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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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820. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Mittwoch, 8. Mai 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

820. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 8. Mai 2013

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 8. Mai 2013: 9.01 – 18.07 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl der/s vierten Schriftführerin/s für den Rest des 1. Halbjahres 2013

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das All­gemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 – SVÄG 2013)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunter­richtsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdoku­mentationsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, die Schulunterrichtsge­setz-Novelle BGBl. I Nr. 9/2012, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 52/2010, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Ge­setz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulge­setz, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das Schulor­ganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bun­desschulgesetz, das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Be­kenntnisgemeinschaften und das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzu­ges bei Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der staatlichen Kultusverwal­tung geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbil­dungsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzge­setz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Ausbil­dungsinitiative-Gesetz 2013)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Strategische Jahresplanung 2013 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechischen Präsidentschaften

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Mas­seur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das Sanitätergesetz, das Zahnärzte­gesetz, das Zahnärztekammergesetz, das Ärztegesetz 1998, das Gesundheits- und Er­nährungssicherheitsgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz, das Apothekengesetz, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekerkammergesetz 2001, das Tierseuchengesetz, das Tiergesundheitsgesetz, das Tierschutzgesetz, das Tier­ärztegesetz, das Tierärztekammergesetz, das Bangseuchen-Gesetz, das Bundesge­setz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzge­setz und das Lebensmittelgesetz 1975 geändert werden (1. Verwaltungsgerichtsbar­keits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit)

11. Punkt: Jahresvorschau des BMG 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar­beitsprogramms der Europäischen Kommission für 2013 und des Programms des Ra­tes (Irland, Litauen, Griechenland)

12. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit

13. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Ziel­steuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG) erlassen wird so­wie das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferver­sorgungsgesetz 1957, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Gesundheits­qualitätsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Bundesgesetz über die Gesundheit Öster­reich GmbH, das Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz und das Bundes­gesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert werden (Gesundheits­reformgesetz 2013)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschüle­rinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fachhochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wis­senschaft und Forschung)

16. Punkt: Jahresvorschau des BMWF 2013 auf der Grundlage des „Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Ra­tes“

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das Ingenieurgesetz 2006, das Berufsausbildungsgesetz, das Maß- und Eichgesetz,


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 3

das Vermessungsgesetz, das Elektrotechnikgesetz 1992, das Wettbewerbsgesetz und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungs­gesetz – Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend)

19. Punkt: Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend EU Vorhaben Jahresvorschau 2013

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novelle 2014)

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bun­desvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden (BVergG und BVergGVS Novelle 2013)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteien­gesetz und das Volksgruppengesetz geändert werden

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ............................................................................... 12

Angelobung der Bundesräte Adelheid Ebner, Ing. Bernhard Ebner, MSc, Christian Hafenecker, Ing. Eduard Köck, Rene Pfister, Martin Preineder, Ing. Andreas Pum, Gerhard Schödinger, Angela Stöckl, Ingrid Winkler, Mag. Gerald Zelina und Sonja Zwazl ................................... 14

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Re­publik über die Rechtsstellung von Angehörigen des österreichischen Bundes­heeres während ihres Aufenthaltes auf dem französischen Überseegebiet von Französisch-Guyana durch den Herrn Bundespräsidenten        ............................................................................................................................... 36

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Bulgarien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft und der Jugend durch den Herrn Bundespräsidenten ........................................................................................................ 39

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR .................................................................................................. 42

1. Punkt: Wahl der/s vierten Schriftführerin/s für den Rest des 1. Halbjah-
res 2013 ..........................................................................................................................
42

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 85

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 4

Fragestunde (161.)

Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ............................................................... 15

Monika Kemperle (1824/M-BR/2013); Ferdinand Tiefnig, Mag. Reinhard Pi-
sec, BA, Marco Schreuder

Josef Saller (1827/M-BR/2013); Inge Posch-Gruska, Hans-Jörg Jenewein

Cornelia Michalke (1823/M-BR/2013); Georg Keuschnigg, Michael Lampel, Mar­co Schreuder

Johanna Köberl (1825/M-BR/2013); Elisabeth Greiderer, Monika Mühlwerth

Gregor Hammerl (1828/M-BR/2013); Johanna Köberl, Gerd Krusche

Mag. Josef Taucher (1826/M-BR/2013); Martin Preineder, Gerhard Dörfler

Anneliese Junker (1829/M-BR/2013); Mag. Josef Taucher, Hermann Brückl, Ef­gani Dönmez, PMM

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 41

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 41

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 35

Verhandlungen

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allge­meine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 – SVÄG 2013) (2246 d.B. und 2280 d.B. sowie 8947/BR d.B. und 8950/BR d.B.) ................................................................................... 42

Berichterstatter: Richard Wilhelm ................................................................................ 43

Redner/Rednerinnen:

Cornelia Michalke ......................................................................................................... 43

Monika Kemperle ......................................................................................................... 44

Josef Steinkogler ......................................................................................................... 45

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 46

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 47

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunterrichtsgesetz geändert werden (2206/A und 2284 d.B. sowie 8951/BR d.B.) ................................................................................................................. 47

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ......................................................................... 47


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Christian Füller ............................................................................................................. 48

Günther Köberl ............................................................................................................. 48

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 50

Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 52

Johann Schweigkofler ................................................................................................. 53

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 53

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 55

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumenta­tionsgesetz geändert werden (2198 d.B. und 2285 d.B. sowie 8952/BR d.B.) ...................................................................................................... 55

Berichterstatter: Johann Schweigkofler ...................................................................... 56

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, die Schulunterrichtsgesetz-No­velle BGBl. I Nr. 9/2012, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 52/2010, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung, das Pflichtschulabschluss-Prü­fungs-Gesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schülervertretun­gengesetz, das Schulorganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Rechts­persönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften und das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzuges bei Erlassung von Bescheiden in Angele­genheiten der staatlichen Kultusverwaltung geändert werden (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich) (2212 d.B. und 2287 d.B. sowie 8953/BR d.B.) ............................................................. 55

Berichterstatter: Johann Schweigkofler ...................................................................... 56

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen) (2188 d.B. und 2288 d.B. sowie 8954/BR d.B.) ................................................................................................................. 55

Berichterstatter: Johann Schweigkofler ...................................................................... 56

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 56

Christian Füller ............................................................................................................. 57

Efgani Dönmez, PMM ...........................................................................................  58, 63

Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................... 60

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 62

Annahme des Antrages des Berichterstatter zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 63

Annahme des Antrages des Berichterstatter zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 63

Annahme des Antrages des Berichterstatter zu Punkt 6, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 63


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 6

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbildungsge­setz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Aus­bildungsinitiative-Gesetz 2013) (2199 d.B. und 2286 d.B. sowie 8955/BR d.B.) ........... 64

Berichterstatter: Christian Füller .................................................................................. 64

Redner/Rednerinnen:

Johann Schweigkofler ................................................................................................. 64

Franz Wenger ................................................................................................................ 65

Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 66

Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 67

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 68

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 68

8. Punkt: Strategische Jahresplanung 2013 des Bundesministeriums für Unter­richt, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechischen Präsi­dentschaften (III-491-BR/2013 d.B. sowie 8956/BR d.B.) ........ 68

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ......................................................................... 69

Redner/Rednerinnen:

Inge Posch-Gruska ....................................................................................................... 69

Franz Wenger ................................................................................................................ 70

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................... 71

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-491-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................... 73

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebam­mengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Mas­seur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das Sanitätergesetz, das Zahn­ärztegesetz, das Zahnärztekammergesetz, das Ärztegesetz 1998, das Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberku­losegesetz, das Apothekengesetz, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothe­kerkammergesetz 2001, das Tierseuchengesetz, das Tiergesundheitsgesetz, das Tierschutzgesetz, das Tierärztegesetz, das Tierärztekammergesetz, das Bang­seuchen-Gesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes, das Lebens­mittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und das Lebensmittelgesetz 1975 geändert werden (1. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundes­ministerium für Gesundheit) (2166 d.B. und 2256 d.B. sowie 8946/BR d.B. und 8962/BR d.B.) ........................................................ 73

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ........................................................................... 73

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Be­amten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Verwal-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 7

tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit) (2167 d.B. und 2257 d.B. sowie 8963/BR d.B.) ...................................................................................... 73

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ........................................................................... 73

Redner/Rednerinnen:

Adelheid Ebner ............................................................................................................. 74

Martin Preineder ........................................................................................................... 75

Gerd Krusche ............................................................................................................... 76

Marco Schreuder .......................................................................................................... 76

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..................................................................... 76

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 77

11. Punkt: Jahresvorschau des BMG 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2013 und des Programms des Rates (Irland, Litauen, Griechenland) (III-479-BR/2013 d.B. sowie 8964/BR d.B.) ................................................................................ 77

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ........................................................................... 77

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche ............................................................................................................... 78

Werner Stadler .............................................................................................................. 79

Georg Keuschnigg ....................................................................................................... 80

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..................................................................... 82

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-479-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................... 85

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend Vereinba­rung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit (2140 d.B. und 2253 d.B. sowie 8959/BR d.B.) ................... 85

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ........................................................................... 86

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend Vereinba­rung gemäß Art. 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, geändert wird (2141 d.B. und 2254 d.B. sowie 8960/BR d.B.)         ............................................................................................................................... 86

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ........................................................................... 86

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Ge­sundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG) erlassen wird sowie das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsge­setz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Familienlastenausgleichsge­setz 1967, das Gesundheitsqualitätsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Bundes­gesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, das Privatkrankenanstalten-Fi­nanzierungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Ge-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 8

sundheitswesen geändert werden (Gesundheitsreformgesetz 2013) (2243 d.B. und 2255 d.B. sowie 8961/BR d.B.) ...................................................................................... 86

Berichterstatter: Friedrich Reisinger ........................................................................... 86

Redner/Rednerinnen:

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer ...........................................................  87, 110

Gerd Krusche ......................................................................................................  90, 109

Johanna Köberl ............................................................................................................ 92

Hermann Brückl ..................................................................................................  94, 106

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 95

Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 97

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..................................................................... 99

Mag. Josef Taucher .................................................................................................... 101

Martin Preineder ......................................................................................................... 102

Werner Stadler ............................................................................................................ 103

Richard Wilhelm ......................................................................................................... 108

Ferdinand Tiefnig ....................................................................................................... 109

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fach­hochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geän­dert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesminis­terium für Wissenschaft und Forschung) (2164 d.B. und 2282 d.B. sowie 8945/BR d.B. und 8957/BR d.B.) ............................................................................................................... 112

Berichterstatterin: Anneliese Junker .......................................................................... 112

Redner/Rednerinnen:

Josef Saller ................................................................................................................. 113

Ana Blatnik .................................................................................................................. 113

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 114

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 114

16. Punkt: Jahresvorschau des BMWF 2013 auf der Grundlage des „Arbeitspro­gramms der Europäischen Kommission“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“ (III-490-BR/2013 d.B. sowie 8958/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 114

Berichterstatterin: Anneliese Junker .......................................................................... 115

Redner/Rednerinnen:

Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................. 115

Elisabeth Grimling ..................................................................................................... 116

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 117

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-490-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................. 118


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 9

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2197 d.B. und 2261 d.B. sowie 8948/BR d.B. und 8965/BR d.B.)             ............................................................................................................................. 118

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M ............................................................ 118

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder ........................................................................................................ 118

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 119

Monika Kemperle ....................................................................................................... 121

Mag. Reinhard Pisec, BA .......................................................................................... 122

Klaus Konrad .............................................................................................................. 123

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 125

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 127

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das In­genieurgesetz 2006, das Berufsausbildungsgesetz, das Maß- und Eichgesetz, das Vermessungsgesetz, das Elektrotechnikgesetz 1992, das Wettbewerbsge­setz und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbar­keits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Ju­gend) (2244 d.B. und 2262 d.B. sowie 8966/BR d.B.)             ............................................................................................................................. 127

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M ............................................................ 128

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder ........................................................................................................ 128

Anneliese Junker ........................................................................................................ 128

Klaus Konrad .............................................................................................................. 128

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 129

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 129

19. Punkt: Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betref­fend EU Vorhaben Jahresvorschau 2013 (III-481-BR/2013 d.B. sowie 8967/BR d.B.) .............................. 129

Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M ............................................................ 130

Redner/Rednerinnen:

Mag. Reinhard Pisec, BA .......................................................................................... 130

Franz Perhab ............................................................................................................... 132

Elisabeth Reich ........................................................................................................... 134

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 136

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-481-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................. 137

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novel­le 2014) (2168 d.B. und 2268 d.B. sowie 8968/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 138

Berichterstatter: Josef Saller ...................................................................................... 138

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Beer ............................................................................................................ 138

Franz Wenger .............................................................................................................. 139

Hans-Jörg Jenewein .................................................................................................. 139

Marco Schreuder ........................................................................................................ 141

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ...................................................................... 143


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 10

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 146

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundesvergabege­setz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden (BVergG und BVergGVS Novelle 2013) (2170 d.B. und 2269 d.B. sowie 8949/BR d.B. und 8969/BR d.B.) .............................................................................................................................. 146

Berichterstatter: Josef Saller ...................................................................................... 146

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 146

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird (2247 d.B. und 2270 d.B. sowie 8970/BR d.B.)         ............................................................................................................................. 146

Berichterstatter: Franz Wenger ................................................................................... 146

Rednerin:

Elisabeth Greiderer .................................................................................................... 147

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 147

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audio­visuelle Mediendienste-Gesetz, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteien­gesetz und das Volksgruppengesetz geändert werden (2169 d.B. und 2271 d.B. sowie 8971/BR d.B.) .................................................................................... 147

Berichterstatter: Franz Wenger ................................................................................... 147

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 148

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Menschenrechtspolitik des Außenminis­teriums in Bezug auf homophobe Gesetzgebung in Uganda und Russland (2945/J-BR/2013)

Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Menschenrechtspolitik des Außenminis­teriums in Bezug auf Unterstützung von PRIDE-Veranstaltungen in Europa (2946/J-BR/2013)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Reinhard Pisec, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Darlehen/Kredite der Oesterreichi­schen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) (2723/AB-BR/2013 zu /2939J-BR/2013)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Bundesräte Josef Saller, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Förderungen an den ASKÖ-Landesverband Salzburg in den Jahren 2011 und 2012 (2724/AB-BR/2013 zu 2942/J-BR/2013)


 


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 11

09.00.51Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

 


Präsident Edgar Mayer: Ich eröffne die 820. Sitzung des Bundesrates.

Einen schönen guten Morgen, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Grüß Gott auch allen Zuseherinnen und Zusehern an den Bildschirmen zu Hause und am Livestream im Internet!

Das Amtliche Protokoll der 819. Sitzung des Bundesrates vom 5. April 2013 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Stefan Schennach und Reinhard Todt.

09.01.49Einlauf

 


Präsident Edgar Mayer: Eingelangt ist ein Schreiben des Niederösterreichischen Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates.

Hinsichtlich des Wortlautes dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

*****

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern:


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*****

09.02.09Angelobung

 


Präsident Edgar Mayer: Die neuen beziehungsweise die wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich ersuche nun die Schriftführung um die Verlesung der Gelöbnisformel. – Bitte, Herr Kollege Saller.

 


9.02.34

Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

Über Namensaufruf durch den Schriftführer Josef Saller leisten die Bundesräte Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich), Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich), Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich), Ing. Bernhard Ebner, MSc (ÖVP, Niederösterreich), Ing. Andreas Pum (ÖVP, Niederösterreich), Rene Pfister (SPÖ, Niederösterreich), Gerhard Schödinger (ÖVP, Niederösterreich), Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederöster­reich), Mag. Gerald Zelina (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich), Ingrid Winkler (SPÖ, Niederösterreich), Angela Stöckl (ÖVP, Niederösterreich) und Christian Hafenecker (FPÖ, Niederösterreich) ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 15

(Allgemeiner Beifall. – Die neu angelobten Mitglieder des Bundesrates werden zahl­reich von ihren Kolleginnen und Kollegen beglückwünscht.)

*****

 


Präsident Edgar Mayer: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf bitten, wieder Platz zu nehmen.

Nachdem die Gratulationstour unfallfrei verlaufen ist, begrüße ich die neuen bezie­hungsweise wiedergewählten Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mit­te. Ich wünsche alles Gute, viel Erfolg und eine gute Zusammenarbeit.

09.06.33Fragestunde

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf dazu Herrn Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Ru­dolf Hundstorfer sehr herzlich in unserer Mitte begrüßen. Guten Morgen, Herr Minister! (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich jetzt – um 9.06 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten er­strecken werde.

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 


Präsident Edgar Mayer: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1824/M-BR/2013, an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Kemperle, um die Verlesung der An­frage. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister, meine Frage:

1824/M-BR/2013

„Unsere Lebenserwartung und damit auch Pensionsbezugsdauer steigt, gleichzeitig geht durch den demographischen Wandel die Zahl der unter 65-Jährigen zurück. – Kann unser staatliches Pensionssystem diesen Wandel bewältigen?“

Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Auch von meiner Seite Gratulation an alle, die wieder oder erstmals angelobt wor­den sind.

Zur Frage: Ja, die Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems ist gegeben, wenn wir – und das haben wir getan – einige Hausaufgaben machen. Der demographi­sche Wandel, den Sie angesprochen haben, ist natürlich schon längere Zeit bekannt, und wir bemühen uns schon seit längerer Zeit, durch diverse Reformmaßnahmen im­mer wieder entsprechend gegenzusteuern. Der wesentlichste Punkt neben der Be­schäftigung ist das faktische Pensionsantrittsalter. Und da sind wir – ich bitte, jetzt nicht zu lachen – voriges Jahr um fünf Wochen älter geworden. Fünf Wochen, das klingt banal, aber diese fünf Wochen bewirken Einsparungen von über 100 Millionen, denn 52 Wochen älter zu werden, das bedeutet Einsparungen in der Höhe von 1,1 Milliarden


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 16

im ASVG, 200 Millionen bei den Beamten, und da wir fünf Wochen älter geworden sind, sind das über 100 Millionen.

Was auch klar und wichtig ist, ist die Beschäftigungsquote, die Erwerbsquote. Und die Erwerbsquote ist in den letzten zehn Jahren von 68,3 auf 72,2 im Vorjahr gestiegen. Bei den Männern sind es 78 Prozent, und bei den Frauen sind es 66,3 Prozent. Das heißt, diese Indikatoren zeigen in die richtige Richtung, und daher kann ich hier mit ganz ruhigem Gewissen sagen: Die Finanzierbarkeit unseres Pensionssystems ist si­chergestellt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Minister. – Zusatzbemerkung von mir: Herr Mi­nister, man sieht Ihnen die fünf Wochen nicht an. (Heiterkeit.)

Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Frau Kollegin Kemperle? (Bundesrätin Kemperle: Danke!) – Das ist nicht der Fall.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Tiefnig.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Diese Bundesregierung hat ja in den vergangenen Jahren schon sehr viele Maßnahmen für das Pensionssystem gesetzt, die jedoch erst im Jahr 2014 greifen werden beziehungsweise teilweise greifen werden.

Welche Unterstützungen, welche Maßnahmen treffen Sie zur finanziellen Absicherung des Pensionssystems?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Ich muss jetzt ein bisschen ausholen, denn begonnen haben wir in Wirklichkeit in die­ser Legislaturperiode, 2010, mit der sogenannten Gesundheitsstraße. Wir haben dann mit dem Sparpaket Loipersdorf weitergemacht, bei dem es unter anderem um eine Verteuerung des Nachkaufs der Schul- und Studienzeiten gegangen ist. Wir haben mit dem Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz ein ganz wesentliches Instrument geschaffen, da­hinter verbirgt sich das Projekt fit2work, wo es schlichtweg darum geht, sehr frühzeitig auf die Menschen zuzugehen.

Wir haben die sogenannte Langzeitversichertenregelung geändert, vom 60. Lebensjahr hin zum 62. Lebensjahr; wirksam mit 1. Jänner 2014. Es wird auch keine Anrechnung der Schul- und Studienzeiten und der Ausübungsersatzzeiten bei der Langzeitversi­chertenregelung mehr geben – ebenfalls mit 2014.

2011 konnten wir weiters umsetzen – ebenfalls 2014 wirksam –: das einheitliche Pen­sionskonto für alle Versicherten, die stufenweise Anhebung des Tätigkeitsschutzes, die stufenweise Anhebung der Wartezeit für die Korridorpension, die Erhöhung der Ab­schläge bei der Korridorpension und – das ist, glaube ich, auch ein Instrumentarium für die Zukunft – kontinuierliche Altersteilzeitvereinbarungen nicht mehr bis zum frühest­möglichen Pensionsantritt, sondern bis zum Regelpensionsantritt, und, was vielfach auch diskutiert wurde, die Einführung einer Auflösungsabgabe für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, da gibt es zwar ein Paket von Ausnahmen, aber auch das ist ein Teil des Ganzen.

Ein wesentlicher Punkt ist das neue I-Pensionspaket, bei dem es schlichtweg darum geht, dass es für jüngere Menschen, das heißt jünger als 50, in Zukunft keine be­fristeten I-Pensionen mehr geben soll und wir langfristig die befristeten I-Pensionen nicht mehr machen werden. Es ist klar, dass man bei diesen Menschen spezielle, an­dere Maßnahmen setzen muss – sei es mit Rehab, aber nicht nur mit medizinischer Rehab, sondern auch mit beruflicher Rehab.

Ein ganz wesentlicher Faktor ist in meinen Augen, dass wir, weil hinter vielen Dia­gnosen ein psychisches, psychiatrisches Problem steht, unter anderem mit dem Pro-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 17

jekt fit2work versuchen, die Menschen sehr frühzeitig einzuladen, hier mitzumachen. Da sind alle gefordert: die Wirtschaft, die Menschen. Nach eineinhalb Jahren fit2work kann ich nur sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Es wird noch dauern, denn in den Ländern, aus denen wir diese Ideen haben, hat die Einführung ebenfalls fünf Jahre ge­dauert.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mag. Pisec.

 


Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Norwegen hat ein volkswirtschaftliches Wachstumsvolu­men, das jenem der österreichischen Wirtschaft ähnlich ist. Im Unterschied zu Öster­reich werden dort jedoch Überschüsse erwirtschaftet, jährlich zirka 10 Prozent.

Es gibt dort einen Staatsfonds, einen Pensionsfonds, der allein im ersten Quartal 2013 über 28 Milliarden € durch kluge Investments erwirtschaftet hat; also die Hälfte der jährlichen Steuereinnahmen Österreichs.

Wäre das ein Modell für Österreich, nicht immer Verluste auszuweisen, sondern im Bundesbudget Überschüsse zu produzieren und einen staatlichen Pensionsfonds in diesem Sinne aufzubauen?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Ich danke Ihnen für diese Frage. Sie gestatten mir, auf einen ganz wesentlichen Hinter­grund einzugehen: Wenn wir das Öl Norwegens hätten (Bundesrätin Mühlwerth: Ist es auch nicht sicher, dass wir sparen!), mit dem der staatliche Pensionsfonds gespeist wird, dann wäre ich gerne bereit, über solch kapitalgedeckte Verfahren nachzuden­ken. – Punkt eins.

Punkt zwei: Sie wissen, dass das kapitalgedeckte Verfahren in Norwegen es auch zu­lässt, dass keine Pensionsanpassungen stattfinden, dass Pensionen sogar gekürzt wer­den. Es gibt Jahre, in denen es ein Minus gibt, es gibt Jahre, in denen es ein Plus gibt. Das ist für mich kein wirkliches Vorbild – wobei ich schon wehmütig zugeben muss: Das Öl hätten wir ganz gerne. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Zwazl.)

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schreuder.

 


Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Guten Morgen, Herr Minister, auch von meiner Seite, an diesem 8. Mai, einem Tag, an dem man feiern darf, dem Tag der Be­freiung, das sollte man vielleicht auch gesagt haben!

Welche Maßnahmen planen Sie eigentlich für jene Menschen – wir wissen aus eige­nen Schätzungen, dass es ungefähr 35 000 Menschen sein müssten –, die man in die­sem Sinne nicht mehr am Arbeitsmarkt integrieren kann? Das sind Menschen, die kör­perlich, psychisch am Ende sind, die nicht mehr vermittelbar sind, die keiner Erwerbs­arbeit mehr nachgehen können und eigentlich keine Chance auf einen Zugang zur In­validitätspension haben.

Was kann man für diese Menschen tun, damit sie auch eine Möglichkeit haben, wieder auf eigenen Beinen zu stehen, rehabilitiert zu werden? Gibt es eine Möglichkeit, diese am Arbeitsmarkt zu integrieren, wenn ja, welche?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Ziel kann es nicht sein, dass wir diese Menschen früh verrenten, sondern Ziel muss es sein, mit diesen Menschen etwas zu tun. Daher haben wir das Projekt fit2work und al­les, was dahintersteht, eine sehr massive psychologische, psychotherapeutische Be­treuung geschaffen. Wir bieten jetzt unter anderem auch Psychotherapien verstärkt an.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 18

Wir investieren massiv in berufliche Rehab-Einrichtungen. Wir bauen unter anderem – nachdem wir jetzt zwei Jahre ein Pilotprojekt in Wien laufen gehabt haben – eine am­bulante psychiatrische Rehab aus, sie wird jetzt noch dreimal in Österreich quasi im­plementiert, als ambulante Einrichtung zusätzlich zu den stationären Einrichtungen. Das Ziel ist natürlich, zu versuchen, diese Menschen soweit als möglich über diese be­ruflichen Rehab-Maßnahmen zu integrieren.

Ein weiterer Teil des Projektes ist die Integration im sogenannten zweiten Arbeitsmarkt. Dieser zweite Arbeitsmarkt wird von vielen als Sprungbrett verwendet oder kann ver­wendet werden.

Das sind die Maßnahmen, die dafür vorgesehen sind. Und wenn all das nicht funk­tioniert, wenn nichts klappt, dann wird es weiterhin die Invaliditäts- oder Berufsunfähig­keitspension geben. Aber in Zukunft müssen wir vor allem bei den psychischen, psy­chiatrischen Erkrankungen viel versuchen, viel früher gegensteuern und viel früher mit diesen Menschen etwas machen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1827/M-BR/2013. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Saller, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist sicherlich ein riesiger Fortschritt in Hinblick auf die Armutsbekämpfung. Österreich ist in diesem Bereich weltweit Spitzenreiter und für eine gerechte Verteilung, aber diese Mindestsicherung kann natürlich keine Hänge­matte sein, sondern muss ein Sprungbrett zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sein.

Meine Frage lautet daher:

1827/M-BR/2013

„Wie viele Mindestsicherungsbezieher gibt es in den einzelnen Bundesländern, die in­nerhalb eines halben Jahres wieder eine nachhaltige Arbeit über der Geringfügigkeits­grenze für mindestens drei Monate aufgenommen haben?“

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Danke für diese Frage. Es sind 31 854 Mindestsicherungsbezieher, die ein längeres Beschäftigungsverhältnis als sechs Monate haben, und es sind 4 532 – mit Stichtag 31. März –, die sozusagen in der Pipeline sind, die aber erst innerhalb der drei Monate drinstecken.

Das heißt, in Summe sind es 36 386 Menschen, die aus der Mindestsicherung heraus­kommend in Beschäftigung sind.

Und um Ihre Frage gleich umfassend zu beantworten: Von diesen insgesamt 36 000 kommen 9 Prozent aus Niederösterreich, und zwei Drittel der neuen Beschäftigungs­verhältnisse sind im Ballungsraum Wien zustande gekommen.

 


Präsident Edgar Mayer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? (Bundesrat Saller: Ja!) – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Die Zahlen in Wien sprechen auch eine deutliche Sprache, zuletzt waren es zirka 120 000 Mindestsicherungsbezieher, das sind ungefähr zwei Drittel von ganz Österreich oder sechsmal so viele wie in Niederös­terreich, die dauerhaft keinem Erwerb nachgehen. Da muss man natürlich auch nach­fragen: Liegt das an fehlenden Kontrollen? – Das hat ja das Kontrollamt in Wien selbst festgestellt. Auch dann, wenn es einen Sperrvermerk gibt, werden die Arbeitsmaßnah­men oft verweigert.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 19

Ich komme zur Frage: Was muss im Bereich der Mindestsicherung geändert werden, um endlich auch in Wien systematischen Missbrauch zuverlässig zu verhindern?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Ich gestatte mir – ich bin nicht mehr dort, aber ich komme aus diesem Bereich, das wissen Sie ja –, Ihnen mitzuteilen, dass der Kontrollamtsbericht eins zu eins umgesetzt ist. – Punkt eins.

Punkt zwei: Bei Wien muss man eine Relation dazurechnen, nämlich das, was Wien an Zusatzleistungen hat, unter anderem bei den Kindern, wodurch hier viel mehr Kinder registriert sind als in anderen Bundesländern. Und dazu kommt noch – und das ist halt auch so – Folgendes: Was die Zahl derer betrifft, die nur von der Mindestsicherung als einzige Einnahmequelle leben, hat Niederösterreich mehr Fälle als Wien. Sie müssen genau zuhören: die nur von der Mindestsicherung als einzige Einnahmequelle leben. Das sind dort 9 000 und da 9 000, das sind nicht mehr.

Ein Grund, warum die Zahlen so auseinandergehen, sind unter anderem die Kinder, denn in Wien sind allein 52 000 Kinder enthalten. Und das Nächste, was noch ausein­andergeht, sind die sogenannten Aufstockungsleistungen: Die betreffen jene Men­schen, die einen AMS-Bezug haben, Notstandshilfe oder ein Aktiveinkommen und die sich eben die 50 €, die 100 €, die 70 € – was auch immer – Aufstockungsleistung aus der Mindestsicherung holen. Das ist in Wien ausgeprägter als in Niederösterreich. Das hängt mit vielen, vielen Dingen zusammen, die ich hier jetzt gar nicht bewerten möchte, aber klar ist: Wir schauen nicht weg! Und klar ist auch: Wir bemühen uns, mit allen Mindestsicherungsbeziehern, wo immer sie leben, entsprechend zu arbeiten.

Die Zielgruppe sind ganz einfach diejenigen, die im erwerbsfähigen Alter sind und die gesundheitlich in der Lage sind, etwas zu tun, und aus dieser Personengruppe haben wir jetzt aktuell 30 000 Menschen in AMS-Fördermaßnahmen. AMS-Fördermaßnah­men können sein Eingliederungsbeihilfen, das kann Beschäftigung auf dem zweiten Ar­beitsmarkt sein, Bildungsmaßnahmen, Qualifizierungsmaßnahmen auf dem freien Bil­dungsmarkt oder dass sie in Beratungs- und Betreuungseinrichtungen sind.

Das heißt, der Missbrauch wird verhindert, weil auch eines geschieht – und das macht in Wien die MA 40, und zwar gar nicht so wenig –: Man kann die Sozialhilfe ja auch erstmalig kürzen, und von dieser Maßnahme wird gar nicht so wenig Gebrauch ge­macht. Das muss man auch einmal auf den Tisch legen, genauso wie wir beim AMS, wo wir pro Jahr 820 000 Kundinnen und Kunden haben, bei zirka 11 Prozent den Ar­beitslosengeldbezug periodisch sperren – das ist auch gar nicht so wenig. Das heißt, man schaut schon hin und sagt nicht: Laissez faire! Das findet nicht statt.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Posch-Gruska.

 


Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben gerade erwähnt, wie viele Kunden das AMS hat. Eine neue Gruppe, nämlich die BezieherInnen dieser bedarfsorientierten Mindestsicherung, ist dazugekommen.

Was macht das AMS konkret, um die BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsi­cherung am Arbeitsmarkt besser zu informieren?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Wir haben Beratungs- und Betreuungseinrichtungen, es gibt ein spezielles Case-Ma­nagement in allen Bundesländern für diese Zielgruppe. Es gibt, wie ich schon vorhin gesagt habe, ein kombiniertes Angebot mit niederschwelligen Teilnahmemöglichkeiten; die sozialökonomischen Betriebe, die gemeinnützigen Beschäftigungsprojekte bieten


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 20

Transitarbeitsplätze an. Und dann gibt es für diese Gruppe noch ein – ich würde so sagen – spezielleres Schulungskonzept, wobei dieses speziell Rücksicht nimmt auf di­verse Probleme, die diese Menschen haben.

Ich kann das nur noch einmal wiederholen: Es sind 30 000 in diesen Projekten drinnen, und das Hauptthema ist, dass man von jemandem, der längere Zeit arbeitsmarktfern war, natürlich nicht erwarten kann, dass er sich sofort wieder am ersten Arbeitsmarkt ad hoc integriert. Da braucht man einen Zwischenschritt am zweiten Arbeitsmarkt, aber wichtig ist, dass wir die Menschen in diesen Zwischenschritt hineinbekommen, und das funktioniert.

In Summe gesehen kann ich nur noch einmal feststellen, dass wir bei der Arbeits­marktintegration von BMS-Beziehern in Wirklichkeit sehr gut unterwegs sind.

 


Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Jenewein.

 


Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, guten Morgen! Ich möchte ganz kurz auf das eingehen, was Herr Kollege Saller gesagt hat, und zwar: Wir wissen, 58 Prozent der Bezieher der bedarfsorientierten Mindest­sicherung kommen aus Wien. Das ist schon eine relativ deutliche Zahl. Meine Frage diesbezüglich lautet:

Um wie viel Prozent gab es Kürzungen im Jahr 2011 wegen Arbeitsunwilligkeit, gerade in diesem Bereich, und ist schon ein Trend für das Jahr 2012 abschätzbar?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Bei allen Intimkenntnissen bezüglich Wien, aber ich würde Sie bitten, diese Frage der MA 40 zu stellen und nicht mir, denn ich habe diese Unterlage nicht mit, weil das nicht mein Ressort ist.

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, 1823/M-BR/2013. (Bundes­minister Hundstorfer: Das ist kein Häkel! – Bundesrat Jenewein: ... Ministerium! – Bundesminister Hundstorfer: Wir kriegen das nicht, das ist Landesverwaltung!)

Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Michalke, um die Anfrage. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Minister, mei­ne Frage lautet:

1823/M-BR/2013

„Welche Maßnahmen werden Sie vor der Arbeitsmarktöffnung für Rumänien und Bul­garien Anfang 2014 treffen, damit rumänische und bulgarische Arbeitnehmer nicht ös­terreichische Arbeitnehmer verdrängen?“

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Wir haben das gemacht, was wir bei allen EU-Erweiterungen gemacht haben: Wir ha­ben die siebenjährige Übergangsfrist entsprechend ausgenützt. – Diese siebenjährige Über­­gangsfrist läuft, wie Sie sagen, jetzt aus. Wir haben de facto die gleiche Aus­gangssituation wie bei allen anderen, das heißt, wir können davon ausgehen, dass es zu keiner Überrollung kommt, wir können davon ausgehen, dass es zu keinem Ver­drängungswettbewerb kommt.

Wir haben zur Stunde auch aufgrund der jetzigen legalen Zugangsmöglichkeiten eine nicht unwesentliche Zahl von Menschen hier: Wir haben 4 400 Menschen aus Bulga-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 21

rien hier, wir haben 22 500 aus Rumänien ganz legal hier. Die Sektoren sind bekannt: Hotel, Gastgewerbe, Gebäudereinigung, Gebäudebetreuung, Baubranche und Land­wirtschaft.

Und wovon sich auch immer mehr herausstellt, dass es eine hervorragende Einführung war, auch wenn sie oft kritisiert wurde: Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungs­gesetz greift hier wirklich sehr gut in der Überprüfbarkeit. Daher wird diese weitere Arbeitsmarktöffnung für uns keine wirkliche, enorme Herausforderung sein. Es wird auch zu keinem Verdrängungswettbewerb kommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sie haben im Prinzip schon die Antwort auf meine Zusatzfrage gegeben; ich wollte nämlich in Bezug auf das Lohn­dumping fragen, ob da Maßnahmen ergriffen wurden. Das haben wir mit dem Gesetz damals beschlossen. – Hier vielleicht noch eine Zusatzfrage:

Gibt es konkrete Maßnahmen, wie man insbesondere zu Fachkräften aus diesen neu­en Ländern kommen könnte?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Die Beantwortung der Frage betreffend Fachkräfte ist jederzeit möglich, und zwar in­sofern möglich, als wir die Mangelberufsliste haben. Über diese Mangelberufsliste fin­det ja ein gewisser Sickerprozess statt, denn sonst hätten wir zum Beispiel nicht die 22 000 Rumänen, denn die sind ja nicht nur alle in der Saison hier.

Mit dieser Mangelberufsliste, glaube ich, ist auch der richtige Zugang gewählt worden, nämlich dass wir dort, wo wir einen effektiven Mangel am österreichischen Arbeits­markt haben, Leute hereinholen. Die Liste ist ja mehr oder weniger ein Konsens von al­len Playern in diesem System, und demzufolge wird es, wenn eine Firma jemanden sucht und jemand aus diesem Sektor kommt, weiterhin möglich sein, diesen Arbeits­marktzugang zu finden.

Es muss uns aber klar sein – und das möchte ich an dieser Stelle, obwohl es nicht ganz dazu passt, schon auch betonen –, dass wir natürlich auch alle Potenziale für die, die hier sind, ausnützen müssen, dass wir sie in eine entsprechende Lehrlingsausbil­dung beziehungsweise eine entsprechende Qualifikation hineinbringen. Das muss auch ganz klar sein!

Die Mangelberufsliste ist, wie gesagt, für die Bereiche, wo wir schon nichts mehr ha­ben, aber die Mangelberufsliste kann nicht die Nummer eins sein. Die Nummer eins muss weiterhin unsere Lehrlingsausbildung sein, weiterhin die Qualifikation derer, die hier sind. Und wenn das alles nicht ausreicht, dann greift die Mangelberufsliste.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Kollege Keuschnigg.

 


Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Herr Bundesminister, wie Sie selbst be­reits erwähnt haben, findet dieser Ansturm aus den neuen EU-Mitgliedsländern ja nicht statt. Von einer Verdrängung der Österreicher kann man da nicht reden. Das beste Re­zept aber für Wirtschaft und Beschäftigung ist eine hohe Qualifikation der Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, und in vielen Branchen spürt man bereits den Mangel an guten Fachkräften. Meine Frage lautet daher:

Was unternehmen Sie im Rahmen des AMS, um die Qualifikation und damit die Chan­cen von Arbeitssuchenden zu erhöhen?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Was wir unternehmen, ist Folgendes: Wir ... (Bundesminister Hundstorfer durchsucht


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seine Unterlagen, findet das Gewünschte aber nicht.) – Egal, ich weiß es auswendig. Ich glaube, die Hälfte oder wahrscheinlich sogar zwei Drittel unseres AMS-Budgets sind nur Qualifikationsmaßnahmen: Qualifikationsmaßnahmen in Grundqualifikationen, Qualifikationsmaßnahmen in Höherqualifikationen oder in Umschulungen, das heißt in Wirklichkeit auch in eine Grundqualifikation.

Das heißt – langer Rede kurzer Sinn –, wir sollen und müssen natürlich mit diesem Po­tenzial an Menschen, die hier sind, die leider arbeitslos sind, schlichtweg versuchen, dort, wo es Qualifikationsdefizite gibt, und das ist in Summe gesehen bei 45 Prozent al­ler derer, die arbeitslos sind, der Fall, etwas zu entwickeln. Das tun wir flächende­ckend, und demzufolge wird sich da auch nichts ändern.

Das ist ein Teil dieses Programms, von dem ich gesprochen habe. Mit jenen, die hier sind, müssen wir, wenn sie keine Qualifikation haben, versuchen, etwas zu entwickeln. 45 Prozent derer, die arbeitslos sind, haben als höchste Qualifikation die Pflichtschule und, salopp formuliert, sehr oft nicht einmal das, nämlich nur den berühmten Zettel: „Ich war da“, diese berühmten Schulbesuchsbestätigungen, und das ist zu wenig. Das ist schlichtweg zu wenig, und mit diesen Menschen muss man etwas tun.

 


Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Lampel.

 


Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gerade im Zuge der Herausforderung der Arbeitsmarktöffnung ist das Lohn- und So­zialdumping-Bekämpfungsgesetz, welches ja 2011 eingeführt wurde, ein sehr wichti­ges und starkes Instrument.

Welche Erfahrungen hat der Vollzug dieses Gesetzes bisher gebracht?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Der Erfahrungen im Vollzug sind, dass es mehr oder weniger drei wesentliche Kon­trollorgane gibt – das heißt, die Gebietskrankenkassen, die BUAK und die Finanzpoli­zei, wobei hier die BUAK und die Finanzpolizei sehr viel machen, aber natürlich auch die Gebietskrankenkassen.

Wir haben 301 Anzeigen wegen Unterentlohnung, alleine da war der Strafrahmen 9,8 Millionen. Wir haben 2,2 Millionen weitere rechtskräftige Bescheide, wo es um die Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen gegangen ist. Wir haben auch bereits sieben rechtskräftige Untersagungen von Dienstleistungen in Österreich, das heißt, ausländi­sche Firmen dürfen nicht mehr bei uns anbieten. Es sind nur sieben, aber sieben ist besser als gar nichts.

Insgesamt wurden, wenn ich das jetzt richtig zusammenrechne, 70 000 Betriebe kon­trolliert und überprüft, und man kann sagen, es greift, es funktioniert. Und zum Glück greift es immer besser, und zwar auch in den diversen Branchen. Primär geht es da um eine einzige Branche, die da immer wieder ein bisschen ein Ausreißer ist, das ist leider der Baubereich, dort kommt das immer wieder vor. Vielleicht nennt man das dort Kavaliersdelikt, ich weiß es nicht. Ich will das nicht verallgemeinern, aber Fakt ist, dass man in dieser Branche sehr oft etwas findet und wir demzufolge natürlich auch wei­terhin die Kontrollen verstärken.

Es ist auch wichtig, dass wir diese Gesetzeslage haben, und ich darf Ihnen zwi­schenzeitlich berichten, auch das wird schön langsam ein Exportartikel, denn Vertreter anderer Länder sind in den letzten zwölf Monaten gekommen und haben gefragt: Was macht ihr da? Wie schaut das aus? – Die müssen das natürlich an ihren Rechtsrahmen anpassen, in ihrem Rechtsgebilde entsprechend implementieren.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Schreuder.

 



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Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Auf eine zukünftige Arbeitsmarktöffnung kann man sich am besten vorbereiten, indem man sich auch die vergangene Arbeits­marktöffnung anschaut. Unsere Frage dazu wäre:

Über welches Ausbildungsniveau – es gibt ja auch in den Herkunftsländern Ausbildung und Bildung – verfügen eigentlich die Menschen, die nach der Ostöffnung auf den ös­terreichischen Arbeitsmarkt kamen und hier erwerbstätig wurden?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: In der Regel verfügen sie über ein sehr gutes Ausbildungsniveau, und in der Regel können wir Folgendes festhalten: Diejenigen, die in den letzten 24 Monaten zu uns ge­kommen sind, haben eine Akademikerquote von 40 Prozent. Die sonstige österreichi­sche Durchschnittsbevölkerung hat eine Akademikerquote von 25 Prozent. Das zeigt, es sind Menschen mit sehr hohem Niveau gekommen, und viele, die auch im Gastge­werbe, im Fremdenverkehr tätig sind, sind mit Ausbildung gekommen, wie immer jetzt auch Gastgewerbeassistent in Deutschland oder in Ungarn oder in Polen heißt – das weiß ich jetzt nicht.

Fakt ist jedenfalls, es sind in erster Linie qualifizierte Fachkräfte gekommen, weil der unqualifizierte Sektor auch erkannt hat, er hat hier keine Möglichkeiten. Wir hatten also zwar einen gewissen Verdrängungswettbewerb – neuer Ungar/alter Ungar, diesen Ver­drängungswettbewerb gab es –, aber die, die in den letzten Jahren neu gekommen sind, sind in der Regel sehr gut qualifiziert.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 1825/M-BR/2013. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Köberl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Trotz zahlreicher und langjähriger Bemühungen ist es noch immer nicht gelungen, die Frauen in unserer Arbeitswelt den Männern gleichzustellen.

Meine Frage an Sie lautet daher:

1825/M-BR/2013

„Was unternehmen Sie als zuständiger Minister, um Frauen am Arbeitsmarkt zu unter­stützen?“

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Zunächst versuche ich, die Sozialpartner zu animieren, dass man sich bemüht, in der Lohnpolitik Divergenzen, die da sind, über die Kollektivverträge, soweit das möglich ist, abzubauen.

Wir werden jetzt in absehbarer Zeit das Gleichbehandlungsgesetz beschließen – das ist auch ein Teil des Projektes –, und was das betrifft, wo ich unmittelbar Möglichkeiten habe, nämlich über die Vorgaben an das Arbeitsmarktservice: 50 Prozent der Förder­ausgaben müssen für Frauen verwendet werden, obwohl vom Stand her nur 47 Pro­zent Frauen sind. Trotzdem wollen wir 50 Prozent der Förderausgaben für Frauen ver­wenden, und wir wollen, dass das natürlich in die Qualifikation geht.

Wir versuchen auch, Frauen für andere als traditionelle Berufsgruppen zu qualifizieren, unter anderem mit Frauen in die Technik, und es gibt ja auch spezielle Beratungsstel­len, sogenannte Frauenberatungsstellen. Und wo wir immer wieder gemeinsam versu-


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chen, alles anzukurbeln, das sind die Kinderbetreuungseinrichtungen, weil dadurch ja die Vereinbarkeitsfrage leichter lösbar wird.

Es gibt auch Zuschüsse zu Lohn- und Lohnnebenkosten, wo wir gleichfalls spezielle Programme haben, um die Frauenbeschäftigungsquote zu erhöhen. Über so ein spe­zielles Programm haben wir allein voriges Jahr 17 500 Frauen in den Arbeitsmarkt re­integrieren können.

Das heißt – langer Rede kurzer Sinn –, man muss an vielen Schrauben drehen, damit wir doch in absehbarer Zeit sagen können, bei dieser Problemlage sind wir in einer an­deren Situation, nämlich in einer viel besseren. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Greiderer.

 


Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Viele Frauen finden einen Einstieg oder Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit durch aty­pische Beschäftigungsformen, wie zum Beispiel Teilzeitbeschäftigung, und dadurch steigt meist das Familieneinkommen. Das ist angesichts der nach wie vor haupt­sächlich von Frauen erbrachten Leistungen in der Familie und Pflege in den meisten Fällen von den Betroffenen auch so gewollt und gewünscht und trägt zur effektiven Wahlfreiheit und zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Trotzdem aber werden atypische oder Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse in der politischen Diskussion immer wieder mit oft realitätsfremden Argumenten diskreditiert oder abgewertet. Nun zu meiner Frage:

Was unternehmen Sie im AMS, um die Wahlfreiheit und bessere Vereinbarkeit von Be­ruf und Familie, insbesondere beim Wiedereinstieg, zu sichern?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Erstens einmal: Was tun wir? – Es geht ja schlichtweg darum, welche Qualifikation die betroffene Person hat, was sie kann, wo – was auch nicht unwesentlich ist – sie wohnt und welche Möglichkeiten sie bei der Kinderbetreuung hat.

Jetzt sind wir genau bei dem Punkt, wo Sie meinen, dass diese Beschäftigungsver­hältnisse diskreditiert würden. Ich sage Ihnen das hier mit aller Offenheit: Wir haben derzeit rund 900 000 Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse in Österreich, die Hälfte davon freiwillig, die Hälfte davon unfreiwillig.

Was heißt „unfreiwillig“? – Das hat zwei Hintergründe. Wir haben gewisse Branchen, die nur mehr Teilzeit anbieten. Da hast du keine andere Chance, das ist so. Da können wir jetzt lang diskutieren, das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern Fakt ist: Es gibt gewisse Branchen, die nur mehr Teilzeit anbieten. Bei allen unseren Lieblingsmärk­ten – Hofer/Rewe/Spar oder Rewe/Hofer/Spar, wie Sie es haben wollen, mit allen Ver­ästelungen, die es dort gibt – ist es immer das Gleiche: Ein Drittel ist Vollzeit, zwei Drit­tel sind Teilzeit. Sie können das in jedem Interspar, Eurospar, Merkur testen: Es ist so! Und ich beschwere mich auch gar nicht darüber. Das muss man festhalten: Es ist klar, wenn ich dort einsteige, habe ich sehr oft nur die Chance, mit Teilzeit einzusteigen. Aber es ist besser, ich mache das, als gar nichts – damit wir uns ja nicht missverstehen.

Das Nächste ist, dass man natürlich in gewissen Regionen nicht jene Kinderbetreu­ungsangebote hat, wie sie in Ballungsräumen vorhanden sind. Das ist auch so. Daher gibt es hier auch viele, die dann unfreiwillig in Teilzeit gehen müssen, weil die Kinder­betreuung nicht in dem Ausmaß vorhanden ist wie in Ballungsräumen. Wir haben halt in Linz andere Öffnungszeiten, wir haben in Innsbruck andere Öffnungszeiten, wir ha­ben in Wien andere Öffnungszeiten als irgendwo anders dreimal um die Ecke – nicht abwertend gemeint, nüchtern analysiert.


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Die Frage ist jetzt: Wie kann man generell zu anderen Öffnungszeiten kommen? – Wenn man sich selbst dafür entscheidet, ist das alles kein Problem. Es geht nur da­rum: Die Wahlfreiheit muss gegeben sein, aber auf allen Ebenen. Ich habe bei mir im Ministerium viele, die in Teilzeit sind, wo das Thema Kinderbetreuung kein Thema ist, weil jeder Wiener Kindergarten 60 Stunden offen hat. Das ist nicht das Problem, die entscheiden sich freiwillig dafür. Das ist ihre Entscheidung, soll so sein, und ich möchte das nicht kritisieren. Ich möchte nur die beiden Seiten der Medaille aufarbeiten.

Aber klar ist, oberste Priorität muss haben – an dem führt nichts vorbei, ob es uns Spaß macht oder nicht, und die Programme gehen auch immer in die gleiche Rich­tung –: Qualifikation, Qualifikation, Qualifikation! Wir müssen auch schauen, dass wir Frauen in andere Berufe hineinbringen, vor allem in den Bereich der Technik. Wir müs­sen versuchen – wir tun das sehr intensiv, und es sitzt ja eine Mitstreiterin da, wir be­mühen uns da wirklich –, Mädchen von Haus aus in technische Berufe hineinzubrin­gen. Es ist nicht immer einfach, aber wir lassen nicht locker.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Es gibt aber auch Frauen, die sich freiwillig entscheiden, länger zu Hause zu bleiben, um ihre Kinder selber zu betreuen. Viele wollen das, manche machen es zum Beispiel bis zum Schuleintritt der Kinder.

Wir wissen aber auch, dass dann der Wiedereinstieg in den Beruf relativ schwierig ist, weil sich in einer sehr schnelllebigen Zeit wahnsinnig viel verändert. Meine Frage da­her an Sie:

Welche Maßnahmen gibt es beziehungsweise welche sind geplant, um jenen Frauen, die länger vom Beruf weg sind, den Wiedereinstieg möglich zu machen?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Es gibt schon lange viele Projekte. Ein Teil dieser Projekte sind die diversen Frauenbe­ratungszentren, und der zweite Teil ist: Wir haben allein im heurigen Jahr, in den ers­ten drei Monaten, bereits 21 505 Frauen gefördert beziehungsweise Beihilfen für Wie­dereinsteigerinnen bewilligt, das heißt in Schulungsaktivitäten investiert, damit diese wieder in den Arbeitsmarkt hineinkommen. 21 505 in drei Monaten, das ist nicht so we­nig, und diesen Frauen soll eben die Möglichkeit gegeben werden, diesen Wiederein­stieg nach Unterbrechung entsprechend bewerkstelligen zu können.

Was ich zuvor nicht gesagt habe, aber an dieser Stelle schon noch sagen möchte: Diese vierjährige Hinzurechnung pro Kind bei der Pension ist, glaube ich, auch eine frauenpolitische Maßnahme, die man nicht ganz unter den Tisch kehren soll, denn wir bemühen uns, diesen Frauen auch eine entsprechende pensionsrechtliche Absiche­rung zu geben.

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1828/M-BR/2013. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Hammerl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, von den 27 EU-Ländern – am 1. Juli 28 mit Kroatien – gehören wir sicherlich zu den Ländern, die sozial bestens abgesichert sind. Trotzdem müssen wir auch aufgrund der Altersstruktur weiter an die Zukunft denken.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Über das Modell der Alterswohlfahrt, das der ÖVP-Seniorenbund unter Präsident Professor Dr. Andreas Khol auf erfolgreichen Projekten in den Bundesländern aufgebaut hat, muss nachgedacht werden. Allerdings muss es gleichzeitig mit der Verlängerung des Pflegefonds umgesetzt werden.

Meine Frage an Sie, Herr Minister, lautet:


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1828/M-BR/2013

„Welchen Handlungsbedarf gibt es aus der Sicht Ihres Ressorts beim Aufbau eines Systems der Alterswohlfahrt?“

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Punkt eins: Wir haben in Österreich – ich glaube, da sind wir uns einig, Herr Bundes­rat – ein relativ gutes System der Langzeitpflege.

Punkt zwei: Wir haben uns im Dezember des Vorjahres mit allen Beteiligten geeinigt: Wo wollen wir weiter ausbauen? Was wollen wir weiter vorantreiben? Mit dem Pflege­fondsgesetz ist hier ein wesentlicher Schritt geglückt. Sie werden noch vor der Som­merpause eine Novelle zum Pflegefondsgesetz hier vorgelegt bekommen, wo wir noch mehr eingehen auf die Frage Demenz, auf die Frage Hospiz, auf die Frage Case Ma­nagement und wo der Schwerpunkt mobile Betreuung sein wird.

Es ist auch klargestellt mit den einzelnen Ländern – das war auch in dieser Dezember­sitzung einstimmig, da waren alle Bundesländer beteiligt –, dass wir bei der Steuerfi­nanzierung bleiben. Das war ein einstimmiger Beschluss.

Was wir jetzt natürlich auch machen müssen, ist, das entsprechende Personal weiter zu qualifizieren. Und es wird zusätzlich zu dem, was es schon gibt – das werden Sie auch bald beschließen, ist gerade mehr oder weniger in der Pipeline –, eine Pflege­karenz und eine Pflegeteilzeit für Angehörige bis zu drei Monaten eingeführt. Das wird mit 1. Juli wirksam werden. Das ist auch ein weiterer Schritt in die Richtung, vor allem für pflegende Angehörige, entsprechend mit der Situation umgehen zu können und auch in dieser Phase bis zu drei Monaten einigermaßen materiell abgesichert zu sein. Es gibt für diese Zeit einen AMS-Bezug in der Höhe, wie es halt dem Einkommen entspricht. Das ist, glaube ich, auch eine weitere wesentliche Verbesserung für das Gesamtsystem.

Ich denke – zumindest sieht man das an den Stellungnahmen, die zum Pflegefondsge­setz gekommen sind; nächste Woche wird es der Ministerrat beschließen –, wir sind hier auf dem richtigen Weg, um die Alterssicherung für diese betroffenen Menschen weiterhin abzusichern.

Was ich noch sagen möchte: 5,1 Prozent der österreichischen Bevölkerung bekommen Pflegegeld. Wir sind Weltmeister! Sie werden kein Land der Welt finden, wo 5,1 Pro­zent der Bevölkerung Pflegegeld bekommen, was nicht heißt, dass wir alle total krank sind, sondern durch das siebenstufige System ist es gewährleistet, dass wir ein sehr breites Spektrum anbieten können.

 


Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ein wichtiger Punkt: Um die Pflege und Betreuung zu sichern, braucht es aber nicht nur Geld, sondern in erster Linie Menschen, die diese Leistungen erbringen. Noch haben wir eine demographische Atempause in Österreich, die Zahl der hochbetagten Men­schen wird erst in den nächsten Jahren stark ansteigen, das heißt auch der Pflege- und Betreuungsbedarf. Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister:

Was unternehmen Sie in der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder bei der Aufwertung des freiwilligen sozialen Jahres, um jungen Menschen die Chance auf einen Pflege- oder Betreuungsberuf zu eröffnen, sie dafür zu begeistern und entsprechend auszubilden?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: In der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist ein Schwerpunkt, dass wir pro Jahr 4 500 Men-


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schen für Gesundheits- und Sozialberufe ausbilden; da gehört ein Pflegehelfer und so weiter dazu. Dieser Schwerpunkt ist weiterhin da und wird auch nicht verändert – ich meine, wird nicht revidiert nach unten, vielleicht nach oben, aber jedenfalls nicht nach unten. – Das ist der eine Punkt.

Das freiwillige soziale Jahr wird diesbezüglich nicht reformiert. Das freiwillige soziale Jahr reformieren wir aus einem anderen Grund: Wir wollen es für Rettungsorganisa­tionen aufmachen, denn das freiwillige soziale Jahr war ja bis jetzt dort nicht möglich. Klar ist, wir müssen weiterhin eine massive Qualifikationsschiene fahren.

