Plenarsitzung
des Nationalrates
145. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Dienstag, 8. März 2022
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Großer Redoutensaal
Stenographisches Protokoll
145. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 8. März 2022
Dauer der Sitzung
Dienstag, 8. März 2022: 14.34 – 19.54 Uhr
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Tagesordnung
Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Umbildung der Bundesregierung sowie zur aktuellen Lage in der Krise zwischen Russland und der Ukraine
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ........................................................................................................ 18
Geschäftsbehandlung
Antrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2227/A der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein „Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 9. März 2022 zu setzen – Ablehnung ............................................ 20, 120
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 4 GOG .............................................................................................................. 20
Wortmeldungen betreffend die Einhaltung der Usancen des Hauses bei der Einmeldung von Redebeiträgen:
Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... 117
Sigrid Maurer, BA ................................................................................................... 117
Bundesregierung
Schreiben des Bundeskanzlers Karl Nehammer, MSc betreffend Amtsenthebung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein bei gleichzeitiger Ernennung von Johannes Rauch
zum Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch den Bundespräsidenten .................................................................................. 18
Ausschüsse
Zuweisungen ............................................................................................................. 18
Verhandlungen
Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Umbildung der Bundesregierung sowie zur aktuellen Lage in der Krise zwischen Russland und der Ukraine ..... 21
Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc ................................................................... 21
Vizekanzler Mag. Werner Kogler ........................................................................... 26
Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 GOG .................... 21
RednerInnen:
Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................................................ 30
Gabriela Schwarz .................................................................................................... 33
Herbert Kickl ............................................................................................................ 35
Sigrid Maurer, BA ................................................................................................... 40
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... 42
Dr. Reinhold Lopatka .............................................................................................. 45
Philip Kucher ........................................................................................................... 47
Mag. Meri Disoski ................................................................................................... 49
MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. 51
Bundesminister Johannes Rauch ........................................................................ 53
Mag. Bettina Rausch .............................................................................................. 56
Dr. Helmut Brandstätter ......................................................................................... 58
Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab ....................................................... 60
Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................. 63, 113
Eva Maria Holzleitner, BSc .................................................................................... 64
Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................. 67
Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. 71
Michel Reimon, MBA .............................................................................................. 72
Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. 73
Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................ 74
Josef Muchitsch ...................................................................................................... 76
Mag. Markus Koza .................................................................................................. 79
Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... 80
Irene Neumann-Hartberger .................................................................................... 82
Dr. Stephanie Krisper ............................................................................................. 83
Ralph Schallmeiner ................................................................................................ 85
Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... 86
Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA .......................................................................... 90
Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... 95
Bedrana Ribo, MA ................................................................................................... 97
Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................. 99
Katharina Kucharowits ........................................................................................... 100
Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... 103
Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. 109
August Wöginger .................................................................................................... 114
Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ 118
Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der Erdgasversorgung“ – Ablehnung ............................................................................................................. 66, 119
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Unterstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine“ – Annahme (238/E) 69, 119
Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine“ – Ablehnung ............................................................ 78, 119
Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeoffensive sofort in Angriff nehmen“ – Ablehnung ... 88, 119
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Solidarität und Unterstützung der Ukraine“ – Annahme (239/E) ................ 93, 120
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zur Neutralität – Nein zum NATO-Beitritt!“ – Ablehnung 96, 120
Entschließungsantrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in der Ukraine und Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine“ – Ablehnung ..................... 102, 120
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets ‚Militärische Angelegenheiten‘ auf 1 % des BIP zum Schutz der österreichischen Neutralität“ – Ablehnung 106, 120
Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate“ – Ablehnung ....................................................................... 108, 120
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum NATO-Beitritt – Ja zur immerwährenden Neutralität“ – Ablehnung ............................................................................ 112, 120
Eingebracht wurden
Berichte .................................................................................................................... 19
Vorlage 89 BA: Monatserfolg Jänner 2022 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz; BM f. Finanzen
III-577: Bericht betreffend COVID-19-Kurzarbeit – Reihe BUND 2022/7; Rechnungshof
III-585: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Jänner 2022; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung
III-586: Bericht betreffend Prüfung der Errichtung einer Fachstelle zur Wahrnehmung der Interessen der VerbraucherInnen in der Normung einschließlich Barrierefreiheiten aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 15. Dezember 2021, 227/E XXVII. GP; BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
III-587: Bericht nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung für Jänner 2022; BM f. Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
III-588: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Jänner 2022; BM f. Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
III-589: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für Jänner 2022; BM f. Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
III-590: Vierter Baukulturreport; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
III-591: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für das Kalenderjahr 2022 (Jänner 2022); BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
III-593: Bericht über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2020); Bundesregierung
III-594: Umsetzungsbericht 2021 zur Nationalen Strategie gegen Antisemitismus; BM f. EU und Verfassung
III-595: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Februar 2022; BM f. Justiz
Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ........................................................... 20
Aufnahme der Verhandlungen einer WHO-Konvention, eines Vertrages oder eines anderen internationalen Instruments zur Verhinderung von und zur Bereitschaft und Reaktion auf Pandemien
Anträge der Abgeordneten
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegeoffensive sofort in Angriff nehmen (2349/A)(E)
Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird (2350/A)
Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Eva Maria Holzleitner, BSc, Rosa Ecker, MBA, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erstellung eines Frauengesundheitsberichts, zur Verbesserung der Frauengesundheit und Stärkung der Gender-Medizin (2351/A)(E)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beobachterstatus Taiwans in der WHO (2352/A)(E)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beobachterstatus Taiwans in der WHO (2353/A)(E)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterverordnung von Heilmitteln (2354/A)(E)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Impfpflichtbefreiung ohne bürokratische Hürden (2355/A)(E)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl. Nr. 566/1991, geändert wird (2356/A)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Entwicklung einer bundesweiten Blackout-Gesamtstrategie sowie von Unterstützungsmaßnahmen für betroffene Gemeinden und Haushalte (2357/A)(E)
Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der laufenden Zentralstellenreform und die damit einhergehende Zerstörung der militärischen Führungsfähigkeit im Einsatz (2358/A)(E)
Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (2359/A)
Anfragen der Abgeordneten
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie (9928/J)
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Vertrauensstelle Kultur und Sport (9929/J)
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Nationale Strategie gegen Antisemitismus (9930/J)
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie (9931/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Abschiebung eines 13-jährigen und seiner Eltern nach Aserbaidschan (9932/J)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Vereinbarung über die Elementarpädagogik (9933/J)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-19-Gesetz Armut Unterstützung für Kinder und Jugendliche (9934/J)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung des AlleinerzieherInnenpakets (9935/J)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Vertragskündigungen durch Energieanbieter“ (9936/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-Hospitalisierungen (02/2022) (9937/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherung: Offenlegung der Gebarungsvorschaurechnungen (02/2022) (9938/J)
Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Schließung des Wachzimmers am Bahnhof Wiener Neustadt und die damit verbundene (Un)Sicherheitslage seither im Großbereich des Bahnhofs“ (9939/J)
Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Förderbeträge Freie Privatschulen“ (9940/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Was wurde seit 2015 für ein effizientes Asylsystem am Boden der Rechtsstaatlichkeit getan? (9941/J)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend „Konkretisierung von Maßnahmen des BMLRT zum Schutz regionaler ProduzentInnen“ (9942/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Trafikvergabe NEU bedroht Tabakmonopol und Trafikanten sowie Trafikwerber (9943/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Trafikvergabe NEU bedroht Tabakmonopol und Trafikanten sowie Trafikwerber (9944/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Trafikvergabe NEU bedroht Tabakmonopol und Trafikanten sowie Trafikwerber (9945/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Maßnahmen gegen das Inflationshoch (9946/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuermehreinnahmen in Folge von Inflationshoch (9947/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Attraktivierung der Pflegeausbildung und Maßnahmen um den Alltag im Pflegebereich zu verbessern (9948/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Arbeitskräftemangel in Österreich (9949/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend dringende Notwehrmaßnahmen gegen EU-Atomstromverordnung (9950/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Österreich exportiert Plastikmüll in die Türkei (9951/J)
Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Frühstarterbonus (9952/J)
Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Barrierefreiheit in Krankenanstalten (9953/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Krankenbettenbelegung durch COVID-Kranke (9954/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Personaltransfer von Dr. Ruperta Lichtenecker in die GÖG (9955/J)
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Postenschacher und rechtswidrige Botschafterbestellungen der schwarz-grünen Bundesregierung (9956/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend über tausend wissenschaftliche Studien behandeln die Gefahren von Corona-Impfstoffen (9957/J)
Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Plagiierte Dissertation – Justizministerin Alma Zadić (9958/J)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Masken sind Gefahr für die Umwelt und für die Tierwelt in Niederösterreich (9959/J)
Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Schimmelbefallene Unterkünfte für Soldaten im Assistenzeinsatz in Eberau (9960/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgen für asylberechtigten Täter nach Messerattacke in Klagenfurter Innenstadt (9961/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend deutsches Atommüllendlager an österreichischer und tschechischer Grenze (9962/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend kommunikative Begleitung des Klimarats (9963/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beitrag Kärntens zur Abwicklung der HGAA (9964/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Abschiebungen im Jahr 2021 (9965/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Evakuierungen aus Afghanistan (9966/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zahlungen an BLB (9967/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Abwicklungsstand Abbaubanken (9968/J)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend nicht einsatzfähiger Baupionier Katastrophenzug (9969/J)
Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Abweisung beim Check-In für Bundesminister Dr. Mückstein (9970/J)
Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Lehrerin an Gymnasium in Wien-Radetzkystraße wünscht ohne Konsequenzen Ungeimpften den Tod? (9971/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Vorlage des Ministerrats zum Beschluss zur Lieferung von Kriegsmaterial an die Republik Lettland (9972/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wohnkosten als Belastung für die heimischen Haushalte (9973/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Trafikvergabe NEU bedroht Tabakmonopol und Trafikanten sowie Trafikwerber (9974/J)
Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unzählige Corona-Fälle im Asylheim Traiskirchen (9975/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Belagstand des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen (9976/J)
Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Wer profitiert vom neuen ZAMG-Gesetz (9977/J)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend RTR Website (9978/J)
Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die rechtskonforme Anwendung des Ausschreibungsgesetzes 1989 – AusG, BGBl. I Nr. 85, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2021 (9979/J)
Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die rechtskonforme Anwendung des Bundesministerien Gesetz 1986 – BMG, BGBl. Nr. 76, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 148/2021 (9980/J)
Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Neue §15a Vereinbarung zur Elementarpädagogik“ (9981/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Reaktion auf das Bekanntwerden von Sidelettern und das dort dokumentierte geplante gesetzwidrige Verhalten („Postenschacher“) (9982/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage Leak des „Soteria“-Berichts aus dem BVT (9983/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Folgeanfrage Ermittlungen rund um Leak des Soteria-Berichts aus dem BVT (9984/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufwand der Operation Luxor/Ramses (9985/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang mit Schutzsuchenden aus der Ukraine (9986/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Abweichungen beim Ausbau des Zugsicherungssystems ETCS (9987/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Fehlende Repräsentanz des Klimarates (9988/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Reaktivierungswelle von Vorsorgekapazitätsstandorten (9989/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Sicherheitsabkommen“ zwischen Bund und Land Steiermark (9990/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Absonderungen bei hohen CT-Werten (9991/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Tirol (9992/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Niederösterreich (9993/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Oberösterreich (9994/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Vorarlberg (9995/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in der Steiermark (9996/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Wien (9997/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Kärnten (9998/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei in Salzburg (9999/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollen der Finanzpolizei im Burgenland (10000/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Kärnten (10001/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Niederösterreich (10002/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Oberösterreich (10003/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Wien (10004/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Tirol (10005/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 im Burgenland (10006/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Vorarlberg (10007/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Salzburg (10008/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in der Steiermark (10009/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sexualstraftaten 2021 in Österreich (10010/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10011/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10012/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10013/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10014/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10015/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10016/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10017/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10018/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10019/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10020/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10021/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10022/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10023/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Auftragssummen an die Firma Lockl & Keck GmbH (10024/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Systematische Postenkorruption (10025/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Systematische Postenkorruption (10026/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Systematische Postenkorruption (10027/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Systematische Postenkorruption (10028/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Systematische Postenkorruption (10029/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Systematische Postenkorruption (10030/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Systematische Postenkorruption (10031/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Systematische Postenkorruption (10032/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Systematische Postenkorruption (10033/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Systematische Postenkorruption (10034/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Systematische Postenkorruption (10035/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Systematische Postenkorruption (10036/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Systematische Postenkorruption (10037/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMJ im zweiten Halbjahr 2021 (10038/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMKÖS im zweiten Halbjahr 2021 (10039/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMK im zweiten Halbjahr 2021 (10040/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMEUV im zweiten Halbjahr 2021 (10041/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMLRT im zweiten Halbjahr 2021 (10042/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMLV im zweiten Halbjahr 2021 (10043/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMI im zweiten Halbjahr 2021 (10044/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMDW im zweiten Halbjahr 2021 (10045/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMFFIM im zweiten Halbjahr 2021 (10046/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMBWF im zweiten Halbjahr 2021 (10047/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMF im zweiten Halbjahr 2021 (10048/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BKA im zweiten Halbjahr 2021 (10049/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMSGPK im zweiten Halbjahr 2021 (10050/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMA im zweiten Halbjahr 2021 (10051/J)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Erbringung von Dienstleistungen an das BMEIA im zweiten Halbjahr 2021 (10052/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Staatsbesuch in der Schweiz (10053/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aktenlieferung an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss sowie an den „ÖVP-Korruptions“-Untersuchungsausschuss (10054/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aktenlieferung an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss sowie an den „ÖVP-Korruptions“-Untersuchungsausschuss (10055/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aktenlieferung an den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss sowie an den „ÖVP-Korruptions“-Untersuchungsausschuss (10056/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aktenlieferung an den „ÖVP-Korruptions“-Untersuchungsausschuss (10057/J)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend wie repräsentativ ist ein Klimarat mit rund 100 Personen? (10058/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Tirol im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10059/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Vorarlberg im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10060/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Oberösterreich im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10061/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Salzburg im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10062/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Wien im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10063/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität im Burgenland im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10064/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Österreich im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10065/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in der Steiermark im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10066/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Kärnten im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10067/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Niederösterreich im Jahr 2021 – Folgeanfrage (10068/J)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Folgeanfrage III Technische Universität Oberösterreich (10069/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sanktionen gegen Russland (10070/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage: Reform des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) (10071/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Ukraine-Krieg: wirtschaftliche Landesverteidigung & Entlastung durch Reformen (10072/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Österreichische Digitalwirtschaft (10073/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berichte zu Gutachten der Alterssicherungskommission nicht fristgerecht vorgelegt (10074/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Berichte zu Gutachten der Alterssicherungskommission nicht fristgerecht vorgelegt (10075/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Entsendemeldungen von Arbeitnehmern nach Österreich 2020 und 2021 (10076/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Meldung von Nebenwirkungen bei AstraZeneca/Vaxzevria-Impfung (10077/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bundesweite Bettenkapazitäten (10078/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend „Fair-Pay-Strategie“ im Kulturbetrieb (10079/J)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Zahlen, Daten und Fakten zum Anerbenrecht (10080/J)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlen, Daten und Fakten zum Anerbenrecht (10081/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Selbstbehalt bei Pflegeausbildung (10082/J)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend die Versorgung der heimischen Landwirtinnen und Landwirte mit Dünger und Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion sicherstellen (10083/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Zufriedenheit von Arbeitssuchenden mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) (10084/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Aktueller Stand des WHO Pandemievertrags (10085/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Lieferung von nicht-tödlicher militärischer Ausrüstung an die Ukraine (10086/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Lieferung von nicht-tödlicher militärischer Ausrüstung an die Ukraine (10087/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Lieferung von nicht-tödlicher militärischer Ausrüstung an die Ukraine (10088/J)
Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Status und Strategie von Herdenschutz für Österreichs Almwirtschaft sowie den Vollzug der FFH-Richtlinie im Jagdrecht (10089/J)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend HPV-Impfungen (10090/J)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend International Baccalaureate in Österreich (10091/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zwischenabrechnung Grüner Pass (10092/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Leitung BMDW-Präsidialsektion: fragwürdige Änderung des Anforderungsprofils (10093/J)
*****
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Besuch von Alexander Soros im Parlament (43/JPR)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Parlamentssendung „Politik am Ring“ (44/JPR)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (9024/AB zu 9198/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9025/AB zu 9203/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9026/AB zu 9206/J)
der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9027/AB zu 9211/J)
der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (9028/AB zu 9217/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9029/AB zu 9205/J)
des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9030/AB zu 9214/J)
der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9031/AB zu 9204/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (9032/AB zu 9199/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9033/AB zu 9207/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9034/AB zu 9209/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9035/AB zu 9213/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9036/AB zu 9212/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9037/AB zu 9208/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (9038/AB zu 9215/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9039/AB zu 9210/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9040/AB zu 9200/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9041/AB zu 9201/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (9042/AB zu 9216/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (9043/AB zu 9202/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9044/AB zu 9221/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (9045/AB zu 9227/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9046/AB zu 9219/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9047/AB zu 9218/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (9048/AB zu 9223/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9049/AB zu 9220/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9050/AB zu 9226/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (9051/AB zu 9222/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9052/AB zu 9225/J)
der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (9053/AB zu 9230/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (9054/AB zu 9228/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (9055/AB zu 9229/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (9056/AB zu 9224/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (9057/AB zu 9232/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (9058/AB zu 9231/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (9059/AB zu 9451/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (9060/AB zu 9387/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (9061/AB zu 9247/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (9062/AB zu 9241/J)
Beginn der Sitzung: 14.34 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich darf Sie herzlich begrüßen und die 145. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären. Mein Gruß gilt natürlich auch den anwesenden Journalistinnen und Journalisten auf der Galerie und allen ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen. (Abgeordnete der ÖVP und der Grünen tragen gelb-blaue Buttons; Abgeordnete der SPÖ tragen rote Buttons mit einem weißen Venussymbol; Abgeordnete der FPÖ tragen Buttons mit der Aufschrift „Neutralität – ja, Nato – nein“; die Abgeordneten der NEOS tragen blaue beziehungsweise gelbe Masken.)
Die Amtlichen Protokolle der 141. und der 142. Sitzung des Nationalrates vom 23. Februar 2022 sowie der 143. und der 144. Sitzung vom 24. Februar 2022 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.
Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Lukas Brandweiner, Mag. Michael Hammer, Dr. Gudrun Kugler, Ing. Klaus Lindinger, BSc, Christoph Stark, Ing. Johann Weber, Christoph Zarits, Mag. Christian Drobits, Cornelia Ecker, Gabriele Heinisch-Hosek, Dietmar Keck, Maximilian Köllner, MA, Mario Lindner, Nurten Yılmaz, Hermann Brückl, MA, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Christian Lausch, Mag. Christian Ragger, Walter Rauch, Ing. Mag. Volker Reifenberger, Petra Steger, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Ulrike Fischer, Mag. Nina Tomaselli, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff und Dr. Johannes Margreiter.
Einlauf und Zuweisungen
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vom Bundeskanzleramt ist folgendes Schreiben eingelangt:
„Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung“ vom 8. März 2022 „gemäß Artikel 74 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes Herrn Bundesminister Dr. Wolfgang MÜCKSTEIN seinem Wunsch entsprechend vom Amt enthoben hat.
Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident gemäß Artikel 70 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes Herrn Johannes RAUCH zum Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ernannt.“
*****
Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 9928/J bis 10093/J
Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:
2. Anfragebeantwortungen: 9024/AB bis 9062/AB
B. Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Budgetausschuss:
Monatserfolg Jänner 2022 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 89 BA)
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Rechnungshofausschuss:
Bericht des Rechnungshofes betreffend COVID-19-Kurzarbeit – Reihe BUND 2022/7 (III577 d.B.)
b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Ausschuss für Bauten und Wohnen:
Vierter Baukulturreport, vorgelegt vom Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-590 d.B.)
Gesundheitsausschuss:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für das Kalenderjahr 2022 (Jänner 2022), vorgelegt vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (III-591 d.B.)
Ausschuss für innere Angelegenheiten:
Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2020) (III-593 d.B.)
Justizausschuss:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Februar 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Justiz (III-595 d.B.)
Ausschuss für Konsumentenschutz:
Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Prüfung der Errichtung einer Fachstelle zur Wahrnehmung der Interessen der VerbraucherInnen in der Normung einschließlich Barrierefreiheiten aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 15. Dezember 2021, 227/E XXVII. GP (III-586 d.B.)
Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:
Bericht nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung für Jänner 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (III-587 d.B.)
Tourismusausschuss:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Jänner 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (III-588 d.B.)
Unterrichtsausschuss:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Jänner 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-585 d.B.)
Verfassungsausschuss:
Umsetzungsbericht 2021 zur Nationalen Strategie gegen Antisemitismus, vorgelegt von der Bundesministerin für EU und Verfassung (III-594 d.B.)
Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für Jänner 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-589 d.B.)
C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:
Aufnahme der Verhandlungen einer WHO-Konvention, eines Vertrages oder eines anderen internationalen Instruments zur Verhinderung von und zur Bereitschaft und Reaktion auf Pandemien
*****
Fristsetzungsantrag
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2227/A eine Frist bis zum 9. März 2022 zu setzen.
Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen zur Abstimmung gebracht.
*****
Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung von ORF 2 bis 17 Uhr live übertragen wird. ORF III wird die Regierungserklärung, die Vorstellung des Gesundheitsministers übertragen. Bei aktuellen Entwicklungen in der Ukraine steigt ORF III flexibel aus.
Redezeitbeschränkung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatte erzielt. Dementsprechend ist die Gesamtredezeit von 4 „Wiener Stunden“ gemäß § 57 Abs. 4 der Geschäftsordnung so aufgeteilt, dass 78 Minuten auf die ÖVP, 54 Minuten auf die SPÖ, 44 Minuten auf die FPÖ, 40 Minuten auf die Grünen sowie 32 Minuten auf die NEOS entfallen. Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, 5 Minuten für die heutige einzige Debatte.
Ich komme gleich zur Abstimmung über die dargestellten Redezeiten.
Wer mit diesem Vorschlag einverstanden ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Danke schön, das ist angenommen.
*****
Wir befinden uns heute in einer außergewöhnlichen Situation. Ich darf die Mitglieder der Bundesregierung, an deren Spitze den Bundeskanzler und den Vizekanzler, recht herzlich in unserer Mitte begrüßen. Unser Gruß gilt auch dem neu ernannten Gesundheitsminister in ganz besonderer Art und Weise. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Eigentlich ist heute ein besonderer Tag, insbesondere für die Frauen, der Weltfrauentag, und wir wissen, dass wir, gerade was die Gleichstellungspolitik anlangt, sicherlich noch nicht am Ende dessen sind, was wir uns vorgenommen haben und erreichen wollen, gerade was das Parlament betrifft, auch was letzten Endes die Zahl der weiblichen Abgeordneten betrifft. Daher bitte ich, das immer wieder zu berücksichtigen, nicht nur heute an diesem Tag, sondern in dieser gesamten Zeit.
Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Umbildung der Bundesregierung sowie zur aktuellen Lage in der Krise zwischen Russland und der Ukraine
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die internationalen Ereignisse haben sich überschlagen. Darum kommen wir zur Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates.
Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem vorliegenden ausreichend unterstützten Verlangen eine Debatte stattfinden.
Herr Bundeskanzler, bei Ihnen steht das Wort.
Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Liebe Menschen, die in unserem Land leben! In diesen Zeiten ist eine Regierungserklärung, in der es darum geht, ein neues Regierungsmitglied in unserer Mitte begrüßen zu dürfen, das eine – und auf der anderen Seite ist das aber auch eine Gelegenheit, anlassbezogen zu den Entwicklungen, die gerade international stattfinden, Stellung zu nehmen. Jetzt jedoch zu dem für mich auch sehr schönen Aspekt: Heute wurde Johannes Rauch vom Bundespräsidenten als neuer Gesundheitsminister angelobt. Ich werde mich ihm gleich widmen, möchte aber davor noch die Gelegenheit nutzen, Wolfgang Mückstein ein herzliches Danke zu sagen – ein Danke dafür, dass er bereit war, sich in einer schwierigen Zeit der äußerst fordernden Aufgabe des Amtes des Gesundheitsministers zu stellen.
Wolfgang Mückstein war jemand, der bereit war, aus einem Beruf heraus, der alles andere als grundsätzlich etwas mit Politik zu tun hat, nämlich als Arzt, die Verantwortung als Minister zu übernehmen. Das eine ist, in der Fachfrage als Minister gefordert zu sein – und ja, das tut die Pandemie mit all ihren Folgen und Konsequenzen massiv, genauso wie die Pandemie die Menschen in unserem Land schon viel zu lange massiv belastet und quält; aber darüber hinaus hat auch Wolfgang Mückstein erfahren müssen, dass das politische Amt und die damit verbundenen Belastungen das eine sind, dass wir
aber leider jetzt auch gerade in einer Zeit leben, in der das alleine nicht genug ist, sondern in der persönliche Drohungen, die Gefährdung des eigenen Lebens, die Bedrohung der Familie, all das zusammenfällt – und das ist sehr viel.
Ich habe größten Respekt vor der Entscheidung, die er getroffen hat, sich von seinem Amt zurückzuziehen, damit er auch wieder mehr Sicherheit und ein besseres gemeinsames Leben mit seinen Kindern haben kann. Das halte ich für absolut nachvollziehbar.
Das, was ich als Bundeskanzler sagen kann, ist: Wir haben gemeinsam sehr gut zusammengearbeitet, pragmatische Lösungen gefunden und uns bestmöglich, nach bestem Wissen und Gewissen der Herausforderung der Pandemiebekämpfung gestellt. Das Amt des Gesundheitsministers, gerade in der Pandemie, ist einer der härtesten Jobs der Welt. Lieber Wolfgang, von dieser Stelle aus ein großes Danke für dein Engagement! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
Diesen härtesten Job des Gesundheitsministers übernimmt jetzt Johannes Rauch. Wir kennen einander seit den Koalitionsverhandlungen. Vor allem verbindet uns eines, und zwar, dass auch Johannes Rauch – das konnte ich heute sehen und mich mit ihm freuen – ein Familienmensch ist. Seine Familienmitglieder waren heute auch Zeugen seiner Angelobung, seine Mutter war da. Ich habe die Freude in den Augen gesehen, einerseits der Familienmitglieder, aber auch in deinen Augen, lieber Johannes. Genau diese Empathiefähigkeit ist es, neben deiner fachlichen Qualifikation.
Du bist seit vielen Jahren Mitglied einer Landesregierung. Du weißt, wie umfangreich politisches Handwerk sein kann. Und darüber hinaus habe ich dich als leidenschaftlichen Kämpfer für die Sache erlebt, aber immer auch neben der Leidenschaft das Ziel nicht aus den Augen verlierend, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Lieber Johannes, herzlich willkommen bei uns im Regierungsteam! Ich wünsche dir und uns eine gute Zusammenarbeit und ich freue mich darauf. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Das ist schon seit geraumer Zeit so: Die berühmten 100 Tage Schonfrist gibt es schon lange nicht mehr für neue Minister. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Du bist schon mittendrin und bist gefordert. Die Kommission wird ihren Bericht betreffend Impfpflicht übergeben, dieser Kommissionsbericht wird neben der Bundesregierung auch dem Nationalrat übermittelt werden. Deine ersten Aufgaben sind jene, eine fordernde Frage gemeinsam mit uns zu bearbeiten.
Jetzt, wie ich vorhin gesagt habe, zu dem Thema, das uns alle schon seit mittlerweile viel zu langer Zeit beschäftigt, zur Ukrainekrise: Die Ukrainekrise ist eine Krise, die nicht durch eine Naturkatastrophe entstanden ist, sondern die ein Invasionskrieg ist, die nicht eine beschränkte kriegerische Handlung, sondern einen umfassenden Krieg gegen die Menschen in der Ukraine darstellt, gegen Frauen, Kinder, vulnerable Gruppen wie Pflegebedürftige.
Ich habe erst unlängst wieder mit dem Bürgermeister von Kiew telefoniert: Dort ist gerade die größte Herausforderung, zu versuchen, jenen Menschen, die sich nicht selbstständig in Luftschutzkeller begeben können, tatsächlich irgendeinen Schutz zu ermöglichen. Das ist gerade jetzt, während wir hier sitzen, eine der Hauptaufgaben der Verwaltung in Kiew, nämlich Zivilistinnen und Zivilisten vor Artilleriebeschuss, Explosionen und Scharfschützenbeschuss zu schützen.
Wir erleben auch, dass gerade sehr viele Menschen, nämlich vor allem Frauen und Kinder, auf der Flucht sind. Sie brauchen unsere Hilfe, sie brauchen unsere solidarische Unterstützung. Es geht jetzt darum, in Europa – und die Bereitschaft ist da – schnell und solidarisch zu helfen. Ich bin sehr froh, dass auch die rechtlichen Rahmenbedingungen
dafür geschaffen worden sind, dass diese Hilfe auch unproblematisch auf europäischer Ebene erfolgen kann.
Aber eines sei von dieser Stelle aus auch noch einmal klar gesagt: Es braucht jetzt das entschlossene Handeln des russischen Präsidenten, den Krieg zu beenden. Er hat es in der Hand. Er ist der Oberbefehlshaber der russischen Armee. Sein Wort hat Gewicht. Sein Wort hat Gewicht, um das Leid der Menschen in der Ukraine zu beenden. Jeder Tag zählt, jede Stunde zählt. Sie – diejenigen, die gerade besonders viel Verständnis für die Russische Föderation entwickeln – können jetzt sagen, das sei Polemik des Bundeskanzlers, aber wenn Sie die Berichte aus Charkiw und aus anderen beschossenen Städten in der Ukraine hören, dann wissen Sie, dass jetzt gerade etwas passiert, was in der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg bisher einfach unvorstellbar war, nämlich dass wieder Zivilistinnen und Zivilisten, Frauen mit ihren Kindern, mit ihren Babys, ältere Menschen in Luftschutzkellern sitzen, sofern es sie gibt, oder in U-Bahn-Stationen und dort Zuflucht vor Artillerie- und Raketenbeschuss suchen. Das ist keine Kriegspropaganda, das ist kein einseitiges Schildern von Umständen, sondern das passiert gerade.
Dann gibt es plötzlich eine neue Diskussion in Österreich, ob denn unsere Neutralität zur Debatte steht. (Ruf bei der SPÖ: Ja eh! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das finde ich besonders interessant, denn die österreichische Neutralität ist nicht eine des Keine-Meinung-Habens. (Ruf bei der FPÖ: Von wem angezettelt? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die österreichische Neutralität heißt nicht wegschauen, sondern hinschauen; dazu haben wir uns verpflichtet – international als Mitglied der Vereinten Nationen. Krieg, Bruch des Völkerrechts und Artilleriebeschuss von Zivilistinnen und Zivilisten nicht zu benennen, das ist niemals von unserer Neutralität umfasst. Wir als Österreich sind eine Stimme für die Opfer, wir sind eine Stimme für die Frauen und für die Kinder, und wir sind fix nicht diejenigen, die sich verschweigen und zurückziehen, weil es plötzlich heißt, wir seien neutral.
Als damals die Neutralität beschlossen worden ist, ist gleichzeitig auch beschlossen worden, dass wir Mitglied der Vereinten Nationen werden. Das war ein klares Zeichen der Solidarität und der Verpflichtung, einander beizustehen, wenn das Völkerrecht gebrochen wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)
Das heißt, unsere Neutralität ist mehr als hilfreich, wenn es darum geht, auch Brücken bauen zu können, den Dialog anzubieten, aber machen wir uns nichts vor und seien wir nicht naiv: Wir reden von Opfer und Täter und wir reden davon, dass wir ein Gegenüber haben. Ich werde auch nicht müde, das zu tun, den Dialog einzufordern, daran zu appellieren, dass der Dialog besser als das Töten ist (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), aber dafür ist es notwendig, dass die Waffen aus der Hand gegeben werden. Der, der jetzt in den Dialog eintreten soll, hat gerade beide Hände voll (die Hände nacheinander hebend): Panzer, Gewehre, Flugzeuge, Raketen, Artillerie. Und irgendetwas davon muss aus den Händen verschwinden, denn sonst ist kein Dialog möglich.
Weiters habe ich wahrgenommen, dass man Sorge hat, dass die klare Positionierung Österreichs einen Präsidenten beleidigen könnte. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Die Frage eines Gemütszustandes kann nicht mit der Frage verbunden sein, ob Krieg oder Frieden herrscht.
Unsere Aufgabe ist es jetzt, gemeinsam Möglichkeiten zu suchen – und das tun wir, auf europäischer Ebene genauso wie in Österreich –, diese Dialogbrücken herzustellen, zu errichten, wann immer sie gebraucht werden, aber auch klarzumachen, dass wir uns nicht verschweigen, wenn Leid und Elend in unserer Nachbarschaft, unmittelbar vor der Tür sind. Das ist gemeinsame Verpflichtung und aus meiner Sicht auch gemeinsamer Anspruch – auch im Sinne unserer Neutralität, die war, die ist und die bleiben wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wie ist die Lage derzeit vor Ort? – Wir befinden uns am Tag 13 der russischen Offensive, sie läuft deutlich langsamer als offensichtlich geplant. Es gibt dramatische Verluste aufseiten der russischen Streitkräfte wie auf der Seite der Verteidigungskräfte, und es gibt vor allem eines: viel zu viele Opfer auf der zivilen Seite.
Jeder Tag, den es diesen Krieg gibt, jeder Tag mehr bedeutet Leid und Kummer für die Menschen, und es braucht jetzt endlich die schon oft zugesagten – aber nie eingehaltenen – sicheren Korridore, um die Menschen zu versorgen, sei es mit Hilfsgütern oder sei es, um sie zu evakuieren. Es braucht sichere Fluchtwege aus den Städten, es braucht sichere Fluchtwege aus Kiew, aus Charkiw, aus anderen belagerten Städte, die gerade beschossen werden und in denen das freie Bewegen auf der Straße und Fliehen gar nicht möglich sind, weil die Menschen derzeit eingekesselt sind und Angst davor haben, von einer Artilleriegranate zerfetzt zu werden. Ja, man kann fragen: Wäre es nicht besser, wir würden leisertreten?
Der Klubobmann der Freiheitlichen hat das letzte Mal am Schluss seiner Rede einen chinesischen Weisen zitiert, Sunzi: Wenn du schwach bist, handle klug!, das waren Ihre Worte, Herr Klubobmann. (Abg. Kassegger: Wenn du nicht stark bist, musst du klug sein, hat er gesagt!) Das Problem ist: Wenn russische Besatzungstruppen in einem Land sind und gegen die eigene Bevölkerung kämpfen, ist die Handlungsfähigkeit nicht mehr gegeben, sondern nur mehr eines: zu verteidigen. Das macht den Unterschied zwischen einen Spruch zitieren oder die Realität erkennen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Was tun wir jetzt vonseiten derer, die sich dazu entschlossen haben – und das halte ich auch für wichtig –, wie reagiert der Westen, wie reagiert die Europäische Union auf diesen Krieg? Wie wäre es vor Jahrzehnten gewesen? – Nicht mit militärischen Mitteln. Das ist, und dessen müssen wir uns bewusst sein, eine kluge Entscheidung, das ist kluges Handeln, denn würden der Westen, die Nato jetzt militärisch intervenieren, würden wir von einem Weltkrieg sprechen. Daher gibt es vonseiten der Nato-Mitgliedstaaten, aber vor allem auch vonseiten der Europäischen Union eine klare Entscheidung, die wir feststellen können: Unser Weg ist, so klar wie möglich, so nachhaltig wie möglich mit zivilen Möglichkeiten darauf zu reagieren, dass gerade Krieg stattfindet; das sind die Sanktionen, und diese sind jetzt stufenweise erhöht worden. Es gibt auch das klare Bekenntnis vonseiten der Europäischen Union, dass wir weitere Sanktionsstufen beschließen werden, solange dieser Krieg andauert. Er muss enden. Die Menschen in der Ukraine müssen wieder ein Recht auf Leben vorfinden und nicht den Tod und die ständige Bedrohung.
Was sich aber auch gezeigt hat: Europa ist aufgewacht, in einem Ausmaß, wie ich es nicht erwartet hätte. (Ruf: Nur Österreich nicht!) Die Verteidigungsbereitschaft, die Bereitschaft, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, die Wehrfähigkeit und der Wehrwille sind dramatisch gestiegen – eine Fehlkalkulation des russischen Präsidenten, denn er hat immer davon gesprochen, dass die Nato so gefährlich sei und an seine Grenzen gerückt sei. Die Wahrheit ist: Wie oft gab es Kritik von den Vereinigten Staaten von Amerika, dass die Verteidigungsausgaben zu gering sind, dass die Einsatzfähigkeit der europäischen Armeen zu wenig gegeben und diese zu wenig präsent sind. Das wird sich nach diesem Krieg in der Ukraine ändern. Es gibt ein klares Bekenntnis der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten, genau das zu ändern.
Nur um es noch einmal zu erwähnen, weil es schon Thema war: Jeder, der hier im Hohen Haus Verständnis für die russische Seite aufbringt, möge einmal mit Menschen aus Polen, den baltischen Staaten oder unserem Nachbarland Ungarn sprechen, solle sich einmal darüber unterhalten, was es bedeutet, mit Todeslisten aus dem Haus geholt zu werden, standesrechtlich erschossen zu werden oder in die Gulags nach Sibirien gebracht
zu werden. Polemik? – Nein. Sie können gern mit der estnischen Ministerpräsidentin reden, deren Familie unmittelbar betroffen war.
Morgen kommt der polnische Ministerpräsident zu uns. Polen hat zweimal gelitten: einmal unter dem Naziterror und einmal unter dem Terror der Sowjets. Die Polen haben im Rat der Regierungschefs klar bekannt: Sie werden sich nie wieder teilen und besetzen und ihre Mitmenschen ermorden lassen, sondern sie werden sich dagegen zur Wehr setzen. Das ist nicht meine Rhetorik, sondern die unserer polnischen Freunde – und die entsteht nicht aus Überheblichkeit, die entsteht aus Angst vor einem Aggressor. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Hafenecker.)
Das heißt, wir werden daran gemessen werden, wie sehr wir unsere gemeinsamen Bemühungen um mehr Sicherheit tatsächlich auf den Boden bringen. Die österreichische Bundesregierung bekennt sich dazu. Wir werden die Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen, und wir werden die militärische Landesverteidigung in ihrer Gesamtheit, nämlich die umfassende militärische Landesverteidigung, inhaltlich, geistig – warum es wichtig ist, sich zu verteidigen –, genauso wie wirtschaftlich wieder neu zu bewerten und tatsächlich auch umzusetzen haben; ich denke auch daran, dass wir demnächst das Gasbevorratungsgesetz beschließen werden. Wir werden uns auch darüber im Klaren sein, dass es eine leistungsfähige Bereitschaft gibt, das Land durch das österreichische Bundesheer zu verteidigen. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung, die wir zu leisten haben.
Was tun wir noch? – Wir bereiten uns auch darauf vor, dass wir auf langfristige Sicht von fossilen Energieträgern unabhängiger werden. Das ist ein langfristiges Programm, aber das war bereits ein Ziel dieser Regierungskoalition. Was wir jetzt gesehen haben und auch erleben, ist: Genau dieser gemeinsame Weg der Entschlossenheit ist entschieden und noch schneller fortzusetzen als geplant, denn erst die Unabhängigkeit bringt uns die Freiheit. Gleichzeitig müssen wir aber auf das Jetzt und Hier achten, auf die Energieversorgungssicherheit – deswegen das Bevorratungsgesetz, deswegen das Hinschauen auf den nächsten Winter und deswegen unsere internationalen Bemühungen, auch andere Gasanbieter zu finden.
Ich komme gerade aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und aus Katar, diese zwei Regionen sind in zweierlei Hinsicht für uns ganz besonders wichtig (Zwischenruf des Abg. Kassegger): Abu Dhabi ist großer Partner der OMV und damit strategisch wichtig für uns (Abg. Hafenecker: Hoch demokratisch!), Katar hat tatsächlich Flüssiggas, das wir brauchen, und die OMV mit Katar einen Liefervertrag, der Fix- und Optionslieferungen beinhaltet – und aus den Optionslieferungen werden wir jetzt Fixlieferungen machen.
Das geht immer nur, wenn man sich auf Augenhöhe begegnet, wenn man Vertrauen als Handelspartner signalisiert. Weil ich schon gehört habe, dass es hier im Plenum Bedenken gibt, dass auch das keine Regierungsformen sind, die unseren Standards in der Europäischen Union entsprechen: Das stimmt, aber das Thema ist das Ziel der Energieunabhängigkeit, das müssen wir erreichen, nämlich wenn wir an die fossilen Brennstoffe denken. Betreffend die Produktionsländer werden Sie diesen Befund ganz oft vorfinden. Entscheidend ist jetzt: erste Phase: Energiesicherheit für die Menschen herstellen, dass wir auch für den nächsten Winter Sicherheit haben, Einlagerung von Gas (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch); zweite Phase: mehr Energieanbieter und damit strukturelle Reduzierung von Abhängigkeit vom russischen Gas (Abg. Hafenecker: Wo kommen die her?); dritter Schritt: Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was es in dieser Stunde braucht, sind Geschlossenheit, Einigkeit und Klarheit, und ich bin dankbar, dass die Europäische Union
sie bisher zeigt. Es wird auch beim nächsten Rat der Regierungschefs diese Woche in Frankreich wieder unsere Aufgabe sein, als Regierungschefs Geschlossenheit zu demonstrieren, wenn es um die Frage geht: Gegnerschaft zu Krieg und Leid für die Menschen und Geschlossenheit in der Einigkeit, Europa und die Menschen, die in Europa leben, zu schützen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Wir in Österreich sind eben nicht mehr alleine wie noch bis 1995, sondern wir sind Teil der europäischen Familie, von 27 EU-Mitgliedstaaten, einer Wirtschaftsmacht in der Welt im Vergleich zu vielen anderen Regionen.
Das muss uns das sichere Bewusstsein geben, dass wir auch diese Krise gemeinsam meistern können, indem wir zuversichtlich sind, indem wir klar sind und indem wir zeigen, dass wir den Menschen helfen können, dass wir solidarisch sind und dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
15.00
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Herr Vizekanzler, bitte. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die in Österreich leben! Der Anlass der heutigen Sondersitzung ist unter anderem eine Regierungsumbildung, und ich möchte ebenfalls zuerst auf die sehr schwere, die schwerwiegende, aber umso verantwortungsbewusstere Entscheidung von Wolfgang Mückstein eingehen.
Zuerst einmal ein Dank an Wolfgang Mückstein für die Arbeit der letzten elf Monate, die er mit seinen ganz speziellen Charaktereigenschaften, nämlich mit Aufrichtigkeit, mit Ehrlichkeit, mit Zielstrebigkeit, mit großem Engagement und mit großem Einsatz verfolgt hat – danke an Wolfgang Mückstein und auch an sein Team im Kabinett und im Ministerium, an alle, die an dieser Arbeit mitgewirkt haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
Der Dank geht aber auch an den Bundespräsidenten, an den Bundeskanzler und den Koalitionspartner für die reibungslose und rasche Übergabe des in dieser Zeit – in wahrlich keiner leichten Zeit – so wichtigen Amtes, danke auch dafür. Das sollen die Menschen ruhig wissen, dass wir auch in schwierigen Zeiten in den obersten Institutionen und Stellen der Republik immer wieder gut zusammenarbeiten und zusammenhalten. – Danke, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Elf Monate sind jetzt keine lange Zeit, mag man meinen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es gibt aber eine sehr, sehr herzeigbare Erfolgsbilanz, die wir zum Teil über die Fraktionen hinweg, jedenfalls aber mit dem Regierungspartner und im Gesundheitsressort an der Spitze mit Wolfgang Mückstein erreicht haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir wissen, dass die Pflegereform eine riesige Aufgabe ist, aber es sind - - (Abg. Belakowitsch: Wo ist sie? Ja, wo ist sie?) – Danke für die Bemerkung. Die Pflegereform wird immer so etwas sein, das man nur an vielen Bausteinen erkennt, und aus diesen wird ein Gebäude gebaut. Eine Pflegereform, die wie ein Urknall auf uns herabkommt und dann alles löst, wird es nicht geben.
Die ersten Bausteine für dieses Fundament sind gelegt. (Abg. Hafenecker: Bausteine? Das ist eine Baustelle!) Es ist das erste Mal, immerhin mit 50 Millionen Euro, in ein neues Ausbildungssystem investiert worden. Diejenigen, die sich hier als KennerInnen betätigen und dazwischenrufen, werden auch wissen, wie bedeutsam die Einrichtung der Communitynurses ist – auch da ist sehr viel weitergegangen. Das ist alles in dieser Zeit passiert, ebenso wie bei der psychosozialen Betreuung, bei der für die Bekämpfung
der Folgen der Pandemie psychosozialen Unterstützung gerade der Kinder und Jugendlichen mit großen Beträgen ausgebaut wurde.
Wenn wir schon – und aus besonderen Gründen, die wir ja noch diskutieren werden und gerade eben auch gehört haben – tatsächlich beachtliche Teuerungswellen erkennen und hinnehmen müssen, dann soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass wir für die unteren Einkommensgruppen, für die ärmeren Haushalte zwei Mal einen Teuerungsausgleich gemacht haben, an dem das Sozialministerium maßgeblich beteiligt war, genauso wie bei den Erhöhungen der Mindestpensionen weit über dem Durchschnitt, und das zwei Mal hintereinander. Niemand hätte geglaubt, dass das zwei Mal hintereinander gelingt. Ich weiß, dass das manche auch kritisieren – das kann man alles diskutieren. Es ist jedenfalls in diesen elf Monaten geschehen – auch dafür ein Danke und meine Anerkennung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Da ich neulich Gelegenheit hatte, hier im Haus Waltraud Klasnic zu sprechen, möchte ich auch erwähnen, dass sie das jedenfalls als großen Meilenstein empfindet, wobei sie gar nicht sicher war, ob das so schnell gelingen kann, nämlich eine durchaus ansehnliche Dotierung von Palliativ- und Hospizversorgung über ein eigenes Gesetz – also auch da ein großer Schritt genau in dieser Zeit.
Was mir gerade am heutigen Tag besonders wichtig erscheint, ist die Beteiligung des Sozialministeriums und des Sozialministers nicht bloß – das ist schon wichtig genug – an einer Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen, sondern das Sozialministerium – das hat Wolfgang Mückstein mit eingeleitet – spielt auch eine wesentliche Rolle beim Gewaltschutzpaket gegen Gewalt gegen Frauen. Das kann man an diesem Tag ruhig hervorstreichen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Nur so viel zum 8. März und zu 111 Jahre Frauentag: Das vorige Jahr war ja auch wieder dramatisch, was Morde an Frauen betrifft. Da gibt es nun auch einen eigenen Ausdruck dafür: Femizide. Wir haben in Österreich eine hohe Zahl – das ist immer alles zu viel an Gewaltverbrechen, das ist eh klar, aber es ist auffällig, dass das in Österreich, man muss es offen ansprechen, besonders häufig vorkommt, und da kann man gar nicht genug dagegen tun. Das fängt ja oft schon früher an. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir Männer selber appellieren, hinzuschauen, hinzuhören und auch einzuschreiten, wenn es darauf ankommt. Das ist, glaube ich, gerade mit der laufenden Kampagne aus dem Gesundheitsministerium sehr gut zum Ausdruck gebracht, und wir sollten es auch selber beherzigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wenn es nun 111 Jahre sind: Der Internationale Frauentag wird so lange diese berechtigte Bedeutung behalten, bis endlich in allen Lebensbereichen Gleichstellung und Gleichberechtigung Einzug gehalten haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Haben Sie in Katar auch dafür geworben?)
