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808. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 3. Mai 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

808. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 3. Mai 2012

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 3. Mai 2012: 9.05 – 16.36 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert werden (BVG Sicherheitsbehörden-Neustruktu­rierung 2012)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Abzeichenge­setz 1960, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Ärztegesetz 1998, das ASOR-Durchführungsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Au­ßenwirtschaftsgesetz 2011, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Beschußge­setz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Bundes-Ehrenzeichengesetz, das Bundesge­setz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Eu­ropäischen Union, das Bundesgesetz über eine Amnestie 1995, das Bundesgesetz vom 15. Juli 1964 über die Schaffung einer Medaille für Verdienste um die Vorberei­tung und Durchführung der IX. Olympischen Winterspiele Innsbruck 1964, das Bundes­gesetz vom 27. Jänner 1976 über die Schaffung eines Ehrenzeichens für Verdienste um die Befreiung Österreichs, das Bundesgesetz vom 29. Juni 1977 zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das Bundesgesetz vom 4. Fe­bruar 1948 über die Berechtigung der nach reichsrechtlichen Vorschriften approbierten Zahnärzte, das Bundesgesetz vom 6. Mai 1976 über die Schaffung einer Medaille für Verdienste um die Vorbereitung und Durchführung der XII. Olympischen Winterspiele Innsbruck 1976, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz, das Bundesluftreinhaltege­setz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundesvergabegesetz 2006, das Chemikaliengesetz 1996, das Devisengesetz 2004, das Einführungsgesetz zu den Ver­waltungsverfahrensgesetzen 2008, das Eisenbahngesetz 1957, das Elektrotechnikge­setz 1992, das Energielenkungsgesetz 1982, die Exekutionsordnung, das Exekutiv­dienstzeichengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2008, das Fremdenpolizeige­setz 2005, das Führerscheingesetz, das Gefahrgutbeförderungsgesetz, das Gehaltsge­setz 1956, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Heeresgebührengesetz 2001, das Kraftfahrgesetz 1967, das Kraftfahrliniengesetz, das Kriegsmaterialgesetz, das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, das Luftfahrtsi­cherheitsgesetz 2011, das Mediengesetz, das Meldegesetz 1991, das Militärauszeich­nungsgesetz 2002, das Militärbefugnisgesetz, das Munitionslagergesetz 2003, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Paßgesetz 1992, das Polizeibefugnis-Ent­schädigungsgesetz, das Polizeikooperationsgesetz, das Pornographiegesetz, das


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 2

Preisgesetz 1992, das Punzierungsgesetz 2000, das Pyrotechnikgesetz 2010, die Rei­segebührenvorschrift 1955, das Rezeptpflichtgesetz, das Rundfunkgebührengesetz, das Sanktionengesetz 2010, das Schifffahrtsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Sprengmittelgesetz 2010, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregistergesetz 1968, das Strafvollzugsgesetz, die Straßenverkehrsordnung 1960, das Suchtmittelgesetz, das Tierseuchengesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Verkehrsrecht-Anpassungsgesetz 1971, das Versammlungsgesetz 1953, das Versor­gungssicherungsgesetz, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Verwaltungsvollstre­ckungsgesetz 1991, das Verwundetenmedaillengesetz, das Waffengesetz 1996, das Wehrgesetz 2001, das Wiedereinstellungsgesetz 1950, das Zivildienstgesetz 1986 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden sowie das Führungs- und Verfügungsgesetz aufgehoben wird (Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungs-Gesetz – SNG)

3. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze in den Grenzabschnit­ten X und XI sowie über Änderungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staats­grenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Vertrages vom 26. Oktober 2001

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unfalluntersuchungsgesetz, das Kraftfahrge­setz 1967, das Seilbahngesetz 2003 sowie das Schifffahrtsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz über die Festlegung von Flughafenentgelten (Flughafenent­geltegesetz – FEG)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Seeschiffahrtsgesetz und das Bundesgesetz zur Erfüllung des Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommens von 1969 geän­dert werden

7. Punkt: Kooperationsabkommen über Satellitennavigation zwischen der Europäi­schen Union und ihren Mitgliedstaaten und dem Königreich Norwegen

8. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bun­desministerin für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird

10. Punkt: Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird

13. Punkt: Jahresvorschau des BMG 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Europäischen Kommission für 2012 und des Programms des Ra­tes (Dänemark, Zypern)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

15. Punkt: Jahresvorschau des BMWF 2012 auf der Grundlage des „Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Ra­tes“

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird

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BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 3

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht des Bundesrates Johann Kraml .......................................................................................... 10

Schreiben des Präsidenten des Oberösterreichischen Landtages betreffend Wahl eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat ................................................................................................................ 11

Angelobung der Bundesrätin Elisabeth Reich ............................................................ 11

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Vorschlag für die Nominierung eines stellvertretenden Mitgliedes in den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz                     38

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über die Änderung des Ab­kommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über kulturellen Austausch durch den Herrn Bundespräsidenten .................................. 39

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zu­sammenarbeit in den Bereichen Finanzen und Steuern durch den Herrn Bundes­präsidenten                    41

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR ................................................................................................. 42

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 10

Fragestunde (159.)

Justiz ............................................................................................................................. 11

Dr. Magnus Brunner, LL.M (1812/M-BR/2012); Ana Blatnik, Gerd Krusche, Marco Schreuder

Mag. Gerald Klug (1808/M-BR/2012); Josef Steinkogler, Monika Mühlwerth

Hermann Brückl (1811/M-BR/2012); Karl Petritz, Christian Füller, Marco Schreuder

Dr. Angelika Winzig (1813/M-BR/2012); Mag. Muna Duzdar, Cornelia Michalke

Ewald Lindinger (1809/M-BR/2012); Ferdinand Tiefnig, Peter Mitterer

Kurt Strohmayer-Dangl (1814/M-BR/2012); Michael Lampel, Monika Mühlwerth

Mag. Muna Duzdar (1810/M-BR/2012); Friedrich Hensler, Hermann Brückl, Mar­co Schreuder

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 42


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 4

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 42

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  38, 131

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Frem­denpolizeigesetz 2005 geändert werden (BVG Sicherheitsbehörden-Neustruktu­rierung 2012) (1679 d.B. und 1756 d.B. sowie 8714/BR d.B.)     ............................................................................................................................... 43

Berichterstatter: Günther Köberl .................................................................................. 44

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Abzeichengesetz 1960, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Ärztegesetz 1998, das ASOR-Durch­führungsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Au­ßenwirtschaftsgesetz 2011, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Be­schußgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Bundes-Ehrenzeichengesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mit­gliedstaaten der Europäischen Union, das Bundesgesetz über eine Amnes­tie 1995, das Bundesgesetz vom 15. Juli 1964 über die Schaffung einer Medaille für Verdienste um die Vorbereitung und Durchführung der IX. Olympischen Win­terspiele Innsbruck 1964, das Bundesgesetz vom 27. Jänner 1976 über die Schaffung eines Ehrenzeichens für Verdienste um die Befreiung Österreichs, das Bundesgesetz vom 29. Juni 1977 zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das Bundesgesetz vom 4. Februar 1948 über die Berechtigung der nach reichsrechtlichen Vorschriften approbierten Zahnärzte, das Bundesgesetz vom 6. Mai 1976 über die Schaffung einer Medaille für Ver­dienste um die Vorbereitung und Durchführung der XII. Olympischen Winter­spiele Innsbruck 1976, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz, das Bundesluft­reinhaltegesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundesvergabege­setz 2006, das Chemikaliengesetz 1996, das Devisengesetz 2004, das Einfüh­rungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Eisenbahnge­setz 1957, das Elektrotechnikgesetz 1992, das Energielenkungsgesetz 1982, die Exekutionsordnung, das Exekutivdienstzeichengesetz, das Finanzausgleichs­gesetz 2008, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Führerscheingesetz, das Gefahrgutbeförderungsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956, das Gelegenheitsver­kehrs-Gesetz 1996, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Heeresgebühren­gesetz 2001, das Kraftfahrgesetz 1967, das Kraftfahrliniengesetz, das Kriegsma­terialgesetz, das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997, das Luftfahrtsicher­heitsgesetz 2011, das Mediengesetz, das Meldegesetz 1991, das Militäraus­zeichnungsgesetz 2002, das Militärbefugnisgesetz, das Munitionslagerge­setz 2003, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Paßgesetz 1992, das Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz, das Polizeikooperationsgesetz, das Pornographiegesetz, das Preisgesetz 1992, das Punzierungsgesetz 2000, das Pyrotechnikgesetz 2010, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Rezeptpflichtge­setz, das Rundfunkgebührengesetz, das Sanktionengesetz 2010, das Schiff­fahrtsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Sprengmittelgesetz 2010, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregistergesetz 1968, das Strafvollzugsge­setz, die Straßenverkehrsordnung 1960, das Suchtmittelgesetz, das Tierseu-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 5

chengesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Ver­kehrsrecht-Anpassungsgesetz 1971, das Versammlungsgesetz 1953, das Ver­sorgungssicherungsgesetz, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Verwaltungs­vollstreckungsgesetz 1991, das Verwundetenmedaillengesetz, das Waffenge­setz 1996, das Wehrgesetz 2001, das Wiedereinstellungsgesetz 1950, das Zivil­dienstgesetz 1986 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden sowie das Führungs- und Verfügungsgesetz aufgehoben wird (Sicherheitsbe­hörden-Neustrukturierungs-Gesetz – SNG) (1726 d.B. und 1757 d.B. sowie 8715/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 43

Berichterstatter: Günther Köberl .................................................................................. 44

Redner/Rednerinnen:

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................  44, 55

Franz Perhab ................................................................................................................ 46

Mag. Gerald Klug .......................................................................................................... 47

Johann Ertl .................................................................................................................... 49

Christoph Kainz ....................................................................................................  50, 56

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .......................................................... 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 57

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Ände­rungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze in den Grenzabschnitten X und XI sowie über Änderungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Vertrages vom 26. Oktober 2001 (1567 d.B. und 1758 d.B. sowie 8716/BR d.B.) ................................................................................................................. 57

Berichterstatter: Christoph Kainz ................................................................................. 57

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 58

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Unfalluntersuchungsgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Seilbahngesetz 2003 sowie das Schifffahrtsgesetz geändert werden (1727 d.B. und 1744 d.B. sowie 8713/BR d.B. und 8717/BR d.B.)                        58

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 58

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler .............................................................................................................. 59

Anneliese Junker .......................................................................................................... 59

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 60

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 62

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz über die Festlegung von Flughafenentgelten (Flughafenentgeltege­setz – FEG) (1728 d.B. und 1745 d.B. sowie 8718/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 62

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 62


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 6

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................... 63

Werner Stadler .............................................................................................................. 63

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 65

Anneliese Junker .......................................................................................................... 65

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 66

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 68

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Seeschiffahrtsgesetz und das Bundesgesetz zur Er­füllung des Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommens von 1969 ge­ändert werden (1730 d.B. und 1746 d.B. sowie 8719/BR d.B.)                   68

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 68

Redner/Rednerinnen:

Karl Boden .................................................................................................................... 68

Josef Steinkogler ......................................................................................................... 69

Franz Pirolt ................................................................................................................... 69

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 70

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 71

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend Ko­operationsabkommen über Satellitennavigation zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten und dem Königreich Norwegen (1636 d.B. und 1747 d.B. sowie 8720/BR d.B.) ............................................ 71

Berichterstatter: Michael Lampel .................................................................................. 71

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 72

Franz Wenger ............................................................................................................... 73

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 74

8. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-453-BR/2012 d.B. sowie 8721/BR d.B.)    ............................................................................................................................... 74

Berichterstatter: Michael Lampel .................................................................................. 74

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 74

Karl Boden .................................................................................................................... 76

Edgar Mayer .................................................................................................................. 77

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 79

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-453-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................... 81

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesmi-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 7

nisterin für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird (1729 d.B. und 1755 d.B. sowie 8724/BR d.B.) .................................... 81

Berichterstatter: Robert Zehentner .............................................................................. 81

Redner/Rednerinnen:

Franz Pirolt ................................................................................................................... 82

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 82

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  83, 90

Wolfgang Beer .............................................................................................................. 84

Gerd Krusche ............................................................................................................... 85

Georg Keuschnigg ....................................................................................................... 87

Mag. Gerald Klug .......................................................................................................... 91

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 92

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................... 94

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 96

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012) (1678 d.B. und 1761 d.B. sowie 8725/BR d.B.)                   96

Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................... 96

Redner/Rednerinnen:

Juliane Lugsteiner ........................................................................................................ 97

Elisabeth Greiderer ...................................................................................................... 97

Marco Schreuder .......................................................................................................... 97

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 98

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1732 d.B. und 1763 d.B. sowie 8726/BR d.B.)                        98

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ............................................................................ 98

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (1733 d.B. und 1764 d.B. sowie 8727/BR d.B.)                         98

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ............................................................................ 98

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................... 99

Johanna Köberl .......................................................................................................... 100

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 101

Marco Schreuder ........................................................................................................ 102

Stefan Schennach ...................................................................................................... 103

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 104

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 105

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................. 105


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 8

13. Punkt: Jahresvorschau des BMG 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2012 und des Programms des Rates (Dänemark, Zypern) (III-452-BR/2012 d.B. sowie 8728/BR d.B.) .............................................................................. 105

Berichterstatter: Friedrich Reisinger .......................................................................... 105

Redner/Rednerinnen:

Johanna Köberl .......................................................................................................... 105

Edgar Mayer ................................................................................................................ 107

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 109

Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 110

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 111

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-452-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 113

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1710 d.B. und 1741 d.B. sowie 8722/BR d.B.)                   113

Berichterstatterin: Anneliese Junker .......................................................................... 113

Redner/Rednerinnen:

Josef Saller ................................................................................................................. 113

Ana Blatnik .................................................................................................................. 114

Mag. Reinhard Pisec, BA ........................................................................................... 115

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 116

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 117

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 119

15. Punkt: Jahresvorschau des BMWF 2012 auf der Grundlage des „Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“ (III-457-BR/2012 d.B. sowie 8723/BR d.B.)     ............................................................................................................................. 119

Berichterstatterin: Anneliese Junker .......................................................................... 119

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 119

Günther Köberl ........................................................................................................... 120

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 123

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-457-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................. 125

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechts­verhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird (1689 d.B. und 1748 d.B. sowie 8729/BR d.B.) ........................................................... 125

Berichterstatter: Christian Füller ................................................................................ 125

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ...................................................................................................... 125

Elisabeth Grimling ..................................................................................................... 127

Notburga Astleitner ................................................................................................... 128

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 129

Johann Schweigkofler ............................................................................................... 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................................................... 131


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 9

Eingebracht wurden

Antrag der Bundesräte

Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Efgani Dönmez, PPM, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die aktuelle Menschenrechtslage in der Ukraine [189/A(E)-BR/2012]

Anfrage der Bundesräte

Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Verfolgung ausländischer Fahrzeuglenker bei Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Plabutschtunnel in Folge der „Section Control“ (2888/J-BR/2012)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nuklearinformationsabkommen (2668/AB-BR/2012 zu 2879/J-BR/2012)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Auswirkungen der Thiamethoxam-Belastung im Grundwasser Korneuburgs und Veröffentlichung der Melissa-Studie (2669/AB-BR/2012 zu 2880/J-BR/2012)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Gerald Klug, Kolleginnen und Kollegen betreffend WKR-Ball, Umgang mit der rechtsradikalen Szene (2670/AB-BR/2012 zu 2881/J-BR/2012)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Auslaufen der Rahmenverfügung zum Schutz des Trinkwassers im Tullnerfeld (2671/AB-BR/2012 zu 2882/J-BR/2012)


 


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 10

09.01.51Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

 


Präsident Gregor Hammerl: Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 808. Sitzung des Bundesrates. das machen wir IMMER so!°/Gra

Das Amtliche Protokoll der 807. Sitzung des Bundesrates vom 13. April 2012 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Stefan Zangerl und Hans-Jörg Jenewein.

09.05.46Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsident Gregor Hammerl: Eingelangt sind Schreiben des Oberösterreichischen Landtags betreffend Mandatsverzicht eines Mitglieds und Wahl eines Ersatzmitglieds des Bundesrates. Durch den Mandatsverzicht von Johann Kraml tritt an dessen Stelle sein Ersatzmitglied Elisabeth Reich.

Hinsichtlich des Wortlautes dieser Schreiben verweise ich auf die im Sitzungssaal ver­teilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandats­verzicht sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes:

„Friedrich Bernhofer

Erster Präsident des Oö. Landtags

An den

Präsidenten des Bundesrates

Herrn Gregor Hammerl

Dr. Karl-Renner-Ring 3

1017 Wien                                                                                                                              11. April 2012

Änderung in der Zusammensetzung

des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich teile mit, dass Bundesrat Johann Kraml mit Ablauf des 16. April 2012 auf seine Mit­gliedschaft im Bundesrat verzichtet hat. Eine Kopie der Verzichtserklärung ist in der Anlage angeschlossen.

Die Nachwahl findet in der Sitzung des Oö. Landtags am 19. April 2012 statt.

1 Anlage“

„Bundesrat

Johann Kraml

Kopernikusstraße 22

4020 Linz                                                                                                                         Linz, am 6.3.2012

An den

Ersten Präsidenten des

Oberösterreichischen Landtages

Herrn Friedrich Bernhofer

Landhausplatz 1

4021 Linz


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 11

Zurücklegung des Mandates als Mitglied des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident!

Ich lege hiermit im Sinne des § 9, Abs. 2 der Landtagsgeschäftsordnung mein Mandat als Mitglied des Österreichischen Bundesrates mit Ablauf des 16. April 2012 zurück.

Mit vorzüglicher Hochachtung“

*****

„Friedrich Bernhofer

Erster Präsident des Oö. Landtags

An den

Präsidenten des Bundesrates

Herrn Gregor Hammerl

Dr. Karl-Renner-Ring 3

1017 Wien                                                                                                                              19. April 2012

Nachwahlen zum Bundesrat

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich teile mit, dass der Oberösterreichische Landtag in seiner Sitzung am 19. April 2012 gemäß Art. 35 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes und Art. 29 des Oö. Landes-Verfassungsgesetzes die Nachwahl eines Ersatzmitglieds durchgeführt hat.

Es wurde gewählt:

Ersatzmitglied an 2. Stelle:                               Sabine Breitenfellner, geb. 7. November 1984

                                                                                          4171 St. Peter am Wimberg, Blumenweg 5

Diese Nachwahl wurde notwendig, weil Frau Elisabeth Reich ex lege auf das durch das Ausscheiden von Bundesrat Johann Kraml freigewordene Mandat nachgerückt ist.

Mit freundlichen Grüßen!“

*****

 


Präsident Gregor Hammerl: Das neue Mitglied des Bundesrates ist im Hause an­wesend. Ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

 


9.06.38

Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


9.06.50

Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Ich gelobe.

 


Präsident Gregor Hammerl: Ich begrüße das neue Mitglied des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

09.09.09Fragestunde

 


Präsident Gregor Hammerl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf Frau Bundesministerin für Justiz Dr. Beatrix Karl sehr herzlich bei uns im Bun­desrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 12

Bevor ich jetzt mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Justiz

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1812/M, an die Frau Bundesministerin für Justiz, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Brun­ner, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Bun­desminister, meine Frage lautet:

1812/M-BR/2012

„Wie ist Ihr Standpunkt betreffend den Schutz des geistigen Eigentums einerseits und zur Freiheit im Internet andererseits?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesminister.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich möchte mich zuerst ganz herzlich für die Gelegenheit bedanken, hier Rede und Antwort stehen zu können, und ich freue mich sehr auf die nun folgenden Fragen und die Antworten, die ich darauf ge­ben darf.

Die Diskussion über das Urheberrecht und den Schutz des geistigen Eigentums hat gerade in letzter Zeit sehr stark an Dynamik gewonnen, und da gehen die Meinungen teilweise sehr weit auseinander. Man hört da ganz unterschiedliche Positionen dazu. Die einen sagen, dass der Schutz des geistigen Eigentums in seiner derzeitigen Aus­formung der heutigen Zeit und den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Der Vorwurf lautet, das Urheberrecht besorge nur das Geschäft der großen Konzerne, gehe aber an den modernen Entwicklungen und vor allem an den Neuerungen in der elektronischen Welt vorbei. Das Urheberrecht sei veraltet, es führe zur Internetzensur und sogar zur Kriminalisierung der einzelnen Nutzer. Und es wird auch immer wieder behauptet, es hindere die Entwicklung neuer Kunst- und Geschäftsmodelle und es schränke selbst private Nutzer in alltäglichen Situationen über die Maßen ein.

Dagegen haben sich aber sehr viele Kunstschaffende formiert, vertreten doch viele Kunstschaffende eine ganz andere Position. Die Urheber, die sich teilweise auch zu­sammengeschlossen und mobil gemacht haben, wenden sich hier beispielsweise ge­gen die Gratismentalität, denn es habe sich im Internet eine Gratismentalität breitge­macht, die ausschließlich zu ihren Lasten gehe und den Nutzen ihrer Schöpfungen und Werke Großunternehmen beschere, die ihn als Letzte nötig hätten.

Diese Positionen, vor allem vonseiten der Urheber und auch vonseiten der Kunst- und Kulturschaffenden, wurden auch sehr klar und deutlich bei einer Enquete des ÖVP-Klubs transportiert. Es wurden dort verschiedene Positionen ausgetauscht, aber es wurde vor allem vonseiten der Urheber, und da insbesondere vonseiten der Künstler, vorgebracht, dass sie schon das Gefühl haben, dass das Urheberrecht novelliert, er­neuert gehört und den modernen Anforderungen angepasst werden sollte. Es geht ih­nen vor allem darum, den Schutz des geistigen Eigentums zu stärken.

Bei dieser Enquete des ÖVP-Parlamentsklubs hat sich deutlich gezeigt, dass sich eine Reihe von Fragen stellt im Zusammenhang mit dem Schutz des geistigen Eigentums, im Zusammenhang mit dem Urheberrecht und dass wir natürlich auch Antworten fin­den müssen.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 13

Im Moment ist es so, dass sehr häufig die Gerichte gefordert sind, Antworten auf die bestehenden Probleme zu finden. Es gibt laufend Gerichtsverfahren, von denen wir immer wieder lesen und hören, aber ich glaube, man kann die Lösung dieser Probleme und das Finden von Antworten nicht allein der Gerichtsbarkeit überlassen, sondern da ist auch die Politik gefordert, Lösungen und Antworten zu finden.

Antworten zum Beispiel auf die Frage, ob die den Rechteinhabern zur Verfügung ste­henden Instrumente überhaupt ausreichen, oder auf der anderen Seite, ob eben die Nutzung bestehender Ansprüche nicht zu unverhältnismäßigen Folgen führt. Auf diese Fragen muss man Antworten finden, mit diesen Fragen muss man sich meines Erach­tens auseinandersetzen.

In der Diskussion wiederholt sich leider auch immer wieder die Gleichstellung der Frei­heit des Internets mit der Vorstellung des Internets als rechtsfreiem Raum. All das, was die Freiheit im Internet beschränkt, wird häufig als unmodern bezeichnet. Deshalb ist es mir auch ein besonderes Anliegen, in dem Bereich einmal ein Bewusstsein zu bil­den, nämlich ein Bewusstsein in der breiten Öffentlichkeit dahin gehend zu schärfen, dass Eigentum nicht nur etwas ist, was man angreifen kann. Eigentum sind nicht nur der Grund, der Boden, das Haus, das Auto, sondern es gibt eben auch geistiges Ei­gentum, auch wenn man es nicht angreifen kann. Und auch geistiges Eigentum ver­dient natürlich entsprechenden grundrechtlichen Schutz, wie jedes andere Eigentum auch.

Es ist, glaube ich, völlig außer Streit gestellt, dass Eigentum grundrechtlichen Schutz genießt, das ist völlig klar, aber das muss auch für geistiges Eigentum gelten, und ich glaube, da braucht man einfach mehr Bewusstseinsbildung. Darum geht es mir zual­lererst, dass man hier einmal wirklich das Bewusstsein in diese Richtung schärft.

Zuletzt hat sich ja sehr deutlich in der Diskussion über das multilaterale Handelsab­kommen zur Bekämpfung der Produkt- und Markenpiraterie, ACTA, gezeigt, wie sehr hier die Meinungen auseinandergehen und wie vehement hier verschiedene Meinun­gen vertreten werden und aufeinandergeprallt sind. Hier ist es nämlich den Gegnern des Urheberrechts gelungen, ein Abkommen als Bedrohung für Demokratie und Men­schenrechte  (Bundesrat Schreuder: Das ist nicht wahr!) – Sie können dann eh noch dazu reden!

Es ist hier wirklich den Gegnern des Urheberrechts gelungen, ein Abkommen als Be­drohung der Demokratie und der Menschenrechte darzustellen und viele Menschen gegen dieses Projekt aufzubringen, obwohl dieses Abkommen über die europäischen Standards der Rechtsdurchsetzung im geistigen Eigentum nicht hinausgeht.

Leider sind aber viele in der Politik in Europa den Gegnern von ACTA auf den Leim gegangen, wobei man hier wirklich sagen muss, im Bereich des Urheberrechts geht ACTA nicht über den Rechtsbestand in Österreich und in Europa hinaus. Das möchte ich hier wirklich festhalten. Und ich möchte hier wirklich noch einmal wiederholen, dass ACTA ganz einfach darauf abzielt, den in Europa bereits existierenden Schutzstandard insbesondere auch in die Entwicklungsländer zu exportieren.

Wir haben in Europa, wir haben in Österreich, was das Urheberrecht betrifft, einen sehr guten Schutzstandard, und dieser Schutzstandard soll eben nun auch in die Ent­wicklungsländer exportiert werden – mit der Zielsetzung, dass auch europäische Rechteinhaber und ihre Rechte auch dort geschützt werden. In weiterer Folge kommt natürlich ein funktionierender Schutz des geistigen Eigentums auch diesen Ländern zu­gute, weil es natürlich auch ein Anreiz für weitere Investitionen ist.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte eines ganz klar und deut­lich festhalten: Mir geht es bei einer Verschärfung des Urheberrechts und einem bes­seren Schutz des geistigen Eigentums nicht um die Kriminalisierung des einzelnen pri-


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vaten Nutzers. Es soll hier nicht der einzelne private Nutzer kriminalisiert werden, da­rum geht es natürlich nicht. Ich denke dabei zum Beispiel an den Schüler, der sich aus dem Internet Musik herunterlädt oder der sich für sein Referat Material aus dem In­ternet herunterlädt, ohne zu überlegen, woher dieses Material überhaupt kommt.

Und genau das ist der springende Punkt: Es wird viel zu wenig darüber nachgedacht, woher das Material, das aus dem Internet gratis heruntergeladen wird, eigentlich kommt. Es wird nicht darüber nachgedacht, wer eigentlich der Urheber ist, wer das ge­schaffen hat, was da gratis heruntergeladen wird.

Das ist eigentlich so ähnlich wie beim Strom aus der Steckdose. Der Strom kommt aus der Steckdose, man kann ihn auch nicht angreifen, aber es ist trotzdem für alle völlig klar, dass der Strom, der konsumiert wird, auch bezahlt werden muss. Das steht ei­gentlich völlig außer Frage. Beim Internet muss erst ein anderes Bewusstsein ge­schaffen werden. Ich wiederhole das noch einmal: Es geht hier auch stark um Be­wusstseinsbildung, aber nicht um Kriminalisierung des einzelnen Nutzers.

Mein Ziel ist es daher, der Informationsgesellschaft im Computerzeitalter bewusst zu machen, dass geistiges Eigentum Eigentum ist, auch wenn man es nicht angreifen kann. So hat zum Beispiel ein Urheber eines Buches, das ins Netz gestellt ist, genauso ein Recht auf Entgelt vom Nutzer wie ein Autor eines Buches, das man in der Buch­handlung kauft. Es ist für uns selbstverständlich, dass man in der Buchhandlung für ein Buch bezahlt, aber wenn man es aus dem Internet herunterlädt, ist diese Selbstver­ständlichkeit nicht mehr so vorhanden. Ich glaube, da muss man ansetzen, eben bei der Bewusstseinsbildung.

Es ist daher meines Erachtens nur konsequent, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Urheber vor allem bei gewerbsmäßigem Gratis-Download im Internet schützen. Darum geht es, wir müssen den Rechtsrahmen schaffen, damit wirklich die Urheber vor dem gewerbsmäßigen Gratis-Download geschützt werden. Ich glaube, das Urheberrecht sollte gerade für ein Kunst- und Kulturland wie Österreich besondere Be­deutung haben und dessen Wichtigkeit besonders hervorgehoben werden.

Ich bin daher gerade in Gesprächen mit verschiedenen Stakeholdern aus dem Kunst- und Kulturbereich, wie zum Beispiel auch mit Kulturministerin Claudia Schmied, und wir wollen gemeinsam bis zum Frühjahr 2013 entsprechende Änderungen zum Urhe­berrecht vorschlagen, eben, wie gesagt, ein neues Urheberrecht, das auch den neuen, moderneren Anforderungen gerecht wird. – Danke schön.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wird noch eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Ein Themenblock in die­sem Zusammenhang ist die Leerkassettenabgabe. Welche Veränderungen sind hier notwendig beziehungsweise geplant?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Die Leerkassettenabgabe exis­tiert ja bereits. Da geht es darum, dass bei jedem Kauf einer CD oder einer Leerkas­sette eine bestimmte Abgabe geleistet werden muss, die dann über die Verwertungs­gesellschaften an die Urheber verteilt wird. Nur, Hand aufs Herz: Wer kauft heute noch Leerkassetten? Es sind natürlich die Erträge aus dieser Leerkassettenabgabe stark zu­rückgegangen, und es ist völlig klar, dass das nicht mehr zeitgemäß ist.

Das heißt, ich sehe es schon auch als Aufgabe, dass wir bestehende gesetzliche Re­gelungen, die nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen, weil diese sich verändert haben, den geänderten Anforderungen, den geänderten Gegebenheiten an­passen. Das würde eben bedeuten, dass man sich ansehen muss: Was ersetzt heute die Leerkassette? Was wird heute anstelle der Leerkassette benutzt? Worauf wird zum


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Beispiel Musik heruntergeladen?, et cetera. Da ist man dann natürlich sehr schnell bei der Festplatte und sagt, man müsste diese Abgabe auch auf die Festplatte ausweiten und einen bestimmten Betrag auf die Festplatte einheben.

Natürlich stellt sich aber auch darüber hinaus die Frage: Reicht es, einfach nur auf die Festplatte eine Abgabe einzuheben, oder muss man eine weitere Streuung vorneh­men? Das werden wir uns natürlich auch unter Einbeziehung aller Betroffenen genauer ansehen, um, wie gesagt, eine den neuen Gegebenheiten angepasste Fortentwicklung dieser Regelung vorzunehmen.

Aber welchen Vorteil hat das für die Konsumenten? Der Vorteil für die Konsumenten liegt darin, dass eben durch die Leistung dieser Abgabe das private Kopieren abge­golten ist, und darum geht es ja. Man kann dann, wenn man eben diese Abgabe auf die Leerkassette, auf die CD oder vielleicht künftig auf die Festplatte bezahlt, privat ko­pieren, privat herunterladen, und das schafft natürlich auch Rechtssicherheit für die Konsumenten.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Blatnik.

 


Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Ministerin! Poštovana gospa minister! Sind Sie auch der Auffassung, dass bei der Ausarbeitung von ACTA die Interessen der Internetnutzer und Internetnutzerinnen im Vergleich zu denen der Verwertungsgesellschaften absolut unzureichend berücksichtigt wurden und deshalb ACTA nicht von Österreich ratifiziert werden soll? (Demonstrativer Beifall bei den Grü­nen.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie ich schon gesagt habe, ist es so, dass ACTA nicht über den Rechtsbestand im Bereich des Urheberrechts hi­nausgeht, den wir in Österreich und auch auf europäischer Ebene haben. Das heißt, die Bedeutung, die ACTA hat, ist eigentlich, dass der Rechtsbestand betreffend das Urheberrecht, der Schutz des geistigen Eigentums eben auch auf Entwicklungsländer, auf andere Länder ausgedehnt wird, sodass die Urheber, zum Beispiel Urheber aus Österreich, Kunstschaffende aus Österreich, auch in diesem Land einen Schutz der von ihnen geschaffenen Werke genießen.

Das ist die rechtliche Ebene. Aber natürlich sehe ich auch, dass die ganze Diskussion in Bezug auf ACTA natürlich eine sehr aufgeheizte, teilweise sehr emotionale war. Deshalb begrüße ich es sehr, dass gesagt wurde, dass einmal der Europäische Ge­richtshof prüfen soll, ob ACTA tatsächlich dem europäischen Rechtsbestand entspricht. Ich glaube, das ist sehr gut, um wieder auf eine Ebene zu kommen, wo man weiter über solche Themen diskutieren kann. Es soll jetzt einmal vom Europäischen Gerichts­hof geprüft werden – das begrüße ich sehr. Wie gesagt, ich bin der Meinung, dass be­treffend das Urheberrecht nicht über den österreichischen und europäischen Rechtsbe­stand hinausgegangen wurde.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Krusche.

 


Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es wird ja auch in Zukunft vor allem der gewerbsmäßige Missbrauch des Urheberrechtes strafbar sein und verfolgt werden; derzeit ist es ja auch so. Und das Ganze ist ein Teil der Internetkriminalität.

Die Frage lautet: Welche konkreten Maßnahmen planen Sie in Zusammenarbeit mit der Frau Innenminister zur Bekämpfung der Internetkriminalität?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Auch Ihre Frage zeigt deutlich, dass sich durch das Internet nicht nur in unseren Nutzungsgewohnheiten vieles verän­dert hat, sondern dass auch völlig neue Anforderungen an unser Rechtssystem gestellt werden, denn durch das Internet hat sich natürlich viel verändert. Es erleichtert unser Leben massiv. Ich glaube, es kann sich niemand mehr, der heute hier anwesend ist, vorstellen, ohne das Internet auszukommen, es ist eben einfach nicht mehr wegzu­denken.

Auf der anderen Seite haben sich natürlich durch das Internet auch ganz neue Krimi­nalitätsformen entwickelt. Das Problem dabei ist sehr häufig, dass das Internet eben grenzüberschreitend funktioniert und es häufig sehr schwer nachvollziehbar ist, wo der­jenige sitzt, der in irgendeiner Form eine kriminelle Handlung im Internet begeht. Das ist nur eine der Problematiken, die damit verbunden sind.

Die Frau Innenministerin hat ja eine eigene Kampagne gestartet, um noch stärker ge­gen Cybercrime vorzugehen. Wir haben vor Kurzem, wenn Sie sich erinnern – es war auch Thema hier im Bundesrat –, ein Cybercrime-Abkommen ratifiziert, wo es wirklich darum gegangen ist, auch alle internationalen Standards zu übernehmen. Wobei man auch sagen muss, dass Österreich in den letzten Jahren bereits sehr aktiv gewesen ist. Wir haben alle internationalen Anforderungen in diesem Bereich erfüllt, haben alles umgesetzt, haben eben auch im Strafrecht die entsprechenden Regelungen ge­schaffen und versuchen, sehr intensiv auch gegen diese Bedrohungsszenarien vorzu­gehen.

Ich habe, wenn Sie sich erinnern, im letzten Jahr auch auf eine dieser Gefahren aus dem Internet reagiert, nämlich das sogenannte Grooming. Dabei geht es darum, dass sehr häufig im Internet ältere Personen Kontakt mit Kindern, mit Jugendlichen aufneh­men. Sie geben sich dann auf der einen Seite als jüngere Personen aus, wollen dann mit den Kindern oder Jugendlichen auch in natura Kontakt aufnehmen, machen dann im Internet ein Treffen aus, und bei diesem Treffen kommt es dann sehr häufig leider zu sexuellen Übergriffen oder zu pornographischen Aufnahmen.

Deshalb haben wir ja im letzten Jahr einen neuen Straftatbestand geschaffen, und zwar sollte eben dieses Anbahnen von sexuellen Kontakten im Internet gegenüber Minderjährigen unter Strafe gestellt werden. Das ist bereits in Kraft getreten. Auch das ist eine Reaktion darauf, dass sich im Internet ganz neue Gefahren ergeben und wir et­wa auch durch neue Straftatbestände darauf reagieren müssen.

Ich muss aber auch eines sagen: Neue Straftatbestände sind in gewissem Ausmaß im­mer wieder richtig und wichtig, aber ich glaube, man darf bei all dem nicht vergessen, dass das Strafrecht natürlich eine Ultima-Ratio-Funktion hat, und wir können nicht alle Probleme, die sich in unserer Gesellschaft ergeben, immer über das Strafrecht lösen. Ich glaube, das müssen wir immer vor Augen haben, denn wir können nicht alles über das Strafrecht in den Griff bekommen, was uns in unserer Gesellschaft nicht passt. Strafrecht soll immer Ultima Ratio sein und erst dann zum Einsatz kommen; und ich glaube, das muss man auch bei allen neuen Straftatbeständen, die man einführen will, immer wieder mit berücksichtigen.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schreuder.

 


Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Ich finde Ihre letzte Ausführung interessant, da ja ACTA genau bedeuten würde, dass vieles, was jetzt im Zivilrecht drinnen ist, in das Strafrecht übergeführt worden wäre.

Erlauben Sie mir bitte auch, bei dieser Gelegenheit eine Aussage schärfstens zurück­zuweisen, dass nämlich die Gegner und Gegnerinnen von ACTA GegnerInnen des Ur­heberrechts wären. Das stimmt schlicht nicht!


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Da Sie die zweite Frage nicht wirklich beantwortet haben, lassen Sie mich noch etwas präziser formulieren – mir reicht ein Ja oder ein Nein –: Halten Sie tatsächlich ACTA, das hinter verschlossenen Türen, nur mit der Verwerterindustrie, ohne Konsumenten­schützerInnen, ohne die NGOs aus der Netzpolitik, ohne Datenschützer und Daten­schützerinnen, ohne irgendeine Öffentlichkeit, ohne Veröffentlichung der Zusatzproto­kolle verhandelt worden ist, das erst auf Beschluss des Europaparlaments überhaupt einmal veröffentlicht werden durfte, halten Sie das für eine demokratische Vorgehens­weise, die legitimiert, dass Österreich das unterzeichnet? Ja oder nein?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Mir als Justizministerin geht es darum, wie die Inhalte dieses Abkommens sind und was sie für den österreichischen Rechtsbestand bedeuten, welcher Änderungsbedarf gegeben ist. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass der Änderungsbedarf ein überschaubarer ist. Es gibt nämlich in diesem Bereich ACTA auch viele Kann-Bestimmungen – wenn Sie sich das angeschaut ha­ben, wissen Sie das –, die nicht in dieser Schärfe umgesetzt werden müssen. Man kann sie umsetzen, muss sie aber nicht in der Art und Weise umsetzen. Das heißt, vie­les von dem, was in der ACTA-Diskussion aufgekommen ist, ist einfach übertrieben und viel zu scharf dargestellt gewesen.

Sie haben eine andere Ebene angesprochen, nämlich das Zustandekommen. Ich glau­be, man muss diese beiden Punkte trennen: die inhaltliche Ebene, welche Inhalte ACTA hat, und die Frage, wie es zustande gekommen ist. Sie haben sich jetzt in Ihrer Frage auf das Zustandekommen bezogen. Es ist ein Zustandekommen, wie es häufig bei internationalen Abkommen stattfindet. Aber wenn gewünscht wird, dass eine brei­tere Diskussion stattfindet, so ist das natürlich zu respektieren, aber da erwarte ich mir natürlich auch eine breite Diskussion, die auf objektiven Kriterien beruht und wo Leute diskutieren, die auch das Abkommen gelesen haben. Dann kann man gerne darüber reden und auch eine breitere Diskussion initiieren. (Bundesrat Schreuder: Ja oder Nein?) – Was „Ja oder Nein?“ (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder), wie es zustande gekommen ist?

Von den Inhalten her sage ich Ihnen ganz klar, man kann das unterschreiben aus ös­terreichischer Sicht, auch vom Zustandekommen her sehe ich das nicht so scharf wie Sie, denn ich bin der Meinung, dass nicht anders agiert wurde als bei vielen anderen Abkommen auch. Es hat sich in diesem Fall jedoch eine viel heißere Diskussion ent­wickelt, aber ich sehe aus österreichischer Sicht sehr wohl, dass man es auch un­terschreiben könnte, wiewohl ich, und das habe ich vorhin auch eingeräumt, sehe, dass die Diskussion in dem Bereich so aufgeschaukelt war und so viele verschiedene Meinungen aufeinandergeprallt sind, dass ich es schon allein deshalb für richtig halte, dass es auch noch auf europäischer Ebene geprüft wird und man sich noch einmal überlegt, in welcher Art und Weise man es vielleicht doch noch breiter diskutieren kann. Es gehört einmal diese aufgeheizte Stimmung heraus, aber grundsätzlich spricht nichts dagegen, es zu unterschreiben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Klug.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1808/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Klug, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir ja in einer Fragestunde des Bun­desrates sind, werden wir wieder ein bisschen Schärfe herausnehmen.

Frau Bundesministerin, Sie haben in Ihrem jüngsten APA-Interview zu zwei anderen Themenschwerpunkten Fehler in der Ressortführung zugestanden, und ich möchte kurz sagen, dass uns allen einmal Fehler passieren, und insofern zeugt es schon von


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wahrer menschlicher Größe, diese Fehler zu erkennen und diese auch einzugeste­hen – dieses Kompliment geht weit über steirische Solidarität hinaus.

Nun aber zu meiner Fragestellung:

1808/M-BR/2012

„Welche Schwerpunkte werden von Ihnen bei der Ausarbeitung eines praxisnahen Kor­ruptionsstrafrechtes gesetzt?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Korruptionsstrafrecht ist ja im Moment ein sehr zentrales Thema in der öffentlichen Diskussion. Wir sind im Moment sehr viel mit dem Thema Korruption, Korruptionsbekämpfung konfrontiert. Ich glaube, es ist auch wichtig – ich habe vorhin im Zusammenhang mit dem Schutz des geistigen Eigentums von Bewusstseinsbildung gesprochen, auch im Bereich der Korruptions­bekämpfung geht es natürlich sehr stark um Bewusstseinsbildung –, dass man auch Bewusstsein dafür entwickelt: Was ist korruptes Verhalten? Wo beginnt korruptes Ver­halten?

Da gilt das, was ich vorhin gesagt habe: Man kann natürlich nicht alles unter Strafe stellen, aber trotzdem brauchen wir ein gut funktionierendes Korruptionsstrafrecht. Wir haben ja jetzt schon ein Korruptionsstrafrecht, das an sich wirklich als gut bezeichnet werden kann – es zeigt sich ja auch, dass viele Verfahren bereits anhängig sind –, aber wir sehen natürlich auch, dass es im existierenden Korruptionsstrafrecht Lücken gibt.

Wenn Sie etwa an die GRECO-Empfehlungen denken, also die Empfehlungen der Staatengruppe des Europarates zur Korruptionsbekämpfung, da hat sich GRECO zu­letzt ja damit beschäftigt, das österreichische Korruptionsstrafrecht zu evaluieren, und GRECO hat zum österreichischen Korruptionsstrafrecht zehn Empfehlungen abgege­ben. Ich sehe es natürlich als meine Aufgabe als Justizministerin, diese GRECO-Emp­fehlungen umzusetzen.

Ich habe ausgehend davon einen Vorschlag für die Änderung des Korruptionsstra­frechts erarbeitet und an das Parlament übermittelt, da von dieser Verschärfung des Korruptionsstrafrechts auch die Abgeordneten betroffen sind, und es ist ja guter Usus, den ich auch respektiere, dass die Abgeordneten selbst die Regelungen, die sie betref­fen, beschließen und über diese diskutieren. Deshalb habe ich einen Vorschlag ausge­arbeitet, der an das Parlament übergeben wurde und dann per Initiativantrag im Natio­nalrat eingebracht werden soll.

Mit diesem Vorschlag werden mit einem Schlag acht der zehn GRECO-Empfehlungen umgesetzt. Die neunte GRECO-Empfehlung ist dann die Unterzeichnung des Europa­ratsabkommens gegen Korruption. Das kann man dann auch machen, wenn diese acht GRECO-Empfehlungen umgesetzt sind. Das ist überhaupt kein Problem, das werden wir dann als nächsten Schritt machen.

Aber worum geht es jetzt bei dem Vorschlag, den ich dem Parlament vorgelegt ha­be? – Da geht es zum Beispiel darum, die Strafbarkeit im Inland auszuweiten. Stellen Sie sich vor, ein Österreicher besticht einen ausländischen Amtsträger – spielt sich al­les im Ausland ab. Dann soll das nach meinen Vorstellungen auch dann in Österreich strafbar sein, wenn am Tatbegehungsort keine Strafbarkeit besteht. Also das wäre ein Beispiel für die Ausweitung der Strafbarkeit im Inland.

Außerdem geht es darum, eine Lücke zu schließen im Zusammenhang mit der soge­nannten Abgeordnetenbestechung. Das ist auch immer wieder eine Forderung von


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GRECO, wo es eben heißt, es gehört etwas gegen die Abgeordnetenbestechung ge­tan. Da ist es so, dass nunmehr die Abgeordneten voll in den Amtsträgerbegriff aufge­nommen werden sollen. Das bedeutet, dass das Korruptionsstrafrecht künftig bei Ab­geordneten voll zur Anwendung gelangen soll.

Der Amtsträgerbegriff wird auch in eine andere Richtung ausgeweitet, und zwar soll künftig das Korruptionsstrafrecht auch für die Mitarbeiter und Organe der öffentlichen Unternehmen gelten. Öffentliche Unternehmen werden folgendermaßen definiert: Das sind Unternehmen, die zu über 50 Prozent im Eigentum der öffentlichen Hand sind be­ziehungsweise der Rechnungshofkontrolle unterliegen. Diese Maßnahme hat meines Erachtens den Sinn, dass es ja dort, wenn Korruption auftritt, nicht nur um eine Schädigung eines privaten Interesses geht, da ist nicht nur das private Interesse be­troffen, sondern bei Korruption in öffentlichen Unternehmen ist das Interesse der All­gemeinheit betroffen. Deshalb auch da: Aufnahme unter den Amtsträgerbegriff, volle Erfassung durch das Korruptionsstrafrecht.

Des Weiteren wird die sogenannte Dienstrechtsakzessorietät beseitigt. Das klingt ein bisschen kompliziert, aber da geht es um Folgendes: Stellen Sie sich vor, ein Amts­träger nimmt pflichtgemäß ein Amtsgeschäft vor und bekommt dann dafür irgendeinen Vorteil zugewendet. Das ist im Moment nur dann strafbar, wenn damit zugleich auch gegen ein Dienstrecht verstoßen wird. Das ist zum Beispiel bei Beamten sinnvoll, denn dann ist klar, wenn ich als Beamter für ein pflichtgemäßes Amtsgeschäft einen Vorteil annehme, dann mache ich mich dann strafbar, wenn ich gegen mein Dienstrecht ver­stoße. Das heißt, ich weiß ganz genau, wenn ich gegen mein Dienstrecht verstoße, ha­be ich auch ein strafrechtliches Problem.

So weit so gut, das ist sinnvoll. Aber das Problem dabei ist, dass es für Minister, für Landesregierungsmitglieder und für Bürgermeister kein Dienstrecht gibt. Das heißt, bei ihnen geht diese Regelung ins Leere. Es ist bei ihnen nicht strafbar, wenn sie für ein pflichtgemäßes Amtsgeschäft einen Vorteil annehmen. Zum Beispiel diese Lücke soll geschlossen werden.

Dann haben wir auch Verschärfungen im Bereich der Privatkorruption vorgesehen. Da soll es zum Beispiel höhere Strafen geben. Es gibt ja dort im Moment ein Privatankla­gedelikt, und das soll geändert werden in Richtung eines Offizialdelikts – also da sind Verschärfungen vorgesehen.

All das, was ich jetzt genannt habe, sind Empfehlungen von GRECO, die wir umset­zen. Und dann haben wir in meinem Vorschlag schließlich auch noch eine Verände­rung des sogenannten Anfütterns. Dazu möchte ich schon sagen, dass das Anfütte­rungsverbot nicht auf internationalen Vorgaben beruht. Es ist keine GRECO-Empfeh­lung und auch sonst keine internationale Empfehlung, aber natürlich hat das Anfüttern in Österreich gewisse Bedeutung erlangt. Wie Sie ja wissen, hat es im Jahr 2008 eine sehr strenge Regelung gegeben, diese wurde dann wieder entschärft. Aber das gelten­de Recht ist sozusagen zahnlos, und da wird immer wieder kritisiert, dass es quasi to­tes Recht ist, nie zur Anwendung gelangt.

Da habe ich es als meine Aufgabe gesehen, eine neue Regelung zu finden, die jetzt nicht völlig zurückgeht zu der alten Regelung, da diese für sehr viel Unsicherheit ge­sorgt hat, und Rechtsunsicherheit zu schaffen halte ich nicht für sinnvoll, aber es soll natürlich trotzdem im Vergleich zum geltenden Recht eine Verschärfung geben. Wir haben eine sehr gute Lösung gefunden, und ich bin zuversichtlich, dass das auch eine praktikablere Lösung ist als jene im Jahr 2008, aber auch eine Lösung, die schärfer ist als das jetzt geltende Recht.

Ich möchte da auch wirklich darauf hinweisen, dass die Arbeiten zu diesen Vorschlä­gen, die ich jetzt dargestellt habe, auf parlamentarischer Ebene sehr gut laufen. Ich ha-


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be, wie gesagt, diese Vorschläge an die fünf Parlamentsklubs weitergegeben, und es hat dann eine erste Diskussionsrunde mit allen fünf Justizsprechern gegeben. Es war sehr konstruktiv, und es hat dann auch noch den Wunsch gegeben, dass wir im Be­reich des Anfütterns noch einige Änderungen vornehmen. Zu diesem Zweck haben wir dann in diese Runde mit den fünf Justizsprechern auch Experten aus dem Strafrechts­bereich eingeladen. Gemeinsam ist es dann gelungen, auch noch eine Verbesserung dieses Anfütterungs-Paragraphen vorzunehmen, sodass ich glaube, dass die jetzige Lösung, die auf dem Tisch liegt, eine sehr gute ist.

Zum Anfüttern noch ein Beispiel – ich möchte das nur noch abschließend erwähnen, da es auch immer wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussionen ist –: Wir haben im Bereich des Anfütterns diese Grenze vorgesehen, dass man geringfügige Vorteile annehmen darf, wobei im Gesetz nicht drinnen steht, dass das 100 € sind, denn das wäre, wenn man es im Gesetz festschreibt, eine zu starre Grenze. Wir haben daher im Gesetzestext nur stehen – es ist eigentlich nur ein Gesetzesvorschlag –, dass gering­fügige Vorteile angenommen werden dürfen. Und der Oberste Gerichtshof interpretiert „geringfüge Vorteile“ immer mit rund 100 €, sagt aber zugleich auch immer, dass na­türlich auf den Einzelfall abgestellt werden muss. Das heißt, im Einzelfall kann diese Grenze natürlich ganz anders aussehen.

Insgesamt glaube ich, dass dieser Vorschlag zur Verschärfung des Korruptionsstraf­rechts ein sehr guter ist, und ich bin zuversichtlich, dass dieser Vorschlag noch vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden wird. – Danke.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Herr Bundesrat Klug? – Nein, das ist ausreichend.

Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Steinkogler.

 


Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Wodurch ist sichergestellt, dass im Rahmen von Repräsentationsaufgaben die­se Zuwendungen nicht strafbar werden?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Die Repräsentationsaufgaben waren eben auch so ein Punkt, der für heftige Diskussionen bei der sehr strengen Re­gelung im Jahr 2008 gesorgt hat. Wenn Sie sich erinnern, damals hat es ja geheißen, jetzt kann dann kein Politiker mehr zu verschiedenen Kunst- und Kulturveranstal­tungen, zu Sportveranstaltungen gehen. Das war ja einer der großen Kritikpunkte im Jahr 2008.

Uns war es jetzt wichtig, auch genau auf diese Kritikpunkte klare Antworten zu geben. Ich habe ja gesagt, wir wollen durch den neuen Anfütterungs-Paragraphen eine rechts­sicherere Lösung haben.

Deshalb müssen wir natürlich auch auf die Frage, wie es künftig mit Repräsentations­aufgaben ist, ganz klare Antworten geben, und deshalb haben wir in dem Gesetzesvor­schlag vorgesehen, dass ausdrücklich drinnen steht, dass Repräsentationsaufgaben natürlich weiter wahrgenommen werden dürfen, dass da der Anfütterungstatbestand nicht erfüllt wird, denn es geht ja tatsächlich darum, dass Politiker weiter ihre Arbeit machen sollen.

Ich glaube, das Anfütterungsverbot darf nie so weit gehen, dass ein Politiker seine Ar­beit nicht mehr machen kann. Sie alle, die Sie hier sitzen, wissen, dass von Politikern erwartet wird, dass sie zu Veranstaltungen gehen, und das ist auch richtig so. Wir sollen ja als Politiker vor Ort sein, wir sollen zu Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltun­gen – was auch immer – gehen und nicht daheimbleiben und uns fürchten, dass wir vielleicht angefüttert werden.


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Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, eines klarzustellen: Wir wollen natürlich nicht kor­rupte Verhaltensweisen dulden, aber gewisse Ausnahmen sind einfach sinnvoll, und das sind Ausnahmen für Repräsentationsaufgaben. Das ist wirklich im Gesetzestext selbst klargestellt, dass die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben auch weiter­hin zulässig sein wird. Ich halte es auch für notwendig, dass wir weiter bei Veranstal­tungen anwesend sind. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühl­werth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Minister! Im Zu­sammenhang mit den Änderungen im Korruptionsstrafrecht wird es ja auch die Mög­lichkeit der anonymen Anzeige geben. Da muss man vorsichtig sein, denn man kann ja nie ausschließen, dass es auch politisch motivierte Anzeigen gibt, die auf einer erfun­denen Basis beruhen.