Was wir nicht vorhaben und auch derzeit nicht mehrheitsfähig ist, und dazu stehe ich, dass es nicht mehrheitsfähig ist: ein Lehrberuf „Pflege“. Diesen haben wir in Österreich nicht. Es gibt ein Beispiel aus der Schweiz, welches immer wieder ausgegraben wird, aber ich kann nur alle einladen: Schauen Sie sich das in der Schweiz an! – Es ist wie­der abgesagt, denn die, die diesen Beruf gelernt haben, sind nicht in den Jobs geblie­ben, weil halt ein 15-, 16-, 17-Jähriger nicht permanent seine weitere Lebensperspek­tive darin sieht, so positiv das ist, immer ältere Menschen zu betreuen, sondern auch eine Zeit lang etwas anderes machen will, was ja gar nicht negativ ist.

Ich glaube, wir müssen einen Mix machen, und diesen Mix machen wir: den Zugang über den sogenannten zweiten Bildungsweg weiter ausbauen und verbessern, für die­jenigen, die aus der Arbeitslosigkeit heraus in diese Berufe einsteigen wollen. Natürlich sind auch die einzelnen Länder und Städte gefordert, dass sie die Ausbildungseinrich­tungen, die es gibt, nicht reduzieren, sondern weiter aufrechterhalten. Und dann gibt es noch von den diversen NGOs, Caritas und so weiter Ausbildungen zum Altenfach­pfleger et cetera. Diese Ausbildungen gibt es ja weiterhin.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Köberl.

 


Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Herr Minister! Zum Thema Pflege hat es ja eine Arbeitsgruppe gegeben, die aus Bund, Ländern und Interessenvertretun­gen bestanden hat.

Meine Frage: Welche Schritte werden im Anschluss an die Reformarbeitsgruppe Pfle­ge gesetzt?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Einen Teil habe ich schon gesagt. Wir verlängern den Pflegefonds um zwei Jahre, das habe ich noch nicht gesagt, das sind immerhin 650 Millionen €. Wir machen eine stär­kere Steuerung des Anbots durch Einführung eines Richtversorgungsgrades, wir bau­en Case und Care Management aus. Wir finanzieren auch innovative Projekte in Zu­kunft über den Pflegefonds, denn es gibt da oder dort doch „Experimente“ – unter An­führungszeichen, wir reden ja von Menschen –; es gibt doch innovative Betreuungsan­gebote in einzelnen Bundesländern, und wir wollen auch versuchen, diese entspre­chend zu unterstützen.

Und was ein sehr massiver Wunsch der Bundesländer war: dass wir mehr Flexibilität der Mittelverwendung für die Länder bei der Ausweitung der Abrechnungsperioden zu­lassen, weil es teilweise im Jahr 2012 etwas Probleme mit Abrechnungen gegeben hat, weil die Parameter zu streng genommen wurden. Da lassen wir jetzt etwas mehr Fle­xibilität zu, was nicht heißt, dass Mittel zweckentfremdet verwendet werden dürfen, aber wenn jemand beim stationären Sektor schon auf 100 Prozent Auslastung ist, dann kann er die Mittel, die dafür über den Pflegefonds vorgesehen sind, in den mobilen Sektor hineintransferieren. Das ist nach dem heutigen System so nicht möglich, aber in Zukunft wird das möglich sein. Wie gesagt, eingehalten werden muss aber immer die Zweckbindung, und die heißt Pflege, es kann nicht woanders hingehen.

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Krusche.

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 28

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir wissen ja, dass die jährlichen Pensionsanpassungen unter der Inflationsrate liegen.

Frage: Welche Maßnahmen planen Sie, um diesen realen Einkommensverlust unserer Pensionisten und damit den Verlust an Lebensstandard zu kompensieren?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Wir haben uns mit den Seniorenverbänden committed, dass wir bei der Pensionsan­passung 2013 und bei der Pensionsanpassung 2014 jeweils eine Reduktion der im Gesetz vorgesehenen Anpassung vornehmen können. Das wurde im Nationalrat und auch von Ihnen schon beschlossen; ich meine, nicht mit Ihrer Stimme, aber es wurde beschlossen. Die Pensionsanpassung 2013 haben wir um 1 Prozent reduziert, und die Pensionsanpassung 2014 wird um 0,8 Prozentpunkte reduziert werden.

Ich weiß, das ist ein massiver Beitrag der österreichischen Seniorinnen und Senioren zu unseren gesamten Stabilitätsbemühungen, aber ich glaube, wir sind uns hier einig, dass dieser Beitrag leistbar ist.

Was wir unabhängig davon natürlich nicht reduziert haben, ist die Anpassung der Aus­gleichszulage. Die Ausgleichszulage ist ja nach dem Index angepasst worden, weil das auch unsere gesellschaftspolitische Grenze ist, wo wir sagen, das soll die Grenze sein. Diesen Ausgleichszulagenrichtsatz haben wir nicht reduziert, sondern mit dem norma­len Index, so wie im Gesetz vorgesehen, entsprechend erhöht.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1826/M-BR/2013. Ich darf den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Taucher, um die Verlesung ersuchen.

 


Bundesrat Mag. Josef Taucher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage richtet sich an Sie als Konsumenten­schutzminister und lautet:

1826/M-BR/2013

„Immer wieder werden KonsumentInnen von dubiosen Firmen ‚abgezockt‘. – Was wur­de bereits dagegen getan?“

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Was haben wir getan? – Wir versuchen, auf verschiedensten Ebenen gegenzusteuern. Das eine ist der VereinInternet Ombudsmann, das ist eine reine Aufklärung. Wir ver­suchen dort, wo es strafrechtlich oder nach den Verbraucherrechten möglich ist, ent­sprechend zu klagen. Wir haben uns auch vernetzt mit der Bundesrepublik Deutsch­land und der Schweiz, aber nicht nur vernetzt mit den Konsumentenschützern, sondern auch vernetzt mit den Justizbehörden, mit den Strafvollzugsbehörden. Es gab voriges Jahr erstmalig auch ein Meeting mit Staatsanwaltschaftsvertretern aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich. Das Projekt wird weiterlaufen, es wird nächstes Jahr oder noch heuer im Herbst in der Schweiz weitergehen.

Wir sind auch dabei, permanent zu informieren, vor allem über Internet Ombudsmann. Diese Einrichtung geht ja auch massiv in die Schulen, um vor allem Jugendliche da­rüber zu informieren, was es bedeuten kann, wenn man einmal zu viel drückt. Ich glau­be, wir müssen auch zusätzlich etwas bezüglich Facebook machen, allein wenn ich daran denke, was sich da gestern in Kapfenberg wieder ereignet hat aufgrund einer blöden Facebook-Eintragung. Das sollte auch allen zu denken geben, welche Auswir­kungen das hat.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 29

Was ich auch festhalten möchte, ist, dass wir durch dieses Vernetzen von allen mögli­chen Seiten einen Rückgang der Beschwerden haben. Wir sind nicht auf null, aber wir haben einen Rückgang. Wir haben auch weniger Probleme bei den Werbefahrten, sind aber trotzdem noch nicht auf null. Was aber zunimmt, ist Cold Calling, das sind die un­erlaubten Werbeanrufe. Da werden die Methoden immer aggressiver. Das kann man nur abstellen durch Informieren, Informieren, Informieren, damit die Menschen das Ge­spräch gleich abbrechen. Das kann man wie gesagt nur erreichen durch Informieren, Informieren, Informieren.

Das heißt, diese Probleme hören nicht auf, und es werden wahrscheinlich über das Internet noch neue sogenannte Abzockerformen auf uns zukommen; wir bereiten uns aber darauf vor.

Ein weiteres Thema ist vor allem die europaweite Vernetzung, weil Verbraucherrechte aufgrund dessen, was alles im Internet passiert, oft nicht durchgesetzt werden können. Sehr oft steht der Server irgendwo, ist die Firma irgendwo, weshalb die Rechtsdurch­setzung nicht dem entspricht, was wir von einem normalen Vertragsverhältnis kennen, wo einer da sitzt und einer dort sitzt. Das ist ja da alles nicht möglich.

Das heißt – langer Rede kurzer Sinn –: stärkere und intensivere Vernetzung, stärker und intensiver zusammenarbeiten und vor allem auch versuchen – und das tun wir über den VKI beziehungsweise auch direkt –, hier entsprechend die Klagstätigkeit wei­ter voranzutreiben, aber nicht deshalb, weil das Klagen Spaß macht, sondern deswe­gen, weil wir zu standardisierten Urteilen kommen wollen.

 


Präsident Edgar Mayer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Preineder.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Von den dubiosen internationalen Firmen zu heimischen Firmen mit dubiosen Vorgängen: Der Kontrollamtsbericht der Stadt Wien hat aufgedeckt, dass die Wien Energie Kosten für Frühpensionierungen, Kosten für den Fuhrpark, der teilweise privat genutzt wird, wo Fahrtenbücher gefälscht werden, in die Energiekosten hineinrechnet.

Meine Frage lautet: Was werden Sie als Konsumentenschutzminister unternehmen, um die Konsumentinnen und Konsumenten in Wien vor den Monopolgebühren der Stadt Wien und insbesondere vor der Überwälzung von Kosten für Misswirtschaft und Korruption bei Wien Energie wirksam zu schützen?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Der Wahlkampf ist im Gange! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wie bitte? (Zwischenruf des Bundesrates Temmel.) Ja, ich komme das nächste Mal mit dem Bericht über die TILAK, und dann wirst du dich auch wundern, was da alles drinsteht. Viel Vergnügen! Ja, irgendein Tiroler steht da drin. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich mache das aber auch mit der STEWEAG, ich habe damit kein Problem. – So.

Punkt eins: Das ist abgestellt, wie Sie wissen.

Punkt zwei: Das ist wirklich nicht mein Thema, denn als Konsumentenschutzminister habe ich mich noch nie mit der Preisgestaltung beschäftigt.

Mein Thema als Konsumentenschutzminister ist: Werden Verträge eingehalten? Sind die Vertragsgrundlagen konform? Aber die Preise sind nicht Thema, werden es auch in Zukunft nicht sein. Ich glaube, man sollte diesen einen Kontrollamtsbericht, der sicher da ist, der aber auch entsprechend aufgearbeitet ist, dort lassen, wo er hingehört, näm­lich in Wien. Die Wien Energie muss damit leben. Soweit ich weiß, ist auf all diese Kri­tikpunkte entsprechend reagiert worden.

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 30

Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Dörfler.

 


Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Ich habe keine Wahlkampf-, sondern eine Sachfrage, nämlich: Der Konsumenten­schutz ist ja zersplittert, wie zum Beispiel in Kärnten; dort ist auch die Arbeiterkam­mer – wie in Salzburg – mit Konsumentenschutzaufgaben befasst. Das Land Kärnten finanziert 363 000 € dazu, Salzburg zum Beispiel 100 000 €. In Ländern wie im Bur­genland ist das eine Agenda, die das Land selbst durchführt, und da gibt es zum Bei­spiel auch den Verein für Konsumentenschutz in Österreich.

Ich frage Sie: Welche Förderung erhält der Verein für Konsumentenschutz vom Bund jährlich? Und wäre es nicht sinnvoll, überhaupt alle Konsumentenschutzagenden in ir­gendeiner Form durchschaubar zu bündeln?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Die Durchschaubarkeitsfrage ist, glaube ich, nicht das Problem. Es ist relativ klar, wie die Aufteilung stattfindet. Dass sich die Länder teilweise der Konsumentenschutzein­richtungen, wie etwa der Arbeiterkammer, bedienen, ist ja kein Geheimnis. In deiner Aufzählung hast du noch Tirol vergessen, denn dort zahlt, glaube ich, auch das Land mit.

Der VKI selber kriegt von uns eine Grundsubvention, und diese Grundsubvention – ich glaube, es sind 2 Millionen; ich bitte, mich nicht festzunageln – macht um die 2 Millio­nen aus. Dann gibt es noch eine Werkvertragsregelung zur Finanzierung von Ver­bandsklagen und Musterprozessen. Das alles liegt total offen, denn der VKI hat einen Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat ist ja zusammengesetzt aus den Sozialpartnern, und wir sind auch ein Teil dieses Aufsichtsrates.

Wie gesagt, unsere Finanzierung ist zweigeteilt: eine Grundsubvention und der soge­nannte Werkvertrag zur Finanzierung von Klagen und Musterprozessen.

Die Erfolgsquote sieht folgendermaßen aus: 90 Prozent aller Verfahren sind positiv im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten erledigt worden. Und die inhaltliche Breite umfasst Finanzdienstleistungen, Wohnfragen, Telekommunikation, Reiserecht und natürlich auch das Vertragsrecht, wie ich zuvor gesagt habe, und entsprechend dazu die Umsetzung, dass das auch eingeklagt wird.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir finanzieren den VKI nicht unwesentlich, aber das alles ist, glaube ich, sehr im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen nun zur 7. Anfrage, 1829/M-BR/2013. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Junker, um die Verlesung.

 


Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ös­terreich liegt bei der Jugendarbeitslosigkeit hinter Deutschland an zweiter Stelle. Das ist einer der niedrigsten Werte. In Österreich macht auch nur einer von zwölf Jugend­lichen keine weitere Ausbildung nach der Pflichtschule.

Unser Erfolgsmodell ist sicher die Lehrlingsausbildung, die duale Ausbildung, wo in Be­trieb und Schule gemeinsam zum Facharbeiter herangeführt wird.

Meine Frage daher:

1829/M-BR/2013

„Wie viele Lehrstellensuchende gibt es aktuell im Vergleich mit den offenen Lehrstellen in den einzelnen Bundesländern?“

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 31

Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Sie gestatten mir, dass ich Ihnen jetzt nicht die Daten aller Bundesländer vorlese.

In Summe haben wir mit Ende April 4 266 Suchende und 3 367 offene Stellen. Das heißt wir haben eine Lehrstellenlücke von 899 Lehrstellen, wobei es  (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) – Ja, ja, aber ich kann nur das wiedergeben, Frau Präsidentin, was ich hier habe. (Bundesrätin Zwazl: Für Niederösterreich: 324 offene Stellen!) – Ja, nur weiß das niemand außer dir. (Bundesrätin Zwazl: O ja! – Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrätin Zwazl: Ich kann es dir für Niederösterreich sagen: Es sind 324 offene Stellen!)

 


Präsident Edgar Mayer: Am Wort ist der Herr Bundesminister, Frau Kollegin! (Allge­meine Heiterkeit.)

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer (fortsetzend): Sehr geehrte Frau Präsidentin Zwazl, ich danke, denn das ist genau die Zahl, die wir beim AMS ausweisen. (Bundesrätin Zwazl: Nein!) – O ja! Wir weisen beim AMS 324 offene Lehrstellen für Niederösterreich aus. Genau diese Zahl! Wir haben eh eure Zahlen, wir nehmen ja nichts anderes. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.)

Entschuldigung, damit wir uns nicht missverstehen: Wir haben drei Bundesländer, wo wir viel mehr offene Lehrstellen haben als Suchende. Zwei sind traditionell wie immer, das sind Salzburg und Tirol. Das war dort noch nie anders. Das hat dort einen mas­siven Hintergrund mit dem Tourismus. Jetzt könnten wir uns wieder lange darüber un­terhalten, warum wir nicht genug Leute finden, die in den Tourismus gehen, aber schie­ben wir das einmal beiseite.

Wir haben ein Bundesland dazubekommen, wo wir jetzt zur Stunde die Waage halten, wo wir aber schon mehr offene Lehrstellen hatten als Suchende, und das ist Oberös­terreich, das neu dazugekommen ist. Im Jänner hat Oberösterreich mehr offene Lehr­stellen ausgewiesen als Suchende. Das war dort, glaube ich, 20 Jahre nicht der Fall.

Bei allen anderen gibt es, wie gesagt, eine Lehrstellenlücke – mit Ausnahme dieser drei Bundesländer –, wobei wir in Vorarlberg relativ in Balance sind, was dort auch mit dem Tourismus zusammenhängt. – Das war einmal Punkt eins.

Punkt zwei: Wir müssen alle gemeinsam – das ist unsere gemeinsame Aufgabe! – ge­sellschaftspolitisch das Thema Lehrling-Sein mit dem gleichen Stellenwert versehen wie den AHS-Oberstufen-Besuch, wie einen HAK-Besuch, wie einen HTL-Besuch. Denn: Wenn wir das nicht tun, werden wir beide nächstes Jahr – ich bin ja Optimist, ich bin ja nächstes Jahr auch noch da  (Beifall bei der SPÖ. – Allgemeine Heiterkeit.)

Man muss aus den Niederlagen der Sonntage lernen, um mit Optimismus in die nächs­te Zukunft gehen zu können. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Mayer: Rudi, der Prophet! – Allgemeine Heiterkeit.)

Ich bin nächstes Jahr noch da – aber nicht als Bundesrat, denn für dieses Amt habe ich noch nie kandidiert. (Beifall bei der SPÖ. – Allgemeine Heiterkeit.)

So, Spaß beiseite! Ich meine, ich habe schon für viele Gremien kandidiert, aber für den Bundesrat habe ich es noch nicht geschafft. (Zwischenruf der Bundesrätin Junker. – Allgemeine Heiterkeit.)

Da ich 17 Jahre lang Mitglied des Wiener Landtages war, weiß ich, wie oft wir entsen­det haben, und da haben wir nicht gewählt. – Aber Spaß beiseite!

Klar ist: Wir müssen versuchen, dem Lehrling-Sein den gleichen Stellenwert zu geben. Warum habe ich dieses Thema angeschnitten? – Weil wir nächstes Jahr eine noch ver­schärftere Situation haben werden, denn wir haben weniger 15-Jährige und wir haben


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weniger 16-Jährige. Die Auseinandersetzung um diese Personen wird noch viel, viel schärfer. Daher müssen wir schauen, dass das anders wird.

Wir sehen das – das ist jetzt kein Angriff! – teilweise in den landwirtschaftlichen Schu­len, wo wir einen Rückgang haben – nicht deshalb, weil die schlecht sind, überhaupt nicht, sondern deswegen, weil es schlichtweg weniger Kids gibt. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, und deshalb müssen wir versuchen – all diejenigen, die sich zur Lehrlingsausbildung bekennen –, dass das Lehrling-Sein den gleichen Stellenwert be­kommt. Ich glaube, da sind wir uns alle einig.

Eine Korrektur, Frau Bundesrätin, sei mir gestattet, ohne dass Sie mich missverstehen: In diesem Monat haben wir mit Deutschland einen Gleichstand. Das heißt, wir sind nicht mehr an zweiter Stelle, sondern wir sind auf gleicher Ebene. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Edgar Mayer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Kollegin.

 


Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Wie Sie, Herr Minister, ja schon ausge­führt haben, haben wir heuer bereits 7 000 Jugendliche, nämlich 15- bis 19-Jährige, weniger als im Vorjahr. Was wir aber zu einem allgemeinen Aufschwung in der Be­schäftigung und für Wachstum brauchen, das sind Fachkräfte.

Wir in Österreich brauchen die besten Fachkräfte, und die wollen wir aus der EU lu­krieren. Meine Frage:

Werden Sie, Herr Minister, nach dem Vorbild der deutschen CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und make-it-in-germany.com oder fachkraefte-offensive.de eine Initiative starten, damit die besten Köpfe und die besten Fachkräfte aus ganz Europa nach Österreich kommen?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Die Initiative der Frau Ministerin von der Leyen werden wir in dieser Größenordnung nicht mittragen. Was wir im Rahmen dieses Konzeptes gemeinsam machen – da sind wir dabei, das ist mit uns abgestimmt –, ist: Wir haben eine Vernetzung der Arbeits­marktverwaltungen, weil die deutsche Bundesanstalt für Arbeit uns als Best Practice sieht.

Jetzt lernt Deutschland von uns, was wir im AMS machen. Das findet schon statt. Das war eine Initiative von Frau Ministerin von der Leyen und von mir, die wir vor ein paar Monaten still und leise erledigt haben, ohne viel mediales Drumherum, weil das auch nicht notwendig war. (Bundesrat Krusche: Bescheiden!) – Na sicher! (Neuerlicher Zwi­schenruf des Bundesrates Krusche.) Man muss Dinge tun, und wenn sie dann gut funktionieren, kann man sie verkaufen. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Kru­sche.) – Das kommt schon noch, keine Angst!

Was wir nicht machen, ist eine groß angelegte Werbekampagne im Ausland. Wir wa­ren einmal bei einer Arbeitsmarktmesse in Griechenland, wir waren einmal dabei in Spanien, aber es ist nicht wirklich Massives dabei herausgekommen.

Was wir umgekehrt versuchen wollen, ist – das habe ich zuvor schon gesagt –, vor al­lem das Arbeitskräftepotenzial, das es bei uns im Land gibt, entsprechend noch mehr zu aktivieren. Eines der Projekte ist das sogenannte Jugendcoaching. Da gehen wir in Schulen und versuchen, über das Projekt Jugendcoaching Jugendliche, die in der Schule nicht genau wissen, wie es weitergehen soll, zu erreichen und ihnen zu sagen: Komm, schauen wir, wie es weitergeht!

Das Zweite ist – was ich vorhin auch schon des Langen und Breiten gesagt habe –, zu versuchen, das Lehrling-Sein im gleichen Stellenwert darzustellen wie den AHS-Ober­stufen-Besuch.


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Was den Fachkräftezugang betrifft, so ist er – das habe ich heute auch schon er­wähnt – über die Mangelberufsliste weiterhin möglich, aber eine massive Werbeaktivi­tät in Spanien, in Griechenland oder in Portugal wird es von uns nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Mag. Taucher.

 


Bundesrat Mag. Josef Taucher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben das Jugendcoaching schon kurz angesprochen. Meine Frage bezieht sich darauf:

Wie ist der Stand der Umsetzung des Jugendcoachings? Das ist ja ein sehr erfolgrei­ches Projekt. Gibt es Perspektiven zur Ausweitung auf ganz Österreich? Und kann man diese Idee vielleicht auch umwandeln oder dahin gehend ergänzen, dass auch die Betriebe auf die Pflichtschulen zugehen und für die Lehrstellen werben?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Die betrieblichen Aktivitäten finden schon längere Zeit statt, da brauchen wir nichts zu verstärken, das machen wir schon.

Was auch stattfindet, das sind die diversen Berufsinformationsmessen, wobei man es bei den Informationsmessen vielleicht da oder dort ein bisschen vertiefend machen könnte. Was auch stattfindet, ist, dass jede 8., 9. Schulstufe, vor allem aus dem Pflicht­schulbereich, zumindest für drei Stunden ein Berufsinformationszentrum des AMS be­sucht. Davon haben wir 62 in ganz Österreich. Und in etlichen Bundesländern geht das Gewerbe, geht die Handelskammer, geht die Wirtschaftskammer oder wer auch immer in Schulen.

Was wir über das Jugendcoaching speziell machen, ist Folgendes – und das ist im Laufe des heurigen Jahres auf ganz Österreich sozusagen ausgerollt worden –: Wir versuchen, jene Jugendlichen anzusprechen, wo wir von den Lehrkräften erfahren ha­ben, dass es Probleme gibt, einerseits den Schulabschluss zu erreichen, andererseits dass die Jugendlichen nicht wissen, wie es weitergehen soll, welche weitere Karriere sie machen sollen oder welche Ausbildung sie machen sollen.

Was sind da die Erfahrungswerte? – Wir machen das seit dem 1. Jänner 2012, jetzt zwischenzeitlich in ganz Österreich. Wir werden heuer 35 000 Jugendliche in diesem Projekt drinnen haben. Wir haben im Jahr 2012 zwei Pilotprojekte in der Steiermark und in Wien begonnen, wobei die Erfolgsquote bei 85 Prozent lag. 15 Prozent haben das Jugendcoaching vorzeitig beziehungsweise ohne Zielorientierung verlassen, aber 85 Prozent sind keine schlechte Erfolgsquote.

Wir haben wirklich eine signifikante Verbesserung in den Problembereichen erreicht. Das heißt, wir können festhalten: Es war dies der richtige Weg, der Schritt in die richti­ge Richtung, um diese Jugendlichen, die ausgrenzungsgefährdet und abgleitungsge­fährdet sind, aufzufangen beziehungsweise mit ihnen zu arbeiten. Dazu eine Zahl von heuer: In den ersten vier Monaten hatten wir bereits 8 300 quasi in Bearbeitung, wenn man es so sagen will. Wir machen das ja über eine zugekaufte Dienstleistung, das heißt, über Sozialpädagogen, Sozialarbeiter.

Die, die über eine ausgeschriebene Leistung den Zuschlag bekommen, sind in der Re­gel Firmen oder Organisationen, die in diesem Segment schon gearbeitet und auch entsprechende Erfahrungswerte haben. Ich kann nur sagen: Ich war überrascht, dass wir viel mehr gebraucht haben. Wir haben aber gerne die zusätzlichen Budgetmittel zu­sammengekratzt, denn alles, was wir da in die 14-, 15-Jährigen investieren, ersparen wir uns dann später. Das ist die Logik, die da dahintersteht.


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Das ist also ein Erfolgsmodell, wo wir uns aber nicht zurücklehnen und sagen dürfen: Wir sind gut!, nein, wir müssen immer weiter daran arbeiten und versuchen, weiterzu­kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Edgar Mayer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Brückl.

 


Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Einem Be­richt des ORF vom 2. Mai dieses Jahres war zu entnehmen, dass laut Statistik in Ös­terreich etwa zwei Drittel der Jugendlichen eine Lehre beginnen und diese auch er­folgreich abschließen. Allerdings schließen ein Drittel der Jugendlichen ihre Lehre nicht erfolgreich ab, sondern wechseln während der Lehrzeit beziehungsweise fallen bei Ab­schlussprüfungen durch, ohne wieder anzutreten.

Frage: Welche Maßnahmen treffen Sie, Herr Bundesminister, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Wir können nur versuchen, diejenigen, die ihre Lehre abbrechen, in das AMS hinein­zukriegen, und dort mit ihnen das aufarbeiten, was passiert ist.

Es gibt unter anderem auch den Lehrlingscoach, das hat Kollege Mitterlehner initiiert, ein Modell, wo Betriebe signalisieren können: Ich brauche Unterstützung!, wo dann über die Wirtschaftskammer quasi vor Ort ein Coaching stattfinden kann. Das läuft über das Ressort von Minister Mitterlehner, und wir zahlen da mit, und ich weiß nur, dass das nach allen Anfangsproblemen schön langsam nachgefragt wird.

Was diejenigen betrifft, die bei der Lehrabschlussprüfung durchfallen, muss ich ganz offen sagen, wir müssen wahrscheinlich noch tiefgreifender analysieren. Man darf ja nur antreten, wenn man ein positives Berufsschulzeugnis hat. Das heißt, die Berufs­schule ist positiv abgeschlossen worden, und in der Zeitphase zwischen Abschluss der Berufsschule und Antritt zur Lehrabschlussprüfung muss irgendetwas passiert sein, was auch immer. Auf Sozialpartnerebene hat man sich noch einmal vorgenommen, das Ganze zu analysieren: Sind es ein paar Branchen? Sind es ein paar Bundesländer und in den Bundesländern ein paar Branchen? Zieht es sich durch irgendwelche Be­rufe flächendeckend kreuz und quer durch Österreich?

Wir haben, wenn man es regional betrachtet, bei ein paar Berufen eine hohe Durchfall­quote, was nicht zusammenpasst mit dem positiven Berufsschulabschluss, zum Bei­spiel bei Maler und Anstreicher. Da muss es etwas Tiefergehendes sein. Das muss man alles auf den Tisch legen. Das tun wir. Wir haben uns mit den Sozialpartnern committed, dass wir das in Ruhe aufarbeiten, denn wie gesagt: Alle, die antreten, ha­ben die Berufsschule positiv abgeschlossen, denn sonst darf man gar nicht antreten. Darum: Entweder es passiert etwas in der Schule oder es passiert etwas im Betrieb.

Was wir auch sehen – und das bitte jetzt nicht missverstehen –, ist, dass bei denjeni­gen, die aus Industriebetrieben kommen, die Durchfallquote vernachlässigbar ist. Wir haben ja etliche quasi Lehrlingsverbünde, wo sich ein paar Firmen zusammenge­schlossen haben, dort ist die Quote auch vernachlässigbar. Wir haben ein paar Pro­bleme in zwei ÜBAs, das müssen wir aufarbeiten, und wir haben ein Problem, wie ge­sagt, bei ein paar Berufen. Das gehört schlichtweg neu aufgearbeitet. Es ist ein per­manenter Prozess. Es soll Sie nicht beruhigen, wenn ich sage, das haben wir schon einmal gemacht vor ein paar Jahren.

Es ist ein permanenter Prozess, zu schauen, was da alles passiert ist, denn wir haben Branchen, wo quasi fast keine Durchfallquote gegeben ist, wo es viele Klein- und Großbetriebe gibt, das ist sehr gemischt. Und wir haben Branchen, wo es eine enorme


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Durchfallquote gibt, und wo man jetzt wirklich noch einmal hinschauen muss, was da alles im Hintergrund passiert. (Ruf bei der FPÖ: Und was ist es?)

 


Präsident Edgar Mayer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Dönmez.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minis­ter! Meine Frage wäre auch auf die hohe Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfun­gen gerichtet gewesen. Da Sie das jetzt umfassend beantwortet haben, erübrigt sich die Frage. – Danke.

 


Präsident Edgar Mayer: Die Fragestunde ist beendet.

Ich bedanke mich beim Herrn Bundesminister. (Allgemeiner Beifall. Bundesminister Hundstorfer: Ich danke auch!)

Wir dürfen noch festhalten, dass sich der Herr Bundesminister auch im nächsten Jahr dem Bundesrat zur Verfügung stellen wird, in welcher Form auch immer. (Allgemeine Heiterkeit.)

10.23.43Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Edgar Mayer: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2723/AB und 2724/AB

beziehungsweise jener Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenhei­ten gemäß Artikel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit Frankreich über die Rechtsstellung von Angehörigen des österrei­chischen Bundesheeres während ihres Aufenthaltes auf dem französischen Übersee­gebiet von Französisch-Guyana und

die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit Bulgarien über die Zusam­menarbeit auf den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft und der Jugend

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 10)

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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Edgar Mayer: Darüber hinaus gebe ich bekannt, dass ein Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundes­ministers für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug vom 8. bis 10. Mai 2013 in Israel, Zypern und Libanon bei gleichzeitiger Beauftragung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures mit seiner Vertretung eingelangt ist.

*****

Ebenso eingelangt ist das Drei-Jahres-Programm der österreichischen Entwicklungs­politik 2013 bis 2015, das dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zur Vorbe­ratung zugewiesen wurde.

Darüber hinaus ist auch der 36. Bericht der Volksanwaltschaft eingelangt, der dem Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlos­sen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.


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Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Edgar Mayer: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erfor­derlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl des Schrift­führers/der Schriftführerin für den Rest des ersten Halbjahres 2013 auf die Tagesord­nung der heutigen Sitzung gesetzt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Edgar Mayer: Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 4 bis 6, 9 und 10 sowie 12 bis 14 jeweils unter einem durchzu­führen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vor­gehen.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

10.26.201. Punkt

Wahl der/s vierten Schriftführerin/s für den Rest des 1. Halbjahres 2013

 


Präsident Edgar Mayer: Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Diese Wahl ist durch die vom neu konstituierten Niederösterreichischen Landtag durch­geführte Neuwahl in den Bundesrat notwendig geworden.

Wir treten nunmehr in den Wahlvorgang ein.

Es liegt mir der Vorschlag vor, Frau Bundesrätin Anneliese Junker zur vierten Schrift­führerin des Bundesrates für den Rest des ersten Halbjahres 2013 zu wählen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­mung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvor­schlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt. (Bundesrätin Junker bedankt sich und nimmt die Wahl an.) – Danke, Frau Kollegin.

10.27.042. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pen­sionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notar­versicherungsgesetz 1972, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Pensions-


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gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensions­gesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 – SVÄG 2013) (2246 d.B. und 2280 d.B. sowie 8947/BR d.B. und 8950/BR d.B.)

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen somit zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wilhelm. Bitte um den Bericht.

 


10.27.30

Berichterstatter Richard Wilhelm: Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversi­cherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Arbeits- und Sozialgerichts­gesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bun­desbahn-Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013).

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Kollege Wilhelm.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Kollegin Michalke. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.28.34

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte ZuhörerInnen und ZuschauerInnen an den Fernsehschirmen! Einmal mehr enthält diese Regierungs­vorlage ein ganzes Konvolut an Maßnahmen, Verbesserungen, Änderungen, Klarstel­lungen, über die es, wie schon so oft, in ein und derselben Vorlage pro oder contra ab­zustimmen gilt. Leider können auch wir über die vielen guten Verbesserungen, die in dieser Vorlage enthalten sind, nicht separat abstimmen, sondern müssen das gesamte Konvolut entweder annehmen oder ablehnen.

Die Verbesserungen, die für uns sehr wohl markant und sehr von Vorteil sind, sind alle Maßnahmen im Bereich der JungunternehmerInnen und der Ein-Personen-Unterneh­men. Auch die Einführung einer Widerspruchsmöglichkeit gegen Bescheide über die Festlegung der Kontoerstgutschrift ist eine sehr gute Verbesserung und etliches mehr.

Ebenfalls in diese Vorlage gepackt wurden wieder sehr viele Punkte bezüglich der Pensionen. Für uns ist das nach wie vor wieder nur ein Flickwerk. Wir hätten gerne eine schon längst fällige Gesamtpensionsreform, die ein Gleichgewicht und Fairness im Pensionsbereich schaffen würde. Begonnen werden müsste da bei sämtlichen Privi­legienrittern wie zum Beispiel den Nationalbank-Pensionisten und nicht ausgerechnet bei den ASVG-Pensionisten.

Unser Hauptablehnungsgrund bei dieser Vorlage ist aber die Tatsache, dass – wie vom Rechnungshof vorgeschlagen – der Härteausgleichsfonds in der Pensionsversi­cherung mit 1. Jänner 2014 aufgelöst wird und seine Mittel zeitgleich zugunsten sozial bedürftiger Ein-Personen-Unternehmen an einen bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft einzurichtenden Überbrückungsfonds zu überweisen sind. Wir sind gegen solche Querfinanzierungen. In diesem Falle ist es eine Querfinanzie­rung von den Arbeitnehmern hin zu den Selbständigen. (Vizepräsidentin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)


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Wir stützen uns in diesem Falle auch auf die Aussage und die Stellungnahme des ÖGB, die von Frau Dr. Sabine Oberhauser unterzeichnet ist. Sie spricht in der Stel­lungnahme von zahlreichen Maßnahmen für Verbesserungen, die in den vergangenen Jahren natürlich auch den Ein-Personen-Unternehmen und den Kleinbetrieben zugute­gekommen sind. Und unter anderem sagt sie am Ende:

„Für den Österreichischen Gewerkschaftsbund ist jedoch nicht einsichtig, dass mit je­der Novelle weitere Erleichterungen vorgesehen werden, zum Teil finanziert aus Mit­teln anderer Versicherungsgemeinschaften und dies ohne Einigung der Sozialpartner. Es ist unverständlich, warum die Mittel aus dem Härteausgleichsfonds, die im Entwurf zum SRÄG 2012 noch an den Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung ge­hen sollten, nun ausschließlich den GSVG Versicherten zukommen sollen.“

Wir schließen uns dieser Stellungnahme an und lehnen die Vorlage aus diesem Grun­de ab. (Beifall bei der FPÖ.)

10.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Kemperle. – Bitte.

 


10.32.31

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Geschätztes Präsidium! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Wir wissen, dass diese Gesetzesvorlage im Wesentlichen Novellierungen und eine Vielzahl von Anregungen in Sozialversicherungsgesetzen beinhaltet und dass der gegenständliche Entwurf letzt­endlich eine Anpassung an die Rechtsentwicklung darstellen soll.

Auch wir wissen, dass es manch kritische Punkte in diesem Zusammenhang gibt, so, wie bereits von Ihnen kritisiert, aus meiner Position heraus natürlich auch die Auflö­sung des Härteausgleichsfonds. Allerdings muss man dazu schon auch festhalten, dass der Vorschlag ausgerechnet vom Rechnungshof gekommen ist, dass der Härte­ausgleichsfonds mit 1. Jänner 2014 aufzulösen ist, genauso wie auch der Vorschlag dieser Überführung. Wir sind mit dieser Vorgangsweise nicht glücklich, denn auch wir glauben, dass es eine andere Lösung hätte geben sollen.

Wir wissen aber, dass seit 2010 keine Auszahlungen mehr über den Härteausgleichs­fonds selbst in der Pensionsversicherung erfolgt sind. Das heißt, dieser Härteaus­gleichsfonds entspricht den tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr, die Wirkung ist durch die Nichtauszahlung nicht mehr da. Allerdings hätten wir uns, wie gesagt, ein bisschen mehr Phantasie gewünscht, was das betrifft.

Nichtsdestotrotz ist das Gesamtpaket an Veränderungen und an sozialversicherungs­rechtlichen Veränderungen doch eines, das recht viel Positives darstellt, das muss man zugeben. Um einige Dinge herauszunehmen, nenne ich zum Beispiel die Anpas­sung des sozialversicherungsrechtlichen Kindesbegriffs, was den Bereich der Unter­scheidung eheliche und uneheliche Kinder betrifft, weil es da immer wieder auch zu Missverständnissen der Anwartschaftsbereiche und Ansprüche kommt, der Definitio­nen zu Ansprüchen. Ich glaube, es ist notwendig, diese Anpassungen durchzuführen, damit es Rechtssicherheit gibt.

Was natürlich auch ein positiver Aspekt und Effekt ist, ist der Gesamtbereich dessen, was sich bei Ein-Personen-Unternehmungen beziehungsweise Kleinstunternehmungen darstellt. Das ist zum Beispiel die Befreiung von der Beitragspflicht für Bezieherinnen von Wochengeld nach dem GSVG. Wir wissen, dass gerade Ein-Personen-Unterneh­mungen insbesondere im Anfangsstadium sehr mit Leistungen und Abgaben zu kämp­fen haben. Und wenn dazu noch die Situation bei Frauen kommt, dass sie Wochengeld in Anspruch nehmen beziehungsweise daran gehindert sind, in diesen Kleinstunterneh-


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mungen beziehungsweise Ein-Personen-Unternehmungen ihre Arbeitsleistung voll bereitzustellen, dann kommt es einfach zu Einbrüchen, und es ist notwendig, Hilfestel­lungen zu geben. Die Überbrückungshilfe stellt einen positiven Aspekt dar.

Gleichzeitig sind noch, wenn ich das herausnehmen darf, einige Dinge im Zusammen­hang mit der Kontoerstgutschrift zu nennen. Gerade was die Berücksichtigung von Zei­ten der Kindererziehung beziehungsweise des Präsenz- oder Zivildienstes betrifft, ist es nachvollziehbar, dass es bei Nachverrechnungen, gerade wenn es sich um diese Zeiten handelt, bei den Kontoerstgutschriften zu keinen Abschlägen beziehungsweise Nachzahlungen kommt. Man schafft in diesen Bereichen auch ein wenig Rechtssi­cherheit, sodass die Menschen darauf vertrauen können, dass es im Nachhinein nicht zu einer Revidierung der Kontoerstgutschrift kommt.

Gleichzeitig gibt es auch das Positivum, dass für Frauen, die nach Jahrgängen ge­staffelt die begünstigte Abschlagsregelung für Frauen bei der Langzeitversicherten-Regelung in Anspruch nehmen und die die Pension nicht zu dem Zeitpunkt antreten, zu dem sie fällig wäre, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, die Parallelberechnung aufrechterhalten bleibt, um zu gewährleisten, dass es zu keinen Abschlägen kommt.

Was natürlich auch immer wieder zu Differenzen und zu Rechtsunsicherheit geführt hat, war, dass im Vertragsbedienstetenbereich über die Zuständigkeit der Krankenver­sicherung immer wieder Diskussionen entstanden sind, darüber, unter welchen Bereich die Versicherten fallen: ASVG oder irgendein anderer Versicherungsbereich? Was gilt letztendlich? Ich glaube, dass mit dieser Anpassung im Gesetz Rechtssicherheit gege­ben ist.

Hinzuweisen ist auch auf die immer wiederkehrende Diskussion, die in der Öffent­lichkeit oft sehr kontrovers geführt wird und zum Teil auch oft unschöne Auswirkungen hat, auf dieses Auseinanderdividieren von Beamten, Beamtinnen und ASVG-Beziehe­rInnen, dass hier im Pensionsrecht die Anpassungen sukzessive erfolgen.

Ich glaube, grundsätzlich ist zu sagen, dass das Gesamtpaket einen positiven Effekt und positive Auswirkungen hat  mit der kleinen Anmerkung, dass wir um den Härte­ausgleichsfonds wissen. Allerdings ist auch klar, dass es, wenn der Rechnungshof seine Vorschläge gemacht hat, schwierig ist, in der Öffentlichkeit dagegen zu argu­mentieren und etwas anderes zu tun, weil ja der Rechnungshof diesen Vorschlag ge­macht hat.

Unsere Fraktion, unsere Partei wird diesem Gesetz zustimmen.  Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Steinkogler. – Bitte.

 


10.40.03

Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde von meinen Vorrednerinnen schon sehr viel gesagt. Klar ist, dass die Verbesserungen in erster Li­nie die kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Ein-Personen-Unternehmen, die in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen haben, betreffen. Ich meine, dass die Verbesserungen in Summe den einen Punkt, den Sie kritisch angemerkt ha­ben, weit überstrahlen, und deshalb ist es unverständlich, dass man solch eine Novelle ablehnt.

Die Verbesserungen kommen also jenen Unternehmen zugute, die den Kern der heimi­schen Wirtschaft bilden, und wie sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten gezeigt hat, ist es eben auch die kleinstrukturierte Wirtschaft, die für Stabilität, Kontinuität und dadurch für wirtschaftlichen Erfolg und die Sicherung von Arbeitsplätzen gesorgt hat.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 46

Auf dieses System können wir in Österreich zu Recht wirklich stolz sein. Wenn es in dem vorliegenden Änderungsgesetz für diese Unternehmen in verschiedenen Berei­chen zu Verbesserungen kommt – insgesamt sind von der Vorlage neun Bereiche be­troffen, von der Einführung eines Widerspruchs gegen Bescheide über die Feststellung der Kontoerstgutschrift bis zur Klarstellung der Zuständigkeit für die Krankenversiche­rung von pensionierten Vertragsbediensteten –, so ist das eine Unterstützung und Stär­kung für das Rückgrat der heimischen Wirtschaft, die dabei hilft, den Wirtschaftsstand­ort und die Wirtschaftsstruktur in Österreich gezielt weiterzuentwickeln und sozial bes­ser werden zu lassen.

Ich bin mir dessen sicher, dass dieses Sozialversicherungs-Änderungsgesetz Verbes­serungen enthält, die das Sozialsystem im Gesamten positiv weiterentwickeln. Unsere Fraktion gibt diesen Änderungen daher ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.42


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


10.42.02

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Ich danke für die große Zustimmung. Ich möchte den Damen und Herren der Freiheitli­chen Partei noch zwei Botschaften übermitteln.

Botschaft Nummer eins: So wie im Plenum des Nationalrates beziehen Sie sich hier auf die ÖGB-Stellungnahme. Sie hätten sich aber bitte so weiterentwickeln sollen, wie sich auch der ÖGB in dieser Frage weiterentwickelt hat. Der ÖGB trägt nämlich diese Frage mit, wie Frau Abgeordnete Kemperle ausgeführt hat – und Sie wissen ja, woher sie kommt –, weil wir dieses Thema zwischen der Begutachtung und der tatsächlichen Beschlussfassung entsprechend aufgearbeitet haben, sodass man es jetzt mittragen kann. In Wirklichkeit ist ja das Geld für eine Gruppe von Menschen da, die, ehrlich ge­sagt, nicht wirklich die Reichsten der Reichen sind. Es geht um eine Gruppe von Men­schen, die sich in speziellen Notlagen befinden, und da soll dieser Härteausgleichs­fonds ganz einfach helfen.

Der Grund dafür, dass wir diesen Weg gewählt haben, ist, dass die SVA von sich aus eine Verdoppelung der Gesamtsumme vorgenommen hat. Das heißt, sie hat noch ein­mal so viel auf den Tisch gelegt, und damit haben wir dann, so hoffe ich, doch eine ge­wisse Gestaltungsmöglichkeit. – Das ist das eine.

Das Zweite – ich muss das zur eigenen Psychohygiene sagen –: Bei den Politikern, die jetzt noch Pensionen haben, bitte ich, immer auch dazuzusagen: bis zu 15 Prozent Pensionssicherungsbeitrag. Ich würde das nur der Objektivität halber dazusagen. Sie wissen, das ist eine auslaufende Gruppe, das heißt, diese Ansprüche betreffen nur jene Menschen, die sie schon haben, aber sie entstehen nicht mehr neu. Ich zum Bei­spiel habe als Minister keinerlei Politikerpensionsanspruch. Es ist also entsprechend vorzugehen.

Die Frau Präsidentin gestattet mir jetzt noch einen kleinen Sidestep, weil die Freiheit­lichen schon eine Presseaussendung gemacht haben, dass ich eine Aussage verwei­gert hätte. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.– Ja, Herr Jenewein hat einen Brief schreiben müssen. Ich möchte Ihnen nur mitteilen: Die Zahlen der MA 40 habe ich nicht. Die sind mir nicht vorliegend. Das ist Landesverwaltung. Ich habe die AMS-Zahlen. (Bundesrätin Mühlwerth:  Berichterstattung!) – Nein, eben nicht. Nicht über die Sperren. Sie müssen mir Bericht erstatten, was sie auszahlen und wie viele Leute betroffen sind, aber sie müssen keinen Bericht darüber erstatten, wie viele gesperrt werden. Das macht kein Bundesland, und das ist auch nicht Teil der Artikel-15a-Ver­einbarung.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 47

Ich kann Ihnen nur mitteilen, wie viele BMS-Bezieher das AMS sperrt. Es gibt 53 800 beim AMS vorgemerkte Personen mit BMS-Hintergrund. Davon wurden voriges Jahr insgesamt 8 161 unter anderem wegen Meldeversäumnissen oder Kontrollversäumnis­sen gesperrt, und 1 507 davon wurden gesperrt, weil sie die Arbeitsaufnahme mehr oder weniger abgelehnt haben. Das sind die Zahlen, die wir haben, und die sind kein Geheimnis. Die Zahlen über die Tätigkeit der MA 40 haben wir hingegen nicht. Ich be­komme diese Zahlen auch nicht aus Vorarlberg oder Tirol oder aus sonst irgendeinem Bundesland. Das ist reiner Landesvollzug. Sehr oft wird das ja nur auf den Bezirks­hauptmannschaften abgewickelt, und ob diese im internen Meldesystem des Landes alles melden, sei dahingestellt – was jetzt keine Kritik ist, sondern nur eine Anmerkung zur Systematik.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich danke dafür, dass ich für eine Minute diesen Sidestep machen durfte und danke vor allem für die hohe Zustimmungsrate für diesen Gesetz­entwurf – vor allem auch im Interesse der EPUs, da das auch für diese Gruppe eine nicht unwesentliche soziale Absicherung bedeutet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.46


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüße ich die Frau Unter­richtsministerin sehr herzlich hier bei uns im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)

10.47.153. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunterrichtsgesetz geändert werden (2206/A und 2284 d.B. sowie 8951/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zum 3. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. Bitte um den Bericht.

 


10.47.29

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunterrichtsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur An­tragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Füller. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 48

10.48.43

Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass wir bei diesem Tagesordnungspunkt Stimmeneinhelligkeit vorfinden. Wenn ich mir die letzten Jahre ansehe, so sind es Jahre großer Bildungsprojekte gewesen. Man denke nur an die Neue Mittelschule, Verbesserungen in der Ganztagsbetreuung bis hin zu einer Er­höhung der Budgetmittel und einigen Tausend zusätzlichen Lehrerposten im Bereich des Unterrichts und der Erziehung.

Es gibt dazu noch einiges zu sagen, aber da ja Stimmeneinhelligkeit herrscht, werde ich versuchen, mich auf einige konkrete Punkte zu beziehen. Der eigentliche Sinn des heute auf der Tagesordnung stehenden Vorhabens ist es, allen Jugendlichen Chancen zu geben, den Einstieg ins Berufsleben zu finden. Der heutige Gesetzesbeschluss macht dies auch möglich.

Das Wesentliche an den Pflichtschulen ist es, den Jugendlichen Berufsorientierung zu bieten. In Zukunft können die Schülerinnen und Schüler der Volksschuloberstufen – die gibt es ja zum Teil noch in Bundesländern wie Tirol –, der Hauptschulen und der Neu­en Mittelschulen, die im achten Jahr der allgemeinen Schulpflicht eine oder mehrere Stufen der besuchten Schule nicht erfolgreich abgeschlossen haben, im neunten und in einem freiwilligen zehnten Schuljahr die gleiche Schule weiter besuchen oder das Jahr an einer Polytechnischen Schule absolvieren. Gleiches gilt auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Zugegeben, ich habe bis vor wenigen Tagen auch noch geglaubt, dass das, was nun geregelt wird, bereits jetzt möglich ist und dass es auch gesetzliche Grundlagen dafür gibt. So war ich bei der Durchsicht der Unterlagen in der Vorbereitung auf den Aus­schuss etwas überrascht. Bisher war es nämlich so, dass es einzelnen Landeschulrä­ten möglich war, sozusagen in einem gewissen gesetzlichen Graubereich und in Aus­nahmefällen Schülerinnen und Schülern nach einer Klassenwiederholung oder dem Besuch der Vorschule ein zehntes Schuljahr zu ermöglichen, damit sie zu einem Schul­abschluss kommen. Das soll nun einheitlich auf gesetzlicher Ebene geregelt werden.

Durch das Gesetz, dem dieser Antrag zugrunde liegt und das ab 1. Juni wirksam wer­den könnte, könnten die Schulbehörden bereits ab Herbst dieses Jahres die Dinge auf einer geordneten gesetzlichen Ebene abhandeln und in diesen Härtefällen den Schü­lerinnen und Schülern die Möglichkeit zu einem geordneten Schulabschluss geben, damit diese auch den Weg in ein hoffentlich erfolgreiches Berufsleben gehen kön­nen. Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.51


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Köberl zu Wort. – Bitte.

 


10.51.35

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause an den Bildschirmen! Wir haben schon ge­hört – mein steirischer Kollege Christian Füller hat sie im Detail erläutert –, dass die Gesetzesänderung, die wir heute beschließen, etwas ist, was manche vielleicht nicht als den großen Meilenstein bezeichnen werden, sie ist aber ein kleiner, für die Betrof­fenen wichtiger Schritt, den wir, und das ist sehr erfreulich, gemeinsam setzen.

Es geht in diesem Gesetz um das zehnte Schuljahr. Es war einzelnen Landesschul­räten bereits möglich, wenn man es so ausdrücken will, in einer gewissen gesetzlichen Grauzone Schülerinnen und Schülern, wenn es aufgrund von Klassenwiederholungen oder des Besuchs der Vorschule notwendig war, ein zehntes Schuljahr zu ermöglichen,


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 49

damit diese einen erfolgreichen Pflichtschulabschluss erreichen konnten. Das legali­sieren wir mit unserem Beschluss, der im Nationalrat als gemeinsamer Initiativ- bezie­hungsweise Abänderungsantrag aller Parlamentsparteien eingebracht wurde.

Ab 1. Juni 2013 soll die neue Gesetzeslage dann auch greifen. Das heißt, für das kom­mende Schuljahr gibt es schon die Möglichkeit, diese Dinge in geordneten Bahnen ab­zuwickeln.

Geschätzte Frau Präsidentin, geschätzte Frau Bundesminister, wir haben es gehört, und in der Fragestunde war es ja auch Thema: Jedes Jahr verlassen mehrere Tausend junge Menschen die Schule ohne Pflichtschulabschluss, ohne einen entsprechenden Nachweis, und es ist wichtig, dass wir diesen jungen Menschen eine zusätzliche Chan­ce ermöglichen.

Das duale Ausbildungssystem in Österreich ist ja vorbildlich und weit über die Grenzen hinaus anerkannt. In der Fragestunde wurde diese Thematik auch ausführlich disku­tiert, und wir haben gehört, wie wichtig es ist, dass junge Menschen in diesem Bereich neue Möglichkeiten bekommen, den entsprechenden Pflichtschulabschluss zu errei­chen, um damit ihre Position und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt entsprechend zu verbessern. Natürlich braucht es auch eine gewisse Portion Selbsteinschätzung und auch den entsprechenden Willen der Betroffenen. Ich sage es ganz offen: Wie viele Chancen wir den Betroffenen auch einräumen, es wird leider immer wieder Fälle ge­ben, in denen jemand als sogenannter Leistungsverweigerer durch das Netz fällt.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir bei diesem Thema ein gemeinsames Bekenntnis zur Polytechnischen Schule ablegen, denn die Polytechnische Schule ist eine Schule, die wichtig ist, die wertvoll ist, die man den neuen Entwicklungen ständig anpassen muss, die man sozusagen zeitaktuell halten und laufend weiterentwickeln muss.

Es gibt in Österreich zahlreiche Beispiele für erfolgreiche Polytechnische Schulen, und es ist beeindruckend, was einzelne Schuldirektoren, was engagierte Lehrkräfte in ihren Projekten an den Schulen zusammengebracht haben. Diese Erfolgsmodelle haben sich basierend auf einer gewissen Schulautonomie oder, anders gesagt, auf einer Ver­antwortung am Schulstandort, wie auch immer man es nennen möchte, entwickelt und sind das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit vor Ort sowie einer Anpassung an die regionalen Gegebenheiten.

Gestatten Sie mir als einem Lehrer, der seit 15 Jahren an der Polytechnischen Schule in Bad Aussee unterrichtet, bei diesem Punkt auch ein paar persönliche Anmerkungen. Meine Schule ist eine kleine Polytechnische Schule, die an die Hauptschule ange­schlossen ist, und wir sind immer wieder sehr stolz darauf, dass es uns gelingt, fast 100 Prozent der Schülerinnen und Schüler in eine Lehrausbildung überzuführen. Wir haben auch immer wieder Fälle dabei, wo jemand nach einem Schuljahr in der Poly­technischen Schule sagt, nein, er möchte doch noch eine weiterführende Schule besu­chen. Auch in diesem Fall ist der Besuch der Polytechnischen Schule für ein Jahr kein Fehler gewesen, wenn sich der Schüler oder die Schülerin dabei orientieren konnte.

Worauf basieren dieses Erfolgsmodell und andere vor allem im ländlichen Raum sehr erfolgreiche Modelle der Polytechnischen Schule? – Ein Modell ist immer dann erfolg­reich, wenn es nahe an der Region ist. Ich bin davon überzeugt, dass zentrale Poly­technische Schulen, in denen man große Gebiete zusammenfasst, nie so erfolgreich sein können, wenn auch die Infrastruktur dort vielleicht besser sein mag. Aber wir haben schon gehört: Eine Schule sollte nahe an der Wirtschaft, sollte nahe an den Ausbildungsbetrieben sein, und das ist eigentlich auch der Garant für den Erfolg. Je mehr Berufspraxis die Schülerinnen und Schüler in der Polytechnischen Schule haben, desto besser können sie sich orientieren, desto besser können sie sich für einen Beruf entscheiden.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 50

Mir ist immer noch folgendes Bild vor Augen: Ein Schüler, der bereits einen fixen Lehr­platz als Elektriker hatte, hat bei der zweiten Berufspraxis – die Berufspraxis findet bei uns in verschiedenen Blöcken statt – gesagt, nein, er probiert jetzt einmal etwas ganz anderes, und zwar Koch. Er hat dann in einem großen Hotel in Bad Aussee begonnen und ist nach der dritten Berufspraxis zu mir gekommen und hat gesagt, er weiß jetzt, was er wirklich machen will, er wird Koch. Er ist ein sehr erfolgreicher junger Mann, der momentan im Ausland ist, und er hat gesagt: Ich habe die Chance gehabt, sozusagen aufgrund meiner Erfahrung auch meine zukünftige Berufsgestaltung zu ändern. – Das ist ein erfolgreiches Beispiel!

Wir haben in diesem Schuljahr an unserer Schule auch Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Integrationsschüler, und nicht für alle, aber für ei­nen Großteil ist es uns gelungen, einen Lehrplatz zu finden.

Es freut mich, dass wir hier gemeinsam ein Bekenntnis ablegen. Vor allem hat mich auch Ihre Rede im Nationalrat gefreut, Frau Bundesminister, denn es ist gut, dass die Polytechnische Schule endlich nicht mehr so gesehen wird, dass es heißt, wer keinen Plan für das neunte Schuljahr hat, der geht ins Poly und sitzt dort seine Zeit ab. – Das sollte längst vergessen sein.

Die Polytechnische Schule ist eine Schule für junge Damen und Herren, die sich ent­scheiden, in das Berufsleben überzutreten. Da sollte eine bestmögliche Vorbereitung erfolgen. Geben Sie den Schulen die entsprechende Freiheit und Autonomie, auch individuell zu gestalten, um das im Einklang mit den Bedürfnissen der Region umzu­setzen!

In diesem Sinn freue ich mich, dass es heute dazu einen einstimmigen Beschluss ge­ben wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

10.59


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Mühl­werth zu Wort. – Bitte.