Zu Wolfgang Mückstein sollte aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass der maßgebliche Grund für seinen Rückzug auch darin gelegen ist, dass er sich einer Bedrohung ausgesetzt sah, und zwar nicht nur er selber, sondern auch seine Familie, seine Kinder. Er hat es zum Ausdruck gebracht und uns von den Grünen gegenüber noch deutlicher. Ich finde das von einer derartigen Wichtigkeit, dass man das noch einmal hervorstreichen muss – danke auch dem Herrn Bundeskanzler, dass er das auch schon gemacht hat. Wenn es so weit kommt, dass ein Gesundheitsminister nur mehr mit kugelsicherer Weste im Auto fahren soll, dann stimmt etwas nicht – dann stimmt doch etwas nicht! Deshalb sollten wir das auch zum Anlass nehmen und sollte es uns allen eine Mahnung sein, dass wir auf solche Vorgänge und Phänomene schauen und auch da nicht schweigen – über alle Parteigrenzen hinweg. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)
Es ist jedenfalls wieder einmal ein Anlass, dass wir alle wieder, zumindest mit denjenigen – und das sind ja ohnehin die allermeisten –, die gesprächsfähig sind, die diskussionswillig sind, aufeinander zugehen, nicht nur die politischen Parteien, sondern alle Menschen, die guten Willens sind, dass uns das gelingen möge. Das ist mit Sicherheit wieder ein Anlass dazu, mehr auf Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit zu schauen, auch wenn die Entscheidungen, die ein Gesundheitsminister zu treffen hat, schwierige sind. Es wird immer so sein, dass Grundsatzabwägungen vorzunehmen sind, die eben ganz, ganz schwierig sind, nämlich diejenigen zwischen Gesundheitsschutz und der Beeinträchtigung der individuellen Freiheit – das wird schwierig bleiben.
Ich bin mir aber auch ganz sicher – und jetzt zu Johannes Rauch –, dass wir mit ihm einen Profi haben, der genau das gut meistern wird, und zwar mit seiner Erfahrung – ich brauche ihn gar nicht lange vorzustellen, glaube ich –, mit seinem Tiefgang, mit seinem Weitblick und auch mit seiner Fähigkeit, die Dinge klar zu benennen.
Er hat schon mit vielen Widerständen zu kämpfen gehabt, hat sie aber alle immer wieder bravourös gemeistert. Er kennt die Kommunalpolitik, auf Gemeinde- beziehungsweise Stadtebene, die Landespolitik und die Bundespolitik – er hat ja immerhin das Regierungsprogramm mitverhandelt –, und das ist, glaube ich, eine besonders wichtige Eigenschaft als Gesundheits- und Sozialminister, und deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass es da gut weitergehen wird.
Johannes Rauch ist im Übrigen auch einer, der weit über die Landesgrenzen hinausschauen kann – er hat regelmäßig Kontakt mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, auch seine Kontakte in die Europäische Union werden uns helfen. Seine Kenntnisse – von der Gemeindeebene bis zur Ebene der Europäischen Union – zeichnen ihn aus, mit diesen Eigenschaften wird er seine Aufgaben zu unserer Zufriedenheit gut meistern. Jedenfalls: Willkommen, Johannes Rauch! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Jetzt aber zum zweiten Thema, zum völkerrechtswidrigen Angriff von Staatspräsident Putin – nicht einmal von Russland, möchte ich sagen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Das ist eigentlich auch ein Angriff auf das Völkerrecht selbst, ein Angriff auf Demokratie, auf Freiheit und auf Rechtsstaatlichkeit. Man muss es einfach immer wieder so benennen. Der Feind, den Putin in Wahrheit mit – oder ausschließlich – ausmacht, ist ja nicht die Ukraine, ist nicht einmal die Nato, sondern ist das Lebensmodell, für das sich die Ukraine entschieden hat. Das ist es doch: Der Feind in der Nachbarschaft ist eine Orientierung hin zu einer demokratischeren, freieren Welt. Die fürchtet Putin vor allem, und das müssen wir benennen! Deshalb sind ja nicht nur die Menschen in der Ukraine Heldinnen und Helden, sondern auch jene Tausenden und Abertausenden, die in Russland auf die Straße gehen und dies benennen, die zum Teil weggesperrt werden (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS) – auch diese Menschen verdienen unseren vollen Respekt.
Putin ist auf dem Weg zum Kriegsrecht, das sieht man ja an all seinen Handlungen. Ich weiß nicht, wie lange es noch dauern wird, bis er mit einem De-facto-Kriegsrecht auch noch die letzten kleinen Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger einschränkt. Im Hinblick auf Journalistinnen und Journalisten ist es schon passiert – das ist ja ungeheuerlich! –: Man darf Krieg nicht mehr Krieg nennen. Ich sage noch etwas dazu, bei allen Depeschen, die uns dazu erreichen: Man muss Kriegsverbrechen auch Kriegsverbrechen nennen dürfen, auch wenn es sich um die Russische Föderation handelt. Wir werden hier nicht schweigen und uns einschüchtern lassen (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS) – seien Sie sich dessen gewiss, das soll der österreichische Nationalrat ruhig wissen.
Wenn es so ist, dass Putin wieder davon ausgegangen ist, dass die Europäische Union – das ist leider oft genug passiert – oder in dem Fall auch der Nordatlantikpakt da nicht
geeint reagieren wird, dann hat er sich nicht nur getäuscht, sondern mit seinen Aktionen, mit seinen völkerrechtswidrigen Angriffen sogar das Gegenteil bewirkt. Das gibt uns schon Hoffnung und Zuversicht – darauf kommt es auch an, ich stimme da mit dem Bundeskanzler völlig überein –, dass bei aller Schwierigkeit, die wir da wahrnehmen müssen, doch etwas gelingen kann.
In der Generalversammlung der Vereinten Nationen – man darf das, glaube ich, nicht unterschätzen – haben drei Viertel der UN-Mitgliedstaaten, also über 140, mittels einer Resolution diese Vorgänge massiv verurteilt und Putin aufgefordert, sich zurückzuziehen. Ich weiß schon, dass jetzt manche sagen werden: Das wird ihn nicht – wie man in Österreich sagen würde – kratzen! Ich halte es trotzdem für wichtig. Es war von vornherein nicht klar, wie diese Abstimmung ausgehen wird. Deshalb gilt mein Dank auch den Regierungen dieser 140 und mehr Staaten, die in diese Richtung gewirkt haben. Das ist zumindest langfristig von Bedeutung, wenn wir wieder darangehen, die Weltordnung, an der gerade gerüttelt wird, die gerade ins Wanken kommt, weil eben diese einseitige Aggression vorliegt, zu festigen. Auf der anderen Seite ist es eben nicht aussichtslos, wenn sich viele andere zusammentun, ohne selbst – man muss es so dramatisch benennen – einen dritten Weltkrieg zu riskieren. Deshalb sind diese Abstimmungen mehr als bloß ein Zeichen.
Die nächsten Zeichen der Geschlossenheit, die mehr als ein Zeichen sind, sind die Sanktionen – wir kennen sie. Das nächste Paket wird vorbereitet, auch unter Beteiligung Österreichs. Sie wirken, wir haben das letztens besprochen, ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen. (Abg. Kassegger: Was denn genau? Was konkret? Wie wirken sie?) Es ist nicht so, dass das nicht etwas erzeugen würde.
Zur Neutralität: Es heißt im Ergebnis militärische Neutralität und das bedeutet keine Teilnahme militärischer Art an kriegerischen Handlungen aufseiten einer der Parteien. Es heißt aber genau nicht, teilnahmslos abseitszustehen, wenn es gilt, diese völkerrechtswidrigen Attacken von einem hochgerüsteten Staat auf sein Nachbarland zu verurteilen. Darüber hinaus beteiligen wir uns an Sanktionen und auch an möglichen friedenserhaltenden Maßnahmen. Damit rufen wir uns wieder einmal in Erinnerung, dass aktive Neutralitätspolitik sehr wohl noch eine Bedeutung hat. Wir können weiter gehen, als viele von uns vermuten, zumindest völkerrechtlich immer dann, wenn es UN-Beschlüsse oder Unionsbeschlüsse gibt, die das untermauern und dem ein Fundament geben.
Es ist also sehr wohl richtig und wichtig, dass die Neutralität weiter aufrechtbleibt, aber dass wir sie so leben, wie wir sie auch anwenden wollen, und da gibt es mehr Möglichkeiten, als manche wahrhaben wollen. Das Ganze bringt uns – nämlich Österreich – die Möglichkeit, da auch vermittelnd tätig zu werden. Wir haben immer gesagt, wir sind Brückenbauer. Ich glaube, man sollte das – mit unserer besonderen Rolle – im Rahmen der Europäischen Union immer wieder versuchen. Es kann auch gelingen, wenn wir an die alte Tradition österreichischer Außenpolitik anknüpfen und uns nicht verschanzen und mögliche wirtschaftliche Einzelinteressen vorschieben. Diese Ehrlichkeit muss natürlich herrschen, aber Österreich hat die Möglichkeit und die Fähigkeit, da etwas zu bewirken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Genauso wie in der Flüchtlings- und Kriegsvertriebenenfrage: Selbstverständlich leisten wir in Österreich wieder einen großen Beitrag, das war schon oft so, das möchte ich ausdrücklich erwähnen, und ist jetzt eben auch so. Auch da ist wieder ein erfreuliches Faktum festzustellen: Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass die Europäische Union, diese vielen Mitgliedstaaten, die sie jetzt hat, auch in Flüchtlingsfragen so geeint war wie jetzt. Man muss auch einmal positiv erwähnen, wie Polen, die Slowakei, Ungarn und Rumänien sich da beteiligen, indem sie großartige Hilfe leisten. Alle anderen Mitgliedsländer werden aber auch gefordert sein, zum Teil ist das bereits
so: In Österreich ist das Innenministerium mit vielen Institutionen, vor allem auch mit den Gemeinden und den Bundesländern, aber auch mit Privaten und mit Hilfsorganisationen dabei, die Kapazitäten, die wir brauchen, um Menschen in Österreich aufzunehmen, massiv auszuweiten. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.
Ich habe mich heute am Wiener Hauptbahnhof selber überzeugen können, was die ÖBB bezüglich der Züge, die dort ankommen, leisten – vielen Dank dafür. Es werden, auch am Bahnhof, Zwischenquartiere für die Menschen organisiert, die nicht sofort ein Quartier finden oder nicht sofort auf eine Weiterreise drängen, was ja die meisten tun. Auch das wird wieder vorbildlich organisiert. Danke an die großen Hilfsorganisationen – am Hauptbahnhof war es die Caritas – und an die ÖBB. Wir können stolz auf Österreich und die Institutionen, die da wieder zusammenwirken, sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Der letzte Punkt bezieht sich natürlich auf die Abhängigkeit Europas und Österreichs von fossilen Energien gerade auch aus Russland. Das betrifft uns ja auch sehr stark. Ich glaube, man muss zwei Dinge unterscheiden, mir ist das völlig bewusst: Das eine ist, dass natürlich zutreffend ist, dass alles, was eigentlich Klimaschutzpolitik ist – und das sollte jetzt geschehen –, den Umstieg von fossilen Energien, gerade auch von Gas, auf Erneuerbare maximal beschleunigt. Dass das aber gleichzeitig auch Sicherheitspolitik und von geopolitischem Interesse ist, das ist nicht ganz neu, aber nie ist es uns so vorgeführt worden wie jetzt, und deshalb muss die Antwort sein – ich weiß, dass das eine mittelfristige ist, langfristig sollten wir sie haben –, den Umstieg zu beschleunigen, den Einstieg und den endgültigen Switch auf erneuerbare Energien. Also: Klimaschutz ist auch Sicherheitspolitik an der Stelle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Kurzfristig ist es anders, das muss man ganz ehrlich ansprechen. Deshalb ist es da so wichtig, dass wir einerseits in die Diversifikation der Lieferdestinationen kommen, also: Wo kriegen wir vor allem das Gas her? Und das Zweite ist natürlich, dass wir es auch in den Monaten, in denen weniger verbraucht wird, schaffen, die Bevorratung in die Höhe zu bringen. Da sind sich, glaube ich, alle einig – ich habe das ja vom ersten Tag der Krise an so vernommen –, dass wir da in die Regulierung einsteigen müssen. Da ist bis jetzt gar nichts vorhanden gewesen – und deshalb auch das angesprochene Gasbevorratungsgesetz, das ja bereits auf dem Weg ist, mit dem Ziel, die großen Speicherkapazitäten, die wir in Österreich ja Gott sei Dank tatsächlich haben, über den Sommer mit 80 Prozent zu befüllen. Das ist, glaube ich, der richtige Weg an dieser Stelle.
Und ein Allerletztes: Auch wenn es sehr, sehr schwierig ausschaut, ich jedenfalls – und ich hoffe, das teilen viele von Ihnen – bin der Überzeugung, dass am Schluss Freiheitswille und Demokratie stärker sein werden als Diktatur und Tyrannei. Lassen wir uns diese Zuversicht und diese Hoffnung nicht nehmen! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Abg. Brandstätter. – Bravoruf des Abg. Lopatka.)
15.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. – Bitte sehr.
Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Sehr geehrter Gesundheits- und Sozialminister! Sehr geehrte Damen und Herren! – Herr Bundeskanzler! Es hat leider ein wenig gedauert, bis Sie sich zu klaren Worten bezüglich Neutralität gestern durchringen konnten (Zwischenrufe bei der ÖVP), aber es war richtig und wichtig, dass Sie das gemacht haben (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist jetzt das Allerwichtigste! In der
Ukraine sterben die Leute, das ist eine humanitäre Katastrophe, aber das ist das Allerwichtigste, dass die Sozialdemokratie ...!), aber dass Ihr Wehrsprecher vorgestern noch ganz anders darüber gesprochen hat, das ist mehr als bemerkenswert. (Beifall bei der SPÖ.)
Eines muss an dieser Stelle schon festgehalten werden, nämlich dass Sie, Herr Bundeskanzler, am Wochenende davon gesprochen haben, dass uns die Neutralität 1955 aufgezwungen wurde. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Allein das ist ein Grund, ein paar Dinge zurechtzurücken, und dazu lese ich Ihnen gern ein Zitat vor (Bundeskanzler Nehammer: Hugo Portisch!):
„Der vorliegende Gesetzentwurf gelangt erst heute zur Abstimmung, da der letzte fremde Soldat österreichischen Boden verlassen hat, um eindeutig darzutun, daß die Beschlußfassung der legitimen, frei gewählten österreichischen Volksvertretung in voller Unabhängigkeit und in voller Freiheit erfolgt.“ (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Und die Sozialdemokratie macht das, das ist nicht zum Aushalten! – Abg. Scherak: Die Russen wollten das gar nicht! ...!)
Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, von wem dieses Zitat stammt? – Das ist von einem Ihrer Vorgänger, ÖVP-Bundeskanzler Julius Raab (Bundeskanzler Nehammer: Ja, weil er sonst nicht ...!), aus dem Jahr 1955, aus einer Parlamentsrede damals zur Beschlussfassung des Bundesverfassungsgesetzes über die Neutralität Österreichs. (Abg. Meinl-Reisinger: Frau Kollegin, jetzt sterben Leute! Können wir über das Heute reden?)
Ich lese Ihnen gern noch einen Satz vor, der besagt: „[...] das österreichische Volk wird die künftige Neutralität weder als aufgezwungene Verpflichtung noch als geistige Sterilisierung auffassen [...].“ (Bundeskanzler Nehammer: Komisch, dass man das musste ...!) – Diese Worte stammen von Bruno Pittermann, dem damaligen SPÖ-Klubobmann, späteren SPÖ-Vorsitzenden, aus seiner Rede auch zur Neutralität 1955.
In voller Unabhängigkeit und in voller Freiheit, nicht aufgezwungen! – Herr Bundeskanzler, Österreich entschied sich 1955 ganz bewusst, keinem Militärbündnis beizutreten. Wir wollten neutral sein, wir wollten unsere Neutralität – und wir wollen es heute noch, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Ihre Aussage von der aufgezwungenen Neutralität verdreht irgendwie die Tatsachen unserer österreichischen Geschichte, und wissen Sie, was es noch ist: Es ist ein Schlag ins Gesicht der Gründerväter unserer Zweiten Republik. (Beifall bei der SPÖ. – Bundeskanzler Nehammer: Das, was Sie jetzt reden, ist ein Schlag ins Gesicht! – Abg. Wöginger: Ah, jetzt ist es ganz ...! So ein Theater! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie haben heute auch die Möglichkeit dazu, das wieder richtigzustellen. Sie wären nicht der Erste in den letzten Wochen aus Ihrer Partei, der seine Aussage zur österreichischen Geschichte richtigstellen muss. (Abg. Ottenschläger: Das ist unglaublich, diese Rede! – Bundeskanzler Nehammer: Ist das eine Kommunistenrede? Ich verstehe es nicht!)
Gleichzeitig, sage ich Ihnen auch, Herr Bundeskanzler und sehr geehrte Damen und Herren, ist die Verteidigung unserer Neutralität notwendig. (Abg. Wöginger: Na, ärger geht’s nicht mehr!) Deswegen ist es unbestritten, dass die Ausstattung unseres Bundesheeres ausgebaut und erneuert werden muss. Sie muss auch den modernen Risken der Zeit angepasst werden, und daher braucht es auch Mittel, um das sicherzustellen.
Ja, sehr geehrte Damen und Herren, wir sind heute hier aufgrund der sechsten – der sechsten! – Regierungserklärung zur Regierungsumbildung, der sechsten innerhalb von zwei Jahren. Es ist die sechste Regierungserklärung, wir haben den dritten Kanzler in diesen zwei Jahren, den dritten Gesundheits- und Sozialminister, wir hatten zwölf Minister- und Ministerinnenwechsel. Das sind fast monatliche Wechsel von Regierungsmitgliedern (Zwischenruf bei der ÖVP), und das nicht irgendwann, sondern in einer Zeit,
in der die größte Gesundheitskrise seit 100 Jahren stattfindet, ein Krieg seit Jahrzehnten wieder in Europa mit all den schrecklichen sozialen und wirtschaftlichen Folgen.
Diese schnellen Wechsel von Kanzlern und Ministern in Österreich in den letzten zwei Jahren, quasi am laufenden Band, werden zu einer gefährlichen, würde ich fast sagen, Normalität. Diese Normalität ist gefährlich, weil man sich daran gewöhnen kann, aber dieser häufige Wechsel ist nicht normal, und es stellt sich die Frage, ob es nicht ehrlicher wäre, sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung, sich einzugestehen, dass Ihre Koalition nichts mehr zustande bringt (Beifall bei der SPÖ – Oh-Rufe bei der ÖVP – Abg. Wöginger: So ein Blödsinn!) und dass Sie folglich auch nicht in der Lage sind, diese großen, diese dringenden Aufgaben, die auf Österreich zukommen, die bereits da sind – viele wurden heute ja in Ihren Reden bereits erwähnt –, auch zu bewältigen.
Heute ist Internationaler Frauentag. Im Bereich der Frauenpolitik ist seit zwei Jahren nichts passiert und alles brachgelegen. (Ruf: Das stimmt doch nicht! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Ich weiß, sehr geehrte Damen und Herren der ÖVP, dass Sie das nicht gerne hören, das ist verständlich, und ich weiß auch, dass Sie das nicht tun werden: Sie werden nicht ehrlich mit dieser Bilanz umgehen. Sie werden weitermachen wie bisher. Sie werden weiterwurschteln, Sie werden weiter streiten, ob jetzt gerade bei der CO2-Bepreisung, aktuell heute zu lesen, ob bei der Frage der Flüchtlinge aus der Ukraine: Wer darf aufgenommen werden, wer ist Flüchtling, wer ist kein Flüchtling in Österreich?, ob bei den notwendigen Maßnahmen gegen die Teuerung, ob bei den Coronamaßnahmen in den letzten Monaten, auch da wurde ja gestritten. Das Schlimmste dabei: Das alles machen Sie auf dem Rücken der Menschen in Österreich, nur weil Sie sich nicht eingestehen können, dass Ihre Regierung am Ende ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrter Herr Gesundheits- und Sozialminister, lieber Johannes Rauch! Sie übernehmen eine schwere, aber eine sehr wichtige Aufgabe in Österreich, und ich wünsche Ihnen, wie schon Ihren beiden Vorgängern, alles Gute. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und vor allem Durchhaltevermögen in dieser wichtigen Rolle. Ich wünsche Ihnen aber auch eines, und auch das habe ich Ihren Vorgängern bereits gewünscht, nämlich Durchsetzungsvermögen; Durchsetzungsvermögen innerhalb dieser Bundesregierung, wenn es darum geht, die Gesundheit der Menschen zu schützen und dabei das Richtige zu tun – und Sie können heute damit beginnen.
Sie haben in Ihrer gestrigen Antritts-PK hinsichtlich der Pandemie nämlich schon etwas sehr Richtiges gesagt: Die wichtigste Aufgabe im neuen Amt ist eine seriöse Vorbereitung auf den Herbst.
Jetzt stellt sich für mich und für viele nur die Frage: Wie wollen Sie das schaffen? Wie wollen Sie sich seriös auf den Herbst vorbereiten? Wenn wir uns die aktuelle Coronasituation in Österreich nämlich anschauen, dann sehen wir Folgendes: Wir sehen, dass es seit letztem Wochenende so gut wie keine Regeln mehr gibt, an vielen Orten keine Masken mehr, die getragen werden müssen, kaum Anstrengungen fürs Impfen. Die Zahl der Impfwilligen ist in Österreich auf eine Minimalzahl geschrumpft, bald werden auch keine kostenlosen Tests, PCR-Tests, zur Verfügung stehen, und somit sind auch kein Überblick und nicht mehr die Kontrolle über die Infektionsentwicklung in Österreich gegeben.
Ich weiß es und Sie wissen es, dass Sie die Möglichkeit haben, da noch gegenzusteuern, und ich hoffe, dass Sie das tun werden. Wien zeigt vor, wie es geht (Abg. Belakowitsch: Ja!), und Sie können es für ganz Österreich in die Hand nehmen, Herr Gesundheitsminister!
Ein Punkt ist mir aber zum Schluss auch noch wichtig, nämlich einer, der bei Ihren Vorgängern immer zu kurz gekommen ist: die Sozialpolitik. Sie sind seit heute Vormittag ja auch Sozialminister. (Beifall bei der SPÖ.)
Nehmen Sie die Dinge in die Hand, Herr Minister, es gibt genug zu tun! Die Teuerung ist so hoch wie noch nie, die Menschen leiden darunter, es muss jetzt geholfen werden, und zwar wirklich, um Armut in Österreich zu verhindern. Nehmen Sie die Dinge in die Hand, bei der Pflege und bei den Pensionen! Sie wissen: Wir haben aufgrund der starken Teuerung vorgeschlagen, dass es eine vorgezogene Pensionsanpassung gibt, weil gerade die Pensionistinnen und Pensionisten unter dieser Teuerung noch mehr leiden und das Leben auch im Alter leistbar bleiben und sein muss.
Ja, all das wäre möglich, all das wäre notwendig, all das würden die Menschen so dringend jetzt in Österreich brauchen und all das würde helfen. Für all das aber braucht es eine Bundesregierung, die will. Nur: An das Wollen dieser Regierung, das Leben der Menschen in Österreich tatsächlich zu verbessern, daran glaube ich nach diesen zwei Jahren nicht mehr. Ihnen persönlich, Herr Minister, wünsche ich alles, alles Gute und viel Kraft! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
15.32
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schwarz ist zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! (In Richtung des den Saal verlassenden Bundeskanzlers Nehammer:) Ich möchte auch erklären, warum der Bundeskanzler gerade den Saal verlässt: Der Kiewer Bürgermeister hat bereits mehrmals versucht, ihn dringend telefonisch zu erreichen. (Abg. Belakowitsch: Natürlich! – Oh-Rufe bei der SPÖ.) Wenn Sie das anzweifeln, dann entbehrt das für mich jeder Grundlage, und ich verstehe das Raunen überhaupt nicht.
Wir wissen, dieser 8. März, dieser Internationale Frauentag ist dieses Jahr geprägt von Bildern von Frauen, die mit ihren Kindern gemeinsam auf der Flucht sind, die ihre Heimat verlassen, die Ukraine, wo seit 13 Tagen Krieg herrscht, die flüchten müssen, ihre Männer, ihre Brüder, ihre Väter zurücklassen müssen. Es ist ein Krieg, auf den die Welt mit großer Besorgnis blickt, der uns alle fassungslos macht; und ich möchte schon eines dazusagen: Genauso mutig wie die Frauen, die ihre Heimat jetzt verlassen, obwohl sie das nicht möchten, sind auch die Russinnen, die gegen den Krieg in ihrem Heimatland demonstrieren und dadurch wirklich arge Repressalien zu befürchten haben. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)
Wir erleben gerade mit knapp zwei Millionen Menschen, die auf der Flucht sind, die größte Fluchtbewegung nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Österreich hat von Beginn an Stellung bezogen, und der Bundeskanzler hat es klargestellt: Österreich war neutral, Österreich ist neutral und Österreich wird neutral bleiben. Es gibt keine Debatte um die Neutralität!
Wir sind stolz auf dieses Österreich, das diese Stellung bezieht, und wir sind auch stolz darauf, dass wir in der Vergangenheit immer wieder Brückenbauer waren und auf Diplomatie gesetzt haben. Wien ist Heimat vieler internationaler Organisationen. Wien war immer ein Ort des Dialogs, und die Diskussion über eine Frage im Zusammenhang mit der Neutralität, die sich nicht stellt, ist völlig verzichtbar.
Und noch etwas: Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie haben gesagt, der Wehrsprecher hätte sich gänzlich anders geäußert. Da möchte ich Sie schon korrigieren: Er hat die Neutralität an sich überhaupt nicht in Zweifel gezogen, nur damit das auch einmal klar ist. Es ging um die Verteidigungsfähigkeit, nicht aber um die Neutralität. Diese ist ihm genauso wichtig wie uns allen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Was Österreich immer ausgezeichnet hat, war das große Maß an Hilfsbereitschaft. Ich erinnere an 1956: Ungarn, 1968: Tschechoslowakei, 1991: Jugoslawien, und die Bilder
von 2015 sind Ihnen und uns noch gut in Erinnerung. Was jetzt passiert, ist ganz klar: Innerhalb weniger Tage wurden ganze Lkws voller Hilfsgüter gepackt, es wurde gespendet. Ich bitte Sie an dieser Stelle auch: Vergessen Sie nie den Appell des Österreichischen Roten Kreuzes, spenden Sie auch jetzt Blut!
Ich glaube, dass diese unglaublichen Zeichen von Solidarität und Hilfsbereitschaft in diesen Zeiten wichtiger denn je sind. Ich möchte auch die Gelegenheit nützen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Außenministeriums zu bedanken, die es zum Beispiel geschafft haben, eine kleine, junge Eisenstädter Familie, knapp bevor das Wohnhaus, in dem sie zwei Wochen lang untergekommen war, bombardiert wurde, noch aus Kiew herauszubringen, und das mit Unterstützung der ungarischen Botschaft. Das war ein Konvoi, der vier Tage lang 1 600 Kilometer unterwegs war; Checkpoints, Reifenpannen, Angst – und letztendlich ein gutes Ende. Die Familie ist wohlbehalten in Eisenstadt angekommen. Danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ungarischen Botschaft, die diesen Konvoi organisiert und durchgeführt haben. Köszönöm szépen! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Weil mir das auch in den sozialen Medien aufgefallen ist: Allen österreichischen Journalistinnen und Journalisten, die aus dem Kriegsgebiet berichten, aus Russland und auch aus der Ukraine, gebührt unser tief empfundener Respekt. Abwertende Bemerkungen in sozialen Medien sind absolut verzichtbar und völlig unangebracht.
In meiner letzten Rede habe ich hier an dieser Stelle für erhöhten Schutz von Journalistinnen und Journalisten, ähnlich dem Gesundheitspersonal während der Pandemie, appelliert. Ich finde es – und da möchte ich mich dem Vizekanzler vollinhaltlich anschließen – absolut irrsinnig, dass in Österreich Ministerinnen und Minister Personenschutz brauchen, dass ein Gesundheitsminister mit einer kugelsicheren Weste im Auto herumfahren muss. Wo kommen wir denn da bitte hin? Das ist so etwas von nicht vorstellbar in unserer Welt! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Es beginnt mit Kleinigkeiten wie damit, dass mir, wenn ich sage, die Journalistinnen und Journalisten brauchen mehr Schutz, ein Kollege ausrichtet: Na, a bissl was müssen s’ schon aushalten! – Meine Damen und Herren, was heißt „a bissl was“? Gewalt, egal, ob verbal oder brachial, ist abzulehnen, in jeder Form, in der sich diese Gewalt äußert! Da gibt es nichts zu diskutieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Nach dem Appell nach mehr Respekt und Toleranz noch ein Appell: Verwenden Sie bitte im Zusammenhang mit der Pandemie und den Coronamaßnahmen nie wieder die Wörter Zwangsregime und Diktatur! – Das ist letztklassig. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)
Es tut mir leid, Herr Gesundheitsminister, dass ich als Gesundheitssprecherin der ÖVP so spät zu Ihnen, zum Thema komme. Ich möchte mich, auch im Namen unseres Sozialsprechers und Klubobmanns August Wöginger, auch bei Ihrem Vorgänger für die immer wirklich wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe herzlich bedanken.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Sie haben es gesagt: Die Pandemie wird uns noch begleiten, wir sind noch lange nicht am Ende, und Sie wissen, dass wir ein wirklich dickes Regierungsprogramm mit ganz wichtigen Themen haben, die eine Herausforderung bleiben: die Gesundheitsversorgung der ländlichen Bevölkerung, der Facharzt beziehungsweise die Fachärztin für Allgemeinmedizin; mein persönlich besonders großes Anliegen, die psychische Gesundheit, wo wir erste Dinge bereits auf den Weg gebracht haben. Ich glaube, dass wir gemeinsam sehr, sehr viel schaffen können und auch schaffen wollen, und ich freue mich wirklich sehr auf die Zusammenarbeit. Herzlich willkommen in unserem Kreis! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich möchte aber, um den Kreis am Internationalen Frauentag zu schließen, zu einer Frau kommen, deren Bedeutung auch nach so vielen Jahren noch ungebrochen ist: Bertha von Suttner hat 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis erhalten. Sie hat damals bei der Übergabe des Nobelpreises sehr, sehr viele Dinge gefordert, die nach wie vor nichts an Brisanz und wirklicher Ausdrucksfähigkeit verloren haben: Schiedsgerichtsverträge, um die Konflikte zwischen Staaten mit friedlichen Mitteln beizulegen, eine Friedensunion aller Staaten, die jeden Angriff eines Staates gegen einen anderen mit gemeinschaftlicher Kraftaufwendung zurückweisen müsste, und eine internationale Institution, die als ein Gerichtshof im Namen der Völker das Recht vertrete.
Darum schließe ich mit dem Titel des wohl bekanntesten Werks dieser Pazifistin, Autorin und ersten Frau, die einen Friedensnobelpreis erhalten hat: „Die Waffen nieder!“ – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
15.39
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kickl. – Bitte, Herr Klubobmann, das Wort steht bei Ihnen.
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich möchte heute mit unserer Bundeshymne beginnen. Diese Bundeshymne enthält in ihrer zweiten Strophe eine Passage, in der unser Heimatland als „Vielgeprüftes Österreich“ bezeichnet wird. „Vielgeprüftes Österreich“ – vielgeprüft über viele Jahrhunderte, vielgeprüft über viele Generationen: durch Kriege gegen äußere Feinde, durch Kriege im Inneren, durch Unterdrückung der eigenen Bevölkerung, durch Phasen der Diktatur, durch Repression gegen die eigenen Staatsbürger, durch soziale Verwerfungen und durch Armut.
Ehrlich gesagt, ich war von Beginn an immer ein Kritiker dieser Regierungskonstellation, dieses seltsamen Gemischs, das man uns als Bestes aus zwei Welten verkaufen will, aber ich hätte nicht gedacht, dass diese Bundesregierung mit ihrem Wirken ab dem Jahr 2020 zu diesen historischen Prüfungen eine ganze Reihe von neuen und aktuellen schweren Prüfungen für dieses Land bereithält – zum Nachteil unseres Staatswesens und zum Nachteil unserer Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe gedacht, meine Damen und Herren vonseiten dieser Bundesregierung, dass Sie nicht so geschichtsvergessen sind. Ich hätte gedacht, dass Sie mehr aus unserer Geschichte gelernt haben. Sie, die Koalition, haben Hand in Hand zwei Jahre lang die Grund- und Freiheitsrechte in diesem Land zusammengestutzt, um sie letztendlich zu ignorieren. Sie haben den Souverän in diesem Land behandelt, als ob es Untertanen (Ruf bei der ÖVP: Was?!), als ob es Ihre Leibeigenen wären. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt hör aber auf! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie, meine Damen und Herren, haben die Freiheit durch Zwang ersetzt, Sie haben die Gesellschaft gespalten, Sie haben Druck auf die Menschen ausgeübt und Sie haben Ausgrenzung gelebt (Beifall bei der FPÖ) – und all das unter Zuhilfenahme von Milliarden von Euro, wo das dicke Ende – dass man das alles nämlich auch wird bezahlen müssen – und viele, viele Folgekosten erst hinterherkommen werden, und all das, was ich beschrieben habe, ohne einen einzigen positiven Effekt an der von Ihnen so bezeichneten Gesundheitsfront zu erzielen. – Das ist die Kurzfassung Ihrer Coronapolitik.
Zuletzt – gerade erst vor wenigen Tagen wieder – haben Sie die Positionierung und – worum es mir vor allem geht – die Akzeptanz und die Anerkennung Österreichs als eines immerwährend neutralen Landes in einer aus meiner Sicht unverantwortlichen Art und Weise ramponiert und verspielt. Sie haben ein Kapital, das Generationen über Jahrzehnte aufgebaut haben, mit einem Schlag verspielt. Auch da wird es eine ganze Reihe
von Folgekosten – auf politischer Ebene – geben, die heute noch unabschätzbar sind, und all das haben Sie gemacht, ohne dadurch den geringsten Beitrag zu einer friedlichen Entwicklung in der Ukraine zu leisten. – Das ist die Kurzfassung Ihrer Sicherheitspolitik. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Heute gibt es wieder eine Regierungserklärung; ich weiß gar nicht, die wievielte das ist. Es ist im Grunde genommen egal, weil es immer nach dem gleichen Muster abläuft: Wieder einmal glauben Sie, dass Sie Ihr katastrophales Coronamanagement durch die Präsentation einer neuen Person, eines neuen Gesichts irgendwie verdecken und übertünchen könnten. Das ist der große Plan dahinter. Sie glauben, wenn Sie ein neues Gesicht in die Auslage stellen, dann haben die Menschen vergessen, was Sie ihnen zwei Jahre lang angetan haben – bis zur absoluten Perversion in Form der Impfpflicht.
Herr Gesundheitsminister, der Sie neu im Amt sind! Sie haben jetzt im Zusammenhang mit Corona eigentlich nur eine Aufgabe: endgültig Schluss zu machen mit diesem Impfzwang, ihn endgültig zu begraben und dieses Damoklesschwert in den Mistkübel der Geschichte zu schmeißen – dorthin, wo es hingehört! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie das mit diesen Personalrochaden so machen und wenn Sie darauf setzen, dass Sie das alles irgendwie übertünchen können, dann, sage ich Ihnen, ist das eine Beleidigung für die Intelligenz der österreichischen Bevölkerung. Und es ist eine Respektlosigkeit gegenüber der österreichischen Bevölkerung, wenn Sie umgekehrt hier und heute darauf setzen, dass die Bevölkerung nicht bemerkt, dass diese zur Schau gestellte Einigkeit, dass diese hier so offenkundig präsentierte Harmonie, dass dieses Bemühen um Stabilität, um Verantwortungsbewusstsein und um Kontinuität ja in Wahrheit überhaupt nichts anderes ist als die Angst vor dem Wähler, die Sie antreibt. Das ist das eigentliche Motiv und der Kitt dieser Koalition – neben dem, dass Sie sich gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen und einander mit Hass begegnen. Das ist die Wahrheit, die diese Koalitionsregierung zusammenhält (Abg. Hörl: Das ist die Wahrheit ...!), und, meine Damen und Herren, Sie sind bei dem Versuch ertappt, nur noch einmal Zeit für Ihre Flucht aus der Verantwortung zu gewinnen. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber der Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)
Herr Vizekanzler Kogler, der Anstand wäre längst zurückgetreten. Richten Sie bitte Ihrem Bundeskanzler, der so gerne von Haltung spricht, aus, Haltung bestünde darin, den Weg für Neuwahlen frei zu machen (Zwischenruf bei der ÖVP), weil in diesem Land einfach zu viel passiert ist, was nicht nur ich, sondern auch die Bevölkerung zu Recht für unverzeihlich halten.
Sie haben sich für einen anderen Weg entschieden: Sie haben sich dafür entschieden, weiterzupoltern und durch die Innen- und durch die Außenpolitik weiterzutorkeln. Das ist Ihr Ansatz, und so befinden wir uns dann immer wieder in der Situation, dass wir uns hier im Parlament mit Ihrem Schadenswerk auseinandersetzen müssen – so auch heute.
Damit komme ich zur Ukraine: Wissen Sie, für uns Freiheitliche ist es vollkommen klar, dass die kriegerische Aggression durch Russland keinerlei Akzeptanz finden kann und schärfstens zu verurteilen ist, aber ich ergänze etwas dazu, was Sie immer vergessen: Das muss auch für alle anderen militärischen Konflikte gelten, in denen eine Großmacht glaubt, mit ihrer militärischen Übermacht anderswo segensreich zu wirken – und in Wahrheit nur eine Spur der Verwüstung hinterlässt. Das habe ich von Ihnen noch nicht gehört. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Waffen sind niederzulegen – sofort! Das sind wir der armen Zivilbevölkerung schuldig, und das sind wir auch den Soldaten schuldig, die in diesem sinnlosen Krieg verheizt werden. Es kann nur eine Lösung geben, und diese Lösung muss am Verhandlungstisch und sonst nirgendwo erzielt werden. Und ich sage als Obmann der Freiheitlichen Partei
auch, dass ich es für absolut notwendig halte, dass wir jede weitere Eskalation, jedes weitere Drehen an dieser Eskalationsspirale verhindern müssen, dass wir diese Spirale von Gewalt und Leid, von Elend und Tod, von Flucht und Vertreibung durchbrechen müssen, anstatt sie weiter anzuheizen (Zwischenruf des Abg. Brandstätter), weil der Krieg nur Verlierer kennt. (Abg. Meinl-Reisinger: Vor Putin in die Knie gehen! Das ist Ihre Politik!)
Meine Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen eines: Ich glaube, dass wir alle diese Positionen teilen – ich hoffe zumindest, dass Sie alle das unterschreiben können, was ich gesagt habe –, aber wenn das so ist, dann schließen sich daran ein paar Fragen an, die ich Ihnen stellen möchte.
Die erste ist: Was hat den Bundeskanzler dieser Republik geritten, was hat er sich dabei gedacht, als er in der ORF-„Pressestunde“, wo er sich sicherlich jedes Wort genau überlegt hat, unsere Neutralität als „aufgezwungen“ bezeichnet hat? Ich habe das gehört, ganz Österreich hat das gehört, und ich fürchte, dass man das in weiten Teilen der Welt ganz genau gehört hat (Abg. Meinl-Reisinger: Seit wann setzt sich die ...?), weil man in Zeiten wie diesen eben sehr genau hinhört, was Regierungschefs diverser Länder sagen. (Abg. Meinl-Reisinger: Das wird ja immer spannender! Kommunistenversteher! Die neue Rolle der ...!)
Diese aufgezwungene Neutralität, meine Damen und Herren – nur zur Erinnerung –, das ist jene Neutralität, von der es in Art. 1 Abs. 1 unseres Staatsvertrages (Abg. Meinl-Reisinger: UdSSR-Verherrlicher!), und ich glaube nicht, dass diese prominente Stelle Zufall ist, heißt, dass sie immerwährend ist und dass wir sie aus freien Stücken erklärt haben.
Bei dieser – Zitat Nehammer – aufgezwungenen Neutralität – Zitatende; Copyright Karl Nehammer, ÖVP, kann man sagen – handelt es sich natürlich um die militärische Neutralität Österreichs, denn alles andere hat er ja ohnehin schon vom Tisch gewischt. Jede andere und weiter reichende Interpretation von Neutralität ist ja aus Sicht der Österreichischen Volkspartei und dieser Regierung gar nicht mehr zulässig. Ich halte das für unverantwortlich, sage ich Ihnen gleich dazu, weil es nämlich suggeriert, dass man Kriege heutzutage nicht auch mit wirtschaftlichen Maßnahmen führen könnte. Davon wird vollkommen abstrahiert bei diesem seltsamen Neutralitätsbegriff, aber es geht offenbar um die militärische Neutralität, und diese militärische Neutralität ist laut Karl Nehammer eine aufgezwungene.
Jetzt frage ich Sie Folgendes, was den normalen Sprachgebrauch betrifft: Wann bezeichnet man denn etwas als aufgezwungen? – Man bezeichnet etwas als aufgezwungen, wenn man es nicht mag. Man bezeichnet etwas als aufgezwungen, wenn man es loswerden will. Man bezeichnet etwas als aufgezwungen, wenn man es irgendwie abwerfen möchte. Dann macht dieser Begriff Sinn. Sehen Sie, und da sind wir beim Punkt. Da sind wir bei dem Punkt, um den es der ÖVP in Wahrheit geht: Da sind wir bei dem Punkt, dass die ÖVP geglaubt hat, in diesen schweren Zeiten unserer Republik ihr eigentliches Ansinnen, nämlich einen Nato-Beitritt, vorantreiben zu können. Da sind wir bei des Pudels Kern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Diese Nato war einmal ein Verteidigungsbündnis, damals, als es den Warschauer Pakt noch gegeben hat – das war sie –, aber sie ist in der Zwischenzeit etwas ganz anderes, sie ist ein strategisches Interventionsbündnis unter dem Kommando der Vereinigten Staaten von Amerika geworden. Die Österreichische Volkspartei hat geglaubt, jetzt diese schweren Momente unserer Heimat nutzen zu können, um unsere Söhne unter amerikanischem Kommando an alle möglichen Fronten auf diesem Globus zu schicken, denn irgendeinen guten Grund, um ein Land zu befreien, hat man vonseiten derer, die da geopolitische Spiele betreiben, bis jetzt noch immer gefunden. (Beifall bei der FPÖ. –
Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Jeitler-Cincelli schüttelt den Kopf und macht die sogenannte Scheibenwischerbewegung.)
Ihr Herr Khol hat es weiter vorangetrieben, Ihr Wehrsprecher hat es weiter vorangetrieben, und Sie sind dann erst zurückgerudert, als Sie gemerkt haben: Hoppala, das kommt aber nicht so gut an bei der österreichischen Bevölkerung! Dann haben Sie den Rückwärtsgang eingelegt – der nächste Salto rückwärts! –, und dann hat Karl Nehammer verkündet: Die Neutralität bleibt, die Debatte ist beendet! – Ja, meine Damen und Herren, diese Debatte, die im Übrigen niemand anderer angezettelt hat als dieser Karl Nehammer selbst, ist nicht beendet, wenn er sie für beendet erklärt, sondern sie wird dann beendet sein, wenn wir in diesem Land wieder eine glaubhafte Neutralitätspolitik machen und uns von Ihrer Eindimensionalität verabschieden. Dann wird die Debatte beendet sein, aber Sie sind die letzte Adresse in Sachen Glaubwürdigkeit (Abg. Gabriela Schwarz: Na da redet der Richtige! Da redet der Richtige!), wenn es um diese Reparaturarbeiten geht. (Beifall bei der FPÖ.)
Nächste Frage: Ich denke, dass man aus einer Neutralitätsposition heraus deeskalierend zu wirken hat. Jetzt frage ich diese Bundesregierung, ich frage den Bundeskanzler und den Vizekanzler: Ja, glauben Sie allen Ernstes, dass das deeskalierend ist, wenn Ihre politische Vertraute, Frau von der Leyen, ihres Zeichens EU-Kommissionspräsidentin, jetzt, in diesen Tagen mit der Ukraine über einen Beitritt zur Europäischen Union verhandeln will – und dann vielleicht noch Moldawien und Georgien gleich dazu im Gepäck? Glauben Sie, dass das klug und verantwortungsbewusst und vor allem deeskalierend ist?
Ich rede ja gar nicht davon, dass wir es da mit einem Land zu tun haben mit über 40 Millionen Einwohnern, mit einem Durchschnittseinkommen bei den Erwerbstätigen von 260 Euro im Monat mitsamt all den sozialen Verwerfungen, die das bringt. Ich rede nur von dem Konfliktpotenzial mit Russland, das die Verwirklichung solcher Überlegungen mit sich bringen würde, und ich glaube, dass es eine relevante Überlegung ist, sich diese Frage zu stellen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich eines: Ich halte das, was Sie und von der Leyen da betreiben, für ein Spiel mit dem Feuer. Ich halte das für brandgefährlich. Es birgt die Gefahr, dass die gesamte Europäische Union und mit ihr auch Österreich in diesen Krieg hineingezogen wird, anstatt dass dieser Krieg so rasch wie möglich beendet wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Ist der Status der Ukraine als EU-Mitglied oder als Nato-Land oder als EU-Mitglied und Nato-Land aus Sicht Österreichs das wert? Ist es das tatsächlich wert, dieses Risiko einzugehen, und ist es aus Sicht der Europäischen Union dieses Risiko wert? (Abg. Meinl-Reisinger: Unfassbar feig!) Das frage ich Sie. Ich habe da meine Zweifel (Abg. Meinl-Reisinger: Unfassbar feig!), ich glaube es nicht, und Sie können mich gerne dafür verurteilen. (Abg. Meinl-Reisinger: Feig! Feig! Feig!) Ich sehe eine friedliche Zukunft (Abg. Meinl-Reisinger: Feig sind Sie! Feig und niederträchtig!) für die Ukraine in einer Brückenfunktion (Abg. Meinl-Reisinger: Verräter der Freiheit!) zwischen Ost und West. Ich sehe eine friedliche Zukunft (Abg. Meinl-Reisinger: Verräter unserer Werte!) in der Funktion eines neutralen Bindeglieds, weil das auch dasjenige ist, was am ehesten der historischen Entwicklung der Ukraine entspricht.