Wie werden Sie in diesem Zusammenhang damit umgehen, um das auseinanderzuhal­ten und politischen Missbrauch möglichst auszuschließen?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Dazu muss man auch eines sa­gen: Es gibt ja jetzt schon viele anonyme Anzeigen, und die wird es auch weiterhin geben, denn es soll natürlich auch die Möglichkeit der anonymen Anzeige geben, das ist völlig klar. Natürlich verstehe ich auch die Ängste und dass man sagt, es wird dann halt künftig im Hinblick auf diese schärferen Korruptionsstrafbestimmungen mehr ano­nyme Anzeigen geben. Ja, das mag schon sein, dass das tatsächlich so sein wird, aber ich glaube, es ist auch wichtig, sich vor Augen zu halten, dass alle diese Anzeigen ja bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft landen.

Wir haben ja eine eigene Staatsanwaltschaft, die genau auf diese Korruptionsfälle spe­zialisiert ist. Da sitzen wirklich Spezialisten in dem Bereich, und die sind wirklich in der Lage, klar herauszuarbeiten, wo tatsächlich ein Verfahren eingeleitet werden muss und wo nicht. Also ich habe keine Bedenken, dass man bei der Wirtschafts- und Korrup­tionsstaatsanwaltschaft mit diesen Anzeigen nicht sehr seriös und vor allem auch sehr kompetent umgeht. Dort haben wir wirklich eine geballte Ladung an Kompetenz zur Bekämpfung von Korruption, und da wird man auch richtig mit diesen Anzeigen um­gehen.

Ich begrüße es auch sehr, dass der Präsident des Obersten Gerichtshofes angekün­digt hat, dass er beim Obersten Gerichtshof einen eigenen Senat für dieses Korrup­tionsstrafrecht einrichten wird. Das heißt, auch da ist dann gewährleistet, dass sich ei­ne gewisse Judikatur verfestigen wird, und das ist wirklich sehr zu begrüßen.

Also diese Bedenken kann man, glaube ich, insofern zerstreuen, als man sagen muss, mit diesen Anzeigen, die es wahrscheinlich geben wird, wird sehr seriös und kompe­tent umgegangen werden.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zur 3. Anfrage, 1811/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Brückl, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Bundesminister! Sie stehen derzeit in Verhandlungen mit den Landeshauptleuten bezüglich der Schlie­ßung beziehungsweise Zusammenlegung von Bezirksgerichten, und vielerorts kämp­fen Bürger sozusagen für den Erhalt ihres Bezirksgerichtes.

Daher meine Frage:


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1811/M-BR/2012

„Welche Kriterien muss ein Bezirksgericht künftig erfüllen, damit der jeweilige Gerichts­standort erhalten bleibt?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Bevor ich auf Ihre Frage ein­gehe, möchte ich noch ganz kurz darlegen, warum ich eine Strukturoptimierung im be­zirksgerichtlichen Bereich überhaupt für notwendig halte. Da muss man einmal festhal­ten, dass in Österreich die Bezirksgerichtsstruktur – überhaupt die Gerichtsstruktur – in den Grundzügen auf das Jahr 1849 zurückgeht. Damals war das ausschlaggebende Kriterium, dass man innerhalb eines Tages mit der Kutsche das Gericht erreichen musste. Gott sei Dank spielt dieses Kriterium heute keine Rolle mehr, weil die Zeit der Kutschen vorbei ist, dieses Kriterium können wir daher nicht mehr heranziehen.

Man muss natürlich auch sagen, dass sich in den einzelnen Bundesländern seit 1849 auch vieles getan hat. Ganz unterschiedlich: Manche Bundesländer haben seither Zu­sammenlegungen vorgenommen, in anderen Bundesländern hat sich seither nicht viel verändert. Wir haben also auch ganz unterschiedliche Ausgangspunkte in den einzel­nen Bundesländern.

Die Zielsetzung, die ich mit dieser Strukturoptimierung verfolge, ist in Wirklichkeit vor allem eine, die man auf drei große Punkte beschränken kann, und zwar geht es mir zum einen darum, die Qualität zu verbessern. Das bedeutet nicht, dass die jetzigen Be­zirksgerichte schlecht arbeiten. Das möchte ich festhalten.

Die jetzigen Bezirksgerichte leisten sehr gute Arbeit, aber ich bin überzeugt davon, dass man die Qualität durch Spezialisierungsmöglichkeiten verbessern kann. Wenn wir nämlich auch bei den Bezirksgerichten die Möglichkeit schaffen, dass sich ein Richter auf einen Fachbereich oder einige wenige Fachbereiche spezialisieren kann, dann ist das meines Erachtens für die Qualität schon von großer Bedeutung. Man sieht ja deut­lich auch in anderen Bereichen, dass sich das Rechtssystem weiterentwickelt hat, dass es immer komplexer geworden ist und immer komplexer wird und dass die Antwort auf diese zunehmende Komplexität in allen Bereichen die Spezialisierung ist.

Denken Sie zum Beispiel an die Rechtsanwälte: Wenn Sie einen Anwalt für eine Scheidung brauchen, dann werden Sie nicht zum Spezialisten für Wirtschaftsrecht ge­hen, sondern Sie werden sich erkundigen, wer der beste Scheidungsanwalt ist. Das heißt, da findet natürlich eine Spezialisierung statt, und ich bin eben der Meinung, dass man durch die Einräumung von Spezialisierungsmöglichkeiten auch die Qualität auf Bezirksgerichtsebene steigern kann. Dazu brauche ich natürlich eine bestimmte Anzahl von Personal bei Gericht, darauf komme ich noch zu sprechen.

Die zweite Zielsetzung, um die es mir geht, ist die Ermöglichung eines besseren Kun­denservice, eines besseren Bürgerservice. Das erscheint oft paradox, wenn ich das sage, weil es immer heißt, wenn man das kleine Bezirksgericht vor Ort schließt, dann schafft man damit ja nicht ein besseres Kundenservice, ein besseres Bürgerservice. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass wir teilweise wirklich sehr kleine Bezirksgerichte haben, an denen nicht einmal eine ganze Richterstelle vorgesehen ist.

Wir haben teilweise Bezirksgerichte mit 0,6 Richterstellen, 0,8 Richterstellen. Das heißt, dass ein Richter zugleich an zwei oder vielleicht sogar drei Bezirksgerichten tätig ist – mit der Konsequenz, dass er nicht die ganze Woche an einem Standort vor Ort ist, sondern vielleicht zwei Tage am Standort A, zwei Tage am Standort B und an einem Tag am Standort C. Das heißt, er ist nicht die ganze Woche erreichbar. Das gilt aber nicht nur für die Richter, sondern etwa auch für die Rechtspfleger, für die Bezirksan­wälte. Ich bin überzeugt davon, dass man in größeren Einheiten auch insofern mehr


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Bürgerservice, mehr Kundenservice schaffen kann, als eben mehr Personen vor Ort sind.

Ich möchte auch an allen Standorten sogenannte Servicecenter einrichten. Die gibt es teilweise schon an den österreichischen Gerichten, die bewähren sich dort sehr gut. Das ist die erste Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger, und das würde ich gerne auf alle Bezirksgerichte ausdehnen. Das ist natürlich bei 141 sehr schwierig. Wenn es weniger Bezirksgerichte gibt, dann ist das leichter möglich.

Der dritte Punkt ist die Gewährleistung einer lückenlosen Sicherheit. Es geht hier natür­lich auch darum, dass wir wirklich ein höchstes Maß an Sicherheit gewährleisten müs­sen. Denken Sie an Hollabrunn oder – vor Kurzem erst – Dachau in Deutschland! Es kommt leider immer wieder zu Amokläufen, und da muss man eben wirklich so weit als möglich vorsorgen, damit es nicht zu solchen Amokläufen kommen kann. Das heißt, wir brauchen an allen Standorten Vorkehrungen, die für eine lückenlose Sicherheit sor­gen, und das ist bei 141 Standorten natürlich auch schwieriger zu gewährleisten als an weniger Standorten.

Aber nun zu Ihrer Frage zurückkommend: Wir haben natürlich im Ministerium genau überlegt, nach welchen Kriterien wir die Zusammenlegungen vornehmen sollen. Der erste Gedanke war, dass man sagt, es sollte in jedem Bezirk mindestens ein Bezirks­gericht geben. Wenn man sich aber die österreichische Landkarte mit allen Bezirken ansieht, so sieht man deutlich, dass die Bezirksgrößen in den einzelnen Bundeslän­dern sehr unterschiedlich sind. Gerade in den kleinen Bundesländern sind die Bezirke kleiner, und es gibt größere Bundesländer mit größeren Bezirken. Das heißt, da kommt man zu einer total ungleichen Verteilung der Bezirksgerichtsstandorte. Deswegen ha­ben wir dieses Kriterium quasi wieder ad acta gelegt und uns gefragt, woran wir uns dann orientieren.

Ich habe es schon angesprochen: eine gewisse Größe. Wenn man Spezialisierung ge­währleisten will, dann braucht man eine bestimmte Größe – Größe gemessen am Per­sonal. Deshalb haben wir im Ministerium eine Machbarkeitsstudie ausgearbeitet, wo wir gesagt haben, es soll künftig nur mehr Bezirksgerichte mit mindestens vier Bezirks­richtern geben, wobei klar war, dass diese Machbarkeitsstudie meine Diskussions­grundlage für die Verhandlungen mit den Ländern ist.

Wie Sie ja wissen, ist verfassungsrechtlich verankert, dass die Länder ihre Zustimmung zu den Zusammenlegungen der Bezirksgerichte geben müssen, und deshalb war das eben eine Diskussionsgrundlage für die Gespräche mit den Ländern. Ausgehend von dieser Diskussionsgrundlage werden nun die Gespräche mit den Ländern geführt, da bin ich noch mittendrin, aber ich bin zuversichtlich, dass es vor dem Sommer bereits erste Ergebnisse geben wird. – Danke.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Brückl.

 


Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Frau Bundesminister! Jetzt wur­den die Wertgrenzen im Zivilverfahren von 10 000 € auf 25 000 € erhöht. Wie begrün­den Sie die von Ihnen angestrebte Schließung von Bezirksgerichten unter diesem Ge­sichtspunkt, eben dass man zu den Bezirksgerichten mehr Arbeit verlagert – weg von den Landesgerichten – und damit für einen Mehranfall sorgt?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wenn man sagt, man hat künftig größere Bezirksgerichte, dann ist es meines Erachtens nur konsequent, diesen größe­ren Bezirksgerichten auch mehr Kompetenzen zukommen zu lassen. Das heißt, wenn ich größere Bezirksgerichte habe, dann sollen die auch mehr Kompetenzen haben, deshalb diese Anhebung der Wertgrenzen. – Das ist der eine Aspekt.


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Der zweite Aspekt ist, dass wir ja immer die Auslastung an den Gerichten messen, und da hat sich ergeben, dass die Auslastung an den Landesgerichten und auch an den größeren Bezirksgerichten größer ist als an vielen kleinen Bezirksgerichten. Das heißt, es geht da auch um eine bessere Verteilung der Auslastung, auch das soll sicherge­stellt sein.

Klar ist aber auch, dass diese Anhebung der Wertgrenze von 10 000 € auf 25 000 € schon ein ziemlicher Sprung ist. Wir haben uns deshalb nach vielen Gesprächen mit Personalvertretung und Standesvertretung darauf geeinigt, dass diese Wertgrenzenan­hebung stufenweise in Kraft tritt. Es gibt jetzt mit 1. Jänner 2013 eine Anhebung von 10 000 € auf 15 000 €. Dann haben wir zwei Jahre Zeit, um das genau zu betrachten und zu evaluieren und auch die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Zwei Jahre später, mit 1. Jänner 2015, gibt es eine Anhebung auf 20 000 € und ein Jahr später, mit 1. Jänner 2016, auf 25 000 €. Das soll wirklich die nötige Zeit geben, um genau zu beobachten, was sich da wirklich verschiebt, ob es auch notwendig ist, dass Personal verschoben wird, wie sich das auf die personelle Situation auswirkt et cetera. Das muss man genau beobachten, genau evaluieren. Deswegen haben wir diesen langen Zeitraum für das Inkrafttreten gewählt.

Eines möchte ich in diesem Zusammenhang aber schon noch erwähnen: Die Anhe­bung der Wertgrenzen an den Bezirksgerichten führt natürlich auch dazu, dass die Bür­gerinnen und Bürger für diese Fälle nicht mehr zum Landesgericht fahren müssen, sondern beim Bezirksgericht verbleiben. Heute ist es ja so, dass man für alle Fälle mit einem Streitwert über 10 000 € bereits zum Landesgericht fahren muss. Künftig muss man erst bei Fällen mit einem Streitwert über 25 000 € zum Landesgericht fahren, und bis dorthin ist man eben beim nächsten Bezirksgericht.

Das heißt, in Wirklichkeit ist diese Wertgrenzenanhebung wieder eine Regionalisie­rung, weil eben viel mehr Fälle vor Ort bei den Bezirksgerichten verbleiben und die Bürgerinnen und Bürger, die Parteien, nicht mehr zum Landesgericht fahren müssen oder erst später, nämlich erst bei Streitwerten über 25 000 € zum Landesgericht fahren müssen.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Petritz.

 


Bundesrat Karl Petritz (ÖVP, Kärnten): Meine Zusatzfrage: Werden Sie geographi­sche Besonderheiten etwa in Osttirol entsprechend berücksichtigen oder auch die Zweisprachigkeit in Kärnten?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich habe darauf hingewiesen, dass ich im Ministerium eine Machbarkeitsstudie ausgearbeitet habe, die die Diskus­sionsgrundlage für die Gespräche mit den Ländern ist. Ich habe in dieser Machbar­keitsstudie ganz bewusst nicht auf länderspezifische Besonderheiten Rücksicht ge­nommen, weil ja klar ist, dass diese in die Gespräche mit den Ländern einfließen. Das sehe ich als Aufgabe der Länder, dass sie mir ihre jeweiligen Besonderheiten vorbrin­gen, wenn wir die Gespräche führen. Deswegen haben wir in der Studie wirklich nur auf die Größe der Bezirksgerichte – also mindestens vier Richter – abgestellt und alles andere völlig außen vor gelassen.

Das hat sich als sehr gut erwiesen, denn in den Gesprächen mit den Ländern zeigt sich, dass die Länder natürlich die landesspezifischen Besonderheiten einbringen – wie zum Beispiel Osttirol: Lienz wäre strenggenommen nach meinem Plan ein zu klei­nes Bezirksgericht, müsste mit Kitzbühel zusammengelegt werden. Nun ist aber jedem klar, dass bei diesem Standort eine besondere geografische Exponiertheit vorliegt und dass das natürlich Berücksichtigung finden muss.


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Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass natürlich auch die geografische Lage einflie­ßen muss und dass man beim Bezirksgericht Lienz sagt, dass das weiter bestehen soll. Obwohl es kleiner ist als mindestens vier Richter, wird Lienz aufgrund dieser geo­grafischen Besonderheit aber trotzdem nicht mit einem anderen Bezirksgericht zusam­mengelegt werden.

Andere Länder haben wieder andere Besonderheiten, die müssen ja nicht unbedingt geografischer Natur sein. Es wurde die Zweisprachigkeit angesprochen. Das ist eine Besonderheit, die wir in Kärnten vorfinden. Es gibt in Kärnten drei zweisprachige Be­zirksgerichte. Das sind sehr kleine Standorte mit 0,6 Richterstellen, 0,8 Richterstellen und 1,2 Richterstellen – also die sind wirklich klein. Ich möchte hier ganz klar sagen: Die Zweisprachigkeit in der Kärntner Gerichtsbarkeit soll natürlich aufrechterhalten blei­ben, die soll nicht angetastet werden. (Beifall bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Sie ist ja auch verfassungsrechtlich verankert, das ist klarerweise zu respektieren, aber das heißt nicht, dass man nicht zusammenlegen kann. Eine Zusammenlegung ändert ja nichts an der Zweisprachigkeit. Das heißt, über die Zusammenlegung wird sehr wohl diskutiert, da schauen wir uns sehr wohl an, in welcher Art und Weise Zusammenle­gungen vorgenommen werden können.

Ich habe auch bereits Gespräche mit Vertretern der Kärntner Volksgruppen geführt, und da ist klar zum Ausdruck gekommen, dass bei ihnen der Wunsch besteht, dass wir dafür sorgen sollen, dass es wieder mehr zweisprachige Richter, aber auch sonstiges zweisprachiges Personal bei Gerichten – wie zum Beispiel Rechtspfleger, Bezirksan­wälte et cetera – gibt. Das ist nämlich im Moment ein großes Problem. Es fehlen im Moment die zweisprachigen Richter, die zweisprachigen Rechtspfleger.

Das ist eben im Moment das Hauptproblem: Wie können wir gewährleisten, dass es künftig auch wirklich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gibt, die die Zweisprachigkeit aufrechterhalten? Das ist ja die Voraussetzung dafür: Man kann ein zweisprachiges Gericht nur dann sinnvoll führen, wenn man wirklich die nötigen Mitarbeiter und Mit­arbeiterinnen hat, die auch die zwei Sprachen beherrschen. Da wollen wir jetzt einmal ansetzen und schauen, wie wir einen Beitrag leisten können, um wirklich auch für diese Zweisprachigkeit zu sorgen. Da arbeiten wir jetzt an Maßnahmen, mit denen wir das sicherstellen können, aber das hat sich tatsächlich als Problem erwiesen.

Noch einmal: Zweisprachigkeit wird natürlich berücksichtigt, wird mit Sicherheit nicht abgeschafft. Zu Zusammenlegungen kann es trotzdem kommen, das ändert aber nichts daran, dass es die Zweisprachigkeit weiter geben wird. Primär geht es jetzt aber einmal darum, zu schauen, wie man überhaupt sicherstellen kann oder in Zukunft ge­währleisten kann, dass es auch die notwendigen zweisprachigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. – Danke.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Füller.

 


Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Frau Bundesministerin, teilen Sie die Auffassung, dass eine übertriebene Verringerung der Zahl der Bezirksgerichte noch mehr zur Ausdünnung des ländlichen Raumes beitragen würde und dass deshalb eine solche Reform nur maßvoll umgesetzt werden soll?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich bin mir der Problematik der Ausdünnung des ländlichen Raumes natürlich bewusst. Ich habe im Zusammenhang mit den Bezirksgerichten auch viele Gespräche mit Bürgermeistern und natürlich auch mit den Gerichtsvorstehern einzelner Bezirksgerichte geführt. Gerade vonseiten der Bürgermeister kommt natürlich immer wieder dieser Einwand, dass dies eine Ausdün­nung des ländlichen Raumes sei, und da wird immer darauf hingewiesen, wie viel vom ländlichen Raum quasi schon abgezogen worden sei.


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Ich gebe Ihnen schon recht: Es geht eben darum, eine maßvolle Lösung zu finden. Diese extremen Varianten der Ausdünnung des ländlichen Raumes, das ist ja auch etwas, das von den Ländern immer vorgebracht wird. Das heißt, es wird hier sehr wohl auch darauf geachtet, wie man Lösungen finden kann, die zufriedenstellend sind. Man sagt, okay, es ist zwar notwendig, Bezirksgerichte zusammenzulegen – eben aus den Gründen, die ich genannt habe –, aber wie kann man das wirklich maßvoll tun, so, dass man eine gute Lösung findet.

Ich sehe da wirklich gute Kompromisse mit den Ländern, und darum geht es ja im Mo­ment: gute Kompromisse mit den Ländern zu finden. Diese besondere Bedachtnahme auf den ländlichen Raum ist natürlich etwas, das auch von Landesseite immer vorge­bracht wird. Aber, wie gesagt, ich bin überzeugt davon, dass wir auch unter Berück­sichtigung dieses Aspekts, den Sie angesprochen haben, gute Lösungen finden wer­den.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schreuder.

 


Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Ministerin, gab es schon Gesprä­che mit den Ländern? Wenn ja, gab es auch schon Einigungen hinsichtlich der Schlie­ßung von Gerichtsstandorten? Und würden Sie uns vielleicht auch verraten, welche?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Es gab bereits mit allen Ländern Gespräche. Ich habe wirklich einmal so eine erste Runde mit allen Landeshauptleuten gedreht und habe mit allen Landeshauptleuten gesprochen. Es hat sich gezeigt – und das war klar, ich habe das auch schon angesprochen –, dass die Ausgangssituationen in den einzelnen Bundesländern natürlich sehr unterschiedlich sind. Manche haben in den letzten Jahren Zusammenlegungen vorgenommen, manche haben schon länger nichts gemacht oder gar nie etwas gemacht. Das muss man natürlich auch mit berück­sichtigen, das ist ganz klar.

Einige Landeshauptleute haben gesagt: Na ja, das schaue ich mir einmal an, wie weit Sie in den anderen Bundesländern kommen, und dann schauen wir weiter. Also viele zeigen sich einmal abwartend, aber es gibt auch andere Bundesländer, die da reform­freudig sind. Es gibt einige Bundesländer, die in diesem Bereich sehr reformfreudig sind, wo wir sicher noch vor dem Sommer zu Ergebnissen kommen werden.

Ich bin da, wie gesagt, wirklich zuversichtlich, dass wir hier vor dem Sommer erste Er­gebnisse mit einigen Bundesländern haben werden, und dann hoffe ich, dass das auch die Bundesländer überzeugen wird, die jetzt einmal zuschauen und schauen, wie weit ich da komme. Das Problem, das ich natürlich bei den Verhandlungen habe, ist folgen­des: Ich kann den Ländern nicht viel bieten. Ich kann ihnen nur die Gründe darlegen, warum ich es für wichtig halte, diese Strukturoptimierung vorzunehmen, aber ich kann den Ländern quasi keine Gegenleistung anbieten. Wenn ein Land Nein sagt, dann tue ich mir schwer.

Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass wirklich die meisten Länder diesen guten Argumenten sehr zugänglich sind und die meisten Landeshauptleute dann auch einse­hen, dass es durchaus sinnvoll ist, diese Strukturreform vorzunehmen. Das wird von den meisten Bundesländern durchaus goutiert. Sie sehen auch, dass es eben Notwen­digkeiten gibt, aus den von mir genannten Gründen Zusammenlegungen vorzuneh­men, weil natürlich auch die Länder ein Interesse daran haben, die Qualität, das Kun­denservice und die Sicherheit zu verbessern. Das ist schon etwas, was auch im In­teresse der Länder liegt. Aber natürlich muss man dann über jeden einzelnen Standort reden. Das ist auch ganz klar.

Also es gibt Gespräche über die einzelnen Standorte, und ich orte großes Entgegen­kommen oder große Reformfreude, was die Reform als solche betrifft, bei einzelnen


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Standorten müssen wir allerdings Kompromisse finden. Es ist nicht so, dass jetzt alle meine Vorschläge zu hundert Prozent bejubelt werden. Das habe ich mir auch nicht er­wartet, dass mein Vorschlag zu hundert Prozent sofort angenommen wird, aber die meisten Bundesländer sind hier wirklich an einer guten Lösung interessiert, und ge­meinsam werden wir diese auch finden.

Ich bin zuversichtlich, dass vor dem Sommer einige Bundesländer kommen werden. Konkret will ich jetzt noch kein Bundesland nennen, weil wir, wie gesagt, noch mitten in den Verhandlungen sind.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zur 4. Anfrage, 1813/M, und ich bitte Frau Bundesrätin Dr. Winzig um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

1813/M-BR/2012

„Wie ist die Entwicklung betreffend die Vorratsdatenspeicherung auf europäischer Ebene?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Die Vorratsdatenspeicherung ist natürlich auch ein im Moment sehr heftig diskutiertes Thema, ein Thema, das uns ja auch schon seit Längerem beschäftigt. Die entsprechenden Regelungen sind jetzt mit 1. April in Kraft getreten, und damit ist natürlich auch dieses Thema wieder stark im Fo­kus der medialen Öffentlichkeit. Deswegen ist es, glaube ich, auch gut, hier einige Worte zur Entwicklung der Vorratsdatenspeicherung auf europäischer Ebene zu sagen.

Die Europäische Union kam in einem sehr ausführlichen Bericht letztes Jahr zu dem Schluss, dass die Vorratsdatenspeicherung einerseits ein notwendiges und nützliches Instrument für die Strafrechtspflege darstellt, andererseits aber die Harmonisierung der unterschiedlichen Speicherverpflichtungen in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Harmonisierung des Binnenmarktes verfehlt wurde. – Das ist also ein durchaus durch­wachsener Bericht, in dem alle Vor- und Nachteile wirklich auch ganz klar dargestellt worden sind.

Darüber hinaus seien auch die nationalen Vorschriften über den Zugriff auf die gespei­cherten Daten unterschiedlich und würden die Mitgliedstaaten die Ausnahmen des Ar­tikels 15 der E-Privacy-Richtlinie unterschiedlich auslegen. – Auch das wurde in die­sem Bericht kritisiert.

Die Kommission hat in der Folge dann einen Vorschlag zur Überarbeitung der diesbe­züglichen Richtlinie in Aussicht gestellt, wobei der Termin für die Vorlage immer wieder hinausgeschoben wurde. Nach den mir bisher vorliegenden Informationen plant die Kommission, noch dieses Jahr einen Vorschlag vorzulegen. Über den konkreten Inhalt ist aber bis jetzt noch nichts bekannt geworden. Dazu kann ich also zum jetzigen Zeit­punkt noch gar nichts sagen.

Allerdings wurden von der Kommission schon in ihrem Bericht im Frühjahr 2011 jene Bereiche genannt, die sie als verbesserungsbedürftig erachtet. Dabei waren auch die Datensicherheitsmaßnahmen, insbesondere für das Verfahren der Datenübergabe vom Anbieter an die berechtigt anfragenden Behörden, von großer Bedeutung. Deut­lich wurde im Bericht aber auch darauf verwiesen, dass die Mitgliedstaaten ihren Ver­pflichtungen aus der Richtlinie nachzukommen haben.

Gegen jene Mitgliedstaaten, die bei der Umsetzung säumig waren, wurden auch Ver­tragsverletzungsverfahren eingeleitet. Es gab ja auch ein Vertragsverletzungsverfahren


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gegen Österreich, und es wurde Österreich, so wie andere Mitgliedstaaten, vom Euro­päischen Gerichtshof auch bereits verurteilt. Nach dieser Verurteilung erfolgte dann eben in Österreich die Umsetzung.

Auch jene Mitgliedstaaten, deren Umsetzungsgesetzgebungen von nationalen Höchst­gerichten – wie zum Beispiel in Deutschland – als verfassungswidrig aufgehoben wur­den, sind seitens der Kommission angehalten, die nationale Umsetzung rasch nachzu­holen. Also einige Länder sind noch säumig, und da macht die Kommission nun Druck, dass die Umsetzung nachgeholt wird.

Österreich hat mit seiner Umsetzung im TKG, in der StPO und im SPG den Ansatz der Mindestumsetzung verfolgt und dadurch ein ausgewogenes Ergebnis erzielt, welches einerseits den Strafverfolgungsbehörden ein modernes Ermittlungsinstrument zur Hand gibt, aber auf der anderen Seite den Rechtsschutz und die Information über die Daten­verwendung der Betroffenen auf sehr hohem Niveau regelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Sinne denke ich, dass wir mit der österreichischen Ausformung der Vorratsdatenspeicherung einen guten Mittelweg ge­funden haben, und zwar einen guten Mittelweg zwischen den notwendigen Mitteln zur Verbrechensbekämpfung und Verbrechensaufklärung einerseits und dem Datenschutz andererseits. – Danke.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Zuletzt hat der EuGH die Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung auch im Falle der Verletzung der Urheber­rechte als angemessen erachtet. Wie stehen Sie dazu, Frau Bundesministerin?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Naja, das ist das sogenannte Bonnier-Urteil, und in diesem Bonnier-Urteil hat der Europäische Gerichtshof im Fall von Schweden, das bisher die Richtlinie 24/2006 nicht umgesetzt hat, entschieden, dass in Fällen von Urheberrechtsverletzungen Regelungen vorgesehen werden kön­nen, dass Verkehrsdaten zur Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen verwendet werden können. Diese Regelungen stehen nicht im Widerspruch zur Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung.

Das heißt, im Wesentlichen hat der Europäische Gerichtshof die Regelungsmöglichkeit der Mitgliedstaaten bejaht und seine bisherige Judikatur in diesem Zusammenhang auch fortgesetzt.

Für Österreich hat der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 14.7.2009 klargestellt, dass eine Auskunft über dynamische IP-Adressen im Zusammenhang mit der Durch­setzung der Rechte des geistigen Eigentums mangels einer klaren nationalen Rege­lung der Verarbeitungsermächtigung für diesen Zweck unzulässig ist.

Ich sehe mich durch dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofes jedenfalls in meiner Ansicht bestätigt, dass das Internet nicht als rechtsfreier Raum gesehen werden darf.

Eine Auskunft über Stammdaten, Verkehrsdaten und Vorratsdaten richtet sich in Öster­reich nach den Bestimmungen des TKG und, soweit es den Zweck der Strafverfolgung betrifft, nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung. Also ich glaube, durch die­ses EuGH-Urteil ist die österreichische Position bestätigt worden und eben wirklich auch klargestellt worden, dass es hier auch die entsprechenden rechtlichen Regelun­gen geben kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mag. Duzdar.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 29

Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie ha­ben ja schon die Entwicklungen der Vorratsdatenspeicherung auf europäischer Ebene geschildert.

Meine Frage an Sie: Werden Sie sich in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in einem höheren Ausmaß berücksichtigt werden, als es derzeit in der Europäischen Union der Fall ist beziehungsweise als die derzeitige Rechtslage ist?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wir sehen natürlich, gerade wenn es um die Vorratsdatenspeicherung geht, die Problematik, dass einerseits die Gewährleistung des Datenschutzes und der Grundrechte sichergestellt sein muss, aber andererseits natürlich auch die Ermittlungshandlungen zur Aufklärung von Strafta­ten möglich sein sollen. Das ist natürlich teilweise eine Gratwanderung, das zu verein­baren, und hier geht es darum, ein richtiges Maß zu finden.

An dieser Richtlinie betreffend Vorratsdatenspeicherung hat es sehr viel Kritik gege­ben, und ich hoffe, dass mit der neuen Richtlinie, die von der Kommission geplant und bereits angekündigt ist, wirklich ein guter Ausgleich gefunden wird, dass wirklich vieles von dieser Kritik auch aufgegriffen und klargestellt wird und dass eine Lösung gefun­den wird, die auf weniger Kritik stößt als die im Moment geltende Richtlinie.

Ich kann jetzt, wie gesagt, noch nichts Näheres zu den Vorschlägen der Kommission sagen, weil noch nichts auf dem Tisch liegt, aber ich hoffe sehr, dass diese Regelung zu Neuerungen führt, die diesen Ausgleich, den ich angesprochen habe, auch wirklich umsetzen.

 


Präsident Gregor Hammerl: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Michalke.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin, die Frage, die ich Ihnen stellen wollte, ist im Prinzip zum Teil schon beantwortet. Der neu vorgeschlagene Rechtsrahmen für den Schutz personenbezogener Daten der EU-Präsidentschaft steht ja im Prinzip im Widerspruch zu der Vorratsdatenspeiche­rung, und ich hätte Sie gerne gefragt, wie Sie diesen gordischen Knoten zu lösen ver­suchen.

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie gesagt, jetzt geht es einmal darum, zu warten, welchen Vorschlag die Kommission unterbreiten wird und wie das weitergehen wird. Wir werden uns das natürlich genau ansehen und dann natürlich auch die österreichische Position einbringen, aber es ist halt schwer, etwas dazu zu sagen, wenn noch nichts auf dem Tisch liegt.

Ich kann aber vielleicht auch berichten, wie generell jetzt der Stand der Umsetzung in den anderen Mitgliedstaaten ist, weil das, glaube ich, ganz gut zu dieser Diskussion dazupasst. Bis auf Deutschland, Tschechien und Rumänien haben bereits alle Mit­gliedstaaten umgesetzt. Deutschland, Tschechien und Rumänien hatten ursprünglich umgesetzt, aber die nationale Umsetzung wurde von den Höchstgerichten als verfas­sungswidrig aufgehoben. Das ist eben die besondere Problemlage, die dort besteht.

In Österreich ist ein Verfahren anhängig. Da wird man sehen, wie das in Österreich entschieden wird. Das kann ich jetzt genauso wenig vorhersagen wie das, was die Kommission vorlegen wird. Das muss man beides abwarten.

In Ungarn und in Polen sind höchstgerichtliche Verfahren gegen die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung anhängig, und zwar schon längere Zeit. Entscheidungen der


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 30

Gerichte sind aber in diesen Ländern noch ausständig. Da wissen wir auch noch nicht, wie das weitergeht.

Es liegen nach wie vor keine Informationen darüber vor, dass seitens Irlands Gerichte Fragen an den Europäischen Gerichtshof vorgelegt haben. Da hört man immer wieder, dass dem Europäischen Gerichtshof etwas vorgelegt wurde, aber da haben wir auch keine näheren Informationen.

Schweden hat mittlerweile auch umgesetzt, nachdem die Europäische Kommission Bußgeldzahlungen eingefordert hat.

Wenn man betrachtet, in wie vielen Ländern die Höchstgerichte beschäftigt wurden und man mit der Umsetzung noch zögert, dann zeigt dies auch ein gewisses Unbe­hagen in den einzelnen Mitgliedstaaten mit dieser Vorratsdatenspeicherung, mit dieser Richtlinie. Ich glaube, deshalb ist es auch wichtig und richtig, dass sich die Kommission den Kopf darüber zerbricht, wie man eine neue Richtlinie gestalten kann, denn wenn sich so ein Unbehagen in einzelnen Staaten manifestiert, dann muss man auch darauf reagieren. Das tut die Kommission, und ich hoffe, dass das auch rasch gehen wird. – Danke.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zur 5. Anfrage, 1809/M, und ich bitte Herrn Bundesrat Lindinger um deren Verlesung.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Bundesministerin, wir haben heute schon sehr viel über die Bezirksgerichtsreform und deren Folgen gehört. Gerade im ländlichen Raum, haben Sie gesagt, muss man sehr behutsam mit der Reform um­gehen.

Deswegen auch meine Frage:

1809/M-BR/2012

„In welcher Form werden bei der Bezirksgerichtsreform die regional vor Ort Verantwort­lichen eingebunden?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Da gebe ich Ihnen recht, es ist wichtig, dass man auch regional vor Ort die betroffenen Personen einbindet, und es soll dann auch einen strukturierten Dialog vor Ort geben. Nur kann ich diesen struk­turierten Dialog mit Betroffenen vor Ort erst dann führen, wenn klar ist, welche Bezirks­gerichte tatsächlich betroffen sind. Ich weiß, das ist im Moment vor allem für die Be­diensteten, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den einzelnen Gerichtsstandor­ten ein großes Problem, weil natürlich die ganze Diskussion für Verunsicherung sorgt.

Ich bin daher der Meinung, dass es auch für die Betroffenen die beste Lösung wäre, wenn wir rasch mit den Ländern zu Einigungen kämen, damit einmal feststeht: Was passiert, welches Bezirksgericht wird zusammengelegt, mit wem wird man zusammen­gelegt, was bedeutet das konkret? Sobald das wirklich feststeht, wird es dann vor Ort auch Arbeitsgruppen geben, wo Personalvertreter einbezogen sind, Standesvertreter einbezogen sind, natürlich auch Betroffene von den jeweiligen Gerichtsstandorten ein­bezogen sind. Da wird man sich dann genau ansehen, wo sich Härten ergeben und wie man zum Beispiel Härten für einzelne Mitarbeiter abfedern kann. Das soll es dann natürlich auch geben.

Wir haben natürlich jetzt bereits Personalvertreter und Standesvertreter mit einbezo­gen, wir sind da schon im Gespräch, aber wirklich heruntergebrochen auf die einzelnen Standorte kann man das erst dann machen, wenn feststeht, wer überhaupt betroffen ist. Man kann jetzt nicht zu möglicherweise betroffenen Standorten hingehen und dort


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 31

bereits darüber reden, wie es mit ihnen weitergehen soll, wenn noch gar nicht feststeht, dass sie überhaupt betroffen sind. Das geht natürlich nicht. Aber, wie gesagt, sobald wir das wissen, wird es die entsprechenden Gespräche geben.

Es ist leider eine große Verunsicherung da. Das tut mir sehr leid für die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter, und deswegen hoffe ich, dass wir rasch Lösungen finden, damit wirklich Klarheit besteht und konkret darüber gesprochen werden kann, was geschieht und wie man gute Lösungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden kann.

Ich möchte noch etwas dazusagen, was mir in diesem Zusammenhang wichtig er­scheint, wenn Zusammenlegungen erfolgen. Wenn ich mich jetzt zum Beispiel vor dem Sommer mir einzelnen Ländern einige, dann bedeutet das nicht, dass von heute auf morgen die Zusammenlegungen erfolgen. Das braucht natürlich Zeit. Es wird eine ers­te Welle der Zusammenlegungen frühestens ab 1. Jänner 2013 geben, dann wahr­scheinlich auch Mitte 2013, Anfang 2014. Dann muss man auch schauen, welche bau­lichen Maßnahmen notwendig sind. Wir haben ja nicht überall halbleere Gerichte he­rumstehen, die sofort andere Gerichte auffangen können. Das heißt, die konkrete Um­setzung wird natürlich länger brauchen, und die Zeit wird genutzt werden, um diesen strukturierten Dialog zu führen. – Danke.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat.

 


Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Kann es sein, dass am Ende dieser Diskussion Bezirksgerichte über Bundesländergrenzen hinweg zuständig sein werden?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ja, auch das kann sein. Es sind einige Landeshauptleute auf mich zugekommen, die gesagt haben, sie können sich Landesgrenzen überschreitende Lösungen vorstellen. Meine Position dazu ist, dass ich dafür offen bin, wenn das die betroffenen Ländern wollen. Das müssen natürlich alle, die davon betroffen sind, wollen, dann bin ich sehr gerne bereit, das zu tun.

Ich glaube, man muss immer eines berücksichtigen, man muss sich ansehen, wie das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung ist. Wenn man sieht, dass die Leute zum Arbeiten, zum Einkaufen ins andere Bundesland in die nächstgrößere Stadt fahren, dann macht es vielleicht auch Sinn, das Bezirksgericht an diesen Standort zu verlegen. Man muss auch die Lebensgewohnheiten der Menschen in einem bestimmten Großraum um das Bezirksgericht herum mit berücksichtigen. Da kann es natürlich sein, dass sich Landes­grenzen überschreitende Lösungen anbieten. Das schließe ich nicht aus, aber das müssen, wie gesagt, die Landeshauptleute, die Länder wollen, dann bin ich sehr gerne dazu bereit.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Tiefnig.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Minister, auch ich werde stets bezüglich der Bezirksgerichte angesprochen.

Meine Frage geht daher dahin: In welchem Ausmaß werden von den Österreicherinnen und Österreichern die Amtstage in Anspruch genommen?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Es hat, wie schon angesprochen, bereits einige Zusammenlegungen von Bezirksgerichten gegeben, und dort, wo Be­zirksgerichte geschlossen wurden, hat man dann sogenannte Gerichtstage eingeführt. Wir haben aber gesehen, dass diese Gerichtstage in Wahrheit kaum frequentiert wur­den. Ich habe immer wieder bei meinen Gerichtsbesuchen gehört, dass das einfach ein


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 32

riesiger Ressourcenaufwand ist, wenn jetzt ein Richter, eine Richterin einmal im Monat oder alle zwei Wochen oder wie auch immer an diesen Standort fahren muss, dort den ganzen Tag sitzt und auf Leute wartet, die nicht vorbeikommen. Wenn dann jemand vorbeikommt, dann ist es meistens so, dass man in der Regel auch nicht sofort eine Auskunft geben kann.

Ich habe es schon angesprochen: Das Rechtssystem wird immer komplexer, und man braucht meistens auch Unterlagen. Wenn ich vorher nicht weiß, um welche Fälle es geht, dann schaut das meistens so aus, dass jemand zum Gerichtstag kommt und dann auf den Amtstag beim Gericht verwiesen wird. Deswegen ist es nicht mehr sinn­voll, diese Gerichtstage aufrechtzuerhalten, weil sie kaum in Anspruch genommen wer­den.

Wenn jemand ein rechtliches Problem hat und das Gefühl hat, das gerne mit einem Richter, mit einer Richterin besprechen zu wollen, dann wartet man in der Regel nicht auf den nächsten Gerichtstag, sondern fährt zum nächsten Bezirksgericht zum Amts­tag. Das ist die Regel. Beim Amtstag kann man auch eine profundere Auskunft geben, denn da hat man alle Unterlagen zur Verfügung, alle Ressourcen zur Verfügung, da sitzt man am Bezirksgerichtsstandort, hat das ganze Umfeld an Büchern et cetera und kann sofort eine profundere Antwort geben. Deshalb wird der Amtstag mehr in An­spruch genommen als der Gerichtstag. Bezüglich der Gerichtstage haben wir die Er­fahrung gemacht, dass sie nicht mehr sinnvoll sind.

 


Präsident Gregor Hammerl: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mitterer.

 


Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Was nützt die Einbindung der regional Verantwortlichen, wenn es im regionalen Bereich keine Bezirksgerichte mehr geben wird, wie zum Beispiel in Kärn­ten, wo statt elf von Ihnen nur mehr fünf geplant sind und drei, wie Sie schon in Antwort auf eine bereits gestellte Frage gesagt haben, im zweisprachigen Gebiet vorhanden sind?

Die Kärntner Landesregierung hat einen einstimmigen Beschluss gefasst – auch Ihr Mitglied in der Kärntner Landesregierung, nämlich das Mitglied der ÖVP, hat dieser Resolution gegen die Schließung der sechs Bezirksgerichte zugestimmt – und darin festgehalten, dass bei einer Schließung dieser drei Bezirksgerichte im zweisprachigen Gebiet die Einbindung der Volksgruppe auf jeden Fall zwingend vorgeschrieben ist.

Diese Volksgruppe ist natürlich im Moment sehr sensibel. Sie hat ja vor einem Jahr etwas Großes erreicht, nämlich die Lösung der Ortstafelfrage, und will jetzt nicht, dass man bei anderen Dingen wieder beginnt, etwas an ihren Rechten zu knabbern.

Meine Frage daher: Werden Sie trotz Ablehnung der Schließung dieser drei Bezirks­gerichte durch die Volksgruppe trotzdem an der Schließung der Bezirksgerichte Eisen­kappel, Bleiburg und Ferlach festhalten?

 


Präsident Gregor Hammerl: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie ich schon sagte, gibt es Ge­spräche mit den Vertretern der slowenischen Volksgruppe. Es gibt auch Gespräche mit dem Landeshauptmann Dörfler. Ich kenne natürlich den Beschluss der Kärntner Lan­desregierung, aber es ist mit dem Herrn Landeshauptmann vereinbart, dass wir weiter im Gespräch bleiben.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zur 6. Anfrage, 1814/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Strohmayer-Dangl, um deren Verlesung.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Mi­nister! Den Begriff „Rechtsschutzbeauftragter“ führten wir bei den letzten Diskussionen sehr oft im Munde.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 33

Daher meine Frage:

1814/M-BR/2012

„Welche Erfahrungen gibt es in Bezug auf die Tätigkeit des Rechtsschutzbeauftragten in Ihrem Ressort?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Der Rechtsschutzbeauftragte der Justiz ist ja zu einem sehr wichtigen Bestandteil der unabhängigen Kontrolle staatsan­waltschaftlichen Handelns geworden. Dies spiegelt sich auch in der über die Jahr­zehnte immer mehr gewachsenen Kompetenz des Rechtsschutzbeauftragten wider. Die Kompetenzen des Rechtsschutzbeauftragten, der 1997 zur Kontrolle der Anord­nung, Genehmigung, Bewilligung und Durchführung des sogenannten großen Späh- und Lauschangriffs und der Rasterfahndung eingeführt wurde, wurden speziell seit dem Inkrafttreten der Strafprozessordnung erweitert. Das zeigt ja, wie gesagt, dass sich die Arbeit sehr gut bewährt hat, denn man erweitert ja nur etwas, das gut ist und das gut funktioniert.

Gemäß § 147 der Strafprozessordnung obliegt dem Rechtsschutzbeauftragten nun­mehr die Prüfung und Kontrolle der Anordnung, Genehmigung, Bewilligung und Durch­führung systematischer, über längere Zeit durchgeführter verdeckter Ermittlungen, der Auskunft über Vorratsdaten und der Genehmigung einer optischen oder akustischen Überwachung von Personen sowie eines automationsunterstützten Datenabgleichs. Die Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung, über die wir vorher bereits gespro­chen haben, sind ja erst seit 1. April 2012 in Kraft, weshalb wir diesbezüglich noch kei­nen Bericht haben. Wie die Tätigkeit des Rechtsschutzbeauftragten in diesem Bereich funktioniert, wie sein Arbeitsanfall ist et cetera, kann man natürlich jetzt noch gar nicht sagen.

Darüber hinaus ist der Rechtsschutzbeauftragte seit 1. Jänner 2011 von Einstellungen eines Ermittlungsverfahrens zu verständigen, das von der Wirtschafts- und Korrup­tionsstaatsanwaltschaft geführt wurde und an dem wegen der Bedeutung der Straftat oder der Person des Beschuldigten ein besonderes öffentliches Interesse besteht oder in dem noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung beurteilt wurden oder das sonst wegen einer Straftat geführt wurde, für das im Haupt­verfahren das Landesgericht zuständig wäre und in dem kein Opfer ermittelt werden konnte. In diesen Fällen kommt dem Rechtsschutzbeauftragten die Möglichkeit zu, ei­nen Fortführungsantrag einzubringen.

Im Zusammenhang mit der Kronzeugenregelung hat der Rechtsschutzbeauftragte die Möglichkeit, gegen Anordnungen der Staatsanwaltschaft, nämlich die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Kronzeugen im Zuge der Anwendung der Kronzeu­genregelung, aber auch gegen die Fortführung des gegen ihn gerichteten Verfahrens ein Rechtsmittel zu erheben.

Schlussendlich kann die Generalprokuratur auf Anregung des Rechtsschutzbeauftrag­ten gegen die gesetzwidrige Durchführung einer Zwangsmaßnahme durch die Krimi­nalpolizei oder die gesetzwidrige Anordnung einer Zwangsmaßnahme sowie eine Ent­scheidung der Staatsanwaltschaft über die Beendigung des Ermittlungsverfahrens Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erheben, sofern die zur Einbrin­gung von Rechtsbehelfen Berechtigten einen solchen Rechtsbehelf nicht eingebracht haben oder ein solcher Berechtigter nicht ermittelt werden konnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insgesamt haben wir sehr gute Erfahrungen mit dem Rechtsschutzbeauftragten gemacht. Sie sehen, dass auch die Kompetenzen,


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 34

die ich nun dargestellt habe, sehr weitreichend sind. Er hat sehr wichtige Aufgaben, und ich bin überzeugt davon, dass er auch einen Beitrag zur Stärkung des Vertrauens in die Justiz leistet.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Minister, Sie haben von Fortführungsanträgen gesprochen.

Daher meine Frage: In wie vielen Fällen hat der Rechtsschutzbeauftragte bisher Fort­führungsanträge gestellt und vor allem mit welchem Ergebnis?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Diese Zahl ist tatsächlich beein­druckend. Aber mit der Möglichkeit, Fortführungsanträge zu stellen, geht natürlich auch eine entsprechende Auslastung des Rechtsschutzbeauftragten und seiner Stellvertre­ter einher. Das muss man auch sehen. Wenn ich Ihnen jetzt die Zahlen nenne, denken Sie bitte auch immer mit, was das für die Auslastung des Rechtsschutzbeauftragten und seiner Vertreter bedeutet!

Für das Jahr 2011 kann dem Tätigkeitsbericht des Rechtsschutzbeauftragten entnom­men werden, dass in insgesamt 3 015 Verfahren Verständigungen im Sinne des § 194 Abs. 3 der Strafprozessordnung eingingen. Das sind Verständigungen von der Ein­stellung eines Ermittlungsverfahrens. In 477 Fällen war es dem Bericht zufolge für den Rechtsschutzbeauftragten notwendig, Akteneinsicht zu nehmen.

Fortführungsanträge wurden in zehn Fällen gestellt, wovon sechs zu einer Verfahrens­fortführung durch die Staatsanwaltschaft selbst führten. In zwei weiteren Fällen wurde der Antrag dem Gericht vorgelegt, welches die Fortführung anordnete. Zwei weitere Fälle waren zu Jahresende noch nicht entschieden.

Der Rechtsschutzbeauftragte hielt jedoch zusammenfassend auch fest, dass die Prü­fung der Einstellungsberichte ein hohes Maß an Engagement und fachlicher Eignung der Staatsanwälte in vielen Fällen nicht geringer sachlicher und rechtlicher Schwierig­keiten ergeben hat.

 


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Lampel.

 


Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Geschätzte Frau Bundesministerin, wie wollen Sie sicherstellen, dass künftig bei Sicherheitsgesetzen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger und der Grundrechte in ausreichendem Maße geschützt wer­den?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie ich bereits gesagt habe, haben wir mit dem Rechtsschutzbeauftragten sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden. Ich gehe davon aus, dass der von Ihnen angesproche­ne sehr wichtige Schutz auch wirklich gewährleistet wird.

 


Präsident Gregor Hammerl: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühl­werth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Im Zuge der Affäre Kampusch gab es ja den Verdacht gegen drei Staatsanwälte wegen Amtsmissbrauchs. Der Rechtsschutzbeauftragte sollte dieses Innsbrucker Verfahren prüfen. Das war im September 2011. Wann ist mit einem Ergebnis dieser Prüfung zu rechnen?

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister, bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 35

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: In der Causa Kampusch, die Sie angesprochen haben, war es ja so, dass ich, als dieses Ermittlungsverfahren einge­stellt wurde, ja einerseits dem Parlament vorgeschlagen habe, diese ganze Causa noch einmal auf parlamentarischer Ebene im geheimen Unterausschuss zum Innen­ausschuss zu überprüfen. Auf der anderen Seite habe ich aber auch veranlasst, dass der Rechtsschutzbeauftragte noch einmal eine Überprüfung vornimmt. Sie haben das völlig richtig angesprochen.

Mir ist es vor allem auch darum gegangen, wirklich klarzustellen, dass wir innerhalb der Justiz nichts vertuschen wollen, nichts verheimlichen wollen. Wenn ein Verfahren ge­gen Staatsanwälte geführt wird, bedarf es natürlich besonderer Sensibilität. Das ist völ­lig klar. Ich möchte auch, dass die betroffenen Staatsanwälte von jedem Verdacht rein­gewaschen werden, denn es soll ja nicht nachher noch herumgeheimnist werden, dass vielleicht etwas vertuscht worden ist, etwas versteckt worden ist, etwas nicht richtig be­urteilt worden ist. Deshalb ist es meines Erachtens wichtig, alle Möglichkeiten auszu­schöpfen, um auch wirklich klarzumachen, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Der Rechtsschutzbeauftragte überprüft noch. Wann er damit fertig sein wird, kann ich nicht sagen. Es erscheint jetzt natürlich lange, aber Sie dürfen nicht vergessen, dass die Einstellung über 600 Seiten umfasst. Der Rechtsschutzbeauftragte arbeitet sehr seriös, sehr kompetent und sehr gut, und da braucht er natürlich auch die notwendige Zeit. Er hat ja anderes auch noch zu tun, er ist ja nicht nur mit der Causa Kampusch beschäftigt.

Das braucht natürlich Zeit, und ich habe großes Interesse daran, dass das wirklich seriös bearbeitet wird, um, wie gesagt, wirklich alle Zweifel auszuräumen. Ich möchte nicht, dass irgendein Zweifel offen stehen bleibt. Bei so heiklen Dingen muss man, glaube ich, wirklich alle Zweifel ausräumen. Deshalb einerseits die Beurteilung auf par­lamentarischer Ebene und andererseits der Rechtsschutzbeauftragte, der eben noch daran arbeitet.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zur 7. Anfrage, 1810/M, und ich bitte Frau Bundesrätin Mag. Duzdar um deren Verlesung.

 


Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Ministerin, meine Frage lautet:

1810/M-BR/2012

„Welche wirksamen Schritte beabsichtigen Sie zur stärkeren Bekämpfung des Men­schenhandels zu setzen?“

 


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Die Bekämpfung des Menschen­handels ist ein Thema, das ich in enger Zusammenarbeit mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bearbeite, und wir messen dem beide sehr große Bedeutung zu.

Der Menschenhandel ist natürlich ein weiteres Beispiel für Kriminalität, die sich nicht nur in nationalen Grenzen bewegt. Wir haben heute ja schon über Cyber-Crime ge­sprochen. Auch das sind natürlich Kriminalitätsformen, die sich nicht mehr im nationa­len Bereich, innerhalb der nationalen Grenzen festmachen lassen, sondern grenzüber­schreitend agieren. Aber auch im Bereich des Menschenhandels brauchen wir natür­lich Lösungen, die weit über nationale Grenzen hinausgehen.

Es gibt ja eine eigene EU-Richtlinie, auch die Europäische Union beschäftigt sich na­türlich mit diesem Thema. In Umsetzung der aktuellen EU-Richtlinie beabsichtige ich,


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 36

einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sowohl Strafschärfungen als auch eine Auswei­tung des Tatbestands des § 104a StGB vorsieht. So soll die Grundstrafdrohung von drei Jahren auf bis zu fünf Jahre angehoben werden. Bei minderjährigen Opfern soll die Strafdrohung wie derzeit schon bei unmündigen Opfern auf ein bis zehn Jahre Frei­heitsstrafe angehoben werden, jedenfalls wenn sogenannte unlautere Mittel ange­wendet werden. Ein unlauteres Mittel wäre zum Beispiel die Einschüchterung.