 


10.59.12

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und an den Bild­schirmen! Wie schon gesagt wurde, fußt diese Vorlage auf einem All-Parteien-Antrag im Nationalrat, was wirklich sehr erfreulich ist.

Im Blickpunkt steht die Polytechnische Schule, von der wir aber auch wissen, dass de­ren Qualität sehr davon abhängt, wie sehr sich der Manager, sprich der Schuldirektor, für seine Schule einsetzt. Es ist nicht so, dass die Polytechnische Schule generell als ausgezeichnete Schule zu betrachten ist. Allerdings gibt es in Schulen mit engagierten Direktoren tatsächlich sehr positive Ansätze, aus dieser Schule einen Schulzweig zu machen, der in Richtung Berufsschule tendiert.

Hier und heute geht es aber darum – wie es meine Kollegen bereits sehr ausführlich dargestellt haben –, jenen Schülern, die keinen Schulabschluss haben, mit einem frei­willigen zehnten Jahr an der Polytechnischen Schule einen Abschluss zu ermöglichen. Es ist gut, es ist richtig, es jemandem zu ermöglichen – welche Gründe auch immer es sind, warum jemand keinen Schulabschluss hat –, den Schulabschluss kostenlos nach­zuholen. Dies ist auch Teil eines durchlässigen Schulsystems, und das ist absolut zu begrüßen.

Dies erspart uns aber nicht, denn es ist ja letzten Endes eine kosmetische Maßnahme, auch eine gewisse Ursachenforschung zu betreiben, warum Schüler, salopp gesagt, im Alter zwischen 10 und 14 null Bock auf Schule haben. Liegt es daran, dass sie in der falschen Schule sitzen? Liegt es daran, dass vielleicht die Lehrer nicht die allerbesten


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 51

sind, denn auch das soll es geben, dass es Lehrer nicht schaffen, die Kinder für den Unterricht zu begeistern, wo man wieder bei der Lehrerbildung ansetzen muss? Ich sage dies ja nicht zum ersten Mal: Nur die am besten Geeigneten sollen Lehrer werden und nicht jeder, der es unbedingt will, obwohl er dafür gar nicht geeignet ist.

Es ist aber auch zu hinterfragen, wo die Schüler Probleme haben. Wo sind ihre Be­gabungen, aber wo sind auch die Probleme, auch die Probleme zu Hause, die es ebenfalls gibt? Es gibt leider zu viele Schüler, wo das Elternhaus nicht darauf schaut, dass die Schüler in die Schule gehen, dass sie etwas lernen, dass sie sich ordentlich benehmen. Es sollte nicht so sein, dass man in der Schule, statt das kleine Einmaleins zu lernen, zunächst lernen muss, sich richtig zu benehmen. All das sind Dinge, die mit berücksichtigt gehören, damit es gar nicht so weit kommt, damit wir nur noch jene auffangen müssen, die durch sämtliche Maschen durchfallen, weil sie Leistungsver­weigerer sind, und die wird es immer geben, das hat Kollege Köberl völlig richtig ge­sagt.

Aber wir müssen trotzdem schauen, dass wir all jene auffangen, denen irgendwann einmal der Knopf aufgeht und die dann sagen: Eigentlich war das blöd, jetzt habe ich die Chance und jetzt ergreife ich sie.

Es ist wirklich interessant, heute wird dem Thema Bildung in allen Tageszeitungen ei­gentlich ziemlich breiter Raum gegeben, unter anderem auch in der „Presse“, wo der Jugendforscher John Hattie zitiert worden ist. Wenn man sich anschaut, was ein guter Lehrer alles können muss, dann muss ich schon sagen, die armen Lehrer müssen nach dieser Vorstellung Wunderwuzzis sein. Es ist kein Thema, dass ein Lehrer fach­lich kompetent zu sein hat, es ist keine Frage, dass er ein gewisses psychologisches Einfühlungsvermögen haben muss, es ist keine Frage, dass man auf die unterschied­lichen Möglichkeiten und Begabungen von Schülern eingehen muss. Bei 25 Schülern wird es schon schwierig, auf jeden Einzelnen zu schauen und festzustellen, was je­mand kann und was nicht. Da ist, wie ich meine, der beste Lehrer überfordert.

Ein Thema ist auch – auch das sagt die Studie, und damit stimme ich vollkommen überein –, die Aufgabe des Lehrers ist es zu unterrichten. Und Sie, Frau Minister, wis­sen es ja auch: Unsere Lehrer sind mit hunderttausend anderen Sachen, abgesehen von Administration, beschäftigt, und fürs Unterrichten bleibt dann relativ wenig Zeit. Die Diskussion wird Gott sei Dank darüber geführt, aber leider ist die Bundesministerin für öffentlichen Dienst überhaupt nicht bereit, einen Schritt zu setzen, wenn es darum geht, zusätzliches Personal an die Schulen zu holen, nämlich Psychologen, Psychago­gen, Sozialarbeiter et cetera. Dadurch könnte nämlich viel Druck aus dem Unterricht herausgenommen werden.

Wir werden im Rahmen eines weiteren Tagesordnungspunktes noch die Erziehungs­vereinbarungen besprechen. Auch wenn wir den Eltern helfen wollen, ihre Kinder rich­tig und gut zu erziehen, und dort, wo sie es nicht können, eben Hilfestellung leisten, wird es immer wieder welche geben, die es trotzdem nicht schaffen. Dafür brauchen wir zusätzliche Leute, damit die Lehrer sich auf das konzentrieren können, wofür sie da sind, nämlich eben auf das Unterrichten – schon auch auf das Erziehen, aber sie soll­ten nicht quasi Mutter oder Vater für alle sein müssen.

Das sind Dinge, die bei all diesen Maßnahmen, so gut und richtig diese auch sind, im­mer mit bedacht werden müssen und wo wir wirklich auch schauen müssen, woran es denn eigentlich liegt. Wir müssen dann einmal dort beginnen, die Ursachen zu behe­ben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 52

11.04


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dönmez zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.04.52

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Ge­schätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen zu Hause! Vieles wurde schon gesagt. Kollege Köberl hat sozusagen die Perspektive des Lehrers eingebracht, ich möchte die Perspektive des Schülers einbringen. Ich musste nämlich selbst die Polytechnische Schule besuchen und muss ganz ehrlich sa­gen, ich habe es damals als Strafe empfunden, denn da ich acht Jahre lang nicht sit­zengeblieben bin, habe ich dann ins Polytechnikum gehen müssen, um sozusagen die volle Schulpflicht zu erfüllen.

Damals wurde diese Schulform erst neu eingeführt, was sich natürlich auch auf die Qualität des Unterrichtes, ich sage es einmal ganz vorsichtig, ausgewirkt hat. Und für mich war es sozusagen eine Zeit, die ich jetzt sicherlich nicht missen möchte, aber auch nicht besonders gut in Erinnerung habe, was die Qualität der Ausbildung be­troffen hat.

Wichtig und richtig ist, was auch meine Kollegin Mühlwerth angesprochen hat, nämlich dass wir alles, was in den Bereich Bildung, Qualifizierung, Rahmenbedingungen jener, die im System tätig sind, fällt, verbessern müssen, wobei es da unterschiedliche An­dockmöglichkeiten für unterstützende Systeme gibt, seien es SchulpsychologInnen, SozialarbeiterInnen, BezirksschulinspektorInnen – diese Position wird im Rahmen der Reform aufgelöst und bei den Schulräten angesiedelt – und so weiter.

Es gibt da eine massive Bewegung im Bildungsbereich. Ich war selbst Mitglied des Be­sonderen Ausschusses zur Vorberatung des Bildungsvolksbegehrens und muss sa­gen, die Stimmung der Experten und Expertinnen, die von den einzelnen Parteien in den Ausschüssen nominiert worden sind, ging einheitlich in die Richtung, dass in die­sem Bereich massiv etwas geändert gehört. Es sprechen auch die Zahlen für sich. Die Vorredner und Vorrednerinnen haben ja angemerkt, dass wir eine sehr hohe Abbre­cherInnenrate haben, teilweise 10 000 SchülerInnen pro Jahr, die ohne Abschluss so­zusagen die Schule verlassen. Dass sich das dann wie ein roter Faden durchzieht und uns in den unterschiedlichen Hilfssystemen, Unterstützungssystemen, vom AMS ange­fangen über Sozialhilfe und so weiter beschäftigt und auch Kosten verursacht, liegt ganz klar auf der Hand. Darum ist es ganz, ganz wichtig, dass wir im Bildungsbereich wirklich die ideologischen Scheuklappen ablegen und dahingehend zusammenarbei­ten, so wie es auch im Ausschuss war, dass die Kinder, die Eltern und die LehrerInnen im Mittelpunkt stehen.

Das, was mich wirklich massiv geärgert hat, ist: Kaum hat man den Hintern bei der Ausschusstür hinausgedreht, merkt man, wenn man am nächsten Tag die Zeitung auf­schlägt, wie die BildungssprecherInnen einander die Hackln ins Kreuz hauen. Das ist nicht im Interesse der Schüler und Schülerinnen, das kann auch nicht im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich sein, denn das, womit wir unseren Wohlstand verdie­nen, sind Facharbeitskräfte, Personen, die im Dienstleistungssektor beschäftigt sind, in der Forschung und Lehre. Und da brauchen wir die bestausgebildeten Leute. Da fängt die Ausbildung nicht erst in der Pflichtschule an, sondern bereits viel früher in der „Hie­rarchie“ – unter Anführungszeichen –, nämlich im Kindergarten.

Wenn ich mir anschaue, welche Betreuungsverhältnisse wir vom Kindergarten ange­fangen, von den Krabbelstuben rede ich gar nicht, bis in die Schule hinein haben, dann erkenne ich da einen massiven Aufholbedarf. Da müssen wir verstärkt gemeinsam unsere Kräfte bündeln, um das Bestmögliche für unsere Schüler, Schülerinnen, für die Lehrer, Lehrerinnen und letztendlich für die Gesellschaft und auch die Wirtschaft zu er­reichen.

Wir Grüne – die KollegInnen haben es ja schon angesprochen – haben natürlich hiezu auch unsere Zustimmung erteilt, es war ein All-Parteien-Antrag. Insofern werden wir


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 53

diesem Tagesordnungspunkt zustimmen. Über die nächsten diskutieren wir dann nach­her. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der FPÖ.)

11.09


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster ist Herr Bundesrat Schweigkofler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.09.34

Bundesrat Johann Schweigkofler (SPÖ, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die bisherige Debatte hat das große, weite Feld der Bildungspolitik gezeigt. Man könnte jetzt sehr, sehr lange über das Ganze reden. Ich kann nur dem Kollegen Dönmez recht geben. Du kannst mir glauben, gerade diese Ideologisierung, Verpolitisierung des österreichischen Schulsys­tems, in dem ich mich jetzt seit 35 Jahren als Lehrer befinde, geht mir so auf den We­cker. Als roter Lehrer im heiligen Land Tirol spürt man das Ganze fast tagtäglich.

Jetzt zurückkommend auf das Gesetz, ich glaube, das ist wichtiger: Es ist zwar kein großes Gesetz – das merkt man ja insofern, als es in den Zeitungen nicht vorkommt –, aber es ist doch für viele Schülerinnen und Schüler, aber auch deren Eltern ein wich­tiges Gesetz.

Da darf ich jetzt ein Beispiel anführen, das ich an meiner Schule – in diesem Fall als Klassenvorstand – erlebt habe. Eine Schülerin hat in der Volksschule aus Krankheits­gründen ein Schuljahr verloren, ist aufgrund dessen dann im nächsten Schuljahr in der Schule nicht mitgekommen, wurde in die Sonderschule, ich sage jetzt wirklich, abge­schoben und hat dann bis zur sechsten Klasse die Sonderschule besucht. Die Eltern waren verzweifelt und sind dann letztendlich, da sie Bekannte von mir sind, zu mir ge­kommen und haben gesagt: Was können wir denn machen? Das kann es ja nicht sein, das Kind in der Sonderschule, das Kind ist ja nicht so schlecht, es bringt ja Leistungen.

Dann habe ich gesagt, wir können jetzt eines machen: Ihr seid in einem anderen Schulsprengel. Die Großmutter des Kindes wohnt im Schulsprengel Kitzbühel, meldet das Kind, bitte, in Kitzbühel an, und dann fangen wir mit dem Kind in der ersten Klasse Hauptschule an. Das Kind hat die vier Jahre Hauptschule durchgemacht. Das war aber nur deshalb möglich – es hat in der achten Schulstufe bereits das zehnte Jahr gehabt –, weil einfach alle zusammengeholfen haben. Die Eltern waren sehr froh.

Unser Herr Direktor hat damals gesagt, okay, das müssen wir halt machen, irgendwie wird es schon gehen, es ist zwar nicht ganz gesetzlich gedeckt, aber es wird uns doch niemand das Haxl stellen, wenn wir das Beste für das Kind wollen.

Das Mädchen hat die Schule positiv abgeschlossen, eine Lehre positiv abgeschlossen, und jetzt steht alles zum Besten. Deshalb bin ich so froh, dass das jetzt gesetzlich ge­regelt ist, dass eben Kinder, wenn sie aus verschiedensten Gründen Schuljahre verlie­ren, einen Hauptschulabschluss machen können. Das ist also ein wirklich positives Ge­setz. Danke schön, dass das einstimmig und ein Initiativantrag aller Parteien war. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

11.12


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


11.12.26

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Vielen, vielen herzlichen Dank! Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Mitglieder des Bundesrates! Ich freue mich sehr über den Initiativantrag aller Parlamentsparteien und die Einbringung des Abänderungsantrages. Mit dieser legisti­schen Maßnahme beseitigen wir bestehende Rechtsunsicherheiten, die es einfach ge-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 54

geben hat, und wir erhöhen damit die Bildungsabschlusschancen für junge Menschen. Es ist ein wichtiger Schritt, der in Einzelfällen große Wirkung erzielt, weil nämlich Schü­ler und Schülerinnen mit dieser Klarstellung die Möglichkeit haben, die Hauptschule, die Neue Mittelschule, die AHS-Unterstufe abzuschließen und somit auch eine Qualifi­zierung, einen Abschluss in Händen zu haben.

Gleichzeitig erfolgt eine Aufwertung der Polytechnischen Schule. Und ich möchte, lieber Herr Bundesrat Köberl, das durchaus auch hier im Bundesrat noch einmal beto­nen, wie sehr ich mich darüber freue, dass alle im Parlament vertretenen Parteien die­se Haltung mit uns teilen, wenn ich das so formulieren darf.

Die Polytechnischen Schulen werden als wertvolle Elemente unseres Bildungssystems anerkannt. Es ist uns aber gleichzeitig auch bewusst – und da schließe ich an Ihre Ausführungen, lieber Herr Bundesrat, an –, dass wir die Polytechnischen Schulen at­traktiver gestalten müssen.

Wir haben, Frau Bundesrätin Mühlwerth, mit Ihrem Kollegen, Herrn Abgeordneten Ro­senkranz, dazu auch vertiefende Gespräche geführt. Es scheint mir ein Gedanke hier wirklich interessant und zielführend zu sein, und den könnten wir vielleicht auch ge­meinsam weiterentwickeln, nämlich die Polytechnischen Schulen stärker in Richtung berufsbildende Schulen weiterzuentwickeln, also in Richtung Berufsschulen, durchaus auch in Richtung berufsbildende mittlere Schulen, über Modulsysteme, wo wir es dann schaffen, dass einzelne Bereiche auch anerkannt werden, etwa bei Lehre und Matura. Da ja jetzt schon 80 Prozent der Absolventen der Polytechnischen Schule in Richtung berufliche Ausbildung gehen, könnten wir auf diese Art und Weise die Polytechnischen Schulen, wenn Sie so wollen, nach oben hin, wobei das jetzt nicht hierarchisch gemeint ist, sondern was das Lebensalter der jungen Menschen betrifft, weiterentwickeln.

Dieser Weg erscheint mit attraktiver als jetzt – unter Anführungszeichen – der „An­schluss“ an die Unterstufen oder an den Bereich Hauptschule, Neue Mittelschule, weil wir hier immer auch die Themenstellung der fünfjährigen berufsbildenden höheren Schulen haben, die ja weltweit absolut anerkannt sind. Wir sind hier Nummer eins auch im OECD-Vergleich. Die duale Ausbildung dazuzunehmen und hier dazwischen noch ein Jahr dazuzulegen, erschiene mir dann doch ein bisschen viel, wo doch die berufs­bildenden höheren Schulen ohnedies schon fünf Jahre dauern. Also das ist für mich der Weg in die Zukunft.

Wir werden jetzt über einzelne Modellprojekte in den Bundesländern an der Attrakti­vierung der Polytechnischen Schulen und an der Einführung von Modulen arbeiten. Es wäre, denke ich, dann Aufgabe auch einer nächsten Bundesregierung, diesen Weg weiterzuentwickeln.

Ein Punkt ist mir auch noch wichtig, Frau Bundesrätin Mühlwerth, weil Sie ja auch das Dienst- und Besoldungsrecht angesprochen haben, Unterstützungssysteme. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass unsere Schulen, dass die Lehrerinnen und Lehrer Unterstützung brauchen. Das beginnt bei den Pflichtschulen schon im Sekretariat und das setzt sich vor allem an jenen Schulstandorten, die in sozioökonomisch benachtei­ligten Gebieten angesiedelt sind, fort. Da müssen wir in Richtung Sozialarbeit, in Rich­tung Unterstützung der Lehrer und Lehrerinnen arbeiten.

Mein Modell ist hier weniger eines der Gießkanne und des Abstellens auf besondere Bedürfnisse der Schüler und Schülerinnen, sondern ich würde hier gerne weiterdenken in Richtung Nutzung der Ergebnisse der Bildungsstandards. Über die Bildungsstan­dards haben wir ja jetzt auch Detailinformationen über den soziökonomischen Hin­tergrund der einzelnen Schulstandorte. Ich würde hier über eine Aktivierung der Schul­standorte, Konzeptentwicklung gerne diese Standorte besonders unterstützt und ge­fördert sehen. Dahingehend, denke ich, müssen unsere Überlegungen gehen. Und das


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 55

betrifft nicht nur die Sprachförderung, im städtischen Bereich das Thema, sondern das muss auch in Richtung Schulsozialarbeit ausgebaut werden.

In Summe möchte ich vielleicht an der Stelle schon betonen, dass wir mit dieser Maß­nahme, wenn jetzt meine Statistik stimmt – ich führe ja über jedes einzelne Projekt gewissermaßen Buch –, im Bereich der Bildung beim 58. Regierungsprojekt angelangt sind. Sie sehen, es ist das ein Gesamtwerk, das aus sehr vielen Einzelschritten be­steht.

Wir geben jetzt im Bereich des Bundes etwa 1 Milliarde € mehr für Bildung aus, Neue Mittelschulen, Ganztagsschulen, kleinere Klassen, Sprachförderung et cetera, und ha­ben damit 11 000 Lehrerarbeitsplätze geschaffen. Ich denke, das muss auch einmal betont werden. Damit setzen wir wichtige Schritte für unsere Jugend. Es sind aber auch ganz wichtige beschäftigungspolitische Maßnahmen.

Vielen Dank für die erwartbare breite Zustimmung zu dieser legistischen Maßnahme. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

11.18


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.19.074. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (2198 d.B. und 2285 d.B. sowie 8952/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 9/2012, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 52/2010, das Schulun­terrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bun­desgesetz über die Berufsreifeprüfung, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Ge­setz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privat­schulgesetz, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das Schulorganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forst­wirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Rechtspersön­lichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften und das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzuges bei Erlassung von Bescheiden in Angelegen­heiten der staatlichen Kultusverwaltung geändert werden (Verwaltungsgerichts­barkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich) (2212 d.B. und 2287 d.B. sowie 8953/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 56

Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Be­reich Pädagogische Hochschulen) (2188 d.B. und 2288 d.B. sowie 8954/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 4 bis 6 ist Herr Bundesrat Schweigkofler. – Bitte um die Berichte.

 


11.20.02

Berichterstatter Johann Schweigkofler: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungs­dokumentationsgesetz geändert werden.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 7. Mai 2013 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zum nächsten Bericht, über eine Sammelnovelle von 16 Gesetzesmaterien im Bereich des Schulrechts, welche ein Anpassungsgesetz an die Verwaltungsge­richtsbarkeit ist.

Auch dieser Beschluss ist gestern im Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur be­handelt worden.

Ich komme zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich berichte darüber hinaus noch über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Ap-
ril 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird.

Auch dieser Beschluss ist gestern im Ausschuss beraten worden.

Ich komme zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


11.21.27

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren jetzt über drei Regierungsvorlagen unter einem, und ich beziehe mich auf die erste, nämlich auf das Schulpflicht- und das Schulunterrichtsgesetz, wobei es darum geht, dem Schulschwän­zen einen Riegel vorzuschieben.

Geplant ist ein mehrstufiges, konkret ein fünfstufiges Verfahren, wenn Schüler den Un­terricht schwänzen, in das auch die Eltern eingebunden werden müssen. Das halte ich grundsätzlich für richtig, denn ich bin schon lange dafür, wenn es Probleme an einer Schule gibt, auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen, sie nicht nur zu informieren, son­dern auch zu sagen: Liebe Eltern, ihr müsst auch mitarbeiten, damit euer hoffnungs­voller Sprössling etwas tut, sowohl die Schule besucht – also physisch – als auch mit­lernt.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 57

Wir haben gestern im Ausschuss darüber gesprochen, und wir haben gehört, man kann das Verfahren auch abkürzen. Übrig bleibt allerdings – weshalb wir auch nicht mitstimmen –: Am Ende, also wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, werden Strafzahlungen wirksam, die es auch bisher schon gegeben hat, wenn es nicht funk­tioniert hat, und die werden jetzt empfindlich erhöht, also verdoppelt. Wir haben es ge­rade bei den Schulschwänzern nicht nur mit Kindern zu tun, die aus gut situierten Fa­milien kommen und vielleicht das, was man „Wohlstandsverwahrloste“ nennt, sind, sondern wir haben es auch sehr oft mit jenen zu tun, die wenig oder gar kein Geld haben und auch den Wert der Bildung nicht erkennen, wie wichtig es ist, in die Schule zu gehen, etwas zu lernen, damit man – wie wir beim vorangegangenen Tagesord­nungspunkt diskutiert haben – einen Schulabschluss hat, eine Berufsausbildung ma­chen kann, damit man im Leben auch wirklich bestehen kann, sich etwas leisten kann, ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen hat. Wenn diese Familien dann Strafe zahlen müssen, aber kein Geld haben, was machen wir dann? – Nichts! Dort, wo nichts zu holen ist, kann man nichts herausnehmen, und damit ist das Ganze unwirk­sam geworden.

Sie kennen schon von meinem Kollegen Rosenkranz aus dem Nationalrat unseren An­satz, nämlich: Wir müssen dann bei der Familienbeihilfe ansetzen, es nützt nichts. Ich sehe das natürlich auch als letztes Mittel. Es ist nicht so, dass ich generell sage, wenn die Kinder nicht in die Schule gehen, dann kürzen wir die Kinderbeihilfe. Ich bin sehr wohl dafür, alle möglichen Schritte zu setzen, damit sich dieser Zustand bessert oder er ausgeräumt wird, aber wenn gar nichts geht, dann, so unser Ansatz, wird bei der Familienbeihilfe angesetzt. Das schaue ich mir an, wenn dann alle zwei Monate we­niger Geld auf dem Konto ist, ob die Eltern dann nicht doch aktiv werden und sagen: Mein liebes Kind, du gehst in die Schule, das können wir uns nämlich nicht leisten! – Ich glaube, dass das wirklich ein effektiverer Ansatz wäre.

Aus diesem Grund werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.24


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Füller. – Bitte.

 


11.24.58

Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Mi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ziel dieses durchaus auch umfassen­den Paketes mit sehr vielen gesetzlichen Änderungen ist es, die Ursachen des soge­nannten Schulschwänzens zu erkennen und die richtigen Schritte zu setzen. Dazu soll es unter anderem an den Schulen am Beginn eines Schuljahres eine Kommunikations- und Verhaltensvereinbarung geben. Um Rechtssicherheit herzustellen, wird der Begriff der Schulpflichtverletzung definiert.

Bei Vorliegen einer derartigen Schulpflichtverletzung, also eines Schuleschwänzens, tritt ein gesetzlich festgelegter Stufenplan in Kraft, dessen Ziel die Vermeidung weiterer Schulpflichtverletzungen beinhalten soll. Kollegin Mühlwerth hat diesen Stufenplan schon angesprochen, in dem von fünf unentschuldigten Fehltagen in einem Semester beziehungsweise 30 unentschuldigten Stunden in einem Semester oder drei aufeinan­derfolgenden unentschuldigten Fehltagen die Rede ist.

Diesem nicht entschuldigten Fernbleiben soll mit einem Fünf-Stufen-Plan gegenge­steuert werden.

Erstens soll es ein klärendes Gespräch zwischen dem betreffenden Schüler/der Schü­lerin, den Erziehungsberechtigten, den Lehrern und Lehrerinnen zur Vereinbarung wei­terer Schritte und zur Klärung der Verantwortung geben.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 58

In der zweiten Stufe soll die Schulleitung interne Beratungssysteme wie etwa Schüler­beratung, Beratungslehrer/-lehrerin, Schulpsychologen einschalten, um zwischen den Beteiligten zu vermitteln.

In der dritten Stufe lädt die Schulaufsicht die Schülerin/den Schüler, die Erziehungsbe­rechtigten und Lehrer zu einem weiteren Gespräch vor, um rechtliche Konsequenzen zu überlegen beziehungsweise darzulegen.

Im vierten, vorletzten Schritt in diesem Stufenplan soll die Einbeziehung der Jugend­wohlfahrt und gegenseitige Information zwischen Schule und Jugendwohlfahrt im Bun­des-Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelt werden.

In der letzten, der fünften Stufe kann, wie bereits angesprochen, gemäß § 24 Schul­pflichtgesetz die Möglichkeit einer Strafe in maximaler Höhe von 440 € für die Erzie­hungsberechtigten bei wiederholter Schulpflichtverletzung vorgesehen werden. Liebe Kollegin Mühlwerth, ich möchte festhalten, dass dieses Strafausmaß ein Höchstmaß darstellen soll und dass die zuständigen Behörden durchaus angesprochen sind, sich nach den finanziellen Gegebenheiten der Eltern/Erziehungsberechtigten zu richten.

Diese Verfahren – das haben Sie zu Recht auch angesprochen – können nach Da­fürhalten des Schulleiters verkürzt werden, und man kann letztendlich bei entspre­chender Mitwirkung auch dieser Verwaltungsstrafe entgehen.

Schulschwänzen selbst hat vielfältige Gründe, und oft liegen auch tiefgreifendere Pro­bleme zugrunde. Bei Gesprächen mit Pädagoginnen und Pädagogen kann man durch­aus heraushören, dass das Schulschwänzen, dass dieses Fernbleiben von der Schule bei uns in Österreich noch kein Massenphänomen wie vielleicht in anderen Ländern ist. Ich glaube, das spricht letztendlich auch für unser Schulsystem und auch für die bis­herige Praxis.

Es werden in diesem Paket noch einige weitere Punkte mitdiskutiert, weshalb ich noch kurz die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetze in den Bereichen Schule, Kultus und auch Pädagogische Hochschule ansprechen möchte. Wir sehen darin eine wesentliche Vereinfachung sowie eine Verbesserung der Verwaltungsabläufe und mehr Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern, also durchaus eine wesentliche Verbes­serung im Ablauf. Der bisherige innerbehördliche Instanzenzug wird abgeschafft und durch eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit geändert.

Wir sind der Meinung, dass dadurch letztendlich auch das Rechtsschutzsystem erwei­tert wird und schlankere und effizientere Strukturen geschaffen werden. Daher werden wir als sozialdemokratische Bundesratsfraktion diesem Paket mit, wie ich glaube, 18 oder 19 Gesetzesänderungen inhaltlich unsere Zustimmung erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Dönmez zu Wort. – Bitte.

 


11.29.33

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Ge­schätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hätte ich den Ausführungen von Kollegin Mühlwerth fast nichts hinzuzufügen; ich betone: fast. Ich glaube, dass es für Familien, die am finanziellen Limit dahinschrammen, zweitrangig ist, ob die Familienbeihilfe gekürzt wird oder sie eine Strafe zu entrichten haben. Unter dem Strich ist noch weniger Geld da, und wir wissen aus Erfahrung, dass dann meis­tens gerade bei den Kindern, bei den SchülerInnen gespart wird. Das wäre genau der falsche Ansatz und sicher nicht das, was wir sozusagen beabsichtigen.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 59

Wir werden dieser Vorlage nicht zustimmen, weil wir der Überzeugung sind, dass es dadurch zu einer Überbürokratisierung kommt, denn – wie von KollegInnen ja schon angesprochen – einen fünfstufigen Interventionsplan in ein System zu implementieren für – wie wir aus dem letzten Jahr wissen – ungefähr 30 Schulschwänzer und Schul­schwänzerinnen, ist doch eine Vorgehensweise, die meines Erachtens nicht dafürsteht. Das Geld, das wir im Bildungssystem zur Verfügung haben, sollte meiner Ansicht nach nicht in der Bürokratie versickern, sondern bei den Schülern und Schülerinnen, bei den Lehrern und Lehrerinnen und auch bei den unterstützenden Berufen ankommen.

Diese unterstützenden Berufe sind zum Beispiel Schulpsychologen und Schulpsy­chologinnen. Wenn ich mir ansehe – da zitiere ich aus dem Schuljahresbericht von 2011/2012 –, mit welchen Ressourcen diese ausgestattet sind, und mir überlege, dass sie noch zusätzliche Aufgaben übernehmen sollen, dann muss ich sagen, das passt von den Relationen her überhaupt nicht zusammen.

Wir haben österreichweit insgesamt 76 schulpsychologische Beratungsstellen. An die­sen 76 Standorten gibt es insgesamt 132 Dienstposten für Hunderttausende Schüle­rinnen/Schüler, Zigtausende Lehrer/Lehrerinnen, und die Eltern möchte ich gar nicht erwähnen. Sie leisten dennoch hervorragende Arbeit. Sie haben 172 749 Beratungsge­spräche mit SchülerInnen, LehrerInnen und jenen Menschen, die darüber hinaus dem Umkreis der SchülerInnen zuzurechnen sind, wie zum Beispiel Schulaufsichtsbeam­tInnen, Erziehungsberechtigte, geführt. 28 489 SchülerInnen wurden psychologisch un­tersucht beziehungsweise behandelt. 4 988 LehrerInnen wurden wegen eigener Proble­me beraten. 2 539 Personen wurden längerfristig psychologisch behandelt. 8 560 schul­psychologische Tätigkeiten wurden direkt an den Schulen abgehalten, und über 1 189 psychologische Informationsbeiträge wie Aufsätze, Broschüren, Artikel und so weiter wurden erarbeitet. Jetzt kommt eine zusätzliche Aufgabe, eine nicht unwesent­liche Aufgabe, auf diese Personen zu, die ohnedies schon mit mehr als genug Arbeit eingedeckt sind.

Auf die SchulsozialarbeiterInnen möchte ich gar nicht eingehen. Wissen Sie, wie viele SchulsozialarbeiterInnen an österreichischen Schulen tätig sind, wie viele Schulsozial­arbeiterInnen wir überhaupt an Schulen haben? – 4 Prozent! 4 Prozent Schulsozialar­beiterInnen sind an österreichischen Schulen tätig. In Oberösterreich waren im Ju­ni 2012 37 SchulsozialarbeiterInnen für 144 Pflichtschulen und 25 000 SchülerInnen zuständig. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Wir haben erkannt, dass es in Oberösterreich Handlungsbedarf gibt, und haben aufgestockt. Mittlerweile haben wir uns zum Ziel gesetzt, dass bis Juni 2013 52 Schulsozialarbeiter-Dienstposten besetzt werden sollen.

Wir erkennen, dass immer mehr Aufgaben an helfende Systeme herangetragen wer­den, aber die Ressourcen gleichbleibend sind. Die Schere geht massiv auseinander, und zwar auf Kosten der Qualität. Das wirkt sich im Bildungs- und Lernerfolg aus, und das wirkt sich im Zusammenleben an der Schule aus. – Das ist meiner Meinung nach der falsche Zugang. Wir sollten die Gelder nicht in eine Verbürokratisierung, sondern in eine Entbürokratisierung lenken. Das Geld im Bildungssystem muss bei den Schü­lern/Schülerinnen, bei den Lehrern/Lehrerinnen und bei den Helfenden im System an­kommen.

Das ist mit der nun geplanten Vorgehensweise nicht der Fall, deshalb werden wir die­ser Vorlage nicht unsere Zustimmung erteilen.

Zur zweiten in Verhandlung stehenden Vorlage ist zu sagen: Der Gang zum Bun­desverwaltungsgericht stellt für die meisten eine sehr hohe Hürde dar und ist für die meisten Eltern wahrscheinlich abschreckend. Es gibt nicht in allen Bundesländern Zweigstellen des Bundesverwaltungsgerichtes, es kommen Anwaltskosten hinzu, die Kosten für Sachverständige in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 60

bleiben ungewiss. Es wird zwar in den Erläuterungen vorsichtig angedeutet, dass die Bediensteten im Schulwesen – Schulaufsicht, LehrerInnen, SchulpsychologInnen – als Amtssachverständige beigezogen werden können, aber es gibt keine Verpflichtung dazu. Darüber hinaus sehe ich insbesondere aufgrund meines beruflichen Back­grounds als Mediator auch einen Konflikt im System, denn wenn Lehrer/Lehrerinnen, die selbst in der Klasse unterrichten, wo Konflikte auftreten, auch als Sachverständige herangezogen werden sollen, dann ist das – ich sage es ganz vorsichtig – nicht gerade unparteiisch.

Aus diesem Grund werden wir auch diese Vorlage ablehnen.

Dem Beschluss unter Tagesordnungspunkt 6 werden wir unsere Zustimmung erteilen, weil es für uns eine gute Sache ist, dass man bei Beschwerdegängen schon im Vor­hinein Entscheidungsmöglichkeiten und Orientierungshilfen bekommt.

In diesem Sinne gibt es von uns ein differenziertes Abstimmungsverhalten. – Herzli­chen Dank. (Beifall des Bundesrates Schreuder.)

11.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Mag. Fürlinger. – Bitte.

 


11.36.39

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich hake gleich bei meinem Vorredner ein: Ich teile die Meinung nicht, dass wir „verbürokratisieren“. – Wir bereinigen Instanzenzüge, und das ist etwas nicht Unwesentliches. Bis jetzt haben wir in der Schulverwaltung kaum selbst für Juristen durchschaubare Instanzenzüge und Instanzenwege gehabt. Kaum jemand, außer Schuljuristen an Landesschulräten selbst, wusste, mit welchen detaillierten Anliegen man sich wohin wenden muss. Das Positive dieses Verwaltungsgerichtsgesetzes ist, dass wir jetzt in die Lage kommen – auch als Juristen, auch als Anwälte, die allenfalls, und ich habe mich bei dem Thema Kosten angesprochen gefühlt, Kosten produzieren, dafür aber ihr Wissen verkaufen –, darüber zu informieren, mit welchem Anliegen man an welcher Stelle im Schulverwal­tungssystem gut aufgehoben ist. Es gibt einen klar vorgezeichneten Instanzenweg. – So weit einmal Teil eins.

Ich glaube daher nicht, dass das eine Verbürokratisierung ist, und ich glaube oder hoffe auch nicht, sage ich dazu, dass das, was (in Richtung Bundesrat Dönmez) dein Kollege Walser im Nationalrat angesprochen hat, zutreffen und es zu Benachteiligun­gen von sozial weniger Bemittelten kommen wird, denn – das kannst du aus oberöster­reichischer Erfahrung mit mir jedenfalls teilen – wir haben sehr, sehr viele Ombuds­männer, sehr, sehr viele Schuljuristen, die, wie auch in allen möglichen Medien publi­ziert wird, bereitwilligst Auskunft erteilen. Ich glaube, dass das System per se reif ist. Es wird jetzt einfacher für die, die es bearbeiten, und durchschaubarer auch für den Konsumenten.

Ich habe den von dir gesetzten Schwerpunkt auf die Schulpsychologie und die 132 Schulpsychologen im Verhältnis zu der Anzahl an Schulen und SchülerInnen ver­nommen. Das hört sich natürlich aufs Erste nach sehr wenig an, nach einer großen Schere, aber man muss auch dazusagen, Gott sei Dank sind wir in Österreich nicht so weit, dass jeder Schüler den Schulpsychologen in Anspruch nehmen muss. Es gibt durchaus noch Lehrer und Schüler in dieser Republik, die das Schulleben partiell ge­nießen oder sogar positiv durchlaufen können, ohne dass der Schulpsychologe ständig an den Fersen heften muss.

Daher geben wir diesen Paketen logischerweise unsere Zustimmung.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 61

Ein Ansatz ist natürlich auch noch zu diskutieren, und das ist das viel beschworene, viele beschäftigende Schulschwänzen. Die Europäische Union, aber auch wir als Ös­terreich bekennen uns dazu, dass wir die Drop-out-Quoten senken müssen, dass wir alles tun müssen, damit die Kinder in der Schule bleiben, dass sie Bildung konsumie­ren, dass der Wert der Bildung erkannt wird. Ein Teilaspekt davon ist sicher auch das Schulschwänzen.

Man kann sagen, es lässt sich nicht entflechten. Es ist irgendwie eine logische Folge davon, wenn einer gar nicht mehr in die Schule geht, dass irgendwann auch der Drop-out droht. Das ist eine ganz, ganz logische Konsequenz.

Richtig ist von allen Vorrednern gesagt worden, dass natürlich in erster Linie einmal herausgefunden werden muss, warum ein Kind nicht in der Schule ist. Es muss ein Grund gefunden werden, und es muss eine Verantwortung herausgearbeitet werden. Eine Strafe ist in so einem Fall eine Ultima Ratio. Das Allerletzte, das ich brauche oder will, ist, dass ich einen Menschen dafür bestrafe, dass das Kind nicht in die Schule geht. Ich muss mich also an die Ursachen heranarbeiten.

Wenn ich mich an die Ursachen heranarbeite und ein Verschulden finde, dann muss ich mit diesem Verschulden in irgendeiner Form umgehen. Und ich sage, gerade in Richtung der Kollegin Mühlwerth, Ihre Überlegungen, die Sache über die Familienbei­hilfe zu lösen, sind nicht von vornherein völlig falsch. Ich teile keine verfassungsrechtli­chen Bedenken, aber wenn ich die Sache herunterbreche und zu Ende denke, dann muss ich Folgendes sagen: Die Familienbeihilfe ist ja nicht etwas, das ausbezahlt wird dafür, dass das Kind in die Schule geht. Die Familienbeihilfe – die Kinderbeihilfe, wie man sie nennt – ist etwas, das ab dem ersten Lebenstag zusteht.

Kinder müssen nicht nur in die Schule gehen, sie müssen auch eingekleidet werden, sie müssen auch essen, und es gibt viele andere Dinge, die mit dieser Kinderbeihilfe gemacht werden. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber zum Wohlergehen !) – Ich gehe ja jetzt nicht in eine schwere Kontradiskussion mit Ihnen, aber ich versuche, es für mich herunterzubrechen, wo ich sage: Lassen Sie uns den Versuch starten, es über das Verschuldensprinzip zu lösen! Wenn ich nämlich im Zuge des mehrstufigen Verfahrens herausarbeite, dass es die Eltern sind, die schuld sind, die entweder tatsächlich, wie es vorkommt, Kinder wochenlang nicht in die Schule schicken, auf Urlaub mitnehmen oder sonst in irgendeiner Weise dafür Verantwortung tragen, dass dieses Kind nicht in die Schule geht, dann muss ich im Rahmen des Verschuldensprinzips doch eingrenzen können, wo ich strafe.

Es ist natürlich so, Sie können sagen, es sei eine Strafe, wenn man weniger Geld auf dem Konto hat, aber – da hat Kollege Dönmez wieder nicht unrecht – da transportiere ich es in die falsche Richtung. Wenn man aber irgendwann einmal sozusagen vorge­laden und im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens – und da ist das Verfahren ja auch schon etwas Besonderes – angehört wird und sich dafür rechtfertigen muss, dass das nicht geschieht, dann, glaube ich, trägt das mehr zur Bewusstseinsbildung bei, als wenn ich es nur über die materielle Ebene löse.

Noch einmal: Ob die Strafe 220 €, 440 € oder mehr Euro ausmacht – es ist eine be­dauerliche Ultima Ratio, wenn man eine Strafe für Eltern aussprechen muss, weil sie ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Dort soll es nicht hin, aber andererseits hat der Staat keine andere Möglichkeit. Es gibt eine Schulpflicht, und dieses Gesetz müs­sen wir irgendwie auch einhalten und das überwachen, und wenn sich jemand perma­nent der Einhaltung entzieht, dann muss es irgendwann einmal auch eine Bestrafung dafür geben, denn sonst gibt der Staat sein Monopol diesbezüglich auf. Daher stimmen wir zu. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.43



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 62

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminis­terin Dr. Schmied. – Bitte.

 


11.43.14

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Prä­sidentin! Liebe Damen und Herren! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Ich darf gleich an die Ausführungen von Ihnen, Herr Bundesrat Fürlinger, anschließen: Woran wir ge­meinsam arbeiten müssen, jeden Tag, bei jeder Wortmeldung, bei jeder Gelegenheit, ist einfach, zu vermitteln, dass Bildung und Ausbildung einen hohen Wert darstellen.

Der Besuch der Schule ist daher wichtig, und ein erstklassiges Schulsystem in Öster­reich zu haben ist ein hoher Wert – gesellschaftlich und für jeden Einzelnen. Daher ist die Schulpflicht wichtig, um die Bildungsziele zu erreichen; aber die Schulpflicht einzu­halten, um Strafe zu vermeiden, wäre eben nicht die Motivationslage. Das müssen wir einfach ganz breit in der Gesellschaft vermitteln, quer durch alle Gesellschaftsschich­ten. Und ich denke, da sind gerade wir, die wir immer wieder in der Öffentlichkeit ste­hen, gefordert, immer wieder zu betonen, welch hohen Wert eine gelungene Bildung und Ausbildung für jeden Einzelnen von uns hat – was Einkommenschancen, Be­schäftigungschancen, Lebensstil, Lebenskultur betrifft, aber auch, was Österreich an­geht.

Der Wohlstand unseres Landes wird von allen Menschen bestimmt, die in unserem Land leben, und – das denke ich mir immer, wenn ich Schulen besuche – alle Kinder, die unsere Schulen besuchen, bestimmen in 10, in 15, in 20 Jahren die Geschicke un­seres Landes – wirtschaftlich, kulturell, sozial und auch demokratiepolitisch, was Qua­lität betrifft, Qualifikation betrifft und auch die Kultur und den Umgang miteinander. Es ist daher wichtig, die Bildung und Ausbildung immer wieder auch gesellschaftlich ent­sprechend wertzuschätzen, hochzuhalten und eben auch auf die Einhaltung der Schul­pflicht zu achten.

Aus meiner Sicht sind die gesetzlichen Novellierungen unter drei Aspekten hilfreich. Wir werden ja sehen, ob sie dann wirklich dazu beitragen; also ich möchte bei dieser Gesetzesnovelle durchaus im Fokus der Beobachtung behalten, welche Wirkung wir damit erzielen. Ich erachte es aber für wichtig, jetzt einmal gesetzlich zu definieren, wann wir von Schulpflichtverletzung sprechen.

Den Stufenplan so aufzusetzen, dass zunächst einmal – und da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Bundesrat Dönmez – die Schule in der Verantwortung ist und Eltern-Schüler-Leh­rer-Gespräche stattzufinden haben, dass also versucht wird, die Ursachen zu ergrün­den, und dann in einer Eskalation andere Institutionen miteinzubeziehen, halte ich für richtig. Ich halte es auch für wesentlich, dass wir die Dokumentation bei all diesen Fäl­len verbessern, denn auch das kann uns in die Zukunft führen und zu verbessernden Maßnahmen beitragen.

Klar ist, dass wir dieses Feld weiter beachten, dass wir versuchen werden, auch über die verbesserte Datenlage, da mehr in Erfahrung zu bringen, und einen wertschätzen­den, respektvollen Blick auf die Handhabung legen.

Ein weiterer Punkt, und das ist schon ein grundlegender, ist das, was wir jetzt öster­reichweit quer über alle Materien umsetzen, nämlich dass wir einen innerbehördlichen Instanzenzug schlicht und ergreifend abschaffen. Und wenn Sie, Herr Bundesrat Dön­mez, sagen, das gefällt Ihnen nicht, dann müssen Sie das konsequenterweise in allen Bereichen sagen. Denn das ist ein großes Projekt, das wir, wie gesagt, österreichweit über alle Materien hinweg umsetzen wollen, mit dem Ziel, zu einer effektiveren, ra­scheren, effizienteren Verwaltung in Österreich zu kommen. Es betrifft uns heute im Bereich Kultus, im Bereich Schulen, im Bereich Pädagogische Hochschulen. Wir wer­den uns damit auch im Kunst- und Kulturbereich beschäftigen, weil genauso auch die Materie des Denkmalschutzes davon betroffen ist.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 63

Also in Summe: Wegfall eines innerbehördlichen Instanzenzuges. Natürlich müssen wir jetzt schauen – das haben wir mit Abgeordnetem Walser und seinen Mitarbeitern auch im Detail diskutiert –, wie wir den Informationsstand für die Betroffenen entsprechend gestalten können. Aber es fällt eine Behördenebene weg. – Das ist so, das ist gewollt, das ist beabsichtigt, österreichweit, über alle Materien hinweg. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

11.48


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zweite Wortmeldung: Herr Bundesrat Dön­mez. – Bitte.

 


11.48.53

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Geschätzte Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich will ja eure beziehungsweise Ihre Ge­duld nicht strapazieren, aber ich war dankbar, dass Kollege Fürlinger das wirklich so super herausgearbeitet und heruntergebrochen hat. Wenn man das nämlich so he­rausarbeitet, wird eines deutlich: Der Gesetzgeber ist in der Annahme, dass die Eltern, das Elternhaus der Verursacher für das Schulschwänzen ist, wenn man Strafen ver­hängen möchte.

Was ist, wenn man im Zuge dieses Prozesses zu einem komplett anderen Ergebnis kommt und draufkommt, dass es eigentlich ja doch an der Schule oder am Lehrkörper selber liegt und das der Grund ist, warum die Schüler der Schule fernbleiben? Für sie ist diese Strafe, diese Höchststrafe von 440 € ja nicht vorgesehen. Das ist ja nicht die Intention des Gesetzgebers. Das heißt, hier wird sich einer Thematik angenähert, die meiner Meinung nach doch eine Schlagseite hat.

Wie gehen wir also vor, wenn sich in diesem Prozess herauskristallisiert, dass nicht das Elternhaus der ausschlaggebende Grund ist, sondern eher das System Schule oder der Lehrkörper selber? Dafür sind ja diese Strafen nicht angedacht, nehme ich einmal an. – Danke. (Beifall des Bundesrates Schreuder.)

11.50


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Ap-
ril 2013 betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bun­desministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 64

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

11.51.477. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das Schul­pflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunter­richtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Ausbildungs­initiative-Gesetz 2013) (2199 d.B. und 2286 d.B. sowie 8955/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Füller. Bitte um den Bericht.

 


11.51.59

Berichterstatter Christian Füller: Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das Schulpflichtge­setz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Be­rufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Ausbildungsinitiative-Gesetz 2013).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Beschluss in seiner Sitzung am 7. Mai 2013 in Verhandlung genommen und stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schweigkofler. – Bitte.

 


11.52.58

Bundesrat Johann Schweigkofler (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Beschluss des Gesetzes, das jetzt zur Debatte steht, schließen wir eigentlich nahtlos an das an, was heute in der Frage­stunde mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer bereits besprochen wurde, und auch an all jene Initiativen, die das Sozialministerium gleichzeitig mit dem Wirtschaftsministe­rium vor allem in dem Übergangsbereich nach Abschluss des 9. Schuljahres, nach Er­füllen der Schulpflicht, beim Einstieg in die Berufsausbildungsphase setzt.

Normalerweise ist es in Österreich so, dass nach Erfüllen der Schulpflicht die meisten jungen Menschen in die Lehre gehen und am Ende dieser Lehrphase die Lehrab­schlussprüfung machen. Leider funktioniert es nicht bei allen so, sondern ein Teil der Schüler geht sofort in den Beruf, ohne in eine Berufsschule zu gehen, andere beginnen eine Lehre, aber es kommt eben vor, dass sie nach dem ersten Lehrjahr bemerken, dass das nicht ihr Beruf, nicht ihr Job ist oder die Anforderungen für sie zu hoch sind, und die Lehre abbrechen.

Da setzt nun dieses neue Gesetz an, denn diese jungen Menschen bemerken oft, dass sie doch eine Lehre machen möchten, aber es gibt dann keine Möglichkeit mehr. Sie


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gehen dann in die Berufsschule und werden dort als außerordentliche Schülerinnen und Schüler geführt, können allerdings keinen Abschluss machen. Das neue Gesetz ermöglicht jetzt diesen jungen Menschen, dass sie als ordentliche Schüler geführt werden und zu einem Schulabschluss kommen – eine äußerst wichtige und positive Initiative, die im Übrigen über den Petitionsausschuss ins Parlament gekommen ist, was auch sehr beeindruckend ist.

Man spricht in Österreich von ungefähr 3 000 jungen Menschen, die das betrifft, wobei 2 000 davon über 20 Jahre alt sind. Die Kosten für die Vollziehung in den Berufs­schulen werden ungefähr 4 Millionen € betragen, wobei Bund und Länder sich diese Kosten teilen. Insgesamt werden damit 88 Berufsschullehrer-Posten wieder neu ge­schaffen.

Wir von der Sozialdemokratie können nur herzlich gratulieren. Frau Ministerin, wenn ich richtig gehört habe, ist das die 59. Initiative. Gratuliere! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

11.55


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Wenger. – Bitte.

 


11.55.30

Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von meinem Vorredner wurde bereits etwas ganz Besonderes erwähnt, näm­lich dass am Beginn dieses Gesetzes eine Diskussion, eine Initiative von Bürgerinnen und Bürgern stand und dieses Gesetz, das nunmehr zur Beschlussfassung vorliegt, letztendlich in Form einer parlamentarischen Bürgerinitiative entstanden ist.

Wir verfolgen in Österreich in unserem Schulsystem ein Grundprinzip, nämlich: kein Abschluss ohne Anschluss! Es soll aber auch einen Anschluss nach einem Abbruch geben, und genau darauf zielen die Änderungen in den vorliegenden Gesetzen ab.

Der steigenden Zahl von Antritten zur Lehrabschlussprüfung im zweiten Bildungsweg im Berufsschulbereich soll mit den neuen Bestimmungen Rechnung getragen werden. Der Bildungsauftrag der Berufsschulen wird dabei auf die ergänzende Förderung der überbetrieblichen Ausbildung ausgeweitet. Es geht immerhin um zirka 3 000 junge Er­wachsene ab dem 20. Lebensjahr, die ihren Bildungsabschluss an einer Berufsschule nachholen möchten. Derzeit werden zirka 88 Planstellen für diese Initiative benötigt, und die jährlich anfallenden Kosten von zirka 4,7 Millionen € teilen sich Bund und Län­der je zur Hälfte.

Ziel ist also eine verbesserte Möglichkeit, den Schul- und Lehrabschluss im zweiten Bildungsweg nachzuholen. Es ist aber auch ein Beitrag zur zusätzlichen Qualifizierung von Arbeitskräften, denn eine fundierte berufstheoretische Ausbildung ermöglicht und erleichtert das nachträgliche Ablegen der Lehrabschlussprüfung. Die Novelle zielt also im Besonderen auf Personen in überbetrieblicher Lehrausbildung beziehungsweise mit berufsbezogener Vorerfahrung ab.

Es ist aber auch ein Beitrag zur Lifelong-Learning-Strategie, zum lebensbegleitenden Lernen. Ziel dieser Strategie ist es, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass grundlegende Lehr- oder Schulabschlüsse nachgeholt werden können, oder auch die Sicherung und Sicherstellung der Vermittlung von Grundkompetenzen im Erwachse­nenalter. Insgesamt ist das ein Gesetz, dem wir seitens der ÖVP natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 66

11.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


11.58.30

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat in Wirklichkeit eh lange genug gedauert, bis so ein Gesetz gekommen ist, das es den Berufsschülern, wenn sie die Lehre abgebrochen haben, ermöglicht, quasi noch einmal zurück an den Start zu gehen und das fertig zu machen.

Es ist ja wirklich fast schändlich, dass das so lange gebraucht hat, denn wir reden immer von einem durchlässigen Schulsystem und dass jeder einen Abschluss haben soll. – Da würde ich doch meinen (Bundesrat Stadler: Ihr hättet es wahrscheinlich eh gerne schon 2004 gemacht, oder 2003!  haben wir es jetzt erst umsetzen müssen! – Heiterkeit), dass die Berufsschule wichtig ist, dass die Lehrlinge wichtig sind.

Ihr Kollege Hundstorfer hat heute in der Fragestunde gesagt, jeder Lehrling müsse ei­nem AHS-Schüler gleichwertig sein. Das sehe ich auch so. Und wenn wir uns die Facharbeiter-Debatte anschauen, die wir heute in der Aktuellen Stunde geführt haben, die wir aber auch sonst führen, sehen wir, wie wichtig es ist, dass wir eigene Leute gut ausbilden, damit wir qualifizierte Facharbeiter haben, und zwar aus eigener Kraft, und nicht welche importieren müssen.

Das heißt, es ist ein gutes Gesetz, das wir jetzt hier beschließen. Diese 4,7 Millionen € sind ganz sicher – ausnahmsweise einmal, nach unserem Dafürhalten – sehr gut ange­legt, denn es ist wichtig, hier anzusetzen, statt dann später die dreifachen Kosten in Kauf nehmen zu müssen.

Aber auch hier gilt: Ein Drittel der Berufsschüler bricht eine Lehre ab, wobei dieses ei­ne Drittel mehrheitlich bei den überbetrieblichen Lehrwerkstätten zu suchen ist – 15 Prozent sind es bei den normalen Betrieben im dualen Ausbildungssystem. Auch da muss man sich anschauen: Wo liegen die Ursachen? Eine Vermutung von mir, ohne dass ich es weiß, ist, dass die überbetrieblichen Werkstätten – die ich jetzt nicht schlechtreden will – doch eher eine Art schulische Atmosphäre vermitteln. Und es gibt ja viele Schüler, die irgendwann einmal von der Schule die Nase voll haben. Sie neh­men die Berufsschule in Kauf, aber wollen ansonsten in einem Betrieb arbeiten. Und eine überbetriebliche Lehrwerkstätte ist, auch wenn dort die praktischen Fertigkeiten vermittelt werden und wenn dort praktisch gearbeitet wird, atmosphärisch aber trotz­dem eine Art Schulbetrieb. – Das ist, wie gesagt, jetzt kein Wissen von mir, sondern nur eine Vermutung, aber man sollte es sich vielleicht einmal anschauen.

Ich glaube auch, dass es ganz gut wäre, doch wieder darüber nachzudenken, ob man nicht den Blum-Bonus einführt, der die Betriebe ermuntert und es ihnen auch ein biss­chen erleichtert, vermehrt Lehrlinge aufzunehmen.

Ein dritter Punkt ist – und den haben wir ja heute schon diskutiert, wir haben ja jetzt ei­nen richtigen Bildungsblock –, dass man natürlich auch schauen muss, dass die Schü­ler in die Schule gehen und dort auch etwas lernen, sprich: auch einen Schulabschluss machen, denn es gibt ja nach wie vor viele Betriebe, die durchaus gewillt wären, auch ohne Förderungen einen Lehrling auszubilden, die aber sagen: Bringt mir bitte einen, der lesen, schreiben und rechnen kann! – Das ist leider nicht so selbstverständlich, wie es sein sollte. Das heißt, hier gilt es anzusetzen: dass die Kinder ordentlich lesen, schreiben und rechnen können, dass sie die Schule fertig machen, dass sie dort auch hingehen, um sie fertig machen zu können.

