebner.)

14.47



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 108

Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlako­vich zu Wort. – Bitte, Herr Minister.

 


14.47.49

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben zur Stunde ein katastrophales Hochwasser in großen Teilen Österreichs, und auch wenn sich die Situation leicht zu entspannen beginnt, ist es doch so, dass der Schaden immens und mit menschlichem Leid verbunden ist, weil Menschen ihr Leben verloren haben, und unser Mitgefühl gilt den Angehörigen in die­ser schweren Stunde.

Gleichzeitig gibt es aber auch große Solidarität im ganzen Land: Tausende Feuerwehr­leute, Polizisten, Rot-Kreuz-Helfer, Bundesheerangehörige, aber auch viele freiwillige Helfer, die zusammenarbeiten, die vor Ort helfen. Das ist etwas, was man immer wie­der bei kleineren oder größeren Hochwässern oder Naturkatastrophen sieht, nämlich dass die Menschen zusammenstehen. – Ihnen allen gebührt großer Dank: all diesen Menschen, die nicht auf die Uhr schauen, die nicht auf den Beruf schauen, helfen, wo Hilfe möglich ist, und dafür danken wir ausdrücklich! (Allgemeiner Beifall.)

Ein Hochwasser für sich ist kein Beweis für den Klimawandel, aber die Wissenschaft sagt es schon lange: Die Häufigkeit der extremen Wetterereignisse nimmt zu, eben Hochwasser, deren Intensität auch am flachen Land – ich komme selbst aus einem Trockengebiet mit 500 Millimetern Niederschlag, aber wir stellen fest, dass es oft 200 bis 300 Liter in zwei Tagen regnet und dann auch dort, in flachen Regionen, mit großen Hochwässern zu rechnen ist –, Dürren und anderen Katastrophen. Und man muss kein Apokalyptiker sein, sondern Tatsache ist, dass die Wissenschaft schon lange davor warnt, aber viele das Thema nicht ernst nehmen, und zwar weltweit nicht, aber auch nicht in Österreich.

Die weltweiten Klimaschutzverhandlungen sind sehr zäh, da geht es um riesige Macht­interessen. Mittlerweile sind einige der wenigen, die den Klimaschutz in der Welt noch ernst nehmen, die Europäische Union – wir sind für rund 11 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich – und ein paar andere Industriestaaten, die hier mittun – also in Europa, aber außerhalb der EU: die Schweiz, Norwegen.

Andere Länder beginnen sich aber zu verabschieden: Kanada ist aus dem Kyoto-Pro­tokoll ausgestiegen, Australien ist skeptisch, Japan ist skeptisch und so weiter. Auf der großen Weltbühne setzen zwar die Entwicklungsländer, also die Länder, die am stärks­ten betroffen sind, wenn ganze Inselstaaten von der Oberfläche der Erde verschwin­den, weil der Meeresspiegel steigt, aber auch die Menschen, die durch die Dürren in Afrika und im asiatischen Raum wirklich Not leiden – jetzt schon und in Zukunft –, auf Europa, aber die großen Player bei den Treibhausgasen spielen da nicht mit. China – mittlerweile der größte Emittent von Treibhausgasen –, die USA, Indien, Brasilien, all die großen Player tun da nicht mit.

Wir haben aber bei der UNO-Klimakonferenz erreicht – und die Vereinten Nationen wollen das –, dass es einen Weltklimaschutzvertrag gibt. Wir als Europäische Union wollen ein Legally Binding Agreement, also einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag. Wir haben erreicht, dass dieser jetzt bis 2015 ausgearbeitet werden soll und dann 2020 Rechtskraft erlangt. Das ist ein sehr zäher und mühevoller Prozess, aber es gibt keine Alternative dazu, denn die Menschen in Österreich sagen zu Recht: Was sollen wir kleine Österreicher tun, wenn die Chinesen, Amerikaner und Russen nichts tun? – In Wahrheit müssen alle ihren Beitrag dazu leisten. Daher ist unsere Strategie klar: Wir wollen einen Weltklimaschutzvertrag.

Das bedeutet aber auch, dass wir unsere Aufgaben erfüllen müssen. Auch in Öster­reich ist zu wenig getan worden. Österreich ist in Kyoto 1997 ein sehr ehrgeiziges Ziel


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 109

eingegangen, und dann ist in den Folgejahren zu wenig geschehen, denn sonst wür­den wir unser Kyoto-Ziel erreichen. Die Kyoto-Periode ist 2012 zu Ende gegangen.

Da Sie, Herr Bundesrat Brückl, von den Bundesländern gesprochen haben: Es gibt kei­nen Bundesländer-Klimaschutz, keinen Gemeinde-Klimaschutz, es gibt nur einen Kli­maschutz insgesamt. Das ist eine solidarische Frage, keine parteipolitische Frage. Das ist eine simple Überlebensfrage für uns und für den Rest der Welt – angesichts dieser Hochwässer muss uns das klar sein –, und daher haben wir aus den Erkenntnissen von Kyoto heraus gehandelt.

Das Ziel war extrem ambitioniert. Es ist ein bisschen so, als ob man sagen würde, Ös­terreich wird Fußball-Weltmeister. – Da wird auch jeder sagen: Ja, das ist super!, aber da fehlt eben noch ein bisschen etwas. (Bundesrat Jenewein: Wir wissen, dass wir es nicht schaffen!) Und beim Klimaschutz war es genau so, leider. In Sonntagsreden wird zwar viel von Klimaschutz geredet, aber dann zu wenig getan. Daher haben wir die Lehren daraus gezogen, und deswegen gibt es dieses Klimaschutzgesetz: weil eben für den Klimaschutz bisher – 2011 haben wir das Klimaschutzgesetz beschlossen, jetzt liegt eine Novelle vor – zu wenig getan wurde.

Mir war es wichtig, die Bundesländer ins Boot zu bekommen, und ich habe drei Jahre verhandelt. Ich könnte aus der Schule plaudern, wer da aller intern plötzlich nicht so sehr für den Klimaschutz ist – das ist keine parteipolitische Frage, das geht quer durch. Es ist gelungen, die Bundesländer ins Boot zu bekommen, und seit 2011 ist der Klima­schutz verbindlich, nämlich dass die Bundesstellen und die Bundesländer gemeinsam in eine Richtung Klimaschutz machen.

Österreich ist nach Großbritannien der zweite Staat in Europa, der überhaupt ein Kli-maschutzgesetz hat. Der grüne Umweltminister von Nordrhein-Westfalen hat mich zu Jahresbeginn kontaktiert und gesagt, er hätte gern unser Gesetz, weil sie das über­nehmen – also in angepasster Form in ihrem Land machen – wollen. Aber hier geht es jetzt nicht um Selbstberühmung.

Wir müssen im Klimaschutz besser werden, wir müssen uns steigern. Wir haben Kyoto abgeschlossen. – Übrigens eine interessante Vergleichszahl: Vor Kurzem hat das sta­tistische Amt der Europäischen Union die Zahlen präsentiert. Im Jahr 2012, also im letzten Jahr der Kyoto-Periode, sind in der Europäischen Union die CO2-Emissionen um 2,1 Prozent zurückgegangen, in Österreich um 4,6 Prozent. Ich sage das deswe­gen, weil wir auf dem richtigen Weg sind und wir das als Motivation nehmen sollten.

Wieso entstehen Treibhausgase? – Durch die Verbrennung von Öl, Kohle und Gas, durch die fossilen Energieträger. Die Atomkraft geht für uns gar nicht – Bundesrat Rei­singer hat es erwähnt. Auf der europäischen Ebene wird die Technologieneutralität dis­kutiert: ein nettes Wort, und in Wahrheit heißt das, über die Hintertür soll die Atomkraft salonfähig gemacht werden, weil sie eben kein CO2 emittiert – was zwar richtig ist, aber trotzdem ist das kein Weg. Es kann nicht sinnvoll sein, mit Atomkraft Klimaschutzziele erreichen zu wollen (demonstrativer Beifall des Bundesrates Dönmez), wenn man dann am Schluss einen atomaren Restmüll hat, wo es doch gar kein Endlager gibt. Al­so das geht nicht.

Daher: Weg von den fossilen Energieträgern hin zu den erneuerbaren Energieträgern! Energieautarkes Österreich als Vision, die Realität werden kann; das ist bis 2050 möglich. Da müssen wir konsequent dranbleiben. Wir haben auch ein Programm auf­gestellt, weil ich in ganz Österreich Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aller politi­schen Couleurs getroffen habe, die gesagt haben: Ich will in meiner Gemeinde auch energieautark werden. – Dieses Programm läuft seit mehreren Jahren, und wir haben mittlerweile 106 Regionen in ganz Österreich, und die Hälfte der österreichischen Ge­meinden sind in derartigen Klima- und Energiemodell-Regionen organisiert.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 110

Ich bedanke mich ausdrücklich bei den innovativen Kommunalpolitikern, die sagen, wir verändern Österreich von Grund auf und richten uns sozusagen auf eine kohlenstoff­arme Wirtschaft aus, die ja Arbeitsplätze schaffen soll – das soll ja auch mit der Wirt­schaft Hand in Hand gehen –, ein ökologisches Zusammenleben, für kommende Gene­rationen. Da bleiben wir dran!

Jetzt gibt es diese Novelle. – Wir sind in einer neuen Klimaschutzperiode, nämlich je­ner von 2013 bis 2020, und da sind wir die einzige Region der Welt, die überhaupt Kli­maschutzziele hat, nämlich die 2020er Ziele. Und es ist nicht so, Frau Bundesrätin Schreyer – das wird von grüner Seite immer wieder propagiert –, dass wir jetzt mehr Treibhausgase hinausblasen. Es ist so: Der Zeitraum der Betrachtung sind die Jah­re 2008/09/10, und von dieser Basis her reduzieren wir Jahr für Jahr die Treibhausgas-Emissionen in allen Sektoren. Das ist die Herausforderung dieses Gesetzes gewesen.

Bisher war es so, dass sich viele absentiert haben – der Verkehr zum Beispiel, einer der größten Treibhausgas-Emittenten. Und die Errungenschaft dieses Gesetzes ist jetzt, dass jeder einzelne Sektor – Verkehr, Energie, Gebäude, Landwirtschaft, Ab­fallwirtschaft – einen Pfad hat, wie man reduzieren muss, gesetzlich verbindlich. Wenn Sie zustimmen, legen Sie diesen Sektoren die Latte. (Bundesrat Brückl: Und wenn sie es nicht tun?) Diese Ziele müssen sie erreichen, es haben sich alle im Bund und in
den Bundesländern dazu verpflichtet, damit wir einen Pfad haben, mit dem wir im Jahr 2020 unsere Klimaschutzziele erreichen. Wenn wir mehr schaffen, ist es noch besser.

Das erreichen wir mit dieser Novelle: dass Bund und Bundesländer in eine Richtung marschieren und wir die nächsten Ziele vorgeben, denn das Ziel muss für Österreich sein – wir sind ein Umweltmusterland –, dass wir auch im Klimaschutz besser werden und uns steigern, dass wir mit dabei sind.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen ganz aktuell Folgendes berichten – ein Dan­ke auch an die Bundesländer, denn eine Säule ist das Klimaschutzgesetz, die zweite ein Maßnahmenpaket, wie wir das erreichen, und die dritte der Verantwortlichkeitsme­chanismus –: Wir haben am Dienstag im Ministerrat das Maßnahmenpaket beschlos­sen, wo wir, die Bundesstellen mit den Bundesländern, Maßnahmen vereinbart haben, wie wir Klimaschutzziele für alle Sektoren erreichen: den Verkehr, die Industrie, Wirt­schaft, die Energie, die Landwirtschaft, die Raumwärme, den Gebäudesektor. Und da haben wir uns in langen Verhandlungen mit den Bundesländern darauf verständigt, dieses Maßnahmenpaket umzusetzen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es geschieht etwas Konkretes und es ist wichtig, dass wir das erreichen, denn eine Konsequenz aus diesem Hochwasser muss neben der Errichtung von Schutzbauten und Ähnlichem sein, dass wir das Klima schützen und damit langfristig derartige Naturkatastrophen hintanhalten, reduzieren oder viel­leicht gar verhindern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.57


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 111

14.57.3217. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert und das Bundes­gesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird (2252 d.B. und 2314 d.B. sowie 8994/BR d.B.)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemika­liengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirtschaftsge­setz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2290 d.B. und 2315 d.B. sowie 8973/BR d.B. und 8995/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Umweltförderungsgesetz, das Emissionszertifikategesetz 2011, das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Umweltmanagementgesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013) (2292 d.B. und 2316 d.B. sowie 8974/BR d.B. und 8996/BR d.B.)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrieemissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden (2293 d.B. und 2317 d.B. sowie 8997/BR d.B.)

 


Präsident Edgar Mayer: Nunmehr kommen wir zu den Punkten 17 bis 20 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 17 bis 20 ist Frau Bundesrätin Ebner. Bitte um die Berichte.

 


14.58.21

Berichterstatterin Adelheid Ebner: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Berichte des Umweltausschusses zu den zur Debatte vorgesehenen Be­schlüssen des Nationalrates liegen in schriftlicher Form vor, daher beschränke ich mich auf die Antragstellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlagen am 4. Juni 2013 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Frau Kollegin Ebner.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Jenewein. – Bitte.

 


14.58.51

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich möchte, bevor ich in die Details gehe, grundsätzlich etwas sagen: Wir haben da – wenn ich mich jetzt in der Kürze der Zeit nicht verzählt habe – an die 16 Gesetze,


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 112

die unter einem verhandelt werden. Ich tue mir jetzt ein bisschen schwer: Ich bin als Kontraredner eingeteilt, es gibt aber Gesetze, wo wir zustimmen werden, und die sind eigentlich allesamt nicht so unwichtig, als dass wir sie links liegen lassen und sagen könnten, da gehen wir in Bausch und Bogen drüber und sagen etwas dazu – oder eben auch nicht. Es bleibt mir aber nichts anderes übrig, weil die Redezeit gar nicht ausreichen würde.

Zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, das geändert werden soll: Es geht hier konkret um den § 3a Abs. 8 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes.

Da haben wir ein bisschen den Eindruck, dass es sich hier auch um eine Form von An­lassgesetzgebung handelt. Denn im Endeffekt war der Anlass ein Vertragsverletzungs­verfahren wegen der Erweiterung des Pitztaler Gletschers. Vielleicht nimmt die Kollegin von den Grünen dann nachher dazu Stellung, denn das wäre ja quasi aufgelegt, Sie kommen ja aus Tirol.

Das ist auch etwas, womit ich nicht sehr einverstanden bin. Bei dem Versuch, das Ge­setz zu reparieren, wird dieses so geändert, dass man sich dann in weiterer Folge bei Adaptierungen von Industrieanlagen an den Stand der Technik nicht mehr auf diesen Paragraphen beziehen kann, wenn es notwendig ist. Ursprünglich haben wir uns ja schon etwas dabei gedacht. Das kann einen erheblichen Mehraufwand von Zeit zur Folge haben, das kann auch einen erheblichen Mehraufwand von Geld zur Folge ha­ben, weil dann die UVP ja von Haus aus wieder gemacht werden muss, auch wenn es sich um Adaptierungen handelt.

Im Ausschuss wurde uns dazu gesagt, das ist noch nie vorgekommen. Das mag so sein. Es heißt aber nicht, dass das nicht vorkommen kann. Wenn man den Pitztaler Gletscher als Anlassfall nimmt, dann ist das etwas eigenartig.

Bei einem weiteren Punkt geht es um die Anpassung des Emissionszertifikategeset­zes, und zwar um die Erfassung von außereuropäischem Flugverkehr. Da werden wir aus grundsätzlichen Überlegungen dagegen stimmen, weil nämlich diese Emissions­zertifikate schon in der Vergangenheit nicht unbedingt gezeigt haben, dass sie wirklich dazu geeignet sind, CO2-Emissionen zu verhindern. Ganz im Gegenteil, wenn Sie sich die Arbeit machen und die einschlägigen Zeitungsberichte einmal durchlesen, und da finden Sie sehr viele, dann werden Sie sehen, dass sich bei diesem Emissionshandel eigentlich eine riesengroße Schattenwirtschaft etabliert hat.

Die Agence France-Presse schreibt da zum Beispiel, der Emissionshandel in seiner jetzigen Form sei eine Gelddruckmaschine für die energieintensive Industrie. Das heißt, es ist nichts anderes als ein Ablasshandel, wo man sich freikauft. Es hat sich in der Vergangenheit schon gezeigt, dass hier der Markt überschwemmt wurde. Man be­ruft sich heute darauf, ja, diese Entwicklung hat es eben wegen der Wirtschaftskrise gegeben. Aber bereits im Jahr 2005, da war von Wirtschaftskrise noch überhaupt keine Rede, hat es diese Entwicklung gerade beim Emissionshandel gegeben.

Ein kleines Beispiel sei mir abschließend noch vergönnt. Ich habe es schon im letzten Jahr bei einem ähnlichen Bericht erzählt. Dies, weil der Herr Bundesminister in seiner vorhergehenden Stellungnahme zum Klimaschutzgesetz erwähnt hat, dass Kanada ausgestiegen ist und Australien ein bisschen im Wiglwagl ist, die wissen nicht so ge­nau, ob sie bei Kyoto dabei bleiben sollen oder nicht. Gerade die Australier haben im Juni 2011 einen hochinteressanten Parlamentsbeschluss gefasst. Da ging es nämlich um den Abschuss von Kamelen, die dort verwildert sind. Für diese Abschusszahlen wollten sie dann CO2-Zertifikate auflegen und diese dann in weiterer Folge verkaufen.

Das sind genau die Punkte, wo ich sage, da werden Sie wahrscheinlich niemanden fin­den, der das in irgendeiner Form inhaltlich nachvollziehen kann. Das ist nichts anderes als ein riesiger Schmäh. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.) Man braucht es nicht wirklich nachvollziehen zu können.


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Im Endeffekt ist man wahrscheinlich – und das ist vielleicht auch der Grund, warum die Australier jetzt doch aussteigen wollen – draufgekommen, das funktioniert leider nicht mit den Zertifikaten. Warum? – Weil da einfach ein CO2-Ausstoß bei den Tieren ist. Genauso wie bei den Kühen bei uns auf der Alm, da gibt es auch einen CO2-Ausstoß. Wir schießen sie allerdings nicht ab und legen dafür auch keine Zertifikate auf. Die Australier haben das versucht. Gott sei Dank sind sie mittlerweile wieder davon abge­kommen.

Was will ich damit sagen? – Das bringt solche Stilblüten in dieser Debatte, wo man sich ernsthaft die Fragen stellen muss, ob dieser Zertifikatshandel wirklich das richtige Instrument dafür ist und ob der Ablasshandel in Wahrheit nichts anderes ist als eine Förderung, wo man versucht, Gelder aus den Industriestaaten in jene Staaten zu trans­ferieren, die die Gelder brauchen. Auch darüber könnte man reden, aber dann sollte man das ehrlich machen. Dann sollte man ganz einfach sagen, das ist eine Form von Entwicklungshilfe. Und wenn das eine Form von Entwicklungshilfe ist, wo man nicht für irgendwelche notleidende Menschen Kühlschränke organisiert und die dann in die Wüste stellt, sondern wenn das wirklich eine Entwicklungshilfe ist, wo man versucht, mit diesen Geldern eine Industrie, wirtschaftliche Grundlagen aufzubauen, dann kann man ja darüber reden und dann ist ja das vielleicht durchaus auch förderungswürdig.

Wenn man das Ganze so über die Hintertür zu machen versucht, dann ist das gelinde gesagt nicht wirklich der Weg, den wir uns vorstellen. Deshalb lehnen wir zumindest dieses Gesetz ab. Bei einem anderen werden wir zustimmen.

Ich werde dann vielleicht später noch bei einem anderen Tagesordnungspunkt – wir haben ja heute noch die Gelegenheit, mit dem Umweltminister zu sprechen – auf an­dere Punkte eingehen, nämlich dann im Zuge des Berichts über den Vorhabensbericht der EU. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.05


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Temmel. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.05.29

Bundesrat Walter Temmel (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zu­seher! Der Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird, steht im Zusammenhang mit der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das neue Bundesverwaltungsgericht soll Anfang 2014 den Umweltsenat als Rechtsmittelinstanz in UVP-Verfahren ablösen und die reibungslose Überführung der laufenden Verfahren in UVP-Angelegenheiten absichern.

Da das Bundesverwaltungsgericht künftig für Beschwerden gegen alle Entscheidungen nach dem UVP-Gesetz 2000 zuständig ist, wird mit einer Erhöhung der Zahl der Ver­fahren gerechnet, zugleich aber mit einer Verkürzung der Verfahrensdauer durch den Einsatz hauptberuflich tätiger Verwaltungsrichter.

Weiters werden durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz das Emis­sionszertifikategesetz, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz, das Altlastensanierungs­gesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert. Dabei wird im Wesentlichen der administrative Instanzenzug abgeschafft, und die Bescheide kön­nen in Zukunft nur bei einem Verwaltungsgericht angefochten werden.

Ein Punkt, der mir als Bürgermeister sehr wichtig ist, ist, dass im Rahmen des Umwelt­rechtsanpassungsgesetzes notwendige Investitionen in Wasserversorgung und Ab-


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wasserversorgung durch zusätzliche Fördermittel von 45 Millionen € für 2013 und von 100 Millionen € für 2014 abgesichert werden. Deshalb ein recht herzlicher Dank dir, lieber Herr Minister, und allen deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Gerade die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft hat wichtige volkswirtschaftliche Effekte. Sie erhöht die Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand, steigert die Wert­schöpfung, belebt den Arbeitsmarkt, sichert die Lebensqualität und Attraktivität des Tourismus- und Wirtschaftsstandortes und verbessert den ökologischen Zustand der Gewässer.

Derzeit haben bereits 72 Prozent der Gewässer in Österreich eine gute beziehungs­weise sehr gute Wasserqualität.

Bei der Änderung im Abfallwirtschaftsgesetz und Altlastensanierungsgesetz geht es um Änderungen und Erweiterungen des Anlagenrechtes, insbesondere um die Veröf­fentlichung von Genehmigungen und die Anpassung an den Stand der Technik.

Großes Danke an alle, die bei diesen Gesetzen mitgearbeitet haben, natürlich dir, Herr Minister, mit all deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Selbstverständlich werden wir diesen Gesetzen unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bun­desräten der SPÖ.)

15.08


Präsident Edgar Mayer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Schrey­er. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.08.25

Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mein Vorredner, der Herr Jenewein, hat es gerade angesprochen, unter diesen Punkten sind 15 Gesetzesmaterien zusammengefasst. Deswegen habe ich mir nur einige Punkte herausgenommen, die ich gerne hier im Gremium ansprechen möchte. Über die Sinnhaftigkeit oder Nicht-Sinnhaftigkeit von CO2-Zertifikaten könnte ich mich jetzt auch stundenlang auslassen.

Ich habe den Punkt Transparenz und Partizipation gewählt, denn Umweltschutz hat sehr viel mit Transparenz und Partizipation zu tun, weil es einfach uns alle als Öster­reicherinnen und Österreicher betrifft. Die Auswirkungen von Maßnahmen und Projek­ten sind oft sehr weitreichend. Und besorgte Bürgerinnen, NGOs, Bürgerinitiativen müs­sen einfach die Möglichkeit haben, ihre Bedenken vorzubringen. Und das ist in den Gesetzen, die diesen Tagesordnungspunkten zugrunde liegen, sehr oft nicht gegeben. Dies zieht sich durch alle Materien durch.

In Tagesordnungspunkt 17, in der UVP-Novelle, wurden die Aufsichtsrechte, also die Möglichkeit der Aufhebung von Genehmigungen infolge einer Umweltverträglichkeits­prüfung wegen wesentlicher Umweltschäden, auf Antrag der NGOs und Bürgerinitia­tiven nicht ausgebaut. Das ist nämlich der Bereich, wo sich diese Organisationen na­türlich stark einbringen.

Ein Riesenpunkt im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz ist für mich, das Fortbe­triebsrecht bei Aufhebung von Umweltverträglichkeitsprüfungsbescheiden durch den Verwaltungsgerichtshof bleibt.

Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid aufhebt, darf noch bis zu ei­nem Jahr weitergebaut werden, obwohl es keinen gültigen Bescheid mehr gibt.

Das Energieeffizienzgebot ist nicht drinnen.

Durch Tagesordnungspunkt 18 zieht sich die teilweise fehlende Parteienstellung der NGOs durch, die laut Gesetz drinnen stehen müsste. Die Empfehlungen des Aarhus


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Convention Compliance Committee sind missachtet worden, und das sind immerhin völkerrechtlich bindende Konventionen.

Das Umweltinformationsgesetz war ohnedies wieder in aller Munde. Die Auskünfte, die laut Umweltinformationsgesetz zur Verfügung stehen, sind teilweise einfach sehr lang­sam und sehr langwierig einzuholen, das ist hier in dieser Novelle auch nicht ver­bessert worden. Und es gibt keinerlei Rechtsschutz gegen eine Auskunftsverwei­gerung, besonders bei ausgelagerten Stellen. Ich kann vom Lebensministerium zur ASFINAG und wieder zurück verwiesen werden und habe keine Möglichkeit, auf recht­licher Basis auf mein Auskunftsrecht zu pochen.