Der Tatbestand soll auch dahingehend ausgeweitet werden, dass Menschenhandel zum Zweck der Ausnützung zur Bettelei sowie zur Ausnützung zur Begehung straf­barer Handlungen ausdrücklich als Fälle von Menschenhandel definiert werden. (Vize­präsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Europaratskonvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wird auch die Zwangs­heirat neu zu regeln sein. Hinsichtlich des eigentlichen Tatbestandes nach der Europa­ratskonvention besteht zwar kein Umsetzungsbedarf, es muss aber ein neues Vorbe­reitungsdelikt des Verbringens ins Ausland zum Zweck der Zwangsheirat geschaffen werden, was es naheliegend erscheinen lassen könnte, die Zwangsheirat, wie ohnehin vielfach gefordert, aus dem Tatbestand der schweren Nötigung herauszulösen und gemeinsam mit dem neuen Vorbereitungsdelikt in einem eigenen Tatbestand zu re­geln.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Frau Ministerin! Weltweit werden 2,5 Millionen Menschen zur Zwangsarbeit und Zwangsprostitution angehalten. Die Mehrheit der Opfer sind Frauen. Sie haben die EU-Richtlinie bereits angesprochen, die neulich erlassen wurde, mit der die Höchststrafe angehoben werden wird. Meine kon­krete Frage an Sie: Wann wird diese Richtlinie in Österreich umgesetzt werden?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wir werden diese Richtlinie so rasch wie möglich umsetzen. Ich habe großes Interesse daran, dass wir diese Ver­schärfungen wirklich rasch vornehmen. Von Ihnen ist ein wichtiger Punkt noch einmal angesprochen worden, den ich auch noch einmal unterstreichen möchte: Sie haben von den vielen Opfern weltweit gesprochen. Das zeigt tatsächlich, dass es sich nicht um ein nationales Phänomen, nicht einmal um ein europäisches Phänomen, sondern um ein wirklich weltweites Phänomen handelt. Umso wichtiger ist es natürlich, dass wir auf europäischer Ebene aber auch auf internationaler Ebene daran arbeiten. Deshalb begrüße ich diese EU-Richtlinie mit den Verschärfungen sehr. Wir werden uns natür­lich bemühen, diese EU-Richtlinie sehr rasch umzusetzen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bun­desrat Hensler.

 


Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Menschenhandel ist ein ganz schlimmes Verbrechen. Und deshalb meine Fra­ge: Wie funktioniert in diesem Bereich die internationale Zusammenarbeit, insbesonde­re bei Europol?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie ich schon gesagt habe, agiert Verbrechen heute immer internationaler, vor allem auch was den Menschenhan­del betrifft. Das ist ein Beispiel für international agierendes Verbrechen. Das bedeutet natürlich auch, dass die Strafverfolgungsbehörden international zusammenarbeiten müssen. Wenn jeder für sich in seinen nationalen Grenzen arbeitet, dann werden wir Menschenhandel nie wirksam bekämpfen können. Deshalb bedarf es eben einer


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 37

engen internationalen Zusammenarbeit, und dazu gibt es Gott sei Dank auch die not­wendigen Mechanismen.

Insbesondere Europol und Eurojust nehmen eine sehr wichtige Rolle bei der Bekämp­fung des Menschenhandels ein. So ist es durch die Koordinierung von Europol im Jahr 2010 zu Verhaftungen von Menschenhändlern in Österreich und Ungarn gekom­men. Das besondere Angebot von Eurojust besteht in der Organisation von Koordinie­rungstreffen und der Hilfestellung im bilateralen und multilateralen Bereich. Zudem richtet Eurojust auf Anfrage auch gemeinsame Ermittlungsteams ein. Diese gemein­samen Ermittlungsteams haben sich natürlich sehr bewährt.

In diesem Bereich geschieht also vieles; die internationale Zusammenarbeit der Straf­verfolgungsbehörden funktioniert sehr gut. Wenn es Möglichkeiten gibt, noch besser zu werden, dann werden wir diese natürlich gerne aufgreifen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bun­desrat Brückl.

 


Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Frau Bundesminister! Opfer­schutzorganisationen kritisieren immer wieder, dass die Strafandrohung für Menschen­handel zu gering sei. Sie haben vorhin gesagt, dass der Strafrahmen erhöht wird. Wird auch ein Mindeststrafrahmen festgesetzt werden?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Die Grundstrafdrohung wird eben von drei auf fünf Jahre angehoben, und es wird bei minderjährigen Opfern einen Strafrahmen von ein bis zehn Jahren geben. Das wird vorgesehen werden.

Das Problem ist natürlich immer: Wie wird der Strafrahmen ausgeschöpft? Teilweise stößt es immer wieder auf Verwunderung, wie in Einzelfällen der Strafrahmen ausge­schöpft wird. Es ist jetzt einmal ein wichtiges Signal, dass wir die Strafen erhöhen, und ich gehe davon aus, dass auch die Gerichte natürlich die höheren Strafrahmen ent­sprechend ausnützen werden.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bun­desrat Schreuder.

 


Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Bundesministerin! Eines der gro­ßen Probleme, das wir haben, ist, dass Opfer von Menschenhandel meistens – und insbesondere natürlich Frauen – Angst haben, überhaupt zu den Behörden zu gehen, weil sie ja keinen Aufenthaltstitel haben. In dem Augenblick, in dem sie das melden, sind sie auch schon von Abschiebung bedroht. Viele Länder haben solchen Frauen die Möglichkeit eingeräumt, dass sie, wenn sie Anzeige erstatten, den Menschenhandel melden oder weil sie Opfer geworden sind, einen Aufenthaltstitel bekommen, damit sie davor keine Angst haben müssen. Werden Sie es unterstützen, dass in Österreich auch solche Regelungen kommen?

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Ich habe schon angesprochen, dass wir im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels sehr eng mit Innenmi­nisterin Johanna Mikl-Leitner zusammenarbeiten. Das Thema, das Sie angesprochen haben, wäre ein Thema, das ich natürlich mit ihr besprechen muss. Es fällt eigentlich in ihre Zuständigkeit. Ich werde Ihren Vorschlag aber gerne aufgreifen und mit der Innen­ministerin darüber sprechen, ob so etwas angedacht ist, ob sie sich so etwas vorstellen kann und in welchen Grenzen, um den Missbrauch auch zu vermeiden. Ich werde gerne mit der Innenministerin diesbezüglich Gespräche aufnehmen. Vielleicht kommen wir zu einer guten Lösung.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 38

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Die Fragestunde ist beendet. Danke, Frau Bundesministerin! (Allgemeiner Beifall.)

10.36.18Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältig­ten und verteilten Anfragebeantwortungen 2668/AB bis 2671/AB beziehungsweise

jenes Schreibens des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 B-VG betreffend die Nominierung von Landesrat Mag. Achill Rumpold als stellvertretendes österreichisches Mitglied im Ausschuss der Regionen sowie

jenes Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Arti­kel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über die Änderung des Abkommens mit den Vereinigten Mexikanischen Staaten über kulturellen Aus­tausch beziehungsweise

über ein Abkommen mit der Schweiz über Zusammenarbeit in den Bereichen Finanzen und Steuern

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 9)

*****

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Vorschlag für eine Nominierung gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

Werner Faymann

Bundeskanzler

Herrn Präsident des Bundesrates

Gregor Hammerl

Parlament-Bundesrat

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien

Wien, am 16. April 2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Unter Bezugnahme auf Art. 23c Abs. 5 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass die Bundes­regierung im Rahmen der 137. Sitzung des Ministerrates am 11. April 2012 unter TOP 5 beschlossen hat, Herrn Landesrat Mag. Achill Rumpold gemäß Art. 23c Abs. 1 B- VG als stellvertretendes österreichisches Mitglied des Ausschusses der Regio-
nen (AdR) dem Rat der Europäischen Union zur Ernennung vorzuschlagen.

Herr Dr. Josef Martinz hat am 16. Januar 2012 sein Amt als Kärntner Landesrat zu­rückgelegt und in Folge dem Generalsekretär des AdR mitgeteilt, dass durch die Rück­legung seiner Funktion auch sein Mandat als stellvertretendes Mitglied beim AdR ge­endet hat. Die Kärntner Landesregierung hat in ihrer 60. Sitzung am 21. Februar 2012 beschlossen, an seiner Stelle Herrn Landesrat Mag. Achill Rumpold der Bundesre­gierung als stellvertretendes Mitglied im AdR vorzuschlagen. Dies wurde dem Bundes-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 39

kanzleramt mit dem am 22. März 2012 eingelangten Schreiben gemäß Art. 23c Abs. 4 B-VG mitgeteilt.

Die Ernennung eines stellvertretenden Mitglieds des AdR erfolgt durch den Rat der EU gemäß Art. 305 UAbs. 3 AEUV mit qualifizierter Mehrheit aufgrund der mitgliedstaatli­chen Nominierung.

Die vorliegende Nominierung des Herrn LR Mag. Rumpold wird im Wege des Bundes­ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten dem Ratssekretariat zur weiteren Durchführung des Verfahrens zugeleitet. Mit der Ernennung von Herrn LR Mag. Rumpold kann im Laufe des kommenden Mai gerechnet werden.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Beilagen:

Lebenslauf des Hr. LR Mag. Rumpold;

Auszug aus dem Beschlussprotokoll des Ministerrats.“

„Pkt. 5 des Beschl.Prot. 137

137. Sitzung des Ministerrates am 11. April 2012

5. Bericht des Bundeskanzlers, Zl. 405.828/0007-IV/5/12, betr. Ausschuss der Regio­nen; Nominierung von Landesrat Mag. Achill RUMPOLD als stellvertretendes Mitglied in Nachfolge von Landesrat a.D. Dr. Josef MARTINZ.

Der Ministerrat beschließt im Sinne des Antrages.

Wien, 11. April 2012

Mag. LEITNER“

*****

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

„Der Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn Präsident des Bundesrates

Gregor Hammerl

Parlament, Dr. Karl Renner-Ring 1-3

1017 Wien

12. April 2012

GZ: BMeiA-MX.8.33.02/0001-I.2a/2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 11. April 2012 (Pkt. 18 des Beschl.Prot. Nr. 137) der Herr Bundespräsident am 11. April 2012 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über die Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über kulturellen Austausch erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 40

„Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

BMeiA-MX.5.26.41/0001-V.1/2012

Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Me­xikanischen Staaten über kulturellen Austausch; Verhandlungen

Vortrag an den Ministerrat

Es besteht Interesse seitens der Republik Österreich und seitens der Vereinigten Mexi­kanischen Staaten, das bestehende Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über kulturellen Austausch (BGBl. Nr. 611/1975) durch einen weiteren Artikel zu ergänzen.

Dieser ergänzende Artikel hat den Zweck, dass die Vertragsparteien eine Kommission zur Ausarbeitung eines völkerrechtlichen Rahmenvertrages über den gegenseitigen befristeten Leihverkehr von Kulturgütern zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten errichten.

Für die Verhandlung des Abkommens wird nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:

Bot. Dr. Martin Eichtinger                                             Bundesministerium für europäische und

Delegationsleiter                                                                                internationale Angelegenheiten

Bot. Dr. Helmut Tichy                                                     Bundesministerium für europäische und

Stv. Delegationsleiter                                                                       internationale Angelegenheiten

MR Mag. Norbert Riedl                                                             Bundesministerium für Unterricht,

                                                                                                                                               Kunst und Kultur

LR Dr. Philip Bittner                                                        Bundesministerium für europäische und

                                                                                                                  internationale Angelegenheiten

Diese Änderung wird keine finanziellen Auswirkungen zur Folge haben. Sollte es den­noch solche geben, werden sie aus den dem zuständigen Ressort zu Verfügung ge­stellten Mitteln bedeckt.

Die geplante Änderung wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Auf­nahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur stelle ich

den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angeführten Zusammensetzung zu Ver­handlungen über die Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über kulturellen Austausch zu bevollmächti­gen.

Wien, am 4. April 2012

SPINDELEGGER m.p.

*****


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 41

„Der Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten

Dr. Johannes Kyrle

Herrn Präsident des Bundesrates

Gregor Hammerl

Parlament, Dr. Karl Renner-Ring 1-3

1017 Wien

12. April 2012

GZ: BMeiA-CH.8.33.02/0001-I.2a/2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß

Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom

11. April 2012 (Pkt. 25 des Beschl.Prot. Nr. 137) der Herr Bundespräsident am selben Tag die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammen­arbeit in den Bereichen Finanzen und Steuern erteilt hat. Die Aufnahme dieser Ver­handlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

„Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

GZ.BMeiA-CH.3.19.45/0002-III.4/2012

Bundesministerium für Finanzen

GZ.BMF-280806/0004-I/4/2012

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Schweizerischen Eidgenossen­schaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Finanzen und Steuern; Verhandlungen

Vortrag an den Ministerrat

Die intensiven Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft und der Republik Österreich erfordern den Abschluss eines Abkommens über Zusammenarbeit in den Bereichen Finanzen und Steuern nach dem Vorbild des zwi­schen der Republik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 21. September 2011 unterzeichneten Abkommens. Mit dem Abkommen soll einerseits die Besteuerung für in Österreich bislang noch nicht versteuertes Kapitalvermögen, das sich auf Schweizer Konten befindet, durch Erhebung einer pauschalen Steuer für vergangene Zeiträume abgegolten werden. Andererseits soll für zukünftige Zeiträume die effektive Besteuerung von in der Schweiz befindlichem Kapitalvermögen durch Erhebung einer Abgeltungssteuer nach dem Vorbild der österreichischen Kapitaler­tragssteuer durch die Schweizer Kreditinstitute sichergestellt werden.

Vorbereitende Expertengespräche fanden bereits statt, die finale Textabstimmung erfolgt in Kürze. Mit dem Inkrafttreten des Abkommens werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.

Das geplante Abkommen wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Auf­nahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 42

Wir stellen daher den

Antrag,

die Bundesregierung wolle

dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, Dr. Wolfgang NOLZ, Sektionschef im Bun­desministerium für Finanzen, zur Leitung der Verhandlungen über ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zu­sammenarbeit in den Bereichen Finanzen und Steuern zu bevollmächtigen;

Wien, am 11. April 2012

BM Dr. SPINDELEGGER     BM Dr. FEKTER“

*****

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich begrüße die Frau Bundesministerin für Inneres bei uns hier im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weiters gebe ich bekannt, dass ein Schrei­ben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger am 3. Mai 2012 in Sarajevo bei gleichzeitiger Beauftragung des Bundesministers für Wirtschaft Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner mit seiner Vertretung eingelangt ist.

*****

Ebenso ist der ORF-Jahresbericht 2011 gemäß § 7 ORF-Gesetz eingelangt, der dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüs­se des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heuti­gen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstellt.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstandnah­me von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einver­standen sind, um ein Handzeichen. – Das scheint die Stimmeneinhelligkeit zu sein.

Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates er­forderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 43

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, sowie 11 und 12 jeweils unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

10.39.161. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Fremdenpolizei­gesetz 2005 geändert werden (BVG Sicherheitsbehörden-Neustrukturierung 2012) (1679 d.B. und 1756 d.B. sowie 8714/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Abzeichengesetz 1960, das Arbeitneh­merInnenschutzgesetz, das Ärztegesetz 1998, das ASOR-Durchführungsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Außenwirtschaftsge­setz 2011, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Beschußgesetz, das Bio­zid-Produkte-Gesetz, das Bundes-Ehrenzeichengesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union, das Bundesgesetz über eine Amnestie 1995, das Bundesgesetz vom 15. Juli 1964 über die Schaffung einer Medaille für Verdienste um die Vorbe­reitung und Durchführung der IX. Olympischen Winterspiele Innsbruck 1964, das Bundesgesetz vom 27. Jänner 1976 über die Schaffung eines Ehrenzeichens für Verdienste um die Befreiung Österreichs, das Bundesgesetz vom 29. Juni 1977 zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das Bundesgesetz vom 4. Februar 1948 über die Berechtigung der nach reichsrechtli­chen Vorschriften approbierten Zahnärzte, das Bundesgesetz vom 6. Mai 1976 über die Schaffung einer Medaille für Verdienste um die Vorbereitung und Durch­führung der XII. Olympischen Winterspiele Innsbruck 1976, das Bundeshaftungs­obergrenzengesetz, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Bundes-Personalvertre­tungsgesetz, das Bundesvergabegesetz 2006, das Chemikaliengesetz 1996, das Devisengesetz 2004, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensge­setzen 2008, das Eisenbahngesetz 1957, das Elektrotechnikgesetz 1992, das Energielenkungsgesetz 1982, die Exekutionsordnung, das Exekutivdienstzei­chengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2008, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Führerscheingesetz, das Gefahrgutbeförderungsgesetz, das Gehaltsge­setz 1956, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Güterbeförderungsge­setz 1995, das Heeresgebührengesetz 2001, das Kraftfahrgesetz 1967, das Kraftfahrliniengesetz, das Kriegsmaterialgesetz, das Lebensmittelbewirtschaf­tungsgesetz 1997, das Luftfahrtsicherheitsgesetz 2011, das Mediengesetz, das Meldegesetz 1991, das Militärauszeichnungsgesetz 2002, das Militärbefugnisge­setz, das Munitionslagergesetz 2003, das Niederlassungs- und Aufenthaltsge­setz, das Paßgesetz 1992, das Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz, das Poli­zeikooperationsgesetz, das Pornographiegesetz, das Preisgesetz 1992, das Pun­zierungsgesetz 2000, das Pyrotechnikgesetz 2010, die Reisegebührenvor­schrift 1955, das Rezeptpflichtgesetz, das Rundfunkgebührengesetz, das Sank-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 44

tionengesetz 2010, das Schifffahrtsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Sprengmittelgesetz 2010, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregisterge­setz 1968, das Strafvollzugsgesetz, die Straßenverkehrsordnung 1960, das Suchtmittelgesetz, das Tierseuchengesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Verkehrsrecht-Anpassungsgesetz 1971, das Versamm­lungsgesetz 1953, das Versorgungssicherungsgesetz, das Verwaltungsstrafge­setz 1991, das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, das Verwundetenmedail­lengesetz, das Waffengesetz 1996, das Wehrgesetz 2001, das Wiedereinstel­lungsgesetz 1950, das Zivildienstgesetz 1986 und das Zollrechts-Durchführungs­gesetz geändert werden sowie das Führungs- und Verfügungsgesetz aufge­hoben wird (Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungs-Gesetz – SNG) (1726 d.B. und 1757 d.B. sowie 8715/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gehen in die Tagesordnung ein und kommen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter ei­nem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 1 und 2 ist Herr Bundesrat Köberl. Bitte um die Be­richte.

 


10.39.38

Berichterstatter Günther Köberl: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Aus­schusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert werden, kurz BVG Sicher­heitsbehörden-Neustrukturierung 2012.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Anspruch zu erheben.

Weiters komme ich zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten, über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz und weitere Gesetze, bis hin zum Zollrechts-Durch­führungsgesetz, geändert werden sowie das Führungs- und Verfügungsgesetz aufge­hoben wird, kurz Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungs-Gesetz – SNG.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher darf ich gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


10.41.16

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause! Es ist zu befürchten, dass durch die Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungen die Einsparungen geringer sein werden als die parteibuchwirtschaftlichen Gewinne, die die ÖVP aus der Reform ziehen will. (Die Bundesräte Kneifel und Kainz: Was? Was?)


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 45

Die finanzielle Ersparnis der Maßnahme ist eher bescheiden und beträgt rund 2 bis 3 Millionen € pro Jahr. Das ist, in Anbetracht einer groß angekündigten Verwaltungs­reform innerhalb des Sicherheitskörpers, sicher kein großer Betrag – wenn auch bes­ser als gar nichts. (Bundesrat Kainz: Von was redest du denn da?) Von den insgesamt 286 Dienststellen in diesem Bereich wird es dann nur mehr 256 geben. (Bundes-
rat Kainz: Von was redest du? Ist das die falsche Rede?)

Generell ist eine Verwaltungsvereinfachung immer sehr zu begrüßen. Es ist eine sehr komplizierte Struktur, aber wenn man sich die Details ansieht, dann erkennt man, dass das durchaus problematisch ist. Und zwar geht es mir da – und das haben auch meine Kollegen im Ausschuss des Nationalrates bereits andiskutiert – um verfassungsrechtli­che Bedenken, die ich anmerken möchte, und natürlich auch um Bedenken, was Par­teibuchwirtschaft betrifft, denn wenn hier Führungsfunktionen neu ausgeschrieben wer­den, dann wissen wir aus der Vergangenheit, dass das meistens zu einer Umfärbung im Sicherheitsapparat, im Innenministerium geführt hat. Und daher sehen wir das sehr, sehr kritisch.

In 14 Städten waren bisher erstinstanzlich die Bundespolizeidirektionen zuständig. Durch die Reform werden zukünftig Landespolizeidirektionen installiert. Bei den Beru­fungsbehörden tritt folgende Situation ein: Durch die Behördenzusammenlegung wer­den auch Landespolizeidirektionen zuständig, das heißt, es gibt erstinstanzlich eine Entscheidung durch eine Landespolizeidirektion. Es wird berufen, und es entscheidet in zweiter Instanz über die Berufung wieder die Landespolizeidirektion. Wir haben das zwar gestern im Ausschuss diskutiert, Herr Mag. Andre hat uns das sehr ausführlich berichtet. Es ist eine Ansichtssache: Man kann sagen, das ist verfassungsrechtlich konform. Es wurden auch sozusagen unterschiedliche Stellungnahmen dazu eingeholt. Wir sehen das dennoch als bedenklich, und es könnte ganz leicht sein, dass hier bis 2014, bis eben die Verwaltungsgerichte installiert werden, wenn Berufungen getätigt werden, auch ein positiver Ausgang im Raum steht. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Man kann es sehen, wie man möchte. Wir sehen es anders. Aber ich nehme natürlich auch diese Ansicht des Innenministeriums zur Kenntnis.

Die Frau Innenministerin hat unter anderem im Ausschuss des Nationalrates das Bei­spiel Wien herangezogen. Das kann man als halbinhaltliches Argument durchgehen lassen, denn wenn man Wien als Beispiel heranzieht, dann ist es ja so, dass es in Wien bereits eine ähnliche Situation gibt, wie sie jetzt im Innenministerium, also bei der Landespolizeidirektion installiert wird, und zwar dass innerhalb einer Behörde zwei un­terschiedliche Bereiche über die Berufungen entscheiden werden.

Nichtsdestotrotz ist es aus unserer Sicht verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Und die Bedenken, was die parteipolitische Umfärbung betrifft, können auch nicht ganz ausge­räumt werden, wenn wir uns die Vergangenheit ansehen – wie Strasser, Platter und so weiter im Innenministerium agiert haben. Wenn wir uns an den Fall Haidinger erinnern: Da wurde ein anerkannter, guter Beamter des Kriminaldienstes einfach entfernt, weil er parteipolitisch irgendwie nicht in dieses System hineingepasst hat. All diese Dinge deu­ten darauf hin, dass es hier durch die Neubesetzung der Führungsfunktionen auch zu einer Umfärbung kommen könnte, und daher werden wir dieser Vorlage unsere Zu­stimmung nicht erteilen. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist aber ein schwaches Argu­ment! – Zwischenruf des Bundesrates Kainz.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir noch außerhalb des Tages­ordnungspunktes eine Anmerkung, wenn wir hier schon eine Vertreterin der Bundesre­gierung anwesend haben. – Sehr geehrte Frau Innenminister, ich möchte der Bundes­regierung wirklich aufrichtig danken dafür, dass Sie und Ihre KollegInnen Rückgrat be­wiesen haben, dass Sie sich entschieden haben, die Fußballeuropameisterschaft in der Ukraine zu boykottieren, denn ich glaube, es ist ein sehr deutliches und ein sehr


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 46

starkes Signal, wenn Mitglieder einer Bundesregierung, nicht nur aus Österreich, son­dern auch aus anderen Ländern, durch Abwesenheit protestieren. Wenn die Kameras Live-Übertragungen machen und die leeren Ränge zeigen, dann sollte dem Präsi­denten Viktor Janukowitsch doch ein Licht aufgehen, und zwar, dass Menschenrechte einfach nicht etwas sind, über das wir hinwegschauen, sondern dass wir das sehr ernst nehmen, dass hier Signale gesetzt werden.

Ich hoffe, dass auch die Fußballfans Ihre Signalsetzung als Vorbild nehmen und die Fußballeuropameisterschaft boykottieren und sich das Spiel von zu Hause aus an­schauen. Und jene, die bereits Karten haben und deshalb dennoch zur Fußball-EM hingehen, lade ich dazu ein, zivilen Ungehorsam in friedlicher Weise zu leisten, denn gegen solche Vorgehensweisen muss man ein Zeichen setzen. Und deswegen ein herzliches Dankeschön diesbezüglich an die Bundesregierung! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Mag. Himmer.)

10.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


10.48.01

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseher und Zusehe­rinnen an den TV-Geräten – sofern Sie digitalisiert haben, seit Samstag, sonst haben Sie heute keinen Empfang. Ich hatte nach der Ausschusssitzung die Hoffnung, Herr Kollege Dönmez – da ja die Grünen im Ausschuss derzeit kein Stimmrecht haben und wir dadurch dort diese Materie einstimmig und sehr konstruktiv behandelt haben –, heute einen Anlass zur Freude zu haben, dass die Grünen einmal über ihren Schatten springen und einer sensationellen und historischen Novelle zustimmen; einer Reform zustimmen, wie es sie in der Zweiten Republik im Innenministerium eigentlich nicht im­mer und nicht jedes Jahr gegeben hat.

Dennoch muss man natürlich dazusagen, dass man sich – bei aller Kritik – die Chro­nologie der Reformschritte im Innenministerium seit dem Jahr 2000 wieder einmal vor Augen führen muss: Bereits im Jahre 2000 begann das Ganze. 2003 kam es zur Zu­sammenführung der Spezialeinheiten und Sondereinheiten zum Einsatzkommando Cobra. Im Jahre 2003 erfolgte die Gründung des Bundeskriminalamtes, die Reform des Staatsschutzes und die Schaffung einer Sicherheitsakademie, um die bestmög­lichen Voraussetzungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Innenministerium zu forcieren. 2004 kam es zur Eingliederung der Zollwache. 2005 erfolgte die historische Zusammenführung der Wachkörper Bundesgendarmerie, Sicherheitswache und Krimi­nalbeamtenkorps.

Wenn ich als Bürger auf Österreichs Straßen unterwegs bin, dann erfüllt es mich mit Stolz, unsere Polizisten und Polizistinnen in ihren ausgesprochen feschen Uniformen zu sehen, mit einem neuen Fuhrpark, der Corporate Design aufweist – die Polizei tritt jetzt einheitlich auf. Und ich glaube, die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes wis­sen diese Reformschritte zu schätzen – nach Anfangsschwierigkeiten, zugegeben, aber heute sind wir grosso modo mit dieser Zusammenlegung zufrieden und bieten neue Strukturen, um die Sicherheit in Österreich weiterhin auf einem hohen Niveau zu gewährleisten. Und ich denke, das ist eine der Kernaufgaben der Politik.

Wir können heute doch mit einem gewissen Stolz vor die Bevölkerung hintreten und darauf verweisen, dass der nächste Reformschritt durchgeführt wird, der dazu führen wird, dass der Sicherheitsstandard in Österreich hoch bleibt, und der zeigt, dass wir Verwaltungsreform nicht nur besprechen, sondern auch umsetzen. Und ich glaube, das ist ein positives Beispiel. Vielen Dank, Frau Bundesminister, dass Sie diese Dynamik im Innenministerium weiterführen und auch umsetzen!


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 47

Ich denke, wenn wir uns von den Details verabschieden, dass wir hier von 31 Behör­den auf neun Landespolizeidirektionen reformieren, dann hat das natürlich auch für mein Bundesland, die Steiermark, eine Auswirkung. Die schaut so aus: Es kommt zur Zusammenführung der Sicherheitsdirektion Steiermark, des Landespolizeikommandos für Steiermark, der Bundespolizeidirektion Graz, der Bundespolizeidirektion Leoben zur Landespolizeidirektion Steiermark. In den jetzigen Behörden mit Bürgerkontakten wer­den in der Landespolizeidirektion Steiermark mit Sitz in Graz und im Polizeikommissa­riat Leoben Bürgerservicestellen eingerichtet, in denen die Bürgerinnen und Bürger nach dem One-Stop-Shop-Prinzip an einer Anlaufstelle alle polizeilich relevanten Be­hördenwege erledigen können, wie zum Beispiel die Ausstellung von Waffenscheinen et cetera.

Ich denke, damit ist beides gelungen: eine Verschlankung der Befehlsstruktur, eine Verschlankung der Verwaltungsorganisation, aber ohne Einschränkung der Serviceein­richtungen für unsere Mitbürger.

Vor allem nach Überzeugung meiner Fraktion ist Sicherheit ein sehr hohes Gut, und wir verstehen uns auch als Bürgeranwalt in Bezug auf die Sicherheit der österreichi­schen Bevölkerung und werden auch in Zukunft alles tun, um den hohen und höchsten Sicherheitsstandard in Österreich mit weiteren Reformen beziehungsweise mit weiterer Unterstützung unserer Exekutive zu garantieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.52


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsvorsitzender Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


10.52.49

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Im Bundesrat wird heute die sogenannte Behördenreform im Bereich der inneren Sicher­heit beschlossen. Damit wird der erste Schritt in einer umfassenden Strukturreform der österreichischen Republik umgesetzt. Diese Reform muss allerdings meines Erachtens in einem viel, viel weiteren Kontext gemeinsam betrachtet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hat der Verfassungsausschuss des National­rates die Verwaltungsgerichtsbarkeit neu beschlossen, und damit hat deren Reform ih­re erste parlamentarische Hürde genommen. Die unabhängigen Verwaltungssenate werden in Landesverwaltungsgerichte umgewandelt. Auf Bundesebene werden zwei Verwaltungsgerichte entstehen, eines für die Finanzangelegenheiten und ein weiteres für alle anderen Rechtsmaterien. Schließlich ist ein Gesetzentwurf in Begutachtung, mit dem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingeführt werden soll.

Mit der von uns heute zu beschließenden Vorlage wird nicht nur eine echte Verwal­tungsreform durchgeführt – ich betone: acht Sicherheitsdirektionen, 14 Bundespolizei­direktionen und neun Landespolizeikommanden werden in neun Landespolizeidirektio­nen umgewandelt. Und insbesondere für all jene in der Opposition, die sich mit dem Erfassen von Verwaltungsreformen besonders schwertun: Aus 31 mach neun, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gleichzeitig werden mit dieser Novelle die polizeilichen Ressourcen so aufgestellt, dass sie mit 1. Jänner 2014 optimal, und dies im Kontext betrachtet, zu den neuen Landesverwaltungsgerichten passen. In die Bestellung der Landespolizeidirektionen – und, liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird uns alle nicht überraschen, dass das im Bundesrat besonders hervorgehoben wird – sind die Landeshauptleute eingebunden. Der Landespolizeidirektor ist von der Bundesministerin für Inneres im Einvernehmen und die stellvertretenden Landespolizeidirektoren sind von der Bundesministerin für In­neres nach Anhörung der jeweiligen Landeshauptleute zu bestellen.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 48

Mit dieser Reform gelingt in Österreich ein Rechtsschutzniveau – das ist meines Erach­tens schon beachtlich in der Gesamtbetrachtung –, wie es höchsten europäischen Standards entspricht, was zugegebenermaßen bisher nicht der Fall war. Die Bürge­rinnen und Bürger haben das Recht, schon in der zweiten Instanz ihre Angelegenhei­ten von einem unabhängigen Richter oder einer Richterin entscheiden zu lassen – ein Quantensprung in der Rechtsstaatlichkeit. Diese Erkenntnis, liebe Kolleginnen und Kol­legen, blieb im bisherigen politischen Diskurs meines Erachtens doch weitgehend un­terbeleuchtet.

Gleichzeitig wird der Verwaltungsgerichtshof entlastet, was ebenfalls für den Rechtsu­chenden eine maßgebliche Unterstützung darstellt, da bekanntermaßen die Verfah­rensdauer beim Verwaltungsgerichtshof auch nach unserer gemeinsamen politischen Erkenntnis – Stichwort: Debatte über den Bericht des Verwaltungsgerichtshofes – doch zu lange ist. Auch für unseren Wirtschaftsstandort erwarten wir uns in diesem Zusam­menhang, insbesondere bei den notwendigen Genehmigungsverfahren, eine wesentli­che Beschleunigung und daher eine qualitative Verbesserung.

Zu der vom Kollegen Dönmez angesprochenen Kritik: Darüber hinaus sollen auch mit der Schaffung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sensible Verfahren in die­sen Rechtsbereichen – hier geht es doch um erhebliche Schicksale bei den Hilfesu­chenden und Rechtsschutzsuchenden – bei einer Behörde zusammengeführt werden. Bisher waren diese Verfahren auf mehr als 100 Behörden aufgeteilt. Und ich sage da­zu aus unserer Sicht: In diesem Zusammenhang erwarten wir uns auch eine höhere Qualität der einzelnen Verfahren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit waren es bisher 120 Behörden – 120 Behörden des Bundes und der Länder werden hiemit auf­gelöst.

In der Gesamtbetrachtung bringen diese drei einzelnen Maßnahmen nicht nur eine übersichtlichere Struktur und den Abbau von Behördenzersplitterung, sondern auch ein qualitativ höherwertigeres Verfahren, mehr Rechtsstaat und raschere Entscheidungen. Und damit führen wir den österreichischen Rechtsstaat meines Erachtens in ein erfolg­reiches 21. Jahrhundert. In Summe eine herzeigbare und gelungene Reform!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Innenministerin! So weit zur Pflicht­übung, nun zur Kür: Der nächste Schritt in diesem Zusammenhang – das ist auch zum Teil im Ausschuss diskutiert worden – betrifft natürlich vor dem Sommer die Aus­schreibung der Spitzenpositionen, sprich der Landespolizeidirektoren und deren Stell­vertreter.

In diesem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat, in aller Offenheit: Im Bereich der Polizeireform sind wir, auch aus den Erkenntnissen der Ver­gangenheit, gebrannte Kinder. Doch in diesem Zusammenhang ein Herumfuhrwerken eines ehemaligen Innenministers der ÖVP mit Wurzeln in Niederösterreich nun der neuen Ministerin anzulasten, hielte ich für völlig unangebracht. Ich glaube, dass man auch hier in aller Offenheit eine neue Chance einräumen muss. Ich habe in meinen Ausführungen schon auf das Einvernehmen und das Anhörungsrecht bei der Bestel­lung der Spitzenposten hingewiesen.

Für unsere Fraktion sage ich abschließend in aller Offenheit: Sehr geehrte Frau Bun­desministerin, in diesem Zusammenhang gehe ich davon aus, dass es noch viel Ge­sprächsbedarf gibt, und wir erwarten uns höchste Transparenz, viel Qualität und ein höchstes Maß an Sensibilität. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrä­ten der ÖVP.)

10.59



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 49

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Ertl. – Bitte.

 


11.00.25

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Wir stehen, was die Sicherheitsbehörden anbelangt, vor der um­fassendsten Reform, die es in Österreich jemals gegeben hat. Im Wandel der Zeit müs­sen diverse Bezeichnungen wohl den Gegebenheiten der Gegenwart und der Zukunft angepasst werden.

Das Ziel dieser Behördenreform ist, dass wir neun Landespolizeikommanden, acht Si­cherheitsdirektionen und 14 Bundespolizeidirektionen zu neun Landespolizeidirektio­nen zusammenführen. Wichtig dabei ist – und hier darf ich die Worte der Frau Minister aufgreifen –, dass von dieser Behördenreform nur die oberste Struktur betroffen ist, nämlich die oberste Führungsstruktur, dass es dabei zu keiner Veränderung von Poli­zeiinspektionen, von Bezirkspolizeikommanden, von Stadtpolizeikommanden kommt und dass auch die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaften als Sicherheitsbehör­de erster Instanz unverändert bleibt.

Wir beschließen heute neun Landespolizeidirektionen. Das heißt, aus 31 Behörden machen wir neun Behörden. In 14 Städten waren bisher erstinstanzlich Bundespolizei­direktionen zuständig. Durch die Reform werden das zukünftig Landespolizeidirektio­nen. Bei den Berufungsbehörden tritt folgende Situation ein: Durch diese Behördenzu­sammenlegung werden auch Landespolizeidirektionen zuständig. Das heißt, es gibt erstinstanzlich eine Entscheidung durch eine Landespolizeidirektion, es wird berufen und es entscheidet in zweiter Instanz über diese Berufung wieder die Landespolizei­direktion. Das ist – Herr Kollege Dönmez hat das bereits angeführt – verfassungsmä­ßig problematisch.

Aber dazu hat der Verfassungsgerichtshof anhand des Beispiels Wien – Wien ist gleichzeitig Bundespolizeidirektion und Sicherheitsdirektion – gesagt, in dieser Sonder­konstellation sei das deswegen zulässig, weil es sich zwar um eine organisationsrecht­liche Zusammenlegung handelt, aber funktionell um zwei verschiedene Behörden.

Aber nicht alles, was geändert wird, muss auch gut sein. Herr Kollege Klug hat das an­gesprochen.

In § 78b heißt es zum Beispiel: „Der Bundesminister für Inneres bestellt den Landespo­lizeidirektor im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann.“

Dagegen wäre nichts einzuwenden, aber ich gebe zu bedenken, dass ein solches Vor­gehen unter Umständen zu einer Missstimmung führen könnte. Denn wenn der jeweili­ge Bundesminister oder im gegebenen Fall die Frau Bundesministerin und der jeweili­ge Landeshauptmann derselben Partei angehören, dann kann verständlicherweise der Verdacht aufkommen, dass hier innerparteiliche Absprachen zur Bestellung eines Lan­despolizeidirektors führen könnten. Das hat keine gute Optik. Besser wäre es, diesen Punkt noch einmal zu überarbeiten. Aber das sind Detailfragen, deren Behandlung je­derzeit nachgeholt werden kann.

Ansonsten haben wir schon im Nationalrat die Neustrukturierung der Sicherheitsbehör­den klar und deutlich dargelegt bekommen, und ich kann mich dieser Neustrukturie­rung nur vollinhaltlich anschließen. (Ruf bei der ÖVP: Bravo! Super Mann!) Denn es ist für mich keine Frage, dass eine kostensparende Neustrukturierung und die Minimie­rung der Verwaltungsstruktur der Sicherheitsbehörden eine zukunftsweisende Angele­genheit sind.

Was beklagen denn die Bürgerinnen und Bürger? – Zu viel Verwaltung, aber dafür zu wenige Polizisten auf den Straßen. In diese Richtung müssen die durch die Verwal-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 50

tungsverschlankung erzielten Einsparungen auch gehen, nämlich mehr Präsenz von Exekutive und stattdessen weniger Bürokratie bei den Sicherheitsbehörden, was letzt­endlich mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger bedeutet.

Sehr viele Anträge und Anregungen von Seiten der FPÖ sind ja seit Jahren in diese Gesetzesänderung eingeflossen und wurden auch entsprechend positiv aufgenom­men.

Zu TOP 2 möchte ich noch Folgendes sagen: Es kommt nicht alle Tage vor, dass in ei­nem einzigen Tagesordnungspunkt über 87 Gesetzänderungen in einem Aufwaschen vorgelegt, besprochen und entschieden werden. Aber daran kann wohl kaum jemand etwas ändern. Verboten ist das schließlich nicht, ungewöhnlich allemal. (Heiterkeit und Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nur wenn ich kurz auf alle 87 Punkte eingehen darf.

Aber es wurden, wie uns im Innenausschuss von den Herren da hinten mitgeteilt wur­de, nur Begriffsbestimmungen und veraltete Begriffe beziehungsweise Ausdrücke ge­ändert und angepasst. Und es gibt mit Sicherheit keine versteckten Gesetzesände­rungen.

Wir werden dieser Verwaltungsverschlankung vollinhaltlich unsere Zustimmung geben. (Allgemeiner Beifall.)

11.06


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Kainz. – Bitte.

 


11.06.37

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns zum großen Teil einig, dass der heutige Gesetzesbeschluss die Grundlage für einen weiteren Schritt der Effizienzsteigerung im Sicherheitsbereich bildet.

Insofern bestätigt sich auch wieder, dass wir, die Bundesregierung und allen voran Frau Bundesminister Mikl-Leitner weiterhin Sicherheit für dieses Land gewährleisten und dass die ÖVP die Sicherheitspartei in diesem Land ist, während die Grünen die Unsicherheitspartei in diesem Land ist.

Ich verstehe überhaupt nicht, lieber Herr Kollege Dönmez, dass du dich heute hier he­rausstellst und einfach versuchst, diese Strukturreform schlechtzureden, indem du von Parteibuchwirtschaft und falschen Strukturen sprichst. Ich denke, da bist du falsch be­raten. Alle Österreicherinnen und Österreicher erkennen, dass allein die neue Struktur, die wir heute ermöglichen, ein vernünftiger Schritt ist, der richtig gesetzt und ein gutes Beispiel dafür ist, wie man Sicherheit auf der einen Seite erhöht und auf der anderen Seite Steuermittel effizient einsetzt. Deswegen stehen wir zu diesem Beschluss. Und ich verstehe nicht, dass du dagegen bist, aber dies zeigt, die Grünen sind für Unsi­cherheit in diesem Land und nicht für Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke auch, dass der heutige Beschluss und diese neue Struktur drei Themen, die die Menschen in diesem Land zu Recht bewegen, umfassen. Das Thema Sicherheit steht auf der Prioritätenliste der Bürgerinnen und Bürger ganz oben. Die Menschen sehnen sich nach modernen Strukturen und können von der Politik zu Recht eine Ef­fizienzsteigerung erwarten. Und mit diesem heutigen Beschluss werden wir die Grund­lage hiefür legen, dass wir in der Sicherheit einen großen Schritt vorankommen, die Strukturen verschlanken und vereinfachen und die Effizienz steigern.

Ich möchte dir, liebe Frau Bundesminister, sehr herzlich dafür danken, dass du nicht nur ein Sicherheitspaket präsentierst, sondern dass es auch gelungen ist, davon bin ich überzeugt, ein Sicherheits- und Sparpaket zu präsentieren. Das sind wir, wie ich meine, allen Bürgerinnen und Bürgern auch schuldig.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 51

Es wurde bereits erwähnt, dass in Zukunft anstelle von 31 Strukturen neun Strukturen für die Sicherheit in diesem Land sorgen werden. Und das ist allein schon zahlenmäßig der beste Beweis dafür, dass diese Reform eine sehr tiefgreifende Reform ist, wo Si­cherheit an erster Stelle steht und letztendlich effiziente Strukturen gegeben sind. Statt acht Sicherheitsdirektionen, neun Landespolizeikommanden, 14 Bundespolizeidirektio­nen zukünftig neun Landespolizeidirektionen. Aus 31 mach neun! – Ich denke, die Zahl spricht für sich.

Ich glaube, es ist auch ein toller Verhandlungserfolg, da gemeinsam mit den Verant­wortlichen im Ministerium, mit den Sicherheitssprechern der beiden Parteien, auch mit den Gewerkschaftsvertretern letztendlich eine sehr ruhige Verhandlungsrunde abge­schlossen werden konnte und mit dem Beschluss im Nationalrat und auch mit dem heutigen Beschluss im Bundesrat diese Strukturreform auch umgesetzt werden kann.

Es ist ja auch vorgegeben und vorgeschlagen worden, dass die Detailplanung in vier Arbeitsgruppen durchgeführt werden sollte, nämlich Experten zum Thema Organisation und Personal, Infrastruktur, Logistik und Personalentwicklung. Und auch die Arbeitneh­mervertreter werden mit einbezogen. Ich denke, es verwundert nicht, dass die Gewerk­schaft diesen neuen Strukturen, diesem Weg gegenüber auch sehr aufgeschlossen ist.

Wenn ich dir, lieber Efgani Dönmez, aber auch dem Fraktionsvorsitzenden der SPÖ besonders bewusst zugehört habe, dann muss ich sagen, ich denke, die Gefahr der parteipolitischen Postenbesetzung, die da immer wieder in der politischen Diskussion – und das ist durchaus legitim – in den Raum gestellt wird, ist nicht gegeben.

Ich glaube, in einem sind wir uns in diesem Saal alle einig: Der oder die Beste soll bei der Vergabe dieser hohen Funktion sowie aller anderen Funktionen, die in dieser Re­publik zu vergeben sind, zum Zug kommen. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.) Der oder die Beste soll zum Zug kommen. Und da gibt es viele gute Beispiele, wie wir sie gerade aus den letzten Jahren kennen.

Wenn der Herr Fraktionsvorsitzende Klug auch die notwendige Sensibilität hier einge­fordert hat, so glaube ich, dass wir diese Besetzungen mit einer derart guten Sensibili­tät durchführen und uns keine Anleihe an jener „Sensibilität“ nehmen werden, wie sie im Jahr 2000 bei der Übergabe des Innenministeriums an einen ÖVP-Innenminister von Seiten des Ministeriums zutage gelegt worden ist.

Ein gutes Gesetz, wie ich meine, eine hervorragende Arbeit, gute Ergebnisse, denen wir gerne die Zustimmung erteilen.

Auch noch ein Satz dazu, dass im Rahmen dieses Verfassungsgesetzes das Bundes­amt für Fremdenwesen und Asyl geschaffen wird. Bundesweit eine Behörde zu schaf­fen, das ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Das ist auch im Sinne der Asyl­werber, nämlich Spruchgleichheit und viele Dinge mehr. Deswegen ist es sehr vernünf­tig, das heute mit zu beschließen und damit die Grundlage dafür zu legen. Die Details müssen noch ausverhandelt werden.

In diesem Sinne geben wir diesem Sicherheitspaket gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

11.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

 


11.12.35

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr verehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir setzen heute im wahrsten Sinne des Wortes einen Meilenstein in der Verwaltungsreform. Wir sprechen heute von der größten Behördenreform in der


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 52

Zweiten Republik. Und wenn ich die Reden der Bundesrätinnen und Bundesräte im Vorfeld Revue passieren lasse, dann, glaube ich, dokumentiert das einfach den breiten Konsens, dann dokumentiert das einfach die Akzeptanz dieser Reform bei den Bun­desrätinnen und Bundesräten, wo heute vor allem auch die Grünen die Chance hätten, hier ein Signal zu geben, dass sie auch tatsächlich für mehr Sicherheit und für mo­derne Strukturen in diesem Land stehen.

Ich darf hier ganz kurz die wesentlichsten Punkte dieser größten Behördenreform der Zweiten Republik zusammenfassen. Ich glaube, das Entscheidendste ist, dass wir es schaffen, 31 Behörden zu neun Behörden zusammenzufassen. Das bedeutet, dass wir neun Landespolizeidirektionen, acht Sicherheitsdirektionen und 14 Bundespolizeidirek­tionen zu neun Landespolizeidirektionen zusammenfassen. Das heißt, die Struktur wird dadurch wesentlich schlanker und effizienter.

Mir ist vor allem wichtig, zu betonen, dass gerade im Bereich dieser Behördenreform nur die oberste Führungsstruktur betroffen ist. Von dieser Strukturreform sind in Summe etwa 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Durch diese Behördenre­form bleiben vor allem die Polizeiinspektionen, Stadtpolizeikommanden und Bezirkspo­lizeikommanden unberührt, sprich: Sie sind nicht betroffen. Auch die Kompetenz und Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaften als Sicherheitsbehörde erster Instanz än­dern sich nicht, sondern bleiben gleich.

Fakt ist, dass wir durch diese Reform total flach in der Führungsstruktur werden, dass es uns dadurch gelingt, Doppelgleisigkeiten und Dreifachgleisigkeiten abzuschaffen. Und ich darf Ihnen das auch anhand eines Beispiels kurz dokumentieren, das ganz klar darlegen soll, dass wir uns hier wirklich von Doppel- und Dreifachgleisigkeiten verab­schieden.

Bisher war es so, dass wir in der Sicherheitsdirektion, im Landespolizeikommando und in den Bundespolizeidirektionen kriminalpolizeiliche Abteilungen hatten. Nehmen wir das Beispiel Kärnten her, wo wir im Landespolizeikommando, in der Sicherheitsdi­rektion und in beiden Bundespolizeidirektionen Villach und Klagenfurt eigene kriminal­polizeiliche Abteilungen hatten. In Zukunft wird es nur mehr eine kriminalpolizeiliche Abteilung unter dem Dach der Landespolizeidirektion geben und somit natürlich auch nur mehr einen Ansprechpartner für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Das setzt sich in vielen anderen Bereichen wie im Beschaffungsbereich oder auch im per­sonaladministrativen Bereich fort.

Herr Bundesrat Perhab hat ja schon darauf hingewiesen, dass gerade das Bundesmi­nisterium für Inneres es verstanden hat, in den letzten Jahren Reformen äußerst pro­fessionell vorzubereiten und umzusetzen.

Begonnen hat alles im Jahr 2003 mit der Reform in der Zentrale, weitergeführt wurde das Gesamte durch das Setzen verschiedener Eckpfeiler, ich denke da an die Schaf­fung des Bundeskriminalamtes, an die Schaffung des Bundesamtes für Verfassungs­schutz und Terrorismusbekämpfung beziehungsweise Terrorismusprävention, vor al­lem auch an die Gründung der Sicherheitsakademie, wo es uns gerade gelungen ist, im Bereich der Aus- und Weiterbildung eine Professionalisierung und vor allem auch Akademisierung herbeizuführen. Ich denke aber auch an die Eingliederung der Zollwa­che oder an das Großprojekt „team04“, bei dem Polizei und Gendarmerie zusammen­geführt worden sind – damals zweifelsohne ein Projekt, das umstritten war, das emo­tional diskutiert worden ist, wo wir aber wissen, dass es damals ein wichtiger und rich­tiger Schritt war.

Weiters ist es uns gelungen, vor allem eine Struktur der Ausgleichsmaßnahmen aufzu­bauen, eine Struktur, die hinsichtlich des Schengen-Raumes wichtig war, wo wir vor allem im Grenzraum aufgrund der Grenzraumkontrollen und aufgrund der spezifischen


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 53

Kontrollen für Sicherheit sorgen können. Ich denke auch an die Neuaufstellung der Cobra, wo wir gerade international um diese Eliteeinheit beneidet werden, die wirklich Großartiges leistet und immer vor Ort ist, wenn es darum geht, Gefahren abzuwenden beziehungsweise unsere Polizistinnen und Polizisten direkt vor Ort zu unterstützen.

Ganz entscheidend ist vor allem auch die Strategie INNEN.SICHER, die unter der Fe­derführung von Maria Fekter entwickelt worden ist, eine Strategie, die Leitlinie des Bundesministeriums für Inneres ist, eine Leitlinie für die Sicherheitspolitik dieses Landes. Und ein Kernprojekt dieser Strategie INNEN.SICHER ist die Behördenreform, von der wir heute sprechen, bei der Sie heute die Chance haben, dem auch zuzu­stimmen.

Die Umsetzung dieser Behördenreform heute hier und jetzt ist meines Erachtens ganz, ganz wichtig und ist vor allem auch der richtige Schritt, weil sich auch die Rahmenbe­dingungen für die Polizei ändern.

Was meine ich damit? – Ich meine damit die vom Herrn Bundesrat Klug bereits ange­sprochenen Veränderungen, die wir beschlossen haben oder die derzeit im Gange sind. Ich denke hier an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wo wir jetzt in Vorbereitung sind, wo wir in den nächsten Monaten konkrete Schritte umsetzen und das mit 1. Jänner 2014 die Arbeit aufnehmen soll.

Aber genauso wichtig ist die neue Gerichtsbarkeit, das heißt neun Landesverwaltungs­gerichte und zwei Bundesverwaltungsgerichte, wo wir letztendlich auch zu einer Ver­schlankung beitragen. Oder ich denke vor allem auch an die neue Haushaltsrechtsre­form, die mit 1. Jänner 2013 umzusetzen ist.

All das hat natürlich auch Auswirkungen auf unseren Sicherheitsapparat, hat Auswir­kungen auf unsere Strukturen, und deswegen ist es gerade jetzt nicht nur eine Chance, sondern vor allem auch ein Gebot der Stunde, diese Reform umzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem wirklich großen Schritt kommt es auch zu einer Zusammenführung von Behörde und Wachkörper. Und glauben Sie mir, wir haben uns diesen Schritt nicht einfach gemacht: Wir haben diesen Schritt nicht nur einmal, sondern dutzendmal geprüft.

Dieser Schritt ist richtig, weil, wie wir wissen, gerade diese neue Struktur, diese Ver­schmelzung von Behörde und Wachkörper in der Bundeshauptstadt Wien bestens funktioniert. Dieser ist Schritt auch verfassungskonform. Das wurde nicht nur einmal, sondern des Öfteren geprüft.

Selbstverständlich ist uns, was vom Herrn Kollegen Dönmez hier auch angesprochen wurde, vor allem auch die Kontrolle wichtig. Ich kann Ihnen garantieren, dass es aus­reichend Kontrollinstrumentarien, Kontrollmechanismen gibt, und zwar nicht nur inter­ne, sondern vor allem auch externe Mechanismen: intern mit einer eigenen Revisions­abteilung, einer eigenen Controlling-Abteilung und extern mit den neun Landesverwal­tungsgerichten und den Bundesverwaltungsgerichten, im kriminalpolizeilichen Bereich über die Staatsanwaltschaft und im verkehrspolizeilichen Bereich über die Ämter der Landesregierung. Diese Kontrollinstrumentarien, diese Kontrollmechanismen waren uns ganz, ganz wichtig und haben daher einen Schwerpunkt erhalten.

Ganz wichtig im Rahmen dieser Reform ist uns vor allem auch der Grundsatz: jede Aufgabe in eine Hand, wo wir wirklich Doppelgleisigkeiten und Dreifachgleisigkeiten ausblenden können, wie ich es Ihnen beschrieben habe im kriminalpolizeilichen Be­reich, im Personalwesen oder wo auch immer.