Und dann, wenn das eben nicht der Fall ist – es passiert halt immer wieder etwas bei den jungen Menschen, da gibt es immer wieder Veränderungen, und irgendwann ha­ben sie keine Lust, warum auch immer, weil alles andere wichtiger ist, als eine Lehre fertig zu machen –, finde ich es, sage ich nochmals, äußerst positiv, dass man, auch wenn man schon über 20 ist und erst dann draufkommt, dass vielleicht ein Lehrab­schluss, eine abgeschlossene Lehre nicht so schlecht wäre, weil es die Chancen auf


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 67

dem Arbeitsmarkt erhöht, diesen kostenlos nachmachen kann. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.02


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


12.02.47

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Ge­schätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als Letztredner bei einem Tagesordnungspunkt, wo alle pro abstimmen, ist es sehr schwierig, noch neue Argu­mente einzubringen. Ich habe den Vorrednerinnen und -rednern eigentlich nichts hin­zuzufügen, außer einen Punkt:

Ich habe mir das, was du, Kollegin Mühlwerth, als Vermutung angesprochen hast, ganz konkret angeschaut. Ich war nämlich in einer überbetrieblichen Lehreinrichtung von „Jugend am Werk“. Die machen dort wirklich tolle und hervorragende Arbeit. Und das, was erkennbar ist – und das ist das, was du auch gesagt hast, und das möchte ich noch einmal herausstreichen –, ist, dass jene Jugendlichen, die es schon in der Schule schwer gehabt haben, aus welchen Gründen auch immer, es auch dann im Lehrberuf sehr, sehr schwer haben. Und die, die gut sind, die werben die Firmen sowieso schon aus diesen Lehrwerkstätten heraus an, die haben überhaupt kein Problem, von den überbetrieblichen Lehrwerkstätten in Firmen unterzukommen. Daher ist es ganz, ganz wichtig, dass man es jenen Menschen, die, aufgrund welcher Umstände auch immer in ihrem Curriculum, die Lehre abgebrochen haben, auch über das 20. Lebensjahr hinaus ermöglicht, dass sie sozusagen einen Abschluss anpeilen können.

Wir als Gesellschaft, wir als Politik beziehungsweise Politiker haben meiner Meinung nach die Aufgabe, dass wir die Barrieren, die Hürden so gering, so niedrig wie möglich gestalten. Aber es liegt in der Verantwortung des Individuums, die Angebote, die es gibt, dann auch entsprechend wahrzunehmen. Diese Verantwortung werden wir den Menschen nicht abnehmen können, und die will ich ihnen auch nicht abnehmen. Was ich aber will, ist, dass wir eine Gesellschaft haben, die die Zugangsbarrieren so gering wie möglich hält, sodass auch jene, die später draufkommen, dass der Stellenwert der Bildung doch ein großer ist, die Möglichkeit haben, die entsprechenden Abschlüsse nachzuholen.

Auch ich persönlich bin ein derartiges Beispiel: Ich habe meine gesamte Ausbildung über den zweiten Bildungsweg gemacht, weil damals in der Jugendzeit das Moped wichtiger und interessanter war und man draufgekommen ist, dass die Pipi-Box doch nicht nur zum Lulu-Machen da ist – das heißt, das andere Geschlecht war auch sehr interessant –, und weil der Freundeskreis, Fortgehen und so weiter einem wichtiger waren und daher der Lehrplatz und die Bildung ganz zum Schluss gekommen sind. Aber im Laufe der Zeit kommt man dann drauf, dass das auch sehr wichtig ist. Und da haben wir in den letzten Jahren doch massive Möglichkeiten eingeräumt, von der Leh­re mit Matura bis zur Studienberechtigungsprüfung, Berufsreifeprüfung, damit es nicht mehr ein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch gibt.

Darauf können wir stolz sein. Österreich ist wirklich ein Musterland, ein Vorzeigeland, auf das viele andere Staaten schauen und konkretes Interesse an den Maßnahmen zeigen. Ich kenne viele türkische Delegationen, die nach Österreich kommen, um sich unser duales Ausbildungssystem anzusehen und es dann auch in der Türkei in den un­terschiedlichen Regionen zu implementieren. Darauf können wir stolz sein.

Ich möchte noch allen danken, die dazu beigetragen haben, dass dieses Gesetz – spät, aber doch, Kollegin Mühlwerth – zustande kommt. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

12.06



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 68

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


12.06.28

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich möchte Sie jetzt in Ihren Wortmeldungen und Argumenten nur noch einmal bestärken – Herr Bundesrat Schweigkofler hat das ja sehr eingehend ausgeführt –: Es ist dies eine wichtige Maßnahme vor allem für jene Personen, deren Bildungskarrieren nicht vom Fleck weg so glatt verlaufen. Es ist eine wichtige Maßnahme, die weitere Bil­dungschancen eröffnet, und es ist eine Maßnahme – das möchte ich auch noch einmal betonen –, die auch demokratiepolitisch wichtig ist, weil sie nämlich zeigt, dass es sich auch auszahlt, sich in Bürgerinitiativen zu engagieren, dass man damit auch etwas er­reichen kann, dass hier etwas umgesetzt wird. Und da möchte ich vor allem Herrn Prigl, aber auch unserem Herrn Abgeordneten Riepl sehr herzlich danken, die mit einer unglaublichen Vehemenz dieses Thema weitergetrieben haben. Es gab keine Begeg­nung, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesen beiden Herren, bei der ich nicht auf dieses Thema angesprochen wurde. Sie waren also wirklich vehement in der Umsetzung.

Eines möchte ich auch noch ausführen, und da schließe ich an das an, was Sie, lieber Herr Abgeordneter Dönmez, formuliert haben: Es ist dies eine Maßnahme, die ich ein­gebettet sehe in ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Und ich möchte an dieser Stelle – das muss ich jetzt einfach auch sagen – Herrn Bundesrat Dörfler danken, denn es ist uns gemeinsam gelungen, gerade in diesem Bereich auch Weichenstellungen im Bereich der Erwachsenenbildung zu bewerkstelligen. Es sind uns – zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik – zwei Artikel-15a-Verträge mit den Bundeslän­dern im Bereich der Erwachsenenbildung gelungen, nämlich kostenfreies Nachholen von Pflichtschulabschlüssen und kostenfreies Nachholen der Basisbildung. Gemein­sam mit Berufsreifeprüfung, mit Lehre und Matura sind das Angebote, die wichtig sind.

Aber ich möchte eines unterstreichen, was Sie soeben ausgeführt haben, Herr Abge­ordneter Dönmez: Die Politik ist aufgerufen, die Bedingungen der Möglichkeit zu schaffen. Genutzt werden müssen die Möglichkeiten von jedem Einzelnen. Und dazu braucht es vor allem bei Bildungserfolgen zwei Dinge: Interesse und konsequente Ar­beit. Ohne diese beiden Elemente geht es nicht.

Ich freue mich, dass wir so konstruktiv und gemeinsam an den Bedingungen der Mög­lichkeiten arbeiten! – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und FPÖ.)

12.09


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

12.10.008. Punkt

Strategische Jahresplanung 2013 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 69

18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechischen Präsidentschaf­ten (III-491-BR/2013 d.B. sowie 8956/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. Bitte um den Bericht.

 


12.10.09

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über die Strategische Jahrespla­nung 2013 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechischen Präsidentschaften liegt Ihnen schriftlich vor. Daher erüb­rigt sich dessen Verlesung, und ich komme sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 den Antrag, die Strategische Jahresplanung 2013 des Bundesministe­riums für Unterricht, Kunst und Kultur auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechi­schen Präsidentschaften zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Posch-Gruska. – Bitte.

 


12.11.21

Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluss unserer Bildungsdiskussion habe ich jetzt die Möglichkeit, über die Jahresplanung der EU zu sprechen. Ich denke mir, das ist eine sehr sinnvolle Erweiterung.

In Zeiten einer Krise sind Investitionen in die Bildung als langfristige und vor allem als wachstumsfördernde Maßnahmen von sehr hoher Bedeutung. Europas Bildungs- und Berufsbildungssysteme müssen jungen Menschen jene Qualifikationen vermitteln, die der Arbeitsmarkt benötigt. Wir haben das heute in den vorigen Reden auch schon ein paar Mal gehört: Qualität und Chancengleichheit müssen im Zentrum stehen. Auf drei Säulen baut die Jahresplanung auf: erstens die transnationale Bildungsmobilität, zwei­tens Unterstützung für Partnerschaften und Kooperationen und drittens Unterstützung von politischen Maßnahmen. Auf sieben Jahre ist das zukünftige EU-Programm für Bil­dung, Jugend und Sport ausgerichtet, und es sind 19 Milliarden € bereitgestellt.

Für das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ist die Internationalisierung und die Qualitätsentwicklung der Bildungseinrichtungen ein sehr wichtiger Schwer­punkt. Die Chance auf Mobilität und länderübergreifende Kooperationen für Schülerin­nen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer soll erhöht werden. Ein wichtiges Thema unter der irischen Präsidentschaft wird die Rolle vor allem der Ausbildner und Ausbildne­rinnen für die Lehrkräfte sein. Die Lehrkräfte beeinflussen maßgelblich die Bildungser­folge der jungen Menschen. Eine qualitativ hochwertige PädagogInnenausbildung ist daher der Grundstein für eine bessere Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler.

Das europäische Bildungsziel der „Europa 2020“-Strategie sieht vor, die Schulabbre­cherquote auf unter 10 Prozent zu senken und den Anteil der 30- bis 40-Jährigen, die ein Hochschulstudium abgeschlossen haben oder über eine gleichwertige Ausbildung verfügen, auf mindestens 40 Prozent zu erhöhen. Die Empfehlungen der Kommission betreffen und bekräftigen vor allem die aktuellen Reformen, die bei uns im Unter­richtsministerium schon gemacht wurden. Das Reformpaket, das wir schon haben –


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 70

allen voran sei hier die Neue Mittelschule erwähnt, aber auch der Ausbau von Ganz­tagsbetreuungseinrichtungen an Schulen, die Bildungsstandards, die wir eingeführt haben, die Reifeprüfung neu und vor allem auch die PädagogInnenausbildung neu –, zielt genau auf diese Verbesserung der Bildungserfolge aller Schülerinnen und Schüler ab.

Österreich hat das Ziel, die Schulabbrecherquote auf unter 10 Prozent zu senken, schon erreicht. Wir haben eine Quote von 8,3 Prozent. Aber wir wollen diesen guten Wert noch etwas mehr senken. Die bisherigen Maßnahmen, die in diesem Bereich schon gesetzt wurden, sollen auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden und dement­sprechend analysiert werden. Gleichzeitig soll im Rahmen der wirkungsorientierten Steuerung im Ministerium die Erhöhung des Bildungsniveaus erreicht werden, natürlich unter der Berücksichtigung der Chancen- und der Geschlechtergerechtigkeit. Gemes­sen wird dieses Ziel werden an der Abschlussquote in der Oberstufe, am Anteil der Ju­gendlichen, die sich nach der Schulpflicht in einer Ausbildung befinden, und am Anteil der Aufstiegsberechtigten eines Schuljahres.

Mit dem EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ – ich habe mir den zwei­ten Schwerpunkt herausgesucht – sollen das Geschichtsbewusstsein und die Bürgerin­nen- und Bürgerbeteiligung gefördert werden. Das gesellschaftliche und politische Engagement – die Frau Ministerin hat es vorhin schon erwähnt – alter Menschen soll mit diesem Programm gestärkt werden. Auch hier ist ein Budget von 229 Millionen €, das heißt 4 Prozent mehr als im Vorjahr, für den Zeitraum von 2014 bis 2020 angesetzt worden. Österreich hat sich beim EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ vor allem für die Förderung des Geschichtsbewusstseins eingesetzt und da vor allem dafür, dass der Terminus „Holocaust“ ganz explizit in der Verordnung zu verankern ist. Damit soll – angesichts dieser negativen Singularität des nationalsozialistischen Ver­brechens – verdeutlicht werden, welche Wirkung damit erzielt werden soll und wie not­wendig das ist. Ich denke mir, da sollten vielleicht einige Politiker auch wieder einmal in die Schule gehen, um genau diesen Abschnitt wirklich zu lernen.

Wir werden auf alle Fälle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen und sind sehr erfreut da­rüber. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Wenger zu Wort. – Bitte.

 


12.16.19

Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von meiner Vorrednerin wurde ja schon sehr detailliert auf den vorliegenden Bericht einge­gangen. Insgesamt ist, wenn man den sehr detaillierten Bericht liest, sehr wohl auch erkennbar, dass Österreich innerhalb der Europäischen Union einen sehr erfolgreichen Weg beschreitet und wirklich keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Im Rahmen der Prioritäten der „Europa 2020“-Strategie wurden in den Bereichen Bil­dung, Beschäftigung, Forschung, Innovation, Klimaschutz, Energie und so weiter be­reits dementsprechende Ziele gesetzt. Es geht in diesem Bericht auch darum, nicht nur die Fortführung des Begonnenen gleichermaßen als Inhalt zu sehen, sondern auch da­rauf zu verweisen, wo die gesetzten Ziele eben nicht zur Gänze erreicht worden sind. Für das Jahr 2013 wurden die wesentlichen Ziele bereits erwähnt: Steigerung des Wachstums, Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, Qualität, Chancengleichheit im Bil­dungs- und Ausbildungsbereich.

Ein Thema ist jedes Jahr „Erasmus für alle“, diesmal auch mit dem Thema „Jugend und Sport“. Hiezu sei ergänzend noch gesagt, dass immerhin ein Gesamtbudget von


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 71

19 Milliarden € dafür bereitgestellt wird. Und unser Bundesministerium setzt sich dafür ein, dass dieses EU-Bildungsprogramm in Zukunft doch gezielter zur Internationalisie­rung und Qualitätsentwicklung der Bildungseinrichtungen beiträgt und, wenn möglich, noch mehr Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte die Chance auf Mobilität und län­derübergreifende Kooperation haben.

Lebenslanges Lernen, das hier jedes Jahr auch ein Thema ist, ist von großer Bedeu­tung. Über 10 000 Österreicherinnen und Österreichern gelingt es jährlich, einen Lern­aufenthalt oder einen Arbeitsaufenthalt in einem der EU-Staaten zu absolvieren. Öster­reich liegt damit sicherlich im europäischen Spitzenfeld. Vom Bundesministerium wer­den zur Unterstützung österreichischer Projekte und Auslandsaufenthalte entsprechen­de nationale Mittel zur Verfügung gestellt.

Durch die Steigerung der Lern- und Arbeitsmobilität gewinnt die Frage der Anerken­nung von nichtformalem und informellem Lernen immer mehr an Bedeutung. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Bereich, der letztendlich die Mobilität auch begründet, nämlich Erfahrung in der Praxis zu sammeln, was speziell im Bereich der Wirtschaft eine ganz wichtige Voraussetzung ist. Der Bereich Sport wurde bereits erwähnt. Aber auch hier gilt das Gleiche, auch da sind die Programme so gestaltet, dass in allen Sektoren nichtformale Lebenserfahrung und Tätigkeiten gefördert werden.

Die Donauraum-Strategie ist ein Schwerpunkt, ein wichtiger Teil, denn sie umfasst ne­ben den EU-Mitgliedstaaten des Donauraumes auch Staaten, die nicht Mitglieder der Europäischen Union sind. Sie soll die langfristige Zusammenarbeit der beteiligten Län­der unterstützen. Österreich begrüßt diese europäische Zusammenarbeit natürlich. Diese Kooperation bildet einen wesentlichen Schwerpunkt der Auslandsarbeit des Bun­desministeriums. In diesem Zusammenhang kann auf eine erfolgreiche Tradition der Zusammenarbeit mit den Ländern in Ost- und Südosteuropa verwiesen werden.

Die österreichische Position zu den einzelnen Kapiteln ist klar formuliert. In den Stel­lungnahmen bekennt sich das Ministerium zur gemeinsamen Vorgangsweise, zu ge­meinsam erarbeiteten europäischen Standards und auch zur Umsetzung der Maßnah­men innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens. Wir leben, meine sehr verehrten Damen und Herren, nun einmal in einem gemeinsamen Raum. Dementsprechend haben wir unseren Beitrag zur Gestaltung dieses Raumes zu leisten. Und Österreich bringt sich da nicht nur ein, sondern profitiert auch von der gesamteuropäischen Entwicklung.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Insgesamt liegt ein positiver Bericht vor, der mit den darin formulierten Zielen und Maßnahmen die Aufgaben der kommenden Jahre aufzeigt. In diesem Sinn wird der gegenständliche Bericht des Bundesministeriums von der ÖVP-Fraktion zustimmend zur Kenntnis genommen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Da Herr Bundesrat Dönmez der nächste Red­ner wäre, aber momentan nicht im Saal ist, bitte ich die Frau Bundesministerin um ihre Stellungnahme. – Bitte.

 


12.22.07

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Werte Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Zunächst herzlichen Dank für die wertschätzende Aufnahme des Berichtes un­seres Hauses – Strategische Jahresplanung 2013. Nächste Woche, am 16. und 17. Mai, tagt der Rat für Bildung und Kultur, und wir konzentrieren uns bei unseren Ar­beiten derzeit auf folgende Bereiche, die ich jetzt ein bisserl unterstreichen und he­rausarbeiten möchte: Es ist mir ganz besonders wichtig, dass wir sehr fokussiert das EU-Programm für Bildung, Jugend und Sport, „Erasmus für alle“, 2014 bis 2020, mit den von Ihnen schon angesprochenen Kernzielen vorbereiten: Lernmobilität von Ein-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 72

zelpersonen stärken, Partnerschaften, Zusammenarbeit fördern, auch politische Zu­sammenarbeit und Reformen, wobei mir auch die Zusammenarbeit der Institutionen besonders wichtig ist. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Dabei denke ich durchaus auch an unsere Konzepte der PädagogInnenbildung Neu und deren Umsetzung. In diesem Zusammenhang erscheinen mir Partnerschaften zum Beispiel von pädagogischen Hochschulen mit ausländischen Universitäten als reizvol­les Angebot für unsere Studierenden. Dafür sollte es Möglichkeiten im Programm „Erasmus für alle“ geben.

Gemäß der Methode der offenen Koordinierung auf internationaler Ebene ist der Erfah­rungsaustausch im Bildungsbereich sehr wertvoll. Wir diskutieren zum Beispiel auch auf europäischer Ebene, genauso wie wir das hier im Bundesrat tun, über Themen wie Unterstützungspersonal für Lehrer und Lehrerinnen. Zum Beispiel: Wie können Lehrer und Lehrerinnen sinnvollerweise entlastet werden?

Ein interessantes Themenfeld, das auch gerade auf EU-Ebene diskutiert wird, ist Lea­dership im Bildungsbereich, also Fragen des Managements. Auch das wird sich in der PädagogInnenbildung Neu wiederfinden, denn ich möchte, dass angehende Direktoren und Direktorinnen eine entsprechende Managementausbildung bekommen. Der bes­te Lehrer/die beste Lehrerin muss nicht unbedingt gleichzeitig auch der beste Direk­tor/die beste Direktorin sein. Dazu braucht es auch noch andere Qualifikationen und Kenntnisse.

Im Bereich Kunst und Kultur geht es mir vor allem um das EU-Programm „Kreatives Europa“, 2014 bis 2020, bei dem ich besonders darauf achten möchte, dass auch klei­nere Kulturinitiativen an den Programmen teilhaben können und dass der Zugang zu Kunst und Kultur vor allem auch für junge Menschen attraktiv gestaltet wird. Bei kom­merziellen Projekten im Kulturbereich haben wir gemeinsam mit Deutschland auch noch Vorbehalte angemeldet, denn Kunst und Kultur brauchen zwar ökonomische Ar­gumente nicht zu scheuen, brauchen aber das kommerzielle Argument nicht zu ihrer Rechtfertigung. Das ist mir wichtig.

Abschließend darf ich darauf verweisen, dass wir alle Initiativen, alle Kraftanstrengung darauf verwenden, dass Kunst und Kultur im Europäischen Regionalfonds, EFRE, ver­ankert werden. Das sind wichtige Strukturfondsmittel. Und ich darf einmal mehr meinen Appell an Sie richten, an die Mitglieder des Bundesrates, in Ihren Bundesländern jetzt ganz besonders darauf zu achten, dass bei der Erstellung der operationellen Pro­gramme zum Europäischen Regionalfonds, EFRE, Kunst und Kultur explizit angeführt werden. Wenn Kunst und Kultur in den operationellen Programmen der Bundesländer verankert sind, dann können für Projekte eingesetzte nationale Mittel aus Mitteln des Regionalfonds ergänzt, diese also kofinanziert werden. Das müssen wir jetzt ver­ankern, damit wir ab 2014 auch für Kunst und Kultur mehr Mittel aus dem Regional­fonds beanspruchen können.

Ich halte das für sehr wichtig, denn wir sehen bei sehr vielen Kunst- und Kulturpro­jekten, dass sie für die Regionalentwicklung eine große Rolle spielen. Einmal mehr gilt: Kunst und Kultur müssen ökonomische Argumente nicht scheuen – denken Sie an den Tourismus, denken Sie an den Denkmalschutz! Da sollten wir gemeinsam aktiv wer­den, und bitte, liebe Mitglieder des Bundesrates, achten Sie darauf!

Zum Schluss möchte ich mich für die sehr anregende und wertschätzende Diskussion heute zu den Bildungsthemen bedanken und darf einmal mehr sagen, dass ich sehr gerne in den Bundesrat komme. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

12.27


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 73

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.28.129. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmas­seurgesetz, das MTD-Gesetz, das Sanitätergesetz, das Zahnärztegesetz, das Zahnärztekammergesetz, das Ärztegesetz 1998, das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz, das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz, das Apothekengesetz, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekerkammerge­setz 2001, das Tierseuchengesetz, das Tiergesundheitsgesetz, das Tierschutzge­setz, das Tierärztegesetz, das Tierärztekammergesetz, das Bangseuchen-Gesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wer­den (1. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit) (2166 d.B. und 2256 d.B. sowie 8946/BR d.B. und 8962/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit) (2167 d.B. und 2257 d.B. sowie 8963/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu den Punkten 9 und 10 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 9 und 10 ist Herr Bundesrat Reisinger. Ich bitte um die Berichte.

 


12.28.38

Berichterstatter Friedrich Reisinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Die beiden gegenständlichen Berichte liegen Ihnen in schrift­licher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der beiden Vorlagen am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit die Anträge, gegen die vorliegenden Beschlüsse des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf nun auch Herrn Gesundheitsminister Stöger sehr herzlich hier bei uns im Bun­desrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 74

12.29.33

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat ei­nes der besten Gesundheitssysteme der Welt; viele Länder beneiden uns darum. Dafür muss man aber auch etwas tun. Die Regierung ist tätig geworden und hat weitere Re­formen beschlossen.

Natürlich sind mit der Reform angesichts der sozialen Leistungen, die gefordert wer­den, auch Kostensteigerungen verbunden, und da gibt es natürlich auch die unter­schiedlichsten Zuständigkeiten. Das stellt natürlich eine große Herausforderung dar. Um eine optimale Versorgungsstruktur und mehr Leistungen auch für die kommenden Generationen zu sichern, wurde von Bund, Ländern und Sozialversicherung gemein­sam eine Reform ausgearbeitet. Man hat sich auf ein gutes österreichisches Gesund­heitswesen geeinigt. Ein besseres Gesundheitswesen in Zukunft, eine Modernisierung für Patientinnen und Patienten ist das Ziel gewesen, patientennäher, mit weniger Bü­rokratie. Die Zusammenarbeit zwischen den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und den Spitälern sollte verbessert werden.

Was hat unser Herr Bundesminister in den Verhandlungen mit den Bundesländern und den Sozialversicherungsträgern erreicht? – Für die Patientinnen und Patienten wird der niederschwellige Zugang zur bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung und deren ho­he Qualität langfristig gesichert und auch ausgebaut. Die Steuern und Beiträge der Be­völkerung werden gezielter eingesetzt. Sowohl Versorgungs- als auch Finanzziele wer­den festgelegt, und ein Monitoring wird eingeführt, um die Erreichung der Ziele zu kon­trollieren. Ein Anstieg der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit bis 2016 ist gesichert, es gibt ein Plus von 3,6 Prozent pro Jahr.

Die Versorgung der PatientInnen muss zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und mit optimaler medizinisch-pflegerischer Qualität erfolgen. Die Abläufe im Gesundheits­wesen sollten transparenter werden, Behandlungen durch die Optimierung von Organi­sationsabläufen und Kommunikation verbessert werden. Es geht auch um einen geziel­ten Ausbau von Gesundheitsförderung und Prävention.

Ab 1. Jänner 2014 wird mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle der Instanzenzug auch auf Länderebene festgelegt. Mit diesem Anpassungsgesetz wird die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit auch im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit wie schon in anderen Bereichen umgesetzt.

Im Gesundheitsbereich sind in verschiedenen Gesetzen Anpassungen vorgesehen, sei es bei der Ärztekammer, der Zahnärztekammer, der Apothekerkammer, der Tierärzte­kammer und auch im Hebammenbereich, Anpassungen wie zum Beispiel im Diszipli­narrecht den Entfall des administrativen Instanzenzuges innerhalb der Kammern, die Beschwerdemöglichkeit beim Verwaltungsgericht des Landes im Disziplinarrecht oder der Wegfall des Ausschlusses eines ordentlichen Rechtsmittels. Diese Reform bein­haltet auch Änderungen beim ASVG, GSVG, BSVG und beim Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz. Zum Beispiel sind der Entfall der Schiedsgerichtskommis­sion, die Auflösung der Heilmittelkommission sowie die Übertragung der Aufgaben an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen.

Eine Neuerung wird es auch geben bei der Besetzung des Senats durch den Vorsit­zenden und vier Laienrichter, bestehend aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf Vor­schlag der Bundesarbeiterkammer und der Wirtschaftskammer.

Meine geschätzten Damen und Herren! Mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpas­sungsgesetz im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit wird eine moderne und einfachere Verwaltungsgerichtsbarkeit auch in diesem Sektor umge­setzt.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 75

Es ist auch das Tierschutzgesetz betroffen, und mir liegen Tiere sehr am Herzen. Da­her ein paar Worte dazu. Was darf man Tieren zumuten, und was muss man ver­bieten? – Vieles gilt es noch zugunsten der Tiere zu verbessern. Ich möchte auf das Thema Klonen eingehen. Beim Klonen von Tieren geht es darum, ein Tier zu er­zeugen, das im Wesentlichen eine Kopie des Ausgangstieres darstellt. Insbesondere in der Lebensmittelerzeugung birgt dies große Gefahren in sich. Daher wurde auch schon ein Antrag auf Verbot des Klonens von Tieren gestellt. Die Europäische Kommission wird dazu noch heuer einen Verordnungsentwurf entwickeln. Unser Herr Gesundheits­minister hat sich konkret dafür eingesetzt und viele Aspekte und Vorschläge zu diesem Thema eingebracht. Aus Gründen der Ethik und des Tierschutzes müssen entspre­chende Rahmenbedingungen geschaffen werden und in diese Reformen einfließen.

Schon seit geraumer Zeit wird betont, dass es vor allem Regeln für das Klonen und für Nachkommen von geklonten Tieren geben muss.

Unser Herr Gesundheitsminister hat damals schon die Einrichtung eines Rückverfol­gungssystems für Samen, Eizellen und Embryonen gefordert. Er fordert des Weiteren ein Rückverfolgungsrecht Klone und lebende Nachkommen betreffend und eine ver­pflichtende Kennzeichnung von Frischfleisch sowie Verarbeitungsprodukten von direk­ten Nachkommen von Klontieren. Bei Rindern wäre diese Kennzeichnung am einfachs­ten, und für alle anderen Tiere und Tierrassen gibt es bereits die Aufforderung zu einer Stellungnahme, die innerhalb von zwei Jahren eine Machbarkeitsstudie ermöglichen sollte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Fraktion wird diesen Novellen die Zu­stimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächster Redner: Herr Bundesrat Preineder. – Bitte.

 


12.36.37

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kollegen im Bundesrat! Ich darf mich auf das Wesentliche be­schränken, und zwar auf die Änderung im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Anpassungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Aus der Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit – Zweistufigkeit und Einführung der Landesverwaltungsgerichtshöfe – ergibt sich ein Anpassungsbedarf, der viele Rechts­materien betrifft, und wir haben das heute und wahrscheinlich auch noch in anderen Sitzungen mehrmals auf der Tagesordnung.

Wesentlich ist, dass klar ist, wie der Instanzenzug geregelt ist, damit Rechtssicherheit entsprechend gewährleistet ist. Für den Staatsbürger, egal, ob jetzt als jener, der mit der Verwaltung ein Problem hat, oder als jener, der in der Verwaltung beschäftigt ist, ist es gut, wenn klar geregelt ist, wie der Instanzenzug durchzuführen ist. Gerade als Bun­desrat können wir froh sein, weil eine Regionalisierung dieses Instanzenzuges in Rich­tung der Länder vorgesehen ist.

Wir werden diesem Anpassungsgesetz natürlich unsere Zustimmung geben und hoffen darauf, dass wir mit dieser Neuerung eine Verbesserung, eine Erhöhung der Rechtssi­cherheit in unserem Land bewirken können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 76

12.38


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächster Redner: Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


12.38.21

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden jetzt hier ausschließlich über zwei Gesetze, die die Verwaltungsgerichtsbarkeit betreffen und deren Reform. Bei der Rede der Frau Kollegin Ebner war ich mir da nicht mehr so ganz sicher, denn sie hat den Bogen ihrer Ausführungen über alle Gesundheitsmaterien, die wir heute hier auf dem Tisch liegen haben, gespannt.

Was ist im Gesundheitsbereich von der Veränderung hauptsächlich betroffen? – Es sind Ausbildungs- und Berufsgesetze, es sind Kammer- und Disziplinarrecht und die Übertragung von sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten an den Bundesver­waltungsgerichtshof. Im Kern geht es darum, kann man sagen.

Was ist aus unserer Sicht hervorzuheben? – Der Wegfall des administrativen Instan­zenzuges innerhalb der Kammern, die Beschwerdemöglichkeit an die Verwaltungsge­richtshöfe der Länder in Disziplinarangelegenheiten und vor allem, was aus unserer Sicht als besonders positiv zu erwähnen ist, der Wegfall des Ausschlusses ordentlicher Rechtsmittel.

Da wir der gesamten Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle unsere Zustimmung erteilt haben, werden wir natürlich auch dieser Gesetzesmaterie, die dieser großen Reform im Bereich Gesundheit Rechnung trägt, unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.40


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.40.06

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Wenn man als letzter Redner an der Reihe ist, erhebt sich manchmal die Frage, ob das ein Vor- oder Nachteil ist. Der Nachteil ist, dass man nicht mehr viel zu sagen hat, der Vorteil ist, dass man sich kurz halten kann. Alle Argumente sind so­zusagen gefallen.

Wir haben den Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novellen in allen Fällen zugestimmt, und das werden wir jetzt selbstverständlich auch im Gesundheitsbereich machen.

Erlauben Sie mir, dass ich sozusagen eine Frage hinterlasse, vielleicht können Sie diese ja beantworten. Es wird demnächst auch Laienrichter geben, und mich würden natürlich die Kriterien für die Bestellung dieser Laienrichter und Laienrichterinnen inter­essieren. Das ist eine Frage, die ich sozusagen hier noch hinterlasse. Aber wir werden dieser Novelle natürlich zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.41


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Minister.

 


12.41.00

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Es wurde die Frage an mich gerichtet, wie die Bestellung von Laienrichtern vor sich geht. Dazu Folgendes: Die Funktion von Laienrichtern gerade in der Verwaltungs­gerichtsbarkeit besteht darin, dass Fachexperten und -expertinnen, die im Feld tätig sind, ihre Erfahrung einbringen können. Bei dieser Gerichtsbarkeit geht es darum, dass die Institutionen Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer entsprechende Expertinnen und Experten auswählen sollen und diese Expertinnen und Experten dann als Teil des Senates ihre Erfahrung zum Gesamten einbringen sollen.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 77

Weil ich schon am Wort bin, möchte ich durchaus eine kritische Anmerkung machen, denn es ist sehr wichtig, diese auch im Kreis des Bundesrates zu diskutieren: Es sind hier – Gott sei Dank – Rechtsmaterien betroffen, die in Österreich nur in sehr wenigen Fällen zur Anwendung kommen, weil hier Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht sehr oft ge­braucht wird, und das ist gut so.

Betreffend manche Themenbereiche haben wir laut verfassungsrechtlicher Vorgabe neun unterschiedliche Landesverwaltungsgerichte, und im Hinblick darauf stellt sich die Frage, ob es nicht aufgrund der höheren Fachlichkeit geboten wäre, in einem nächsten Schritt auch diese Rechtsbereiche möglicherweise einem Bundesverwaltungsgericht zu übertragen, damit man auch die fachliche Qualifikation entsprechend einbringen und zu einer durchgehenden Rechtsprechung auch in Verwaltungsangelegenheiten kommen kann.

Aufgrund der verfassungsgesetzlichen Grundlagen war das bislang in diesem Rechts­bereich nicht anders möglich, aber ich denke, dass man gerade auch im Bundesrat diese wichtige Auseinandersetzung über die Frage führen soll, wie eine gleichgerich­tete Spruchpraxis in hoher Qualität bei Rechtsmaterien, bei welchen wenige Gerichts­entscheidungen zu erwarten sind, sichergestellt werden kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.43


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend 1. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundes­ministerium für Gesundheit.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Ap-
ril 2013, betreffend 2. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesminis­terium für Gesundheit.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.44.4411. Punkt

Jahresvorschau des BMG 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Europäischen Kommission für 2013 und des Programms des Ra­tes (Irland, Litauen, Griechenland) (III-479-BR/2013 d.B. sowie 8964/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Reisinger. Bitte um den Bericht.

 


12.45.07

Berichterstatter Friedrich Reisinger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Der gegenständliche Bericht des Gesundheitsausschus­ses liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 den An­trag, die Jahresvorschau des BMG 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Ar-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 78

beitsprogramms der Europäischen Kommission für 2013 und des Programmes des Ra­tes (Irland, Litauen, Griechenland) zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.45.49

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Zuseher zu Hause an den Bildschirmen! Ich darf an­gesichts des vorliegenden Berichtes zuerst mit einem Lob beginnen: Dieser Bericht ist sehr übersichtlich aufbereitet, und es ist auch positiv, dass zu allen Punkten die öster­reichische Haltung angeführt wurde.

Was ist aus dem Vorhabensbericht der Europäischen Union Wesentliches herauszule­sen? – Es soll ein neues Regelwerk für Tierarzneimittel kommen, das ein hohes Schutzniveau der öffentlichen Gesundheit, der Tiergesundheit und des Umweltschut­zes zur Folge haben soll. Außerdem sind die bereits erwähnten Klonungstechniken im Zusammenhang mit der Lebensmittelerzeugung hier enthalten. In den Vorhabensbe­richten für Irland, Litauen und Griechenland geht es um ein hohes Maß an Lebens­mittelsicherheit und um ein Tiergesundheitsgesetz. Im Wesentlichen sind hier natürlich sehr viele schöne Worte und wenig Konkretes zu finden, wie es meist in solchen Be­richten der Fall ist.

Wir haben unsere Zweifel und Bedenken vor allem betreffend das Klonen. Was wird nun tatsächlich vorgelegt werden? – Das wissen wir nicht. Und es geht aus diesem Be­richt auch die österreichische Haltung zur Klontechnik nicht hervor, insbesondere be­treffend diese horizontale Ausrichtung, dass für alle Klonschwerpunkte und alle Berei­che gesetzliche Regelungen beziehungsweise entsprechende Verbote geschaffen wer­den. Auch eine neue Verordnung über amtliche Kontrollen entlang der Lebensmittel­kette bleibt eher im Dunklen – ich nenne nur das Stichwort Pferdefleischskandal –, und es ist ebenfalls unklar, was im Hinblick auf die zu erwartenden Kosten zusätzlich auf uns zukommen würde.

Bedenklich erscheint auch die geplante Beseitigung des Verwaltungsaufwandes bei Tiertransporten, und es ist zu befürchten, dass es dadurch unter Umständen zu Ver­schlechterungen für die Tiere kommt. Wir wissen ja, dass gerade die Tiertransporte trotz der bestehenden Richtlinien, die es bereits gibt, noch immer äußerst problema­tisch sind. Es werden immer wieder sozusagen schwarze Schafe aufgedeckt, und es herrschen teilweise katastrophale Zustände. Wenn man also da Verwaltungsvereinfa­chungen plant, so ist das ganz genau zu hinterfragen.

Was aber schlussendlich auch den Ausschlag gibt, dass wir diesem Bericht unsere Zustimmung verweigern werden, findet sich bereits auf Seite 3 im Vorwort: Zu Öster­reich wird gesagt, dass sich die Kostensteigerungen im Gesundheitsbereich am mitt­leren nominellen Bruttoinlandsproduktwachstum orientieren. Das bedeutet, dass jähr­lich 3,6 Prozent mehr ins Gesundheitssystem investiert werden.

Österreich hat in der Krise bewiesen, dass keine Leistungskürzungen notwendig sind, um das Gesundheitssystem zu bewahren. Im Gegenteil: Durch partnerschaftliches und weitsichtiges Handeln ist sogar ein weiterer Leistungsausbau möglich. Gerade diese Koppelung an das BIP-Wachstum bei den Gesundheitsausgaben werde ich noch aus­führlicher beim nächsten Tagesordnungspunkt behandeln. Ich werde dann noch ge­nauer darauf eingehen.

Im Hinblick auf all diese zweifelhaften Punkte und vor allem auch auf diesen Punkt werden wir diesen Bericht ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.49



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 79

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


12.50.23

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Zur Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit auf der Grundla­ge des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Europäischen Kommission 2013: Das Programm liegt jetzt vor, und wir diskutieren dieses.

Einige Punkte hat mein Vorredner Kollege Krusche schon angeschnitten, man hat da­bei allerdings bemerkt, dass er sich schwertut, für die FPÖ-Fraktion in der Vorschau ir­gendeinen Kritikpunkt zu finden. Er hat dann halt auf Seite 3 irgendwas gefunden. Herr Kollege Krusche, Sie haben im Ausschuss zwar zu einem anderen Punkt, aber auch über die Finanzierung und die Angleichung zum BIP gesprochen, und ich glaube, dort haben Sie auch eine Antwort bekommen, mit der man leben kann. (Bundesrat Kru­sche: Ich nicht!) – Aha, Sie nicht!

Sie haben jedenfalls erfahren, dass auch in der Vergangenheit so vorgegangen wurde, dass, wenn es wirklich zu einer Krise kommt beziehungsweise wenn es wieder irgend­wo – wie wir im Innviertel so schön sagen – einen Tuscher tut, gewisse Sachen halt wieder neu verhandelt werden müssen. Ich meine aber, gerade in Österreich hat man immer, nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern auch in vielen anderen Bereichen, sei es auf dem Arbeitsmarkt, sei es betreffend Jugendarbeitslosigkeit, nach harten und oft langen Verhandlungen einen Weg gefunden, um die Dinge dann auch wieder ins richtige Lot zu bringen. Daher bin ich zuversichtlich, dass man, wenn wirklich einmal ir­gendwas passiert und die Finanzierung des Gesundheitssystems betroffen ist, auch in einem solchen Fall einen Weg zu dem findet, was Sie angesprochen haben.

Ein paar wichtige Vorschläge: Die Vorschau beinhaltet ja wichtige Vorschläge, die für 2013 und darüber hinaus in Betracht gezogen werden, und mögliche Vorhaben, die für den Rest der Amtszeit, die bekanntlich 2014 ausläuft, noch in Angriff genommen wer­den sollen.

In dieser Vorschau sind einige für mich wichtige Punkte angeführt, zum Beispiel die ökologische Landwirtschaft: Die biologische Produktion braucht endlich ein stabiles, sich nicht dauernd änderndes Regelwerk mit vertretbaren Kosten und Kontrollen und einem entsprechenden Verwaltungsaufwand. – Das ist sicherlich auch ein Punkt, der innerhalb der EU so schnell wie möglich einer Einigung bedarf. Dasselbe gilt für Tier­gesundheit und Tierarzneimittel. Das hat auch mein Vorredner schon angesprochen: Es geht darum, dass die Zulassung von Tierarzneimitteln unter der Voraussetzung er­folgt, dass die höherrangigen Interessen der Gesundheit von Mensch und Tier und des Umweltschutzes ausreichend Berücksichtigung finden. Im Hinblick darauf ist eine Ver­einfachung des Zulassungsprozesses notwendig und aus unserer Sicht natürlich sehr zu unterstützen.

Ein wichtiger Programmpunkt ist auch das Arbeitsprogramm im Bereich Gesundheit von 2014 bis 2020. Grundsätzlich ist ja das derzeit laufende Aktionsprogramm, das von 2008 bis 2013 schon gelaufen ist beziehungsweise läuft, weiterzuführen, und das ist zu begrüßen.

Es gefällt mir an diesem Bericht – Herr Kollege Krusche hat das auch schon ange­sprochen –, dass wirklich zu jedem Punkt auch die österreichische Haltung angeführt wird. So ist es etwa österreichische Haltung, dass der Tendenz, den finanziellen Rah­men für das Programm zu kürzen, widersprochen wird. Lediglich eine nominelle Stabi­lisierung auf Basis der laufenden Periode ist nicht recht realistisch. Gerade im Gesund­heitsbereich und bei der Gesundheitsreform sollen die Kosten – wir werden das später


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 80

noch diskutieren – nicht zu weit hinuntergeschraubt werden, denn die Bürgerinnen und Bürger, sei es in Österreich, sei es in der gesamten EU, sollen ja keinen Nachteil haben.

Den Vorschlag betreffend eine Entscheidung hinsichtlich schwerer grenzüberschreiten­der Gesundheitsgefahren haben wir in letzter Zeit öfters diskutiert, denn es ist da ja leider zu verschiedenen Zwischenfällen gekommen. Besonders wichtig erscheinen mir eine besser strukturierte grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowie die Klärung der Kompetenzen zwischen der Europäischen Kommission und den einzelnen Mitglieds­staaten zu sein.

Zuletzt möchte ich im Zusammenhang mit dieser Vorschau noch die Verordnung be­treffend den Umgang mit dem Anbau von gentechnisch veränderten Organismen in den Mitgliedstaaten ansprechen. Der darin enthaltene österreichische Vorschlag plä­diert – wie man dort nachlesen kann – für mehr Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten. Das wurde auch von der Europäischen Kommission als Lösungsweg angesehen. Das würde den Mitgliedstaaten mehr Freiheiten im Zusammenhang mit Verboten des An­baus von gentechnisch veränderten Organismen zugestehen. Das entspricht der öster­reichische Haltung dazu, der Vorschlag ist ja von Österreich gekommen, und das ist natürlich sehr zu begrüßen.

Ich habe jetzt nur ein paar Beispiele herausgenommen, die auch in der Vergangenheit in unserem tagespolitischen Geschäft schon Thema waren und es noch immer sind. Es sind aber auch Vorlagen dabei, die wir im EU-Ausschuss des Bundesrates schon be­handelt und in einigen Fällen sogar schon kritisch dokumentiert haben.

Ich habe es schon erwähnt: Es ist schon oft – vielleicht auch zu Recht – von den Op­positionsparteien kritisiert worden, dass die österreichische Haltung, wenn wir solche Vorlagen von anderen Ministerien hatten, dort nicht dokumentiert wurde. Diesmal ist aber wirklich eine lückenlose Dokumentation enthalten, und das zeigt, dass unser Ge­sundheitsminister Stöger mit den Beamten und Beamtinnen des Ministeriums kons­truktiv an den Vorhaben der EU im Bereich der Gesundheit mitarbeitet und man sich natürlich auch kritisch äußert, wenn es irgendwo notwendig ist.

Man kann bei der Lektüre dieser Vorschau auch feststellen, dass Österreich bei man­chen Vorlagen, die wesentliche Themen im Bereich der Gesundheit betreffen, eine Vorreiterrolle hinsichtlich entsprechender Initiativen im Zusammenhang mit bestehen­den Regelungen einnimmt. Oft wurde das in Österreich schon angedacht und da oder dort auch bereits umgesetzt, und das soll jetzt im gesamten EU-Raum umgesetzt werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, ich danke dir sowie den Beamtinnen und Beamten im Ministerium für die Vorlage der Jahresvorschau. Die SPÖ-Fraktion wird diese Vorschau natürlich gerne zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.57


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.58.02

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In vielen Punkten dieser Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit in Vernetzung mit dem Ar­beitsprogramm der Europäischen Kommission und des Europäischen Rats werden wir hier im Bundesrat breites Einvernehmen herstellen können. Viele Initiativen werden aber auch dann, wenn sie von der Europäischen Union vorgelegt werden, bei uns im Europaausschuss des Bundesrates und auch hier im Plenum noch breit behandelt wer­den können.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 81

So hoffen wir – wie auch mein Vorredner artikuliert hat –, dass wir in der Frage des Rechtes auf Selbstbestimmung bei der Auspflanzung von gentechnisch veränderten Organismen in diesem Jahr weiterkommen. Bisher war es leider nicht möglich, eine qualifizierte Mehrheit auf Ebene der Europäischen Union dafür zustande zu bringen.

In meinem Redebeitrag möchte ich auf einige Punkte eingehen, die zwar auch zu Ih­rem Ressort gehören, die aber in dieser Vorschau nicht explizit angeführt sind, weil ich glaube, dass es sehr wichtig wäre, dass sie in dieser Jahresvorschau aufschienen, und weil ich hoffe, dass wir auch in diesen Politikbereichen Fortschritte erzielen können.

Als ersten Punkt führe ich die Frage beziehungsweise die Thematik der Allgemeinme­diziner in den peripheren Regionen an. Wir hatten dazu im Vorjahr im Bundesrat ein viel beachtetes Hearing: Es sind, wie bekannt, immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte bereit, sich auf dem Land niederzulassen.

Das hat viele Gründe: Unter anderem gibt es eine Verweiblichung des Berufsstandes, und daher spielt die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine immer größere Rolle. Da ist die Frage der Lebensgestaltung der Ärztinnen und Ärzte: 24-Stunden-Be­reitschaft, Sieben-Tage-Woche, Vertretungsregelung, Einkommenssituation, Freiberuf­lichkeit und so weiter.

Aber, Herr Bundesminister, ich meine, es liegen jetzt in der Zwischenzeit ausreichend Ideen vor, was man da tun könnte. Mir fehlt ganz ehrlich gesagt ein bisschen die Politik dahinter, der Druck, da etwas zu machen. Ich darf Sie herzlich dazu einladen, dass wir uns diesem Thema intensiv widmen, weil sich da aufgrund der Pensionierungswelle, die ansteht, definitiv ein Problem entwickelt, das wir rechtzeitig angehen müssen.

Das zweite Thema ist die Lebensmittelkennzeichnung. Da wäre in vielen Bereichen nachzujustieren, zum Beispiel im gesamten Bereich der Gastronomie, wo wir über Her­kunft und Inhaltsstoffe sehr wenig wissen, noch stärker aber im gesamten Verarbei­tungsbereich bei den Verarbeitungsprodukten. Ich darf ein Beispiel nennen: Wir haben hier in Österreich als Vorreiter – die Europäische Union ist dann auch nachgezogen – die Käfighaltung in der Eierwirtschaft, in der Geflügelwirtschaft verboten. Aber einige Länder in der Europäischen Union haben das noch immer nicht so ganz genau durch­gesetzt. Da sind ja jetzt zwei Klagen der Europäischen Kommission eingebracht worden.

Wir importieren tonnenweise Flüssigei, Eipulver aus China und von was weiß ich wo auf der Welt, und da stellt sich die Frage: Wie können wir unsere Konsumentinnen und Konsumenten ausreichend darüber informieren? Ich meine, das funktioniert nicht, wenn wir unsere Produzentinnen und Produzenten – sagen wir einmal – einschränken, aber dann zuschauen, wie im globalen Lebensmittelgeschäft die Regelungen bei uns unterlaufen werden. Da sage ich auch, da braucht es Druck. Da braucht es Willen zur Gestaltung. Wir brauchen da aber natürlich auch Druck in der europäischen Diskus­sion – das ist keine Frage. Viele Bereiche sind europäisch zu regeln. Da braucht es aber den Druck von unserer Seite, und den bitte ich Sie, auch auszuüben.

Ich darf zum letzten Punkt überleiten. Der ist ganz aktuell. Das Lebensmittelsicher­heits- und Verbraucherschutzgesetz ist vor ganz kurzer Zeit in die Begutachtung ge­gangen mit dem Ziel, den Strafrahmen, der derzeit bei 20 000 € liegt, auf 50 000 € zu erhöhen, und auch mit dem Ziel, in Zukunft das Strafrecht hier vermehrt zu bemühen. Also das heißt, dass auch jemand eingesperrt werden kann, wenn schwerste Verfeh­lungen begangen worden sind. Das mag ja alles durchaus richtig sein in der Zielset­zung. Das möchte ich jetzt gar nicht so bewerten. Es ist ja vereinbart worden, dass sich eine Arbeitsgruppe von Gesundheits- und Justizministerium dieser Frage widmet.

Ich habe ein anderes Problem: Wir haben natürlich Handlungsbedarf, aber nicht so­sehr, meines Erachtens, auf legistischer Ebene, sondern im Vollzug. Ein Beispiel dafür:


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 82

Ich habe gesagt, der derzeitige Strafhöchstrahmen liegt bei 20 000 €. Meine Recher­chen in den letzten Tagen haben ergeben, dass die höchste bisher verhängte Strafe 5 000 € betrug. Es ist also bis jetzt keine Strafe verhängt worden, die höher als 5 000 € war. Jetzt frage ich mich: Warum brauchen wir dann eine Anhebung des Strafrahmens von 20 000 € auf 50 000 €, wenn wir die 20 000 € nicht ausschöpfen? Das heißt also, wir haben weniger den Bedarf, das Gesetz nachzujustieren, sondern in der Praxis mehr zu tun.

Ich habe gehört – schränke aber ein, dass das eine ungesicherte Information ist –, dass der Metzger beim Kärntner Fall, wo über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, kanadi­sches Pferdefleisch – so die Information – statt Rindfleisch in die Würste gegeben wor­den ist, 10 000 € Verwaltungsstrafe bekommen soll. Hier kommt jetzt die zweite Frage, weil wir sagen, wir brauchen die Strafjustiz: Wenn man also in diesem Fall, der ein klarer Betrug ist, zudem noch zusätzlich verbrämt unter dem Namen „Bauernwürste“, eine Verwaltungsstrafe verhängt, und dann nicht einmal den Höchstrahmen ausschöpft, für welchen Fall brauchen wir dann eigentlich das Strafrecht? – Das ist in dieser Ar­beitsgruppe zu klären.

Für mich stellt sich die Frage gerade bei diesem letzten Beispiel, denn wenn dem so ist, dann halte ich das für eine Bagatellisierung dieses Deliktes. Das ist ein klassischer Fall für die Strafjustiz. Aber es ist vor allem auch keine schlüssige Politik, wenn diese Fälle so billig davonkommen.

Wir brauchen – das ist das Entscheidende – eine rigorose, konsequente Handhabung der bestehenden Gesetzeslage. Wir brauchen eine Neuorientierung. Wir brauchen Dampf im Vollzug. Wir brauchen einen Gesundheitsminister, der das bestehende Ins­trumentarium, das er zur Verfügung hat, so ausnützt, dass wir am Schluss zum Grund­satz kommen: Was draufsteht, muss drinnen sein, und was drinnen ist, muss auf den ersten Blick für die Konsumentin und den Konsumenten erkennbar sein. Das muss Ziel dieser Gesetzesinitiative und Materie sein! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.06


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Minister.

 


13.06.12

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine Da­men und Herren Bundesräte! Mir ist es ein Bedürfnis, noch auf ein wichtiges Thema im Rahmen des Jahresarbeitsprogrammes der Europäischen Union einzugehen. Wir ha­ben zwei große Themen, die uns ganz besonders betreffen beziehungsweise auf die ich hinweisen möchte. Am 20. März 2013 hat die Europäische Kommission einen ge­änderten Vorschlag für die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfest­setzung von Humanarzneimitteln vorgestellt und erlassen. Da möchte sie diese Fristen, die man braucht, um auch qualifiziert damit umzugehen, reduzieren. Da haben wir mit unserer österreichischen Position unsere Bedenken angemeldet, weil es uns wichtig ist, dass wir eine qualifizierte Prüfung vornehmen können. Mir ist das wichtig, weil zu kurze Fristen dazu führen, dass dann alles in Bausch und Bogen genehmigt wird, was Menschen dann als Medikamente zu sich nehmen. Das wollen wir nicht. Wir wollen ein rechtsstaatliches Modell haben. Das ist mir persönlich auch sehr, sehr wichtig.

Beim zweiten Thema – das ist schon von Bundesräten angesprochen worden – geht es um die Frage der Anbau-Souveränität von Arzneimitteln. Da möchte ich schon da­ran erinnern, dass es ein großes Kriterium für die zweite Amtszeit von Barroso war, dass er den Mitgliedstaaten zugesagt hat – im Gegensatz zur alten Kommission –, dass es eine Anbau-Souveränität der Mitgliedstaaten geben soll. Mittlerweile gibt es in der Europäischen Union dazu keine gemeinsame Meinung der Mitgliedstaaten, und da-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 83

her ist die Position der Europäischen Kommission derzeit auf Eis gelegt. Aber wir blei­ben dabei, wir haben da in Österreich eine klare Lage: Wir verbieten das, wir wollen das nicht. Ich würde mir wünschen, dass das die Europäische Kommission auch so sieht und das auch die europäische Position wird, denn es kann nicht sein, dass einige Gentechnikunternehmen die Konsumentinnen und Konsumenten in Europa – ich sage es jetzt einmal so – schädigen beziehungsweise deren Wünsche nicht berücksichtigen.

Ich gestatte mir, weil auch noch ein bisschen Zeit ist, auch auf die Positionen der Bun­desräte einzugehen. (Bundesrat Tiefnig: Bis 14 Uhr!) – So lange nicht! Herr Bundesrat Krusche, ich danke für Ihre Feststellung, dass der Bericht klar ist. Es ist meiner Über­zeugung nach sehr wichtig, dass das österreichische Parlament und auch der Bundes­rat als Teil des Parlaments erkennt, wie wir unser Verwaltungshandeln in der Europäi­schen Union darstellen wollen, wie wir vorgehen.

Ich habe da durchaus ein Interesse an Transparenz, weil es auch als Regierungsmit­glied wichtig ist, zu wissen, was der österreichische Gesetzgeber will und wie wir eine österreichische Position transparent umsetzen können. Daher ist es für mich wichtig, dass ich und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Bericht auch transparent gestalten.

Was ich allerdings nicht verstehe, Herr Bundesrat, ist, dass Sie den Bericht ablehnen, und ich deponiere hier klar, dass Österreich in der Gesundheitspolitik einen radikal an­deren Weg geht als die Europäische Union. Wir haben es in Österreich in der Krise geschafft. Das zeichnet uns aus. Wir sind Weltmarktführer beim Zugang aller Men­schen zum Gesundheitssystem. Die anderen Länder schauen auf uns. Wo andere eine Krise haben, ist es uns gelungen, viele Beiträge zu leisten, damit die Menschen in Ös­terreich auf dieses Gesundheitssystem vertrauen können. Da unterscheiden wir uns.

Wenn das Gesundheitsministerium darüber berichtet, wie unsere Haltung in der Euro­päischen Union ist, dann ist es mir ganz wichtig, das herauszustellen, was Österreich in der Europäischen Union ausmacht, nämlich der Zugang aller Menschen zum Ge­sundheitssystem.

Österreich zeichnet in der Europäischen Union aus, dass wir eine Sozialpolitik be­treiben, die uns allen nützt, nämlich dass wir keine Arbeitslosigkeit produziert haben. Wir haben im Gesundheitsbereich die Leistungen, die Arbeitsplätze erhalten und aus­gebaut. Ich erinnere immer daran, dass mein Kollege Rudi Hundstorfer Positives be­richten konnte. Während andere Branchen Arbeitsplätze abgebaut haben, hat der Ge­sundheitsbereich in Österreich Arbeitsplätze gehalten und weiterentwickelt. Damit ha­ben wir die Wirtschaft in der Krise stabilisiert.

Ich verstehe die Position vieler anderer europäischer Regierungen nicht: Immer dann, wenn es Krisen auf den Finanzmärkten gibt oder was auch immer, kommt man als ers­tes auf die Idee, im Gesundheits- und Sozialbereich Einschnitte zu treffen, und dann soll sich die Wirtschaft irgendwie weiterentwickeln. Das Gegenteil ist der Fall. Wer in Europa Wirtschaftspolitik betreiben muss, muss den Menschen Sicherheit geben, muss Anreize dafür schaffen, dass sich die Wirtschaft weiterentwickeln kann. Österreich ist ein Beispiel dafür und hat verschiedene Maßnahmen getroffen. Eine ist beispielsweise Arbeitsplatzsicherung, eine zweite war, dass man Kurzarbeitsregelungen trifft, eine dritte war, dass man Investitionsförderungen macht und eine vierte ist, dass man den Menschen dort, wo sie Hilfe brauchen, Sicherheit gibt. – Das haben wir im Gesund­heitsbereich getan. Das führt dazu, dass die Wirtschaft stabilisiert wird, und das führt dazu, dass Österreich die Krise wesentlich besser bewältigt hat als alle anderen. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist mir wirklich wichtig, zu sagen: Wir ha­ben in Österreich die Leistungen, obwohl wir unter Druck stehen, ausgebaut. Wir ha-


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ben neue Leistungen geschaffen, so zum Beispiel in der Zahnmedizin. Wir haben für neue Selbständige neue Leistungen eingeführt. Wir haben die Kinder-Impfungen aus­geweitet. Wir haben die Versorgung in Österreich massiv verbessert. Und es ist auch gelungen, die Defizite der Krankenkassen abzubauen. Das war anstrengend, das war notwendig, aber es zeigt, wenn man das Gesundheitssystem, das Sozialsystem absi­chert, dann hat man eine bessere Performance, eine bessere Chance, die Wirtschafts­politik auch weiter zu tragen. Es ist mir wichtig, auch darauf hinzuweisen.