Im Abfallwirtschaftsgesetz sind die Umweltorganisationen weiterhin vom Gang zum Verwaltungsgerichtshof ausgeschlossen. Sie haben keine Rechtsstellung im IPCC-Ge­nehmigungsverfahren. Dies widerspricht der Industrieemissionsrichtlinie der EU.

Im Wasserrechtsgesetz gibt es keine Parteistellung für das wasserwirtschaftliche Pla­nungsorgan, das gerade in den einzelnen Bundesländern natürlich die Stelle ist, die sich am allermeisten auskennt und am besten weiß, was zu geschehen hat. Das gera­de jetzt, wir haben über die Auswirkungen im Wasserrecht ohnehin gerade gespro­chen.

Die Umweltorganisationen haben weiterhin keine Parteistellung im Wasserrechtsge­setz, und die Öffentlichkeitsbeteiligung im Wasserrechtsgesetz laut Aarhus Konvention ist auch noch immer nicht umgesetzt worden.

Ich komme jetzt zum einzigen Pluspunkt, den wir sehr gut finden, dem wir gerne zu­stimmen würden – leider ist er mit einem anderen Punkt zusammengefasst, daher müssen wir auch das ablehnen –, und zwar zum Umweltförderungsgesetz. Da sind die Umweltförderungen im Inland weiterhin von 2014 bis 2020 beschlossen worden. Es sind für die Siedlungswasserwirtschaft für 2013 und für 2014 wiederum insgesamt 145 Millionen € bereitgestellt worden, das begrüßen wir Grüne sehr, und es gibt eine Fortsetzung der Sanierungsoffensive, was wir auch ausdrücklich begrüßen.

Ein topaktueller Punkt ist Tagesordnungspunkt 19, in dessen Rahmen auch das Was­serbautenförderungsgesetz novelliert wird mit meines Erachtens sehr weitreichenden Auswirkungen. Es kommt nämlich zu einer Kompetenzzersplitterung und Auslagerung von gewissen schutzwasserwirtschaftlichen Maßnahmen. In gewissen Punkten wird dort der Gewässerschutz von der Schutzwasserwirtschaft getrennt. Die Wildbach- und Lawinenverbauung und die Wasserstraßen werden auch voneinander getrennt. Im schlimmsten Fall kann dies heißen, dass für ein Hochwasserprojekt, das eine Ge­meinde einreicht, vier Stellen zuständig sind: das Land, die Abwicklungsstelle, die Kommission und das Lebensministerium. Das ist kompliziert, das dauert länger, das schreckt ab. Weniger schutzwasserwirtschaftliche Bauten, natürlich in ökologischem Einklang, können wir im Moment wirklich absolut nicht brauchen.

Bei dieser Novelle frage ich mich wirklich, warum das so gemacht worden ist, warum das aufgesplittert wird. Dass sich dabei eine Kostenersparnis ergibt, wird von Seiten der Universität für Bodenkultur massiv angezweifelt. Von da her müssen wir leider auch diesen Tagesordnungspunkt ablehnen. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Jenewein.)

15.14


Präsident Edgar Mayer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Köberl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.14.23

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 beschäftigt uns auch bei


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diesem Tagesordnungspunkt, bei dieser Gesetzesänderung. Mit Wirkung vom 1. Jän­ner 2014 werden je ein Verwaltungsgerichtshof erster Instanz der Länder sowie zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz beim Bund eingerichtet, und zwar ein Bundesver­waltungsgericht und ein Bundesfinanzgericht. Das haben wir heute ja schon öfter ge­hört.

Unter anderem wird mit dieser Beschlusslage ab 1. Jänner 2014 der Umweltsenat ab­geschafft, seine Kompetenzen gehen auf das neue Bundesverwaltungsgericht über. Der Umweltsenat hat bisher über Berufungen im UVP-Verfahren entschieden. Durch die Tatsache, dass diese Berufungsverfahren von nebenberuflich tätigen Mitgliedern erledigt wurden, war die Verfahrensdauer mit durchschnittlich fünf bis sechs Monaten doch eher lange. In Zukunft hofft man, dass durch hauptberuflich tätige Verwaltungs­richter die Verfahren doch sehr viel kürzer werden können.

Umweltorganisationen werden auch in Zukunft die Möglichkeit der Beschwerde haben. Sie haben die Beschwerdemöglichkeit gegen einen negativen Feststellungsbescheid eben jetzt dann beim Bundesverwaltungsgerichtshof.

Eine weitere Anpassung an die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Umweltres­sort bringt ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt. Die Umset­zung von EU-Vorschriften und anderen Rechtsanpassungen im Umweltmanagement wird im Umweltrechtsanpassungsgesetz geregelt, wie mein Vorredner, Herr Bürger­meister Temmel, schon ausgeführt hat. Es sichert die notwendigen Investitionen in Wasserversorgung und Abwasserentsorgung durch zusätzliche Fördermittel im Bereich der Siedlungswirtschaft. Die budgetären Einschnitte aus dem Jahre 2011 speziell im Wasserwirtschaftsbereich wurden somit wieder zurückgenommen. Das ist besonders für die Gemeinden und Städte sehr wichtig, damit notwendige Investitionen in Instand­haltung, aber auch Erweiterung gesichert sind.

Die Schaffung und Finanzierung der bestehenden Infrastruktur in der Siedlungswasser­wirtschaft waren nur mit maßgeblichen öffentlichen Förderungen möglich. Die Wasser­ver- und Abwasserentsorgungsinfrastruktur konnte dadurch in einem relativ kurzen Zeitraum unter Vorschreibung sozialverträglicher Gebühren ausgebaut werden.

Die Siedlungswasserwirtschaft ist für die Gemeinden mit sehr hohen Ausgaben ver­bunden. Solange morgens, wenn wir den Wasserhahn zum Zähneputzen aufdrehen, sauberes Wasser aus der Leitung kommt und das Wasser für den Frühstückskaffee nicht schon braun aus der Leitung kommt, glaube ich, zerbricht man sich nicht sehr lange den Kopf darüber, welche Infrastruktur hinter dieser Wasserbereitstellung steht. Und wenn das Wasser wieder den Abfluss hinunterrinnt, zerbricht man sich auch nicht den Kopf darüber, was mit diesem Wasser geschieht.

Es geht um eine gute Wasserqualität, eine ordentliche Abwasserentsorgung und da­rum, den guten ökologischen Zustand unserer Gewässer zu halten und mancherorts auch noch zu verbessern.

Die Qualität des Wassers hängt aber auch von der Qualität der Leitungen ab. In zahl­reichen Gemeinden gibt es sehr alte Leitungen. Ich bin Vizebürgermeisterin der Stadt­gemeinde Bad Aussee. Bei uns werden jährlich durchschnittlich zwei bis drei Kilometer an Wasserleitung erneuert, um für den Endverbraucher gute Wasserqualität bereitstel­len zu können. Wir haben auch sehr viel Geld in unser Kanalnetz investiert, so dass die Abwässer zu fast 100 Prozent über ein Kanalnetz entsorgt werden, was für uns als Kur- und Tourismusstadt besonders wichtig ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft dient also vorrangig der Gesundheit der Bevölkerung und dem Umweltschutz. Sie schafft mehr Lebensqualität und ist für die Entwicklung von Wirtschaft und Tourismus unver­zichtbar. Sie dient aber auch dem Erhalt beziehungsweise der Steigerung der Wasser-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 117

güte. Eine funktionierende Wasserver- und Abwasserentsorgung ist der Eckpfeiler ei­ner funktionierenden Gesellschaft und somit auch der Volkswirtschaft.

Eine funktionierende Siedlungswasserwirtschaft ist keine Selbstverständlichkeit, und es muss auch das Bewusstsein der Öffentlichkeit dahingehend gestärkt werden.

In diesem Gesetz, das uns heute vorliegt, geht es aber auch um die Änderung des Wasserbautenförderungsgesetzes, was in diesen Tagen bestimmt von besonderem In­teresse ist. Der Erfolg und die Effizienz der Förderung in der Schutzwasserwirtschaft werden evaluiert.

Ich darf an dieser Stelle allen vom Hochwasser Betroffenen meine Anteilnahme aus­sprechen und allen freiwilligen Helferinnen und Helfern herzlichen Dank für ihren Ein­satz.

Meine Fraktion wird den geschilderten Änderungen ebenso zustimmen wie den Ände­rungen im Abfallwirtschafts- und Altlastensanierungsgesetz. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

15.19


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Mag. Taucher. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.20.02

Bundesrat Mag. Josef Taucher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Lebensminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesen vier Ge­setzesvorlagen ist von meinen Vorrednern fast alles gesagt worden. Ich möchte kurz auf die Ausführungen des Erstredners eingehen, weil mich seine Erläuterungen zur Fauna in Australien – wie soll ich sagen – sehr belustigt haben. Wir haben gestern im Umweltausschuss gehört, dass es Abschussquoten für Kängurus gibt, weil diese zu viel Methangas abgeben und somit das Klima beeinflussen, heute sind es die Kamele gewesen. Das hat uns sehr belustigt.

Ich denke, worauf wir eingehen können, wenn wir über Klimaschutz, über dieses The­ma reden, ist das Problem, dass die Fleischproduktion 40 Prozent Anteil an den klima­schädlichen Gasen und Abgasen hat und dass unsere Gesellschaft hier ansetzen und bei der Ernährung ein bisschen reduzieren müsste. Die Produktion, lange Transport­wege und, und, und schaden der Umwelt, die Kühe stoßen auch Methangas aus, wie man in Südamerika sieht. Also ich glaube, das wäre eher ein Ansatz als die Kängurus und die Kamele. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Klärungsproblem, okay.

Den Umweltsenat betreffend hat meine Kollegin bereits erläutert, wenn das in Zukunft in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ähnlich gut läuft oder wenn wir hoffen dürfen, dass die Verfahren etwas beschleunigt werden, dann wird das den UVP-Verfahren sicher guttun. Auch wenn die Parteienstellungen der NGOs weiterhin gewahrt werden, sodass sie dort auch ihre Einsprüche in guter Form einbringen können und diese behandelt werden, dann passt das für uns völlig. Wir werden diesem Gesetz daher sicher zustim­men.

Einen Punkt noch zum Wasser. – Ich denke, für die Gemeinden und Städte in Öster­reich ist die Wasserwirtschaft etwas Existenzielles, etwas Zentrales. Gestern ist ein „WELTjournal +“ zum Thema Wasser, global gesehen, ausgestrahlt worden. Wasser darf in Österreich kein kapitalistisches Produkt werden, das wir verhökern – nicht das Wasser, sondern die Rohrleitungen –, dass nichts mehr in die Reparatur, in die Auf­rechterhaltung des Systems investiert wird. Wasser, die Wasserversorgung der Men­schen sind Daseinsvorsorge und müssen in Zukunft auch geschützt werden.

Dass aufgrund dieses Gesetzes in den folgenden Jahren mehr in die Wasserwirtschaft investiert wird, ist, wie ich meine, ein richtiger Schritt. Es unterstützt die Gemeinden, in


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die Wasserversorgung ordentlich zu investieren, es unterstützt die Gemeinden wirt­schaftlich, es unterstützt sie – ich glaube, das hat auch jemand gesagt – natürlich auch im Bereich Tourismus. Die Leute kommen gerne nach Österreich, weil man hier gut isst, in den Genussregionen Österreichs, weil man hier gutes Wasser trinken kann – nicht immer nur Wasser, manchmal natürlich auch gute Weine – oder gutes Fleisch be­kommt.

Abschließend – auch weil der Herr Lebensminister anwesend ist – möchte ich sagen, wir vonseiten der SPÖ werden diesen vier Gesetzesvorhaben selbstverständlich zu­stimmen. Was mir persönlich noch wichtig ist, ist, dass die Länder es geschafft haben, schon seit Jahren, gemeinsam mit dem Lebensministerium eine österreichische Nach­haltigkeitsstrategie mit einem Arbeitspaket, mit Projekten, die österreichweit umgesetzt werden, zu schnüren. Mein Wunsch wäre, dass man auch auf nationaler Ebene, auf Regierungsebene eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie zustande bringt. Vielleicht könnte dies noch in dieser Periode realisiert werden oder, wenn nicht, vielleicht als Wunsch in die nächste Periode mitgenommen werden. Ich spreche von einer erneu­erten nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Es gibt ja eine aus dem Jahr 2002, in der noch die Battlegroups und Eurofighter vermerkt sind, die aber sehr, sehr weit hergeholt ist. Die neue, die erarbeitet worden ist, liegt im Entwurf vor, den NeSoVe, also das Netzwerk für Soziales, veröffentlicht hat. Dass wir diese Strategie auf den Weg brin­gen, wäre ein Wunsch, den ich Ihnen gerne mitgeben möchte. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.24


Präsident Edgar Mayer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte, Herr Minister.

 


15.24.49

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grund für die vorliegenden Gesetzesnovellen ist die Anpassung an die Verwaltungsge­richtsbarkeit, die auch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz umfasst. Hier gibt es eine besondere Dimension. Es hat bisher im zweistufigen Verfahren den Umweltsenat als unabhängige, weisungsfreie Behörde gegeben, der sich hohes Ansehen erworben hat. Sie wissen, dass immer wieder Umweltprojekte, Wirtschaftsprojekte, Energiepro­jekte, Straßenprojekte mit hoher Sensibilität an den Umweltsenat herangetragen wor­den sind. Dieser hört jetzt sozusagen zu existieren auf, weil die Kompetenzen an das Bundesverwaltungsgericht übergehen. Ich darf die Gelegenheit nützen und mich bei den Mitgliedern des Umweltsenats und auch bei den zuständigen Beamtinnen und Beamte für die ausgezeichnete Arbeit herzlich bedanken. Herzlichen Dank! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das UVP-Gesetz ist eine der zentralen Materien im Umwelt- und Klimaschutz. Wir ha­ben uns in den letzten Jahren bemüht, über Novellen mehr Effizienz in das System hi­neinzubringen, zum einen Bürgerrechte zu stärken – ja, dazu bekennen wir uns, dass die Bürger Mitsprache haben, Transparenz haben, mitreden können –, aber gleichzei­tig auch Verfahren zu beschleunigen, und das ist uns mit den letzten Novellen auch ge­lungen. Niemand hat Verständnis dafür, dass ein Wasserkraftprojekt oder ein anderes Projekt jahrelang herumliegt und nichts weitergeht. Das heißt jetzt nicht, dass man Projekte durchdrückt, sondern dass man Projektverfahren einfach effizient abwickelt.

Wir haben mit den Novellen erreicht, dass wir zum Beispiel einen Behördenleiter in die Lage versetzen, dass er befinden kann, ob genug Gutachten vorliegen, um das Ende des Verfahrens herbeizuführen. Wir haben auch erreicht, dass Gutachten, die bereits vorliegen, nicht neuerlich erstellt werden müssen, sondern, wenn sie noch Sinn ma­chen, verwendet werden können. Das soll alles den Sinn haben, dass Kosten gespart


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werden, dass Bürokratie abgebaut wird und dass Verfahrensabläufe effizienter werden, auch wenn das Ergebnis dann vielleicht lautet: Nein, dieses Kraftwerk wird nicht ge­baut! Irgendwann einmal muss eine Entscheidung fallen. Die Bürgerinnen und Bürger sagen zu Recht, die Verfahren müssen effizienter werden.

Wir haben mit diesen Novellen auch eine Verkürzung der Verfahren erreicht. Wir ha­ben ein begleitendes Monitoring, wie diese Verfahren ablaufen, wie effizient sie sind, und das zeigt eben, dass es gelungen ist, ein paar Monate Verkürzung zu erreichen. Nicht die Qualität des Verfahrens leidet, sondern der Zeitrahmen wird verkürzt. Der Bürger hat ein Recht darauf, wenn wir Verwaltungsreformen machen, Bürokratie ab­bauen wollen, dass die Verfahren eben vernünftig über die Bühne gehen, auch effizient über die Bühne gehen. Das wollen wir auch in Zukunft weiter verfolgen.

Im Zusammenhang damit darf ich auf ein paar Dinge eingehen.

Sie haben die Projekte beim Hochwasserschutz erwähnt. Ich bekenne mich zu dem System, das wir bisher haben. Sie wissen, Hochwasserschutzprojekte laufen in der Art, dass eine Gemeinde sagt, es gibt ein Problem mit Hochwasser, und sich damit an das Land wendet. Die Techniker des Landes und unsere Bundestechniker werden beige­zogen, und dann wird ein Hochwasserschutzprojekt konzipiert, nicht irgendwohin, son­dern dort, wo es laut Wissenschaft sinnvoll ist. Dann erfolgt eine gemeinsame Finan­zierung von Bundes-, Landes- und Gemeindestellen.

Ich halte das für ein sinnvolles System. Wir werden hier nichts zersplittern oder ver­komplizieren, weil alle Beteiligten Interesse daran haben, den Hochwasserschutz vo­ranzutreiben. Wir haben eine geteilte Kompetenz. Frau Verkehrsministerin Bures ist zuständig für Donau, March, Thaya, und für alle übrigen Gewässer inklusive der Wild­bach- und Lawinenverbauung ist das Lebensministerium zuständig. Die Zusammenar­beit funktioniert, und ich bedanke mich ausdrücklich bei den Ländern und auch bei den Gemeinden dafür, dass diese Zusammenarbeit sehr, sehr gut funktioniert.

Zu den Projekten der letzten fünf Jahre. – Allein das Lebensministerium hat in den Hochwasserschutz 700 Millionen € investiert. Wir haben im Rahmen des Hochwasser­schutzes in den letzten fünf Jahren 7 500 Projekte in Angriff genommen. Das sind nicht nur Rückhalteanlagen, das sind nicht nur Dämme, sondern auch Lawinenverbauten, Murensperren, also viele verschiedene Maßnahmen. Allein an der Zahl sehen Sie, dass sehr viel gemacht und sehr viel Geld investiert worden ist. Ziel ist es, Menschen zu schützen, Leib und Leben zu schützen und Hab und Gut zu schützen. Die Leute bauen sich etwas auf, und dann wird das durch Hochwasser weggespült. Das soll ver­hindert werden. Den Menschen soll Sicherheit gegeben werden.

Wie wir gesehen haben, sowohl entlang der Donau als auch in vielen anderen Gebie­ten haben diese Projekte auch funktioniert; an der Donau haben nur wenige Zentimeter gefehlt, aber der Hochwasserschutz hat gehalten.

Ich war selbst in Steyr, einer Stadt mit immer wieder auftretenden Hochwasserkatastro­phen. Wir haben dort erst vor Kurzem ein Projekt abgeschlossen, 10 Millionen € inves­tiert. Wir haben dem Fluss zum Beispiel auch Überflutungsraum gegeben; es gibt ja aktuell eine Debatte, in der argumentiert wird, wir würden alles verbetonieren. Wir ar­beiten seit langer Zeit an ökologischem Hochwasserschutz, indem wir versuchen, wenn es geht, dem Fluss Raum, Retentionsraum zu geben, dass er ausufern kann. In Steyr haben wir 10 Millionen € investiert. Die dortige Behörde hat gesagt, wenn es die­sen Hochwasserschutz nicht gegeben hätte, wäre das Wasser drei Meter höher ge­stiegen und ganz Steyr wäre abgesoffen. – Das ist verhindert worden. Daran sehen Sie, dass das gut veranlagtes Geld ist.

In St. Marien, ebenfalls eine Gemeinde in Oberösterreich, sind 4,5 Millionen € investiert worden. Im Jahr 2002 ist die ganze Gemeinde geschwommen. Die Leute sind jetzt be-


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sorgt beim Hochwasserschutz gestanden und haben gesehen, er wirkt, er hilft. Sie ha­ben alle aufgeatmet und waren froh. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vor­sitz.)

Das heißt, das ist sinnvoll veranlagtes Steuergeld. Ich stelle immer wieder in ganz Ös­terreich fest, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kritisiert werden, zu teure Hochwasserschutzanlagen zu bauen, zu viele Millionen zu verbauen, zu viel Steuer­geld aufzuwenden. Aber wenn dann die Katastrophe eintritt, so wie jetzt, sind die Men­schen heilfroh und sagen, Gott sei Dank, dass hier investiert worden ist. Daher werden wir diese Maßnahmen verstärken.

Wir haben im Vorjahr anlässlich der Ereignisse in St. Lorenzen in der Steiermark ein Sonderbudget für Soforthilfemaßnahmen eingerichtet, weil nach derartigen Hochwäs­sern die Hochwasserschutzeinrichtungen oft beschädigt sind und die Gemeinden nicht das Geld haben, sie zu sanieren. Man muss sie aber rasch reparieren, damit nicht wei­tere Schäden auftreten. Dieses Soforthilfebudget steht zur Verfügung, ist neu aufge­stockt, sodass wir jetzt mehr Geld für den Hochwasserschutz haben als in der Vergan­genheit. Wir haben in der Steiermark helfen können, auch in Tirol und Salzburg be­stand im Vorjahr Handlungsbedarf.

Wir haben aber nicht ausreichend Geld, das sieht man jetzt schon. Unsere Experten schätzen nur bei den Hochwasserschutzeinrichtungen bisher einen Schaden von in et­wa 45, 50 Millionen €. Wir haben 31 Millionen im Soforthilfetopf, und der Herr Bun­deskanzler und auch der Herr Vizekanzler haben gesagt, wir werden aus dem Kata­strophenfonds Menschen helfen, die privat geschädigt wurden, aber auch Gelder für den Hochwasserschutz aufstellen. Das ist wichtig.

Sie haben die Siedlungswasserwirtschaft erwähnt. Das war ein harter Kampf, denn wir mussten wie überall im Zuge des Sparpakets in den vergangenen Jahren auch dort re­duzieren. Wir haben einen sehr hohen Standard in der Siedlungswasserwirtschaft, also Kanalisation und Wasserversorgung, und in diesen schwierigen Jahren haben wir ge­meinsam – Bund, Länder und Gemeinden – gespart. Um aber nicht zu viel des Guten zu tun, wurden jetzt neue Gelder aufgestellt. Insgesamt haben wir seitens des Lebens­ministeriums für die Siedlungswasserwirtschaft 145 Millionen € neu aufgestellt, um die­ses Geld für die Gemeinden in den Jahren 2013 und 2014 einzusetzen.

Die Vorrednerinnen und Vorredner haben es erwähnt, es ist einzigartig in Österreich, dass man den Wasserhahn aufdreht und hohe Trinkwasserqualität hat. Das gibt es kaum irgendwo anders auf der Welt. Dafür tun wir sehr viel. Bei uns ist die Was­serqualität der Gewässer, der Fließgewässer und auch der Seen, mit 72 Prozent sehr gut bis gut. Es ist sehr viel Geld investiert worden. Wir haben seit 1959 55 Milliarden € in das gesamte Netz investiert. Auch das muss man dem Steuerzahler/der Steuer­zahlerin sagen, dass wir gemeinsam sehr viel investiert haben und deshalb eine hohe Wasserqualität haben, die man jetzt wiederherstellen muss. In Passau zum Beispiel war die Trinkwasserversorgung unterbrochen, das Leitungsnetz muss repariert, saniert werden. Das nützt der regionalen Bauwirtschaft, ist impulsgebend gerade für die dor­tige regionale Wirtschaft.

Wir haben insgesamt 77 000 Kilometer Wasserleitungen und 89 000 Kilometer öffentli­chen Kanal, und das gilt es auch zu sanieren. Neubau ist ein Teilbereich, aber das gro­ße Thema ist die Sanierung dieser Systeme. Wir wollen den Gemeinden helfen, wir wollen in partnerschaftlicher Finanzierung neue Gelder aufstellen. Ich bedanke mich bei den Gemeinden für die Kooperation in diesem Bereich, den hohen Standard der Wasserwirtschaft, der Siedlungswasserwirtschaft, aber auch der Schutzwasserwirt­schaft aufrechtzuerhalten.

Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Ich komme gerade von einer Veranstaltung eines großen Unternehmens, das selbst eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt hat.


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Genau das brauchen wir: dass jeder Einzelne und auch große Institutionen, Unter­nehmen ihren Beitrag leisten, damit wir unsere Nachhaltigkeitsziele erreichen. Öster­reich war jener Staat, der als Erster die Nachhaltigkeit in einem Gesetz, nämlich im österreichischen Forstgesetz, festgeschrieben hat. Das heißt, wir haben diesbezüglich sehr viel Know-how und können sehr viel Wissen einbringen.

Wir haben mit diesen Novellen auch versucht, mit den Bundesländern – für Sie als Ländervertreter – eine Deregulierung zu erreichen. Das war ein sehr langer Prozess. Kollege Mitterlehner und ich sind von den meisten Gesetzesmaterien in diesem Be­reich betroffen. Es geht darum, nicht die Qualität zu senken, sondern einfach Ver­fahrensabläufe besser und auch effizienter werden zu lassen. Dafür gibt es Beispiele sonder Zahl, aber das würde jetzt den zeitlichen Rahmen sprengen. Ich bedanke mich dafür. Das ist Work in progress, also nicht abgeschlossen, sondern wir müssen ständig überall schauen, wie Gesetze effizienter werden, dass sich Bund, Länder und Ge­meinden bei der Abwicklung der Verfahren leichter tun, ohne dass die Qualität da-
runter leidet. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Mag. Schreyer.)