Wie schaut nun die künftige Struktur aus? – Wir sind in der Struktur äußerst schlank und flach in der Hierarchie. Wir können von zwei Ebenen sprechen: zum einen von der Führungsebene, die aus dem Landespolizeidirektor oder der Landespolizeidirektorin


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 54

und den zwei Stellvertreterinnen oder Stellvertretern besteht, und zum anderen von der Ebene der Abteilungen, wo vor allem der operative Bereich abgewickelt wird, wo so­wohl Landespolizeidirektor als auch seine Stellvertreter auf all diese Abteilungen Zu­griff haben.

Ganz wichtig im Zuge der Diskussion war uns auch die Verbesserung des Services, die Verbesserung der Dienstleistung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Deswe­gen gab es die ganz klare Entscheidung, dass es bei jeder Landespolizeidirektion eine Bürgerservicestelle geben muss und auch bei den Polizeikommissariaten.

Diese Servicestelle ist uns ganz, ganz wichtig und wird geführt im Sinne eines One-Stop-Shop, wo wir ein ganz tolles, rasches und schnelles Service dem Kunden/der Kundin anbieten können, wo unsere Bürgerinnen und Bürger nur mehr eine Ansprech­stelle haben und nicht mehr zu verschiedenen Abteilungen gehen müssen. Das soll, so wie es mittlerweile auf den Bezirkshauptmannschaften gelebt wird, zu einem fixen Be­standteil im polizeilichen Bereich werden.

Wie schaut es nun mit dem Zeitplan aus? – Diese Behördenreform steht heute hier im Fokus. Sie entscheiden darüber, ob Sie dem zustimmen. Ich appelliere an jeden, der das Thema „Sicherheit“ ernst nimmt und der für moderne Strukturen ist, damit wir die Herausforderungen der Zukunft optimal bewältigen können, dieser Reform hier zuzu­stimmen.

Parallel dazu geht es um Folgendes: In den nächsten Wochen werden wir uns intensiv mit den Personaleinsatzkonzepten beschäftigen. Wichtig ist vor allem, dass wir uns mit sogenannten Raum- und Funktionskonzepten beschäftigen, denn wenn man 31 Behör­den zu neun Behörden zusammenführt, hat das natürlich auch Auswirkungen auf Platz und Raum. Dafür gibt es eine eigene Arbeitsgruppe.

Wir haben in den letzten Monaten, wie es der Kollege auch angesprochen hat, vier Ar­beitsgruppen eingerichtet, wo Expertinnen und Experten die Chance hatten, mitzuwir­ken, mitzugestalten. Zusätzlich wurde auch noch ein Mitarbeiterbeirat eingerichtet, wo jeder seine Sorgen artikulieren kann, wo wir jeden Mitarbeiter auch wirklich servicieren.

Parallel dazu beschäftigen wir uns auch umfassend und intensiv mit dem Ausbildungs- und Fortbildungswesen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil wir immer die Ausbildung am Puls der Zeit haben müssen, weil gerade unsere Polizistinnen und Poli­zisten die Voraussetzungen mitbringen müssen, um auch den neuen Herausforderun­gen begegnen zu können.

Im Sommer wollen wir dann die Ausschreibung vornehmen für die Funktionen des Lan­despolizeidirektors oder der Landespolizeidirektorin und der beiden Stellvertreter und dann im Anschluss daran die Ausschreibung der anderen Führungsfunktionen.

Nun ein Wort zum Kollegen Dönmez: Wie Ihnen sicherlich nicht entgangen ist, gibt es dazu ganz klare gesetzliche Regelungen. Ich kann Ihnen garantieren, dass diese Re­gelungen und Vorgaben selbstverständlich zu 100 Prozent auf Punkt und Beistrich ein­gehalten werden. Und ich kann Ihnen, den Grünen, hier nur sagen: Wie der Schelm denkt, so ist er offensichtlich selbst!

Ich bitte Sie, hier in keiner Weise Globalverurteilungen vorzunehmen. Sie haben meine Arbeit in den letzten Monaten umfassend und intensiv beobachten können und werden sicherlich festgestellt haben, dass wir das seitens des Bundesministeriums für Inneres mit äußerst viel an Sensibilität, vor allem mit sehr viel an Professionalität machen und selbstverständlich immer gesetzeskonform unterwegs sind. Das ist unsere Verantwor­tung und Verpflichtung, und die nehmen wir auch sehr ernst! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

In Summe können wir sagen, wir sind seitens der Bundesregierung gut unterwegs. Ich möchte heute auch unserem Koalitionspartner, der SPÖ, ein herzliches Danke sagen


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 55

für die wirklich konstruktiven Gespräche in den letzten Wochen und Monaten. Wir ha­ben uns die Sache nicht leicht gemacht. Wir haben sehr viele Expertinnen und Exper­ten hinzugezogen, und ich glaube, wir können sagen, wir haben ein gutes Paket auf den Weg gebracht, wo wir auch gezeigt haben, dass die Zusammenarbeit in der Koali­tion wirklich funktioniert.

Ich stehe aber auch nicht an, den Oppositionsparteien ein Danke zu sagen, mit denen es auch intensive Gespräche gegeben hat. Auch ihnen ein ganz großes und herzliches Danke dafür, dass wirklich inhaltlich präzise gearbeitet wurde und dass wir letztendlich an einem Strang gezogen haben.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit dieser Reform einen wichtigen und richtigen Schritt für die Republik, für die Sicherheit in dieser Republik setzen. Mit dieser Reform wird der Sicherheitsapparat schlanker, wir können damit rascher und effizienter agieren und sparen dadurch auch noch jährlich in etwa 8 bis 10 Millionen €.

Wenn heute dieser Beschluss gefasst wird, dann können wir sagen, es war ein guter Tag, es war ein erfolgreicher Tag, vor allem ein erfolgreicher Tag für die Sicherheit der Menschen in dieser Republik. Und dafür darf ich ein herzliches Danke sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

11.28


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke, Frau Bundesministerin.

Zum zweiten Mal zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


11.28.53

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Offensichtlich ist es Usus, dass man das hört, was man hören möchte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Hört einmal zu, bevor ihr wieder mit Zwischenrufen agiert! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es stimmt – und ich habe das gesagt, und ich sage es noch einmal –, diese Verwal­tungsreform ist zu begrüßen und sie ist auch gut. Nur: Man muss sich auch die Details anschauen.

Wenn wir den Sicherheitsapparat, zu dem die Exekutive gehört, als eine der tragenden Säulen in diesem Land, in einer funktionierenden Demokratie, sehen, dann sind, bitte, Bedenken erst zu nehmen. Die sind ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern sind von der Politik in der Vergangenheit genährt worden. Es haben nämlich leider Gottes par­teipolitische Besetzungen stattgefunden. Und das können Sie nicht so einfach mit einer Handbewegung vom Tisch wischen. Das ist ein Faktum! (Beifall des Bundesrates Schreu­der. – Ruf bei der ÖVP: Wo zum Beispiel?)

Wenn wir in Österreich in Bereichen, die äußerst sensibel sind, wie zum Beispiel im Bereich der Terrorismusbekämpfung oder im Bereich des Rechtsextremismus, Men­schen haben, die die Gruppierungen oder die Szene in diesen Bereichen hobbymäßig beobachten und über mehr Informationen verfügen als teilweise der Verfassungs­schutz, dann stellen sich für mich einige Fragen.

Ein anderes Beispiel: Der amerikanische Geheimdienst muss in Deutschland agieren, damit er einen österreichischen Islamisten ausfindig und den österreichischen Verfas­sungsschutz darauf aufmerksam macht. – Ja, bitte, sind das nicht bedenkliche Ent­wicklungen?!

Herr Kollege Kainz, Schwarz-Weiß-Malen ist immer sehr einfach. Sich nämlich hier herzustellen und die ÖVP immer als Sicherheitspartei darzustellen und die anderen als Chaoten, das mag bei den billigen Rängen reingehen, aber wir stehen genauso für Si-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 56

cherheit. Und wir danken den Polizistinnen und Polizisten, die tagtäglich harte Arbeit leisten, die unter schwierigen Rahmenbedingungen ihren Dienst versehen. Das erken­nen wir an und wir unterstützen sie auch dabei. Nur: Sich hier herzustellen und so zu tun, als ob nur die ÖVP für Sicherheit wäre und alle anderen Chaoten und Unruhe­stifter wären, das ist, mit Verlaub, billige Politik! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.)

Wir stimmen dem nicht zu, weil es erstens – und ich unterstreiche das noch einmal –Bedenken gibt, was die verfassungsrechtliche Natur betrifft, und zweitens, weil wir aus Erfahrungen in der Vergangenheit wissen, dass parteipolitische Umfärbungen statt­finden können. Aus diesen Gründen werden wir dem nicht zustimmen. (Bundesrat Mag. Himmer: Sind Sie für alte Strukturen?)

Aber grundsätzlich begrüßen wir die Reform, insbesondere – und das habe ich auch im Ausschuss herausgestrichen beziehungsweise betont – den Umstand, dass die frem­denrechtlichen Angelegenheiten, die asylrechtlichen Angelegenheiten endlich gebün­delt werden. Es war in der Vergangenheit doch so, bitte, dass die rechte Hand nicht gewusst hat, was die linke tut, und dass es da jetzt zu einer Bündelung kommt, ist auch aus unserer Sicht begrüßenswert. Und das betone ich auch hier noch einmal.

Aber ich bitte, nicht immer so plakativ zu agieren: Ihr seid die Bösen und die Chaoten, und wir sind die Guten, die für die Sicherheit stehen! So billigen Argumenten schenken die ZuseherInnen, die ÖsterreicherInnen auch nicht Glauben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zum zweiten Mal zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.

 


11.32.26

Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich auch deshalb noch einmal zu Wort gemeldet, weil Kollege Dönmez jetzt hier einige Dinge gesagt hat, die ich ins rechte Licht rücken möchte – und mit „ins rechte Licht rücken“ meine ich richtigstellen.

Erstens einmal möchte ich zurückweisen, dass ich „Chaoten“ gesagt hätte. Das habe ich nie gesagt! Das ist ein Wording, das ich nicht verwende. Aber wenn die grüne Fraktion diesem Gesetz nicht die Zustimmung erteilt, dann wirft sich zu Recht die Frage auf, ob Ihr für Sicherheit oder Nichtsicherheit in diesem Land steht. (Bundes-
rat Schreuder: Das ist jetzt reine Polemik!)

Wenn du, Kollege Dönmez, auf der einen Seite hier sagst, du findest die Strukturen in Ordnung und du begrüßt die neuen Strukturen – und dagegen ist auch nichts einzu­wenden –, aber auf der anderen Seite als Grundlage für dein Dagegenstimmen bei ei­ner Vorlage, wo es um mehr Sicherheit in diesem Land geht, Erfahrungswerte her­nimmst, die du gemacht hast mit der Politik, die du anprangerst, nämlich die parteipoli­tische Besetzung, die aber gar nicht stattgefunden hat, weil über 90 Prozent  (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Schreuder: Was soll nicht stattgefunden haben?)

Nein, wir können schon eine Grundsatzdiskussion führen, und die Grundsatzdiskussion fängt schon mit dem Faktum an: Umfärben kann man nur das, was eingefärbt ist! (Bun­desrat Dönmez: Ja!) Ja. So. – Du wirst aber nie eine Personalentscheidung zustande bringen, wo die ganze Republik sagt, das ist die richtige Entscheidung. Das wird es nicht geben! Aber jene, die die Entscheidung zu fällen haben, müssen sich am nächs­ten Tag in den Spiegel schauen oder in der Situation der Entscheidung in den Spiegel schauen und sagen: Okay, nach bestem Wissen und Gewissen habe wir den oder die Beste genommen!


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 57

Ich bin überzeugt davon – und die Frau Ministerin bestätigt das auch –, dass 90 Pro­zent der Personalentscheidungen in der Vergangenheit im Einvernehmen mit dem Dienstgeber, nämlich dem Ministerium, der Personalvertretung und dem Dienstnehmer gefällt worden sind.

Und jetzt frage ich dich, lieber Kollege Dönmez: Können sich 90 Prozent irren? –90 Prozent können sich nicht irren! (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.) Aber ich gebe schon zu, dass der Standort den Standpunkt bestimmt und natürlich der eine oder andere sagt: Das ist eine Entscheidung, mit der ich nicht zufrieden bin!

Aber insgesamt ist eines das wichtigste Maß der Entscheidungsgrundlage: nämlich für mehr Sicherheit in diesem Land zu sorgen! Und die Personalentscheidungen bestä­tigen das, und das Gesetz bestätigt das auch.

In diesem Sinne möchte ich dich jetzt nochmals ersuchen, der Vorlage zuzustimmen. Dann kannst du dich auch morgen als Sicherheitspartei präsentieren. (Beifall bei der ÖVP.)

11.34


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend eine BVG Sicherheitsbehörden-Neustrukturierung 2012.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Ap­ril 2012 betreffend ein Sicherheitsbehörden-Neustrukturierungs-Gesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.36.033. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Ver­laufes der gemeinsamen Staatsgrenze in den Grenzabschnitten X und XI sowie über Änderungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staats­grenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Vertrages vom 26. Oktober 2001 (1567 d.B. und 1758 d.B. sowie 8716/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kainz. – Ich bitte um den Bericht.

 


11.36.37

Berichterstatter Christoph Kainz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Jetzt kommen wir wieder zu einer Konsensmaterie. – Ich erstatte den Bericht des


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 58

Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechi­schen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze in den Grenzabschnitten X und XI sowie über Änderungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Vertrages vom 26. Oktober 2001.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass die Regulierung der Thaya durch Errichtung des Thayadammes eine Änderung des Fluss­laufs zur Folge hatte.

Um eine deutliche Erkennbarkeit des Verlaufes der Staatsgrenze sowie eine sinnvolle Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen zu ermöglichen, ist es notwendig, die Staatsgrenze in das neue Flussbett zu verlegen.

Der gegenständliche Beschluss hat daher die Anpassung der österreichisch-tschechi­schen Staatsgrenze an den geänderten Thaya-Flusslauf zum Ziel.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Na­tionalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.38.204. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unfalluntersuchungsgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Seil­bahngesetz 2003 sowie das Schifffahrtsgesetz geändert werden (1727 d.B. und 1744 d.B. sowie 8713/BR d.B. und 8717/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte um den Bericht.

 


11.38.31

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unfallun­tersuchungsgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Seilbahngesetz 2003 sowie das Schifffahrtsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verle­sung; ich komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 59

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Ich begrüße Frau Bundesministerin Bures ganz herzlich hier bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


11.39.47

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim ersten Tages­ordnungspunkt, wo es um die innere Sicherheit Österreichs gegangen ist, ist es zu einer mehr oder weniger heftigen Diskussion gekommen, während sich bei diesem Punkt, wo es auch um Sicherheit geht, den gestrigen Ausschussberatungen nach zu schließen alle einig sind.

Bei der vorliegenden Gesetzesnovelle geht es um Unfalluntersuchung, darum, wo Ver­besserungen herbeigeführt werden können, vor allem im Bereich der zivilen Luftfahrt, wo aktuelles EU-Gemeinschaftsrecht umgesetzt wird.

Es geht dabei im Kern um Verbesserungen im österreichischen Rechtssystem hinsicht­lich der Untersuchung von Flugunfällen, wie dies die ICAO gefordert hat. Im Jahr 2008 gab es ein Audit, im Rahmen dessen die ICAO Verbesserungspotenziale gesehen hat, die mit dieser Novelle umgesetzt werden.

Mit dieser Novelle werden auch Durchführungsbestimmungen zur Anwendung einer EU-Verordnung aus dem Jahr 2010 über die Untersuchung und Verhütung von Un­fällen und Störungen in der Zivilluftfahrt geschaffen. Auch die Bestimmungen über die Sicherheitsuntersuchung in den Bereichen Schiene, Schifffahrt und Seilbahnen wer­den – soweit erforderlich – an die Weiterentwicklung im Gemeinschaftsrecht angepasst.

Weiters werden Regelungen des Unfalluntersuchungsgesetzes, die sich als nicht prak­tikabel erwiesen haben, beseitigt, und es wird eine Vereinfachung der Organisations­struktur durchgeführt.

Man kann feststellen, unser aller Bemühen um noch mehr Sicherheit in allen Bereichen wird fortgesetzt, von der Schifffahrt über die Luftfahrt, die Seilbahnen, die Eisenbahn bis hin zur Straße.

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch als positiven Punkt den neuen Si­cherheitsbericht erwähnen. Dieser zielt auf einen einheitlichen europäischen Standard der Unfalluntersuchung ab. Das bedeutet, dass in Zukunft die Unfalluntersuchungsbe­richte in Europa vergleichbar sind, was wieder bedeutet, dass es in Europa künftig möglich ist, notwendige Maßnahmen gemeinsam zu entwickeln. Das ist besonders po­sitiv, denn es ist nicht nur wichtig, Unfälle unabhängig zu untersuchen, sondern auch die Prävention ist wichtig, sodass es erst gar nicht zu Unfällen kommt.

Unsere Fraktion wird im Sinne von noch mehr Sicherheit in allen Bereichen gerne zu­stimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.42


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Junker. – Bitte.

 


11.42.51

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Minister Bures! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute die Novelle des Unfalluntersuchungsgesetzes beschließen, dann steht das in einem engen Zusam­menhang mit weniger menschlichem Leid durch Unfälle in der Luft, auf der Straße und auf dem Wasser.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 60

Ziel dieser Novelle sind die Schaffung einer Rechtsgrundlage für Untersuchungen von Vorfällen im Bereich der Luftfahrt, die Umsetzung von Erkenntnissen aus dem ICAO-Audit, die Schaffung von Durchführungsbestimmungen für die aktuellen EU-Verordnun­gen und die Anpassung der Regelung in den Bereichen Schiene, Schifffahrt und Seil­bahnen.

Die ICAO hat aufgrund eines Audits Verbesserungspotenziale hinsichtlich der Untersu­chungen von Flugunfällen im österreichischen Rechtssystem festgestellt. Diese Orga­nisation hat den Status einer Sonderprävention in den Vereinten Nationen. Bereits 1944 wurden Grundsätze für die unabhängige und ausschließlich der Verkehrssicher­heit dienende Untersuchung von Unfällen festgehalten.

In Österreich ist die Sicherheit nicht erst seit heute Thema. Österreich kam seinen in­ternationalen Verpflichtungen natürlich auch bisher schon nach. Beispielsweise wird seit 1999 von einer Untersuchungsstelle nach international anerkannten Richtlinien ei­ne Untersuchung im Fall von schweren Störungen durchgeführt.

Es ist wichtig, hervorzuheben, dass es da nicht um strafrechtliche Belange, sondern um Unfallforschung und -prävention geht. Ziel der Unfallforschung und -prävention sind eine Verbesserung der Verkehrssicherheit, aus den Ergebnissen abgeleitete Sicher­heitsempfehlungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit.

Die jährlichen Sicherheitsberichte und Unfallstatistiken müssen ganz genau ange­schaut werden, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen in die richtige Richtung ge­hen und auf die Vermeidung von Unfällen abzielen.

Weiters werden verfahrensrechtliche Vereinfachungen im Stellungnahmeverfahren der Sicherheitsuntersuchungen umgesetzt.

Ein ganz besonders wichtiger Schritt ist, dass die vier Bereiche – Zivilluftfahrt, Seilbah­nen, Schiene und Schifffahrt – in der Bundesanstalt für Verkehr angesiedelt bleiben, aber in eine Organisationseinheit zusammengefasst werden. Der neue Name wird „Si­cherheitsuntersuchungsstelle des Bundes“ sein. Die Zusammenführung bringt mit Si­cherheit eine Verwaltungsvereinfachung, und zudem können Synergien besser genutzt werden.

Meine Damen und Herren! Das beste Unfalluntersuchungsgesetz und die daraus gezo­genen Lehren nützen uns nichts, wenn wir Menschen uns als Verkehrsteilnehmer nicht eigenverantwortlich bewegen, um Unfälle zu vermeiden.

Stimmen wir gemeinsam dieser Novelle zu! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.46


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


11.46.37

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich auch einmal einer Vorlage des Bundesministeriums für Verkehr zustim­men kann. Gerade im Bereich der Unfalluntersuchung und der Unfallprävention sind wir uns einig, auch darin, dass das ein ganz wichtiger Punkt ist.

Ich danke Frau Kollegin Junker dafür, dass sie schon sehr genau erläutert hat, warum es so wichtig ist, dass wir da vernünftige Berichte haben. Anhand dieser vernünftigen Berichte sind die richtigen Schlüsse zu ziehen, denen dann möglicherweise die rich­tigen Gesetze folgen.

Die Novelle enthält einige Verbesserungen, insbesondere auch betreffend das Be­richtswesen. Es wird eine überschaubare Dauer von Unfalluntersuchungen geben, es


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 61

wird Zwischenberichte geben, und vor allem werden dann – und das ist wichtig – die Sicherheitsempfehlungen auch wirklich aktiv nach- und weiterverfolgt.

Es ist auch erfreulich, festzustellen, dass es da im Ministerium keine Feedback-Resis­tenz gibt. Es gab im Begutachtungsverfahren einige Einwendungen, ein paar Anmer­kungen und Verbesserungsvorschläge, die übernommen wurden, und zwar vom BKA-Verfassungsdienst in Richtung Datenschutz; andererseits auch die Änderung, der Ver­weis vom ICAO Annex, den man nur auf Englisch nachlesen könnte, auf die dazuge­hörige EU-Verordnung.

Es gibt ein paar kleine Sachfragen, die da noch zu klären sind: die Unterscheidung zwi­schen Unfällen und schweren Unfällen, die zwar die ICAO nicht trifft, die EU-Verord­nung aber schon. Wie das dann in der Umsetzung ist, ob wir dann nur schwere Unfälle untersuchen oder doch alle Unfälle, wie an und für sich vorgesehen ist, das werden wir dann hoffentlich in den Berichten verfolgen können. Und da vertraue ich schon darauf, dass das passieren wird.

Wichtig ist natürlich auch die Umsetzung der Eisenbahnrichtlinie, die vielleicht ein biss­chen rascher erfolgen hätte können, aber prinzipiell sind wir froh darüber, dass es überhaupt geschieht und dass damit jetzt hoffentlich alle Unklarheiten ausgeräumt sind.

Ein Punkt, der uns auch noch sehr wichtig war: Der jährliche Tätigkeitsbericht der Bun­desanstalt für Verkehr gemäß KFG wäre ja mehr oder weniger entfallen. Da geht es um die laufenden Untersuchungen der Lkws auf der Straße, um die technischen Unter­suchungen, bei denen immer wieder klar festgestellt wurde, dass es da sehr viel Be­darf an Nachrüstung und auch an ständiger Kontrolle gibt. Dieser Bericht wäre ent­fallen, im Nationalrat wurde dann allerdings noch ein Entschließungsantrag beschlos­sen, dass dieser Bericht extra noch vorgelegt werden soll.

Ich denke, mit all diesen Zeugen davon, dass Sie nicht feedbackresistent sind und dass Sie gute Anregungen aufnehmen, können wir dieser Gesetzesvorlage diesmal gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

11.49


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


11.49.42

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich Elisabeth Reich, die heute angelobt wurde – ein Zeichen der Stärkung der weiblichen Seite des Bundesrates –, alles Gute wünschen. Ich wünsche dir wirklich alles Gute für deine Tä­tigkeit!

Frau Bundesrätin Kerschbaum, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie ich mich darü­ber freue, dass es uns gelingt, im Bereich der Verkehrssicherheit über alle Parteigren­zen hinweg an einem Strang zu ziehen. Es ist sehr wichtig, dass wir alle sagen, dass wir nichts unterlassen dürfen, um für mehr Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen und damit weniger menschliches Leid zu sorgen.

Wir haben das Verkehrssicherheitsprogramm 2020 beschlossen. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen für strengere Gesetze gesetzt, haben aber auch gemeinsam mit der Innenministerin die Kontrolle dieser verstärkt.

Es geht uns nicht nur darum, Gesetze zu erlassen, strengere Strafen zu haben und die Einhaltung der Gesetze auch zu kontrollieren, sondern es geht uns allen vor allem auch darum, das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers und jeder einzelnen Verkehrsteilnehmerin zu stärken. Daher haben wir auch Bewusst-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 62

seinskampagnen, wie zum Beispiel eine Kampagne gegen Alkohol am Steuer, ge­macht.

Nichtsdestotrotz: Trotz all der Maßnahmen, die Wirkung zeigen – was wir anhand der Unfallberichte sehen –, können wir nicht alle Unfälle vermeiden. Und hier setzt diese Novelle an, nämlich da, wo es darum geht, dass es trotz aller Maßnahmen zu Unfällen kommt, und wo auch der Frage, was die Unfallursachen sind, große Bedeutung für die Unfallprävention zukommt.

Wir erhoffen uns, damit in Zukunft eine noch bessere Unfallursachenerforschung zu er­zielen, die Unfallprävention noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen und noch bessere Zahlen bei Verkehrsunfällen, Verletzten und getöteten Menschen im Straßenverkehr zu erreichen.

In Zukunft sollen diese Berichte und Daten auch europaweit vergleichbar sein, weil wir dadurch besser sehen, welche Maßnahmen wir setzen müssen, um Unfälle zu vermei­den. Es sollen in ganz Europa aufgrund dieser Vergleichbarkeit gemeinsam Schluss­folgerungen gezogen werden.

Ich möchte mich vor allem bei den Beamtinnen und Beamten meines Hauses, aber auch der Bundesanstalt für Verkehr bedanken. Die heutige breite Zustimmung ist auch eine Bestätigung ihrer guten Arbeit.

Wie gesagt, noch einmal herzlichen Dank dafür, dass wir über alle Parteigrenzen hin­weg im Bereich der Verkehrssicherheit an einem Strang ziehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.52


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.52.585. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz über die Festlegung von Flughafenentgelten (Flughafenentgeltegesetz – FEG) (1728 d.B. und 1745 d.B. sowie 8718/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte um den Bericht.

 


11.53.09

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Der Bericht des Aus­schusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalra­tes vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz über die Festlegung von Flugha­fenentgelten liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 2. Mai 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 63

Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


11.53.56

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Bei oberflächlicher Betrachtung kann man bei dieser Gesetzesvorlage durchaus gute und positive Ansätze erkennen. Es ist von mehr Kostentransparenz die Rede. Es erfolgt eine Systematisierung der Gebühren. Auch die umweltpolitischen Ak­zente, die bei den Gebühren die Berücksichtigung von Abgas- und Lärmemissionen zum Inhalt haben, sind durchaus positiv. Auch die Aufteilung der Ertragsanteile und Entgelte im Verhältnis eins zu zwei zwischen den Nutzern und den Betreibern könnte sich positiv auswirken, einerseits dadurch, dass es für Fluglinien attraktiver wird, einen Flughafen anzufliegen und in das Programm aufzunehmen, andererseits auch als In­vestitionsanreiz für die Flughäfen.

Damit sind wir aber eigentlich bei einem ersten Kritikpunkt – ich habe gesagt, könnte. Es war auch im Ausschuss so, dass bei Antworten auf Fragen sehr häufig der Konjunk­tiv gebraucht wurde. Es wurde gesagt, die ganze Novellierung hätte keine unmittelba­ren Kostenauswirkungen, eventuell könnte es durch die gesteigerte Transparenz lang­fristig zu Auswirkungen kommen. Auch die Neukalkulierung der Security-Kosten könnte zu einer Änderung führen. Das ist alles sehr vage.

Ein weiterer Kritikpunkt von uns ist, dass Systematisierung nicht unbedingt Deregu­lierung bedeutet, sondern durchaus Regulierung bedeuten kann. Und wozu das führen kann, beweist das Beispiel Austro Control mit Gebührenerhöhungen von bis zu 700 Prozent im Laufe der letzten Jahre.

Wir hätten uns da eigentlich einen Regulator gewünscht, und zwar analog zu jenem, den es für die Schiene gibt und der durchaus als positiv und erfolgreich zu bewerten ist.

Transparenz bedeutet auch nicht zwangsläufig Kostenwahrheit. Nehmen wir nur das Beispiel des Megadebakels Skylink her, wo es zu Kostenexplosionen gekommen ist, trotzdem aber regelmäßig Dividenden ausgeschüttet wurden.

Außerdem haben wir die Befürchtung, dass sich die großen Liniengesellschaften im Bereich des Nutzerausschusses und des Nutzerbeirates wesentlich leichter durchset­zen werden können, während es da die Kleinen, vor allem im Bereich der Business Aviation, wahrscheinlich wesentlich schwerer haben werden. Es stellt sich die Frage, ob nicht sie möglicherweise jene sind, die am Ende des Tages die Zeche zu bezahlen haben.

Das Fazit ist also: wieder einmal ein Gesetz, das eine verspätete Umsetzung einer EU-Richtlinie mehr oder weniger als Pflichterfüllung zum Inhalt hat, und ein Gesetz, bei dem man eigentlich nicht genau weiß, was schlussendlich dabei herauskommt, was die Folgen sind und was die klaren Zielvorgaben sind – diese fehlen auch. Deshalb wer­den wir die Zustimmung zu dieser Vorlage nicht erteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Stad­ler zu Wort. – Bitte.

 


11.58.19

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Gesetzesvorlage wird eine


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 64

EU-Richtlinie umgesetzt. Herr Kollege Krusche hat ja zu Beginn seiner Rede einige Punkte als positiv angesprochen, ich möchte ein paar Dinge ergänzen.

Wichtig ist eine transparente Festsetzung dieser Flughafenentgelte. Man erwartet sich – so haben wir es auch im Ausschuss gehört – durch niedrigere Preise positive Auswirkungen für die KonsumentInnen und vor allem für den Wirtschaftsstandort Ös­terreich. Warum für den Wirtschaftsstandort Österreich? – Weil die österreichischen Flughäfen als Arbeitgeber für Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beson­ders wichtig sind für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Ich habe es schon erwähnt: Die Neuregelung der Flughafenentgelte ist ein Schritt zu mehr Transparenz und wird auch die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Flug­häfen weiter stärken.

Weiters wird es auch in Zukunft die Möglichkeit geben, wenn von einem Flugzeug starke Lärmemissionen ausgehen, die Kosten zu erhöhen. Das soll ein Anreiz zur Ver­wendung von Flugzeugen mit niedrigen Lärmemissionen und geringerem Treibstoffver­brauch sein.

Natürlich ist uns allen eines klar: Auch in dem Wissen, dass nicht alle Probleme, Ziel­setzungen und Herausforderungen der österreichischen Luftfahrt oder für starke öster­reichische Flughäfen mit diesem Gesetz geregelt werden können, glaube ich, dass es sicher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, besonders wenn man – und Sie haben das ja auch schon erwähnt, Herr Kollege Krusche – auch an die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen im Zusammenhang mit Lärmbelästigung und Umweltschutz denkt. – Wir werden sicher gerne zustimmen.

Aber zum Schluss meiner Ausführungen noch ein paar Bemerkungen: Herr Kollege Krusche, Sie haben vorhin von einer oberflächlichen Betrachtung gesprochen, ich bin mir aber sicher, Sie sind weiter in die Materie eingedrungen – aber es geht um die Aus­schussberatungen beziehungsweise um die Auskünfte dort.

Sie sagen diesbezüglich, das Wort „könnte“ ist bei der Beantwortung der Fragen durch die Beamten im Ausschuss sehr oft gefallen. Ich glaube, eines muss man hier schon feststellen und klarstellen: Die Ausführungen beziehungsweise Auskünfte im Zuge der Ausschussberatungen gerade im letzten Verkehrsausschuss, in dem eine Menge von Expertinnen und Experten des Ministeriums anwesend waren, kann man wirklich als sehr kompetent bezeichnen.

Und vor allem – wenn Sie sich noch an Folgendes erinnern, betreffend „könnte“ –: Es geht auch um Erfahrungen. Der Beamte dort hat eines erklärt – was uns ja auch klar sein muss –: Wenn man etwas einführt, kann man erst in einem Jahr, in zwei oder drei Jahren sagen, wie sich das Ganze auswirkt. Sie stehen ja auch hier heraußen und Ihre Aussagen sind ja auch da und dort vage.

Wie oft hat es sich schon erwiesen, dass die Befürchtungen, die Sie gehabt haben, ins Leere gegangen sind, nicht nur im Verkehrsbereich, sondern in vielen anderen Berei­chen, wo sie hier gewettert haben: Das wird nichts, das ist alles schlecht, das passt nicht!, und letztendlich hat sich dann aber herausgestellt, ... (Zwischenruf der Bundes­rätin Mühlwerth.) – Bitte, Frau Kollegin? (Bundesrätin Mühlwerth: Und oft genug ha­ben sie sich bewahrheitet!) – Das „oft genug“ muss ich jetzt unter Anführungszeichen setzen. Ich glaube, die Erfahrung hat öfter gezeigt, dass die Sorgen, die Sie hier immer darstellen, Gott sei Dank nicht immer so eintreffen, wie Sie das befürchten. (Vizepräsi­dent Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte hier noch abschließend feststellen und klarstellen, dass die Aussagen be­ziehungsweise die Beantwortung unserer Fragen in den Ausschussberatungen sehr


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 65

kompetent waren. Ich möchte mich bei den Beamtinnen und Beamten aus dem Minis­terium sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

12.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kersch­baum zu Wort. – Bitte.

 


12.02.59

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Fall können wir nicht zustimmen. Ich denke, da geht es einfach um völlig konträre ver­kehrspolitische Zielsetzungen, insbesondere was den Flugverkehr betrifft, wenn in der Vorlage die Rede ist von einer Differenzierung der Gebühren nach Umweltschutz­aspekten – das heißt, man kann die stärkeren Stinker auch stärker belasten –, und gleichzeitig ist dann ein Deckel drinnen mit einer Gesamtsumme, das heißt, man muss die Gebühren für die weniger starken Stinker hinuntersetzen. Das ist für uns nicht wirk­lich eine Umweltschutzmaßnahme, denn insgesamt ist es eher so, dass es umso bil­liger für den Einzelnen wird, je mehr Flieger fliegen, und das ist das Problem bei der Formel für die Festlegung von diesen Entgelten.

Unserer Meinung nach kann es nicht Sinn und Zweck einer Verkehrspolitik sein, dass wir die Flugverkehrszahlen möglichst noch steigern, denn wir haben jetzt erst erfahren, dass diese sowieso und dass sie laufend steigen – und wir alle miteinander wissen, dass wir auch im Verkehrsbereich gerade auch an den Klimaschutz denken müssen. Wir wissen, dass inzwischen mehr als ein Drittel unserer CO2-Emissionen aus dem Verkehrsbereich kommt, und da ist der Flugverkehr einfach ein ganz wichtiger Part. Angesichts dessen noch anzustreben, dass das dauernd steigt und jedes Jahr mög­lichst 10 Prozent dazukommen, kann nicht Sinn und Zweck unserer Verkehrspolitik sein.

Dazu kommt ja noch, dass solch ein Flughafen auch noch Anrainer hat, und wir wis­sen, auch Anrainer und Anrainerinnen freuen sich nicht über steigende Flugverkehrs­zahlen. Darum geht es in diesem Fall wirklich um verkehrspolitisch offensichtlich sehr konträre Positionen.

Das Ziel dieses Gesetzes – und es ist diesbezüglich auch schon im Ausschuss er­wähnt worden: wir sind ja nicht der Umweltausschuss, wir sind der Verkehrsaus­schuss – ist die Steigerung der Passagierzahlen. Darum ist wahrscheinlich das Ver­ständnis dafür groß, dass wir hier nicht mitstimmen können, denn unser Ziel ist es im Prinzip, dass viele jener Flüge, die jetzt auf Kurzstrecken et cetera anfallen, vielleicht doch wieder auf die Schiene verlagert werden können, dass man in diesem Bereich ausbaut, dass man da vielleicht wieder schaut, dass es Nachtverbindungen gibt, von denen es in letzter Zeit immer weniger gibt und wo man dreimal umsteigen muss, dass man also in dieser Richtung baut, denn das ist die einzige Maßnahme, die wirklich funktionieren kann, um auch im Verkehrsbereich die CO2-Emissionen irgendwann ein­mal in den Griff zu bekommen und insbesondere im Flughafenbereich auch die Lärm­emissionen in den Griff zu bekommen. Mit Lärmschutzfenstern werden wir das nicht schaffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Junker zu Wort. – Bitte.

 


12.05.46

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage über die Festlegung der Flughafenentgelte fußt auf einer EU-Richtlinie, das haben auch meine


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 66

Vorredner schon gesagt. Ziel ist die Schaffung einer gemeinschaftsrechtskonformen Rechtslage bezüglich Flughafenentgelte.

Zu Bundesrat Krusche möchte ich anmerken – er hat gesagt, vieles ist positiv –: Es ist ein positives Gesetz. Und wenn Sie sagen, dass die Beamten immer „könnte“ gesagt haben, dann kann ich zu Ihnen sagen, es könnte sein: Zu Tode gefürchtet ist auch ge­storben. (Bundesrat Krusche: Na, fürchten tue ich mich nicht!)

Ich glaube, man sollte das schon einfach positiv besetzen, dass diese Richtlinie den Bürgerinnen und Bürgern nützt und dem Beschäftigungsstandort dient. Wenn ich nur an Tirol denke: Der Flughafen Innsbruck ist für uns wirklich ein Wirtschafts- und Be­schäftigungsstandort. Durch den Flughafen Innsbruck ist der Tourismus im Winter zu seinem Höhenflug aufgestiegen, der Flughafen Innsbruck ist aber auch für die Bevöl­kerung ein offenes Tor in die Welt. Und ich gebe der Kollegin Kerschbaum recht: Wir müssen auch auf die Menschen schauen. In Tirol schauen wir auf die Menschen, des­wegen haben wir das Nachtflugverbot ab 22.30 Uhr.

Im Bereich Umweltschutz wird auch viel getan und der Umweltschutz ist, glaube ich, auch in diesem Gesetz verankert. Durch die Gestaltung des Entgeltes ziehen wir ver­mehrt Luftfahrzeuge mit niedrigen Emissionen an, denn die können und werden ab jetzt ja auch im Entgelt begünstigt werden. (Bundesrätin Kerschbaum: Aber insgesamt werden es mehr!) Auch wir alle werden mehr fliegen. Und wenn wir die Menschen in Innsbruck vom Flughafen auf die Schiene zwingen, haben die Menschen im Stubaital auch wenig Freude, weil der Zug drei Meter neben den Häuserfronten vorbeifährt. Auch das ist Lärmbelästigung und auch das schädigt die Umwelt.

Wir werden es also auch mit diesem Gesetz nicht bewerkstelligen können, dass die Menschen sich nicht mehr bewegen und nicht mehr von A nach B kommen. Wir kön­nen auch nicht sagen, dass wir in der Wirtschaft alles, was außerhalb Österreichs ist, nicht mehr benötigen.

Ich glaube, die Erläuterungen zum Gesetz sind bereits zur Gänze gemacht worden.

Ich möchte auch nur noch eines sagen: Wenn wir bedenken, dass der Flughafen Wien 12 000 Beschäftigte hat, und wenn man dann noch Graz, Salzburg und Innsbruck da­zunimmt (Zwischenruf des Bundesrates Ertl), dann sind das schon Arbeitgeber, die eine Stärke haben und qualitätsvolle Arbeit anbieten, weshalb wir mit diesem Gesetz auch die Arbeitgeber unterstützen dürfen und gleichzeitig den Wirtschafts- und Be­schäftigungsstandort stärken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.09


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.09.21

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Vor­sitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei Herrn Bun­desrat Stadler und bei Frau Bundesrätin Junker dafür bedanken, dass sie die Novelle zum Flughafenentgeltegesetz im Detail erläutert haben. Es geht darum, bei der Ent­geltgestaltung mehr Transparenz zu erreichen, klarere Regelungen zu haben, und – was auch wichtig ist – diese Maßnahmen sollen auf die Airlines bezogen diskriminie­rungsfrei erfolgen.

Erlauben Sie mir – auch wegen der kritischen Stimmen –, zwei, drei grundsätzliche Be­merkungen zu machen. Die eine betrifft die Bedeutung des Luftfahrtstandorts Öster­reich: Dieser hat eine sehr große Bedeutung – auch darauf ist Frau Bundesrätin Junker eingegangen –, und zwar nicht nur in der Frage der Beschäftigten an den österreichi­schen Flughäfen selbst, sondern wir sind ein starker Wirtschaftsstandort, und das ist gut so.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 67

Das ist auch mit ein Grund dafür, dass wir die geringste Arbeitslosigkeit in ganz Europa haben. Dafür braucht es auch Flughäfen, die für den Wirtschaftsstandort, für den Tou­rismusstandort eine ganz große Bedeutung haben. Hier möchte ich als Beispiele den Flughafen Innsbruck und den Flughafen Salzburg nennen. Daher ist es wichtig, dass wir auch mit Strategiekonzepten – wir haben die „Road Map Luftfahrt“ präsentiert, in der es um die Luftfahrtstrategie in Österreich geht – diese Luftfahrtstandorte tatsächlich stärken, weil das ganze Land davon profitiert.

Aber, Frau Bundesrätin, Sie können sich darauf verlassen, dass uns bei diesem Aus­gleich, was den Wirtschaftsstandort und wirtschaftliche Interessen betrifft, die Anliegen der Bevölkerung nach Ruhe, danach, vom Fluglärm nicht belastet zu sein, sehr am Herzen liegen und wir daher im Bereich von Technologieentwicklungen in der Luftfahrt sehr viel in Forschung und Technologie investieren, um lärmärmere Flugzeuge zu ent­wickeln. Wir sind auch im Bereich der Überflüge sehr darum bemüht, zu schauen, welche Flugrouten mit der geringsten Belastung der Bevölkerung möglich sind. Und dieses Gesetz bringt das deutlich zum Ausdruck. Bei der Gebührengestaltung werden wir erstmals auch ökologische Aspekte miteinbeziehen, wie zum Beispiel die Möglich­keit, bei lärmärmeren Flugzeugen auch in die Tarifgestaltung einzugreifen .

Was die Kostenstruktur insgesamt betrifft, Herr Bundesrat Krusche: Der Rechnungshof weist immer darauf hin, dass wir in den ausgelagerten Dienststellen natürlich auch ein Kostendeckungsprinzip brauchen. Somit wird es natürlich auch bei den Tarifgestal­tungen notwendig sein, so wenig Mittel der öffentlichen Hand wie möglich, mit denen wir sehr sorgsam umgehen müssen, für die Vergebührung aufzuwenden. Daher unter­stütze ich dieses Kostendeckungsprinzip, was auch heißt, dass die Austro Control Ge­sellschaft natürlich all ihre Prozesse optimieren muss, effizienter werden muss, Kosten­dämpfungsmaßnahmen setzen muss, was dazu geführt hat, dass wir die Gebühren nicht erhöht haben, sondern bei der Streckengebühr auch heuer eine Reduktion vorge­nommen haben. Gestern hat ja auch der Vorstand der ACG die Zielsetzung angekün­digt, im Jahr 2014 bei den Gebühren Reduktionen vorzunehmen.

Die Luftfahrtgesellschaft in ganz Europa steht vor ganz großen Herausforderungen. Alle kennen die Diskussion um die AUA, um die Frage, ob das Unternehmen die finan­zielle Basis hat, auch in Zukunft bestehen zu können. Ich glaube, dass wir, soweit es im Bereich des BMVIT liegt, sehr viel dazu beitragen, in diesen schwierigen Zeiten die Luftfahrt zu stärken, und vor allem auch dazu, den Hub Wien als zentrales Drehkreuz anzusehen, mit allen ökologischen Anreizen.

Natürlich wird Mobilität in Zukunft bedeuten, dass man unterschiedliche Verkehrsmittel benützt, am besten immer das umweltfreundlichste. Und da würde ich mir seitens der Grünen schon eines wünschen: Wenn wir davon reden, dass es um umweltfreundliche Verkehrsträger geht, wo wir möglicherweise dann – zumindest so im Bereich von bis zu 500, 600 Kilometer –mit der Eisenbahn natürlich eine Konkurrenz zur Luftfahrt dar­stellen, vermisse ich ein bisschen das Engagement der Grünen, für die größte Elektro­flotte des Landes, nämlich für die Eisenbahn, einzutreten.

In Zukunft werden immer mehr Leute, wenn sie mit dem Fahrrad Wege zurücklegen können, das auch tun. Immer mehr Menschen fahren auch mit den öffentlichen Ver­kehrsmitteln, es fahren so viele Menschen mit der Bahn wie noch nie in der Zweiten Republik. (Bundesrat Schreuder: ... wäre super!) Wir fahren auch so viele Kilometer mit der Bahn wie noch niemals zuvor in der Zweiten Republik.

Das ist gut so, denn wir wollen Mobilität nicht einschränken, wir wollen sie umwelt­freundlich gestalten, und dazu lade ich Sie als Verbündete ein. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 68

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.14.556. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seeschiffahrtsgesetz und das Bundesgesetz zur Erfüllung des Inter­nationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommens von 1969 geändert werden (1730 d.B. und 1746 d.B. sowie 8719/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. Bitte um den Bericht.

 


12.15.19

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Der Bericht des Aus­schusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalra­tes vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seeschiffahrtsgesetz und das Bundesgesetz zur Erfüllung des Internationalen Schiffsvermessungs-Überein­kommens von 1969 geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Boden. – Bitte.

 


12.16.12

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Seeschiffahrtsgesetz bringt in seiner Novelle zwei wesentliche neue Punkte, nämlich die Neuregelung der Führerscheine für Segel- und Motorboote auf dem Meer und den formellen Rückzug Österreichs aus der kommerziellen Schifffahrt.

Bisher war es so, dass der Österreichische Segel-Verband und der österreichische Motorboot-Sportverband ein Monopol auf diese Führerscheinprüfungen hatten. Daher ist der VfGH zur Erkenntnis gekommen, dass dies den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Der VfGH hat daher den Antrag gestellt, prüfen zu lassen, ob nicht auch andere, gleich qualifizierte Organisationen diese staatliche Anerkennung erhalten könnten.

Neu ist jetzt Folgendes: Grundsätzlich verbleibt das Prüfungswesen im privaten Be­reich, aber auch andere Organisationen können diese Anerkennung beim BMVIT be­antragen. Die Anerkennung einer Organisation durch das BMVIT erfolgt auf der Basis bestimmter Qualitätskriterien. Diese sind im § 15 des Seeschiffahrtsgesetzes geregelt.

Vorgeschrieben ist natürlich auch eine Mindestanforderung betreffend die Qualifikation der Prüferinnen und Prüfer. Diese wird durch eine Verordnung geregelt. Die Prüfungs­ordnung muss vom BMVIT genehmigt werden. Dem BMVIT muss auch die Liste der Prüfer bekanntgegeben und diese muss im Internet veröffentlicht werden.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 69

Da sich schon beim Führerschein für Pkw immer wieder bewährt hat, dass alle ver­pflichtend einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren müssen, so ist das jetzt auch im Führer­scheingesetz für Segel- und Motorboote vorgesehen und verpflichtend vorgeschrieben.

Betreffend den zweiten Punkt, geschätzte Damen und Herren, ist es so, dass im ver­gangenen Jahr keine kommerzielle Schifffahrt mehr unter österreichischer Flagge statt­gefunden hat. Daher wird sich Österreich aus der kommerziellen Schifffahrt zurück­ziehen, da die Anforderungen der Europäischen Kommission immer größer werden (Bundesrat Kneifel: Hochseeschifffahrt!), betreffend die Hochseeschifffahrt immer grö­ßer werden und aus österreichischer Sicht keine Hochseeschifffahrt mehr beansprucht wird.

Wir werden dieser Novelle gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.19


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Steinkogler. – Bitte.

 


12.19.30

Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Seit 1918 hat Österreich leider Gottes keinen Zugang zum Meer mehr, aber trotzdem, so glaube ich, können wir uns in Österreich glücklich schätzen: Wir haben eine große Zahl von Seen: vom Bodensee bis zum Neusiedler See. Ich selbst komme aus der Traunsee-Region, der Traunsee ist der tiefste See Österreichs mit Trinkwasserqualität.

Meine Damen und Herren, es wurde schon gesagt, dass die vorliegende Gesetzesno­velle zwei Dinge beinhaltet, zum einen, dass sich Österreich von der uneingeschränk­ten Hochseeschifffahrt verabschiedet und somit aus Kostengründen die Vorhaltung der Infrastruktur, der Verwaltung einschränkt beziehungsweise ganz aufgibt. Das ist richtig und wichtig. Zum Zweiten wird eine verfassungskonforme Regelung für die Befähi­gungsnachweise für Jachtsport auf See geschaffen. Also früher hatten der Segelver­band und der Motorbootsportverband die alleinigen Rechte, das Monopol für die Prü­fungen. Das ist jetzt abgeschafft. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir damit eines der letzten Monopole in Österreich abschaffen.

Deshalb können wir dieser Gesetzesvorlage mit gutem Wissen und Gewissen zustim­men. (Beifall bei der ÖVP.)

12.21


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pirolt. – Bitte.

 


12.21.25

Bundesrat Franz Pirolt (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Tag oder mit diesem Beschluss wird sich Österreich aus der Hochseeschifffahrt verabschieden. Damit bleibt eigentlich nur mehr ein Blick auf die Geschichte, die ja durchaus auch Großes vorzuweisen hat: Erstens war die österreichische Kriegsmarine bis 1918 die sechstgrößte der Welt. Auch was Entdeckungen und Seereisen anbelangt, ist sehr viel geleistet worden.

Aber ich möchte vielleicht auf etwas anderes zu sprechen kommen. Man sollte des Öf­teren Gesetze, die nicht mehr so gebraucht werden, betrachten. Da wäre ein Betäti­gungsfeld durchaus auch für den Bundesrat gegeben, dass man die österreichischen Gesetzesbücher genauer durchforstet, die Dinge herausnimmt, die nicht mehr benötigt werden, und letzten Endes diese gesetzlichen Karteileichen einfach beseitigt.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 70

In diesem Sinne werden wir zustimmen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

12.22


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


12.22.36

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Debatte wieder auf die ös­terreichische Ebene zurückführen. Von der Hochseeschifffahrt haben wir uns ja schon offiziell mit dieser Gesetzesinitiative verabschiedet. Umso bedeutender ist aber die Bin­nenschifffahrt für unser Land, vor allem auch für den Wirtschaftsstandort.

Wenn es um Schiene, Straße, Schifffahrt, Luftfahrt geht, dann spielt das immer auch eine große Rolle für den Wirtschaftsstandort Österreich allgemein und für alle Bundes­länder, miteingeschlossen natürlich die industrieintensiven Bundesländer.

Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Damit bin ich bei der Donau-Wasser­straße, die in den letzten Wochen gerade von ungarischer Seite eine starke Einschrän­kung erfahren hat. Am 27. April hat die ungarische Verkehrsbehörde völlig überra­schend bekanntgegeben, dass die Donauschifffahrt auf ungarischem Staatsgebiet we­sentlich eingeschränkt wird, dass nämlich Schifffahrtsverbände nicht mehr mit sechs Bargen, sondern nur mehr mit vier oder noch weniger fahren dürfen und dass selbst bei ausreichender Wasserführung Beschränkungen für den Tiefgang der beladenen Schiffe vorgeschrieben werden. Das bedeutet, dass die Preise für die umweltfreundli­che Wasserstraße für die Verlader und für die Betriebe und damit für das Funktionieren der Wirtschaft wesentlich erhöht werden.

Ich möchte das am Beispiel der Voest verdeutlichen. Die Voest ist der größte Verlader in der Schifffahrt in Österreich. Mehr als 3 Millionen Tonnen Erz werden aus dem Schwarzmeerraum jährlich nach Linz transportiert. Mir sagte der Generaldirektor der Voest Alpine, dass er ohne die Binnenschifffahrt und die günstige Möglichkeit, dort Erz und Rohstoffe für diesen größten Betrieb in Österreich zu bekommen, nicht mehr wett­bewerbsfähig ist. Man kann sagen, das soll dann mit der Bahn erledigt werden, aber die Bahn hat nicht die entsprechenden Kapazitäten. Das ist das Dilemma.

Daher können wir diese Erhöhung der Schifffahrtstarife von 30 bis 50 Prozent Mehr­kosten, die sich dadurch ergeben, gar nicht umlegen. Das geht gar nicht! Auf die Pro­dukte kann man das gar nicht umlegen. Das ist also eine wichtige Standortfrage.

Meines Wissens, Frau Bundesministerin, sind Sie bereits durch den Sprecher der Sparte Verkehr, Herrn Mag. Klacska, und auch den Sprecher der ProDanube Austria, Herrn Mag. Christian Steindl, darüber informiert.

Ich bitte Sie, in dieser Frage wirklich initiativ zu werden und diese Beschränkungen, die wesentlich sind für die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe, die sehr rohstoffintensiv sind, wieder rückgängig zu machen oder zumindest zu min­dern. – Ich danke Ihnen dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.26


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesminister Bures. – Bitte.

 


12.26.13

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Novelle zum Seeschiffahrtsge­setz regeln wir nicht nur den formellen Rückzug aus der kommerziellen Hochsee­schifffahrt, sondern es kommt auch zu einer Neuregelung der Führerscheinprüfungen


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 71

für den Betrieb von Segel- und Motorbooten auf dem Meer, aber nicht auf den vielen schönen österreichischen Seen mit Trinkwasserqualität.

Nur eine kleine wichtige Ergänzung meinerseits, weil in der Diskussion gesagt wurde, es fahre damit auf den Meeren kein Schiff mehr unter österreichischer Flagge. Das gilt nur für die Hochseeschifffahrt. Die Zigtausenden Österreicherinnen und Österreicher, die an der Adria kleine Segelboote oder Motorboote haben, können weiterhin mit Stolz eine rot-weiß-rote Beflaggung auf ihren Booten führen. Es war mir wichtig, das zu sa­gen, weil ich weiß, dass dieses Thema für viele Menschen Bedeutung hat, und ich se­he das genauso.