Herr Bundesrat Keuschnigg hat darauf hingewiesen, wie man mit der Versorgung im medizinischen Bereich in Regionen umgeht. Es ist zwar kein europäisches Thema, aber ein wichtiges Thema. Ich sage, das braucht auch mehrere Ebenen, wo man Bei­träge dazu leisten kann.

Es ist wichtig, dass Allgemeinmediziner gestärkt werden und auch besseren Zugang zu Daten haben. Das haben wir zum Beispiel mit dem elektronischen Gesundheitsakt ge­tan. Erstmals haben Allgemeinmediziner Zugang zu Informationen, die auch dem Kran­kenhaus vorliegen. Erstmals haben Allgemeinmediziner auch Zugang zu Informatio­nen, die der Facharzt hat, und damit können sie den Patienten, die Patientin besser behandeln. Das erleichtert natürlich auch, dass viele Ärztinnen und Ärzte bereit sind, in die Allgemeinmedizin zu gehen. Das ist aber sicher nicht alles.

Sie haben das heute mitbeschlossen. Wir hatten in zweiter Lesung im Nationalrat auch die Fragen: Wie geht man nun mit Hausapotheken um? Wie kann man da etwas ver­bessern? Da braucht man ein Instrument, gerade für Ärztinnen und Ärzte, die in der Allgemeinmedizin, auch in den Regionen tätig sind, damit sich das verbessert. Das ist heute von Ihnen auch schon beschlossen worden. Ich danke Ihnen dafür.

Ich denke, dass ein nächster Schritt kommen wird, er ist schon in Vorbereitung, näm­lich dass man auch die Ausbildungssituation von Ärztinnen und Ärzten in der Allge­meinmedizin verbessert. Da hat aufseiten der Universitäten schon ein Umdenkprozess stattgefunden. Wir werden, nachdem die ersten Ärztinnen und Ärzte nach dem neuen Ausbildungskonzept fertig werden, diese Ideen und diese Konsequenzen auch in der post-universitären Ärzteausbildung umsetzen. Das wird dazu führen, dass die Allge­meinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner noch besser ausgebildet werden, als das ohnehin schon der Fall ist.

Zum Thema Lebensmittelkennzeichnung: Da kann ich nur bestätigen, dass es not­wendig ist. Ich habe mich bemüht, in der Europäischen Union in diesem Bereich Ver­besserungen umzusetzen. Das ist auch gelungen. Die Änderungen treten Ende des Jahres in Kraft, nämlich dass bei unverarbeiteten Lebensmitteln auch dargestellt wer­den muss, woher die Lebensmittel kommen. Das ist ein wichtiger Schritt. Ein zweiter wichtiger Schritt ist, dass die Schrift bei der Lebensmittelkennzeichnung so groß ist, dass man keine Lupe braucht, um sie zu lesen.

Ich teile die Meinung und habe mich mit beiden Kommissaren, mit dem zurückgetrete­nen Kommissar und dem neuen, Tonio Borg, darüber auseinandergesetzt, dass es nicht angehen kann, dass einzelne Mitgliedstaaten das Käfighalteverbot nicht einhalten und den Markt überrollen. Da hat es auch eine Klage der Europäischen Union ge­geben. Da haben wir nicht zugesehen, das wollen wir auch nicht. Wir wollen, dass Konsumentinnen und Konsumenten den besseren Weg haben.

Zum Lebensmittelsicherheits- und Versorgungsgesetz: Genau das ist der Punkt, den Sie angesprochen haben. Wenn Sie schon der Auffassung sind, es handelt sich dabei um eine organisierte Täuschung oder Betrug, dann sage ich, das werden die Straf­gerichte zu prüfen haben. Ich will mich nicht einmischen, wie Strafbehörden entschei­den. Da muss man immer den Sachverhalt genau kennen, aber wenn jemand die Kon­sumentenerwartung systematisch missachtet, dann muss es schon so sein, dass es


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gesetzliche Konsequenzen gibt, und daher hat gestern schon die Arbeitsgruppe getagt und darüber diskutiert, wie man mit Mindeststrafen im Verwaltungsstrafrecht umgehen kann. Nächste Woche wird sich die Arbeitsgruppe damit beschäftigen, wie man die gerichtlichen Strafen mit Augenmaß anpassen kann.

Wir wollen nur jene erreichen, die das Konsumentenvertrauen bewusst gefährden. Die wollen wir erreichen, und das braucht Augenmaß vom Bundesministerium für Justiz, aber auch von unserer Seite, vom Gesundheitsministerium, damit wir die richtige Grup­pe erreichen und dass es dort auch eine vernünftige Strafe gibt. Das ist mir ganz wichtig, denn die österreichische Bevölkerung will gesunde Lebensmittel haben und will auch die Sicherheit haben, damit sie den Lebensmitteln, die angeboten werden, vertrauen können. Wer sich nicht daran hält, muss mit klaren Strafen rechnen, die man nicht einfach aus der Portokasse zahlen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.19


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der nächste Tagesordnungspunkt ist ja jene Artikel-15a-Vereinbarung über die Finanzierung des Gesundheitswesens, die auf Länderseite der Landeshauptmann von Oberösterreich Herr Dr. Pühringer verhandelt hat. Er hat den Wunsch geäußert, auch hier im Bundesrat dazu Stellung zu nehmen.

Es stellt sich nun so dar, dass Herr Landeshauptmann Pühringer nicht vor 14 Uhr hier sein kann. Wir haben in der Präsidiale Einvernehmen darüber erzielt, ihm dies zu er­möglichen, und auch der Herr Bundesminister hat mir gesagt, er legt Wert darauf. Da­her bitte ich um Verständnis dafür, dass wir die Sitzung bis 14 Uhr unterbrechen und sie dann wieder aufnehmen werden.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

13.21.10(Die Sitzung wird um 13.21 Uhr unterbrochen und um 14.03 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Edgar Mayer (den Vorsitz übernehmend): Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

14.03.1712. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend Vereinbarung ge-
mäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit (2140 d.B. und 2253 d.B. sowie 8959/BR d.B.)


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13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisa­tion und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 105/2008, geändert wird (2141 d.B. und 2254 d.B. sowie 8960/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG) erlassen wird sowie das Bundesge­setz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz,
das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Gesundheitsqualitätsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, das Privatkrankenanstalten-Finanzierungs­fondsgesetz und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswe­sen geändert werden (Gesundheitsreformgesetz 2013) (2243 d.B. und 2255 d.B. sowie 8961/BR d.B.)

 


Präsident Edgar Mayer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 12 bis 14 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich darf, bevor ich dem Berichterstatter das Wort gebe, Herrn Bundesminister Stöger herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Ich freue mich auch sehr, dass der Verhandler seitens der Länder, Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, bei uns ist. – Herzlich willkommen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Ich begrüße den Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, Herrn Dr. Christoph Leitl. – Herzlich willkommen, lieber Präsident! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Ich begrüße Dr. Hans Jörg Schelling, den Chef des Hauptverbandes der Sozialversi­cherung Österreichs und Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer Österreich. Herzlich willkommen, lieber Hans Jörg Schelling! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Ich bedanke mich bei allen Ehrengästen für ihr Kommen. Das bedeutet Wertschätzung und Anerkennung für den Bundesrat. Bund, Länder, Sozialpartner, Sozialversicherun­gen haben sich gemeinsam über diese Gesundheitsreform geeinigt, haben daran ge­arbeitet und sich entsprechend eingebracht. Für mich als Ländervertreter, als Vertreter und Präsident der Länderkammer ist es ein großer Wurf, und dazu darf man auch herzlich gratulieren. Herzlichen Dank für diese Gesundheitsreform, sehr verehrte Eh­rengäste! Danke schön. – Man kann auch applaudieren, wenn man Ehrengäste hier hat. Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Berichterstatter zu den Punkten 12 bis 14 ist Herr Bundesrat Reisinger. Bitte um die Berichte, Herr Kollege.

 


14.05.32

Berichterstatter Friedrich Reisinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Herr Landeshauptmann! Die drei gegenständlichen Berichte des Gesundheits-


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ausschusses liegen Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der drei gegenständlichen Vorlagen am 7. Mai 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen die vorliegenden Beschlüsse keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Edgar Mayer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer. – Bitte, Herr Landeshaupt­mann.

 


14.06.16

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister Stöger! Herr Bundeskam­merpräsident Dr. Leitl! Herr Vizepräsident Schelling! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich heute in meiner Zeit als Landeshauptmann zum siebten Mal hier im Bundesrat das Wort ergreifen kann. Und ich denke, dass diese Reform, die heute der Bundesrat mit seiner Zustimmung finalisiert, inhaltlich ein wichtiges Reform­werk ist, dass die Reform aber auch ein Zeichen ist, dass auch bei schwierigen The­men letztlich die Länder keine Blockierer sind, keinem Strukturkonservativismus hul­digen, keine Reformverweigerer sind, sondern dass man mit ihnen sehr vernünftig Re­formen in dieser Republik durchführen kann.

Diese Reform ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass wir in der Lage sind, auch heu­te – obwohl das immer wieder anders behauptet wird – große Reformen auf den Weg zu bringen. Wir haben diese Reform gemeinsam entwickelt, es gab ein gutes Mitein­ander aller Partner, und ich möchte mich daher einleitend bei den anderen Verhand­lungspartnern, bei Herrn Bundesminister Stöger und Frau Bundesministerin Fekter für den Bund, bei der Spitze der Sozialversicherung, nämlich bei dem Vorsitzenden des Hauptverbandes, Herrn Präsidenten Mag. Dr. Hans Jörg Schelling, sowie bei der Vor­sitzenden der Trägerkonferenz, Frau Mag. Ingrid Reischl, sowie auch bei meiner Kol­legin als Ländervertreterin, Frau Stadträtin Mag. Sonja Wehsely, herzlich für die gute Zusammenarbeit bedanken.

Wir haben mit dieser Reform aber auch gezeigt, dass wir ein hohes Interesse an einer Modernisierung unserer bundesstaatlichen Ordnung haben. Wir wollen einen leistungs­fähigen Bundesstaat, wir wollen aber auch einen bürgernahen Bundesstaat. Unser Ziel muss es daher sein, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Län­dern zu stärken, die politischen Verantwortlichkeiten vielleicht deutlicher als in der Ver­gangenheit zuzuordnen sowie eine zweckmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung aller Gebietskörperschaften sicherzustellen.

Das ist der Geist, der die Entwicklung dieser Reform getragen hat. Denn der Kern der Gesundheitsreform ist ein partnerschaftliches gemeinsames Zielsteuerungssystem. Erstmals – ja, meine Damen und Herren, man hat vermutet, das wird nie erreichbar sein –, erstmals in der Geschichte wird über alle Sektoren hinweg gemeinsam geplant und gesteuert. Es werden die Versorgungsziele gemeinsam festgelegt, es werden die Planungswerte gemeinsam fixiert, es werden die Versorgungsprozesse und Versor­gungsstrukturen gemeinsam festgelegt, und es werden die Qualitätsparameter und auch die Finanzziele gemeinsam fixiert. Und diese gelten sowohl für den niedergelas­senen Bereich als auch für den Spitalsbereich.

Ehrlich gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob am Beginn der Reform alle Verhandler der Meinung waren, dass das zu erreichen sein wird.

Der Rahmen wird auf der Bundesebene mittels eines Bundeszielsteuerungsvertrags niedergeschrieben. Die operative Umsetzung erfolgt auf der Landesebene in enger Zu-


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sammenarbeit zwischen dem Sozialversicherungsbereich und den Ländern. Auch hier werden alle Sektoren miteinbezogen, und auch auf der Landesebene wird ein Ziel­steuerungsvertrag fixiert.

Meine Damen und Herren, schon aus der Wortwahl „Zielsteuerungsvertrag auf Bun­des- und Landesebene“ können Sie die hohe Verbindlichkeit, die wir diesen Instru­menten zuschreiben, ableiten. Es geht nicht darum, etwas zu vereinbaren, das dann so recht und schlecht erfüllt wird, sondern es geht darum, das in entsprechenden Jahres­abständen immer wieder fix in Verträgen zu vereinbaren und sich auch daran zu hal­ten. Da ist ein hoher Ernst dahinter.

Meine Damen und Herren, das Zielsteuerungssystem Gesundheit baut auf folgenden Prinzipien auf: Versorgung der Patienten zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort mit optimaler medizinischer und pflegerischer Qualität.

Zweitens: Für Patientinnen und Patienten wird der niederschwellige Zugang zur be­darfsgerechten Gesundheitsversorgung und deren hohe Qualität langfristig gesichert und ausgebaut. Die erste Kontaktstelle, etwa der Hausarzt, soll den Versorgungspro­zess für den Patienten koordinieren und eine kontinuierliche Betreuung unter Berück­sichtigung aller gesellschaftlichen Bedingungen gewährleisten.

Drittens: Forcierung der Einrichtung – das ist ganz wichtig! – von multifunktionalen und multiprofessionellen Versorgungsformen auf allen Ebenen. Gefördert wird hier die Zu­sammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachbereiche sowie von nicht­ärztlichen Gesundheitsanbietern wie etwa Physiotherapeuten in gemeinsamen Grup­penpraxen oder in selbständigen gemeinsamen Ambulanzen oder Ambulatorien.

Viertens: Verbessert werden soll weiters die patientenorientierte und abgestimmte sek­torübergreifende Gesundheitsversorgung, insbesondere durch die Optimierung von Or­ganisationsabläufen und der Kommunikation an den Nahtstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neu ist ein österreichweiter Präventions­fonds, der für Maßnahmen der Gesundheitsprävention in allen Bundesländern einge­richtet werden soll. Jedes Jahr sollen 15 Millionen, auf zehn Jahre 150 Millionen, zur Verfügung stehen, wobei wir der Sozialversicherung sehr danken, die dafür 130 Millio­nen zur Verfügung stellen wird. Die Sozialversicherung soll gemeinsam mit dem Land in der Zielsteuerungskommission entscheiden, welche Projekte der Prävention geför­dert werden. Es kann nur einvernehmliche Entscheidungen geben. Damit wird der Prä­vention ein neuer, konkret dotierter Stellenwert gegeben. Wir geben derzeit lediglich 0,9 Prozent des gesamten Gesundheitsbudgets für Prävention aus: Hier wird wirklich ein echter Qualitätsschwerpunkt gesetzt.

Ja, meine Damen und Herren, Qualität war überhaupt ein Schwerpunkt bei den Ver­handlungen. Gemeinsam wurden zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen Maßnahmen zur Patientensicherheit und Qualitätsförderung vereinbart. Die Arbeiten zum Ausbau und zur Weiterentwicklung eines österreichischen Qualitätssystems erfol­gen bundeseinheitlich und sektorübergreifend, also auch einschließlich des niederge­lassenen Bereiches. Sämtliche Festlegungen zum Qualitätssystem haben den Anfor­derungen der Zielsteuerung und dem damit vorgesehenen Monitoring zu entsprechen. Die Gesundheit Österreich GmbH ist für Monitoring und Qualitätssicherung verant­wortlich.

Ein weiterer wesentlicher Eckpfeiler der Reform ist der vereinbarte Ausgabendämp­fungspfad. Bitte beachten Sie, es heißt „Ausgabendämpfungspfad“ und nicht „Ausga­beneinsparungspfad“. Ich verstehe in diesem Zusammenhang die von der Ärztekam­mer daran geäußerte Kritik überhaupt nicht, denn alle müssen wir ein großes Interesse haben, dass ein gutes System auf Dauer finanzierbar bleibt.


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Der Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben ist über die Periode bis zum Jahr 2016 an das zu erwartende nominelle Wachstum des Bruttoinlandsprodukts he­ranzuführen. Ab 2016 sollen die Gesundheitsausgabensteigerungen – ich betone „Stei­gerungen“ – nicht höher sein als das nominelle BIP, also das reale Wirtschaftswachs­tum plus der Inflation, wobei hier ein Wert von 3,6 Prozent für die Planungen ange­nommen wird. Daraus ergibt sich – und da sieht man die Größe der Reform – bis zum Jahr 2016 ein Kostendämpfungspotential von 3,43 Milliarden €, natürlich bei einer grundsätzlichen Kostenentwicklung von 22 Milliarden auf 28,6 Milliarden. Diese Kostendämpfungseffekte sollen durch Steigerung der Effizienz und Abbau von Rei­bungsverlusten, nicht aber durch Leistungskürzungen erreicht werden.

Bund, Länder und Sozialversicherung werden die gemeinsam vereinbarten Ziele lau­fend transparent überwachen, für Streitigkeiten ist eine Schlichtungsstelle eingerichtet. Wir haben uns letztlich auch über die Aufteilung der Einsparungspotentiale einerseits zwischen Sozialversicherung und Ländern und andererseits auch unter den Ländern geeinigt.

In Summe, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist diese Gesundheitsreform mei­nes Erachtens ein Jahrhundertwerk. Ich weiß, man muss mit solchen Formulierungen vorsichtig sein, man darf auch nicht ins Pathetische abgleiten, aber wenn man sich vorstellt, wie viele Anläufe es gegeben hat, das Thema anzugehen, dann ist das, was nun erreicht werden konnte, tatsächlich ein großes Werk. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

In ihrer Form ist diese Gesundheitsreform nach Jahrzehnten der erste und dringend notwendige Durchbruch im hochsensiblen Gesundheitsbereich.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus Solisten wurde ein Orchester, und das nicht zum Selbstzweck, sondern zum Wohl der Patientinnen und Patienten, denn die ausgezeich­nete Qualität und Versorgung im medizinischen Bereich sowie die hohe Patientenzu­friedenheit stehen bei diesem Reformwerk natürlich absolut an erster Stelle. Die Re­form hat sich hohe Ziele gesetzt. Es geht uns Ländern auch darum, Spitalsambulanzen zu entlasten, patientenfreundlichere Ordinationszeiten zu erreichen, unnötige Mehr­fachbefundungen abzustellen sowie Versorgungssicherheit und Finanzierbarkeit unse­res ausgezeichneten Gesundheitssystems – gemessen im Welt- und Europaver­gleich – auch für die Zukunft sicherzustellen. Für Patientinnen und Patienten bedeutet diese Reform auch mehr Transparenz und mehr Überschaubarkeit im System.

Es ist mir ganz besonders wichtig, festzuhalten, dass unser Gesundheitssystem mit dieser Reform schon gar nicht kaputtgespart, aber auch nicht in der Leistung herunter­gestuft wird, sondern im Gegenteil: Die Ausgaben und Investitionen werden in Zukunft nicht weniger, lediglich die anfallenden Kostensteigerungen sollen mit der Reform schrittweise gedämpft werden.

Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren Spitä­lern, in den Kuranstalten, in den Therapieanstalten, in den Reha-Einrichtungen ein ganz besonderes Dankeschön sagen. Wir können Strukturen festlegen, wir können Gesetze machen, Budgets erstellen, aber die konkrete Arbeit wird von den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern geleistet, die unsere Hochachtung haben für ihre Kom­petenz und für ihr Engagement, denn das ist kein leichter Beruf! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Dass die angegebenen Dämpfungspotentiale möglich sind, können wir in Oberöster­reich nach zweieinhalb Jahren Spitalsreform hundertprozentig unterschreiben. Die oberösterreichische Spitalsreform wird in den Jahren 2011 bis 2020 ein Kostendämp­fungspotenzial – das ist eine Einsparung durch Steigerungen – von 2,3 Milliarden € er­reichen. Ich habe heute Vormittag im Landtag im Gesundheitsausschuss den zweiten


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Zwischenbericht vorgelegt, und wir haben in beiden Jahren höhere Kostendämpfungs­potenziale erreicht, als in der Reformkommission angenommen wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es muss uns immer klar sein: Das beste Ge­sundheitssystem ist mittel- und langfristig nur dann das beste, wenn es auch finan­zierbar bleibt. Ohne Reformen, das traue ich mich zu sagen, wäre das Gesamtsystem in nicht allzu langer Zeit finanziell an die Wand gefahren. Auf Dauer kann man so gro­ße Bereiche nicht auf Pump finanzieren. Wir haben eine Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler.

Eines möchte ich schon sagen: Wenn wir wirklich ein Gesundheitssystem finanziell an die Wand fahren, dann besteht die Gefahr, dass als Konsequenz daraus in Österreich nur mehr eine Zweiklassenmedizin gewährleistet ist. Dann kann sich eben der, der viel Geld hat, mehr leisten – auch in der Gesundheitsversorgung – als derjenige, der das Geld nicht hat. Das gilt es zu verhindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist – neben den Kosten und all den Strukturreformen, die durchgeführt werden – ganz entscheidend, dass wir auch in Zukunft genügend qualifizierte Ärztinnen, Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger haben. Sie kennen die Initiative unseres Bundeslandes für eine medizinische Fakultät. Auf der anderen Seite ist es aber auch von entscheidender Bedeutung, alles zu tun, damit uns unsere österreichischen Ärzte nicht ins Ausland abwandern. Auch hier sind Initiativen dringend erforderlich.

Ich danke nochmals allen, die an diesem Reformwerk mitgewirkt haben. Ich glaube, wir haben mit diesem Reformwerk nicht nur bewiesen, dass wir reformfähig sind, sondern wir haben auch unsere Verantwortung gegenüber künftigen Generationen wahrgenom­men, denn auch für sie muss außer Streit stehen, dass das beste Gesundheitssystem finanzierbar sein muss. Das verlangt die Würde des Menschen, der wir uns verpflichtet fühlen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

14.22


Präsident Edgar Mayer: Herzlichen Dank, Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Johanna Köberl. – Entschuldigung, vorher erteile ich noch Herrn Kollegem Gerd Krusche das Wort. – Bitte.

 


14.22.45

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Ich unterstelle dir keine Absicht. (Prä­sident Mayer: Das war keine Absicht, Herr Kollege! Wir wollen ja natürlich auch deine Kontrarede hören!) – Eben.

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Werte Ehrengäste! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher zu Hause! Nach so viel Pathos und so vielen Superlativen – von einem Jahrhundertwerk, einem großen Wurf wurde gespro­chen – fehlen mir jetzt als Erstredner fast die Worte, aber nur fast. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ich muss sagen, diese Gesetzesvorlage ist ja wirklich toll, vor allem wenn man sich die ersten Abschnitte durchliest. Der Herr Landeshauptmann hat es ja teilweise bereits an­gesprochen: Für Patienten sollen der Zugang zur bedarfsgerechten Gesundheitsver­sorgung und deren hohe Qualität langfristig gesichert und ausgebaut werden, Steuern und Beiträge der Bevölkerung sollen besser und zielgerichtet eingesetzt werden, die Versorgung der Patienten soll zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit optimaler medizinischer und pflegerischer Qualität sichergestellt werden – wunderbar!

Es geht um transparente, patientenorientierte Qualität im Gesundheitswesen, um die Verbesserung der Behandlungsprozesse durch die Optimierung von Abläufen und Kommunikation, um einen zielgerichteten Ausbau der Gesundheitsförderung, der Prä-


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vention. Der Anteil der tagesklinischen und ambulanten Leistungen wird erhöht, Moni­toring und Messungen der Zielerreichung und Messung der Qualität in Spitälern und bei Ärzten sollen durchgeführt werden. – Das sind nur einige der Punkte, die hier auf­geführt sind. (Bundesrat Stadler: Wichtige Punkte!)

Wer, frage ich mich, sollte da eigentlich dagegen sein? (Bundesrätin Mag. Kurz: Ge­nau!) Das ist ja ein Gesetzestext, der eigentlich nicht von Juristen oder Gesundheits­experten, sondern mehr von einem Werbetexter zu stammen scheint. Spätestens aber dann, wenn man liest, dass diese 3,6 Prozent der maximalen Ausgabensteigerung
an das BIP gebunden sind – diese 3,6 Prozent sind jetzt hochgerechnet bis zum Jahr 2016; wie es dann weitergeht, wird man ja sehen –, sollte man stutzen. Man orientiert sich also bei den Ausgaben für das Gesundheitswesen am Wirtschaftswachs­tum. Dämpft also die Automobilkrise das Wachstum, muss bei der Gesundheit gespart werden. Kommen im Winter weniger Touristen zum Schifahren zu uns, sparen wir bei der Gesundheit unserer Bürger.

Ich wage gar nicht daran zu denken, was passiert, sollte die Inflation höher als das Wirtschaftswachstum sein oder gar ein negatives Wachstum eintreten, was ja ange­sichts der derzeitigen Lage in Europa für die Zukunft nicht ganz von der Hand zu wei­sen ist. Dann wird die Situation überhaupt dramatisch, dann käme es ja zu realen Kür­zungen! (Bundesrat Stadler: Die Antwort darauf hast du ja gestern schon gekriegt!)

Meine Damen und Herren, diese Koppelung ist ungefähr genauso sinnvoll, wie wenn man die Eintrittspreise für die Bundestheater oder die Bundesmuseen an die Preis­steigerung bei den Grundnahrungsmitteln koppeln würde, nämlich überhaupt nicht sinnvoll. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wurde ja bereits bei einem der vorigen Tagesordnungspunkte gesagt: Sollte es einen „Tuscher“ machen, wie das sehr plakativ ausgedrückt wurde (Bundesrat Stadler: Ja, das habe ich vorhin gesagt!), kann man dieses Gesetz ja wieder aufschnüren und neu verhandeln. Ich habe gedacht, wir wollen Gesetze machen, die in der Zukunft ei­nige Zeit halten, tragfähig sind und die nicht beim kleinsten Gegenwind wieder aufge­schnürt werden müssen.

Meine Damen und Herren, der Finanzbedarf für Gesundheit hat sich einzig und allein an den Bedürfnissen der Bevölkerung und an einer Sicherstellung einer optimalen Ver­sorgung zu orientieren. Genau darauf sind wir ja so stolz, dass wir in Österreich Welt­meister sind, das wurde heute bereits gesagt. Wir sind Weltmeister, aber wir machen hier ein Gesetz, das nicht die Vergangenheit abbilden, sondern die Zukunft Österreichs und der österreichischen Bevölkerung sichern soll.

Dieses wunderschöne Wort „Kostendämpfung“ klingt ja sehr gut, aber es heißt schluss­endlich nichts anderes als Einsparung. Wir müssen ja bei den Kostensteigerungen auch den medizinischen Fortschritt und die Kosten, die dadurch entstehen, berücksich­tigen, wir müssen die demografische Entwicklung und Situation in der Zukunft und viele andere, beispielsweise soziale Aspekte, das Arbeitsumfeld berücksichtigen. Ich sage nur als Stichwort Burnout. Ich weiß nicht, ob das eine Modekrankheit ist oder ob das wirklich ein zunehmendes Problem darstellt.

Einsparungen, meine Damen und Herren, können und müssen in erster Linie durch Struktur- und Verwaltungsreformen erzielt werden und nicht durch Leistungsreduktio­nen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das wird aber durch dieses Gesetz nicht sichergestellt. Entgegen dem, was wir bereits heute in anderen Tagesordnungspunkten beschlossen haben und in der Ver­gangenheit sehr oft getan haben, nämlich im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits­reform Einsparungen zu erzielen, ziehen wir hier noch zusätzliche Ebenen ein! Wir


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ziehen die Ebene der Bundes- und Landeszielsteuerungskommissionen ein, und ich weiß noch gar nicht, was noch alles an beratenden Beiräten und so weiter dazukom­men wird. Niemand hat mir bisher sagen können, was das alles an zusätzlichen Ver­waltungskosten verursachen wird. Genau dieses Geld wird schlussendlich bei den Pa­tienten fehlen.

Ich bin nicht allein mit meiner Kritik. Genauso sieht das ja auch der Rechnungshof, der in einem mehrseitigen Papier genau diesen Entwurf zerpflückt und sagt, dass we­sentliche Probleme, die wir derzeit in der Gesundheitspolitik haben, nicht gelöst wer­den: Die komplexe Kompetenzverteilung und intransparente Finanzstruktur bleiben er­halten, wie sie sind. Die zersplitterte Organisation im Krankenanstaltenbereich wird nicht behoben. Das unzureichende Personal- und Dienstrecht ist nicht Gegenstand die­ses Gesetzes. Die Strukturprobleme im Sozialversicherungsbereich werden auch nicht angegangen. – Das sind nur einige Punkte, die der Rechnungshof erwähnt.

Es ändert sich ja nichts daran, dass wir nach wie vor 22 Sozialversicherungsträger in Österreich haben und neun Bundesländer und den Bund, die jetzt alle in diesen neuen – mit Einstimmigkeit arbeitenden – Zielsteuerungskommissionen zusammenge­fasst werden sollen.

Auch viele andere Schwächen unseres Systems werden nicht angegangen. Es ist heu­te bereits einmal das Wort gefallen: Stärkung des niedergelassenen Bereiches, die Problematik der ärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich. Es steht uns eine Pen­sionierungswelle ins Haus, und es gibt große Sorge, dass diese Stellen nicht nach­besetzt werden können. Ärztemangel ist das Stichwort, das Schlagwort dafür.

Meine Damen und Herren, das ist ein weiteres Mosaikstück in diesem ganzen Thema Strukturreform, Strukturkrise. Wir reden immer davon, dass der ländliche Raum ge­stärkt werden muss. Was aber wird gemacht? – Genau das Gegenteil: Der ländliche Raum wird ausgehöhlt! In der Steiermark beispielsweise werden im Zuge einer Ge­sundheitsreform Abteilungen, ja ganze Krankenhäuser geschlossen. Das ist keine Strukturreform, sondern genau das Gegenteil!

Zu dieser Problematik wurde im Ausschuss ganz lakonisch gesagt: Da müssen wir uns etwas überlegen. Da soll dann bis zum 30. Juni der Zielsteuerungskommission ein Ar­beitspapier vorgelegt werden. Das ist eine Kommission, die es ja jetzt noch gar nicht gibt. Na das schaue ich mir an, ob dieser Terminplan zu verwirklichen ist.

Meine Damen und Herren, das Einzige, was dieses Gesetz wirklich bringt, ist, dass die bisher offensichtlich zerstrittenen Partner – Bund, Länder, Sozialversicherungsträger – mit diesen Zielsteuerungskommissionen an einen Tisch gebracht werden. Das sollte aber eigentlich im Rahmen einer verantwortungsbewussten Regierungspolitik selbst­verständlich sein, ohne dass wir dafür ein eigenes Gesetz schaffen müssen, das dann auch noch als Jahrhundertwerk verkauft wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich weiß, Sie hätten mehr wollen, aber es war nicht möglich. Der politische Wille ist nicht vorhanden. So ist dieses Gesetz hier keine Jahrhundertre­form – nicht einmal ein Reförmchen –, sondern lediglich das Eingeständnis, dass Rot und Schwarz auf Bundes- und Länderebene in Österreich nicht in der Lage sind, wirkliche Reformen anzugehen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.34


Präsident Edgar Mayer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Köberl zu Wort. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.34.39

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Werte Damen und Herren zu Hause vor den


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Bildschirmen und hier im Saal! Trotz dieser Schwarzmalerei meines Vorredners bin ich sehr froh, in Österreich leben zu dürfen, denn wir haben hier – und das bestreitet si­cher niemand – eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Der Zugang zur medi­zinischen Leistung kann sich ebenso sehen lassen wie die Zufriedenheit der Patien­tinnen und Patienten. Dies wird durch Befragungen – auch im internationalen Ver­gleich – immer wieder bestätigt.

Wir sind auch bei der Krankenhausdichte und der Zahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte vergleichsweise gut aufgestellt. Durch die Ermöglichung der Gruppenpraxen, in denen sich ÄrztInnen zusammenschließen können, wird die ärztliche Arbeit plan­barer und das Angebot für die Menschen erweitert, wie zum Beispiel durch längere Öff­nungszeiten.

Die elektronische Gesundheitsakte ELGA, die wir vor nicht allzu langer Zeit beschlos­sen haben, erleichtert den Ärztinnen und Ärzten in Zukunft die Arbeit. Sie müssen da­durch nicht jedem Befund sozusagen hinterherlaufen, sondern können Befunde vor Ort über den Computer ausdrucken. Es bleibt dadurch wieder mehr Zeit für die Patien­tinnen und Patienten.

Die heute beschlossene Gesundheitsreform wird eine weitere Verbesserung und eine langfristige Absicherung der Finanzierbarkeit bringen. Wie wir schon gehört haben, wurden die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen und die Spitäler bisher von unter­schiedlichsten Partnern der Sozialversicherungen und den Ländern geplant und finan­ziert. Dies hat sicherlich zusätzlich zu Kostensteigerungen geführt.

Ich komme aus dem medizinischen Bereich und weiß, wie viele Doppeluntersuchungen gemacht werden und wie viel Geld das verschlingt.

In Zukunft wird es, wie schon ausgeführt wurde, ein partnerschaftliches Zielsteuerungs­system geben, das eine viel bessere Abstimmung innerhalb des Systems ermöglicht. Es wird darüber hinaus auch die bestmögliche medizinische Behandlung und ein be­darfsorientiertes Versorgungssystem garantiert, das heißt, wie der Herr Landeshaupt­mann schon berichtet hat, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit der bestmögli­chen pflegerischen und medizinischen Qualität.

Dadurch können Doppelgleisigkeiten zwischen den Spitälern und dem niedergelasse­nen Bereich abgebaut und im Gegenzug Versorgungslücken geschlossen werden. Durch die Verlagerung von Leistungen in den tagesklinischen beziehungsweise ambu­lanten Sektor soll der stationäre Bereich nachhaltig entlastet werden. Der Anteil der ambulanten Versorgungsstrukturen mit Öffnungszeiten auch zu Tagesrand- und Wo­chenendzeiten kann dadurch ausgebaut werden. Dies trägt sicher wiederum zu einer Entlastung der überfüllten Spitalsambulanzen bei.

Die Primärversorgung soll nach internationalem Vorbild bei den niedergelassenen Ärz­tinnen und Ärzten gestärkt werden. Zur Dämpfung der Gesundheitskosten, die Herr Landeshauptmann Pühringer schon genau ausgeführt hat, soll eine schrittweise Annä­herung der öffentlichen Gesundheitsausgaben an den mittelfristig prognostizierten An­stieg des nominalen BIP erfolgen.

Seit 1990 sind die öffentlichen Gesundheitsausgaben jährlich um durchschnittlich 5,2 Pro­zent gestiegen. Wenn die Kosten weiter steigen, muss diese ja auch jemand tragen. Es ist nunmehr erstmals eine halbwegs verlässliche mittelfristige Planung möglich. Kein Mensch wird uns verbieten, unsere Budgetierung neu festzulegen, sollte es, aus wel­chen Gründen auch immer, einen Mordstuscher tun, wie Kollege Stadler so schön ge­sagt hat. (Bundesrat Stadler: Und das habe ich als Innviertler gesagt!)

Was mir persönlich sehr wichtig ist und was mich sehr freut, ist, dass der Bereich der Gesundheitsförderung und der Prävention stärker in den Mittelpunkt gerückt wird. Die


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Österreicherinnen und Österreicher werden zwar im Durchschnitt sehr alt – das ist ja an und für sich sehr erfreulich –, allerdings sind die in Gesundheit verbrachten Lebens­jahre im europäischen Vergleich eher gering. Länger leben bei guter Gesundheit ist da­her auch eines der Kernziele unserer Gesundheitsreform. Dafür wird auf Landesebene ein Gesundheitsförderungsfonds eingerichtet, der mit insgesamt 150 Millionen € dotiert ist. Über die Verwendung dieser Mittel entscheidet die jeweilige Landeszielsteuerungs­kommission.

Meine Damen und Herren! Geld alleine macht uns aber nicht gesund. Jede und jeder von uns ist für ihre beziehungsweise seine Gesundheit selbst verantwortlich. Der per­sönliche Lebensstil trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, ob ein Mensch gesund oder krank ist. Dieser Eigenverantwortung müssen wir uns bewusst sein. Es muss daher in die Bewusstseinsbildung investiert werden, und das bereits im Kindergarten. Vielfach kann nur eine Lebensstilveränderung helfen, gesund alt zu werden.

Ein weiterer Schwerpunkt in der Gesundheitsreform ist, wie schon ausgeführt wurde, die Verbesserung der Qualität. Es soll daher ein österreichweit einheitliches Qualitäts­system geben, und es müssen Qualitätsberichte veröffentlicht werden.

Fix vereinbarte Ziele von Bund, Ländern und Sozialversicherung mit laufendem Moni­toring, mit klar festgelegten Messgrößen und Zielen sind ebenfalls in dieser Reform enthalten.

Die Entwicklung geht ja immer weiter, und gerade im medizinischen Bereich geht das oft sehr schnell. Darum wird das, denke ich, auch nicht die letzte Gesundheitsreform sein, die wir hier beschließen.

Herr Minister! Ich bedanke mich bei dir und deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich weiß, dass sie keine Werbemenschen sind, sondern wirkliche Fachleute. (Bundes­rat Stadler: Keine Werbeagentur!) Wir können in den Ausschüssen immer wieder feststellen, dass sie sehr kompetent sind. Herzlichen Dank auch an die Mitverhandler der Länder und der Sozialversicherung.

Wir stimmen dieser Reform sehr gerne zu. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.40


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Brückl zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.40.56

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Landeshauptmann! Das Anliegen, eine Gesundheitsreform umzusetzen, ist grundsätzlich positiv zu sehen, ja es ist notwendig. Die Absicht, die dahinter steht, ist gut gemeint. Ziele wie die langfristige Finanzier­barkeit, die Patientenversorgung zur richtigen Zeit am richtigen Ort, mehr Geld für und in die Prävention zu geben, das wären gute und notwendige Maßnahmen.

Herr Landeshauptmann, ich gebe Ihnen recht, ich pflichte Ihnen bei, wenn Sie sagen, dass die Länder in dieser Frage keine Reformverweigerer sind, aber ich pflichte Ihnen nicht bei, wenn Sie sagen, dass diese Reform ausreichend oder gelungen ist. – Es sind viel zu viele Fragen offen, es sind viel zu viele Kritikpunkte ungelöst, und wie so oft scheitert hier ein gut gemeintes Vorhaben an seiner Umsetzung.

Notwendige Ziele werden nicht erreicht! Zersplitterte Kompetenzen bleiben unverän­dert. Der Verwaltungsapparat wird nicht gestrafft, sondern die Verwaltung wird sozusa­gen noch aufgebläht – man zieht eine neue Verwaltungsebene ein. Personal- und Dienstrecht sind nach wie vor unzureichend. Eine verbesserte Standortabstimmung im Krankenanstaltenbereich wird nicht umgesetzt. Und die vielgepriesene Finanzierung


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aus einem Topf fehlt gänzlich. Das heißt, auch weiterhin werden die Länder an die Spi­täler zahlen, es werden die Sozialversicherungen weiterhin an die Spitäler zahlen, al­lerdings gedeckelt, und es werden die Sozialversicherungen an die niedergelassenen Ärzte weiterhin zahlen, in diesem Fall natürlich nicht gedeckelt.

Wir schaffen diese neuen Zielsteuerungskommissionen, eine komplett neue Verwal­tungsebene, die ja nahezu paritätisch besetzt ist: fünf Vertreter aus dem Land, fünf Vertreter von den Sozialversicherungen und ein Vertreter vom Bund. Was das bedeu­tet, ist auch klar. Dass dazukommt, dass in Wirklichkeit ja keine weitreichenden Ent­scheidungen mehr zu erwarten sind, das liegt auf der Hand. Jeder wird seine eigenen Interessen vertreten, das Land, die Sozialversicherungen, und der Bund wird in dieser Frage wahrscheinlich das Zünglein an der Waage sein oder auch sein eigenes Spiel spielen.

Zusammenfassend darf ich das so wiedergeben, wie der Rechnungshof es in seiner Stellungnahme schreibt, wo es heißt, dass „das prägende Prinzip der Einstimmigkeit“ – Einstimmigkeit ist in wichtigen Fragen erforderlich – „in den vorgesehenen Gremien zu Lösungen auf Basis des ,kleinsten gemeinsamen Nenners‘ führen und notwendige Maßnahmen verhindern kann“.

Abschließend noch ein Punkt, Herr Minister, Herr Landeshauptmann: Selbstbehalte für Kinder, die Sie nicht angesprochen haben. Weil sich in dieser Frage der Bund, Sie, Herr Minister, und Sie, Herr Landeshauptmann, nicht einigen konnten, müssen Eltern weiterhin Selbstbehalte zahlen. Das bedeutet für Oberösterreich beispielsweise, dass bis zu 18,30 € täglich zu zahlen sind.

Insgesamt würde diese wirklich wichtige familienpolitische Maßnahme etwa 0,11 Pro­zent bis 0,13 Prozent des Gesamtbudgets der Krankenhäuser ausmachen, und daran kann ja diese Reform bitte nicht wirklich scheitern.

Zum Schaden der Familien, die nach wie vor und Gott sei Dank ja die Keimzelle un­serer Gesellschaft bilden, schieben sich hier Bund und Länder den Schwarzen Peter zu, eben in Ermangelung einer Einigung, und das ist sehr, sehr schade.

Zum Schluss kommend darf ich noch einmal sagen: Wir Freiheitlichen verschließen uns hier Reformen grundsätzlich nicht, wenn sie sinnvoll sind. Wir haben das in der Vergangenheit bewiesen, Herr Landeshauptmann, Sie wissen das, Beispiel Spitalsre­form Oberösterreich. Aber wenn gut gemeinte Reformen an ihrer Umsetzung scheitern, so wie wir das sehen, dann stehen wir für solche Vorhaben nicht zur Verfügung und dann ist das mit uns nicht zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.45


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Kneifel zu Wort. – Bitte.

 


14.45.15

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Landeshauptmann! Die bereits begrüßten Präsidenten Dr. Leitl und Dr. Schelling! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich allein die Ausführungen des Herrn Kollegen Krusche gehört hätte, dann wären mir ge­wisse Zweifel gekommen, ob wir in Österreich oder in einer Bananenrepublik leben. (Bundesrätin Mühlwerth: Was?)

Gott sei Dank hat Herr Kollege Brückl diese erste freiheitliche Stellungnahme etwas relativiert und auch den einen oder anderen positiven Punkt der Gesundheitsreform erwähnt (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) – Sie können ohnehin dann reden, Frau Kollegin –, auch den guten Willen der Beteiligten, angefangen beim Hauptverband über die Sozialversicherungsträger und so weiter.


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Wenn ich nur Ihre Aussagen gehört hätte, Herr Kollege Krusche, dann – wie soll ich das formulieren? – wären mir berechtigte Zweifel gekommen, ob der gesundheitspoliti­sche Analphabetismus vor den Toren dieses Parlaments auch wirklich haltgemacht hat. Ich muss das schon mit aller Deutlichkeit sagen. Sie waren sehr direkt in der Kritik, deshalb erlaube ich mir, das zu parieren.

Ich muss Ihnen sagen, Herr Kollege Krusche, wir alle würden schuldig werden, würden wir dieses Gesundheitskonzept, das nachgewiesenermaßen zu den besten der Welt zählt, nicht weiterentwickeln. Wir würden die Finanzierbarkeit dieses positiven und die­ses guten Systems in Frage stellen und gefährden, und das wollen wir nicht! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrat Krusche:  an den Rechnungshof!)

Herr Kollege, ich habe Ihnen auch zugehört, lassen Sie mich das ein bisschen erläu­tern. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir hier in diesem Hause die Gedanken aus­tauschen. (Bundesrätin Mühlwerth: Zur Sache! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich frage Sie, es gibt nämlich in dieser Republik verschiedene föderalistische Struktu­ren, und Sie sitzen als Vertreter eines Landes in der Länderkammer: Wollen Sie die Verfassung aushebeln, oder wollen wir mit diesen Strukturen gut zusammenarbeiten und das Beste für die Patientinnen und Patienten und für unsere Bevölkerung heraus­holen? (Bundesrätin Mühlwerth: Kommen Sie dann einmal zur Sache!)

Ich glaube, dass wir auf einem sehr guten Weg sind und dass es stimmt, dass wir Weltmeister bei der gesundheitlichen Versorgung unserer Bevölkerung sind.

Ich sehe die Kritik – die vorauseilende Kritik – des Rechnungshofes schon auch etwas kritisch. Der Rechnungshof soll sich das anschauen, wenn diese Gesundheitsreform einmal zumindest einige Monate in Kraft ist und läuft, und nicht von vornherein sagen, dass das ohnehin nichts ist.

Landeshauptmann Pühringer hat den Beweis erbracht, dass in Oberösterreich diese Gesundheitsreform bereits seit zwei Jahren läuft und dass sie sich in diesem Bun­desland zum Vorteil für die Patientinnen und Patienten ausgewirkt hat. (Bundesrat Brückl: Nein! Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das hat sich zum Vorteil ausgewirkt. Und ich glaube, es geht darum, dass wir dieses wertvolle System für unsere Bevölkerung auch nachhaltig sichern. Darum geht es bei dieser Gesundheitsreform: in einem solidarischen System zusammenzuarbeiten, damit alle ausreichend und optimal mit höchster medizinischer Kompetenz versorgt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser System muss einfach weiterentwickelt werden. Es gibt eben unterschiedliche Kompetenzen, es gibt bundesgesetzliche Re­geln, es gibt landesgesetzliche Regeln, es gibt verschiedene Träger von Gesundheits­einrichtungen, Gemeinden, Länder, Ordenskongregationen und anderes mehr.

Es ist wirklich ein Verdienst der Verhandler – und ich schließe hier alle mit ein –, dass es ihnen gelungen ist, gemeinsame Ziele vorzugeben. Endlich können wir auch Fort­schritte messen. Wir können diese Fortschritte messen, wiegen und zählen. Das war bisher nicht der Fall. Es kommt von einem Auseinander und einem Gegeneinander in der Gesundheitspolitik zu einem Miteinander. Das ist das große Verdienst dieser Re­form, und das soll man auch entsprechend sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Im Mittelpunkt soll der Patient und der Mensch stehen. Das ist wichtig und ist gewährleistet. Sowohl der Mensch, der dieser Gesundheitseinrichtungen bedarf, als auch jene, die diese Gesundheitsleistungen ver­mitteln, die mehr als 400 000 Bediensteten im Gesundheitswesen in Österreich, stehen im Mittelpunkt.

Es geht auch um eine gleichmäßige Versorgung des urbanen, städtischen Bereiches und des ländlichen Bereiches. Nur ein Beispiel aus dieser Gesundheitsreform: Durch


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die Errichtung von Gesundheitszentren, durch Gemeinschaftspraxen von niedergelas­senen Ärzten wird rund um die Uhr besserer Service gewährleistet. Ich kenne mehrere Gemeinden, die schon daran arbeiten, dass solche Zentren auch gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern entstehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Aspekt sollte auch noch genannt werden, auf den auch Landeshauptmann Pühringer eingegangen ist. Ich sehe diese Gesund­heitsreform als vorläufigen Schlusspunkt einer ganzen Serie von gelungenen Reform­projekten zwischen Bund und Ländern. Alle haben mitgewirkt. Es gibt kaum eine Phase in den vergangenen Jahrzehnten, wo so viele gemeinsame Projekte zwischen Bund und Ländern verwirklicht wurden.

Ich erinnere an die Pflegefinanzierung, die gemeinsam unter Dach und Fach gebracht wurde. Das ist eine Maßnahme, die aufgrund der demographischen Entwicklung immer wichtiger wird. Wir haben gemeinsam die Polizeireform unter Dach und Fach gebracht. Wir haben das Bundesamt für Asyl gemeinsam beschlossen. Wir haben eine § 15a-Vereinbarung über die Transparenzdatenbank durchgesetzt, die bereits in Gang gesetzt ist. Wir haben die Landesverwaltungsgerichte eingeführt. Das ist eine Jahrhun­dertreform, die uns täglich begegnet, weil wir alle anderen Gesetzte jetzt an diese Ver­waltungsgerichte anpassen müssen. Eine Instanz fällt weg, es kommt zu wesentlichen Vereinheitlichungen und Erleichterungen. Wir haben mehr als 200 Deregulierungsvor­schläge, die vom Rechnungshof in dieses Haus geliefert wurden, bereits umgesetzt – Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam. Wir haben auch – das wissen Sie ganz ge­nau – das Bundesverfassungsgesetz für den Stabilitätspakt hier in diesem Hause be­schlossen, um Schulden abzubauen und ein gewisses Potenzial zu schaffen, um wei­ter wachsen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin überzeugt davon, dass diese Gesund­heitsreform ein Beweis dafür ist, dass mit gutem Willen und auf gleicher Augenhöhe zwischen Bund und Ländern ein Geist herrscht, der zum Erfolg führt und auch den Er­folg bringt. Bund und Länder arbeiten zusammen, sind keine Reformverweigerer, sind keine Blockierer, sondern holen wirklich das Beste zum Wohle unserer Bevölkerung heraus. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

14.54


Präsident Edgar Mayer: Nächster Redner: Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte, Herr Kol­lege.

 


14.54.18

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Präsiden­ten Schelling und Leitl! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurden schon sehr viele Aspekte zur Sprache gebracht. Ich werde jetzt die vielen unterschiedlichen wichtigen und auch richtigen Aspekte und auch manche Sachen, die kritikwürdig sind, die ich aber unter anderem teile, nicht mehr wiederholen.

Was ich herausstreichen möchte, ist der eine Satz des Kollegen Kneifel. Du hast ge­sagt: Der Mensch steht im Mittelpunkt. – Genau bei diesem Tagesordnungspunkt und in diesem Kontext möchte ich eine kleine, aber dennoch wichtige Ergänzung machen, weil das über das System, das wir haben, sehr viel aussagt. Der Mensch steht im Mit­telpunkt – der kranke Mensch steht im Mittelpunkt.

Wir haben leider Gottes nach wie vor ein System, in dem man erst erkranken muss, damit man Leistungen aus der Versorgung und Betreuung erhalten kann. Es gibt Län­der, die viel mehr in Prävention investieren als wir Österreicher. Der geschätzte Herr Landeshauptmann hat ja auch erwähnt, dass nur 0,9 Prozent des Gesamtbudgets für Präventionsmaßnahmen ausgegeben werden.


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Im Zuge der Gesundheitsreform wurden 150 Millionen € für die Präventionsmaßnah­men zusätzlich beschlossen. Das ist begrüßenswert, das ist natürlich nicht nichts, aber in Anbetracht der Summen, die in Bewegung sind, ist es doch ein sehr kleiner Anteil im Gesundheitsbereich.

Ich würde mir wünschen, dass wir viel mehr in die Prävention investieren, dass man nicht erst krank werden muss, damit man Leistungen bekommt. Das beginnt schon bei ganz kleinen Sachen, die vielleicht gar nicht in das Resort des Gesundheitsministers hineinfallen, zum Beispiel die viel diskutierte Turnstunde für Schülerinnen und Schüler, mehr Bewegung. Das sind ganz einfache Maßnahmen, die nicht viel Geld kosten, aber sehr effektiv sind.

Zur Kritik des Kollegen Krusche: Ich muss ehrlich sagen, manche Sachen habe ich verstanden, manches teile ich auch. Wir werden diese Gesundheitsreform auf Bundes­ebene und auch mit unseren Kollegen im Landtag mittragen. Ich möchte dennoch un­terstreichen, dass auch ich persönlich diese Doppelstrukturen, die es nach wie vor ge­ben wird, etwas kritisch betrachte. Wir sind ein kleines Land, wir haben viele unter­schiedliche Ebenen. Kollege Kneifel hat das ja angesprochen. Der Bund zahlt mit, das Land zahlt mit, wir haben die gespag-Krankenhäuser, wir haben die konfessionell ge­führten Krankenhäuser. Wir haben unterschiedliche Kassen – von den Bauern ange­fangen über die Arbeiter, Beamte und so weiter. Dass es da zu Informationsdefiziten oder auch zu einer Über- beziehungsweise Unterversorgung kommen kann, liegt ganz klar auf der Hand.

In diesem Sinne ist diese Reform zu begrüßen, weil sie eben der erste Schritt in eine Richtung ist, dass alle diese unterschiedlichen Aktivitäten auf den unterschiedlichen Ebenen einmal gebündelt werden, damit man einmal weiß, was die rechte und die linke Hand machen. Dann kommt man auch zu einer Kostendämpfung. Der Herr Landes­hauptmann hat das ja explizit betont. Wir sprechen nicht von einer Einsparung, son­dern von einer Kostendämpfung. Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Sie darf und sie wird auch nicht zulasten der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land gehen, denn da wären wir die Ersten, die sicher bei so einem Schritt nicht mitgehen würden. Das ist es eben nicht. Ich glaube, es ist wichtig, dass auch wir als Länderver­treter in den Regionen den Menschen kommunizieren, was mit dieser Gesundheitsre­form letztendlich gemeint und geplant ist, dass wir ihnen die Ängste nehmen. Diese Ängste sind im Zuge der Diskussion ja ganz gezielt von gewissen Interessenvereini­gungen geschürt worden.

Es kann nicht im Interesse einer Interessenvertretung oder der Politik sein, Angst zu schüren und zu säen. Im Gegenteil: Unsere Aufgabe ist es, aufzuklären und die demo­graphischen Herausforderungen und alles was damit einhergeht, von der Pflege ange­fangen bis zur beispielsweise Gesundheitsversorgung, anzugehen. Dass das immer mehr Kosten verursachen wird, liegt ganz klar auf der Hand. Diese Reform ist für mich einmal der erste richtige und wichtige Schritt, dass man all diese unterschiedlichen Agenden einmal bündelt, um eben die Kosten zu dämpfen. Das ist der eine Punkt.

Zweiter Punkt: Erlauben Sie mir, dass ich da einen kurzen Exkurs mache, der auch zur Thematik passt. Wenn wir schon unseren oberösterreichischen Landeshauptmann und die geschätzten Präsidenten hier haben, möchte ich auch dieses Thema erwähnen. Ich bin als Oberösterreicher stolz darauf, dass wir es mit vereinter Kraft auf Schiene ge­bracht haben, dass es in Oberösterreich eine Medizin-Universität geben wird.

Das ist insbesondere auch wichtig, weil wir ja wissen, dass ein Ärztemangel droht. Dem können wir mit einer Ausbildungsform entgegentreten. Sie wird nicht das alleinige Rezept dagegen sein. Das möchte ich auch betonen. So wie es bisher manchmal verkauft worden ist, ist es auch nicht. Es ist nicht das Allheilmittel, aber es ist einmal


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ein wesentlicher Beitrag dazu, dass wir qualifiziertes Personal ausbilden und in Öster­reich halten können.

In Oberösterreich, in Linz, haben wir hervorragende Voraussetzungen für den Standort. Wir haben unterschiedliche Krankenhäuser von unterschiedlichen Trägern. Mit der Fachhochschule haben wir bereits einen medizinisch-technischen Schwerpunkt. Mit unterschiedlichen Firmen, die im medizinisch-technischen und pharmazeutischen Be­reich ansässig sind, haben wir super Player, die an dieser Universität mitwirken können und das auch tun werden.

Ich würde mir wünschen, dass wir neben dem medizinisch-technischen Schwerpunkt auch den Bereich der interkulturellen Pflege und ärztlichen Betreuung ins Auge fassen. Dazu gibt es in Österreich überhaupt kein Curriculum. Sie wissen, dass viele öster­reichische Ärzte bei „Ärzte ohne Grenzen“ tätig sind. Sie fahren auf unterschiedliche Missionen unter schwierigsten, widrigsten Bedingungen, in Länder, wo wirklich arge Sachen passieren. Diese Menschen bräuchten auch eine Ausbildung, eine Fortbildung.

Oberösterreich könnte ein Mekka für Menschen werden, die in diesem Bereich tätig sind, die dann auf Auslandseinsätze geschickt werden und anschließend die Auslands­einsätze nachbereiten. Wir könnten sehr viele internationale Experten und Expertinnen nach Oberösterreich holen. Ich würde Sie ersuchen, auch diesen Aspekt bei den Ge­sprächen zur Medizin-Universität Linz ins Auge zu fassen.

Im Großen und Ganzen: Wir Grüne werden auf Bundes- und auch auf Landesebene diese Reform mittragen. Ich halte das für einen richtigen und wichtigen Schritt in die richtige Richtung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall des Bundesrates Schreuder und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

15.01


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Stöger zu Wort. – Bitte, Herr Minister.

 


15.02.03

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Landeshauptmann! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Heute wird ein letzter Schritt einer großen Modernisierung im Gesundheitsbereich ge­macht. Ich freue mich, dass zwei Vertreter da sind, die dabei auch mitgewirkt haben, der Herr Vorsitzende des Hauptverbandes Schelling und der Obmann der Sozialver­sicherung der gewerblichen Wirtschaft, Herr Präsident Leitl. Sie haben mitgewirkt, dass wir einen neuen Weg in der Gesundheitspolitik gehen können, die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Bereichen zu stärken und etwas ganz anderes zu tun, als es in Europa derzeit stattfindet.