15.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jene­wein. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.34.49

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Nur ganz kurz! Es freut mich, dass ich beim Kollegen Taucher für Amüsement gesorgt habe. Ich habe überlegt, ob ich mich für eine tatsächliche Berichtigung zu Wort melden soll, aber ich müsste mich selbst berichtigen. Sie haben völlig recht, im Ausschuss habe ich über den Abschuss von Kängurus gesprochen.

Ich möchte, um das auch wirklich zu objektivieren und Sie vielleicht noch einmal ein bisschen zu amüsieren, und weil das auch eine Notwendigkeit ist, ordentlich zitieren. Die deutsche Zeitschrift „Fokus“, Fokus online hat am 9. Juni 2011 um 11.25 Uhr geschrieben:

 „Mit dem Abschlachten rülpsender Kamele will Australien zur Klimarettung beitragen. Der Vorschlag, für die getöteten Paarhufer CO2-Zertifikate auszugeben, kommt nächs­te Woche ins Parlament und hat schon Zuspruch von allen Parteien. ,Die Zertifikate könnten im In- und Ausland an Firmen verkauft werden, die Verschmutzungsrechte brauchen‘, sagte der zuständige Staatssekretär, Mark Dreyfus, am Donnerstag.“

Sie haben schon recht, mich hat das auch ein bisschen amüsiert, als ich es gelesen habe, es ist aber gar nicht so lustig, wenn man daran denkt, dass man hier wirklich teil­weise mit Scharlatanerie versucht, ein durchaus ernstes Thema ins Lächerliche zu zie­hen. Wir sollten uns – und wo, wenn nicht im Zuge einer Umweltdebatte? – wirklich einmal darüber den Kopf zerbrechen und auch als Gesetzgeber darüber nachdenken, ob wir ein System, das mit solchen Auswüchsen konfrontiert ist, wirklich einfach weiter­führen oder nicht doch hinterfragen sollen. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir weiterhin irgendwelchen Scharlatanen auf den Leim gehen wollen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Mag. Schreyer.)

15.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 122

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist wieder die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrieemissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Angenommen.

15.38.2021. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird (2161, Zu 2161 d.B. und 2318 d.B. sowie 8998/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Taucher. – Bitte um den Bericht.

 


15.38.32

Berichterstatter Mag. Josef Taucher: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Wir haben vorgestern im Umweltausschuss das Strahlenschutzgesetz diskutiert.

Der Bericht dazu liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher verzichte ich auf das Ver­lesen.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 123

15.39.12

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um die Ausdehnung der Kontrollintervalle bei Strahlenbetrieben. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum man das ausdehnt, denn das geht eigentlich zu Lasten jener Menschen, die mit diesen Geräten arbeiten, oder auch der Patienten, die mit diesen Geräten untersucht werden.

Gerade wenn man mit hoch radioaktivem Material – was ja da nicht der Fall ist, wir sind ja nicht in einem Kernreaktor – beziehungsweise radioaktivem Material zu tun hat, müsste man unserer Meinung nach schon mit Sorgfalt darauf schauen und die Prü­fungsintervalle so kurz wie möglich halten. Die Schweiz hatte zum Beispiel vor einigen Jahren eine Überprüfung ihrer Gerätschaften, und da sind nicht wenige Geräte wegen mangelnder Servicierung und Wartung wieder vom Markt genommen worden bezie­hungsweise es wurde ihnen die Konzession entzogen.

Das trägt nicht zu mehr Sicherheit am Arbeitsplatz bei beziehungsweise stärkt nicht das Vertrauen der Patienten. Das ist der Grund, warum wir diesem Gesetzesvorschlag unsere Zustimmung nicht erteilen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.40


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte, Herr Minister.

 


15.40.58

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Kürze: Der Sinn der Novelle ist, dass es – so wie ich es vorhin erwähnt habe – Vereinfachungen, in Zusammenarbeit mit den Bundesländern Deregulierung geben soll. Im konkreten Fall soll die behördliche Zuständigkeit im Strahlenschutz von den Bezirksverwaltungsbehörden zum Landeshauptmann wandern, das heißt also, dass man dort eine klarere Zuständigkeit hat.

Sie haben die Intervalle der behördlichen Überprüfungen erwähnt: Also mit Sicherheit soll da nicht die Qualität sinken oder da weiter kontrolliert werden, sondern der Punkt ist, dass man die Intervalle ausdehnen kann, weil die Behörden nicht nur Vorort­kontrollen machen – die sind nicht unbedingt notwendig –, sondern sie auch andere Möglichkeiten haben, diese Kontrollen durchzuführen. Daher ist es möglich, die Inter­valle zu erstrecken.

Es geht da vor allem um ionisierende Strahlung mit einem sehr geringen Gefährdungs­potenzial. Also die Gesundheit hat oberste Priorität, da gibt es gar keine Debatte, da gibt es keine Aufweichung. Es ist nur möglich, neben den Vorortkontrollen auch andere Kontrollen zu machen, und daher bietet die Novelle eine Gelegenheit dazu. – Danke.

15.42


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

15.42.2622. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spanischen Sprachfassung (2201 d.B. und 2339 d.B. sowie 8999/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 124

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungs­rechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grund­satzgesetz 1967, das Forstgesetz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutge­setz 2002, das BFW-Gesetz, das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelge­setz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzen­schutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutge­setz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermarktungsnormen­gesetz geändert werden und das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forst­wirtschaft) (2291 d.B. und 2340 d.B. sowie 8975/BR d.B. und 9000/BR d.B.)

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Agrar­kontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, das Börsesensale-Gesetz, das Ver­marktungsnormengesetz, das Forstgesetz 1975 und das Weingesetz 2009 geän­dert werden und ein Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse erlassen wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2013) (2297 d.B. und 2341 d.B. sowie 9001/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu den Punkten 22 bis 24 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 22 bis 24 ist Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte um die Be­richte.

 


15.43.01

Berichterstatter Ferdinand Tiefnig: Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Die Berichte des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirt­schaft liegen Ihnen in schriftlicher Fassung vor – inhaltlich die Annahme der spani­schen Fassung des Übereinkommens über das Europäische Forstinstitut, das Agrar­rechtsänderungsgesetz und das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz –, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 jeweils den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hafenecker. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.44.00

Bundesrat Christian Hafenecker (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu den berichteten Themenkomplexen möchte ich nur ganz wenige Ausführungen darbringen. Es geht auch hier, beim Ver­waltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz, um ein ganzes Konvolut an Gesetzesän­derungen. Wir haben uns gezielt den Bereich, der die AMA betrifft, angesehen, und da


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 125

muss man ganz ehrlich sagen: Da gibt es Gewinner und Verlierer, und genau das, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren, ist auch der Haken.

Gewinner sind nämlich nicht die Landwirte, sondern Gewinner ist einmal mehr die AMA, somit geht auch aus unserer Sicht diese Reform in die falsche Richtung. Es stellt sich berechtigterweise die Frage, warum man der AMA die Möglichkeit einräumt, für die Beschwerdevorentscheidungen künftig doppelt so lange brauchen zu dürfen, als das bisher der Fall war, sprich nicht mehr zwei, sondern vier Monate.

Es hat keine Behörde diese Möglichkeit, warum tanzt also die AMA hier aus der Reihe? Wäre ich boshaft, würde ich sagen, das Schikanieren der Bauern kostet so viel Zeit, dass man einfach nicht mehr genug Personal hat, um diese Dinge zu bearbeiten; die AMA ist da offenbar mittlerweile heillos überfordert und benötigt diese Entlastung. Es wird also für die Landwirte – kurz gesagt – noch schwieriger werden, zu ihrem Recht zu kommen.

Ein weiteres Problem sehen wir auch bei der Neuregelung der Almfutterfeststellung. Diese ist aus unserer Sicht ebenfalls vollkommen unzureichend und wird daher von uns ebenfalls abgelehnt – alles in allem also ein klares Nein zu diesen Änderungen vonseiten der FPÖ.

Ich möchte weiters noch ganz kurz zum Agrarrechtsänderungsgesetz Stellung neh­men. Auch das ist wiederum ein ganzes Konvolut an Gesetzen; man muss natürlich auch diese ganz genau durchleuchten. In der Berichterstattung dazu spricht man auch da wiederum von Verbesserungen; tatsächlich handelt es sich auch um Verbesserun­gen, allerdings für den EU-Apparat. Es werden hier schlicht und ergreifend Vorgaben der EU umgesetzt, und es wird hier schlicht und ergreifend darauf vergessen, den Landwirten zu sagen, dass es auch in diesem Fall für sie wiederum schwieriger wird, ihre Interessen durchzusetzen, dass der Antragsdschungel noch dichter wird und das somit auch einen weiteren Aufwand für die Landwirte bedeutet.

Der Annahme der spanischen Sprachfassung des Übereinkommens werden wir selbst­verständlich zustimmen. Die beiden anderen Vorlagen werden – wie vorher erwähnt – von der FPÖ abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss: Reformen sollten gerade in einer Zeit der Turboverrechtlichung dazu genützt werden, die Gesetze für die Bürger nachvollziehbarer und vor allem lebbarer zu machen. Leider Gottes ist das in beiden Fällen nicht erfolgt. (Beifall bei der FPÖ.)

15.46


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Temmel. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.46.45

Bundesrat Walter Temmel (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Bei diesen drei Gesetzesvorlagen geht es um das Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut, das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz und das Agrarrechtsänderungsgesetz, bei dem elf Gesetzesmaterien novelliert und neu erfasst werden.

Beim Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut geht es um eine sprachliche Anpassung. Bisher waren die Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch, in Zukunft wird auch in spanischer Sprache verfasst. Das Europäische Forstinstitut hat den Auf­trag, die 120 Mitgliedsbetriebe aus Wirtschaft und Forschung zu vertreten. Es sollen der Holzmarkt und die Nachhaltigkeit gesteuert werden, um den Erhalt und die nach­haltige Bewirtschaftung der Wälder in Europa zu fördern. Um diesen Zweck zu erfüllen, werden Forschungsarbeiten durchgeführt und wissenschaftliche Tagungen veranstaltet.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 126

Im Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz gibt es Anpassungen von Regelun­gen aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft an die mit 1. Jänner 2014 in Kraft tretende Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012. Diese Änderungen enthalten Anpassungen beim bisherigen Instanzenzug.

Beim Agrarrechtsänderungsgesetz geht es um zahlreiche Reformen. Es werden ak­tuelle Entwicklungen miteinbezogen, zum Beispiel was das Gesetz über die landwirt­schaftliche Produktenbörse betrifft; es geht um eine zeitgemäße Rechtsgrundlage für die Organisation und Tätigkeit der landwirtschaftlichen Produktenbörse in Wien. Zurzeit geltende Regelungen werden in einem Bundesgesetz zusammengefasst.

Eine weitere Änderung betrifft das Düngemittelgesetz aus dem Jahre 1994. Bis jetzt waren Produkte gemäß Abfallwirtschaftsgesetz und Komposterden vom Düngemittel­gesetz ausgenommen. Diese werden nun neu aufgenommen und neu geregelt.

Die Novelle zum Forstgesetz aus dem Jahr 1975 befasst sich mit der Funktionsfähig­keit von Bringungsgenossenschaften. Dabei werden die Satzungen neu gestaltet und die Aufsichtsbefugnisse und die Beschlusspraxis neu ausgerichtet. Wie wichtig eine klare Regelung ist, weiß ich von der Bringungsgenossenschaft in meiner Gemeinde. Begrüßenswert ist auch das vereinfachte Rodungsanmeldeverfahren, auch bei befris­teten Rodungen bis 1 000 Quadratmeter. In fünf Jahren muss sowieso wieder eine Be­waldung erfolgen.

Im Pflanzenschutzgesetz gibt es klare Regelungen, was die Einfuhrkontrollen betrifft. Bisher war die Mitwirkung auch von Organen der Zollbehörde vorgesehen, in Zukunft wird die Kontrolle vom Bundesamt für Ernährungssicherheit alleine sichergestellt. Im Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geht es um die Ratifizierung des Inter­nationalen Vertrages für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirt­schaft. Im Weingesetz 2009 kann auf Änderungsabsichten der Obstweinwirtschaft schneller reagiert werden.

Insgesamt bringt das Agrarrechtsänderungsgesetz viele Neuerungen und Klarheiten bezüglich Zuständigkeit und Verantwortung. Ich danke deshalb wiederum dem Minister und all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Vorbereitung all dieser Ge­setze. Wir werden all diesen Änderungen selbstverständlich zustimmen. (Ruf: Klat­schen! – Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Schreuder: Hättest nichts gesagt!)

15.49


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Mag. Schreyer. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.50.18

Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie auch meine Vorredner werde ich der Vorlage in TOP 22 betreffend die spanische Fassung des Übereinkommens über das Europäi­sche Forstinstitut zustimmen.

Zu den weiteren Tagesordnungspunkten: TOP 23 ist wie gesagt eine Sammelnovelle zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz. Es ist generell okay, aber es wurden bei diesen Novellen extrem viele Chancen nicht genutzt, lang anstehende Missstände einmal auszumerzen. Ich will einfach einmal ein paar Beispiele rausholen.

Im Pflanzenschutzmittelgesetz sind zum Beispiel auch die Neonicotinoide – derzeit in aller Munde – zu regeln, die bienenschädigend wirken. Das ist immer noch nicht im Pflanzenschutzmittelgesetz geregelt – ich freue mich sehr, dass es jetzt eine Zustim­mung in Brüssel gegeben hat, und ich freue mich schon sehr, wenn es dann endlich


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 127

auch in die Gesetzesmaterie in Österreich Eingang findet; das hätte man aber auch im Zuge dieser Novelle schon machen können.

Weiters ist generell der Pestizideinsatz in Österreich im Pflanzenschutzmittelgesetz ge­regelt, das einfach viel zu wenig restriktiv ist. Jeder kann in jeden Baumarkt, in jedes Lagerhaus gehen, und es sind so viele Pestizide, die nicht nur die Bienen schädigen, sondern vor allem auch die Menschen schädigen, sehr, sehr einfach zugänglich und viel zu einfach zu erhalten. Da gehören einmal dringend Änderungen gemacht.

Ein weiteres Problem, das man gerade in die Sammelnovelle zum Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz hätte mit hineinnehmen können, ist die Alm-Proble­matik. Unserer Ansicht nach hätte man diese Problematik, die natürlich gerade Tirol stark betrifft, in einem dieser Gesetze ändern können. Man hätte im Marktordnungsge­setz die Flächenfeststellung rückwirkend regeln und damit den Rückzahlungsforderun­gen im ländlichen Raum, also gerade dieser Alm-Problematik, entgegenwirken können.

Tagesordnungspunkt 24, das Agrarrechtsänderungsgesetz, ist auch wieder eine Sam­melnovelle. Auch da sind einige Änderungen drinnen, die wir nicht begrüßen. Im Forst­gesetz werden zum Beispiel Fällungen in Biotopen, etwa in Windschutzanlagen, gene­rell stark vereinfacht, und daher ist das einfach eine Aufweichung des Umweltschutzes.

Wie gesagt: Generell okay, aber es wurden einfach extrem viele Chancen zu Novellie­rungen nicht genutzt, und deswegen können wir da nicht zustimmen. (Beifall des Bun­desrates Schreuder.)

15.53


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Ebner. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.53.22

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zur Fraktion mei­ner Vorrednerin wird unsere Fraktion der gesamten Reform zustimmen, und zwar weil sie sicherlich viele Verbesserungen in den verschiedensten Bereichen darstellen wird – von der Produktion bis zur Vermarktung von Düngemitteln, von der Warenkennzeich­nungspflicht bis hin zur Ernährungssicherheit. Dies werden viele wichtige und auch richtige Bestimmungen sein, die zu einem Großteil auch auf die internationalen Ab­kommen zurückgehen und Österreichs Marktanteile diesbezüglich auch sichern sollen. Diese Materien wurden von den verschiedensten Stellen geprüft und auch für gut be­funden.

Das vorliegende Agrarrechtsänderungsgesetz umfasst mehrere Bereiche, unter ande­rem auch das Forstgesetz. Das Waldviertel, wo ich herkomme, ist von jeher auch ein strukturschwaches Landwirtschaftsgebiet. 41 Prozent der Fläche sind bewaldet – bun­desweit sind es 47 Prozent, wie wir gehört haben –, und der Wald ist auch ein wichtiger Wirtschaftszweig. Mehr als 50 Prozent des Waldbesitzes liegen in der Hand der Landwirte, und die Weiterentwicklung der bestehenden Holz- und Nutzungskoopera­tionen soll für die Verbesserung der Wertschöpfung aus dem Wald sorgen. Besonders der steigende Biomassebedarf für die Wärmeenergie ist eine künftige Chance für die Waldbesitzer.

Zur Verbesserung des Nutzungsertrages schließen sich auch immer mehr Bringungs­genossenschaften zusammen, und es hat sich gezeigt, dass für deren Funktionsfähig­keit auch Verbesserungen notwendig sind. Entsprechende Regelungen sind hier vor­gesehen, Regelungen im Satzungsinhalt der Organe, betreffend Fassung von Be­schlüssen oder die Kostenaufteilung, um nur einige zu nennen.

Für die befristeten Rodungen von bis zu 1 000 Quadratmetern wird es ein einfacheres Verfahren geben. Dadurch erübrigt sich die gegenwärtig erforderliche Bescheiderlas-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 128

sung – auch eine Vereinfachung für kleinere Waldbesitzer. Diese Verwaltungsvereinfa­chung ist zu begrüßen, und es soll weiters bei Teilungen von Grundstücken die Be­scheinigungsnotwendigkeit durch die Forstbehörde entfallen. Wenn kein Wald von die­sen Maßnahmen betroffen ist, so muss die Forstbehörde gar nicht mehr tätig werden.

Eine weitere Erleichterung soll es bei den Fällungen in den Windschutzgürteln geben. Hier soll die behördliche Anzeigepflicht entfallen. Das grundsätzliche Rodungsverbot für diese Bereiche bleibt daher sinnvollerweise auch aufrecht. Die Bestimmungen im Bereich der Rodung beziehungsweise die Auflassung von Windschutzanlagen werden sich dadurch aber nicht verändern.

Anschließend an das Waldviertel erstreckt sich die landschaftlich reizvolle Wachau mit den Steinterrassen und den Kellergassen. Da sind es gerade die kleineren Betriebe, die Nebenerwerbsbauern, die auch aufgrund ihres geringen Einkommens aus dem Weinbau eine weitere Beschäftigung suchen und einer solchen nachgehen müssen. Eine weitere Beschäftigung ist für viele kleinere Landwirtschaftsbetriebe – im Wald­viertel und in ganz Österreich – auch notwendig, um für diese Betriebe das Überleben zu sichern. Die sogenannten Nebenerwerbslandwirte sind auch unsere Landschaftser­halter und daher sehr wichtig.

Die kleinen Landwirtschaftsbetriebe setzen auch die Spritzmittel gezielt und vorsichtig ein, während natürlich die Agrarindustrie diese Pestizide in größeren Mengen einsetzt, und da bedarf es noch verschiedener gesetzlicher Maßnahmen.

Vielleicht noch einige Bemerkungen zur Änderung des Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetzes. In § 8 Abs. 2 ist zu lesen: „Erarbeitung und Umsetzung von Maß­nahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Bienengesundheit, des Bienenschutzes und der Produktion qualitativ hochwertiger Bienenprodukte.“ Es geht darum, dass die AGES in Zukunft per Gesetz dazu veranlasst wird, da auch tätig werden zu können. Sie braucht nicht mehr die Chemieindustrie, die Studien finanziert, sondern sie kann dies per Gesetz tun, und ich hoffe, das wird sie auch in Anspruch nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie gesagt, unsere Fraktion wird zustimmen; einerseits ist es eine Verwaltungsvereinfachung, wie bereits im Zusammenhang mit dem Forstgesetz angeführt, andererseits wird neben der Verwaltungsvereinfachung aber auch sehr viel Klarheit geschaffen – Klarheit zum Beispiel auch im Weingesetz, bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder beim Obstwein, der ja in dem land­schaftlich ebenfalls sehr reizvollen Mostviertel erzeugt wird.

Insgesamt sind dies Reformen, die die Arbeit verschiedenster Behörden und Betriebe in den verschiedensten Bereichen erleichtern werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


15.58.43

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetzesvorlagen sind teilweise Anpassungen an die Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Novelle, mit 1. Jänner 2014, beziehungsweise kleinere Anpassungen, die notwendig waren. Herr Bundesrat Temmel ist sehr ausführlich darauf eingegangen und hat sehr kompetent berichtet, was hier alles Gegenstand ist.

Ich möchte noch auf ein paar Dinge eingehen. Frau Bundesrätin Ebner, per se ist ein kleinerer Betrieb nicht besser als ein größerer Agrarbetrieb. Es hängt davon ab, wie effizient sie sind, wie effizient diese Betriebe Pflanzenschutzmittel, Dünger und ähnli­che Betriebsmittel einsetzen. Ich darf Ihnen nur in Erinnerung rufen, dass die Biobe-


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triebe flächenmäßig im Durchschnitt größer sind als die konventionellen Betriebe, weil gerade durch unser Programm im Umweltprogramm, das Bio-Ausbauprogramm, flä­chenstarke, große Betriebe in die Biolandwirtschaft eingestiegen sind, weil es interes­sant war.

Daher ist ja Ziel bei der gemeinsamen Reform der Agrarpolitik, Finanzmittel zu sichern, damit wir den ökologischen Weg in der Landwirtschaft weitergehen können, Bio aus­bauen können, aber auch die konventionelle Landwirtschaft, die immerhin 90 Prozent der Österreicher ernährt und mit hochqualitativen, leistbaren Lebensmitteln versorgt. Das ist das erste Ziel und das vorrangigste Ziel neben dem Schutz der Umwelt, des Klimas, von Boden, Luft und Wasser.

Von mehreren Rednern ist das Thema Almen angesprochen worden. Das lässt sich nicht so einfach mit einer Gesetzesänderung machen, wie Sie es hier suggerieren, so einfach ist das nicht. Die Herausforderung bei den Almen war, dass der Europäische Rechnungshof Almen überprüft und Abweichungen in den Flächen festgestellt hat und daraufhin die Aufforderung an Österreich erfolgte, das System sicherzustellen. Öster­reich hat hohes Ansehen in der Europäischen Union, da wir jener Staat in der Europäi­schen Union sind, der die Agrarsysteme am effizientesten umsetzt, das heißt, am we­nigsten Geld zurückzahlt, weil wir das System korrekt anwenden. Da gibt es kleinere Länder in der Europäischen Union, die hunderte Millionen Euro zurückzahlen, weil sie eben Fehler im System haben.

Daher ist das vorrangige Ziel bei der Almflächenthematik, dass wir ein sicheres System stellen, damit wir eben nicht gestraft werden. Es gibt ja noch kein Strafverfahren, und daher arbeiten wir daran. Wir haben uns an EU-Spielregeln zu halten, alles andere wä­re Amtsmissbrauch, was niemand tut. Jeder Bauer in Österreich und auch in Europa muss, wenn er zu viel Fläche meldet, die Förderung zurückzahlen; wenn er mehr För­derung bekommt, als er Fläche hat, muss er sie zurückzahlen. Das ist geltendes Recht. Das ist nicht eine Aktion gegen irgendwelche Bauern, sondern einfach die Ab­wicklung eines korrekten Systems. Das werden Sie ja hoffentlich akzeptieren.

Das, was wir gemacht haben, ist, dass wir aufgrund dieser Flächenabweichungen im Vorjahr mit den Landesräten und den Kammerpräsidenten einen Almfahrplan aufge­setzt haben, wie das gehen kann. Da war die Serviceleistung der AMA, dass sie den Almbauern die Fläche sozusagen als Service erstellt; das ist für keinen anderen Bauern in Österreich gemacht worden, nur um den Almbauern das System zu erleich­tern. Und dann, wenn die Bauern mit diesem Serviceangebot nicht zufrieden sind, kön­nen sie mit der Landwirtschaftskammer im jeweiligen Bundesland nacharbeiten und die Fläche richtig darstellen.

Das Ziel ist, dass die Almbauern eine sichere Futterfläche haben, die sie auch be­antragen. Jetzt ist das Antragsjahr, mit 15. Mai muss man diese Anträge abgeben. Und da geht es eben darum, welche Fläche der Bauer angibt. Da dieses Thema noch nicht gelöst ist, habe ich in der Europäischen Union eine Fristerstreckung beantragt. Die Europäische Kommission hat mitgeteilt, dass sie uns diese gewähren wird, von 15. Mai auf 28. Juni, sodass wir dieses Zeitfenster nützen können.