Aber ein Punkt, der mich jetzt auch zu meinem Redebeitrag veranlasst hat, ist die Rolle der Donauschifffahrt. Herr Bundesrat Kneifel, ich teile Ihre Auffassung, dass, wenn es um umweltfreundliche Verkehrsträger geht, der Schifffahrt auch eine sehr große Be­deutung zukommt, weil es natürlich auch Waren gibt, die wasseraffin sind und es nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch vom Gewicht her Sinn macht, für den Transport dieser Waren die Wasserstraßen zu nützen.

Das ist auch ein Grund dafür, warum wir uns in Österreich sehr lange bemüht und da­rum gerungen haben, ein flussbauliches Gesamtprojekt für die Donau zu entwickeln, damit wir diese Kapazitäten, die wir möglicherweise am Wasser brauchen könnten, auch halten können.

Was die Vorgangsweise der ungarischen Regierung betrifft, ist es so, dass diplomati­sche Bemühungen voll im Gange sind. Außerdem hat sich mittlerweile, weil das auch die Frage der EU-Rechtskonformität angeht, was die Beförderung und den freien Wa­ren- und Güterverkehr in Europa betrifft, auch bereits die Kommission eingeschaltet.

Ich hoffe, dass wir aufgrund dieser Gespräche wieder eine Änderung herbeiführen kön­nen. Wie gesagt, wir kennen dieses Problem und wir werden alles unternehmen, die Donau auch weiter als Transportweg nützen zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.28


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.29.207. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend Kooperationsabkom­men über Satellitennavigation zwischen der Europäischen Union und ihren Mi­tgliedstaaten und dem Königreich Norwegen (1636 d.B. und 1747 d.B. sowie 8720/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Bitte um den Bericht.

 


12.29.43

Berichterstatter Michael Lampel: Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend Kooperationsabkommen über Satellitennavigation zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten und dem Königreich Norwegen.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 72

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


12.30.43

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Bundesministerin! So kommen wir von den Flughäfen über die Seehäfen nun zum Weltraumhafen. Wie die Regie so spielt!

Normalerweise, kann man sagen, ist die Kenntnisnahme des Beitritts des Königreiches Norwegen zum europäischen Satellitennavigationssystem eine Selbstverständlichkeit und bedarf nicht vieler Worte, aber es bietet uns doch eine Möglichkeit, ein bisschen hinter die Kulissen von Galileo zu schauen.

Galileo, das wird einmal unsere europäische Satellitenflotte sein, die im Jahre 2020 aus 30 Satelliten bestehen wird, die sich in 23 000 km Höhe in drei Bahnen um die Erde bewegen. So war das Ganze einmal geplant, bis es im Jahre 2007 dann ein klei­nes Problem bei der privaten Finanzierung dieses Projekts gab und die EU eingestie­gen ist. Heute ist es ein gemeinsames Projekt: das wichtigste Projekt der EU mit der ESA, der Europäischen Weltraumbehörde, und es dient vor allem den TEN-Verkehrs­projekten.

Wenn man hinter die Kulissen schaut, dann sieht man natürlich, dass mit harten Ban­dagen gefochten wird, denn dieses System bedeutet die Unabhängigkeit Europas vom GPS-System der Amerikaner. Das heißt, es wird hinter den Kulissen ein heftiger Fight geführt, da natürlich dieses Galileo-System auch eine militärische Komponente hat. So kann Galileo durch die Entschließung des Europäischen Parlaments auch für Aufgaben der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik verwendet werden. Und das nehmen die USA zum Anlass, ganz scharf zu schießen.

Aber es gibt ja noch andere Player. Es gibt drei große Player im Weltraum. China und Russland gehören dazu. China fightet hier ebenfalls mit der EU, da die Frequenzen, die Galileo benützen wird und zeitweise schon benützt, auf völligem Kollisionskurs mit den benützten chinesischen Frequenzen sind. Irgendwann wird das Ganze wahr­scheinlich vor Gericht landen und die Internationale Fernmeldeunion wird mit einge­schaltet werden. Wie der Kleinkrieg so ausschaut, wurden schon bei den ersten zwei Satelliten chinesische Komponenten hinausgeworfen. – Das ist ungefähr so wie das Verhältnis Europas zu den amerikanischen Ratingagenturen.

Etwas Interessantes noch: Das hat Europa und Russland zusammengebracht, denn die Trägerrakete ist die russische Sojus-Rakete. Für die russischen Sojus-Raketen wurde im europäischen Weltraumhafen Kourou extra eine Abschussrampe gebaut, weil es wesentlich billiger ist, die europäischen Satelliten mit Sojus-Raketen ins All zu brin­gen als mit den europäischen Ariane-Raketen.

Trotzdem gab es eine Kostenexplosion von 3 auf 5,3 Milliarden €. Die EU sagt, diese Differenz holen wir aus dem EU-Agrarbudget. Das heißt, wir kürzen das EU-Agrarbud­get, um da hineinzufinanzieren. Weitere 7 Milliarden € werden dafür notwendig sein. Das war bis 2011 gerechnet. Die Kosten werden sicher höher werden.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 73

Ich sage das deswegen, weil es – Kollege Perhab lacht – gestern im EU-Ausschuss einfach wehgetan hat. Kollege Perhab, Sie haben gesagt, die Freiheiten des freien Wa­renverkehrs sind höher zu bewerten als das Grundrecht auf Streik. Ich würde mir wün­schen, dass die EU auch so schnell Geld findet, wenn es darum geht, für 5,5 Millionen arbeitslose Jugendliche Programme durchzuführen. Ich will das nicht gegeneinander ausspielen, aber da würde ich mir ein ähnlich engagiertes Vorgehen wünschen.

Galileo wird einen wirtschaftlichen Vorteil für die Europäer bringen. Die Schweizer ha­ben gleich mit den ersten beiden Satelliten ihre Atomuhr, die in drei Millionen Jahren nur eine Sekunde Abweichung haben wird, ins All gebracht. Jetzt ist es ein Bremer Un­ternehmen. Das ist alles interessant.

Da mich gerade Kollege Schreuder angeschaut hat: Es ist natürlich auch interessant, dass Galileo ein Open Service, sozusagen einen freien, kostenlosen Dienst, hat – ich finde das ganz wichtig – neben dem Commercial Service und dem Safety-of-Life. Die­ser Dienst ist für sicherheitskritische Fragen zuständig.

Insgesamt tut es Europa gut, gegenüber den drei großen Playern, USA, China und Russland, hier eine selbstständige, unabhängige, autonome Position zu beziehen und zu erkennen, dass GPS nicht das einzige System in der Welt ist. Vielfalt tut gut. Des­halb ist es nur erfreulich, wenn Norwegen jetzt Mitglied wird und ein bisschen finanziell dazu beiträgt.

Deshalb werden wir dem Abkommen auch sehr gerne zustimmen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

12.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wenger. – Bitte.

 


12.36.54

Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Mein Vorredner hat einen Blick hinter die Kulissen dieser Welt geworfen. Nachdem das so ausführlich erläutert worden ist, möchte ich diesen Blick hinter die Kulissen nur mehr ergänzen.

Es ist unbestritten, dass das System Galileo, das im Aufbau übrigens ähnlich dem amerikanischen System ist, ursprünglich eben nur für zivile Zwecke konzipiert wurde. Es unterliegt nach wie vor nicht – im Gegensatz zu den russischen und amerikani­schen Systemen – einer nationalen militärischen Kontrolle.

Ein wesentlicher Beschluss für dieses System durch die EU erfolgte sicher im Jahr 2008, auch diese Resolution, die eben sagt: Bedeutung des Weltraums für die Si­cherheit Europas – daher jetzt auch der Bezug zur europäischen Nutzung.

Grundsätzlich basiert Galileo auf 30 Satelliten, die in zirka 23, 24 km Höhe die Erde umkreisen, und einem Netz von Bodenstationen. Ein wesentlicher Punkt ist, dass Ga­lileo im Endausbau nicht nur mit dem Satellitenmodell GPS III, sondern auch mit den anderen Modellen und Systemen kompatibel sein wird und letztendlich zirka 60 Navi­gationssatelliten zur Verfügung stehen werden – kombiniert, um entsprechende Daten zu erhalten.

Galileo kann sicherlich als ein Schlüsselprojekt der Europäischen Union bezeichnet werden. Und wenn es Europa nicht schafft, die notwendigen Entscheidungen über ein europäisches GNSS-Programm zu treffen, bedeutet dies eine entsprechende Abhän­gigkeit von anderen Anbietern. Ich glaube, Europa kann es sich ganz einfach nicht leis­ten, kein eigenes System zu betreiben. Ein weiteres Problem wäre sicherlich auch die mangelnde Kontrolle hinsichtlich der Qualität und der Verfügbarkeit der Daten oder auch der Kosten.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 74

In den letzten Jahren hat der weltweite Markt für Satellitennavigation enorme Zuwachs­raten verzeichnet. Er zählt zu den am schnellsten wachsenden High-Tech-Märkten. In vielen Bereichen sind wir ja im täglichen Leben bereits Nutznießer und Anwender der­artiger Systeme. Die Umsetzung von Galileo ist also sicherlich eine unverzichtbare In­frastrukturinvestition für die EU. Mit dem vorliegenden Abkommen wird die Teilnahme Norwegens geregelt. Norwegen ist von allem Anfang an dabei, kooperiert bereits sehr stark in diesem System. Auf norwegischem Boden stehen bereits zwei wichtige Boden­stationen, die einen wesentlichen Teil dazu beitragen, dass das System funktioniert.

Im Gesamten gesehen ist dieses Abkommen sicherlich ein weiterer Schritt einer posi­tiven Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union. Wir werden diesem Abkom­men daher natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.40


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.40.568. Punkt

Jahresvorschau des BMVIT 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-453-BR/2012 d.B. sowie 8721/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Bitte um den Bericht.

 


12.41.11

Berichterstatter Michael Lampel: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über die Jah­resvorschau des BMVIT 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie hat den gegenständlichen Be­richt in seiner Sitzung am 2. Mai 2012 in Verhandlung genommen und stellt nach Be­ratung der Vorlage den Antrag, die Jahresvorschau des BMVIT 2012 auf der Grundla­ge des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jah­resprogramms des Rates (III-453-BR/2012 d.B.) zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


12.42.12

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können diesen Bericht leider nicht zur Kenntnis nehmen – deshalb bin auch ich die Erst­rednerin und nicht Herr Kollege Boden –, und zwar ganz einfach deshalb, weil mir


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 75

in dieser Jahresvorschau des BMVIT sehr oft die Sichtweise des BMVIT fehlt. Der Be­richt bietet einen Überblick über die Vorhaben der Kommission und des Rates, aber ganz, ganz selten findet man darin wirklich ausführliche Erläuterungen der österreichi­schen Position, und das wäre eigentlich das, was wir hier diskutieren sollten. (Bun­desrat Mayer: Unter jedem Punkt steht eine Argumentation!) – Nein, nicht unter jedem Punkt.

Ich kann auch gleich einmal einen nennen, wozu es keine gibt. Beispiel: Thema Luft­verkehr; auf Seite 20 abgebildet, Kollege Mayer, wenn du nachkontrollieren willst. Das Thema Luftverkehr ist ein Absatz von insgesamt in etwa zehn Zeilen, behandelt wer­den die Themen Flughafenpaket, Flughafenkapazitäten und ein Vorschlag bezüglich der Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, wobei dieser nur mehr als Schlagwort drinsteht, ohne Erklärung, was das sein soll, was das werden soll. Dazu gibt es überhaupt keine österreichische Position.

Gerade im Hinblick darauf, dass wir erst vor Kurzem eine Stellungnahme des EU-Aus­schusses eben bezüglich Fluglärm, bezüglich Einschränkungen, Flugbeschränkungen aufgrund von Fluglärm abgegeben haben: Warum gibt es dazu keine österreichische Position? Das Thema Fluglärm ist gerade in Wien und Niederösterreich ein Dauerthe­ma. Ich denke, dazu sollte es auch eine österreichische Meinung geben, egal, wie die Vorlage jetzt konkret ausschaut. Ich denke, die Position hat man ja, noch bevor eine Vorlage vorhanden ist. (Bundesrat Schennach: Da gibt es vom EU-Ausschuss eine Mitteilung!) – Ja, aber nicht vom Ministerium. In der Jahresvorschau des BMVIT steht leider nichts von einer österreichischen Position.

Thema Gigaliner – auch kein Thema, das in Österreich unumstritten ist. Dazu findet sich überhaupt kein einziges Wort in diesem Bericht.

Das hat jetzt zwar nicht unbedingt etwas mit dem vorliegenden EU-Bericht zu tun, aber ich möchte sagen, das Thema Gigaliner und das Thema Ausbau der Wasserstraße Donau haben schon eine gewisse Ähnlichkeit. So umweltfreundlich der Transport auf der Wasserstraße im Vergleich zum Lkw auch ist, es geht darum, dass auch auf der Wasserstraße so etwas wie Gigaliner nicht unbedingt von Vorteil sind, weshalb man auch die Donau nicht unbedingt flottmachen muss für möglichst große Schiffe. Das be­deutet auch Zerstörung von Natur, wenn man das macht.

Ich glaube, die große Herausforderung ist in dem Fall, eigentlich überhaupt beim Transport, darauf zu achten: Was ist notwendig? Muss man wirklich Erdäpfel von A nach B zum Waschen schicken, Shrimps oder Sonstiges? Das ist eine Herausforde­rung auch an die Wirtschaft, sich zu überlegen, wie man die Wirtschaft mehr regiona­lisieren kann, um den Verkehr insgesamt etwas hintanzuhalten. Auch mit dem Ausbau der Donau als Wasserstraße werden wir nicht alles umreißen. Ganz im Gegenteil! Ich sehe schon auch das Problem, dass die Donau durch einen zu starken Ausbau ge­fährdet wird. Sie ist ja eigentlich auch so etwas wie ein Naherholungsgebiet für viele. Wenn dann ununterbrochen die großen Dampfer vorbeifahren, dann ist das auch nicht mehr so lustig.

Ich glaube schon, dass wir im Verkehrsbereich nicht immer nur überlegen sollen, wie man noch mehr von A nach B bringen kann, sondern auch darüber reden sollen, wel­cher Verkehr und welcher Transport wirklich notwendig sind.

Ein Thema, das in diesem Bericht zwar angeschnitten ist, wozu aber der österreichi­sche Standpunkt auch sehr verhalten dargestellt ist, ist der Ausbau der TEN-Netze. Da gibt es – ich weiß gar nicht, ob als österreichische Stellungnahme angegeben – eine einzige Anmerkung: „Eine Ergänzung des Vorschlags zum Kernnetz um die Tauern- bzw. Pyhrnachse wird“ – für Österreich – „angestrebt.“


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 76

Wie gesagt, es ist gar nicht klar, ob das ein Standpunkt der Kommission ist oder ein Standpunkt der österreichischen Regierung. Mich würde nur interessieren, wie sich diese Bemühungen, diese zwei Strecken ins TEN-Netz zu bekommen, äußern. Es wä­re schön, Frau Ministerin, wenn Sie dazu vielleicht ein bisserl mehr von sich geben würden als die Feststellung, dass das derzeit in Diskussion ist.

Ein Punkt – ich möchte schließen mit etwas Positivem, denn ich will nicht immer nur die negativen Seiten hervorkehren –, der wirklich gut bearbeitet ist, ist der Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates für die Verordnung über Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union. Darüber wird ausführlich berichtet. Es gibt auch eine umfassende österreichische Position, die erklärt ist, die erläutert ist, über die man, wie ich denke, diskutieren kann. Diese Position ist meiner Meinung nach auch sinnvoll.

Ich würde mir wünschen, dass sich die Behandlung dieses Abschnitts künftig auch wirklich auf die Verkehrsthemen übertragen ließe. Dann könnten wir vielleicht dem nächsten Bericht des Bundesministeriums auch zustimmen. – Danke. (Beifall des Bun­desrates Schreuder.)

12.47


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nun gelangt Herr Bundesrat Boden zu Wort. – Bitte.

 


12.47.35

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch für mich sind zu wenig Vorschläge in die­sem Bericht enthalten, Vorschläge allerdings von der Europäischen Kommission, und das, glaube ich, macht es sehr schwierig, Frau Bundesministerin, obwohl man keine Vorschläge hat, doch Antworten zu geben auf das, was auf uns zukommen wird. – Danke noch einmal für den Bericht, es sind doch einige aufschlussreiche Dinge darin enthalten.

Stabilität und Verantwortung werden unter anderem angesprochen. – Ich glaube, ge­rade in der Europäischen Kommission ist es wichtig, danach zu trachten, dass alle Staaten stabil sind und ein Wirtschaftswachstum aufweisen können.

Der Bericht enthält Vorhaben, die für das Jahr 2012 anstehen. Wir haben einige dieser Vorhaben der Europäischen Kommission in Österreich in den vergangenen Jahren schon umgesetzt.

Beispiel: die Zulassung von Kraftfahrzeugen, die zuvor in anderen Mitgliedstaaten zu­gelassen wurden. Auch dafür gibt es noch keinen konkreten Vorschlag der Europäi­schen Kommission, aber Österreich – in manchen Dingen immer schon Vorreiter – hat diese Richtlinie bereits umgesetzt. In Österreich ist das kein Thema mehr.

Weiteres Beispiel: das Eisenbahnpaket. Es soll zu einer Liberalisierung im innerstaatli­chen Personenverkehr kommen. Wir erwarten Vorschläge von der Europäischen Kom­mission bis zum Jahresende. – Österreich hat seine Aufgabe bereits erfüllt. In Öster­reich gilt das Prinzip des freien Netzzuganges im Schienenverkehr schon seit einiger Zeit.

Im Weißbuch Verkehr wird immer wieder darauf hingewiesen, dass wir von Öl unab­hängig werden wollen, dass wir Alternativen suchen. Hiefür ist unter der dänischen Vorsitzführung ein sehr umfangreiches Programm gestartet worden, nämlich die Elek­trifizierung des Verkehrs auf der Straße. Man forciert die Forschung, damit in Zukunft Elektrofahrzeuge auch längere Strecken bewältigen können.

Sehr gefallen hat mir in Dänemark auch, dass sehr viele Radfahrer auf den Straßen unterwegs waren. Auch das wäre für Österreichs Zukunft sehr wichtig.


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Geschätzte Damen und Herren! Voraussetzung dafür, dass eine konsequente Lang­zeitstrategie im Hinblick auf ein umfassendes Ersetzen von Erdölprodukten im Ver­kehrssystem gefahren werden kann, sind natürlich alternative Brennstoffe wie Was­serstoff, Biokraftstoffe, Erdgas und synthetische Kraftstoffe. Auch in diesen Bereichen müssen wir in der Forschung voranschreiten.

Im Mittelpunkt der europäischen Verkehrspolitik stehen in den kommenden Jahren Themen wie Mobilität und Innovation, und vor allem ist die Nachhaltigkeit sehr wichtig für uns.

Ebenfalls ein Thema sind die Transeuropäischen Verkehrsnetze. Es soll durch die Er­gänzung um zwei weitere Achsen zu einem Gesamtnetz beziehungsweise zu einem hochrangigen Kernnetz kommen. Österreich ist dabei sehr gut bedacht, wir begrüßen diese Achsen. Es geht um die Donauachse, die Brennerachse und vor allem um die Südbahn, die Baltisch-Adriatische Achse. Auch diese sind für ein Kernnetz vorgese­hen.

Vielleicht ein paar Worte zu den Giga-Linern, die Kollegin Kerschbaum angesprochen hat. Der EU-Verkehrskommissar hat im Februar des heurigen Jahres den Vorstoß ge­wagt, Giga-Liner, die vielleicht nur minimale Überschreitungen ihrer Gesamtlänge oder ihrer Tonnagen aufweisen, auch grenzüberschreitend zuzulassen. Es gibt einige Stu­dien, die zeigen, dass diese Giga-Liner in Österreich nicht wirklich fahren könnten. Denken wir nur an unsere vielen Tunnels, die wir haben! Wir bräuchten längere Pan­nenbuchten, Fluchtwege, Rettungswege. Die notwendigen baulichen Veränderungen wären sehr umfangreich. Es wären zusätzliche, stärkere Leitschienen notwendig, und ich glaube, auch die vielen Kreisverkehre in Österreich würden große Probleme hervor­rufen, zumal schon heute viele Lkw-Fahrer Schwierigkeiten haben, diese ohne Beschä­digung zu durchfahren.

Zu den Giga-Linern brauchen wir keine weitere Stellungnahme abzugeben, wir kennen die österreichische Haltung. Wir sind gegen diese Giga-Liner! Das würde auch gegen unser Prinzip verstoßen. Wir wollen den Verkehr ja von der Straße auf die Schiene bringen, und mit diesen Giga-Linern würden wir genau das Gegenteil erreichen.

Ein weiterer Punkt, den Kollegin Kerschbaum angesprochen hat: Telekommunikation, Roaming-Systeme. – Auf dem Gebiet der Telekommunikation stellt man sich vor, bis zum Jahr 2020 einen europäischen Internetzugang mit 100 Megabits pro Sekunde zu haben; derzeit stehen uns 30 Megabits zur Verfügung. Also auch in diesem Bereich müssen wir konkrete Maßnahmen setzen.

Frau Bundesminister! Dieser Bericht ist natürlich sehr schwierig zu gestalten, wenn man keine konkreten Vorschläge hat. Wir nehmen ihn aber trotzdem sehr gerne zur Kenntnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.54


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


12.55.00

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu der Jahresvorschau des BMVIT sei einleitend gesagt, dass die EU-Kommission eigentlich vier Strategien entwickelt und bekannt gegeben hat, um aus der gegenwärtigen Krise zu kommen.

Eine wichtige davon ist das nachhaltige Wachstum im Binnenmarkt. Wir können uns über 20 Jahre Binnenmarkt in der Europäischen Union freuen. Das war auch einer der Themenschwerpunkte bei der COSAC-Tagung – bei der Kollege Schennach und ich den Bundesrat vertreten durften –, der auch wirklich sehr gut herausgearbeitet worden


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ist. Das ist schon ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategien. Österreich ist ein sehr wichtiger und hochgeschätzter Teil dieses Binnenmarktes und hat insgesamt natürlich auch entsprechende Erfolge vorzuweisen. Das alles hat sich auch in diesem Bericht niedergeschlagen.

Was den Verkehr anlangt, auch den Straßenverkehr, ist zu sagen, es gibt Verwaltungs­vereinfachungen bei der Zulassung von Kraftfahrzeugen. Das haben wir auch in der letzten Sitzung des EU-Ausschusses diskutiert, und ich denke, es kommt dabei auch darauf an, dass die Qualität dieser Zulassungsdaten nach dem österreichischen Stand­punkt beziehungsweise nach der österreichischen Auffassung auch entsprechend gesi­chert ist.

Ein wesentlicher Teil dieses Paketes ist auch das Eisenbahnpaket, das unser „Chef-Ei­senbahner“ des Bundesrates, Karl Boden, schon entsprechend ausgeführt hat. Das brauche ich jetzt nicht zu wiederholen.

Weiters geht es auch darum, saubere Energie im Verkehr zu fördern. Frau Kollegin Kerschbaum! Es ist nicht nur ein einzelner Teil herauszunehmen, zu dem jetzt keine bewusste Stellungnahme des Bundesrates angebracht ist. Es geht auch um alternative Kraftstoffstrategien im öffentlichen Sektor, darum, klare und schlüssige Visionen in der Marktentwicklung für Verkehrssysteme mit alternativen Kraftstoffen zu bieten.

Jetzt zum Flugverkehr – auch schon von dir angesprochen, Kollegin Kerschbaum. Na­türlich gibt es auch in diesem Bericht ganz klare Stellungnahmen, österreichische Posi­tionen, wenn auch nicht explizit, was den Fluglärm anlangt, aber da ist ja der EU-Aus­schuss des Bundesrates in die Bresche gesprungen. Wir haben eine Mitteilung nach Brüssel geschickt, natürlich auch mit deinem Kommentar versehen. Also ich denke schon, dass Österreich, das Parlament und die Regierung, sich entsprechend in Brüs­sel äußert. An dieser Stelle wären vielleicht ein kleiner Applaus und ein Danke an den EU-Ausschuss angebracht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Kersch­baum.) – Hervorragend! Mich freut natürlich auch die Spontaneität.

Es geht beim Ausbau der Fluggastrechte um jene bei Nicht-Beförderungen, großen Verspätungen, Annullierung von Flügen. Die Überarbeitung der Verordnung, die Rech­te von Fluggästen zu schützen, ist ein wesentlicher Bestandteil davon. Dabei soll es auch um entsprechende Rechtssicherheit gehen, um angemessene wirtschaftliche Be­lastungen in bestimmten Situationen für die Luftfahrtunternehmen, wenn sie keine Ver­antwortung tragen, also im Sinne von höherer Gewalt. Das soll dann auch in dieser Richtlinie beziehungsweise Verordnung vermerkt werden.

Österreich begrüßt ausdrücklich die Überarbeitung dieser Verordnung. Es gibt eine konkrete Äußerung des Ministeriums in Richtung einer klaren, eindeutigeren Sprache, die eine Vollziehung der Regelung erleichtern könnte.

Andererseits haben wir aber auch erleben müssen durch diesen Vulkanausbruch in Is­land – Eyjafjallajökull oder so ähnlich ausgesprochen – und die dadurch entstandenen Luftraumsperren, dass die Verordnung zielgerichteter zu fassen wäre, dass sich die Position der Passagiere nicht verschlechtert und deren Rechte auch auf hohem Niveau gehalten werden.

Zur Donaudampfschifffahrt sei einfach ein Satz angefügt: Es ist das eine der umwelt­freundlichsten Transportmöglichkeiten, Frau Kollegin Kerschbaum! Und wie wir heute schon vom Kollegen Kneifel gehört haben: Das überhaupt in Frage zu stellen bezie­hungsweise jetzt auch einzuschränken – die Frau Ministerin hat auch darauf Bezug ge­nommen –, das wäre, denke ich, der falsche Weg. Wenn wir schon eine derartige Transportstraße und Transportmöglichkeit haben, dann sollten wir sie fördern und nicht einschränken. Derart skurrile Aussagen, dass durch die vermehrte Nutzung der Donau-


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wasserstraße wahrscheinlich die Fische beim Brüten gestört werden, sind doch wirklich eher zu hinterfragen. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Offensichtlich gibt es das.

Abschließend zur Initiative den öffentlichen Verkehr betreffend. – Hier gibt es neue Ent­wicklungen im Rahmen der intelligenten Ticketausstellung, also multimodale Fahrplä­ne, Auskunft und Online-Buchung. Das wird von uns und auch vom Ministerium aus­drücklich begrüßt.

Nun doch noch kurz auch zur Telekommunikation, die hier angesprochen worden ist. Österreich hat sich sehr stark eingebracht im Bereich der Roaming-Gebühren. Die der­zeitige Roaming-Verordnung läuft ja zum 30. Juni 2012 aus – die dänische Präsident­schaft möchte das also relativ rasch umsetzen –, und ab 2014 soll es auch einen ein­heitlichen Roaming-Markt geben, wo man sich den Roaming-Anbieter auch entspre­chend aussuchen kann. Das würde sicher auch sehr zum Wettbewerb beitragen.

Österreich hat sich sehr umfassend eingebracht im Bereich auch des Europäischen Parlaments, was Telekommunikation, was Roaming anbelangt. Kollege Paul Rübig ist diesbezüglich Berichterstatter, und man kann es wirklich als sehr vorbildlich bezeich­nen, dass er durch seine Initiativen den europäischen Kunden, den europäischen Ver­brauchern insgesamt Hunderte Millionen Euro – wenn man es auf Jahre hinaus rech­net – erspart, indem dieser grenzüberschreitenden Abzocke ein Riegel vorgeschoben wird.

Österreich unterstützt auch die geplante Änderung der Verordnung über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen, sieht aber auch noch in einigen Punkten Diskussions­bedarf.

Soweit einige wenige wichtige Punkte aus diesem Bericht.

Ich bedanke mich bei Frau Ministerin Bures und den Beamtinnen und Beamten des Mi­nisteriums. Wir werden sehr, sehr gerne zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.01


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


13.02.07

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Frau Kollegin Fekter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eingangs ist es mir wichtig, zu erläutern, worüber wir hier konkret diskutieren, weil das vielleicht ei­ne Antwort darauf ist, dass der eine oder der andere zu manchen Themen noch gerne eine Stellungnahme hätte.

Es handelt sich um die Jahresvorschau des BMVIT – aber jetzt kommt es: auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operati­ven Jahresprogramms des Rates. Das heißt ganz konkret: Wenn ein Themenbereich seitens der Kommission oder des Rates im Jahresbericht nicht angesprochen wurde, dann gibt es keine Stellungnahme seitens des BMVIT dazu – was nicht bedeutet, dass wir dazu keine Haltung haben oder es dazu keine klaren verkehrspolitischen Positio­nen gibt.

Ein gutes Beispiel wurde schon angesprochen, nämlich die Frage der Giga-Liner. Das sind diese Monster-Lkw, die in Europa auf den Straßen geführt werden sollen. Wir wa­ren eines der ersten Länder, die nicht nur klar gesagt haben, dass wir nicht wollen, dass Monster-Lkw auf unseren – also Österreichs – Straßen fahren, sondern wir haben bereits im Jahr 2008 drei Studien dazu in Auftrag gegeben.


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Die erste Studie betrifft die Frage, welche verkehrspolitischen Auswirkungen es hat, wenn 60 Tonnen schwere Lkw auf unseren Straßen unterwegs sind, im Bereich der Verkehrssicherheit, was Überholwege betrifft, was Staugefahren betrifft.

Die zweite Studie hat sich damit befasst, was Giga-Liner für die Straßeninfrastruktur bedeuten würden. Da müssten wir, Frau Finanzministerin, viele Milliarden in die Hand nehmen! (Bundesministerin Dr. Fekter nickt zustimmend.) Wir müssten die Tunnel ver­größern, wir müssten die Leitschienen verstärken, wir müssten Kurvenradien verän­dern – da müsste also ungeheuer viel investiert werden.

Und der dritte ganz wesentliche Punkt ist: Welche Auswirkungen haben Giga-Liner auf unsere Umwelt? – Und auch diese Studie zeigt eindeutig, dass es unsere Verkehrs­politik, die wir in Österreich seit vielen Jahren verfolgen – nämlich mit dem Schwer­punkt auf der Schiene, Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene –, konterkarieren würde.

Das heißt, bereits im Jahr 2008 hat Österreich und habe ich als zuständige Ministerin nicht nur diese drei Studien in Auftrag gegeben, sondern auch die Diskussion in Eu­ropa über dieses Thema geführt, weil es einzelne EU-Staaten gibt, die diese Giga-Liner bereits haben. Ich kann mich auch an die Diskussion damals erinnern, als ich da­vor gewarnt und gesagt habe, es gibt Entwicklungen in Europa in Richtung Monster-Lkw. Damals habe ich auch ein bisschen herausgehört: Das ist Angstmache, das ist ein Thema, bei dem man sich damit schmücken möchte, dass man gegen Monster-Lkw ist. Heute sehen das zum Glück alle anders, weil Giga-Liner in einigen europäi­schen Ländern bereits möglich sind, weil wir Pilotprojekte mit der Einführung auch bei unseren Nachbarn in Deutschland haben, und weil wir nicht wollen – aus all diesen Gründen, die ich genannt habe –, dass diese Monster-Lkw über unsere Grenzen kom­men.

Was die österreichische Haltung betrifft, haben wir auch einen einstimmigen Entschlie­ßungsantrag des österreichischen Parlaments. Das heißt, alle haben, über alle Partei­grenzen hinweg, klar gesagt: Wir wollen Giga-Liner in Österreich nicht auf den Stra­ßen! Deshalb kann ich nicht ganz verstehen, dass man eine österreichische Haltung vermisst, weil gerade an diesem Beispiel deutlich wird, dass das eine klare, engagierte, umweltpolitisch, verkehrspolitisch und, auch was die finanziellen Auswirkungen betrifft, richtige Haltung ist.

Die Stellungnahmen seitens des BMVIT beziehen sich, wie gesagt, auf das Arbeits­programm, das die Kommission auch vorgelegt hat, wo immer klar definiert ist, was die Ziele der Kommission beziehungsweise des Rates sind, wie der Stand der Dinge ist und wie unsere österreichische Haltung dazu ist. Und ich glaube auch, dass Öster­reich, wenn es eine TEN-Revision gibt, also wenn Europa sagt, wir setzen auf den Ausbau der umweltfreundlichen Schiene in ganz Europa, und zehn Korridore durch Europa definiert, wovon allein drei durch Österreich gehen, was die Schienennetze in ganz Europa angeht, natürlich eine zentrale Rolle zukommt.

Die österreichische Haltung diskutieren wir sehr lange, und wir werden sie wahrschein­lich beim nächsten Tagesordnungspunkt auch noch im Zusammenhang mit der Frage der Finanzierung diskutieren. Unsere Haltung ist klar: Österreich setzt auf den Ausbau der Schiene. Österreich setzt darauf, dass wir auf der Westbahn Ende des Jahres den Wienerwaldtunnel und den Lainzer Tunnel eröffnen und von Wien-Zentrum in St. Pöl­ten-Zentrum in 25 Minuten sein werden, wo wir auch Güter, mit Güterverkehrsumfah­rungen von St. Pölten, die wir im Rahmen des Konjunkturpakets gebaut haben, in or­dentlicher Kapazität und Geschwindigkeit transportieren können.

Wir setzen auf den Brennerbasistunnel in einer sehr sensiblen Region, nämlich den Alpen. Ich komme im Übrigen heute gerade aus Leipzig, wo wir eine Alpenministerkon-


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ferenz mit sieben Staaten abgehalten haben, die an den Alpen liegen, wo wir genau diese Frage der Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene auch unter diesen sieben Staaten, die nicht nur EU-Mitgliedstaaten sind, erläutert haben. Das Fürstentum Liech­tenstein haben wir aufgenommen, es ist die Schweiz dabei – sozusagen wirklich alle Alpenländer, die sich mit der Frage befassen: Wie können wir Mobilität umweltfreund­licher organisieren?

Die österreichische Haltung ist auch eine klare, was die baltisch-adriatische Achse, al­so unsere Südbahn betrifft, weil es gelingt, einen noch bis vor Kurzem möglichen Fla­schenhals beim Semmering zu beseitigen und wirklich diesen Korridor zu bauen. Auch bei diesem Thema, meine ich – und das wird nicht nur aus dem Bericht deutlich –, ist die österreichische Haltung eine ganz klare.

Ich bedanke mich auch bei jenen, die den Bereich der Roaming-Gebühren angespro­chen haben, der auch deutlich macht, in welcher Breite und mit welcher Aufgabenstel­lung das BMVIT da betraut ist.

Ich glaube, dass die Stellungnahmen zum Arbeitsprogramm meines Hauses sehr aus­führlich dargelegt wurden. Und was die Frage angeht, was mein Arbeitsprogramm ist: Erstens ist es natürlich im Regierungsübereinkommen relativ deutlich formuliert, aber wie Sie wissen, stehe ich fast Tag und Nacht für Diskussionen zur Verfügung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.08


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.09.109. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird (1729 d.B. und 1755 d.B. sowie 8724/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Zusätzlich zur Frau Verkehrsministerin darf ich sehr herzlich die Frau Bundesministerin für Finanzen Dr. Fekter hier im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatter zu Tagesordnungspunkt 9 ist Herr Bundesrat Zehentner. Bitte um den Bericht.

 


13.09.39

Berichterstatter Robert Zehentner: Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frauen Bundesministerinnen! Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begrün­dung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Tech­nologie genehmigt wird, liegt allen Bundesrätinnen und Bundesräten vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stimmen­mehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 82

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pirolt. – Bitte.

 


13.10.34

Bundesrat Franz Pirolt (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Eines vorweg: Ich und, so glaube ich, viele Menschen in der Bevölkerung glauben an die Österrei­chischen Bundesbahnen, sie glauben daran, dass die Bahn durchaus Zukunft hat, und wenn sie keine Zukunft hätte: Wofür sollten wir denn dann investieren?

Die Firma Schenker hat übrigens heute in einer Zeitung geschrieben, dass die Bahn so gut ist, dass man nach Istanbul bereits schneller ist als mit dem Lkw. Das zeigt doch, dass es möglich ist, die Bahn fit für die Wirtschaft zu machen. Das ist zurzeit durchaus nicht in allen Bereichen so.

Dazu gehört natürlich auch viel Geld – 33 Millionen werden heute beschlossen werden, aber die freiheitliche Fraktion wird heute nicht dabei sein. (Bundesrat Mag. Klug: Mit denen könnte man nicht viel bauen!) – Herr Klug, bitte! Man wird ihn knebeln müssen, damit man da heraußen ruhig reden kann. (Heiterkeit.) Faktum ist, wir beschließen heute einen Blankoscheck, worauf keine Abläufe zu finden sind, wo die Reihenfolgen nicht stimmen und Ähnliches.

Ich gehe jetzt kurz auf die Südbahn ein. Ja, es ist notwendig, dass die Südbahn gebaut wird. Wenn man die Pontebbana anschaut: Diese ist, glaube ich, bereits um 2000 in Betrieb gegangen. Das heißt, bis zur österreichischen Staatsgrenze nach Süden haben wir dieses angesprochene Nadelöhr, und wir wissen heute noch nicht, wann dieses endlich geschlossen werden wird. Da reden wir noch nicht vom Semmering allein, wir reden nicht vom Koralmtunnel, wir reden von der ganzen Strecke entlang des Wör­thersees, die ebenfalls offen ist und wo man, wie ich glaube, zurzeit noch nicht einmal andenkt, Planungen in die Wege zu leiten. Da ist es durchaus angebracht, auch dage­genzuhalten.

Wir sind nicht gegen die Infrastrukturmaßnahmen an sich, aber es ist notwendig, dass man sich auch verlassen kann darauf, wo die Bauabschnitte in Zukunft sein werden. Wenn all das auf dem Tisch liegt, können auch wir zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.13


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Win­zig. – Bitte.

 


13.13.20

Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute ein Gesetz, das – der Kollege hat es schon erwähnt – im Vorfeld sehr viel Aufregung verursacht hat, nicht nur wegen der Höhe dieser Investitionen, son­dern auch wegen der Art und Weise, wie da vorgegangen wurde. Ich bin auch der Mei­nung, dass in einer modernen, zeitgemäßen Demokratie der Rahmenplan in diesem Haus diskutiert werden soll. Das wird ja auch im Herbst stattfinden, und dann, glaube ich, ist dieses Problem erledigt.

Nichtsdestotrotz geht es hier um wichtige Schieneninfrastruktur-Investitionen mit gro­ßem Zukunftspotenzial; Kollege Boden hat es heute schon angeschnitten: Drei der zehn europäischen Verkehrskorridore gehen durch Österreich, und dazu benötigen wir diese Tunnel, die sehr viel Geld kosten. Aber ich glaube, es ist eine Mega-Chance für unsere Wirtschaft. Österreich als internationale Logistik-Drehscheibe wird an diesen Verkehrskorridoren für Betriebsansiedelungen natürlich sehr interessant.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 83

Trotzdem ist Sparen angesagt und vor allem auch Sparen und ein Reformprozess bei den ÖBB. Diese müssen zu einem modernen Unternehmen entwickelt werden, um auch mit den internationalen Anforderungen der Korridore mithalten zu können.

Ich bin unlängst von einer Unternehmerin gebeten worden, sie zu unterstützen bei ei­nem Grundkauf der ÖBB: Eine Gewerbeverhandlung ist wesentlich einfacher – der zeitliche Aufwand hat schon fast an ein UVP-Verfahren gegrenzt.

Weiters muss man vermehrt schauen, dass Leistungen auch privatisiert werden im Rahmen des Verkehrsverbundes der ÖBB, denn nicht jedes Geschäft, das bei den ÖBB negativ ist, muss für einen privaten KMU negativ sein. Ich produziere auch Addi­tive aufgrund von Patenten von einem internationalen Konzern mit 110 000, 112 000 Mitarbeitern. Bei dem Konzern waren die Produkte negativ, bei mir sind sie positiv. Daher glaube ich, dass auch die Zusammenarbeit zwischen den ÖBB und der Privatwirtschaft gefördert werden muss, gerade für die Zukunft, denn Twisted Networks sind die kommenden Wirtschaftsstrukturen. Man wird künftig mit einem Unternehmen einmal Partner, einmal Lieferant, einmal Wettbewerber oder einmal Kunde sein.

Neben modernen Verkehrsbetrieben brauchen wir auch diese Infrastrukturinvestitio­nen, und daher wird meine Fraktion auch zustimmen.

Ich darf jetzt gleich der Frau Ministerin Fekter gratulieren, dass sie den Stabilitätspakt mit den Ländern geschafft hat. Es hat ja hier Stimmen gegeben: Das mit der Schweiz wird nichts, das mit den Ländern wird nichts! – Du hast sie alle Lügen gestraft, und da­zu herzliche Gratulation! (Beifall bei der ÖVP.)

13.16


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte.

 


13.16.31

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Im Prinzip geht es uns natürlich schon auch um einen Ausbau der Schieneninfrastruktur. Das würden wir uns vermehrt wün­schen. Warum wir heute nicht zustimmen bei dieser haushaltsrechtlichen Ermächti­gung, liegt einfach daran, dass unserer Meinung nach bei dem Ausbau die falschen Prioritäten gesetzt werden.

Es geht in erster Linie der größte Brocken von den 33 Milliarden beziehungsweise 26 Milliarden, die jetzt in den Infrastrukturausbau laufen, in Hochleistungsstrecken, in große Tunnels, in Großprojekte. Das kostet den Bund jährlich sehr viel Geld, das kos­tet zusätzlich auch den ÖBB viel Geld, und auch den BahnfahrerInnen und PendlerIn­nen wird es viel Geld kosten, denn die ÖBB werden das nicht schlucken können, die werden das wahrscheinlich weiterverrechnen müssen.

Da ist dann immer die Frage des Verhältnisses Kosten – Nutzen, und das beurteilen wir nun einmal anders, als die Frau Verkehrsministerin es zum Teil tut.

Es wäre unserer Meinung nach sehr wichtig, dass man auch bei den Regionalbahnen investiert, es wäre sehr wichtig, dass man gerade bei den Taktintervallen für die Pend­lerInnen etwas tut, dass man da ein bisschen mehr Geld investiert. Gemeinwirtschaft­liche Leistungen bedeuten Unterstützung der Verbindungen, der Fahrten, die sich nicht rechnen, aber wenn man bedenkt, wie hoch die Infrastrukturausbaukosten sind, könnte man bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen sehr wohl auch noch mehr tun, weil es einfach mehr Angebot braucht, um die Leute jetzt, wo Benzin teuer ist und immer teurer werden wird, dann wirklich auf die Schiene, auf die Bahn zu bringen.

Das Problem ist: Wenn die ÖBB dann auch entsprechend teurer werden müssen, wenn all diese Großprojekte auch die Bahn-PendlerInnen belasten werden, dann wird


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 84

das möglicherweise nicht so funktionieren, wie wir uns das vorstellen, nämlich dieser Umstieg der Menschen auf die Bahn.

Ein Problem sehen wir dann noch zusätzlich. Keine Frage, es ist eben in den letzten Jahren viel zu wenig investiert worden, es ist immer wieder aufgeschoben worden und weiter aufgeschoben worden. Es war Intransparenz gegeben, und es ist keine Frage, dass diese Vorlage jetzt eine der transparentesten ist, die wir bisher gesehen haben, aber nichtsdestotrotz bleibt es dabei: Das, was dahintersteht, das Ausbauprogramm und die Prioritäten, die gesetzt werden, sind unserer Meinung nach die falschen, und deshalb können wir nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.19


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


13.19.17

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier um die Infrastruktur von Österreich, die wir erhalten müssen, und es geht hier um eine In­frastruktur, die uns allen in Österreich weitere Wettbewerbschancen sichert.

Es wurde von der österreichischen Infrastruktur schon sehr viel verkauft. Das Schie­nennetz, die Bahnhöfe, unsere Züge, unsere Verbindungen im öffentlichen Bereich dürfen nicht verkauft werden und gehören gewartet, ausgebaut und weiterbenutzt. (Bundesrat Kneifel: An einen Verkauf denkt doch niemand! Es denkt niemand daran!)

Ich habe nicht gesagt, dass jemand an einen Verkauf denkt. Man hört nur immer ir­gendwelche Zurufe, dass man da viel mehr privatisieren müsste. Es ist auch gerade jetzt wieder gesagt worden, man könnte ja auch bei den ÖBB einige Sachen ausglie­dern, die bei den ÖBB nicht ganz so positiv sind. – Das ist vor ein paar Minuten gesagt worden. Das kommt aber einer Zerstückelung der Infrastruktur gleich, und das wissen wir! Also auch zwischen den Zeilen kann man hören, dass nicht alles eine g‘mahte Wies’n ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir stehen hier eindeutig dafür, alle Parteien in diesem Haus, die ÖBB nicht zu zertei­len oder zu verkaufen, aber das ist gar nicht das Hauptthema meines Referats. (Bun­desrat Kneifel: An einen Verkauf von Infrastruktur denkt niemand!) Ihr seid aber immer sehr empfindlich, und wie schon gesagt wurde: Wie der Schelm denkt, so ist er. Ich ha­be gar nicht daran gedacht, dass wir jetzt die ÖBB verkaufen – aber bitte! (Bundesrat Kneifel: Es denkt auch niemand daran!)

Um wieder zum Thema zurückzukommen: Es ist von den Freiheitlichen vorgebracht worden, dass sie heute hier nicht zustimmen können. Ich verstehe das nicht ganz. Da wird von den Freiheitlichen, obwohl das eine noch gar nicht fertig ist, bereits etwas Neues gefordert, aber dem Ersten können sie nicht zustimmen. Das verstehe ich nicht. Das müsst ihr mir einmal erklären, wenn ihr ein bisschen Zeit habt. (Bundesrat Mit­terer: ... werden wir schon erklären!)

Wenn man sich anschaut, was die großen Vorhaben sind, die wirklich sehr viel Geld kosten, und weil auch gesagt wurde, dass hier falsche Prioritäten gesetzt werden: Wir können uns jetzt einmal den Brenner-Basistunnel und den Semmering-Basistunnel an­schauen; zum Semmering-Basistunnel gehört immer der Koralmtunnel dazu, weil wir dann eine durchgehende Strecke und Verbindung haben.

Was den Semmering-Basistunnel betrifft: 1854 wurde die Bahnstrecke über den Sem­mering gebaut; es war damals kein Tunnel. Die Semmeringbahn ist also eine schon etwas ältere Dame, schon über 160 Jahre. Es wird nicht gehen, dass wir unsere Infra­struktur 160 Jahre, 200 Jahre immer gleich lassen und nichts investieren. Man hat auf der Semmeringbahn – wenn man sich die Zahlen von früher anschaut – im Jahr 1860


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zwei Stunden gebraucht, um den Semmering zu überqueren. Im Jahr 1938 war man bereits bei einer Stunde, und im Jahr 1990 brauchte die Bahn nur noch 42 Minuten.

Wir haben, wenn wir den Semmering-Basistunnel fertiggebaut haben werden, eine Ge­samtfahrzeit von Wien nach Graz von 1 Stunde 50 Minuten, also weniger als damals – zu der Zeit, als die Semmeringbahn eröffnet wurde – allein für die Semmering-Über­querung gebraucht wurde. Das ist, glaube ich, keine falsche Priorität. Es ist meiner An­sicht nach schon ganz wichtig, dass wir pro Strecke 40 Minuten einsparen können, denn das bedeutet für Menschen, die sehr oft zwischen Wien und Graz pendeln, doch immerhin 80 Minuten am Tag, 80 Minuten geschenkte Lebenszeit.

Der Brenner-Basistunnel – für mich ebenfalls eine richtige Priorität – wurde 1860 eröff­net, ist also genauso alt. Wir brauchen über den Brenner sehr lange. Wir brauchen in diesen Bereichen unbedingt einen Tunnel, um auch eine Entlastung für die Bevölke­rung herbeizuführen, um ganz einfach schnellere, in unserer Zeit sehr notwendige Ver­kehrsleitungen zu haben.

Wir haben in diesem Bereich noch den Koralmtunnel, und das muss eine Hochleis­tungsverbindung werden. Bei der Koralmbahn haben wir immerhin eine Strecke von 130 Kilometern. Die Baltisch-Adriatische Achse, die dann durchgehend verfügbar sein wird, wird uns eine Verkehrsentlastung bringen, wird uns Zeit bringen und wird uns ei­ne bessere Infrastruktur bringen.

Die Infrastruktur in Österreich ist eine ganz wichtige Angelegenheit! Weil da so emp­findlich reagiert wurde – Privatisierung der ÖBB –: Diese Milliarden, die wir da jetzt auf viele Jahre investieren, kann ein Privater nicht leisten, das kann nur der österreichische Staat leisten. Darum: Seid nicht so empfindlich, es ist nicht immer alles so! (Bundesrat Kneifel: Du musst unterscheiden zwischen Infrastruktur und Fahrbetrieb! An die Pri­vatisierung der Infrastruktur, der Schiene, denkt niemand! Private Züge fahren jetzt schon überall!)

Tut mir leid, lieber Kollege, ich wollte jetzt eigentlich schon weggehen (Heiterkeit), aber so kann man das nicht stehen lassen. (Bundesrat Kneifel: Das freut mich!) Es ist ganz einfach ein Gesamtpaket. Das ist nämlich euer Problem: Ihr seht immer alles aufgeteilt, ihr seht da die Schiene, ihr seht dort die Züge. Und alles das, was irgendwie einen Ge­winn macht, könnten wir privatisieren; was keinen Gewinn macht, das lassen wir dem Staat, das zahlen wir. Wie könnten wir denn ... (Bundesrätin Kerschbaum: Gibt es schon alles! – Bundesrat Kneifel: Gibt es jetzt schon alles! Private Züge gibt es ja schon! – Weitere Zwischenrufe.)

Ja, es gibt schon private Züge, aber als Gesamtpaket Infrastruktur Österreich die ÖBB aufzuteilen, ist, gelinde gesagt, ein Wahnsinn! Aber ich kenne ja eure Konzepte, und das wird sich nicht ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

13.26


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


13.26.57

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Ich werde jetzt nicht auf den koalitionsinternen Disput über die Teilung von Schienen – quer oder sonst wie – eingehen. Ich werde mir jetzt allerdings die Zeit nehmen müssen, Herrn Kollegen Beer zu erklären, warum wir gegen diese Ermäch­tigung stimmen werden. (Bundesrat Mag. Klug: Da sind wir jetzt aber sehr ge­spannt!) – Ja, ja, freu dich! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Eines vorab, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir bekennen uns natürlich zu den Bauvorhaben Semmering-Basistunnel, Koralmtunnel, Brenner-Basis-


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tunnel. (Bundesrat Mag. Klug: Aha!) Die gibt es noch nicht seit 160 Jahren, die werden erst jetzt gebaut! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Darum geht es ja. (Bundesrat Todt: Wer soll es denn zahlen?) – Welche Zahlen, Herr Kollege? (Bundesrat Todt: Wer soll denn die Projekte zahlen?)

Ja, das ist jetzt gut! Wir wissen auch, dass diese Projekte teuer sind und Geld kosten. Deshalb sollen wir heute diese fast 33 Milliarden quasi als Blankoscheck beschließen. (Bundesrat Mag. Klug: Aber!) An diese Vorgehensweise richtet sich unsere Kritik: Dem können wir nicht zustimmen! Nämlich ohne konkret zu wissen, was wirklich bis wann mit dem Geld errichtet und gebaut werden soll, und vor allem auch, wie das dann bis ins Jahr 2065 zurückgezahlt werden kann, werden wir nicht zustimmen. (Bundesrat Mag. Klug: Als Steirer!)

Frau Bundesminister! Ich weiß schon, Sie werden mich wahrscheinlich auf die Home­page des BMVIT verweisen (Bundesrat Mag. Klug: Zum Beispiel!), wo man alles Mög­liche nachlesen kann. (Bundesrat Mag. Klug: Genau!) Ich sage Ihnen aber, dass das nicht so ist, dass es zumindest nicht meine Glaubwürdigkeit hat. Es gibt auf dieser Homepage sicherlich jede Menge von diversen Plänen und Studien, die dort abrufbar sind. Da gibt es zum Beispiel einen Ausbauplan 2011 bis 2016 für die Gesamt-Ver­kehrsinfrastruktur in Österreich mit einer wunderschönen Karte, die auch Vorhaben von Schiene und Bahn über 2016 hinaus beinhaltet.

Als ich diese Karte gesehen habe, habe ich mir gedacht: Na, die habe ich ohnehin schon, die habe ich mir vor ein bisschen mehr als einem Jahr ausgedruckt und ins Bü­ro gehängt. Bei genauerer Betrachtung sieht man allerdings: Halt, das ist ja doch nicht diese Karte, die ich mir ausgedruckt habe! Da fehlen ja plötzlich Dinge wie zum Bei­spiel die S 37 komplett, der Ausbau der S 36 – die sind spurlos verschwunden! (Bun­desrat Stadler: Vielleicht schief aufgehängt!) Das ist ein bisschen mehr als ein Jahr her. (Präsident Hammerl übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn in der Begründung dieses Gesetzes drinsteht, dass es um Planungssicherheit geht, so sage ich: Genau das, so hat mich die Vergangenheit gelehrt, wird mit diesen Plänen und mit diesen Veröffentlichungen, wie sie auf diversen Homepages der Minis­terien zu finden sind, nicht erreicht! Dann gibt es noch ein Zielnetz 2025 (Bundesrat Mag. Klug: Aber es ist ja kein Geheimnis!), einen Rahmenplan ÖBB ... (Bundesrat Mag. Klug: Da muss man eben auch hineinschauen!)