In Europa heißt Gesundheitspolitik Sparpolitik, heißt Einschneiden in Leistungen, die die Menschen dringend brauchen. Ich erinnere an den portugiesischen Regierungs­chef, der gesagt hat, er könne die Krise nur bewältigen, wenn man im Gesundheits­system Einschnitte macht. Ich bedauere diesen Menschen. Ich bedauere auch die Menschen, die die Leistungen nicht mehr bekommen.

Wir in Österreich gehen einen anderen Weg. Wir gehen diesen Weg gemeinsam. Dan­ke, Herr Landeshauptmann! Danke an die Länder, danke an die Sozialversicherung! Danke dafür, dass wir jetzt handeln, damit wir in Zukunft nicht in solche Situationen kommen, wie es in anderen Ländern Europas der Fall ist. Wir gehen einen Weg der Absicherung. Wir gehen einen Weg des Leistungsausbaus.

Ich habe im Gesundheitssystem zwei Säulen im Auge zu haben. Erstens: der nie­dergelassene Bereich, der von den Gebietskrankenkassen, von der Sozialversiche­rung, gestaltet und entwickelt wird. Der zweite Bereich ist die Spitalslandschaft, die von den Ländern verantwortet und weiterentwickelt wird.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 100

Auf diesem Weg gehen wir in Richtung neuer Zusammenarbeitsformen in einem part­nerschaftlichen Zielsteuerungssystem. Diese neue Zielsteuerung führt dazu, dass Pa­tientinnen und Patienten in Zukunft Vertrauen haben können, dass sie dann eine Leis­tung bekommen, wenn sie sie brauchen.

Ich sage dazu: Wir haben das Kassensanierungspaket umgesetzt. Danke auch an die Sozialversicherung, die massiv mit ihren Vertragspartnern mitgewirkt hat, dass wir die Schulden abgebaut haben, dass die Menschen Sicherheit haben. Wir haben die Leis­tungen ausgebaut. Ich erinnere daran: Zahnambulatorien dürfen das gesamte Leis­tungsspektrum abdecken. Ich erinnere daran: Neue Selbständige bekommen ein Kran­kengeld. Das ist ein großer Schritt, den wir da gesetzt haben. Wir haben die Leis­tungen für Kinderimpfungen verbessert. Ich erinnere an den Kindergesundheitsdialog – und, und, und.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Gesundheitsreform baut auf Trans­parenz auf. Wir sind der Meinung, dass wir das gute System, wenn wir sichtbar ma­chen, wie es ist, noch weiterentwickeln, noch verbessern und die Weltmarktführer­schaft ausbauen können. Das tun wir. Das ist heute der große Schritt, den wir gehen.

Ich habe es schon gesagt: Wenn es uns mit dem Elektronischen Gesundheitsakt ge­lingt, Qualität sichtbar zu machen, dann gewinnen alle. Ich sage es noch einmal deut­lich: Wo ist der Nachteil für die Bevölkerung? Es werden Medikamente verschrieben und dann nicht eingenommen. Wir wissen, dass ein Drittel der Medikamente als Son­dermüll entsorgt wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es uns gelingt, diese unnützen Ausgaben hintanzuhalten, dann gewinnen alle. Die Patienten ge­winnen, denn wir können neue Leistungen anbieten. Genau diesen Weg will diese Ge­sundheitsreform gehen.

Eines geht in Zukunft nicht mehr: Schrebergartendenken. Wir haben eine große Ver­änderung gesetzt, nämlich eine, die sich auch darauf bezieht, wer im Mittelpunkt steht. Bisher haben wir immer in der Gedankenwelt von Institutionen investiert. Wir haben in die grüne Wiese ein Krankenhaus gebaut. Wer in das Krankenhaus hineingekommen ist, ist exzellent versorgt worden.

Wir hatten aber nie den Behandlungsprozess im Auge. Was ist das Wichtigste bei ei­nem Schlaganfall? – Das Wichtigste bei einem Schlaganfall ist der Lebenspartner, nicht zu warten und zum Arzt zu gehen, sondern sofort. Die Information an den Le­benspartner, an die Lebenspartnerin ist der wichtigste Punkt.

Der zweite Punkt: Die Rettung soll in das Krankenhaus fahren, das auch die entspre­chenden Einrichtungen hat, und nicht die Kette abwarten. Drittens: Im Krankenhaus muss gute Versorgung vorliegen. Das haben wir österreichweit sichergestellt. Viertens: Es geht darum, dass man beim Eintritt ins Krankenhaus schon überlegt: Wie komme ich aus dem Krankenhaus hinaus? Wie ist die Reha organisiert?

Das sind neue Wege, die wir gehen. Die Partner Bund, Länder und Sozialversicherung sind dazu bereit und haben das in diesem Zielsteuerungsprozess auch bewiesen. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass dieser Prozess funktioniert hat, dass Reibungs­verluste hintangehalten wurden. Ich muss wirklich noch einmal alle Namen nennen: al­le Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Häusern, der Sozialversicherung, der Länder, aber auch des Bundes. Herr Landeshauptmann Pühringer hat es nicht immer leicht gehabt, das alles zu koordinieren. Frau Stadträtin Wehsely hat da auch sehr viel Engagement einbringen müssen. In der Sozialversicherung ist es auch schwierig, immer alle unter einen Hut zu bringen. Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei der Frau Finanzministerin, weil sie auch mit uns gemeinsam diesen Weg gegangen ist und sagt: Wir brauchen Gesundheitspolitik, aber wir müssen auch schauen, dass wir das alles vernünftig finanzieren können!


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Sehr verehrte Damen und Herren, heute wurde vom Rechnungshof kritisiert, dass wir zu viele Institutionen haben. Darüber kann man streiten, man kann über die Kompe­tenzgrundlagen streiten. Für mich als Gesundheitsminister gilt aber das, was das Par­lament mir als Verfassung vorgibt. Übrigens: Das ist auch die Grundlage für den Rechnungshof. Ich sage das nur persönlich dazu. Ich habe das als Voraussetzung ernst zu nehmen, und ich nehme das sehr ernst. Die Verfassung gibt Möglichkeiten, und diese haben wir genutzt.

Aber ich sage Ihnen noch etwas – weil jemand meint, man braucht nur eine Institution und nur einen Topf –: Wenn Sie zu Hause vor den Fernsehschirmen stehen, versu­chen Sie, auf einem Bein zu stehen. Das ist nicht so einfach! Nehmen Sie das zweite dazu, dann werden Sie einen sicheren Stand haben. Und wenn es mehrere Beine sind, auf die wir unsere Gesundheitsversorgung aufbauen, dann bin ich sehr, sehr froh. Ich möchte nämlich, dass in jedem Teil, in jedem Bezirk in Österreich eine gute Gesund­heitsversorgung vorherrscht, und daher braucht es auch ein gewisses Gespür für die Gesamtinteressen der Bevölkerung in allen Bezirken, in allen Gemeinden, und das haben wir damit umgesetzt. (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.)

In diesem Sinne: Ich sage Ihnen, wir werden ganz sicher keine Kürzungen vornehmen! Das Gegenteil ist der Fall: Wir bauen das österreichische Gesundheitssystem aus, wir werden mehr Geld zur Verfügung haben. Ich möchte hier herinnen gerne berichten, welche europäischen Länder froh wären, wenn sie sagen könnten (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Sie steigern mit dem BIP!): Wir steigern um 3,6 Prozent. – Da würde die Bevölkerung von Europa nur applaudieren! Wir in Österreich haben das gemein­sam umgesetzt.

Und ich teile die Meinung des Herrn Landeshauptmannes und vieler Redner hier herin­nen, die gesagt haben, wir wollen in Österreich ein solidarisches Gesundheitssystem haben und wir wollen dieses Gesundheitssystem ausbauen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.11


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Bundesminister.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Taucher. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.11.34

Bundesrat Mag. Josef Taucher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Als achter Redner – in meinem Grundberuf bin ich Psychologe – kann ich jetzt lernpsycho­logisch alles noch einmal wiederholen, was schon gesagt wurde, alle Eckpfeiler der Gesundheitsreform – dann lernt man es besser und merkt es sich auch; vielleicht ist das für manche Fraktionen durchaus noch ein Gewinn (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ) –, im Sinne der Zeitökonomie möchte ist das aber nicht machen.

Ich möchte eingangs eines sagen: Ich bin stolz, in diesem Land zu leben, ich bin stolz, ein Österreicher zu sein (Ruf bei der FPÖ: Ich auch!), ein Land, wo sozialer Friede herrscht, wo ich sozial versorgt bin. Wir haben heute schon unseren Bundesminister Hundstorfer gehört, der hier im Plenum und auch vor der Öffentlichkeit betont hat, dass unser Pensionssystem sicher ist – das heißt, meine und unsere Zukunft ist sicher. Jetzt hören wir, dass unser Gesundheitssystem, unsere Gesundheitsversorgung, unsere medizinische und pflegerische Versorgung auf die Zukunft ausgerichtet ist. Für die nächsten Jahre ist unser Gesundheitssystem sozusagen mit einer gemeinsamen Qua­litäts-Zielsteuerung und auch mit einer Transparenz versehen, und das in einer guten Kooperation zwischen Bund und Ländern. Ich denke, das ist das – ein Vorredner von mir hat es schon gesagt –, was einen föderalen Staat, ein Land auch ausmacht, näm­lich dass Bund und Länder zusammenarbeiten.


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In diesem Sinne möchte ich aber auch die große Koalition hervorheben. Auch dies­bezüglich wird in den Medien immer wieder betont: Die bringen nichts weiter, da geht nichts, die streiten nur, da gibt es nur Wahlkampf! – Der heutige Tag beweist wieder einmal das Gegenteil, nämlich dass diese Koalition von SPÖ und ÖVP dieses Land weiterbringt, und zwar seit 1945 weiterbringt, große Reformen weiterbringt und das Land in den Wohlstand geführt hat. Und die Gesundheitsreform ist, wie ich meine, ei­nes der guten, positiven Beispiele, auf die wir stolz sein können in dieser gemeinsa­men Regierung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stehe nicht an, das zu betonen, auch wenn ich einer bestimmten Fraktion angehöre, und ich möchte auch betonen, dass es ganz wichtig ist, dass wir – Sie haben es vielleicht bei einigen meiner Reden schon ge­hört – die Dinge im 21. Jahrhundert neu denken. Wir müssen unser Pensionssystem, wir müssen unser Gesundheitssystem, wir müssen genauso die Wohnbauförderung, und, und, und, ins 21. Jahrhundert transferieren, weil das 21. Jahrhundert ganz andere Anforderungen an unsere Gesellschaft stellt als das vorige Jahrhundert.

Es wird alles viel schnelllebiger, die Kassen werden knapper, es ist eine immense Glo­balisierung eingetreten, der Druck auf unsere Märkte, auch auf das Gesundheitssys­tem und das Sozialsystem ist extrem groß. Klar: Die großen Investoren – die Versi­cherungen, die großen Banken – wollen ihr Geld irgendwo gewinnbringend anlegen. Büros haben sie schon genug und Bürohäuser haben sie auch schon genug in Wien – was liegt da näher, als vielleicht in das Wassergeschäft einzusteigen, in das Gesund­heitsgeschäft einzusteigen, ins Pensionsgeschäft einzusteigen? – Überall große Renditen.

Deswegen ist diese nachhaltige – und vielleicht übersetzen wir das; das Wort „nach­haltig“ wird ja so oft missbraucht –, diese generationengerechte Reform umso wichti­ger. Diese Reform im Sinne eines Generationendenkens wird für uns alle Vorteile brin­gen und wird dieses System vielleicht auch noch für meine Kinder und Enkelkinder si­chern, sodass auch sie in den Genuss davon kommen.

In diesem Sinne, so glaube ich, ist es am besten, wenn wir davon sprechen, dass die­se Reform eine „enkelgerechte“ Reform ist, die unsere große, große Zustimmung ver­dient. Danke sehr an euch, danke an alle Verhandler und Mitarbeiter! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

15.16


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster Redner gelangt Herr Bundesrat Preineder zu Wort. – Bitte.

 


15.16.17

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Herr Landeshauptmann! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen im Bundesrat! Wir sprechen über die Gesundheitsreform 2013, und das ist eines jener großen Reformvorhaben, die sich die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern als Ziel gesetzt hat.

Um ein gutes Gesundheitssystem – und das haben wir sicher – zu erhalten, bedarf es der Veränderung. Die Ziele, die angesagt sind, sind klar formuliert: eine nachhaltige Si­cherstellung von hochstehender Gesundheitsversorgung für alle – ich betone: für al­le! –, langfristige Finanzierbarkeit – das geht eben nicht damit, dass wir jetzt Beträge einführen, sondern dass wir gestalten; die 3,6 Prozent Steigerung, die erwähnt worden sind, sind ein Zeichen, dass hier balanciert vorgegangen wird –, Intensivierung der Qualitätssicherung und Steigerung der Transparenz, Forcierung der Gesundheitsförde­rung und – das ist das Wichtigste, und es konnte auch als Ziel erarbeitet und um­gesetzt werden – eine partnerschaftliche Zielsteuerung zwischen Bund, Ländern und den Sozialversicherungsträgern.


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Zuvor gab es oft die Ansicht, dass die Kosten geschoben wurden, nämlich vom Bund zu den Ländern, von den Ländern zu den Sozialversicherungsträgern – das ist eine Form, die langfristig nicht haltbar ist! Deshalb gratuliere ich zu dieser partnerschaftli­chen Lösung, dass letztlich alles Geld hiefür bei den Bürgerinnen und Bürgern an­kommt. Vielleicht wäre es besser gewesen – das ist die Kritik am Prozess –, die Ärzte­schaft etwas früher in die Diskussion einzubinden.

Was wir brauchen und was wir wollen, ist ein breiter Zugang zu den medizinischen Leistungen und, das sei auch erwähnt, zu den Fortschritten, die die Medizin und die medizinische Technik immer wieder bieten, sei es in der Diagnostik, sei es bei der Ent­wicklung von Prothesen oder sei es bei der Krebstherapie. Ich komme aus Wiener Neustadt, und dort entsteht ein großes Krebstherapie-Zentrum namens MedAustron, wo es möglich sein wird, eine Krebstherapie neuer Art durchzuführen.

Das alles sind enorme Herausforderungen, wenn wir diese hochwertige Versorgung, diese Entwicklung finanzieren, und zwar nachhaltig finanzieren wollen. Kosten dort ein­zusparen, wo es möglich ist, ist das Grundprinzip. Das heißt, Doppelstrukturen aufzulö­sen, Doppelbefundungen vermeiden, stationäre Behandlungen ambulanten vorzuzie­hen und – das wurde schon gesagt – Medikamente, die gebraucht werden, und nicht solche, die entsorgt werden, den Patienten zukommen zu lassen.

Was in dieser Gesundheitsreform auch beinhaltet ist, ist eine wesentlich bessere – das ist sicher auch eine Herausforderung – Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäu­sern und den niedergelassenen Ärzten. Wir brauchen sicher auch eine durchgehende, auch am Wochenende bestehende Versorgung durch Fachärzte, durch Facharztzen­tren, durch Gemeinschaftspraxen, durch Praxen mit Ärzten und Therapeuten.

Nichtsdestotrotz steht der Hausarzt – und das ist Ziel dieser Reform – quasi als Erst­anlaufstelle, als Drehscheibe, als Gesundheitsmanager hier an erster Stelle. Er ist es, der die Lebensumstände der Patienten kennt und dadurch bessere Beratung, Vorsor­gemedizin betreiben kann.

Ich bin unserem Kollegen Georg Keuschnigg dankbar, dass er sich als Präsident des Bundesrates mit dem Thema „Ärzte auf dem Land“, der Hausärzte intensiv beschäftigt hat und dass da eine Stärkung der Position des Hausarztes herausgekommen ist, auch eine Stärkung – und das ist neu in Diskussion – durch die Sicherung der Hausapo­theken.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik kann immer nur den Rahmen vorgeben, die finanzielle Ausstattung bereitstellen – kostenbewusst, wie gesagt, nicht sparsam. Aber Gesundheit hat sehr viel mit Menschlichkeit zu tun. Und meine Vision ist eine, die heißt, dass wir Menschen, nicht Patienten haben, die von einem Gesundheitsbewusstsein geprägt sind, von einem Hausarzt begleitet, von verantwortungsbewussten Ärzten und Therapeuten, Pflegern umsorgt.

Geschätzte Damen und Herren! Gesunde haben viele Wünsche, Kranke nur einen. Die Gesundheitsreform 2013 ist eine gesunde Reform. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bun­desräten der SPÖ.)

15.21


Präsident Edgar Mayer: Nächster Redner: Herr Bundesrat Stadler. – Bitte, Herr Kol­lege.

 


15.21.40

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Landeshauptmann! Geschätzte Präsidenten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Damen und Herren! Alle Vorrednerinnen und alle Vorredner haben es an­gesprochen: Um die optimalen Versorgungsstrukturen und die Leistungen für die kom-


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menden Generationen in der Zukunft garantieren zu können, war diese Reform unbe­dingt notwendig.

Ich möchte jetzt auch nicht alle Details, die Für und Wider wiederholen, aber ich möchte schon auch allen, die an diesen Verhandlungen teilgenommen haben, danken: Ministerium, Minister, Landeshauptmann für die Länder, Sozialversicherungen und den Beamtinnen und Beamten, die hier beteiligt waren.

Herr Kollege Krusche hat gesagt, es kommt immer darauf an, wie man etwas angeht, wie man etwas macht. Ich kann dir nur sagen, Herr Kollege: Das hat man bei der FPÖ immer gesehen, wie sie es angegangen ist, nur: Es hat sich nie bewährt! (Bundesrat Brückl: Wie denn?) Ihr seid immer niedergefallen. Deshalb glaube ich, dass das Wie, wie es angegangen worden ist, das Richtige war. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Krusche: Das ist ein schwaches Ergebnis!) – Das ist kein Schwachsinn! (Bundesrat Krusche: Ein schwaches Ergebnis!)

Am Ergebnis sieht man, dass alle maßgeblichen Akteure, die hier verhandelt haben, sich der Verantwortung bewusst waren und trotz unterschiedlicher Interessen, die na­türlich vorhanden sind, diese Reform zustande gekommen ist.

Das höchste Gut der Menschen ist die Gesundheit. Das hat, glaube ich, jeder schon gesagt, und ich will das auch betonen. Jeder weiß, was die Gesundheit wert ist, be­sonders, wenn man im näheren Umfeld schon einmal von irgendwelchen Schicksals­schlägen betroffen war. Daher ist es für die zukünftigen Generationen – ich wiederhole das – wichtig und richtig, dafür zu sorgen, ihnen auch in der Zukunft unser gut funk­tionierendes Gesundheitssystem anbieten zu können.

Wenn etwas gut funktioniert, tut mir persönlich Kritik daran immer schon stark weh. Kollege Kneifel hat keinen Ausdruck dafür gefunden, und ich finde auch keinen, Herr Kollege Krusche. Aber wenn man dir beim Reden zugehört hat, dann müsste man eigentlich sagen: Gehen wir weg von dieser Sitzung, gehen wir irgendwo anders hin, wo es besser ist!, denn es ist ja nicht mehr zum Aushalten, wie du über das Land ge­sprochen hast, in dem wir leben sollen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Bundesrates Krusche.) – Man findet keine Worte dafür, wirklich. Du müsstest dich sel­ber einmal reden hören! Ich verstehe das nicht.

Was mich am meisten stört – das sage ich heute sicherlich zum dritten oder vierten Mal –: Ich bin jedes Mal im Ausschuss dabei, diesmal wieder, es ist noch gar nicht so lange her, dass man es vergessen kann, aber du vergisst es immer, nämlich: Du stellst dort Fragen, es werden dir kompetente Antworten gegeben, und dann stellst du dich jedes Mal im Plenum hierher und verdrehst die Geschichte oder weißt es nicht mehr. (Bundesrat Krusche: Hast du nicht zugehört im Ausschuss, gell?) Dann schreib es dir bitte auf! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Das ist gegenüber den Beamtinnen und Beamten, die ihre Zeit bei uns im Ausschuss verbringen, nicht würdig. Das ist nicht würdig, ich muss das sagen. (Bundesrat Kru­sche: Ich habe genau das gesagt, aber du hörst ja offensichtlich nicht zu!) Nein, das hast du nicht! Dann schau dir das Protokoll an! Merk dir das oder schreib dir das auf, was du für Antworten im Ausschuss kriegst, wenn du es dir nicht merken kannst! (Bun­desrat Krusche: Ich habe es mir aufgeschrieben! Soll ich es dir vorlesen?)

Entschuldigt mir jetzt den Sidestep von der Gesundheitsreform, den ich jetzt gemacht habe, aber wenn man diese Reden hört, dann kann man nicht anders, als darauf ein­zugehen.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Reform ist und war – das haben auch schon die meisten betont –, dass die vorhandenen Ressourcen optimal und im Sinne der Menschen ein­zusetzen sind. Aus diesem Grund wurde ein neues Modell der Planung – haben wir


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schon gehört –, der Steuerung und Finanzierung ausgearbeitet. Künftig müssen Bund, Länder, Sozialversicherungen partnerschaftlich im Sinne der Bürgerinnen und Bürger agieren. Und sie müssen gemeinsam eine Lösung erarbeiten, wie die Versorgung in jeder Region im Interesse der Patienten umgesetzt werden kann. Somit ist auch die Versorgung der Patientinnen und Patienten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit optimaler medizinischer und pflegerischer Qualität gewährleistet.

Wir sind froh darüber und werden natürlich von unserer Fraktion aus diesem Reform­paket die Zustimmung mit Freude geben.

Aber jetzt, geschätzte Damen und Herren, zu etwas anderem. Herr Landeshauptmann, Sie haben mir etwas aufgelegt: die Spitalsreform 2011 von Oberösterreich. Und da wundert es mich, dass vom Kollegen Brückl als Betroffenem nicht ein Wort dazu er­wähnt worden ist, er weiß nämlich, wie die Bürgerinnen und Bürger im Bezirk über die­se Sache denken.

Herr Landeshauptmann Pühringer, Sie haben es ja gesagt: 2011 wurde diese Spi­talsreform im Landtag beschlossen – auch die SPÖ hat zugestimmt. Ich sage das gleich dazu, sonst werden Sie dann sagen, die SPÖ hat auch diesen Sachen zuge­stimmt. Ich muss aber ehrlicherweise sagen: Diese Reform hat für unseren Bezirk, für unsere Region wirklich Nachteile gebracht.

Ich habe da ein persönliches Zitat von Ihnen; ich habe die Zeitschrift mit, darin sind Sie abgebildet. Da steht: Versorgung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und mit opti­maler medizinischer Qualität. – Mit diesen Aussagen werden Sie da zitiert, und Sie ha­ben das auch in manchen Ansprachen, wo ich dabei sein durfte, immer wieder gesagt. Das entspricht aber in unserem Bezirk nicht ganz der Wahrheit.

Gerade im Landeskrankenhaus Schärding – und ich möchte betonen: Es ist ein aner­kanntes, ein gutes Krankenhaus – wurde zum Beispiel im Zuge der oberösterreichi­schen Spitalsreform die Kinderabteilung geschlossen, weiters gibt es nur mehr eine Unfallambulanz, die als Tagesklinik geführt wird, diese ist geöffnet von 7 bis 19 Uhr. Das bedeutet natürlich erhebliche Einschnitte in der regionalen Gesundheitsversor­gung im Bezirk.

In Schärding, besonders in der Nacht oder am Wochenende, wo vermehrt Freizeitun­fälle passieren, bedeutet das für Patientinnen und Patienten, in weiter entfernte Kran­kenhäuser gebracht werden zu müssen, was mehr Unannehmlichkeiten für die Patien­tinnen und Patienten, aber auch eine längere Einsatzdauer für die Rettungskräfte mit sich bringt. Es ist ein Unterschied, ob ich in das nahe gelegene Krankenhaus nach Schärding 10 Kilometer fahre oder nach Ried oder Grieskirchen, wohin es 40, 50 oder 60 Kilometer sind. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Nur ein Teil von Schärding hat halt nach Ried näher!) Das stimmt auch, ja. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Passau ist auch noch da!)

Was? Jetzt haben Sie mir das schon vorweggenommen, was ich jetzt sagen wollte, Herr Landeshauptmann. Ich habe Ihnen dazu auch einen offenen Brief geschrieben, weil Sie im Zuge dieser Spitalsreform immer wieder gesagt haben – das hat nicht nur mich persönlich, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger aus dem Bezirk Schärding am meisten aufgeregt –, die Versorgung, die Grundversorgung – ich rede jetzt von der medizinischen Grundversorgung (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Das habe ich nicht gesagt, Grundversorgung!); ah, ist die eh nicht wichtig in Schärding? –, die Grundversorgung ist gesichert, weil wir in das Klinikum Passau fahren können. (Lan­deshauptmann Dr. Pühringer: Nein, das stimmt nicht! Das habe ich nie gesagt! Bringen Sie mir das! Bringen Sie mir das, wo ich das gesagt habe! Das interessiert mich, denn da hat mich wer falsch zitiert!)

Nein, da hat Sie niemand falsch zitiert! Das ist in der Antwort von Ihrem Büro, die ich auf den offenen Brief, den ich geschrieben habe, bekommen habe, auch drinnen ge-


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standen. In Wahrheit haben Sie gewusst, dass wir nach Passau nicht fahren können. (Ruf bei der ÖVP: Bist auch ein Pessimist!) – Nein, ich bin kein Pessimist, das sind nur die Tatsachen, und das hat mit der Spitalsreform etwas zu tun.

Was man aber ehrlicherweise sagen muss, wahrscheinlich ist der Druck der Bevölke­rung oder von irgendwelchen Leuten so groß geworden: Die Jugendlichen, die Kinder können jetzt zukünftig nach Passau fahren. Warum? Weil es eine Vereinbarung zwi­schen der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, dem Land Oberösterreich und dem Klinikum Passau gegeben hat, wonach das jetzt wieder möglich ist. Das ist er­freulicherweise zu erwähnen, aber man muss sagen: Warum hat man das gebraucht? Weil man Schärding zuerst zugesperrt hat! (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Das ist ja nicht wahr!) Das ist schon wahr! (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Ich werde es Ihnen dann sagen! Muss ich mich doch noch melden!) Ja, sagen Sie das bitte!

Jetzt noch eine Sache, und zwar zum Evaluierungsbericht. Sie sind ja da in den „Ober­österreichischen Nachrichten“ zitiert worden. Da können Sie auch wieder sagen, das haben Sie nicht gesagt. Sie haben nach der Evaluierung, die stattgefunden hat, ge­sagt: Die Befürchtungen von überfüllten Abteilungen und Patienten in Gangbetten ha­ben sich nicht erfüllt. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Richtig! Richtig zitiert!) Richtig.

Herr Landeshauptmann, es tut mir leid, dass ich das sagen muss, zuerst war ich so op­timistisch, so froh mit Ihnen über die Verhandlungen zur Gesundheitsreform: Wann waren Sie das letzte Mal unangemeldet im Krankenhaus Ried? Wann? Denn dort hät­ten Sie sich nämlich überzeugen können, dass das der Fall ist, dass leider dort Pa­tienten am Gang „untergebracht“, sage ich jetzt einmal unter Anführungszeichen, sein müssen, weil eben dieses Krankenhaus überlastet ist. Das ist nachweislich so! Sagen Sie dann bitte nicht, Herr Landeshauptmann, Sie wissen von dem Fall nicht! Das Rieder Krankenhaus ist einfach überlastet, und das sind die Auswirkungen, die die Spi­talsreform leider im Bezirk Innviertel hat. Leider, muss ich sagen.

Herr Landeshauptmann! Herr Bundesminister! Ich sehe es auch als Realist, man kann nicht – Herr Bundesminister, du hast es gerade gesagt – in jedem Krankenhaus alle Leistungen, alle Operationen anbieten. Das ist ganz klar. Aber eine Grundversorgung, eine medizinische Grundversorgung muss vorhanden sein.

Daher, Herr Landeshauptmann, bitte ich Sie: Unterstützen Sie unsere Region! Schauen Sie sich die ganze Sache an! Vielleicht kann man im Laufe der Zeit so man­ches – nicht alles, manches! – wieder in Richtung älteres System lenken, sodass wir die Versorgung in unserem Bezirk, in unserer Region, die wir gehabt haben, wieder ha­ben. Angeblich wird, wie ich gehört habe, die Unfallambulanz an den Wochenenden wieder geöffnet. Das wäre schon ein erster Schritt. Aber bitte unterstützen Sie unsere Region, unseren Bezirk bei diesem Vorhaben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.33


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Kollege Stadler.

Ich stelle fest, dass wir nach wie vor unsere Diskussion zur Materie Gesundheitsre­formgesetz 2013 abhalten. (Bundesrat Stadler: Der Herr Landeshauptmann hat auch zur Spitalsreform geredet!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.33.33

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Lieber Kollege Werner Stadler, du hast mich angesprochen, du hast das Krankenhaus Schärding angesprochen. Du hast die Spitalsreform Oberösterreich angesprochen. – Ja, wir Freiheitlichen haben dieser Spitalsreform in Oberösterreich zugestimmt, genauso wie die SPÖ. Aber wir sind im


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Gegensatz zu euch nicht mit Kerzerln nach Linz gefahren und haben dort vor dem Herrn Landeshauptmann protestiert und haben gesagt, das darf nicht sein, und was weiß ich alles.

Wir haben nicht demonstriert! (Bundesrat Stadler: Ihr habt geschlafen!) Nein, wir ha­ben nicht geschlafen! Und ich kann dir dann auch sagen, warum. Ihr habt überall mit­gestimmt, aber ihr seid gleichzeitig demonstrieren gegangen! Das versteht bei uns bis heute keiner! Du weißt es ganz genau. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist auch nicht zu verstehen!) Nein, es ist nicht zu verstehen! Du sagst es.

So, und weil du gesagt hast, wir haben nichts bewegt: Die Leitung des Krankenhauses Ried ist zu uns gekommen und hat gesagt: Bitte helft uns, macht etwas! So, dann ha­ben wir im Lenkungsausschuss einmal, wo es ums Innviertel gegangen ist – Herr Lan­deshauptmann, Sie wissen es –, dagegen gestimmt. Es ist dann gelungen, in Verhand­lungen entsprechende Maßnahmen in Ried zu treffen und zu setzen. Und das nicht zuletzt deswegen, weil die zu uns gekommen sind. Vom Krankenhaus Schärding hat sich bei uns keiner gemeldet. Liegt wahrscheinlich daran, dass der dortige ärztliche Leiter damals, glaube ich, Personalvertreter der Ärzteschaft war. Von der ÖVP, das muss ich dazusagen. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Vizepräsident der Ärztekam­mer!) Ich weiß es nicht, Herr Landeshauptmann, aber er dürfte ein Funktionär in Ihrem Einflussbereich gewesen sein. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Vizepräsident der Ärztekammer! Das ist eh kein Geheimnis!) Ja, ist eh egal.

Im Gesamten gesehen, muss ich sagen, war diese Reform für Oberösterreich eine gu­te, und sie war auch notwendig. Das wissen wir ja. Da brauchen wir gar nicht zu reden. Aber ich kann nicht als regionaler Abgeordneter wegen meines Krankenhauses her­gehen und dagegen stimmen, nur weil jetzt die eine Geschichte nicht passt, wenn die gesamte Reform in Wirklichkeit passt. Das war dann der Grund. Natürlich ist es schwierig, den Leuten zu vermitteln, dass ich 25 Prozent der Betten in meinem Kran­kenhaus streiche. Natürlich ist es schwierig, den Leuten zu vermitteln, dass ich jetzt die Unfallambulanz nur noch fünf Tage in der Woche öffne. Wobei zu sagen ist, wir waren vor zwei Wochen im Krankenhaus, und die Pflegeleitung hat uns gesagt, es wird in Zu­kunft auch am Wochenende die ärztliche Versorgung zwischen 7 und 19 Uhr am Abend sichergestellt sein, irgendwann im Sommer.

Das war die Reform in Oberösterreich. Was uns gestört hat im Nachhinein – und das sage ich ganz offen, Herr Landeshauptmann, das ist ja kein Geheimnis –, ist, dass Sie in der GESPAG einen dritten Vorstand installiert haben. Das war für uns etwas, was wir nicht verstanden haben: Wir sparen bei den Krankenhäusern ein, und Sie instal­lieren dann einen dritten Vorstand. Das war ein Kritikpunkt von uns!

Zum Schluss noch, Werner Stadler: Du hast die Gangbetten in Ried angesprochen. Jetzt sage ich dir etwas: Bei einem Gespräch mit der ärztlichen Leitung und mit der Pflegeleitung im Krankenhaus vor zwei Wochen haben uns die gesagt: Wenn Sie es haben wollen, haben wir in drei Tagen in Schärding auch Gangbetten – das ist nur eine Frage der Einteilung und nichts anderes! Genau so ist es in Wirklichkeit, so schaut es aus.

Also ganz so ist es nicht, diese Reform in Oberösterreich war in ihrer Gesamtheit eine gute. Dass man ein bisschen nachbessern muss, das wird so sein, und das findet Gott sei Dank auch statt. Jedoch die Reform in Summe infrage zu stellen und gleichzei-
tig dagegen zu demonstrieren, aber dann dafür zu stimmen, das ist nicht in Ord-
nung! (Beifall bei der FPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Landeshauptmannes Dr. Pühringer.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 108

15.37


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist ein Kollege aus der Steiermark: Richard Wilhelm. – Bitte.

 


15.37.19

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Werter Präsident! Werter Minister! Werter Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Bundesrat Krusche, wenn Sie hier die Zusammenlegung der Krankenkassen angesprochen haben, dann schauen Sie sich doch die Vergleichszahlen der Nachbarländer einmal an! Die Krankenkassen sind eine demokratische Errungenschaft der Beitragszahler und damit auch der Arbeitgeber. Und wenn Sie mit dieser Forderung den Einfluss und die Mitbestimmung der Arbeitneh-
mer beseitigen möchten, weise ich diese demokratiefeindliche Haltung natürlich aufs Schärfste zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie allerdings die Abwanderung der Ärzte aus dem ländlichen Raum erwähnen, gebe ich Ihnen vollkommen recht. Das hat aber finanzielle Gründe, weil der ländliche Raum für Ärzte nicht so attraktiv ist, sage ich einmal.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Gesundheit ist das wichtigste Gut des Menschen, und es kommt oft die Frage: Können wir uns dieses Gesundheitssystem noch leisten? Die Frage müsste eigentlich vielmehr lauten: Wollen wir, dass auch in Zukunft alle Menschen, unabhängig von ihrem Alter und Einkommen, den gleichen Zugang zur Ge­sundheitsversorgung haben? Wenn wir diese Frage mit Ja beantworten, dann müssen wir natürlich alles tun, um das System auch in Zukunft so, wie es jetzt ist, aufrechtzuer­halten.

Ziel dieser Reform ist natürlich eine Steigerung der Effizienz sowie eine Verbesserung der Qualität. Es spricht ja wirklich nichts dagegen, dass Leistungen an jenem Ort ange­boten werden sollen, wo sie in bester Qualität zu den günstigsten Kosten erbracht wer­den können. Es macht auch Sinn, dass man Doppel- und Mehrgleisigkeiten eindämmt. Oft geht ein Patient ins Spitalsambulatorium, danach zum niedergelassenen Arzt und vielleicht auch noch in ein Ärztezentrum – nur für eine Diagnose.

Ein weiteres praktisches Beispiel ist: Es macht auch keinen Sinn, wenn eine OP-Taug­lichkeit im niedergelassenen Bereich festgestellt wird, wenn sie dann im Krankenhaus oft nicht anerkannt wird und die Untersuchungen noch einmal gemacht werden müs­sen. Das bringt dem Patienten keinen Zusatznutzen, sondern verursacht nur Kosten, die man eigentlich vermeiden könnte. Man würde so finanzielle Mittel freibekommen, die man anderweitig mit hohem Patientennutzen einsetzen könnte.

Das Wichtigste jedoch ist die Ergebnisqualität für den Patienten. Man kann nämlich in der Struktur und am Papier Spitzenqualität vorweisen, aber beim Ergebnis keinen Nut­zen für den Patienten haben. Solche Leistungen sind natürlich zu vermeiden.

Manche Ärzte argumentieren natürlich, dass diese Reform eine Leistungskürzung ist. Sie meinen jedoch wahrscheinlich in Wirklichkeit, es wird ihr Umsatz dadurch ge­schmälert. Österreich hat europaweit die höchste Ärztedichte, im Vergleich 40 Prozent mehr Ärzte, gemessen an der Bevölkerungsdichte; von einer ärztlichen Unterversor­gung ist also, glaube ich, keine Rede.

Es wird bei dieser Reform – was auch sehr wichtig ist – keine Kostensenkung geben, sondern, soweit ich es verstanden habe, nur einen flacheren Anstieg der Kosten.

Das ist eine Reform, die alle Möglichkeiten schafft, um eine hochqualitative Patienten­versorgung auch in Zukunft zu gewährleisten, sodass wir nie in die Situation kommen werden, dass aufgrund des Alters keine Operation mehr durchgeführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 109

15.40


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


15.40.35

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident, es gibt mehr steirische Kollegen im Bundesrat, als du zu glauben scheinst.

Herr Bundesminister! Ganz kurz muss ich noch auf den Redebeitrag des Kollegen Stadler eingehen, denn ich kann einfach nicht unwahre Behauptungen, die hier aufge­stellt werden, unwidersprochen im Raum stehen lassen.

Du hast behauptet, ich hätte im Ausschuss Fragen gestellt und würde hier diese Ant­worten negieren. (Bundesrat Stadler: Nicht nur einmal!) Ich habe das nämlich mitge­schrieben. Ich kann dir nur sagen, zum Thema Stärkung des niedergelassenen Be­reiches wurde wörtlich gesagt: Da wird uns noch etwas einfallen müssen. – Genau das habe ich hier in meiner Rede gesagt, zum Beispiel: Gruppenpraxen. Es wurde auch gesagt, dass der Ärztemangel absehbar ist.

Oder noch ein Beispiel: Zur Rechnungshofkritik wurde gesagt, die Zersplitterung ist ge­geben, aber die Verwaltung kann da nichts machen. Der Rechnungshof hat recht, aber das war politisch nicht machbar. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) An den Kompetenzen darf nicht gerüttelt werden.

Auch in der Frage, dass dieses Gesetz dazu zwingt, miteinander zu reden – wo ich hier gesagt habe, das sollte eigentlich selbstverständlich sein –, wurde dies bejahend zur Kenntnis genommen.

Ich weiß jetzt nicht, ob das etwas hilft, ob du noch weißt, was ich vor eineinhalb Stun­den gesagt habe. Aber so war es! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ich habe keineswegs etwas anderes gesagt. Das möchte ich schon eindeutig klarstellen und nicht im Raum stehen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.42


Präsident Edgar Mayer: Herr Kollege Krusche! Es ist mir bewusst, dass es mehrere steirische Bundesräte gibt, die einen hören mir zu und die anderen eben nicht. Da kann dann der beste Präsident nichts daraus machen, Herr Kollege Krusche. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte.

 


15.42.51

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesmin­ister! Herr Landeshauptmann! Geschätzte Kollegen im Bundesrat! Eigentlich hätte ich mich nicht mehr zu Wort gemeldet, aber Herr Stadler hat mich dazu geradezu heraus­gefordert.

Bezüglich der Spitalsreform: Herr Brückl hat dementsprechend gesprochen und ge­sagt, ihr habt ja mitgestimmt bei der Spitalsreform, und leider hört die Verunsicherung der Menschen im Bezirk Braunau und im Innviertel nicht auf. Ich weiß nicht, wer wirklich dahintersteckt. Jetzt merke ich das schon schön langsam, denn das stimmt auch nicht. (Bundesrat Stadler: Das sagst du mir, oder was?) Bei Notfällen ist es auch erlaubt, dass man die Personen nach Deutschland transportiert. Das ist sogar die Pflicht für Krankenhäuser in Deutschland, die österreichischen Personen aufzuneh­men, lieber Herr Kollege Stadler! Also, Sie erzählen hier einen ... (Bundesrat Stadler: Auch nichts Neues, oder?)

Du hast gerade vorhin etwas anderes erzählt, lieber Kollege Stadler! (Bundesrat Stadler: Habe ich von Notfällen geredet? Habe ich gesagt, dass der Hubschrauber bei der Grenze ...? – Weitere Zwischenrufe.) Ich sage dir eines: Die Verunsicherung, wenn man die Menschen verunsichert ... (Bundesrat Stadler: Dann hör zu, bitte! Warum be­schweren sich ...? – Weitere Zwischenrufe.)

 


Präsident Edgar Mayer: Am Wort ist Kollege Tiefnig!

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 110

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (fortsetzend): Das hast du auch vom Kollegen Brückl gehört, der hier auch das Wort ergriffen hat; ich hätte das nicht mehr gemacht und fin­de, dass es beschämend ist, wenn man stetig die Menschen im ländlichen Raum ver­unsichert, denn wir haben Großes vor, glaube ich ... (Bundesrat Stadler: Das sind Er­fahrungen, die die Leute machen, nicht Verunsicherung von Parteien! Das sind ja Er­fahrungen, die die Leute machen, Kollege!) – Also normalerweise heißt es: Wer schreit, hat unrecht! (Bundesrat Stadler: Ja, eh! Ich habe unrecht?)  Ja. (Bundesrat Stadler: Du hast recht?)

Lieber Kollege! Es wird wichtig sein, dass man mit der Gesundheitsreform die Versor­gung des ländlichen Raums mit Fachärzten und Landärzten dementsprechend ver­bessert. Ich glaube, diese Reform wird eine gute und hervorragende Reform sein, und wir werden in Betracht ziehen, dass diese über die Bühne geht.

Es war der Präsident des Hauptverbandes hier. Wir haben auch schon seit Jahren Ge­spräche in diese Richtung geführt. Ich muss wirklich sagen, die ärztliche Versorgung im Landarztbereich ist zurzeit ein Problem, aber mit dieser Reform werden wir hin­kommen. Besonders wichtig wird die medizinische Fakultät in Oberösterreich sein, weil dort ein neuer Ausbildungszweig entstehen wird.

Somit bitte ich auch dich, lieber Kollege Stadler, mit unserem Landeshauptmann, mit der oberösterreichischen Landesregierung konform zu gehen und nicht eigenständig auszuschwenken. (Bundesrat Stadler: Aber sag ja nicht, dass ich die Leute verun­sichere!) In diesem Sinne noch einmal: Der Gesundheitsreform stimmen wir zu. (Bun­desrat Stadler: Sag ja nicht, dass von uns die Leute verunsichert werden!) – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.44


Präsident Edgar Mayer: Zu Wort gemeldet ist Herr Landeshauptmann Dr. Pührin­ger. – Bitte, Herr Landeshauptmann.

 


15.45.07

Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer: Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Nur zwei kurze Bemerkungen zur Debatte, für die ich mich be­danke.

Eine Bemerkung in Richtung freiheitliche Fraktion: Es wurde die Behauptung aufge­stellt, mit der Gesundheitsreform wird die Bürokratie erhöht. – Wenn jemand „Reform“ sagt und die Bürokratie erhöht, ehrlich gesagt, dann kriege ich Temperatur, wenn das wahr ist. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist absolut nicht wahr! Das Gegenteil ist wahr.

Wahr ist, dass es bisher auf Landesebene eine Gesundheits-Landeskommission gege­ben hat. Die Kommission hat einen Präsidialausschuss gehabt. Die Kommission hat einen intramuralen Ausschuss gehabt, und die Kommission hat einen extramuralen Ausschuss gehabt – also vier Gremien.

Wahr ist vielmehr, dass es jetzt eine Gesundheitskommission ohne Ausschüsse gibt und der einzige Ausschuss der Landesgesundheitskommission der Zielsteuerungsaus­schuss ist. Das heißt: zwei Gremien statt vier Gremien. Und die Besetzung ist von der Anzahl her ungefähr die Hälfte der Mitglieder. Das sind die Fakten. Daher ist es keine Bürokratievermehrung, sondern eine Entbürokratisierung. Darum reden wir auch von Reform im Verwaltungsbereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Bemerkung, zu Schärding: Wenn das hier schon so breit dargestellt wird, dann muss man – ohne Verkennung der Probleme! – eben ein paar ehrliche Fakten sagen, Herr Kollege Stadler.

Warum ist es denn in Schärding zu diesen Maßnahmen gekommen? – Weil Schärding eine für ein Spital wirklich unglückliche geographische Lage hat. Sie wissen, ein Teil des Bezirkes Schärding geht nach Ried. Ein Teil des Bezirkes Schärding geht nach


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Grieskirchen und Wels. Ein kleiner Teil des Bezirkes geht sogar nach Braunau. Nach Passau sind sie in der Vergangenheit in einem gewissen Ausmaß auch immer ge­gangen.

Schärding ist jenes Bezirkskrankenhaus, das, obwohl es eine hohe ärztliche Qualität hat, eine hohe medizinische Qualität hat, nur ungefähr 30 bis 35 Prozent der Schär­dinger Bezirksbevölkerung als Bezirkskrankenhaus in Anspruch nehmen. Da kann aber das Bezirkskrankenhaus nichts dafür, sondern die Landkarte und die Tatsache, dass wir eben in diesem Raum – Hausruckviertel, Innviertel – sehr viele Standorte von Spi­tälern haben.

Was die Auflösung von Abteilungen anlangt, wissen Sie genau: Es sind nur jene Ab­teilungen aufgelöst worden, die eine Belegung von unter 50 Prozent hatten. Wenn Sie die Kinderabteilung erwähnen: Die Kinderabteilung – wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, ungefähr wird es sicher stimmen – hat, glaube ich, zwölf Betten und eine Jahres-Durchschnittsbelegung von gut 30 Prozent gehabt. (Bundesrat Brückl: Sechs Bet­ten!) – Bitte? (Bundesrat Brückl: Die Hälfte, glaube ich!) – Oder acht Betten; nein, ich glaube, es waren schon zehn oder zwölf.

Auf alle Fälle war die Belegung 30 Prozent. Und die Statistik hat nachgewiesen, dass wir in der Kinderabteilung Nächte gehabt haben, in denen kein Kind da war. Das hat es leider gegeben. Wir haben ja nur aufgrund der Bewertungen gehandelt. Wir haben ja eine Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler, wenn wir diese Dinge betrachten.

Wir haben jetzt mit dem Vertrag mit Passau für die Kinder eine günstige Lösung, und ich höre aus diesem Bereich keine Kritik. Glauben Sie mir, es ist wirklich nicht lustig, wenn du da Veränderungen durchführen musst!

Wir haben uns bei den Belegungen am österreichischen Schnitt orientiert. Wenn jetzt von Gangbetten die Rede ist: Es kann schon sein, dass einmal in einem Krankenhaus, wo eine Unfallabteilung ist, in einem Skigebiet, wenn an einem Tag sehr viele Brüche vorkommen, vielleicht drei Personen für zwei Stunden am Gang liegen. Das wird im­mer wieder vorkommen. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Wir haben 82 Prozent Aus­lastung der Betten. Der europäische Schnitt ist 90 Prozent Auslastung der Betten. Da liegen wir um fast 10 Prozent darunter. Wir müssen uns an diesen Koordinaten orien­tieren.

Ich sage auch ganz offen, die Ziele der Gesundheitsreform wird jedes Land nur dann erreichen, wenn es eine Spitalsreform durchführt. Wir haben das schon hinter uns; an­dere Länder haben es zum Teil auch oder stecken mittendrin. Lustig ist das alles nicht, denn Veränderung heißt immer Verunsicherung, das ist keine Frage. Aber wenn wir eine Verantwortung gegenüber nächsten Generationen tragen, dann müssen wir refor­mieren.

Da Sie den dritten gespag-Direktor ansprechen, sage ich Ihnen eines: Ist in Ordnung, kann man kritisieren, aber sagen Sie bitte dazu, dass wir die zweite Ebene verkleinert haben, im Vorstand kostenneutral sind und dass es im Gegensatz zu anderen Ländern in Oberösterreich keine Regionaldirektoren und Regionalmanager gibt, sondern dies ausschließlich der Vorstand zu bewerkstelligen hat!

Abschließend noch einmal: Ich glaube, es ist eine gute Reform, die hier heute be­schlossen wird. Wir alle werden das genau beobachten. Und wenn sich da und dort et­was nicht als richtig erweisen sollte, dann werden wir rechtzeitig reagieren. Niemand hat den Stein der Weisen, niemand macht keine Fehler, aber alle sollten wir in der Lage sein, sollte ein Fehler passieren, rasch zu reagieren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.50


Präsident Edgar Mayer: Danke, Herr Landeshauptmann.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 112

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte, Herr Kollege. (Bundesrat Kneifel: Ich ziehe die Wortmeldung zurück!) – Wortmeldung wurde zurückgezogen.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Herrn Landeshauptmann von Oberösterreich für seinen Besuch. – Vielen Dank, Herr Landeshauptmann! Alles Gute! (Allgemeiner Bei­fall.)

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrat erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG Zielsteuerung- Ge­sundheit.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. Ap­ril 2013 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswe­sens geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrat keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist wiederum die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Gesundheitsreformgesetz 2013.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrat keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

15.52.3515. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 25. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschülerinnen- und Hochschüler­schaftsgesetz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fachhochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wis­senschaft und Forschung) (2164 d.B. und 2282 d.B. sowie 8945/BR d.B. und 8957/BR d.B.)

 


Präsident Edgar Mayer: Nun kommen wir zu Punkt 15 der Tagesordnung.

Ich darf Herrn Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle sehr herzlich in unserer Mitte be­grüßen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Junker. Bitte um den Bericht.

 


15.53.10

Berichterstatterin Anneliese Junker: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Ich berichte aus dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. (Vizepräsi­dentin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 113

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


15.53.48

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle beinhaltet gleich mehrere Gesetze: Universitätsgesetz, Studienförderungsgesetz, Hochschülerschaftsgesetz. Es ist mir be­sonders wichtig, dabei festzuhalten, dass es eine gemeinsame Lösung mit der Einbin­dung der Senate gegeben hat. Das ist keine Selbstverständlichkeit und ist besonders hervorzuheben.

Diese Reform ist ein wichtiges Werk für alle Verwaltungsverfahren. Es hat bisher funktioniert, allerdings ist es ebenso sinnvoll, eine Reform in allen Ressorts durchzu­führen. Wichtig ist auch die Anrechenbarkeit innerhalb Österreichs, da Studien an ver­schiedenen Standorten ähnlich sein müssen und damit keine Verzögerungen eintreten.

Es werden ein Verwaltungsgericht erster Instanz in den Ländern sowie zwei Verwal­tungsgerichte beim Bund eingerichtet. Erlassene Bescheide der ersten Instanz können künftig bei einem Verwaltungsgericht angefochten werden. Wichtig ist, dass im Be­schwerdeverfahren die Einbindung der Senate vorgesehen ist und ebenso Profes­sorinnen und Professoren als Sachverständige hinzugezogen werden können. So kann das eine Art Gutachten aufgrund von Beschwerden abgeben.

Die Unabhängigen Verwaltungssenate sowie Sonderbehörden werden abgeschafft. Auch da tritt das Verwaltungsgericht in Aktion. In weiterer Folge sind natürlich künftig auch noch eine Reihe von Anpassungen notwendig.

Ich darf besonders hervorheben, dass Senat, Universitätskonferenz und Hochschüler­schaft bestens zusammengearbeitet haben, und es ist somit dem Herrn Bundesmi­nister und der gesamten Beamtenschaft für diese Novelle sehr zu danken. Wir sind hier wirklich auf einem guten Weg. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.56


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.

 


15.56.32

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Gospa president! Herr Bundesminister! Gospod zvezni minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Dieses Gesetz dient der Anpassung von Materiengesetzen an das neue System der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Herr Kollege Saller hat genauestens erklärt, was das heißt, was damit geschaffen wird. Er hat gesprochen von der Anrechenbarkeit, von der Schaffung des Verwaltungsgerichtshofes, und zwar so­wohl in den Bundesländern als auch im Bund, wo zwei geschaffen werden, von der Einbindung der Senate, der Professorinnen und Professoren. Deswegen werde ich mir und euch ersparen, das alles noch einmal zu wiederholen. Ich möchte aber ganz kurz zusammenfassen, was für mich sehr wichtig ist.

Das System der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde grundlegend in Richtung mehr Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit geändert. Diese Anpassung hat mehr Nähe zu den Bürgern und Bürgerinnen zur Folge. Es ist dies eines der Ergebnisse des Ös­terreich-Konvents. Dieses neue System ist ein wichtiger Schritt in der Bundesstaats-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 114

reform. Damit wird das alte System nun – fast nach hundert Jahren, weil es in der Ver­fassung aus dem Jahre 1919 verankert ist – im Sinne des Föderalismus geändert. Wir von unserer Fraktion werden dem selbstverständlich zustimmen.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Danke. Hvala lepa. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundes­rates Schreuder.)

15.58


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Töch­terle. – Bitte.

 


15.58.38

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle müs­sen auch im Wissenschaftsbereich manche Gesetze geändert werden. Dabei muss vor allem ein Procedere geändert werden, das sich an den Universitäten sehr bewährt hat. Die Instanz der Senate kann so nicht mehr weiterbestehen, was ein Verlust ist, weil die Senate als demokratisch zusammengesetztes Gremium in den Universitäten – wo auch Studierende, wo Mittelbau-Vertreter drinnen sind und wo vor allem aber die Fach­experten aus der Professorenschaft drinnen sind – sehr kompetente Entscheidungsins­titutionen waren.

Und um zumindest die Kompetenz dieser Institutionen zu retten, haben wir uns be­müht, hier ein Procedere zu finden, das zwar der Novelle entspricht – wir wollen keine Ausnahmen –, das aber doch die wertvolle Stärke sowohl demokratischer als auch fachlicher Kompetenz erhält.

Das haben wir, glaube ich, wie schon erwähnt wurde, im Einvernehmen mit den Se­naten, mit allen Betroffenen so gelöst, dass wir bei strittigen Fällen – die wird es nicht oft geben – dem Senat eine Gutachterfunktion zuschreiben, und zwar deswegen eine Gutachterfunktion, weil mit einem Gutachten natürlich eine starke Wirkung auf die entscheidenden Gremien ausgeübt werden kann und damit die Mitwirkung gesichert ist.

Ich glaube, es ist eine gute Lösung, wo wir eben keine Ausnahme brauchen, aber den­noch diese Kompetenz sichern; und ich bin dankbar, wenn gegen diesen Teil der No­velle hier kein Einspruch erhoben wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundes­räten der FPÖ.)

16.01


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

16.00.4616. Punkt

Jahresvorschau des BMWF 2013 auf der Grundlage des „Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission“ und des „Achtzehnmonatsprogramms des Rates“ (III-490-BR/2013 d.B. sowie 8958/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 115

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Junker. Bitte um den Bericht.

 


16.01.07

Berichterstatterin Anneliese Junker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Ich berichte aus dem Ausschuss für Wissenschaft und For­schung. Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 den Antrag, die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Wissen­schaft und Forschung 2013 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.

 


16.01.42

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nach den exzes­siven gesundheitspolitischen Erörterungen samt jeder Menge bedeutungsschwangerer Sonderredner werde ich versuchen, bei dem eigentlich sehr wichtigen Thema, nämlich Forschung und Hochschulbildung und der europäischen Komponente, trotzdem etwas Zeit einzusparen.

Dass Forschung und Bildung wichtig sind, ist, glaube ich, heute schon an vielen Ecken und Enden betont worden. Ich möchte aus diesem Programm eigentlich nur zwei Teil­aspekte herausziehen, die auch wiederum in diesem Programm eigentlich nur Über­schriften sind. Es sind dies die Internationalisierung der Hochschulbildung und die Internationalisierung der Forschung.

Beides sind Begriffe, die, wenn ich es einmal so sagen darf, sicherlich abseits vieler Überschriften noch mit Inhalt gefüllt werden müssen, wobei der Inhalt im Wesentlichen Geld und eine ganze Menge Geld ist – und erst dann, und das, glaube ich, zieht sich über den ganzen Bildungsbereich, wenn die Einigung über ein Budget da ist, wird sich auch erkennen lassen, wie ernst die Bekenntnisse sind.

Die Internationalisierung der Hochschulbildung ist auch darin zu sehen, dass man eben die Flexibilität und Mobilität der europäischen Studenten verstärken will. Da kann man erstens klar festhalten, dass es ein vitales Interesse Österreichs gibt, dass die Mobilität nicht auf einer schiefen Ebene, auf einer Einbahnstraße zu uns hereinkommt und die Ressourcen unserer ohnehin kleineren Universitäten in dieser Form so sehr in An­spruch genommen werden, dass für österreichische Studentinnen und Studenten we­niger Platz zum Studieren ist. Das ist ein Punkt, wo wir dem Studentenaustausch, der Mobilität und Flexibilität sicherlich auch das Wort reden und bei diesem Programm na­türlich ein Interesse haben, dass es in dieser Form kommt.