Jetzt bin ich wieder, Herr Bundeskanzler Nehammer, bei Ihrer aufgezwungenen Neutralität. Nehmen Sie Österreich her! Schauen Sie! Uns hat diese aufgezwungene Neutralität gutgetan, oder? Hat sich Österreich nicht mit dieser aufgezwungenen Neutralität in den letzten Jahrzehnten hervorragend entwickelt, zwischen zwei Blöcken? Haben wir nicht in Frieden und in Freiheit gelebt und Wohlstand generiert, den Sie gerade zerstören? (Abg. Steinacker: Zerstört der Herr Bundeskanzler?! So eine Falschbehauptung!)
Das ist das Ergebnis Ihrer aufgezwungenen Neutralität. Sie sollten über dieses Modell auch einmal nachdenken.
Wenn Sie es mir nicht glauben, dann wird Ihnen vielleicht der Name Henry Kissinger etwas sagen. Henry Kissinger hat 2014 – und damals hat man über die Ukrainekrise im Zusammenhang mit der Krim diskutiert – gesagt (Abg. Meinl-Reisinger: Ist ja unfassbar!): Um zu überleben, darf die Ukraine „niemandes Vorposten sein“ – der ist wahrscheinlich auch feig, dieser Herr Kissinger, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, so wie Sie es mir vorgeworfen haben (Abg. Meinl-Reisinger: Sie sind auch feig!) –, „niemandes Vorposten“, weder des einen noch des anderen. Ich glaube, dass es genau darum geht, um dieses Überleben in Frieden und in Freiheit für die Ukraine, und dass es genau darum geht, um das Überleben in Frieden und Freiheit für Österreich und für die Europäische Union. (Beifall bei der FPÖ.)
Sehen Sie: Das wäre eine neutrale Position! Das wäre eine neutrale Position. Das wäre im Übrigen eine vernünftige Position, und es wäre auch eine mutige Position, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, einfach deshalb, weil ich nämlich glaube, dass es in der Zwischenzeit schon einigen Mut erfordert, der Europäischen Kommission zum Beispiel in Gestalt von Frau von der Leyen einmal auszurichten, dass es ein Akt der absoluten Verantwortungslosigkeit ist, jetzt Beitrittsverhandlungen zwischen der Ukraine und der EU aufzunehmen. Deshalb ist es mutig, aber ich habe nichts von Ihnen in diese Richtung gehört, keine einzige Silbe.
Ein letztes Wort noch zu den Sanktionen vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklung der Energiepreise, der Preise für Treibstoffe beziehungsweise Gas, die ja in der Zwischenzeit zum Luxusartikel geworden sind und wo noch eine Kettenreaktion in Gang kommen wird, wo die österreichische Bevölkerung die Zeche für Ihre Verantwortungslosigkeit wird zahlen müssen: Sie sagen jetzt wahrscheinlich: Gut, das ist der Preis, den man dafür zahlen muss, damit wir hier die Freiheit und die Menschenwürde verteidigen und damit wir Not und Elend abwehren. – Ich sage Ihnen: Sie zahlen gar keinen Preis, sondern die österreichische Bevölkerung bezahlt diesen Preis. Sie bezahlt diesen Preis, Millionen von Österreichern, die sich ihr Leben schon jetzt nicht mehr leisten können und die immer mehr unter Druck geraten angesichts der Energiepreise, der Lebensmittelpreise, die folgen werden, der Wohnkosten und so weiter und so weiter. Sie sollten nicht so leichtfertig mit Ihrem Sanktionsgetöse umgehen, sondern Sie sollten die Dinge hinterfragen.
Noch etwas: Wenn Sie schon behaupten, dass Sie aus hehren Motiven handeln, dann frage ich Sie schon: Was bitte haben Sie denn dann in den Vereinigten Arabischen Emiraten und was haben Sie denn dann bitte in Katar verloren? Das waren ja heute Ihre neuen Wunschlieferanten im Zusammenhang mit Erdgas. Ja, ist es Ihnen entgangen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate ein ganz enger strategischer Partner Russlands in dieser Region sind? Die sind auf Tuchfühlung mit den Russen. Also Sie sagen, mit den Russen geht es nicht, aber mit den besten Verbündeten der Russen in Gestalt der Vereinigten Arabischen Emirate geht es schon? Und ist es Ihnen entgangen – und da bin ich beim Weltfrauentag –, dass zum Beispiel die Scharia in diesen Vereinigten Arabischen Emiraten ein zentraler Baustein der Rechtsordnung ist? Ist Ihnen das alles entgangen? Ist Ihnen vonseiten der Grünen entgangen, dass Homosexualität nach den Gesetzen dieses Landes, das Sie jetzt als Wunschlieferanten bezeichnen, mit der Todesstrafe bedroht wird? – Und so weiter und so weiter, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Der zweite Wunschlieferant dieser Regierung, Katar, ist auch nicht viel besser – der nächste Verbündete Russlands in dieser Region! Hat man Ihnen das nicht gesagt, als Sie dort gewesen sind, dass es dort gar keine Parteien geben darf? So demokratisch sind die Herrschaften. Hat man Ihnen dort nicht gesagt, dass die Scharia auch dort ein
zentraler Bestandteil der Rechtsordnung ist, dass wir beim Strafausmaß von der Todesstrafe abwärts bis zur Auspeitschung alles finden? Hat man Ihnen das nicht gesagt, dass ein Religionsaustritt dort als Kapitalverbrechen behandelt wird? Hat man Ihnen das nicht gesagt, dass Hausangestellte in Katar nicht als Menschen, sondern als Besitz behandelt werden, wie die Sklaven bei den Römern? Hat man Ihnen das alles nicht erzählt?
Ich sage Ihnen das nur deshalb, weil ich die Frage stellen muss: Diese beiden Länder liefern jetzt moralisch sauberes Erdgas? Oder wie ist das? Denn: Das russische Erdgas ist ja moralisch nicht sauber! Das aus Katar schon? Das aus den Vereinigten Arabischen Emiraten schon? Sehen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist die Heuchelei. (Beifall bei der FPÖ.)
Deshalb abschließend, meine Aufforderung: Hören Sie auf zu heucheln, hören Sie auf, eine Politik zu machen, die unser Heimatland Österreich und unsere Menschen gefährdet und gleichzeitig der Ukraine nicht nützt, weil es ihr keine ernsthafte und seriöse Perspektive bietet! In drei Worten, Herr Bundeskanzler: Treten Sie zurück – und nehmen Sie den Rest der Regierung gleich mit! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf: In Venezuela könnte man auch Erdöl kaufen!)
15.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte sehr.
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Wir vonseiten der Politik, wir hier im Parlament beschäftigen uns meist mit innenpolitischen Fragen, mit wirtschaftspolitischen, mit sozialpolitischen Fragen, mit gesellschaftspolitischen Fragen, selbstverständlich auch mit außenpolitischen Fragen und europapolitischen Fragen, aber niemand von uns hätte wohl gedacht, dass wir uns im Jahr 2022 mit einem Krieg auf europäischem Boden beschäftigen müssen, mit einem Krieg, der wenige Hundert Kilometer von uns entfernt stattfindet.
Wir alle verfolgen gebannt die neuesten Meldungen aus der Ukraine, die uns erreichen, die Bilder, die Videos, die persönlichen Berichte in den sozialen Medien, von den Menschen in den Luftschutzbunkern, in den U-Bahnstationen, die dazu umfunktioniert wurden. Das Ausmaß an Zerstörung und Leid ist unvorstellbar: Babys, die in diesen Bunkern geboren werden, Menschen, die fliehen, Menschen, die verletzt werden, Menschen, die getötet werden. Es ist unerträglich.
Heute ist auch Internationaler Frauentag, und Frauen sind, wie von meinen VorrednerInnen schon erwähnt und angesprochen, ganz besonders von den Gräueln des Krieges betroffen.
Die Verantwortung für diesen Angriffskrieg hat eine Person, ein Mann, Wladimir Putin – ein Mann, der seine Interessen ohne Rücksicht auf Verluste und Menschenleben verfolgt. Dieser Angriffskrieg ist nicht nur ein Bruch des Völkerrechts, dieser Krieg ist ein Überfall auf europäische Werte – auf die europäischen Werte, für die die Menschen in der Ukraine bereit sind, erbitterten Widerstand zu leisten. Widerstand, mit dem der russische Präsident offensichtlich nicht gerechnet hat, Widerstand, der ihm auch in seinem eigenen Land in viel größerem Ausmaß, als er erwartet hat, entgegenschlägt und den er mit absoluter Brutalität niederzuschlagen versucht. (Beifall des Abg. Koza.)
Ganz Europa leistet Widerstand und wird auch weiterhin in einer Geschlossenheit, die es bisher nicht gab, Widerstand leisten, indem wir Putins Regime, so hart und so konsequent es geht, in die Schranken weisen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Für dieses Vorgehen wissen wir die Bevölkerung hinter uns. In Österreich, in ganz Europa, auf der ganzen Welt demonstrieren die Menschen in Solidarität für die Ukraine. Die österreichische Bundesregierung, die Europäische Union tun alles dazu, um die Ukraine, um die flüchtenden Menschen und die Nachbarstaaten bestmöglich zu unterstützen.
Eines muss in diesem Kontext allen klar geworden sein, auch jenen, die es bisher nicht wahrhaben wollten, nämlich dass die Abhängigkeit vom russischen Gas eine Gefahr für unsere Freiheit darstellt. Sie macht uns verwundbar, sie macht uns zum Spielball für russische Interessen, und dass wir uns in dieser Abhängigkeit befinden, ist ein Versäumnis der Politik der vergangenen 15, 20 Jahre. Es ist erschreckend, beispielsweise in einem Interview mit dem ehemaligen OMV-Chef zu lesen, wie Versuche, diese Abhängigkeit zu reduzieren oder überhaupt zu verhindern, sogar aktiv hintertrieben wurden. Was in diesen letzten 15 Jahren verabsäumt worden ist, nämlich den Ausstieg aus Öl und Gas massiv voranzutreiben, dafür sorgt jetzt Leonore Gewessler. Ich bin sehr froh, dass auch Bundeskanzler Karl Nehammer und der Koalitionspartner dieses Anliegen total teilen und wir gemeinsam daran arbeiten, diesen Ausstieg zu schaffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Jedes Windrad, das wir bauen, bedeutet Unabhängigkeit, jede Gastherme, die wir austauschen, heißt mehr Freiheit. Ja, wir werden nach Alternativen von Gas suchen müssen, auch in Ländern, die uns nicht gefallen, Herr Klubobmann Kickl, denn was in 20 Jahren Politik verabsäumt wurde, kann nicht in drei Monaten von einer neuen Energieministerin aufgeholt werden.
Ja, das wird kosten, und ja, ebenso werden die scharfen Sanktionen gegen Russland kosten. Die Freiheit, die Souveränität und das Lebensrecht der Menschen in der Ukraine dürfen aber kein Preisschild haben, und unsere Solidarität ist ihnen sicher. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte jetzt aber noch zum zweiten Teil dieser Regierungserklärung kommen und ein paar Worte dazu finden. Johannes Rauch hat es in seiner Pressekonferenz selber gesagt: Vor dem Hintergrund eines brutalen Angriffskriegs auf europäischem Boden verblasst die Bedeutung eines Ministerwechsels. Gleichzeitig warten die großen Herausforderungen im Gesundheits- und Sozialbereich nicht.
Ich möchte mich an dieser Stelle ebenso ausdrücklich bei Wolfgang Mückstein für seine Arbeit bedanken, für seinen Mut, dieses schwierige Amt zu übernehmen, für sein Engagement und die Leistungen – es wurde schon genannt, beispielsweise der Ausbau der psychologischen Betreuung oder der Hospiz- und Palliativmedizin –, aber auch für seinen konsequenten Einsatz gegen Gewalt an Frauen. Vielen Dank, Wolfgang! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Heute begrüßen wir nun in unserer Mitte Johannes Rauch als neuen Sozial- und Gesundheitsminister. Lieber Johannes, ich freue mich außerordentlich, dass du bereit bist, dieses Amt zu übernehmen und das auch mit großer Freude tust. Wir kennen dich als besonnenen, als erfahrenen, als umsichtigen Politiker, als jemanden, dem das Gemeinwohl und der scharfe Blick auf Ungerechtigkeiten und soziale Verwerfungen das zentrale Anliegen sind. Auch schon vom kleinen Vorarlberg aus hattest du immer das große Ganze im Blick, und ich freue mich, dass du diese Weitsicht in unsere Bundesregierung einbringen wirst. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Wöginger.)
Die Herausforderungen sind zweifelsohne beträchtlich. Die Pandemie ist nicht vorbei, unser Anspruch muss sein, bestmöglich auf den nächsten Herbst und Winter vorbereitet zu sein. Aber auch andere Themen wie die Situation der Pflegekräfte oder die der zu pflegenden Personen müssen uns in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen. Das Ressort, das du übernimmst, lieber Johannes, bietet viel Gestaltungsspielraum: Was
können wir für die KonsumentInnen, für das Tierwohl tun?, aber ganz besonders auch: Wie können wir die Situation von Menschen mit Behinderung verbessern?
Ich bin mir sicher, du wirst viele gute Antworten liefern, und ich weiß, dass du beherzt anpackst, auch wenn sich der Widerstand aus dem einen oder anderen Bundesland regen sollte. Ich habe volles Vertrauen, dass du deine Sache gut meistern wirst, und ich verspreche dir dafür volle Unterstützung von meiner Seite und vom grünen Parlamentsklub. Vielen Dank und herzlich willkommen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.06
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Klubobfrau Meinl-Reisinger ist zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr neuer Gesundheits- und Sozialminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es ist ein bisschen schwierig, heute zu sprechen, weil wir über sehr viel reden müssten, einerseits natürlich über die Regierungsumbildung, andererseits hätte ich ganz gerne dem Internationalen Frauentag noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet, besonders steht aber natürlich auch für uns der Krieg in der Ukraine im Vordergrund, und diesem werde ich den Hauptteil meiner Rede widmen.
Ich möchte aber trotzdem damit einleiten, dass ich Sie, Herr Minister, ganz herzlich hier im Hohen Haus begrüßen möchte. Ich wünsche auch Ihrem Vorgänger Wolfgang Mückstein tatsächlich persönlich von Herzen alles Gute. Es hat mich sehr bewegt, was er über die Anfeindungen in der Politik gesagt hat. Es ist ja nicht so, als ob wir das nicht mitbekämen, wie die Stimmung und der Ton immer rauer werden. Gerade am Internationalen Frauentag, an dem wir auch über Gewalt an Frauen sprechen, müssen wir darüber reden, dass Gewalt immer zuerst mit verbaler Gewalt beginnt und dass diesbezüglich schon längst Grenzüberschreitungen in unserem Land stattgefunden haben. Etwas, das wir nicht wollen, ist, dass verbale Gewalt gegen die Politik oder gegen Politikerinnen und Politiker an sich stattfindet – das ist unerträglich. Ich finde, wir sollten alle gemeinsam daran arbeiten, zu deeskalieren.
Ich möchte ihm wirklich alles, alles Gute wünschen und auch danken. Wir waren nicht immer einer Meinung, wir haben es nicht immer für glücklich befunden, wie er agiert hat. Ich denke aber trotzdem, dass jedem, und das habe ich schon oft gesagt, Dank gebührt, der sich in den Dienst unseres Landes und unserer Gemeinschaft und der Menschen in unserem Land stellt. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)
Erlauben Sie mir aber bitte dennoch, zu sagen – das habe ich auch klar gesagt –, dass ich es mehr als unglücklich finde, dass es jetzt, gerade in einer Pandemie, den dritten Gesundheitsminister gibt. Es ist mehr als unglücklich, welches Bild eines instabilen Zustands die österreichische Bundesregierung gerade jetzt nicht nur abgibt, sondern wie sie tatsächlich auch umherstolpert. Auch der Krieg in der Ukraine und die zum Teil durchaus klare und gute Rhetorik dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass an großen Aufgaben nichts effektiv bewältigt wurde.
Es ist also doch zu hoffen, dass in die großen Aufgaben, die vor uns liegen und die auch einen echten Neustart brauchen, jetzt ein anderer Schwung, eine andere Energie, eine andere Tatkraft und auch ein anderes Leadership Einzug hält.
Ich möchte zum Krieg in der Ukraine kommen und dazu auch etwas sagen. Ich war gestern in der Ukraine. Das hat sich so ergeben, das war gar nicht so geplant. Ich wollte an die slowakisch-ukrainische Grenze, um einen Hilfstransport zu begleiten, der von
unseren MitarbeiterInnen in wirklich ganz toller Art und Weise binnen einer Woche auf die Beine gestellt wurde; es wurde ein Klein-Lkw samt einem großen Anhänger und es sind über 10 000 Euro an Spenden eingegangen, mit denen Medikamente und Lebensmittel gekauft wurden.
Aufgrund von Verwirrungen, wo unser Lkw gelandet ist, begab es sich, dass wir – mit Unterstützung des österreichischen Außenministeriums – auch tatsächlich in der Ukraine waren, und zwar um die Gegend von Uschhorod. Wir sind von der Slowakei in die Ukraine nach Ushhorod und haben dann über Tschop – das ist an der ungarischen Grenze – die Ukraine wieder verlassen.
Wir hatten auch die Möglichkeit, zwei Abgeordnete des ukrainischen Parlaments zu treffen, und ich möchte Ihnen daher an dieser Stelle auch ihren Dank ausrichten. Diese beiden, die wir gemeinsam mit Verwaltungsbeamten und Militärs getroffen haben, aber vor allem auch die Freiwilligen, die wir in einem Logistikzentrum erlebt haben, die gerade dabei waren, nicht nur unseren Transport, sondern ganz viel von dem, was derzeit aus Österreich kommt, sozusagen weiterzuverarbeiten, auf Lkws zu verladen oder auch anderweitig in den Osten der Ukraine zu bringen, haben uns gebeten, auszurichten, dass sie sich von Herzen beim österreichischen Parlament und beim österreichischen Volk für die großartige Unterstützung, die in den vergangenen Tagen eingelangt ist, bedanken möchten. Ja, sie brauchen bestimmte Dinge, wie Helme, Schutzwesten, Knieschützer, Medikamente, ganz massiv, aber sie sagen auch ganz offen, dass sie alles nehmen und froh über alles sind, das ankommt.
Was ich Ihnen auch sagen möchte, ist, dass in der Gegend von Transkarpatien derzeit ungefähr 100 000Vertriebene, wie sie es nennen, aufhältig sind, in Polen mehr, aber auch dort Zehntausende über die Grenze strömen, sozusagen ein bisschen geleitet, an der einen Grenze mit dem Auto, an der anderen Grenze zu Fuß. Das sind Ströme von Menschen: so viele Frauen mit kleinen Kindern – so viele kleine Kinder! –, so viele ältere Frauen, so viele Frauen und so viele kleine Kinder, die mit einem Rucksack und mit einem kleinen Kinderrucksack über die Grenze gehen, junge Frauen, die ausschauen, als wären sie gerade aus einem Hörsaal in Wien rausgekommen, und die sich jetzt aus dem Osten der Ukraine einfach zu Fuß auf den Weg zur Grenze machen – hoffentlich, denn es ist nicht sicher, dass humanitäre Korridore, wie jetzt zum Beispiel in der großen Frage von Mariupol, auch tatsächlich funktionieren.
Es ist sehr wichtig, dass wir hier klar Stellung beziehen, dass wir auch als Österreich gemeinsam mit der Europäischen Union zusammenstehen und das tun, was notwendig ist, nämlich den Aggressor, der diesen Angriffskrieg angezettelt hat, klar zu benennen: Das ist Wladimir Putin und sein offizielles Russland! (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)
Es ist auch ganz klar, dass sich die Menschen in der Ukraine und vor allem die Vertreter des dortigen Parlaments eines wünschen: eine Flugverbotszone. Wir wissen aber, was das bedeuten würde, nämlich tatsächlich den Eintritt westlicher Mächte, unter Umständen der Nato in diesen Krieg, und das wäre doch ein Schritt, der eine sehr weitreichende Konsequenz hätte.
Daher halte ich es für notwendig, kompromisslos an allen anderen Schrauben zu drehen. Und ja, ich bleibe dabei: Sich nicht klar zu einer Seite zu bekennen, und zwar zur Seite der Freiheit, des Friedens, der Demokratie, der Menschenrechte, ist meines Erachtens auch Feigheit oder ein weiteres In-die-Knie-Gehen vor Putin. Das bedeutet selbstverständlich auch wirtschaftliche Sanktionen. Es ist angesprochen worden: Wirtschaftliche Sanktionen sind das, an dem sich Österreich auch beteiligt, und ich bin davon überzeugt, dass dabei ein Kalkül nicht aufgegangen ist. Ich habe hier vor ein paar Tagen gesagt, wenn Sie sich erinnern, dass Putin natürlich auch ein Kalkül hat, nämlich dass die
Europäische Union vielleicht nicht geschlossen agiert. Das tut sie aber! Das tut sie seit langer Zeit wieder einmal. Es ist da eine Geschlossenheit, gerade auch in der Frage der wirtschaftlichen Sanktionen.
Die Frage, die ich mir allerdings stelle, auch in Bezug auf die Frage, welche weiteren Schritte gesetzt werden können, ist: Worauf warten wir? Ich bin der Meinung, dass Europa diese Sanktionen gemeinsam beschließen muss, und ich höre, dass es zu weiteren kommen wird – aber was sind die Momente, an denen man sagt, es ist der Moment für einen weiteren Sanktionsschritt erreicht? – Wenn Kiew genauso wie Charkiw in Schutt und Asche gelegt wurde? – Das halte ich für zu spät. Das ist eindeutig zu spät! Wenn man Karten in der Hand hat und bereit ist, Europa bereit ist, einen weiteren Schritt zu gehen, dann ist mir nicht ganz klar, worauf man wartet – so weh das natürlich auch tun mag –, denn die Menschenrechtsverletzungen, die Kriegsverbrechen finden jetzt statt! Charkiw ist in Schutt und Asche gelegt worden. Mir wurde auch von Bombardements berichtet – Sie können das eh alles nachlesen – betreffend ein Spital in Kiew, nämlich jenes, in dem die größte Kinderonkologie der Ukraine untergebracht ist – das ist bombardiert worden! Also wenn es weitere Sanktionen gibt, dann ist, glaube ich, jetzt der richtige Zeitpunkt dafür (Beifall bei den NEOS), natürlich ganz klar auch in der Frage, was das hinsichtlich der Abhängigkeit von Gas und Öl und einen möglichen Importstopp bedeutet.
Ich möchte an dieser Stelle aber noch etwas sagen, weil diese Debatte jetzt sehr leidenschaftlich oder auch nicht leidenschaftlich geführt wurde: Wann, wenn nicht jetzt, zu einem Zeitpunkt, an dem in Europa, auf europäischem Boden, wieder Krieg herrscht, sehen wir ganz offensichtlich, welche Naivität der Westen und Europa an den Tag gelegt haben, gerade auch im Umgang mit Wladimir Putin? Ich möchte sogar einen Schritt weiter gehen und davon reden, dass es nicht nur Naivität, sondern auch eine schreckliche Appeasementpolitik ist, und von dieser Appeasementpolitik ist Österreich nicht ausgenommen, davon sind namhafte und ranghohe Politiker und Politikerinnen in Österreich nicht ausgenommen – da muss ich gar nicht so weit gehen, dass ich daran erinnere, wer vor Wladimir Putin tatsächlich auch in die Knie gegangen ist, einen Knicks gemacht hat. (Die Abgeordneten Hauser und Stefan: Haselsteiner!) Diese Naivität und diese Appeasementpolitik (Abg. Stefan: Haselsteiner! Der baut alles im Osten! Der muss beste Kontakte haben! – Zwischenruf des Abg. Kassegger) haben uns vielleicht blind für das gemacht, was 2014 schon offensichtlich war: nämlich dass es nicht darum geht, ein bisschen Gebietsansprüche in der Krim zu stellen, sondern dass weitere Schritte geplant sind.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch Folgendes sagen, an all diejenigen, die sagen: Ja, es ist die Nato, hätte die Nato nicht! – Es ist nicht die Nato, die einen Völkerrechtsbruch begangen hat, es ist ganz klar Putin, der das Budapester Memorandum mit einem Atemzug beiseitegewischt hat und damit den Völkerrechtsbruch begangen hat.
Ich denke, dass doch gerade heute der Zeitpunkt da ist, dass wir, ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren – auch von der FPÖ, durch die ich heute hier eine sehr eigenartige Geschichtsvorlesestunde erleben durfte; Sie sind offensichtlich nicht nur Russlandversteher, sondern Sie sind auch Sowjetunionversteher, und das ist doch eine bemerkenswerte Volte gewesen (Abg. Kassegger: Wo denn? Wo denn? Überheblich!), die ich heute mitbekommen habe (Beifall bei den NEOS) –, gefestigt in der westlichen Wertegemeinschaft von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten auch über ein handlungsfähiges Europa sprechen, ein durchaus handlungsfähiges Europa, auch unabhängig von den USA.
Ich weiß schon, und ich lese alle Artikel, dass es wesentlich leichter wäre, da über die Nato zu gehen und so weiter, aber ich erinnere daran, dass uns gerade die Präsidentschaft von Donald Trump gezeigt hat, dass wir Europäer uns endlich auf die Hinterfüße
stellen müssen und uns durchaus auch um unsere Angelegenheiten kümmern müssen. Sich um eigene Angelegenheiten kümmern zu müssen heißt, souverän zu sein, handlungsfähig zu sein und selbstverständlich auch wehrhaft zu sein, und zwar gegen all diejenigen, die genau diese Art, wie wir leben wollen, diese westliche Art zu leben, diese – ich sage das ganz bewusst – europäische Art zu leben, mit der ökosozialen Marktwirtschaft, in Frage stellen, und zwar nicht nur in Frage stellen, sondern aktuell mit Raketen und Bomben beschießen.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, viele angestaubte Dogmen tatsächlich auch über Bord zu werfen, in der Aussage, auf welche Seite man sich hier zu stellen hat, Klarheit zu haben – nicht irgendwie eine falsche Putintümelei, Russlandtümelei, vielleicht aus einer Amerikakritik heraus – mag sie auch berechtigt sein – zu machen, sondern klar Stellung zu beziehen und gemeinsam mit unseren europäischen Partnern daran zu arbeiten, dass wir ein handlungsfähiges, ein wehrhaftes Europa auch in der Zukunft sicherstellen. Das würde ich mir erwarten – auch an Redlichkeit und intellektuellem politischen Diskurs in Österreich. Es ist schade, dass es das bei uns offensichtlich nicht gibt. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)
16.18
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Lopatka ist zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.
Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Herzlich willkommen dem neuen Gesundheitsminister hier in Wien, hier im Nationalrat! Wir wünschen uns mit Ihnen eine ebenso gute Zusammenarbeit, wie wir sie mit Ihren Vorgängern hatten! Es ist von der SPÖ-Vorsitzenden die Länge der Amtszeit angesprochen worden – Sie war übrigens kürzer im Amt als die von ihr kritisierten Gesundheitsminister. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Man hat es nicht in der Hand, wie lange man Gesundheitsminister ist. – So viel dazu. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren, der 24. Februar 2022 hat einer Zeitepoche in Europa ein Ende bereitet, und viele haben das nicht für möglich gehalten. Das ist ein Tag, der uns wie 9/11, wie der 11. September 2001, in Erinnerung bleiben wird. Mitten in Europa – und das dürfen wir nie vergessen – haben wir durch diese Invasion von Russland Krieg. Es ist ein grausamer Krieg ausgebrochen. Er ist erst 13 Tage alt, und es ist schon so viel an Elend, an Not, auch an Todesopfern zu beklagen.
In diesen dramatischen Tagen hat es für mich aber auch etwas Positives gegeben: Ich habe die Europäische Union schon lange nicht mehr so einig und gefestigt erlebt – auch auf parlamentarischer Ebene. Wir waren mehr als 100 Abgeordnete aus mehr als 30 Ländern letzte Woche in Paris bei einer Tagung der Europaausschüsse. Und diese Stimmung dort zeigte schon, es ist eine Auseinandersetzung, die die Ukrainer mit einer Diktatur für den freien Westen, für uns, führen, und dieser Krieg ist nur von der Diktatur, nur von russischer Seite ausgelöst worden. Das ist hier ganz klar festzuhalten und nicht zu relativieren, wie es der Klubobmann der Freiheitlichen Partei immer wieder versucht, zu machen, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von NEOS.)
Was für mich auch so positiv für die Europäische Union ist: Oft sind Polen und Ungarn zu Recht kritisiert worden. Nur, was Polen und Ungarn jetzt leisten, bringt sie auch näher in das Zentrum der Europäischen Union. Es ist überwältigend – mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge sind jetzt in Polen –, was die Bevölkerung in Polen bereit ist, auf sich zu
nehmen. Das ist ein Vorbild für ganz Europa. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Gestern waren wir mit einigen Kollegen in der Slowakei – auch die ist zu nennen. Die Slowakei, eigentlich ein kleines Land in der Europäischen Union, ist bestens vorbereitet. Im Übrigen ist auch zu nennen, was in Moldawien – noch nicht in der Europäischen Union – und auch von den Rumänen dabei geleistet wird. Sie sind in vielen anderen Bereichen nicht Vorbilder für uns, aber was da gemacht wird, ist vorbildlich.
Was wir auch merken, ist, dass vieles zwiespältig ist. Auf der einen Seite gibt es bei uns zu Recht immer mehr, die den Mut und den Willen der ukrainischen Bevölkerung bewundern, auch das eigene Leben für die Freiheit einzusetzen. Auf der anderen Seite nimmt natürlich auch gleichzeitig bei der Bevölkerung die Trauer zu, dass so viele Menschen, völlig unschuldige Menschen, aus der Zivilbevölkerung mit ihrem Leben dafür büßen.
Auch was die beiden Präsidenten betrifft – und die sind ganz entscheidend –: Respekt auf der einen Seite für Wolodymyr Selenskyj. Dieser Respekt wächst. Die Menschen sehen, mit welchem Mut er an der Spitze der Ukraine steht. Auf der anderen Seite wird auch immer mehr Menschen bewusst, wie lange eigentlich schon Wladimir Putin seine menschenverachtende Politik betrieben hat, die jetzt natürlich einen negativen Höhepunkt erreicht hat. Er – und nur er – hat den Tod Tausender und die Flucht – laut Zahlen von heute vom UNHCR – von schon mehr als 2 Millionen Menschen zu verantworten. Kollegin Meinl-Reisinger hat es angesprochen: Die Hälfte davon sind Kinder. Allein das verdient meines Erachtens schon eine Ächtung durch die Staatengemeinschaft.
Die Kriegsverbrechen und auch die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die jetzt in der Ukraine passieren, müssen meines Erachtens auch ein rechtliches Nachspiel haben. Das ist jetzt nicht im Zentrum, aber man sollte es nicht vergessen, denn wir haben auch in diesen Fragen weltweit immer mehr dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
Meine Damen und Herren! Auftragsmorde, Vergiftungen, Inhaftierungen von Oppositionellen, die Besetzung der Krim, der Krieg in Donezk und Luhansk – auch ich habe das alles zwar kritisiert, die Europäische Union hat es leicht sanktioniert, aber wirklich die Augen sind mir erst jetzt in diesen Tagen geöffnet worden. Dieser verzweifelte Mut der Ukrainer und Ukrainerinnen hat uns vor Augen geführt, dass auch wir in der Europäischen Union stärker bereit sein müssen, für unsere Freiheit zu kämpfen.
Russland ist weltweit isoliert. Das müssen wir sehen. Nur vier der 193 Mitglieder haben in der UNO-Vollversammlung mit Russland gestimmt. Wer sind die Freunde von Russland? – Klubobmann Kickl, Sie wissen es, Sie kennen sie: Belarus, Nordkorea, Eritrea und Syrien. Nur diese vier Staaten haben in der Vollversammlung mit Russland gestimmt, mehr als 140 dagegen.
Sie, Herr Klubobmann Kickl, stellen sich aber heute wieder her, geißeln die Nato, kritisieren die klare Haltung der Europäischen Union und die Kommissionspräsidentin. Ja, was wollen Sie eigentlich? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wollen Sie eine schwache, eine uneinige EU? Wollen Sie einen freien Westen, der nicht durch die NATO geschützt wird? (Abg. Hauser: Da müssen Sie einmal aufpassen!) Was wollen Sie? Sagen Sie es uns! (Abg. Stefan: Wir wollen jetzt keine Beitrittsverhandlung! Wollen Sie Beitrittsverhandlungen?) Wollen Sie uns Systemen wie dem von Putin ausliefern? Ist das Ihr Konzept? Dann lassen wir Sie gerne allein, ganz allein so sitzen, wie Sie hier sitzen. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Hafenecker: Soll die Ukraine Mitglied werden? Ja oder nein?)
Gott sei Dank sind alle anderen Fraktionen hier im Haus und die Staatengemeinschaft weit, weit weg von Ihrer Haltung! (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Was wir brauchen, ist ein Durchhaltevermögen der Europäischen Union, wenn es um die Sanktionen geht, die auch uns wehtun werden. (Ruf bei der FPÖ: Wurscht, oder?) Was wir brauchen, ist ein Umdenken bei der Energieversorgung, wie es heute schon von Bundeskanzler und Vizekanzler angesprochen worden ist. Was wir brauchen, ist ein Bekenntnis zu einer starken österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, wie es Bundeskanzler Nehammer heute hier gesagt hat. (Abg. Hafenecker: Auch das wird ... nicht ablenken!)
Meine Damen und Herren, ich darf zum Schluss kommen und sagen, was für mich in diesen Tagen aber am wichtigsten ist: Das ist, dass unsere Staatengemeinschaft nicht müde wird, täglich aufs Neue von Präsident Putin – und nur er hat es in der Hand, er allein – ein Ende dieses Krieges zu fordern, ein Ende des Tötens von unschuldigen Menschen. Er muss wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Ich kann nur mit dem schließen, was mutige Frauen und Männer in Moskau, in Sankt Petersburg, in anderen Städten in Russland sagen: Präsident Putin, beende diesen Krieg! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)
16.27
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kucher. – Bitte.
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Treue Zuseherinnen und Zuseher, die die Parlamentsdebatten gerne verfolgen, haben sicher schon mitbekommen, dass das Verhältnis zwischen Herbert Kickl und Karl Nehammer ein ganz, ganz besonderes, ein prickelndes ist und sie im Rahmen von Debatten immer sehr intensiv miteinander diskutieren. Das dürfte vielleicht auch an der gemeinsamen Vergangenheit im Innenministerium liegen.
Da Herbert Kickl in der letzten Sitzung den chinesischen Philosophen Sunzi zitiert hat, hat sich Karl Nehammer überlegt, er muss heute auch mit einem Zitat starten, mit einer Weisheit, die von Karl Nehammer stammt. Diese Weisheit lautet: Politische Sprüche sind etwas anderes als die Realität! Er dürfte das für sich selbst so intensiv und mantraartig wiederholt haben, dass er gesagt hat: Weil die Realität in Österreich eine sehr, sehr schwierige für die Menschen, für die Bevölkerung ist, redet er jedenfalls einmal nicht über die Arbeit der Bundesregierung, weil es ihm eigentlich unangenehm ist und er daran nicht einmal anstreifen möchte. Er merkt ja selber, dass die Bundesregierung in Wahrheit mit dem Krisenmanagement in Österreich überfordert ist. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)
Er hat sich dann auf das Feld der Außenpolitik begeben. Viele Punkte kann man ja durchaus auch teilen und gemeinsam diskutieren. Er hat nur vergessen, Werner Kogler seine Weisheit – dass politische Sprüche etwas anderes als die Realität sind – mitzugeben. Und Werner Kogler hat dann heute das Vergnügen gehabt, dass er sozusagen der Schönredner der Bundesregierung war, der Einzige, der sich noch aufgeopfert und versucht hat, zu erklären, was diese Bundesregierung in den letzten zwei Jahren nicht alles weitergebracht hat.
Das Spannende war, als er dann versucht hat, auch offen zu sagen, wie gut die Zusammenarbeit der Regierungsmitglieder ist, wie gut die Zusammenarbeit in der Bundesregierung funktioniert. Das ist ja eigentlich beachtlich an einem Tag, an dem wir einen neuen Gesundheitsminister angeloben, der der Nachfolger von zwei Personen ist, die
beide von der ÖVP innerhalb von nicht einmal einem Jahr abmontiert worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich erinnere: Bundesminister Anschober ist mit einem Schwächeanfall im Krankenhaus gelegen, da ist es losgegangen, da hat man angefangen, Spitzenbeamte aus dem Gesundheitsministerium abzumontieren. Es gab brutale Attacken von der ÖVP, und als er dann weg war, ist Minister Mückstein voller Tatendrang hier im Parlament gestanden – damals noch in Turnschuhen – und hat gesagt, er möchte wirklich die zentrale Koordination im Bereich des Coronakrisenmanagements übernehmen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Es hat nur ein paar Wochen gedauert, dann war die Erste, die ihn herpaniert hat, Elisabeth Köstinger, und diejenigen, die ihn im Stich gelassen haben, waren die Grünen. Die Grünen – Sigrid Maurer, Werner Kogler – waren dann diejenigen, die zweimal hintereinander wortlos zugeschaut haben, wie die ÖVP ihren eigenen Gesundheitsminister herpaniert. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist leider das Tragische, dass die Grünen in Wahrheit vor der ÖVP genau so buckeln wie die Freiheitlichen vor Russland. Das ist die einzige Parallele, die wir heute auch bei den Reden gemerkt haben. Deswegen wünsche ich persönlich dem neuen Gesundheitsminister alles, alles Gute bei der Arbeit. Unsere Unterstützung, wenn Sie etwas weiterbringen wollen, werden Sie jedenfalls haben. Nur hinsichtlich der eigenen Reihen, wenn es einmal brenzlig wird, können Sie ganz, ganz sicher sein: Der Mut wählt jedenfalls nicht Grün – um das einmal so zu umschreiben –, der Anstand so und so nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte nur noch inhaltlich darauf eingehen, was Werner Kogler dann erzählt hat, als er behauptet hat, wie es weitergegangen ist. Das war ja blanker Hohn, blanker Hohn für die Menschen in Österreich, für Hunderttausende pflegende Angehörige, für die Menschen, die Tag und Nacht in den Krankenhäusern für uns da sind, als Werner Kogler erzählt hat, was nicht alles in der Pflege weitergegangen ist. Werner Kogler ist jetzt nicht hier, ich darf ihn einfach bitten, dass er irgendwann in ein Pflegeheim oder in ein Krankenhaus geht und dann dort die Märchen erzählt, was er in dem Bereich nicht weitergebracht hat. Er hat recht, es wird nicht von einem Tag auf den anderen gehen und es wird nicht die Wunderwuzzireform vom Himmel fallen, aber eine Sache wissen wir auch alle miteinander: Im grünen Schneckentempo wird aber auch nichts weitergehen. Das wissen wir alle miteinander, deswegen wäre es wirklich dringend an der Zeit, dass die Bundesregierung auch ihre Arbeit macht.
Das ist leider eine Regierung, die nicht optimal aufgestellt ist. Wir haben es im Coronakrisenmanagement erlebt, wo jede Menge Probleme auf uns warten, wir merken es jetzt bei der Teuerung, wenn Elisabeth Köstinger jetzt nicht nur für die Gastronomie zuständig ist, sondern sich in den Medien auch großartig als Rohstoffministerin hat bezeichnen lassen. Es ist, wie so oft in der Regierung, leider immer zu spät. Elisabeth Köstinger ist es entgangen, dass in Österreich die Gasspeicher nahezu leer sind, dass wir Schlusslicht in ganz Europa sind. Jetzt ist sie – irgendwann einmal, viel zu spät – draufgekommen und fährt für einen Fototermin nach Abu Dhabi und versucht, das zu reparieren, was sie in Wahrheit auch in diesem Bereich kaputt gemacht hat.
Ich möchte auf die anderen Regierungsmitglieder gar nicht eingehen, auf einen Außenminister Schallenberg, der wortwörtlich behauptet hat: Wir werden die Taliban an ihren Taten messen, vielleicht sind sie jetzt eh besser geworden! – In Wahrheit fehlen einem ohnehin die Worte. Was will man über diese Regierung noch erzählen? Frau Bundesministerin Raab ist, glaube ich, ohnehin so etwas wie ein Pilotprojekt für das bedingungslose Grundeinkommen. Bis heute weiß ja niemand, was sie ganz konkret in der
Bundesregierung leistet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht kann man eine Arbeitsplatzbeschreibung nachreichen.
Ich darf bitten, gerade weil die Zeiten ernst sind und große Aufgaben auf uns alle warten: Wir haben jetzt herausgefunden, dass unter Karl Nehammer der Politapparat in Österreich der teuerste Politapparat aller Zeiten geworden ist. (Abg. Hanger: Wenn du nichts zu sagen hast, setz dich nieder!) Noch nie in der Geschichte Österreichs hat es derart viele Menschen gegeben, die in den politischen Kabinetten gearbeitet haben, angestellt worden sind. Da ist umgefärbt worden. Es waren historisch noch nie so viele Menschen im Politapparat. (Ruf bei der ÖVP: Die meisten Mitarbeiter hat der burgenländische Landeshauptmann, und der kommt bekanntlich aus der Sozialdemokratie!)
Deswegen wäre es dringend notwendig – offensichtlich spielt ja Geld keine Rolle –, dass ihr wirklich auch für die Bevölkerung arbeitet. Wenn ihr auf der einen Seite eure ÖVP-Parteifreunde versorgt, wäre es doch auch einmal an der Zeit, dass ihr an die Bevölkerung denkt – Stichwort Teuerung. Es gibt viele, viele Menschen, die auf Antworten von euch dringend warten würden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Setz dich nieder! – Ruf bei der ÖVP: Themenverfehlung! Das ist eigentlich eine Frechheit!)
16.34
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie aus der Märchenstunde, die Herr Kucher hier gerade aufgeführt hat, wieder in die Realität zurückholen (Beifall bei Grünen und ÖVP – Oh-Rufe bei der SPÖ) und darf gleichzeitig auch der SPÖ einmal mehr kollektive Amnesie diagnostizieren. Es ist schon beeindruckend und immer wieder aufs Neue erstaunlich, zu hören, was für Problemlagen ihr hier beschreibt, während ihr immer vergesst, zu erwähnen, dass ihr jahrzehntelang Kanzlerpartei wart. Wieso habt ihr diese Probleme nicht gelöst? Wieso nicht? Machen es halt wir jetzt. Schon okay, wir machen das! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Werte Kolleginnen und Kollegen, der heutige 8. März, der heutige Internationale Frauentag wird von zwei Weltgeschehnissen überschattet. Das ist einerseits eine globale Pandemie, die noch immer nicht vollständig überwunden ist, und andererseits ein brutaler Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt.
Seit zwei Jahren berichten Medien sehr ausführlich über geschlechtsspezifische Auswirkungen, die die Coronapandemie auf Frauen hat, und auch unsere Diskussion hier im Hohen Haus dazu begleitet uns schon seit Langem. So vielfältig diese Auswirkungen auf Frauen waren, so vielfältig waren auch die Maßnahmen, die wir gemeinsam als Bundesregierung gesetzt haben. Frau Klubobfrau Rendi-Wagner ist gerade nicht hier – sie hat danach gefragt, ich sage es ihr gerne im Schnelldurchlauf:
Dort, wo Frauen besonders betroffen waren, haben wir sehr entschieden gegengesteuert. Wir haben im Kampf gegen coronabedingte Arbeitslosigkeit eine mit 700 Millionen Euro dotierte Arbeitsmarktstiftung mit einem sehr klaren, dezidierten frauenpolitischen Schwerpunkt ins Leben gerufen. (Beifall bei den Grünen.)
Wir haben einen türkis-blauen Fehler korrigiert und wieder dafür gesorgt, dass 50 Prozent der AMS-Mittel für Frauen aufgewendet werden. Wir haben aus den sozialfeindlichen Plänen zur Kürzung des Arbeitslosengeldes mehr Geld für Erwerbsarbeitslose gemacht, wir haben die Mindestpensionen erhöht, die Notstandshilfe erhöht – all das sind wichtige Maßnahmen zur sozialen Absicherung insbesondere von Frauen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Schauen wir uns auch den Gewaltschutz an: Jahrelang, jahrzehntelang haben Gewaltschutzorganisationen mehr Geld für ihre wichtige Arbeit gefordert, aber zehn Jahre lang hat das vergangene Regierungen nicht interessiert: zehn Jahre SPÖ-geführte Regierungen, SPÖ-Frauenministerinnen – 10 Millionen Euro. Die türkis-blaue Regierung hat sogar noch gekürzt. Wir haben das Frauenbudget, aus dem zentrale Maßnahmen im Gewaltschutz finanziert werden, zum dritten Mal in Folge von 10 auf 18,4 Millionen Euro erhöht und zusätzlich ein Gewaltschutzpaket in Höhe von 24,6 Millionen Euro geschnürt. Zusätzlich! 10 Jahre – 10 Millionen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Mit Gewaltpräventionsprojekten wie der Kampagne Mann spricht’s an oder auch mit der Finanzierung des Projekts Stop – Stadtteile ohne Partnergewalt hat Bundesminister Wolfgang Mückstein wichtige Maßnahmen umgesetzt, und für seinen wirklich großen Einsatz im Kampf gegen Gewalt an Frauen mag ich ihm nochmals ein großes Danke sagen.
Sie, Herr Bundesminister Rauch, mag ich hier im Hohen Haus herzlich willkommen heißen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und ich weiß mit Ihnen einen weiteren Verbündeten auf der Regierungsbank, wenn es um die soziale Absicherung von Frauen, insbesondere von Alleinerziehenden geht, in Fragen der Frauengesundheit und auch wenn es um den weiteren Kampf gegen Gewalt an Frauen geht. Den werden wir weiterhin gemeinsam kämpfen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und auch darauf, dass wir Ihnen heute einen Fünfparteienantrag als Rückenwind mitgeben können, der auf die Stärkung von Frauengesundheit abzielt.
Wie aus Männergewalt ein Männerkrieg wird, zeigt ein Blick in die Ukraine. Erstmals seit den Jugoslawienkriegen in den 1990er-Jahren erschüttert ein völkerrechtswidriger Krieg – der von Russland geführt wird – unseren Kontinent. Für diesen Krieg gibt es keinen Grund, für diesen Krieg gibt es keine Erklärung. Ein einzelner Mann, Wladimir Putin, hat entschieden, dass sein persönlicher Machtanspruch wichtiger als die Souveränität der Ukraine ist, wichtiger als die Grundpfeiler moderner Demokratie, wichtiger als Menschenleben.
Nach UN-Angaben sind bisher mindestens 351 ukrainische ZivilistInnen getötet worden, die Dunkelzahl ist natürlich viel höher. Fast zwei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind bereits geflohen, der Großteil sind Frauen und Kinder, da Männer im wehrfähigen Alter nicht mehr ausreisen dürfen. Und seit Jahren, seit Jahrzehnten machen internationale Organisationen auf die besonders gefährliche Situation von geflüchteten Frauen aufmerksam. Auch jetzt gibt es schon Berichte von NGOs über Menschenhändler, die flüchtende Frauen an den Grenzen abpassen und verschleppen wollen. Wir stehen wirklich vor einer brandgefährlichen Situation, die viele schutzbedürftige Frauen in die moderne Sklaverei und auch in die Zwangsprostitution führen könnte. Wir wissen aus vergangenen Kriegen, dass geschlechtsspezifische Kriegsverbrechen wie Vergewaltigungen von Frauen Teil der Kriegsführung sind.