Herr Klug, seien Sie endlich einmal still, melden Sie sich zu Wort! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Klug: Das steht ja da oben!) Wenn Sie Zeit haben (Bundesrat Mag. Klug: Das steht ja dort!), dann machen Sie das alles, aber lassen Sie mich jetzt in Ruhe reden. Sie haben gehört, was Herr Präsident Hammerl heute gesagt hat: Die Gesprächskultur im Bundesrat wurde gelobt. Konterkarieren Sie das nicht durch Ihre ständigen Zwischenrufe! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Aber nicht jeder Inhalt passt!) – Er hört nicht auf! Was tue ich mit dem Menschen?! (Heiterkeit.)

Eine Evaluierung der ÖBB-Bauprojekte und auch der ASFINAG-Projekte ist auf dieser Seite zu finden. Das hat mich besonders interessiert, vor allem die Evaluierung der ASFINAG-Projekte. Da gibt es nämlich eine Nutzwertanalyse mit insgesamt vier Clus­tern, also von Cluster 1 – das ist niedrigste Priorität – bis Cluster 4. Auch da habe ich die S 37 mit zwei Losen festgestellt, die im niedrigsten Cluster sind. Auch der Tschir­ganttunnel in Tirol hat übrigens die allerniedrigste Priorität.

Da habe ich mich gefragt: Wie kommt es dazu? – Ich habe mir die Beurteilungskriterien für diese Clusterbildung angeschaut und habe festgestellt, dass je 45 Prozent auf Wirt­schaftlichkeit und auf Hochrangigkeit entfallen. Die restlichen 10 Prozent teilen sich zu je 2 Prozent auf Dinge wie regionale Bedeutung, bessere Erschließung einer Region oder Entlastung von Orten und Verkehrssicherheit auf. Damit habe ich gesehen: Hier


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ist eine Evaluierung nach rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gemacht worden, ohne irgendeine politische Verantwortung wahrzunehmen.

Frau Bundesminister! Die Tarrter – für alle, die es nicht wissen: das sind die Einwohner von Tarrenz in Tirol – werden sich dafür bedanken, die immer von einer Verkehrsla­wine betroffen sind, die kaum über die Straße gehen können. Die Anrainer im Murtal werden sich dafür bedanken, dass regionale Entwicklung, regionale politische Ent­scheidungen hier überhaupt keine Rolle spielen.

Wenn man weiß, welch krause Ideen teilweise geboren wurden, mit Schnellschüssen aus der Not, aus dem Sparzwang heraus! Zum Beispiel hat es plötzlich geheißen, man muss untersuchen, ob man den Koralmtunnel nicht einröhrig bauen kann. Das ist mitt­lerweile Gott sei Dank vom Tisch, und es kommt de facto nur zu einer Verlängerung der Bauzeit, und das aus Liquiditätsgründen, da man weiß: Wenn man etwas länger baut, baut man es nicht billiger. (Bundesrat Mag. Klug: Das muss man halt im Kontext sehen!) Aber ich sage auch: Hier steht offensichtlich in erster Linie im Vordergrund, dass man in diesem Projekt schon viel zu weit ist, um es zu stoppen. Wenn einmal die Vortriebsmaschinen bereits bestellt sind, dann kann man es nicht mehr stoppen.

Wir haben aber genügend andere Beispiele aus der Vergangenheit, an denen wir ge­sehen haben, was solche Pläne wert waren, zu welchen Fehlinvestitionen sie geführt haben und wie viel Geld dafür hinausgeworfen worden ist! Ich darf nur daran erinnern: Semmering-Basistunnel, wo in die Erkundung mit einem 10 Kilometer langen Stollen Millionen geflossen sind, und das Ganze ist dann von einem Landeshauptmann abge­würgt worden! Verlorene Kosten, weil man jetzt eine komplett andere Trasse hat ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Klug ist noch immer nicht still. (Heiterkeit.)

Wir haben einen Brenner-Basistunnel, der da zwar drinnen enthalten ist, aber wie oder wann, das weiß kein Mensch. Das geht aus dieser Ermächtigung nicht hervor.

Wir haben mittlerweile auch, man kann sagen, Milliarden in die Strecke Baumkirchen – Kundl investiert. Das ist interessanterweise an den Tunnel-Gegnern und auch an den Grünen etwas vorübergegangen. Aber dieses Projekt, das mittlerweile im Endstadium, in der Endphase ist und nächstes Jahr, glaube ich, in Betrieb geht, weist in Summe ge­nauso viele Tunnel auf, wie es bei der Koralm der Fall ist, und hat auch solche Kosten verursacht. Es hat dort, glaube ich, keine Sonderbaumaßnahme gegeben, die nicht zur Anwendung gekommen wäre aufgrund der schwierigen Trassenführung.

Was passiert jetzt weiter? Was passiert mit den Zulaufstrecken von Kundl bis zur Gren­ze und im bayerischen Raum? Was haben wir hier erleben müssen, nachdem sich die Bayern lange Zeit geziert haben, etwas zu tun? – Jetzt sind wir, jetzt ist Österreich auf die Bremse gestiegen und hat ein diesbezügliches Übereinkommen nicht unterzeich­net. Also auch dort: Bruchstücke und ein Flickwerk!

Wenn wir diesen 33 Milliarden € zustimmen sollen, dann wollen wir den Leuten in den Regionen draußen wirklich sagen, was bis wann gebaut wird (Bundesrat Mag. Klug: Semmering!) und was nicht.

Das ist aber mit dieser Generalvollmacht, die heute hier beschlossen werden soll und beschlossen werden wird, nicht erreicht! (Beifall bei der FPÖ.)

13.36


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Keusch­nigg. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug: Jetzt kommt wieder eine Versachlichung! – Bun­desrat Keuschnigg – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, selbstverständlich!)

 


13.37.08

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frauen Bundesministerinnen! Hoher Bundesrat! Ich darf den Faden der Vorred­ner kurz aufnehmen und in den Dialog einsteigen.


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Die FPÖ hat von einem Blankoscheck gesprochen, und da fragt man sich eigentlich, auf welcher Baustelle man letztlich ist. Sie wissen ja alle, dass hier umfassendste Mei­nungsbildungsprozesse dem vorausgegangen sind. Wenn ich den Brenner-Basistunnel kurz anspreche: jahrzehntelange politische Diskussionen auf nationaler, auf internatio­naler Ebene! Vom Semmering brauchen wir gar nicht zu reden. Sagen Sie einfach, dass Sie diese Entscheidung, die hier mit Mehrheit getroffen ist, nicht mittragen wollen! (Bundesrat Mag. Klug: Ganz genau! – Bundesrätin Mühlwerth: Haben wir eh gesagt!) Das ist ja viel ehrlicher. (Bundesrätin Mühlwerth: Haben wir ja eh gesagt! – Weitere Zwischenrufe.)

Was heißt da Blankoscheck? – Das sind Projekte, wo umfangreichste Planungen vor­liegen, wo wir teilweise schon viel Geld ausgegeben haben, wo wir mitten im Bau be­findlich sind (Bundesrat Mitterer: Zeig mir die Planung zum Wörthersee!) und die selbstverständlich bisher auch schon alle gesetzlich geregelt waren. Wir fassen das hier in einem gemeinsamen Gesetz zusammen, und die Vorgesetze treten außer Kraft. Das ist eigentlich das Faktum, das da zu sehen ist.

Ich habe selten eine Ablehnung so schwer begründet gesehen wie jetzt bei Kollegin Kerschbaum. Für mich sind die Grünen immer sehr positiv für öffentlichen Verkehr ge­standen, für die Verlagerung von der Straße auf die Schiene, für eine aktive Klima­politik – und jetzt müssen Sie uns erklären oder erklären Sie uns, dass hier mit Bahn­projekten falsche Schwerpunkte gesetzt werden!

Ich kenne mich mit der Eisenbahn aus, ich habe eine Jahreskarte und bin fast jede Woche unterwegs auf der Strecke Innsbruck – Wien, jetzt kürzlich Innsbruck – Graz, Graz – Wien und so weiter. Wenn ganze Wirtschaftsräume mit Eisenbahnen erschlos­sen werden, so wie der Süden Österreichs, die südlichen Bundesländer, wenn also Bahnhofs-Ausbauprogramme unterwegs sind, wo wir alle wissen, wie dringend not­wendig sie sind, um den öffentlichen Verkehr, in dem Fall auch den Personenverkehr, weiterzubringen, dann ist also die Frage der falschen Schwerpunktsetzung schwer ver­ständlich.

Ich darf beim Brenner-Basistunnel noch einmal ganz kurz zurückgehen. Der Kernpunkt dieser Diskussion ist, glaube ich, folgender: Mit diesen vorliegenden Ermächtigungen sehen wir die Gesamtdimension der Investitionen in die Eisenbahninfrastrukturen. (Bundesrat Mag. Klug: Ganz genau!) Da geht es um hohe Beträge, das wissen wir alle.

Man macht sich das ja nicht leicht, und wir fragen uns alle natürlich zu Recht: Können wir uns das leisten? – Diese Frage steht letztlich also hinter dieser Diskussion, und da ist ein Blick darauf, wie wir wirtschaftlich, finanzpolitisch dastehen, durchaus berechtigt. Wir wissen, dass es in Zeiten wie diesen, wo wir schwerste Konjunkturjahre hinter uns haben, wir alle jeden Tag dankbar sein können, dass nicht mehr passiert ist, als pas­siert ist, weil wir uns alle gemeinsam, auch in diesem Hohen Haus, angestrengt haben, um da gegenzusteuern, natürlich um das Sparen geht, aber gleichzeitig auch um das Investieren, um die Arbeitsplätze weiterhin zu sichern, die Konjunktur am Laufen zu halten.

Ich habe mich persönlich auch sehr gefreut, in den letzten Tagen zu lesen, dass der Rechnungsabschluss des Bundes ein gesamtstaatliches Defizit von 2,6 Prozent aus­gewiesen hat. Das ist eine Bestätigung, Frau Finanzministerin, dieses Kurses, auch dieser Gratwanderung zwischen Sparen und Investieren, weil wir weit unter dem sind, was wir selbst geplant haben, und weit unter dem sind, was sozusagen als Zielmarke von der Europäischen Union vorgegeben worden ist. Vom Bund, von den Ländern und von den Gemeinden wurde das erstmalig erreicht. Ich möchte damit nur sagen, wenn wir uns anstrengen, wenn wir eine konsequente Politik machen, dann schaffen wir das,


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dass wir sparen und gleichzeitig investieren. Das Programm 2012, das ja gerade in diesen Tagen für heißeste politische Diskussionen gesorgt hat, das wir auf die Reise geschickt haben, das wir erfolgreich beschlossen haben, wird also diese Politik erfolg­reich fortsetzen.

Zurück zu den Eisenbahninfrastrukturausgaben: Ich glaube, wir brauchen sie für den Wirtschaftsstandort, wir brauchen sie aber auch in Hinblick auf eine ökologische Len­kung des Verkehrs. Wir können nicht nur von einer Klimapolitik reden und letztlich für den Ausbau der Verkehrsstrukturen nichts tun. Wir brauchen die Verlagerung des Ver­kehrs von der Straße auf die Schiene. Ich lebe in einem Bundesland, das von europäi­schem Verkehr schwer in Mitleidenschaft gezogen wird, wo in Tälern Tourismusbran­chen nicht zusammenbrechen, aber bei Weitem unter ihren Möglichkeiten geschlagen werden, weil wir diesen internationalen Transitverkehr haben, und wir müssen das kon­sequent und mit Augenmaß weiterführen. Und wir brauchen natürlich auch diese Inves­tition zur Sicherung der Arbeitsplätze. Wir sind mit unseren Projekten, glaube ich, gut aufgestellt.

Ich habe dieser Tage gelesen, dass die Europäische Kommission, der Kommissions­präsident Barroso an einem 200-Milliarden-€-Konjunkturankurbelungsprogramm arbei­tet. Wohin geht dieses Geld? – Wenn es so weit beschlossen wird, geht es in die Infra­struktur und auch in den Ökoenergieausbau, also wiederum in die Infrastruktur. Wir sind eigentlich, glaube ich, in Österreich aufgrund einer verantwortungsbewussten Fi­nanzpolitik in der günstigen Lage, dass wir uns die Kofinanzierungen dieser Projekte, die von der Europäischen Union vorgelegt werden, auch leisten können. Und wir wis­sen alle, wie wir dastehen, dass viele Gelder nur abgeholt werden können und zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes eingesetzt werden können, wenn wir die Kofi­nanzierungen auf die Reihe bringen. Das ist so.

Wir haben für den Brenner-Basistunnel – ich als Tiroler darf das nicht unerwähnt las­sen – bisher hohe Beträge von der Europäischen Union erhalten, und ich bin persön­lich sehr davon überzeugt, dass wir es wieder schaffen, in der nächsten Finanzperiode zusätzliche Gelder auszulösen. Wenn wir dieses von Barroso angekündigte Konjunk­turprogramm von 200 Milliarden € ansehen, dann bin ich überzeugt, dass da einiges geht.

Hier geht es einfach – und um das abzulehnen, da muss man schon einmal die Stirn haben – um langjährige, internationale Verhandlungen, bei denen wir die Italiener dazu gebracht haben, dass sie bei den Zulaufstrecken ungeheure Investitionssummen in die Hand nehmen, wo die Frau Bundesminister kürzlich vom deutschen Verkehrsminister (Bundesministerin Dr. Fekter: Ramsauer!), Ramsauer, wenn ich richtig informiert bin, wiederum die Zusicherung bekommen hat, dass die Zulaufstrecken von Norden gebaut werden. Wenn wir wissen, dass das das erstgereihte europäische Verkehrsprojekt ist, das von Berlin bis Palermo geht, und dann sagen, wir sind da dagegen, weil wir bishe­rige Gesetze in einem gemeinsamen Gesetz neu zusammenfassen, dann muss man da schon einigermaßen Humor haben, um das mitzutragen. (Zwischenruf des Bundes­rates Mitterer.)

Bei all diesen Problemen, bei dieser Höhe der Beträge – und wir geben sie nicht leichtfertig aus (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), wir überlegen uns das wirk­lich sehr gut, und es ist schwer, solche Beträge auszugeben, das stellen wir nicht infra­ge –, aber wir brauchen sie ja als Grundlage für die Wirtschaft, wir schaffen für Jahr­zehnte hohe Werte für diese Republik, wir sichern tausende Arbeitsplätze, und in Ver­bindung mit einem straffen Spar- und Effizienzprogramm, das diese Bundesregierung eingeleitet hat, glaube ich, können wir uns das auch leisten, und wir können diesen Be­schluss verantwortungsbewusst fassen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.45



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 90

Präsident Gregor Hammerl: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte.

 


13.45.26

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Ja, Herr Kollege Keuschnigg, da du es nicht verstanden hast, versuche ich es nochmal: Es geht uns nicht darum, dass wir nicht in die Infrastruktur der Bahn investieren sollen. Ganz, ganz wichtig wäre eine In­vestition in die Infrastruktur der Bahn. Es geht um die Prioritätensetzung. (Zwischenruf des Bundesrates Keuschnigg.)

Wenn der Großteil der Gelder in einen Brenner-Basistunnel und sonstige Großprojekte gehen soll, die eigentlich jetzt als Projekt, meiner Ansicht nach, nicht so wirklich aus­gereift sind, dann ist es einfach durch den Tunnel alleine noch nicht gegeben, dass die Lkws dann alle mit der Bahn durch den Berg fahren. Das reicht noch nicht, da braucht es einfach viel mehr dazu. Das wissen wir, glaube ich, und das ist insbesondere auch der Verkehrsministerin sehr wohl bewusst. (Bundesrat Perhab: Da braucht man eine Expertise dazu! Nicht die Grünen!)

Das heißt, es fließt einfach ein Großteil dieser Gelder, über die wir da jetzt reden, in Großprojekte. Ich habe jetzt nicht ein großes Problem mit dem Semmering-Basistun­nel, ich habe nur ein Problem damit, dass die ÖBB, beziehungsweise auch das Mi­nisterium, Bedenken eines UVP-Verfahrens, die wirklich ernsthaft sind, was den Um­weltschutz betrifft, einfach ignorieren. Damit habe ich schon ein Problem. (Bundesrat Mag. Klug: Aber!)

Es geht auch darum, dass aufgrund von diesen Großprojekten, und weil all das Geld einfach da hineinrinnt, für die kleinen Projekte viel zu wenig da ist. Und ich kann euch sagen, wir bauen hoffentlich ab Ende dieses Jahres in Korneuburg einen neuen Bahn­hof. Das ist ein tolles Projekt, aber die Gemeinde zahlt auf allen Ebenen dazu, beim Vorplatz, beim Lift et cetera, überall müssen wir dazuzahlen als Gemeinde. Wer zahlt beim Basistunnel dazu? Und dazu kommt noch, dass dann auch noch umgewidmet wird. Wir müssen auch noch ein Grundstück umwidmen, damit die ÖBB es dann ver­kaufen können. Das ist jetzt so ein bisschen eine eigentlich nicht ganz richtige Angele­genheit, aber auch da sagt die Gemeinde, uns ist es ganz, ganz wichtig, dass dieser Bahnhof umgebaut wird, dass die PendlerInnen wieder besser hinkommen et cetera.

Wenn man dann aber mit den ÖBB verhandelt und sagt, Zugang von beiden Seiten der Stadt wäre schön – wir haben jetzt gehört, wir bekommen ihn vielleicht doch früher als geplant –, damit die 3 000 von der anderen Seite auch dazukommen, dann sagen die ÖBB darauf, das ist eure Angelegenheit, wir bauen das Ding, aber wenn ihr wollt, dass die Leute mit der Bahn fahren, dann ist das die Angelegenheit der Gemeinde, und das ist mehr oder weniger das Interesse der Gemeinde, dass die Leute auf die Schiene umsteigen. Da frage ich mich schon: Ist es nicht auch öffentliches Interesse, und ist es nicht auch Interesse der ÖBB, dass wir die Leute auf die Schiene bringen, und zwar nicht nur der ÖBB-Personenverkehr, sondern vielleicht auch der ÖBB-Infrastruktur? Da haben wir wirklich ein großes Problem.

Eine Sache, die eben noch dazukommt: Diese Großprojektinvestitionen müssen ja die ÖBB mitzahlen. Es ist ja nicht so, dass nur der Bund zahlt, es müssen ja die ÖBB auch einen Teil dazuzahlen. Woher nehmen die ÖBB das Geld? – Nicht nur von de­nen, die den Brenner-Basistunnel benutzen werden. – Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

13.48


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 91

13.48.54

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesministerin für Verkehr und Infrastruktur! Sehr geehrte Frau Finanzministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Teil hat man den Eindruck, dass wir jetzt so eine Art Kleinverhandlung führen über Infrastrukturprojekte in den einzelnen Bundesländern und darüber, welche Schwerpunkte zu setzen sind. Daher gleich vorab: Aus meiner Sicht – als Steirer habe ich gar kein Problem, mit einer deutlichen Bot­schaft zu beginnen – ist die Schwerpunktsetzung inhaltlich für die Großprojekte, die die Frau Bundesministerin für Verkehr jetzt vornimmt, goldrichtig, besser könnte man sie nicht treffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Kritik der Opposition kann ich nur sagen, dass das inhaltlich großteils nicht nachvollziehbar ist. Da werden künstliche Konstrukte in den Raum gestellt, um die Kernelemente ja nicht anzusprechen. Behauptungen von Geheimniskrämerei werden in den Raum gestellt. An sich sind das Projekte, die seit Jahren bekannt sind, hier im Haus sind zum Teil vor drei bis vier Jahren dazu Be­schlüsse gefasst worden. Ich weiß schon, dass die politische Halbwertszeit immer kür­zer wird, aber dass sie so kurz ist, hat sich auch mir noch nicht erschlossen.

Aber es liegen nicht nur im Zielnetz 2025+, sondern auch im darunterliegenden, daraus abgeleiteten Rahmenplan über 200 Einzelprojekte auf dem Tisch, die alle kein Ge­heimnis sind. Die Frau Bundesministerin für Verkehr macht eine Pressekonferenz um die andere, listet alle Projekte auf, legt alles auf den Tisch. Im Übrigen sind das Pres­sekonferenzen, die auch einem sehr, sehr vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis ent­sprechen, das soll angeblich nicht bei jeder Pressekonferenz der Fall sein. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Alle Projekte liegen klar und deutlich auf dem Tisch. In den einzelnen Tageszeitungen kann man die kleinste Infrastrukturmaßnahme in jedem Bundesland nachlesen. Und jetzt tun wir so, als ob das alles ein Geheimnis ist?

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Einzige, was wir heute tatsächlich beschließen, ist, dass für das politische „Wünsch-dir-was“ von Vorarlberg bis Wien bis in den Sü­den – ich nehme mein Bundesland nicht aus – bis hin zu den Kommunen, Stichwort „Bahnhofsausbau“, heute die haushaltsrechtliche Ermächtigung beschlossen wird, dass die beiden Damen auf der Regierungsbank, nämlich einerseits die Frau Verkehrs­ministerin, andererseits die Frau Finanzministerin, für die nächsten sechs Jahre die Verträge abschließen können. Das wird beschlossen. Ansonsten gibt es in diesem Zu­sammenhang meines Erachtens nur wenig an Geheimniskrämerei hineinzuinterpretie­ren. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber geh!)

Wegen meiner Zwischenrufe von vorhin: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Op­position, ich sage auch ganz offen, ich bin zuerst in aller Ruhe vorne gesessen, aber das ist auch kein Problem, als Bundesrat, der aus dem Süden Österreichs kommt. Ich habe ganz – ja, eine Zeit lang – geduldig darauf gewartet, bis sich für mich als je­mand, der aus dem Süden kommt, erschließt, nämlich politisch erschließt, wie es heu­te ein steirischer Bundesrat argumentiert und erklärt, warum er dagegen ist, und, um über die Bundesländergrenzen hinwegzusehen, wie ein Kärntner Bundesrat, nur weil es der Parteilinie entspricht, überall dagegen zu sein, was die Regierung plant, heute nicht zustimmt. (Bundesrätin Mühlwerth: So ein Unfug!) Wie ihr das in Kärnten erklärt, vor dem Hintergrund, dass ihr Jahre und eure Vorgänger Jahrzehnte für einzelne Pro­jekte gekämpft habt, das müsst ihr mit eurem politischen Gewissen vereinbaren, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Eines daher aus meiner Sicht abschließend – und da ersuche ich auch um Verständ­nis –: Dieser Tagesordnungspunkt darf nicht vorbeigehen, ohne dass ein Bundesrat, der aus Graz kommt, die Gelegenheit ergreift, um sich bei unserer Verkehrsministerin für den Bahnhofsausbau in Graz recht herzlich zu bedanken, als eines der Projekte,


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die nämlich auch kein Geheimnis sind. Und ich möchte mich darüber hinaus für den Ausbau der Strecke Graz – Leibnitz bedanken und zu guter Letzt die Gelegenheit er­greifen, um mich für die intensive Partnerschaft im Bund bei beiden Ministerinnen, für die Finanzierung und weitere Gewährleistung des Ausbaus des Koralm-Basistunnels und des Semmering-Basistunnels zu bedanken. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, um in der gebotenen Kürze den 25. April des heurigen Jahres noch einmal in Erinne­rung zu rufen – Stichwort: „Semmering-Basistunnel“ und „Spatenstich“ –, möchte ich eine bescheidene Abwandlung eines Zitats meines Landeshauptmanns bringen:

So schaut ein schöner Tag aus, wenn der niederösterreichische Smaragd sich mit dem steirischen Sauvignon Blanc zu einem Cuvée vereint und unsere Frau Bundesminis­terin für die richtige Temperatur sorgt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.  Oh-Rufe bei der ÖVP.)

13.54


Präsident Gregor Hammerl: Frau Bundesminister Bures gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


13.54.38

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Jetzt macht mich der Herr Bundesrat noch verlegen. Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kol­legin Fekter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde meinen, der haus­haltsrechtliche, budgetrechtliche Teil, der heute zur Beschlussfassung steht, wurde ausführlich diskutiert, es war natürlich ein sehr transparenter und intensiver Prozess, bei dem wir erstmals auch ganz offen auf den Tisch gelegt haben, wie sich Kosten ent­wickeln. Das sind Investitionen auf viele Jahre verteilt, von denen aber viele Genera­tionen profitieren werden. Und ich glaube, es macht Sinn, auch wenn es zu längeren Diskussionen führt, Transparenz bringt das oft mit sich.

Wir legen es transparent auf den Tisch, weil wir viele gute Gründe haben, warum es wichtig ist, diese Maßnahmen – gerade in Zeiten wie diesen – vorzunehmen. Ich glau­be auch, dass sich das in der Diskussion schon gezeigt hat. Kurz zu dem Versuch mit der Argumentation dagegen zu stimmen, es gäbe zu wenig Informationen und Trans­parenz: Alle Projekte, auch wenn es dann wieder auf Kritik stößt, werden natürlich eng mit den Gemeinden diskutiert, werden natürlich eng mit den Ländern abgestimmt, ba­sieren aber nicht auf deren Zuruf, sondern basieren auf Verkehrsprognosen, basieren darauf: Wo brauchen wir hochrangige Schienennetze? Wo brauchen wir einen gu-
ten Nahverkehr für Pendlerinnen und Pendler? Wo brauchen wir hochrangige Straßen­netze und wo auch nicht?

Was diese Transparenz betrifft – ich möchte es wirklich noch einmal sagen –, sie wird in vielen Gesprächsrunden intensiv verhandelt. Das ist der Rahmenplan 2012 bis 2017 (Bundesministerin Bures hält einen Ausdruck in die Höhe), und es stimmt, Herr Bun­desrat Krusche, der unterscheidet sich von dem, den Sie zitiert haben. Sie haben ver­gessen, dass man inzwischen bei den ÖBB 1 Milliarde € an Einsparungen vorgenom­men hat, ohne große beschäftigungsintensive Projekte zurückgestellt zu haben. Der einzige Unterschied zu dem, den Sie kennen, ist, dass hier jedes einzelne Investitions­projekt aufgelistet ist. Der Rahmenplan ist im Übrigen nicht nur der Politik zugänglich, er steht auf der Homepage des BMVIT.

Jeder Bürger/jede Bürgerin kann sich anschauen, was ein Projekt kostet und wann da­mit begonnen wird, es zu bauen. Das Ganze wird mit 2,5 Prozent vorausvalorisiert. Das heißt, hier werden ehrlich die Kostenentwicklungen dargestellt, und das ist viel­leicht für Bundesräte, Herr Bundesrat, besonders wichtig.

Wir haben die Schienen- und Straßenprojekte nach Bundesländern zusammengefasst. Auch das ist jedem zugänglich. Es beginnt damit, welche Maßnahmen bei welchem Projekt getroffen werden, wann der Baubeginn sein wird, wann die voraussichtliche In-


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betriebnahme sein wird, bis hin zur Gestaltung der Gesamtkosten. Es hat noch nie einen transparenteren Vorgang in der Frage von Infrastrukturinvestitionen gegeben, und ich halte es für ein schlechtes Argument, diesen wichtigen Investitionen nicht zuzu­stimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Tiefnig und Mayer.)

Aber erlauben Sie mir, grundsätzlich auch noch etwas dazu zu sagen. Österreich hat im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedstaaten bereits 2008 begonnen, nicht nur Spar­pakete zu schnüren – natürlich haben wir immer gesagt, wir müssen den öffentlichen Haushalt ins Lot bringen –, sondern auch Konjunkturpakete. Wir haben gesagt, es muss trotzdem Investitionen geben und es muss klug investiert werden, nämlich dort, wo wir heute Beschäftigung schaffen und damit morgen auch Zukunftswerte für die nächsten Generationen – die Verkehrsinfrastruktur, der umweltfreundliche Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Schiene gehören zu diesen.

Damit Sie nicht sagen, na, ist eh klar, das behauptet die Verkehrsministerin: Selbst die OECD sagt, dass Infrastrukturinvestitionen die Quelle von Wachstum sind, und ich glaube, dass wir auch Beweis dafür führen können. Es ist kein Zufall, dass wir keine Jugendarbeitslosigkeit in Österreich haben, wie das in anderen europäischen Ländern der Fall ist. Es ist kein Zufall, dass wir die geringste Arbeitslosigkeit aller EU-Mitglied­staaten haben. Es hat damit zu tun, dass wir diese Diskussion, die glücklicherweise jetzt in Europa auch beginnt, dass wir Europa nur mit Sparen nicht retten können werden, schon geführt haben. Dass wir Investitionen in Wachstum und Beschäftigung und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit brauchen, das haben wir bereits 2008 festge­stellt, und die Konjunkturpakete bei der Bahn haben dabei einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Was mir bei den Projekten und dem Ausbau wichtig ist – ich weiß, es gibt immer die Diskussion wegen der Tunnel. Ich sage dazu immer, wäre ich holländische Verkehrs­ministerin, müsste ich keinen Tunnel bauen, weil Holland nicht in den Alpen liegt. Dort haben sie flaches Land, das ist einfacher, das hat etwas mit der Topographie unseres Landes zu tun. (Bundesministerin Dr. Fekter: Die müssen aufschütten! – Bundesrätin Mühlwerth: Die haben andere Probleme! – Bundesrat Kneifel: Land der Berge!) Also ich glaube, wir sind alle stolz auf unsere Berge. Ob im Sommer beim Wandern oder im Winter beim Schifahren, das macht unsere Landschaft aus, und daher müssen wir aber den Verkehr und gerade die Bahn auch so organisieren, dass sie trotzdem fahren kann. Das geht nicht überall mit der Zahnradbahn oder so, dass man überall große Hö­henunterschiede bewältigen kann. Dazu muss man Tunnel bauen.

Der Fokus der Diskussion liegt zwar auf den Tunnelbauten, das entspricht aber über­haupt nicht der Realität der tatsächlichen Verteilung des Investitionsvolumens, denn entscheidend sind ja die Schienennetze insgesamt. Gerade ein Viertel der Investitio­nen in die Infrastruktur und die Netze geht in den Tunnelbau. Beim Tunnelbau handelt es sich um High-Tech-Baustellen; das sind hochtechnologische Ingenieursleistungen, die dabei erbracht werden. Österreichische Tunneltechnologien werden in der ganzen Welt angewandt.

Man sieht also ungefähr, von welchen Dimensionen wir da reden. Drei Viertel der In­vestitionen gehen in die Netzstruktur! Und den Koralmtunnel haben wir nicht etwa aus Jux und Tollerei verschoben, sondern weil er verkehrsstrategisch nur Sinn macht, wenn er zusammen mit dem Semmering-Basistunnel im Rahmen eines Korridors in Betrieb geht. Wir werden die beiden Projekte daher zeitlich zusammenrücken. Das sind die Gründe. Er wurde nicht zwecks Budgetsanierung verschoben, sondern es steht eine verkehrspolitische Strategie dahinter, die meiner Auffassung nach richtig ist.

Nun noch zu den Investitionen in die Verkehre: Bauen schafft heute Beschäftigung und morgen eine gute Infrastruktur. Es liegt aber auch auf der Hand, dass das kein Selbst­zweck ist. Wir machen das natürlich, damit dort auch gefahren wird. Wir kämpfen in


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Europa für mehr Kostenwahrheit zwischen Straße und Schiene. Wir investieren nicht nur in die Schienennetze, wir sanieren – und das haben ja auch Redner schon einge­bracht – hundert Bahnhöfe in ganz Österreich. Wir machen sie behindertengerecht, barrierefrei, bauen Blindenleitsysteme ein und sanieren sie thermisch. Ein hohes Inves­titionsvolumen geht also in den Bestand, und das bringt für jeden Fahrgast einen Vor­teil und einen leichteren, barrierefreien Zugang zur Bahn. Wir werden die Langsam­fahrstrecken beseitigen. Wenn wir schon tolle Züge haben, macht es natürlich keinen Sinn, wenn sie auf 40 km/h herunterbremsen müssen. Das sind die Investitionen!

Seit dem Jahr 2008 wird jeden Monat eine neue Zuggarnitur ausgeliefert. Ich sage das deshalb, weil ich nicht möchte, dass durch die Diskussion der falsche Eindruck ent­steht, dass wir ausschließlich Tunnel bauen, denn nur mit einem Loch in einem Berg könnte man keine Verkehre organisieren, und darum geht es uns schließlich in der Verkehrspolitik. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich daher bei jenen, die diese Projekte unterstützen, nicht nur die Neubauprojekte, sondern das Konzept umwelt­freundliche Bahn zur Vernetzung unseres Landes insgesamt. Ich weiß, dass wir da wirklich viel Geld in die Hand nehmen. Ich weiß, dass das Summen sind, die uns große Verantwortung auferlegen. So wie bei der Ghega-Bahn, die über 150 Jahre alt ist und von der zehn Generationen profitiert haben, sollten wir uns in der Verkehrspolitik einem Vorwurf nicht aussetzen, nämlich dem, dass die Politik nicht in der Lage ist, über den Tellerrand hinaus zu denken, oder dass die Politik nur an die nächsten Wahlen denkt. Bei der Verkehrsinfrastruktur, bei diesen Investitionen denken wir an unsere Kinder und Enkelkinder, an die nächsten Generationen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.03


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächste gelangt Frau Bundesminister Fekter zu Wort. – Bitte.

 


14.03.40

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Für die Instandhaltung und für den Neubau unseres Infrastrukturnetzes Schiene müssen wir jährlich Verträge mit sechs­jähriger Laufzeit über die Zuschüsse, die der Bund an die jeweiligen Infrastrukturbetrie­be – Hochleistungs AG oder ÖBB-Infrastruktur AG – bezahlt, abschließen. Diese Ver­träge müssen jedes Jahr wieder abgeschlossen werden, und die werden immer wieder verlängert. Das ist also nichts Neues. Sie wurden in der Vergangenheit auch immer im Hohen Haus abgesegnet. Damit diese Verträge abgeschlossen werden können, gibt es dieses Ermächtigungsgesetz, das heute zur Beschlussfassung anliegt.

Bedauerlicherweise lag das zugrunde liegende Bau- und Instandhaltungsprogramm zwar im Ministerrat bei der Beschlussfassung vor, ist aber nicht Teil des Ermächti­gungsgesetzes. Wir werden es bei der nächsten Vorlage einfach als Anlage dazuge­ben, damit auch die Abgeordneten die Möglichkeit haben, sich die einzelnen Projekte anzusehen. Wie weit sind sie vorgeschritten? Wie steht es mit dem Baufortschritt? So kann dann verfolgt werden, wofür ganz konkret die Gesamtermächtigung verwendet wird.

Es ist also nichts Neues, aber erstmalig wurde es wesentlich intensiver debattiert, dis­kutiert und auch transparenter dargestellt. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich bei der Infrastrukturministerin.

Wir haben sehr, sehr lange verhandelt – diese Ermächtigung hat ja im Einvernehmen zu erfolgen – und haben auch hinterfragt, ob nicht doch noch Einsparungsmöglichkei­ten gegeben sind. Für das gesamte Sparpaket, für den Konsolidierungspfad bis 2016


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hat die Ministerin eine Einsparung von in etwa 1 Milliarde € nur bei den Projekten vor­gelegt, teils indem sie weggefallen sind, teils indem sie redimensioniert und teils indem sie verschoben worden sind.

Darüber hinaus gehört zum gesamten Einsparungsvolumen auch noch jene halbe Milliarde €, die von den ÖBB direkt im Zuge der Pensionierungen erbracht wird. Die Mi­nisterin hat sich ganz klar dafür ausgesprochen, dass Frühpensionierungen bei den ÖBB nicht mehr in dem Ausmaß stattfinden sollen. Damit wir den Pfad auch einhalten können, müssen wir die Ermächtigungen und den Rahmenplan abstimmen.

Im Jahr 2010 hat der Rechnungshof massiv Kritik geübt an der langjährigen Praxis, im­mer nur Sechsjahrespläne vorzulegen. Der Rechnungshof hat natürlich zu Recht ge­sagt, dass die Sechsjahrespläne zwar das Bauvolumen über sechs Jahre abbilden, die Investitionen jedoch auf weitere Jahre hinaus Annuitätenfolgen haben. Man solle nicht nur das Bauvolumen darstellen, sondern auch die Annuitätenzuschüsse bis das ganze Projekt abbezahlt ist. Am längsten wird das beim Brenner-Basistunnel dauern. Die Finanzierungen für Eisenbahnprojekte haben ja sehr, sehr lange Laufzeiten, und daher haben wir dieses Mal eben einen Überblick über einen wesentlich längeren Zeitraum dem Hohen Haus übermittelt in Hinblick auf die Vorbelastungen, die dann auch für nachfolgende Generationen Auswirkungen haben werden.

Als Finanzministerin hat mich primär zu interessieren: Sind diese Vorbelastungen auch aus dem Blickwinkel künftiger Generationen gerechtfertigt? Sind die Investitionen nicht unter Umständen aufgrund von anderweitigen Mängeln, die wir vielleicht nicht beein­flussen können, womöglich eine nicht zu rechtfertigende Ausgabe? Ich habe mich da­her persönlich mit Präsident Monti in Verbindung gesetzt und habe ihn gefragt: Wie steht Italien zum Brenner-Basistunnel? Wird Italien weiterbauen, obwohl es jetzt ja auch in finanziellen Schwierigkeiten ist und einen ganz dramatischen Sparkurs fährt? Wird es die Einhaltung der abgeschlossenen Verträge geben? Und Präsident Monti hat zugesichert, dass Italien sich an diese Verträge hält. Sie argumentieren natürlich auch ähnlich wie die Verkehrsministerin, dass diese Investitionsprojekte nicht nur nützlich und in Zukunft hilfreich sind, sondern auch in der Gegenwart schon Arbeitsplätze schaf­fen, konjunkturstimulierend und vor allem wachstumsfördernd sind.

Des Weiteren habe ich mich dann natürlich auch mit Peter Ramsauer in Verbindung gesetzt, den ich ja schon sehr, sehr lange gut kenne, und habe ihn gefragt: Wie schaut das aus? Wir haben noch gar keine Strecke bis München. – Er hat gelächelt und ge­meint: Erstens, Deutschland und Bayern stehen voll und ganz hinter dem Projekt, wer­den die Zulaufstrecken errichten, und sie werden früher fertig sein als wir mit dem Tun­nel, weil wir das ja jetzt im Hinblick auf den Sparkurs wieder ein bisschen verschoben haben. Er hat gesagt: Er ist nicht in der Ziehung, sie werden die Verträge einhalten und es auf alle Fälle tun.

Die Strecke Kufstein – München ist ja bei Weitem technisch nicht so anspruchsvoll wie die Strecke Brenner – Franzensfeste nach Italien. Daher habe ich mich als Finanzmi­nisterin schlaugemacht, denn ich hätte keinen Sinn darin gesehen, wenn wir Löcher in den Berg bauen, und dann geht es auf der einen Seite oder auf der anderen Seite nicht weiter. Das ist nicht der Fall! Ich habe mich davon überzeugt, und daher habe ich im Einvernehmen mit der Ministerin dem Hohen Haus dieses Ermächtigungsgesetz zuge­leitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bahnprojekte sind Generationsinvestitionen, und Infrastruktur, sowohl Schiene als auch Straße, ist sozusagen der Blutkreislauf der Wirtschaft. Überall dort, wo wir gut funktionierende Infrastruktur haben, entwickelt sich wirtschaftliches Leben. Wir haben die wirtschaftsstärksten Regionen entlang der West­bahn, in jenen Bereichen, wo wir gute Infrastruktur haben. Wenn wir unserer nachfol­genden Generation die Möglichkeit eröffnen wollen, dass auch sie sich noch wirt-


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schaftlich weiterentwickeln kann, dann haben wir jetzt, und zwar genau jetzt die ver­dammte Pflicht, Infrastruktur zu errichten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Die Infrastruktur Schiene gehört uns, das heißt dem österreichischen Steuerzahler. Wir können sie dann pro fu­turo nutzen, wir können sie dann auch an Private vermieten, wir können für Wettbe­werb sorgen, wir können optimal damit umgehen. Das ist kein Geschenk an einzelne Bundesländer, Firmen et cetera, sondern das ist etwas, was wir unseren Kindern schuldig sind. Da bin ich mit der Verkehrsministerin einer Meinung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.12


Präsident Gregor Hammerl: Meine Damen und Herren, ich darf Herrn Parlamentsdi­rektor Dr. Dossi hier bei uns im Bundesrat begrüßen. Herzlich willkommen! Ein herzli­ches Grüß Gott! (Allgemeiner Beifall.)

Herr Parlamentsdirektor, es gibt jetzt eine Umfrage, laut der die Diskussion im Bundes­rat bei Weitem besser ist als im Nationalrat. (Allgemeine Heiterkeit.) Das spürt man, keine Frage. Das spürt man auch zwischen den beiden Damen Ministern. Es gibt ein Entgegenkommen beziehungsweise man lässt einander aussprechen, und es kommt viel mehr heraus als sonst wo.

Ich darf auch unseren Herrn Gesundheitsminister Stöger hier bei uns im Bundesrat be­grüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.13.5210. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012) (1678 d.B. und 1761 d.B. sowie 8725/BR d.B.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Hensler. Bitte um den Bericht.

 


14.14.06

Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bun­desrat! Der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalra­tes vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz über das Arzneibuch, Arzneibuch­gesetz 2012, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Lugsteiner. – Bitte.

 



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14.15.04

Bundesrätin Juliane Lugsteiner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das geltende Arzneimittelgesetz ist im Jahr 1980 in Kraft getreten. Dieses Gesetz stimmt aber nicht mehr mit später beschlos­senen arzneimittel- und apothekenrechtlichen Regelungen überein. An den Substan­zen hat sich bei verschreibungspflichtigen Arzneien nichts geändert. Insbesondere handelt es sich bei später beschlossenen Regelungen um die Herstellung, das In-Ver­kehr-Bringen, Behältnisse und Umhüllungen von Arzneimitteln.

Die AGES, die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, wird die fachlichen Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Arzneibuch übernehmen. Diese Übertragung der Zuständigkeit bringt auch Sicherheit für die Qualität, die unsere Konsumentinnen und Konsumenten brauchen. Durch dieses Gesetz kommt es auch zur Anpassung der Bestimmungen aus europarechtlicher Sicht. Die dazu erforderlichen Publikationen werden nicht mehr in der Staatsdruckerei verlegt, sondern kommen zur Ausschreibung.

Unsere Fraktion stimmt dem vorliegenden Antrag gerne zu. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.16


Präsident Gregor Hammerl: Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Greiderer. – Bitte.

 


14.16.21

Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das geltende Arzneibuchgesetz als Rechtsgrundlage für das Arzneibuch ist nun schon über 30 Jahre gültig. Wie wir schon von meiner Vorrednerin gehört haben, enthält es Vorschriften, die mit den später in Kraft getretenen arzneimittel- und apothekenrechtlichen Regelungen wie dem Arzneimittelgesetz, der Arzneimittelbetriebsordnung oder der Apothekenbe­triebsordnung nicht übereinstimmen. Im Besonderen handelt es sich dabei um Bestim­mungen über die Herstellung, Prüfung und auch das In-Verkehr-Bringen von Arzneimit­teln beziehungsweise Behältnisse und Umhüllungen von Arzneimitteln. Aufgrund der Neuerungen ist es eben notwendig, dieses seit 1980 in Kraft befindliche Arzneibuch zu reformieren, und das werden wir vollziehen, auch um den EU-Richtlinien Genüge zu tun.

Mit dieser Gesetzesänderung wird aber auch eine weitere, von der EU geforderte An­passung herbeigeführt. Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Vertragsver­letzungsverfahrens 2011 die Vergabe von Druckaufträgen offizieller Dokumente an die Österreichische Staatsdruckerei GmbH beanstandet. Aus diesem Grund darf mit dem Druck des Arzneibuches sowohl der europäischen als auch der österreichischen Fas­sung per Gesetz nicht mehr die Staatsdruckerei beauftragt werden. Der Auftrag muss verpflichtend ausgeschrieben werden.

Kurz zusammengefasst: Dieser Beschluss ist notwendig, um einerseits die materiellen und formellen Anpassungen der Bestimmungen vorzunehmen, andererseits erfolgt die Sanierung der europarechtlichen Bedenken gegen die Vergabe der öffentlichen Druck­aufträge. Deshalb werden wir zustimmen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.18


Präsident Gregor Hammerl: Nächste Wortmeldung: Bitte, Herr Bundesrat Schreuder.

 


14.18.46

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ich möchte es kurz machen. Was die Vorredner und Vorrednerinnen ge­sagt haben, stimmt, und wir werden ja auch zustimmen. Es war aufgrund der Recht-


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 98

sprechung und aufgrund der unterschiedlichen Regelungen, die es da gegeben hat, notwendig, das wieder einmal in einem Gesetz zusammenzufassen und anzupassen.

Es gibt für mich jedoch einen Punkt, den ich schon herausgreifen möchte, weil wir ja nun doch im 21. Jahrhundert leben. Sehr geehrter Herr Minister! Was ich nicht ver­stehe, das ist zwar jetzt kein Grund, das Gesetz abzulehnen, aber, Herr Minister, ich verstehe einfach nicht, warum man uns sowohl das Europäische Arzneibuch als auch das Österreichische Arzneibuch ausschließlich gedruckt zur Verfügung stellt. Wir leben nun einmal im digitalen Zeitalter. Es wäre überhaupt keine Schwierigkeit gewesen, das gleich online zu publizieren. Vielleicht hätte man das auch bitte, bitte anpassen kön­nen, dann hätten wir auch wirklich ein modernes Gesetz gehabt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

14.19


Präsident Gregor Hammerl: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.20.1311. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1732 d.B. und 1763 d.B. sowie 8726/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (1733 d.B. und 1764 d.B. sowie 8727/BR d.B.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Nun kommen wir zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Reisinger. Bitte um die Berichte.

 


14.20.38

Berichterstatter Friedrich Reisinger: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Gesundheits­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird, liegt Ihnen in schrift­licher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragsstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ebenso liegt Ihnen der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bäder­hygienegesetz geändert wird, in schriftlicher Form vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 99

Präsident Gregor Hammerl: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


14.21.56

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Die erste Materie, das Epidemiegesetz, findet unsere Zustimmung. Selbst­verständlich ist es an der Zeit, dass man die elektronischen Kommunikationsmöglich­keiten nutzt und eben moderner und rascher wird, wenn es um die Weitergabe von ent­sprechenden Daten geht. Ich hoffe nur, dass auch auf den Datenschutz Rücksicht ge­nommen und darauf geachtet wird, dass es nicht zu Missbrauch kommt.

Zum zweiten vorliegenden Gesetz würde ich sagen: Das ist ein klassischer Fall einer von der EU ausgeheckten Unsinnigkeit. Das reiht sich nahtlos irgendwo neben der Gurkenverordnung und der Traktorsitzreglementierung ein.

Es sollen also an allen österreichischen Badeplätzen Infotafeln mit Angaben über die Wasserqualität aufgestellt werden. (Bundesrat Todt: Genauso gehörts!) Ich habe jetzt dankenswerterweise von zuständigen Beamten die Informationen bekommen, die im Ausschuss erfragt wurden: Es handelt sich in Österreich nach derzeitigem Stand um gemeldete 267 Badestellen. Ich habe auch einen Plan erhalten, wie diese Tafeln ausschauen. Sie haben immerhin die beachtliche Höhe von 2,10 Meter und eine Brei-
te von 1,70 Meter, die werden also nicht zu übersehen sein. (Bundesrat Schreuder: Was ist daran schlimm?) – Bitte? (Bundesrat Schreuder: Erklären Sie mir, was daran schlimm ist!)

Diese Information ist in Österreich, glaube ich, gut abrufbar. Erstens haben wir in Ös­terreich eine hervorragende Qualität unserer Badewässer. (Bundesrat Todt: Nicht überall!) Das ist im Internet abrufbar. Wenn also eine Gesundheitsgefährdung statt­finden würde, würde das ohnehin gesperrt.

Das mag vielleicht irgendwo an der Adria einen Sinn haben, aber ich glaube nicht, dass das in Österreich unbedingt notwendig ist. Vor allem ist es ja so, dass diese Infor­mationen auf Basis der Vorjahresbadesaison angebracht werden. Wenn sich also bei­spielsweise bei einem Baggersee während einer Hitzewelle die Badewasserqualität verschlechtert, weil so viele Besucher dort sind und so viel Sonnenschutzcreme und Badeöl drinnen ist, dann ist das auf diesen Tafeln ohnehin nicht ersichtlich. (Bundesrat Stadler: Aber gesperrt wird ja trotzdem!) Wenn es gesperrt wird, dann ist es ohnehin gesperrt. (Bundesrat Stadler: Na wenn das gesperrt wird, was hat das dann mit der Tafel zu tun?!)

Diese Schnapsidee lässt auch einige Fragen offen, zum Beispiel, was die Zuständig­keiten hinsichtlich der Wartung betrifft. Da sind dann offensichtlich die Bezirksbehörden und die Bezirkshauptmannschaften im Auftrag der Länder am Zug. Was passiert, wenn nun eine dieser Tafeln nicht gewartet wird, wenn die Tafel gar nicht aufgestellt wird? Gibt es dann irgendwelche Strafen, Sanktionen? – Ich weiß es nicht, und auch im Aus­schuss hat die Diskussion über dieses Thema eigentlich bei allen Fraktionen eher Hei­terkeit und teilweise Kopfschütteln ausgelöst. (Bundesrat Stadler:  aber kein Grund, dass man das ablehnt!)

Man könnte das Ganze jetzt also relativ harmlos als Schildbürgerstreich abtun und so tun, als ob nichts gewesen wäre, doch sind damit Kosten verbunden. Allein für die An­schaffung und den Transport dieser Tafeln sind 100 000 € veranschlagt. Die Aufstel­lung und Wartung, die, wie es heißt, im Sinne der Zuständigkeit des Landeshaupt­manns, und zwar im gemeinsamen Vorgehen, unter Heranziehung der Bauhöfe erfol­gen, das sind auch wieder Kosten, das ist Bürokratie.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 100

Ich frage mich, ob wir so einen Schilderwald auf unseren Badestränden brauchen. Mei­ne Fraktion und ich halten das für einen typischen europäischen Schwachsinn, der ei­gentlich nur Kosten verursacht und keinen Nutzen für die Badegäste bringt. Ich muss mich schon fragen: Hat die EU wirklich keine anderen Sorgen, als sich um Dinge wie die Aufstellung von Tafeln an Badestellen zu kümmern? – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.27


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächste hat sich Frau Bundesrat Köberl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.27.10

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Krusche, ich denke, Information der Bürgerinnen und Bürger muss uns etwas wert sein, auch wenn das etwas kostet. Auf das andere gehe ich später noch ein.

Wie wir vom Kollegen schon gehört haben, behandeln wir in dieser Debatte zwei Ge­setze. Das ist auf der einen Seite das Epidemiegesetz, auf der anderen das Bäderhy­gienegesetz.

Bei der Novelle des Epidemiegesetzes handelt es sich sozusagen um eine Modernisie­rung im Gesetz oder eine Anpassung an das 21. Jahrhundert. Es haben ÄrztInnen und Krankenanstalten damit eine gesetzliche Grundlage, der Meldepflicht von anzeige­pflichtigen übertragbaren Krankheiten auch elektronisch nachzukommen, was bisher nur schriftlich in Form eines Briefes möglich war. Die Dateneingabe erfolgt direkt an das Register. Es entfällt daher die Eingabe bei den Bezirksverwaltungsbehörden, so­dass dort mit einer Entlastung zu rechnen ist.

Unter diesem Tagesordnungspunkt haben wir auch ein Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird. Grundlage für diese Änderung im Gesetz sind europarechtliche Vorschriften beziehungsweise deren Entwicklung. Es geht darum, der Öffentlichkeit während der Badesaison bestimmte Informationen, die Hygiene betref­fend, in nächster Nähe des Badegewässers zur Verfügung zu stellen.

Das, Herr Kollege Krusche, war bisher schon im Gesetz geregelt. In der Novellierung geht es eigentlich nur darum, dass die von den Landeshauptmännern beziehungswei­se von der Landeshauptfrau beauftragten Leute auch die Grundstücke an den Badege­wässern betreten dürfen, nämlich um diese Informationstafeln aufzustellen und zu war­ten beziehungsweise zu aktualisieren. Ich denke, dass dort, wenn sich an der Was­serqualität etwas ändert, durchaus Aktualisierungen angebracht werden und nicht das vom Vorjahr stehen bleibt.

Hätten wir diese Novellierung nicht vorgenommen, hätten wir ein Vertragsverletzungs­verfahren vonseiten der EU gehabt, und das wollen wir auch nicht.

Was ein Badegewässer ist – Kollege Krusche hat schon gesagt, dass wir in Österreich 267 Badegewässer haben –, ist in einem Kataster erfasst und wird von den jeweiligen Landeshauptleuten festgesetzt. Diese haben auch dafür zu sorgen, dass vor dem Beginn der Badesaison 2012 diese Informationen bereitgestellt werden. Ich denke, dass es sicherlich für jeden Badegast und für unseren Tourismus sehr wichtig ist, wenn man Informationen über die Wasserqualität hat, sich sicher sein und ohne Bedenken im Wasser planschen kann. Die Wasserqualität ist in Österreich unbestritten eine sehr gute, da brauchen wir keine Sorge zu haben.

Natürlich können wir die Werte der Badestellen auch im Internet abrufen. Es gibt sogar, habe ich gesehen, eine eigene App, die man sich auch aufs Handy laden kann, um das auch unterwegs griffbereit zu haben. Aber es hat nun einmal nicht jeder am Badeplatz ein Handy mit, und es gibt auch noch Menschen, die kein Internet haben; und da geht es, meine ich, um gleiche Information für alle.


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In einem gebe ich Herrn Kollegen Krusche recht: Man sollte bei der Aufstellung der Ta­feln unbedingt mit Sorgfalt vorgehen. Vielleicht hat man auch die Möglichkeit, das mit gewissen anderen Informationen, die an den Badestränden schon jetzt angebracht werden, auf einer Tafel zu vereinen, damit wir dort wirklich keinen Schilderwald haben.

In diesem Gesetz wird aber auch noch etwas anderes geändert, nämlich die soge­nannten Whirlpools oder Warmsprudelwannen, von denen immer wieder Gefahren ausgehen. Denn nicht nur wir fühlen uns in den Whirlpools wohl, sondern auch die Kei­me. Bisher hatten wir keine gesetzliche Grundlage, diese – wir finden sie oft in Well­nesshotels beziehungsweise in Saunabetrieben – bäderhygienisch zu untersuchen. In dieses Gesetz ist nun aufgenommen worden, dass das unabhängig von der Größe des Whirlpools möglich ist.

Meine Fraktion wird dieser Änderung gerne zustimmen, da sie wieder eine Verbes­serung im Gesundheitswesen darstellt. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.31


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Diesner-Wais zu Wort. – Bitte.

 


14.32.13

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren im Bundesrat! Wie wir schon gehört haben, behandeln wir heute zwei verschiedene Gesetze. Es sind zwar kleinere Novellen, aber sie sind trotzdem sehr wichtig für die Sicherheit unserer Bevölkerung.

Durch das Epidemiegesetz, das ich als erstes anführen darf, werden künftig die anzei­gepflichtigen Krankheiten gleich über das Internet, also auf elektronischem Weg ge­meldet. Das ist eine gute Sache, dadurch werden wir dem modernen Zeitalter gerecht. Nur ist es wichtig, dass auch der Datenschutz gesichert ist. Es geht natürlich alles schneller, dadurch kann auch schneller agiert werden, und das erhöht die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger.

In diesem Zusammenhang, Herr Minister, möchte ich gerne auch die Elektronische Ge­sundheitsakte, ELGA, ansprechen. Die voranzutreiben wäre, glaube ich, sehr wichtig. Dadurch könnte man nämlich verhindern, dass unsere Bürger Untersuchungen doppelt machen müssen, was oft vorkommt, und dass doppelt befundet wird. Um das in den Griff zu bekommen, wäre eben das Vorantreiben der elektronischen Gesundheitsakte, ELGA, sehr wichtig. Es wäre einerseits dem Wohle der Patienten dienlich, andererseits natürlich auch ein guter Akt für unsere Kassen; wobei, wie gesagt, die Datensicherheit hier ein besonders wichtiger Aspekt ist.

Wenn wir hinausschauen: Hier drinnen ist es nicht so warm, aber draußen haben wir ja in den vergangenen Tagen warme Temperaturen gehabt, und so auch heute. Das regt natürlich die Lust zum Baden an, und da kommt dieses Thema Änderung des Bäder­hygienegesetzes gerade richtig. Dazu gibt es eine Vorgabe von der EU, dass wir bei den Badegewässern Informationstafeln über die Wassergüte anbringen sollen. Wir re­geln mit diesem Gesetz auch die Duldungspflicht, um diese Vorgabe erfüllen zu kön­nen.

Was die Information betrifft: Das Thema Tafeln hin oder her, ich glaube, es wichtig, dass wir unsere Bevölkerung mit Informationen versorgen. Die geben wir jetzt eben vor Ort auf den Badestellen mit den Tafeln. Es ist aber auch möglich, diese per Internet auf der Homepage der AGES abzurufen.

Österreich ist ein Land des Tourismus, auch des Bade-Tourismus. Da ist es nur gut, wenn genug Informationen gegeben werden, damit jeder ausreichend Sicherheit beim Baden hat. Wir haben gute Wasserqualitäten in unseren Teichen und Seen, das hörten


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 102

wir schon bei diesem Tagesordnungspunkt und auch bei vielen anderen Tagesord­nungspunkten zuvor, und daher brauchen wir uns nicht zu schämen, dies auch kund­zutun.

Da Sie, Herr Kollege Krusche, gesagt haben: Was ist, wenn ich auf einen See komme und diese Tafel nicht vorfinde? – Dann sind Sie, glaube ich, auf einer falschen Bade­stelle, die nicht öffentlich ist. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Für eine bessere Information unserer Bürger wie auch für die Bewerbung unseres Tou­rismusstandortes Österreich ist dies ein guter Schritt nach vorne. Daher stimmt auch meine Fraktion diesem Gesetz zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.36


Präsident Gregor Hammerl: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


14.36.23

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Zum Tagesordnungspunkt 11, der No­vellierung des Epidemiegesetzes: Wir stimmen dem zu, wir finden es richtig. Ich möch­te natürlich, wie auch meine Vorrednerin, darauf hinweisen, dass die Wahrung des Da­tenschutzes hier ganz wichtig ist.

Allerdings möchte ich mit einem großen Irrtum aufräumen. Zu glauben, dass man be­sonders bei elektronischen Daten auf den Datenschutz achten sollte, und bei Daten in Papierform nicht, ist natürlich Nonsens. Papier ist nicht unbedingt das sichere Medium. Wir haben unfassbar viele Datenschutzverletzungen mit Daten auf Papier.

Interessant finde ich, und das ist auch der Punkt: Das Einzige, das ich jetzt noch kri­tisieren würde – es reicht nicht für eine Ablehnung, wir stimmen schon zu –, sagt auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts in seiner Begutachtung. Da wird näm­lich kritisiert, dass weiterhin als Alternative die schriftliche Übermittlung in Briefform möglich ist, weil eben genau das datenschutzrechtlich bedenklich wäre. – Aber wir stimmen dem Ganzen natürlich zu.

Herr Kollege Krusche! (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.) – Herr Bademeister Krusche, genau, danke. (Bundesrat Krusche: Das sind Sie !) Ich habe manchmal den Eindruck, Sie hören das Wort Europäische Union, dann tut sich irgendetwas in Ihrem Magen – und Sie müssen dagegen sein, einfach aus Prinzip. Also Sie haben mir nicht erklären können, was so schlimm daran ist, dass man an einen Badeplatz kommt und informiert wird, wie die Badewasserqualität ist.

Ich bin ein Onliner und habe ein Smartphone. Ich habe, ehrlich gesagt, nicht gewusst, wo ich nachschauen kann – bis heute, oder nein, bis gestern –, wo ich das finde. Ich habe das gar nicht gewusst. (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) – Wenn ich das nicht weiß, dann gehe ich davon aus, dass es sehr, sehr viele Menschen nicht wissen. (Beifall bei den Grünen. – Geh-Rufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Jetzt einmal ehrlich: Nun kann ich natürlich nicht sagen, wer nicht weiß oder nicht wusste, wo man die Information über die Badewasserqualität online findet, soll aufzei­gen; denn es wird jeder flunkern da herinnen, außer vielleicht meine zwei Kollegen. Hast du es gewusst? (Bundesrat Dönmez: Ja !) – Ach, weil du im Ausschuss warst. Na gut, okay.

Aber jetzt ganz im Ernst. Es ist doch wirklich überhaupt nichts dabei. Da werden Tafeln aufgestellt, die Menschen werden über die Wasserqualität informiert – Punkt. Das ist doch etwas Gutes! Und nicht nur das: Wenn ich in Tschechien, in Ungarn oder in Deutschland in ein Badewasser gehe, dann weiß ich, dort gibt es diese Tafeln. – Dan­ke, Europäische Union! Wir stimmen zu. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

14.39


Präsident Gregor Hammerl: Nächster Redner: Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 103

14.40.12

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Eine spontane Wortmeldung. Wenn das Bäderhygienege­setz auf der Tagesordnung steht, dann fühle ich mich irgendwie herausgefordert, weil man ja zu der eigenen Vergangenheit steht, 19 Jahre in Wien Bäder-Bezirksrat gewe­sen zu sein, Hunderte Bäder überprüft zu haben, egal, ob das jetzt in einer Wohnhaus­anlage einer Genossenschaft war, ob das öffentliche Bäder waren, Kinderfreibäder, „Planschbecken“ in einem Swingerklub oder wo auch immer. (Heiterkeit und Ah-Rufe.) Das gehört dazu, ja, das hat diese Kommission alles zu prüfen.

Das zeigt, dass hinter dem Bäderhygienegesetz schon mehr steht, weil es nach dem Bäderhygienegesetz zu einer kontinuierlichen Überprüfung, je nach der Größe, kom­men muss. Wenn man einmal nach dem Bäderhygienegesetz eine Badeanlage über­prüft, die nicht privat ist, einer einzelnen Person gehört, dann braucht man eine ganze Reihe von Befunden: Elektrobefund, Badewasserqualitätsbefund. Da kommt der Amts­arzt mit, ein Vertreter des Arbeitsinspektorats kommt mit. Man muss schauen, ob alles aushängt bezüglich Erster Hilfe, und so weiter, und so fort. Es ist das an sich eine spannende Geschichte.

Man sollte nicht unbedingt der Bäderhygiene-Kommission angehören müssen, um zum Beispiel zu wissen, welches Schwimmbad in Wien schon die dritte oder vierte Saison die Legionellen-Grenzwerte – dafür gibt es eigene Gutachten – überschritten hat. Da würde eine Information guttun.

Wenn ich etwas an diesem Gesetz ändern könnte, würde ich etwas anderes ändern. Ich würde das, was im Gesetz drinnen steht, nämlich dass der Besuch unangemeldet zu erfolgen hat, abändern. Da kommen Sie in der Früh in ein Kinderfreibad, und es ist nur die Putzfrau da. Da kann sich die zwölfköpfige Kommission die Füße in den Bauch stehen. Aber das kann auch in einem Swingerklub sein, da ist in der Früh niemand mehr da. Diese Kommissionen kommen immer in der Früh, damit man nicht mit den Badenden in Konkurrenz tritt, wobei ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen kann, selbst um 8.30 Uhr haben Sie in der Damen-Sauna schon ein Problem, weil die Damen werktags schon um 8.30 Uhr in die Sauna gehen. (Bundesrat Mag. Himmer: Die Da­men-Sauna hast du auch kontrolliert?) Eine Kommission kontrolliert alles, lieber Kol­lege Himmer!

Deshalb halte ich eine Information zum Beispiel über Badeseen für sehr sinnvoll, wür­de sogar eine solche Information erweitern.

Im Rahmen solcher Kommissionen werden auch alle Geräte überprüft, die sich im Um­feld einer Badeanlage befinden, zum Beispiel Kinderspielgeräte. Da bedarf es dann TÜV-Untersuchungen. All das muss man im Bäderhygienegesetz als ein großes Gan­zes sehen. Nicht nur den Wiener und Wienerinnen ist das Baden das Liebste, sondern es ist in Österreich eben eine Leidenschaft, und deshalb ist das Bäderhygienegesetz etwas ganz Wichtiges. Deshalb muss man auch darüber informieren.

So ein Schwimmbad muss auch eine Giftdatei führen. Chlor ist nämlich Gift. Ich habe in meiner Funktion in mehreren Schwimmbädern den Ernstfall angenommen, dass jetzt zum Beispiel ein Chlorgasunfall stattfindet, und den zuständigen Betriebsleiter aufge­fordert, eine Rettungsaktion zu machen. Nachdem ich ihn gefragt habe: Wo haben Sie denn die Unterlagen?, sucht und sucht und sucht der, und nach zehn Minuten habe ich dann gesagt, die Leiche ist jetzt schon angekommen. (Heiterkeit.)

Oder die Betriebstagebücher. Wie schaut das aus mit den Haarfanggeräten?, und so weiter. Das sind alles interessante Dinge. Sie lachen jetzt darüber, aber das ist ein Teil, der bei unseren Freizeitaktivitäten Gesundheit und Sicherheit garantiert, und deshalb sind ein Bäderhygienegesetz und die Information etwas Wichtiges. Deshalb ist das ein Riesenfortschritt, was da passiert.


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Aber vielleicht sollte man diese Kommissionen anmelden, dann muss man sich nicht ständig alle Befunde nachschicken lassen und sich nicht anhören: Das haben wir nicht, das haben wir nicht, und das haben wir nicht! Die professionellen Schwimmbäder ha­ben das natürlich alles vorliegen. Zum Beispiel die Stadt Wien verwaltet vieles zentral in der MA 44. Das heißt, die Giftdatei muss immer an das jeweilige Schwimmbad, wenn die Kommission kommt, zugeliefert werden, und so weiter.

So ein Haus braucht natürlich viele unterschiedliche Betriebssicherheiten. Sie haben sicherlich alle schon einmal in einem Schwimmbad Pommes frites mit Ketchup oder et­was Ähnliches gegessen. Im Rahmen der Bäderhygiene-Überprüfung werden auch Be­triebsstätten innerhalb von Badeanlagen und andere gewerbliche Anlagen mit über­prüft, wenn ich eingangs über Etablissements geredet habe. (Heiterkeit.) Es ist öffent­lich, hier springen Leute miteinander ins Wasser. (Neuerliche Heiterkeit.)

Zum Schluss kommend: Dass jetzt die Hot-Whirlpools hineinkommen – das ist sicher­lich bisher eine Gefährdungsstelle gewesen, was ich von den damaligen Überprüfun­gen noch weiß –, das ist auch ein wirklich beachtlicher Fortschritt.

Ich war herausgefordert bei der Novelle zum Bäderhygienegesetz, man steht zu seiner Vergangenheit. Das wollte ich nur anmerken. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.46


Präsident Gregor Hammerl: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


14.46.08

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben zwei Gesetze hier zur Behandlung und zum Beschluss vorliegen. Wenn es darum geht, das Epidemiegesetz der Zeit anzupassen, moderne Formen der Kommunikation einzuführen, dann ist diese Novelle heute ein wichtiger Schritt. Ich bedanke mich bei der Frau Abgeordneten Martina Diesner-Wais für den Hinweis auf das Elektronische Gesundheitsakte-Gesetz, dass das auch dringend und wichtig ist. Das ist richtig, das ist auch ein Schritt im Bereich des Epidemiegesetzes.

Wir haben zweitens auf Gesetzesebene die anzeigepflichtigen Erkrankungen festge­schrieben, aber es bleibt trotzdem dabei, dass der Gesundheitsminister im Rahmen ei­ner Verordnung diese um neu auftretende Krankheiten ergänzen darf.

Zum zweiten Gesetz, dem Bäderhygienegesetz. Der Herr Abgeordnete Schennach hat ja dargestellt, wie der Alltag so funktioniert, welch wichtige gesundheitspolitische Über­prüfung dieses Bäderhygienegesetz beinhaltet. Das darf man nicht unterschätzen. Und ich sage Ihnen, eine Demokratie, ein demokratisches Land lebt von Transparenz. Transparenz ist eine Voraussetzung, damit die Menschen die Demokratie auch leben können. Und wenn die Menschen nicht wissen, welche Qualität die Umwelt um sie herum hat, dann können sie auch nicht darauf reagieren. Insofern ist die Transparenz generell ein demokratisches Instrument, damit alle Menschen an der Demokratie auch teilhaben können.

Insofern sage ich noch einmal ganz bewusst, man kann über Kosten immer streiten, aber Transparenz ist wichtig. Gerade in einem Fremdenverkehrsland ist es wichtig, der Bevölkerung, den Nutzern von Badegewässern mitzuteilen, mit welcher Wassergüte, mit welcher Wasserqualität man rechnen kann.

Eines muss ich richtigstellen: In Österreich werden die ausgewiesenen öffentlichen Ba­degewässer zirka 14-tägig auf die Wassergüte überprüft. Diese 14-tägige Überprüfung stellt sicher, dass die Menschen ausgezeichnete und geeignete Badegewässer zur Verfügung haben. Ich denke, das ist wichtig, und das möchte ich hier auch in den Vor­dergrund stellen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.49



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 105

Präsident Gregor Hammerl: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geän­dert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Ap­ril 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.50.2113. Punkt

Jahresvorschau des BMG 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission für 2012 und des Programms des Ra­tes (Dänemark, Zypern) (III-452-BR/2012 d.B. sowie 8728/BR d.B.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir kommen nun zu Punkt 13 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Reisinger. Bitte um den Bericht.

 


14.50.42

Berichterstatter Friedrich Reisinger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Gesundheitsausschusses über die Jahresvorschau des BMG 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission für 2012 und des Programms des Rates liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 den An­trag, die Jahresvorschau des BMG 2012 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Europäischen Kommission für 2012 und des Programms des Ra­tes zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Köberl. – Bitte.

 


14.51.26

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die uns hier vorliegende EU-Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit für das Jahr 2012 steht ganz im Zeichen der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise. Daher zielen die meisten der angeführten Initiativen der EU-Kommission darauf ab, ei­nen Beitrag zu einem tragfähigen Wachstum, einer hohen Erwerbsquote und einer ge­rechten Gesellschaft zu leisten, und sind langfristig ausgerichtet.

Gesundheit ist ein sehr weit gefächertes Thema und betrifft jeden Bereich unseres Le­bens. Alles, was wir tun oder nicht tun, wofür wir uns entscheiden oder auch nicht ent­scheiden, hat Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Manches spüren wir gleich, man­ches wiederum erst nach längerer Zeit oder gar erst nach Jahrzehnten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Genau. Wenn man sich entscheidet, etwas Gesundes zu tun, und Ski


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fahren geht, kann das auch Auswirkungen haben, und man fällt dann drei Monate aus, so wie ich.

Gesundheit umfasst unsere Umwelt genauso wie unser soziales Lebensumfeld, unsere Lebensgewohnheiten, aber auch die Tier- und Pflanzengesundheit, die Hygiene, wie wir gerade gehört haben bei der Bäderhygieneverordnung, ebenso wie klinische For­schung, alles, was mit Arzneimitteln oder mit Medizinprodukten zu tun hat. Das Ge­sundheitswesen im Allgemeinen gehört genauso dazu wie die Gesundheitsberufe. Ich meine, dass fast jeder Beschluss, den wir in diesem Haus fassen, Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat.

Die uns vorliegende Jahresvorschau ist meiner Ansicht nach sehr gut gegliedert und übersichtlich. In der österreichischen Haltung sind auch Vorschläge beschrieben. Es ist alles sehr gut erklärt, warum Österreich dafür oder dagegen ist. Herr Minister! Dafür unseren herzlichen Dank, auch an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Das Arbeitsprogramm der Kommission konzentriert sich insbesondere auf künftige Ini­tiativen beziehungsweise für 2012 anstehende Initiativen. Es wird hier unter anderem ein Maßnahmenpaket zur Innovation im Bereich Gesundheit vorgelegt. Darin enthalten sind die Revision der Medizinprodukterichtlinie, die Anpassung der Klassifizierung von In-vitro-Diagnostik, eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der neuen psychoaktiven Substanzen und eine Änderung der Tabakprodukterichtlinie, wie zum Beispiel ein EU-weites Verbot des Internethandels mit Tabakprodukten. Es sind aber auch Vorhaben im Bereich der Tier- und Pflanzengesundheit enthalten, wie zum Beispiel die Moderni­sierung und Straffung von Rechtsvorschriften, die stärkere Konzentration auf Krank­heitsvorbeugung, die Beseitigung des Verwaltungsaufwandes beim Transport von Tie­ren und die Überarbeitung der Kontrollverordnungen.

Es werden in diesem Bericht aber auch Initiativen angeführt, welche bereits für 2013 geplant sind, wie etwa die Überarbeitung des Basisrechts in Bezug auf die ökologische Landwirtschaft oder die Entwicklung einer EU-weit angeglichenen Regelung zur Kos­tenbeteiligung und gemeinsamen Verantwortung im Rahmen des neuen EU-Tier­schutzgesetzes sowie die Verwendung von Techniken des Klonens zur Lebensmitteler­zeugung. Österreich hat wiederholt auf die Notwendigkeit und Wichtigkeit einer Rege­lung rund um das Klonen hingewiesen und sich dafür eingesetzt. Es ist erfreulich, dass nicht zuletzt auf Druck Österreichs die Schaffung eines horizontalen Regelungsrah­mens angekündigt wird.

Und schließlich konzentriert sich dieser Bericht auch noch auf Vereinfachungsinitia­tiven, wie zum Beispiel im Bereich der amtlichen Kontrollen entlang der Lebensmittel­kette oder eine Überarbeitung im Bereich der Veterinärarzneimittel, um die Verfügbar­keit von Veterinärarzneispezialitäten zu verbessern. Auch ein Hygienepaket bezüglich Fleischuntersuchungen und Untersuchung zusammengesetzter Erzeugnisse, welche sowohl pflanzliche als auch tierische Zutaten enthalten, ist unter den Vereinfachungs­initiativen.

In dieser Jahresvorschau wird auch berichtet, dass Maßnahmen im Bereich der öf­fentlichen Gesundheit gefördert werden, welche sowohl auf eine bessere Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger als auch auf einen besseren Schutz gegen grenz­überschreitende gesundheitliche Bedrohungen und eine bessere Qualität der angebo­tenen Gesundheitsversorgung abzielen. Es werden der Anti-Tabak-Politik sowie der Ernährung und körperlichen Bewegung wie auch alkoholbedingten Schäden und Krankheiten, die hoch spezialisierte medizinische Versorgung benötigen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Es ist auch sehr begrüßenswert, dass bereits ein weiteres Aktionsprogramm im Be­reich der öffentlichen Gesundheit für die Jahre 2014 bis 2020 unter dem Motto „Ge­sundheit für Wachstum“ in Ausarbeitung ist. Es soll sich auf vier Einzelziele kon-


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zentrieren, die ein hohes Potenzial für Wirtschaftswachstum durch mehr Gesundheit bieten. Dieses Aktionsprogramm bietet die einzige finanzielle Grundlage zur Umset­zung der EU-Gesundheitsstrategie sowie eine Unterstützung bei gesundheitspoliti­schen Maßnahmen. Dies könnte ohne dieses Aktionsprogramm der EU in den einzel­nen Staaten nicht durchgeführt werden.

Gesundheit ist ein sehr, sehr umfangreiches Gebiet, betrifft uns in allen Lebensberei­chen, und es müssen Schwerpunkte gesetzt werden. Es kann daher, denke ich mir, nicht alles in diesem Bericht vorkommen und auch nicht alles erledigt werden. Wir müssen aber die Verantwortung für unsere Bevölkerung wahrnehmen und die entspre­chenden gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen. Aber letztendlich, denke ich, ist jede Bürgerin/jeder Bürger für ihre/seine Gesundheit selbst verantwortlich.

Da uns die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger sehr wichtig ist, nehmen wir diese Jahresvorschau gerne zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.58


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


14.58.05

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt schwierig, von diesem sehr interessanten Bäderhygienegesetz herunterzukommen auf den relativ pragmatischen Bericht, der aber sehr gut ist. Das darf ich hier gleich vorwegnehmen. Die Einschaltquoten werden sich auf jeden Fall steigern, wenn wir hier beim Bäder­hygienegesetz über Swingerklubs und ähnliche Sachen von unserem Kollegen Bay­watch-Stefan Schennach hören (Heiterkeit), wenn wir hier auch über Bademeistertheo­rien sprechen oder wenn Kollege Krusche festgestellt hat: Dort, wo keine Tafel ist, ist kein Badesee. (Neuerliche Heiterkeit.) Also das gefällt den Zuschauern vor den Fern­sehschirmen sicher. Wir werden wahrscheinlich bald über die 100 000er-Quote kom­men; da bin ich mir sicher.

Jetzt aber zurück zur Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit. Wie Kollegin Johanna Köberl schon ausgeführt hat, ist es hier so, wie auch bei anderen Mi­nisterien, nämlich dass all diese Berichte verstärkt im Zeichen der Bewältigung der neu aufgeflammten Wirtschafts- und Finanzkrise stehen. Und die Prioritäten sind hier auch klar definiert: Es geht um Wachstum, Innovation, Schaffung und Sicherung von Arbeits­plätzen. Das ist, wie gesagt, auch aus diesem Bericht des Gesundheitsministeriums herauszulesen.

Die Europäische Kommission weist aber doch darauf hin, dass es für alle EU-Organe notwendig ist, Initiativen flexibel zu behandeln und, falls erforderlich, rasch Maßnah­men zu setzen, die die Abfassung eines Arbeitsprogramms in diese Richtung rasch in die Wege leiten.

Für das Jahr 2012 wurden unter anderem folgende Vorhaben ausgegeben: ein Maß­nahmenpaket zur Innovation im Bereich der Gesundheit, zum Beispiel die Revision der Medizinprodukterichtlinie, die Anpassung der Klassifizierung von In-vitro-Diagnostika, eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der neuen psychoaktiven Substanzen, eine Änderung der Tabakprodukterichtlinie – das haben wir schon gehört –, dann zum Bei­spiel ein EU-weites Verbot, über das Internet Tabakprodukte zu vertreiben sowie Vor­haben im Bereich der Tier- und Pflanzengesundheit.

Mit der Tier- und Pflanzengesundheit wird sich unser Chefökonom und hauptamtlicher Landwirt Ferdinand Tiefnig im Detail auseinandersetzen. (Heiterkeit.) Da werden wir si­cher einiges Besondere zu hören bekommen.


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Kurz zur Änderung der Tabakprodukterichtlinie: Die geltende Richtlinie zur Anglei­chung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Herstel­lung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen wurde in Österreich durch das Tabakgesetz sowie diverse diesbezügliche Durchführungsverordnungen um­gesetzt. Sie beinhaltet auch einige wesentliche Inhalte, deshalb sei unserer Raucher­kolonie das auch noch einmal in Erinnerung gerufen, zum Beispiel Festlegung der zu­lässigen Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxid-Höchstgehalte in Zigaretten, strengere Warnhinweise, zusätzliche Informationen über die Inhaltsstoffe in Tabakwaren, Verbot der Verwendung von Bezeichnungen wie „leicht“, „mild“ et cetera.

Diese EU-Richtlinie soll nunmehr einer Revision unterzogen werden. Die österreichi­sche Haltung dazu  auch für die Kollegin Kerschbaum, da gibt es in diesem Bericht immer auch eine ganz spezifische österreichische Haltung; der Herr Minister hat sich da sehr ins Zeug gelegt –:

„Die Bestrebungen der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der Tabakproduk­te-Richtlinie werden ... grundsätzlich befürwortet. Begrüßenswert erscheinen insbeson­dere die Einbeziehung und Regelung von neuen Produkten wie E-Zigaretten, ein EU-weites Verbot des Internethandels“ – wie schon vorher angesprochen – „mit Tabakpro­dukten, die Einführung von kombinierten Warnhinweisen, der verpflichtende Aufdruck von Quitlines“ – also Telefon-Hotlines, um das ein bisschen zu verdeutlichen – „(Tele­fon-Hotlines zur Hilfestellung bei der Suchtbewältigung) auf jeder Zigarettenpackung“.

Das hat natürlich auch schon spezielle Auswüchse, wie zum Beispiel in Australien, wo es wirklich auch Schockbilder auf Zigarettenpackungen gibt. Das ist in der EU in dieser Form noch nicht angedacht.

Zum Paket für Innovation im Bereich Gesundheit: Da haben wir drei Schwerpunkte, zum Beispiel Förderung von Innovationen bei Medizinprodukten zum Nutzen von Pa­tientinnen und Patienten, VerbraucherInnen und Beschäftigten im Gesundheitswesen. In der diskutierten Mitteilung wird erklärt, warum eine weitere Verbesserung des Regel­rahmens erforderlich ist, um angesichts neuer Entwicklungen, insbesondere im Alten­bereich und der Informationstechnologie, Innovationen bei Medizinprodukten zu för­dern.

Österreich begrüßt diese Initiative, weil Medizinprodukte neben den Arzneimitteln einer der Hauptträger der modernen Medizin sind und durch eine besondere Dynamik dieser Sektor auch wesentlich zum Fortschritt in der Medizin beitragen kann. Besonders wich­tig bei diesem Maßnahmenpaket ist, dass die Balance zwischen raschen Produktent­wicklungen und die Gewährleistung der Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte im­mer sichergestellt wird.

Jetzt noch zu den Punkten 2 und 3, Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika – das ist ein Begriff für Medizinprodukte zur medizinischen Laboruntersuchung von aus dem Körper stammenden Proben. Da sollen die Vorschläge gewährleisten, dass der Rege­lungsrahmen weiterhin Innovationen in dem Bereich fördert und gleichzeitig die Sicher­heit der Patienten garantiert. Österreich befürwortet natürlich diese Bestrebungen der Europäischen Kommission zur Revision der Medizinprodukterichtlinie und ihrer weite­ren Straffung und Harmonisierung in zwei separat geplanten Verordnungen.

Zum Punkt neue psychoaktive Substanzen: Der Informationsaustausch, die Risikobe­wertung und die Kontrolle neuer psychoaktiver Substanzen ist gleichfalls ein schwieri­ger Bereich. Auf Basis des EU-Drogenaktionsplanes 2009 bis 2012 wurde festgestellt, dass es gravierende Probleme gibt. Es besteht höchster Handlungsbedarf, weil der Konsum der angebotenen Substanzen und Produkte und die gesundheitlichen Auswir­kungen weitestgehend unerforscht und die Risiken daher auch kaum einschätzbar sind und weil der gebotene Beitrag zum Schutz der potenziellen Konsumentinnen und Kon-


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sumenten nicht mehr hinreichend gewährleistet werden kann. Österreich wartet, harrt der Dinge, die da kommen, und wir werden uns dann den entsprechenden Vorschlag auch sehr genau anschauen. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Zum Abschluss vielleicht noch zu den Drogenausgangsstoffen: Hintergrund für diese Gesetzesinitiative, mit der die Verordnung geändert werden soll, ist besonders das Abzweigungsrisiko, also die Extraktion bei Arzneimitteln, insbesondere bei Tabletten, die die Drogenausgangsstoffe Ephedrin und Pseudoephedrin enthalten. Die geplante Änderung wird zwar eine Erhöhung des Verwaltungsaufwandes für das Bundesministe­rium für Gesundheit mit sich bringen. Dennoch wird diese Maßnahme stark befürwor­tet, da sie als geeignet angesehen wird, der Abzweigung der Drogenausgangsstoffe  wie erwähnt also Ephedrin und Pseudoephedrin  beim Handel mit Drittstaaten wirk­sam zu begegnen.

Das wirklich jetzt in aller Kürze zu einigen Punkten aus diesem sehr interessanten Be­richt, Herr Minister Stöger. Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion auch bei den MitarbeiterInnen in Ihrem Ministerium für diesen Bericht. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

15.06


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


15.06.25

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Mayer, wenn du es mir nicht gesagt hättest, wäre es mir gar nicht aufge­fallen! – Nein, ich muss sagen, bei diesem Bericht ist wirklich auffällig, wie übersichtlich er ist und wie detailliert die österreichischen Positionen dargestellt sind – das würde ich jedem anderen Ministerium als Vorbild empfehlen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher die Zustimmung und natürlich die Kenntnisnahme und auch ein Dank an den Herrn Minister und seine MitarbeiterInnen, die das aufbereitet haben. Es ist wirklich vorbildlich, und ich glaube, es ist auch interessant für jeden Mann und jede Frau, so etwas zu lesen. Es ist ein Überblick über das, was derzeit in der Europäischen Union in dem Bereich passiert und wie Österreich dazu steht – optimal.

Zwei Punkte möchte ich nur – da es nichts zu kritisieren gibt – ansprechen. Beim The­ma psychoaktive Substanzen – was wir ja erst vor Kurzem auch hier als Gesetz be­schlossen haben – möchte ich nur noch einmal darauf hinweisen, dass es bei den neu­en psychoaktiven Substanzen einfach so ist, dass jede Woche irgendjemandem etwas Neues einfällt, und insofern ist die Aufklärung und Information der Leute und vor allem der Jugendlichen darüber, was diese Substanzen wirklich verursachen können, so wichtig. Es geht da weniger um die Sucht als um das, was sie insgesamt verursachen können. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema, und ich denke, da haben Sie auch die richtige österreichische Position und Haltung dazu.

Ein zweites Thema, das ich noch kurz ansprechen wollte, ist das Verwenden von Tech­niken des Klonens zur Lebensmittelerzeugung. Als ich das gelesen haben, dachte ich: ganz etwas Neues. – Die österreichische Haltung ist nicht uninteressant. Es ist die Re­de vom Verbot der Anwendung der Klontechnik mit Ausnahmebestimmungen für For­schung und Entwicklung sowie medizinische Zwecke, wobei ich nicht verstehe, warum wir das mit der Forschung und Entwicklung in Österreich jetzt unbedingt ausnehmen müssen.

Das Verbot des In-Verkehr-Bringens von Lebensmitteln geklonter Tiere ist an und für sich das, was das Europäische Parlament wünscht. Zusätzlich kommt dann noch der Aufbau von Rückverfolgbarkeitssystemen, was jetzt nicht ganz logisch ist: Wenn ich es


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verbiete, brauche ich eigentlich das Rückverfolgbarkeitssystem nicht unbedingt, aber das ist vielleicht mehr oder weniger im Hintergrund notwendig.

Auch bei der verpflichtenden Kennzeichnung von Lebensmitteln von Nachkommen ge­klonter Tiere stellt sich wieder die Frage, was wir eigentlich wollen: Wollen wir wirklich das Verbot, das auch das Europäische Parlament sich vorstellt und das ich auch be­grüßen würde, oder wollen wir nur die Rückverfolgbarkeit – sprich: Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit –, damit jeder weiß, was er da zu sich nimmt?

Wenn ich mir noch etwas wünschen dürfte, würde ich mir gerade bei so einem Thema wünschen, dass man noch näher beschreibt, was da europaweit unterwegs ist. Wenn man googelt, findet man auch, dass es offensichtlich 2013 eine intensivere Debatte darüber geben soll und dass Kommission und Rat da doch eine etwas andere Linie vorsehen, als sie der österreichischen Haltung oder sogar dem Europäischen Parla­ment entgegenkommen würde.

Wie gesagt, ich würde mir wünschen, dass Sie da auch auf Information setzen, denn ich glaube, da steht die Zivilbevölkerung zu 100 Prozent hinter Ihnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand Interesse an Importen von geklontem Fleisch oder Lebensmitteln hat. Insofern denke ich, da haben Sie die 99-prozentige Unterstützung der österreichischen Bevölkerung, und wenn Sie da noch mehr informieren, dann den­ke ich mir auch, dass die österreichische Zivilbevölkerung da bereit ist, auch die öster­reichische Haltung zu unterstützen. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

15.09


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster ist Herr Bundesrat Tiefnig zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.10.13

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte KollegInnen des Bundesrates! Die Legislativprogramme der Euro­päischen Union sind für das Gesundheitsministerium genauso wichtig wie alle Pro­gramme auch für die anderen Ministerien in der Legislative der Europäischen Kommis­sion.

Für uns im Lebensmittelbereich ist es besonders wichtig, dass Tier- und Pflanzenge­sundheit vorherrschen, besonders im Bereich der Lebensmittelkette. Im Bereich Le­bensmittel, Lebensmittelsicherheit hat Österreich einen unschätzbaren Wert, und wir sehen, dass auch im Programm niedergeschrieben ist, dass besonders der Codex Ali­mentarius, österreichische Lebensmittelsicherheit, als Vorzeigemodell oder als zu­künftige Richtlinie herausgestrichen und dies auch als Beispiel für die europäische Le­bensmittelsicherheit herangezogen wird.

Ein wichtiger Punkt ist aber auch das Thema Gentechnik, das Verbot des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen. Dass Österreich die Selbstbestimmung auch in Zukunft beibehalten muss und wird, dafür wird sich auch Minister Berlakovich, aber auch Sie, Herr Minister Stöger, sehr gerne einsetzen, da es uns wichtig ist, auch in der Landwirtschaft eine dementsprechende Transparenz von gentechnikfreier Produktion oder ebensolchem Saatgut darzustellen.

Das Thema Klonen wurde von meinen Kollegen schon entsprechend ausgeführt. Ich durfte vor einigen Jahren in den USA sehen, wie das Klonen funktioniert. Es wird im­mer propagiert, wir müssen in Zukunft die Lebensmittelsicherheit für die Weltbevölke­rung herstellen, wir müssen die Versorgungssicherheit gewährleisten, damit auch die Menschen in den Drittländern Lebensmittelsicherheit haben, aber in Wirklichkeit steckt nur wirtschaftlicher Profit dahinter. Ich sage, wenn die Länder, ob jetzt der Sudan oder andere afrikanische Länder, jene Gelder, die sie in Rüstung investieren, in Zukunft in


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Lebensmittel investieren würden, dann bräuchten wir sicherlich das Klonen nicht. Es ist mehr ein wirtschaftlicher Faktor als ein Faktor der Lebensmittelsicherheit.

Ein weiterer Punkt ist natürlich auch das Thema Arzneimitteleinsatz bei Rindern. Fut­terarzneimittel sind ein Thema, wo Österreich wenig Zugang zu den Arzneimitteln hat. Da sollte der Markt durch eine Europäisierung geöffnet werden. Trotzdem ist Vorsicht geboten, denn die Qualität der österreichischen Lebensmittel hat einfach einen hohen Standard. Besonders mit unserem AMA-Gütesiegel haben wir europaweit sicherlich den höchsten Level. Produkte mit dem AMA-Biozeichen sind die Herzeigeprodukte, die auf europäischen Märkten sehr stark nachgefragt werden.

In diesem Sinne kann ich Ihnen, Herr Minister, nur sagen: Bleiben Sie in diesen Berei­chen auch weiterhin dran, damit unsere Landwirtschaft Zukunft hat, damit die Men­schen in Österreich sichere Lebensmittel haben!

Wir im Bundesrat haben das Glück, dass wir auch bei entsprechenden Vorschlägen, welche von der Europäischen Kommission kommen, immer wieder die Möglichkeit einer Subsidiaritätsrüge, einer Subsidiaritätsklage haben. Daher ist es wichtig, dass wir diese Berichte schon im Vorfeld erhalten, damit wir diese Szenarien, wenn sie wirklich in Anspruch genommen werden müssen, auch dementsprechend einleiten können.

Eine weitere Frage habe ich noch zum Bereich Berufsqualifikationsrichtlinie der Eu­ropäischen Union, insbesondere zu den Zugangsvoraussetzungen für Pflegeberufe. Wie wird sich diese Entwicklung weiter fortsetzen? Da haben wir ja das Problem, dass für den Zugang eine mindestens zwölfjährige Ausbildung erforderlich sein wird und wir im Pflegebereich jetzt schon eher das Problem haben, dass zu wenig Personal vor Ort ist. Mit einer Ausweitung der Lehrzeit wird sich das Problem noch immens verstärken. Vielleicht können Sie mir auf diese Frage noch eine Antwort geben.

In diesem Sinne kann ich nur sagen, unsere Fraktion wird dem Bericht natürlich gerne zustimmen, und wir danken den Mitarbeitern des Ministeriums für ihre Arbeit. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stö­ger. – Bitte.

 


15.14.30

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es geht darum, dass die Positio­nen Österreichs in der Europäischen Union auch transparent dargestellt werden. Die Europäische Union ist ein wichtiges Instrument, um in der europäischen Gemeinschaft gemeinsame Politik zu machen, und das soll nicht versteckt werden hinter einer unver­ständlichen Politik.

Ein Auftrag ist, die Positionen auch klar und deutlich darzustellen. Ich bedanke mich für Ihre Einschätzung, dass das eine klare Berichtsvorlage ist, nämlich was im Gesund­heitsbereich in der Europäischen Union auch durchaus kontrovers diskutiert wird.

Ein Thema, das kontrovers diskutiert wird, ist die Frage, wie wir mit der Information be­treffend verschreibungspflichtige Medikamente in Europa umgehen. Da haben wir als Österreicher eine klare Position und sehen, dass in manchen Fragen viel Bürokratie entwickelt wird und dass kein zusätzlicher Nutzen für Patientinnen und Patienten ent­steht. Daher haben wir uns klar dagegen ausgesprochen und auch Initiativen ergriffen, dass dies in Europa nicht umgesetzt wird.

Wir haben ein zweites großes Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen, das ist die Frage der Preisfestlegung von Humanarzneimitteln innerhalb der Kranken-


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versicherungssysteme. Da hätte die Europäische Union den Druck auf uns gerichtet, die Zeit der Zulassung beziehungsweise der Aufnahme in den Erstattungskodex zu verkürzen, was dazu führen würde, dass die Preisbildung im Interesse von Patien­tinnen und Patienten zum Vorteil von Unternehmen, die diese Produkte anbieten, hint­angehalten wird. Auch da haben wir eine klare Position eingenommen.

Ich denke, bei einem Thema, das hier aufgegriffen wurde, nämlich psychoaktive Sub­stanzen, haben wir in Österreich tatsächlich eine Vorreiterrolle eingenommen. Die Eu­ropäische Union ist auch bereit, ähnliche Modelle wie dieses österreichische Vorbild oder das, was wir in Österreich national geregelt haben, umzusetzen. Da sind wir ger­ne bereit, auch mitzuwirken.

Zum Thema Klonen: Die Position in Österreich ist ganz klar: Wir wollen nicht, dass ge­klonte Tiere in die Lebensmittelkette kommen. Das ist klar, da gibt es eine klare Po­sition. Zur Frage der Nachverfolgbarkeit: Da geht es um potenzielle Nachfolger von ge­klonten Tieren, die dann in die Lebensmittelkette kommen. Da ist eine klare Position, dass wir das nicht wollen. Realistisch könnte aber sein, dass es jedenfalls nachvoll­ziehbar wird, ob ich jetzt ein Lebensmittel vor mir habe, das seinen Ausgangspunkt bei einem geklonten Tier hat. Meine Position ist, dass wir das nicht wollen, aber in der europäischen Diskussion muss klar und deutlich gesagt werden, dass auch die Nach­folgeprodukte jedenfalls gekennzeichnet sein müssen.

Natürlich, und das muss man auch dazusagen, brauchen wir die Technik des Klonens auch im Bereich der Forschung, zum Beispiel bei Hautprodukten, um künstliche Haut zu erzeugen. Da macht das durchaus Sinn, und insofern ist das auch aus meiner Sicht wichtig.

Zum Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich GVO, also gentechnisch veränderter Orga­nismen, ist die österreichische Position klar, da haben wir uns auch schon gegen die vorherige Kommission durchgesetzt. Es hat auch Kommissionspräsident Barroso klar und deutlich gesagt, er ist für ein Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedsstaaten in der Frage der Ausbringung von gentechnisch veränderten Organismen. Die österreichi­sche Position ist für die gesamte Bundesregierung ganz klar, und wir werden diesen Weg auch weitergehen.

Richtig ist, dass wir eine Berufsqualifikationsrichtlinie haben. Da ist es so, dass in der europäischen Diskussion eigentlich nur die Länder Österreich und Deutschland bei einer zehnjährigen Berufsqualifikation bleiben wollen. Die realistische Situation ist, dass wir das nicht halten können, weil zwei Mitgliedsstaaten einfach zu wenig sind. Ich habe aber in der österreichischen Diskussion eines klar und deutlich gesagt: Wenn wir auf zwölfjährige Schulbildung als Voraussetzung für den Einstieg in Pflegeberufe set­zen wollen, dann müssen da alle Formen der Ausbildung zählen.

Es kann nicht sein, dass nur Ausbildungen ab einem gewissen Qualifikationsniveau – sage ich jetzt – heranzuziehen sind, sondern mir geht es darum, dass zum Beispiel auch Personen, die das im zweiten Bildungsweg neben dem Erstberuf erlernen, diese Zeit angerechnet bekommen. In diese Richtung werden wir innerstaatlich vorgehen und die Entscheidung der Europäischen Union in diesem Sinne abwarten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

15.20


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 113

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.20.4814. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1710 d.B. und 1741 d.B. so­wie 8722/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tages­ordnung.

Der zuständige Bundesminister Töchterle wird, so habe ich gehört, in wenigen Minuten bei uns sein; er ist nur kurz aufgehalten worden.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Junker. Bitte um den Bericht.

 


15.21.16

Berichterstatterin Anneliese Junker: Sehr geehrte Präsidentin! Herr Minister! Ich be­richte aus dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universi­tätsgesetz 2002 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstel­lung:

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Lange hat die Verzögerung nicht gedauert: Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Töchterle sehr herzlich hier bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemei­ner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster ist Herr Bundesrat Saller zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.22.16

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Planbarkeit, Klarheit, weniger Bürokra­tie, rasche Entscheidungen – das alles sind Dinge, mit denen wir tagtäglich in vielen Lebensbereichen zu tun haben, und wir alle haben uns weitgehend nach diesen Din­gen zu richten.

Zum Funktionieren der demokratischen Spielregeln brauchen wir diese Dinge, und so gelten diese auch für den universitären Bereich. Genau dort gelten diese Dinge auch – Planbarkeit, Klarheit, weniger Bürokratie, rasche Entscheidungen.

Wir wollen die besten Köpfe in Österreich und auch in Europa. Wir alle wissen, Wis­senschaft bedeutet Forschung, Veränderung, Neues, neue Bedingungen, und das kommt nicht von selber. Dazu muss man auch einen Beitrag leisten. Da muss man et­was machen und etwas erreichen. Eine Wissenschaftsgemeinschaft in Österreich ist sicher ebenso anzustreben.

Die Neuregelung der Inskription zu Diplom- und Bachelorstudien bringt diese notwendi­ge Planbarkeit und Klarheit. Wir gehen also mit Sicherheit wieder einen großen Schritt vorwärts.


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Wichtig ist – und das möchte ich besonders hervorheben –, dass diese Neuerung aus der Praxis kommt; sie ist nicht alleine in einem stillen Kämmerlein entworfen worden, sondern vielmehr in guter Zusammenarbeit mit der Österreichischen Hochschüler­schaft und der Universitätenkonferenz – und dafür ist dem Herrn Minister auch ganz besonders zu danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Die letzte Regelung führte ja bekannterweise nicht zum gewünschten Erfolg, und so kam es zur Vorverlegung der Zulassungsverfahren auf den 5. September beziehungs­weise 5. Februar. Es ist Gott sei Dank auch für Härtefälle vorgesorgt worden – wenn jemand krank ist, ein Sozialjahr macht oder die Matura später macht –, sodass es auch die Möglichkeit der Zulassung innerhalb einer Nachfrist gibt. Ich glaube, das ist auch sehr wichtig, dass man das sagt und dass man diese Möglichkeiten offen lässt – für eine Situation, wo die Leute vielleicht gar nichts dafürkönnen und vielleicht wieder viel Zeit verlieren würden.

Weitere Verbesserungen gibt es auch für Doktoratsstudierende. Wartezeiten sind über­all eine sensible Sache. Im Alltagsleben begegnet uns das fast jeden Tag irgendwo, irgendwann, und so ist die Wartezeit gerade im universitären Bereich natürlich auch und besonders zu beobachten und besonders darauf Rücksicht zu nehmen. Die Ver­besserung bedeutet für Doktoratsstudierende, dass sie jederzeit eine Zulassungsmög­lichkeit haben, und das wiederum bedeutet natürlich eine qualitative Verbesserung und speziell die Vermeidung von Wartezeiten.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die beschleunigte Nostrifizierung. Die bisherige Frist von sechs Monaten wurde auf drei Monate verkürzt – inklusive verschiedener Begleit­maßnahmen. Das bedeutet unter anderem auch eine verbesserte Berufsanerkennung von Akademikern aus Drittstaaten. So können diese rascher qualifizierte Berufe ergrei­fen, können sich darauf einstellen und können das also früher angehen als vielleicht er­wartet.

Sehr geehrte Damen und Herren, ansprechen möchte ich auch noch das Studieren im Alter, das Studieren der älteren Generation mit akademischem Abschluss. Wir alle wissen, bei Seniorenstudenten – dafür gilt derzeit ein Alter von 55 Jahren für Frauen und von 60 Jahren für Männer; und es gibt ja in Österreich derzeit nicht weniger als ungefähr 3 300 Seniorenstudenten – gilt es natürlich auch viel zu berücksichtigen, Rücksicht zu nehmen, diese Herausforderungen anzunehmen. Vielleicht fehlt da sehr oft das Verständnis – das ist durchaus möglich –, warum man da plötzlich zu studieren beginnt; also da gibt es oft andere Situationen als für viele andere Studenten. Das möchte ich auch besonders hervorheben.

So müssen wir in Wissenschaft und Forschung weiterhin kräftig investieren – das be­deutet: für die Zukunft etwas tun, für die Forschung etwas tun, für die Entwicklung et­was tun. Ich danke dem Herrn Minister für die weitere Sicherung und Bereitstellung der finanziellen Mittel. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

15.27


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Blatnik zu Wort. – Bitte.

 


15.28.02

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Gospa president! Herr Bundesminister! Gospod zvezni minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kol­lege hat eigentlich die Schwerpunkte schon erwähnt, deswegen werde ich eine Zusam­menfassung machen, warum wir – meine Fraktion – diesem Gesetz zustimmen.

Dieses Gesetz – und das hat auch mein Kollege und Vorredner schon gesagt – bringt eine bessere Planbarkeit sowohl für die Universitäten als auch für die Studenten und


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Studentinnen. Eine bessere Planbarkeit für die Universitäten wird selbstverständlich durch diese vorverlegte Inskriptionsfrist gewährleistet, wobei wir im Ausschuss gehört haben, dass selbstverständlich individuelle Härtefälle berücksichtigt werden. Eine bes­sere Planbarkeit bei den Universitäten erfolgt durch bessere Ressourcenplanung, aber auch bessere räumliche Versorgung.

Dieses Gesetz bringt mehr Klarheit und weniger Bürokratie an den Universitäten, was sicherlich ein ganz großer Vorteil ist. Dieses Gesetz bringt eine einfache Anerkennung von Universitätsabschlüssen, denn künftig muss schnell entschieden werden, ob eine im Ausland erworbene Qualifikation einer inländischen Qualifikation entspricht. Gerade diese Verkürzung der Anerkennungsfrist ist deswegen so wichtig, weil wir dieses Qua­lifikationspotenzial besser und schneller nützen können.

Was auch ich betonen will – was mein Kollege und Vorredner gleichfalls schon gesagt hat –, ist die Vorgangsweise, das Wie. Wie ist dieser Vorschlag entstanden? – Ge­meinsam: gemeinsam mit Rektoren, gemeinsam mit Studenten und Studentinnen, und das sollte eigentlich beispielhaft für alle anderen Bereiche sein.

Dass wir gemeinsam etwas beschließen, heißt, dass wir gemeinsam dahinterstehen und das auch gemeinsam vertreten können. Das ist ein ganz großer und wichtiger Vor­schlag, vor allem die Vorgangsweise dieses Vorhabens.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz ist sicherlich ein wichtiger und richtiger Schritt in die richtige Richtung, und es freut mich sehr, dass es heute einstimmig be­schlossen wird. Ich möchte mich auch im Namen unserer Fraktion bei allen recht herz­lich dafür bedanken.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke. – Hvala. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

15.31


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Pisec zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.31.34

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im dritten Anlauf hat es jetzt geklappt, das mit den besseren Planungsbestimmungen und den Zulassungsbe­stimmungen für Österreichs Universitäten. – Danke vielmals!

Wenn ich aber erinnern darf: Das war nicht immer so. Letztes Jahr um diese Jahres­zeit, als ich hier am Rednerpult gestanden bin, habe ich von der Freiheitlichen Partei mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass diese Planbarkeit mit dem Anmeldesystem, das damals propagiert worden ist, nicht gewährleistet werden kann, und genauso ist es auch gekommen. Herr Minister, Sie als Lateiner würden wahrscheinlich sagen: quod erat demonstrandum.

Genau das ist eingetreten, was wir prophezeit haben: ein Chaos beim Anmeldesystem im Herbst für österreichische Studierende mit Drei- und Mehrfachanmeldungen. Genau darauf haben wir hingewiesen.

Ein Jahr später haben Sie dieses Gesetz repariert. – Danke vielmals! Es ist passend, es ist geeignet für österreichische und aus der EU kommende Studierende. Die Zulas­sungsfristen sind jetzt auf acht Wochen erstreckt, über die freie Zeit im August hinaus, das ist auch positiv. Letztes Jahr war es bis 31. August; bis 5. September ist vorteilhaft, weil die Institute bekanntlich meistens den ganzen August geschlossen sind. – Das ist auch Planbarkeit.


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Weiters gibt es Planbarkeit, was das Masterstudium betrifft. Ich darf darauf hinweisen, dass Sie vielleicht der Autonomie der Universitäten schon vorgreifen, denn diese Zu­lassung zum Masterstudium außerhalb der Zulassungsfrist und der Nachfrist gibt es schon an der Hauptuniversität am „neuen Universitätsring“. Das ist bereits festgehal­ten. Da ist also der Gesetzgeber, da ist die Legislative hintennach. Ob das so sein soll­te, bleibt dahingestellt. Wenn es der Autonomie der Unis dienlich ist, und diese dürfen das schon, soll es auch so sein; üblich ist es aber nicht. Wir Freiheitliche forcieren und fördern immer die Autonomie der Universitäten, und dies ist sicherlich in jedem Sinne vorteilhaft.

Wenn ich als Wiener kurz auf die größte Universität Österreichs hinweisen darf, auf die Universität Wien, die sogenannte Hauptuni, so ist diese bereits vor 130 Jahren errichtet worden. Die Universität selber gibt es ja bekanntlich seit Ende des 14. Jahrhunderts. Es ist schön für die Studierenden, dort zu studieren. Es sind lichtdurchflutete Räume, hohe Räume, gute Forschungszentren für die Wissenschaft und für die Lehre, daher ersuche ich – wenn Fakultäten ausziehen –, dass dieses Gebäude in Zukunft nicht zum allgemeinen Verwaltungsgebäude für österreichische Bürokraten degradiert wird. Ich darf ersuchen, dass es für die österreichischen Studierenden im Sinne der For­schung und Lehre erhalten bleibt, weil es für alle angenehm ist, dort zu studieren.

Als Negativbeispiel darf ich als Wiener das Universitätszentrum in der Althanstraße an­führen. Dieses ist bekanntlich weniger als 30 Jahre alt, baufällig, muss wahrscheinlich abgerissen werden – also das versteht man sicherlich nicht unter angenehmen Stu­dienbedingungen für die Studierenden. Da ist die Universität Wien aus der Gründerzeit Österreichs Ende des 19. Jahrhunderts sicherlich beispielhaft, und dies ersuche ich, im Sinne der Forschung und Lehre zu erhalten.

In diesem Sinne dürfen wir Freiheitliche dem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ, bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

15.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dönmez zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.35.07

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause! Auch wir werden dieser Gesetzesvorlage natürlich unsere Zustimmung geben, denn Planbarkeit ist für alle Beteiligten von Vorteil.

Was den Bereich Nostrifizierungen betrifft, ist auch das zu begrüßen, denn in der Vergangenheit war es ja so, dass die Betroffenen wirklich im Kreis geschickt worden sind. Selbst bei der Stelle, an der sie dann angelangt sind, konnte ihnen nicht weiterge­holfen werden. In diesem Sinne ist es zu begrüßen, dass es nun zwei Stellen – eine beim Ministerium und eine bei der Universität, wo das Studium begonnen werden soll – und konkrete Ansprechpersonen gibt, die eben die Abwicklung der Nostrifizierungen vornehmen. – Das ist der eine Bereich.

Erlauben Sie mir, ganz kurz etwas auszuholen. Vor Kurzem haben wir den 1. Mai be­gangen – in unterschiedlicher Manier: Die SPÖ hat in Oberösterreich am Linzer Haupt­platz den 1. Mai begangen; die Freiheitliche Partei ist im Bierzelt bei Brathuhn und Bier zusammengekommen; die ÖVP-Kollegen haben sich zu einer Arbeitssitzung ins Hein­rich-Gleißner-Haus zurückgezogen; wir Grüne haben uns im Ars Electronica Center mit einigen Jugendlichen zusammengesetzt und haben ihnen zugehört, wo sie der Schuh drückt, welche Ängste und Befürchtungen sie haben, und was sie sich von uns Politi­kern wünschen.


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Ich möchte die Gelegenheit hier sozusagen ganz kurz nutzen, um kundzutun, was uns mitgeteilt worden ist. Es war ein Jugendlicher dabei, der Internationale Entwicklung stu­dieren wollte oder will und jetzt sozusagen sein Studium nicht antreten kann, weil es aufgrund von Geldmangel gestrichen wird.

Ich finde, es ist höchst bedenklich, wenn man in einem Land beim Humankapital – zu dem Wort kann man stehen, wie man möchte – den Sparstift danach ansetzt, was für die Wirtschaft nützlich ist, und in der Geisteswissenschaft, im künstlerischen Bereich oder im musikalischen Bereich werden eher prekäre Verhältnisse vorgefunden. Das ist nicht das Umfeld, das wir unseren Jugendlichen aufbereiten sollten.

Hier sind wir alle gefordert und insbesondere Sie, Herr Minister, denn einer der Berei­che, den Sie verantworten, hat mit Zukunft und Innovation und Forschung zu tun, und das ist es, was unser Land vorwärtsbringt. Da den Sparstift anzusetzen, halte ich für total daneben – um es milde auszudrücken.

Wir müssen viel mehr in Forschung und Entwicklung, in erneuerbare Technologien in­vestieren. Da haben wir in Österreich gerade noch die Marktführerschaft, was diesen Bereich betrifft. Wir können mit den Firmen, die wir in Österreich haben, mit den Bil­dungs- und Forschungseinrichtungen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass in diesem Bereich einiges weitergeht und Österreich da eine Vorreiterrolle einnimmt. Nur: Dazu muss man Geld in die Hand nehmen, und die Politik entscheidet, wofür das Geld ausgegeben wird.

Ich wünsche mir, dass Bildung und Forschung an oberster Stelle stehen, oberste Prio­rität haben, und in diesem Sinne werden wir dieser Gesetzesmaterie natürlich zustim­men. Ich hoffe, dass nicht alles unter dem Aspekt der Nützlichkeit für die Wirtschaft be­trachtet wird, wenn es um Finanzierungen für die unterschiedlichen Studienrichtungen geht. – Herzlichen Dank. (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

15.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bevor ich dem Herrn Minister das Wort er­teile, möchte ich ganz herzlich zwei Personen bei uns im Bundesrat begrüßen. Ich be­grüße herzlich den langjährigen Präsidenten und jetzigen Ehrenpräsidenten der Israeli­tischen Kultusgemeinde Ariel Muzicant. Herzlich willkommen bei uns im Bundesrat! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)

Nicht minder herzlich begrüße ich meine Vorgängerin, die langjährige Vizepräsidentin und oftmalige Präsidentin dieses Bundesrates bei uns, Frau Haselbach. Herzlich will­kommen Anneli, es freut uns, dass du da bist! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Töchterle. – Bitte.

 


15.40.01

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Darf ich ganz kurz zu Ihrem letzten Appell Stellung nehmen: Sie können mir glauben, ich bin der Letzte, der nicht weiß, dass Universitäten nicht nur nach volkswirtschaftlichen Ge­sichtspunkten organisiert und ausgestattet werden dürfen. Universitäten sind Stätten der Erkenntnis und des Wissensgewinns und des Lernens und Lehrens, das ist ihre primäre Aufgabe, und so sehe ich es auch.

Das Spezialproblem Internationale Entwicklung in Wien wirft ein bezeichnendes Licht auf einige Schwächen unseres derzeitigen universitären Systems. Eine Haupt­schwäche ist, dass Universitäten derzeit Angst haben müssen vor attraktiven Studien. Man muss sich das vorstellen: Ich war Rektor der Universität Innsbruck. Wir wollten ein


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tolles Medienstudium einrichten. Wir haben uns nicht getraut, es einzurichten, weil wir Angst haben mussten vor seiner Attraktivität!

Warum mussten wir Angst haben vor seiner Attraktivität? – Weil wir keine Möglichkeit hätten, in irgendeiner Weise die Studierenden in diesem neuen Studium, das wir ein­richten wollten, zu regulieren und auf ein Maß zu beschränken, das wir einfach schaf­fen. Wenn da 3 000 gekommen wären und wir hätten drei oder vier Professoren ge­habt, hätten wir katastrophale Betreuungsverhältnisse gehabt, wir hätten keine Räume gehabt. Diese Räume und diese Professoren kann man auch nicht von heute auf mor­gen herbeizaubern. Eine Berufung kann zwei Jahre dauern. Es geht nicht.

Das heißt, man muss den Universitäten das Instrument einer Zugangsregelung in die Hand geben. Dann können die Universitäten – und sie sollen das tun und sie wollen das ja auch tun – attraktive Studien machen. Aber wenn sie Angst haben müssen, bei einem attraktiven Studium von Studierenden überrannt zu werden und sie nicht gut betreuen zu können und dann nur in jeder Hinsicht unbefriedigende Zustände zu ha­ben, dann müssen sie hier entsprechende Maßnahmen setzen.

Wobei ich dazusage, die Internationale Entwicklung ist eine Spezialsache. Ich habe mit Rektor Engl mehrmals darüber geredet, und er hat mir gesagt, es ist viel klüger und schlüssiger im ganzen Studiensystem, ein Masterstudium Internationale Entwicklung zu machen und mehrere Bachelorstudien darauf hinführen zu lassen. – Das wird jetzt gemacht. Also man kann in Wien weiter Internationale Entwicklung studieren. Alle, die jetzt das Bachelorstudium machen, können es fertigmachen. Und wenn das jemand in Zukunft studieren will, muss er einen anderen Bachelor machen und kann dann in das Masterstudium gehen. Das ist eine interne Entscheidung der Universität Wien, die nicht in erster Linie aus Geldmangel, sondern aus Gründen einer aus der Sicht dieser Uni­versität vernünftigen Studienstruktur so gefällt wurde.

Aber ich richte auch an dieses Gremium den Appell: Helfen Sie mir bitte und sehen Sie doch ein, wir brauchen Zugangsregelungen, damit wir den Universitäten erlauben kön­nen, ja sie ermutigen können, das zu tun, was sie tun wollen, nämlich attraktiv sein und tolle Studien – ganz abseits von der Ökonomie, nur nach dem Interesse der Studie­renden und nach dem Bedarf und den Relationen des Wissenserwerbs und Erkennt­nisgewinnes – anbieten. – So viel zu Ihrem Appell als Antwort.

Jetzt aber zu den heute anstehenden Beschlüssen. Ich bedanke mich sehr für die An­erkennung, die ich hier erfahre, und freue mich darüber. Ja, es ist richtig, wir hatten im vorigen Jahr ein Anmeldesystem, das nicht funktioniert hat. Das war auch vorherseh­bar. Wir haben das jetzt saniert, und wir haben es in einer Weise getan, die, glaube ich, beispielgebend sein kann, indem wir uns mit den Betroffenen – mit der Hochschü­lerInnenschaft, mit der Uniko – an einen Tisch gesetzt haben und gemeinsam eine neue Lösung erarbeitet haben.

Die Lösung ist bekannt: Die Inskriptionsfrist wird vorverlegt. Damit hat man für die Uni­versitäten eine viel bessere Planbarkeit. Und auch das kommt allen zugute: Es kommt den Lehrenden zugute – Sie wissen, mit wie vielen Leuten sie in Seminaren und so weiter zu rechnen haben –, es kommt den Studierenden zugute, weil die Universität sich jetzt viel früher – drei Wochen, vier Wochen vor Beginn der eigentlichen Studien – entsprechend auf die Anzahl der zu erwartenden Studierenden einstellen kann. Das ist also ein ganz großer Gewinn, und ich bin froh darüber, dass wir das alle gemeinsam jetzt so geschafft haben und auch beschließen können.

Auch der zweite Beschluss, die Verkürzung der Nostrifizierungsfrist, ist mit den Uni­versitäten abgesprochen. Sie haben jetzt nur mehr drei Monate und nicht mehr sechs Monate Zeit dazu. Das bringt ausländische Arbeitskräfte aus Drittstaaten – nur für die ist das ja relevant – schneller in den österreichischen Arbeitsmarkt, und das sind sehr


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oft Leute, die wir dringend brauchen und wo es gut ist, wenn wir sie sehr früh im Ar­beitsmarkt haben. Und für sie persönlich ist es natürlich besonders gut, wenn sie relativ früh in Österreich das tun können, wofür sie irgendwo anders ausgebildet worden sind.

Wir haben da natürlich auch die Bürokratie versucht zu vereinfachen, indem wir die ganze Prozedur in einer Abteilung im Ministerium gebündelt haben, wo alles zusam­menläuft, wo alle Informationen liegen und auch gegeben werden können.

Das sind, denke ich, zwei durchaus erfreuliche Errungenschaften. Ich bedanke mich bei allen, die zum Zustandekommen beigetragen haben, besonders bei den schon er­wähnten Gesprächspartnern. Und ich bedanke mich schon im Voraus beim Hohen Bundesrat, wenn er diesen Neuerungen seine Zustimmung gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.45


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

15.45.5215. Punkt

Jahresvorschau des BMWF 2012 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“ (III-457-BR/2012 d.B. sowie 8723/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen somit zum 15. Punkt der Ta­gesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Junker. – Bitte um den Bericht.

 


15.46.11

Berichterstatterin Anneliese Junker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich berichte aus dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung über die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung 2012 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommis­sion“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 2. Mai 2012 in Verhandlung genommen und stellt den Antrag, die Jahresvorschau des BMWF zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


15.47.02

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diesen Be­richt des Bundesministeriums möchte ich nicht zur Kenntnis nehmen, so wie er da liegt,


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und das hat einen einfachen Grund: Er ist nicht sehr umfangreich, und es fehlen mir ei­nige Punkte, die meiner Meinung nach eine wichtige auch europäische Debatte dar­stellen, die aber derzeit in diesem Bericht einfach nicht angesprochen werden. (Bun­desrat Schennach: Aber das ist doch das Arbeitsprogramm der Kommission!)

Es geht um das Arbeitsprogramm des Rates, in diesem Fall, zum Thema Forschung und um die Vorschläge der Kommission für „Horizont 2020“ sowie die damit zusam­menhängenden Dossiers EIT und ITER. Die österreichische Haltung zu diesem Thema ist: Es gab viele Diskussionen, und unter Federführung des Bundesministeriums wird bis Februar 2012 die österreichische Verhandlungsposition für „Horizont 2020“ erarbei­tet, und dem Parlament wird ein Positionspapier übermittelt. – Ich weiß nicht, ich habe das Positionspapier noch nicht bekommen, aber vielleicht steht es schon irgendwo.

Mich würde Folgendes interessieren. Das Thema ITER ist ja an und für sich ein sehr aktuelles Thema. Die Kommission will es herausnehmen aus dem Forschungsbudget und aus dem Finanzrahmen. Und prinzipiell sollte es so sein, dass die Mitgliedstaaten sich hier selbst engagieren. ITER, das ist der Fusionsreaktor, der irgendwann einmal vielleicht irgendwo auch Forschungsergebnisse bringen wird – aber das wissen wir nicht genau, wann das ist: in 20, 40, 50, 80 Jahren. Dieses Projekt ist einfach ein Pro­jekt, das bei den Kosten dauernd explodiert. Man bekommt ungefähr jährlich Nach­richten, dass es wieder ein bisschen teurer wird. Begonnen hat es mit 5 Milliarden, jetzt sind wir inzwischen bei 16 Milliarden.

Und, wie gesagt, die Frage ist bei diesem Projekt: Wie stehen wir zu diesem Projekt, das an und für sich, unserer Meinung nach, reine Geldverschwendung ist, denn es ist ja nicht so, dass Kernfusion ganz ungefährlich und ganz unproblematisch ist.

Die zweite Sache dabei ist eben: Der Glaube daran, dass die Erkenntnisse aus diesem Projekt uns in nächster Zukunft gerade bei der Energiepolitik irgendwo weiterhelfen werden, der ist bei uns in Wirklichkeit nicht vorhanden. Ich weiß nicht, wie weit Sie die­sen Glauben haben, Herr Minister. Aber ich würde mir da wünschen, dass es auch hin­sichtlich der österreichischen Haltung dazu eine gewisse Stellungnahme gibt, wie wir dieses Problem sehen, denn in den internationalen Medien wird sehr wohl darüber dis­kutiert, und ich denke, da sollte Österreich schon einen Standpunkt vertreten.

Ein zweiter Bereich, wo ich mir wünschen würde, dass Österreich einen weitaus kriti­scheren Standpunkt vertritt, ist allgemein die Atomforschung, EURATOM & Co., wo einfach sehr viele Gelder unter dem Deckmantel der Forschung investiert werden. Und letztendlich gilt „Sicherheit“ und „Forschung“ dann für alles – damit kann man dann die Laufzeit von Kraftwerken verlängern et cetera.

Also ich würde mir wünschen, dass es hier einen greifbaren und wirklich sichtbaren Standpunkt Österreichs gibt, dass wir auch die Forschung im Atombereich ablehnen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

15.49


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Kö­berl zu Wort. – Bitte.

 


15.50.15

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zusehe­rinnen und Zuseher zu Hause an den Bildschirmen! Frau Kollegin Kerschbaum! Wir ha­ben nun Gründe gehört, warum Sie den Bericht nicht zur Kenntnis nehmen. Ich werde Ihnen Gründe nennen, warum wir ihn gerne zur Kenntnis nehmen, und ich darf auf ei­nige Aspekte eingehen, die vielleicht Sie nicht gebracht haben.

Warum haben wir diesen Bericht heute auf der Tagesordnung? – Erinnern wir uns ge­meinsam: Durch einen Beschluss des Ministerrates aus dem Jahre 2004 wurde festge-


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legt, dass jedes Mitglied der österreichischen Bundesregierung einen Bericht vorlegen wird, in dem auf Basis des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission und des Rates über die zentralen Themen im eigenen Wirkungsbereich berichtet wird. Der dies­jährige Bericht des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung beruht auf dem Arbeitsprogramm mit einer Gültigkeit bis Dezember 2012.

Der Bericht beinhaltet das Arbeitsprogramm im Bereich Forschung und beschreibt da­zu die österreichische Haltung. Österreich unterstützt grundsätzlich alle Maßnahmen, die helfen, den Europäischen Forschungsraum sowie die Innovationsunion zu verwirkli­chen. Die Arbeiten der Europäischen Kommission im Hochschulbereich im Jahr 2012 konzentrieren sich auf die Umsetzung der EU-Strategie 2020. Österreich begrüßt aus­drücklich die vorgeschlagene Erhöhung des Budgets, da ohne Investitionen im Bereich Bildung die Ziele der EU-Strategie 2020 nicht zu erreichen sind.

Besonders unterstützt werden alle Aktivitäten, die die Mobilität der Studierenden, der Lernenden und Lehrenden sowohl in Europa als auch in Drittstaaten fördern, weil sie wesentlich zum Erwerb von zusätzlichen Kompetenzen und dadurch auch zur Förde­rung der Beschäftigungsfähigkeit beitragen.

Eines der wichtigsten Vorhaben – und auf dieses möchte ich besonders eingehen – des Rates im Jahr 2012 betrifft die Verhandlungen zum neuen EU-Bildungsprogramm „Erasmus für alle“, das ja von 2014 bis 2020 gelten wird. Es ist bereits Anfang Jänner unter der dänischen Präsidentschaft mit den Verhandlungen begonnen worden. Öster­reich bringt sich aktiv in die Verhandlungen zur neuen Programmgeneration ein, und es wird einen akkordierten österreichischen Positionsbericht, eine Koordinierung mit dem Unterrichtsministerium geben, da unter der Dachmarke „Erasmus für alle“ künftig die bisherigen Einzelprogramme wie Erasmus oder Comenius zusammengefasst werden.

„Bildungschancen für alle“ – „das Programm für lebenslanges Lernen“: Dieses Pro­gramm der Europäischen Kommission ermöglicht Menschen in allen Lebensphasen, sich von Lernerfahrungen anregen zu lassen, und unterstützt die Entwicklung des Bil­dungssektors in ganz Europa. Mit einem Haushalt von nahezu 7 Milliarden € im Zeit­raum 2007 bis 2013 fördert das Programm eine Reihe von Maßnahmen wie Aus­tauschprogramme, Studienbesuche und Netzwerkaktivitäten.

Projekte stehen nicht nur einzelnen Studenten oder Lernenden, sondern auch Lehr­kräften, Ausbildnern und allen anderen Akteuren der allgemeinen und beruflichen Bil­dung offen. Es gibt bisher vier Einzelprogramme, in deren Rahmen Projekte aus ver­schiedenen Ebenen der allgemeinen und beruflichen Bildung gefördert werden: zum ei­nen das Programm Comenius für Schulen, Erasmus für den Bereich Hochschulbil­dung, Leonardo da Vinci für Berufsbildung, und Grundtvig für Erwachsenenbildung. Ich möchte dabei das Projekt „Comenius: Europa im Klassenzimmer“ herausgreifen.

Das Comenius-Programm ist ausgerichtet auf alle Stufen der schulischen Bildung, von der Vorschule über die Primar- bis zur Sekundarschule. Es wendet sich an alle, die an der Schulbildung beteiligt sind, in erster Linie an Schüler und Lehrer, aber auch an örtli­che Behörden, Vertreter von Elternverbänden, nichtstaatliche Organisationen, Lehrer­bildungseinrichtungen und Universitäten. Comenius soll über den Programmzeitraum mindestens 3 Millionen Schüler in gemeinsame Bildungsaktivitäten in Europa einbin­den.

Eingebunden in das EU-Programm für lebenslanges Lernen zielen die Maßnahmen von Comenius darauf ab, bei jungen Menschen und Lehrkräften das Wissen und das Verständnis für die Vielfalt der europäischen Kulturen, Sprachen und Werte zu fördern. Konkrete Comenius-Ziele sind dabei die Verbesserung und Steigerung der Mobilität von Schülern und Lehrkräften, die Förderung und Intensivierung von Partnerschaften zwischen Schulen in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und vor allem die Förde­rung des Fremdsprachenlernens.


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Ich habe das deswegen gewählt, weil es auch an unserer Schule in Bad Aussee, der Hauptschule 2, in den letzten Jahren ein sehr erfolgreiches Projekt gegeben hat, mit Partnerschulen in Polen und in Dänemark. Und vor allem mit dieser Partnerschule aus Dänemark hat sich auch darüber hinaus ein intensives Austauschprogramm entwickelt, und man kann wirklich sagen, es ist zu einer Erfolgsgeschichte geworden.

Aber nun wieder zurück zum Hochschulsektor, „Erasmus – Studieren in Europa und mehr“.

Erasmus, sozusagen das Flaggschiff unter den EU-Programmen für allgemeine und berufliche Bildung, ermöglicht jedes Jahr rund 200 000 Studierenden – das muss man sich einmal vorstellen, das ist eine enorme Zahl –, im Ausland zu lernen und zu arbei­ten. Außerdem fördert es die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen in ganz Eu­ropa. Das Programm unterstützt nicht nur Studierende, sondern auch Hochschuldozen­ten und in der freien Wirtschaft tätige Personen, die im Ausland lehren möchten, sowie Hochschulmitarbeiter, die sich beruflich weiterqualifizieren möchten.

Es steht außer Zweifel, dass ein Auslandsaufenthalt nicht nur zu einer Bereicherung der akademischen und beruflichen Bildung der Studenten beiträgt, sondern auch das Sprachenlernen verbessert und interkulturelle Kompetenzen und Selbstsicherheit stärkt. Durch ihre Erfahrungen haben viele junge Menschen ein besseres Gespür dafür entwickelt, was es heißt, ein Bürger Europas zu sein. Einer dieser Studenten hat es so zusammengefasst:

„Erasmus ist viel mehr als eine Lernerfahrung. Ich sehe die Welt mit neuen Augen, ent­decke neue Gefühle und lerne Dinge, die nicht in Lehrbüchern stehen.“

Darüber hinaus schätzen viele Arbeitgeber einen Auslandsaufenthalt, der zur Verbes­serung der Beschäftigungsfähigkeit und auch der Berufschancen beiträgt. Der Aus­tausch von Hochschulmitarbeitern hat sowohl für die Teilnehmer als auch für die ent­sendenden und gastgebenden Einrichtungen günstige Auswirkungen.

Erasmus, eine europäische Erfolgsgeschichte – kaum ein anderes von der Europäi­schen Union aufgelegtes Programm kann ein derart starkes europaweites Echo auf­weisen wie das Erasmus-Programm. Die überwiegende Mehrheit der europäischen Hochschulen nimmt am Erasmus-Programm teil. Seit seiner Einführung im Jahr 1987 haben sich bereits mehr als 2,2 Millionen Studierende und 250 000 Hochschullehrer sowie ab 1997 auch andere Hochschulmitarbeiter beteiligt. Das Jahresbudget liegt bei über 450 Millionen €, mehr als 4 000 Hochschuleinrichtungen in 33 Ländern nehmen teil, weitere stehen auf der Warteliste.

Das Programm Erasmus ist auch für Österreich eine Erfolgsgeschichte geworden. So feiert Österreich im Jahr 2012 20 Jahre Erasmus. Seit Beginn der Teilnahme Öster­reichs am Erasmus-Programm mit dem Studienjahr 1992/93 haben über 62 000 aus Österreich hinaus gehende Studierende einen Erasmus-Auslandsaufenthalt absolviert. Allein im Studienjahr 2010/2011 waren es rund 5 400 Studierende. Österreich weist dabei auch eine ausgeglichene Bilanz auf, das heißt, etwa gleich viele Studierende aus Österreich nutzen die Möglichkeit in anderen Ländern, wie Studierende aus anderen Ländern zu uns kommen.

Wenn dieses Programm und diese Perspektive dazu beitragen, dass wir gemeinsam in Europa wieder ein Stück zusammenwachsen, dann stimmen wir vonseiten der ÖVP diesem Bericht gerne zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Töchterle. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 123

15.59.32

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich komme gerade von der Jubiläumsfeier betreffend Erasmus. Sie hat etwas verspätet begonnen, deshalb bin ich hier sehr knapp eingetroffen, wie Sie gemerkt haben. Wir feiern 25 Jahre Erasmus und 20 Jahre Erasmus in Österreich.

Ich habe dort viele der Gedanken, die jetzt eben geäußert wurden, auch geäußert. Vor allem habe ich sie bezogen auf den Namensgeber Erasmus von Rotterdam, der sei­nerseits der allerbeste Patron für ein solches Programm ist, weil er das schon in Zeiten des Humanismus verkörpert hat, was wir jetzt mit diesem Programm auch erreichen, nämlich Wissenschaftlichkeit. Erasmus von Rotterdam war einer der größten Wis­senschaftler seiner Zeit, ein Theologe und Philologe höchsten Ranges, der mit seiner Neuausgabe des Neuen Testaments auf Griechisch die Basis für die moderne Theo­logie und auch für die Reformation gelegt hat.

Erasmus von Rotterdam war mobil, wie damals viele Humanisten mobil waren, von England bis Italien und vor allem auch in der Schweiz. Er war auch ein begnadeter Lehrer, Verfasser von Lehrbüchern und theoretischen Schriften zur Erziehung und er war auch, und das ist ebenfalls wichtig, ein Anwalt des Friedens, was in der damals so zerrissenen Zeit bedeutend war. Erasmus hat die „Querela Pacis“ geschrieben, also eine Klage des Friedens oder über den Frieden – der Genetiv ist mehrdeutig –, indem er einen großen Appell an die Mächtigen richtet, sich um Frieden zu bemühen. Das Programm ERASMUS ist durch seine kulturellen Verständigungsleistungen auch heu­te ein Friedensprojekt.

Es ist richtig, Österreich ist da sehr erfolgreich. Wir schöpfen die europäischen Mittel für ERASMUS optimal aus, weil wir eine sehr gute Abteilung in unserem Haus haben, die das hervorragend macht, und weil wir sehr engagierte Koordinatoren an den Uni­versitäten haben, die sich da sehr bemühen. Wir sind das vierterfolgreichste Land von etwa 30 Ländern, die hier teilnehmen, was rein die Quantität anlangt. Also eine Erfolgs­geschichte.

Es ist schön, dass wir diese jetzt ausdehnen: „Erasmus für alle“. Das ist mir – das wis­sen hoffentlich viele von Ihnen – ein ganz großes Anliegen, dass wir, wo immer es geht, die Jugendlichen der Universitäten nicht privilegieren, sondern dass wir sehen, es gibt auch viele andere Jugendliche, die das Recht auf eine hervorragende Ausbildung haben, die natürlich auch das Recht auf Unterstützung ihrer Mobilität haben und die genauso wie die Studierenden hinausgehen sollen, um andere Länder, andere Kultu­ren, andere Sprachen kennenzulernen.

Das ist ein Programm, das jetzt neu gestartet wird mit einem Finanzvolumen von nicht ganz 20 Milliarden für die nächste Programmphase, und ich denke, dass da eine Er­folgsgeschichte jetzt weitergeschrieben werden kann.

Das ist der eine zentrale Aspekt meiner Vorschau. Erlauben Sie mir, dass ich diese jetzt sozusagen nur exemplarisch darlege. Der andere ist „Horizont 2020“ und in ihm auch die Atomforschungsprogramme, und da gehe ich kurz auf die Kritik ein, die Sie geäußert haben, sehr geehrte Frau Bundesrätin.

Was ITER anlangt, gibt es, was den Finanzrahmen betrifft, in der Tat Diskussionen. Aber Sie wissen auch, dass es außerhalb von Frankreich extreme Bemühungen gibt, den Finanzrahmen dafür eng zu halten. Es ist ja ein weltweites Projekt, die ganze Welt beteiligt sich an diesem Projekt und somit auch die Europäische Union, Frankreich sehr stark.

Natürlich kann man, was den Erfolg der Kernfusionsforschung betrifft, unterschiedlicher Meinung sein. Ich bin diesbezüglich auch nicht überaus optimistisch. Das ist ein sehr


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ambitioniertes Programm. Derzeit braucht man noch extrem hohe Temperaturen, um eine Fusion zu erzielen. Und ob das je anders und energietechnisch interessant wird, das ist die Frage. Man muss allerdings auch sagen, das ist auch ein Grundlagenfor­schungsprogramm, so wie CERN ein Grundlagenforschungsprogramm ist, das uns sehr, sehr viel Geld kostet, wo wir letztlich auch „nur“ – unter Anführungszeichen – et­was über Elementarteilchen und vielleicht über die Geschichte des Urknalls erfahren, also wo nichts gesellschaftlich oder wirtschaftlich Nützliches herausschaut, mit kleinen Ausnahmen. Wir haben dort einen Strahl entdeckt, der für die Krebsbehandlung güns­tig ist und der jetzt auch in Österreich im MedAustron erzeugt werden und manchen Krebspatienten helfen wird. Also manchmal fällt auch irgendein Produkt ab, das nütz­lich ist. Aber das meiste ist Grundlagenforschung. Und so muss man ITER auch sehen, und es ist, wie gesagt, ein weltweites Programm.

Was EURATOM anlangt, habe ich voriges Jahr ja eine Position eingenommen, von der ich nicht abrücke. Wenn es uns wieder gelingt, hier hohe Sicherheitsstandards hinein­zureklamieren, was uns voriges Jahr in dieser Zwischenfinanzierung gelungen ist, dann kann ich einfach nicht nach einem solchen Erfolg, wie wir ihn gehabt haben, der ganzen Sache ablehnend oder passiv gegenüberstehen, sondern da muss ich zustim­men. Aber ich werde sehr darauf schauen, auch in Ihrem Sinne, dass das Ganze ge­schärft wird und scharf bleibt.

In diesen Forderungen sind ja einige enthalten, die sehr konkret diverse Begleitmaß­nahmen zeigen müssen, und die müssen erfolgen. Wenn sie nicht erfolgen, dann wer­de ich meine Zustimmung verweigern. Wenn sie hingegen erfolgen, dann fährt der Zug in die richtige Richtung und dann ist der Fokus in diesem finanziell ja viel, viel kleineren Programm ganz klar auf Sicherheit gestellt.

Ich darf abschließend vielleicht nur noch erwähnen, was die drei großen Punkte von „Horizont 2020“ sind und was darunter besonders interessant für Österreich ist. Das ist einmal wissenschaftliche Exzellenz. Also da ist es ein zentraler Punkt, dass man, wenn man wissenschaftlich international erfolgreich sein will, jetzt mit der Wissenschaft selbst, aber auch mit ihrer Anwendung, exzellent sein muss. Darauf wird besonders Wert gelegt. Und da sind wir in Österreich sehr, sehr gut.

Wir hatten ja gerade vor einigen Tagen die Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft Geoghegan-Quinn bei uns. Sie hat uns sehr gelobt und festgestellt, dass wir zum Beispiel im besten Exzellenzprogramm, das die EU hat, nämlich bei den ERC-Grants, also den Forschungsförderungen des European Research Council, überaus er­folgreich sind. Wir gehören zu den besten Ländern Europas. Es zeigt sich, wie gut die österreichischen Forscher da mithalten können, wie international sie agieren.

Das Zweite ist Innovation und führende Rolle der Industrie. Auch das ist für uns sehr wichtig, vor allem weil es hier auch um eine bessere Risikofinanzierung geht, die in Österreich nicht optimal ist, damit Unternehmensgründungen zum Beispiel finanziell leichter und risikoärmer ablaufen können. Vor allem geht es auch um etwas, wo wir be­sonders gut und besonders tüchtig sind, das sind die Klein- und Mittelbetriebe. Klein- und Mittelbetriebe sollen in diesem Teilprogramm besonders gefördert werden, und das entspricht der österreichischen Wirtschaftsstruktur sehr, sehr gut.

Die dritte Säule dieses Programms sind große gesellschaftliche Herausforderungen. Auch da gibt es erstens Felder, die uns sehr betreffen – natürlich demographischer Wandel, Gesundheit, aber auch Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit, Energieeffi­zienz, Verkehrsoptimierung, Klimaschutz, aber auch soziale Fragen. Also all das ist da drinnen. In vielen dieser Dinge sind wir in Österreich sowohl in der Forschung als auch in der politischen Entwicklung sehr weit voran. Das heißt, andere können von uns ler­nen und wir können, wenn wir dieses Programm gut nutzen, da noch besser werden.


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Wir haben das 7. Rahmenprogramm sehr gut genützt. Wir haben einen Rückfluss von 128 Prozent gegenüber dem, was wir hineingezahlt haben. Wir wollen im 8. Rahmen­programm mindestens gleich gut, wenn nicht noch besser abschneiden und haben im Vorfeld dafür gesorgt, auch mit unseren Formulierungen und unseren Positionierun­gen, dass das möglich sein wird.

Deswegen bedanke ich mich bei allen, die hier wesentlich mitgearbeitet haben. Ich bin ja hier nur das federführende Ministerium gewesen, mir haben viele Ministerien zugear­beitet. Bei all denen und bei den Mitarbeitern bedanke ich mich für die konstruktive Mit­arbeit, und ich denke, das ist eine ganz große Chance für die österreichische Wissen­schaft, aber auch für die österreichische Wirtschaft und somit für den österreichischen Wohlstand. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.08


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zu Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.08.2716. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird (1689 d.B. und 1748 d.B. sowie 8729/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Wir kommen damit zum 16. Punkt der Ta­gesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Füller. Bitte um den Bericht.

 


16.08.44

Berichterstatter Christian Füller: Frau Präsidentin! Werte Herren Minister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht über den Beschluss des National­rates vom 19. April 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird.

Der Ausschussbericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 2. Mai 2012 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 2. Mai 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Danke für den Bericht.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


16.09.32

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die äußeren Rechtsver­hältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft nach mehr als 100 Jahren geändert werden, ist sicher durchaus richtig.


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In dieser Zeit hat sich verfassungsmäßig in Österreich einiges geändert, sodass die Bestimmungen nicht mehr gepasst haben, die dann zum Teil verfassungswidrig gewor­den sind. Und auch im November 1984, wie ich meine, gab es eine Art Novellierung, die aber auch nicht alles ausgeräumt hat, was sich so im Laufe der Zeit angesammelt hat und dringend der Reform bedurfte.

Wir verstehen nicht, warum bei so einer umfassenden Änderung nicht auf die Beden­ken, in diesem Fall vor allem der liberalen Juden, eingegangen worden ist.

Meine Kollegen im Nationalrat haben ja im Unterrichtsausschuss diesem Gesetz zuge­stimmt, weil sie der Meinung waren, diese Bedenken seien ausgeräumt. Wir haben aber dann im Laufe der Debatte, sprich in der Klubsitzung, festgestellt, dass diese Be­denken nicht ausgeräumt waren. Vor allem die Leute von Or Chadasch, die sich da an Abgeordnete auch der anderen Parteien gewendet haben, haben der ursprünglichen Ministervorlage auch zugestimmt. Die Kritik war dann nur: Das, was in der Minis­tervorlage war, hat sich dann in der Regierungsvorlage nicht mehr wiedergefunden. Und die liberalen Juden wollten, dass die angemessene Vertretung innerhalb der Kul­tusgemeinde auch klar definiert ist. Und nach ihrem Dafürhalten ist das nicht gegeben. Das sieht man auch, wenn man es durchliest.

Sie haben ein Rechtsgutachten eingeholt, das von sehr anerkannten Autoritäten er­stellt wurde, nämlich von Prof. Dr. Potz und Prof. Dr. Schinkele, die dann aber auch sa­gen, die Novellierung des Israelitengesetzes ist bedauerlicherweise insgesamt von ei­ner hierarchisierenden Verkirchlichung gekennzeichnet. Und sie kritisieren weiters, dass dieses Gesetz verfassungswidrig ist, das Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt sowie gegen den Gleichheitssatz verstößt. Und sie schreiben: Wir sehen es daher als unsere Pflicht an, darauf hinzuweisen, dass das Gesetz in dieser Form verheerende religionspolitische Folgen für das Judentum in Österreich sowie eine überaus – wie es auch Kollege Dönmez gestern im Ausschuss gesagt hat – bedenkliche Vorbildwirkung für das Islamgesetz hätte. Denn, das ist jetzt nicht ganz vergleichbar, auch bei der islamischen Glaubensgemeinschaft gibt es ja islamisch Gläubige, die sich nicht von der Glaubensgemeinschaft vertreten fühlen.

Es ist ja auch im Ausschuss gestern völlig richtig gesagt worden, und das kann ich ja auch nachvollziehen, dass Herr Mag. Henhapel gesagt hat, es ist ja nicht der Sinn der Sache, dass sich der Staat jetzt in die inneren Angelegenheiten einmischt. – Das sehe ich auch so. In einer säkularen Gesellschaft, wo eine strikte Trennung von Kirche und Staat besteht, muss der Staat nicht in jedes kleine Detail hineingehen.

Wir glauben aber trotzdem, wenn im Vorschlag des Ministerentwurfs die Religionsge­sellschaft zur angemessenen Vertretung aller innerhalb der Religionsgesellschaft be­stehenden Traditionen verpflichtet wurde, und diese Traditionen sind auch noch dahin gehend konkretisiert worden, seien sie in der Position einer Mehrheit oder der einer Minderheit, so sind Regelungen vorzusehen, die es diesen ermöglichen, im Gesamt­verband der Israelitischen Religionsgesellschaft ein religiöses Leben nach ihren eige­nen Kultusbedürfnissen zu führen. Und das hat sich eben in der Regierungsvorlage nicht wiedergefunden.

Meine freiheitlichen Nationalratskollegen haben dann in der Plenardebatte einen Rück­verweisungsantrag an den Unterrichtsausschuss gestellt, wo man die Möglichkeit ge­habt hätte, diese Bedenken, die man nicht einfach so vom Tisch wischen sollte, noch einmal zu diskutieren, um auch zu einem Ergebnis kommen zu können, mit dem alle einigermaßen zufrieden sind.

Aber wir wissen, dass es auch Gespräche mit dem Präsidenten Muzicant gegeben hat, und da ist es wahrscheinlich so gewesen, dass die Kultusgemeinde das eben nicht so wollte.


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Was ist jetzt mit dem Rückverweisungsantrag geschehen? – Lange Zeit ist vergangen, bis dieses Gesetz einer sehr umfassenden Änderung zugeführt worden ist. Ob das jetzt einen Monat später beschlossen worden wäre oder nicht, wäre egal gewesen.

Also denken wir, dass man den Beschluss hätte verschieben können, wenn man es wirklich ernst nähme. Aber es ist nicht anders zu erwarten gewesen und wenig über­raschend. Selbstverständlich wurde diesem Antrag nicht stattgegeben. Man hat sich also offensichtlich nicht mit einer Gruppe der Juden auseinandersetzen wollen und zu einer Klärung kommen wollen. Und aus diesem Grund werden wir dieser Regierungs­vorlage heute nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.15


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­rätin Grimling. – Bitte.

 


16.15.25

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich darf nur zu den Ausführungen meiner Vorrednerin sagen: Ich habe mich auch ein biss­chen kundig gemacht. Ich möchte es dann wieder auf die sachliche Ebene bringen. (Bundesrätin Mühlwerth: Was war da unsachlich?)

Was ich damit sagen wollte, ist, es ist schon sehr intensiv diskutiert worden und eigent­lich ist eure Fraktion im letzten Moment abgesprungen, denn so, wie es ausgeschaut hat, wäre es eine Fünfparteieneinigung gewesen. – Aber okay! (Bundesrätin Mühl­werth: Man kann Argumente auch nicht zur Kenntnis nehmen!)

Im österreichischen Rechtssystem gilt der verfassungsmäßig verankerte Grundsatz der Religionsfreiheit. Diese Religionsfreiheit ist nur insoweit begrenzt, als im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention der Schutz der öffentli­chen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beziehungsweise der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer gewährleistet sein muss.

Wie alle in Österreich anerkannten Religionsgesellschaften ist auch die Israelitische Religionsgesellschaft eine anerkannte Religionsgesellschaft im Sinne des Artikels 15 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger.

Die gesetzlichen Regelungen der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Reli­gionsgesellschaft stammen allerdings – und das wurde ja schon erwähnt – noch aus der Monarchie und sind daher inhaltlich aus rechtlichen und faktischen Gründen über­holt. Nach nunmehr 120 Jahren soll daher ein modernes Gesetz die aufgrund der his­torischen Veränderungen überholten Regelungen ersetzen, Begriffe der heutigen Zeit verwenden und dem modernen Selbstverständnis der österreichischen Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens entsprechen.

Es ist eine bekannte Tatsache, dass sich alle großen Weltreligionen in unterschiedli­chen Bekenntnisformen ausprägen. Das gilt auch für die jüdische Religion und äußert sich in verschiedenen Richtungen ihrer Ausübung, sei es in liberaler oder orthodoxer Form. Die gesetzliche Neuregelung soll den Pluralismus innerhalb des Judentums si­cherstellen, ohne in die Autonomie einzugreifen, und in diesem Sinne ein modernes Zusammenwirken zwischen Staat und Religionsgesellschaft ermöglichen, das die jüdi­schen Besonderheiten gegenüber vergleichbaren Regelungen für andere Religionsge­sellschaften berücksichtigt. Das Gesetz regelt den Verfassungsrahmen der Israeliti­schen Religionsgesellschaft, ihre Aufgaben und die Einrichtung von Kultusgemeinden als Körperschaften öffentlichen Rechts.

Die Rechte und Pflichten von Kultusgemeinden werden an die heutige Zeit angepasst und mit aktuellen Begriffen definiert. Die in das Gesetz aufgenommenen finanziellen


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Leistungen des Staates entsprechen der derzeitigen Rechtslage und ersetzen das bis­herige Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die Israelitische Religionsgesell­schaft. Es handelt sich dabei um die Umsetzung der Verpflichtungen Österreichs aus Artikel 26 des österreichischen Staatsvertrages.

Im Ganzen gesehen stellt dieses Gesetz einen wichtigen Schritt zu einer legistischen Neuordnung innerhalb des österreichischen Kultuswesens dar und bringt für die Mit­bürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens Rechtssicherheit und Schutz für ihr Re­ligionsbekenntnis.

Da dieses Bundesgesetz, mit dem das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird, im National­rat die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten hat, schlage ich vor, auch der Bundes­rat möge dem vorliegenden Bundesgesetz die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.20


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Astleitner. – Bitte.

 


16.20.48

Bundesrätin Notburga Astleitner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr­te Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und auch zu Hause vor den Bildschirmen! Es ist von meiner Vorrednerin schon angesprochen worden, dass es sich hierbei um ein Gesetz handelt, das aus der Zeit um das Jahr 1890 stammt und der Rechtsinhalt, die Regelungstechnik und die Regelungsdichte den Erfordernissen der damaligen Zeit entspricht und auch die damalige Zeit widerspiegelt.

Die Regelungen waren damals sehr modern. Sie entsprechen auch heute noch weit­gehend dem Verständnis von Religionsfreiheit. Trotzdem sind einige Bestimmungen aus rechtlichen oder faktischen Gründen überholt, beispielsweise das Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft oder eine staatliche Zustimmung zur Bestellung eines Rabbiners.

Nach mehr als 120 Jahren ist – das ist auch schon erwähnt worden – die Schaffung ei­nes modernen Gesetzes geboten. Es sollen die überholten Regelungen aufgehoben werden, für die heutige Zeit der Lehre und Rechtsprechung angepasste Begriffe ver­wendet werden, dem modernen Verständnis von kultusrechtlichen Regelungen Rech­nung getragen und gleichzeitig auf die Religionsgesellschaft Bezug nehmende unter­schiedliche Gesetze in einer Regelung zusammengefasst werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Staat und Religion sind in Österreich getrennt, und das ist gut so. Wie uns gestern im Ausschuss bestätigt wurde und wie wir es auch dis­kutiert haben – Kollegin Mühlwerth hat das angesprochen –, handelt es sich beim vor­liegenden Gesetz um eine sehr sensible und sehr komplexe Materie. Es gab auch im Vorfeld heftige Diskussionen, die eben in intensiven Gesprächsführungen zu diesem Ergebnis geführt haben. Daher wurde diese Vorlage vonseiten des Unterrichtsressorts und des zuständigen Kultusamtes mit großer Sorgfalt vorbereitet und abgesprochen.

Ich bedanke mich auch, weil er heute hier im Saal anwesend ist, beim Herrn Präsi­denten Muzicant für seine Zustimmung. Ich denke, das ist auch sehr, sehr wichtig. Vie­len herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie bei den Grünen.)

Die vorliegende Novelle nimmt Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht von Glau­bensgemeinschaften – das halte ich auch für sehr, sehr wesentlich –, schafft aber den gesetzlichen Rahmen eines modernen Rechtsstaates. Wichtig ist – vieles wurde schon


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gesagt, das möchte ich zum Schluss festhalten –, dass das Verhältnis von Staat und Religion von gegenseitigem Respekt und von Wertschätzung und von gegenseitiger Anerkennung getragen wird. Ich denke, das ist auch in diesem Fall gelungen. Daher bedanke ich mich bei allen, die sich um das Zustandekommen dieser Novelle bemüht haben. Meine Fraktion stimmt daher gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.24


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


16.24.27

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Prä­sident Muzicant! Werte ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen! Kollegin Grim­ling, erlauben Sie mir eine kurze Anmerkung in Richtung FPÖ: Die Argumentationen waren für mich schon nachvollziehbar. Wenn der Wunsch nach mehr Diskussion und mehr Zeit vorhanden war, dann hätte man das auch einräumen können. Das ist für mich persönlich schon ein nachvollziehbares Argument. Nur: Die entscheidende Frage ist, ob wir nach einem Monat wirklich gescheiter gewesen wären! Aber es ist, wie es ist.

Meine Vorrednerinnen haben es schon mehrfach angesprochen: Es ist eine äußerst heikle und sensible Materie. Es ist auch ein Ding der Unmöglichkeit, hier alle Grup­pierungen und Strömungen zufriedenzustellen. Nichtsdestotrotz ist es uns gelungen, einen Kompromiss zu erarbeiten, und der ist, wie ich meine, nicht so schlecht, obwohl man natürlich immer noch über das eine oder andere diskutieren kann.

Wir tun gut daran, in Anbetracht all der Strömungen, die es in den verschiedenen Or­ganisationen innerhalb des österreichischen Judentums gibt und die es hier zu reprä­sentieren gilt, daran zu denken, warum diese Gruppen so klein sind. Es hat in der Zwi­schenkriegszeit in Österreich um die 200 000 MitbürgerInnen jüdischen Glaubens ge­geben, die Opfer eines unfassbaren Verbrechens geworden sind, von denen dann vie­le zwangsemigrieren und viele auch ihre Herkunft verleugnen mussten. Das hat na­türlich viele Probleme bereitet und bereitet auch noch heute viele Probleme, weil es eben kleineren Organisationen nicht möglich ist, sich als Kultusgemeinde, ja nicht ein­mal als Religionsgemeinschaft anerkennen zu lassen.

Es herrschte zur damaligen Zeit in Österreich ein Klima des Antisemitismus. Aber heu­te gibt es zumindest – und ich glaube, das ist kein Zufall – ein positives Signal in der Form, dass der Dr.-Karl-Lueger-Ring, der benannt ist nach einem Bürgermeister, der sich antisemitischer Äußerungen bedient hat, der unsere jüdischen Mitbürger und Mit­bürgerinnen diskriminiert hat, umbenannt werden soll. Wir wissen um Luegers hervor­ragende Leistungen für die Stadt Wien, aber eine derartige Politik zu betreiben, ist ein Skandal. Daher finde ich es schön, wenn wir hier ein Symbol dahin gehend setzen, dass dieser Ring umbenannt wird, und zwar in Universitätsring. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Bis vor Kurzem waren sich alle fünf Parteien einig und haben auch den Willen des Ge­setzgebers ausgedrückt, in der künftigen Israelitischen Religionsgemeinschaft, in der künftigen Israelitischen Kultusgemeinde Wien alle bestehenden Traditionen zu verei­nen. Das ist natürlich kein Blankoscheck für wen auch immer, wie das behauptet wor­den ist, und es ist auch keine Tendenz in Richtung einer Verkirchlichung, wie es manchmal als Kritik durchgeklungen ist, sondern es ist meines Erachtens eine ange­messene Lösung, wie künftig auch die Vertretung der liberalen Juden in der IKG und auch in der IRG gewährleistet werden soll.


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Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es mir persönlich ganz wichtig ist, dass wir künftig von einer pluralistischen Ausrichtung der IRG ausgehen, und ich möchte auch festhalten, dass das verbürgte Selbstbestimmungsrecht in keiner Weise rechtswidrig beschnitten werden kann.

Wir haben nicht alle unsere Vorstellungen durchgebracht, Gesetze sind nun einmal Kompromisse, aber ich glaube, viele der Befürchtungen, speziell von Or Chadasch, können entkräftet werden. Zum Beispiel, wenn man daran denkt, dass Or Chadasch schon in den neunziger Jahren in der IKG Abmachungen getroffen hat, dass es seit den neunziger Jahren Unterstützung für Or Chadasch durch die IKG gibt, dass die IKG natürlich Or Chadasch, wenn vielleicht auch nicht alle Mitglieder von Or Chadasch, als Juden und als jüdische Einrichtung anerkennt.

Dieses Gesetz gewährleistet, dass es auch künftig ein positives Zusammenwirken aller sich als jüdisch verstehenden Menschen in Österreich gibt. Es kann und darf nicht Auf­gabe des Staates sein, zu definieren, wer Jude/Jüdin ist und wer nicht. Das kann der Staat nicht, das soll der Staat nicht – und das macht der Staat durch diese Regelung auch nicht. Das haben auch meine Vorrednerinnen bereits unterstrichen.

Ich darf noch auf einen Umstand hinweisen, der mir sehr wichtig ist: Im § 54 des Sta­tuts der IKG – das ist nicht nur ein privates Statut, sondern es wurde auch per Be­scheid vom Ministerium genehmigt und bestätigt – wird die freie Betätigung der reli­giösen Überzeugung zugesichert. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch die Kultusgemeinde und ihre Organe diese freie Betätigung der religiösen Über­zeugung nicht behindert werden darf. – Das ist aus unserer Sicht ausreichend. (Vize­präsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Ich hoffe, dass sich die Wogen in den kommenden Wochen glätten werden. Ich hoffe, dass die Israelitische Religionsgemeinschaft und die IKG weiterhin so wie bisher eine starke Stimme der Jüdinnen und Juden in Österreich sein werden. Und ich hoffe, dass es ein pluralistisches Konzept geben wird, das das Zusammenleben aller dieser Orga­nisationen und Organisatoren gewährleisten wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

16.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schweigkofler. – Bitte.

 


16.31.21

Bundesrat Johann Schweigkofler (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörinnen und Zuhörer und auch Besucher der heutigen Bundesratssitzung! Bei der Beschäftigung mit dem Israelitengesetz und beim Lesen der Artikel, die in den österreichischen Zeitungen erschienen sind, ist mir in ers­ter Linie aufgefallen, dass sehr viele Zeitungen als Headline, als Überschrift geschrie­ben haben: Ein 120 Jahre altes Gesetz wurde jetzt modernisiert. – Also das war für die Reporterinnen und Reporter anscheinend ein ganz wichtiger Tatbestand. Aber man muss eines sagen: Wenn ein Gesetz 120 Jahre lang hält, dann muss es damals schon sehr fundiert gewesen sein, dass es eben 120 Jahre braucht, um es zu verändern.

Wenn man sich historisch das Ganze anschaut, dann war es so, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gerade nach Österreich, vor allem in die Hauptstadt der Monarchie, sehr, sehr viele jüdische Bevölkerungskreise, vor allem aus dem Ostbe­reich der Monarchie, zugewandert sind, sodass es dann einer gesetzlichen Regelung bedurft hat.

Auch ganz interessant beim Recherchieren war, zu erfahren, woher der Begriff „israeli­tisch“ kommt. – Kaiser Franz Joseph soll im Jahre 1849 von den Wiener Juden als der


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 131

Israelitischen Gemeinde von Wien gesprochen haben. So soll dieser Begriff ein­geführt worden sein, sodass man auch heute noch von der Israelitischen Gemeinde spricht.

Die Israelitische Gemeinde ist sehr angewachsen. Mein Kollege Dönmez hat es schon gesagt: 200 000 um die Jahrhundertwende. Im Ersten Weltkrieg gab es aber dann ei-
ne große Zäsur. 1938 mussten zwei Drittel dieser Menschen Österreich verlassen.
Gott sei Dank konnten sie fliehen, auch mit Hilfe ausländischer Organisationen. Aber 65 000 Juden wurden Opfer der Shoah. Nur ein ganz kleiner Teil, nämlich 6 500 jüdi­sche Menschen konnten in Wien überleben.

Jetzt hat die jüdische Gemeinde in Wien laut Schätzungen ungefähr 15 000 Mitglieder. Die IKG hat, wie ich gelesen habe, 8 000 Mitglieder.

Für mich persönlich ist es wichtig, dass es im Gesetz eine klare Trennung zwischen Staat und Kirche gibt. Der Staat hat meiner Meinung nach einen Rahmen zu geben, einen Rahmen zu bilden, und die Religionsgemeinschaft mit ihrem Religionsbekenntnis hat sich dann ihre innerreligiösen Differenzen, Schwierigkeiten, aber auch Gemeinsam­keiten selber zu lösen.

Ein zweiter wichtiger Punkt für mich ist, dass nach österreichischer Tradition dieses Gesetz vom Gesetzgeber gemeinsam mit der Israelitischen Kulturgemeinde erarbeitet wurde und damit auch auf einem breiten Fundament steht.

Daher können wir dem Ganzen nur zustimmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

16.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

16.34.55Einlauf und Zuweisung

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten be­ziehungsweise in der heutigen Sitzung die Anfrage 2888/J eingebracht wurde.

Darüber hinaus teile ich mit, dass die Bundesräte Gottfried Kneifel, Mag. Gerald Klug, Efgani Dönmez, Kolleginnen und Kollegen den Entschließungsantrag 189/A(E)-BR/2012 betreffend die aktuelle Menschenrechtslage in der Ukraine eingebracht ha­ben, der dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 31. Mai 2012, 9 Uhr, in Aussicht ge­nommen.


BundesratStenographisches Protokoll808. Sitzung / Seite 132

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen, wie immer, jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 29. Mai 2012, ab 14 Uhr, vorge­sehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

16.35.55Schluss der Sitzung: 16.36 Uhr

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