Zum Zweiten gibt es das Forschungsrahmenprogramm „Horizont 2020“, das auch ei­nigermaßen mit Überschriften gefüllt ist: Es steht wieder nicht fest, wie viel Geld es ge­ben wird. Klar ist, dass Österreich sich dafür ausgesprochen hat, dass die Förderbud­gets da wesentlich erhöht werden, dass viel Geld hineinkommt, natürlich aber auch die Teilnahmeregelung entsprechend ausgestaltet werden muss, also wer darf was im Rahmen dieses Programms tun. In diesem Forschungsrahmenprogramm wird auch darauf Bezug genommen, dass die Forschung natürlich nicht an den europäischen Grenzen Halt macht, das bedeutet auch Kooperation mit Drittstaaten.

Der wesentliche Punkt aber ist die Schaffung eines europäischen Forschungspro­gramms als Überschrift. Inhalt, glaube ich, fehlt noch bis zu einem gewissen Grad,


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 116

wenn man das so sagen darf, und ich glaube, dass der Inhalt eben erst dann kommen wird, wenn entsprechende finanzielle Ressourcen dazu freigegeben worden sind. Die­ses Programm kann man im Wesentlichen aber trotzdem so zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.04


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte.

 


16.04.51

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der diesjährige Bericht des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung beruht auf dem Arbeitspro­gramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2013, sowie auf dem Achtzehnmo­natsprogramm des Rates bis Juni 2014 und umfasst im Wesentlichen folgende Punkte:

Erstens die „Innovationsunion“ mit einem Katalog von 34 Maßnahmen betreffend EU-Patent, Forschungsausbildung, globale Forschungsinfrastrukturen, innovative, öffentli­che Beschaffung, und so weiter. So soll die Effizienz des europäischen Innovationssys­tems gesteigert werden.

Zweitens beinhaltet es, mein Vorredner hat es schon erwähnt, das Forschungspro­gramm „Horizont 2020“. Dies ist ein in Verhandlung stehendes Rahmenprogramm für die Jahre 2014 bis 2020 für wissenschaftliche Projekte, die sich vor allem mit gesell­schaftlichen Herausforderungen beschäftigen werden. Dieses Forschungsprogramm muss bis Jahresende vom Rat und dem Europäischen Parlament beschlossen werden. Österreich wird sich besonders für einfache und kohärente Teilnahmeregeln einsetzen, wobei die Neuorientierung der europäischen Forschungsförderung im Bereich der Kernenergie und die Schutzbestimmungen im Bereich der Stammzellenforschung wichtige Anliegen sind.

Da derzeit die Beteiligung Österreichs am Budget des Forschungsrahmenprogramms sehr hoch ist, bleibt die Frage offen, wie weit sichergestellt wird, dass auch im „Hori­zont 2020“ die Rückflussquote hoch bleibt und österreichische Forschungsprojekte ma­ximal profitieren.

Der dritte Punkt sind die strategischen Partnerschaftsinitiativen. Die Forschungsförde­rung in übergreifenden Schlüsselbereichen soll mit erheblichen Mitteln aus dem EU-Haushalt unterstützt und die Weiterführung einiger bereits bestehender, sowie die Schaf­fung von neuen Initiativen geplant werden.

Vierter Punkt, und das ist der letzte, ist die Hochschulbildung. Dieses Programm steht für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung, sowie für die stärkere Internationalisierung im Hochschulbereich. Dazu gehört die Vorbereitung des neuen EU-Programms „Erasmus für Alle“ ab Jänner 2014 und die längst erwartete, aber seit 2012 verschobene Mitteilung der Europäischen Kommission zur Hochschulbildung. Es stellt sich allerdings die Frage, welche Inhalte in dieser Mit­teilung abgedeckt werden und in welcher Höhe es möglich sein wird, Mittel aus dem EU-Bildungsprogramm „Erasmus für Alle“ ab 2014 für österreichische Studierende zu lukrieren.

Schließlich fehlt jede Perspektive hinsichtlich der Problematik rund um die ausländi­schen Studierenden in Österreich generell und im Hinblick auf den Bestand der existie­renden Quotenregelung. Diesbezüglich wäre eine Klarstellung wünschenswert. Trotz dieses Vorbehaltes wird meine Fraktion den vorliegenden Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen.  Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 117

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Töch­terle. – Bitte.

 


16.09.11

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Sehr geehrtes Präsidium! Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ist jetzt mehrmals die Inter­nationalität beschworen worden. Die Universitäten und die Wissenschaft sind natürlich seit jeher und per se international gewesen, und sie sind es auch heute und sie sind es gerade in Österreich in besonderem Maße.

Dafür gibt es viele, viele Indizien und Belege, ich erwähne nur einen von vielen: Es gibt ein Hochschulranking, das leider wenig bekannt aber sehr aussagekräftig ist, in dem nicht die einzelnen Universitäten miteinander verglichen werden, sondern die Universi­tätssysteme, das sogenannte Melbourne-Ranking. Die Universität Melbourne ist feder­führend, aber es sind Universitäten aus der ganzen Welt dabei. Es werden also die besten 50 Universitätssysteme der Welt miteinander verglichen.

Eines der vier Kriterien ist die Internationalität; und bei Internationalität der Universitäts­systeme ist Österreich Nummer 1 der Welt. (Bundesrat Krusche: Schon wieder !) Das hat nicht nur mit den deutschen und Südtiroler Studierenden zu tun, sondern sehr stark mit der Internationalität unserer Forscherinnen und Forscher. In diesem Ranking, das sei noch zusätzlich bemerkt, schneiden wir sehr gut ab. Da sind wir von den 50 besten Systemen der Welt an zwölfter Stelle. Hinter uns liegen so renommierte Uni­versitätsländer wie Deutschland und Frankreich. Das sei einfach auch einmal gerade dem Hohen Haus zur Kenntnis gebracht, weil man meistens nur vom mäßigen Ab­schneiden in Rankings hört. Also bei der Internationalität ist Österreich ganz, ganz stark.

Ich weiß, es gibt auch ein paar problematische Seiten. Wir haben in wenigen Fächern sehr, sehr großen Andrang deutscher Studierender, das ist richtig. Da herrscht auch ein gewisser Handlungsbedarf, den wir auch sehen und dem wir begegnen wollen. Was mir bei der Gelegenheit auch wichtig ist zu sagen, ist Folgendes: Schön wäre es, wenn wir von den ausländischen Studierenden, die unser Universitätssystem in An­spruch nehmen, auch Beiträge verlangen könnten, mit denen sie wenigstens ein biss­chen was dazu beitragen, unser System zu finanzieren.

Wir sind vor allem im Programm Erasmus sehr, sehr erfolgreich. Das ist eine Erfolgs­geschichte mit ganz, ganz tollen Zahlen. Wir hoffen, dass wir auch in „Erasmus für Alle“, das jetzt aufgelegt wird und das federführend in meinem Nachbarressort bei Frau Dr. Schmied liegt, reüssieren und dass eine entsprechende Finanzierung dort gegeben ist. Die Bilanz insgesamt ist sehr, sehr gut.

Dann darf ich noch kurz auf „Horizont 2020“ eingehen, also auf das nächste For­schungsrahmenprogramm, es wird das achte sein und von 2014 bis 2020 gehen. Be­kanntlich ist da ursprünglich ein Finanzvolumen von 80 Milliarden ins Auge gefasst worden, es ist jetzt auf 70 Milliarden gekürzt worden. Ich denke, das ist eine noch an­nehmbare Höhe. Das siebente Rahmenprogramm hatte eine Höhe von 54 Milliarden, also die Steigerung ist doch deutlich – natürlich wünscht man sich immer möglichst viel.

Es sind auch schon ziemlich konkrete Inhalte verhandelt worden. Wir haben uns da auch kräftig eingebracht. Das Programm ruht auf drei Säulen, ganz kurz: Eine ist Ex­zellenz in der Forschung, die andere ist Innovation, also Marktführerschaft, und die dritte sind gesellschaftliche Herausforderungen. In allen drei Säulen bin ich ganz über­zeugt, dass Österreich hervorragend abschneidet, ähnlich gut oder noch besser als im siebenten Rahmenprogramm. Dort haben wir etwa 130 Prozent der Mittel zurückge­holt, die wir hineingezahlt haben. Ich bin mir sicher, dass wir wieder gut abschneiden.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 118

Wir haben auch noch zwei ganz konkrete Dinge mit hinein moniert, und es ist uns ge­lungen, das aufzunehmen. Wir haben die Fördermöglichkeiten für die Forschung in Klein- und Mittelbetrieben erhöht. Das ist für Österreich deswegen so wichtig, weil wir eine entsprechende Struktur haben. Wir haben viele Klein- und Mittelbetriebe, die sel­ber keine Forschungsabteilungen haben können und bei denen es ganz wichtig ist, dass sie möglichst gut und möglichst effizient mit anderen Forschungseinrichtungen, also vor allem mit den Universitäten, kooperieren können.

Und wir haben es gemeinsam mit Deutschland geschafft, dass vor allem auch die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften in der dritten Säule, bei den gesellschaftli­chen Herausforderungen, berücksichtigt werden. Das ist wichtig, weil wir da in Öster­reich ein paar besondere Stärken haben.

Das heißt, ich denke, wir haben es geschafft, mit unserer eigenen Handschrift „Hori­zont 2020“ zu beeinflussen und damit auch für Österreich sehr, sehr gute Vorausset­zungen zu schaffen, um dort erfolgreich abzuschneiden. Wenn das Hohe Haus dieser Vorschau seine Zustimmung gibt, dann bin ich dankbar. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

16.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Vielen Dank, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Ich begrüße Herrn Minister Mitterlehner ganz herzlich hier bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

16.14.3317. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2197 d.B. und 2261 d.B. sowie 8948/BR d.B. und 8965/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zum 17. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. Bitte um den Bericht.

 


16.14.58

Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Der gegenständliche Bericht des Wirt­schaftsausschusses liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher gleich den An­trag stellen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


16.15.17

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, guten Tag! Die Politik ist ja auch dazu da, für Interessenausgleich zu sorgen; und In­teressenausgleich ist ja die wahre Kunst. Und wie das eben so üblich ist in der Politik, sehen sich natürlich Politiker und Politikerinnen jeweils als Anwalt oder Anwältin der ei­nen oder anderen Gruppe, sage ich einmal.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 119

Kern dieser Novelle, die wir heute beschließen, sind Änderungen betreffend das ge­werbliche Betriebsanlagenrecht, dass die Erweiterung, der Neubau von solchen Anla­gen vereinfacht werden, Betriebsübernahmen vereinfacht werden, die Komplexität re­duziert wird. Und wenn ich mir selber jetzt so zuhöre, würde ich sagen, jetzt kann ich doch mit gutem Gewissen dem Ganzen zustimmen  würde nicht der Teufel bekannt­lich im Detail stecken. Modernisierung, Vereinfachung, Entrümpelung, Entbürokratisie­rung, zum Beispiel im Betriebsanlagenrecht, wären ja auch Sachen, die wir Grünen so­fort unterstützen könnten. Allerdings, und das ist eben unser Problem  und im Zwei­felsfall fühlen sich die Grünen als Anwälte und Anwältinnen der Umwelt und der Men­schen , geht in diesem Fall für uns das Schutzniveau für diese Menschengruppen und für die Umwelt einfach zu stark verloren.

Es gibt zwar eine verstärkte Parteienstellung für manche Anrainer und Anrainerinnen, was wir auch durchaus begrüßen, aber wie eben schon vorher gesagt wurde, gibt es für uns viel zu viele Ausnahmen, die diese Möglichkeit beeinträchtigen. Ein Beispiel, das wir besonders kritisch sehen, ist die anzeige- und genehmigungsfreie Änderung von Betriebsanlagen, wenn es eine vorübergehende Dauer hat, laut Gesetz maximal vier Wochen. Das wirft ja auch verfassungsrechtliche Fragen auf, das sehen nicht nur wir Grüne so. Da verweise ich zum Beispiel auf die Stellungnahme des Verfassungs­dienstes des Bundeskanzleramtes. Das konnte ja nicht ausgeräumt werden.

Fazit kurzum: Wenn man eine Anlage erweitern, bauen, was auch immer will, muss man einen Interessenausgleich für Umwelt und Menschen schaffen, und der ist für uns zu einseitig, sonst hätten wir natürlich gerne zugestimmt. In dem Fall: leider nein.

16.18


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Zwazl zu Wort. – Bitte.

 


16.18.10

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Marco Schreuder, du siehst das auch ein biss­chen einseitig. Ich hätte mich schon sehr gefreut, wenn ihr da mitstimmen könntet, aber vielleicht habe ich die Gelegenheit, dich jetzt ein bisschen zu überzeugen, und wenn es mir heute nicht gelingt, wir haben ja im Bundesrat noch etwas länger Zeit, viel­leicht schaffe ich es dann. (Bundesrat Schreuder: Schwierig!)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, gerade für uns von der Wirtschaft ist die vorliegende Gewerbeordnungsnovelle ein positives, ein gutes Beispiel für Entbüro­kratisierung.

Ein wesentlicher Punkt ist auch die Neuregelung betreffend die Betriebsnachfolge. Wo­von reden wir?  In zehn Jahren stehen insgesamt ungefähr 57 500 Unternehmen zur Nachfolge an, und viele der Unternehmen werden wahrscheinlich in der Familie über­geben, aber es werden auch immer mehr familienextern eine Nachfolge finden. Das ist auch der Grund, warum wir uns als Wirtschaftskammer dieser Nachfolge schon immer sehr angenommen haben und sehr früh die Nachfolgebörse ins Leben gerufen haben, denn die volkswirtschaftliche Dimension dieser Thematik ist enorm.

Wir sprechen dabei von 500 000 Arbeitsplätzen, die durch eine erfolgreiche Nachfolge in diesen Unternehmen in den nächsten zehn Jahren gesichert werden können. Des­halb ist es umso notwendiger, eine Unternehmensnachfolge bestmöglich zu erleichtern und die Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer zu unterstützen.

Gerade die Unternehmen, die zur Übernahme anstehen, gehören meist zu den traditio­nellen Gewerben und sind daher auch mit gewerblichen Betriebsanlagen verbunden. Bisher waren die Jungunternehmer mit einem Schlag mit einer ungeheuren Anzahl an


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 120

Auflagen konfrontiert, die oft unüberschaubar und undurchschaubar waren und einen hohen Kosten- und Zeitaufwand bedeutet haben.

Diese Vereinfachung und Entrümpelung ist uns nur recht (Bundesrat Schreuder: Das ist auch gut so!), denn es war zum Beispiel so, dass man einen Verwaltungsaufwand gehabt hat und sich rechtfertigen musste, wenn bei einer Übernahme noch eine alte Maschine da war, für die es früher eine Betriebsanlagengenehmigung gegeben hatte, man eine neuere, bessere und auch umweltschonendere Maschine angeschafft hat, die alte aber trotzdem noch stehen gehabt hat. Gerade wir aus der Wirtschaft sind schon auch Beschützer und Bewahrer unserer Umwelt, und es ist uns nicht wurscht, was damit geschieht, Marco!

Durch diese Neuregelung ist es in Zukunft so, dass der Betriebsübernehmer auf An­frage von der Behörde klare und verlässliche Informationen über alle für die Betriebs­anlage geltenden Bescheidinhalte erhält, die ab dem Betriebsübergang zu erfüllen sind. Gleichzeitig kann eine Fristverlängerung zur Einhaltung bestimmter Auflagen be­antragt werden.

Eine weitere Maßnahme ist ein sehr gutes Beispiel für wirtschaftsnahe Verwaltungsfor­men: Konkret geht es um die Vereinfachung der Behördenzuständigkeit bei bezirks- und länderübergreifenden Betriebsanlagen. Es sind künftig nicht mehr zwei Behörden parallel zuständig, sondern es ist jene Behörde zuständig, in deren Sprengel sich der größere Anlagenteil befindet. Das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass wir ohne Einfluss auf die Rechtssicherheit Erleichterungen geschaffen haben. Wie ich schon ge­sagt habe, Bürokratieabbau ist uns allen sehr wichtig, und wir haben in der Wirt­schaftskammer Niederösterreich 30 Beispiele gesucht und uns vorgenommen, dies­bezüglich Abhilfe zu schaffen. Es war gar nicht schwer, 30 Beispiele zu finden, bei denen wir es schaffen werden, bis Ende des Jahres Bürokratieerleichterungen umzu­setzen.

Wir haben in dieser aktuellen Novelle auch Erleichterungen in Anzeigenverfahren für die Tourismusbetriebe geschaffen. Insgesamt wird mit dieser Novelle der unternehme­rische Freiraum erweitert und der Verwaltungsaufwand abgebaut.

Der unternehmerische Freiraum wird auch nicht durch die im Nationalrat erfolgte Klarstellung der Verkaufsrechte des Gastgewerbes beeinträchtigt, denn da ist nichts anderes gemacht worden als eine ungewollte Gesetzeslücke zu schließen. Grundsätz­lich können viele Gewerbetreibende in untergeordnetem Ausmaß Nebenrechte zu ih­rem angemeldeten Gewerbe ausüben. Zum Beispiel kann ein Handwerksunternehmen im untergeordneten Ausmaß auch den Verkauf ausüben. Der Charakter des Hand­werksbetriebes muss dabei allerdings erhalten werden.

Beim Gastgewerbe war das nicht der Fall. Bisher konnte man ein Gastgewerbe anmel­den und Verkaufsrechte so weit ausüben, dass das Erscheinungsbild des Betriebes nicht mehr dem Gastgewerbe entsprach. Ein Beispiel dazu, damit man sich das etwas besser vorstellen kann: Ein großes Weinhandelsunternehmen meldet ein Gastgewerbe an, hat aber die überwiegende Fläche für den Verkauf und nicht für die Ausschank ge­widmet. Beim Gastgewerbe hat das natürlich eine ganz besondere Bedeutung, weil das Öffnungszeitengesetz im Gastgewerbe die Möglichkeit zur Sonntagsöffnung vor­sieht. Mit dieser jetzt aktuellen Novelle wird festgelegt, dass der Charakter, sprich das äußere Erscheinungsbild des Gastgewerbes gewahrt bleiben muss. Damit erfolgt nicht nur eine Klarstellung, sondern auch eine Gleichstellung mit allen anderen Gewerben.

Für die Bäcker und Fleischer ist festgelegt worden, dass der Charakter als Bäcker und Fleischer gewahrt werden und gewahrt bleiben muss.

Wichtig ist aber auch, dass der Vertrauensschutz sichergestellt ist, weshalb wir eine Übergangsregelung geschaffen haben, dass alle bisher legal durchgeführten Varian­ten, die schon länger als sechs Monate bestehen, auch weiterhin bestehen können.


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Weitere Klarstellungen und Konkretisierungen erfolgen durch einen Abänderungsan­trag im Nationalrat, bezogen auf die Berufsrechte, konkret auch auf die Haftpflichtversi­cherung bei Bauunternehmen. Die letzte Novelle hat für Haftpflichtversicherungen kei­ne Deckelung vorgesehen. Ohne diese Obergrenze wäre jedoch eine Versicherung für unsere Bauunternehmen ganz einfach nicht finanzierbar. Aus diesem Grund müssen durch diese Novelle Bauunternehmen mit weniger als 38,5 Millionen € Umsatz über eine Versicherungssumme von mindestens 1 Million € pro Schadensfall verfügen. Grö­ßere Unternehmen benötigen eine Mindestversicherungssumme von 5 Millionen €.

Alles in allem ist es für uns, für die Wirtschaft ein sehr sinnvolles Maßnahmenpaket. Es ist ein tolles Beispiel für Entbürokratisierung, und deshalb ist es selbstverständlich, dass wir uns darüber freuen und unsere Zustimmung gerne geben. Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.25


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kemper­le zu Wort. – Bitte.

 


16.25.55

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätztes Präsidium! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren im Bundesrat! Ja, auch für uns ist klar, dass diese Novelle letztendlich zu einer Vereinfachung im gewerblichen Betriebsanlagenbe­reich führen soll. Tatsache ist, dass darin sehr viele diesbezügliche Veränderungen enthalten sind. Es ist ja bereits von meinen beiden Vorrednern ausgeführt worden, dass es gerade bei der Betriebsübergabe beziehungsweise bei der Betriebsübernahme Vereinfachungen im Anlagenbereich geben soll, die positiv zu bewerten sind.

Auch die erweiterte Parteienstellung ist es sicher wert, hier erwähnt zu werden, da es dabei darum geht, dass die Möglichkeit zur Parteienstellung gegeben ist, auch wenn nicht unmittelbar die Interessen von Nachbarn betroffen sind, allerdings ein erhöhtes Schutzbedürfnis dargestellt wird.

Es gibt natürlich auch verschiedene Bereiche wie große Sportevents et cetera, im Zuge derer es immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen kommt, was genehmigt wor­den ist und was nicht. Das ist nunmehr ausgeräumt, das heißt, es gibt gerade für sol­che Events, wie es zum Beispiel die Fußball-EM oder die Ski-WM in Schladming wa­ren, in diesem Bereich der Gewerbeordnung nun auch tatsächlich Rechtssicherheit.

Allerdings dazu schon auch eine Anmerkung von meiner Seite: Ich komme ja aus einem anderen Bereich als Frau Kollegin Zwazl, nämlich aus dem Bereich der Arbeit­nehmerInnenvertretung, und wir werden sehr genau darauf schauen, ob sich gerade diese legistischen Veränderungen letztendlich dahin gehend bewähren, dass es dabei bleibt, dass die Sonntagsöffnung nicht durch die Hintertür eingeführt wird. Ich meine, dass dies auch im Interesse der Klein- und Kleinstunternehmen liegt, vor allem, wenn ich mir immer wieder Diskussionen darüber anschaue, welche Problemstellungen sich für diese Gruppe ergeben.

Auch andere Bereiche werden wir beobachten, zum Beispiel, was Genehmigungen im Betriebsanlagenbereich betrifft, wo es häufig nicht nur um neue Maschinen geht, sondern letztendlich um das gesamte Betriebssystem und damit verbunden um bau­liche Maßnahmen und Veränderungen. Da ist es, glaube ich, äußerst wichtig, darauf zu achten, dass tatsächlich alle Maßnahmen den Gegebenheiten entsprechen.

Ich bin diesbezüglich durch meine Tätigkeit geprägt und wirklich ein gebranntes Kind. In meinen derzeitigen beruflichen Wirkungs- und Vertretungsbereich fallen große inter­nationale Betriebe. Einer dieser Vertretungsbereiche umfasst ein im Moment in der Öf­fentlichkeit sehr aktuelles und leider sehr negatives Thema, denn vor Kurzem waren ja


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durch den Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch mehr als 400 Tote und mehr als 1 000 Schwerverletzte zu beklagen, und unter den Trümmern sind noch sehr viele Ar­beitnehmerInnen zu vermuten.

Gerade wir müssen uns da sehr wohl auch vor Augen führen, dass wir im Anlagen­bereich genau auf den ArbeitnehmerInnenschutz, auf den Gesundheitsschutz und auf den Gebäudeschutz Bedacht nehmen müssen, und wirklich darauf achten, damit wir nicht einmal hier oder dort dasselbe Schicksal erleiden. (Bundesrätin Zwazl: Verzei­hung, aber das ist bei uns wirklich nicht möglich, dieses Beispiel! Nein!) – Nein, nein, das habe ich auch nicht gesagt, aber es ist sehr wohl in Bezug auf die Statik darauf zu achten, wenn neue oder veränderte Betriebsanlagen in Betrieb genommen werden. Manchmal wird darauf vergessen, auf die Statik der Gebäude zu achten, zum Beispiel durch Vibrationen ist das Gesamtgefüge jedoch oft ein verändertes.

Ich will nicht sagen, dass uns ein solches Schicksal ereilen wird, ich hoffe, dass dies nicht der Fall sein wird, aber ich möchte darauf hinweisen, weil es gerade große Mar­ken sind, die in unseren Ländern zum Teil als sehr sozial und bedacht eingestuft wer­den, die aber, wenn sie in anderen Länder wie zum Beispiel eben in Bangladesch pro­duzieren, nicht auf Sicherheit Bedacht nehmen.

Mein Appell also an Unternehmen, nicht nur in Österreich auf die Sicherheit Bedacht zu nehmen, denn ich möchte, dass weder bei uns noch woanders Menschenleben zu beklagen sind! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

16.31


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Nächster Redner: Herr Bundesrat Mag. Pi­sec. – Bitte.

 


16.31.43

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz kurz zu meiner Vorrednerin: Geschätzte Monika Kemperle, niemand produziert gerne in anderen Län­dern, denn der Weg ist weit, die Distanz ist groß, die Logistik ist zu überbrücken. Ge­macht wird es deshalb, weil offensichtlich irgendetwas nicht stimmt, und das ist si­cherlich eine Standortfrage hier in Österreich. – Das möchte ich aber nur am Rande er­wähnen, weil es jetzt nicht Thema ist.

Zum eigentlichen Thema: Dieses Gesetz erhält auf jeden Fall unsere Zustimmung, weil es Erleichterungen für Unternehmen bringt und weil es in erster Linie Erleichterungen für Familienbetriebe bringt, denn darum geht es ja: um die Übernahme und Übergabe des eigenen Unternehmens.

Österreich besteht zu 80 Prozent aus Familienunternehmen – und „Familienunterneh­men“ ist eigentlich synonym zu KMU oder auch Ein-Personen-Unternehmen, weil hin­ter den Ein-Personen-Unternehmen viele Familienangehörige gratis zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung stehen. Ein Hundert-Stunden-Tag ist in einem Familien­unternehmen sicherlich keine Seltenheit. (Bundesrat Stadler: Hundert-Stunden-Wo­che!– Vollkommen richtig, hundert Stunden pro Woche, aber es ist so viel, dass man fast schon den Tag verlängern könnte! Unterstützung für die Weiterführung und für die Stärkung von Familienunternehmen ist also wichtig.

Was unterscheidet Familienunternehmen von Großkonzernen? – Das muss man auch einmal betonen! Ich würde mich freuen, wenn sich die Wirtschaftskammer und das Wirtschaftsministerium mehr dieser Familienunternehmen annähmen und nicht immer dieser multinationalen Großkonzerne, die dann, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, irgendwo anders produzieren, eigentlich für den Standort Österreich nichts leisten und sich auch nicht so identifizieren wie ein Familienbetrieb. Das Identifikationspoten-


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tial ist nämlich wichtig und soll sich nicht in der Anonymität eines Großkonzerns ver­lieren.

Was zeichnet ein Familienunternehmen noch aus? – Ich selbst komme aus einem Fa­milienunternehmen, ich bin dort groß geworden. Es ist wesentlich schlanker, es ist ef­fizienter, das Reporting ist nicht notwendig, die Entscheidungsstruktur ist eine direkte Linie, es ist eine direkte Hierarchie, dafür hat man mehr Zeit für die Entscheidungs­umsetzung als für die Entscheidungsfindung – im Gegensatz zu gewissen anonymen Großkonzernen.

Diese gesamten Bonuszahlungen, über die wir jeden Tag in der Zeitung lesen, diese gesamte Abzockerei von gewissen multinationalen Unternehmen findet in Familienun­ternehmen eigentlich wenig bis gar nicht statt, denn dort zählt die Langfristigkeit, die Generationenfolge. Das Denken in Generationen ist dort wichtig.

Zum sozialen Aspekt auch ein Wort: Corporate Social Responsibility ist nicht nur ein Schlagwort, sondern wird in Familienunternehmen auch umgesetzt. Die Freiwilligkeit ist uns wichtig, weil der Name, das Standing einer Firma das Um und Auf ist. Das Produkt kann noch so gut sein, wenn das Vertrauen am Markt nicht da ist, um ein Produkt abzusetzen, hilft der billigste Preis nicht, und Vertrauen bekommt man durch das Stan­ding eines Unternehmens.

Abschließend darf ich sagen: Familienunternehmen gehören unterstützt, Familienun­ternehmen müssen auch Zugang zur Finanzierung bekommen, die jedoch leider Got­tes immer schlechter wird. Das betrifft die Bankkredite, aber das ist ein anderes The­ma, das ist ein Euro-Problem, ein Staatsschuldenproblem, das mittlerweile auf die Fa­milienunternehmen abfärbt. Derzeit sind Familienunternehmen in Österreich rückgän­gig, sie gehören daher in jedem Sinne gefördert. Dies wird mit diesem Gesetz hoffent­lich in einem gewissen Sinne forciert, auch wenn es nur ein kleiner Bereich ist.

Die Freiheitliche Partei hat auch eine freiheitliche Wirtschaftsvertretung, „FPÖ pro Mit­telstand – Die Freiheitliche Wirtschaft Wien“, die sich dieser Familienunternehmen in jedem Sinne annehmen möchte und annehmen wird. Steuersenkungen auf allen Ebe­nen sind eine weitere Möglichkeit, diese Familienunternehmen zu unterstützen, sind aber hier nicht Thema. (Bundesrätin Zwazl: Warum hast du es dann erwähnt, wenn es nicht Thema ist?) Wir werden also diesem Gesetzesbeschluss gerne zustimmen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

16.36


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Konrad zu Wort. – Bitte.

 


16.35.55

Bundesrat Klaus Konrad (SPÖ, Steiermark): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Zum Schluss ist es Herrn Kollegen Pisec wieder einmal gelungen, eine Steuer­erleichterung für alle einzufordern. Meine Frage ist daher wie beim letzten Mal – ir­gendwie ergibt sich das schicksalshaft –: Wenn man für alle die Steuern senkt, wie er­halten wir dann die Staatsleistungen – Gesundheit, Sozialsystem, die heute schon er­wähnten Pensionen und Ähnliches?

Wenn ihr sagt, Steuererleichterungen für alle, dann sagt uns bitte auch, wie wir das dann finanzieren sollen. Das war heute nämlich ein Déjà-vu, wobei ich sagen muss, mit einer Sache hast du schon recht: Der Zugang zu den Krediten für die Ein-Personen-Unternehmer und für die Klein- und Mittelbetriebe ist nicht einfach. Klarerweise muss man aber auch sagen, dass man nicht generell die Schrauben lockern kann. Nach dem Basel-Abkommen sind Bonitätsprüfungen einfach notwendig, und ich finde das auch richtig.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 124

Wenn wir, sehr geehrte Damen und Herren, in die Ediktsdateien schauen, dann sehen wir, wie viele Betriebe tatsächlich schließen müssen, weil sie zahlungsunfähig sind. Das hat jedoch nur bedingt damit zu tun, dass sie keine Kredite mehr bekommen, denn zum Teil sind auch wirtschaftliche Fehlleistungen oder schicksalshafte Entwicklungen am Markt die Ursache.

Wir sind heute hier, um eine Novelle der Gewerbeordnung zu beschließen. Diese findet natürlich auch unsere Zustimmung, weil sie eine Weiterentwicklung des Schutzes von Menschen darstellt. Kollege Schreuder hat das schon angesprochen. Es ist durchaus eine Weiterentwicklung der Bestimmungen, wenn es um Menschenschutz, wenn es um Umweltschutz geht. Wenn es um Betriebsanlagen und Anlagentechnik geht, müssen wir immer vorsichtig sein. Das hat Frau Kollegin Kemperle gemeint. Da geht es nicht darum, dass man in Österreich Situationen wie in Bangladesch befürchtet. Tatsache ist jedoch, dass man immer eine gewisse Vorsicht walten lassen muss. – Das ist so.

Auch wenn man Betriebe oder den Betriebszweck verändert, muss man aufpassen, wie Frau Kollegin Kemperle eben gemeint hat. Das Aufstellen einer Maschine kann auf einmal ganz andere Voraussetzungen für das Gebäude darstellen. Das ist Tatsache. (Bundesrätin Zwazl: Das darf man eh nicht machen!) – Ich weiß es. Ich erkläre nur, was meine Kollegin gemeint hat. Das war keine Bösartigkeit in Zusammenhang mit Bangladesch, sondern Tatsache ist, dass die Sicherheit gegeben sein muss.

Es ist richtig, man muss nicht immer zurück an den Start gehen, nur weil ein neuer Be­sitzer den Betrieb übernimmt, der die gleiche technische Ausrüstung verwendet, sie aber auf einen neueren Stand bringt, was vielleicht energietechnisch eine Verbesse­rung ist oder eine arbeitstechnische Erleichterung für die Beschäftigten bringt. Da muss man nicht alles komplett neu überprüfen. – Auch das hat Frau Kollegin Kemperle ge­meint. Da stehen wir aber ohnehin dahinter, also da finden wir uns sehr wohl wieder.

Frau Präsidentin Zwazl, du hast erwähnt, dass man aufpassen muss, wenn es um Mischbetriebe geht. Angesprochen war speziell das Thema Gastronomie und Verkauf; das war ja auch der große Schlager in den Zeitungen. Es wird, und das weiß ich auf­grund meiner beruflichen Tätigkeit, immer schwieriger herauszufinden, welchen Zweck dann letztendlich ein Unternehmen hat.

Wenn ein Unternehmer verschiedene Gewerbeberechtigungen hat, wo sind die Men­schen, die dort beschäftigt sind, laut Kollektivvertrag tatsächlich einzugliedern? Eine Prüfung vorzunehmen, ob sie tatsächlich ein entsprechendes Entgelt bekommen, ist ja oft schon eine spannende Geschichte, weil man dann über Ecken versuchen muss he­rauszufinden, wie der Betrieb funktioniert. (Bundesrätin Zwazl: Es geht um die Tätig­keit – und das weißt du!)

Aber wenn er verschiedene hat, wie soll man dann, ohne dass man vor Ort ist, raus­finden, wo jemand beschäftigt ist? (Bundesrätin Zwazl: Das macht die Krankenkasse regelmäßig!) Versuch, es im Internet zu finden! Ich wünsche viel Spaß dabei. Ich ma­che es nämlich öfters. – Also so einfach ist es leider nicht. Ich würde es mir wünschen, dass es so einfach wäre; ist es aber nicht.

Tatsache ist, dass eine Nachschärfung dieser Bestimmungen ohnehin gegeben ist. Deswegen stimmen wir dem ja auch zu. Das wird ja ohnehin besser. Klarerweise gibt es immer wieder Betriebe, gerade aus dem Bereich des Handels, die dann versuchen, eben mit Ankoppelung an das Gastgewerbe die Öffnungszeiten auszubremsen, das Sonntagsöffnungsverbot quasi zu umgehen oder auch in der Nacht zu öffnen. Tat­sache ist, da müssen wir vorsichtig sein. Mit dieser Verordnung wurde ja eine Klarstel­lung getroffen.

Es geht auch darum, dass wir es den Ein-Personen-Unternehmen, Klein- und Mittelun­ternehmen erleichtern wollen, Betriebsneugründungen zu machen, was wir hiermit


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auch tun. Tatsache ist, und das wiederhole ich auch immer, dass man trotz allem im­mer vorsichtig sein muss, dass wir nicht die Scheinselbständigkeit fördern, was meiner Meinung nach weder die Wirtschaftskammer noch die Arbeitnehmervertretung will. Wenn sich Menschen selbständig machen wollen, dann sollen sie das tun, dann sollte man das möglichst unterstützen, aber jemand sollte nicht reingedrängt werden. So ist zum Beispiel ein Gipser oder Innenausbauer nicht gleich ein Unternehmer, nur weil er auf einer Baustelle arbeitet. Vorher war er selbständig, zwei Tage später findet er sich als Ein-Personen-Unternehmer wieder. Das wollen wir nicht. Ich glaube, das will auch die Wirtschaftskammer nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Von den Grünen wurde das Public Viewing kritisiert. Deswegen möchte ich es auch kurz ansprechen. Klarerweise soll es eine Vereinfa­chung in diesem Bereich geben. Also man muss nicht immer mit verschiedensten Ver­fahren auf Veranstaltungen reagieren. Tatsache ist aber auch, dass das nicht aus je­dem Anlass stattfinden darf. Aber das ist in der Ausführung ohnehin geklärt. Es wird nicht so sein, dass bei jedem Regionalligaspiel gleich ein Public Viewing gemacht wer­den darf. Es gibt auch zeitliche Beschränkungen.

Meine Angst davor, dass in Zukunft in Permanenz in Gastgärten Video-Walls aufge­stellt sein werden und es Rambazamba geben wird, hält sich in Grenzen. Das wird es nicht spielen, und dies ist auch gut so. Wenn es entsprechende Anlässe gibt, dann ist es gut und wichtig. Österreich ist ein Tourismusland. Kollege Perhab, wir brauchen das mit Maß und Ziel. Und deshalb werden wir dem auch gerne zustimmen. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.42


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mit­terlehner. – Bitte.

 


16.42.56

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind hier einige interes­sante Aspekte beleuchtet worden, was Wirtschaften anlangt. Mir ist nur das eine auf­gefallen, weil Kollege Pisec jetzt da kritisiert worden ist, betreffend Ideen zur Steuerre­form. Herr Konrad! Ich finde es ein bisschen zu einfach, nur aus dem, dass die Steuer­quote gesenkt werden soll, abzuleiten, dass damit sofort die Problematik verbunden ist, wir könnten die staatlichen Aufgaben und sonstige Leistungen nicht mehr erfüllen. Denn die Idee der Steuerreform ist, wenn ich absenke, dass ich natürlich auch die Leistungskraft und die Motivation der Betroffenen so steigere und das Wirtschafts­wachstum so entwickle, dass das Steueraufkommen sogar größer wird. Und auf der anderen Seite ist natürlich auch daran gedacht, die Leistungen so effizient zu gestal­ten, dass beides miteinander verbindbar ist. Sonst müsste ja die These gelten, dass nur mit einer ganz hohen Steuerquote alles zu finanzieren ist, und vor allem auch, dass das, was wir haben, nie verändert werden darf.

Daher bin ich da offen für den Diskussionsprozess, finde aber den anderen Aspekt, den Sie auch angesprochen haben, wir hätten jetzt riesige Finanzierungsprobleme, nicht belegt. Die Klein- und Mittelbetriebe bekommen, wenn sie ein ausreichend gutes Konzept vorweisen, durchaus Kredit und Geld. Wir haben eine Statistik und Beobach­tung durch die Nationalbank. Es ist Geld genug vorhanden und, auch was die Zinsen anbelangt, eine sehr günstige Situation. Daher ist von dieser Seite her, wenn die Stim­mung auch noch passt, durchaus die Möglichkeit zu investieren auch da.

Das ist aber nicht der Hauptzweck der heutigen Beschlussfassung, sondern dahinter steht das Spannungsfeld, das Sie oft erleben, nämlich auf der einen Seite die Be­freiung des Unternehmers von anlagenrechtlichen Erschwernissen und administrativen


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Komplikationen, während auf der anderen Seite die Bürger- und Umweltrechte stehen. Und wir bemühen uns, dem Rechnung zu tragen, um einerseits die Wirtschaft zu be­flügeln, aber andererseits den Balanceakt auch nicht zu vernachlässigen.

Ich finde, es ist uns mit der vorliegenden Novelle durchaus gelungen. Bis jetzt ist man im Anlagenrecht immer davon ausgegangen, dass entsprechende Auflagen halt relativ starr wirken. Einmal beschlossen bleibt das so. Die Entwicklung im technologischen Bereich, aber auch im sonstigen Umfeld wird nicht berücksichtigt. Daher: Wenn es sich zum Beispiel ergibt, dass eine Maschine durch technologische Neuerungen im Lärm­pegel zurückgeht, dann muss ich auch die Möglichkeit der Antragstellung haben, dass die Auflagen, die vorher da waren, nachher geändert werden.

Und da kommt jetzt genau das, was ich vorher gesagt habe mit dem Spannungsfeld, was Nachbarrechte anbelangt. Da haben wir sogar die Nachbarrechte, die Parteistel­lung der Nachbarn erweitert. Wenn das wirklich jemand beantragt und in der Form auch eine Änderung möchte, dann muss er dies auch darstellen und den Nachbarn auch mit einbeziehen.

Ich finde das positiv, genauso wie das Ganze einfach übersichtlicher gemacht worden ist. Wenn jemand zum Beispiel ein Unternehmen übernimmt, sollte er nicht nach der Übernahme auf einmal überrascht sein, welche Auflagen es im Betrieb gibt, was dazu führen kann, dass der Unternehmer die Investitionen sich dann nicht leisten kann. Im Sinne einer Gesamtdarstellung sollte der Unternehmer alle Auflagen von der Behörde bekommen, um sich rechtzeitig damit auseinandersetzen zu können, was da Sache ist.

Da wir in diesem Zusammenhang auch eine neue Broschüre haben, darf ich diese Ihren Klienten durchaus ans Herz legen. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Gemeinsam mit Sozialversicherung und Wirtschaftskammer wurde diese von unserem Haus erstellt. Darin finden sich im Bereich der unternehmerischen Tätigkeit für Über­nehmer, für Gründer Informationen über Rechtsform, Finanzierungsmöglichkeiten, teil­weise auch Fördermöglichkeiten, soweit es um Gründer geht, und über viele andere Fragen bis zur Tätigkeit im Ausland. Gerade diese Thematik ist relativ komplex und in dieser Broschüre aus meiner Sicht relativ übersichtlich dargestellt.

Daher finde ich es sehr erfreulich, dass die meisten Parteien diesen Anlagen- und sonstigen Vereinfachungen, die wir hier vorsehen, auch zustimmen werden. Die Pro­bleme, die Sie von den Grünen angesprochen haben, haben wir an sich im Wirt­schaftsausschuss und auch im Nationalrat meiner Meinung nach ausgeräumt. Das war die Frage des Public Viewing. Der Kollege vorher hat es ja richtig angesprochen.

Wir haben im Endeffekt ohnehin auf Großereignisse abgestellt. Und die vier Wochen wird jemand verkraften, wenn es ein Großereignis ist. Ob wirklich ein Regionalligaspiel dann darunter fällt, ist fraglich. Wenn Pasching gegen Austria Wien spielt, dann könnte es sein, dass das in Pasching automatisch zu einer Genehmigung führen könnte, weil es dort als Großereignis angesehen wird.

Generell wird es nicht die Riesenbelästigung sein. Dass wir verfassungsrechtliche Pro­bleme mit dem Verfassungsdienst haben könnten, das haben wir ausgeräumt. Es hätte mich auch gefreut, wenn man das in die Diskussion aufgenommen hätte. Das hat man nicht. Das ist aber, wie ich meine, auch nicht der entscheidende Punkt.

Schließlich und endlich haben wir, weil die Gewerbeordnung damit offen war, auch die Möglichkeit genutzt, „im letzten Moment“ – unter Anführungszeichen – durch eine Än­derung im Rahmen der zweiten Lesung auch die Angelegenheit in der Gewerbeord­nung zu bereinigen, die dadurch entstanden ist, dass bestimmte Unternehmungen wie dayli die Gewerbeordnung umgehen wollten, indem man eben ein Gastgewerbe ange­meldet hätte und mit den Nebenrechten eigentlich einen Gesamthandelsbetrieb geführt


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hätte. Ich sage beides im Konjunktiv, weil wir das jetzt mit dieser Klärung unterbunden haben.

Im Endeffekt bleibt der Status quo damit gewahrt. Ich muss zugeben: Juristisch – es hat auch im Nationalrat die Anmerkung gegeben – ist das nicht wirklich die qualitativ beste Lösung. Ja, es ist relativ umständlich formuliert, trägt aber dem Lebensbild und den Gegebenheiten einfach Rechnung, die wir jetzt schon haben, nämlich dass durch diese, diese und diese Regelung das eigentlich da und dort schon beinahe unterminiert ist. Also in Wirklichkeit ist irgendwo eine Diskussion schon gewesen, und man hat sich da und dort, ich will nicht sagen, hingeschwindelt, aber dieser und jener Berufsstand hat eben eine Sonntagsregelung.

Wir haben uns gesellschaftspolitisch – und da ist immer die Frage, was darf die Politik und was darf sie nicht – aber dazu durchgerungen, dass wir sagen: Es gibt keine Chancengleichheit für Kleinbetriebe. Wenn alle öffnen und wenn praktisch der Zwang entsteht, wirklich offen zu halten, dann ist der Kleinbetrieb gegenüber dem Großbetrieb eindeutig benachteiligt, weil nicht mehr Kaufkraft entsteht, aber die Kaufkraft vom Kleinbetrieb zum organisationsstärkeren Großbetrieb abfließen würde. Deswegen die­se Regelung.

Ich glaube, die Diskussion in der Öffentlichkeit ist damit auch im Großen und Ganzen zu Ende gegangen. Aber welche Diskussion können Sie nie gewinnen? – Die um die Ladenöffnung, weil das Ansichtssache ist und davon abhängt: Ist man Konsument? Wohnt man dort? Wohnt man da? Arbeitet man? Arbeitet man nicht? Welchen Betrieb hat man? – Daher unterschiedliche Perspektive.

Ich glaube, die Regelung ist einigermaßen fair, und freue mich, dass im Nationalrat de facto bis auf die Stronach-Partei alle anderen zugestimmt haben, und erhoffe das auch heute. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.50


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

16.50.3818. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das Ingenieurge­setz 2006, das Berufsausbildungsgesetz, das Maß- und Eichgesetz, das Vermes­sungsgesetz, das Elektrotechnikgesetz 1992, das Wettbewerbsgesetz und das Mi­neralrohstoffgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungs­gesetz – Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend) (2244 d.B. und 2262 d.B. sowie 8966/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen zum 18. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. Bitte um den


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 128

Bericht.

 


16.50.55

Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der gegenständliche Bericht des Wirtschaftsausschuss liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich darf daher gleich den Antrag stellen, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


16.51.21

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Ich mache es wieder ganz kurz. Prin­zipiell haben wir den Anpassungen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit immer zuge­stimmt, in diesem Fall tun wir es jetzt nicht. Wieso nicht? – Das kann ich Ihnen sagen, warum wir es nicht tun. Ich tue es meiner Nationalratskollegin Christiane Brunner zu­liebe nicht. Sie macht das natürlich im Vertrauen aller Grünen als Umweltsprecherin, aber sie kämpft nun wirklich schon seit Jahren deswegen, weil es nämlich im Mineral­rohstoffgesetz – ich will jetzt nicht das Mineralrohstoffgesetz im Detail behandeln, denn das würde wahrscheinlich viele Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause ein bisschen überfordern, aber einen Punkt möchte ich herausheben – noch immer keine Parteien­stellung für Umweltorganisationen im gesamten Genehmigungsverfahren gibt.

Jetzt wurde im Zuge dieser Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle dieses Gesetz aufge­macht. Das wäre die Riesenchance gewesen, das zu ändern. Aber es wurde nichts geändert. Jetzt war Frau Kollegin Brunner traurig, jetzt bin ich auch traurig. Deswegen können wir hier nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

16.52


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Junker. – Bitte.

 


16.52.48

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Heute beschließen wir die verfas­sungsmäßige Anpassung einzelner das Wirtschaftsministerium betreffende Gesetze an die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Grundlage für diese notwendigen Änderungen ist der Beschluss über die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit des vergangenen Jahres. Heute beschließen wir lediglich eine Anpassung.

Auch wenn mein Kollege Schreuder samt seiner Kollegin heute traurig ist, darf ich aber schon festhalten und betonen, dass lediglich technische Änderungen in den einzelnen Materiengesetzen vorgenommen werden, wir nehmen keine materiellen Gesetzesän­derungen vor. Es geht bei dieser Novelle also lediglich um die verfassungsmäßige An­passung an die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nicht um eine Änderung des Inhalts.

Ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Konrad. – Bitte.

 


16.54.02

Bundesrat Klaus Konrad (SPÖ, Steiermark): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde meine Ausführungen zu diesem Tagesordnungspunkt auch kurz halten. Wir ha­ben vorhin im Klub gemeint, eigentlich bräuchten wir hier gar nicht darüber zu reden, denn es handelt sich ohnehin nur um eine Anpassung. Der Grund dafür, warum ich es doch tue, ist folgender: Man formuliert es so flapsig, es sind ja nur Anpassungen, es sind nur Änderungen. Ich möchte den Damen und Herren an den Fernsehgeräten aller-


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dings sagen, es ist eine Heidenarbeit, die ganzen Gesetze zu erarbeiten und anzu­passen. Herr Minister, Sie wissen das. Auch in Diskussionen auf der Straße oder wo immer man Leute trifft, wird man oft gefragt: Was tut ihr denn so? – Auch dann spricht man gelegentlich von Anpassungen und vergisst zu sagen, was da an Arbeit dahinter­steht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja nicht nur so, dass wir hier stehen und be­gründen, warum wir für oder gegen ein Gesetz sind, sondern es ist die viele Arbeit, die aus den Ministerien, aus den Kammern, ähnlichen Interessenvertretungen und auch aus dem Parlament kommt. Es ist die viele Arbeit, die getan wird, und das muss man schon einmal sagen, dass da viel dahintersteht. Auch wenn es lediglich um Anpas­sungen geht, sollte man nicht einfach so flapsig drübergehen und sagen, es sind ja nur Anpassungen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich steht gut da, wir stehen in der wirt­schaftlichen Entwicklung gut da, wir stehen auf dem Arbeitsmarkt gut da, und diese An­passungen werden uns dort hinführen, dass wir auch in Zukunft gut dastehen. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.56


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mit­terlehner. – Bitte.

 


16.56.14

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Konrad! Ich habe beinahe den Eindruck, die Fernsehzuschauer werden jetzt hingerissen sein (Heiterkeit) und den Eindruck mit­nehmen, dass Sie persönlich sämtliche Änderungen geschrieben haben und vollziehen (Bundesrat Konrad: Das habe ich nicht gesagt!), aber ich finde Ihre Intention wirklich sehr, sehr positiv, denn im Endeffekt soll damit nicht nur die Bürgernähe demonstriert, sondern es sollen den Bürgern mehr Rechte und, vor allem was die Instanzensicher­heit anbelangt, auch Transparenz geboten werden.

Herr Schreuder! Ich bin insofern auch beinahe traurig, aber aus einem anderen Motiv als Sie: weil mir nicht erklärbar ist, warum wir es nicht zustande gebracht haben, Ihnen zu vermitteln, dass wir jetzt eine Formalanpassung machen und keine inhaltliche Ände­rung, also keine materielle Diskussion. Es ist lobenswert, Parteienrechte und anderes ändern zu wollen, aber in Wirklichkeit ist das eine andere Thematik, die bei anderer Gelegenheit eben auch bereinigt werden muss, und dem werden wir uns gerne stellen. Aber das hat mit den Anpassungen nichts zu tun. Sie wissen es aber ohnehin und ha­ben es trotzdem gebracht, sei’s drum.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.57


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.57.5719. Punkt

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend EU Vorhaben Jahresvorschau 2013 (III-481-BR/2013 d.B. sowie 8967/BR d.B.)

 



BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 130

Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Dr. Brunner. Bitte um den Bericht.

 


16.58.08

Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Bericht des Wirtschaftsausschusses liegt in schriftlicher Form vor.

Ich darf daher den Antrag stellen, den Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend EU Vorhaben Jahresvorschau 2013 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.

 


16.58.39

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht, um es schlüssig zu machen, ist als solcher nicht so schlecht. (Aha-Rufe bei der SPÖ.) Wir sind aber trotzdem dagegen, weil einige Segmente nicht so kongruent sind.

Was ist gut? – Gut ist sicherlich die Schwerpunktsetzung, die sechs Punkte. Es ist im Kontext mit Europa gut verfasst. Sehr freudig gestimmt hat mich, dass im Kapitel Außenwirtschaft so viele Schwerpunkte gesetzt sind, dass vor allem dem Freihandel mit den USA, mit asiatischen Staaten breiter Raum gewidmet und dieser auch in der gesamteuropäischen Komplexität gesehen wurde. Das ist sicherlich ein Vorteil, denn letztlich ist der Freihandel das, was die Wirtschaft ausmacht. Ohne Freihandel kann ich nichts exportieren und keine Außenwirtschaft fördern, wenn ich in ein anderes Land aufgrund von Schutzzöllen und Protektionismus nichts importieren kann. Also der Frei­handel ist die Basis des gesamten Wirtschaftens. Mein Kompliment, dass dieser Schwerpunkt so gesetzt worden ist. Ob das bewusst oder unbewusst so erfolgt ist, kann ich jetzt nicht beurteilen.

Womit ich definitiv ein Problem habe, ist – das muss man irgendwann einmal ausspre­chen, man muss sich einem Problem auch stellen –: Die Währungsunion, der Euro in den 17 europäischen Ländern, funktioniert nicht! Das muss man einfach sagen, dem Problem muss man sich einfach stellen, wie schon gesagt, und es vor allem auch ab­handeln, nicht nur Lobeshymnen in einem halbseitigen Statement anwerfen.

Das zweite Problem, das ich habe, ist Ihr Vorwort, Herr Minister. In Ihrem Vorwort führen Sie als Zukunftsmärkte für Österreich China, Indien und Russland an. Auf Sei­te 23, Schwerpunkt Außenwirtschaft, stehen noch USA und Japan an erster Stelle. Warum das hier diachron verläuft, warum Sie die USA hier wegstreichen, ist mir nicht klar. Die USA sind bekanntlich das drittgrößte Exportland Österreichs mit starkem Wachstum, Italien bis jetzt das zweite, es hat 9 Prozent „Minuswachstum“ in der Ex­port-Statistik 2012 gehabt. Deutschland ist das Einzige, das im Binnenland noch funk­tioniert, sonst ist der Binnenmarkt rückläufig. Also man muss sich sicherlich anderen Ländern zuwenden.

China kennt den Euro nicht, dort gibt es den US-Dollar, alles wird in US-Dollar ab­gerechnet. Indien kennt den Euro nicht, alles wird in US-Dollar abgerechnet. Russland ist gemischt. Indien hat beim Export in Österreich ein Minus von um die 25 Prozent, steht an der 29. Stelle in der Außenhandelsstatistik; warum das für uns so interessant sein sollte, ist mir nicht ganz klar. China stagniert an 11. Stelle. Wir haben sicher nicht die Konzerne wie die deutschen Firmen, wie die deutschen Unternehmen, die dort Standorte schaffen können – das war schon vorhin Thema –, was sicherlich ein Pro­blem sein kann. Wir leben vom Handel, der Distribution nach China. China wird nicht


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vorrücken, China ist nach wie vor ein kommunistisches Land, Eigentumsverhältnisse gibt es dort nicht. Wenn man einen Standort schaffen will, muss man etwas pachten, und dazu haben wir nicht die Kapazität, weil der Standort Österreich eben nicht so stark ist wie der Standort Deutschland. Russland ist sicherlich ein Thema, ist aber eher eine Energiesache. Also ob das im Handel so reüssiert, wie im Vorwort angeführt, bin ich mir nicht ganz sicher.

Besser wäre es gewesen, OECD-Staaten anzuführen, wo es Vertragssicherheit und Rechtssicherheit gibt. Das sind Länder wie USA, Schweiz, Norwegen. Norwegen, das jedes Jahr Überschüsse von sensationellen 10 Prozent hat, an der Stelle von Indien im Außenhandel liegt. Also man sollte sich nicht an den Bevölkerungszahlen orientieren, sondern an der volkswirtschaftlichen Stärke, wenn man schon Vorschläge macht.

Zweiter Punkt: Sie sprechen vom Handel – es geht aber um den Außenhandel. Be­kanntermaßen setzt sich das Bruttoinlandsprodukt aus der Differenz von Import und Export zusammen. Österreich hat seit dem Jahr 2007 eine negative Handelsbilanz, und das wirkt wachstumsrückwirkend. Also insofern geht es darum, die Außenwirt­schaft zu fördern, was ohnehin gemacht wird. Wir haben schon 60 Prozent Außenwirt­schaft aus dem BIP, mehr geht nicht mehr, sonst sind die Regale bei uns leer. Damit sie eben nicht leer sind, müssen wir mehr importieren, und dieser Import ist offen­sichtlich wesentlich mehr als der Export, daher haben wir ein negatives Wachstum, was die Handelsbilanz betrifft.

Daher sollte man sich einmal mit dem Standort Österreich auseinandersetzen und – wie schon bei meinem vorigen Statement gesagt, was hier sicherlich ein Thema ist – die Steuern reduzieren, damit wir endlich einmal wettbewerbsfähig sein können, damit wir endlich einmal unsere Produkte am Binnenmarkt hier in Österreich anbieten kön­nen und die Käufer das entsprechende Einkommen zur Verfügung haben, das ja auch jährlich sinkt, damit sie unsere Produkte auch kaufen können. Das ist sicherlich ein problemorientierter Ansatz, den man wählen könnte, anstatt Länder vorzuschlagen, die es in der Praxis nicht spielt.

Ein weiterer Punkt, den man kritisieren muss, sehr geehrter Herr Minister, ist, dass Sie europäischen Unternehmen das Wort reden. – Nein, es geht um österreichische Un­ternehmen! Wir wollen österreichische Betriebe konkurrenzfähig machen, wir wollen österreichische Exporte von österreichischen Betrieben haben, keine globalisierten, multinationalen Unternehmen. Da sollte man einen Ansatz finden!