In der jetzigen Kriegssituation ist der Weltfrauentag ein wichtiger Anlass, um diesen Missständen entschieden entgegenzutreten und zu verhindern, dass Schutzbedürftigkeit im großen Stil ausgenutzt werden könnte. Ein erster, ein wichtiger Schritt ist die EU-Richtlinie über vorübergehenden Schutz von Flüchtlingen aus der Ukraine, die gestern in Kraft getreten ist, aber wir müssen noch früher ansetzen, um flüchtende Frauen vor Männergewalt zu schützen. Dafür braucht es einerseits sichere Fluchtwege für Frauen und Mädchen und auch gezielte humanitäre Hilfe vor Ort, an den Grenzen, damit dort geholfen werden kann.
Und Österreich hilft, zum Beispiel mit 17,5 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds, die an Unicef, UNHCR und auch an österreichische NGOs gehen, die vor Ort in der Ukraine wirklich humanitäre Hilfe leisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich freue mich, dass wir heute, am Internationalen Frauentag, als österreichisches Parlament ein starkes Zeichen setzen, und zwar mit einem von den Frauensprecherinnen von vier der im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam eingebrachten Antrag, mit dem wir die Bundesregierung ersuchen, sich im europäischen und auch im internationalen Kontext für die raschere und effizientere Hilfe von flüchtenden Frauen und Kindern einzusetzen. Ich bedauere sehr, dass die FPÖ diesen Beitrag nicht unterstützen wollte, weil sie sich dem Wort Angriffskrieg nicht anschließen konnte. Ich bedauere das sehr.
Abschließend: Mein Respekt gilt all jenen, die in Russland gegen Putins völkerrechtswidrigen Krieg auf die Straße gehen, riskieren, dabei verhaftet zu werden, vielleicht auch ihr Leben riskieren. Und mein Herz und meine Gedanken sind heute bei den Menschen in der Ukraine und bei all jenen, die schon geflüchtet sind oder gerade auf der Flucht sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.40
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ja, meine Redezeit sind nur 5 Minuten, das ist natürlich sehr, sehr wenig, und deswegen versuche ich, mich kurz zu fassen und ein paar Klarstellungen vorzunehmen.
Erstens – und das sage ich als außenpolitischer Sprecher der Freiheitlichen Partei –: Selbstverständlich verurteilen wir aufs Schärfste einen Krieg, diesen Krieg, der auf europäischem Boden stattfindet, der Europäern viel Leid bringt; überhaupt keine Frage. Selbstverständlich bekennen wir uns dazu und werden auch aktiv daran mitarbeiten, humanitäre Hilfe zu leisten, nach Maßgabe unserer Möglichkeiten – und die sind ja groß –, aber doch unter der Berücksichtigung, dass erstens die unmittelbaren Nachbarstaaten Hilfe leisten und selbstverständlich auch wir dann Hilfe leisten, so, wie wir das auch gegenüber der Tschechoslowakei, in der Ungarnkrise und so weiter gemacht haben.
Klubobmann Kickl hat es schon erwähnt, und ich möchte drei Punkte ansprechen: das Thema Neutralität, Ihr etwas eigenartiges Verhältnis zur Neutralität, die Sanktionen, von denen der Herr Vizekanzler sagt, sie wirken – ich sehe jetzt nicht, was da wirkt, jedenfalls nichts im Sinne der Interessen Europas –, und die Teuerungswelle und die Energiepolitik, also Ihre Rösselsprünge in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Katar, die Klubobmann Kickl auch schon angesprochen hat.
Selbstverständlich tritt ein Krieg in der heutigen Zeit in mehreren Dimensionen auf: als der bedauernswerte physische Krieg, den wir haben, aber selbstverständlich auch als Wirtschaftskrieg. Prominente Autoren bezeichnen das, was da stattfindet, als Wirtschaftskrieg. Es gibt auch einen Medienkrieg und es gibt den Krieg in der Cyberwelt.
Bei der Neutralität hapert es bei Ihnen ja selbst schon im Physischen! Herr Bundeskanzler, Kriegsgerät zu schicken, 10 000 Helme und Splitterschutzwesten, das geht sich mit dem Neutralitätsbegriff irgendwie nicht aus, und da sind wir bei der militärischen Komponente. (Beifall bei der FPÖ.)
Und schon überhaupt nicht geht sich das aus, was Sie im Wirtschaftskrieg machen: Sie werfen sich zur Gänze auf eine Seite, nämlich auf die Seite derer, die die Sanktionen verursachen oder die Sanktionen implementieren. Der Herr Vizekanzler hat gesagt, sie wirken. Ich hätte eine Bitte: Erklären Sie mir, wo sie wirken! Meines Erachtens wirken sie schon, aber nicht in die Richtung, wie wir wollen, sondern sie schädigen dramatisch und massiv die österreichische Wirtschaft, die europäische Wirtschaft. Sie verursachen Arbeitslosigkeit, sie verursachen eine Kostenexplosion, unter der alle Bürger zu leiden
haben, und sie bewirken – wenn das das Ziel ist – keine Verhaltensänderung bei Putin und bei den Russen, zumindest ist eine solche für mich nicht wahrnehmbar.
Wenn die Sanktionen etwas bewirken, dann das Gegenteil, eben das, was wir als Europäer, die die Interessen Europas im Auge haben, nicht wollen: Putin wendet sich von Europa ab, was aus unserer Sicht ein Wahnsinn ist, er wendet sich China zu, er wendet sich Indien zu, er wendet sich dem Iran zu und so weiter. Da werden jetzt neue Allianzen befördert, völlig zum Schaden Europas. Wir sind da Zuseher und Passagiere und haben den Schaden – aber der Herr Vizekanzler wird mir sicher beizeiten erklären, was die positiven Wirkungen dieser Sanktionen sind.
Ich schließe mit dem Bereich der Energiepolitik: Da zahlen wir jetzt die Rechnung. Jetzt werden Notmaßnahmen getroffen, dieses und jenes – Sie erzählen uns, was Sie alles machen werden; abgesehen davon, dass man, wenn man sich die Performance der Regierung in den letzten Jahren anschaut, durchaus sagen kann: Ich hör die Botschaft, allein mir fehlt der Glaube! Schauen wir uns einmal an, was Sie in den letzten 20 Jahren gemacht haben, denn das liegt auf dem Tisch: Sie haben eine Energiepolitik gemacht, die völliger Irrsinn ist, aus dem Interesse der europäischen und österreichischen Wirtschaft heraus.
Das ist völlig überzogen. Wir Freiheitlichen haben immer gesagt: Energiewende ja, aber bitte mit Maß und Ziel, vergessen wir nicht die Versorgungssicherheit, die Wirtschaftlichkeit und die Leistbarkeit. Sie mit Ihrer Verteufelung aller fossilen Energieträger, mit der Verteufelung der Kohle und der Atomkraft und so weiter, gehen da grob fahrlässig um. Und wenn Sie behaupten, das alles könne man mit erneuerbarer Energie ersetzen, sage ich Ihnen nur zwei Zahlen: Die Republik Österreich braucht im Jahr 300 Terawattstunden Energie, die nach wie vor mit Masse Ölimporte und Gasimporte sind, und 140 Terawattstunden Gas. Ich nenne Ihnen eine zweite Zahl: Wie viel produzieren alle Windräder und alle Fotovoltaikanlagen in ganz Österreich zusammen, wie viel ist das zusammengerechnet? – 8 Terawattstunden! (Zwischenrufe bei den Grünen.) Und mit Ihrem Jahrhundertgesetz schaffen Sie einen Ausbau von 20 Terawattstunden, dann sind wir bei 30 Terawattstunden, das ist ein Zehntel des Bedarfs. Also erzählen Sie uns bitte nicht, wir können mit den Windrädern unseren Energiebedarf decken, denn das ist einfach jenseits jeder Realität! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich schließe: Wer vertritt die Interessen Europas in diesem Konflikt? – Ich habe nicht das Gefühl, dass das die Europäische Kommission ist. Wer vertritt die Interessen der Republik Österreich in diesem Konflikt? – Ich habe nicht das Gefühl, dass das die Bundesregierung ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Da herrscht meines Erachtens Totalversagen! Da herrscht eine Interessenpolitik derer, die einen Nutzen daraus haben, die strategisches Interesse an diesem Konflikt auf europäischem Boden haben, nämlich der Vereinigten Staaten von Amerika.
Im Übrigen zum Thema Gesprächsbereitschaft, Putin redet mit niemandem: Ich habe es jetzt heraussuchen lassen: Joe Biden redet grundsätzlich nicht mit Putin – also kann man Putin das nicht vorwerfen. Das wäre nämlich jetzt das Wichtigste, dass man sich zusammensetzt und miteinander redet und einmal zuhört.
Sie machen im Medienkrieg genau das Gegenteil: Da wird alles pauschal als Propaganda deklariert, und Sie werden jetzt dann – wir nicht, wir werden da dagegen sein –, ein Gesetz beschließen, mit dem Sie die bösen Sender – Russia Today; das ist alles nur Propaganda – verbieten werden. Bitte, das ist doch keine Lösung, das trägt doch nicht zur Lösung bei; auch nicht der Beschluss, dass die Ukraine der EU – ist gleich NATO – beitreten wird. Bitte, das muss man doch einmal zur Kenntnis nehmen. Die Amerikaner hätten auch keine Freude, wenn im nördlichen Mexiko China, Russland oder ein Militärbündnis seine Raketen stationieren würde.
Ich will jetzt niemanden verteidigen, aber man muss ja da Lösungswege aufzeigen (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz), und man kann nicht mit Forderungen in ein Gespräch hineingehen, die von der Gegenseite von vornherein als nicht annehmbar artikuliert werden; so funktioniert das ja nicht. Das ist gemeint mit weiteres Öl ins Feuer gießen, das ist das, was Sie machen, Sanktionen, Öl ins Feuer gießen, Waffen in die Ukraine liefern, den Leuten raten, sich Molotowcocktails zu besorgen – das ist ja völkerrechtlich der Oberwahnsinn; das sind nämlich Kombattanten. Das ist doch keine verantwortungsvolle lösungsorientierte Politik! Ich habe noch keinen einzigen Lösungsvorschlag von Ihnen gehört. (Beifall bei der FPÖ.)
16.47
Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweifelsohne ist das eine sehr emotionale Debatte, zu Recht, die wir heute hier führen. Ich habe jetzt bei den letzten Rednerinnen und Rednern keine Ordnungsrufe verteilt, ich würde Sie aber trotzdem bitten, sich im weiteren Verlauf der Debatte in der Ausdrucksweise zu mäßigen. Weder „Amnesie“ noch „völliger Irrsinn“ sind Ausdrucksweisen, die wir hier im Hohen Haus verwenden. Darum würde ich Sie ersuchen.
Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Herr Bundesminister, auch ich heiße Sie herzlich willkommen im Hohen Haus und erteile Ihnen jetzt das Wort. Bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher! Ich weiß, und das ist auch dem Anlass angemessen, es gibt in Zeiten wie diesen wichtigere und gravierendere Fragen und Probleme als den Wechsel in der Bundesregierung – ich will ihn nicht kleinreden –, und ich möchte aus diesem Grund bei den Ausführungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers anknüpfen, die – wie auch Abgeordnete – in sehr eindringlichen Worten darauf hingewiesen haben, was in diesen Tagen abgeht.
Wenn ich hier vor Ihnen stehe, dem Nationalrat, dem Hohen Haus, dann tue ich das erstens mit tiefem Respekt vor diesem Haus, vor der Demokratie, und glaube, wir sollten auch den Wert wieder erkennen, den Parlamentarismus, Demokratie, Gesetzgebung auf dem Boden der Verfassung haben, und sehen, wie rasch das beseitigt werden kann. Und in diesem Geiste bin ich sehr froh, hier vor Ihnen, dem Parlament, zu stehen, auch in entsprechender Demut, das sage ich dazu. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und bedanke mich auch für diese freundliche bis freundlich-kritische Aufnahme, die ich hier gefunden habe. Herzlichen Dank! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Jetzt weiß ich schon, dass Sie – vielleicht zu Recht – auch erwarten, dass ich inhaltlich konkrete Ansagen mache. Sie haben auch zu Recht – wie Sie es gesagt haben – beim dritten Gesundheitsminister in der Pandemie eine gewisse Erwartungshaltung, und natürlich steht für mich die Sicherung der Gesundheit an erster Stelle; aber – das sage ich gleich als Zweites dazu – ich bin nicht nur Gesundheits-, ich bin auch Sozialminister, und darauf werde ich zurückkommen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Jetzt weiß ich, dass in diesem Haus und draußen in der Bevölkerung sehr vieles an Debatten über die Zugänge zu dieser Pandemiebekämpfung stattgefunden hat und dass darüber trefflich gestritten worden ist, was denn nun die richtigen Maßnahmen sind, was angemessen ist, was nicht angemessen ist, was ein zu starker Eingriff in die Freiheitsrechte jedes Einzelnen darstellt und was nicht. Ich weiß das, ich nehme das wahr und ersuche trotzdem, diesen Dialog mit gegenseitigem Respekt zu führen (Abg.
Belakowitsch: Das müssen Sie dem Bundeskanzler sagen!), weil ich schon glaube, dass wir es nicht zulassen sollten, dass mit Worten gespalten wird, wo demokratischer Dialog angebracht ist.
Was mir besonders wichtig ist, als zukünftiger Sozialminister auch zu sagen: Ich bin ja ins Haus gekommen und habe dann die Galerie der Sozialministerinnen und Sozialminister gesehen, die sozusagen meine Vorgängerinnen und Vorgänger waren. Da schwingt schon auch Respekt und Ehrfurcht mit, das sage ich dazu, weil sich da Namen wie Grete Rehor, Dallinger, Hostasch finden, die alle ihren Beitrag geleistet haben, dass wir heute in Österreich so leben, wie wir leben: in einem Sozialstaat, um den uns Europa beneidet, in Ausgeglichenheit, Ausgewogenheit und Balance, die ihresgleichen in Europa suchen, und daran würde ich gerne anknüpfen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Jetzt sind schon von einigen Vorrednerinnen und Vorrednern die inhaltlichen Wünsche, Forderungen, berechtigten Forderungen, auch an mich als zukünftigen Gesundheits- und Sozialminister, angesprochen worden. Die Pflege ist zu Recht als einer jener Bereiche genannt worden, in dem seit Jahren massiv Handlungsbedarf besteht, in dem seit Jahren auch von den Akteurinnen und Akteuren, die dort sind, eingefordert wird, dass Verbesserungen stattfinden – und ja: Ich weiß das. Ich weiß auch, unter welchen Voraussetzungen gerade Menschen in der Pflege jetzt, in den letzten Jahren der Pandemie, gearbeitet haben. Ich weiß auch, dass es vor allem Frauen waren – der Weltfrauentag sei nicht nur aus diesem Grund genannt –, ich weiß, was dort an Leistungen erbracht worden ist.
Mein Ziel ist es jedenfalls, dort die notwendigen Entlastungsmaßnahmen rasch auf den Weg zu bringen. Ich weiß, das haben schon mehrere vor mir gesagt und versprochen. Dafür, dass das noch nicht so rasch vorangegangen ist, sind nicht nur Gründe ausschlaggebend, die im Bereich der Bundesregierung liegen, weil Zuständigkeiten in der Pflege, in der Umsetzung maßgeblich auch bei den Bundesländern liegen. Es wird meine Aufgabe sein, den Dialog mit den Bundesländern so auf die Reihe zu bekommen – schwierig genug –, dass dort etwas weiterzubringen ist, aber das möchte ich bei dieser Gelegenheit tun: mich bei allen, die in diesem Bereich tätig sind, für ihre unschätzbare Arbeit einfach auch einmal zu bedanken. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Der zweite wichtige Punkt sind die pflegebedürftigen Menschen. Da befinden sich bereits wesentliche Bausteine in Ausarbeitung. Das habe ich in einem ersten raschen Überblick im Ressort bereits festgestellt, und Sie können sicher sein, dass da auch einer meiner Schwerpunkte liegen wird.
Beim Sozialen kann ich, wie soll ich sagen, auf meine berufliche Vergangenheit verweisen, weil da mein Herz auch ganz stark zu Hause ist. Ich sage Ihnen, als Gesundheits- und Sozialminister wird es an mir – und auch an uns als Bundesregierung – liegen, die sozialen Folgen der Pandemie mit abzufedern, und diese sozialen Folgen sind allgegenwärtig. Die Pandemie darf nicht dazu führen, dass sich Armut weiter ausbreitet, dass soziale Ungerechtigkeit zunimmt, sondern sie muss ganz im Gegenteil dazu führen, dass dort Akzente gesetzt werden, um das abzufedern. Das erwarten sich die Menschen zu Recht, und es ist, wenn man langfristig gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden sichern will, primäre Aufgabe auch eines Gesundheits- und Sozialministers, das Augenmerk darauf zu legen.
Nur ein Beispiel sei genannt: Wir alle wissen – Sie alle wissen –, wie sich die Kosten im Bereich des Wohnens in Österreich entwickelt haben. Ich komme aus einem Bundesland, wo das ganz besonders dramatisch ist, wo wir mit locker 10-prozentigen Steigerungsraten konfrontiert sind, was dazu führt, dass Menschen oft mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete ausgeben müssen. (Ruf bei der FPÖ: Ja, weil Sie dort mitregieren!)
Es ist heute auch Weltfrauentag. Leider brauchen wir ihn noch – das sage ich auch dazu. Es sei auch erwähnt, dass mir – und das hat Wolfgang Mückstein schon auf den Weg gebracht – Gewaltschutz ein ganz besonderes Anliegen ist, weil ich einfach glaube, dass es nicht hinnehmbar ist, dass wir uns in diesem Land, was die Anzahl der Femizide angeht, in Europa permanent im Spitzenfeld bewegen. Das darf nicht zur Normalität werden und da muss gemeinsam entgegengehalten werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich bin heute bei der Angelobung bereits mit einer Demonstration in Sachen Tierschutz konfrontiert worden. Ich kenne die Anliegen in diesem Bereich. Ich weiß, wie wichtig sie sind. Ich weiß auch, dass es dort gilt, einen Ausgleich zu finden und mit meiner Kollegin auf der Regierungsbank Köstinger den Diskurs zu führen. Ich war lange genug Landwirtschaftssprecher im Vorarlberger Landtag, um zu wissen, wo dort die Druckpunkte und Schmerzpunkte liegen. Jedenfalls aber dort etwas weiterzubringen, wo es um Tierschutz, um Tiertransporte, um Vollspaltenböden geht, das wäre schon mein Anspruch, um den ich mich kümmern möchte. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
Jetzt zur Pandemiebekämpfung: Es wird Sie natürlich interessieren: Wie mache ich denn das, mich – oder uns – bestmöglich auf den Herbst vorzubereiten? – Ich sage das deshalb, weil ich ja nicht zu denen gehören, die sagen: Die Pandemie ist vorbei! – Ich würde davor dringend warnen. Ich würde schon gerne den Zugang wählen: so viele Maßnahmen wie notwendig, und so wenige wie möglich. Das heißt: diese Balance und diese Ausgewogenheit zu behalten und die Akzeptanz der Menschen ein Stück weit wieder zurückzugewinnen. Diese ist aufgrund der Länge der Pandemie und vielleicht auch durch die eine oder andere nicht ganz nachvollziehbare Maßnahme ein Stück weit verloren gegangen, und es wird notwendig sein, diesen Konsens wieder zustande zu bekommen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Das heißt, damit bin ich dann beim Thema der Impfung: Morgen wird der Bericht der Kommission präsentiert. Da sage ich ganz klar dazu, mein Zugang ist, es gibt zwei Leitplanken, die für mich maßgeblich sind: Das eine ist die Wissenschaftlichkeit, die Wissenschaft, die Expertise – auf die ist zu bauen –, und das Zweite ist die Verfassungsmäßigkeit und das Einbetten in die Verfassung der Republik Österreich. Diese beiden Leitplanken stehen, und zwischen diesen beiden Leitplanken werden sich die Maßnahmen der Bundesregierung, was die weitere Vorgangsweise angeht, befinden müssen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das fängt gut an!)
Was es braucht, ist, glaube ich, auch einen gesellschaftlichen Dialog, wie wir insgesamt in diesen Fragen weiter vorgehen. Sie alle – ich auch – haben ja in den vergangenen Wochen und Monaten eine Unzahl von Mails bekommen, die entweder ganz in die eine Richtung oder in die ganz andere Richtung radikale Forderungen erhoben haben. Die einen wollten die Pandemie für beendet erklären – die Maskentragerei: alles Unsinn!, Die Impfung ist ein Schwachsinn!, Das geht sich so alles nicht aus! –, und auf der anderen Seite: noch mehr Strenge, noch schärfere Maßnahmen und ein Anziehen auf allen Ebenen. Ich sage Ihnen, wenn wir die Mehrheit der Bevölkerung mitnehmen möchten – und das wäre jedenfalls mein Anspruch –, dann braucht es die Kunst, diese Balance zu halten. Ich werde mich sehr darum bemühen – im Übrigen auch im Dialog mit den Parlamentsparteien.
Ein Satz noch zur Rolle der Parlamentsparteien: Ich möchte mich ausdrücklich bei der SPÖ und bei den NEOS bedanken, die in diesem Parlament die Impfpflicht mitbeschlossen haben. Das war bei Gott keine leichte Übung für Sie. Ich kenne auch die innerparteilichen Diskussionen in meiner eigenen Partei. Sie haben das getan, Sie haben staatspolitische Verantwortung übernommen (Heiterkeit und Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und Sie können sicher sein, dass ich mich bemühe, Sie in weiterer Folge in die Entscheidungen auch einzubeziehen, weil das keine Einbahn sein kann.
Man kann nicht die Zustimmung zur Impfpflicht verlangen und dann auf der anderen Seite die Zusammenarbeit und das Angebot der ausgestreckten Hand ausschlagen. Da können Sie sich also auf mich verlassen und mich beim Wort nehmen. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Lassen Sie mich persönlich schließen: Ich habe dieses Amt in einer Situation übernommen, die angespannt ist, die nicht einfach ist, die geopolitisch nicht einfach ist. Ich bin nicht sicher, ob wir alle schon verstanden haben, welchen Impact die Ereignisse in der Ukraine, in Russland auf uns alle haben werden.
Es ist mir wichtig, das Soziale an meinem Amt zu betonen, darauf Wert zu legen. Ich bin schon ein paar Jahre in der Politik, aber demütig genug, um zu wissen, ich bin jetzt auf der Bundesebene gelandet, ich kann da nicht alles vom ersten Tag weg. Das sage ich Ihnen auch dazu, weil ich diese Arroganz, zu glauben, ich komme in ein Amt und kann es dann gleich, nicht habe. Die Anforderungen sind hoch, ich werde mich ihnen stellen, ich werde mich auch der Kritik stellen.
Jetzt eine Bitte zum Schluss: Ich möchte mich hier und heute ausdrücklich vor mein Haus stellen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses haben in den letzten beiden Jahren unter schwierigsten Umständen Unglaubliches geleistet und haben zum Teil bis zur Erschöpfung und darüber hinaus gearbeitet. Wenn jemand Verantwortung zu übernehmen hat, dann bin das in Zukunft ich und nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses. Diesen Anspruch habe ich, und darum möchte ich Sie auch bitten. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Im Übrigen – und damit möchte ich schließen – freue ich mich auf die Debatten in diesem Haus, ich bedanke mich noch einmal für diese freundliche Aufnahme bei allen – beim Herrn Bundeskanzler, beim Herrn Vizekanzler, auch bei den anderen KollegInnen auf der Regierungsbank –, und Sie können sicher sein, ich werde in meinem Amt mein Bestes geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
17.02
Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Bundesminister. Nun gelangt Frau Abgeordnete Bettina Rausch zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine Gratulation – sehr persönlich und auch noch einmal vonseiten meiner Fraktion – an den neu angelobten Gesundheits- und Sozialminister, viel Erfolg und alles Gute für seine vielfältigen Aufgaben, die er gerade skizziert hat! Er ist ja, wie sein Statement auch vernehmen ließ, wahrlich kein politischer Newcomer und wird gleich in die Arbeit starten. Er erlebt dennoch, glaube ich, heute hier bei seiner Premiere im Hohen Haus eine doch bemerkenswerte Sitzung vor einem bemerkenswerten Hintergrund in einer bewegten Zeit.
Mir ist bewusst, er ist nicht Bildungsminister, sondern Gesundheits- und Sozialminister, dennoch erinnert mich das, was ich vor seiner Rede erlebt habe, so ein bisschen an Begriffe aus der Schule. Ich möchte erinnern, kurz vor dem Bundesminister waren unter anderem die Kollegen Kucher und Kassegger am Wort.
Kollege Kucher, ich würde sagen, was Sie hier am Rednerpult abgeliefert haben, das war letztlich eine glatte Themenverfehlung, und auch die große Verve, das Engagement und die Aufregung, mit der Sie da vorgetragen haben, kann darüber letztlich nicht hinwegtäuschen.
Zum Kollegen Kassegger gesprochen: Der Begriff, der mir da einfällt, ist Folgefehler. So heißt das bei Mathematikarbeiten, wenn man quasi einmal schon die Grundlagen nicht richtig hat; dann kann am Ende nichts Gescheites herauskommen. Wenn man nicht in der Lage ist und nicht willens ist, diesen Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine explizit zu verurteilen, dann können die Vorschläge, die kommen, die hier vorgebracht werden keine sinnvollen Vorschläge sein. – Das sei an dieser Stelle gesagt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Um es konkret zu machen: Ich habe sehr gut zugehört, nämlich etwa gehört, wie Sie russische Propagandamedien hier verteidigt haben, und das, denke ich, ist wohl an Absurdität und Gefährlichkeit kaum zu überbieten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
Machen wir uns noch einmal bewusst, in welcher Situation wir heute sind: Wir haben Krieg in Europa, und um ehrlich zu sein, ich hätte nicht damit gerechnet, das in meinem Leben, im 21. Jahrhundert noch erleben zu müssen, dass ein souveräner europäischer Staat angegriffen und überfallen, bombardiert und besetzt wird.
Ich war selbst vor etwa 20 Jahren das erste Mal in der Region, auch lange Zeit in der Ukraine, und habe dort eine Stimmung erlebt, die vor 20 Jahren schon von so etwas wie Aufbruch und Zuversicht getragen war. Ich habe Menschen getroffen – viele junge Menschen –, die gerade dabei waren, Werte wie Freiheit endlich leben zu können. Das war etwa zehn Jahre nach der Überwindung des Sowjetregimes. Sie haben erlebt, dass Gesellschaft anders funktionieren kann, dass Staat und Politik anders funktionieren können. Länder wie eben auch die Ukraine haben sich dann Europa zugewandt – nicht etwa, weil sie dazu gedrängt wurden, nicht, weil sie dazu gezwungen wurden, sondern weil sie nach westlichen Werten leben wollten und wollen: mit Freiheit, mit Demokratie, mit sozialer Marktwirtschaft.
Es waren und es sind weiterhin die Menschen in der Ukraine, die sich Richtung Westen orientieren, Richtung Europa orientieren, die in einer Gesellschaft leben wollen, wie wir sie kennen und schätzen lernen – und ich denke, in Tagen wie diesen umso mehr schätzen lernen. Ja, es war und ist – und ich glaube, das muss man offen sagen – ein Wettstreit der Systeme, der politischen Systeme, und es waren die Menschen in der Ukraine, die sich Richtung westliches System gewendet haben, die in immer größerer Zahl gesagt haben: So wollen wir leben, und so wollen wir zusammenleben! Das hat die Orange Revolution 2004 gezeigt, die Bewegung des Euromajdan 2013 und 2014, und wir erleben heute auch wieder diesen unglaublichen Willen der Menschen, diesen Mut, auch ihre Freiheit, ihre demokratischen Werte und ihr demokratisches Land zu verteidigen. Der Bundeskanzler schildert ja eindrucksvoll auch immer wieder den Kontakt etwa mit dem Kiewer Bürgermeister.
Jetzt sehen also die Ukrainerinnen und Ukrainer ihre Chance in Freiheit und Demokratie. Die russische Führung rund um Wladimir Putin aber sieht in Freiheit und Demokratie offenbar eine Gefahr, und das ist der wesentliche Unterschied, um den es da geht, auf den wir aufmerksam machen müssen und den es gilt, zu benennen und uns auch immer vor Augen zu führen. Viele Russinnen und Russen sehen das Gott sei Dank anders. Sie gehen dagegen auf die Straße, und wir in Österreich – und das ist sehr schön – zeigen in überwiegender Mehrheit – leider nicht vollzählig hier im Parlament –, auf welcher Seite wir stehen, nämlich auf der Seite von Frieden und Demokratie, von Freiheit und Wohlstand.
Wir nehmen unsere Verantwortung wahr, die mit der Freiheit immer mitkommt, nämlich gemeinsam mit so vielen anderen Ländern in der EU und in der UNO Position zu beziehen, eine klare Position für die Ukraine und gegen den Aggressor einzunehmen, auch wenn das schmerzt – Stichwort Sanktionen –, aber ich denke, kein wirtschaftlicher
Schmerz kann so groß sein wie das Leid, das die Menschen in der Ukraine zu ertragen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Sie werden’s aushalten!)
Wenn ich über Werte rede, die uns wichtig sind, dann will ich eines noch zu den Menschen in Österreich sagen: Sehr geehrte Damen und Herren, danke auch an dieser Stelle! Danke für die Welle der Hilfsbereitschaft, die wir in Österreich erleben, die durch Österreich geht! Was wir nämlich gerade erleben, ist Solidarität im besten Sinne des Wortes, nämlich nicht Solidarität als bequeme Haltung, sondern Solidarität als konkrete Handlung und Handlungen – Nachbarschaftshilfe, private Vereine, Gemeinden und Organisationen. Ich möchte in Erinnerung rufen – und das ist bemerkenswert –: In kürzester Zeit – der Innenminister hat es diese Woche gesagt – sind 20 000 Unterkunftsplätze für Ukrainerinnen und Ukrainer zur Verfügung gestellt worden. Dieses echte Engagement ist großartig, das zeichnet uns aus und macht uns letztlich auch zu einem Land, in dem es mich stolz macht, zu leben.
Der Bundesregierung sei an dieser Stelle auch vonseiten des Parlaments gedankt. Sie – Innenministerium, Außenministerium, Verteidigungsministerium – begleitet, unterstützt und ergänzt an – im besten Sinne – vorderster Front. Danke allen, die da so schnell Strukturen aufgebaut haben und die dafür sorgen, dass die Hilfe wirklich wirkt, denn wirksame Hilfe erfordert nicht nur offene Herzen, sondern auch kluge Planung, und jedes Engagement ist umso wichtiger, je wirkungsvoller und zielgerichteter es ist!
Allen, die die Debatte mitverfolgen, die jetzt auch helfen wollen, die heute vielleicht vielfach angeregt wurden, sei gesagt, dass wir viele Organisationen haben. Ich denke etwa an die Caritas, das Rote Kreuz in Österreich, das Hilfswerk International, die ganz genau wissen, was wo gebraucht wird und wo man helfen kann. Bitte wenden Sie sich an diese Organisationen, an zentrale Koordinationsstellen und spenden Sie womöglich auch Geld, um die Logistik und die Organisation zu unterstützen!
Sehr geehrte Damen und Herren, halten Sie in dieser Zeit bitte Ihre Herzen, womöglich Ihre Brieftaschen offen! Seien Sie bereit, in Österreich und vor Ort zu helfen – nicht nur heute, nicht nur diese Woche, denn leider Gottes wird dieser Krieg länger dauern, als uns lieb ist, und daher brauchen wir Ihre Unterstützung auf diesem Marathon. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
17.09
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister, herzlich willkommen! Ganz aktuell: Es ist von humanitären Korridoren die Rede gewesen, und wir hören eben, dass jener in Mariupol von russischen Truppen beschossen wird. Stellen wir es fest: Putin ist ein Kriegsverbrecher, und er sollte eigentlich das Ende eines Kriegsverbrechers finden, er sollte nach Den Haag. (Beifall bei den NEOS.)
Natürlich sind da die Frauen wieder am meisten betroffen. Ich habe es das letzte Mal gesagt und ich sage es heute wieder, nicht nur wegen des Weltfrauentages: Natürlich sind sie am meisten betroffen. Man denke nur an diese schrecklichen Bilder, die wir sehen, dass Frauen irgendwo in einem Keller ein Kind bekommen müssen, dass sie jetzt auf der Flucht sind.
Aber es hat auch Kira Rudyk, die Vorsitzende der liberalen Partei Holos eben getwittert: Eigentlich sollten wir, die Frauen, heute Blumen bekommen, aber wir haben Waffen in der Hand und wir wehren uns auch für unser Land. – Auch das ist die Botschaft heute aus der Ukraine.
Ich habe immer gesagt, wir sind die glücklichste Generation, die je in Österreich gelebt hat. Ich weiß sehr wohl, Bedrana Ribo, Frau Justizministerin und andere, Sie haben Flucht erlebt, ja, und ich habe immer unglaublich gefunden, welches Schicksal Sie hatten, und jetzt sehen wir das aber noch viel näher. Wir hatten das Glück, dass wir nie einen Krieg erleben mussten, dass wir erzählt bekamen, wie schrecklich das ist – und jetzt erleben wir es aus der Nähe.
Wir müssen aber auch feststellen, dass wir hätten wissen müssen, was Herr Putin für einer ist. Wir hätten es wissen müssen! Ich kann Ihnen nur sagen (das Buch „Putins Netz“ von Catherine Belton in die Höhe haltend), lesen Sie dieses Buch! Wie war der Aufstieg des Herrn Putin? Mit dem KGB, mit den Mafiosi, mit den alten Kommunisten haben sie gemeinsam zunächst in Sankt Petersburg gestohlen, und dann haben sie im ganzen Land gestohlen und das Geld unter sich verteilt. Und diejenigen, die nicht mitgemacht haben, sind verhaftet worden, zum Teil auch umgebracht worden, die Medien eines nach dem anderen vernichtet worden.
Dann ist 2014 die Krim und der Osten der Ukraine überfallen worden, und wenige Monate später hat man hier gewitzelt! Mit dem, der damals schon ein Kriegsverbrecher war, hat man in Wien Witze gemacht, Diktator lustig hin und her! Auch das ist ein Stück unserer Geschichte, dazu haben wir uns zu bekennen und da haben wir auch zu sagen: Wir hätten es wissen müssen. Das, was er letztlich gemacht hat, ist leider logisch vorgegeben gewesen.
Auch Folgendes stimmt – ich habe das im Jahr 2015 im „Kurier“ geschrieben und bin von Herrn Wolf sehr kritisiert worden –: Ich habe gesagt, es kann doch nicht sein, dass der Angestellte eines Oligarchen der Chef der österreichischen Staatsindustrie wird. Und was hat er betrieben? – Dass die OMV sich an Russland ausliefert, und das Ergebnis haben wir heute. Das, was wir erleben, ist eine Tragödie.
Karl Marx hat ja Hegel – Kollege Kickl kennt sich aus – weiter paraphrasiert und hat sinngemäß gesagt: Geschichte ereignet sich zwei Mal, einmal als Tragödie und einmal als Farce. – Nach der Tragödie des Kommunismus habe ich mir gedacht, dieser Putin, der da nackt am Pferd sitzt und sich auch sonst so toll gibt, sei die Farce. Nein, er ist die zweite Tragödie!
Leider hat Mark Twain recht, der gesagt hat, Geschichte reimt sich – von Kommunismus auf Putinismus, und es ist um nichts besser geworden. Der Unterschied ist nur, dass wir gedacht haben, er sei unser Freund und wir könnten mit ihm operieren – können wir aber nicht.
Das Nächste muss ich auch sagen: Putin ist auch für Terroranschläge verantwortlich. Deswegen heißt die ganz große Frage nicht Neutralität, meine Damen und Herren. Die ganz große Frage heißt: Wie sichern wir unsere Sicherheit? Wie sichern wir die Sicherheit der Menschen, die in Österreich leben?
Irgendjemand sagt Neutralität. Da zitiere ich Ihnen gerne Hugo Portisch. Ich habe mit ihm ein Interview geführt, und am 26. Oktober 2015 haben wir es im „Kurier“ veröffentlicht. Er hat zur Neutralität ganz klar gesagt: „Wir haben mit vielen Generälen gesprochen, die damals in den Planungsstäben waren, sowohl im Warschauer Pakt als auch in der NATO. In dem Moment, wo Krieg gewesen wäre, so sagten die Generäle von beiden Seiten, wären alle sofort nach Österreich marschiert.“
Ich selbst bin Zeitzeuge eines Gesprächs mit Helmut Kohl 1987. Damals haben Nato-Truppen geübt, dass sie natürlich nach Österreich reingehen, wenn russische Truppen durchs Donautal kommen, und ich habe zu Herrn Kohl gesagt: Herr Bundeskanzler, wie kann die Nato nach Österreich einmarschieren? Wir sind doch neutral. – Er ist ziemlich aggressiv geworden, wie er das so gern machte: Sie glauben doch nicht, dass Sie Ihr
Land mit Ihrem Bundesheer verteidigen! Wir verteidigen Sie, aber doch nicht Sie mit Ihrem Bundesheer!
Dann lese ich vor Kurzem, was die Schweizer Verteidigungsministerin sagt: Die Schweiz hat eine starke Armee und hat diese weniger vernachlässigt als Deutschland und Österreich. – Zitatende. Und was lese ich vor wenigen Minuten im „Standard“? Es gibt eine heftige Debatte zwischen der Präsidentschaftskanzlei und Frau Bundesministerin Tanner, und da heißt es, die Präsidentschaftskanzlei stellt fest, dass die Neuorganisation das Bundesheer und dessen Einsatzfähigkeit gefährdet.
Ja, was heißt denn das? Wir sagen, wir sind neutral und damit sind wir sicher. – Nein, das sind wir nicht! Wenn wir gegen Terroranschläge – die wir befürchten müssen und von denen wir nur hoffen können, dass sie nicht stattfinden – gesichert sein wollen, werden wir das nur gemeinsam mit unseren europäischen Freundinnen und Freunden machen; und wenn wir uns wirklich verteidigen wollen in Österreich, werden wir das nur gemeinsam mit den anderen Europäern machen.
Ich weiß, eine europäische Armee, das dauert natürlich, aber jetzt müssen wir kooperieren. Das beginnt beim Einkauf, das beginnt bei gemeinsamen Übungen. Das stört die Neutralität nicht, bitte hören Sie auf, den Menschen Unsinn zu erzählen! Das, was wir machen, ist natürlich im Rahmen der Neutralität möglich. Die Schweizer haben genauso wie wir allen Sanktionen zugestimmt. Wir haben, als wir der EU beigetreten sind, die Verfassung geändert, nämlich betreffend gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.
Also bevor wir die Debatte überhaupt führen, ist doch klar, dass wir im Rahmen der Neutralität noch mehr machen können, weil das Ziel ja ist, die Sicherheit Österreichs zu gefährden – äh, zu gewährleisten. (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Und die Sicherheit Österreichs ist gefährdet, sagt Generalmajor Thomas Starlinger, der für den Herrn Bundespräsidenten arbeitet. Das ist die Realität und damit müssen wir uns konfrontieren, und zwar, wie gesagt, mit unserem Herzen und mit unseren Taten.
Danke an alle, die in der Ukraine waren! Danke an alle, die gespendet haben! Danke an alle, die jetzt Menschen aufnehmen! Auch das werden wir jetzt machen müssen. Und dann kann man nur sagen: Hoffentlich ist dieser Kriegsverbrecher bald gestoppt! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
17.16
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist Weltfrauentag, und der Weltfrauentag erinnert uns jährlich daran, dass wir im Dienste für die Frauen und für die Gleichberechtigung noch einen weiten Weg gehen müssen. Er erinnert uns daran, dass wir auch einmal den Blick über die Grenzen wagen müssen, dass es Länder gibt, in denen Frauen reine Objekte sind, in denen Frauen nicht entscheiden dürfen, ob sie einen Beruf ergreifen und welchen, in denen Frauen nicht entscheiden dürfen, wen sie heiraten, in denen Frauen nicht selbstbestimmt leben dürfen; dass es Länder gibt, in denen Sicherheit und körperliche Unversehrtheit eine reine Illusion sind, weil die Frauen zwangsverheiratet werden, weil sie genitalverstümmelt werden, weil sie gar gesteinigt werden.
Wenngleich in Europa und auch in Österreich die Gleichberechtigung ein so fundamentaler Wert ist und wir in der glücklichen Situation sind, dass wir die Gleichberechtigung auch auf Basis der Menschenrechte und auch mit dem Schutz unserer Verfassungen als
ganz zentralen Wert in der Mitte unserer Gesellschaft haben, so sind wir doch bei Weitem nicht dort, wo wir sein sollen, ja, wo wir sein müssen, wo es unsere liberale Demokratie gebietet zu sein.
Wo eine Gesellschaft steht, sehr geehrte Damen und Herren, lässt sich am Fortschritt der Gleichstellung ganz klar festmachen. Daher erinnert uns der Weltfrauentag immer daran, dass wir ganz hart an dieser Sache gemeinsam weiterkämpfen müssen.
In diesem Jahr liegt aber ein spezieller Schatten über dem Weltfrauentag, vor allem für uns in Europa, ja auch für uns in Österreich, denn es wird uns schmerzlich vor Augen geführt, dass die Freiheit und die Sicherheit, Werte, die für uns irgendwie selbstverständlich geworden sind – für meine Generation und auch für die Generation danach ein völlig normales und alltägliches Gut sind –, dass diese Werte eben nicht selbstverständlich sind, auch nicht auf unserem gemeinsamen Kontinent, auch nicht in unserer unmittelbaren Nachbarschaft.
Die Frauen sind dabei immer die ganz stillen Leidtragenden. Sie sind diejenigen, die stark sein müssen für ihre Kinder, die selbst auch auf der Flucht versuchen, ihren Kindern irgendwie ein Stückchen Normalität zu geben, ein Stückchen Alltag zu geben, die ihre Väter, ihre Ehemänner und Söhne zurücklassen und in eine ungewisse Zukunft gehen müssen, und das alles rund 600 Kilometer von uns entfernt, so nahe!
Deshalb haben wir hier eine ganz zentrale Verantwortung im Sinne der Nachbarschaftshilfe, eine Verantwortung, der wir unterschiedlich nachkommen müssen: zum einen mit der unmittelbaren Solidarität der Ukraine gegenüber, zum Zweiten mit der humanitären Hilfe vor Ort, und jetzt zum Dritten selbstverständlich auch darin, dass jene Vertriebenen, vor allem Frauen und Kinder, die in Österreich Schutz suchen, diesen Schutz auch bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich habe letzte Woche eine Gruppe ukrainischer Frauen getroffen, Frauen, die schon länger in Österreich leben, aber eben ukrainische Wurzeln haben. Es ist unvorstellbar, was auch diese Frauen derzeit erleiden, weil sie natürlich laufend, auch während unseres gemeinsamen Treffens, am Handy sind, weil sie laufend auf Nachrichten aus der Heimat warten, weil sie laufend der Nachrichten harren, wie sich der Krieg entwickelt, wie es in den Städten weiter aussieht, ob die Familien, die noch in der Ukraine sind, überhaupt noch leben, ob die Familien es zu ihnen nach Österreich schaffen.
Bei all dem Leid und bei all den Sorgen, die im Raum waren, war trotzdem eine unfassbare Stärke, unfassbare Kraft in diesem Raum zu spüren. Diese Kraft hat mich auch wieder sehr ermutigt, sie hat uns gemeinsam dazu ermutigt, den Frauen und vor allem den Kindern, die jetzt nach Österreich kommen, einfach jegliche Hilfe zuteilwerden zu lassen.
Ich habe gerade heute im Österreichischen Integrationsfonds ein neues Frauenzentrum eröffnet, ein Zentrum, das sich speziell auf die Bedürfnisse von geflüchteten Frauen einstellt; weil eben, gerade wenn Frauen und Kinder kommen, spezielle Notwendigkeiten bestehen, weil es da vielfach um die Integration der Kinder ins Bildungssystem geht, weil es natürlich vielfach auch um Themen von Gewalterfahrungen geht, weil es vielfach selbstverständlich auch darum geht, was die Frauen erleiden mussten, auch auf ihrem Fluchtweg.
Wir haben gute Integrationsstrukturen in Österreich. Auch die werden wir den Frauen und Kindern zuteilwerden lassen. Wir haben ein breites System an Deutschkursen, wir haben ein breites System an Orientierungskursen, und wir haben natürlich gute Arbeitsmarkt- und Integrationsmaßnahmen. Jetzt gilt es aber erst einmal, Sensibilität walten zu lassen und sich auf die speziellen Situationen, in denen die Frauen jetzt sind, die mit ihren Kindern flüchten müssen, auch einzulassen und diese wahrzunehmen.
Sehr geehrte Damen und Herren, anlässlich des Weltfrauentages ist es auch unsere Aufgabe, den Blick nach Österreich zu richten. Der zentrale Befund ist: Ja, es hat sich einiges getan, aber es ist auch noch sehr viel zu tun.
Ich möchte mich ganz ausdrücklich auch beim Koalitionspartner dafür bedanken, dass in den letzten beiden Jahren viele Schritte gegangen worden sind, von der Budgeterhöhung um über 80 Prozent seit meinem Amtsantritt bis hin zum größten Gewaltschutzpaket – rund 25 Millionen Euro, die in Strukturen investiert wurden –, der stetigen Erhöhung der Förderung der Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen. Wenn ich hier Bundesminister Martin Kocher sehe, fällt mir ein: Es gibt eine überproportionale Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt, ein Rekordbudget für die Frauen am Arbeitsmarkt. Auch im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine stetige Verbesserung bei der Kinderbetreuung zu vermerken. Unser Ziel muss es aber sein, dass jede Frau und jedes Mädchen in Österreich selbstbestimmt leben kann, finanziell unabhängig leben kann. Wir brauchen echte Wahlfreiheit für Frauen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Dazu ist ganz zentral, dass wir weiter an der qualitätsvollen Kinderbetreuung arbeiten. Das ist der Schlüssel für die echte Wahlfreiheit von Familien, damit sich die Familien und die Frauen selbst entscheiden können, welches Lebensmodell sie wählen; ob sie nämlich früher in den Erwerb einsteigen wollen oder eben beim Kind länger zu Hause sein wollen. Wir brauchen diese echte Wahlfreiheit, und daher werden wir weiter und gemeinsam mit den Bundesländern umfassend in den Ausbau der Kinderbetreuung investieren.
Es braucht zusätzlich zu dem, was wir getan haben, weitere Maßnahmen. Ich habe letzte Woche gerade eine neue Einrichtung gegründet. Der Fonds heißt LEA, was für Let’s empower Austria steht, und er wird in dem Bereich Wissensvermittlung arbeiten, weil ich will, dass Frauen bewusste Entscheidungen treffen können, dass sie wissen, was es bedeutet, wenn sie länger in der Karenz sind und was das womöglich für ihre Pension bedeutet. Ich will, dass wir Mädchen von ihren Grenzen im Denken befreien. Sie sollen wissen, dass sie jeden Beruf erlernen können, den sie möchten. Ich will, dass sie sich auch für sozusagen Männerdomänen interessieren, für die Zukunftsbranchen im Technologiebereich, im naturwissenschaftlichen Bereich, im mathematischen Bereich.
Auch will ich die großartigen Frauen, die wir in Österreich haben, die hier schon so viel geleistet haben, vor den Vorhang holen. Bundeskanzlerin außer Dienst Brigitte Bierlein unterstützt unser Projekt genauso wie die Direktorin der Technischen Universität Sabine Seidler, genauso wie die Teamchefin der österreichischen Fußballnationalmannschaft der Frauen Irene Fuhrmann und viele, viele andere Mutmacherinnen, die gemeinsam mit mir die jungen Frauen und Mädchen erreichen wollen, um ihnen ein Vorbild zu sein, um ihnen Inspiration zu geben.
Sehr geehrte Damen und Herren, Gleichstellung ist eine Aufgabe, die nicht nur wir im Frauenministerium wahrnehmen. Es ist eine Aufgabe, die uns alle angeht. Es ist nicht nur eine ganz zentrale Frage der Fairness, sondern es ist auch eine Frage, in der es darum geht, dass wir Österreich zukunftsfit machen.
Ich möchte, dass jede Frau selbstbestimmt leben kann, ich möchte, dass jede Frau finanziell unabhängig ist, und ich möchte selbstverständlich, dass keine Frau Diskriminierungen erfährt, dass gleichwertige Arbeit auch gleich entlohnt wird; denn weniger zu verdienen, nur weil man eine Frau ist (Zwischenruf bei der SPÖ), das ist völlig inakzeptabel! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich möchte mich auch bei den Damen und Herren Abgeordneten bedanken. Vielfach haben wir natürlich unterschiedliche Zugänge zur Frauenpolitik. Ich bin aber davon überzeugt, dass es über die Parteien hinweg einfach eine große Einigkeit darüber gibt,
dass wir gemeinsam Ungerechtigkeiten benennen müssen, dass wir gemeinsam erkennen, dass wir noch einen weiten Weg gehen müssen bis zur echten Gleichstellung, und darüber, dass wir alle gemeinsam, Männer und Frauen, daran weiterarbeiten müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
17.26
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Vorsitzende! Herr Vizekanzler! Werte Minister und Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Am Frauentag über den Ukrainekrieg zu diskutieren ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Auf der anderen Seite hängt das ja alles zusammen. Jede und jeder will frei, selbstbestimmt, ohne Gewalt in Frieden leben, und das betrifft Frauen, die von diesem Krieg betroffen sind, ganz besonders.
Krieg ist nämlich Krieg, um das grundsätzlich festzustellen, genauso wie ein Mensch ein Mensch ist. Mir ist es wichtig, auch hier heute festzuhalten, dass die Kriegstreiberei immer, ausnahmslos zu verheerenden Folgen führt, zu Flucht, Gewalt, zu Verbrechen. Wer glaubt, dass wir mit rein militärischer Aufrüstung Frieden schaffen, der hat die Lehren aus dem Kalten Krieg nicht gezogen. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist wichtig, dass wir heute hier einen weiteren Antrag der beiden Regierungsparteien beschließen, der ganz klar die Aggression Russlands verurteilt, in dem wir uns ganz klar solidarisch mit der Ukraine erklären, der ganz klar Schutz für alle verfolgten Menschen einfordert und ganz klar festhält, dass wir weiterhin mit unseren internationalen und europäischen Partnern und Partnerinnen Russland gegenüber Position beziehen werden.
Ich möchte deshalb nicht wiederholen, was hier alles heute schon an Willensbekundungen politischer Natur gesagt worden ist. Ich möchte stattdessen die Zeit nutzen, um diesen Ukrainekrieg in einen politischen, in einen außenpolitischen, friedenspolitischen Kontext zu setzen.
Die Weltordnung ist ins Wanken geraten, hören wir des Öfteren, und ja, die Weltordnung wird durch diesen Ukrainekrieg nie wieder die gleiche sein. Was wir aber heute nicht hören, ist, wie das alles zusammenhängt. Diejenigen, die heute Putin verurteilen, sagen, wir hätten das schon viel früher machen sollen, übersehen aber gleichzeitig, welche Netze es sind, welche Verbündeten es sind, welche Unterstützung es ist, die es Putin überhaupt erlaubt, so zu agieren.
China, das sich des Völkermords innerhalb seiner eigenen Grenzen schuldig gemacht hat, wird ganz genau beobachten, wie sich die westliche Welt im Hinblick auf die russische Bedrohung positioniert. China wird ganz genau beobachten, was wir jetzt unternehmen, denn das, was in der Ukraine jetzt festgesetzt wird, wird für ganz Europa schlagend werden. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Wir, die internationale Gemeinschaft, erleben diese Weltgeschichte gerade in einem sehr konzentrierten Beschleunigungsmodus, Demokratie gegen Autokratie, offene gegen geschlossene Gesellschaft, multilaterale, auf dem Völkerrecht basierende Weltordnung gegen eine Weltunordnung, in der allein die Macht des Stärkeren zählt.
Wenn wir jetzt human sind und wenn wir jetzt Humanität einfordern, dann dürfen wir nicht vergessen, dass auf den griechischen Inseln die Menschen weiterhin leiden, dann dürfen wir nicht vergessen, dass Putins Bomben in Syrien die gleichen sind wie jetzt in der
Ukraine und dass Mensch Mensch und Krieg immer Krieg ist! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Eines noch, was in der gesamten Debatte und auch in diesen sehr klaren Verurteilungen Russland gegenüber übersehen wird: Wir übersehen die Rolle des Westbalkans, wir übersehen die Rolle von China und wir übersehen die Rolle des Südkaukasus.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Vucić hat in Serbien seine Medien die Fakenews, die Putin verbreitet, drucken lassen, und es gab dort Massendemonstrationen, bei denen der Krieg gegen die Ukraine gutgeheißen wurde. Dodik, der sagt, Srebrenica war kein Völkermord, hat sich mit Lawrow, mit dem russischen Außenminister, zwei Tage nach Kriegsbeginn ausgetauscht. In Bosnien sind bald Wahlen, und wenn wir übersehen, wie all diese despotischen Autokraten rund um Russland Putin nicht nur die Hand reichen, sondern diesen unterstützen, dann werden wir sehr von einem verheerenden Dominoeffekt überrascht sein, der jetzt einsetzen wird und der dann womöglich tatsächlich nicht mehr aufzuhalten ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
In diesem Sinne: Ja, verurteilen wir weiterhin diesen Krieg! Ja, stehen wir human zu unserer Verantwortung, Menschen zu helfen, die jetzt vor diesem Krieg flüchten, aber übersehen wir nicht, dass Putin Rückendeckung hat und wir in Europa, wenn dieser Krieg am Balkan ankommt, dem nicht nur vollkommen ausgesetzt sind, sondern nichts mehr tun werden können.
In diesem Sinne ein Appell an das österreichische Parlament, im Zuge der Debatte weiter zu blicken als nur nach Kiew, weiter zu blicken als nur nach Moskau! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)
17.32
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Bundesministerin, ich muss jetzt direkt auf Sie replizieren: Ja, es ist noch viel zu tun, aber als Ministerin haben wir einen anderen Anspruch an Sie. Es reicht nicht aus, im Rahmen des Frauentages einen intransparenten, einen sich jeglicher parlamentarischer Kontrolle entziehenden Fonds aufzulegen. Es reicht nicht, Empowerment nur über Webinare und Rolemodels zu vermitteln, sondern es braucht klare gesetzliche Regelungen, die Frauen endlich gleichbehandeln und gleichstellen (Beifall bei der SPÖ), und zwar klare gesetzliche Regelungen bei der Lohntransparenz, bei der verpflichtenden Väterkarenz und bei vielem anderen auch, klare gesetzliche Regelungen statt intransparenter Fonds und einfach weg von dieser individuellen Ellbogenpolitik: Wenn man nur weit genug die Ellbogen rausfährt, kann es jede schaffen. Nein! Wir wollen eine solidarische, gesetzlich verankerte und feministische Frauenpolitik und weg von der Ellbogenmentalität. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Minister, es gibt eine erneute Regierungserklärung. Bereits vor zwei Wochen haben wir als SPÖ das Thema Long Covid angesprochen. Es ist uns wirklich ein großes Herzensanliegen. Vor zwei Wochen waren es 200 000 betroffene Personen, insbesondere Frauen und Kinder, die an Erschöpfung, Muskelschwäche, Atemnot, Konzentrationsstörungen und vielem, vielem mehr leiden. Die Therapiemöglichkeiten sind noch viel zu wenig ausgebaut, ob ambulant oder stationär, und aktuell wird jungen Frauen mit 35, die eigentlich mitten im Leben stehen wollen, geraten, in Pension zu gehen. Wir bitten Sie
wirklich, Long Covid als Thema ernst zu nehmen und es auch sehr bald anzugehen, als Gesundheits- wie auch als Sozialminister. Ich glaube, diesen Frauen dürfen wir, gerade am Weltfrauentag, nicht signalisieren, dass wir sie im Regen stehen lassen – aber: die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ihre Rede hat mich schon auch optimistisch gestimmt, dass Sie ein breites Spektrum ansprechen und hier Gutes zu tun versuchen. Wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt, deswegen haben wir hier auch einem breiten Parteienantrag zum Thema Frauengesundheit zugestimmt. Ich möchte aber auch an alle hier in diesem Haus appellieren, dass dieser Frauengesundheitsplan nicht nur ein Papiertiger bleiben darf, sondern man dann sowohl Ableitungen treffen als diese dann auch umsetzen muss. So kurzfristig, wie dieser Antrag gekommen ist, haben wir es leider nicht mehr geschafft, das reinzuverhandeln. Es ist aber, glaube ich, wichtig, dass wir damit nicht nur ein Papier für die Schublade produzieren, sondern diesen Frauengesundheitsplan auch ernst nehmen und in Realität umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)
Am Frauentag ist uns auch ein zweites Thema noch sehr wichtig: Armut und die aktuelle Kostenexplosion. Wir wissen, Frauen sind besonders von Armut betroffen oder bedroht, als Alleinerzieherinnen, als Pensionistinnen, als Studentinnen, und all diese Frauen betrifft es natürlich extrem, wenn Heizen und Strom massiv viel teurer werden, wenn sich in den letzten zehn Jahren die Preise für Mieten fast verdoppelt haben.
Frauen haben sich aber mehr verdient, sie haben sich den gleichen Lohn wie der männliche Kollege am Nebentisch verdient, und sie verdienen auch, das zu wissen, und zwar mit einer Beweislastumkehr und einem Lohntransparenzgesetz nach isländischem Vorbild. Wir müssen sie da wirklich in der Selbstständigkeit bestärken, und ein transparentes Lohngesetz wäre dafür ein wichtiger Ansatz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir müssen aber leider heute auch ganz unmittelbar bei den Energiepreisen ansetzen, deswegen bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der Erdgasversorgung“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert,
- für ein rechtzeitiges Auffüllen der Erdgasspeicher bis zum kommenden Winter zu sorgen – durch ein kurzfristiges staatliches Ankaufsprogramm für zusätzliches Gas und klare Regeln für eine strategische Gasreserve, die die Versorgung sichert,
- die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland drastisch zu reduzieren
- - durch Vorlage eines Pfads für alternative Gas-Quellen, der konkrete Mengen und Zeitpunkten enthält,
- - indem die Verbrauchsreduktion, die aus Klimaschutzgründen ohnehin nötig ist, beschleunigt wird,
- BürgerInnen nicht doppelt die Rechnung zahlen zu lassen – indem ohne Tabus konkrete Entlastungen für die breite Masse erfolgen, z.B. in Form einer Mehrwertsteuersenkung auf Energie und durch direkte Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen.“
*****
Am heutigen Tag ist mir aber auch eines besonders wichtig: Die Frauenbewegung war immer eine Friedensbewegung. Schon Johanna Dohnal hat gesagt: „Der Friede ist zu wichtig, um ihn den Männern allein zu überlassen“, und sie hatte recht: Frauen an die Verhandlungstische in der Friedenspolitik, Frauen an die Verhandlungstische bei der Sicherheitspolitik, Frauen an die Verhandlungstische in eigentlich jedem Politikbereich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Frauensolidarität – das, glaube ich, ist auch leider immer wieder wichtig zu betonen – ist international. Wir stehen mit den geflüchteten Frauen, egal, ob aus Afghanistan oder aus der Ukraine, und auch mit jenen, die aus Russland flüchten, weil sie für den Frieden auf die Straße gehen. Frauensolidarität ist international, Frauensolidarität ist Friedenspolitik, und dazu stehen wir auch ganz klar!
Deswegen sind wir auch im Bündnis eines breiten Antrages, aber es mir bei diesem auch wichtig, dass auf ihn konkrete Schritte folgen müssen: Wie wollen wir die Frauen ganz konkret unterstützen, wenn sie bei uns ankommen? Wie wollen wir mit den Kindern die Traumata aufarbeiten, die sie so unmittelbar in den letzten Jahren erlebt haben? Wie wollen wir Frauen vor dem angesprochenen Menschenhandel schützen, von dem wir in den Zeitungen, auf Twitter und Co lesen, nämlich dass Frauen und Kinder verschwinden und Opfer von Menschenhandel werden? – Wir müssen da ganz klar aufstehen und wirklich raschest Maßnahmen und Strategien setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
17.38
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, Alois Schroll,
Genossinnen und Genossen
betreffend Sicherstellung der Erdgasversorgung
eingebracht im Rahmen der Debatte über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Umbildung der Bundesregierung sowie zur aktuellen Lage in der Krise zwischen Russland und der Ukraine (TOP 1)
Neben allen menschlichen Verheerungen die der Krieg in der Ukraine offenbart, zeigt sich auch welch weitreichende Folgen er in der engmaschig vernetzten Weltwirtschaft mit sich bringen kann. Der Krieg im Gastransit-Land Ukraine durch das Gas, Öl und Kohle exportierende Russland hat weltweit die ohnehin schon volatilen Energiepreise endgültig in ungeahnte Höhen geführt.
Während in den USA vor allem die Folgen eines langjährigen Ölpreishochs sichtbar werden, sind es in Europa extreme Gaspreise, die durch die Unsicherheit in Bezug auf die Gasversorgung entstehen. Wechselseitige Ankündigungen eines Importstopps bzw. Exportstopps heizen die Preisspekulation zusätzlich an. EU-weit kommen 40% der
Erdgasimporte aus Russland (überwiegen über Erdgaspipelines). In Österreich, das vor über 60 Jahre als erstes westeuropäisches Land langfristige Gaslieferverträge mit Russland abgeschlossen hat, die über alle politischen Krisen hinweg eingehalten wurden und im Jahr 2018 zuletzt erneuert wurden, sind es rund 80 bis 85 Prozent.
Zwar fließen nach wie vor die vertraglich vereinbarten Mengen an Erdgas aus Russland auch nach Österreich aber aktuell sind die österreichischen Gasspeicher nur zu 15 Prozent gefüllt - ein Wert der sonst nur nach einem langen kalten Winter erreicht wird.
Seitens der Bundesregierung wurde zwar wiederholt betont, dass unter normalen Bedingungen mit den derzeitigen Erdgasreserven auch bei einem völligen Lieferstopp bis zum Ende der Heizsaison das Auslangen zu finden sein sollte. So richtig glaubhaft waren diese Beteuerungen aber nicht. Konkrete Maßnahmen oder Pläne, wie eine solche Situation im nächsten Winter vermieden werden kann, sind bislang überschaubar geblieben. Europäische Initiativen für eine gemeinsame Erdgasbeschaffung hat die Bundesregierung bis zum Kriegsausbruch nicht unterstützt, sondern darauf vertraut, dass das der Markt schon irgendwie regeln wird. Die auf Grund der Klimakrise notwendige Ausrichtung hin zu einer dekarbonisierten Energieversorgung ohne fossile Energieträger ist unbestritten, dennoch sind gegenwärtig und mittelfristig Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgung notwendig, um u.a. industrielle Prozesse am Laufen zu halten und Wohnungen bis zum Umstieg auf erneuerbare Energie warm zu halten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert,
• für ein rechtzeitiges Auffüllen der Erdgasspeicher bis zum kommenden Winter zu sorgen – durch ein kurzfristiges staatliches Ankaufsprogramm für zusätzliches Gas und klare Regeln für eine strategische Gasreserve, die die Versorgung sichert,
• die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland drastisch zu reduzieren
· durch Vorlage eines Pfads für alternative Gas-Quellen, der konkrete Mengen und Zeitpunkten enthält,
· indem die Verbrauchsreduktion, die aus Klimaschutzgründen ohnehin nötig ist, beschleunigt wird,
• BürgerInnen nicht doppelt die Rechnung zahlen zu lassen – indem ohne Tabus konkrete Entlastungen für die breite Masse erfolgen, z.B. in Form einer Mehrwertsteuersenkung auf Energie und durch direkte Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Frau Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauenministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Herren
Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Egal, mit welchen Waffen ein Krieg geführt wird, es gibt keine Sieger. Um es noch mit anderen Worten von Bertha von Suttner zu beschreiben: Am Ende bleiben immer „Erschöpfung, Vernichtung auf beiden Seiten.“
Der Weltfrauentag, den wir heute zum 111. Mal begehen, dient immer – das hat Kollegin Holzleitner vorhin auch gesagt – auch dazu, Solidarität mit allen Frauen dieser Welt zu bekunden. Heute steht er natürlich ohne Zweifel unter dem Eindruck der furchtbaren kriegerischen Handlungen in der Ukraine. Die Ukrainerinnen leisten derzeit Übermenschliches. Sie kümmern sich um betagte Menschen, sie kümmern sich um Kranke, sie kümmern sich um ihre Kinder, sie leisten humanitäre Hilfe oder sie leisten auch aktiven Widerstand gegen den brutalen Angriffskrieg von Putin. Das ringt mir sehr, sehr großen Respekt ab. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Andere haben sich zusammen mit ihren Kindern und älteren Familienmitgliedern zur Flucht entschlossen, sie müssen ihre Männer, Väter und Brüder in der Ungewissheit zurücklassen und wissen nicht, ob sie sie noch einmal lebend wiedersehen werden. Sie begeben sich auf eine Flucht, auf der sie ganz großen Gefahren ausgesetzt sind, und sie wissen am Ende nicht, wo sie landen werden, welches Land sie aufnehmen wird.
Zahlreiche internationale Organisationen machen immer wieder darauf aufmerksam, dass sich in bewaffneten Konflikten die Situation von Frauen und Kindern überproportional verschlechtert. Solche Konflikte haben vor allem auch Auswirkungen auf die menschenrechtliche und humanitäre Situation von Frauen und Kindern, da diese besonders vulnerabel sind. Geschlechtsspezifische Kriegsverbrechen wie zum Beispiel Vergewaltigungen sind eine Kriegstaktik und betreffen natürlich besonders Frauen und Kinder. Es besteht auch die Gefahr, dass Frauen und Kinder Opfer von Menschenhandel werden. Das ist meiner Meinung nach die grausamste Art der Kriegsführung, man bedient sich ihrer immer wieder in Kriegen. Dafür gibt es natürlich auch Beispiele, der Krieg im ehemaligen Jugoslawien ist ein solches.
Ich selber habe davon betroffene Frauen getroffen und mit ihnen gesprochen; das war anlässlich des Syrienkrieges, 2014, als dieser Krieg seinem Höhepunkt zugegangen ist. Ich habe mit jesidischen Frauen gesprochen, die nicht nur aus ihrer Heimat vertrieben worden sind und Massenvergewaltigungen erlebt haben, sondern anschließend auch auf Sklavenmärkten verkauft worden sind. Manche wurden von ihren Familien wieder zurückgekauft, aber dann ausgestoßen, da sie vergewaltigt worden sind. Diese Gesichter, diese Augen, diese Berichte werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen.
Ich hoffe wirklich, dass die ukrainischen Frauen von diesen Auswirkungen verschont bleiben. Es gibt aber schon Berichte, dass Frauen und Kinder direkt an der Grenze zum Beispiel zu Polen abgefangen werden und Zuhältern zugeführt werden, dass sie dem Menschenhandel zugeführt werden. Das alles müssen wir, bitte, nach Möglichkeit verhindern. Hier bei uns in Österreich muss sichergestellt werden, dass diesen Frauen adäquate Behandlung widerfährt, dass adäquat auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird; das hat auch die Frau Ministerin schon gesagt.
Ich möchte mich wirklich ganz herzlich bei allen bedanken, die mithelfen, diese Menschen aufzunehmen, die alle möglichen Hilfsaktionen gestartet haben, die Wohnungen zur Verfügung stellen. Das Land Tirol zum Beispiel hat sich dazu entschlossen, jenen Kindern, von denen Frau Kollegin Meinl-Reisinger vorhin erzählt hat, die aus der Kinderonkologie herausgebombt worden sind – oder einem Teil dieser Kinder –, in Tirol Behandlungsplätze im Bereich Kinderonkologie zur Verfügung zu stellen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einen Vierparteienantrag einbringen, in dem all diese Anliegen und noch einige mehr, auf die ich jetzt leider nicht mehr eingehen kann, zusammengefasst sind. Dieser Antrag betrifft die Unterstützung von Frauen und
Kindern als besonders Leidtragende des Krieges. Er beinhaltet all das, was ich Ihnen jetzt erzählt habe, und noch mehr und richtet sich an die Frau Bundesministerin für Frauen, Familie und Integration, an die Frau Bundesministerin für EU und Verfassung, an den Herrn Bundesminister für Inneres und an den Herrn Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Unterstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, die Bundesministerin für EU und Verfassung, der Bundesminister für Inneres sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten werden ersucht, sich sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Kontext insbesondere für die rasche und effiziente Unterstützung von Frauen und Kindern einzusetzen, die unter den Folgen des Kriegs in der Ukraine besonders leiden.“
*****
Ich habe gehört, dass auch die Kollegen von der FPÖ mitstimmen werden, und bedanke mich dafür schon im Vorhinein. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
17.44
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Elisabeth Pfurtscheller, Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner und Henrike Brandstötter
Kolleginnen und Kollegen
betreffend die Unterstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine
eingebracht im Zuge der Debatte in der 145. Sitzung des Nationalrats zur Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich der Umbildung der Bundesregierung sowie zur aktuellen Lage in der Krise zwischen Russland und der Ukraine
Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine angegriffen. Erstmals seit den Jugoslawien-Kriegen herrscht in Europa nun wieder Krieg.
Die von Präsident Putin in Gang gesetzte Militäroperation ist eine erneute eklatante Verletzung des Völkerrechts, die wir in Österreich, der EU und gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern zutiefst ablehnen und klar verurteilen. Die EU hat dementsprechend weitreichende Sanktionen gegen Russland erlassen. Österreich steht hier Schulter an Schulter mit seinen Europäischen Partnerländern.
Putins Angriffskrieg ist eine Tragödie für die Menschen in der Ukraine - Zivilistinnen und Zivilisten werden getötet und Familien werden auseinandergerissen. Laut aktuellen Zahlen der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR sind bereits über eine 1,7 Millionen Menschen auf der Flucht. Es ist zu befürchten, dass noch viele Zivilistinnen und Zivilisten getötet und noch mehr Menschen flüchten werden, wenn Russland die militärischen Handlungen weiter fortsetzt.
Zahlreiche internationale Organisationen machen darauf aufmerksam, dass bewaffnete Konflikte sich immer überproportional auf die Situation von Frauen und Kindern auswirken – auf deren menschenrechtliche und humanitäre Situation sowie auf deren Lebensgrundlagen – was diese besonders vulnerabel macht. Geschlechtsspezifische Kriegsverbrechen wie Vergewaltigungen als Kriegstaktik betreffen Frauen und Mädchen, es sind mehrheitlich Frauen und Kinder, die sich auf der Flucht befinden, wo sie wiederum ein hohes Risiko eingehen, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu erleiden und Opfer von Menschenhandel zu werden.
Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass auch die humanitäre Hilfe auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Notsituationen eingeht, diese geschlechtergerecht ausgestaltet ist, Gewaltschutz systematisch integriert und Frauen in Entscheidungsprozessen und bei der Umsetzung der humanitären Hilfe eine zentrale Rolle spielen.
Bereits im Jahr 2000 haben die UNO-Mitgliedsstaaten – u.a. Österreich – die bahnbrechende „Resolution 1325 on Women, Peace and Security“ verabschiedet. Sie zielt auf die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt in humanitären Notsituationen und Konflikten ab. Gleichsam legt sie einen starken Fokus auf die adäquate Repräsentation, Partizipation und Teilhabe von Frauen in Friedensprozessen und -verhandlungen. Frauen sollen zu zentralen Akteurinnen werden, wenn es um den Erhalt von Frieden und Sicherheit geht.
Auch in der Ukraine sind Frauen und Kinder besonders betroffen: Sie harren in Kellern oder U-Bahnstationen aus, sind auf der Flucht vor den Bomben und anderen Gräueln des Krieges, machen sich alleine auf den Weg in eine ungewisse Zukunft. Ohne zu wissen, ob sie mit ihren Vätern, Männern, Söhnen und Brüdern je wieder vereint sein werden.
Gleichzeitig beteiligen sich viele Frauen in der Ukraine an der Verteidigung ihres Landes und stemmen die Hauptlast in der humanitären Hilfe.
Entschließungsantrag
„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, die Bundesministerin für EU und Verfassung, der Bundesminister für Inneres sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten werden ersucht, sich sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Kontext insbesondere für die rasche und effiziente Unterstützung von Frauen und Kindern einzusetzen, die unter den Folgen des Kriegs in der Ukraine besonders leiden.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Herr Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.
17.44
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer! Der Hauptgrund für die heutige Sitzung ist die nunmehr zwölfte Regierungsumbildung der schwarz-grünen Koalition, genauer der Antritt des mittlerweile dritten Gesundheitsministers, nachdem beide Vorgänger nicht nur am Covid-Krisenmanagement gescheitert sind, sondern offensichtlich auch an ihrem Koalitionspartner, der ÖVP.
Herr Bundesminister Rauch! Sie haben tatsächlich eine schwere Bürde zu übernehmen, denn diese Bundesregierung hat das Land in datentechnischem Chaos durch die Coronakrise geführt – man könnte fast sagen, man ist mehr durchgestolpert. Man hat auf Basis von Ermächtigungsgesetzen, die immer wieder unnötigerweise verlängert wurden, von Verordnungen am Parlament vorbei regiert und hat die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen in diesem Land vollkommen unverhältnismäßig eingeschränkt. Wer das nicht glaubt, der möge die Antworten Ihres Vorgängers auf die Fragen des Verfassungsgerichtshofes lesen. Dort ist es schwarz auf weiß nachzulesen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Herr Vizekanzler Kogler von einer Erfolgsbilanz spricht, dann frage ich mich: Welchen Erfolg meinen Sie, Herr Vizekanzler? Österreich steht heute gesundheitspolitisch deutlich schlechter da, als es vor zwei Jahren dagestanden ist. Wir haben weniger Behandlungskapazitäten in den Spitälern zur Verfügung, es wurden auch tatsächlich weniger Behandlungen durchgeführt, es wurden viel weniger Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt, ja sogar die Impfquote ist in fast allen Bereichen zurückgegangen. Es gibt dafür eine massive Zunahme an übergewichtigen Menschen, ausgelöst auch durch die Bewegungssperren für unsere Kinder und Jugendlichen aufgrund der Schließungen der Schulen, Vereine und Fitnesscenter. Wir verzeichnen eine Zunahme der Zahl von Diabetespatienten und – ganz massiv – von Menschen mit psychischen Erkrankungen, um mindestens 50 Prozent, in manchen Bereichen gibt es sogar eine Verdoppelung.
Wenn Sie jetzt sagen: Ja, das ist alles das Coronavirus gewesen!, dann muss ich sagen: Nein, diese Verschlechterungen sind nicht ursächlich auf das Coronavirus zurückzuführen! Die Verschlechterungen im österreichischen Gesundheitswesen und beim Gesundheitszustand der Bevölkerung sind unmittelbare Folgen der Maßnahmen dieser Bundesregierung, nicht des Coronavirus, und deshalb haben wir da tatsächlich dringlichen Handlungsbedarf. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.) Wir brauchen einen Kurswechsel. Wir benötigen einen Kurswechsel, wir benötigen ein neues Epidemiegesetz, in dem ganz klar festgeschrieben wird, wann eine Epidemie beginnt und wann sie auch wieder zu Ende ist, sehr geehrter Herr Bundesminister Rauch.
Wir brauchen aber sicher kein Impfpflichtgesetz, das die Menschen gegen ihren Willen in eine Therapie hineinzwingt. Wir brauchen auch kein Covid-Maßnahmengesetz mehr und vor allem brauchen wir auch keinen WHO-Pandemievertrag in der Form, wie er jetzt vorliegt. Das brauchen wir alles nicht. Wir brauchen wieder eine Gesundheitspolitik – nicht gegen die Bürger in diesem Staat, sondern für die Bürger in diesem Staat. (Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt abseits von Corona noch viele weitere Dinge, die dringlich angegangen werden müssen, einige sind heute schon genannt worden. Wir müssen zuerst schauen, dass die Kapazitäten im Gesundheitswesen wieder aufgebaut werden und dabei die nötige Flexibilität geschaffen wird, um zukünftige Gesundheitskrisen ohne Freiheitseinschränkung unserer Bürger bewältigen zu können.
Wir brauchen eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs – Stichwort Hausärztemangel, aber auch Fachärztemangel –, denn in der Krise hat sich auch gezeigt, dass diese Systeme besonders wichtig sind, aber sträflich vernachlässigt wurden. Wir brauchen nicht nur Placebohäppchen einer Pflegereform, sondern wir brauchen eine echte
Pflegereform. Wir brauchen eine Attraktivierung der verschiedenen Gesundheitsberufe und eine Intensivierung der Ausbildung. Wir brauchen aber auch mehr Investitionen in die Gesundheitsbildung der Bevölkerung, Herr Bundesminister, denn dann können wir tatsächlich verstärkt auf Eigenverantwortung setzen, wie uns das erfolgreiche Beispiele international vorgelebt haben. Und wir brauchen im Bereich der Gesundheitsbehörden eine Reform, denn es kann nicht sein, dass es nach zwei Jahren Gesundheitskrise noch immer Bezirke gibt, in denen wir nicht einmal einen Amtsarzt zur Verfügung haben.
All das sind Aufgaben, die dringlich angegangen werden müssen, die von Ihren Vorgängern aus meiner Sicht sträflich vernachlässigt wurden. Ich als freiheitlicher Gesundheitssprecher und die FPÖ stehen Ihnen gerne für eine Diskussion zur Verfügung, wir bringen gerne Vorschläge ein. Ich hoffe, Sie wiederholen nicht den Fehler Ihres Vorgängers, der in den letzten Monaten jeglichen Dialog mit der FPÖ verweigert hat. (Beifall bei der FPÖ.)
17.49
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere lieber Johannes Rauch! – Es ist schön und erfreulich, dass du jetzt hier bist! Als Gesundheitsminister übernimmst du sicher eines der schwersten, wenn nicht das schwerste politische Amt, das es derzeit gibt. Deine langjährige Erfahrung in einer Landesregierung und im Umgang und Wechselspiel von Bundeskompetenzen und Landeskompetenzen kann da nur sehr hilfreich sein. Ich habe es auch sehr erfreulich gefunden, dass du noch einmal extra darauf hingewiesen hast, dass du auch Sozialminister bist, dass du aus dem Sozialbereich kommst. Das wird sicher in den nächsten zwei Jahren auch noch einmal besondere Wichtigkeit haben müssen und haben sollen.
Ich möchte ein bisschen zur Diskussion hier überleiten: Ich habe mich etwas gewundert, als sie begonnen hat. Nach der Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers kommt Kollegin Rendi-Wagner als Oppositionsführerin ans Rednerpult, und natürlich habe ich damit gerechnet, dass sie kritisiert. Ich hätte erwartet, dass sie als ehemalige Gesundheitsministerin vielleicht den Gesundheitsbereich kritisiert oder als Sozialdemokratin die Sozialpolitik kritisiert oder als Feministin zum Frauentag etwas sagt oder als Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses etwas zur Außenpolitik und zur Ukraine sagt – aber eine rein taktische innenpolitische Diskussion über eine nicht stattfindende Neutralitätsdebatte habe ich wirklich nicht erwartet und finde ich ehrlich gesagt nicht sehr hilfreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich finde sie deswegen nicht hilfreich, weil wir eine Neutralitätsdiskussion führen sollten, aber keine falsche, die eine reine innenpolitische Taktik zur Stimmenmaximierung ist – immerhin reden wir da über einen Krieg, über die Situation der Menschen in der Ukraine, denen wir helfen müssen. Eine rein taktische Spielerei bringt einfach gar nichts. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Es ist so, dass die österreichische Neutralität dahin gehend, dass sie militärisch ist, überhaupt nicht zur Debatte steht. Die ÖVP steht dazu, die Grünen stehen dazu, von den SozialdemokratInnen höre ich es, die Position der NEOS ist – mit Blick auf Europa – etwas anders, aber letztlich sind sie auch nicht für einen Nato-Beitritt (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), und von den Freiheitlichen hätte ich das auch nicht gehört. Diese Diskussion gibt es so nicht. Was wir diskutieren sollten, ist nicht, ob Österreich neutral ist, da würde ich mir Ernsthaftigkeit erwarten, sondern wie es neutral ist – und dazu habe ich jetzt keinen inhaltlich seriösen Vorschlag gehört.
Ich würde gerne einen machen: Was ich mir erwarten und erhoffen würde, ist, dass wir unsere Neutralität so leben, dass wir aktiv auf Menschen zugehen, die Unterstützung brauchen. Neutralität ist kein Widerspruch zu Menschenrechtsfragen und kein Widerspruch zu Demokratiefragen, also setzen wir uns bitte in diesem Bereich ein! Es ist schlicht und einfach nicht ehrlich, zu glauben, dass wir zu einer Neutralität wie in den – keine Ahnung – Achtzigern zurückkönnten. Wir müssen schon den Tatsachen ins Auge schauen: Wir waren damals schon auch ein Werkzeug der beiden Supermächte, die einen Neutralen in der Mitte gebraucht haben; das gibt es so jetzt nicht mehr. Was wir machen sollten, ist, Demokratiebewegungen unterstützen (Zwischenruf bei der SPÖ), in der jetzigen Situation, wie ich finde, insbesondere in Russland und in Weißrussland. Dafür sollten wir uns einsetzen.
Machen wir das doch! Das Nationalratspräsidium könnte im Namen des Parlaments eine Sitzung, eine Veranstaltung machen. Laden wir Dissidenten, DemokratieaktivistInnen, MenschenrechtsaktivistInnen aus Russland, aus Weißrussland ein, diskutieren wir das im Parlament – die vier Parteien! Machen wir – die vier Parteien, die sich gegen diesen Krieg aussprechen, die sich gegen Putin aussprechen – so eine Veranstaltung, leben wir aktive Demokratie statt irgendwelcher innenpolitischen Scharmützel betreffend Neutralität! Machen wir eine solche Diskussion und helfen wir den MenschenrechtsaktivistInnen! Machen wir doch so etwas! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)
Und ich sage gezielt nur „die vier Parteien“, denn eines muss man schon sagen: Die Rolle der Freiheitlichen heute hier war wieder klar. Ihr seid der verlängerte Arm Putins in diesem Parlament (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und wenn irgendjemand hier nicht neutral ist, dann sind das die Freiheitlichen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Von euch, von der FPÖ-Spitze, gibt es Fotos in Moskau, es gibt die Fotos der Außenministerin, die den Knicks macht – wenn die jetzt im Rat sitzen würde, könnte sie ein Veto aussprechen. Macht doch ihr einmal etwas, macht es einmal transparent! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Mich würde interessieren, welchen Einfluss Putin bei euch hat. (Abg. Stefan: ... Wirtschaftskammer!) Zeigt doch dem Rechnungshof einmal eure Bücher und zeigt her, was in eurer Regierungszeit (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stefan) von Putin da gekommen ist und wie das war! Der Rechnungshof darf nur anschauen, was ihr vorlegt. (Abg. Stefan: Wer hat zuletzt Lukaschenko begrüßt? Van der Bellen, oder? ...!) Wenn ihr nichts zu verbergen habt – wo ist Kollege Kickl als Parteichef? –, legt doch dem Rechnungshof eure Bücher aus eurer Regierungszeit vor! Ich möchte wissen, was Putin in diesem Parlament mitredet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stefan: Lukaschenko bei Van der Bellen!)
17.54
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! In meinen acht Jahren in diesem Hohen Haus erlebe ich jetzt den achten Gesundheitsminister und den siebten Sozialminister. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Die Ressorts sind schon seit ein paar Jahren zusammengelegt, und ich persönlich halte die Aufgabe eigentlich für gar nicht zu bewältigen – umso mehr Erfolg wünsche ich meinem Landsmann.
Im ersten Statement heute haben wir etwas zum wichtigen Thema Pflege gehört, wir haben etwas über Gesundheit, über Tierschutz, über Konsumentenschutz gehört, aber
über den allergrößten Brocken im Verantwortungsbereich des Sozialministers haben wir nichts gehört, nämlich über die Pensionen.
Im Jahr, als diese Regierung angetreten ist, hat der Bundeszuschuss zu den Pensionen nur im Sozialversicherungsbereich 9,9 Milliarden Euro betragen, und am Ende dieser Legislaturperiode – wenn die Koalition bis zum Schluss durchhält – werden es 14,3 Milliarden Euro sein, also eine Steigerung um 44 Prozent innerhalb einer Legislaturperiode. Ein guter Sozialminister übernimmt da Verantwortung, und die erfahrenen Sozialpolitiker wissen, Verantwortung hat er für die Jungen, denn die Alten sind schon in Pension und deren Pensionen sind relativ gut abgesichert. Die österreichische Durchschnittspension ist um 60 Prozent höher als die deutsche Durchschnittsrente – um 60 Prozent! –, aber die Jungen, die in 40 oder in 50 Jahren in Pension gehen, können sich nicht sicher sein, ob sie eine Pension bekommen, die ihre Bedürfnisse im Alter abdeckt. (Ruf: Mein Gott, na! – Abg. Leichtfried: Das hören wir von euch jetzt schon seit 100 Jahren!)
Ein guter Sozialminister muss darauf achten, dass die Sozialsysteme so aufgebaut sind, dass sie auch in 40, 50 Jahren noch solide Leistungen bieten können. Ein guter Sozialminister muss in der Regierung auch auf den Tisch hauen, damit die Republik nicht Milliarden an Steuergeld für Unfug wie Energiegutscheine, Einmalzahlungen und Impflotterien verbläst. Und wenn wir für Coronatests mehr als doppelt so viel ausgeben wie für die gesamte Mindestsicherung, müssen sich der Sozialminister und der Gesundheitsminister gleichzeitig aufregen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Der neue Sozial- und Gesundheitsminister hat in der Pandemiebekämpfung große Chancen vor sich. Wenn man nämlich mit viel Erfahrung ins Haus kommt, 62 Jahre alt ist und keine Karriereziele mehr verfolgen muss, weil man alles erreicht hat, dann können einem eigentlich die Landeshauptleute, wie man bei uns sagt, uf d’Kilbe ko, also auf die Kirchweih kommen; dann könnte man auch einmal etwas durchziehen und nach Epidemiegesetz eine Weisung erteilen und muss sich nicht an den Achensee zitieren lassen und sich von den neun Landeshauptleuten die Wadln virerichten lassen, sondern umgekehrt; da muss man nicht auf Kassenobleute und Kammerpräsidenten Rücksicht nehmen, da könnte man auch einmal etwas durchsetzen. Und dann nehme ich auch die Ansage beim Wort: nur so viele Maßnahmen wie notwendig. Wir haben es drüben in der Schweiz gesehen (Abg. Leichtfried: Was ist jetzt mit dem Nato-Beitritt? Das wäre interessant!): Lockdowns bringen nichts. Die Schweizer haben denselben Pandemieverlauf wie wir, aber die Schulen waren offen, die Friseure waren offen, die Gastro war offen, die Skilifte waren offen.
Es gibt, Herr Minister, verdammt viel zu tun, und dafür wünsche ich dir, lieber Johannes Rauch, wünsche ich Ihnen, Herr Minister – mit dem Amtsträger bin ich natürlich per Sie –, viel Energie und mehr Erfolg, als er allen Vorgängern beschieden war! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
17.58
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Vertreterin und Vertreter der Regierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist der 13. Tag der kriegerischen Angriffe gegen Unschuldige durch Putin, und es ist auch Internationaler Frauentag – und was, meine Damen und Herren, sehen wir? – Wir sehen Bilder von verzweifelten, von weinenden Frauen, von Müttern, die ihre verängstigten Kinder an sich drücken, die sich von ihren Männern, von den Vätern
verabschieden und nicht wissen, ob sie sie je wiedersehen. Das Leid ist groß, ja, man kann es nicht in Worte fassen, aber für mich relativiert sich auch alles sonst.
Ja, es relativiert sich alles sonst. Wie unzufrieden sind wir eigentlich sehr oft? Gerade deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, halte ich es auch für besonders wichtig, dass wir zusammenstehen, dass wir das Konstruktive in den Mittelpunkt stellen, auch hier in Österreich, in unserer Arbeit im Parlament für die Menschen in Österreich (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), dass wir alles tun, um Gräben zuzuschütten, um Risse zu kitten, um Spaltungen zu verhindern, über die in der letzten Zeit sehr oft gesprochen und diskutiert wurde – und zwar in allen Bereichen unseres Lebens, in allen Bereichen der Gesellschaft. Gerade jetzt gilt es, zusammenzustehen, den Menschen Sicherheit zu geben, Zusammenhalt, Vertrauen in unsere Gesellschaft in Österreich, aber auch Vertrauen in Europa. Geben wir den Österreicherinnen und Österreichern Halt, Zuversicht und Sicherheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Zorba.)
Und wenn mit Johannes Rauch heute ein neuer Gesundheits- und Sozialminister hier zu begrüßen ist, dann liegt die Latte für ihn – das wurde heute ja schon mehrmals erwähnt – sehr hoch, und er weiß das. Ihre lange politische Erfahrung, Herr Bundesminister, ist aber gerade jetzt in dieser Krisenzeit ganz besonders wichtig.
Die erste große Herausforderung ist sicher das aktuelle Coronamanagement. Die ersten Aufgabenstellungen werden sein, alle Vorbereitungen für den Herbst und für den Winter zu treffen, Klarheit in Bezug auf das Testen und auf das Impfen, aber auch in Bezug auf die weiteren Maßnahmen zu schaffen. Hier gilt es umsichtig zu handeln.
Sie haben ja davon gesprochen, dass es Ihnen wichtig ist, eine Balance zu finden. Ich halte das für gut und für wichtig, weil die Interessen einfach auch sehr unterschiedlich sind: die Interessen der Jugend, der Senioren, der Wirtschaft, die Interessen in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Und ja, alle haben genug von den Einschränkungen, wir alle haben genug davon, aber auch das relativiert sich meiner Ansicht nach. Auch das relativiert sich. Nehmen wir doch weiterhin Rücksicht aufeinander! Die Pandemie ist nicht vorbei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrem ersten Statement betont und es auch heute gesagt, dass Sie auch als Sozialminister sichtbarer sein wollen. Ich halte das gerade jetzt in dieser Situation für ganz besonders wichtig, denn die Folgen der Pandemie, aber auch die Folgen des Krieges werden sich gerade auf das soziale Gefüge, auch hier in Österreich, sehr stark auswirken.
Es ist viel gemacht worden. Es wurde einiges heute schon erwähnt: Die psychosoziale Versorgung für Kinder und Jugendliche ist stark ausgebaut worden; die Armutsbekämpfung, der Teuerungsausgleich. Vorhin wurden die Pensionen erwähnt: Ja, Herr Kollege Loacker, wir stehen dazu, dass Menschen, die lange gearbeitet haben, auch eine entsprechende Pension bekommen. Die Pflegereform wurde angesprochen. Auch da gilt es sehr viel zu tun, nicht nur Verbesserungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen, sondern vor allem auch dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Da gibt es erste wichtige Ansätze, aber auch das ist noch zu wenig. Da gilt es noch einiges voranzutreiben, und da werden wir alle gemeinsam sicher auch dranbleiben. Die pflegenden Angehörigen, die Pflege daheim müssen gestärkt werden.
Ich möchte noch etwas erwähnen, weil es noch nicht betont wurde: Es wartet auch, Herr Bundesminister, der Nationale Aktionsplan als Grundlage für die Behindertenpolitik bis 2030 auf Umsetzung. Da geht es um pädagogische Themen, da geht es aber auch um den inklusiven Arbeitsmarkt. Auch das ist ein ganz wichtiger Bereich: die Arbeit für Menschen mit Behinderung.
Die Latte liegt sehr hoch, und ich glaube, die Herausforderungen werden auch von Tag zu Tag eher größer. Wir haben sehr großen Zusammenhalt im Bereich der humanitären Hilfe hier in Österreich, die natürlich auch organisiert werden muss, die koordiniert und zusammengeführt werden muss. Es wurde ja schon gesagt, aber man kann es nicht oft genug betonen: ein großes Danke allen Menschen in Österreich, die spenden, allen Non-Profit-Organisationen, allen Helferinnen und Helfern, allen Freiwilligen, die sich großartig engagieren. Ich nenne stellvertretend das Rote Kreuz, die Diakonie, die Caritas, das Hilfswerk International, das beispielsweise auch Notschlafstellen in der Ukraine organisiert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Herr Bundesminister, ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Arbeit hier im Hohen Haus. Ich denke, wenn jemand als Jugendbetreuer in der Gemeinwesenarbeit begonnen hat, wenn jemand die Akademie für Sozialarbeit absolviert hat – berufsbegleitend, das finde ich auch großartig –, wenn jemand im Bereich der Arbeitslosenbetreuung gearbeitet hat, in der Schuldenberatung, wenn jemand in der Sozialpsychiatrie gearbeitet hat, dann hat er jene Voraussetzungen, die man braucht, um ein gutes soziales Gespür und jene soziale Kompetenz zu haben, die man neben Weitblick gerade auch in der Politik so dringend braucht. Ich glaube, dieses soziale Gespür brauchen wir gerade in Zeiten wie diesen ganz besonders.
Meine Damen und Herren! Engagieren wir uns weiter für den Frieden in dieser Welt, für die Sicherheit in Europa, für den Frieden und für die Freiheit in der Ukraine! Ich glaube, die Gedanken von uns allen sind bei den leidgeprüften Menschen in den Kriegsgebieten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
18.04
Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsparteien! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich auch bei Wolfgang Mückstein für jene Zeit, die er der Politik zur Verfügung gestellt hat, zu bedanken, und ihm auch von dieser Stelle aus alles Gute wünschen.
Ich darf gleich zum neuen Sozialminister, Herrn Johannes Rauch, überleiten. Ich darf Sie auch recht herzlich willkommen heißen – im Namen meiner Fraktion und in meiner Funktion als Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses für Arbeit und Soziales. Ich hoffe auf eine gute und offene Zusammenarbeit.
Ich bewundere schon Ihren Mut und Ihre Entschlossenheit, diese schwierige Funktion zu übernehmen, im Wissen, dass Sie diese Funktion in einer Zeit übernehmen, in der Senioren auf die Straße gehen, weil sie aufgrund der Teuerung nicht mehr wissen, wie sie mit ihren Pensionen ihre Rechnungen bezahlen sollen, in einer Zeit, in der die Kurzarbeit leider wieder steigen wird, aufgrund dessen, dass die Produktion in Österreich mit seinen wirtschaftlichen Verflechtungen zu Russland und der Ukraine natürlich erschwert wird, in einer Zeit, in der auch das Exportvolumen sinken wird, in der auch die Gefahr besteht, dass die Arbeitslosigkeit wieder steigen wird und die Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder sinken werden, das aber bei steigenden Wohn- und Lebenskosten. Umso mehr sind Ihre Absicht und Ihr Wollen, alles zu tun, dass die Armut in Österreich nicht weiter steigt, Maßnahmen dagegen zu setzen, sehr wichtig und begrüßenswert.
Herr Sozialminister, das Problem ist, dass die Regierung keine Maßnahmen gegen diese Teuerung setzt, dass die Regierung bis dato keine inflationseindämmenden Maßnahmen
in Angriff genommen hat. Ich möchte gar nicht so weit zurückgreifen wie Kollege Loacker, sondern sagen, allein in den letzten fünf Jahren, in der Zeit der Kanzlerschaft der ÖVP, hat es einen Sozialabbau in Österreich gegeben. In diesen fünf Jahren durfte ich im Ausschuss sechs Sozialministerinnen und Sozialminister begleiten – sechs Minister in fünf Jahren! Das war eine Zeit, in der die Pensionen gekürzt wurden, in der ein Zwölfstundentag und eine Sechzigstundenwoche per Gesetz ermöglicht wurden (Zwischenruf des Abg. Hörl), in der die Sozialversicherung zerschlagen wurde, in der die Selbstverwaltung zurückgedrängt wurde, in der die Patientenmilliarde versprochen, aber nie realisiert wurde, in der – das war schon 2018 – eine Pflegereform versprochen wurde, die aber bis heute nicht gekommen ist, und in der – seit 2018 – die Armutsquote in Österreich steigt.
Ja, Herr Sozialminister, Sie sind zuständig für soziale Sicherheit. Sie sind zuständig für den sozialen Ausgleich in Österreich und Sie sind auch zuständig für die soziale Gerechtigkeit in Österreich, und wenn wir Sie da bei Ihren Vorhaben unterstützen dürfen, dann sind wir als Sozialdemokratische Partei gerne bereit, das auch zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Sozialminister, die Erwartungen an Ihre Person als Politprofi aus Vorarlberg, der sich jetzt entschieden hat, in die politische Bundesliga zu wechseln, sind wirklich sehr groß, und ich würde Sie wirklich bitten, alle Maßnahmen zu setzen, die jenen Menschen in Österreich helfen, die jetzt die Abfederung dieser wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Kriegs in der Ukraine dringend brauchen. Und das sind alle Berufsgruppen, das sind alle Menschen, das sind PensionistInnen, das sind Familien, das sind Arbeitnehmer, das sind aber auch Unternehmer, die jetzt unsere Unterstützung brauchen. Ich möchte daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat rasch ein Maßnahmenpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Kriegs in der Ukraine vorzulegen. Das Paket soll dabei unter anderem folgende Punkte umfassen:
- Inflationsdämpfende Maßnahmen, wie zum Beispiel eine befristete Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas oder ein Vorziehen der Pensionserhöhung für 2023.
- Die Ausarbeitung eines adaptierten Kurzarbeitsmodells gemeinsam mit den Sozialpartnern.
- Die Schaffung eines Krisenüberbrückungsfonds für vom Krieg betroffene Unternehmen.“
*****
Herr Sozialminister, Sie sehen, es ist ein Entschließungsantrag, der alle Berufsgruppen, Selbstständige, Unselbstständige, Senioren und Familien, abdeckt. Der Herr Bundeskanzler hat heute in seiner Rede zu Beginn dieses Plenartages den Satz gesagt: Wir brauchen in Europa Geschlossenheit und Einigkeit gegen diesen Krieg.
Herr Sozialminister, wir brauchen aber auch in Österreich Geschlossenheit und Einigkeit gegen diese Teuerung und gegen jede Art von steigender Armut. (Abg. Litschauer: Beim Klimawandel ...!) Bitte unterstützen Sie unseren Entschließungsantrag! (Beifall bei der SPÖ.)
18.10
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch
Genossinnen und Genossen
betreffend: Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine
eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine
Inflation wird zu einem noch größeren Problem für viele Menschen
Die ohnehin bereits hohe Inflation wird durch den Krieg hoch bleiben und zumindest kurzfristig noch höher werden – für Februar schätzt die Statistik Austria bereits eine Inflationsrate um die 6% - im Jänner waren es noch 5,1% gewesen. Die Preistreiber bleiben dabei zunächst die Energiepreise – insbesondere Gas und Erdöl. Mit zunehmender Dauer des Konflikts wird es aber auch in anderen Segmenten aufgrund des Ausfalls bzw. der Verteuerung von Vorprodukten zu Preissteigerungen kommen. Das gilt insbesondere für den Lebensmittelbereich, wo die Ukraine ein wichtiger, globaler Getreidelieferant ist. ÖkonomInnen gehen daher allein im Bereich der Lebensmittel - nur durch den Krieg - von bis zu 5% Inflation in den nächsten Monaten aus. Die gestiegenen Gaspreise werden kurz- bis mittelfristig zu einer breiten Verteuerung der Produkte beitragen, sodass sich die Inflation auch auf alle anderen Produkte durchschlagen wird. Darüber hinaus wird es durch Sanktionen und Gegensanktionen zu Störungen in den globalen Lieferketten kommen – diese Störungen gab es schon in der Corona Krise und auch diese werden die Inflation auf hohem Niveau halten bzw. weiter antreiben. Für viele Menschen in Österreich ist die Teuerung der letzten Monate bereits nicht mehr verkraftbar – eine weitere Beschleunigung bzw. ein konstant hohes Niveau der Inflation hat dramatische soziale Auswirkungen.
Wirtschaft in Österreich bereits direkt betroffen
Die österreichische Wirtschaft hat in bestimmten Branchen enge Verflechtungen sowohl nach Russland als auch in die Ukraine. Die hohe Abhängigkeit von russischem Gas ist mittelfristig für die gesamte Industrie ein Problem. Kurzfristig sind auch die hohen Gaspreise ein Problem, weil sie die Produktionskosten auf breiter Front vergrößern. Ex- und Importe mit Russland halten sich jeweils mit 2 Mrd. € (0,5% des BIP) die Waage. Im Exportbereich nach Russland sind insbesondere Maschinen- und Anlagenbau (40% der Exporte nach Russland), der Pharmabereich (23% der Exporte) sowie Lebensmittel (11% der Exporte) betroffen. In die Ukraine werden Waren im Ausmaß von ca. 500 Mio. € aus Österreich exportiert und umgekehrt Waren im Ausmaß von 800 Mio. € aus der Ukraine nach Österreich eingeführt. Die wichtigsten Exportkategorien sind der Pharmabereich (17%) und Maschinen- und Anlagen (16%). Bei den Importen sind es Mettalurgische Erze (57%). Insgesamt scheinen die direkten wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland und der Ukraine gering – mit 2,5 Mrd. € an Exporten in die Ukraine und nach Russland sind nur 1,7% der gesamten österreichischen Exporte direkt betroffen.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen aber, dass es auch scheinbar kleine Vorprodukte aus der Ukraine sind, die in Europa bereits zu Produktionsschwierigkeiten führen. So fehlen den europäischen Autobauern Kabelstränge, die aus der Ukraine geliefert werden. Werke in Deutschland sowie in Österreich (z.B.: BMW Werk in Steyr) pausieren bereits oder sind kurz vor einem Stillstand. In der hochspezialisierten Produktion können
Vorprodukte oft nicht – und besonders nicht sehr schnell – ohne weiteres substituiert werden. Auch in der holzverarbeitenden Industrie dürfte es jetzt schon zu Problemen kommen, weil Vorprodukte aus der Ukraine fehlen. Durch die Produktionsausfälle sind Arbeitsplätze und bei längerer Fortdauer der Krise möglicherweise ganze Standorte gefährdet.
Handeln bevor es zu spät ist.
Die Regierung wäre gut beraten, die Fehler der Corona-Pandemie nicht zu wiederholen. Ein zaghaftes und unkoordiniertes Vorgehen bei den Wirtschaftshilfen hat zu Beginn der Corona-Pandemie viel Arbeitsplätze gekostet und nach zwei Jahren Krise haben wir gesehen: Österreich zählt zwar zu den Ländern mit den höchsten Wirtschaftshilfen, gleichzeitig gibt es aber in der EU nur 5 Länder (lt. Daten der Europäischen Kommission) die seit Ausbruch der Corona-Pandemie eine schlechtere Wachstumsperformance als Österreich abgeliefert haben. Wir müssen daher aufpassen, nicht noch weiter abzurutschen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat rasch ein Maßnahmenpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Kriegs in der Ukraine vorzulegen. Das Paket soll dabei unter anderem folgende Punkte umfassen:
- Inflationsdämpfende Maßnahmen, wie zum Beispiel eine befristete Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas oder ein Vorziehen der Pensionserhöhung für 2023.
- Die Ausarbeitung eines adaptierten Kurzarbeitsmodells gemeinsam mit den Sozialpartnern.
- Die Schaffung eines Krisenüberbrückungsfonds für vom Krieg betroffene Unternehmen.“
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Sozialminister, lieber Johannes Rauch! Ich freue mich ganz besonders, dass du heute hier sitzt und dich entschlossen hast, dieses in dieser Zeit alles andere als einfache Amt anzutreten und Wolfgang Mückstein nachzufolgen, bei dem ich mich sehr herzlich für alles, was er getan hat, bedanken will – für seinen Einsatz, der alles andere als einfach war.
Ich sage es ganz ehrlich: Mich hat es als Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen ganz besonders gefreut, dass du das Thema Sozialpolitik und deine Rolle als künftiger Sozialminister so sehr in den Vordergrund gestellt hast. Es wird tatsächlich einiges auf uns zukommen, wenn die Pandemie einmal so weit überwunden ist, dass wir uns,
obwohl wir es bislang schon gemacht haben, noch brennender, noch stärker um gewisse soziale Problemfelder kümmern können, die wir tatsächlich haben. Du bist als Sozialminister ja so etwas wie der Schutzminister des Sozialstaats, einer Sozialstaatlichkeit.
Du hast heute den hohen Stellenwert des Sozialstaats betont, die Wichtigkeit des Sozialstaats. Tatsächlich ist es diesem Sozialstaat zu verdanken, dass wir ohne gröbere soziale Verwerfungen durch diese Krise gekommen sind, dass wir mit einem funktionierenden Gesundheitssystem durch diese Krise gekommen sind, das in der Lage war, Impfungen für sehr viele Menschen aufzustellen, die Betreuung und Versorgung von sehr vielen kranken Menschen sicherzustellen, und das sich als ausgesprochen widerstandsfähig gegen die enormen Belastungen, die wir gehabt haben, erwiesen hat. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Wir haben glücklicherweise ein Sozialsystem, in dem wir als Politik sehr rasch und einfach reagieren können, um es auch in Krisen noch sicherer zu machen, als es ohnehin schon ist. Das haben wir mit den Erhöhungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung gezeigt, mit den Erhöhungen im Bereich der Notstandshilfe, um eben dieser sozialen Krise – dieser drohenden sozialen Krise – entgegenzusteuern. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass bei einer solchen Pandemie mit derartigen ökonomischen und sozialen Verwerfungen die soziale Sicherheit einigermaßen im Lot gehalten werden kann!
Diesen Sozialstaat gilt es um jeden Preis abzusichern. Diesen Sozialstaat gilt es allerdings dort auszubauen, wo wir tatsächlich noch Lücken haben – und die haben wir auch, das muss man ganz klar sagen. (Beifall bei den Grünen.)
Der Sozialstaat wird immer wieder sehr gerne als Kostenfaktor, als überbordend, als Ausgabenfaktor gesehen, und er wird sehr oft darauf reduziert. – Nein, Sozialstaatlichkeit ist deutlich mehr. Sozialstaatlichkeit sichert Teilhabe, Sozialstaatlichkeit sichert Vertrauen; der Sozialstaat ist vor allem auch ein enormer ökonomischer Faktor. Wenn wir am Höhepunkt der Krise 34 Prozent unserer gesamten Wirtschaftsleistung für Sozialleistungen, für die sozialstaatlichen Leistungen in diesem Land ausgegeben haben, für Pensionen, für die Arbeitslosenversicherung, für das Gesundheitswesen, dann sehen wir erst, wie enorm die Bedeutung ist. (Beifall des Abg. Kucher.) Ohne diesen Sozialstaat wäre Wirtschaftlichkeit oder wirtschaftliches Handeln oft gar nicht möglich, weil der Sozialstaat erst die Rahmenbedingungen im Bereich der Bildung, der Kinderbetreuung, der Pflege, der Gesundheitsversorgung, des Arbeitslosensystems schafft, damit wirtschaften überhaupt möglich ist.
Es ist mir und uns Grünen ein besonderes Anliegen, auch immer wieder auf diese Bedeutung von Sozialstaatlichkeit hinzuweisen. Der Sozialstaat ist kein Kostenfaktor. Der Sozialstaat ist ein Faktor einer zivilisierten Gesellschaft, ist eine zivilisatorische Errungenschaft und ein enormer Produktionsfaktor, ein enormer Produktivfaktor, der allen Menschen dient. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Kucher.)
18.14
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Rauch! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Meine Damen auf der Regierungsbank! Ich habe deswegen Minister Rauch zuerst begrüßt, weil er hier im Parlament neu ist – herzlich willkommen auch von unserer Seite!
Sie haben sich heute ja schon sehr eindringlich vorgestellt. Sie haben gesagt, Sie werden die Hand ausstrecken, haben die Hand gegenüber der Freiheitlichen Partei aber
gleich wieder eingezogen. Mit uns wollen Sie gleich gar nicht verhandeln, denn wir waren ja gegen die Impfpflicht. Dabei wird es auch bleiben, wir werden auch weiterhin gegen diese Impfpflicht sein, weil sie ein massiver Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte des Einzelnen und in die körperliche Unversehrtheit ist, meine Damen und Herren!
Dazu stehen wir auch, und wenn das dazu führt, dass Sie uns keine Hand reichen, dann werden wir das zur Kenntnis nehmen. Dann zeigt es aber auch, dass das, was Sie gesagt haben, nicht so gemeint war und dass es nicht nur so weitergeht, sondern dass es noch viel schlimmer weitergeht; denn eines muss man dem ausgeschiedenen Sozialminister zugutehalten: Er hat zumindest das Gespräch weiterhin gesucht, in dem Wissen, dass unsere Meinung eine vollkommen konträre ist und dass wir uns da auch niemals treffen werden. Das haben Sie heute also schon einmal klargestellt. Dafür, dass wir gleich am Anfang wissen, woran wir sind, eigentlich herzlichen Dank!
Wenn wir schon dabei sind: Sie haben sich heute – was sehr erfreulich war – hierhergestellt und gesagt, Sie seien vor allem auch Sozialminister. Das ist gut, wichtig und richtig. Das haben wir in den letzten Jahren ja nicht gehabt, Minister Mückstein hat im Sozialbereich gar nichts gemacht. Wenn der Vizekanzler sich hierherstellt und sagt, dieser habe eine Pflegereform vorbereitet, ja, da frage ich mich: Also was hat er da tatsächlich gemacht? – Man hört und sieht davon nichts. Vielleicht war es der Pandemie geschuldet, oder seiner Arbeit, er hat sich ja vor allem auf den Gesundheitsbereich konzentriert. Was rausgekommen ist, ist natürlich auch unterschiedlich zu bewerten.
Sie haben auch gesagt – ich habe Ihnen genau zugehört –, Sie achten Parlamentarismus, Demokratie und die Gesetzgebung auf dem Boden der Verfassung. Das finde ich sehr positiv und sehr erfreulich, Gesetzgebung auf dem Boden der Verfassung war nämlich in den letzten zwei Jahren auch nicht gegeben. Wir wissen genau, wie viele Verordnungen, wie viele Gesetze vom Verfassungsgerichtshof in den letzten beiden Jahren aufgehoben worden sind. Das ist mit Sicherheit nicht etwas, was wir besonders geschätzt haben, und da werden wir Sie natürlich an Ihren Taten messen, Herr Bundesminister!
Die sozialen Probleme, die soziale Krise – das kommt jetzt erst auf uns zu. Mein Vorredner hat darüber gesprochen, dass wir die Pandemie halbwegs im Sozialgefüge geschafft haben. – Ja, da gebe ich Ihnen recht, das haben wir halbwegs geschafft. Was aber jetzt auf uns zukommt, ist die soziale Krise, die einerseits natürlich als Folge dieser Pandemie zu uns hereinschwappt. Wenn Sie sagen, dass schon über 31 Prozent des Budgets im Sozialsystem dringesteckt sind, dass wir die dafür gebraucht haben, dann ist es zwar gut, dass wir ein soziales Netz haben, auf der anderen Seite aber ist es ein schlechtes Zeugnis für die Politik, die Sie gemacht haben: dass wir nämlich 31 Prozent aufwenden mussten, um das halbwegs aufzufangen. Das möchte ich eigentlich nicht, denn wir brauchen vielmehr eine aktive Wirtschaftspolitik. Die haben Sie aber mit Ihren Coronamaßnahmen komplett kaputt gemacht, meine Damen und Herren!
Ja, aber die Wirtschaftskrise wird jetzt kommen, die Sozialkrise wird jetzt kommen, natürlich auch noch verstärkt durch den Krieg in der Ukraine, und dazu möchte ich schon eines klarstellen, weil heute hier schon mehrmals von allen möglichen Parteien kam: Ja, es gibt vier Parteien, die für den Frieden sind! – Die Freiheitliche Partei hat von Anfang an diesen Krieg verurteilt. Jeder militärische Krieg ist zu verurteilen, da gibt es kein Wenn und kein Aber! Was wir aber schon kritisieren, und dazu stehen wir auch, das ist die Kriegsrhetorik, die auch heute hier wieder vom Platz des Bundeskanzlers ausgegangen ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist genau diese Rhetorik, die wir nicht brauchen. Wir brauchen nicht Öl ins Feuer zu gießen, und das ist nicht ein Knien vor Putin, sondern das ist eine Bedachtnahme. Was wir jetzt brauchen, ist Deeskalation!
Wir werden in den nächsten Monaten und Wochen hier noch sehr, sehr viel über die sozialen Anspannungen reden müssen, vor allem über die Energiekosten, die jetzt durch diesen Krieg natürlich in unsagbare Höhen schnellen werden. Wir werden auch über die soziale Krise reden, weil sich die Leute das Wohnen nicht leisten können, die Energiekosten nicht leisten können, Lebensmittel oftmals nicht mehr werden leisten können. Es wird natürlich durch die Energiekrise alles teurer. Das sind die Aufgaben, die Sie in den nächsten Monaten zu bewältigen haben. Wir sind gerne dazu bereit, dabei auch ein Stück weit mitzuhelfen, und wir werden Sie letztlich an den Taten messen. (Beifall bei der FPÖ.)
18.19
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Irene Neumann-Hartberger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich möchte einleitend die Gelegenheit nützen, um unseren neuen Sozial- und Gesundheitsminister hier im Hohen Haus recht herzlich willkommen zu heißen; vor allem wünsche ich Ihnen viel Kraft und Ausdauer in dieser doch sehr herausfordernden Zeit. Und ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit und bin sehr zuversichtlich, dass wir die von uns Bäuerinnen und Bauern schon so lange geforderte Herkunftskennzeichnung mit Ihrer Unterstützung in Bälde werden umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)
Nun möchte ich einen Blick über unsere Grenze werfen. Krieg geht uns alle an, vor allem dann, wenn er in Europa stattfindet. Wenn ich die Bilder der zerstörten Städte, der aufgerissenen Straßen, der bombardierten Hochhäuser und Autos sehe, Bilder Tausender flüchtender Männer, Frauen, Jugendlicher und Kinder, teilweise mit Babys oder sogar Haustieren, bin ich persönlich zutiefst erschüttert. Viele Menschen in ganz Europa zeigen sich aber solidarisch und schicken Hilfs- und Lebensmittel. Wer schnell hilft, hilft doppelt, aber humanitäre Hilfe ist vermutlich langfristig notwendig; Kontinuität wird dabei immens wichtig sein.
Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht, aber viele Frauen sind auch noch in der Ukraine geblieben, kämpfen wie Löwinnen, versuchen, ihre Männer zu unterstützen, die Versorgung vor Ort so gut es geht aufrechtzuerhalten oder bringen ihre Kinder, ältere und verletzte Personen in Sicherheit. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Die Frauen in der Ukraine leisten in dieser gefährlichen Situation ebenso wie ihre Landsmänner Übermenschliches.
Gerade in solchen Krisenzeiten zeigen sich auch wieder einmal Abhängigkeiten, die vorher oft nicht so augenscheinlich und mit Sicherheit auch nicht jedem Mann und jeder Frau bewusst sind. Die Ukraine ist mit einer Fläche von 600 000 Quadratkilometern das zweitgrößte Land Europas und fast doppelt so groß wie Deutschland – nur um sich die Dimensionen auch ein wenig vorstellen zu können –, und allein die Agrarfläche der Ukraine ist mit 32 Millionen Hektar viermal so groß wie die Gesamtfläche Österreichs. Somit ist die Ukraine viertwichtigster Lieferant von agrarischen Produkten in die EU.
Der Krieg in der Ukraine hat aber auch massive Auswirkungen auf die weltweite Lebensmittelversorgung, und vor allem trifft es jene Länder, die von Instabilität und Lebensmittelknappheit geprägt sind. Somit ist dieser Krieg auch ein Brandbeschleuniger, was die Hungersnot in der Dritten Welt betrifft. Und auch wenn bei uns in Österreich die Lebensmittelversorgung sichergestellt ist, können uns die schwerwiegenden Verwerfungen im Agrarhandel nicht egal sein. Allein die steigenden Treibstoffpreise, die teilweise
nicht vorhandenen oder exorbitant teuren Düngemittel stellen unter anderem für unsere landwirtschaftliche Produktion eine unbewältigbare Herausforderung im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit dar. Die explodierenden Weizen- und Getreidepreise verursachen bereits jetzt im Lebensmittel-, aber auch im Futtermittelbereich enorme Preissteigerungen. Das heißt, dass zum Beispiel die ohnehin schon schwierige Preissituation in der Schweinefleischproduktion noch akuter wird.
Und wer wird heuer die Landwirtschaft in der Ukraine betreiben? Wer wird für die Weizenproduktion dort sorgen? Wenn die Männer das Land militärisch verteidigen, wird es wieder an den Frauen und Kindern liegen, dies zu übernehmen. Wenn wir heute den Weltfrauentag begehen, dann sollten wir anlässlich dessen an erster Stelle an die Frauen in der Ukraine denken. Wir Bäuerinnen in Österreich werden uns massiv für die Unterstützung dieser Frauen einsetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)
Wenn der Weizen knapp oder nicht mehr leistbar wird, ist das für einige Länder zum Beispiel in Nordafrika noch schlimmer als der Mangel an Treibstoff oder Strom, denn Brot aus Weizen ist das Essen der armen Leute, oftmals das Einzige, das sie sich leisten können – und dann ist es zu Hungeraufständen und Unruhen auch dort nicht mehr weit.
Vielleicht nehmen wir den heutigen Tag zum Anlass, uns die Unannehmlichkeiten der letzten zwei Jahre – Verordnungen, Maßnahmen, die der eine oder andere einmal mehr, einmal weniger positiv bewertet oder verurteilt hat – in ihrer Verhältnismäßigkeit ins richtige Licht zu rücken: Krieg als schlechter Anlass, uns bewusst zu machen, wie glücklich und dankbar wir eigentlich sein müssen, in einem Land wie Österreich leben zu dürfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
18.25
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Konflikte eskalieren zu Kriegen – überall auf der Welt, nun einmal auf europäischem Boden. Die Reaktionen Österreichs, der EU, der internationalen Staatengemeinschaft waren auf diese Kriegssituationen hin unterschiedlich, auch gegenüber demselben Aggressor – Putin –, denn bereits in Aleppo wurden Tausende Zivilistinnen und Zivilisten durch Putins grausame Spiele getötet und gefährdet. Wir können viel über die Versäumnisse der großen Politik gegenüber Putin reden, über mangelnde Distanz, kurzsichtige, egoistische und daher falsche Entscheidungen, doch damit ist jetzt keinem der Kinder, die im Keller sitzen und sich fürchten, geholfen und keinem flüchtenden Menschen gedient.
Ich glaube, wir hier sind uns noch nicht ganz des Ausmaßes der Katastrophe bewusst – die Zahl liegt heute bei zwei Millionen Flüchtenden; das UNHCR geht natürlich von weiteren Bewegungen aus –, das sollte aber die Richtschnur dafür sein, worauf wir als Politikerinnen und Politiker hier den Fokus legen: Wie helfen wir bestmöglich den vielen Menschen, die um ihr Leben bangen?
Wir reden mehr, aber es ist die Zivilgesellschaft in Europa, in Österreich, die wirklich mehr hilft, als dass sie redet – das Mitgefühl ist berührend –, mit Geld, Sachspenden in hohem Ausmaß, der Bereitstellung von Privatunterkünften, indem sie Menschen mobilisiert. Das kennen wir, das haben wir schon einmal erlebt: 2015 und die Jahre danach.
Die damalige Hilfe wurde in den letzten Jahren selten anerkannt und oft vonseiten der Regierung schlechtgeredet. Auch heute hat Bundesministerin Raab im Interview bewiesen,
dass es noch weiter so gesehen wird. Sie sagte, es sei jetzt eine ganz andere Situation als 2015.
Aber auch schon die letzten Jahre kamen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten wie Syrien und Afghanistan – eine Mehrheit der Asylwerber kam von dort –, und da in gute und schlechte Flüchtlinge und somit in gute und schlechte Hilfe durch die Zivilgesellschaft zu unterscheiden ist zynisch. Sie als Regierung sollten einfach dankbar sein für das große Engagement, das auch jetzt wieder auflebt, insbesondere deswegen, weil das Innenministerium es unterlassen hat, sich in den letzten Jahren resilient und effizient auf neue Flüchtlingsbewegungen einzustellen, und zwar sowohl, was Asylverfahren, als auch, was die Unterbringung betrifft.
Auf europäischer Ebene hat man sich auch durchgehend destruktiv gezeigt. Umso erfreulicher ist es jetzt, dass man eingeschwenkt hat, weil man gemerkt hat, dass man nur gemeinsam in Europa tätig werden und konstruktiv zu Lösungen finden kann, denn letzte Woche wurde die Massenzustromrichtlinie auch mit Zustimmung Österreichs aktiviert. Das ist historisch und sehr zu begrüßen, denn dadurch müssen aus der Ukraine geflüchtete Menschen kein langwieriges Asylverfahren auf sich nehmen, sondern erhalten in der EU sofort einen Schutzstatus, sofort Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Schule, zur Krankenversicherung und Sozialleistungen.
Weil wir schlecht aufgestellt sind, braucht die Regierung da so viel Hilfe, wie sie bekommen kann. Das beginnt bei der Unterbringung. Wie der Rechnungshof kritisch festgestellt hat, sind wir da ganz mangelhaft aufgestellt, aber leider auch, was die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen betrifft. Darunter haben die letzten Jahre schon viele Kinder gelitten, und – das habe ich schon öfter mit dem Minister diskutiert – die Lage verbessert sich viel zu langsam.
Wenn ich jetzt aber vom Kanzler höre, man sollte illegale Fluchtrouten schließen, wenn ich höre, dass die EU-Kommissarin von der Gefahr von Menschenhandel spricht – und Save the Children jetzt von 800 000 Kindern, viele unter 14 Jahre, viele unbegleitet, ausgeht –, entgegne ich: Wir könnten sichere Korridore auch nach Österreich bilden und direkt aus dem Nachbarland Kinder retten, bevor sie weiter in Gefahr sind. Das wäre eine konkrete Hilfe für die Vulnerabelsten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wenn die Menschen dann hier sind, so wurde ihnen versprochen, würden sie rasch und unbürokratisch Hilfe bekommen. Rasch heißt in einer humanitären Notlage nicht innerhalb von Wochen, sondern von Tagen, und diesbezüglich werden wir langsam säumig. Wir müssen die Richtlinie durch Verordnung im Hauptausschuss umsetzen. Was ist es, das da jeden Tag, jede Stunde nicht geschieht? – Schutzsuchende kommen nach Österreich, mittlerweile Tausende pro Tag, und es gibt keine offizielle Registrierung. Es gibt keine Regelung, wie sie in die Grundversorgung kommen. Der nächste Punkt: Sie sind nicht krankenversichert. Sie sitzen irgendwo herum, teilweise verwundet – physisch oder psychisch – und haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Das heißt, wir müssen diese Verordnung ganz schnell im Hauptausschuss annehmen, um unbürokratische Hilfe zu ermöglichen.
Wenn sich die Regierungsmitglieder zu Wort melden, möchte ich eines einmahnen – der Herr Innenminister hat Folgendes gemeint: „Wir brauchen rasche und unbürokratische Hilfe für ukrainische Kriegsflüchtlinge, da hilft es nicht, wenn wir Drittstaatsangehörige mit einbeziehen“.
Ich ersuche Sie, hier nicht zu verwirren: Ganz klar ist nach der Richtlinie auch derjenige, der in der Ukraine auch schon Asyl erhalten hat, hier ins schnellere Prozedere zu nehmen, das heißt sehr wohl auch Afghanen, Syrer und Menschen, die schon einmal in
ihrem Leben als Flüchtling anerkannt sind und jetzt wieder fliehen müssen. Sie haben hier auch diesen Schutz zu genießen.
Lassen Sie dieses Verwirrspiel, diese harte Kante, das ist einfach der ganzen Debatte nicht würdig! Wir haben hier eine unfassbare humanitäre Notsituation. Es ist keine Zeit für Spielchen mit Worten, handeln Sie einfach – damit haben Sie ausreichend zu tun und sind ausgelastet! Danken Sie der Zivilgesellschaft, wo immer sie einspringt, und nehmen Sie sie mit! (Beifall bei den NEOS.)
18.30
Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Auch von meiner Seite an den neuen Minister Johannes Rauch ein herzliches Willkommen – ein herzliches Willkommen hier im Nationalrat, ein herzliches Willkommen auf der großen Bühne der Bundespolitik. Danke auch für die Rede – mein Respekt jetzt schon! Diese Ankündigung der Politik für die nächsten Monate und Jahre ist ein gutes Statement gewesen und lässt mich doch sehr optimistisch auf die nächsten Monate und Jahre blicken.
Ich möchte auch mit einem Zitat beginnen, weil heute schon Zitate gefallen sind: Mögest du in interessanten Zeiten leben. – Das ist eigentlich ein Fluch, aber ich glaube, es trifft einfach die Arbeit eines Gesundheits- und Sozialministers in Zeiten der Pandemie am besten.
Wir haben in Österreich ein System, in dem über Jahrzehnte viele Themen liegen geblieben sind, über Jahrzehnte hinweg auch in sozialdemokratischer Verantwortung. Das finde ich ja immer recht spannend, wenn dann so ein bisschen eine Kindesweglegung so wie heute stattfindet, wenn man sich hinstellt und sagt: Na ja, eigentlich haben wir mit den großen Problemen im Sozial- und Gesundheitswesen nichts zu tun! Über Jahre hinweg hat es da ja immer ein gewisses Maß an Kindesweglegung gegeben, und in dieser Pandemie kommen diese Probleme umso mehr zutage, in dieser Pandemie, die auch als Brennglas, als Fokussierung wirkt.
Wir haben hier in Österreich durchaus nicht nur pandemiebedingt ein Thema, dass Menschen sich dabei, wie wir versucht haben, die Pandemie zu bekämpfen, ungerecht behandelt fühlen, sondern auch dahin gehend, dass es einfach – der Minister hat es heute, glaube ich, unverständliche Maßnahmen oder unverständliche Entscheidungen genannt – in den letzten Jahren durchaus die eine oder andere Entscheidung gegeben hat, die eben unverständlich und unpassend für viele Menschen draußen war. Jetzt und in den nächsten Wochen und Monaten müssen wir schauen, dass wir dieses Vertrauen wiederherstellen.
Ich möchte, bevor ich auf die Zukunft, auf diese nächsten Wochen und Monate eingehe, nur noch einmal kurz einen Schritt zurück machen, auch in die Vergangenheit schauen, die letzten elf Monate betrachten und die Chance nutzen, mich nochmals ausdrücklich bei Wolfgang Mückstein zu bedanken. Er hat in Wirklichkeit in diesen elf Monaten den wahrscheinlich schwierigsten Job in diesem Land gehabt. Er hat im Endeffekt in einer sehr schwierigen Situation dieses Amt als Gesundheitsminister übernommen, er hat sein Bestes versucht. Er hat gekämpft, er hat wirklich gearbeitet, sehr zielstrebig gearbeitet, aber er musste eben auch anerkennen, dass es auf Dauer gesehen auch aufgrund einer
vergifteten Situation nicht gerade einfach war, das alles auszuhalten. Er hat es ja selber in der Pressekonferenz gesagt: Das hält man nicht sehr lange aus.
Es geht jetzt gar nicht so sehr um die Personen, die ihn konkret bedroht haben, sondern es geht auch um diejenigen, die diesen Boden aufbereitet haben, dass solche Bedrohungsszenarien für einen Minister oder für eine Ministerin in diesem Land überhaupt möglich waren. Ich denke, es wäre hoch an der Zeit, mit den Worten, mit der Diffamierung, mit den Fakenews, mit den Ankündigungen, mit den Halbwahrheiten nicht nur hier im Plenum oder auf diversen Demos, in Reden aufzuhören. Es wäre hoch an der Zeit, abzurüsten, die Worte dementsprechend etwas zurückzunehmen und – wie es heute geheißen hat – aufeinander zuzugehen, miteinander zu diskutieren und auf Augenhöhe miteinander umzugehen, so wie es heute auch der Minister beschrieben hat. Ich glaube, das tut uns allen miteinander gut und damit würde man auch diesem Land einen Gefallen tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
In den kommenden Monaten haben wir noch einiges vor, es gibt einige Herausforderungen. Das eine ist die Pandemie, ist der Herbst, ist das Thema, uns optimal auf den Herbst vorzubereiten, das Impfen – ein Schlagwort –, aber natürlich auch die Frage von Long Covid – Kollegin Holzleitner hat es ja heute hier auch angesprochen –: Da sind wir in Österreich durchaus schon federführend und haben da auch schon einiges auf den Weg gebracht. Da gilt es jetzt, nicht nachzulassen und Long Covid entsprechend mit in den Fokus zu rücken.
Die Pflegereform wurde heute schon angesprochen. Diesbezüglich ist bitte nicht zu vergessen, dass wir uns auch die Kompetenzen noch einmal anschauen müssen, diese Paragraf-15-Kompetenzverteilung im GuKG ist im Detail nochmals anzuschauen. Ich glaube, Pflegefachkräfte können viel mehr. Sie werden auch dementsprechend ausgebildet. Wir sollten ihnen einfach auch mehr ermöglichen. Es geht um Psychotherapie, PsychologInnen, die wir ins ASVG aufnehmen sollten, Psychotherapie auf Krankenschein. Es geht um die Attraktivierung der Allgemeinmedizin. Es geht auch darum, die Leistungen unseres Krankenkassensystems abzusichern und zu verbessern. Es geht auch um nichts weniger als darum, unser österreichisches Gesundheitswesen endlich ins 21. Jahrhundert zu bringen, auch wenn es um Datenregister et cetera geht. (Beifall bei den Grünen.)
In diesem Sinne: Ich habe wahrgenommen, du (in Richtung Bundesminister Rauch) bist hoch motiviert. Wir sind es auch. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. Wir schaffen das gemeinsam. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.35
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wertes Hohes Haus! Nach dem Rücktritt von Gesundheitsminister Mückstein haben wir nun den dritten Gesundheits- und Sozialminister innerhalb von zwei Jahren. Wenn ich mir nun anschaue, welche dringenden Probleme im Zuständigkeitsbereich des Gesundheits- und vor allem Sozialministers darauf warten, angegangen zu werden, würde ich mir mehr Konsistenz in beiden Bereichen wünschen.
Wir erleben seit fast zwei Jahren eine Pandemie, die unser aller Leben auf den Kopf gestellt hat, und ich erwarte mir von Ihnen, Herr Bundesminister, dass Sie vor allem auch als Sozialminister und als Pflegeminister tätig werden, und hoffe, dass Sie von Ihren
Regierungskolleginnen und -kollegen nicht so alleingelassen werden, wie es derzeit ausschaut. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Bundesregierung hat zu Beginn der Regierungsperiode eine große Pflegereform angekündigt. Diese ist heute immer wieder angesprochen worden, aber de facto liegt nichts vor. Herr Vizekanzler Kogler hat heute die sogenannten Bausteine der Pflegereform erwähnt, die Communitynurses und die Palliativ- und Hospizversorgung. Das sind eher Bausteinchen und das ist ein bisschen planlos und unkoordiniert, so wie das bis jetzt mit dieser Bundesregierung im Gesundheits- und Sozialbereich in den letzten zwei Jahren leider immer war. Das wäre nämlich so, als würden wir sagen, wir haben Kellerziegel und Dachziegel, aber der ganze Plan für das Haus Pflegereform ist gar nicht da. (Beifall bei der SPÖ.)
Wie schaut es in der Praxis aus? – Geschlossene Stationen und unbelegte Betten aus Mangel an Personal gehören bereits zum Alltag. Ebenso werden die Aufschreie und Proteste der Pflegekräfte immer lauter, und es ist jetzt an der Zeit, Taten zu setzen. Der Pflegeberuf muss wieder attraktiver werden, um so die Flucht der Pflegekräfte in andere Bereiche zu stoppen und auch weiteren Menschen Lust auf eine qualifizierte Ausbildung in der Pflege zu machen. (Beifall bei der SPÖ.) Das könnte man zum Beispiel durch ein Ausbildungsgeld, gleich gestaltet wie bei PolizeischülerInnen, erreichen. Die Pflege ist weiblich; es drängt sich daher der Eindruck auf: Ist Frauenarbeit weniger wert?
Außerdem braucht es im Pflegebereich dringend eine Verkürzung der Normalarbeitszeit, bei vollem Lohnausgleich selbstverständlich, damit die Pflegekräfte entlastet und vor Burn-out geschützt werden, denn durch die enorme Arbeitsbelastung und den niedrigen Personalschlüssel kann kaum in Vollzeit gearbeitet werden. Auch der Zugang zur Schwerarbeitspension muss sofort ermöglicht werden. Erst in der letzten Plenarsitzung wurde beschlossen, dass die Justizwachebeamten in die Schwerarbeitspensionsregelung aufgenommen werden – auch diese Berufsgruppe ist vorwiegend männlich. Es drängt sich wieder der Verdacht auf: Ist Frauenarbeit weniger wert?
Wir brauchen dringend ein einheitliches Pflegesystem in allen Bundesländern und einen Pflegegarantiefonds, aus dem alle Pflegeleistungen finanziert werden können. Apropos Finanzierung: Die Milliarde Euro aus der KöSt-Senkung würde sich sehr gut eignen, in die Pflege investiert zu werden.
Das Thema Gesundheit und Soziales möchte ich jetzt aber auch in Bezug auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ansprechen und als SPÖ-Bereichssprecherin für Menschen mit Behinderung möchte ich auch auf die Situation für Menschen mit Behinderungen in der Ukraine aufmerksam machen. Es muss sichergestellt werden, dass diese Menschen nicht unversorgt in Einrichtungen zurückbleiben und weiterhin mit lebensnotwendigen Gütern und Medikamenten versorgt werden. Auf diese Menschen darf hier auf keinen Fall vergessen werden! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundesminister, Sie haben schon selbst erkannt, dass sehr viel zu tun ist und dass es sehr viel zu tun gibt. Es liegen große Aufgaben vor Ihnen. Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit.
Ich möchte jetzt noch folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeoffensive sofort in Angriff nehmen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort eine Pflegeoffensive zu starten und dem Nationalrat unverzüglich Regierungsvorlagen zu übermitteln, mit der
- bundesweit einheitliche Zielsetzungen festgelegt werden,
- ein Pflegegarantiefonds für kostenfreie Pflegeleistungen geschaffen wird,
- ausreichend zusätzliche Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden,
- eine Ausbildungsoffensive sofort gestartet und die derzeit laufenden Schulprojekte in den Regelbetrieb übernommen werden,
- die Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegeberufe rasch umgesetzt und
- den Pflegekräften der Zugang zur Schwerarbeitspension eröffnet wird.“
*****
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
18.41
Der Antrag folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kucher, Muchitsch,
Genossinnen und Genossen
betreffend Pflegeoffensive sofort in Angriff nehmen
eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine
Die größte Gesundheitskrise seit über 100 Jahren hat unser Land überrollt, Pflegeberufe sind gefragt und gebraucht wie noch nie, die Pflegebedürftigkeit der Bevölkerung nimmt vor allem durch die Demographie enorm zu.
Die Sicherstellung einer menschenwürdigen und hochwertigen Pflege nach dem Stand der Pflegewissenschaft und Medizin sowie die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen müssen in Österreich höchste Priorität haben. Nach der Bevölkerungsprognose wird der Anteil der über 80-Jährigen bis zum Jahr 2030 von derzeit 5% auf 6,8% angestiegen sein. Bedingt durch diese Verschiebung der Altersstruktur in der Bevölkerung sagen sämtliche Studien und Prognosen für die nächsten Jahre einen steigenden Bedarf an Pflegepersonen voraus.
Wann wird die dringend erforderliche Pflegereform endlich angegangen?
Diese Regierung schafft es einfach nicht, Lösungen für dieses drängende Problem auf den Weg zu bringen. Auf Grund einer fast jährlichen Auswechslung der zuständigen Sozialminister wird die so dringende notwendige Pflegereform immer wieder verschoben.
Die drängendsten und wichtigsten Punkte – einheitliches Pflegesystem, garantierte Finanzierung der Pflegeleistungen und Ausbildungsoffensive – wurden bisher nicht angegangen.
Es braucht anstelle von neun unterschiedlichen Systemen bundesweite Festlegungen: welche Zielsetzungen werden verfolgt, welche Leistungen, welche Angebote sollen in
welcher Qualität und Quantität zu welchen Kosten verfügbar sein. Damit kann man Transparenz und Vergleichbarkeit für alle sicherstellen.
Pflege qualitativ ausbauen und die Qualität sicherstellen kann nur durch eine gesamtheitliche Steuerung der Pflege geschehen, die Rücksicht auf regionale Gegebenheiten nimmt und Mindestkriterien festlegt sowie unabhängig kontrolliert.
Die Finanzierung aus einem Topf ist ein wichtiger Baustein dazu. Derzeit besteht der Pflegefonds als Provisorium und dient als Ausgleichfonds für die Sozialhilfeträger. Dieser Fonds muss umgestaltet und dauerhaft finanziert werden.
Durch Schaffung eines Pflegegarantiefonds sollen die Mitteln der Länder und des Bundes zusammengeführt und entsprechend aufgestockt werden, damit die benötigten Pflegeleistungen den Pflegebedürftigen kostenlos zur Verfügung gestellt werden können.
Im Pflegebereich rechnet man bis 2030 mit einem Bedarf von zusätzlichen 80.000 Pflege- und Betreuungskräften. Bis zum Jahr 2050 ist in Österreich mit einem Anstieg pflegebedürftiger Menschen von derzeit 450.000 auf 750.000 Menschen zu rechnen.
Das derzeit beschäftigte Pflegepersonal ist bereits physisch und psychisch extrem belastet. Mehrere hundert Stellen können gar nicht besetzt werden. Der Mitarbeitermangel trifft auch Pflegeeinrichtungen im ganzen Land. Immer mehr Pflegehäuser und Einrichtungen haben mit Personalnot zu kämpfen, sodass es zwar die Betten, nicht aber die dafür nötigen Pflegekräfte gibt.
Dieser Zustand ist unhaltbar!
Es braucht daher sofort eine Ausbildungsoffensive, mit der z.B. Personen, die eine Pflegeausbildung machen, eine Entlohnung (ähnlich den Polizeischülern) angeboten wird, mit der auch die Fachhochschulbeiträge erlassen, das Fachkräftestipendium für die tertiäre Ausbildung des gehobenen Dienstes geöffnet und weitere Anreize geboten werden (z.B. ein fixer Arbeitsplatz nach der Ausbildung).
Um einen Beruf mit Zukunftschancen zu ergreifen, ist es auch wichtig, dass die Arbeitsbedingungen ansprechend sind. Gerade die letzten Monate der Gesundheitskrise haben uns gezeigt, dass Pflegeberufe oft unter dramatischen Bedingungen ihre Arbeit erbringen müssen. Es braucht daher einen Personalbedarfsschlüssel und mehr finanzielle Mittel, um ausreichend Personal beschäftigen zu können.
Es bedarf aber auch attraktiver Arbeitsplätze durch bessere Arbeitsbedingungen: faire Bezahlung und langfristig lebbare Arbeitszeitmodelle: z.B. Bonus für schlechte Arbeitszeit Lage oder 6. Urlaubswoche ab dem 40. Lebensjahr. Damit kann auch die Drop Out-Rate erheblich reduziert werden. Und letztendlich muss allen Pflegekräften der Zugang zur Schwerarbeitspension eröffnet werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort eine Pflegeoffensive zu starten und dem Nationalrat unverzüglich Regierungsvorlagen zu übermitteln, mit der
• bundesweit einheitliche Zielsetzungen festgelegt werden,
• ein Pflegegarantiefonds für kostenfreie Pflegeleistungen geschaffen wird,
• ausreichend zusätzliche Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden,
• eine Ausbildungsoffensive sofort gestartet und die derzeit laufenden Schulprojekte in den Regelbetrieb übernommen werden,
• die Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegeberufe rasch umgesetzt und
• den Pflegekräften der Zugang zur Schwerarbeitspension eröffnet wird.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte gleich zu Beginn einen Entschließungsantrag einbringen, den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Solidarität und Unterstützung der Ukraine“, eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1: Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich der aktuellen Krise zwischen Russland und der Ukraine.
Dieser Antrag ist Ihnen allen zugegangen und auch im Sitzungssaal verteilt worden, deswegen würde ich ihn jetzt einfach nur noch kurz zusammenfassen.
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische Angelegenheiten, wird ersucht, sich weiterhin mit Nachdruck für die sofortige Einstellung der Angriffe Russlands und den unverzüglichen und vollständigen Abzug der Truppen, die sich illegal in der Ukraine aufhalten, sowie die Wiederherstellung unter Achtung der vollen Souveränität und territorialen Integrität in der Ukraine einzusetzen.
Es geht auch um die Bereitstellung humanitärer Unterstützung, die Bereitstellung der Korridore, den sicheren Zugang zur betroffenen Zivilgesellschaft, zur Bevölkerung und darum, die Flucht von Frauen und Kindern unverzüglich zu gewährleisten, Hilfskorridore einzurichten, Frauen und Mädchen auch auf der Flucht zu schützen, multilaterale und bilaterale Initiativen zu unterstützen, die zu einer militärischen Deeskalation und zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen der Ukraine und Moskau führen.
Es geht um die Verhängung geeigneter weiterer Maßnahmen politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Natur auf EU-Ebene und um umfassende Sanktionen. Wichtig ist auch, Belarus in die Sanktionen miteinzuschließen und diese Sanktionen auch so zu handeln, dass es keine Bypasskonstruktionen geben kann.
Maßnahmen auf EU-Ebene sollen gesetzt werden, die auf eine schrittweise Reduktion der Energieabhängigkeit von Russland und eine Diversifizierung der Energieversorgung sowie langfristig auf den Umstieg auf erneuerbare Energien abzielen. – Diesen Antrag möchte ich hiermit miteinbringen.
*****
Nun komme ich zu meiner eigentlichen Rede. Vor dreizehn Tagen hat dieser Krieg in Europa begonnen und wir saßen damals gemeinsam hier. Ich habe eine Stimmung
wahrgenommen, in der meine Sitznachbarin gesagt hat: Am liebsten würde ich jetzt zu meiner Tochter nach Hause fahren.
Ich selber habe mich äußerst unwohl gefühlt und wir alle waren eigentlich emotional unglaublich berührt von dem, was da passiert. Umso mehr schockiert es mich jetzt, was heute in dieser Sitzung aus dem, was vor noch nicht einmal zwei Wochen, vor zehn Tagen, war, gemacht wurde. Die Stimmung, die wir damals hatten, war Angst, das war ein Schulterschluss zwischen allen, es war eine Unklarheit, wohin wir jetzt gehen. Nach zwei Wochen Krieg, den wir vor unserer Haustür haben, wird das parteipolitisch – und zwar von mehreren Fraktionen – eiskalt polemisch genutzt, und das finde ich erschreckend. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir sehen sterbende Kinder, wir sehen Bilder von toten Zivilisten am Straßenrand – Sie kennen alle die Bilder aus den Luftschutzbunkern. Wir wissen, würde die Nato da militärisch intervenieren, hätten wir einen Weltkrieg. Allerdings findet dieser Weltkrieg bereits jetzt statt, es ist aber ein kalter Weltkrieg, der da stattfindet. Wir sind irgendwo mittendrin und ich glaube, es ist polemisch und vielleicht sparen Sie sich (in Richtung FPÖ) einmal Ihre Buttonproduktionsaffinität und nützen diese Energie für etwas anderes, für etwas völlig anderes!
Es geht hier nicht um eine Nato-Beitrittsdebatte, um eine herbeigesehnte Neutralitätsdebatte, wir spielen hier nicht Wag-the-Dog und lenken von irgendeiner Sache ab, sondern es geht um Versäumnisse der letzten Jahrzehnte. Diese Versäumnisse haben Vorgängergenerationen begangen, dafür können wir alle nichts. Ich gebe hier parteipolitisch niemandem die Schuld. Es waren Versäumnisse und es war ein naiver Pazifismus, der uns auf dem gesamten Kontinent Europa in die Situation gebracht hat, in der wir jetzt sind.
Ich muss Beate Meinl-Reisinger völlig recht geben: Wir stehen jetzt in einer Situation, die wir gemeinsam ausbaden müssen, und wir werden dafür Wege brauchen, wir werden dafür einen Schulterschluss und Neutralität brauchen. Wir werden uns weiterhin zur Neutralität verpflichten, aber Neutralität heißt nicht, einfach zuzuschauen, wenn Menschenrechte verletzt werden, wenn Menschen getötet und niedergemetzelt werden – das ist nicht Neutralität! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Ribo.)
Das lateinische Sprichwort ist in letzter Zeit oft gefallen: Si vis pacem, para bellum. Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg. – Dann müssen wir uns aber auch überlegen: Was machen wir als Europäische Union? Was machen wir jetzt in dieser Situation? – Das ist ein Window of Opportunity, in dem wir hier jetzt stehen, wobei alle noch berührt sind. Was machen wir jetzt? – Wir werden jetzt einen Schulterschluss machen müssen.
Ich komme gleich auf den zweiten Punkt, unsere Sicherheitsarchitektur: Wir brauchen Baumeister, Architekten dieser Sicherheitsarchitektur, Statikerinnen und Statiker. Das können nur Politiker sein, die europapolitisch denken. Da müssen wir auch an den Westbalkan denken. – Karoline Edtstadler hat einen ganz genialen Fernsehauftritt hingelegt, und das muss man auch so sagen, ohne parteipolitische Backgrounds. Es ist unserer Meinung ganz, ganz notwendig, dass wir diesen sechs Ländern, die teilweise seit Jahrzehnten daran arbeiten, in der EU dabei zu sein, eine realistische Perspektive geben und auch der Ukraine signalisieren, dass sie selbstverständlich darum ansuchen kann, der EU beizutreten, aber es wird ein langer Weg sein. Diese sechs Länder am Westbalkan haben teilweise schon Unglaubliches geliefert.
Jetzt haben wir die Chance, wenn wir alle miteinander, ich erwarte wirklich alle Fraktionen, auch Frau Rendi-Wagner – ich finde diese Instrumentalisierung des Themas nicht gut –, alle Fraktionen an einem Schulterschluss arbeiten, dass wir jetzt eine Sicherheitsarchitektur in Europa aufbauen, dass wir uns zu einer Verteidigungsunion entwickeln,
zu einer Sicherheitsunion, an der alle Länder beteiligt sein können. Meine Damen und Herren, das hat nichts mit der Nato zu tun, im Gegenteil, es hat damit zu tun, dass wir uns autark machen, dass wir selber hier auf dem Kontinent eine Stärke entwickeln, dass wir nicht von anderen Playern abhängig sind. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie der Abg. Ribo.)
Zu guter Letzt: Worauf zielt dieser Krieg ab? – Der Krieg ist ein Angriff auf uns alle, er ist ein Angriff auf unsere Art zu leben, er ist ein Angriff auf die Demokratie, er ist ein Angriff auf unsere westliche Welt, er ist ein Angriff auf den Geist der Freiheit. Diesen Angriff auf die freie Welt können wir nicht einfach stehen lassen.
Ich habe hier zwei Bilder mitgebracht. Mein Mann und ich haben uns entschieden, dass wir eine Familie aufnehmen, und seit dem Wochenende lebt diese Familie bei uns zu Hause. Ich habe jetzt einen Siebenjährigen bei mir im Haus, der eine kleine Schwester hat – Anna ist ein Jahr und Maksym ist sieben Jahre alt –, und er hat gesagt, dass er mir ein Bild malen will. Das ist ein Bild (eine Kinderzeichnung in die Höhe haltend), das ist: No war! Und ich habe ihm dann gesagt: Mal mir doch: Was vermisst du von zu Hause? – Dieser Bub vermisst (eine andere Kinderzeichnung in die Höhe haltend) sein eigenes Bett, er vermisst seine Spielsachen, er vermisst seine Familie, seine Großeltern, seine Tante und seine Cousins. Maksym schaut heute zu, ich habe gesagt, dass ich seine Zeichnungen herzeigen werde. Er wird wahrscheinlich Deutsch lernen, er versteht noch nicht, was ich sage, aber Maksym weiß jetzt eines: Er weiß, dass er und seine Familie nicht alleine dastehen, sondern dass wir sie hier als Österreich bei uns leben lassen, sie aufgenommen haben, dass er hier eine Chance bekommt und dass hier Menschen sind, die dafür einstehen, dass in der Ukraine Frieden herrscht, dass sich die Situation beruhigt. Und er weiß, dass wir nicht wegschauen.
Das ist mir ganz wichtig – Herr Kickl ist nicht mehr da –: Wir wollen nicht wegschauen und wir wollen es nicht zu einem politischen Spielfeld machen, sondern wir wollen, dass Kinder wie Maksym und Anna und alle anderen, die gerade auf dem Weg sind und kommen, wissen, Österreich war da, Österreich hat das Beste im Sinne seiner Neutralität getan, aber es hat eine Rolle eingenommen, und das ist die Rolle, dass wir diese Familien bei uns aufnehmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Am Wochenende, als sie ankamen, ist gerade ein Sohn einer Bekannten von ihnen im Auto erschossen worden, ein Fünfjähriger. Pawlo hat es nicht geschafft, hier anzukommen, weil die Korridore nicht frei waren, weil auf die Zivilbevölkerung geschossen wurde. Das macht etwas im Leben von Familien, das macht etwas im Leben von uns.
Ich glaube, was ganz, ganz wesentlich ist, wenn wir jetzt schauen, was unser Weg sein kann, als Europa, als Österreich damit umzugehen: Hört auf mit dieser Nato-Buttons- oder Sonst-was-Welt! Ja, bitte, hauen Sie sie einfach irgendwo hin! Das hat jetzt keinen Wert. Der einzige Wert, den wir jetzt haben, ist zu sagen: Wir sind offen, wir sind der Neutralität verpflichtet. – Das hat nie jemand angezweifelt. Das wurde unterstellt. Das hat weder unser Sicherheitssprecher noch sonst jemand angezweifelt. (Ruf bei der FPÖ: Der Nehammer!) Nie, das wurde unterstellt. (Abg. Belakowitsch: ... OTS hinausgeschickt! – Abg. Hafenecker: Schauen Sie die „Pressestunde“ nach in der TVthek!) – Ich verstehe Sie leider so schwer.
Das, was ich jetzt erlebt habe, ist eine Welle der Hilfsbereitschaft. Wir haben Dutzende Wohnungen vermittelt. Und was ich noch sagen möchte: Ein großes Danke an all diese zivilen Organisationen, an alle, die da mit angepackt haben, die ihr Bestes gegeben haben. Auf dieses Österreich bin ich stolz – ein Österreich auf der Seite des humanitären Völkerrechts. Ein Österreich, das seine Neutralität aber nicht missversteht, ein Österreich, das sich militärisch neutral verhält, aber doch eine Werteneutralität hat, ein
Österreich, das an sich den Anspruch stellt, selbst Architekt dieser neuen Welt zu sein – das müssen wir machen, und zwar gemeinsam. Und das vermisse ich. Das war vor zwei Wochen so, und ich hätte das gerne wieder, und zwar Entschlossenheit, Klarheit und dass wir diese Angriffe auf unsere Art zu leben, auf unsere Demokratie gemeinsam – gemeinsam! – (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) abwehren.
Ich bitte hier ganz klar die FPÖ darum: Bitte seien Sie in dem Fall einfach loyal und versuchen Sie, im Sinne der Menschenrechte, im Sinne dieser armen Kinder, die da kommen, einfach einmal diesen Populismus (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), diesen kapitalistischen, KGB-kommunistischen Ansatz (Abg. Amesbauer: ... wenn Sie so einen Schmarren reden ...!) wegzulassen! Lassen Sie es! Ja, genau. – Danke vielmals. Danke für die Zeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Scherak.)
18.51
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Helmut Brandstätter
Kolleginnen und Kollegen
betreffend weitere Solidarität und Unterstützung der Ukraine
eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1 Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich der aktuellen Krise zwischen Russland und der Ukraine
In seiner Entschließung vom 24. Februar 2022 hat der österreichische Nationalrat den vom russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin am selbigen Tag angeordneten Angriffskrieg in der Ukraine als Verletzung des Völkerrechts und der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine auf das Schärfste verurteilt. Seither sind 14 Tage vergangen und es wurden drei beispielslose und schwerwiegende Sanktionenpakete gegenüber Russland, welche bereits Auswirkungen auf die russische Wirtschaft zeigen, und weitere Sanktionen gegen Belarus durch die EU verabschiedet.
Der russische Angriff wird jedoch mit unveränderter militärischer Härte, gezielt lancierter Desinformation und Cyberattacken fortgeführt. Der Beschuss ziviler Objekte wie Wohngebiete oder Krankenhäuser durch die russische Armee stellt eine massive Missachtung für das Leben von Zivilistinnen und Zivilisten, darunter von Kindern, sowie eine Verletzung des humanitären Völkerrechts dar. Mit den gezielten russischen Angriffen auf zivile kritische Infrastruktur, wie das KKW Saporischschja hat dieser Krieg eine neue Dimension erreicht.
Vor allem aber hat der Krieg zu einer humanitären und menschenrechtlichen Katastrophe geführt. Laut Angaben der Vereinten Nationen sind bereits 1.7 Millionen Menschen aus der Ukraine in die Nachbarstaaten geflohen, diese Zahl könnte im weiteren Verlauf des Krieges laut Schätzungen auf bis zu 7 bis 10 Millionen Menschen anwachsen. Diese Aggression Russlands gegen die Ukraine ist derzeit mit Abstand eine der schwersten Bedrohungen für die europäische Sicherheitsarchitektur und die demokratischen Werte in Europa.
Seit Beginn der Kämpfe haben nationale Parlamente sowohl in der Europäischen Union als auch Parlamente weltweit, das Europäische Parlament sowie die Konferenz der Ausschüsse in Unionsangelegenheiten der Parlamente der EU (COSAC) diesen illegitimen russischen Angriff verurteilt und ihre Solidarität mit der Ukraine und der Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung bekundet. Solidarität gebührt aber vor allem auch
jenen Menschen in Russland, die trotz harter Strafandrohungen der russischen Behörden und unter hohem Risiko aktiv gegen den Krieg in der Ukraine eintreten. Solidarität gebührt auch den Vertreterinnen und Vertretern der Presse, welche weiter die mutige Aufgabe übernehmen, sowohl in Russland unter beispiellosen Druck und massiven Einschränkungen der Pressefreiheit, aber auch in der Ukraine unter lebensbedrohlichen Umständen aus dem Kriegsgebiet berichten.
Nicht zuletzt zeigt die derzeitige Situation der Ukraine, wie notwendig eine Stärkung der Energieunabhängigkeit Europas von Russland ist, dass die Diversifizierung der Energieversorgung rasch in Angriff genommen werden muss sowie ein Umstieg auf erneuerbare Energien und der Ausbau einer EU-weiten Infrastruktur für Europa erforderlich ist, um die Energieversorgung sicherzustellen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische Angelegenheiten, wird ersucht,
- sich weiterhin mit Nachdruck für die sofortige Einstellung der Angriffe Russlands und den unverzüglichen und vollständigen Abzug der russischen Truppen, die sich illegal in der Ukraine aufhalten, sowie die Wiederherstellung der Achtung der vollen Souveränität und territorialen Integrität in der Ukraine einzusetzen;
- Die Bereitstellung weiterer bilateraler humanitärer Unterstützung für die Ukraine und die von den humanitären Auswirkungen des Krieges unmittelbar am stärksten betroffenen Nachbarstaaten zu prüfen, und sich dafür einzusetzen, dass der Hilfe und den Hilfsorganisationen ungehindert und sicherer Zugang zu der betroffenen Zivilbevölkerung gewährleistet wird sowie dass insbesondere Frauen und Kindern die Flucht erleichtert wird und der Zugang zu humanitärer Hilfe die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Notsituationen berücksichtigt;
- die Situation und die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Mädchen sowie Kindern, die sich auf der Flucht befinden in den Fokus zu nehmen und dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Personengruppen einem hohen Risiko ausgesetzt sind, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu erleiden oder Opfer von Frauen- und Menschenhandel zu werden;
- alle multilateralen und bilateralen Initiativen zu unterstützen, die zu einer militärischen Deeskalation und zur Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen der Ukraine und Moskau führen können, und sich gemeinsam mit den internationalen Partnern dafür einzusetzen, dass Russland die Grundnormen des Völkerrechts und humanitären Völkerrechts respektiert sowie die Unverletzbarkeit der Grenzen und Souveränität seiner Nachbarstaaten respektiert und wiederherstellt;
- die Verhängung weiterer geeigneter Maßnahmen politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Natur auf EU-Ebene - in enger Abstimmung mit internationalen Partnern - mitzutragen, um der russischen Aggression gegen die Ukraine weiterhin geeint und entschlossen entgegenzutreten und Sanktionen auch auf Belarus auszudehnen;
- Maßnahmen auf EU-Ebene, welche auf eine schrittweise Reduktion der Energieabhängigkeit von Russland und einer Diversifizierung der Energieversorgung sowie
einer Stärkung der strategischen wirtschaftlichen Autonomie Europas sowie langfristig den Umstieg auf erneuerbare Energien abzielen, mitzutragen;
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich bringe einen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zur Neutralität – Nein zum NATO-Beitritt!“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, an der immerwährenden Neutralität gemäß dem Neutralitätsgesetz festzuhalten, in deren Sinne auf EU-Ebene zu agieren und den Beitritt zu Militärbündnissen wie der NATO ausdrücklich auszuschließen.“
*****
Dieser Antrag wurde aufgrund der von Bundeskanzler Nehammer an vorderster Front – völlig überflüssigerweise, und in einer solchen Lage, in der wir uns in Europa befinden, auch sehr heikel – angezettelten Neutralitätsdebatte notwendig. Er ruderte zurück, meinte dann, sie stehe nicht zur Debatte. Seine heutige vor einigen Stunden abgegebene Erklärung hat bewiesen, dass sie doch zur Debatte steht, denn bei allem Bekenntnis zur Neutralität, auch jetzt von der Vorrednerin Jeitler-Cincelli, merkt man an den weiteren Ausführungen, dass sie die Neutralität und den Inhalt und den Auftrag der Neutralität nicht verstehen (Zwischenruf bei der ÖVP), und dass auch der Bundeskanzler die Rolle und die Aufgabe, die ihm die Neutralität da zuweist, nicht begreift.
Wir haben ein Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die immerwährende Neutralität, die aus freien Stücken beschlossen wurde. Wir haben daraus Verpflichtungen: die dauernde Behauptung der Unabhängigkeit Österreichs nach außen, kein Beitritt zu militärischen Bündnissen, keine Errichtung militärischer Stützpunkte, keine fremden Truppen in Österreich. In Friedenszeiten verpflichtet sie uns zum Aufbau einer wehrhaften Landesverteidigung; das haben wir tatsächlich sträflich vernachlässigt, hat aber die Freiheitliche Partei immer verlangt. Im Kriegsfall verpflichtet sie zur Nichtteilnahme am Krieg und an militärischen Konflikten – was nicht heißt, dass man keine Meinung hat, nicht Stellung bezieht und keine humanitäre Hilfe leisten kann. Das kann man natürlich, aber zur nicht aktiven Teilnahme an Kriegen gehört zum einen, differenzierte Standpunkte, differenzierte Sichtweisen zuzulassen und zum anderen zurückhaltende Rhetorik. Zu beidem ist unsere Bundesregierung leider nicht fähig.
Man kann nur dann Neutralität ausüben, die vermittelnde, diplomatische Funktion, die sich daraus ergeben würde und für die Österreich so geschätzt wurde, wenn man bereit ist, da nicht nur einseitig Partei zu ergreifen, sondern auch die Rolle der EU, des Westens
und der Nato betrachtet. Man kann nicht davon reden, Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, und – was wir alle wollen – dass die Waffen ruhen sollen, gleichzeitig aber die EU und Brüssel unterstützen, wenn sie der Ukraine Beitrittsverhandlungen zusprechen. Davon müsste er sich distanzieren, und unnötige Beleidigungen, historische Halbwahrheiten, Provokationen, also schlichtweg konfliktschürende Rhetorik, sind zu unterlassen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Eßl.)
Er muss auch die Interessen der österreichischen Bevölkerung wahren. Das vergisst er vollkommen. Er muss uns auch sicherheitspolitisch und natürlich auch wirtschaftlich stützen – was er nicht tut.
Er hat heute von: „Brücken bauen“, Dialog anbieten gesprochen, er fordert den Dialog sogar ein. – Na ja, dann wird es klappen. Das ist nichts mehr. Das ist vorbei! Wir haben keine Vermittlerfunktion mehr, denn das geht mit einer solchen Parteilichkeit nicht zusammen. Die Vermittler sind nun die Türkei und China – schade um die Chance! –, die wahren diese nun, und die wahren auch die Interessen ihres Landes und ihrer Bevölkerung besser. (Beifall bei der FPÖ.)
18.56
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst
und weiterer Abgeordneter
betreffend Ja zur Neutralität – Nein zum NATO-Beitritt!
eingebracht im Zuge der Debatte über die allfälligen Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine in der 145. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 8. März 2022
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist zu verurteilen und es muss alles unternommen werden, um zu einer friedlichen Lösung des Konflikts beitragen zu können. Österreich hat eine erfolgreiche und jahrzehntelange Tradition, in schwierigen außenpolitischen Lagen zu vermitteln und einen Beitrag zur Konfliktlösung zu leisten. Wie sich zeigt, hat sich Österreich nunmehr an zahlreichen restriktiven Maßnahmen der EU als Reaktion auf die Krise in der Ukraine beteiligt.1 Das Sanktionsregime gegen Russland wurde vom Prinzip der Einstimmigkeit getragen, Österreich hat dieses trotz seiner Verpflichtung zur immerwährenden Neutralität mitgetragen.2
ÖVP und Grüne schicken Österreich – unter Außerachtlassung der österreichischen Neutralität – damit auf eine wirtschaftspolitische Geisterfahrt. Viele heimische Unternehmen sind in der Ukraine und in Russland aktiv, auch mit Produktionsstätten und Niederlassungen. In der Ukraine gibt es ca. 200 Niederlassungen österreichischer Unternehmen. In Russland sind rund 650 österreichische Unternehmen mit Niederlassungen vertreten. Insgesamt beträgt das Investitionsvolumen Österreichs in Russland 4,6 Mrd. Euro. Umgekehrt investiert Russland 21,4 Mrd. Euro in Österreich. Russland ist damit nach Deutschland der größte Investor in Österreich. Rund 500 russische Firmen sind in Österreich vertreten. Das zeigt die enorme wirtschaftliche Verbundenheit und ist ein weiterer wichtiger Grund, auf eine rasche Beendigung des Kriegs hinzuwirken.
Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden den momentanen Konflikt keineswegs lösen, aber sie treffen mit einem Bumerang-Effekt unsere eigene Wirtschaft und Versorgungslage. Insbesondere die Unterbindung von Erdöl- und Erdgaslieferungen aus Russland nach Europa wird für den Energiesektor und die Energieversorgung der österreichischen Bevölkerung unkalkulierbare negative Folgen haben.
Von all dem unbeeindruckt, macht unsere Regierung bei einer Verschärfung der Sanktionen unkritisch mit und setzt auf Restriktionen wie Luftraumsperren für zivile russische Flugzeuge. Auf Sanktionen folgen Gegensanktionen. Die EU steuert damit auf einen offenen Konflikt mit Russland zu und Österreich ist Passagier. Die Vertreter Österreichs haben sich daher bei den weiteren Beratungen auf Ebene der Europäischen Union endlich auf die neutrale Position unseres Landes zu besinnen. Der Weg zurück zur Diplomatie darf nicht verbaut werden. Es muss für uns als neutrales zentraleuropäisches EU-Mitgliedsland ein Ziel sein, weiterhin eine vermittelnde Rolle zu spielen. Man muss einer friedlichen Lösung den Weg bahnen. Ansonsten droht die Situation in der Ukraine immer weiter militärisch zu eskalieren.
Österreich hat sich im Jahr 1955 zur immerwährenden Neutralität verpflichtet – eine Errungenschaft, auf die Österreich zu Recht stolz war. Umso mehr ist es mit großer Sorge zu betrachten, wie Österreichs Neutralität aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der EU und im Zuge des Ukraine-Konflikts untergraben wird. Ranghohe ÖVP-Vertreter denken bereits über deren Abschaffung nach.3 Die schwarz-grüne Regierung hat den Weg der Neutralität und des Vermittlers verlassen. Zum Schaden der großen Mehrheit der Österreicher, welche die Kriegstreiberei entschieden ablehnt und die Neutralität hochhält.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, an der immerwährenden Neutralität gemäß dem Neutralitätsgesetz festzuhalten, in deren Sinne auf EU-Ebene zu agieren und den Beitritt zu Militärbündnissen wie der NATO ausdrücklich auszuschließen.“
1 https://www.consilium.europa.eu/de/policies/sanctions/restrictive-measures-ukraine-crisis/history-ukraine-crisis/
2 https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-sanktionen-russland-ukraine-103.html
3 https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/6108127/NatoBeitritt_Wegen-russischem-Angriff_OeVP-stellt-Neutralitaet
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Man hat sich heute hier am Rednerpult doch öfters darüber empört, was diese Regierung alles nicht geschafft hat beziehungsweise welche Fehler diese Regierung gemacht hat. Und diejenigen, die hier sehr laut waren – Klammer auf: SPÖ, Klammer
zu –, haben sehr lange die Verantwortung innegehabt (Zwischenrufe bei der SPÖ), haben auch sehr lange die Möglichkeit gehabt, es besser und anders zu machen.
In der Pflege zum Beispiel: Die SPÖ war sehr lange für das Thema Pflege verantwortlich, Jahre (weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), wenn nicht Jahrzehnte, und man hat zugeschaut, wie ein System zusammenfällt, wie sich die Menschen kaputtarbeiten. Sich dann aber hierherzustellen und zu fragen: Wie kann das sein, wie ist das möglich?, ist nicht glaubwürdig. – Ich sage es euch: Ihr habt es zugelassen. Ihr wart diejenigen, die das möglich gemacht haben. Ihr habt in vielen Bereichen der Sozialpolitik Verschlechterungen mitgetragen – und ja, es ist genau diese SPÖ, denn ich weiß, dass viele von euch schon sehr lange hier dabei sind, sogar sehr viele von euch zum Teil selbst all die Entscheidungen mitgetragen haben –, sich also hierherzustellen und zu fragen: Wie kann das alles passieren?, ist einfach nicht glaubwürdig. (Beifall bei den Grünen.)
Wenn wir schon darüber reden, was diese Regierung alles nicht geschafft hat, dann bitte nehmen wir uns auch die Zeit, darüber zu reden, was diese Regierung alles geschafft hat, und zwar neben einer Pandemie, die unser aller Tun sehr beeinflusst hat und die nach wie vor da ist, denn die Pandemie ist nach wie vor nicht vorbei.
Was haben wir geschafft? Was haben die Grünen, was hat der Koalitionspartner mit uns gemeinsam geschafft? – Klimaticket: um einen Euro pro Tag quer durch Österreich; Steuerreform, ökosoziale Steuerreform: mit der genau jene, die es wirklich brauchen, entlastet werden; Erhöhung der Notstandshilfe; Erhöhung der Mindestpension (Ruf bei der SPÖ: Abschläge!); Teuerungsausgleich; Communitynursing; Erhöhung des Frauenbudgets; Erhöhung der Entwicklungshilfe (Ruf bei der SPÖ: Abschläge! Pensionsabschläge!) und viele Millionen Euro für die Überbrückung der Pandemie. – Ja, laut schreien hilft aber auch nicht! Man will das eigene Gewissen irgendwie nicht hören, aber das Schreien hilft leider nicht.
Reicht das? – Nein, natürlich reicht das nicht. Braucht es mehr? – Na klar, es braucht mehr, aber, um es auf Ausländerdeutsch zu sagen: Wir haben noch nicht fertig. Wir sind noch immer da. Es warten weitere gar nicht so kleine Herausforderungen auf uns, vor allem in der Sozialpolitik. Ich meine, wir schreiben das Jahr 2022. Wir haben in Europa Krieg. Die Menschen haben Angst, auch die Menschen in Österreich haben Angst. Zu Recht, sie haben Angst vor der Zukunft, sie haben Angst davor, dass sie die Stromrechnung oder die Miete nicht zahlen können. Sie haben Angst davor, dass sie ihren Job verlieren. Sie haben Angst davor, dass das Geld – wir wissen alle, wie teuer alles geworden ist – nicht bis zum Monatsende reicht. Das sind Ängste, die wir ernst nehmen müssen. Leider ist der neue Gesundheitsminister jetzt nicht da (Zwischenruf bei der FPÖ), er wird gefordert sein, aber er kann natürlich auf unsere Unterstützung zählen. Ich hoffe, dass auch alle anderen Parteien hier unterstützend mithelfen.
Zum Thema Pflege möchte ich noch kurz etwas sagen. Pflege ist natürlich eine der größten Herausforderungen der jetzigen Zeit. Uns sind die Probleme in der Pflege bekannt, obwohl sie sehr komplex sind, obwohl sie ganz viele unterschiedliche Ebenen betreffen. Liebe Menschen in der Pflege! Wir haben die Pflege, wir haben die Pflegerinnen und Pfleger, wir haben die BetreuerInnen, wir haben euch alle nicht vergessen. Wir arbeiten mit Hochdruck an weiteren Verbesserungsschritten und bleiben da dran.
Ich möchte hier auch noch einmal die Gelegenheit für ein großes Danke an Wolfgang Mückstein nutzen. Lieber Wolfgang, du hast einen guten Job gemacht. Du hattest wahrlich keinen einfachen Job. Danke dir nochmals für dein Engagement, für deine Arbeit.
Lieber neuer Gesundheitsminister, der jetzt im Moment leider nicht, aber grundsätzlich schon hier ist! Dir wünsche ich alles Gute, viel Kraft und viel Mut für die neue Arbeit, und
ich freue mich natürlich auch auf die gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.01
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Regierungsmitglieder! Werter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Herr Minister Rauch! Ich wollte ihn sehr gerne persönlich herzlich begrüßen, möchte mich an dieser Stelle aber auch bei Wolfgang Mückstein bedanken und ihm alles Gute für seinen weiteren Weg wünschen.
Es ist wahrlich nicht leicht, in Zeiten eines Krieges, in Zeiten einer Pandemie und in diesem großen Ressort die Rolle des Sozial- und Gesundheitsministers zu übernehmen. Ich wünsche dem Minister, dass er stark genug ist, das alles zu handeln. Deshalb komme ich auch gleich zu den wichtigsten Anliegen.
Er hat es in seiner Antrittsrede schon angesprochen: die Pflege. Die wichtige Pflegereform war beim Rücktritt von Minister Anschober ihm zufolge angeblich schon fertig in der Lade. Ich befürchte, er hat den Schlüssel dieser Lade mitgenommen, weil bis heute hier nichts zutage gefördert wurde. Dass die Umsetzung einer Pflegereform so ein großes Ministerium vor Schwierigkeiten stellt, ist logisch, und die Querschnittsmaterie zwischen Gesundheit und Sozialem ist sicher herausfordernd. Die Dauerausrede Corona lasse ich aber nicht mehr gelten. Dass wir in der Pflege ein Problem haben, war schon lange vor der Krise bekannt, Corona hat das Problem nur noch verstärkt.
Diese Regierung gesteht der Pflege zumindest am Papier Wichtigkeit zu. Das ist durch die eigene Abteilung in diesem Ressort bemerkbar. Jetzt muss das aber auch bewiesen werden. Der Minister hat nun die Gelegenheit, diese angeblich fertige Reform anzugehen und die bisherigen Ergebnisse zu sortieren und zu einem echten Erfolg zu führen. Nutzen Sie bitte diese Chance!
Wir haben viele Gesetzesmaterien, die dringend und kurz vor Ablauf der Frist gerade noch verlängert wurden wie zum Beispiel die Biosimilarregelung und die Preisbandverlängerung. Bringen Sie da bitte einen neuen Zugang ein und nutzen Sie Ihr politisch-systemisches Verstehen: rechtzeitige Verhandlungen, rechtzeitig Gesetzesvorlagen liefern und nicht alles am Tag des entscheidenden Plenums abgeben, besonders wenn es sich um Themen wie die Preisbandregelung handelt, weil die nicht nur Österreich als Pharmastandort, sondern auch die Versorgungssicherheit mit Medikamenten beeinflussen.
Für die Pandemie kann der Herr Minister nichts, aber viele verschobene Operationen haben uns gezeigt, wie groß die Unterschiede im System für Patienten sind, und da kommt er nun zum Handkuss, etwas vorzulegen, sodass es nicht mehr dazu kommt.
Klubobfrau Maurer und Vizekanzler Kogler haben heute betont, dass der Sommer nicht wieder verschlafen werden darf. Wenigstens wird eingestanden, dass zwei Sommer von dieser Regierung nicht genutzt wurden, um Vorkehrungen für einen Herbst oder Mutationen im Herbst zu treffen. (Vizekanzler Kogler schüttelt den Kopf.) Auch dabei ist es Aufgabe des Ministers, das zu koordinieren.
Seit Corona dreht sich alles nur mehr um Long Covid. Ja, es darf nicht unterschätzt werden, aber zur Gesundheit gehört noch so viel mehr. Die seltenen Krankheiten müssen genauso in den Vordergrund gerückt werden. Diagnose, Behandlung und Erstattung der Behandlungskosten sind dabei wichtige Aspekte.
Am Internationalen Frauentag möchte ich auch besonders die Frauengesundheit erwähnen. Der Nationale Aktionsplan Frauengesundheit muss nach fünf Jahren aktualisiert und, noch viel wichtiger, umgesetzt werden. Personen mit chronischen Krankheiten müssen besser versorgt werden. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist mit den Triagen konfrontiert, die bei der Coronakrise befürchtet wurden. Da brauchen Kinder und Jugendliche Unterstützung und ein gutes Auffangnetz.
Last, but not least mein Herzensthema: Menschen mit Behinderungen. Auch damit befasst sich dieses Ministerium, selbst wenn es keinen eigenen Namen dafür gibt. Egal, ob es um inklusive Bildung, den inklusiven Arbeitsmarkt, eine bundesweite Barrierefreiheit in allen Bereichen oder um die für ein selbstbestimmtes Leben so notwendige persönliche Assistenz geht: Ich erwarte vom Minister, dass er sich dabei maßgeblich ins Zeug legt. Inklusive Bildung kann den Grundstein legen, dass wir als Gesellschaft offener und vorurteilsfreier leben und handeln.
Der NAP Behinderung liegt in der Warteschleife und wartet geduldig auf seine Veröffentlichung. Wir warten vielmehr auf die Umsetzung. Ich sehe den Minister in der Verantwortung, zu gewährleisten, dass wir 2030 keinen NAP mehr brauchen, weil wir innerhalb der nächsten acht Jahre gelernt haben, inklusiv zu denken und zu leben.
Lohn statt Taschengeld ist auch ein geflügeltes Wort, das immer wieder irgendwo aufpoppt, dennoch aber nie wirklich Umsetzung findet. Gerade als Sozialminister muss das Minister Rauch auch ein Anliegen sein, und ich erwarte mir eine zeitnahe Umsetzung von bereits guten Modellen, die am Tisch liegen, weil Inklusion ein Menschenrecht ist. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Kucharowits.)
Abschließend möchte ich dem neuen Minister zu seinem Amt gratulieren. Ich baue auf gute Zusammenarbeit und auf seine konsensualen Worte aus der Antrittsrede, vor allem aber auf sein Durchhaltevermögen, damit wir die offenen Baustellen endlich fertigstellen; gerne gemeinsam. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)
19.06
Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits gelangt zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Seit zwei Jahren stehen unser Land, Europa und eigentlich die ganze Welt aufgrund eines Virus Kopf.
Corona hat uns auch heute noch fest im Griff. Es ist heute noch nicht erwähnt worden: Wir verzeichnen 45 Tote und weitere 31 000 Neuinfektionen, und diese Zahlen und die damit verbundenen Schicksale von Menschen dürfen uns nicht kaltlassen. Wir sehen, es ist nicht vorbei, es ist nicht zu Ende, nämlich leider gar nichts. Und wir stecken bei diesen fürchterlichen Zahlen, die wir tagtäglich hören, in horrenden Auswirkungen der Pandemie.
Es ist in der x-ten Regierungserklärung heute leider wenig bis gar nichts zu den akutesten Themen gekommen. Der Einzige, der es zum Thema gemacht hat, ist der heute angelobte Gesundheits- und Sozialminister. Der Rest hat dazu nichts gesagt, nämlich zum Beispiel zur hohen Arbeitslosigkeit. Menschen sind arbeitslos. Was tut man dagegen?
Mieten, Lebensmittelpreise, Heizen, Benzinpreise explodieren und viele Menschen sind dadurch armutsgefährdet. Frauen, Kinder und Männer leben in einem der reichsten Länder der Welt in Armut, während die wenigen Reichen, die es gibt, immer reicher werden. Und wir hören nichts dazu! (Beifall bei der SPÖ.)
Was tun Sie, um Armut zu bekämpfen? Was tun Sie, um die Preisexplosionen einzudämmen? Was tun Sie? Ihre Antworten: Einmalzahlungen, Almosen. Wo ist auch die Unterhaltsgarantie, die versprochen worden ist? Wo sind Arbeitsmarktprogramme?
Geschätzte Regierungsmitglieder! Schönwetterreden und Dankesreden am Internationalen Frauentag wollen wir nicht und wollen wir auch nicht mehr hören. Wir Frauen wollen Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen. Das bedeutet Gleichstellung, nämlich am Arbeitsmarkt und überall anders auch. Also rauf mit den Einkommen, rauf mit den Löhnen und Gehältern für die Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)
Was wir jedoch von Ihnen hören, werte Regierung, ist: Es ist etwas passiert!, und: Es ist schon wieder etwas passiert!; Rücktritte von MinisterInnen, Rücktritte von Bundeskanzlern; die Kanzlerpartei unter Korruptionsverdacht, ein eigener Untersuchungsausschuss wurde erneut installiert (Zwischenruf der Abg. Baumgartner); Wechsel in der Regierung, drei Bundeskanzler innerhalb kürzester Zeit, und nun der dritte Gesundheits- und Sozialminister.
Herr Minister Rauch, ich wünsche Ihnen an dieser Stelle im Sinne der Menschen in Österreich alles, alles Gute, auf dass Sie es besser machen, dass Sie länger durchhalten. Ich wünsche Ihnen dafür wirklich viel Kraft.
Und nun, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, ist schon wieder etwas passiert: Ehemalige und aktive PolitikerInnen rütteln an der Neutralität. Wie zynisch und wie unfassbar ist das? Denn ganz ehrlich: Wer das tut, hat die Bundesverfassung, obwohl darauf angelobt, nicht verstanden. (Beifall bei der SPÖ.)
Wer an der Neutralität rüttelt, verlässt außerdem den österreichischen Weg der aktiven Friedenspolitik. Ich sage es Ihnen ehrlich, diese Performance der Politik lässt nicht nur zu wünschen übrig, sie ist beängstigend und sie schafft Unsicherheit. Die Neutralität infrage zu stellen werden wir als Sozialdemokratie niemals akzeptieren und schon gar nicht hinnehmen – ganz im Gegenteil! Wir fordern mit aller Vehemenz von Ihnen echte und umfassende aktive Neutralitätspolitik und echte humanitäre Hilfe. Mit Verlaub, Helme oder Schutzwesten als humanitäre Mittel zu bezeichnen und diese auch unter diesem Titel ins Kriegsgebiet zu übermitteln, das ist inakzeptabel – einfach inakzeptabel! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir fordern echte Friedenspolitik. Das heißt: Lassen Sie Österreichs Tradition aufleben – nicht nur wegen der Tradition –, bieten Sie Friedensverhandlungen auf österreichischem Boden an, laden Sie dazu ein! Tun Sie wirklich alles, was im Bereich der Diplomatie möglich ist. Wir lesen und hören leider sehr wenig dazu. Es gäbe wirklich viel zu tun.
Wir als Österreich sind verpflichtet, einen Beitrag zum Frieden für alle zu leisten. Das heißt verhandeln, verhandeln, verhandeln, solidarisch mit der ukrainischen Bevölkerung zu sein, solidarisch mit allen Geflüchteten zu sein, solidarisch mit RussInnen zu sein, die im eigenen Land mutigst Widerstand leisten. Wir sind verpflichtet, ohne Wenn und Aber zu helfen, echte humanitäre Hilfe zu leisten, geflüchtete Menschen in Österreich aufzunehmen und durch friedensschaffende Verhandlungen für einen Waffenstillstand zu sorgen. Deshalb, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, darf ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in der Ukraine und Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die humanitäre Hilfe für die Ukraine rasch und massiv aufzustocken und sich mit Nachdruck für einen Waffenstillstand und die rasche Schaffung humanitärer Korridore zu engagieren, um entsprechend humanitäre Hilfe vor Ort leisten zu können.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, rasch die erforderlichen innerstaatlichen Vorkehrungen für eine Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu treffen und die durch die EU-Richtlinie für die Gewährung vorübergehenden Schutzes vorgegebenen Kriterien und Mindeststandards umzusetzen. Dabei geht es insbesondere um eine angemessene Unterkunft, notwendige Hilfe in Form von Sozialleistungen, medizinische Versorgung und den Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Bildungssystem.
Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, auch die zahlreichen privaten Hilfsinitiativen für die ukrainische Bevölkerung logistisch zu unterstützen.
Schließlich wird die Bundesregierung aufgefordert, sich aktiv in die internationalen Vermittlungsbemühungen für eine Einstellung der Kämpfe und für Wege zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts einzubringen und dabei Wien als Standort für Gespräche vorzuschlagen.“
*****
Ich darf Sie um breite Zustimmung bitten, weil es um Menschen geht, weil es um Menschenrechte geht, weil es um Hilfe geht.
Abschließend, werte Kollegen und Kolleginnen, frei nach Bertha von Suttner: Nieder mit den Waffen, her mit dem Frieden für alle! Dafür muss das immerwährend neutrale Österreich aufstehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
19.13
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits,
Genossinnen und Genossen
betreffend humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in der Ukraine und Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine
eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich der Ernennung eines neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine
Der österreichische Nationalrat hat in einer Entschließung vom 24. Februar 2022 den vom Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin angeordneten Angriff auf die Ukraine klar als gravierende Verletzung des Völkerrechts und ungerechtfertigten Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verurteilt und sich u.a. für eine Waffenrufe, laufende Bemühungen für eine Rückkehr zu einer Verhandlungslösung, die Verhängung zusätzlicher Sanktionen auf EU-Ebene und humanitäre Hilfe für die Ukraine ausgesprochen.
Die Lage für die Menschen in der Ukraine hat sich durch die anhaltenden, erbitterten Kämpfe dramatisch zugespitzt. Die Berichte über Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser mehren sich und geben Anlass zu größter Sorge.
Die UNO und das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen haben drastische Warnungen hinsichtlich der Versorgungslage der Zivilbevölkerung in der Ukraine ausgesprochen. In Kiew und Charkiw drohen Nahrungsmittel und Trinkwasser auszugehen. Die Menschen in der Ukraine sehen sich einer humanitären Katastrophe mitten in Europa gegenüber. Die Vereinten Nationen gehen schon jetzt davon aus, dass allein für die ersten drei Monate ein Bedarf an über 1,1 Milliarden Dollar an humanitärer Soforthilfe in der Ukraine besteht. Weitere Mittel sind notwendig, um den Flüchtlingen zu helfen, die in die Nachbarländer geflohen sind. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks handelt es sich dabei bereits um mehr als 1,5 Millionen Menschen.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bereitet sich auf die Ankunft von Millionen Flüchtlingen vor und haben sich Anfang März d.J. darauf verständigt, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine schnell und unkompliziert aufzunehmen. Dafür gilt es nun auch in Österreich umgehend Vorbereitungen zu treffen.
Österreich hat bisher 17,5 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds zur Verfügung gestellt, es ist aber angesichts der dramatischen Situation notwendig, weitere humanitäre Hilfe zu leisten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die humanitäre Hilfe für die Ukraine rasch und massiv aufzustocken und sich mit Nachdruck für einen Waffenstillstand und die rasche Schaffung humanitärer Korridore zu engagieren, um entsprechend humanitäre Hilfe vor Ort leisten zu können.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, rasch die erforderlichen innerstaatlichen Vorkehrungen für eine Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu treffen und die durch die EU-Richtlinie für die Gewährung vorübergehenden Schutzes vorgegebenen Kriterien und Mindeststandards umzusetzen. Dabei geht es insbesondere um eine angemessene Unterkunft, notwendige Hilfe in Form von Sozialleistungen, medizinische Versorgung und den Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Bildungssystem.
Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, auch die zahlreichen privaten Hilfsinitiativen für die ukrainische Bevölkerung logistisch zu unterstützen.
Schließlich wird die Bundesregierung aufgefordert, sich aktiv in die internationalen Vermittlungsbemühungen für eine Einstellung der Kämpfe und für Wege zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts einzubringen und dabei Wien als Standort für Gespräche vorzuschlagen.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Dr. Reinhard Eugen Bösch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorausschicken, dass wir Freiheitlichen diesen Krieg, der gerade in
Europa tobt, auf das Heftigste ablehnen. Wir sind auch auf europäischer Ebene durchaus zu einer Solidarität bereit und wollen auch dem Land, das bei diesem großen Konflikt unter die Räder kommt, selbstverständlich beistehen, aber wir wollen auch jene Schritte setzen, die unser Land souveräner und handlungsfähiger machen. Wir wollen die Bundesregierung dazu auffordern, eine eigenständige österreichische Linie in Bezug auf Österreich, seine Neutralität und die Möglichkeiten, die aus dieser Neutralität erwachsen, zu entwickeln.
Auf der Regierungsbank – alle, die noch hier sind, begrüße ich herzlich – sind nicht mehr viele ÖVPler, Sie (in Richtung Staatssekretärin Plakolm), Frau Staatssekretärin, sind übrig geblieben, und deswegen wende ich mich an Sie, lieber Herr Klubobmann, Sie werden es jenen in der ÖVP, die etwas zu sagen haben, sicherlich weitersagen. Wir haben einige Dinge mit Ihnen zu besprechen, und zwar betreffend die Äußerungen, die Ihr Bundeskanzler in der Öffentlichkeit gemacht hat. Wir haben im letzten Nationalen Sicherheitsrat – Sie waren auch dabei, neben vielen anderen Kollegen – einstimmig das Wiederaufleben der umfassenden Landesverteidigung, nämlich der geistigen, der zivilen, der wirtschaftlichen und der militärischen, beschlossen. Für die militärische bin ich zuständig, nicht nur in meinem Klub, sondern auch für den Nationalrat als Obmann des Landesverteidigungsausschusses.
Ihr Bundeskanzler hat die Aussage gemacht, dass das österreichische Bundesheer ein Budget von mindestens 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes braucht, wie hoch das auch immer sein mag. Ich darf deshalb zwei Entschließungsanträge einbringen, um dafür zu sorgen, dass Sie in Ihrer Regierungsarbeit auch etwas zustande bringen.
Der erste Antrag lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets ,Militärische Angelegenheiten‘ auf 1 % des BIP zum Schutz der österreichischen Neutralität“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutz des Landes und seiner Bürger sowie der österreichischen Neutralität die laufende Heeresreform sofort zu stoppen und ein Sonderinvestitionspaket von einer Milliarde Euro noch im Jahr 2022 für das Österreichische Bundesheer zur Verfügung zu stellen sowie ab dem Jahr 2023 das jährliche Regelbudget ,UG-14 Militärische Angelegenheiten‘ auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben.“
*****
Der zweite Antrag lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate“
„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Änderung des Wehrgesetzes vorzulegen, welche die Wiedereinführung von 8 Monaten Grundwehrdienst, im
bewährten Modell 6 + 2 Monate, beinhaltet, damit verpflichtende Milizübungen in vollem Umfang wieder möglich sind.“
*****
Meine Damen und Herren! Die budgetäre Lage des Bundesheeres ist uns bekannt. Die Regierung hat sich einsichtig gezeigt und hat diese Zahl von 1 Prozent genannt. Wir wollen ihr helfen, dieses Ziel auch zu erreichen.
Wir haben durch die Ereignisse in der Ukraine vorgeführt bekommen, dass es wichtig ist, dass jeder Staat gerüstet ist; und dass das österreichische Bundesheer in Bezug auf seine Ausrüstung, in Bezug auf seine Möglichkeiten dramatische Lücken hat, ist altbekannt. Es gibt den Bericht „Unser Heer 2030“, der deutlich zutage bringt, dass die Fähigkeiten des österreichischen Bundesheeres bis in das Jahr 2030 gegen null gehen. Wir werden hinsichtlich aller Einsatzfähigkeiten, die das Bundesheer benötigt, nicht mehr in der Lage sein, unsere Pflichten zu erfüllen.
Der zweite Bereich des ersten Entschließungsantrages betrifft die Zentralstellenreform. Herr Klubobmann (in Richtung Abg. Wöginger), diese Zentralstellenreform halten wir für vollkommen unbrauchbar. Sie sollten sich diese Anregung auch zu Gemüte führen, weil Ihre Partei ja gerade auch Argumente notwendig hat, um gegen Korruptionsvorwürfe aufzutreten. Um sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, dass im österreichischen Bundesheer die Zentralstelle nur reformiert wird, damit man sie schwarz oder türkis einfärbt, sollten Sie diese Zentralstellenreform stoppen. An den Folgen des Schwarz-und-Türkis-Einfärbens, so wie das Ihr Kollege Strasser Anfang der 2000er-Jahre – ich war damals auch dabei, als Abgeordneter – schon gemacht hat, und an der Beseitigung der Folgen dieser Einfärbung arbeitet ja die gesamte Republik noch heute. Das, hochverehrter Herr Präsident, können Sie ja auch im Untersuchungsausschuss die Korruptionsfälle in Ihrer Partei betreffend verfolgen.
Das ist ein Anliegen, das wir noch mit einem zusätzlichen Antrag einbringen werden. Diese Führungsreform, die da umzusetzen versucht wird, halten wir für im militärischen Bereich vollkommen unbrauchbar. Es werden zu große Führungsspannen aufgestellt, es wird auch eine Verkomplizierung der ganzen Kommunikation im militärischen Bereich begonnen.
Wir ersuchen Sie, das an die zuständigen Stellen weiterzuleiten, damit wir diese Zentralstellenreform noch einmal überdenken, sie stoppen und wieder eine militärisch brauchbare Führungsstruktur im österreichischen Bundesheer einführen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (fortsetzend): Der zweite Antrag betrifft das Modell sechs plus zwei. (Das Mikrofon ist nicht eingeschaltet.) – Herr Präsident?!
Präsident Ing. Norbert Hofer: Das hat leider nicht funktioniert.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (fortsetzend): Das nehme ich zur Kenntnis, Herr Präsident.
Der zweite Antrag betrifft das Modell sechs plus zwei. Es muss uns allen klar sein, dass es unerträglich ist, dass man Grundwehrdiener an die Grenze stellt. Nach diesem Schussvorfall sollte uns allen klargeworden sein, dass man nur voll ausgebildete Soldaten mit einer solch schwierigen Aufgabe bedenken darf, deshalb halten wir es für notwendig, auch um dem verfassungsmäßigen Prinzip, dass das Bundesheer auf dem
Milizprinzip aufgebaut wird, gerecht zu werden, endlich wieder die verpflichtenden Milizübungen einzuführen. Wir hoffen - -
Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, bitte tatsächlich den Schlusssatz!
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (fortsetzend): Wir hoffen, dass Sie alle diesen Anträgen Ihre Zustimmung geben. – Ich danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)
19.19
Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Bösch, KO Kickl
und weiterer Abgeordneter
betreffend Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets „Militärische Angelegenheiten“ auf 1 % des BIP zum Schutz der österreichischen Neutralität
eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine
in der 145. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 8. März 2022
Krieg vor der Haustür
Der Ukraine-Krieg hat Europa komplett überrascht. Alle EU-Staaten hätten eine derartige Entwicklung im 21. Jahrhundert in Europa nicht mehr für möglich gehalten. In der Ukraine führen Streitkräfte mit starken Panzer-Verbänden und anderen schweren Waffensystemen mit massiver Luftunterstützung einen konventionellen Krieg. Der 24. Februar 2022 hat einen europäischen Epochenwechsel eingeleitet, dessen Konsequenz eine wesentlich verbesserte Verteidigungsfähigkeit Europas sein muss.
Deutschland investiert 100 Milliarden in die Bundeswehr
Am 27. Februar 2022 berichtete die APA über das Vorhaben von Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ausstatten zu wollen. Der Verteidigungsetat soll von nun an jedes Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.
Der Ukraine-Konflikt muss auch für die österreichische Bundesregierung endlich ein eindringliches Warnsignal für die schnelle Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit des Österreichischen Bundesheeres und den Fähigkeitserhalt des Kampfes der verbundenen Waffen sein.
Bundesheer in wenigen Stunden ausgeschaltet
Die Salzburger Nachrichten berichteten am 28.2.2022 über das Bundesheer:
„Ohne ausreichende Luftabwehr wäre das Bundesheer bei einer Aggression binnen weniger Stunden ausgeschaltet. Die Eurofighter sind mangels Ausrüstung nicht konkurrenzfähig. Ohne Nachtsichtgeräte können sie den Luftraum in der Nacht nicht einmal überwachen, geschweige denn können sie ihn verteidigen. Weiters fehlen leichte Trainingsjets. Sie wurden 2020 ersatzlos außer Dienst gestellt.
Artillerie und Kampfpanzer sind im Bundesheer nur noch rudimentär vorhanden. Auch die Abwehr von Drohnen, die im Ukraine-Konflikt eine wesentliche Rolle spielen, wäre
ausbaufähig. Eine weitere Lehre aus dem Krieg lautet: Die Vorkehrungen gegen Cyberangriffe müssen verbessert werden.
Ein Problem des Bundesheeres ist schließlich auch die geringe Mannstärke. Die Milizverbände fordern daher aus Anlass des Ukraine-Kriegs nun die Reaktivierung des Milizsystems mit verpflichtenden Truppenübungen.“
Dringender Investitionsbedarf auch beim ÖBH
Auch Bundespräsident Van der Bellen wies bereits 2018 in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag auf die völlig unzulängliche Ausstattung des Bundesheers aufmerksam:
„In Anbetracht der derzeitigen Budgetentwicklung wird in den nächsten Jahren eine rote Linie überschritten werden, nämlich die der Einsatzbereitschaft. Fehlende Ressourcen gefährden nicht nur die Aufgabenerfüllung, sondern auch das Leben der
Soldatinnen und Soldaten bei ihren Einsätzen.“
Der Bericht „Unser Heer 2030“ stellt dazu fest:
Wird die bodengebundene Luftabwehr („Fliegerabwehr“) keiner Kampfwertsteigerung unterzogen bzw. Neubeschaffungen durchgeführt, können modernen Bedrohungen aus der Luft wie beispielsweise Drohnenschwarme nicht abgewehrt werden. Großveranstaltungen, wie internationale Konferenzen und Sportereignisse können nicht vor Angriffen aus der Luft geschützt werden. Gleiches gilt für lebens-wichtige Räume und kritische Infrastruktur. Der Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen sowie der Schutz der Soldaten und staatlicher Einrichtungen wäre nicht gewährleistet.
(…)
Ohne Kampfwertsteigerung der Kampfpanzer und Schützenpanzer gehen diese Fähigkeiten verloren. Die Wiederinbesitznahme eines verlorenen Staatsgebiets oder eine Neutralisierung von Gegnern mit erbeutetem Kriegsgerät wäre nur unter größtem Risiko für die eigenen Soldaten möglich.
Zusätzlich erhöht sich das Risiko für eingesetzte Kräfte durch fehlende weitrechende Feuerunterstützung sowie Panzerschutz im urbanen Kampf.
Die territoriale Integrität kann nicht wiederhergestellt werden.
(…)
Ohne Panzerabwehr mittlerer und großer Reichweite können gepanzerte oder behelfsmäßig gepanzerte Fahrzeuge nicht effektiv bekämpft werden.
Es ist kein ausreichender Schutz für Objekte sicherstellbar. Feindliche gepanzerte
Fahrzeuge werden zur erhöhten Gefährdung für die eingesetzten Kräfte.
(…)“
Vergleich mit der Schweiz
Schweizer Medien war ist den letzten Tagen zu entnehmen, dass auch die Schweiz über eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets nachdenkt, obwohl sie bereits jetzt über ein jährliches Verteidigungsbudget von ca. 5 Milliarden Franken (4,9 Mrd. Euro) verfügt.
Viel zu geringes Budget für das Bundesheer
Dem Bundesfinanzrahmengesetz 2022 ist das Budget für das Bundesheer bis 2025 zu entnehmen. Die Obergrenzen für Auszahlungen „Militärische Angelegenheiten“ sind festgelegt mit 2,7 Milliarden Euro für 2022, 2,6 Milliarden Euro für 2023, 2,6 Milliarden Euro für 2024 und 2,7 Milliarden Euro für 2025. Mit diesen Budgets sind aber die bestehenden Mängel und Fehlstände in der Ausrüstung und Bewaffnung des Bundesheeres nicht behebbar.
Dem Bericht „Unser Heer 2030“ ist dazu zu entnehmen:
„Ohne dringend notwendige Investitionen kann das BH die österreichische Bevölkerung nicht mehr schützen. Dies erfordert eine deutliche Erhöhung des Verteidigungsbudgets mit einer Balance zwischen Personal, Betrieb und Invest.
Unser ÖBH benötigt, zur Erfüllung der Schutzoperation mindestens 1% des BIPs, Für die Abwehr konventioneller Gegner würden 2% des BIPs erforderlich sein, dort liegt auch der internationale Standard.“
In Anbetracht des Krieges in Europa ist die laufende Heeresreform und die damit einhergehende Zerstörung der militärischen Landesverteidigung sofort zu stoppen. Das Österreichische Bundesheer muss in Struktur und Budgetierung auf die aktuelle Situation ausgerichtet werden.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutz des Landes und seiner Bürger sowie der österreichischen Neutralität die laufende Heeresreform sofort zu stoppen und ein Sonderinvestitionspaket von einer Milliarde Euro noch im Jahr 2022 für das Österreichische Bundesheer zur Verfügung zu stellen sowie ab dem Jahr 2023 das jährliche Regelbudget „UG-14 Militärische Angelegenheiten“ auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben.“
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten KO Kickl, Dr. Bösch
und weiterer Abgeordneter
betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate
eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich
der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine in der 145. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 8. März 2022
Durch die verantwortungslose Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate als untaugliches Wahlzuckerl hat der ehemalige ÖVP-Minister Günther PLATTER dem Bundesheer und damit Österreich nachhaltig geschadet. Nur die Miliz ermöglicht ein Aufwachsen des Heeres auf die nötige Einsatzstärke. Die chronische Unterdotierung brachte dazu noch einen schweren Mangel an Ausrüstung und Ausstattung. Der Wegfall der Übungspflicht und die reduzierten Ausbildungskapazitäten führten zur Personalknappheit bei der Miliz. Dies alles wirkte sich negativ auf die Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft der Miliz aus, so die Erkenntnis der Ressortführung selbst im Jahr 2019!
Die Milizverbände und -einheiten weisen einen dramatischen Fehlbestand an Personal und Material auf, der umgehend beseitigt werden muss. Für eine mobilzumachende Miliz ist es unabdingbar, wieder verpflichtende Waffenübungen einzuführen. Diese Maßnahmen sind umgehend umzusetzen, weil niemand weiß, ob wir nicht nur 3000 Mann, sondern alle Soldaten einmal brauchen werden. Die Bundesregierung ist aufgefordert, diese Schritte im Sinne des Schutzes unseres Staates und seiner Bevölkerung unverzüglich zu setzen!
Der wesentlichste Schritt dazu ist, durch die Änderung des Wehrgesetzes, die Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst, im bewährten Modell 6 + 2 Monate. Nur so bekommt das Bundesheer wieder die notwendigen Kräfte für die Miliz, die Möglichkeit diese auszubilden und gemeinsam zu üben und sich damit auf die verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe der militärischen Landesverteidigung vorzubereiten. Es würde auch damit endlich der laufend praktizierte Verfassungs-bruch abgestellt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Änderung des Wehrgesetzes vorzulegen, welche die Wiedereinführung von 8 Monaten Grundwehrdienst, im bewährten Modell 6 + 2 Monate, beinhaltet, damit verpflichtende Milizübungen in vollem Umfang wieder möglich sind.“
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Jörg Leichtfried.
Ich darf noch ergänzen, dass beide Entschließungsanträge ordnungsgemäß eingebracht sind und somit auch in Verhandlung stehen.
Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Gesundheits- und Sozialminister! (Bundesminister Rauch spricht mit der an der Regierungsbank stehenden Abg. Maurer.) – Sehr geehrter Herr Gesundheits- und Sozialminister, ich wollte Ihnen eigentlich für Ihre Tätigkeit alles Gute wünschen, das Land hat es wirklich notwendig. Also alles Gute und wirklich viel Erfolg!
Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehern und Übertragungsgeräten, die es sonst noch im weiten Web gibt! Die Lage der Menschen in der Ukraine, in diesem Angriffskrieg, spitzt sich dramatisch zu. Die Berichte, die wir erhalten, sind fürchterlich. Es werden nicht nur militärische Einrichtungen, sondern auch Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser in Schutt und Asche gelegt, und das macht wirklich fassungslos. In vielen Städten werden die Nahrungsmittel und das Wasser knapp. Das heißt, die Menschen brauchen Hilfe vor Ort. Geschätzte Damen und Herren, ich glaube, wir alle sind uns einig: Diese Hilfe vor Ort ist von Österreich zu leisten! Diese Hilfe vor Ort ist nötig und es ist unsere Aufgabe, diese Hilfe zu leisten! (Beifall bei der SPÖ.)
Mein Ersuchen an die Bundesregierung: Geschätzte Damen und Herren, intensivieren wir diese Hilfe noch! Ich glaube, das ist Hilfe am rechten Ort zur rechten Zeit. Wir müssen aber auch mitdenken und mitberücksichtigen, dass viele Menschen zu uns flüchten können und wahrscheinlich viele Menschen zu uns flüchten werden. Auch das braucht Vorbereitung, es braucht nicht nur Vorbereitung im Bereich der Quartiere, nein, es braucht viel mehr, es braucht Vorbereitung für Sozialleistungen, Vorbereitung für medizinische Versorgung, Vorbereitung für den Arbeitsmarkt, Vorbereitung für das Bildungssystem.
Das sind Dinge, die anlaufen, ja, das ist richtig, und ich möchte mich auch einmal bei jenen Menschen, bei diesen unglaublich vielen Menschen in Österreich bedanken, die sich jetzt denken, das nehme ich privat in die Hand, ich organisiere mich, ich versuche zu helfen, ich tue es, weil ich es kann, ich liefere entweder Hilfsmittel oder ich nehme Familien bei mir zu Hause auf. Wirklich herzlichen Dank! Das zeichnet Österreich meines Erachtens aus, geschätzte Damen und Herren, dass wir so selbstlos helfen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Herzlichen Dank auch an jene, die in diesen Situationen immer die Hauptlast tragen, das sind die Gemeinden und die Bundesländer, die eigentlich die Hauptorganisation für diese Dinge in Angriff nehmen müssen. Aber ich muss auch sagen, geschätzte Damen und Herren insbesondere von der Bundesregierung, es braucht da auch zentrales Engagement. Es braucht auch Bundesengagement, was die Entwicklung in Österreich selbst betrifft. Es braucht Koordination, es braucht Bundesmittel und es braucht wahrscheinlich auch materielle Bundesunterstützung. Das ist Ihre Aufgabe, und ich bitte Sie jetzt wirklich, ich fordere Sie auf, das zu tun. Es ist notwendig, dass wir uns gemeinsam für die Menschen, die zu uns kommen und Hilfe benötigen, anstrengen.
Geschätzte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch ein Thema ansprechen, das heute in diesem Haus sehr ambivalent diskutiert wurde. Ich bin der Meinung, es braucht in einer Kriegssituation, die so nahe bei uns ist, Hilfe, Unterstützung, aber es braucht auch unsere aktive, engagierte Neutralität, wenn wir die Chance haben wollen, friedensstiftende Diplomatie zu betreiben. Ich glaube, es ist es wert, darum zu kämpfen, dass diese Chance auch besteht – dass wir neutral sind, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Da verstehe ich manche Attacken heute hier – nicht nur heute hier – auf diese Neutralität nicht. Neutralität bedeutet nicht, dass wir gesinnungsneutral sind. Das bedeutet nicht, dass wir akzeptieren, dass Völkerrecht gebrochen wird. Das bedeutet nicht, dass wir akzeptieren, dass das Recht des Stärkeren und nicht die Stärke des Rechts gilt. Das ist nicht die Neutralität, die ich mir vorstelle. Das ist auch nicht die österreichische Neutralität. Aber das, was ich nicht verstehe, ist, dass jetzt eine Debatte über die Neutralität begonnen hat, auch hier in diesem Hohen Haus (Abg. Sobotka: Die habt ihr angefangen! Jörg, die hast du angefangen! Das darf ja nicht wahr sein! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und plötzlich uns vorgehalten wird, dass es diese Debatte gibt.
Geschätzte Damen und Herren, wenn sich jemand bei jemandem beschweren will – und das gilt für alle hier –, dann bitte bei der ÖVP. Es war der ÖVP-Politiker Khol, der diese Debatte begonnen hat. Es war der Wehrsprecher, der sie fortgesetzt hat (Abg. Sobotka: Vranitzky hat eine europäische Armee gefordert!), und es war der Kanzler, der gesagt hat, diese Neutralität wurde uns aufgezwungen. (Abg. Sobotka: Vranitzky - -!) Das ist nicht der Zugang der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sobotka: Vranitzky hat ... gefordert!)
Wir sind für die Neutralität in Österreich als unumstößlicher Bestandteil unseres Staatswesens, geschätzte Damen und Herren, um das einmal klarzustellen. (Abg. Sobotka: Vranitzky hat eine europäische Armee gefordert!)
Da möchte ich noch ein Thema ansprechen. (Abg. Sobotka: Heast, das glaubst du ja selber nicht, was du da erzählst!) – Der Herr Präsident ist bei mir wieder einmal exaltiert. Das ist etwas Neues – geschätzte Damen und Herren, wenn Sie ihn jetzt sehen würden. (Heiterkeit des Abg. Sobotka.)
Ich möchte aber noch etwas ansprechen: In der „Zeit im Bild“ wurde berichtet, dass möglicherweise Russland Europa mit einem kompletten Stopp der Gaslieferungen droht. Bei uns, das wissen wir inzwischen, kommen 80 Prozent des Gases aus Russland, und unsere Speicher sind derzeit nur mehr zu 15 Prozent voll. Auch wenn Frau Ministerin Schramböck sagt: Das ist wurscht, weil wir große Speicher haben!, ich finde schon, dass 15 Prozent auch von großen Speichern wenig ist (Zwischenruf des Abg. Matznetter), vor allem dann, wenn es nur noch bis Ende März reicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Geschätzte Damen und Herren! Es muss sichergestellt werden, dass in Österreich die Gasversorgung aufrechtbleibt, dass wir ausreichend Gas zur Verfügung haben. Da ist es notwendig, kurzfristig, mittelfristig und langfristig zu handeln. Wir können viel über langfristige Handlungsmöglichkeiten diskutieren, bei denen wir uns alle einig sind (Zwischenruf bei der ÖVP), bei denen es darum geht, weg vom Gas hin zu erneuerbarer Energie zu kommen. Das ist das, wo es, glaube ich, keine Widersprüche in diesem Haus gibt. (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!) Aber wir brauchen auch eine robuste kurzfristige Strategie (Abg. Sobotka: Der ist ein Sachpolitiker, der Jörg!), um zu mehr Gas zu kommen – andere machen das.
Wissen Sie, was die Deutschen machen? – Die haben bereits jetzt 1,5 Milliarden Euro investiert, um Gas zu kaufen. Was macht Österreich? – Österreich schickt Frau Köstinger auf Reisen. Kann man auch machen, aber ich glaube, das, was die Deutschen machen, ist effizienter. Ich kann Ihnen versichern, die werden leider mehr Gas und schneller Gas haben als wir. Und das ist schon etwas, was auch in Ihrer Verantwortung liegt, geschätzte Damen und Herren von der Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sobotka: Die verlängern die Atomkraftwerke, die Deutschen!)
Die Deutschen machen noch etwas – der Herr Präsident ist jetzt gar nicht mehr zu beruhigen (Abg. Sobotka: Wenn du jemals so ruhig wärst wie ich, dann wäre es gut!) –: Dort tritt ab Mai ein Gasbevorratungsgesetz in Kraft. Das tritt ab Mai in Kraft. Was passiert bei uns? – Wir diskutieren jetzt gerade darüber, es wird angekündigt für Mai und wird dann wahrscheinlich im Dezember in Kraft treten, was zu spät ist. Auch das ist Ihre Verantwortung, geschätzte Damen und Herren. Auch da haben Sie dafür zu sorgen, dass es schneller geht, dass es effektiver ist und dass Sie endlich Ihre Arbeit machen! Das wäre in dieser Situation einmal hoch an der Zeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sobotka: Ein bisschen Emotion! Ein bisschen Emotion!)
Geschätzte Damen und Herren! Wenn es so weit kommt, dass bei uns die Hochöfen abgesperrt werden und dass es in den Wohnungen kalt wird, ist es zu spät. Begreifen Sie endlich, dass Politik nicht Show ist, sondern dass Politik harte Arbeit ist, und handeln
Sie entsprechend, geschätzte Damen und Herren! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sobotka: Du bist ein Schauspieler!)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Mag. Leichtfried, ich nehme an, die Rede ist noch nicht zu Ende, da Sie noch einen Antrag einbringen wollten. (Rufe bei der ÖVP: Oh! Na geh! – Abg. Sobotka: Der ist ein Schauspieler, der Jörg! Das ist traurig! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Geschätzter Herr Präsident, herzlichen Dank.
Um unsere Position, was die Neutralität betrifft, hier sozusagen in einen Antrag zu gießen, bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum NATO-Beitritt – Ja zur immerwährenden Neutralität“
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, an der immerwährenden Neutralität gemäß dem Neutralitätsgesetz festzuhalten und den Beitritt zu Militärbündnissen wie der NATO ausdrücklich auszuschließen.“
*****
Geschätzte Damen und Herren insbesondere von der ÖVP, wenn Sie das auch so sehen, können Sie ja gerne mitstimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
19.28
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Robert Laimer, Genossinnen und Genossen
betreffend Nein zum NATO-Beitritt - Ja zur immerwährenden Neutralität -
eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäߧ 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie zur aktuellen Situation betreffend Ukraine in der 145. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 8. März 2022
Die Neutralität stärkt die Sicherheit Österreichs: Sie stellt sicher, dass Österreich nicht gezwungen werden kann, die Position von einem großen militärischen Bündnis einzunehmen und österreichische Soldat*innen in Kriege anderer Länder zu schicken.
Im Regierungsprogramm haben die Regierungsfraktionen ein klares Bekenntnis zur österreichischen Neutralität abgegeben. Wenn nun eine Regierungspartei die immerwährende Neutralität in Frage stellt, ist es notwendig diese aktiv einzufordern, denn die immerwährende Neutralität ist nicht verhandelbar.
Neutralität darf aber nicht Passivität bedeuten, sondern muss engagiert und ambitioniert sein. Das schließt eine aktive, friedensstiftende Diplomatie und eine klare Haltung bei Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsbruch ein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, an der immerwährenden Neutralität gemäß dem Neutralitätsgesetz festzuhalten und den Beitritt zu Militärbündnissen wie der NATO ausdrücklich auszuschließen."
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Werte Kollegen und Kolleginnen! Von wegen Show! Liebe SPÖ, ihr seid wirklich die Einzigen, die heute hier im Hohen Haus diese Neutralitätsdebatte aufreißen und sich dann aufregen, dass die anderen nicht darüber diskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Dann stellt ihr einen Antrag und werdet sagen, dass wir ihn nicht beschlossen haben, weil ihr ihn diskutieren wolltet. – Es kennt sich überhaupt niemand aus. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und man fragt sich schon, warum ihr das tut.
Ich habe jetzt wirklich überlegt, was denn der Grund dafür sein könnte – abgesehen davon ist das auch noch falsch. Da steht irgendwie – ich weiß nicht –, die österreichische Regierungspartei würde das infrage stellen. Ich habe das nirgendwo vernommen. Bei (in Richtung ÖVP) euch? – Nein. Bei uns nicht. Also falsch! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Zweitens: Sie werden wissen, die Grundlagen der Neutralität sind in Österreich im Neutralitätsgesetz verfassungsrechtlich verankert – ich habe euch das zum Nachlesen gerne ausgedruckt – und zudem auch völkerrechtlich durch bilaterale Notifikationen zwischen Österreich und allen Staaten, mit denen es damals diese diplomatischen Beziehungen gab, anerkannt.
Das heißt, die Neutralität umfasst natürlich und weiterhin unangefochten erstens keine Einmischung in oder Beteiligung an Kriegen – no na net –, zweitens keinen Beitritt zu Militärbündnissen – Stichwort Nato: diskutiert auch niemand außer der SPÖ –, und drittens keine Errichtung „militärischer Stützpunkte fremder Staaten“ auf österreichischem Gebiet – also Conclusio: Es ist entweder Sturheit oder, so vermute ich, es ist etwas anderes. Ich vermute, die SPÖ hat keinen Aufhänger, sich darüber zu beschweren, was wir gerade in dieser Ukrainekrise nicht tun (Abg. Kollross: Ja eh, was ihr nicht tut!), deswegen erfindet sie etwas, wogegen sie sein könnte, was wir hier überhaupt nicht diskutieren. Es ist einfach nur absurd. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)
19.30
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte, Herr Klubobmann.
19.30
Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe der Debatte heute wirklich zum Großteil aufmerksam – sehr aufmerksam – zugehört und gelauscht, und es ist eigentlich schon beachtlich, was in so eine Regierungserklärung alles mit hineingepackt wird. (Zwischenruf des Abg. Kaniak.) Ich gebe zu, wir haben zwei Themen zu behandeln: zum einen den neuen Gesundheits- und Sozialminister, der heute angelobt wurde – herzlich willkommen, lieber Johannes Rauch! –, und zum Zweiten natürlich eine derartige Krisensituation, die wir seit 13 Tagen auf europäischem Boden – ich möchte das betonen – haben, wo ein Land regelrecht überfallen wurde. Jetzt kann man da natürlich auch viel hineinpacken.
Ich bin jetzt 19 Jahre im Haus, und Sie sind der neunte Sozialminister. Ich betone Sozialminister, weil Gesundheit und Soziales ja nicht immer in einem Ministerium vereint war. Zwei haben wir in der Übergangszeit 2017 gehabt, die rechne ich jetzt nicht dazu, also haben wir sozusagen neun in den letzten 19 Jahren gehabt. Ich verstehe eine Debatte hier herinnen nicht, weil Österreich ein sozialer Wohlfahrtsstaat ist und die Sozialminister von den verschiedensten Parteien – großteils von der Sozialdemokratie, auch von der FPÖ und jetzt von den Grünen – gestellt worden sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben das seit Grete Rehor irgendwie nicht mehr zustande gebracht, aber wir haben uns immer aktiv an der Sozialpolitik beteiligt.
Was ich aber nicht verstehe, ist, dass man jetzt gegenseitig Schuldzuweisungen macht, was gut oder nicht gut gelaufen ist. Ich kann sagen: In den letzten 19 Jahren wurde stets eine gute Sozialpolitik gemacht. Warum? – Weil wir sonst nicht diesen Status hätten, den wir heute haben. Österreich ist ein sozialer Wohlfahrtsstaat, und darauf, glaube ich, sollte man durchaus auch stolz sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wer jetzt was genau getan hat und nicht getan hat, darum geht es doch nicht. Eines möchte ich aber festhalten, weil da heute auch von der Sozialdemokratie so über die grünen Sozialminister und diese Bundesregierung hergefallen wird, was alles nicht funktioniert und was alles nicht gemacht worden ist: In den letzten zwei Jahren wurde mehr Sozialpolitik betrieben als in zehn Jahren sozialdemokratischer Sozialminister. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Das könnt ihr euch hinter die Ohren schreiben. Das könnt ihr euch aufschreiben. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Stöger.)
Wir haben die Pensionen überdurchschnittlich angehoben. (In Richtung SPÖ:) Wenn ihr in euren Reihen grinst und lacht, dann wisst ihr ja eigentlich, dass es genau so ist, weil wir die Pensionen viel höher angehoben haben, als euch das überhaupt jemals eingefallen wäre. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben im Bereich der Armutsbekämpfung in den letzten beiden Jahren weit mehr getan – was auch richtig ist.
Wir haben eine Entlastung gemacht, die wir mit euch nie zusammengebracht haben, weil euch immer andere Dinge wichtig waren, denn wenn wir gesagt haben: Wir wollen entlasten, dann haben wir auf der anderen Seite für die Eisenbahn 5 oder 10 Milliarden Euro gebraucht. Es waren ja zum Teil nur grausliche Deals, die da geschlossen werden mussten. Das muss man ja auch einmal beim Namen nennen. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Wir reagieren, wir entlasten die Menschen, und wir machen eine Sozialpolitik, die bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt – vor allem auch bei jenen, die es wirklich brauchen. Das macht diese Bundesregierung. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Zum Thema Pflege: Einen, der leider viel zu früh verstorben ist, nehme ich da aus – das ist Rudi Hundstorfer. Das ist der Einzige gewesen, der sich wirklich bemüht hat (Abg.
Loacker: Sich ausgekannt hat!), sich ausgekannt hat, der die Expertise, das Fachwissen gehabt hat, und der wirklich bemüht war, auf diesem Gebiet etwas weiterzubringen.
Das ist nicht einfach, Herr Minister! Du kennst die Situation als Mitglied einer Landesregierung. Die Pflege ist in ihrer Kompetenzzuteilung ein schwieriges Unterfangen, weil natürlich der Bund Zuständigkeiten hat – aber vor allem auch die Länder und die Gemeinden, und daran sind viele Sozialminister gescheitert. (Zwischenruf des Abg. Stöger.)
Heute aber zu sagen: In der Pflege ist noch gar nichts geschehen! – Wir haben die Communitynurse beschlossen, wir haben den Pflegeausbildungsfonds mit 50 Millionen Euro installiert und wir haben derzeit 13 000 Personen in Ausbildung. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) 13 000 Menschen, die wir dringend brauchen, sind in Ausbildung für Pflegeberufe. Wir haben – noch nebenbei gesagt – seit zwei Jahren eine Pandemie zu bewältigen, und jetzt haben wir seit 14 Tagen einen Krieg auf europäischem Boden. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Wenn man da also hergeht und sagt, diese Bundesregierung arbeitet nicht Tag und Nacht für die Bevölkerung, auch die sozialpolitischen Punkte betreffend, auch was die Pflege anbelangt, dann ist das einfach nicht richtig, und das weise ich zurück.
Ich bedanke mich dafür, dass wir diese Dinge zusammengebracht haben. Herr Minister, Sie haben meine volle Unterstützung, was die Pflegepunkte anbelangt. Da geht es um Personal, da geht es um Ausbildung und Berufsrecht, da geht es um die pflegenden Angehörigen, und da geht es um die Finanzierung für die nächsten Jahre insgesamt. Wir werden das heuer auch gemeinsam zustande bringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Jetzt noch zu der gekünstelten Aufregung rund um die Neutralitätsdebatte: Gerade die SPÖ müsste es ja wissen, dass es immer sein kann, dass in den eigenen Reihen jemand etwas sagt, was die Parteispitze nicht goutiert oder was die Parteispitze eigentlich anders sieht. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Das müsstet ihr ja eigentlich kennen: Doskozil erklärt euch da jeden Tag die Welt, und ihr sagt dann: Nein, so ist es nicht gemeint! (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Wir schätzen unseren ehemaligen Präsidenten Andreas Khol sehr. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Er hat da eine Meinung kundgetan, die aber nicht die unsere ist. Der Bundesparteiobmann, der Bundeskanzler hat das ganz klar und deutlich festgehalten, und jetzt tue ich das als Klubobmann noch einmal, vielleicht glaubt ihr es dann: Österreich war neutral, Österreich ist neutral und Österreich bleibt neutral – damit das auch von dieser Kanzel aus gesagt ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Stöger und Hafenecker.)
Eines aber möchte ich schon noch, auch in die Vergangenheit geblickt, erwähnen: Es heißt nämlich schon – das hat Ofenauer gemeint –, dass wir uns mit allem, was uns zur Verfügung steht, auch verteidigen können müssen. Das ist nämlich der zweite Satz, der da in der Verfassung drinnen steht, und ja, wir müssen da etwas tun. Da war ja (in Richtung SPÖ) euer Wehrsprecher, auch beim Nationalen Sicherheitsrat, gleich ganz schnell.
Ich würde euch nur schon bitten, einmal an das Jahr 2004, in dem ihr nicht regiert habt – da wart ihr auch in der Opposition –, zurückzudenken: „Hier fliegt Ihre Pension!“ (Ruf bei der SPÖ: Ja eh!), „Sozialfighter“! (Ruf bei der SPÖ: Ja eh!) Wisst ihr, was ihr getan habt? – Nämlich Investitionen in das Bundesheer gegen die Sozialpolitik auszuspielen und die Menschen dafür zu fangen, um Wählerstimmen zu bekommen! (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Das ist das, was ihr getan habt, und das ist gar nicht einmal so lange her. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Daher, wenn der Sinneswandel in der Sozialdemokratie stattgefunden hat, soll es mir recht sein, es ist nur die Frage, ob der ehemalige Verteidigungsminister Doskozil es auch so sieht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir werden sehen, was in den nächsten Tagen da noch im medialen Rampenlicht erscheinen wird.
Nun noch zur FPÖ: Es gibt ja eine gewisse Schnittmenge zwischen Putin-Verstehern und Impfgegnern. Das ist eine Schnittmenge, die wir auch in der Bevölkerung orten, weil
diejenigen, die am massivsten gegen das Impfen aufgetreten sind, auch jetzt jene sind, die sagen: Lasst ihn gehen, lasst ihn in Ruhe!, Das wird noch blöder, das wird noch ärger! – Gemeint ist Putin. (Abg. Hauser: ... ein bissl ... reduziertes Programm ...!) Im Übrigen: Putin wird von keinem FPÖ-Abgeordneten im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg erwähnt. Ich weiß nicht, wem das aufgefallen ist. Es wird ein erster Satz gesagt: Man verurteilt diesen Überfall auf die Ukraine. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Der Name des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Er wird erst erwähnt, wenn man sagt: Ja natürlich, das sind ja auch Aggressionen gegenüber Russland!
Wisst ihr, was ich euch jetzt einmal sage? – Da werden Menschen getötet, auf eine bestialische Art und Weise umgebracht. Städte werden einfach zerbombt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, ihr müsst euch einmal die Bilder anschauen, und dann stellt ihr euch hierher, weil ihr mit Herrn Putin und seiner Partei bis letztes Jahr einen Vertrag gehabt habt, dass ihr das nicht auch noch auf das Allerschärfste zurückweist, das, meine Damen und Herren, geht so nicht! Da wird ein europäisches Land überfallen, und die FPÖ hat nichts Besseres zu tun, als in ihrer Vergangenheit zu wühlen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Scherak. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Das ist doch allerhand! Ihr könnt das Wort Angriffskrieg nicht in einem Antrag unterstreichen. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) – Dann erklärt uns, was es ist! Dann stellt euch heraus und erklärt, was es ist! Wenn eine Übermacht von drei Seiten ein souveränes Land auf europäischem Boden überfällt, was ist das dann? Das möchte ich gerne wissen. (Abg. Stefan: Wer bezweifelt denn das? Hat das irgendjemand bezweifelt?) – Ja. (Abg. Stefan: Wer denn?)
Schaut her, da sind all die, die selber beim Putin mit waren, einen Vertrag mitunterschrieben haben und dann, als Putin mit der ehemaligen FPÖ-Außenministerin aufgetanzt hat, dabei waren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ihr seid die Putin-Versteher meine lieben Freundinnen und Freunde von der FPÖ! Ihr seid die Putin-Versteher, das versteht aber die restliche Bevölkerung in Österreich nicht. Das könnt ihr mir glauben, das versteht sie nicht! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)
Eines sei euch noch ins historische Stammbuch geschrieben, weil heute Kickl mit der Neutralität in seiner Rumpelstilzchenmanier auftanzt: 1998: „FPÖ fordert in Dringlichem Antrag raschen Nato-Beitritt Österreichs.“ Diese Dringliche hat damals der Abgeordnete Scheibner begründet, der später Verteidigungsminister war. 2002: „Scheibner für Volksabstimmung über NATO-Beitritt.“ (Abg. Kassegger: ... unterirdisch ...!)
Dann der ehemalige mächtige Parteiobmann Jörg Haider – dem Kickl jahrzehntelang die Reden geschrieben hat; böse Stimmen haben einmal gesagt, selbst hätte er es nicht zusammengebracht, aber Kickl hat sie geschrieben –: 20. Oktober 1998, Entschließungsantrag betreffend „die Aufnahme von Verhandlungen [...] über einen Beitritt Österreichs zum NATO-Vertrag“. Das ist in der Parlamentskorrespondenz zu finden, das ist da. (Abg. Hauser: Wahrheitsverdreher! – Ruf bei der ÖVP: Hört, hört!)
Dass ihr euch mit eurer Streiterei alle zehn Jahre in die Luft sprengt, einmal irgendwo in der Steiermark und dann wieder woanders, das ist euer Problem, dafür kann aber die österreichische Bevölkerung nichts. Das ist im Namen der FPÖ passiert, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen der FPÖ! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Kehrt einfach vor eurer eigenen Tür! (Abg. Stefan: Das war jetzt letztklassig!) – Ja, genau, das musst du genau sagen. Kehrt einfach vor eurer eigenen Tür! Warum findet - - (Abg. Stefan: Hab ich noch nie gehört, so was Letztklassiges!) – Ich kenne dich auch nicht so, dass du vor lauter Schreien nicht zusammenkommst.
Abschließend, meine Damen und Herren: Worum geht es – vor allem der FPÖ, aber anscheinend auch der SPÖ –? Um Wählerstimmen. Es geht um Wählerstimmen, die man daraus lukrieren möchte. (Zwischenruf der Abg. Erasim.)
Ich darf euch aber eines sagen: Die Zeit, in der wir jetzt sind, ist zu ernst und zu dra-matisch, um aus einer solchen Situation heraus um Wählerstimmen zu buhlen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Erasim.) Sie ist zu ernst! Und wir alle sollten uns gemeinsam daran messen, dass wir hier miteinander diesen Weg gehen, der eigentlich die letzten 14 Tage möglich war – jetzt leider nicht mehr.
Es geht um unsere Bevölkerung. Es geht um die Kinder, um die Frauen, die dort auf eine Art und Weise vertrieben werden, die wir nicht goutieren können, denen wir eben helfen müssen, das ist unsere humanitäre Verpflichtung. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Es ist unsere Aufgabe, sich hier zur Wehr zu setzen, nämlich mit Sanktionen, die auch uns wehtun. Es ist aber notwendig, das zu tun, denn das ist das Einzige, womit wir den russischen Präsidenten vielleicht doch zur Vernunft bringen. Daher appelliere ich, das auch miteinander zu tun, im Sinne unserer Menschen und im Sinne der Republik Österreich! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie anhaltender Beifall bei den Grünen.)
19.44
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Dr. Martin Graf. – Bitte schön, Herr Doktor.
*****
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Leider haben wir jetzt wieder einmal ein Schauspiel oder eine Lektion erleben müssen, wie man den Parlamentarismus und die bisherigen Usancen, die man in den letzten 40 Jahren gelebt hat, vonseiten einer Regierungspartei über Bord wirft, ohne Ende. (Rufe bei der ÖVP: Zur Geschäftsordnung! Das ist eine Wortmeldung!)
Diese Anschuldigungen vorzubringen, wobei man als Regierungspartei ja mehr Redezeit hat, weil auch Regierungsmitglieder reden, als Klubobmann der wohlgemerkt stärkeren Regierungspartei zu warten, bis der letzte Redner die letzten Minuten Redezeit aller anderen Oppositionsparteien verbraucht hat, um sich dann mit einer zehnminütigen Rede als Klubobmann zu Wort zu melden, ist letztklassig in diesem Haus und bis jetzt noch nie dagewesen! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Klubobmannrunde hat am Anfang stattgefunden, da war er nicht zugegen, das muss man auch sagen. (Abg. Steinacker: Zur Geschäftsordnung! – Abg. Ottenschläger: Das ist keine Geschäftsordnungsmeldung!) Diese Usancen werden ständig gebrochen, mit Füßen getreten, seitens der ÖVP. Wir hatten keine Möglichkeit mehr, diesen neuen Vorwürfen auch nur mit einer einzigen Minute Redezeit oder einem Redebeitrag entgegenzutreten. Das ist nicht in Ordnung, sollte in der Präsidiale besprochen werden. (Beifall bei der FPÖ.)
19.45
Präsident Ing. Norbert Hofer: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? – Bitte, Frau Klubvorsitzende.
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Dieser Beitrag war getarnt, hatte mit der Geschäftsordnung nichts zu tun. Wen die Klubs wann wie
einmelden, das ist einzig und alleine die Aufgabe der Klubs, genauso wie es gar nicht vereinbart war, dass es zu Beginn eine Klubobleuterunde gibt. Die ÖVP hat hier anlässlich des Internationalen Frauentags mit der stellvertretenden Klubvorsitzenden agiert.
Wenn die Freiheitliche Partei nicht in der Lage ist, ihre Redezeit adäquat zu planen, dann ist das einzig und allein die Verantwortung der Freiheitlichen Partei und ganz sicher nicht der anderen Fraktionen hier. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
19.46
Präsident Ing. Norbert Hofer: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? – Das ist offenbar nicht der Fall.
*****
Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: Oh nein!)
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Im Geschäftsordnungsbeitrag hat Herr Kollege Graf in zwei Punkten nicht recht: Es gibt noch eine Oppositionspartei mit Redezeit.
Zweitens: Es war nicht alles falsch, was Klubobmann Wöginger gesagt hat. Er hat am Anfang gesagt, ich kenne mich nicht aus. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Das beschreibt es relativ gut.
Herr Präsident, ist das Wort Chuzpe zulässig? Ich glaube, das darf man nicht sagen. (Abg. Sobotka: Ja!) – Ist zulässig? Na bitte!
Alleine die Chuzpe zu haben, die ÖVP als die Sozialpartei herzustellen, die böswilligerweise ausgebremst durch andere Sozialminister agiert hat! Können Sie sich erinnern, wie es war? Wir haben einmal – und das war mühsam, ich war bei den Verhandlungen dabei – eine Grundsicherung vereinbart, auf die die Menschen einen Rechtsanspruch haben. (Abg. Loacker: Das hätten Sie für die Bauern machen müssen!) Wer hat sie denn abgeschafft, die Sozialfighter? Herr Klubobmann! Da erinnern wir uns doch alle richtig.
Oder was die Aufopferung für die Opfer betrifft: Bombardiert, ja, aber wie war es mit den Flüchtlingskindern aus Syrien und Afghanistan in Moria? Da war nichts zu spüren von Solidarität, von Humanismus, von Anstand! Da meinte man ganz schweigend: Nein. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Thema Wählerfang: Er wirft demokratischen Parteien vor, dass sie um Wählerstimmen werben. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Aber was war denn das, zu sagen, die Kinder im Morast in Moria sind uns egal, Hauptsache, die Wählerstimmen passen!? Das nennen Sie soziale Ader, Herr Klubobmann?
Soziale Ader ist nicht, wenn man dem ÖVP-Politiker zu einer Leitungsposition im Finanzamt verhilft, sodass eine qualifizierte Frau nicht hinkommt, das nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sondern Sie haben uns behindert, in jahrelanger Regierungspolitik wirkliche Fortschritte zu machen.
Sie brauchen sich hier nicht herzustellen und auf andere loszugehen. Kehren Sie in der eigenen Partei und vor der eigenen Tür! Das würde der ÖVP guttun, würde die Meinungsumfragenergebnisse verbessern und würde den Menschen etwas bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hauser.)
Letzter Satz dazu: Die ÖVP hat jetzt über Jahrzehnte mit der Möglichkeit, immer wieder mit der FPÖ den Seitenschritt zu machen, dieses Haus beherrscht. Beherrscht, in jeder Koalition – da können Sie auch den jetzigen Koalitionspartner fragen! Sie werden die Verantwortung dafür auch tragen müssen, Herr Kollege Wöginger. (Ruf bei der SPÖ: Bravo!) Sie waren wesentlich verantwortlich, Sie können sich nicht davonstehlen.
Wir haben wirkliche Probleme: Das mit dem Gas, wie es vorhin beschrieben wurde, ist ein wirkliches Problem, auch die Pandemie war ein wirkliches Problem. Daran werden Sie gemessen werden. Wenn es so schlecht funktioniert wie in der Pandemiebekämpfung, dann werden die Hochöfen leider, befürchte ich, stehen, und ich habe Angst davor, dass die Bevölkerung nicht heizen kann, denn so, wie Sie es bisher unprofessionell gemacht haben, ist das eine Katastrophe.
Daher meine Bitte, ganz förmlich – die Hand ist, glaube ich, von allen gereicht –: Versuchen wir wenigstens in der Krise, das gemeinsam zu machen! Das Unnötigste dazu war Ihre Rede, Herr Wöginger. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)
19.50
Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren, für „Chuzpe“ gab es noch nie einen Ordnungsruf, kann gerne weiterhin verwendet werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünschen die Klubs eine Unterbrechung, bevor wir in den Abstimmungsvorgang eintreten? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der Erdgasversorgung“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag.a Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Unterstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (238/E)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeoffensive sofort in Angriff nehmen“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Solidarität und Unterstützung der Ukraine“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (239/E)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr.in Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ja zur Neutralität – Nein zum NATO-Beitritt!“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in der Ukraine und Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets ‚Militärische Angelegenheiten‘ auf 1 % des BIP zum Schutz der österreichischen Neutralität“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Nato-Beitritt – Ja zur immerwährenden Neutralität“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2227/A eine Frist bis 9. März 2022 zu setzen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2349/A(E) bis 2359/A eingebracht worden sind.
*****
Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.54 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 19.54 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien
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