Wir haben diesen Fahrplan mit den Ländern und den Landwirtschaftskammern verein­bart. Jetzt haben wir eine Sonderkommission Alm unter Vorsitz von Franz Fischler ein­gesetzt. Wir haben gerade heute das Ergebnis präsentiert, wo es zu einer Präzisierung dieses Almfahrplans gekommen ist, wie die einzelnen Dinge anzuwenden sind. Die Landwirtschaftskammern müssen noch die ausständigen Almen abarbeiten. Ein Groß­teil ist ja bereits erfolgt, sodass die Bauern die jeweiligen Flächen beantragen können. Und die ausständigen Fälle können in dem Zeitfenster bis Ende Juni abgearbeitet wer­den.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 130

Das ist eine Herausforderung für alle, aber wir haben jetzt klargestellt, wie die Spiel­regeln anzuwenden sind. Seit dem Jahr 2000 gilt der Almleitfaden. Er ist Rechts­grundlage, weil er der Europäischen Union gemeldet wurde, und nach ihm war vorzu­gehen. Wenn Flächen irrtümlich oder aufgrund anderer Umstände gemeldet wurden, dann kann man das nun richtigstellen. Was wir erreicht haben, ist, wofür ich mich ein­gesetzt habe, ist: Wenn ein Bauer von sich aus sagt, er ist draufgekommen, dass er irr­tümlich mehr Fläche angegeben hat, und dies korrigiert, dann wird ihm die Strafe er­lassen. Für die Überfläche muss man zurückzahlen, aber wenn jemand zu viel Fläche angegeben hat, muss er oft Strafe zahlen, folgen Sanktionen, und da haben wir er­reicht, dass die erlassen werden. Die Strafen betragen oft bis das Dreifache des Be­trages der Zuvielförderung.

Dadurch haben wir den Bauern einiges erspart, was ja auch der Sinn ist, damit die Bauern weiterarbeiten können. Daher haben wir jetzt eine Lösung präsentiert, die für das heurige Jahr gilt. Die Altfälle werden – jeder Einzelfall – abgearbeitet. Es gilt ein neues System zu entwickeln, sodass nicht nur die Almbauern, sondern auch alle an­deren Bauern ein sicheres System für die Zukunft haben. Das wird in die Reform zur Gemeinsamen Agrarpolitik eingebunden. Die Almbauern haben zentrale Bedeutung für die österreichische Landwirtschaft als Erzeuger hochwertiger Lebensmittel, auch für das Tourismusland Österreich als Bewirtschafter und Erhalter der Kulturlandschaft und auch als Sicherung des Siedlungsraumes in entlegenen und peripheren Regionen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.04


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spanischen Sprachfassung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Agrarrechtsänderungsgesetz 2013.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.05.5925. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktegesetz – Biozid­produkteG) (2294 d.B. und 2342 d.B. sowie 9002/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 131

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Temmel. – Bitte um den Bericht.

 


16.06.11

Berichterstatter Walter Temmel: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozid­produktegesetz) liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur An­tragstellung.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hafenecker. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.06.58

Bundesrat Christian Hafenecker (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Unter Bioziden verstehen wir Stoffe wie Holzschutzmittel, Desinfektionsmittel oder auch Rattengift. Alles in allem sind das Stoffe, die in hoher Konzentration sehr gefährliche chemische Substanzen darstellen und somit auch wirk­lich einer entsprechenden Kontrolle unterliegen sollten.

Wenn man sich ansieht, wie dieses Gesetz zustande gekommen ist, dann erkennt man natürlich ein altes Muster. Es gab zuerst eine entsprechende EU-Verordnung dazu. Es gibt jetzt die Übernahme in das nationale Recht, ob man möchte oder nicht, denn es gibt da immer noch das Damoklesschwert der Strafzahlungen durch die EU. Und zum Schluss, als dritter Akt, wird es wieder so sein, dass wir ein Stückchen nationales Recht auf dem Altar der bedingungslosen EU-Hörigkeit geopfert und wieder einmal ein Stückchen mehr aus der Hand gegeben haben.

Man muss sich natürlich nach dem Zustandekommen dieses Gesetzes auch die Fra­gen stellen: Was war eigentlich das Motiv? Warum will die EU auf nationaler Ebene ein Gesetz über Biozide regeln? Man könnte auch die Frage stellen: Waren es Lob­byisten – vielleicht von Biozidherstellern –, die ganz gerne eine EU-einheitliche Rege­lung gehabt hätten? Man kann sich die Frage stellen, ob die Produzenten dieser Pro­dukte damit einfach nur eine Autobahn zur Vermarktung innerhalb der EU errichten wollen. – Das werden wir alles nicht klären können. Aber Sie werden mir vermutlich recht geben, dass diese Vermutungen naheliegen.

Was aber naheliegt, ist in dieser Angelegenheit jedenfalls die Stellungnahme des Lan­des Salzburg, die uns hier im Hohen Haus die Augen öffnen sollte. Ich möchte aus die­ser Stellungnahme ganz kurz zitieren. Ich zitiere:

„Die im § 1 der nunmehrigen Regierungsvorlage enthaltenen neuen Bestimmungen sind unklar, zum Teil sprachlich verunglückt und begegnen aus der Sicht der Vollzieh­barkeit auch gravierenden Bedenken, da deren Interpretation eine regelrechte Denk­sportaufgabe bedeutet.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, das ist ein sehr, sehr eindeutiges Urteil, und ich denke auch, wir hier im Hohen Haus sollten diese Stellungnahme des Landes Salzburg nicht einfach undiskutiert lassen.

Am Ende dieser Stellungnahme steht noch zu lesen: „Eine grundlegende Überarbei­tung dieser Bestimmung wird daher dringend angeraten.“


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 132

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich als Parlamentarier lässt so eine Stel­lungnahme nicht ruhig schlafen. Ich glaube, man sollte sich wirklich ernsthaft damit auseinandersetzen. Und man sollte sich auch Gedanken darüber machen, ob man die­se Mittel ohne weitere nationale Kontrolle entsprechend vermarkten möchte.

Wir wollen und wir sollen uns Gedanken darüber machen, ob wir schlussendlich hiemit wiederum einen Mosaikstein unseres Selbstschutzes an Brüssel opfern. Wir Freiheitli­che wollen das nicht und werden hier deswegen auch entsprechende Ablehnung zei­gen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.09


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Preineder. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.10.02

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Mit 1. September 2013 setzen wir eine EU-Verordnung um, die sich mit der Bereitstellung und Verwendung von Bio­zidprodukten beschäftigt. Es ist damit klar geregelt, wie die Zuständigkeiten bei den Behörden ausschauen sollen und wie die Zulassungskriterien vorgesehen sind.

Ich glaube, es ist für uns alle immer wichtig, wie und in welchem Umfeld Biozide ein­gesetzt werden. Sie dienen einerseits dem Schutz der Produktion in der Landwirt­schaft, sie dienen aber auch dem Schutz von Produkten und stellen natürlich anderer­seits auch eine Gefahr für die Umwelt dar. Da gilt es immer abzuwägen, ob der Bio­zideinsatz wirklich die letztmögliche Maßnahme ist. Und damit ist es auch notwendig, weiterhin Forschung zu betreiben.

Wir sollten, wenn es um Biozideinsatz in der Landwirtschaft geht, um eine sachliche Diskussion bemüht sein. Zum einen lehnen wir den Gentechnikeinsatz in Österreich ab – und dazu stehen wir auch. Das bedeutet, dass eben im Bereich des Pflanzen­schutzes und des Biozideinsatzes eine breitere Möglichkeit bestehen muss.

Aber im Großen und Ganzen stimmen wir dieser Vorlage zu. (Beifall bei der ÖVP.)

16.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Tau­cher. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.11.37

Bundesrat Mag. Josef Taucher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Biozidproduktegesetz umfasst im Wesentlichen eine Regelung von Zuständigkei­ten und Verfahren, Bestimmungen zu Überwachungsbefugnissen, eine Androhung von Strafen für Übertretungen von Pflichten, die in der EU-Biozidprodukteverordnung ver­ankert sind, sowie Regelungen über Gebühren und Übergangsvorschriften.

Wir haben das in der SPÖ-Fraktion diskutiert. Aus unserer Sicht kann man diesem Ge­setz – es ist ein Fortschritt – die Zustimmung erteilen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.12


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


16.12.29

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Zu dem, was zuletzt gesagt wurde: Der Einsatz von Pflanzenschutz-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 133

mitteln wird sehr heftig diskutiert. Biozidprodukte sind Schädlingsbekämpfungsmittel, die keine Pflanzenschutzmittel sind, die eben anderswo eingesetzt werden, zum Bei­spiel als Desinfektionsmittel, als Holzschutzmittel, wenn Sie imprägnieren, als Mauer­schutzmittel gegen Schimmelbefall und ähnliche Dinge, also Mittel, die man im Haus­halt einsetzt. Und die müssen genauso ein strenges Genehmigungsverfahren durch­laufen, weil eben Menschen mit ihnen hantieren. Das ist gar keine Frage.

Wenn Sie hier sozusagen das Abgeben von Rechten an die EU beschwören, so als ob wir keine Rechte hätten – ich meine, es hat schon einen Sinn, dass das europaweite Regelungen sind. Wir haben offene Grenzen. Die Menschen können die Produkte im Nachbarland kaufen und dann müssen sie sich darauf verlassen können, wenn ein österreichischer Staatsbürger in Deutschland ein derartiges Produkt kauft, dass das auch sicher ist. Und daher hat es einen Sinn, dass es diesbezüglich europaweite Re­gelungen gibt.

Das ist kein Delegieren von Verantwortungen oder Abgeben von Rechten, sondern ein­fach nur das Erleichtern des Lebens und des Zusammenlebens von Menschen. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.13


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.14.1526. Punkt

EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft 2013 (III-488-BR/2013 d.B. sowie 9003/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Da der gewählte Berichterstatter verhindert ist, bitte ich den Ausschussvorsitzenden Preineder um die Berichterstattung.

 


16.14.33

Berichterstatter Martin Preineder: Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über die EU-Jah­resvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft 2013.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 den Antrag, die EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2013 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jenewein. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.15.1


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 134

2

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab ganz kurz meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass wir heute hier die EU-Vorschau für das Jahr 2013 debattieren. Wir haben den 6. Juni. Das ist für diesen Bericht, der rund 20 Seiten hat, eigentlich ein relativ langer Vorlauf, bis er durch den Nationalratsaus­schuss, das Nationalratsplenum, den Bundesratsausschuss gegangen ist und schluss­endlich heute hier im Bundesratsplenum gelandet ist.

Ich würde mir wünschen, dass wir die Erledigung solcher Vorhabensberichte doch ein bisschen schneller haben können und nicht erst quasi mit Beginn des zweiten Halbjah­res 2013, wenn wir ihn heute für dieses Jahr hier debattieren.

Dieser Vorhabensbericht startet mit relativ viel Engagement, nämlich mit einer Reform der Agrarpolitik. Leider Gottes – und das möchte ich hier schon auch kritisch anmer­ken – fehlt im gesamten Bericht ein klares Bekenntnis zur Erhaltung unserer kleinbäu­erlichen Strukturen.

Das ist insofern nicht unspannend, weil wir ja seit dem Jahr 1999 bis zum letzten Jahr laut Statistik Austria feststellen mussten, dass jeder fünfte bäuerliche Betrieb in Öster­reich zugesperrt hat. Die Fläche ist wohl gleich geblieben, aber die kleinbäuerlichen Strukturen haben offenbar in den letzten Jahren massiv gelitten. Und ich würde mir wünschen, Herr Minister – und das meine ich jetzt gar nicht irgendwie polemisch oder unangenehm –, dass man in Zukunft, in den nächsten Jahren, in der nächsten Gesetz­gebungsperiode auch mehr Augenmerk darauf legt, diese kleinbäuerlichen Strukturen so auszustatten, dass sie Überlebensmöglichkeiten haben.

Das ist, so glaube ich, in unser aller Interesse, denn was wir in Österreich nicht wollen, ist, dass wir in Richtung einer Agrarindustrie gehen. Jetzt weiß ich schon, unsere Flä­chen sind gar nicht so groß, dass wir sie mit jenen Staaten in Europa vergleichen könnten, die diese Agrarindustrie haben. Aber wenn wir wissen, auf der einen Seite sperrt jeder fünfte Betrieb zu und auf der anderen Seite bleiben die Flächen gleich, heißt das ja unter dem Strich nichts anderes, als dass die Betriebe größer werden.

Ich denke, unsere bäuerliche Struktur macht es natürlich auch aus, dass wir gerade in den exponierten Bereichen bisher immer kleinstrukturiert waren, was ja auch dazu ge­führt hat, dass der österreichische Feinkostladen nicht zu Unrecht auf der ganzen Welt einen sehr guten Ruf genossen hat. Wenn wir das aufgeben, dann ist das ein Verlust, den wir alle nicht wollen. Da ist es völlig wurscht, welche politische Farbe. Das ist et­was, was wir nicht wollen. Da müssen wir wirklich unsere gesamte Energie darauf kon­zentrieren, dass das in Zukunft hintangehalten wird.

Das würde ich mir künftig bei Vorhabensberichten wünschen – auch wenn es jetzt nur ein Schlagwort ist, aber dass man dieses Schlagwort wirklich betont, weil es einfach wesentlich ist und weil es auch ein wichtiges Signal für unsere österreichischen Bauern ist.

Der zweite Punkt, der mir aufgefallen ist, wo ich leider Gottes sagen muss, das ist nicht unbedingt das, was ich mir wünschen würde, ist folgender: In diesem Vorhabensbericht geht es auch um die Fischereipolitik. Und da ist einer der Punkte: die Vermeidung von Rückwürfen. Im gesamten Bericht finden Sie kein einziges Mal das Wort „Beifang“. Sie haben kein einziges Mal die Forderung drinnen, dass es endlich verpflichtende Bei­fangregelungen geben soll. Sie finden das Wort „Beifang“ kein einziges Mal in diesem Bericht. Und was die Rückwürfe betrifft, so beschränkt man sich lapidar auf eine Ver­meidung derselben.

Wir alle wissen, dass gerade die Überfischung eines der ganz großen Probleme nicht nur in Europa, sondern weltweit ist, aber natürlich sollte es für uns hier – und das ist ja ein EU-Vorhabensbericht – darum gehen, dass wir uns in Europa endlich einmal auch darauf verständigen, dass es einheitliche und verpflichtende Beifangregelungen gibt.

Da ist auch die Kontrolle in keiner Weise gewährleistet. Wenn man von einer Vermei­dung der Rückwürfe spricht, frage ich: Was heißt „Vermeidung“? – Haben wir es halt leider nicht vermieden. Und das sollte man tunlichst künftig berücksichtigen.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 135

Weitere Punkte – damit sind wir schon wieder bei einem Thema, das wir heute schon einmal hatten – sind der Klimawandel und der Emissionshandel. Ich werde jetzt nicht noch einmal den Herrn Kollegen, der gerade den Raum verlassen hat, mit meinen Ver­gleichen erfreuen und versuchen, ihn zu beglücken, aber interessant ist, dass wir nach Kyoto nunmehr mit Kyoto II eine Ergänzung haben und dass dann versucht wird, mit einem Weltklimavertrag die USA und Kanada wieder ins Boot zu holen. Das Ganze vor dem Hintergrund, dass wir vor allem in den Wirtschaftsnachrichten laufend hören, dass gerade die USA derzeit – das ist schon der nächste Punkt, der mir in diesem Bericht völlig abgeht – im Bereich Fracking sehr massiv unterwegs sind. Und das wird in die­sem Bericht mit keinem Wort erwähnt.

In den Wirtschaftsnachrichten wird immer wieder gesagt, dass die Amerikaner unheim­lich tolle Frackingzahlen haben und dass sie mit dem Fracking angeblich demnächst energieautark sein wollen. Wenn Sie mit österreichischen Experten darüber sprechen, dann werden Sie relativ bald draufkommen, dass da natürlich auch mit sehr vielen unlauteren Mitteln gearbeitet wird, vor allem auch mit sehr vielen – lassen Sie es mich so sagen – nicht sehr nachvollziehbaren Zahlen. Wir alle wissen, dass man gerade in den Vereinigten Staaten von Amerika die Möglichkeit hat, 15 Prozent beizumengen. Das heißt, man kann 15 Prozent kommerziell gefördertes Gas und Erdöl beimengen, und es gilt immer noch als Fracking. Außerdem gibt es massive Steuererleichterungen.

Daher kommt man auch auf diese Zahlen, weil da natürlich enorm viel Schindluder ge­trieben wird. Man verwendet das natürlich auch, um den Energiepreis künstlich niedrig zu halten und vor allem auch Preisdruck gegenüber jenen Förderstaaten aufzubauen, die bisher im Bereich Erdöl/Erdgas Marktführer waren.

Den Emissionshandel werde ich jetzt nicht mehr ansprechen. Ich möchte noch ganz kurz auf die Nuklearenergie zu reden kommen, die in diesem Bericht angesprochen wird. Ich weiß, dass es sich hier nur um eine Schlagzeile handelt, aber ich wünsche mir bei einem Vorhabensbericht eines österreichischen Ministers, aus einem österreichi­schen Ministerium, dass da einmal ganz klar als Ziel auch definiert wird, dass wir den absoluten Nuklearausstieg in Europa wollen. Ob wir das jetzt durchsetzen, ist eine an­dere Frage. Wir wollen auch Fußballweltmeister werden, um dieses Beispiel, das heute schon mehrfach gebracht wurde, zu zitieren, wissen aber auch, dass wir das wahr­scheinlich in den nächsten vier, fünf, sechs Jahren nicht schaffen werden, aber trotz­dem sollte das das Ziel sein. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich.) – Glauben Sie, dass wir Fußballweltmeister werden? (Neuerliche Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) – Ja, genau, Sie bemühen sich! Dann müssen Sie zumindest das Ziel definieren. Dieses Ziel fehlt mir hier. Sie ha­ben hier dieses Ziel nicht definiert.

Was auch ein Thema ist – es ist sich wahrscheinlich nicht mehr ausgegangen, dass das hineinkommt, weil es zu diesem Zeitpunkt zumindest noch nicht mediales Thema war –, ist die Saatgutverordnung. Ich bin Mitglied der Arche Noah und kann nur je­dem dringend empfehlen, diesen Verein, der wirklich ganz tolle Arbeit leistet, zu unter­stützen. Die ARCHE NOAH hat schon vor drei Jahren mitgeteilt, dass es ganz proble­matisch ist, was die europäische Saatgutverordnung betrifft, und dass diesbezüglich Dinge im Laufen sind, die nicht unserer Politik entsprechen.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Bundesminister, weil Sie sich gerade in diesem Bereich relativ klar und deutlich geäußert haben, aber die ARCHE NOAH hat schon vor drei Jahren in ihren Aussendungen davor gewarnt, was da ante portas steht. Im Vorhabensbericht ist die Saatgutverordnung aber eigentlich kein Thema.

Ich weiß, dass es erst später, erst, nachdem dieser Bericht in Druck gegangen ist, mediales Thema geworden ist, aber wir wissen auch, dass das schon seit Jahren de­battiert wird.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 136

Ich würde mir wünschen, dass man da von österreichischer Seite her durchaus offen­sive Akzente setzt, auch wenn man nicht immer mehrheitsfähig ist. Mir ist es wichtig, dass unsere Republik, dass unsere Umweltpolitik beispielgebend in der Europäischen Union ist, und dazu braucht es natürlich auch Steilvorlagen. Ich weiß, dass man da hie und da einen Kontrapunkt setzen muss, ich weiß, dass man sich damit nicht immer Freunde macht, aber es kann nicht sein, dass wir gerade den Energiesektor betreffend zwar immer wieder sagen, dass wir froh sind, keine Atomkraftwerke zu haben, aber nichts tun.

Das ist eine der ganz wenigen Fragen, in denen hier im Hohen Haus Konsens herrscht. Es gibt hier ein ganz klares Bekenntnis aller Fraktionen zur Antiatompolitik, aber in der Europäischen Union werden die Stimmen laufend lauter, die auch unter dem Deck­mantel des Klimaschutzes immer wieder davon sprechen, Atomenergie nicht von Haus aus abzulehnen, weil sie eine CO2-neutrale Energie ist.

Ein klares Bekenntnis zur Antiatompolitik fehlt mir leider in diesem Bericht. Und mein Kollege hat heute schon bei einem anderen Tagesordnungspunkt gesagt, Berichte ab­zulehnen/anzunehmen, das ist immer so eine Sache. Natürlich stimmt dieser Bericht als Bericht, so wie er vorliegt, und hier einen Bericht abzulehnen beziehungsweise an­zunehmen, ist eben immer so eine Sache. Ich sage Ihnen, mit meiner Ablehnung oder meiner Gegenstimme zum gegenständlichen Bericht stelle ich nicht das geschriebene Wort in Frage, aber ich glaube, dass dieser Bericht, der die in Zahlen und in Wörter gegossene Politik ist, nicht jene Politik verkörpert, die eigentlich für die österreichische Umweltpolitik beispielgebend sein soll. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Reisinger zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.25.24

Bundesrat Friedrich Reisinger (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In der EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft findet man eine Vielzahl an Punkten und Themen, über die man hier sehr ausführlich debattieren könnte, beginnend bei der Do­nauraumstrategie über den Klimaschutz, den Umgang mit natürlichen Ressourcen, Strategien zur Luftreinhaltung, die Biodiversität, die Nutzung beziehungsweise den Ausstieg im Bereich der Atomenergie, den Emissionshandel, den Klimawandel, die Fi­scherei bis zur Forststrategie und vielem mehr. Vieles davon wurde heute hier schon sehr ausführlich besprochen.

Ein ganz zentraler Punkt ist die Ausrichtung und Gestaltung der Gemeinsamen Agrar­politik, der sogenannten GAP-Reform. Ich möchte diesen Themenbereich besonders erwähnen, weil es dabei um die Überlebensfrage für die bäuerliche Landwirtschaft in Österreich und auch in Europa geht. Nur mit einer vernünftigen GAP-Regelung können nämlich die vielfältigen Zielsetzungen der Landwirtschaftspolitik in Zukunft erreicht wer­den.

Es geht dabei um die Erhaltung einer flächendeckenden wettbewerbsfähigen Produk­tion regionaler Lebensmittel, damit auch die Selbstversorgung mit Lebensmitteln in Zu­kunft gesichert ist, es geht selbstverständlich auch um die Pflege der Kulturland­schaft – eine wichtige Frage auch für die österreichische Tourismuswirtschaft –, und es geht um die Erhaltung der vitalen ländlichen Räume.

Es geht dabei ganz sicher nicht – ich möchte das besonders betonen – um eine beson­dere Form einer privilegierten Sozialpolitik für eine ganze Berufsgruppe, wie das von manchen gerne dargestellt wird.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 137

Wenn wir von finanziellen Abgeltungen sprechen, dann geht es darum, dass besonde­re Leistungen im Zuge der Landbewirtschaftung auch entsprechend bezahlt gehören. Und zu diesen von der Allgemeinheit gewünschten und geschätzten besonderen Leis­tungen zählen die Einhaltung einer Reihe von Umweltauflagen in der Produktion, be­rechtigter Tierschutzbestimmungen, aber auch die Erfüllung des Wunsches nach quali­tativ hochwertigen Lebensmitteln.

Jetzt werden Sie vielleicht fragen: Ja, und was ist daran so besonders, das müsste doch eine Selbstverständlichkeit sein? – Ja, das wäre es auch, wenn sich die Preise der Produkte ausschließlich an den Gestehungskosten orientieren würden. Und da liegt das große Problem für unsere bäuerlichen Produzenten: Durch die Globalisierung des Handels sind die Preise für Agrarprodukte, ob wir das wollen oder nicht, weltmarkt­orientiert. Und zusätzlich kommt noch der Preiskampf der Handelsketten dazu, wobei man schon bald von einem Monopol sprechen kann, was die Situation auch nicht ge­rade erleichtert.

Das ist jetzt keine Jammerei, aber niemand, weder bäuerliche Idealisten noch größere Grundbesitzer, kann auf Dauer zu nicht kostendeckenden Preisen produzieren. Aufga­be einer umsichtigen Agrarpolitik muss es meiner Meinung nach daher sein, hier einen finanziellen Ausgleich zu schaffen, damit eben die landwirtschaftliche Produktion in Ös­terreich, in Europa in der Form, wie wir sie gerne haben wollen, auch möglich ist.

Die zentralen Fragen sind daher: Was leisten wir uns an Auflagen und an Bestimmun­gen? Wie viel wollen wir insgesamt für die Landwirtschaft ausgeben? Wie viel müssen wir ausgeben, um die gewünschten Anforderungen beziehungsweise die Anforderun­gen zur Erhaltung der bäuerlichen Struktur und damit der bäuerlichen Produktion auch nachhaltig abzusichern und zu erreichen?

Dann geht es aber auch noch um den Wirtschaftsfaktor Bauernhof insgesamt – als Auftraggeber für das Gewerbe und auch die Industrie. Deshalb ist es wichtig, dass auch Anreize geschaffen werden, damit Investitionen für die Zukunft getätigt werden können.

Eine neue Market-Studie zeigt, dass die österreichischen Bauern für die nächsten zwei Jahre Investitionen in der Größenordnung von über 5,5 Milliarden € planen. Die Land­wirtschaft ist damit auch ein zentraler Bestandteil des regionalen Wirtschaftskreis­laufes. Viele Bereiche greifen ineinander, von Tourismus und Gastronomie über Han­del und Gewerbe bis hin zur Lebensmittelverarbeitung. Besonders deutlich ist der Zu­sammenhang beim Handwerk und der Bauwirtschaft. Die Land- und Forstwirtschaft, die zwischen 4 Prozent und 5 Prozent der Erwerbstätigen ausmacht, sichert rund 530 000 Arbeitsplätze in Österreich, an die 140 000 davon befinden sich im vor- und nachgelagerten Bereich.

Sehr geehrte Damen und Herren, in den nächsten Tagen und Wochen geht es daher bei den GAP-Verhandlungen nicht nur um die Zukunft der Bäuerinnen und Bauern, es geht auch um die Zukunft aller Österreicherinnen und Österreicher. Und ich wünsche dir, Herr Bundesminister, für diese Verhandlungen viel Erfolg und vor allem auch Hart­näckigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schennach zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.31.14

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Normalerweise rüge ich ja immer die Opposition, wenn sie einer Jahresvorschau, die ja nur eine Information ist, mit einem Kontra begegnet. Heu-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 138

te hätte ich das nicht getan, Herr Kollege Jenewein, aber aus einer anderen Argumen­tation heraus – aber Ihre Argumentation ist Ihre Argumentation. Es ist doch eine etwas andere Jahresvorschau, eine etwas problematischere Jahresvorschau aus der Per­spektive auch der Europäischen Union.

Wir haben einen europäischen Haushalt mit einem Anteil von beinahe 50 Prozent des agrarischen Bereichs – man meint, die Europäische Union ist ein agrarisches Entwick­lungsland –, und es liegt bis heute für das zweite Halbjahr 2013 kein Arbeitsprogramm vor. Für die nachfolgende Präsidentschaft liegt noch nichts vor!

Wenn wir uns Arbeitsprogramme anschauen – wir haben heute schon eines disku­tiert –, sehen wir, es steht Punkt für Punkt drinnen, was die Kommission und der Rat im Konkreten vorhaben. Es ist schon klar, im Bereich der Agrarpolitik gibt es mehrjährige Rahmen, aber trotzdem halte ich es schon für problematisch, wenn heute, Anfang Juni, für das zweite Halbjahr noch kein Arbeitsprogramm vorliegt.

Lassen wir ganz kurz die gestrige Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates Re­vue passieren und schauen wir uns Maßnahmen en détail an. Wir haben gestern das Pflanzenvermehrungsmaterial, Pflanzenschädlinge, Tiergesundheit sowie das Lebens- und Futtermittelrecht diskutiert, vier Richtlinien, enorm problematisch – rechtlich gese­hen, enorm problematisch.

Jetzt tut es mir ein bisschen leid, dass ich als Bundesrat einen Bundesrat, der fordert, dass wir eine Offensive machen, über Folgendes informieren muss: Herr Kollege, wir haben gestern die gelbe Karte gezeigt! Nämlich genau zu dem, was Sie heute ange­sprochen haben: zur Regelung betreffend das Saatgut. Wir haben gestern im EU-Aus­schuss des Bundesrates gesagt, dass es absurd ist, dass man versucht, in einem marktwirtschaftlichen Gebilde wie der Europäischen Union die Marktwirtschaft zu un­terbinden!

Wir haben in unserem Einspruch darauf hingewiesen, dass damit im Bereich der regio­nalen Sorten, der alten Sorten, der tradierten Sorten auch das verhindert würde, was wir im Jahrzehnt der Biodiversität gefordert haben, nämlich die Biodiversität.

Wir sind froh, dass der Herr Minister die Petition unterschrieben hat. Ich möchte mich dafür ausdrücklich bedanken, Herr Minister, dass Sie die Petition unterschrieben ha­ben.

Wir haben bei 150 Rechtsakten schon wieder 40 delegierte Rechtsakte gefunden, bei denen sich sozusagen die Kommission anmaßt, Bestimmungen hineinzunehmen, bei denen die Mitgliedstaaten in der Form dann kein Mitspracherecht mehr haben. – Wir brauchen diese Freiräume, wir brauchen aus ökologischer Sicht, aus regionaler Sicht diese Freiräume, aber auch der Lebensmittelhandel ist auf unserer Seite, denn Konsu­menten und Konsumentinnen wollen diese Produkte und fragen sie auch immer wieder nach.

Was würden diese Beschränkungen denn für den österreichischen Obstbau bedeuten, abgesehen von den – es geht natürlich auch bei Saatgut immer auch um geistiges Ei­gentum, das darf man nicht unterschätzen – kommerziellen Auswirkungen? – Initiati­ven wie die heute hier schon angesprochene Arche Noah, die man gar nicht genug wertschätzen kann, sind daher von immenser Bedeutung. Und der Versuch dieser Richtlinie ist eine Breitseite gegen alles, was wir in Österreich in diesem Bereich als biologisches Musterland aufgebaut haben.

Deshalb, Herr Kollege, für Sie zur Information: Wir haben gestern die gelbe Karte ge­zeigt! Aber der EU-Ausschuss des Bundesrates war aufgrund der Diskussion sowohl über die Pflanzenschädlinge als auch über die Tiergesundheit dermaßen alarmiert, dass wir auch da Gelb vorbereiten – die nächste Sitzung ist gerade noch im vorgese­henen Zeitraum.


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 139

Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass man nicht Testballone steigen lassen kann, um zu sehen, wie viel Mitgliedstaaten aushalten, was das Hineinmischen delegierter Rechtsakte betrifft. In einem Bereich der Richtlinie sind es bereits 50 Prozent. Das geht nicht!

Wir haben zum Beispiel im Bereich der Tiergesundheit bereits starke Bündnispartner. Frankreich, Deutschland, England, Spanien sind da durchaus auf unserer Seite.

Und was das Saatgut betrifft, Herr Kollege, werden wir mit Sicherheit – wir sind in Kür­ze bei der COSAC, der Vereinigung der nationalen EU-Ausschüsse – versuchen, zu organisieren, dass möglichst viele EU-Staaten auf unserer Seite sind.

Das ist halt Demokratie innerhalb der Europäischen Union. Aber dazu muss man die Vorhaben kennen, denn dann kann man auf die Vorhaben entsprechend reagieren, und wir wissen, die Europäische Union ist da besonders sensibel. Das hat man schon bei den Themen gesehen, bei denen der Bundesrat auf die gelbe Karte gesetzt hat.

Der andere Bereich – ich möchte ihn nur kurz streifen –, den die Jahresvorschau natür­lich umfasst, wo aber insgesamt überall sehr schlechte Karten sind, was jedoch we­niger mit der EU zu tun hat, sind Klimaschutz und Emissionshandel. Wir haben das heute schon angesprochen, der Emissionshandel ist in einer Sackgasse. Und beim Kli­maschutz steht, wie der Herr Minister heute auch schon gesagt hat – wir waren auch gemeinsam in Doha –, die Europäische Union allein da. Dank einer deutschen Initiative in Doha ist von dem Versprechen, das wir beim Klimagipfel in Südafrika den Entwick­lungsländern gegeben haben, noch etwas übrig geblieben.

Zur Biodiversität: Wir hatten ein Jahrzehnt der Biodiversität! Liebe Kolleginnen und Kol­legen, 95 Prozent sind bereits verschwunden, wir reden über die Biodiversität der letz­ten 5 Prozent der Arten, die wir auf Erden haben. Und verschwindet eine, ist sie für im­mer verschwunden.

Vor Kurzem wurden interessanterweise Bilder gefunden, die auf der dritten Antarktis­reise von James Cook gemalt wurden, die sind jetzt veröffentlicht. Und das Schaurige ist, dass jetzt bis auf zwei Gattungen bei jeder einzelnen Gattung dabeisteht: ausge­storben. Das gibt es alles nicht mehr.

Ein weiterer Punkt ist die Wasserpolitik. Ich möchte jetzt nicht auf die Katastrophe, die wir derzeit in unserem Land, in Deutschland, in Tschechien – in Kürze in Ungarn – er­leben, eingehen, sondern darauf, dass wir im Bereich der Wasserpolitik vor ganz an­deren Herausforderungen stehen. Klimawandel bedeutet, dass es zu viel Wasser gibt und gleichzeitig auch zu wenig, und wenn es zu wenig Wasser gibt, ist das ein Pro­blem. (Bundesrat Kneifel: Auch zu viel ist ein Problem!) – Auch zu viel Wasser ist ein Problem, aber der Mensch lebt von Trinkwasser, und das Trinkwasser ist eben sehr ungleich verteilt auf unserer Erde.

Herr Minister, einen Punkt ganz konkret muss ich aus sozialdemokratischer Sicht na­türlich in Frage stellen, die Aussage: Die ländliche Entwicklung ist das Kernstück der österreichischen Agrarpolitik. Wenn das so wäre, dann würden nicht so viele Frauen das Land verlassen, wenn wir ein bisschen mehr als nur Agrarpolitik unter ländlicher Entwicklung verstehen würden, nämlich Bildungsstandort, Arbeitsplätze auch außer­halb des agrarischen Bereichs, Tourismus und so weiter. Es steht so explizit drinnen, ich musste das ein bisschen hier erwähnen.

Aber wo Feuer am Dach ist, das ist die Erklärung des Kommissionspräsidenten Barro­so nach dem letzten Gipfel. Er hat gemeint, nach der Bekämpfung des Steuerbetruges müssen wir die Energie in eine neue Balance bringen. „Energie in eine neue Balance bringen“ heißt nach dem EU-Kommissionspräsidenten, die erneuerbare Energie zu-


BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 140

rückfahren in den Förderungen und die Schiefergasförderung erhöhen. Das ist, was er unter „in eine neue Balance bringen“ versteht.

Bei der Schiefergasförderung – jetzt bleibe ich ökologisch, jetzt gehe ich einmal von Ih­nen weg – entsteht Frackingwasser, das ist Sondermüll. Und man braucht wie beim Atommüll Endlager. Die Amerikaner wissen derzeit nicht, wohin damit. Das ist jetzt in Schiffen gebunkert. Sie wissen nicht, wohin damit. Und wenn wir jetzt einen Druck schaffen in Richtung Schiefergasproduktion, dann entsteht gigantischer Sondermüll in Form von Frackingwasser, für dessen Lagerung weder die Amerikaner noch die Euro­päer nur irgendeine Idee haben. Und so sind wir wieder dort, wo wir am Beginn der Atomtechnologie waren, wo man nicht gewusst hat, was man dann mit den Brennstä­ben und mit dem Atommüll macht.

Noch etwas steht leider im Hintergrund dieser Meldung, und da sind wir ein bisschen einsam, und der Herr Minister hat es da nicht so leicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, nämlich: Mit dem „in Balance bringen“ ist nicht nur das Schiefergas gemeint. Er hat lei­der auch ein bisschen die Rückkehr der Atomenergie damit gemeint. Es droht hier ein Kuhhandel. Es droht der Kuhhandel, wir gehen bei der Solarenergie, bei den erneuer­baren Energien runter und gehen beim Schiefergas und bei der Atomtechnologie rauf. Dabei sind wir, Herr Kollege Jenewein, von den 179 Atommeilern in den 14 EU-Mit­gliedstaaten auf 132 heruntergekommen. Dass wir da jetzt wieder hinaufsteigen, das will niemand. Aber leider ist da noch nicht die Mehrheit im Rahmen der Europäischen Union auf unserer Seite.

Das heißt, hier müssen wir wahnsinnig vorsichtig sein, und ich bin froh, dass wir das für Österreich ausgeschlossen haben, aber die Diskussion mit dem billigen Schiefergas in Polen und so weiter kommt. Allerdings: Endlager bedeuten wiederum endlose Kos­ten und letztlich eine Umverteilung, wie wir das bei den Atommülllagern auch hatten.

In diesem Sinne, Herr Bundesminister: Wir warten gespannt – und vielleicht kann man da sogar dem Bundesrat einen Zwischenbericht geben –, was im zweiten Halbjahr die litauische Präsidentschaft in der Agrarpolitik vorhat. Ich glaube, das sollten wir schon noch in diesem Jahr erfahren. Aber wir nehmen selbstverständlich diese Jahresvor­schau zur Kenntnis. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Berlako­vich. – Bitte.

 


16.43.40

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Um an dem zuletzt Gesagten gleich anzuknüpfen: Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik geht jetzt sozusagen in die heiße Phase, in die Schluss­runde. Wir haben vor vier Jahren mit den Vorbereitungen und mit dem Abgleichen, mit dem Herantasten an Positionen begonnen. Da geht es um das Durchsetzen von Län­derinteressen, von österreichischen Interessen.

Insgesamt soll die europäische Agrarpolitik ökologischer werden: Greening the Com­mon Agricultural Policy, und das ist in Wahrheit der Weg, den wir in der Landwirtschaft gehen, seit dem EU-Beitritt. Unsere Landwirtschaft ist ökologisch und nachhaltig, und wir werden dafür in ganz Europa gelobt, vom Kommissionspräsidenten Barroso ab­wärts. Er sagt – und das ist jetzt nicht eine Selbstberühmung, aber das Lob gebührt den Bäuerinnen und Bauern, den Betrieben im ländlichen Raum –: So, wie die Öster­reicher Agrarpolitik machen, so wäre es ein Vorbild für Europa. Daher unterstützen wir die Kommission bei der Reform der Agrarpolitik Richtung mehr Ökologie. Was wir aber nicht unterstützen, ist die bürokratische Art und Weise, wie sie es ausbaut und aus­richtet.


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Jetzt sind wir insofern in der heißen Phase, als wir als Agrarminister unsere Position haben und die Kommission ihre Position hat. Neu im Verhandlungsverfahren ist, dass das Europäische Parlament auch mit dabei ist. 27 Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die Kommission – Riesenverhandlungen, Riesenherausforderung.

Wir haben vor einer Woche in Irland einen informellen Agrarministerrat gehabt, wo es um das Angleichen von Positionen geht. Da sind viele Detailfragen noch offen. Viel­leicht haben Sie es gestern gehört, das Europäische Parlament hat verkündet, sie las­sen die ganze Reform platzen. Das zeigt, dass es Spitz auf Knopf steht. Hier zu einem Ergebnis zu kommen, das ist die Aufgabe der nächsten Wochen und Monate. Das Ziel der irischen Ratspräsidentschaft wäre – wir unterstützen das –, dass jetzt Ende Juni die Gemeinsame Agrarpolitik finalisiert wird.

Wenn das gelingt, dann können die parlamentarischen Beschlüsse im Europaparla­ment und im Rat im Herbst, das heißt September, Oktober, gefasst werden. Und wenn dann die Rechtsgrundlagen da sind, dann müssen die Mitgliedstaaten, so auch Öster­reich, die Programme machen: das Umweltprogramm, das Investitionsprogramm, das Bergbauernprogramm.

Daher ist die Zeit sehr knapp. Es wird ein Übergangsjahr geben. Das Jahr 2014 wird ein Übergangsjahr sein für die Gemeinsame Agrarpolitik, sodass die Reform dann nach dem heutigen Stand mit 1.1.2015 beginnt.

Was ist das Wesen? Sie haben recht, es sperren Agrarbetriebe zu. Aber nichtsdesto­trotz hat Österreich eine kleinstrukturierte Landwirtschaft. Schauen Sie sich die Sta­tistik an! Die kleinsten landwirtschaftlichen Betriebe finden wir in Österreich, was die Fläche anlangt, was die Anzahl der Rinder anlangt, der Schweine anlangt und so wei­ter. Und das Ziel ist, die kleinbäuerliche Struktur zu unterstützen, gegen die brutalen Marktkräfte. Das ist der springende Punkt bei der Agrarreform: ob sich Europa in Rich­tung Agrarindustrie entwickelt, was wir ablehnen, oder in Richtung bäuerlicher Fami­lienbetriebe, die heute anders ausschauen als vor 50 Jahren, aber noch immer von bäuerlichen Familien geführt werden.

Eines bitte ich schon zu bedenken, aber ich möchte jetzt nicht eine neue Diskussion anfangen: Die Diskussion um die Maisbeize betrifft kleine Bauern, in der Steiermark, die jetzt plötzlich neue Bedingungen vorfinden und noch nicht wissen, wie sie mit dem neuen System umgehen. Da müssen wir ein neues System entwickeln. Das sagt sich recht leicht, jetzt muss etwas Neues entwickelt werden, nur den Weg muss man einmal finden.

Also hier nur von Kleinbetrieben zu reden, die zu beschwören ist zu wenig. Man muss dann mit konkreten Taten diese auch unterstützen. Wir machen das in der Reform der Agrarpolitik. Wir wollen ein Förderprogramm für Kleinlandwirte, für Junglandwirte und auch für benachteiligte Gebiete.

Die Zahl, die hier genannt wurde, ist nicht mehr aktuell, dass im europäischen Budget 50 Prozent für die Landwirtschaft aufgewendet wird. Das war vor Jahrzehnten so. Der Wert ist jetzt ein bedeutend geringerer und liegt unter 40 Prozent. Es war aber wichtig, die Finanzmittel zu sichern.

Natürlich, Herr Bundesrat Schennach, ist die ländliche Entwicklung das Herzstück der Agrarpolitik Österreichs, denn in der ländlichen Entwicklung haben wir all die Program­me drinnen, die die ökologische Landwirtschaft unterstreichen. In der ländlichen Ent­wicklung haben wir ein Umweltprogramm drinnen, das den Effekt hat, dass wir Biowelt­meister sind, dass kein Staat in der Europäischen Union und sonstwo mehr biologische Landwirtschaft hat als Österreich, das den Effekt hat, dass wir die Bergbauern unter­stützen, die in schwierigen Lagen in Riesenseehöhe trotzdem noch wirtschaften. Wir haben ein LEADER-Programm drinnen, das bewirkt, dass im ländlichen Raum die ein-


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zelnen Sektoren zusammenarbeiten, die Bauern mit der Industrie, mit dem Tourismus. Damit können wir in ländlichen Gebieten, wo es wenig Arbeitsplätze gibt, auch oft für Frauen, neue schaffen. Das ist ein zäher, mühseliger Prozess.

Der Dank gebührt da diesen LAGs, diesen Arbeitsgruppen. Der Obmann sitzt da, der Bundesrat Temmel, andere werden auch dabei sein. Da geht es darum, dass wir über Parteigrenzen hinweg schauen, dass der ländliche Raum eine Dynamik kriegt. Denn in Europa und auf der ganzen Welt ist es so, dass die Städte immer größer werden und das Land immer mehr entvölkert wird, dass in den Dörfern nur mehr alte Leute leben, weil die Jungen wegziehen.

Daher ist ein Teil der Politik im ländlichen Raum, zu schauen, dass der ländliche Raum vital bleibt und neue Chancen eröffnet. Das ist schwierig, aber das war immer unser Grundsatz, und den wollen wir auch weiterverfolgen. Dazu braucht es Geld. Die Fi­nanzverhandlungen zum europäischen Budget waren ja positiv, denn Österreich ver­liert nur 2,8 Prozent der Mittel in der ländlichen Entwicklung. Das war eine gemein­same Arbeit der Bundesregierung. Bayern beispielsweise verliert 20 Prozent in der ländlichen Entwicklung und kann daher diese Programme nicht mehr fortführen. Das ist der eine Punkt.

Das Ziel ist klar, nur damit Sie das auch noch hören, was das Ziel der österreichischen Agrarpolitik ist: Wir wollen eine produzierende Landwirtschaft mit ökologischer Verant­wortung. Wir wollen, dass die Bauern leistbare Qualitätslebensmittel erzeugen – bio, konventionell, österreichisch –, österreichische Qualitätslebensmittel, auf die man sich verlassen kann, die eine hohe Qualität haben und die man sich leisten kann. Darüber hinaus haben die Bauern auch eine ökologische Verantwortung. Sie müssen auf die Umwelt schauen, Boden, Luft, Wasser sauber halten und letztendlich auch erneuerba­re Energie produzieren.

Stichwort Fischereipolitik, weil Sie es erwähnt haben. Österreich ist eines von fünf Bin­nenländern in der Europäischen Union und hat sich immer für nachhaltige Fischerei ausgesprochen, speziell was Meeresfischerei anlangt. Erstmals haben wir hier jetzt eine aktive Rolle eingenommen, weil wir gesagt haben, es ist nicht mehr akzeptabel, dass die Meere leergefischt werden, dass hier all das passiert, was Sie angesprochen haben, etwa die Problematik Beifang, wo in Wahrheit das meiste, das gefangen wird, wieder ins Meer zurückgeworfen wird und dabei die Meereslebewesen, Fische und an­deres Meeresgetier zugrunde gehen.

Es gibt eine sehr mutige Fischerei-Kommissarin, eine Griechin, nämlich Frau Dama­naki, die dieses Thema angeht, und Österreich steht hier an der Spitze, wir unterstüt­zen sie dabei, weil auch die Konsumenten in Österreich immer kritischer werden und fragen, woher kommt der Fisch, genauso wie bei allen anderen Lebensmitteln, wie wurde der erzeugt. Jetzt wurde bereits die Reform angegangen, auch im Europäischen Parlament: strengere Regeln für die europäische Fischereiwirtschaft, damit derartiger Beifang und Rückwurf vermieden wird, reduziert wird, ganz verhindert wird.

Das, was wir aber gleichzeitig machen, ist, dass wir in Österreich die Fischereiproduk­tion steigern wollen. Wir haben vor zwei Jahren ein Aquakulturkonzept entwickelt, und wir wurden für unsere Aktivitäten belohnt: Die Fischereikommissarin hat in Österreich einen großen Aquakulturkongress in Mondsee gemacht, wo das Ziel ist, die heimische Fischereiwirtschaft zu heben. Wir werden nicht den ganzen Fisch, der in Österreich ge­gessen wird, in Österreich erzeugen können, dieses Potenzial haben wir nicht, aber ei­ne nachhaltige Produktion mit heimischer Fischereiwirtschaft, das wollen wir. Da haben wir einen klaren Plan, wie wir diese ausbauen wollen, und den werden wir auch um­setzen.

Es wurde die Energiewirtschaft erwähnt. Wir haben vorhin über die Atomkraft gespro­chen. Ja, wir sind derzeit in Europa in der Phase, dass Energie eine zentrale Stand-


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ortfrage wird, neben dem Klimaschutz. Das Fracking wurde erwähnt. Für uns kann Fracking keine Perspektive sein, das Schiefergas herauszuholen. Wo es in den USA herausgeholt wird, das sind weitgehend unbesiedelte Landstriche, dort wird mit schwe­rer Chemie in den Untergrund gefahren, um das Gas herauszuholen. Diese Verfahren sind im höchsten Maße umweltpolitisch brisant und abzulehnen. Bei uns ist das Schie­fergasvorkommen im Weinviertel, einem besiedelten Gebiet, wo Menschen auf sanften Tourismus und Weinbau setzen. Wir lehnen das ab, und daher haben wir das Fracking auch UVP-pflichtig gemacht. Es ist das keine Perspektive für uns.

Aber die Diskussion um den Wirtschaftsstandort Europa mit leistbarer Energie ist na­türlich da. Für mich ist das Schiefergas keine Antwort und die Atomkraft sowieso nicht, aber viele Staaten sagen, Energie wird teurer, also setzen wir wieder auf die Atomkraft, denn die ist eh sauber. Die haben alle aus Tschernobyl und aus Fukushima nichts ge­lernt. Die Katastrophe in Fukushima war erst vor ein paar Jahren, und trotzdem sagen viele europäische Staaten, wir brauchen die Atomkraft.

Wir haben es heute schon einmal besprochen, unter dem Deckmantel Technologie­neutralität wollen manche Staaten ganz offen, dass die Atomkraft genauso gefördert wird wie die erneuerbaren Energien. Der Kollege Mitterlehner und ich waren bei einem gemeinsamen Ministerrat, und wir haben uns für Österreich dezidiert dagegen ausge­sprochen. Auch der Herr Bundeskanzler hat das getan. Das kann doch nicht der Weg sein, dass wir jetzt Atomkraft forcieren, und niemand weiß, wo der atomare Restmüll hinkommen soll, weil es auf der ganzen Welt kein Endlager gibt. Das wird alles irgend­wo zwischengelagert.

Das kann keine Antwort sein, daher lehnen wir das ab und setzen auf die erneuerbare Energie. Die muss unterstützt werden, auch in der europäischen Koordinierung. Da gibt es in Österreich nach wie vor Gegner, ganz offen, und auf der europäischen Ebe­ne gibt es die auch. Nur, es hat einen Sinn, auf erneuerbare Energie zu setzen. Das ist nicht nur ein Thema für die Land- und Forstwirtschaft, das ist ein Thema für breite Be­völkerungskreise, dass ich meine Energie selber mache, auf meinem Hausdach, in meiner Wohnung, dass ich Energie spare, Energie effizient verwende. Dann können wir unsere Ziele erreichen und damit Klimaschutz machen und Österreich ein Stück un­abhängiger machen.

Vor zwei Jahren haben wir 15 Milliarden € für Energieimporte ausgegeben, weil wir Öl, Gas und Kohle kaufen mussten, voriges Jahr 17 Milliarden €. Das Geld fließt aus Ös­terreich ab! Ich sage jetzt nicht, dass wir uns abschotten sollen, aber wir müssen einen sauberen, ökologischen Weg finden, und das Nützen von erneuerbaren Energien bringt mit sich, dass die Menschen selber ihre Energie erzeugen und damit ein Stück Unabhängigkeit zurückgewinnen. Das ist für mich das faszinierende Thema dabei. Und es ist so, dass Österreich hier immer voran war.

Zum Thema Atomkraft wollte ich noch eines sagen: Die Stresstests, die wir damals in Europa eingeführt haben, haben erstmals nachgewiesen – das war ein Tabubruch –, dass kein europäisches Atomkraftwerk sicher ist, dass alle einen Nachrüstbedarf ha­ben. Nur: Die Europäische Kommission hat den Endbericht den Staats- und Regie­rungschefs noch nicht präsentiert. Das hätte im Mai passieren sollen, hat aber nicht stattgefunden. Das ist ein schweres Versäumnis, das muss nachgeholt werden.

Aber wir setzen auch andere Initiativen, etwa in Sachen Gentechnikfreiheit. Umwelt­musterland Österreich: Wir haben immer die Gentechnik in der Landwirtschaft abge­lehnt. Und jetzt ist der Effekt, dass Monsanto sagt, sie wollen sich sukzessive vom eu­ropäischen Markt zurückziehen.

Ich habe im Jahr 2009 auf europäischer Ebene Selbstbestimmungsrecht in der Frage der Gentechnik beantragt: Wir wollen selber darüber entscheiden und wollen die Gen-


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technik nicht aufs Aug’ gedrückt bekommen. Wir waren 10 Staaten am Anfang, jetzt sind wir 21, die das wollen. Wir haben noch nicht die Mehrheit, weil große Staaten da­gegen sind, und die Kommission hat auch noch nicht die Kraft aufgebracht, uns dabei zu unterstützen, dass man sagt, ja, es soll ein Staat wie Österreich sich für gen­technikfrei erklären können. Das geht derzeit rechtlich noch nicht, aber das wollen wir haben.

Die EU-Saatgutverordnung wollte ich auch noch ansprechen, weil es geheißen hat, es ist schon vor drei Jahren gewarnt worden. Der Bericht ist Anfang des Jahres gemacht worden, und am 6. Mai hat der Kommissar erst seinen Entwurf vorgelegt. Wir waren der erste Staat, gemeinsam mit dem Verein Arche Noah, der schon vor dem Entwurf, ein paar Wochen vorher, gesagt hat, für uns kommt das nicht in Frage, denn wir haben bisher immer in Österreich die Saatgutverordnung sehr liberal ausgelegt, dass auch Kleinerzeuger, Kleingärtner ihre Chancen bekommen. Alte Sorten, alte Haustierrassen fördern wir über die ländliche Entwicklung. Über die agrarischen Programme fördern wir Bauern, wenn sie alte Haustierrassen pflegen, Zillertaler Sprinzen in Tirol zum Bei­spiel, Murbodner Rinder, Waldviertler Blondvieh. Das gilt natürlich auch für alte Getrei­dearten, Gemüsearten, alte Sorten. Bauern werden finanziell unterstützt, wenn sie sich mit diesen Dingen befassen. Das wollen wir ausbauen.

Daher stehen wir in Europa an der Spitze jener, die sagen, es muss ein liberalisiertes Saatgutrecht geben. Wer im großen Stil Saatgut kauft, braucht Regeln, aber die Klein­erzeuger sollen hier liberal behandelt werden, und das wollen wir auch unterstützen. Daher danke ich Ihnen, wenn Sie uns auf diesem Weg hier begleiten. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

16.56


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.57.0127. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunstförderungsbei­tragsgesetz 1981 und das Denkmalschutzgesetz geändert werden (Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur) (2189 d.B. und 2307 d.B. sowie 8980/BR d.B.)

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Königreichs Spa­nien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich (1787 d.B. und 2308 d.B. sowie 8981/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zu den Punkten 27 und 28 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 27 und 28 ist Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte um die


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Berichte.

 


16.57.28

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Die Berichte des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur zu den zur Debatte vorgesehenen Be­schlüssen des Nationalrates liegen Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher verzichte ich auf die Verlesung und komme gleich zu den Anträgen, gegen die Beschlüsse des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Zur Abhandlung dieser Tagesordnungspunkte darf ich sehr herzlich Frau Bundesminis­terin Dr. Schmied hier bei uns im Bundesrat begrüßen. Herzlich willkommen! (Allge­meiner Beifall.)

Ich darf gleich sagen, dass mir keine Wortmeldungen vorliegen.

Wünscht jemand das Wort? Frau Bundesministerin? – Das ist nicht der Fall.

Dann gelangen wir zur Abstimmung.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Öster­reich und der Regierung des Königreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle abermals Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

16.59.2429. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 22. Mai 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2278/A und 2309 d.B. sowie 8982/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte um den Bericht.

 


16.59.40

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur zu dem zur Debatte vorgesehenen Be­schluss des Nationalrates liegt Ihnen schriftlich vor. Daher verzichte ich auf die Verle­sung und komme gleich zum Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 146

17.00.18

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Das ist jetzt so ein Moment: Manchmal lehnt man als Op­positionspartei ganz bewusst etwas ab und hofft, dass man sich irrt! Das ist so ein Fall, aber da muss man auch gewisse mahnende Worte sagen, damit auf etwas geachtet wird. Und: Wie gesagt, ich hoffe, dass wir uns irren!

Zuallererst die ganze Geschichte, damit die Zuschauer zu Hause wissen, worum es überhaupt geht, denn sonst weiß man nicht, worüber ich rede.

Es gibt in Wien ein wunderschönes Winterpalais von Prinz Eugen – das berühmte Bel­vedere war ja sein Sommerpalais –, wo er im Winter gewohnt hat. Nach vielen anderen Nutzungen ist es in den letzten Jahren der Sitz des Finanzministeriums gewesen. Das Finanzministerium residierte sozusagen in einem der schönsten Palais, die wir über­haupt in Wien haben, in der Innenstadt jedenfalls, und dieses Palais hat die mit Ab­stand schönste Feststiege, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. – Vielleicht als kleine Werbung zwischendurch. Wenn es dann eröffnet ist, schaue auch ich es mir sehr, sehr gerne an.

Aber jetzt kommen wir zur Restaurierung und Renovierung dieses Palais, und das ist eine sehr eigene Geschichte, sage ich einmal. Es gab ja damals auch viele Berichte darüber in den Medien. Das war in der Zeit von Finanzminister Grasser, der den Auftrag gegeben hat, dass dieses Palais renoviert wird. Es wurden dafür 200 Mil­lionen € investiert. Doch die jetzige Frau Finanzministerin Fekter hat sich gedacht: Nein, eigentlich wollen wir da gar nicht mehr einziehen, wir machen daraus ein Mu­seum!

Jetzt wird daraus ein Museum – nachdem 200 Millionen € in ein Gebäude investiert worden sind mit dem Ziel, dass dort wieder ein Ministerium einzieht. Jetzt soll es aber einen anderen Zweck haben, und zwar soll jetzt daraus ein Museum werden. Und weil es ein Museum wird, müssen jetzt 5,7 Millionen € in den Umbau investiert werden.

Man kann jetzt prinzipiell sagen: Eigentlich gehört das ja ohnehin für die Öffentlichkeit geöffnet! Dieser Meinung waren wir Grünen damals schon – ich kann mich noch er­innern, ich war damals in der Wiener Lokalpolitik –, als der Grasser gesagt hat, dass das Palais renoviert wird. Allerdings ist alles schlampig gemacht worden, wenn ich das so sagen darf.

Kam die Idee – und das würde mich interessieren – von der Finanzministerin, dass man daraus ein Museum machen soll? Hat das Finanzministerium gesagt: Wir investie­ren 5,7 Millionen € aus dem Kulturbudget und haben einen jährlichen Bedarf von 2,55 Millionen €, oder hat sie das mit Ihnen verhandelt und Sie waren einverstanden, dass das Geld aus dem Kulturbudget kommt? Macht jetzt die Finanzministerin Kultur­politik? Es würde mich schon interessieren, wer da mit wem verhandelt hat. Wer hat der Frau Husslein von der Galerie Belvedere gesagt: Bespielt das, bitte!? War das die Finanzministerin, oder war das die Kulturministerin? Ich will wissen, wer in diesem Land Kulturpolitik macht. (Bundesrat Kneifel: Das Ergebnis ist wichtig!)

Nein, da geht es schon auch um Aufgaben! (Bundesrat Kneifel: Ein gutes Ergebnis!) Nein! Wenn eine Finanzministerin entscheidet, welches Geld aus dem Kulturbudget wohin fließt, dann halte ich das nicht für in Ordnung, dann ist das nicht okay! Die Frau Ministerin sagt ja der Finanzministerin auch nicht, wie sie ihr Geld zu verwalten hat oder welche Steuergelder wie zu verwenden sind. Ich weiß nämlich, dass sie auch ein paar andere Sachen tun würde. Sie tut es ja nicht. Jetzt würde mich interessieren, ob es umgekehrt auch so ist.

Nichtsdestotrotz: Unser Hauptproblem ist – und das ist der Moment, wo ich mich gerne irren würde! –, dass uns keine Nutzungspläne auf lange Sicht hin vorliegen. Und zwar:


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Wie wird das bespielt? Wird es dort eine Dauerausstellung geben? Wird es dort Wech­selausstellungen geben? Was wird dort passieren? Was ist das nachhaltige Ziel dieses Standortes? Und wenn dieser Plan nicht vorliegt beziehungsweise ich das nicht weiß, dann kann ich dem nicht zustimmen, so sehr es mir leidtut oder so gerne ich es auch tun würde.

Ich hoffe, dass uns bei dieser Ablehnung sozusagen die Geschichte der Zukunft un­recht gibt und das Ganze gut geht, dass Tausende Leute dorthin gehen werden, von denen ich einer sein werde. Das hoffe ich wirklich! Aber ich kann als Parlamentarier ohne diese Nutzungspläne einfach nicht freien Herzens und mit gutem Gewissen zu­stimmen. Das geht nicht. (Bundesrat Kneifel: Es wird für die Öffentlichkeit geöffnet!)

Eine Öffnung ist noch kein Nutzungsplan, Herr Kollege Kneifel! Haben Sie ein bisschen Ahnung von Kulturpolitik (Bundesrat Kneifel: Habe ich!), von Museumspolitik, von Aus­stellungskuratoren und von nachhaltigen Plänen, was man mit einem Gebäude macht? (Bundesrat Kneifel: Man kann es begehen!) Man sperrt es einfach auf – das ist keine Lösung! (Bundesrat Kneifel: Man macht es zugänglich!)

Etwas zugänglich machen, das ist ja kein Nutzungskonzept! (Bundesrat Kneifel: O ja, freilich!) Die Leute müssen ja einen Grund haben, dass sie hineingehen. (Bundesrat Kneifel: Die Bürgerinnen und Bürger können sich das anschauen!) Es tut mir leid, ein Museum ohne Inhalt, da geht keiner hin! Ich glaube, Herr Kollege Kneifel, Sie sollten sich noch ein bisschen in die Kulturpolitik einarbeiten. Ich glaube nicht, dass Sie das jetzt wirklich wissen. (Bundesrat Kneifel: Ich werde bei Ihnen in die Schule gehen!) Ich mache gerne einen Crash-Kurs für Sie, da machen wir uns einen Termin aus.

Ich habe im Ausschuss noch einmal nachgefragt. Ich habe gehofft, dass wir bis heute noch Nutzungspläne kriegen oder irgendetwas in diese Richtung, denn ich hätte gerne zugestimmt (Bundesrätin Grimling: Geh, geh! – Bundesministerin Dr. Schmied: Geh!), aber die sind nicht da. Und im Ausschuss hat man den Eindruck erweckt – und das fand ich noch verwirrender statt klärender –, man schaut sich das eine Zeit lang an, und wenn es nicht funktioniert, dann kriegt es das Finanzministerium wieder zu­rück. (Bundesrätin Grimling: Das stimmt nicht!)

So ungeplant, so planlos habe ich noch nie eine Museumseröffnung erlebt (Bundesrat Füller: Es gibt eine laufende Planung!), und noch nie in so einem Chaos, welches Mi­nisterium wofür zuständig ist! (Bundesrat Füller: Das stimmt nicht!)

Ich hoffe, es geht gut, denn es ist ein schönes Palais und es verdient, dass viele Men­schen hingehen. – Danke. (Beifall der Bundesräte Mag. Schreyer und Dönmez.)

17.07


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte, Frau Ministerin.

 


17.07.18

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Lieber Herr Bundes­rat Schreuder, ich gehe jetzt gleich auf Sie direkt ein, weil Sie mich in vielen Punkten direkt angesprochen haben.

Zum einen möchte ich Sie in Ihrer Meinung bestätigen, weil ich selbst drei Jahre in die­sem Palais gearbeitet habe: Ja, das Palais in der Himmelpfortgasse ist eine erstklas­sige Adresse! Aber Sie müssen unterscheiden zwischen den Prunkräumen und den anderen Räumen. Ich persönlich habe damals im Münztrakt gearbeitet und würde sa­gen: Das war eher bohèmeartig!

Also: Es gibt Prunkräume, die wirklich hervorragend sind, und es gibt viele andere Räume, die als Büroräume genutzt wurden. Das, was Sie eingangs angesprochen ha-


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ben – die Renovierungsarbeiten –, bezieht sich auf den Gesamtbereich des Palais. Wir sprechen hier über den kleinen, sehr exquisiten Bereich der Prunkräume. Das muss man auseinanderhalten! Vielleicht machen wir einmal gemeinsam eine Begehung, da­mit Sie sich die Dimensionen anschauen können. Also: Es geht um den kleinen Be­reich der Prunkräume!

Weil Sie nach den Investitionen gefragt haben: Diese Investition ist Sache des Fi­nanzministeriums und des Wirtschaftsministeriums, das Geld dafür kommt also nicht aus dem Kunst- und Kulturbudget. Und jetzt kommt der entscheidende Punkt und die Antwort auf Ihre Frage: Es war eine Idee, die geboren wurde zwischen Belvedere und Finanzministerium, weil es naheliegend ist! Sie haben ja selbst die Geschichte des Prinzen Eugen angesprochen.

Es wurde die Idee geboren, einen Ausstellungsraum zu schaffen, und zwar sowohl um die Prunkräume der Bevölkerung zugänglich zu machen als auch um die Flächen für Ausstellungstätigkeiten zu nützen. Es ist daran gedacht, auch zeitgenössische Künstler und Künstlerinnen einzuladen, sich mit dem Palais, sich mit den Räumlichkeiten aus­einanderzusetzen und dort Ausstellungen zu planen und durchzuführen. Für den Herbst 2013 ist die Jubiläumsausstellung „350 Jahre Prinz Eugen“ geplant, also die Prunkräume auch in diesem Sinn zu nützen. Das ist der Hintergrund!

Entscheidend ist nun, dass diese zusätzliche Fläche für Kunst und Kultur zur Verfü­gung gestellt wird und zusätzliche Mittel aus dem Finanzministerium an das Kunst- und Kulturministerium überwiesen werden und von dort weitergeleitet werden an das Belvedere, um den Nutzungsvertrag abzuschließen.

Das ist aus meiner Sicht ein transparenter und klarer Weg, basierend auf einer guten Kooperation zwischen Finanzministerium, Kunstministerium und dem Belvedere. Ich sehe da keinen Punkt, der zur Sorge Anlass geben sollte!

Vertraglich wird ein Überlassungsvertrag die rechtliche Grundlage sein.

Und ich betone noch einmal, weil mir das wichtig ist: Es handelt sich hier um zusätz­liche Mittel für das Kunst- und Kulturbudget, die für weitere Ausstellungsräume, be­spielt durch das Belvedere, zur Verfügung gestellt werden, basierend auf vertraglichen Regelungen, die, wenn die entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen ist, dann auch von Belvedere und Burghauptmannschaft abgeschlossen werden.

Also: transparent und klar, für die Kunst und für die Kultur! Ich finde, Sie sollten zu­stimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Kneifel: Sehr gut!)

17.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Bericht des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.11.4930. Punkt

Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012 (III-486-BR/2013 d.B. sowie 8983/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 30. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte um den


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Bericht.

 


17.12.05

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Nationalen Bildungsbericht Ös­terreich 2012 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher verzichte ich auf dessen Ver­lesung und komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 4. Juni 2013 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juni 2013 den Antrag, den Nationalen Bildungsbericht Österreich 2012 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Füller. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.13.04

Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir den zweiten Nationalen Bildungsbericht jetzt seit Kurzem in Händen halten können. Der Bericht selbst mit seinen rund 637 Seiten zeigt nicht nur die vielen Maßnahmen auf, die im Laufe dieser Legislaturperiode gesetzt wurden, nein, er setzt sich auch – und das ist positiv herauszustreichen – sehr selbstkritisch mit einigen Teilen ausein­ander.

Als Beispiel dafür möchte ich im zweiten Teil die Überschrift auf Seite 46 herausgrei­fen: „Lesen als Unterrichtsprinzip ist nicht verwirklicht.“ – Ich erinnere daran, was in den letzten Jahren in diesem Bereich bereits gemacht wurde, welche Vorlagen diesbe­züglich gekommen sind, dass vieles unternommen wurde, um eine Veränderung zum Positiven zu bewirken. Es kommt in Berichten wirklich selten vor, dass auch selbst­kritisch Teile oder Bereiche unter die Lupe genommen und hervorgestrichen werden und dass man sieht, dass es durchaus da oder dort noch ein Manko gibt und es Ver­besserungen geben muss.

Dieser Bericht ist ein äußerst gelungenes Nachschlagewerk mit sämtlichen Details, die die österreichische Bildungslandschaft betreffen. Ich bin auch überzeugt davon, dass dieser Bildungsbericht einen guten Leitfaden für weitere Maßnahmen, weitere Anläufe in der Bildungspolitik darstellt und auch zu weiteren Aktivitäten aufruft.

Die darüber stattgefundene Nationalratsdebatte hat gezeigt, dass die Bildungsspreche­rinnen und Bildungssprecher sämtlicher Fraktionen hier im Vorfeld mit eingebunden waren. Und es freut mich auch, dass dieser Bildungsbericht heute von allen Fraktionen die Zustimmung bekommen wird.

Ich möchte es aber nicht verabsäumen, diese Gelegenheit auch dazu zu nützen, zu er­wähnen, dass es seitens des Ministeriums und der Frau Bundesministerin bereits über 50 Vorlagen, die in das Hohe Haus gekommen sind, gegeben hat. Die Palette reicht vom Ausbau qualitativer Kinderbetreuung, dem Ausbau der Sprachförderung, den ganztägigen Schulformen bis hin zur Neuen Mittelschule als Regelschule, der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, der Einführung von Bildungsstandards, der Einführung von Lehre mit Matura oder auch, was mir persönlich sehr am Herzen gelegen ist, der Einführung des kostenlosen Nachholens des Pflichtschulabschlusses und der Artikel-15a-Vereinbarung zum kostenlosen Besuch von Basisbildungsangeboten. Auch die Matura Neu, die ursprünglich sehr für Emotionen gesorgt hat, hat sich heuer bereits an den AHS etablieren können.

Jetzt geht es vor allem darum, das Lehrerinnen- und Lehrerdienstrecht mit Elan anzu­gehen.


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Ich bin überzeugt davon, dass die Erstellung dieses Berichts mit sehr viel Arbeit ver­bunden gewesen ist, und möchte diese Gelegenheit nützen, mich im Namen der so­zialdemokratischen Fraktion bei den zuständigen Beamtinnen und Beamten des Bun­desministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur für diese Arbeit recht herzlich zu be­danken.

Diese heute vorgelegte Leistungsbilanz unserer Bundesministerin verdient Hochach­tung und Anerkennung.

In den letzten Jahren konnten viele Verkrustungen im Bildungsbereich aufgebrochen werden. Und diejenigen, die im Bildungsbereich eine Betoniererrolle eingenommen ha­ben – diesen Eindruck hatte ich sehr stark –, befinden sich bereits auf dem Rückzug. Ein Sprichwort sagt: Wer sich nicht bewegt, wird bewegt werden!

Wir jedenfalls werden diesem Bildungsbericht gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

17.16


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Köberl. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.16.43

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Im Anschluss an die Rede mei­nes Kollegen Füller darf ich sagen: Wir sind auf einem guten Weg, wir sind aber noch lange nicht am Ziel!

Der Nationale Bildungsbericht Österreich 2012 liegt dem Bundesrat vor. In Österreich gehört die Erstellung des Nationalen Bildungsberichtes – das wissen wir –, die vom Bundesministerium in Auftrag gegeben wird, zu den gesetzlichen Kernaufgaben des BIFIE in Salzburg.

Auch ich möchte mich bei den Herausgeberinnen und Herausgebern des Nationalen Bildungsberichtes sowie bei allen beteiligten Autorinnen und Autoren im Namen unse­rer Fraktion für das umfangreiche und wirklich im Detail sehr, sehr interessante Werk sehr herzlich bedanken.

Dieser Bildungsbericht stellt eine sachliche Grundlage für Diskussionen und notwendi­ge Entscheidungen im Schulwesen dar. Darüber sind wir uns hoffentlich einig. Der Na­tionale Bildungsbericht beleuchtet im Detail die Situation der österreichischen Schulen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln. Im Nationalen Bildungsbericht werden von Ex­pertinnen und Experten Daten und wissenschaftliche Erkenntnisse über das Bildungs­wesen aufbereitet, die dann für Politik und Verwaltung als Grundlage für Entscheidun­gen dienen sollen.

Die Konzeption des Nationalen Bildungsberichtes sieht die Herausgabe in einem Drei­jahresrhythmus vor. Nach dem ersten Bericht aus dem Jahre 2009, wie Sie schon ge­hört haben, kam jetzt der Bericht für das Jahr 2012. Das Inhaltskonzept sieht eine Zweiteilung des Berichtes vor.

Der erste Teil beschreibt das österreichische Schulsystem in möglichst umfassender Weise auf Grundlage von Daten und Indikatoren, die sich auf Bildungsstatistik und Bil­dungsmonitoring stützen.

Im zweiten Teil, auf den der Kollege Füller schon eingegangen ist, werden wesentliche Entwicklungsfelder des Schulwesens thematisch aufgegriffen und analysiert und die Möglichkeiten für eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung diskutiert.


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Die konkrete Themenauswahl erfolgt – auch das ist wichtig – in Abstimmung zwischen den Bundesministerien und einer wissenschaftlichen Planungsgruppe. Auch wurden
in der Konzeption die entsprechenden Themenbereiche dieses Berichts bereits im Jah­re 2010/2011 mit den Bildungssprechern und Bildungssprecherinnen des Parlaments besprochen.

Der Band 1 – und auf den möchte ich kurz näher eingehen – ist in sechs Abschnitte gegliedert. Gestatten Sie mir einige Stichworte dazu, weil sie doch interessant sind und die Entwicklung oder die Veränderung im österreichischen Schulwesen widerspiegeln.

Im Punkt A1 geht es um die demographische Entwicklung.

In Österreich wird die demographische Entwicklung wesentlich durch den Geburten­rückgang und die Zuwanderung bestimmt. Waren es im Jahr 1970 noch 513 000 Kin­der im regulären Volksschulalter, so waren es 2010 nur mehr 325 000. Das entspricht einem Rückgang von 37 Prozent. Die Vorausschau bis 2030 besagt eine leichte Erho­lung dieser Altersgruppe auf einem relativ stabilen Niveau.

Im Sekundarbereich ist bundesweit bis 2020 mit einem deutlichen Rückgang der Schü­lerzahlen zu rechnen. Die Bevölkerungsentwicklung in den Bundesländern ist dabei sehr unterschiedlich, wobei in Wien entgegen dem Bundestrend die Anzahl der Kinder im Volksschulalter deutlich steigt.

Rund ein Fünftel – das sind 20 Prozent der Bevölkerung – hat Migrationshintergrund, wobei die Spanne von 38 Prozent in Wien bis zu 9 Prozent im Burgenland reicht.

Wenn man ein bisschen den sozioökonomischen Hintergrund der österreichischen Schülerinnen und Schüler beleuchtet, dann weiß man – und das ist doch auch ernst zu nehmen –, dass drei Gruppen ein erhöhtes Bildungsrisiko darstellen: Das sind die Kin­der mit nicht-deutscher Alltagssprache, jene aus einem bildungsfernen Haushalt und/
oder jene mit Eltern mit einem niedrigen Berufsstatus. Im städtischen Bereich ist dies bereits knapp die Hälfte, auf dem Land lediglich ein Fünftel.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Bildungsausgaben sind auch erwäh­nenswert, weil ich glaube, dass wir da sehr gut liegen. Trotz der Folgen der Wirt­schaftskrise aus dem Jahr 2008 stiegen die staatlichen Ausgaben für Bildung. Sie ma­chen etwa 5,7 Prozent des BIP aus. Im Vergleich mit anderen EU-Ländern liegt Ös­terreich in diesem Bereich weit über dem Durchschnitt.

Zum Thema Inputs, das heißt personelle und finanzielle Ressourcen: Die Bildungsaus­gaben betragen – umgelegt auf Schulkinder, eine interessante Betrachtungsweise – für ein Volksschulkind etwa 6 000 € pro Jahr, für ein Kind in einer polytechnischen Schule oder AHS-Unterstufe 7 300 € pro Jahr und für ein Kind in einer Hauptschule oder Neu­en Mittelschule 9 150 € pro Jahr. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ge­hört Österreich mit diesen Mitteln pro Kopf zu den Ländern mit den höchsten Ausgaben überhaupt.

Interessant ist auch die Entwicklung bei den Lehrerinnen und Lehrern. Die Altersstruk­tur des Lehrpersonals wird sicherlich aufgrund der prognostizierten Pensionswellen in den kommenden Jahren eine große Herausforderung für das Bildungssystem und die Lehrerausbildung werden. Im Jahr 2010/2011 waren bereits 43 Prozent des aktiven Lehrpersonals älter als 50 Jahre. Bis zum Jahr 2020 werden es zirka 36 000 Lehre­rinnen und Lehrer sein, die in den Ruhestand gehen. Im allgemeinbildenden Schulwe­sen kommen auf einen Lehrer drei Lehrerinnen. Am auffälligsten ist das Verhältnis in den Volksschulen, wo über 90 Prozent des Lehrpersonals Frauen sind. Auch diese Entwicklung ist sicherlich nicht positiv, weil es dadurch oft zu Problemsituationen kommt.


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Zur Klassengröße und den Betreuungsrelationen: Wir wissen, dass die durchschnittli­che Klassenschülerzahl bei etwa 20 liegt; das Verhältnis der Anzahl Lehrkräfte zu Schülern liegt bei 1 : 10. In der AHS-Unterstufe ist dieser Wert etwas höher, er liegt
bei 25. Österreichweit sind mehr als 40 Prozent der Hauptschulklassen kleiner als 20 Schüler, jedoch nur 2 Prozent der Klassen der AHS-Unterstufe.

Zu Bildungsströmen und Schulwegentscheidungen – auch das ist wesentlich bei einer Bildungsdiskussion –: Nahezu alle Kinder in Österreich besuchen schon vor der Volks­schule eine Betreuungseinrichtung. Von den Volksschülerinnen und Volksschülern, die 2010 die Volksschule verließen, wechselten 34 Prozent nach der 4. Schulstufe an die AHS-Unterstufe, 44 Prozent in eine Hauptschule und 21 Prozent in eine Neue Mittel­schule.

Beim Übertritt in die Sekundarstufe unterscheiden sich die Schülerinnen und Schüler aus der AHS-Unterstufe deutlich von jenen aus der Hauptschule. Von den AHS-Schü­lerinnen und -Schülern wählen 95 Prozent eine maturaführende Schule. 63 Prozent verbleiben in der AHS und 32 Prozent entscheiden sich für eine berufsbildende höhere Schule. Im Hauptschulbereich wechseln nur 37 Prozent in eine maturaführende Schu­le. Auch das ist interessant.

Je größer der Wohnort, desto höher die Wahrscheinlichkeit, nach der Volksschule eine Unterstufe der AHS zu besuchen.

Kurz noch zum Output, also zu den Ergebnissen des Schulsystems. Abschlüsse im Sekundarbereich II: Im Jahre 2010 konnte Österreich die von der Lissabon-Strategie geforderte 85-Prozent-Quote für Abschlüsse im Sekundarbereich II erreichen, jedoch stellt dies keine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2000 dar. Im europäischen Be­reich liegen diese Werte auf hohem Niveau und über dem europäischen Durchschnitt.

Die Kompetenz am Ende der Volksschulen ist ein negatives Kapitel: Von den 29 EU/
OECD-Teilnehmerländern schneiden gemäß der Volksschulstudie PIRLS 15 Länder im Lesen signifikant besser ab als Österreich, nur sechs Länder zeigen signifikant schlech­tere Leistungen.

Die Kompetenzen der 15- bis 16-jährigen Schüler und Schülerinnen, die in der soge­nannten PISA-Studie getestet wurden, sind um 22 Prozent gesunken, vor allem bei den Leseleistungen und bei den Leistungen in Mathematik und den Naturwissenschaf­ten.

Zum Übergang aus dem Schulsystem in die Arbeitswelt heißt es im Bericht: „Der Über­gang von der Schule in die Beschäftigung verläuft für die Mehrheit der Berufseinstei­ger/innen relativ gut. Insgesamt geben 87 Prozent der Befragten an, dass die erste Tä­tigkeit nach dem (vorläufigen) Ende ihres formalen Bildungswegs ihrer Qualifikation entsprochen hat.“

Die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Schulsystem wird auch angesprochen. Da hat es einen Abwärtstrend gegeben, sicherlich auch aufgrund der medialen Berichter­stattung rund um das Thema Schulen.

Es wäre ein abendfüllendes Thema, diesen Bericht näher zu erläutern. Lassen Sie mich zu meinen persönlichen Schlussbemerkungen kommen:

Wer sich mit dem österreichischen Bildungsbericht 2012 beschäftigt, wird unabhängig von seiner politischen Überzeugung Zahlen und Fakten finden, die seine persönliche Sicht der Dinge bestätigen oder diese klar widerlegen. Der Bereich Bildung ist sehr komplex und im Detail nur schwer messbar, so unterschiedlich sind die Fähigkeiten, Neigungen, Interessen, Talente und Begabungen der Kinder und Jugendlichen im Ein­zelnen. Es gibt in der Praxis kein taugliches Allheilmittel und daher auch keine einma­lige Patentlösung in der Bildungspolitik. Erfolgreich sind in der Unterrichtspraxis nur ei-


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ne permanente Entwicklung und das Drehen an vielen Schrauben im Beziehungsfeld Schüler, Lehrer, Eltern.

Wenn Sie, Frau Bundesminister Schmied, mir zum Abschluss drei Wünsche ermögli­chen würden (allgemeine Heiterkeit), dann würde ich diese so formulieren: erstens mehr Freiheiten für die Schulstandorte und Schulleiter, zweitens keine Bildungspolitik auf Zuruf von selbsternannten Bildungsexperten und drittens den Ausbau eines vielfäl­tigen Schultypenangebotes, um ein Gleichgewicht von Fördern und Fordern zu ermög­lichen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.– Lieber Stefan, du hast den letzten Punkt nicht gehört. Ich wiederhole ihn für dich noch einmal: den Ausbau eines vielfältigen Schultypenangebotes, um ein Gleich­gewicht von Fördern und Fordern zu ermöglichen. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.28


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Mühl­werth. – Bitte.

 


17.28.22

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister als gute Fee, zu der Sie jetzt Herr Kollege Köberl mit seinen drei Wünschen gemacht hat! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bildungsbericht – und das ist wirklich ein Kompliment auch an Ihre Mitar­beiter und an die Damen und Herren, die dazu Kommentare und Analysen geschrieben haben – ist wirklich sehr umfassend, sehr gut lesbar und, was ich mit positiver Über­raschung festgestellt habe, durchaus auch sehr kritisch, also in der Analyse zum Teil sogar sehr schonungslos. Er bietet aber auch Lösungsansätze.

Wir kennen alle sehr viele Berichte, bei denen es nicht immer selbstverständlich ist, dass sie Lösungsansätze enthalten. Also dieser Bericht ist, muss man sagen, wirklich gelungen.

Eine Oppositionspartei sagt dann natürlich immer: Da stehen Kritikpunkte drinnen, die wir schon lange genannt haben. – Das liegt in der Natur der Sache und ist völlig nor­mal. Was zum Beispiel im Bericht durchaus offen dargelegt wird, ist, dass in der Leh­rerausbildung und auch in der Weiterbildung schon noch einiges an Nachholbedarf be­steht. Das ist etwas, was wir Freiheitliche schon lange sagen. Ein guter Unterricht steht und fällt mit einem guten Lehrer, der gut ausgebildet und motiviert sein soll. Er muss ein entsprechendes Fachwissen haben, die Didaktik beherrschen und vor allem Liebe zu den Kindern haben. – Das ist ganz wesentlich, aber da ist wirklich nicht immer alles optimal, sagen wir es einmal so.

Alle Fraktionen haben natürlich – das habe ich auch schon im Ausschuss gemerkt – sofort den Fokus auf das Lesen gelegt, weil es ja auch wirklich auffallend ist. Jetzt war gerade der Lese-Test an den Wiener Volksschulen, nach wie vor kann jeder fünfte Volksschüler nicht ausreichend lesen und schreiben. Und das ist natürlich etwas, wo man wirklich ansetzen muss.

Aber wenn man sich dann anschaut – und aus dem Bericht geht es ja auch hervor –, dass sich bei sehr großzügiger Auslegung nur 4 Prozent der Lehrveranstaltungen an den Pädagogischen Hochschulen mit den Grundlagen des Lesens auseinandersetzen und sich nur 2 Prozent der Lehrveranstaltungen damit befassen, wie Kinder erkannt werden, die Probleme beim Lesenlernen haben, dann verwundert es natürlich nicht, dass die Lehrer auch nicht die nötigen Hilfestellungen geben können, weil sie ja auch nicht entsprechend geschult sind. Das heißt, auch hier muss wirklich etwas getan wer­den.

Damit steht natürlich im Zusammenhang, dass bei den Lehrern sowohl die externe Evaluation als auch die interne Evaluation auch enden wollend ist. Das wäre aber ein


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ganz wesentlicher Bestandteil, denn man muss sich ja immer wieder von innen und von außen anschauen, wie gut man eigentlich ist. Und auch das sage ich nicht zum ersten Mal: Es wäre natürlich auch beim Leitbild eines Schulleiters ganz wichtig, dass sich dieser seine Lehrer auch ansieht, dass er einmal in den Unterricht geht und schaut, wie der Lehrer eigentlich unterrichtet, und ihm im Positiven wie im Negativen Hilfestellung gibt: im Negativen, wenn es Kritik zu üben gilt, den Lehrern sagt, was sie tun können, Empfehlungen ausspricht, aber natürlich auch positive Rückmeldungen gibt.

Es ist ja oft wirklich so, dass die Lehrer Einzelkämpfer in einer Klasse sind und von nir­gendwo eine entsprechende Rückmeldung bekommen, am ehesten noch von den Schülern, wenn das auch manchmal nonverbal ist. – Das kann uns nicht zufriedenstel­len. Auch hier müssen bei den Schulleitern die Kompetenzen entsprechend gestärkt werden.

Interessant war für mich auch das Kapitel über Chancengleichheit. Und da zitiere ich jetzt: „Kinder von Eltern mit geringer Bildung zeigen in der 4. Schulstufe deutlich schwächere Leistungen.“ Nichts Neues! – „Ihr Rückstand im Lernfortschritt liegt bei mehr als zwei Schuljahren“ – das ist eigentlich eine Katastrophe! – „() hinter den Kin­dern von Eltern mit Maturaabschluss.“

Und da reden wir, bitte, von der Volksschule. Hier reden wir von der Gesamtschule, wo es soziale Durchmischung gibt, wo die sozialen Unterschiede eigentlich ausgeglichen werden sollten, wie wir ja immer hören. Landauf, landab hören wir seit Jahren, die spä­te Trennung bringe die Kinder im sozialen Ungleichgewicht nicht wirklich vorwärts. Hier haben wir diese Gesamtschule, und auch sie kann die sozialen Unterschiede offen­sichtlich nicht ausgleichen.

Jetzt frage ich mich: Die Schule der 6- bis 14-Jährigen wird das dann können? Auf was hinauf eigentlich? Es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, warum man an diesem Modell immer noch festhält. Denn es zeigt sich ja auch in der Neuen Mittelschule – obwohl man jetzt ehrlicherweise sagen muss, dass hier natürlich noch keine so großen Da­tenmengen vorliegen, um echte Rückschlüsse daraus ziehen zu können –, dass die soziale Durchmischung ganz ähnlich – wir reden jetzt von Wien, nicht von den Haupt­schulen am Land – wie bei den Hauptschulen ist.

Was brauchen wir jetzt? Das sagt auch der Bericht – auch nichts Neues, habe ich auch schon öfter gesagt –: eine allgemeine Steigerung der Unterrichtsqualität – das geht mit der Lehrerausbildung und Lehrerweiterbildung einher –, guten Fachunterricht – das hängt unmittelbar zusammen – und – das sagt aber auch der Bericht und das sind auch wieder so Sätze, die von einigen ungern gehört werden – dass ein strukturierter und disziplinierter Unterricht die Anzahl der Risikoschüler senken und auch die sozia­len Unterschiede ausgleichen könnte.

Ich habe auch schon öfter hier angesprochen, dass die sozialen Unterschiede nicht vom Schultyp abhängen, sondern von der Art und Weise, wie ich einen Unterricht ma­che. Ich bekenne mich zu Disziplin und zu Struktur. Das ist im ganzen Leben unerläss­lich. Und je früher die Kinder das lernen, desto besser für sie, denn umso weniger schwer tun sie sich dann nachher. Man soll es nicht immer so hinstellen, dass Disziplin ein „Brechen der Schüler“ sei. Das steht meistens im Raum: Wenn man sie diszipli­niert, dann bricht man die Schüler, und diese armen Hascherln lernen das noch früh genug. – Das habe ich nicht nur einmal gehört. Das stimmt einfach nicht.

Das Kapitel Mehrsprachigkeit wurde heute auch schon angesprochen und kann na­türlich auch bei mir nicht fehlen, das ist ganz klar. Es zeigt sich einmal mehr – auch das ist nichts Neues, und wenn wir das Problem negieren, wird es dadurch nicht ge­löst –, dass die Mehrzahl der Zuwandererkinder einfach Schwierigkeiten mit der deut-


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schen Sprache hat. Und es geht auch aus dem Bericht hervor, dass sie oft genug Schwierigkeiten mit ihrer eigenen Muttersprache haben, weil schon da der Wortschatz nicht entsprechend ist. Und dem muss man entgegensteuern. Der Herr Staatssekretär Kurz hat dann mit ungefähr siebenjähriger Verspätung unsere Idee aufgegriffen. Wir haben nachweislich 2005  (Bundesrat Kneifel: Vor sieben Jahren, da war er noch bei der Erstkommunion!) Aber er hat es mit siebenjähriger Verspätung aufgegriffen! Er ist ja auch nicht erst seit gestern Staatssekretär.

Wir haben gesagt: erst Deutsch, dann Schule. Und wir bekennen uns auch dazu. Einen Förderunterricht muss man flexibel gestalten können. Es gibt Kinder, die haben nicht so einen großen Förderbedarf, die kann ich in der Klasse lassen. Es gibt Kinder, die haben einen größeren Förderbedarf, die muss ich halt zusammenfassen und zunächst in einer kleineren Gruppe außerhalb der Klasse fördern. Da steht dann immer sofort da: FPÖ will Ghetto-Schule, und das ist ganz furchtbar. Gerade dass man uns nicht un­terstellt, wir wollen sie einsperren.

Tatsache ist aber, dass es in vielen Fällen durchaus richtig und sinnvoll ist. In Finnland zum Beispiel – das hochgelobte Finnland, Ihr großes Vorbild – werden Schüler, die mehr Bedarf haben, in kleinen Gruppen zusammengefasst, und die gehen aber in den anderen Gegenständen natürlich in ihre angestammte Klasse. Das ist effizienter und das müsste man auch machen, weil auch der Bericht durchaus aufzeigt, dass der För­derunterricht nicht immer so konsequent durchgehalten wird. (Bundesrat Kneifel: Aber die haben einen Bruchteil der Kinder mit Migrationshintergrund, die Finnen! Einen Bruchteil!) Das ist schon richtig. Umso interessanter ist es, wie sie dann damit umge­hen und was sie tatsächlich machen. Und da wir ja wesentlich mehr haben, könnten wir uns da durchaus ein Beispiel nehmen. Man muss ja nicht alles eins zu eins über­nehmen, aber das eine oder andere Gute muss man ja nicht, nur weil es aus Finnland kommt, außen vor lassen.

Es ist ein guter Bericht, das sage ich noch einmal. Er zeigt aber trotzdem, dass es im Bildungswesen schon einige Baustellen gibt, die schnellstmöglich geschlossen werden sollten: Dass die Volksschüler in ihren Grundkompetenzen schon mangelhaft sind, soll­te uns wirklich zu denken geben, weil das ja die Grundlage für alles Weitere ist. Und wir geben wirklich – auch das ist ja schon gesagt worden, und der Kollege Dönmez wird es wahrscheinlich noch mehr ausführen – viel Geld für unser Schulwesen aus, das aber letzten Endes nicht bei den Schülern ankommt. Dort soll es aber hinkommen, denn wir brauchen ja als Land, auch als Wirtschaftsstandort gut ausgebildete, aber auch gut gebildete – und das ist nicht dasselbe – Menschen, die dann auch entspre­chende Steuern zahlen, wie wir heute in der Früh schon diskutiert haben.

Das heißt, der Bericht zeigt, es besteht genügend Handlungsbedarf. Es muss dringend gehandelt werden. Und wir hoffen wirklich, dass alle diese aufgezeigten Probleme und Lösungsansätze vom Ministerium auch schnellstmöglich behandelt und enderledigt wer­den. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

17.39


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Dönmez. – Bitte. (Bundesrat Kneifel in Richtung des sich zum Rednerpult bege­benden Bundesrates Dönmez : Der hat ja eine ganze Bibliothek mit!)

 


17.39.13

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Keine Angst, ich werde nicht von Anfang bis zum Schluss daraus vorlesen!

Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Präsidium! Ich habe den Bericht für die Zusehe­rinnen und Zuseher zu Hause mitgenommen. (Aha-Rufe bei der ÖVP.) Nicht jeder hat ihn ja bekommen. Die Zuseher und Zuseherinnen sollen sehen, welch tolle und hervor-


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ragende Arbeit Ihre Mitarbeiter geleistet haben, denn der Bericht ist wirklich sehr de­tailliert, ausführlich, auch kritisch – wie die Kollegin Mühlwerth schon angemerkt hat –, und gibt auch Lösungsempfehlungen. Vieles wurde schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt, ich möchte aber einige Punkte, die von den Vorrednern und Vorrednerinnen, insbesondere von der Vorrednerin, aufgegriffen worden sind, noch einmal zur Sprache bringen.

Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns alle einig – trotz der ideologischen Zugänge und obwohl jeder es so auslegt, wie er es eben sieht, so nach dem Motto, wie du es auch gesagt hast –: Faktum ist, dass es durch die frühe Differenzierung, die wir in un­serem Schulwesen haben, auch zu großen Leistungsunterschieden im Bildungssystem kommt und dass sich die sozialökonomische Konstellation – sei es der Bildungsstand der Eltern, das Einkommen, aber auch die Herkunft, der Umstand, ob man die Mutter­sprache gut kann oder nicht – auf das Leistungsniveau auswirkt.

In Österreich besteht ein systematischer Zusammenhang zwischen Schulwegsent­scheidungen und dem sozialen Hintergrund der Kinder; das wird auch in dem Bericht festgehalten.

Und das, was die Kollegin Mühlwerth gesagt hat, kann ich zum Teil nur unterstreichen: Wenn jemand die eigene Muttersprache nicht ordentlich kann, dann wird es ihm schwerfallen, noch eine zweite oder dritte Sprache dazuzulernen.

Aber bitte, was kann uns Besseres passieren, als Kinder zu haben, die mehrere Spra­chen sprechen? Es ist heutzutage schon absolute Normalität und Realität, dass Kinder mindestens zwei- bis dreisprachig aufwachsen. Und wir brauchen Pädagogen und Pä­dagoginnen, die den Kindern auch ihre eigene Muttersprache beibringen. Nur, wenn ich mir dann anschaue, wie viel Personal an den Schulen beschäftigt ist, das dieses Qualifikationserfordernis erfüllt, dann schaut es schlecht aus. Und bei jenen, die es er­füllen, muss man dann noch einmal genauer hinschauen, denn die sind meistens Reli­gionslehrer, die dann zusätzlich vielleicht noch Türkisch unterrichten oder auch Kur­disch.

Von Kurdisch brauche ich da noch gar nicht zu reden, aber auch darüber müssen wir sprechen: In der Türkei ist mittlerweile Kurdisch auch eine anerkannte Sprache, und das müsste sich und sollte sich auch bei uns im Bildungswesen niederschlagen. Wir brauchen auch viel mehr kurdischsprachige Lehrer, weil wir nicht wenige kurdischstäm­mige Menschen in Österreich haben, die zwar unter der Nationalität Türkei geführt wer­den, aber auch diese Sprache ist eine wertvolle Sprache. Wir wissen ja, dass genau österreichische Firmen in kurdischsprachigen Gebieten investieren; dort sind sehr viele Erdöl- und Erdgasvorkommen. Es kann uns daher nichts Besseres passieren, als jun­ge Menschen zu haben, die hier die Brücke schlagen können zwischen den Ländern, zwischen den Kulturen, zwischen den Religionen. Aber wir müssen hier bei der Bildung anfangen.

Aber gegenwärtig kommt es mir so vor – und ich bin wirklich an sehr vielen Schulen unterwegs, als Integrationsbotschafter, aber auch als Sozialarbeiter und als Mediator –, dass die Herkunft, wenn man einen Migrationshintergrund hat, eher als Makel betrach­tet wird und nicht als Bereicherung. Und da ist es auch unsere Aufgabe als Politiker, dem Ganzen einen anderen Drall zu geben, eine positive Besetzung zu geben. Ge­genwärtig ist es so, dass wir leider Gottes nicht wenige Schulen haben, sehr geehrte Frau Ministerin, wo der MigrantInnenanteil relativ hoch ist, und in diesen Schulen dann noch einmal Extraklassen haben, wo der MigrantInnenanteil fast 100 Prozent beträgt. Und wenn man noch einmal genau hinschaut, erkennt man, dass von diesen 25 Schü­lerInnen 24 muslimischen Glaubens sind. Diese Kinder fühlen sich ausgegrenzt. Ich re­de mit denen tagtäglich.


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Und wissen Sie, was das nächste Problem ist? – Dass wir genau mit dieser subjektiv erlebten Ausgrenzung, die diese Schüler und die Eltern tagtäglich erleben, Folgendes bewirken: dass Institutionen aus den Herkunftsländern eigene Schulen eröffnen, mit einer eigenen Agenda. Ich nenne jetzt keine Namen. Wir haben schon Schulen in Ös­terreich, die von konfessionellen Trägern geführt werden, und da rede ich jetzt nicht von den katholischen Konfessionen, sondern von muslimischen, die auch eine be­stimmte politische Einstellung haben. Und ich muss ehrlich sagen: Das sind Schritte, die – wie soll ich sagen? – zu einem Auseinanderdriften der Gesellschaft beitragen.

Ich möchte, meine Vorstellung ist, dass unsere Kinder, wurscht, woher sie kommen, gemeinsam in die Schule gehen, gemeinsam dort einen Unterricht bekommen, dass je­ne, die gefördert werden müssen, gefördert werden – dazu brauche ich aber Begleit­personal, Zusatzlehrer, muttersprachlichen Unterricht, der ausgebaut gehört –, und je­ne, die Stärken haben, die müssen wir fördern, die müssen wir pushen.

Nur, schauen wir uns die Realität an: In einem Klassenzimmer sind meistens eine Pä­dagogin und 24 Pubertierende. Lehrer müssen sich zu dritt, zu viert einen Arbeitsplatz teilen, der vielleicht die Größe dieses Rednerpults hat oder noch kleiner ist. Das sind Zustände, die zu Lasten der Qualität gehen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Rah­menbedingungen passen! Das fängt im Kindergarten an und geht bis zu den Univer­sitäten.

Wir wissen auch, warum gerade im Vorschulbereich und auch im Volksschulbereich, in der primären Stufe, so viele Pädagoginnen tätig sind: Weil die Bezahlung und die Rah­menbedingungen für Männer nicht attraktiv genug sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) Das ist eine Wahrheit! Da müssen wir schon genau hinschauen. Und wenn wir es erreichen möchten – und diese Schritte begrüße ich ja –, dass wir Quereinstei­ger hereinholen, dann müssen wir darauf achten, dass die Rahmenbedingungen ver­bessert werden.

Verbessert werden sie aber nur dann, wenn man sich bewegt. Und da richte ich jetzt den Appell in Richtung der Gewerkschaften: Der Herr Neugebauer muss auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass er jener ist, das Gesicht der ÖVP ist, die bei gewissen Dingen dann meist als Blockierer dasteht. Ich weiß, ihr seid das nicht, denn die ÖVP Tirol und die ÖVP Steiermark gehen da ganz andere Wege. Die reden von einer ge­meinsamen Schule, die sind für innovative Konzepte. Aber auf Bundesebene hört man dann wieder andere Töne. Und das schadet euch! Ich meine es gut: Ich will nicht, dass eine Volkspartei noch mehr geschwächt wird, als sie jetzt schon ist! (Heiterkeit.) Das nützt euch nichts und nützt uns auch nichts, und noch weniger den Lehrern und Leh­rerinnen, den Schülern und den Eltern der Schüler. (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.  Bundesrat Lindinger: In Salzburg habt ihr eh schon so viel Erbarmen gehabt!)

Das freut mich, dass euch das amüsiert. Aber Spaß beiseite! Wir haben ein sehr se­lektives Bildungssystem, und das können wir nur in eine andere Richtung lenken, wenn wir bei der Bildung der Lehrer anfangen. Es braucht eine gemeinsame Ausbildung, da sind wir schon weit. Jetzt gerade stockt es bei den Verhandlungen über das Lehrer­dienstrecht. Da muss sich auch etwas bewegen, und das muss man auch allen Be­teiligten klarmachen, dass da nicht Einzelinteressen über Gesamtinteressen gestellt werden dürfen.

Letztendlich geht es um die Zukunft unseres Landes, und der Wirtschaft kann es nur gut gehen, wenn wir auch gut ausgebildete Fachkräfte haben. Und daher müssen wir alle an einem Strang ziehen. – Danke. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

17.47


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste gelangt Frau Bundesminister Dr. Schmied zu Wort. – Bitte, Frau Minister.

 



BundesratStenographisches Protokoll821. Sitzung / Seite 158

17.48.04

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Zunächst danke für Wertschätzung und Re­spekt, was die Erstellung des Nationalen Bildungsberichtes betrifft. Ich gebe gerne den Dank an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ministeriums und auch des BIFIE weiter. Herzlichen Dank, wie gesagt, für Wertschätzung und Respekt.

Bevor ich auf ein paar grundlegende Punkte zu sprechen komme – weil ich die allge­meine bildungspolitische Diskussion hier im Bundesrat sehr schätze, wie Sie wissen –, möchte ich doch auf die Ausführungen von Herrn Bundesrat Köberl ein Stück näher eingehen – Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth hat auch darauf Bezug genommen –, nämlich auf die Aussage: Wir haben in Österreich ein sehr teures, wir haben ein sehr kostenintensives Bildungssystem.

Das ist ein Punkt, mit dem ich in Diskussionen, auch in internationalen Diskussionen – denn das basiert ja auf einer OECD-Statistik – sehr oft konfrontiert werde. Und in die­sem Zusammenhang ist es, glaube ich, wichtig, dass wir, wenn wir davon sprechen, dass das österreichische Bildungssystem kostenintensiv ist, immer auch die Faktoren ins Spiel bringen, die diese Kostenintensität bewirken. Das sind zum einen die erstklas­sige Schulinfrastruktur und auch die hohe Schuldichte in Österreich, das heißt die vie­len Schulstandorte, die wir in Österreich haben. Das ist ein Kostenfaktor, das ist aber auch ein Qualitätsfaktor, nur muss man es in der Diskussion erwähnen und berücksich­tigen.

Den zweiten Punkt haben Sie, Herr Bundesrat Köberl, auch angesprochen: Alterspyra­mide der Lehrer und Lehrerinnen in Verbindung mit einer steilen Gehaltskurve. Mehr als 50 Prozent der Lehrer und Lehrerinnen sind über 50 Jahre alt – sind also im teu­ersten, kostenintensivsten Segment tätig. Und Gott sei Dank – wir brauchen ja im Mo­ment sehr, sehr viele Lehrer und Lehrerinnen – sind sie auch bereit, Mehrdienstleistun­gen zu erbringen; auch das ist ein Faktor, der in die Kostenberechnung eingeht.

Was im internationalen Vergleich natürlich auch ins Gewicht fällt, ist die Unterrichtsver­pflichtung, die in anderen Ländern höher ist als in Österreich. Und ein weiterer Punkt: Wir haben ein gut ausgebautes Schulsystem im Bereich der Sekundarstufe II – berufs­bildende Schulen, berufsbildende höhere Schulen –; da werden wir OECD-weit gelobt, sind auf Platz 1 in der OECD-Statistik. Das sind auch sehr kostenintensive Schulstand­orte, aber ich sage, die Investition lohnt sich. Ich glaube, man muss das immer wieder anführen: dass wir in die Infrastruktur investieren, die Schuldichte, die Schulinfrastruk­tur; Alterspyramide, Gehaltsniveaus muss man berücksichtigen und ausgebautes be­rufsbildendes Schulwesen.

Dazu kommt ein weiterer Punkt, den wir, glaube ich, in Zukunft bei bildungspolitischen Maßnahmen noch viel stärker berücksichtigen müssen, das sind – Sie haben es ange­sprochen – die immer größer werdenden Unterschiede zwischen Anforderungen im ländlichen Bereich und Herausforderungen im großstädtischen Bereich. Wir sind mit unseren bildungspolitischen Maßnahmen oft noch mit der Gießkanne landauf, landab unterwegs. Wenn wir auf der einen Seite erkannt haben, dass wir den Unterricht in­dividualisieren müssen, dass wir besser, individueller auf die Schülerinnen und Schüler eingehen müssen, dann müssen wir jetzt und in Zukunft auch bei unseren bildungspoli­tischen Maßnahmen noch stärker differenzieren, wo wir mit welchem Qualitätsan­spruch wofür öffentliche Investitionen tätigen.

Da bin ich absolut bei Herrn Bundesrat Köberl: mehr Verantwortung, mehr Entschei­dungsspielräume, aber wirkliche Entscheidungsspielräume, keine Mangelbewirtschaf­tung, und Entscheidungskompetenz für Schulleitungen und Schulstandorte. Das heißt aber auch andere Ressourcenbewirtschaftung im Sinne von frei verfügbaren Zeitkon­tingenten, und das heißt dann bitte aber auch – das müssen wir dann wirklich zu Ende


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durchdenken – echte Personalverantwortung für die Schulleitungen. Und das ist damit eine Thematik, die wir natürlich auch im neuen Dienst- und Besoldungsrecht verankern wollen. Aber all diese Punkte gehen Hand und Hand und müssen berücksichtigt wer­den.

Aber jetzt zum Nationalen Bildungsbericht. Auch für mich ist er ein wichtiges Doku­ment, eine wichtige Arbeitsgrundlage. Mit dem Nationalen Bildungsbericht – es haben daran 48 Wissenschafterinnen und Wissenschafter mitgearbeitet – erreichen wir auch eine engere Verbindung von Praxisfragestellungen und wissenschaftlichem Arbeiten. Ich glaube, dass wir mit dem Nationalen Bildungsbericht einen wichtigen Impuls zur an­gewandten Bildungsforschung in Österreich geben, entlang auch unserer bildungspoli­tischen Fragestellungen und Auseinandersetzungen. Der Nationale Bildungsbericht ist ein wichtiges Dokument im internationalen Austausch; bei Sitzungen im Rahmen der Europäischen Union, im Rahmen der OECD ist es immer hilfreich, auf diese Expertise zurückzugreifen.

Ich darf an der Stelle auch mitteilen, dass die Autoren und Autorinnen des Nationalen Bildungsberichtes gerne bereit sind, zu den einzelnen Themen zu Diskussionsveran­staltungen zu kommen. In dem Sinn kann also der Nationale Bildungsbericht auch ein Fundus für programmatische bildungspolitische Diskussionen sein, und er ist jedenfalls auch ein wichtiges Dokument und eine wichtige Grundlage für alle Formen der Öffent­lichkeitsarbeit, der Medienarbeit, aber, wie ich höre, auch ein wichtiges Nachschlage­werk für Journalisten, die in diesem Themenbereich tätig sind.

Frau Bundesrätin Mühlwerth hat schon eine Kategorisierung der einzelnen Maßnah­men versucht. Ich unternehme jetzt auch einen solchen Versuch und habe für mich jetzt einmal vier Kategorien für den bildungspolitischen Diskurs hier im Parlament defi­niert.

Ich denke, es ist wichtig – und das wurde ja auch schon angesprochen –, immer wie­der auch zu betonen: Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam schon auch einiges erreicht. Ein bisschen haben wir da oft so ein psychologisches Problem: Es gibt zehn Projekte, neun Projekte sind gelungen, eines ist noch nicht gelungen – und mit einer Vehemenz und Hartnäckigkeit verbeißen wir uns in das eine Projekt und vergessen ganz, auch die neun anderen anzusprechen. Es ist mir also wichtig – ich betone das, weil wir bei einzelnen Programmen ganz oft breite parlamentarische Mehrheiten hat­ten –, das immer wieder zu unterstreichen: verpflichtendes Kindergartenjahr, kleinere Klassen, Neue Mittelschule, Ganztagsschule, Bildungsstandards, neue Matura, berufs­bildendes Schulwesen, Lehre und Matura, Nachholen des Pflichtschulabschlusses, Schulbau und so weiter – also viele einzelne Projekte.

Wir geben heute, Frau Bundesrätin Mühlwerth, in Österreich um 1 Milliarde € mehr aus dem Bundesbudget für Bildung aus – und das in einer Phase, die budgetär gesprochen wirklich eine schwierige und eine Konsolidierungsphase ist. Das sind 11 000 Lehrerar­beitsplätze! Wir investieren 1,7 Milliarden € in die Schulinfrastruktur, in den Bundes­schulbau, in Erweiterungen und Sanierungen. Das sind noch einmal 6 300 Arbeits­plätze in der Bauwirtschaft! Man kann jetzt auch auf zweierlei Art argumentieren, näm­lich zum einen, dass der Bildungsbereich an sich Jobmotor ist – 110 000 Lehrerinnen und Lehrer, die beschäftigt sind, und direkte Beschäftigungseffekte über die Investi­tionstätigkeit im Bildungssektor –, und in einem marktwirtschaftlichen System ist Bil­dungspolitik überhaupt das Fundament, nämlich damit jeder Einzelne sich auch den Bedingungen auf den Arbeitsmärkten stellen kann, dass nämlich Beschäftigungsfähig­keit gegeben ist durch eine fundierte Bildung und Ausbildung. Es ist also wichtig, da zu investieren, und wir haben vieles erreicht.

Die nächste Kategorie und nächste Aufgabe besteht darin, Maßnahmen zu stabili­sieren. Ganz viele Projekte – es sind ja viele von Ihnen auch in der Praxis tätig – errei-


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chen jetzt die Schulstandorte. Tausende Lehrerinnen und Lehrer sind beschäftigt mit Kompetenzorientierung, mit der neuen Matura, mit der Oberstufenreform, mit den Bil­dungsstandards – also gewaltige Innovationsprozesse, die an den Schulstandorten laufen. Und da möchte ich mich auch ganz offiziell einmal bedanken bei den Zehntau­senden Lehrerinnen und Lehrern, die sich täglich mit viel Engagement auch diesen Neuerungen stellen. Unsere Aufgabe ist es, Haltegriffe zu geben und die Reformmaß­nahmen zu stabilisieren und sie auch abzusichern.

Es kommt nun der dritte Punkt: Welche Projekte sind jetzt im Fertigwerden – die Legis­laturperiode neigt sich ja dem Ende zu –, und ich meine damit, vom legistischen Stand­punkt aus betrachtet im Fertigwerden? – Ich freue mich sehr, dass wir demnächst hier im Bundesrat das große Thema und ein Herzstück aller Maßnahmen, nämlich die Pä­dagogInnenbildung Neu diskutieren werden. Ich freue mich sehr, dass ich demnächst auch dem Parlament den Artikel-15a-Vertrag zum weiteren Ausbau der ganztägigen Schulangebote vorlegen darf. Derzeit sind die Verträge gerade bei den Landeshaupt­leuten zur Unterschrift.

Ich hoffe auch sehr, dass wir kommenden Dienstag im Ministerrat die Schulverwal­tungsreform beschließen können, wo unter anderem auch eine Forderung, die immer wieder auch von der Opposition gestellt wird, mit dabei ist, nämlich die Abschaffung der Ebene der Bezirksschulräte. Da hoffe ich dann auch auf entsprechende parlamen­tarische Unterstützung, denn dazu braucht es Verfassungsmehrheiten.

Diese Punkte sind auf dem Weg oder bereits im Parlament zur parlamentarischen Be­handlung. Intensiv beschäftigt uns natürlich – aber Sie verfolgen das ja auch medial – das Dienst- und Besoldungsrecht.

Da möchte ich jetzt ein paar wesentliche Punkte anführen, warum denn ein neues Dienst- und Besoldungsrecht so wichtig ist; Herr Bundesrat Dönmez hat es ja schon angesprochen.

Wir brauchen – und da freue ich mich, dass es seit vorgestern Signale gibt, die Be­wegung anzeigen – attraktivere Einstiegsgehälter. Der Arbeitsmarkt für Lehrerinnen und Lehrer ist ein Markt, national und international, und da müssen wir einfach attrak­tiver werden. Wir brauchen in Zukunft sehr viele Lehrer und Lehrerinnen. Die müssen wir gewinnen. Wenn Sie nach Oberösterreich schauen, finde ich immer mehr Leute, die sagen: Eigentlich sollte ich nach Bayern gehen, dort verdiene ich viel mehr, wenn ich als Lehrer oder als Lehrerin arbeite. Das heißt, bei den Einstiegsgehältern müssen wir unbedingt attraktiver werden.

Der zweite Punkt – ich habe es vorhin schon angesprochen –: Wir brauchen mehr Ver­antwortung für die Schulleitungen, auch bei entsprechender Entlohnung.

Nächster Punkt – und ich freue mich, dass Sie das genauso sehen wie ich –: Wir wol­len Quereinsteiger für den Beruf begeistern, und zwar Quereinsteiger, die schon beruf­liche Erfahrung in anderen Feldern gesammelt haben. Aber was heißt das? – Diese Quereinsteiger haben dann natürlich auch Vordienstzeiten, und da kann man nicht er­warten, dass sie altruistisch bei t 0 zu arbeiten beginnen. Das heißt, das neue Dienst- und Besoldungsrecht muss auch vorsehen, dass entsprechende Vordienstzeiten aner­kannt werden, sonst werden wir diese Quereinsteiger schlichtweg nicht für den Lehrbe­ruf gewinnen können.

Und der nächste Punkt: Ich finde das derzeitige Entlohnungssystem schlichtweg unfair und ungerecht. Ich möchte – so, wie wir das im Regierungsprogramm vereinbart ha­ben – ein gemeinsames Dienst- und Besoldungsrecht für alle Lehrerinnen und Lehrer. Das ist mir wichtig! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundes­rates Dönmez.)


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Das sind die Eckpunkte, Grundpfeiler unserer Verhandlungen. Wir starten nächste Wo­che in die nächste Runde. Ich kann nur sagen, ich werde dranbleiben. Wir brauchen dieses neue Dienst- und Besoldungsrecht, und ich darf mich da den Ausführungen des Herrn Bundesrates Dönmez anschließen: Wir brauchen in Österreich erstklassige öf­fentliche Schulen. Die Privatschulen sind äußerst wichtig. Sie sind besonders wichtig in der Innovation – ich denke da an die neue Matura, an das Benediktinergymnasium im Lavanttal, an die Leistungssportschule Liese Prokop in Niederösterreich.

Aber wir brauchen öffentliche Schulen von erstklassiger Qualität. Öffentliche Schulen sind wichtig für eine solidarische Gesellschaft, und öffentliche Schulen sind die Grund­lage, damit ein Zusammenleben in Vielfalt gelingen kann. Denn was ist die Alternative, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Ein Auseinanderdriften in öffentliche Schu­len für die Armen und Migranten und Privatschulen für die Mittelschicht und für die Rei­chen.

Wenn wir aber in einer Gesellschaft leben wollen, die sich der Vielfalt verbunden fühlt, die ihre Zukunft in sozialem Frieden und sozialem Ausgleich sieht, die Chancengerech­tigkeit leben will – aus sozialer Verantwortung und aus ökonomischer Vernunft, weil wir ja in Wien nicht auf 50 Prozent der Einwohner verzichten wollen, auch wenn wir über Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit sprechen –, dann haben wir gar keine Alternative.

Daher trete ich für die Marktwirtschaft – nicht für eine Marktgesellschaft – ein und ma­che mich für einen erstklassigen öffentlichen Sektor in definierten Bereichen – Bildung, Gesundheit, Sicherheit – stark. Da ist es entscheidend, dass wir gerade auch beim Dienst- und Besoldungsrecht Leistungskomponenten mit berücksichtigen und dass wir damit auch all jenen Personen Wertschätzung und Anerkennung zollen, die im öffentli­chen Dienst arbeiten. Das ist mein Appell, und den richte ich jetzt auch an Herrn Neu­gebauer. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

18.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Reich. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.05.43

Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich befinde mich jetzt schon fast in einer schwierigen Situation: Die Frau Ministerin hat eigentlich wirklich ganz, ganz tolle Abschlussworte gefunden, ihr werdet mir aber verzeihen, wenn ich trotzdem noch ein bisschen etwas zum Thema sagen möchte, da ich ja aus dem Bildungsbereich komme und mein Herzblut an der Schule hängt.

Der zweite nationale Bildungsbericht liegt vor. Er ist die zentrale Grundlage für eine sachorientierte Bildungspolitik und den weiteren politischen Diskurs. Auch ich möchte dir, geschätzte Frau Ministerin, und deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese umfangreiche Gesamtschau des österreichischen Bildungsbereichs danken.

Werte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir aber, dass ich mich besonders mit dem Kapitel „Schulformen“ und dabei besonders mit den nationalen und internationa­len Erfahrungen zu ganztägigen Formen auseinandersetze, da ich aus meiner persön­lichen Erfahrung als langjährige Lehrerin und nun als Leiterin einer ganztägig geführten Schule die erhobenen wissenschaftlichen Fakten und Daten besonders spannend und interessant finde und diese heute mit meiner schulischen Realität vergleichen möchte.

Zuerst aber zu den Ausführungen bezüglich Bildungsbericht.

Der Ausbau der Ganztagsschulen wurde als Folge des PISA-Schocks in vielen euro­päischen Ländern diskutiert und in der Folge in den meisten gefördert. In Österreich


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starteten die ersten Schulversuche 1974 beziehungsweise 1975 und die ersten Evalua­tionen Anfang der achtziger Jahre ergaben, dass die Zahl der Klassenwiederholungen eingedämmt werden konnte, dass Schülerinnen und Schüler einen besseren Gemein­schaftssinn und ein positiveres Sozialverhalten haben, Lehrerinnen und Lehrer höhere Einsatzbereitschaft zeigen und die Eltern der ganztägig betreuten Schülerinnen und Schüler den guten Lern- und Erziehungserfolg ihrer Kinder schätzten.

Grundsätzlich werden an die ganztägige Betreuung vielfältige Erwartungen gestellt. Aus sozialpolitischer Sicht steht der Betreuungsaspekt im Vordergrund. Eltern können immer weniger auf Gratiskontakte wie Großeltern oder Bekannte zurückgreifen und wünschen sich außerdem, dass sie von Bildungsfragen entlastet werden. Nicht alle Eltern sind in der Lage oder gewillt, Unterstützung und Hilfestellung zu geben. Außer­dem birgt das Erledigen von Aufgaben für die Schule hohes Konfliktpotenzial in der El­tern-Kind-Beziehung. Auch die Tatsache, dass jeder fünfte Schüler/jede fünfte Schüle­rin im Pflichtschulbereich Nachhilfe in Anspruch nehmen muss, spricht für ein Angebot, das die Schülerinnen und Schüler während der Schulzeit fördert und unterstützt und die Familien somit auch finanziell entlastet.

Aus bildungspolitischen Gründen ist eine Steigerung von fachlichen und sozialen Kom­petenzen der Schülerinnen und Schüler wünschenswert. Das heißt, erweiterte und in­tensivere Zeit-, Raum- und Personalressourcen begünstigen eine andere Lernkultur, die Begabungen und Defizite früher erkennt und auch darauf reagieren kann. Es gibt weniger Schulversager, weniger Klassenwiederholungen und mehr soziales Lernen.

Gefordert wird auch eine Schule, in der dieses soziale Lernen einen entsprechenden Stellenwert erhält. Die pädagogischen Argumente sind vielfältig. Grundsätzlich gilt das Schaffen von günstigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler als Hauptmotiv. Offenes Lernen, fächerübergreifender Unterricht und Pro­jektlernen sind in Ganztagsschulen einfacher zu realisieren. Lern-, Ruhe-, Spiel-, För­der- und Essenszeiten verbessern die sozialen Kontakte und vermindern Schulangst, Lern- und Leistungsdruck, fördern die Lernkompetenz und die Lernmotivation und da­mit wiederum das soziale Lernen.

Auch ist es Realität, dass Schülerinnen und Schüler zunehmend fehlende Spielmög­lichkeiten mit Geschwistern und Gleichaltrigen im Wohnumfeld haben und das wird durch die Möglichkeiten in der Ganztagsschule, soziales Verhalten und gesellschaftli­che Regeln zu erfahren und Freundschaften zu pflegen, wettgemacht.

Auch die Vernetzung mit öffentlichen Einrichtungen wie Vereinen, Musikschulen, kirch­lichen Einrichtungen und sozialen Organisationen soll nicht verschulend wirken, son­dern neue Aspekte eines pädagogisch wertvollen Lebens- und Erfahrungsraumes öff­nen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die Erwartungen sind groß. Können sie auch er­füllt werden?

Gestatten Sie mir nun einen etwas emotionalen und persönlichen Vergleich mit meiner Schule. Meine Erfahrungen mit der ganztägigen Schulform starten als Lehrerin schon im Jahr 1980, als mein damaliger Schulleiter, ein sehr fortschrittlicher und innovativer Pädagoge, mit der Einführung der Tagesheimschule, der Organisationsform mit ge­trennter Abfolge – das heißt, Unterrichts- und Betreuungsteil sind nicht verschränkt – an unserem Schulstandort startete.

Nach sensationellen ersten Jahren mit annähernd 100 Prozent Beteiligung – wahr­scheinlich hauptsächlich durch das Gratisangebot bedingt –, wurde eine Grundlage ge­legt, die uns heute zu einer sehr erfolgreichen Kompetenztagesschule macht.

Mit der Überleitung in das Regelschulwesen und der finanziellen Beteiligung der Eltern sank das Interesse an dieser Schulform plötzlich sehr stark – noch dazu, wo in unserer


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ländlichen Situation nicht unbedingt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf das Hauptargument für die Eltern ist, Ganztagsbetreuung in Anspruch zu nehmen, sondern das anerkannte und geschätzte Angebot für die Schülerinnen und Schüler, der Wohl­fühlcharakter und die Entlastung der Eltern von Schularbeit.

In einer Phase des Umbruchs, in der das Betreuungsteam überlegte, bis zu welcher Anzahl von teilnehmenden Schülerinnen und Schülern es noch möglich ist, attraktive Angebote zu schaffen, bemühte ich mich damals mit engagierten Kolleginnen und Kol­legen, die den großen pädagogischen und sozialen Wert unserer Einrichtung erkannt hatten, einen neuen Weg in der Ganztagsbetreuung zu beschreiten.

Wir arbeiteten ein neues Konzept aus, öffneten uns für außerschulische Einrichtungen wie Jugendorganisationen, Naturschutzgruppen, die Pfarre, Sportvereine, die örtliche Wirtschaft und die Gemeinde und banden die Eltern noch mehr ein. Es gab Vorschlä­ge, Wunschlisten, Frage- und Feedbackbögen, viel Engagement und Bewusstseinsbil­dung. Auch mit der Unterstützung des Schulerhalters – die Gemeinde übernahm die Kosten für die Mittagsaufsicht für die Schülerinnen und Schüler und stützt die schul­eigene Küche jedes Jahr mit einer beträchtlichen Summe – konnten wir die Eltern fi­nanziell entlasten.

In den letzten Jahren – und das ist unsere Erfolgsgeschichte – haben wir über 99 Pro­zent freiwillige Teilnahme. 100 Schülerinnen und Schüler von 101 nutzen unser Ange­bot und wir können seit Jahren eine verschränkte, pädagogisch wertvollere Betreuung anbieten.

Wir sind sehr stolz darauf, dass wir von dir, Frau Ministerin, schon zum zweiten Mal mit dem Gütesiegel für qualitätsvolle Tagesbetreuung ausgezeichnet und mit zusätzlichen Stundenressourcen ausgestattet worden sind, die uns die Chance und die Mittel ge­ben, noch individualisierender und schülerbezogener zu arbeiten.

Wir hoffen und wünschen, liebe Frau Ministerin, dass uns diese finanziellen Ressour­cen auch weiterhin zur Verfügung stehen. Wir brauchen sie unbedingt. Ich danke im Voraus für deine Unterstützung.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Gestatten Sie mir zum Schluss meiner Ausführungen, dass ich die Fakten des Bildungsberichtes noch einmal mit meinen persönlichen Erfahrungen zusammenführe. Was im Bericht als theoretisch be­gründete Argumente und Ziele angeführt wird, kann ich nur durch die praktischen Er­fahrungen unterstreichen:

Unsere Schülerinnen und Schüler haben mehr soziale Kompetenz. Soziales Lernen ist uns ein Bedürfnis und eine Wochenstunde wert. Wir haben ein gutes Lernklima, kaum negative Schulleistungen und seit Jahren keine Repetenten. Wir haben eine große Leistungsbereitschaft und Lernmotivation. Wir hatten bei der ersten Überprüfung der Bildungsstandards in Mathematik ausgezeichnete Ergebnisse, lagen weit über dem österreichischen Durchschnitt, und unsere Mädchen sind – gegen den Trend – auch in Mathematik mindestens so gut wie die Knaben.

Wir machen es durch die Unterstützung des Schulerhalters beim Mittagstisch und in der Betreuung, aber auch bei der Benutzung der Räumlichkeiten, allen Familien mög­lich, das günstige Angebot in Anspruch zu nehmen.

Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind von der Bedeutung der Tagesbetreuung für das Wohl der Kinder überzeugt und engagieren sich auch dafür. Wir errichten unser neues Schulgebäude nach unserem pädagogischen Konzept, das auf den ganztägigen Auf­enthalt aufgebaut ist.

Wir haben ein positives Schulklima, ein partnerschaftliches Verhältnis zu allen Schul­partnern, und Schülerinnen und Schüler bestätigen uns, dass sie sich bei uns wohl­fühlen.


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Die Ganztagsschule ist für uns ein sehr erfolgreiches Konzept, das Schulqualität för­dert und sichert und von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern geschätzt wird. Es ist ein guter Schritt in eine gute Schul-Zukunft. Mögen ihn noch viele gehen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Zwazl.)

18.16


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag, den gegenständli­chen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg er­folgen. Als Sitzungstermin ist der 26. Juni 2013, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Wie immer kommen für die Tagesordnung dieser Sitzung jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchs­recht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, 25. Juni 2013, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Ich bedanke mich.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.17.39Schluss der Sitzung: 18.18 Uhr

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Parlamentsdirektion

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