Ich darf weiters ausführen: Die Währungsunion wird nicht mehr funktionieren, deswe­gen sollte man sich eher mit der Zeit nach dem Euro beschäftigen als mit der Zeit mit dem Euro. Der Euro wurde über verschiedene Volkswirtschaften, über verschiedene Identitäten, über verschiedene Kulturen gestülpt – so etwas hat noch nie geklappt. Das hat bekanntlich bei Bretton Woods nicht geklappt, ist im März 1973 zusammengebro­chen, als der US-Dollar aus den USA die Leitwährung war – auch nach wie vor ist –, als sich alle anderen Währungen an diesen US-Dollar fixiert haben. Damals war be­kanntlich der Vietnam-Krieg, die USA haben sich sehr verschuldet, die Volkswirtschaf­ten divergierten, das System der fixen Wechselkurse ist auseinandergebrochen.

Ebenso in Argentinien 1998. Der Peso wurde 1 : 1 an den US-Dollar gebunden. Was ist passiert? – Die Industrien in Argentinien sind zusammengebrochen, der Export war vorbei.

Ebenso in Europa. Was können die – entschuldigen Sie, dass ich das so sage – armen mediterranen Länder dafür, dass sie eine so starke Währung bekommen, dass die Exporte zusammenbrechen und die Industrien praktisch in die Liquidation getrieben werden?! In Italien etwa ist ein Drittel der Industrien praktisch weggebrochen. Also was hilft das beste Reindustrialisierungsprogramm der EU, wenn allein aufgrund der Wäh­rung, wenn nur wegen der Währung dieses ganze System auseinanderbricht?!


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Ein weiterer Grund dafür, dass das mit dem Euro nie mehr klappen wird, sind die Zinsdifferenzen. Wenn ich als österreichischer Unternehmer mit dem gleichen Produkt, mit denselben Mitarbeitern meinen Standort im Konvoi nach Italien verlasse, mit den­selben Mitarbeitern das gleiche Produkt erzeuge und verkaufe, muss ich für einen Bankkredit 4 bis 5 Prozent mehr Zinsen zahlen. Das ist nicht einzusehen. Warum ist das so? – Weil das Länderrisiko bewertet wird. Das wird immer missachtet. Das Län­derrisiko in den mediterranen Ländern ist aufgrund der hohen Verschuldung einfach schlecht, daher sind die Zinsdifferenzen so hoch. Das versteht niemand, deswegen gibt es auch einen starken Exodus aus diesen Ländern in die zentraleuropäischen Län­der, aber nicht zu uns. Wer kommt auch schon zu uns bei diesen hohen Steuersätzen? Nein, die kommen hauptsächlich nach Deutschland.

Man sollte einmal – als Unternehmer sowieso, was auch passiert in letzter Zeit – Ex­porte in Nicht-Euroländer andenken, weil man die Währung diversifizieren muss, denn man muss damit rechnen, dass der Euro der 17 – darum geht es – irgendwann ausein­anderbricht, und zwar in ein Nordgefälle und ein Südgefälle. Bricht der Süden weg, wirkt der Euro aufwertend, bricht der Norden weg, wirkt der Euro abwertend, darauf muss man sich einstellen.

Damit komme ich schon zum Schluss. Interessant ist noch ganz kurz die Prioritä­tenliste, die angeführt wird. Sie ist mutig, wie ich finde. Ich darf kurz referieren: Sie schreiben, Haushaltskonsolidierung sei notwendig. – Das ist richtig, findet aber in Ös­terreich nicht statt.

Weiters: Wiederherstellung einer Kreditvergabe an die Wirtschaft. – Ist richtig, aber oh­ne Konsolidierung gibt es keine Kreditvergabe, wie ausgeführt.

Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. – Pro Monat wächst die Arbeitslosigkeit in Europa um 150 000 Personen. Die Arbeitslosigkeit wird letztlich dieses System auch implodieren lassen.

Förderung von Wettbewerb und Wachstum. – Mit diesen Steuersätzen in Österreich kaum möglich.

Verwaltungsmodernisierung. – Ich verweise auf die 599 Vorschläge des Rechnungsho­fes und ersuche, diese umzusetzen.

Kurz: Sehr geehrter Herr Minister, teilweise mutige Aussagen, aber in der Zusammen­fassung die Probleme nicht erkannt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.07


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


17.07.58

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist für mich schon ein bisschen verwunderlich, Herr Kollege Pisec, dass man eine Vor­schau für ein EU-Vorhaben anlässlich der irischen Präsidentschaft zum Beispiel zum Anlass nimmt, über volkswirtschaftliche, makroökonomische Theorien zu diskutieren. Das ist sehr interessant, nur passt es nicht ganz zu diesem sehr schlichten, einfachen Bericht, würde ich sagen, denn die Sorgen, die darin aufgelistet werden, und auch die Probleme, die wir innerhalb der Europäischen Union und auch zum Teil in Österreich in der Wirtschaft haben, sind jene Sorgen, die unsere Bevölkerung und auch uns als Un­ternehmer interessieren.

Es wundert mich schon, wie du als Unternehmer diesen Bericht überhaupt ablehnen kannst. Es ist ein Bericht, den man durchliest, der einen interessiert oder nicht inter-


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essiert, aber dass man ihn ablehnt, kommt mir schon vor wie ein EU-Antireflex. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) – Das ist ein EU-Antireflex, sobald bei der FPÖ das EU-Kürzel vorkommt, folgt grundsätzlich sowieso gleich eine Ablehnung; das ist Faktum.

Aber nun zu ernsteren Dingen, und zwar: Einer der Schwerpunkte in diesem Bericht ist die Bekämpfung – auch von der irischen Präsidentschaft – der Jugendarbeitslosigkeit. Ich hatte die Ehre, vor 14 Tagen in Dublin Teilnehmer einer österreichischen Delega­tion bei einem EU-Meeting zu sein. Ich habe mir die Diskussion angehört, was die Mit­gliedsländer innerhalb der Europäischen Union für Probleme auf dem Gebiet der Ju­gendarbeitslosigkeit haben, und kann sagen, da sind wir nach wie vor fast noch immer eine Insel der Seligen. Minister Hundstorfer hat heute schon einmal im Laufe einer De­batte erwähnt, dass wir bei 7,6 Prozent Jugendarbeitslosigkeit liegen.

Ich habe bei diesem Meeting die österreichische Position vertreten dürfen. Da inzwi­schen alle mit dem dualen Ausbildungssystem werben, Frau Präsidentin Zwazl, möch­te ich schon hinzufügen, dass ungefähr 70 Prozent der dualen Ausbildung in den Be­trieben, in den KMUs stattfinden, 20 Prozent in der Industrie und 10 Prozent in den überbetrieblichen Einrichtungen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Das muss man schon auch immer betonen. Vielleicht könnte man die KMUs deshalb auch einmal ein bisschen hervorheben, ein bisschen belohnen in Form eines Bonus oder Sonstiges. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich habe mir bei diesem Meeting die Zahlen angehört. So liegt zum Beispiel der EU-Durchschnitt der Jugendarbeitslosigkeit bei 23,5 Prozent, Griechenland liegt bei 59 Prozent. Das ist eine tickende politische Zeitbombe, würde ich sagen. Es gibt nichts Ärgeres, als dass 15-, 16-Jährige nach dem Schulabschluss oder auch Schulabbruch auf der Straße untätig herumlungern. Das würde keine Gesellschaft auf Dauer aushal­ten. Daher setzen wir als Österreicher innerhalb der Europäischen Union einen posi­tiven Benchmark. Wir können vielleicht keine Empfehlungen abgeben, aber doch mit gutem Beispiel vorangehen.

Ich glaube, innerhalb der Europäischen Union hat sich dieses System bereits durchge­sprochen. Abgesehen von Deutschland und Österreich gibt es weitere Versuche, die­ses System zu implementieren, auch in den Ausbildungsvorrichtungen der EU-Mitglied­staaten. Ich denke, das ist ein positives Beispiel, und ich bin sehr froh, dass es in dem EU-Vorschaubericht natürlich als Schwerpunkt erwähnt wird.

Die weiteren Schwerpunkte liegen aus meiner Sicht in der Erweiterung der Europäi­schen Union. Ich denke, dass der Beitritt Kroatiens auch für uns ein wichtiger Beitritt ist. Österreich ist nicht nur der größte Investor in Kroatien, sondern Kroatien ist auch ei­ner der 20 besten Handelspartner in Österreich, und auch als Touristiker werden wir ei­ne gute Möglichkeit haben, uns zu vernetzen und vielleicht auch Winter-/Sommerar­beitskräfte auszutauschen. Das ist in Zukunft auch ein Thema, das man europäisch lösen kann, das man europäisch diskutieren kann und das in dem Sinne ein durchaus positives Beispiel in der nächsten Zeit sein kann.

Ein weiteres Thema, das für mich nicht ganz uninteressant war in diesem Bericht, war die Diskussion um die Smart Grids, die ja seitens der Industrie eine irrsinnige Investi­tionstätigkeit in Österreich auslösen würden. Die Frage ist nur: Wer finanziert die ganze Sache? Es gibt Schätzungen von 3 bis 5 Milliarden, wenn jeder österreichische Haus­halt ein Smart Grid, also ein Messgerät hat, das von den Netzbetreibern jederzeit ab­rufbar ist. Das würde für die Netzbetreiber natürlich immense Investitionen in die Soft­ware bedeuten. Es ist keine Frage, dass das eine logistische Herausforderung ist.

Strittig ist auch immer noch die Energieeffizienz. Es gibt erste Berechnungen bei Mo­dellversuchen in Oberösterreich, Salzburg, dass die Ersparnis beim Strom bei Einfüh­rung der Smart Grids, Smart Meters für einen durchschnittlichen österreichischen Haus-


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halt ungefähr bei 50 bis 60 € pro Jahr liegt. Ich frage mich schon, ob die Verhältnis­mäßigkeit tatsächlich rechtfertigt, dass man diese Investitionen in Angriff nimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich ist inzwischen ein wichtiges und akzeptiertes Mitglied in der Europäischen Union. Ich glaube, wir sind gut beraten, mit­zuhelfen, dass die Wirtschaft in Europa wieder Schwung bekommt, Herr Kollege Pisec! Ich muss Ihnen recht geben, Europa hinkt der internationalen Wirtschaftsentwicklung hinterher. Wenn man sich die Prognosen für das Jahr 2013 anschaut, wonach wir knapp 1 Prozent Wirtschaftswachstum haben werden, dann gilt es, die Kräfte innerhalb Österreichs, aber auch innerhalb der Europäischen Union zu bündeln, denn die Wirt­schaft ist die Basis für alles. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.14


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Reich. – Bitte.

 


17.14.15

Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bun­desrates! In dem Bericht für die Vorhaben der EU bezüglich des Ministeriums für Wirt­schaft, Familie und Jugend für das Jahr 2013 geht es schon im Vorwort des Ministers hauptsächlich darum, trotz Budgetkonsolidierung wieder auf stärkeres Wachstum zu setzen, Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern sowie die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Unternehmen zu unterstützen.

Das Bundesministerium ist in den verschiedenen Arbeits- und Expertengruppen der EU vertreten und hat damit die Chance und auch den Vorteil, sich mit österreichischen Themen Einfluss zu schaffen. Für 2013 haben die Vorhaben in der Binnenmarkt- und Industriepolitik, bei Innovation, Lehrlingsausbildung, Tourismus und in den Bereichen Energie- und Außenwirtschaft ihren Schwerpunkt. Die Grundlagen des Berichts gelten für den Zeitraum vom 1. Jänner 2013 bis 30. Juni 2014. Die primäre Aufgabe ist es, Europa auf einen von Nachhaltigkeit geprägten Wachstumsweg zu führen.

Die Kommission setzt hier unter anderem einen Schwerpunkt im Themenbereich Sta­bilität, die durch eine vollständige Wirtschafts- und Währungsunion das Vertrauen in die Finanzmärkte wiederherstellen, die Staatsschulden der Mitgliedstaaten verringern und die Schwäche des Bankensektors beseitigen soll.

Im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend wird diesem Themenschwerpunkt Stabilität auch noch der Begriff der Verantwortung hinzu­gefügt. Erlauben Sie mir, dass ich diesen Passus zitiere:

„Während der letzten drei Jahre war die europäische Politik geprägt von der Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise. Europa steht vor der Aufgabe, den Weg zurück zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu finden.“

Die Prioritätensetzung der EU hat sich aufgrund der wirtschaftlichen Lage seit 2012 nicht verändert und bleibt auch für 2013 gleich.

Damit Europa aber einen nachhaltigen Kurs für Wachstum und Beschäftigung ein­schlagen kann, werden von der Kommission fünf Prioritäten vorgeschlagen, die auch von unserem Ministerium und dem Minister mitgetragen und unterstützt werden: Haus­haltskonsolidierung, Kreditvergabe an die Wirtschaft, Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, Verwaltungsmodernisierung und Bekämpfung der Arbeitslosig­keit und der sozialen Folgen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Minister! Erlauben Sie mir, zwei Themenbereiche besonders zu betrachten: Tourismus und Jugend. Der Themen­bereich Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftssektor der EU, aber auch für Österreich


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hat dieser Bereich große wirtschaftliche, beschäftigungspolitische und gesellschaftliche Bedeutung. Auch das Bundesministerium hat Interesse an einer nachhaltigen, wettbe­werbsfähigen Entwicklung und an Bedingungen, die unsere nationalen Potenziale aus­schöpfen. Die Ziele der EU: Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Förderung eines nachhaltigen und verantwortungsvollen Tourismus und Erstellung des Images Europa als wichtigstes Reiseziel der Welt, sind Ziele, die auch die österreichische Strategie darstellen. Durch aktive Teilnahme an grenzüberschreitenden Projekten profitiert der österreichische Tourismus, und auch die Einführung eines freiwilligen europäischen Qualitätssiegels könnte für österreichische touristische Systeme von Bedeutung sein.

Der zweite und für mich sehr bedeutende Bereich ist die Jugend; auch Kollege Perhab hat dieses Thema schon angesprochen. Jugendbeschäftigung ist für uns Sozialde­mokratinnen und Sozialdemokraten und, wie Sie auch alle wissen, für den österrei­chischen Bundeskanzler, der sich auch auf europäischer Ebene ganz besonders ge­gen die hohe Jugendarbeitslosigkeit und für nachhaltige Maßnahmen für Jugendbe­schäftigung einsetzt, ein zentrales Thema der Zukunft Europas.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nicht nur für mich bedeuten Arbeitslosenraten bei Jugendlichen bis über 50 Prozent die Missachtung von Menschenrecht, die Entwür­digung von Persönlichkeit, die Förderung von Perspektivlosigkeit und damit eine große Gefahr für die europäischen Demokratien. Aber auch die europäischen Maßnahmen zielen auf eine Senkung dieser Arbeitslosigkeit, die Verbesserung der Mobilität und eine Steigerung der Absolventen der beruflichen Bildung ab. In diesem Zusammen­hang ist das österreichische System – heute auch schon ein paar Mal erwähnt – der dualen Ausbildung, Betrieb und Berufsschule, ein europaweites Vorbild.

Österreich möchte auch Auslandspraktika von Lehrlingen unterstützen, indem Unter­nehmen finanziell unter die Arme gegriffen wird.

Mit dem Jugendbeschäftigungspaket der Kommission soll gewährleistet sein, dass Menschen nach Verlassen der Schule innerhalb von vier Monaten entweder eine Ar­beitsstelle oder einen Aus- und Weiterbildungsplatz haben, eine sogenannte Jugend­garantie. Österreich hat dies bereits 2008 in einer vorbildlichen Zusammenarbeit der Sozialpartner mit dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz, Minister Hundstorfer, und dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, Minister Mitterlehner, mit der Ausbildungsgarantie für alle unter 18-Jährigen umgesetzt, fängt damit 10 Prozent aller Jugendlichen ab und hat daher – bis heute Früh war es bei mir die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit, seit Minister Hundstorfer wissen wir, dass es anders ist – die niedrigste Arbeitslosenrate bei Jugendlichen in Eu­ropa.

Auch die europäischen Mitgliedstaaten setzen nun stärker auf Programme wie Lehre und zusätzliche Praktika in schulischer Ausbildung. Auch sollen Sozialpartner und Aus­zubildende stärker eingebunden werden. Und wieder nennt die Kommission da Ös­terreich als Beispiel für vorbildliche duale betriebliche Ausbildung.

Ich glaube, wir können stolz auf unsere Vorbildfunktion sein, und ich bin mir ganz sicher, wir – und auch Ihr Ministerium – werden uns weiterhin bemühen, weitere Initia­tiven zu setzen.

Geschätzte Damen und Herren! Herr Minister! Geschätzte Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter des Ministeriums! Danke für diesen interessanten und meiner Meinung nach gu­ten Bericht. Wir, die SPÖ-Fraktion, nehmen ihn gerne zur Kenntnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 136

17.21


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


17.21.36

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sie werden wenig überrascht sein, aber ich kann, was den Inhalt und auch die Intentionen anbelangt, Frau Kollegin Reich durchaus beipflichten. Die Objektivität könnte auch damit zusammenhängen, dass sie auch aus dem Bezirk Rohrbach kommt (Heiterkeit) und die gleiche Schulausbildung hat wie ich. Es sind also viele Gemeinsamkeiten da, das konnte ich bei den anderen teilweise auch feststellen.

Zu den Ausführungen des Kollegen Pisec muss ich schon eines sagen: Da haben Sie irgendwie die Intention – Kollege Perhab hat es ja auch schon angemerkt – des Berich­tes mit dem verwechselt, was Sie vor haben. Der Bericht ist eben eine Zusammen­schau, was die Aktivitäten insbesondere der Präsidentschaft und auch die Aktivitäten der Kommission betrifft, in einer gewollten Verbindung, was die Themen anbelangt, zu unseren Aktivitäten. Man kann die Aktivitäten in Brüssel für gut, für schlecht, für was auch immer halten, das hat aber an sich mit dem Bericht nichts zu tun, denn das ist eine Zusammenfassung der Aktivitäten. Man kann daher den Bericht eigentlich nur zur Kenntnis nehmen; ablehnen oder nicht ablehnen wäre nur möglich, wenn es kein Bericht wäre. Es ist aber ein Bericht, daher sei mir diese Feststellung erlaubt. (Zwi­schenruf bei der FPÖ.)

Was ich auch nicht ganz nachvollziehen kann, sind Ihre Ausführungen betreffend die Währungsunion; über das sind wir meiner Meinung nach schon weit hinaus. Sie haben in einem recht – das spiegelt aber auch die Intention des Berichtes wider –: dass es keine einfache Aufgabe ist, die sich die EU gestellt hat. In Zeiten wie diesen, in denen das Wachstum problematisch ist, in denen die budgetären Komponenten in den einzel­nen Ländern schwer zu bewältigen sind, in denen die soziale Fragestellung in fast allen Ländern vordinglich ist, den richtigen Weg einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung zu finden, das ist eine starke, eine große Herausforderung.

Auf der anderen Seite sind wir aber schon längst darüber hinweg, dass damit die Wäh­rungsunion in irgendeinem Zusammenhang steht. Die gibt es, und auch die Eurozone. Wenn Sie die Zeitungen lesen – was Sie sicherlich tun –, werden Sie merken, fast alle Experten sind der Ansicht, dass im Endeffekt die EZB mit der Ausweitung betreffend die Anleihemöglichkeiten und dass die Ausweitung des Rettungsschirms dazu beige­tragen haben, dass das Gröbste in diesem Bereich vorbei ist.

Natürlich ist es richtig, dass die Probleme dadurch entstanden sind, dass man geglaubt hat, mit den Kohärenzprogrammen und anderen könne man auch die Unterschiede in der Wirtschaftskraft ausgleichen. Das hat leider nicht ganz so funktioniert, aber jetzt gibt es eigentlich keine andere Möglichkeit, als eben – mit Budgetsanierung, mit geziel­ten Wachstumsprogrammen und Entfesselung des Binnenmarktes – zu versuchen, das Problem zu lösen.

Damit sind wir aber genau bei dem Punkt, den Sie gelobt und gleichzeitig kritisiert ha­ben, das ist die Frage des Außenhandels. Wenn Europa schwach ist, dann muss man eben schauen, dass man im Außenhandel – an den anderen Märkten, bei den anderen Märkten, in den anderen Märkten – Erfolg hat. Das ist uns, was Österreich anbelangt, auch relativ gut gelungen.

Wenn man eine Exportquote von 60 Prozent hat, dann muss ja eigentlich schon klar sein, dass man mit der Exportquote konkurrenzfähig ist. Also die Behauptung, unsere Betriebe wären nicht finanzierbar, die Kosten wären zu hoch, ist ein Märchen. Wir haben Erfolg, daher müssen unsere Produkte so innovativ sein – oder was auch im­mer –, dass sie einfach dem Markt entsprechen. Auf der anderen Seite gibt es einen Binnenmarkt. Und wenn man die dritthöchste Pro-Kopf-Kapazität innerhalb Europas und einen Binnenmarkt von 8 Millionen hat, dann wird man in Österreich nicht alles auf


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 137

den Binnenmarkt ausrichten können – da hat man zu wenig Kapazitäten –, sondern man muss die anderen Märkte suchen.

Wenn Sie da jetzt Vorwort und Inhalt gegenüberstellen, dann steht beides nicht im Widerspruch, weil eines klar ist: Wir werden in Zukunft natürlich dort Erfolg haben, wo die Wachstumsprognosen günstig sind und wo Infrastruktur und anderes auszubauen ist. Das sind eben Länder wie Indien, Brasilien, China; aber auch Russland wird sich noch entsprechend entfalten. Das steht aber nicht im Widerspruch dazu, dass die Ver­einigten Staaten – mittlerweile wahrscheinlich an Dynamik besser als andere – unser vielleicht zweitwichtigster Handelspartner werden, wenn sie jetzt der drittwichtigste sind und Italien einbricht. Die Beschreibung ist aber nur richtig und nicht falsch, und daher bestärkt es unsere Intentionen.

Was interessant ist – das haben Sie weniger angesprochen, aber andere; ich war auch im Ausschuss –, ist die Frage der Jugendbeschäftigung. Viele haben gefragt: Öster­reich hat eigentlich eine gute Jugendbeschäftigung, was kriegen wir dann aus den Pro­grammen der EU? – Die Programme setzen dort an, wo 25 Prozent Jugendarbeitslo­sigkeit ist, und nicht wie bei uns erfreulicherweise unter 10 Prozent.

Da sind wir bei einem Punkt – weil Kollege Hundstorfer auch angesprochen worden ist –, wo in Österreich jeder sagt: Na ja, 8,4 Prozent, 8,9 Prozent! – Das kann keiner einschätzen. Ich nenne Ihnen abschließend nur ein Beispiel, das ich erlebt habe.

In der Messe Wien war eine Veranstaltung der Zeitschrift „Gewinn“. Bei der Veran­staltung hatte die Moderatorin nach dem Mittagessen 700 Jugendliche einzumoderie­ren. Es war gleich nach dem Essen, alle haben irgendwie miteinander getratscht, und sie hat dann gesagt: Jeder zweite Jugendliche aufstehen! Alle haben gelacht, ge­scherzt und sind aufgestanden. Und sie hat dann gesagt: Alle, die sitzen, entsprechen der Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in Spanien. – Da war es im ganzen Saal ruhig, und alle konzentrierten sich auf einmal auf das Thema; mit einem Zahlenvergleich hätten sie nicht einmal zugehört. So war auf einmal bekannt: Es dürfte in Österreich doch irgendwie ein anderes System geben, mit Ausbildungsgarantie und vielem ande­ren mehr.

Daher würde ich wirklich den Blick einmal auf diese Dinge richten, auch wenn es nicht lustig oder oberflächlich erscheint – nur Österreich ist gut. Wir haben Potenzial nach oben, da und dort, keine Frage, aber im Endeffekt ist es so: Wir sind in fast allen Kri­terien besser als der Schnitt der EU. Das sollte man einmal sehen. Und das Programm sollte dazu dienen, uns in der EU insgesamt weiterzuentwickeln; das wird ohnehin
ein harter Weg sein. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesra-
tes Posch.)

17.27


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüße ich Herrn Staatsse­kretär Ostermayer auch offiziell hier bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allge­meiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 138

17.28.2520. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novelle 2014) (2168 d.B. und 2268 d.B. sowie 8968/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zum 20. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Bitte um den Bericht.

 


17.28.38

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Fö­deralismus über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhel­ligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


17.29.15

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung des Datenschutzge­setzes 2000 – eine Novelle. Warum ist diese Novelle eigentlich notwendig geworden?

Kurz zusammengefasst: Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass die Daten­schutzkommission eine höhere Unabhängigkeit braucht. Dies wird nun mit dieser Ge­setzesnovelle umgesetzt. Die Datenschutzkommission wird aufgelöst, und es wird eine neue Datenschutzbehörde installiert. Im Wesentlichen bedeutet das, dass es einen Lei­ter der Datenschutzbehörde gibt, welcher weisungsfrei ist, der also nicht mehr dem Bundeskanzleramt untersteht, sondern völlig weisungsfrei ist. Die Bediensteten der Datenschutzbehörde unterliegen nur mehr den Weisungen des Leiters der Daten­schutzbehörde.

Die Datenschutzbehörde hat die Personalhoheit, das heißt, sie wird mit Geldmitteln ausgestattet und kann darüber entscheiden, sofern sie sich im Rahmen des Budgets bewegt, wie viele Personen eingestellt werden und mit welcher Qualifikation. Die Län­der und Sozialpartner werden nicht wie früher direkt in die Entscheidungen miteinge­bunden, womit auch die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde unterstrichen wird.

Welche Aufgaben wird nun diese Datenschutzbehörde haben? – Im Wesentlichen die­selben wie die Datenschutzkommission. Der Datenschutzbehörde obliegt die Genehmi­gung von Datenübermittlungen ins Ausland – eine nicht unwesentliche Aufgabe –, wei­ters die Genehmigung von Daten zur Verwendung für statistische oder wissenschaft­liche Zwecke. Die Auskunftserteilung an Bürgerinnen und Bürger fällt auch in den Auf­gabenbereich dieser Behörde. Nicht zuletzt ist eine Hauptaufgabe das Durchführen von Registrierungsverfahren und das Ausüben der Kontrollbefugnisse. Die Daten­schutzbehörde wird auch an den Nationalrat und den Bundesrat berichten. Das ist meiner Meinung nach ganz besonders wichtig, da der Datenschutz in einer immer mehr elektronisierten und vernetzten Welt an Bedeutung gewinnt.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 139

Der Schutz der persönlichen Daten im Kampf gegen Cyberkriminalität und Terror be­deutet immer eine Gratwanderung. Mit der Einrichtung dieser Behörde haben wir wie­der einen bedeutenden Schritt in die richtige Richtung zur Wahrung des Rechts auf den Schutz der persönlichen Daten gemacht. Wir werden in diesem Gesetz aber noch einige Anpassungen vornehmen müssen, da sich die Zeiten, die Techniken, die Me­dien sehr stark verändern und die Rahmenbedingungen immer anders sind. Heute werden wir aber diese Novelle beschließen und uns auch für die Zukunft wappnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

17.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Wenger. – Bitte.

 


17.33.06

Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Von meinem Vorredner wurden bereits die wesentlichen Inhalte der gegenständlichen Novelle ausführlich erklärt, da­her nur einige kurze Ergänzungen meinerseits, etwa der Hinweis, dass es letztendlich doch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 war, in der die Schaffung von Ver­waltungsgerichten sowie die Auflösung der Unabhängigen Verwaltungsbehörden vor­gesehen ist, darunter auch jene der Datenschutzkommission mit 1. Jänner 2014. Das ist der Grund, warum wir jetzt diese Novelle haben. (Vizepräsident Mag. Himmer über­nimmt den Vorsitz.)

Ein wesentlicher Teil ist es, eine neue, unabhängige und monokratisch organisierte Da­tenschutzbehörde einzurichten. Ihr Aufgabenbereich wurde bereits umfassend erläu­tert. Zur Unterstützung der Datenschutzbehörde soll ein Fachbeirat eingerichtet wer­den – das ist sicherlich eine ganz wichtige Sache –: zwei Vertreter der Länder, je ein Vertreter der Wirtschaftskammer und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte. Die Mitglieder werden vom Leiter der Datenschutzbehörde für die Dauer von fünf Jah­ren bestellt.

Ein Thema im Ausschuss war die Personalsituation. Wir haben die Situation, dass durch die Personalübernahme die Personalausstattung der Datenschutzbehörde eins zu eins jene der Datenschutzkommission ist. Es wird sicherlich darauf zu achten sein, dass sowohl die Personalausstattung als auch die Ausstattung hinsichtlich der Infra­struktur den künftigen Aufgaben entspricht, die ja mehr werden sollen; das hat man ja bei der Aufzählung der Aufgabenbereiche gehört. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, sich diesbezüglich den internationalen Standards anzupassen. Es gibt etwa das Bei­spiel Schweden oder Belgien, wo fast doppelt so viel an Personal und an Infrastruktur zur Verfügung stehen. Ich denke, das ist sehr wichtig, weil letztendlich die Qualität des Datenschutzes davon abhängt.

Geschätzte Kollegenschaft! Die Aufgabe des Gesetzgebers ist es nun einmal, den Da­tenschutz sicherzustellen beziehungsweise dafür Sorge zu tragen, dass Daten, die im öffentlichen Bereich verarbeitet werden, auch entsprechend vor Missbrauch sicher sind und geschützt werden. Diese Novelle ist ein wesentlicher Beitrag zum Datenschutz. Daher geben wir ihr auch unsere Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.35


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Jenewein. – Bitte.

 


17.35.59

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte es kurz und bündig machen und sagen, wir stimmen dem zu, weil


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 140

es wichtig ist, weil es notwendig ist, und in Wirklichkeit haben die Vorredner ja alles ge­sagt, aber so einfach möchte ich es mir selbst – und Ihnen – dann doch nicht machen.

Ich denke, dass wir so eine Debatte über eine Novelle, eine Debatte über Daten­schutz – wenn wir schon die Möglichkeit haben, diese hier abzuführen – durchaus in­sofern führen sollten, als wir uns in diesem Haus auch einmal Gedanken darüber ma­chen, wozu wir das überhaupt brauchen und ob es überhaupt notwendig ist, hier lau­fend Debatten über Datenschutz und Datenschutzbestimmungen zu führen.

Ich sage Ihnen – und ich denke, es gibt selten ein Thema, bei dem wir alle einer Mei­nung sind –: Ja, es ist notwendig, denn alleine die Entwicklungen der letzten Jahre, der letzten Monate, ja sogar des heutigen Tages zeigen, wie wichtig und wie notwendig es ist, dass die sensiblen Daten, die personenbezogenen Daten nur von jenen eingese­hen werden können, die auch die Berechtigung dazu haben.

Wer jetzt gerade Online-Zeitungen gelesen hat oder die Möglichkeit hatte, sich darüber zu informieren, weiß: Es gab in den letzten Tagen einen groß angelegten Angriff auf die Bankdaten der Bank Austria. Das klingt alles so abstrakt – ein Angriff, ein Daten­angriff, was ist denn das? –, wenn man das aber einmal durchdenkt, was da die Kon­sequenzen sein können, dann ist das weder lustig, noch ist das ein Scherz, sondern das sind schwer kriminelle Handlungen, in diesem Fall sogar sehr professionelle schwer kriminelle Handlungen. Man kann davon ausgehen, dass das nicht unbedingt irgendwelche – ich weiß es nicht – 15-, 16-jährigen Schüler sind, die sich nach der Schule vielleicht einen Spaß machen, sich irgendetwas anschauen wollen, sondern das sind gezielte Aktionen.

Wir haben diese gezielten Aktionen im Bereich der Industriespionage, und zwar im großen Stil. Man muss hier auch einmal sagen, dass das natürlich auch aus Bereichen kommt, die ein Interesse daran haben, europäisches Know-how auf illegalem Wege zu transferieren. Wir haben aber auch – und jetzt komme ich wieder zurück zum Daten­schutz an sich – Sicherheitslücken im eigenen Apparat, wir haben auch Sicherheitslü­cken im BMI; das muss man auch einmal so sagen.

Ich darf Sie daran erinnern: Im Jahr 2011 – damals war es ein 15-jähriger Schüler – gab es einen Angriff auf das BMI. Damals hat man gesagt, der ist nicht weit gekom­men, der hat ein paar Daten abgesaugt, aber das waren keine wirklich sensiblen Da­ten. – Vor knapp einem Monat hat die Geschichte schon ein bisschen anders ausge­schaut, da gab es dann Veröffentlichungen auf Twitter. Da wurde ein Server geknackt, beziehungsweise es wurden Daten geknackt, im BMI. Und – man sehe und staune! –: Man hat da relativ interessante E-Mails gefunden, zum Beispiel von einer gewissen Jo­hanna Mikl-Leitner. Es wurden dann die Geburtsdaten, der Account und das Passwort online gestellt. – Das ist kein Spaß, das ist schwer kriminell.

Daher ist es auch notwendig, darüber zu diskutieren, und daher möchte ich durchaus, dass man darüber auch in diesem Haus diskutiert. Ich denke nämlich, dass die Kompe­tenz, die Sicherheitskompetenz und die Datenschutzkompetenz in vielen Büros – näm­lich genau in jenen Büros, die mit sensiblen Daten zu tun haben – bis zum heutigen Tag nicht so ausgeprägt sind, wie sie vielleicht ausgeprägt sein sollten. Da haben ganz einfach Leute mit Daten zu tun, die in einer Zeit groß geworden sind, die in einer Zeit sozialisiert worden sind, technisch sozialisiert worden sind, in der vielleicht das Fax gerade modern geworden ist. Dann ist irgendwann das E-Mail gekommen, und die-
se Leute haben sich gedacht: Wenn das am eigenen Computer ist, wer soll da rein­schauen?

Wir haben heute die Situation, dass durch die technischen Möglichkeiten, die sich bie­ten, Menschen gläsern geworden sind, dass es einfach auch Gruppen gibt, die durch­aus Interesse daran haben.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 141

Wir haben ja auch immer wieder die Debatte im Zusammenhang mit den Facebook-Accounts, wo Leute irgendwelche Fotos online stellen, darauf vergessen, drei Jahre später bei einem Bewerbungsgespräch sind und sich dann wundern, warum sie ei­gentlich bei diesem Bewerbungsgespräch so schlecht abgeschnitten haben – bis ihnen dann irgendjemand erklärt: Na ja, vielleicht wäre es besser gewesen, vor drei Jahren das Foto, das einen im alkoholisierten Zustand zeigt, nicht unbedingt online zu stellen.

Das alles sind Dinge, wo wir durchaus auch eine Debatte brauchen und wo wir vor al­lem heute auch eine Sensibilisierung brauchen, sowohl der älteren Semester als auch der ganz jungen Leute, denn auch hier ist nachvollziehbar, dass man mit einer ge­wissen Grundnaivität mit Dingen umgeht und sich viele Leute eigentlich gar nicht des­sen bewusst sind, welchen Schaden sie sich selbst zufügen können, wenn sie mit ei­nigen Dingen nicht wirklich sensibel umgehen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass es notwendig ist und dass ich mir wün­schen würde, dass wir solche Diskussionen hier durchaus öfter und intensiver führen würden, dass es künftig eben nicht möglich ist, dass irgendwelche Accounts und Zu­gänge von der Frau Mikl-Leitner und vom Herrn Sebastian Kurz auf einmal online ge­stellt werden und für jeden einsehbar sind.

Hier wünsche ich mir auch von den Ministerien einen wesentlich sensibleren Umgang mit solchen Dingen, denn man darf ja nicht vergessen: Wir haben hier vor einigen Mo­naten auch die Vorratsdatenspeicherung beschlossen – gegen die Stimmen meiner Fraktion, gegen die Stimmen der Grünen, aber sie wurde beschlossen. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass dadurch hochsensible persönliche Daten ins BMI kommen und die dann vielleicht so gesichert sind, dass man sie drei Tage später online auf Twitter findet, dann, muss ich Ihnen sagen, habe ich ein bisschen ein mulmiges Gefühl. Das ist nicht das, was ich mir vorstelle, gerade bei einer Behörde, die eigentlich dazu da sein sollte, die Grundkompetenz des Staates – und das ist natürlich, die Sicherung der persönlichen Integrität der eigenen Staatsbürger sicherzustellen – wahrzunehmen.

Da habe ich an sich kein gutes Gefühl, wenn ich davon ausgehen muss, dass Da­tensicherheit gerade im BMI dann so umgesetzt wird, und hier wünsche ich mir ganz einfach nicht nur eine intensive Debatte im BMI, sondern auch auf parlamentarischer Ebene einmal eine Debatte darüber, was denn in diesem Staat mit Datensicherheit gemeint ist und wie wir es uns selbst vorstellen, dass wir vielleicht in den nächsten Jahren damit umgehen.

Wenn man so damit umgeht, meine Damen und Herren, glaube ich nicht, dass es wirk­lich gut ist. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.42


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schreuder zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.42.34

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Jetzt sind ein paar Sachen durcheinandergeraten, habe ich den Eindruck, und für so eine Diskussion sollte man dann doch klarstellen, worum es jetzt wirklich geht. Sie haben vollkommen recht, Herr Kollege Jenewein, dass Daten, vor allem natürlich Da­ten – und dafür sind wir ja jetzt zuständig – von staatlichen Institutionen technisch so abgesichert werden müssen, dass sie nicht geklaut werden können, dass man sie nicht verwenden kann und so weiter – keine Frage! Nur: Das sind ja auch Fragen der Kri­minalitätsbekämpfung und der Sicherheitspolitik und ist nicht Aufgabe der Daten­schutzbehörde. Deswegen, glaube ich, muss man da jetzt ein bisschen aufpassen.

Was sehr wohl Aufgabe der Datenschutzbehörde ist, ist, sich mit der Frage auseinan­derzusetzen: Was passiert mit Daten, die gesammelt werden? Und das ist ja das, was


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 142

heute natürlich in einem Ausmaß möglich ist, wie es überhaupt noch nie möglich war. Und den Umgang damit kennenzulernen – Sie haben ja Jugendliche angesprochen, die irgendwann einmal ein Partyfoto, auf dem sie im betrunkenen Zustand zu sehen sind, auf Facebook gestellt haben –, das ist zum Beispiel eine Bildungsfrage. Wir sa­gen ja schon lange, es braucht eine völlig neu aufgestellte Medienkompetenzaus­bildung, auch in Schulen beispielsweise, genau im Hinblick auf solche Fälle. Das ist aber auch nicht wirklich die Aufgabe dieser Datenschutzbehörde und nicht Gegenstand dessen, was wir heute hier besprechen.

In einem Punkt muss ich dem Herrn Kollegen Beer widersprechen: Wir behandeln heu­te nicht die Novelle aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs – das haben wir vor einem Monat gemacht. (Bundesrat Beer: Es hängt aber trotzdem zusammen!) Heute geht es um die Anpassungen im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichts­barkeit. Und das hat zur Folge, dass wir die ehemalige Datenschutzkommission jetzt zu einer Datenschutzbehörde machen. Das ist eigentlich ein neues Schild. (Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Dr. Ostermayer.) – Da ist schon noch mehr, das weiß ich auch, da ist schon einiges mehr, aber um es ein bisschen salopp zu sagen: Wir nennen diese Behörde jetzt neu. Und es gab ja auch Verhandlungen, also wir sind auch einverstanden, wir stimmen dem zu.

Ein Punkt, und darauf hat mein Kollege Albert Steinhauser ebenfalls hingewiesen – er wird ja auch nicht müde, immer wieder darauf aufmerksam zu machen –, ist natürlich auch – und danke, Herr Kollege Wenger, dass auch Sie das erwähnt haben –, dass bei der Datenschutzbehörde die Personalfrage gestellt werden muss. Wir werden auch nicht müde werden, das einzufordern. Ich bin jetzt seit eineinhalb Jahren Mitglied die­ses Hauses, und wir haben, nur in diesen eineinhalb Jahren, schon unglaublich viele Gesetze beschlossen, in denen Regelungen getroffen wurden, wo die Datenschutzbe­hörde jetzt sozusagen zuständig ist.

Es wurde auch hier schon die Vorratsdatenspeicherung angesprochen, gegen die wir vehement gestimmt haben, auch nach wie vor vehement sind, aber die Vorratsdaten­speicherung hat etwa zur Folge, dass die Datenschutzbehörde zuständig ist, die Pro­vider zu überprüfen, welche Daten sie speichern, ob sie eh nur das speichern, was laut Vorratsdatenspeicherung notwendig ist, und nicht zusätzliche Daten, oder ob sie die Daten viel länger speichern als, wie jetzt vorgesehen, ein halbes Jahr. Aber wer kon­trolliert die Provider, dass die das nicht zwei Jahre, drei Jahre speichern?

Wir haben uns also, „den Spaß erlaubt“ ist ein bisschen salopp formuliert, aber wir ha­ben uns einfach einmal die Mühe gemacht, sagen wir einmal so, der Herr Kollege Steinhauser, unsere Mitarbeiter und ich, ein paar Provider, zu denen wir auch gute Kontakte hatten, zu fragen: Hat die Datenschutzbehörde euch kontrolliert, welche Da­ten ihr im Zuge der Vorratsdatenspeicherung abspeichert? Speichert ihr zu viel, spei­chert ihr auch Verkehrsdaten, die gar nicht gespeichert werden sollen, und so weiter? – De facto sind wir auf keinen Provider getroffen, der jemals von der Ex-Datenschutz­kommission, jetzt Datenschutzbehörde, diesbezüglich kontrolliert worden wäre.

Und ich mache das der Datenschutzbehörde nicht einmal zum Vorwurf, denn, wie ge­sagt, bei einer ganzen Reihe von Gesetzen – und ich erinnere auch an das Sicher­heitspolizeigesetz, das wir novelliert haben, an das Transparenzdatenbankgesetz und, und, und – spielt die Datenschutzbehörde demnächst eine ganz, ganz entscheidende Rolle, die haben aber nicht mehr Personal. Und daran müssen wir etwas ändern. – Ich meine, ich weiß, es ist in einer Zeit, wo alle von der Verschlankung der Verwaltung reden, vom Einsparen, von schwierigen Zeiten und davon, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen, wirklich sehr schwer zu sagen, es gibt Behörden in Bereichen, wo der technische Fortschritt alles dermaßen verändert und revolutioniert, dass es mehr


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 143

Personal braucht – auch wenn ein Herr Stronach uns manchmal das Gefühl geben möchte, die Republik funktioniere auch ohne Personal.

Aber so spielt es halt nicht, und gerade beim Datenschutz und bei den Entwicklungen, die wir jetzt haben, ist es absolut notwendig, dass wir da Personal aufstocken. Da wünsche ich viel Glück dann nach der Wahl, wer auch immer dann dafür zuständig ist – vielleicht sind Sie (in Richtung des Staatssekretärs Dr. Ostermayer) es ja auch wieder, es sei Ihnen von Herzen gegönnt (Heiterkeit – Staatssekretär Dr. Ostermayer: Danke! – Ruf: Heute ist er großzügig! – Bundesrat Kneifel: Sehr großzügig!) –, dass mit einem dementsprechenden Finanzminister oder einer Finanzministerin verhandelt werden kann, damit in diesem Bereich auch wirklich mehr Personal möglich ist.

Denn es geht ja auch nicht nur um die staatlichen Daten, sondern es gibt ja auch im­mer mehr Konflikte zwischen Konsumenten/Konsumentinnen und privatwirtschaftlichen Firmen, die ja auch in unglaublichem Ausmaß Daten sammeln oder auch – und da möchte ich einmal in Richtung Wirtschaftskammer etwas sagen – gar keine Ahnung haben, wie Datenschutz funktioniert. Dieses Problem haben viele Firmen.

Wir müssen jetzt eh abwarten, denn es wird eine neue Datenschutzverordnung der Eu­ropäischen Union geben, das Thema wird uns also ohnedies noch lange beschäftigen. Aber immer mehr private Kunden, Kundinnen sind mit diesem Thema konfrontiert. Ich habe auch schon mit meinem Fitnessstudio Probleme gehabt: Die wollten Daten von Freunden, die auch einmal probeweise trainieren wollten. Und ich habe dann einmal gefragt: Ihr schreibt, was ihr mit meinen Daten alles nicht macht; was macht ihr eigent­lich mit den Daten der Freunde, die ich euch dann geben wollte? – Denn ich hatte tat­sächlich Freunde, die gesagt haben, ich würde da gern einmal probetrainieren.

Und die Firma konnte es mir nicht sagen: Verkaufen die die Daten an irgendwelche an­deren Firmen? Werden die jetzt zugemüllt mit Newslettern? Es wurde nicht einmal die Frage gestellt: Wollen die Newsletters zugeschickt bekommen, ja oder nein? – Gar nichts! Ich habe angerufen und habe zumindest erreicht, dass mein Fitnessstudio jetzt bemerkt hat, dass das ein Problem ist. Ich habe es sozusagen ohne Datenschutzbe­hörde gelöst, aber es ist einfach ein Problem. Ich erinnere nur an den Fall Max Schrems gegen Facebook. Der hat ja nun wirklich gekämpft mit der irländischen Da­tenschutzbehörde, die kein Vorbild für die österreichische Datenschutzbehörde ist – hoffentlich ist es tatsächlich Schweden, zum Beispiel, und nicht Irland –, wo keine Juristen vorhanden waren und wo es keine Hilfestellung gab für Facebook-User und -Userinnen gegenüber einer so mächtigen Firma, die mit Daten in Wahrheit einfach macht, was sie will.

Daher sind wir auch neugierig, was die Europäische Kommission uns dann in Form ei­ner Verordnung vorlegen wird. Wir werden das aufmerksam verfolgen, und wir hoffen auch, dass es ein Einlenken der Wirtschaft gibt, dass das auch für kleinere Firmen zu gelten hat – denn nur ein bisschen Datenschutz oder nur für große Firmen, das geht nun einmal nicht. Wenn in einer so einfachen digitalen Zeit wie heute ein ordentlicher Datenschutz möglich ist, dann müssen wir auch darauf achten, dass er dann für alle zu gelten hat. – Danke schön. (Beifall des Bundesrates Dönmez sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

17.49


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Staatssekretär Dr. Os­termayer zu Wort. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


17.50.23

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum einen danke ich dem Herrn Bun-


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 144

desrat Schreuder für seine wohlwollenden Äußerungen hinsichtlich meiner beruflichen Zukunft. Vielen herzlichen Dank!

Zum Zweiten: Im Sinne der These, dass sozusagen alles mit allem zusammenhängt, hat natürlich der Herr Abgeordnete Jenewein recht, dass Datenschutz und Cyber Se­curtity auch miteinander zu tun haben. Man könnte sagen, auch Informationsfreiheit hat damit zu tun. Ich werde aber jetzt nicht lange über das Thema Cyber Security reden – ich würde eigentlich im Bundeskanzleramt darüber reden, denn dort gibt es jetzt ge­rade eine Veranstaltung zum Thema Cyber Security bei strategisch wichtigen Unter­nehmen.

Tatsächlich reden wir – und da ich, glaube ich, der Schlussredner bin, kann ich gleich die weiteren beiden Tagesordnungspunkte auch mit dazu nehmen – sozusagen über die letzten Bausteine, was das Thema Umsetzung der Verwaltungsgerichtsbarkeit an­langt. Ich bin sehr dankbar, dass wir da in sehr konstruktiven Gesprächen eine Lösung gefunden haben, insbesondere auch was die neu zu schaffende Datenschutzbehörde anlangt. Die hat natürlich viele Parallelitäten mit der Datenschutzkommission, wo wir eben beim letzten Mal die temporäre Anpassung im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorgenommen haben.

Jetzt wird eine neue Datenschutzbehörde geschaffen, die sozusagen ein Baustein ist im Bereich dieser großen Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wir haben ja schon etliche Tagesordnungspunkte zu diesem Thema gehabt: einerseits die verfassungs­rechtliche Bestimmung der Neuschaffung eines Bundesverwaltungsgerichts erster Ins­tanz und eines Bundesfinanzgerichtes; wir haben weiters organisationsrechtliche Be­stimmungen hier beschlossen, wir haben Verfahrensbestimmungen hier beschlossen. Und das wirklich Erfreuliche in diesem Zusammenhang ist: Das ist ein Thema, das 26, 27 Jahre nicht geschafft wurde, und letztendlich haben wir dann im Einvernehmen mit den Ländern im Sinne des Föderalismus ein Prinzip gefunden, und zwar „9+1“, also neun Landesverwaltungsgerichte, ein Bundesverwaltungsgericht. Und das wirklich Er­freuliche ist, dass das alles in großem Konsens und einstimmig gegangen ist.

Dass die Folge dann sein wird, dass wir, na ja, ich glaube, rund 200 Materiengesetze anpassen müssen, war von Anfang an klar. Es ist das ein wahnsinnig großer Ko­ordinationsaufwand und auch legistischer Aufwand gewesen, doch ich denke, dass es im Sinne eines Mehr an Rechtsstaatlichkeit auch sinnvoll gewesen ist.

Wir sind parallel dazu jetzt auch dabei, organisatorisch das alles umzusetzen. Wir ha­ben ein neues Gebäude von der Bundesimmobiliengesellschaft angemietet, wo dieses dann größte Gericht Österreichs geschaffen wird, das ja mit 1. Jänner 2014 seine Tä­tigkeit aufnehmen soll. Wir haben die Gerichtspräsidenten installiert. Wir haben teil­weise schon die Richter- und Richterinnen-Posten ausgeschrieben beziehungsweise schreiben die Stellen für die Richter und Richterinnen, die dort tätig werden sollen, aus. Wir werden dort auch ein Pilotprojekt machen, wo erstmals sehbehinderte Richter oder Richterinnen tätig werden sollen, also wir versuchen auch, sozusagen einer Forderung, die es in diesem Bereich gibt, nachzukommen.

Ich bin wirklich allen dankbar, die da mitgewirkt haben, einerseits dem Verfassungs­dienst, der da sehr viel Arbeit zu absolvieren hatte – der Chef des Verfassungsdiensts, Gerhard Hesse, ist ja hier anwesend –, sowie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Kabinetten und in den Klubs. Es hat ja sehr viele Diskussionen auch auf Klub­ebene gegeben, bis wir dann einen Konsens gefunden haben. Ein Punkt zum Beispiel war, dass wir ursprünglich beim Datenschutzrat einen Beirat vorgesehen haben und dann einvernehmlich festgelegt wurde, dass zwar beim Datenschutzrat der Beirat der Sozialpartner nicht kommen soll, aber dass Laienrichter beim Bundesverwaltungs­gericht, also bei dem Senat, der dann in der Folge als Berufungsinstanz entscheidet, tätig werden.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 145

Ich möchte einen Punkt noch ansprechen, der auch im Verfassungsausschuss und auch im Plenum diskutiert wurde, das ist die Personalsituation des künftigen Daten­schutzrates oder natürlich auch der jetzigen Datenschutzkommission.

Wir haben voriges Jahr ein Konsolidierungspaket verabschiedet, das übrigens interna­tional – weil ja vorher die Jugendarbeitslosigkeitsrate und die Arbeitslosenrate, wo wir Europameister sind, angesprochen wurde – auch sehr intensiv gelobt wird. Bei der letzten Tagung des Währungsfonds in Washington ist bestätigt worden, dass der Weg, den wir gewählt haben, nämlich dass wir einerseits einnahmenseitige Maßnahmen ma­chen, andererseits auf der Ausgabenseite sparen, drittens auch Zukunftsinvestitionen tätigen, der richtige Weg ist – also nicht die reine Austerity-, also sozusagen Spar­paket-Variante, sondern auf der einen Seite sparen, auf der anderen Seite für neue Einnahmen sorgen und drittens auch in die Zukunft investieren –, dass das ein wich­tiges Modell ist.

Teil dieses Konsolidierungspaketes war, dass wir auch einen Aufnahmestopp im Bun­desdienst beschlossen haben. Das ist eines der Verwaltungsreformprojekte, weil das natürlich auch dazu zwingt, dass man darüber nachdenkt, einerseits Aufgaben zu ver­lagern, vielleicht auch effizienter zu werden, auch eine gewisse Mobilität in den Bun­desdienst hineinzubekommen. Und gerade diese Maßnahme führt natürlich auch dazu, dass man auch beim Datenschutzrat jetzt nicht zusätzlich Personal aufnehmen kann.

Wir haben daher überlegt: Wie kann man mit diesem Zielkonflikt umgehen?, und haben auch sozusagen eine Aufgabenkritik vorgenommen, die Frage gestellt: Muss alles, was jetzt dort gemacht wird, auch in Zukunft weiter gemacht werden?

Wir haben daher auch eine nicht nur die formalen Abläufe betreffende Reform vorge­schlagen, sondern auch eine, die die materiellen Fragen betrifft. Da sind wir noch nicht auf einem Konsensweg, das sei zugegeben. Aber es gibt auch einen zweiten Punkt, wo ich meine, dass Verfahren schneller ablaufen können und dass wir daher Rückstän­de, die es gibt und die zu Recht auch kritisiert werden, in den Griff bekommen können.

Im Unterschied zur bisherigen Datenschutzkommission, die sozusagen ein größeres Gremium war, das sich halt immer wieder nur in bestimmten Zeitabständen getroffen hat und dann Entscheidungen getroffen hat, ist bei der jetzigen Form der monokrati­schen Behörde, die heute beschlossen werden wird, vorgesehen, dass diese natürlich laufend Entscheidungen treffen kann – also nicht nur zu bestimmten Terminen, son­dern eben laufend –, und wir gehen davon aus, dass damit auch sozusagen eine schnellere Bewältigung der Aufgaben erfolgt. Und – ich habe das auch im Plenum des Nationalrates gesagt – ich würde gerne schauen: Funktioniert das in dieser Form, hat das entsprechende Wirkung?, und – ich habe das auch dort gesagt und sage es auch hier – wenn das nicht der Fall ist, dann müssen wir uns das nach einer gewissen Beobachtungsphase noch einmal anschauen und dann tatsächlich auch über Perso­nalfragen im künftigen Datenschutzrat diskutieren.

Zusammenfassend: Noch einmal vielen herzlichen Dank für die wirklich konstruktive Mitarbeit, für die konstruktive Mitarbeit aller Parteien, was diese Materiengesetze, aber auch was die großen Gesetze der Verwaltungsgerichtsbarkeit anbelangt hat. Ich ver­spreche, wir werden uns bemühen, dass das Gericht dann auch tatsächlich in be­währter Form – wie es jetzt schon beim Asylgerichtshof der Fall war, den wir als Nuk­leus für das neue Gericht verwenden wollen – funktioniert, damit im Sinne der Bürger Verfahren rasch, einheitlich und mit entsprechenden rechtsstaatlichen Standards ab­gewickelt werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)

17.59


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 146

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.59.4921. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundesvergabegesetz Verteidi­gung und Sicherheit 2012 geändert werden (BVergG und BVergGVS Novel­le 2013) (2170 d.B. und 2269 d.B. sowie 8949/BR d.B. und 8969/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Bitte um den Bericht.

 


18.00.08

Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föde­ralismus über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 und das Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratungen am 7. Mai 2013 den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Es liegen mir keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle wieder Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit an­genommen.

18.01.1322. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird (2247 d.B. und 2270 d.B. sowie 8970/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wenger. Ich bitte um die Berichterstattung.

 


18.01.29

Berichterstatter Franz Wenger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 147

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Es liegen mir auch zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.02.23

Bundesrätin Elisabeth Greiderer (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich äußere mich jetzt nicht zum Tagesordnungspunkt selbst, sondern nütze diese Gelegenheit, um mich von Ihnen allen zu verabschieden, weil ich heute das letzte Mal hier bin. Ich scheide aus ei­genem Wunsch aus dem Bundesrat aus. Es war eine tolle Zeit, eine spannende Erfah­rung. Es ist eine Ehre, diesem Gremium angehören zu dürfen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

18.02


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich darf den Dank für den ganzen Bundesrat aussprechen: Du warst eine sehr kompetente, aber auch eine sehr nette und ange­nehme Kollegin. Du hast hier tolle Arbeit geleistet. Ich wünsche dir im Namen von uns allen persönlich das Allerbeste, viel Erfolg in deinem weiteren Leben, viel Erfolg auch in deinem beruflichen und privaten Sein! Wir wünschen dir alles Gute – und schönen Gruß nach Tirol! (Allgemeiner Beifall.)

Wünscht noch jemand das Wort? (Allgemeine Heiterkeit.) – Ich frage ja nur. Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle wieder Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit an­genommen.

18.04.2923. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Medien­dienste-Gesetz, das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteiengesetz und das Volksgruppengesetz geändert werden (2169 d.B. und 2271 d.B. sowie 8971/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wenger. Ich bitte um die Berichterstattung.

 


18.04.52

Berichterstatter Franz Wenger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2013 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz,


BundesratStenographisches Protokoll820. Sitzung / Seite 148

das Fernseh-Exklusivrechtegesetz, das Parteiengesetz und das Volksgruppengesetz geändert werden

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 7. Mai 2013 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.

Es liegen mir auch zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle wieder Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit an­genommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

18.05.57Einlauf

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten be­ziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zwei Anfragen, 2945/J-BR/2013 und 2946/J-BR/2013, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 6. Juni 2013, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis da­hin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 4. Juni 2012, ab 14 Uhr, vorge­sehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.06.37Schluss der Sitzung: 18.07 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien