Stenographisches Protokoll
844. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 23. Juli 2015
844. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 23. Juli 2015
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 23. Juli 2015: 9.03 – 23.51 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Wahl eines/einer Vizepräsidenten/in
2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über alternative Finanzierungsformen (Alternativfinanzierungsgesetz – AltFG) erlassen und das Kapitalmarktgesetz geändert wird
3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird (Wissenschaftsfonds-Novelle 2015)
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Verbesserung der Sozialbetrugsbekämpfung (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG) erlassen wird sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, der Artikel III des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2004, das Firmenbuchgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz, das Gebührengesetz 1957 und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden
7. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz geändert wird
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Kontenregisters und die Konteneinschau (Kontenregister- und Konteneinschaugesetz – KontRegG), das Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen und von Kapitalzuflüssen (Kapitalabfluss-Meldegesetz) und das Bundesgesetz zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz – GMSG) erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und das Amtshilfe-Durchführungsgesetz geändert werden
9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Glücksspielgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2008, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Krankenkassen-Strukturfondsgesetz geändert werden (Steuerreformgesetz 2015/2016 – StRefG 2015/2016)
10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Kreditinstituten erlassen wird und das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Sparkassengesetz und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz geändert werden
11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Kapitalmarktgesetz und das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz geändert werden
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz 2011 und das Immobilien-Investmentfondsgesetz geändert werden
13. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mauritius über den Informationsaustausch in Steuersachen
14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Anerbengesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, das allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, die Notariatsordnung, das Rechtspflegergesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002 und die Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geändert werden (Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 – ErbRÄG 2015)
15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Suchtmittelgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Aktiengesetz, das Gesetz vom 6. März 1906 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft, das Genossenschaftsgesetz, das ORF-Gesetz, das Privatstiftungsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, und das Spaltungsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2015)
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2015 – Urh-Nov 2015)
17. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über die Auslieferung
18. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Vorbehalte zu Art. 13, 15 und 17 sowie der Erklärungen zu Art. 38 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes
19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden
20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert wird
21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Vorschriften über die Untersagung des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen (Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz) erlassen und das Sortenschutzgesetz geändert werden
22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geändert wird
23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 3. Juli 1975, mit dem das Forstwesen geregelt wird (Forstgesetz 1975), geändert wird
24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird
25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 geändert wird (EZG-Novelle 2015)
26. Punkt: In Doha beschlossene Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen
27. Punkt: Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Island andererseits über die Beteiligung Islands an der gemeinsamen Erfüllung der Verpflichtungen der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten und Islands im zweiten Verpflichtungszeitraum des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen
28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996 und das Biozidproduktegesetz geändert werden
29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden
30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden
31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 und das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert werden
32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird
33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird
34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird
35. Punkt: Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits
36. Punkt: Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits
37. Punkt: Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits
38. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Bulgarien über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur, Bildung, Wissenschaft und der Jugend
39. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über die Rechtsstellung von Angehörigen des österreichischen Bundesheeres während ihres Aufenthaltes in der Französischen Gebietskörperschaft Guyana
40. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird
41. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird
42. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden
43. Punkt: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates
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Inhalt
Bundesrat
Schreiben des Landtagsdirektors des Burgenländischen Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ............................................................................... 20
Angelobung der Bundesräte Marianne Hackl, Peter Heger und Inge Posch-Gruska 21
1. Punkt: Wahl eines/einer Vizepräsidenten/in .............................................................. 40
Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................... 90, 180, 226
Unterbrechung der Sitzung ......................................................................... 91, 180, 227
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Gottfried Kneifel ................................................................................... 264
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 264
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 19
Aktuelle Stunde (35.)
Thema: „Generation 50+: Chancen und Wertschätzung am Arbeitsmarkt“ ........ 21
Redner/Rednerinnen:
Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 21
Gregor Hammerl ..................................................................................................... ..... 23
Peter Samt ............................................................................................................... ..... 25
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 27
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ..... 29
Inge Posch-Gruska ................................................................................................. ..... 33
Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 35
Christoph Längle .................................................................................................... ..... 36
Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 37
Bundesregierung
Schreiben des Bundeskanzlers betreffend seinen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .................................................................................................. 39
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 40
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 40
Wahlen in Institutionen
43. Punkt: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates ............................................................................................................................. 263
Ergebnis: Ersatzmitglied: Ing. Bernhard Ebner, MSc
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 40
Verhandlungen
2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über alternative Finanzierungsformen (Alternativfinanzierungsgesetz – AltFG) erlassen und das Kapitalmarktgesetz geändert wird (628 d.B. und 654 d.B. sowie 9426/BR d.B.) 41
Berichterstatter: Gerhard Schödinger ......................................................................... 41
Redner/Rednerinnen:
Dr. Magnus Brunner, LL.M .................................................................................... ..... 41
Ilse Fetik ................................................................................................................... ..... 42
Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ..... 43
Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 44
Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ..... 46
Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ............................................................... ..... 47
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 48
3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird (Wissenschaftsfonds-Novelle 2015) (691 d.B. und 722 d.B. sowie 9427/BR d.B.) ................................................................................. 49
Berichterstatter: Ing. Andreas Pum .............................................................................. 49
Redner/Rednerinnen:
Josef Saller .............................................................................................................. ..... 49
Elisabeth Reich ....................................................................................................... ..... 50
Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ..... 51
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 52
Staatssekretär Mag. Dr. Harald Mahrer ............................................................... ..... 53
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 54
4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (674 d.B. und 767 d.B. sowie 9409/BR d.B.) ............................................................................................................................... 54
Berichterstatter: Mario Lindner .................................................................................... 54
Redner/Rednerinnen:
Arnd Meißl ............................................................................................................... ..... 54
Rene Pfister ............................................................................................................. ..... 56
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 58
Ing. Bernhard Ebner, MSc ..................................................................................... ..... 60
Werner Herbert ....................................................................................................... ..... 61
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ..... 61
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 64
5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Verbesserung der Sozialbetrugsbekämpfung (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG) erlassen wird sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, der Artikel III des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2004, das Firmenbuchgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (692 d.B., 343/A und 770 d.B. sowie 9406/BR d.B. und 9410/BR d.B.) .......................................................... 64
Berichterstatter: Rene Pfister ....................................................................................... 64
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 65
Ilse Fetik ................................................................................................................... ..... 66
Ing. Bernhard Ebner, MSc ..................................................................................... ..... 67
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 68
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ..... 69
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 72
6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz, das Gebührengesetz 1957 und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden (697 d.B. und 772 d.B. sowie 9411/BR d.B.) ..................................... 72
Berichterstatter: Rene Pfister ....................................................................................... 72
Redner/Rednerinnen:
Ilse Fetik ................................................................................................................... ..... 73
Gregor Hammerl ..................................................................................................... ..... 73
Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ..... 74
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 75
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ..... 76
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 77
Gemeinsame Beratung über
7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz geändert wird (683 d.B. und 748 d.B. sowie 9412/BR d.B.) 77
Berichterstatterin: Ingrid Winkler .................................................................................. 77
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Kontenregisters und die Konteneinschau (Kontenregister- und Konteneinschaugesetz – KontRegG), das Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen und von Kapitalzuflüssen (Kapitalabfluss-Meldegesetz) und das Bundesgesetz zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz – GMSG) erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und das Amtshilfe-Durchführungsgesetz geändert werden (685 d.B. und 749 d.B. sowie 9401/BR d.B. und 9413/BR d.B.) ................................................................................... 77
Berichterstatterin: Ingrid Winkler .................................................................................. 77
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 78
Ing. Andreas Pum ................................................................................................... ..... 80
Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ..... 81
Ilse Fetik ................................................................................................................... ..... 82
Arnd Meißl ............................................................................................................... ..... 83
Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 85
Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ..................................................... ..... 86
Antrag der Bundesräte Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Kontenregisters und die Konteneinschau (Kontenregister- und Konteneinschaugesetz – KontRegG), das Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen und von Kapitalzuflüssen (Kapitalabfluss-Meldegesetz) und das Bundesgesetz zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz – GMSG) erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und das Amtshilfe-Durchführungsgesetz geändert werden (685 d.B. und 749 d.B. sowie 9401/BR d.B. und 9413/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR Einspruch zu erheben – Ablehnung (namentliche Abstimmung) .................................................. 79, 90
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ...................................... 91
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 90
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 92
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Glücksspielgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2008, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz,
das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Krankenkassen-Strukturfondsgesetz geändert werden (Steuerreformgesetz 2015/2016 – StRefG 2015/2016) (684 und Zu 684 d.B., 69/A(E) und 750 d.B. sowie 9402/BR d.B. und 9414/BR d.B.) 92
Berichterstatterin: Ilse Fetik ........................................................................................... 93
Redner/Rednerinnen:
Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ..... 93
Ing. Bernhard Ebner, MSc ..................................................................................... ..... 96
Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 98
Ewald Lindinger ...................................................................................................... ..... 99
Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ... 101
Sonja Zwazl ............................................................................................................. ... 104
Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 106
Ingrid Winkler .......................................................................................................... ... 108
Christian Poglitsch ................................................................................................. ... 110
Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ..................................................... ... 111
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 115
Gemeinsame Beratung über
10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Kreditinstituten erlassen wird und das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Sparkassengesetz und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz geändert werden (686 d.B. und 751 d.B. sowie 9404/BR d.B. und 9415/BR d.B.) ............................................................................................................... 116
Berichterstatterin: Ilse Fetik ......................................................................................... 116
11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Kapitalmarktgesetz und das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz geändert werden (670 d.B. und 752 d.B. sowie 9416/BR d.B.) ............................................................... 116
Berichterstatterin: Ilse Fetik ......................................................................................... 116
12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz 2011 und das Immobilien-Investmentfondsgesetz geändert werden (671 d.B. und 753 d.B. sowie 9405/BR d.B. und 9417/BR d.B.) ........................................................ 116
Berichterstatterin: Ilse Fetik ......................................................................................... 116
13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mauritius über den Informationsaustausch in Steuersachen (678 d.B. und 754 d.B. sowie 9418/BR d.B.) ....................................... 116
Berichterstatterin: Ilse Fetik ......................................................................................... 116
Redner/Rednerinnen:
Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ... 117
Peter Oberlehner .................................................................................................... ... 119
Marco Schreuder .................................................................................................... ... 120
Ewald Lindinger ...................................................................................................... ... 121
Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ..................................................... ... 122
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 122
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 122
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 122
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .............. 123
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Anerbengesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, das allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, die Notariatsordnung, das Rechtspflegergesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002 und die Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geändert werden (Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 – ErbRÄG 2015) (688 d.B. und 718 d.B. sowie 9419/BR d.B.) ...................................................................................... 123
Berichterstatterin: Ingrid Winkler ................................................................................ 123
Redner/Rednerinnen:
Hermann Brückl ...................................................................................................... ... 124
Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 126
Mag. Susanne Kurz ................................................................................................ ... 127
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 129
Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 130
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 131
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Suchtmittelgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Aktiengesetz, das Gesetz vom 6. März 1906 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft, das Genossenschaftsgesetz, das ORF-Gesetz, das Privatstiftungsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, und das Spaltungsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2015) (689 d.B., 1110/A, 969/A(E) und 728 d.B. sowie 9403/BR d.B. und 9420/BR d.B.) ............................................................................................................... 131
Berichterstatterin: Ingrid Winkler ................................................................................ 131
Redner/Rednerinnen:
Werner Herbert ....................................................................................................... ... 132
Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 137
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 139
Mag. Susanne Kurz ................................................................................................ ... 140
Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 142
Ingrid Winkler .......................................................................................................... ... 143
Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 144
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 147
Entschließungsantrag der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend lebenslängliches Tätigkeitsverbot von Sexualstraftätern im Bereich der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung von minderjährigen, wehrlosen sowie psychisch beeinträchtigten Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organisationen – Ablehnung ........... 135, 149
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 149
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2015 – Urh-Nov 2015) (687 d.B. sowie 9421/BR d.B.) ................................... 149
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 149
Redner/Rednerinnen:
Werner Herbert ....................................................................................................... ... 149
Mag. Christian Jachs .............................................................................................. ... 150
Marco Schreuder .................................................................................................... ... 151
Ingrid Winkler .......................................................................................................... ... 153
Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 154
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 156
17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über die Auslieferung (490 d.B. und 719 d.B. sowie 9422/BR d.B.) ............................................................................................................... 156
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 156
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 156
18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Vorbehalte zu Art. 13, 15 und 17 sowie der Erklärungen zu Art. 38 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (501 d.B. und 720 d.B. sowie 9423/BR d.B.) ................. 156
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 156
Redner/Rednerinnen:
Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 157
Ana Blatnik .............................................................................................................. ... 158
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 160
Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 161
Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ......................................... 161
19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsan-
wälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden (1210/A und 721 d.B. sowie 9424/BR d.B.) 162
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 162
Redner/Rednerinnen:
Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 162
Ilse Fetik ................................................................................................................... ... 163
Werner Herbert ....................................................................................................... ... 163
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 163
20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert wird (669 d.B. und 732 d.B. sowie 9425/BR d.B.) 163
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 164
Redner/Rednerinnen:
Mag. Klaus Fürlinger ........................................................................................ 164, 164
Marco Schreuder .................................................................................................... ... 164
Mag. Susanne Kurz ................................................................................................ ... 165
Werner Herbert ....................................................................................................... ... 166
Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 167
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 168
21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Vorschriften über die Untersagung des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen (Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz) erlassen und das Sortenschutzgesetz geändert werden (673 d.B. und 764 d.B. sowie 9407/BR d.B. und 9436/BR d.B.) ................................................................................. 168
Berichterstatter: Ing. Andreas Pum ............................................................................ 168
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth ............................................................................................ 169, 178
Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ... 171
Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ... 173
Stefan Schennach ................................................................................................... ... 174
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 175
Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 176
Martin Preineder ................................................................................................ 177, 179
Ana Blatnik .................................................................................................................. 178
Entschließungsantrag der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend GVO-Freiheit in Österreich und der Europäischen Union – Ablehnung ....................... 170, 182
Entschließungsantrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Inge Posch-Gruska, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung der Länderkompetenz bei der Vollziehung des Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetzes – Annahme (E 245-BR/2015) ............................................... 173, 182
Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden
Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (namentliche Abstimmung) 180
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 181
22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geändert wird (680 d.B. und 765 d.B. sowie 9408/BR d.B. und 9437/BR d.B.) ............................................................................................................... 182
Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 182
Redner/Rednerinnen:
Peter Samt ............................................................................................................... ... 182
Ing. Andreas Pum ................................................................................................... ... 183
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 184
Adelheid Ebner ....................................................................................................... ... 185
Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 185
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 186
23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 3. Juli 1975, mit dem das Forstwesen geregelt wird (Forstgesetz 1975), geändert wird (1181/A und 766 d.B. sowie 9438/BR d.B.) ................................................................. 186
Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 186
Redner/Rednerinnen:
Martin Preineder ..................................................................................................... ... 187
Ing. Hans-Peter Bock ................................................................................................. 187
Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ... 188
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 188
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 189
24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (696 d.B. und 711 d.B. sowie 9440/BR d.B.) 189
Berichterstatter: Hubert Koller ................................................................................... 189
Redner/Rednerinnen:
Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ... 189
Dr. Andreas Köll ......................................................................................................... 190
Günther Novak ........................................................................................................ ... 191
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 192
Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 193
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 194
25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 geändert wird (EZG-Novelle 2015) (617 d.B. und 710 d.B. sowie 9441/BR d.B.) ............................................................................................................... 194
Berichterstatter: Hubert Koller ................................................................................... 194
Redner/Rednerinnen:
Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ... 195
Dr. Magnus Brunner, LL.M .................................................................................... ... 195
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 196
Günther Novak ........................................................................................................ ... 196
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 197
Gemeinsame Beratung über
26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend in Doha beschlossene Änderung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (693 d.B. und 713 d.B. sowie 9442/BR d.B.) ............................................................................... 197
Berichterstatter: Hubert Koller ................................................................................... 198
27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Island andererseits über die Beteiligung Islands an der gemeinsamen Erfüllung der Verpflichtungen der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten und Islands im zweiten Verpflichtungszeitraum des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (694 d.B. und 714 d.B. sowie 9443/BR d.B.) .......... 197
Berichterstatter: Hubert Koller ................................................................................... 198
Redner/Rednerinnen:
Peter Samt .................................................................................................................. 198
Mag. Ernst Gödl ......................................................................................................... 201
Stefan Schennach ...................................................................................................... 202
Mag. Nicole Schreyer ................................................................................................. 204
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 26, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ........................... 205
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 27, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen und 3. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 4 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben ........................... 205
28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996 und das Biozidproduktegesetz geändert werden (695 d.B. und 712 d.B. sowie 9444/BR d.B.) ............................................................................................................... 206
Berichterstatterin: Mag. Daniela Gruber-Pruner ....................................................... 206
Redner/Rednerinnen:
Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ... 206
Günther Novak ........................................................................................................ ... 207
Christoph Längle .................................................................................................... ... 208
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 208
29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (681 d.B. und 746 d.B. sowie 9445/BR d.B.) .................................................. 208
Berichterstatterin: Ana Blatnik .................................................................................... 208
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Reich ....................................................................................................... ... 209
Peter Oberlehner .................................................................................................... ... 210
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 211
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 212
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 213
30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden (682 d.B. und 747 d.B. sowie 9446/BR d.B.) 213
Berichterstatterin: Ana Blatnik .................................................................................... 213
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 213
Rene Pfister ............................................................................................................. ... 214
Christoph Längle .................................................................................................... ... 215
Angela Stöckl .......................................................................................................... ... 216
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 217
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 217
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 218
31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 und das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert werden (672 d.B., 880/A(E) und 734 d.B. sowie 9428/BR d.B.) ............................................................................................................................. 218
Berichterstatterin: Angela Stöckl ................................................................................ 219
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 219
Rene Pfister ............................................................................................................. ... 221
Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 222
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 224
Ana Blatnik .............................................................................................................. ... 225
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 226
Antrag der Bundesräte Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 und das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert werden (672 d.B., 880/A(E) und 734 d.B. sowie 9428/BR d.B.), Einspruch zu erheben – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 220, 226
Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 227
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 228
32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (1121/A und 735 d.B. sowie 9429/BR d.B.) ............. 228
Berichterstatterin: Angela Stöckl ................................................................................ 228
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 228
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 229
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 229
33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird (530 d.B. und 744 d.B. sowie 9430/BR d.B.) .......... 229
Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 229
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 230
Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 231
Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ... 231
Mag. Nicole Schreyer ............................................................................................. ... 232
Antrag der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird (530 d.B. und 744 d.B. sowie 9430/BR d.B.), Einspruch zu erheben – Ablehnung 230, 233
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 233
34. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (650 d.B. und 774 d.B. sowie 9439/BR d.B.) ............................................................................................................................. 233
Berichterstatter: Gregor Hammerl ............................................................................. 233
Redner/Rednerinnen:
Gerhard Schödinger ............................................................................................... ... 233
Ing. Hans-Peter Bock ................................................................................................. 234
Werner Herbert ....................................................................................................... ... 234
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 235
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 235
Gemeinsame Beratung über
35. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Georgien andererseits (579 d.B. und 756 d.B. sowie 9431/BR d.B.) .......................... 236
Berichterstatter: Gerhard Schödinger ....................................................................... 236
36. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits (580 d.B. und 757 d.B. sowie 9432/BR d.B.) .............. 236
Berichterstatter: Gerhard Schödinger ....................................................................... 236
37. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (581 d.B. und 758 d.B. sowie 9433/BR d.B.) ............................. 236
Berichterstatter: Gerhard Schödinger ....................................................................... 236
Redner/Rednerinnen:
Christoph Längle .................................................................................................... ... 237
Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 237
Stefan Schennach ................................................................................................... ... 239
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 240
Bundesminister Sebastian Kurz ........................................................................... ... 242
Marco Schreuder .................................................................................................... ... 243
Entschließungsantrag der Abgeordneten Efgani Dönmez, PMM, Edgar Mayer, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung des Minsker Abkommens – Annahme (E 246-BR/2015) 241, 244
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 35, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 244
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 36, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 244
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 37, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 244
Gemeinsame Beratung über
38. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Bulgarien über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kultur, Bildung, Wissenschaft und der Jugend (698 d.B. und 759 d.B. sowie 9434/BR d.B.) 245
Berichterstatter: Mag. Christian Jachs ...................................................................... 245
39. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über die Rechtsstellung von Angehörigen des österreichischen
Bundesheeres während ihres Aufenthaltes in der Französischen Gebietskörperschaft Guyana (507 d.B. und 760 d.B. sowie 9435/BR d.B.) .................................................. 245
Berichterstatter: Mag. Christian Jachs ...................................................................... 245
Redner/Rednerinnen:
Christoph Längle ........................................................................................................ 245
Edgar Mayer ................................................................................................................ 247
Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 247
Ewald Lindinger ...................................................................................................... ... 248
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 38, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .............. 248
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 39, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 249
40. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird (679 d.B. und 708 d.B. sowie 9447/BR d.B.) 249
Berichterstatter: Rene Pfister ..................................................................................... 249
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 249
Elisabeth Grimling .................................................................................................. ... 250
Marco Schreuder .................................................................................................... ... 251
Ing. Bernhard Ebner, MSc ..................................................................................... ... 252
Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ... 253
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 255
41. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird (588 d.B. und 709 d.B. sowie 9448/BR d.B.) 255
Berichterstatter: Rene Pfister ..................................................................................... 255
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 255
Elisabeth Grimling .................................................................................................. ... 256
Angela Stöckl .......................................................................................................... ... 256
Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ... 257
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 257
42. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (632 d.B. und 700 d.B. sowie 9449/BR d.B.) ................................... 257
Berichterstatter: Josef Saller ...................................................................................... 258
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 258
Elisabeth Grimling .................................................................................................. ... 260
Marco Schreuder .................................................................................................... ... 260
Mag. Christian Jachs .............................................................................................. ... 262
Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ... 263
Entschließungsantrag der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Einkünfte von ORF-Mitarbeitern, die Nachrichten-/Informations-/Wirtschafts-Formate mediengattungsunabhängig gestalten und/oder moderieren – Ablehnung ......... 259, 263
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 263
Eingebracht wurden
Anfragen der Bundesräte
Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dienststellenstrukturanpassung (3083/J-BR/2015)
Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verfahren gegen Kurt Gartlehner und Verbindungen zu Microsoft (3084/J-BR/2015)
Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anerkennung Eingetragener PartnerInnenschaften nach österreichischem Recht in den Staaten, die das Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare abgeschafft haben (3085/J-BR/2015)
Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anerkennung Eingetragener PartnerInnenschaften nach österreichischem Recht in den Staaten, die das Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare abgeschafft haben (3086/J-BR/2015)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Magnus Brunner, LL.M, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsreform – wichtige nächste Schritte (2852/AB-BR/2015 zu 3076/J-BR/2015)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstfahrzeuge der Exekutive (2853/AB-BR/2015 zu 3077/J-BR/2015)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Heidelinde Reiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der 1. Tierhaltungsverordnung (2854/AB-BR/2015 zu 3081/J-BR/2015)
Beginn der Sitzung 9.03 Uhr
Präsident Gottfried Kneifel: Ich eröffne die 844. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 843. Sitzung des Bundesrates vom 2. Juli 2015 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.
Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Sonja Ledl-Rossmann, Dr. Heidelinde Reiter, Dr. Dietmar Schmittner und Hans-Jörg Jenewein.
Präsident Gottfried Kneifel: Eingelangt ist ein Schreiben des Burgenländischen Landtagsdirektors betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates.
Hinsichtlich des Wortlauts dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
Schreiben des Burgenländischen Landtagsdirektors betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern:
*****
Angelobung
Präsident Gottfried Kneifel: Die neuen und das wiedergewählte Mitglied des Bundesrates sind im Hause anwesend, ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen.
Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.
Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.
Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“
*****
Über Namensaufruf durch den Schriftführer leisten die Bundesräte Marianne Hackl (ÖVP, Burgenland), Peter Heger (SPÖ, Burgenland) und Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland) ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.
*****
Präsident Gottfried Kneifel: Ich begrüße die neuen Mitglieder und das wiedergewählte Mitglied des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall. – Die neuen Mitglieder und das wiedergewählte Mitglied des Bundesrates werden von ihren Kolleginnen und Kollegen beglückwünscht.)
Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema
„Generation 50+: Chancen und Wertschätzung am Arbeitsmarkt“
mit dem Herrn Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer, den ich herzlich hier bei uns im Bundesrat willkommen heißen darf. (Allgemeiner Beifall.)
In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt:
Zunächst kommt je ein Redner/eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt eine Stellungnahme des Herrn Bundesministers, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je ein Redner/eine Rednerin der Fraktionen sowie anschließend je eine Wortmeldung der Bundesräte ohne Fraktion mit jeweils einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme des Herrn Bundesministers erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.
Als Erster gelangt Herr Bundesrat Todt zu Wort. Ich mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.
9.08
Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kampf gegen die Arbeits-
losigkeit war, ist und bleibt der zentrale Schwerpunkt der Arbeit der Bundesregierung. Herr Sozialminister, herzlichen Dank für Ihren besonderen Einsatz in diesem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.
Trotz vieler Maßnahmen, die unsere Regierung gesetzt hat, sind die Folgen der Krise immer noch spürbar. Die Wirtschaft stagniert, es wird zu wenig investiert, die Arbeitslosigkeit steigt. Auch wenn Österreich im Vergleich noch immer, wie man umgangssprachlich sagt, ganz gut dasteht, kann und darf das nicht so hingenommen werden. Für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist jeder Arbeitslose einer zu viel.
Besonders dramatisch ist die Situation bei den älteren Arbeitnehmern. Mit einer Arbeitslosenquote von über 16 Prozent gehört die Generation 50+ Monat für Monat zu den von der Arbeitslosigkeit am stärksten betroffenen Gruppen. Schuld daran ist vor allem die absurde „Zu-alt-zu-teuer-Mentalität“ in den Personalbüros. Noch immer werden ältere MitarbeiterInnen in die Frühpension oder Arbeitslosigkeit gemobbt oder gedrängt. Und das ist an sich ein Skandal.
Wir dürfen das nicht hinnehmen, wir müssen diese Negativspirale stoppen. Und da muss die Wirtschaft endlich ihrer Pflicht nachkommen. Wir brauchen das Bonus-Malus-System, wir brauchen es rasch und in Kombination mit einem umfassenden Beschäftigungs- und Pensionsmonitoring, aufgeschlüsselt nach Branchen, Regionen und Alter. Aber auch die Beamten müssen da inkludiert werden.
Erfreulich ist, dass im ersten Halbjahr 2015 bereits 61 297 ältere arbeitslose Personen wieder einen Arbeitsplatz gefunden haben. Das zeigt, dass Sozialminister Hundstorfer mit seinem Schwerpunktprogramm für ältere Arbeitslose, das im kommenden Jahr zusätzlich um 100 Millionen € auf 250 Millionen € aufgestockt wird, auf dem richtigen Weg ist, den er konsequent weiterbeschreitet, denn auch für 2017 sind wieder 250 Millionen € speziell für maßgeschneiderte Arbeitsmarktmaßnahmen für die Generation 50+ budgetiert. Aber ohne dass auch die Wirtschaft endlich ihren Beitrag leistet, werden wir das Ziel, die Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern bis zum Jahr 2018 auf 35,3 Prozent zu erhöhen, nicht erreichen. Derzeit liegen wir erst bei 26,9 Prozent.
Die Zeit für das Bonus-Malus-System, das Firmen belohnt, die ältere Arbeitnehmer und ältere Dienstnehmer beschäftigen, und wo jene, die das nicht tun, einen Malus zahlen müssen, ist eigentlich überreif.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Beim Pensionsantrittsalter sind wir bereits auf dem richtigen Weg. Es steigt und steigt, innerhalb eines Jahres um 13 Monate. Aktuell gehen die Menschen mit durchschnittlich 60,1 Jahren in Pension. Damit wurde bereits jetzt der im Regierungsprogramm festgeschriebene Zielwert von 2018 erreicht – eine großartige Nachricht, die zeigt, dass die gesetzten Maßnahmen greifen.
Unser Herr Bundesminister hat in den letzten Jahren die größten Pensionsreformen seit Einführung des ASVG umgesetzt. Diese effektiven und punktgenauen Maßnahmen, wie beispielsweise die Reform der Invaliditätspension, der Langzeitversichertenregelung und die Einführung des Pensionskontos, zeigen schon jetzt deutliche Erfolge. Sie werden ihre volle Wirkung in den kommenden Jahren erst so richtig entfalten. Aber jetzt muss, parallel dazu, auch die Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern noch schneller steigen. Da muss auch die Wirtschaft endlich ihrer Verantwortung nachkommen. (Bundesrätin Zwazl: Sag nicht mehr „endlich“! Bitte!)
Ihr müsst eurer Verantwortung nachkommen, denn wenn die Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern derzeit bei 26 Prozent liegt, dann ist das nicht nur deren Schuld, dann liegt das auch in eurer Verantwortung, die ihr zu tragen habt. Wenn es um die Beschäftigung Älterer und um die Förderung von Betrieben, die ihrer sozialen Verant-
wortung nachkommen, geht, dann muss der öffentliche Sektor auch mit gutem Beispiel vorangehen.
Durch die bisher gängige Ausschreibepraxis nach dem Billigstbieterprinzip erhielten jene Firmen den Zuschlag, die besonders billig anbieten können. Das funktioniert aber meist nur deshalb, weil sie nur junge Leiharbeiter beschäftigen. Das neue Vergaberecht mit Berücksichtigung von Sozialkriterien in der Baubranche ist der Schritt in die richtige Richtung. Es wäre aber wünschenswert, wenn dies ausgeweitet werden würde und das verpflichtende Bestbieterprinzip künftig bei allen öffentlichen Aufträgen gültig wäre.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Welt steht erneut vor einem Umbruch, und wir befinden uns am Beginn der vierten industriellen Revolution. Immer mehr Firmen stellen ihre Produktion fast komplett auf Computer um. Wir haben uns gestern in einer Veranstaltung sehr intensiv damit beschäftigt und werden uns auch im nächsten Halbjahr dank Präsident Kneifel weiterhin mit der digitalen Revolution beschäftigen. Aber dieser Umbruch bedeutet auch, dass die Produktionshallen immer menschenleerer werden. Damit gehen nicht nur Arbeitsplätze verloren, sondern das gefährdet auch unseren Sozialstaat, denn die Computer und Roboter zahlen keinen Beitrag zur Finanzierung der Sozialsysteme.
Die Wertschöpfung dieser Unternehmen steigt und steigt, die Zahl der Beschäftigten nimmt jedoch ab. Lohnsubventionen dürfen in Zukunft nicht mehr die entscheidenden Indikatoren für Sozialabgaben sein. Daher brauchen wir die Wertschöpfungsabgabe, und zwar brauchen wir sie, um jene Firmen zu entlasten, die Arbeitsplätze bieten, und wir brauchen sie zur Sicherung unseres Sozialstaates.
Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Land hat in vielen Bereichen eine europa-, ja sogar weltweite Vorbildwirkung. Auf diesen Lorbeeren dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und für die nachhaltige Absicherung unseres Sozialstaates sind die zentralen Herausforderungen, der sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stellen müssen.
Lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen – für die Menschen in unserem Land und dafür, dass Österreich auch künftig ein Best-Practice-Beispiel für andere Länder bleibt! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)
9.16
Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesrat Hammerl gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.
9.16
Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Das Thema „Generation 50+: Chancen und Wertschätzung am Arbeitsmarkt“ hat in den letzten Tagen auch im Bereich der Medien einen Schwerpunkt erhalten. Wenn man sich aber die Stellenangebote ansieht, so gewinnt man den Eindruck, als ob nur junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwünscht wären. Das Paradoxe daran ist aber, dass man zum Beispiel 25-Jährige mit langer Praxis und Erfahrung sucht.
Die Statistik und die Arbeitslosigkeitsanalysen weisen in Richtung Schwierigkeiten älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt. Die Zunahme der Arbeitslosen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über 50 Jahre betrug im Juni 2015 gegenüber dem Vorjahr 16,2 Prozent. Damit war sie noch ein wenig höher als die Zunahme der Arbeitslosen bei behinderten Personen mit plus 15,8 Prozent und lag deutlich über der Gesamtzunahme der Arbeitslosen mit 13,7 Prozent.
Was ist das Problem? – Man könnte sagen, dass die Arbeitslosen bei uns in Bezug auf Geld relativ gut abgesichert sind, dass es sowieso erstrebenswert ist, früh in Pension zu gehen. Meine Damen und Herren, Arbeit ist aber nicht nur Last, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zur Entfaltung der Menschen in der Gesellschaft. Ich bin der Überzeugung, jeder hat ein Recht auf eine Aufgabe, mit der er einen Beitrag zum Glücken seines Lebens und des Lebens der Gesellschaft leisten kann. Gerade ältere Menschen können mit ihrer Erfahrung einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung unserer Gesellschaft leisten.
Es ist ein falsches Gesellschaftsbild, das den Eindruck vermittelt, es käme nur auf die Jungen an, die allein leistungsfähig wären. Tatkraft und Erfahrung müssen zusammenkommen, Jung und Alt müssen zusammenwirken, damit Wesentliches geschehen kann. Das gilt, meine Damen und Herren, gerade für die Zukunft. Mit dem Anstieg der Lebenserwartung und dem teilweise sehr starken Anstieg des mittleren Lebensalters in unserer Gesellschaft werden ältere Menschen ein unverzichtbarer Teil der Arbeitswelt in Zukunft sein, denn es geht nicht nur um die Verminderung der Quote der Arbeitslosen bei älteren Menschen, sondern es geht auch um Arbeitskräfte, auf die wir in Zukunft nicht werden verzichten können, weil zu wenig jugendliche Arbeitskräfte vorhanden sind.
Ich denke da etwa an die Geburtenrate in der Steiermark, wo es vor 25 Jahren 28 000 Geburten gab, während wir im Vorjahr nur mehr 12 200 Geburten hatten, wovon über 6 000 Geburten auf den Bereich der Migranten entfielen. Wenn wir diese Zuwanderung nicht hätten, meine Damen und Herren, dann hätten Firmen wie Magna oder ANDRITZ mit 40 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den nächsten 15 Jahren, 20 Jahren sicherlich große Probleme. Damit diese Situation nicht eintritt, müssen wir schon heute Vorsorge treffen.
Die Teilpension als Anreiz für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, länger teilweise in der Arbeit zu bleiben, ist ein Punkt, der hier – keine Frage! – positiv zu erwähnen ist. Warum soll mit 65 oder 67 Jahren ein Mensch mit viel Erfahrung, der obendrein noch gebraucht wird, schlagartig aus der Arbeit ausscheiden? Was wir brauchen, sind abgestufte Übergänge. Dazu wird es auch notwendig sein, vermehrt älteren Menschen durch Arbeitsmarktmaßnahmen, wie staatliche Unterstützung – die ja jetzt Gott sei Dank kommt –, und durch spezifische Qualifizierungsmaßnahmen den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern.
Meine Damen und Herren! Wir werden aber auch insgesamt umdenken müssen, was den Begriff Arbeit betrifft. Wir haben den Begriff „Arbeit“ auf abhängige bezahlte Arbeit begrenzt. Viele Beiträge in der Gesellschaft werden aber außerhalb dieser abhängigen Arbeitsverhältnisse erbracht. Dies gilt besonders für die ältere Generation, die etwa mit ihrer Arbeit in Vereinen und in kleinen Gemeinschaften das soziale Kapital dafür ist, dass die abhängige Erwerbsarbeit geleistet wird, aber auch, dass unsere Gesellschaft sich entwickeln kann. Denken wir dabei auch an die Pflege!
Meine Damen und Herren! Menschen über 50 Jahre haben es am Arbeitsmarkt nicht leicht. Zwar gelingt es Menschen in diesem Alter zumeist, ihre Arbeit zu behalten, fallen sie allerdings in diesem Alter aus dem Arbeitsmarkt heraus, schaffen sie den Wiedereinstieg schwerer als Jüngere.
Daher: aktivieren statt pensionieren! Mit dem AMS-Paket für Ältere wurde ein wichtiger Teil durchgesetzt. So werden mehr ältere Arbeitnehmer die Chance erhalten, in den Arbeitsmarkt einzusteigen.
Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Mindestsicherung bietet wenig Anreize, um Arbeit wieder aufzunehmen. Der Verdienstunterschied zum Verdienst aus der eigenen Arbeit ist zu gering! Im Jahr 2014 hatten wir in Österreich
338 000 Mindestsicherungsbezieher, davon allein über 160 000 in Wien. Niederösterreich und die Steiermark – ich war noch im Landtag in der Steiermark, wir haben dort bereits unter anderem einen Beschluss gefasst – ermöglichen jetzt bereits eine teilweise Umstellung auf Sachbezug. Das könnte im Zuge der Verhandlungen Standard für ganz Österreich werden.
Herr Minister, ich bitte, dass Sie hier zugreifen, dass wir uns diese Thematik anschauen und nicht allein, wie ich heute gehört habe – ich schätze Sie sehr, Kollege Todt –, der Wirtschaft hier die Schuld geben. (Bundesrat Todt: Keine Schuldzuweisungen!) Hier, meine Damen und Herren, sind wir in der Politik alle gefordert, alle herausgefordert, der Herr Minister und wir alle, glaube ich. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
9.22
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Samt zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.
9.22
Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Generation 50+“ ist ein bewegendes, wie wir schon von den Vorrednern gehört haben. Die Zahlen, mit denen wir zurzeit konfrontiert sind, mit über 73 600 Arbeitslosen in einem Alter über 50 Jahren sind tatsächlich ein guter Anlass, sich in dieser Aktuellen Stunde damit zu beschäftigen.
Eine der Thesen, die wir jetzt zum Teil schon gehört haben, ist: Die Wirtschaft ist schuld! Das sagt das rote Reichsdrittel. Die andere Seite sagt, die Wirtschaft ist nicht schuld, wir müssen mehrere Maßnahmen setzen, dass die Wirtschaft es leichter hat. Wenn man sich dann Berichte vom AMS oder anderen Leistungsträgern in dieser Ebene anschaut, sagen die wiederum, die Betriebe sind ja bemüht, ältere Arbeitnehmer zu halten. Oder, was wir jetzt schon gehört haben, dass es durchaus so ist, dass jüngere Arbeitnehmer eher gekündigt werden als ältere Arbeitnehmer. – No na! Jeder, der weiß, wie es in einem Betrieb zugeht, weiß natürlich, dass die einseitige Kündigung eines älteren Mitarbeiters klarerweise mehr Geld kostet als die eines jüngeren, der noch nicht so lange in der Firma ist. Meine Damen und Herren, zur Erinnerung: Wir erleben zurzeit eine Rekordjugendarbeitslosigkeit, also da gibt es auch sehr, sehr viele Probleme, wie man weiß.
Folgendes möchte ich schon noch sagen: Sich hier herzustellen und die Arbeitslosen zum Spielball zwischen Wirtschaft und der Sozialpartnerschaft oder den sozialen Ebenen zu machen und dann noch die Jungen gegen die Alten auszuspielen, das finde ich absolut fatal. Was hier vonseiten der Sozialisten vorgeschlagen wird, nämlich zu fordern, wir müssen ein Bonus-Malus-System einführen, das finde ich extrem fatal, weil das nur dazu führt, dass wir einen Klassenkampf zwischen jungen Arbeitslosen und älteren Arbeitslosen herbeiführen, wo dann einseitig Ältere in den Ausschreibungsbedingungen bevorzugt werden. Das würde ich grundsätzlich einmal ablehnen, weil man auf diese Art und Weise das nicht in den Griff bekommen kann. (Bundesrat Todt: Haben wir schon beschlossen, ist schon erledigt!)
Und zu den anderen Maßnahmen, Herr Bundesminister, etwa zu der 370-Millionen-Aktion für „50+“: Bei den 73 000 Arbeitslosen über 50 sind das in etwa 5 000 € je Betroffenem, wenn man nachrechnet also bestenfalls zwei Monatsgehälter. Auch andere Maßnahmen, die es hier gibt, sind meiner Meinung nach bestenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein. (Bundesminister Hundstorfer: Falsche Zahlen, aber macht nix!) – Na ja, das ist das, was man so liest. Das AMS gibt das auch bekannt. (Bundesrätin Posch-Gruska: „ÖSTERREICH“ und „Krone“ wahrscheinlich!) Na ja,
dann muss man darüber nachdenken. (Bundesrätin Mühlwerth: Deswegen ist es ja nicht falsch, oder? – Bundesrätin Posch-Gruska: Aber auch nicht richtig!)
Es gibt auch Angebote, um die Gesundheit zu erhalten. Auf der offiziellen Homepage ist das übrigens zu lesen: Spezielle Angebote für ältere Mitarbeiter, um die Gesundheit zu erhalten, um länger fit zu bleiben, sind in diesem Programm enthalten, und Höherqualifizierungen sollen gefördert werden.
Die Wahrheit, geschätzte Damen und Herren, ist ja, dass Ältere vielfach hoch qualifizierte Arbeitskräfte sind, welche durch einen Konkurs oder durch Kündigung kurzfristig keinen Arbeitsplatz finden, die – und das ist Tatsache, das wissen Sie alle – nach längerem Suchen, bevor sie in die Langzeitarbeitslosigkeit rutschen, hergehen und einen qualitativ schlechteren Job zu einer schlechteren Bezahlung annehmen, um sich über Wasser halten zu können. Das ist ein Teufelskreis, der vom AMS auch beschrieben wird: Anfangs findet man keinen Job, und später findet man keinen Job mehr, weil man schon so lange arbeitslos ist. Das ist die tatsächliche Situation.
Wir dürfen nicht vergessen, dass ältere Menschen – also „ältere“, über 50-Jährige, aus meiner Sicht schon gar nicht mehr so alt – tatsächlich voll im Geschäftsleben stehen. (Bundesrat Mayer: Danke! – Heiterkeit.) Na ja, wir müssen zusammenhalten. Die stehen ja tatsächlich aktiv im gesellschaftlichen Leben. Meistens kommen auch noch Kosten auf diese Herrschaften und deren Familien zu. Wir müssen natürlich sehr stark aufpassen, dass die Menschen in diesem Alter, die bis vor kurzer Zeit noch aktiv im Berufsleben standen und auch entsprechend bezahlt worden sind, dann nicht bei Jobverlust und Langzeitarbeitslosigkeit in die Armutsfalle geraten.
Zum Bonus-Malus-System will ich mich gar nicht weiter äußern, da bin ich wirklich dagegen. Die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung sehen das naturgemäß anders. Die wollen natürlich nur eine radikale Entlastung der Betriebe durch die Senkung der Lohnkosten. Die sehen unter anderem auch Spielräume bei den Unfallversicherungsbeiträgen und beim Familienlastenausgleichsfonds. Auch das ist natürlich zu hinterfragen, ob und welche Spielräume es da wirklich gibt. Also auch das ist sicher nicht leichtfertig mitgedacht. Aber grundsätzlich, geschätzte Damen und Herren, ist diese Diskussion völlig verkehrt. Wir sind ja pausenlos hintennach, wenn es um solche Probleme geht, und wir bekämpfen und finanzieren in Wirklichkeit Auswirkungen und nicht die Ursachen.
Sie von den Regierungsparteien vergleichen Österreich ja sehr gerne mit anderen Ländern der EU. Und wenn ich mir jetzt unseren näheren Nachbarn Deutschland anschaue, dann sind in den letzten Jahren dort die Kosten für die Arbeit mit 12,5 Prozent nur mäßig gestiegen, während im Vergleichszeitraum in Österreich die Kosten für den Faktor Arbeit um fast 19 Prozent gestiegen sind. Damit sind wir im Spitzenfeld der EU, denn wir haben hier die stärkste Steigerung im EU-Raum.
Darum bitte ich Sie, geschätzte Regierungsmitglieder und Angehörige der Regierungsparteien: Hören Sie endlich auf, an der Lohnkostenschraube zu drehen und Österreich damit weiter in einen Bereich zu bringen, der dann nicht mehr so schön ausschaut, dass man noch sagen könnte, wie es der Kollege getan hat, wir stehen trotzdem immer noch ein bisschen besser im EU-Vergleich da. Heute oder morgen wird das nicht mehr der Fall sein. Bei der Steigerung der Arbeitskosten sind wir bereits im Spitzenfeld, und wir werden es demnächst auch bei den Arbeitslosen sein, wenn Sie hier keine Maßnahmen setzen.
Wir müssen verhindern, dass es zu Kündigungen von Mitarbeitern kommt. Nicht dann darüber nachdenken, was machen wir jetzt mit den armen Arbeitslosen, sondern wir müssen bei der Wurzel ansetzen und endlich Rahmenbedingungen für die Unternehmen schaffen, mit denen sie ihre Mitarbeiter nicht nur fördern, sondern auch bezahlen
und halten können und nicht kündigen müssen. Dazu gehört natürlich eine Lohnnebenkostensenkung, die den Namen auch verdient, die nicht nur ein Placebo ist, wo man sagt, jetzt haben wir wieder etwas gemacht und in etwas investiert. Das wird schlicht und ergreifend zu wenig sein. Wir müssen der Wirtschaft die Chance geben, ihre Arbeitskräfte halten zu können.
Denken Sie auch an die KMUs, die das wirtschaftliche Rückgrat Österreichs sind – nicht die Großbetriebe, daran möchte ich erinnern! Genau diese KMUs sind nämlich durch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen und Unterlassungen dieser Regierung in den letzten Jahren nicht gefördert, sondern zusätzlich belastet worden.
Abschließend: Ohne eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit werden wir, vor allem im Bereich der Menschen über 50, weitere Arbeitslose produzieren, und das gilt es zu verhindern. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)
9.30
Präsident Gottfried Kneifel: Bevor wir in der Rednerliste fortsetzen, darf ich hier im Bundesrat den Präsidenten des Burgenländischen Landtages Christian Illedits, Klubobmann Robert Hergovich sowie unseren früheren Kollegen, den jetzigen Landtagsabgeordneten Wolfgang Sodl herzlich begrüßen. Herzlich willkommen hier bei uns in der Länderkammer! (Allgemeiner Beifall.)
Wolfgang, ich bedanke mich auch für deine aktive Teilnahme gestern an der Enquete und für deinen Beitrag dazu.
Wir gehen in der Rednerliste weiter und kommen zum nächsten Redner: Bitte, Herr Bundesrat Dönmez.
9.31
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir glücklich und gesund älter werden wollen – und ich glaube, das ist die Intention von uns allen –, dann müssen wir sehr vieles verändern, insbesondere unseren Zugang zur Politik, die wir bisher gemacht haben. Wir haben gerade in den Großparteien noch die Haltung, da ist die Seniorenpolitik und da ist die Jugendpolitik; ich glaube, das ist eine antiquierte Sichtweise. Das, was es braucht, ist eine Politik für die Generationen, eine generationenübergreifende Politik, und hierzu müssen wir auch unsere Strukturen, unsere Denkweisen und unsere Haltungen neu überdenken, denn die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – wir haben gestern in der Enquete die Digitalisierung und all das, was das mit sich bringen wird, nur an der Oberfläche angekratzt – werden sich massiv in die Arbeitswelt, in die Lebensbereiche hinein auswirken, und daher müssen wir da auch entsprechende Änderungen vornehmen.
Das heißt aus meiner Sicht: weg von dieser Senioren- und Jugendpolitik, mehr hin zu einer Generationenpolitik. Und das ist jetzt nicht nur eine theoretische Auseinandersetzung, sondern man kann es auch ganz konkret in Praxisbeispielen leben.
Wenn wir den Blick in andere Länder lenken, zum Beispiel nach Deutschland, da gibt es einige derartige konkrete Schritte. Zum Beispiel haben die Hanse-Brüder – das waren ehemalige sehr wohlhabende Industrielle, die keine Nachfahren gehabt haben – ihr angehäuftes Vermögen einer Stiftung zur Verfügung gestellt, aus der heraus Menschen, die in diesem Stadtteil lebten, gemeinsam für die Stadt, für den Stadtteil Projekte entwickelt haben. Daraus ist ein Generationenhaus entstanden, wo Alt und Jung zusammenkamen, wo unterschiedliche Projekte durchgeführt wurden, wo es auch neue Formen des Wohnens gab.
Wenn wir den Blick nach Österreich richten, dann sehen wir, dass wir viele Institutionen haben. Wir haben Altersheime, wir haben viele Kindergärten. Und eines ist immer überall zu beobachten: Die Menschen in den Seniorenheimen haben viel Zeit, haben viel Erfahrung und wären froh, wenn sie sich irgendwo einbringen könnten. (Bundesrat Stadler: In den Kindergärten?) Und die jungen Eltern und Kindergarten-PädagogInnen bei einem Betreuungsschlüssel von 1 : 25 wären froh, wenn sie eine Entlastung bekommen würden. Das, was es meiner Meinung nach in Österreich braucht, ist, diese brachliegenden Ressourcen besser miteinander zu verzahnen, die positiven Effekte zu koppeln, damit beide Seite etwas davon haben. Das wäre aus meiner Sicht auch eine vorausschauende Politik und eine aktivierende Politik. – Das ist der eine Punkt.
Der andere Punkt wird deutlich ersichtlich, wenn wir uns die IHS-Studien anschauen, und da teile ich, geschätzter Kollege Todt, deine Ansicht nicht, die da heißt: Je älter, umso mehr arbeitslos! Das stimmt so nicht. Die Arbeitslosigkeit haben wir in dem Bereich, wo es ArbeitnehmerInnen gibt, da ist die Arbeitslosigkeit bis zu 70 Prozent höher. Das hat nicht damit zu tun, dass die ArbeitnehmerInnen automatisch durch die Biennal-Sprünge – das gibt es ja bei den ArbeitnehmerInnen nicht, dass sie automatisch durch die Biennal-Sprünge mehr verdienen – den Firmen zu teuer kommen würden und nicht mehr von den Firmen mitgetragen werden. (Bundesrat Mayer: Kollektivvertrag!) Genau!
Wenn man sich die Kollektivverträge untereinander anschaut und vergleicht, erkennt man, dass jene ArbeitnehmerInnen, die eine niedrigere Entlohnung haben, sogar von mehr Arbeitslosigkeit betroffen sind, dass ArbeitnehmerInnen, die wenig bis kaum eine Qualifizierung vorweisen, überdimensional von Arbeitslosigkeit betroffen sind und dass es nicht automatisch so ist, dass ein älterer Arbeitnehmer, weil er mehr verdient, den Firmen zu teuer ist. Diese „Logik“ hat die IHS-Studie widerlegt. Das stimmt so nicht laut den Ergebnissen. (Bundesrat Todt: So kann man es interpretieren! Das ist eine Möglichkeit!)
Der Herr Minister hat vor diesem Hintergrund mit der Ausweitung der Unterstützung älterer Arbeitnehmer, etwa durch Beschäftigungsförderung und Bildungsmaßnahmen, Arbeitsstiftungen, spezielle Beratung und Betreuung für Arbeit suchende ältere Menschen und Qualifizierungsförderung, versucht zu entlasten. Dafür werden von 2015 bis 2017 insgesamt 720 Millionen € zur Verfügung gestellt. Also da gibt es auch ernsthafte Bemühungen, das zu verbessern und zu verändern.
Aber dieses Thema ist eines, das man nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsplätze betrachten darf, sondern das man in einem breiteren Kontext sehen muss. Eine älter werdende Gesellschaft stellt viele Bereiche vor Herausforderungen. Wir müssen uns im Bereich des Wohnbaues Gedanken machen: Wie können wir dafür sorgen, dass möglichst viele Wohnräume geschaffen werden, die barrierefrei sind? Wie können wir eine Wohnumgebung schaffen, die es möglich macht, dass die Menschen, auch dann, wenn sie älter werden oder Beeinträchtigungen haben, in ihren vertrauten vier Wänden so lang wie möglich bleiben können und nicht in Heime gehen müssen, denn das ist ja das Kostenintensivere.
Wir müssen uns anschauen – das ist ein ganz wesentlicher Punkt –, wie wir lebenslanges Lernen, Fort- und Weiterbildung viel mehr forcieren und unterstützen können. Es gibt ein Gebäude weiter, im Palais Epstein, die „Demokratiewerkstatt“ für Jugendliche; auch hier könnten wir neue Akzente vom Parlament aus setzen, indem man zum Beispiel auch die Türen für Kinder und Jugendliche mit ihren Großeltern öffnet und entsprechende Angebote anbietet. Das wäre ein aktives und schönes Zeichen des Hohen Hauses.
Es gibt in Wien das Projekt „Vollpension“, wo Beschäftigung für PensionistInnen angeboten wird, die gemeinsam mit jungen Leuten dort arbeiten und verdienen, wo sie wohnen. Diese Modell-Projekte sollten sich nicht nur auf Wien beschränken und konzentrieren, sondern das könnte man ja auch in anderen Bundesländern installieren.
Kollege Hammerl hat es schon angesprochen: Außerordentlich wertvoll und wichtig ist die Freiwilligenarbeit. Ich glaube, da sind wir uns alle einig, und ich ersuche, dass das jetzt nicht falsch verstanden wird, aber es darf nicht dazu führen, dass Ältere, die in Pension sind, durch ihr freiwilliges Engagement Personen vom Arbeitsmarkt verdrängen oder Arbeitsplätze, auf denen man bezahlte Arbeit verrichten kann, in den Freiwilligenbereich ohne Bezahlung verschoben werden. Das ist auch etwas, wo wir als Politiker ganz genau hinschauen müssen.
Eines ist auch ganz klar aus dieser IHS-Studie herauslesbar, nämlich dass jene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die sehr viel und gut verdienen, von der Arbeitslosigkeit gering bis fast gar nicht betroffen sind. Und wenn man sich das auf die Branchen heruntergebrochen noch einmal genauer ansieht, dann erkennt man, dass jene im Versicherungsbereich, im hohen und mittleren Management aufgrund ihrer Erfahrungen und Netzwerke kaum von Arbeitslosigkeit betroffen sind.
Daher gilt es umso mehr, den Fokus auf die ArbeitnehmerInnen zu richten im Bereich der Qualifizierung, auch im Bereich der Subventionierung von Arbeitgebern, damit ArbeitnehmerInnen nicht vorzeitig entlassen werden.
Es gilt auch Folgendes zu überdenken: Wenn ArbeitnehmerInnen, die über 65 Jahre alt sind, weiterarbeiten möchten, brauchen sie die Zustimmung des Arbeitgebers. Auch das ist etwas, das man meiner Meinung nach überdenken sollte. Warum sollte jemand die Zustimmung des Arbeitgebers einholen müssen, wenn er bereit und willig ist, weiterzuarbeiten? Auch das sollten wir uns also anschauen.
In Summe ist das eine hoch komplexe Thematik, eine Thematik, die uns noch sehr lange beschäftigen wird. Diese Strukturen gehören dem 21. Jahrhundert angepasst. Ich habe hier einige Bereiche nur grob angesprochen und glaube, das ist auch eine Aufgabe, die nicht nur zwischen Sozialpartnern, Arbeitnehmervertretern und den Vertretern der Wirtschaftskammer zu lösen ist, sondern da gehören alle vereint. Und vereinen kann man sie nicht mit der Haltung, die wir bisher eingenommen haben: Da ist die Seniorenpolitik und dort ist die Jugendpolitik! Wir müssen von diesem Senioren-/Jugend-Politik-Denken wirklich wegkommen, hin zu einer Generationenpolitik. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
9.41
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Ich erteile es ihm.
9.41
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon einiges gesagt worden, ein paar Dinge muss man aber, glaube ich, in das richtige Licht rücken, damit alle wissen, wie das tatsächlich ausschaut, was die nackten Zahlen sind.
Meine Damen und Herren! Wir haben zwei Phänomene: Wir haben ein Plus bei der Beschäftigung der Generation 50+ von 55 000 Menschen innerhalb eines Jahres. Dieses Plus macht 6,7 Prozent aus. – Das ist die eine Seite der Medaille.
Wir haben es auch geschafft, dass bereits jetzt, in den ersten sieben beziehungsweise sechs Monaten, 61 000 Menschen dieser Generation 50+ aus der Arbeitslosigkeit wieder in den Erwerbsprozess gekommen sind.
Wir haben aber auf der anderen Seite – und das ist die andere Seite der Medaille und die nackte Wahrheit – bei der Generation 50+ einen Anstieg der Arbeitslosigkeit von 16,2 Prozent.
Wer sind diese 85 000 Menschen? – Wenn wir das wissen, werden wir besser erkennen, warum wir solch große Anstrengungen unternehmen müssen. Also: Von diesen 85 000 Menschen haben 48 Prozent keine Ausbildung, keine Qualifikation. Das sind Schicksale, bei denen das Arbeitsleben vor 20, 30 Jahren begonnen hat.
Herr Bundesrat Samt, Sie kommen aus der Steiermark. Es gibt ein Paradebeispiel dafür an der steirisch-burgenländischen Grenze, die Firma Triumph: hoch qualifizierte Frauen – für den Job, aber für sonst nichts. Hoch qualifiziert für diese Nähtätigkeit, hoch qualifiziert in Teamwork, hoch qualifiziert in der Einhaltung von Terminen, und, und, und. Ganz toll, aber nur dafür, denn sie haben mit 15 Jahren dort begonnen und nicht nach einer Berufsausbildung.
Und das ist das Thema, um das es geht, und der Grund dafür, dass es so komplex ist und so schwierig und notwendig ist, für diese Personengruppe etwas zu tun, denn die Antwort: Gehst in Pension!, die ist Geschichte, die gibt es nicht! Diese Antwort soll es nicht geben, darf es nicht geben und wird es hoffentlich auch nie mehr geben! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)
Demzufolge müssen wir versuchen – und das ist das Ansinnen der Bundesregierung –, mit Qualifikationsmaßnahmen gegenzusteuern. Und wenn auf der einen Seite behauptet wird, jemand, der 50 Jahre alt ist, ist gut drauf – ja, natürlich, der ist super drauf –, muss man einem 50-Jährigen auch sagen können: Komm, mach etwas Neues!
Das ist locker gesagt, das ist einfach gesagt, aber in der Realität natürlich schwierig umzusetzen. So, wie wir hier sitzen, vertreten wir fünf, sechs, sieben Bezirke Österreichs, in denen dringendst Fachkräfte gesucht werden. Dringendst! Nur: Welchen 50-Jährigen Neusiedler – Entschuldigung, Herr Landtagspräsident aus dem Burgenland – bringe ich nach Tirol? – Maximal auf Urlaub fährt der dorthin, aber das war es dann schon.
Wir suchen auch in Kärnten in einigen Bezirken dringend Fachkräfte, aber dort haben wir eher das umgekehrte Thema, dort ist es so, dass Kärntner in andere Bezirke abwandern.
Was ich damit sagen möchte, ist: Wir werden und dürfen nicht nachlassen!
Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich bitte Sie, mich jetzt nicht misszuverstehen – ich weiß, es ist Sommer und es stehen zwei Landtagswahlen vor der Tür; seien Sie mir nicht böse, wenn ich das jetzt sage –: Von Ihnen sind keine Konzepte vorhanden! Denn zu sagen: Ich darf da nichts tun, ich darf dort nichts tun!, gleichzeitig im Nationalrat Anträge zu stellen, bei deren Umsetzung die Sozialstaatsausgaben mit einem Federstrich um 12 Milliarden € steigen würden – um 12 Milliarden würden die Sozialstaatsausgaben steigen, wenn wir das machen würden, was Sie in Ihren Anträgen im Nationalrat fordern! –, und gleichzeitig hier zu sagen, die Lohnnebenkosten sind zu hoch, das passt nicht zusammen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Streuen Sie doch bitte den Menschen nicht Sand in die Augen! Ja, die Lohnnebenkosten sind ein Thema, das ist gar keine Frage. Die Lohnnebenkosten müssen sinken, aber die Frage ist, wie man die Senkung finanziert. Das Thema ist: Wie finanziere ich das?, denn viele der Lohnnebenkosten betreffen Versicherungsleistungen; Versicherungsleistungen für diverse Eventualitäten des Lebens, für die Alterssicherung beziehungsweise für die Krankenversicherung.
Wir haben bei der Unfallversicherung einen Schritt gemacht. Warum? – Diesen Schritt haben wir getan, weil das aufgrund der Rücklagensituation der AUVA möglich war – auch nicht auf ewig, das muss man auch dazusagen. Aber aufgrund der dortigen Rücklagensituation war das möglich. Wir werden da natürlich auch weitermachen müssen und – das kann ich Ihnen versichern – weitere Anstrengungen unternehmen.
Eine Aufstockung der Mittel, die wir für die Generation 50+ zur Verfügung stellen, haben wir ja bereits beschlossen. Es wird weitergehen, immer von zwei Elementen getragen: Es geht auf der einen Seite darum, diesem Personenkreis den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen, und auf der anderen Seite werden wir auch für diesen Personenkreis einen zweiten Arbeitsmarkt brauchen, denn ein Teil dieses Personenkreises hat gesundheitliche Probleme, hat ganz einfach Abnützungserscheinungen, die es nicht mehr ermöglichen, in gewissen Branchen einzusteigen.
Was mir auch Sorgen macht, ist, dass 10 Prozent der österreichischen Betriebe, die mehr als 25 Mitarbeiter haben, überhaupt niemanden beschäftigen, der älter als 55 Jahre ist. Das macht mir auch Sorgen, und ich meine, wir alle könnten darüber nachdenken, wie man da etwas ändern kann. Es sind immerhin 10 Prozent der österreichischen Betriebe, die mehr als 25 Beschäftigte haben, in denen niemand dieser Altersgruppe beschäftigt ist.
Weil hier auch die Bundesrepublik Deutschland angesprochen wurde, habe ich eine Bitte an alle: Reden Sie mit deutschen Arbeitsmarktexperten! Reden Sie mit deutschen Rentenexperten! Reden Sie mit deutschen Krankenversicherern! Deutschland hat eine bessere Arbeitsmarktlage als Österreich. Ja, aber diese bessere Arbeitsmarktlage ergibt sich nur deshalb, weil Deutschland schrumpft. Die Bevölkerungszahl Deutschlands ist geringer geworden. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt ist: In Deutschland gibt es drei Millionen Beschäftigte nach dem Aspekt Hartz IV. Drei Millionen 1-€-Jobs! Ich lade Sie ein, sich das einmal in Hinblick auf Armut für diese Betroffenen anzuschauen! Und diese Zahl von drei Millionen ist nicht von mir erfunden, sondern die können Sie in allen Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit nachvollziehen.
Es ist natürlich auch so, dass der Zuzug nach Österreich auf unseren österreichischen Arbeitsmarkt Auswirkungen hat. In Österreich sind 90 000 Personen aus der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt; 10 000 wechseln sich jedes Jahr aus, das heißt, 10 000 kommen, 10 000 gehen, aber die Zahl 90 000 bleibt stabil. Ebenso bleibt die Zahl von 60 000 Österreicherinnen und Österreichern, die in Deutschland arbeiten, stabil; es sind 60 000, wechseln sich natürlich auch teilweise aus, aber in Summe gesehen bleiben es 60 000.
Ich möchte damit sagen, dass wir in einem gemeinsamen Europa leben, und in diesem gemeinsamen Europa gibt es teilweise ein Kommen und Gehen.
Ich war erst gestern, eigentlich bis heute in der Früh, in Vorarlberg, und dort ist der Austausch überhaupt kein Thema: Schweizer Polizei, deutsche Polizei und österreichische Polizei betreuen dort gemeinsam die Festspiele. Das ist überhaupt kein Problem, funktioniert hervorragend und ist auch ein Beispiel dafür, dass wir in einem gemeinsamen Europa leben – und demzufolge ist das so.
Ich darf Sie, meine Damen und Herren, bitten und ersuchen, die Initiativen, die wir gesetzt haben, um gerade die Situation der Generation 50+ zu verbessern, weiterhin zu unterstützen, denn unser größtes Problem ist die Beschäftigungsquote der Menschen zwischen 60 und 65 Jahren. Da sind wir absolut nachholbedürftig, um das einmal so zu umschreiben. Da haben wir eine sehr geringe Beschäftigungsquote und
wirklich Nachholbedarf gegenüber vielen anderen Ländern Europas. Daher werden wir in diesem Bereich auch weiterhin Anstrengungen unternehmen.
Die Studie des IHS hat ja Herr Bundesrat Dönmez schon ausführlichst wiedergegeben, das brauche ich nicht auch noch zu tun, aber ich möchte schon sagen, dass es bezeichnend ist, dass dort, wo die Kollektivverträge die höchsten Senioritätsprinzipien haben, dort, wo der ältere Mitarbeiter wirklich einiges mehr kostet, die höchsten Beschäftigungszahlen zu finden sind. Überall dort sind mehr Ältere beschäftigt, und in den Branchen, in denen es im Laufe des Lebens verdienstmäßig relativ flach zugeht, sind sehr, sehr wenige Ältere beschäftigt.
Das zeigt, dass das Argument, dass der Ältere zu teuer ist, nicht gelten kann – das ist klar widerlegt –, aber klar ist auch: Wir müssen unserem gemeinsamen Ziel – und das gemeinsame Ziel heißt: Beschäftigungsquoten erhöhen, Pensionsantrittsalter erhöhen; hinsichtlich dieses Ziels sind wir uns hoffentlich alle einig; zumindest die Koalitionsparteien sind sich darin einig – all diese Ideen und all diese Gedanken unterordnen. Das heißt, es muss ermöglicht werden, in der Arbeitswelt auch mit 61, 62, 63, 64, 65 Jahren noch aktiv beschäftigt zu sein, und das in vielen Sektoren, nicht nur dort, wo es klassisch ist, im Managementbereich oder teilweise auch in den Ministerien – dort kennen wir es auch, das ist auch klassisch –, sondern in vielen Sektoren, da das in unser aller Interesse notwendig ist.
Zum Schluss kommend, möchte ich noch ein Thema ansprechen: Die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich ist ein permanent zu bearbeitendes Feld. Wir haben in diesem Bereich aber wirklich die besten Zahlen, und das hängt auch damit zusammen – der Herr Bundesrat aus der Steiermark hat das ja klar auf den Tisch gelegt –, dass es da auch und insbesondere um demographische Veränderungen geht. Wir haben heuer, jetzt, in diesen Wochen, um 10 000 15-Jährige weniger in unserem Land als vor drei Jahren, denn die, die 2000 nicht geboren wurden, sind jetzt nicht da. (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrätin Kurz: Ist irgendwie logisch! – Weitere Zwischenrufe.) – Ich kann es nicht ändern. Sie alle können Anstrengungen für die Situation im Jahr 2030 unternehmen, ja, das können Sie machen. (Bundesrat Mayer: Heute haben wir 50+!) Dazu können Sie alle noch einen Beitrag leisten. (Zwischenruf des Bundesrates Dörfler.) – Du, ich habe an und für sich drei Kids eingesammelt. – Nein, nein. Herr Ettinger, streichen Sie das Wort.
Was ich damit sagen möchte, ist: Diese demographische Delle ist noch einmal ein stärkerer Auftrag, zu schauen, dass ArbeitnehmerInnen mit 60, 65 Jahren und so weiter auch in Beschäftigung bleiben können.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich möchte Sie bitten und ersuchen, dieses Thema wirklich sehr sachlich zu diskutieren.
Und abschließend, damit es da kein Missverständnis gibt: Die MiSi, Mindestsicherung, beziehen derzeit 205 000 Menschen, davon 27 Prozent Kids, junge Leute, 7 Prozent sehr, sehr alte Menschen, das heißt, die sind schon aus dem Erwerbsprozess heraußen, 70-, 80-Jährige.
Da die Sachleistung in diesem Zusammenhang angesprochen wurde, darf ich auch ganz klar sagen: Seit der Artikel-15a-Vereinbarung ist das überall möglich, man muss es nur machen. Das, was jetzt in den Landtagen diesbezüglich beschlossen wurde, ist eine Fleißaufgabe. Die machen das halt, mir ist das recht, ich habe kein Problem damit, aber die Sachleistung per se ist seit der Einführung der Artikel-15a-Vereinbarung möglich. Jeder kann es machen.
Wir haben auch sehr viele Unterschiede bei der befristeten Zuerkennung. Wir haben zwei Bundesländer, die ziehen die Befristung sehr massiv durch, nämlich Niederöster-
reich und Wien. Dort bekommt man sie immer nur auf ein Jahr befristet; außer die ganz alten Menschen, die bekommen sie auf zwei Jahre. Die ziehen das massiv durch. Es gibt Bundesländer, die ziehen das nicht massiv durch, aber das ist Angelegenheit der Länder, das ist nicht unser Thema.
Die Bezirksverwaltungsbehörde hätte auch die Möglichkeit, zu sagen: Ich gebe sie nur für sechs Monate her!, und dann gibt sie sie nur sechs Monate her. All das ist heute rechtlich möglich. Da sind die Bezirksverwaltungsbehörden gefragt, die müssen sagen, wie sie das haben wollen.
Daher würde ich wirklich bitten: Das Volumen dessen, was über die Mindestsicherung ausgegeben wird, sind 0,3 Prozent unserer Staatsausgaben. Nur, damit das auch in der richtigen Relation steht und man wirklich weiß, wovon wir da reden, wenn wir über die Ärmsten der Armen reden. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)
9.56
Präsident Gottfried Kneifel: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren TeilnehmerInnen an der Aktuellen Stunde nach Beratungen der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Posch-Gruska. Ich erteile es ihr.
9.56
Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte diesem Aufruf und dieser Bitte des Herrn Ministers gerne Folge leisten und zur Sachlichkeit zurückkehren.
Ich denke, dass es wirklich außerordentlich notwendig ist, dieses Thema weniger polemisch zu diskutieren, und dass wir uns wirklich vor Augen halten müssen, welche Menschen davon betroffen sind.
Mit 52 Jahren zum alten Eisen zu gehören, wenn man eigentlich in der Mitte seines Lebens steht, wenn man eigentlich weiß, jetzt kann ich durchstarten, ich habe noch alles vor mir, und dann auf dem Arbeitsmarkt, dort, wo man sich nicht nur den Lohn abholt, sondern auch den Wert für seine Arbeit bekommt, zu hören, dass man nichts mehr wert ist, das ist, glaube ich, ziemlich schlimm.
Ein 52-jähriger Mann schrieb 500 Bewerbungen – 500 Bewerbungen, um einen neuen Job zu bekommen, weil er seinen Job verloren hatte. Darauf bekam er von 5 Prozent eine Standardablehnung, also 20 Standardablehnungen, und ein Vorstellungsgespräch wurde ihm angeboten.
Diese Zahlen kenne ich deswegen so genau, weil ich seit mittlerweile sechs Jahren ein Beschäftigungsprojekt in Mattersburg leiten darf, das „Mein Laden“ heißt und zwei wichtige Aspekte in der heutigen Zeit vereint, nämlich erstens den Aspekt, dass Menschen, die wenig haben, zu günstigen Preisen etwas kaufen können, und dass Menschen, die viel haben, etwas hergeben, ohne Geld dafür zu bekommen – ich sage immer, das ist die Steuerreform, die wir so gerne hätten und leider nicht durchbringen, die können wir im Kleinen im Bezirk Mattersburg machen –, aber auch, dass wir allein im letzten Jahr 46 Personen beschäftigen konnten, von denen wir 32 Personen wieder eine Arbeit vermitteln konnten. Von den 46 Personen waren 38 Personen über 50 Jahre alt.
Was das aber für diese Menschen heißt und wie es diesen Menschen geht, darüber müssen wir uns genauer unterhalten, aber nicht polemisch und nicht in der Art und Weise, dass alles nur schlechtgeredet wird.
Ich glaube, dass wir nicht nur mit den Zahlen arbeiten sollten, sondern auch mit den Erfahrungen aus den vielen Gesprächen und vor allem den vielen Maßnahmen, die es schon gibt, mit den vielen Qualifikationsmaßnahmen, die seitens des Ministeriums gesetzt wurden, die das AMS anbietet, die wir den Menschen näherbringen sollten.
Jeder vierte Arbeitslose in Österreich ist über 50 Jahre alt. Fast die Hälfte der Langzeitarbeitslosen ist über 50 Jahre. Es gibt für viele die Bedarfsorientierte Mindestsicherung; der Herr Minister hat das vorher gesagt. Und es wird bei jeder Sozialleistung, die wir in Österreich anbieten, Leute geben, die diese ausnützen. Ja, das müssen wir aufdecken, mit diesen Leuten müssen wir auch sprechen, dem Problem müssen wir uns auch stellen, aber nicht in der Form, dass wir hier diese Sozialleistungen schlechtreden. Damit würden wir, glaube ich, den größten Fehler machen, denn dadurch würden wir die Menschen, die diese Sozialleistungen wirklich brauchen, in eine aussichtslose Lage bringen, nämlich dass sie dann nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben bestreiten können. Und ich meine, dass das nicht möglich sein darf und dass das nicht notwendig ist.
Arbeit zu gestalten – Effi Dönmez, du hast es gesagt –, nämlich auch gesund zu gestalten, den Leuten Lernmöglichkeiten zu bieten, dazu sind wir aufgefordert, das müssen wir ganz sicherlich tun, damit die Menschen, wenn sie über 50 sind, nicht plötzlich vor einer Situation stehen, die sie nicht mehr schaffen können, in Verzweiflung geraten, daher auch leichter das Handtuch werfen und sagen: Ich kann das ja alles nicht und ich bin ja eh nichts wert und es wird schon stimmen, was mir alle anderen einreden! Da, glaube ich, muss man aufpassen, dass diese Leute nicht leicht resignieren.
In dieser ganzen Diskussion gibt es auch immer wieder die Forderung von manchen, das Frauenpensionsalter anzuheben. Ich glaube, wenn wir uns jetzt darauf besinnen, welche Beiträge, welche Zahlen wir heute gehört haben, führen wir diese Diskussion wirklich ad absurdum. Hören wir endlich damit auf, gehen wir diesen Weg, den wir jetzt beschritten haben, nämlich das Frauenpensionsalter erst später anzuheben, wirklich weiter, sonst machen wir uns die Probleme nur noch viel größer! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)
Eine Arbeitszeitverkürzung wäre eine Möglichkeit, diesem Problem entgegenzuwirken. Ich weiß schon, dass das sehr, sehr viele nicht wollen. Kollege Samt hat gesagt, mit dem Bonus-Malus-System, das die Sozialisten einführen wollen, wollen sie ja wieder nur den Klassenkampf heraufbeschwören. Wir wollen keinen Klassenkampf heraufbeschwören, aber Mittel zur Verfügung stellen, die wirklich den Menschen helfen. Das, glaube ich, ist notwendig.
Zum „zweiten Arbeitsmarkt“, den der Herr Minister vorhin angeschnitten hat: Ja, den brauchen wir! Und ich habe es das letzte Mal hier an diesem Rednerpult schon gesagt: Das hat früher einmal unter Minister Dallinger „Maschinensteuer“ geheißen und jetzt heißt das „Wertschöpfungsabgabe“ – und auch wenn diese Einsicht manchen schwerfällt, aber das ist die Abgabe, die wir brauchen, und das ist die Abgabe, die wir auch einführen sollten, damit wir den Menschen wirklich helfen können.
Ich möchte nur ganz kurz, bevor das rote Licht am Rednerpult durchgehend zu leuchten beginnt, dem Herrn Kollegen Samt noch Folgendes sagen, weil er der Meinung ist, die Sozialisten würden Alt und Jung auseinanderdividieren: Agenda Austria – und ich glaube, Sie wissen, dass die ganz sicherlich nicht der SPÖ nahesteht – schreibt:
„Obwohl deutlich mehr Ältere arbeiten als noch Anfang der 2000er-Jahre, hat sich die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich praktisch nicht verändert. Mehr noch: Detaillierte
Untersuchungen mehrerer Länder mit einem ähnlichen Arbeitsmarkt wie Österreich zeigen in der Studie, dass hohe Beschäftigung bei den Älteren für mehr Kaufkraft und mehr Nachfrage sorgt – woraus auch mehr Jobs für Jüngere entstehen.“
Das Gesamtdenken, das die Sozialisten beim Klassenkampf anscheinend haben, ist eines, das wir wirklich brauchen würden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)
10.02
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile es ihm.
10.02
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Zitat aus einer Studie der Agenda Austria zu diesem Thema beginnen, das zum Ausdruck bringt, wie wir mit älteren Kolleginnen und Kollegen oft umgehen: Wir brauchen billige Ältere, die länger arbeiten. – Punkt.
Wertschätzung von älteren Arbeitnehmern habe ich auch schon in anderen Ausprägungen gehört, das möchte ich hier ausdrücklich erwähnen. Sicher ist die Seniorität in einigen Branchen ein Problem, aber generell kann man das nicht so sagen. Am stärksten ausgeprägt ist das Senioritätsprinzip im Finanzbereich – also Versicherungen, Finanzen, Banken und so weiter –, aber diese Branche stellt insgesamt nur 0,9 Prozent der älteren Arbeitslosen.
Herr Minister Hundstorfer und Kollege Efgani Dönmez haben es schon erwähnt: Das IHS hat seinerseits eine Studie gemacht, bei der über 30 Kollektivverträge untersucht wurden. Die sind zum Ergebnis gekommen, dass das Alter ein wesentliches Merkmal der Arbeitslosigkeit ist – und nicht die Tatsache, dass die von Arbeitslosigkeit Betroffenen vorher in Branchen gearbeitet haben, in denen das Senioritätsprinzip gilt.
Altersarbeitslosigkeit ist also nicht primär durch die Abschaffung des Senioritätsprinzips zu senken, weil zum Beispiel in typischen Arbeiterkollektivverträgen kaum altersbedingte Lohnerhöhungen enthalten sind. Hier flacht die Gehaltskurve im oberen Bereich deutlich ab. Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit höher als bei Angestellten mit einem ausgeprägten Senioritätsprinzip. Besonders hoch ist die Altersarbeitslosigkeit in jenen Branchen, die kein Senioritätsprinzip kennen, zum Beispiel im Baugewerbe, in der Gastronomie oder Hotellerie.
Die IHS-Studie widerlegt also die Ansicht, Ältere seien zu teuer und würden deshalb nicht beschäftigt.
Wir werden auf Dauer auch nicht umhinkönnen, ältere Kolleginnen und Kollegen im Arbeitsprozess halten zu müssen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, da wir zu wenig qualifizierte Zuwanderung haben und enorme Probleme im Facharbeiterbereich bekommen werden. Wir können auch nicht mehr länger auf das Know-how dieser Menschen verzichten, denn obwohl genau diese Menschen manchmal wohl etwas langsamer im Arbeitsprozess sind, holen sie durch das Know-how, das sie haben, das natürlich alles wieder auf.
Künftig müssen wir – das ist heute auch schon angesprochen worden – Arbeitsbedingungen so gestalten, dass Menschen länger arbeiten können und dass sie dabei vor allem auch gesund im Arbeitsprozess bleiben. Wir müssen also Gesundheitsvorsorge, Reha und entsprechende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen forcieren.
Das Bonus-Malus-System wurde schon angesprochen. Es steht im Regierungsprogramm und harrt der Umsetzung. Es kann das Problem nicht lösen, ist aber vielleicht eine Maßnahme, die das Ganze zusätzlich etwas steuern könnte. Wir müssen auch danach trachten – da ist der Minister sicher gefordert –, dass wir in Zukunft über das AMS entsprechende Mittel einstellen, um Altersarbeitslosigkeit entsprechend bekämpfen zu können.
Abschließend noch, weil ich eingangs die Studie der Agenda Austria, einer Vorfeldorganisation der IV, zitiert habe: Wenn uns die IV immer wieder ausrichtet – und ich nehme hier bewusst die Wirtschaftskammer aus, Frau Präsidentin Zwazl –, wie wir die Arbeitswelt verändern sollten, sie über Facharbeitermangel klagt, dann sollte sie nicht nur im Bereich der Lehrlingsausbildung investieren, so wie die KMUs das vorbildlich machen, sondern auch höchst qualifizierte ältere ArbeitnehmerInnen – sozusagen 50+, was heute Thema ist – im Arbeitsprozess halten und endlich auch, so wie sie es oft schon versprochen hat, propagiert hat, für altersgerechte Arbeitsplätze sorgen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
10.06
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Längle. Ich erteile es ihm.
10.07
Bundesrat Christoph Längle (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Minister! Ja, ich möchte mit dem Stichwort „Koalitionspartner“ anfangen, und da möchte ich dem Koalitionspartner von uns Freiheitlichen, der SPÖ, insbesondere den neuen Kolleginnen und Kollegen aus dem Burgenland recht herzlich zu ihrer neuen Wahl gratulieren. (Bundesrat Mayer: Das wird schön!) Ich darf aber an dieser Stelle auch die Kollegen der ÖVP erwähnen: Der Tag ist noch lang, ihr kommt dann schon auch noch dran, so ist es nicht. (Allgemeine Heiterkeit.)
Steigen wir nun in die Debatte zum Thema „Generation 50+“ ein. Ich möchte hier an die Ausführungen anknüpfen, die wir schon vor drei Wochen getätigt haben, da wurde auch schon relativ viel gesagt. Es bestand ja großer Konsens zwischen allen Fraktionen darüber, dass man die Wichtigkeit der Personen, die schon ein etwas fortgeschrittenes Alter haben, nicht unterschätzen darf.
Ich möchte jetzt auch noch einen Aspekt, einen Bereich ansprechen, der in den vorigen Debatten nicht so zum Ausdruck gekommen ist, und zwar möchte ich auf den Tourismus eingehen. Gerade wenn man sich Österreich anschaut, wie viele Gasthäuser und Betriebe es auf den Bergen gibt – wir haben ja schöne Berge hier in Österreich –, dann muss man sich einmal vor Augen halten, wie viele Personen da drinnen sitzen, die doch schon ein fortgeschrittenes Alter haben. Ich war am Wochenende bei mir im schönen Vorarlberg auf den Bergen und bin auf der Terrasse eines Berggasthofs gesessen. Da muss man wirklich sagen, da sind sehr, sehr viele ältere Menschen, die doch einen erheblichen Anteil am Tourismus und damit auch an der Kaufkraft ausmachen. Jeder von uns weiß, Jobverlust bedeutet auch irgendwo einen Weg in die Armut, und deshalb hat Altersarbeitslosigkeit doch auch damit zu tun, dass Wirtschaftskraft verlorengeht.
Das letzte Mal haben wir mit der Änderung im Bereich des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, die auch wir Freiheitlichen unterstützt haben, eine, so denke ich, Verbesserung herbeigeführt. Ich möchte an dieser Stelle aber auch die Ausführungen des Kollegen Samt unterstreichen: Es darf nicht sein, dass Personen, die 50+ sind, ständig in der Angst leben müssen, dass sie mit einer Kündigung zu rechnen haben.
Auch die angesprochenen KMUs stellen diesbezüglich eine Stütze dar, und das ist zu unterstreichen.
Wir haben auch gesagt, dass man den Menschen keinen Stempel aufdrücken darf: Du bist zu alt!, und dass nicht der Slogan gelten darf: Jung, älter, arbeitslos. Ich denke, wir alle wissen, worum es hier geht.
Zu den Arbeitslosenzahlen haben wir heute auch schon viel gesagt. Wir wissen, dass die Zahlen alarmierend sind. Obwohl die Anzahl der Beschäftigten vielleicht etwas gestiegen ist, darf man das dennoch nicht außer Acht lassen. Hoffen wir, dass der angekündigte Arbeitsmarktgipfel, der nach dem Sommer stattfinden soll, Früchte tragen wird.
Abschließend möchte ich hier einen Wunsch, einen Appell deponieren: Ich wünsche mir Maßnahmen, den Start von Kampagnen, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Ich denke, dass man durchaus auch Lösungen hat. Man kann sich neue Modelle bei der Gehaltskurve überlegen, über eine Teilpension nachdenken. Auf jeden Fall wünsche ich mir eine Regierung, die auch reformfähig ist und dieses Problem nicht außer Acht lässt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
10.11
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile es ihm.
10.11
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bin ja nicht Mitglied des Sozialausschusses, ich bin auch kein 50+-Sprecher oder -Politiker, und ich bin auch kein Experte auf diesem Gebiet, das möchte ich dazusagen. (Bundesrätin Grimling: Das kommt noch!) Ich komme eigentlich ursprünglich aus der Antidiskriminierungs- und Kulturpolitik, und unter diesem Aspekt möchte ich das Thema jetzt auch beleuchten.
Antidiskriminierung: Es ist ja nicht zufällig so, dass bei den Diskriminierungspunkten, die es gibt, und bei den Merkmalen – wie das so schön heißt – einer Antidiskriminierungspolitik das Alter mit ein Thema ist, neben Fragen der Herkunft, der Hautfarbe, der sexuellen Orientierung, des Geschlechts und so weiter.
Das heißt, wenn wir das brauchen, ein Antidiskriminierungsgesetz im Alter – im Arbeitsrecht haben wir es im Übrigen –, dann heißt das ja, dass es Diskriminierungen gibt, sonst würde man nicht auf der europäischen Ebene sagen, wir müssen etwas dagegen tun. – Das ist das eine.
Was ich nämlich auch betonen will, ist, dass wir in Österreich immer noch unterschiedliche Diskriminierungsschutzlevels haben und im Zugang zu Gütern und Dienstleistungen das Alter nach wie vor nicht berücksichtigt ist, weil wir hier immer noch sozusagen eine Hierarchie der Diskriminierungsgruppen haben. Bei diesem Punkt möchte ich, weil es gerade gut passt, betonen, dass das in diesem Fall notwendig wäre.
Das andere: Mein Kollege Dönmez hat das schon kurz angekündigt, er hat nämlich gesagt, wir sollten aufhören, von einer 50+-Generation oder von einer 50+-Politik zu sprechen, sondern von einer Generationenpolitik sprechen, weil es um eine gemeinsame Politik geht und nicht um ein Gegeneinander. Ich halte das für extrem dringend notwendig.
Ich bin Ende 2001 in die Politik gekommen, dort habe ich überhaupt zum ersten Mal den Begriff „50+“ gehört, vorher habe ich den noch nie gehört, wo ich gearbeitet habe,
wo ich tätig war, auf universitärem Gebiet, im Kulturbetrieb, in Redaktionen. 50+, das ist so eine Politsprechblase. (Bundesrätin Mühlwerth: Da warst du ja auch noch zu jung!) Ich war auch noch jünger, das stimmt schon. Jetzt bin ich ja sozusagen knapp vor 50+. In vier Jahren ist es so weit. (Bundesrat Preineder: Bei „50-“!)
Wenn wir Politiker ununterbrochen von „50+“ sprechen, das problematisieren und in eine Ecke drängen, dann hat das natürlich zur Folge – es ist auch ein bisschen eine Henne-Ei-Diskussion –, dass in der öffentlichen Wahrnehmung und in der Wahrnehmung vieler Menschen plötzlich das Gefühl entsteht, das seien problematische Gruppen. Das halte ich für nicht richtig. Wenn wir allerdings von „Generationenpolitik“ sprechen würden und wenn wir darüber sprechen würden, wie Junge, Menschen mittleren Alters – also so Menschen wie ich – und ältere Menschen miteinander leben, wie wir eine solidarische Gesellschaft gestalten, wie wir Arbeit sichern, und zwar sowohl für Jung als auch für Alt, dann, glaube ich, wären wir ein großes Stück weiter, weil wir dann über das Gemeinsame diskutieren würden.
Dieses kleine Beispiel, das Efgani genannt hat, was das Parlament in der Demokratiewerkstatt drüben machen könnte, damit werden wir keine großartige politische Revolution auslösen, aber das wäre ein kleiner Aspekt, wo das Parlament seinen Beitrag leisten kann. Warum soll die Demokratiewerkstatt nicht für Senioren geöffnet werden, und zwar gemeinsam mit den Jungen? Nicht: Dort kommt die 50+-Gruppe und dort kommen die Kids hin – sondern gemeinsam! Das wäre es nämlich. Wir wissen ja zum Beispiel auch – jetzt gehe ich weit über die Arbeitsverhältnisse hinaus – von den Wohnverhältnissen, dass es dort am besten funktioniert, wo Jung und Alt gemeinsam wohnen, und nicht, wo sie getrennt voneinander wohnen.
Das wollte ich einfach einmal betonen in dieser Debatte, weil ich glaube, dass es auch eine hoch kulturelle Frage ist und nicht nur eine wirtschaftliche und eine arbeitspolitische. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
10.15
Präsident Gottfried Kneifel: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2852/AB-BR/2015 bis 2854/AB-BR/2015 und
eines Schreibens des Herrn Bundeskanzlers betreffend seinen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union
verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:
Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 18)
*****
Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:
*****
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Gottfried Kneifel: Weiters eingelangt ist ein Schreiben der Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser betreffend ihre Vertretung durch Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek.
*****
Eingelangt ist und dem Ausschuss zur Vorberatung zugewiesen wurde der Sicherheitsbericht 2014 – zugewiesen dem Ausschuss für innere Angelegenheiten.
Weiters eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates sowie jene Wahlen, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.
*****
Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.
Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Gottfried Kneifel: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 7 und 8, 10 bis 13, 26 und 27, 35 bis 37 sowie 38 und 39 jeweils unter einem durchzuführen.
Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.
Wahl eines/einer Vizepräsidenten/in
Präsident Gottfried Kneifel: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Diese Wahl ist durch die vom neu konstituierten Burgenländischen Landtag durchgeführte Neuwahl in den Bundesrat notwendig geworden.
Es liegt mir der Vorschlag vor, das Mitglied des Bundesrates Inge Posch-Gruska für das zweite Halbjahr 2015 zur Vizepräsidentin des Bundesrates zu wählen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen. (Allgemeiner Beifall.)
Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt. (Bundesrätin Posch-Gruska dankt für das Vertrauen und nimmt die Wahl an. – Neuerlicher allgemeiner Beifall.)
2. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über alternative Finanzierungsformen (Alternativfinanzierungsgesetz – AltFG) erlassen und das Kapitalmarktgesetz geändert wird (628 d.B. und 654 d.B. sowie 9426/BR d.B.)
Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schödinger. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Gerhard Schödinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über alternative Finanzierungsformen (Alternativfinanzierungsgesetz – AltFG) erlassen und das Kapitalmarktgesetz geändert wird.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Gottfried Kneifel: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Brunner. Ich erteile es ihm.
10.19
Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Selten ist ein Gesetz so mit einer Person verbunden wie dieses Alternativfinanzierungsgesetz. Du, lieber Staatssekretär Mahrer, hast dich seit deinem Amtsantritt sehr stark mit diesem Thema beschäftigt und dich um dieses Thema gekümmert. Heute wird es umgesetzt. Natürlich hat es ein wenig gedauert, aber wir wissen: Was lange währt, wird endlich gut. So stellt sich der kleine Maxl – oder in meinem Fall der kleine Magnus – auch vor, wie Politik zu funktionieren hat: ein Projekt, eine Idee, die Umsetzung, der Beschluss heute. – Herzlichen Glückwunsch dir für die Umsetzung dieses Projekts! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir schaffen mit diesem Gesetz heute klare Rahmenbedingungen für Crowdfunding und erleichtern dadurch zahlreichen Neugründern, zahlreichen kreativen Köpfen in Österreich den Weg in die Selbstständigkeit. Durch den erweiterten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten können diese jungen Unternehmer ihre innovativen Pläne schneller umsetzen. Sie können sie einfacher realisieren und leisten einen Beitrag dazu, dass das Wirtschaftswachstum wieder mehr in Schwung kommt.
Das Bestechende an der Idee des Crowdfunding ist aber aus meiner Sicht vor allem für Jungunternehmer, dass eine Unternehmensidee darauf geprüft wird, ob sie tatsächlich marktreif ist, denn die Unternehmer müssen ja die „crowd“ finden, also Personen, die in das Projekt, in die Idee investieren. Es ist weiters ein interessantes Marketing-Tool. Interessante Projekte bekommen durch Crowdfunding auch eine gewisse Aufmerksamkeit, was Start-ups natürlich sehr helfen kann, schneller zu ihrem Ziel zu kommen und ihr eigenes neues Produkt auch am Markt zu platzieren.
Das Wichtigste an diesem Gesetz, neben anderen Maßnahmen, die in der Steuerreform umgesetzt werden, ist aber aus meiner Sicht, dass es ein wichtiger Beitrag dafür ist, dass Arbeitsplätze gesichert werden.
Was das Risiko von Ausfällen betrifft, wie es in den letzten Wochen und Monaten im Gesetzwerdungsprozess oft diskutiert wurde: Ja, natürlich wird es Ausfälle geben, das ist überhaupt keine Frage. Aber seien wir ehrlich: Das liegt in der Natur der Sache, in der Natur des Marktes, dass es dazu kommen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine florierende Start-up-Szene in Österreich ist auch ein Garant für eine erfolgreiche Zukunft des gesamten Wirtschaftsstandortes Österreich. Wir müssen – und das werden wir heute auch – die richtigen Voraussetzungen dafür schaffen, damit all jene, die ihre kreativen und innovativen Ideen umsetzen und verwirklichen wollen, unternehmerisch tätig werden wollen, dies auch tun können. Das Alternativfinanzierungsgesetz ist die richtige Basis dafür. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)
10.23
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte.
10.23
Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Regierungsprogramm sind Initiativen für alternative Finanzierungsformen vorgesehen. Erfahrungen mit dem Waldviertler Unternehmer Staudinger haben gezeigt, dass es aber nötig ist, für alternative Finanzierungsformen auch einen entsprechenden Rechtsrahmen zu schaffen. Es gibt dabei Chancen und Risiken, wie das mein Vorredner schon angesprochen hat, sowohl für die KMUs – also für die Seite der Unternehmen, die meist KMUs sein werden – als auch für die Anleger. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wurde aus meiner Sicht ein Kompromiss gefunden, der unter anderem sogenannte Standesregeln enthält. Dazu zählen die Verpflichtung zur Information, die Transparenz bei Betragsgrenzen und vieles mehr.
Banken müssen immer mehr Auflagen zu Prospektinhalten, Beraterhaftung und so weiter einhalten. Auch bei Crowdfunding ist aus meiner Sicht der Anlegerschutz sehr, sehr wichtig. Es sind daher entsprechende Auflagen in einer Art gestaffelter Vorgangsweise formuliert worden, die teilweise noch zu Verordnungen führen werden.
Im Vergleich zur Europäischen Union gibt es aus meiner Sicht sicherlich ein gewisses Potenzial auch in Österreich. Trotzdem, muss man sagen, ist Österreich mit dieser Regelung auch in einer gewissen Vorreiterrolle, was den Regelungsinhalt betrifft. Impulse für Innovation und die Möglichkeit zur Marktabtestung wurden ebenfalls schon angesprochen.
Aus meiner Sicht möchte ich gerne noch ansprechen, dass ich gespannt bin, wie sich Entwicklungen wie Basel III und Basel IV auf den Markt und nicht nur auf mögliche Finanzierungsformen bei Banken, sondern auch auf alternative Finanzierungsformen auswirken werden. – Man wird sehen.
Es ist notwendig, zu evaluieren – nicht nur, aber spätestens 2019. Wir werden laufend beobachten müssen, wie viele schwarze Schafe es in dieser Schafherde gibt. Die Kontrolle durch die Bezirksverwaltungsbehörde sowie entsprechende Verwaltungsstrafen sind ja vorgesehen.
In Summe ist das neue Gesetz eine sinnvolle Möglichkeit, auch in diesem Bereich ein Mehr an Erfahrung zu gewinnen, daher wird meine Fraktion diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)
10.26
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.
10.26
Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Mahrer! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist sicherlich ein wichtiges Gesetz für Österreichs Gründerszene, für Österreichs Community, die sich mit zündenden Geschäftsideen beschäftigt und sich in jenem Graubereich des Beginns befindet, der beinhaltet, wie man sich Geld sucht und Financiers findet. Es ist dringend notwendig, dass das einmal in ein Gesetz gegossen wird. Es kommt in Österreich ein bisschen zu spät, aber besser als nie, dass sich hier etwas tut.
Wichtig für Österreich ist – und das möchte ich in meiner Rede argumentativ begründen –, sich einmal mit dieser Gründerszene zu beschäftigen. Das ist wichtig, weil Gründer Arbeitsplätze schaffen. In den USA wird zum Beispiel jeder fünfte Arbeitsplatz von einem Gründerunternehmen geschaffen. Dort gibt es auch eine Kultur des Scheiterns: Jeder Gründer kann auch scheitern, daher kann ein solches Investment, Crowdfunding auch verlorenes Geld sein. Das muss man auch wissen. Diese Kultur des Scheiterns gibt es in den USA, auch in England, im Vereinigten Königreich. Bei uns ist es nicht gang und gäbe, daher gibt es auch diesen etwas überzogenen Anlegerschutz, den ich nicht ganz verstehe, der die Einzelinvestitionen mit 5 000 € begrenzt, denn das hilft der Gründerszene nicht viel weiter.
Diese Willkommenskultur für junge Menschen, für junge Gründer ist sehr, sehr wichtig. Das hat sich mir bei der Gründerkonferenz gezeigt, die vor wenigen Wochen in Berlin stattgefunden hat. Berlin ist das neue Gründer-Mekka Europas – nach London; London ist immer der Spitzenreiter. Man konnte beobachten, wie Investoren und Menschen mit jungen, mit zündenden Ideen einander suchen und auch finden und was Investitionen von Menschen bringen können, die Geld haben, die einfach ein Renditeobjekt suchen und bereit sind, ein Risiko einzugehen.
Man darf nicht vergessen: So eine Crowdfunding-Geschichte ist kein Sparbuch, das ist Wagniskapital, Venture Capital, wie die Engländer sagen. Das kann natürlich auch verloren gehen. Das ist Risikogeld, das ist auch Beteiligungskapital. Ein Investor muss wissen: Das Geld ist möglicherweise weg.
Dazu gibt es bereits Evaluierungen aus der Feldforschung, die besagen, dass jeder zweite Einsatz weg ist. Das Geld ist weg. Daher verstehe ich auch nicht, warum das mit 5 000 € limitiert ist und nicht einfach frei ist. Ein Investor will ja sein Geld einsetzen. Der ist ja nicht blöd! Der schaut sich das ja selber an! Der braucht doch kein Regulativ, so wie es ihm hier vorgeschrieben wird, um zu beurteilen, ob das eine gute oder schlechte Idee ist. Er entscheidet das selbst. Er wird selbst wissen, was er mit seinem Geld macht, und diese Möglichkeit soll ihm auch gegeben sein, gerade im Zeitalter der Internet- und Kapitalfreiheit, des Binnenmarktes, wo das ja gang und gäbe ist, weil es ja keine Grenzen mehr gibt. Wenn ein Österreicher einmal viel Geld hat – so etwas soll ja auch vorkommen –, wenn ihm nicht alles wegbesteuert wird, dann soll er auch die Möglichkeit haben, es zu investieren und mit dem Geld in Österreich zu verbleiben und nicht ins Ausland zu marschieren. Daher finde ich – es ist schade, kann man nicht sagen, es ist sicherlich ein guter Beginn –, dass Möglichkeiten offen sind, um das auszubauen. Ich bin sicher, dass dieses Gesetz in den nächsten Jahren nach oben geöffnet wird, weil Crowdfunding populär ist und sein muss.
Von meiner Vorrednerin wurden schon kurz die Banken und das Faktum angesprochen, dass die Bankkredite immer restriktiver vergeben werden. Das ist aber nicht nur, weil Basel III oder Basel IV vor der Tür stehen, sondern auch, weil sich die Bankenkultur selber geändert hat. Jeder, der heute zu einer Bank geht und einen Kredit
haben möchte, weiß, dass er Kennzahlen, eine Bilanz oder irgendeine Einnahmen-Ausgabenrechnung liefern muss.
Aber jeder, der beginnt, hat noch keine Bilanz, sondern erst einmal eine zündende Idee. Ein Bankier, Banker oder wie immer die heißen, hört ihm gar nicht mehr zu. Der will nur noch Kennzahlen sehen und vergibt keinen Kredit mehr, weil das einfach nicht mehr en vogue ist und es die Corporate Governance der Banken gar nicht mehr vorsieht. Dem bleibt nichts anderes übrig, als dieses Crowdfunding – obwohl eigentlich ein Crowdinvesting besser ist – zu machen. In den USA ist dies gang und gäbe, weil es dort überhaupt keine Förderungen gibt. Die leben alle nur von solchen Geschichten.
Bleiben wir beim Beispiel Deutschland beziehungsweise Berlin, dem Gründer-Mekka schlechthin, wo es Zalando oder Rocket Internet vorgemacht haben: vor wenigen Jahren erst gegründet, heute milliardenschwere Börseunternehmen! Wie man beginnt: Man holt sich das Geld bei den Freunden, „Family, Friends and Fools“, wie es so schön heißt, dann geht man zum Crowdfunding, Crowdinvesting oder Crowdlending, der zweite Schritt, der jetzt geöffnet worden ist – viel zu gering, aber es ist immerhin ein Anfang –, dann geht man zum Wagniskapital, zum Venture Capital, zu den Fonds, zu den Schattenbanken, die auch einmal nach Österreich kommen sollten – auch da kann sich Wien bemühen, Niederlassungssitz einer dieser riesigen Kapitalfirmen zu werden, die jede Menge Geld haben und nicht Basel III und Basel IV unterliegen, frei entscheiden und auch Jungunternehmer finanzieren können –, dann vorbörsliche Plattformen und letztlich die Königsdisziplin, die Börse, wie es Rocket Internet oder Zalando vorgemacht haben.
Dieser Weg der Willkommenskultur soll in Wien und in Österreich beschritten werden. Da ist noch jede Menge Platz offen, aber wie gesagt: ein guter Anfang. Meine Gratulation zu diesem Gesetz! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
10.31
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile es ihm.
10.31
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Da jetzt so viele lobende Worte gefunden wurden und wir eine lange Tagesordnung haben, werde ich meine Ausführungen kurz halten und mich auf das Wesentliche beschränken. Ich muss aber natürlich meinem Kollegen Magnus Brunner Folgendes sagen: Ja, wir sind dem Herrn Staatssekretär auch sehr dankbar und froh darüber, dass dieses Gesetz gekommen ist.
Ich würde es aber nicht nur an seiner Person festmachen, weil ich glaube, dass der Einsatz von Heini Staudinger erheblich war. Das Thema begleitet uns eigentlich auch hier in diesem Haus schon seit vielen Jahren, und ich erinnere daran, dass die erste parlamentarische Enquete zum Thema Crowdfunding 2013 von den Grünen initiiert worden ist (Bundesrat Brunner: Das stimmt!), wobei es doch schön ist, dass wir in vielen Gesprächen gemeinsame Ideen und gemeinsame Gedanken gefunden und schließlich festgestellt haben: Ja, wir brauchen ein Crowdfunding-Gesetz – und heute haben wir das.
Ich finde, es ist ein Grund zum gemeinsamen Feiern und zur Freude, dass es das jetzt in Österreich gibt, auch wenn es verbesserungswürdige Kleinigkeiten gibt – und ich unterstütze da tatsächlich Kollegen Pisec – und auch wir der Meinung sind, dass die Beschränkung von 5 000 € zu restriktiv ist. Wir hätten uns durchaus höhere Summen vorgestellt, weil die Leute das tatsächlich in Eigenverantwortung entscheiden können.
Das glaube ich auch. Tun wir nicht so, als ob andere Anlageformen nicht risikobehaftet wären! Diejenigen, die in Meinl European Land oder in die Hypo Alpe-Adria investiert haben, waren ja auch nicht unbedingt abgesicherter. (Bundesrätin Mühlwerth: Doch! – Heiterkeit des Redners.) So gesehen kann man mit ein wenig Ironie sagen: Eine gewisse Eigenverantwortung gibt es ja auch.
Ich glaube ja grundsätzlich, dass es auch an den Banken liegt, wenn Crowdfunding eine solch große Zukunft hat. Wie funktioniert das heutzutage bei Banken? – Man geht hin und sagt: Ich habe ein bisschen Geld, das ich gerne in irgendetwas investieren möchte!, dann geben sie einem irgendein Depot, dann wird man vielleicht noch gefragt, in welche Märkte und mit welchem Risiko man investieren will. Dann sagt man: Na gut, dann gebt die, was weiß ich, 5 000 €, 10 000 € oder irgendetwas in dieses Depot hinein!, und als Anleger hat man keine Ahnung, in welche Produkte investiert wird, welche Firmen da eigentlich unterstützt werden. Man weiß es gar nicht! Das sind irgendwelche anonymen Depots, es wird in irgendwelche Märkte investiert, und man schaut dann einfach nur am Ende des Jahres und sieht, aha, man hat jetzt ein Plus oder ein Minus.
Beim Crowdfunding entscheidet man selbst: Ja, das ist eine neue Idee, ja, da ist ein Unternehmen, dieses Unternehmen ist vielleicht sogar in meiner eigenen Region und tut etwas für meine Region! Frau Kollegin Zwazl hat dieses schöne Beispiel aus dem Semmeringgebiet mit dem Skilift genannt, der über Crowdfunding in Neunkirchen entstanden ist. (Bundesrätin Zwazl: Ternitz! – Bundesrätin Winkler: Bezirk Neunkirchen!) Bezirk Neunkirchen! Wie heißt der Ort? (Bundesrätin Zwazl: Ternitz!) – Ternitz, danke! Das ist schon wichtig, denn die Frau Kollegin kommt von dort. Es nicht zu wissen wäre ja ein Fauxpas! (Heiterkeit.)
Man sieht, es sind ganz konkrete Investitionen. Da kennt man sogar die Leute! Das ist schon ein großer Unterschied zu einer anonymen Investition in irgendwelche Fonds, bei denen man überhaupt keine Ahnung hat.
Ich kann mir schon vorstellen, dass die Zukunft ganz stark in diesem Bereich liegen wird, weil Leute auch wieder wissen wollen: Worin investiere ich, in wen investiere ich, welchen Nutzen habe ich davon? Und das Schöne an Crowdfunding ist, ich weiß es davor schon.
Viele Popmusikerinnen und -musiker arbeiten sogar schon so: Man will ein Album produzieren und verkauft das Album quasi vorab. Dann braucht man keine Plattenfirma mehr, man hat das über Crowdfunding finanziert. Danach wird das Album gemacht, und man bekommt es, weil man es ja schon im Vorfeld gekauft hat. Bei Büchern zum Beispiel gibt es das auch schon. Ich glaube, dass das in Zukunft ein ganz starker Wirtschaftszweig sein wird.
Ich glaube, dass wir damit tatsächlich Neuland betreten. Aufgrund des digitalen Wandels, der ja auch unser Schwerpunkt sein wird – das passt zu diesem Thema –, ist natürlich auch die Kommunikation von solchen Projekten eine ganz andere. Crowdfunding als Marketing-Tool wurde von Magnus richtigerweise angesprochen.
Ich freue mich heute und hoffe, dass wir – obwohl diese Evaluierung für 2019 geplant ist – jetzt schon im Vorfeld laufend öffentlich und transparent evaluieren, auch hier im Parlament, weil die Frage, ob es bei dieser 5 000-€-Beschränkung bleiben soll, wohl eine der größten Fragen ist. (Vizepräsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)
Man könnte möglicherweise tatsächlich schon anhand der Evaluierungsprozesse sagen: Nein, seien wir flexibel und verändern wir das – oder auch nicht! Ich lasse mich
auch belehren. Ich freue mich jedenfalls sehr über dieses Gesetz und werde begeistert zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
10.36
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Zelina. – Bitte.
10.36
Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Die Hauptursache unseres instabilen Wirtschaftssystems ist zu viel Fremdkapital und zu wenig Eigenkapital. Unser gesamtes Wirtschaftssystem – vom Staat über die Unternehmen bis hin zu den Banken – krankt daran, dass wir zu viel Fremdkapital und zu wenig Eigenkapital einsetzen. Wir finanzieren uns zu sehr auf Pump, und die Folge sind zu hohe Schulden, die wir dann nicht mehr in den Griff bekommen.
Wir vom Team Stronach unterstützen jede Entscheidung, die den Eigenkapital- und Vermögensaufbau stärkt und Fremdkapital und Schuldenstände reduziert. Österreichische Unternehmen finanzieren sich hauptsächlich über Bankkredite und zu wenig über den Kapitalmarkt und über Eigenkapital.
Österreichische Unternehmen sind zu 65 Prozent von Bankkrediten abhängig. US-Unternehmen sind nur zu 11 Prozent über Bankkredite finanziert. 89 Prozent der US-Unternehmensfinanzierung läuft über den Kapitalmarkt. US-Unternehmen finanzieren sich zu 63 Prozent über Börsen-Eigenkapital und zu 26 Prozent über Kapitalmarktanleihen.
Wir haben sowohl in Österreich als auch insgesamt in Europa einen unterentwickelten Eigenkapitalmarkt. Klein- und Mittelbetriebe bekommt man in Österreich nicht an die Börse.
Wir brauchen in Österreich eine geringere Abhängigkeit von Bankkrediten und mehr Unternehmensfinanzierungen über Eigenkapital und den Kapitalmarkt. Das beginnt bei Seed Money und Venture Capital für junge innovative Start-up-Unternehmen bis zu Großanleihen und Börsefinanzierungen.
Die optimale und risikoärmste Eigenkapitalfinanzierung ist die Finanzierung aus dem eigenen Cashflow, aus dem eigenen Umsatz abzüglich anfallender Kosten. Gesundes, nachhaltiges Unternehmenswachstum entsteht parallel zur Zunahme von Eigenkapital. Ungesundes, zu schnelles Wachstum über zu hohes Fremdkapital gefährdet bei Konjunkturrückgängen und Auftragsausfällen die Existenz von Unternehmen, da die Zinsen auf die Fremdkapitalkredite der Banken aus dem eigenen Cashflow nicht mehr bedient werden können.
Auf Eigenkapital müssen keine Zinsen, sondern Dividenden bezahlt werden. Bei Konjunkturrückgängen fällt die Dividendenzahlung aus, während die Zinsen auf Fremdkapitalkredite weiterhin an die Banken bezahlt werden müssen. Fällt eine Zinszahlung aus, stellt die Bank den Kredit fällig, und das Unternehmen ist im Konkurs und geht in das Eigentum der Bank über. – Das ist der Unterschied, und deswegen ist eine hohe Eigenkapitalfinanzierung bei Unternehmen so wichtig.
Meine Damen und Herren! Crowdfunding ermöglicht Unternehmen, sich bankenunabhängiger und eigenkapitalnäher zu finanzieren. Wir unterstützen das sehr. Eines muss aber auch klar gesagt werden: Crowdfunding ist ein Hochrisikoinvestment, das muss allen Crowdfundinginvestoren klar sein. Das kann mit einem totalen Kapitalverlust enden.
Keine Frage, Anlegerschutz und ausreichende Investoreninformation durch Prospekterstellungspflicht sind sehr wichtig.
Das Erstellen von Kapitalmarktprospekten ist jedoch nicht billig, das kostet zwischen 30 000 € und 100 000 € sowie zeitintensive Vorbereitung.
Die vorliegenden neuen, wesentlich höheren Prospektpflichtschwellen – also einfache Informationspflicht bei Finanzierungsprojekten bis 1,5 Millionen €, ein kleineres, vereinfachtes Prospekt bei Finanzierungsprojekten zwischen 1,5 Millionen und 5 Millionen € und ein umfangreicher Kapitalmarktprospekt bei Finanzierungsprojekten über 5 Millionen € – sind daher eine sehr gute Lösung.
Ich stimme dem vorliegenden Alternativfinanzierungsgesetz und den Änderungen des Kapitalmarktgesetzes zu. Ich gratuliere, ein gutes Gesetz. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
10.41
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Staatssekretär Dr. Mahrer zu Wort gemeldet. – Bitte.
10.41
Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Vielen Dank für die breite Unterstützung zu diesem Gesetz! Ich möchte es ganz kurz machen, es ist ja im Ausschuss diskutiert und die wichtigsten Punkte sind angesprochen worden.
Ich möchte mich zuallererst bei allen Fraktionen und wirklich fraktionsübergreifend bedanken, dass die letzten Monate ein sehr konstruktiver Arbeitsrahmen vorgeherrscht hat. Es ist angesprochen worden – man hat das über die vielen Debatten, manches ist ja auch medial ausgetragen worden, im Vorfeld mitbekommen –, dass es ein schwieriges Abwiegen war zwischen sehr berechtigten Interessen des Anlegerschutzes auf der einen Seite, das ist einfach so, weil es ein direktes Investment in unternehmerische Tätigkeit ist, die, wie gerade angesprochen, mit hohem Risiko verbunden ist, und auf der anderen Seite natürlich dem berechtigten Interesse, in Zeiten wie diesen – mit den schwierigen Eigenkapitalvorschriften für die Banken, die wieder dazu führen, dass es deutlich schwieriger für die Finanzinstitutionen ist, Geld für risikoreiches unternehmerisches Investment herzugeben – Geld aufzustellen.
Diese beiden Positionen in eine vernünftige Balance zu bringen war nicht leicht, ich möchte mich deshalb noch einmal ganz herzlich bei unserem „Spiegelministerium“ mit Rudi Hundstorfer und seinem Team, auch dem Konsumentenschutz dort, bedanken, weil eine gute Lösung herausgekommen ist.
Ich meine, das sollte auch der Geist sein für die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen der Regierung und allen im Nationalrat, im Bundesrat vertretene Fraktionen für die nächsten Monate, denn ich glaube, es geht nicht darum, Nein zu guten Ideen zu sagen, sondern oft vielleicht zu sagen: Ja, aber, und um das „aber“ zu ringen und zu fragen: Was ist der Kompromiss? Der Kompromiss zeichnet das Hohe Haus, den Nationalrat und den Bundesrat aus – und in den nächsten Monaten hoffentlich auch uns in der Regierung –, nämlich ein Kompromiss, der dazu führt, dass wir verbesserte Rahmenbedingungen in einer schwierigen Wirtschaftslage haben, um bestehende Jobs zu sichern und neue zu schaffen.
Das muss das Um und Auf, der Fokus unserer Arbeit der nächsten Monate und ein, zwei Jahre sein, denn die internationale Konkurrenz wird stärker. Auch wenn das viele
von uns nicht glauben, es ist so: Wir haben nach wie vor eine Reihe von geschützten Werkstätten in diesem Land, wo das viele Menschen gar nicht mitbekommen. Faktum ist: Der Konkurrenzdruck nimmt zu. Und was wäre Österreich für ein Land mit zukünftigem Wohlstand, würden wir nicht darauf schauen, dass wir Arbeitsplätze erhalten und schaffen, denn das ist der Motor, der diesen Wohlstand generiert.
Das Crowdfundinggesetz, das Alternativfinanzierungsgesetz, ist nur ein kleiner – ich sage das ganz bewusst: ein kleiner – Mosaikstein dafür. Eine Reihe von anderen muss folgen, und vielleicht muss da jeder – wir, andere, Sie alle – ein bisschen über den Tellerrand hinausdenken und sagen: Bewegen wir uns ein bisschen aufeinander zu!, denn es soll ja Arbeitsplätze garantieren und neue schaffen.
Das ist das Um und Auf: Es geht um Jobs – Jobs, Jobs, Jobs, die wieder Steuerleistung bringen, Leistungen für unsere sozialen Sicherungssysteme und den Menschen und ihren Kindern und Enkelkindern auch in Zukunft ein vernünftiges Auskommen sichern. Im Kern geht es darum.
Ich denke, es ist uns in diesem Gesetz wirklich gut gelungen, am Ende des Tages aufeinander zuzugehen – ich möchte das noch einmal unterstreichen –, auch wenn ich mir persönlich, ich mache kein Hehl daraus, eine höhere Schwelle beim Einzelinvestment vorgestellt hätte. Ich glaube, einmal für eine erste Periode auch der Evaluierung – auch das soll ja Sinn machen, haben wir uns ausgemacht; funktioniert es gut, funktioniert es nicht gut? – ist ein guter Kompromiss herausgekommen.
Und es ist ja auch etwas Praktikabilität angestrebt worden, nämlich ein Gesetz zu machen, das dann kein totes Recht ist, wo wir zwar ein Gesetz haben, das aber niemand nutzt, sondern weil ja der Kapitalmarktprospekt, wie vorhin angesprochen, mit Kosten verbunden ist, macht es Sinn, diese Abstufung zu haben. – Ich muss dazusagen, es ist sicher, wie von einer der ersten Rednerinnen angesprochen, europaweit ein Vorreitergesetz, keine Frage, aber ich glaube, es ist für Österreich gut und wichtig, dass wir auch in spezifischen Bereichen mutige Schritte machen, damit wir nicht zurückfallen.
Warum soll man in der einen oder anderen Variante nicht auch einmal sozusagen vorausgehen, etwas ausprobieren? Auch das ist mit Risiko verbunden, keine Frage, aber vielleicht haben wir dann die Nase vorne, und „Nase vorne“ heißt, einen Weg zu gehen, um Österreich auch wirtschaftspolitisch zurück an die Spitze zu führen.
In diesem Sinn bedanke ich mich wirklich bei allen Fraktionen, und ich möchte zum Schluss noch einmal explizit die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium und der Konsumentenschutzabteilung dort hervorheben. Ich glaube, es ist ein gutes Gesetz, und in diesem Sinne: Schicken wir es auf die Reise! – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)
10.45
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
3. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird (Wissenschaftsfonds-Novelle 2015) (691 d.B. und 722 d.B. sowie 9427/BR d.B.)
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Pum. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Ing. Andreas Pum: Geschätzte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster hat sich Herr Bundesrat Saller zu Wort gemeldet. – Bitte.
10.47
Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Durch die vielen Veränderungen im forschungs- und wissenschaftlichen Bereich sind natürlich oftmals Gesetzesänderungen notwendig. Nach erfolgten geringfügigen Reformen in der Vergangenheit wird nunmehr der Forschungsfonds neu organisiert und damit auch wesentlich effizienter gemacht.
Worum geht es? – Es geht um die Modernisierung der Organisationsstrukturen, es geht ebenso darum, alles rechts- und verfassungskonform zu machen, und natürlich geht es noch um ein entsprechendes zusätzliches Finanzcontrolling. Also es geht um das Fitmachen für Neues im wissenschaftlichen Bereich in unserem Land.
Österreich muss ein interessanter Wirtschaftsstandort mit einer soliden Grundlage für Forschungstätigkeit bleiben. Wichtig ist auch die Sicherstellung der finanziellen Mittel. Das ist geschehen, obwohl es nicht alle wahrhaben wollen: Ein Zuwachs von 2015 mit 171 Millionen € auf 2016 mit 184 Millionen € bedeutet immerhin eine Steigerung von zirka 7 Prozent, und das ist in Zeiten, in denen gespart werden muss, in denen die finanziellen Ressourcen immer geringer werden, keine Selbstverständlichkeit.
Die Aufwertung der ehrenamtlichen zur hauptberuflichen Präsidentschaft und der hauptamtlichen kaufmännischen Geschäftsführung beziehungsweise Vizepräsidentschaft sind ebenso wichtige Eckpunkte.
Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem die Grundlagenforschung sorgt durch die Förderung durch den Fond für neue Impulse und Möglichkeiten. Wir haben die Garantie, dass die Fördermittel effizient und nach strengen Kriterien eingesetzt werden, denn nur dann haben diese auch eine entsprechende nachhaltige Wirkung.
Besonders hervorheben möchte ich die Unterstützung für unsere Jugend und unsere jungen Forscher, denen man ebenso ganz besonderes Augenmerk schenken muss. In
einer Zeit, in der man mit vielen Problemen des Alltags und mit vielen Anliegen, die allen bekannt sind, die es natürlich alle zu bewältigen gilt, konfrontiert ist, muss es von besonderem Interesse sein, Wissen und Forschung voranzutreiben.
Durch die verstärkte Forschungsunterstützung gibt es auch einen wichtigen Gewinner, nämlich unsere Universitäten. Ich danke daher allen im Ministerium, die mitgeholfen und zum Entstehen dieser Novelle beigetragen haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Schreyer.)
10.50
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Reich zu Wort gemeldet. – Bitte.
10.50
Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der hier vorliegende Gesetzesvorschlag dient der Sicherstellung der Rechts- und Verfassungskonformität des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes, der Verbesserung des Liquiditätsmanagements sowie einer Modernisierung der Organisationsstruktur des Wissenschaftsfonds. Wie Kollege Saller vorhin schon gesagt hat, sollen damit Entscheidungsprozesse beschleunigt und auch die Aufgabenverteilung klar definiert werden. Um diese Ziele zu erreichen, wurden in den verschiedenen Aufgabenbereichen wichtige und meiner Meinung nach zukunftsweisende Maßnahmen gesetzt.
Bei den Organisationsstrukturen ist nun eine wesentliche Stärkung der Delegiertenversammlung festzustellen, die ab jetzt ihre Vorsitzenden selbst wählen und auch die Sitzungsfrequenzen selbst bestimmen können wird. Durch die Aufgabenerweiterung der Delegiertenversammlung wird es nun auch möglich sein, bessere Abstimmungsmöglichkeiten zwischen den außeruniversitären und universitären Forschungseinrichtungen und dem Wissenschaftsfonds zu gewährleisten.
Zu erwähnen sei nebenbei auch die Aufwertung des Präsidiums – wie das auch Kollege Saller schon ausgeführt hat –, da die PräsidentInnen- und VizepräsidentInnenstelle von der bisherigen Ehrenamtlichkeit in eine Vollzeitarbeitsstelle umgewandelt wird und auch eine Trennung von wissenschaftlichem und kaufmännischem Bereich vollzogen wird.
Durch Anregungen von verschiedenen Institutionen kam es zu zahlreichen Verbesserungen; auch die Kritikpunkte des Rechnungshofes wurden bearbeitet und in positivem Sinne in diese Novelle eingearbeitet.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ein herzlicher Dank von meiner Seite geht auch an alle, die an der Entstehung dieses zeitgemäßen Gesetzes mitgewirkt haben: an das Team des BMVIT von Bundesminister Alois Stöger und alle MitarbeiterInnen der Forschungsabteilung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft sowie Staatssekretär Mahrer für die vorbildliche Zusammenarbeit.
Ich glaube, mit dieser Novelle bekennen wir uns wieder zu einer modernen und leistungsorientierten Grundlagenforschung, die die Innovationskraft Österreichs stärken wird. Meine Fraktion wird gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
10.53
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Pisec zu Wort gemeldet. – Bitte.
10.53
Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz, soweit es um unsere Grundlagenforschung und um den Wissenschaftsfonds geht. – Aber lassen Sie mich doch etwas weiter ausholen.
Ein Wissenschaftler muss forschen, um Erkenntnisgewinne zu schaffen – deswegen ist er ja in der Wissenschaft tätig –, und diese Möglichkeit muss man ihm natürlich lassen und bieten. Das hat auch der Rechnungshof gewünscht: dass die kaufmännische Agenda von der Wissenschaft unabhängig ist und vor allem in dem Sinne ein bezahlter Beruf ist, was hiermit umgesetzt wurde. Es würde mich freuen, wenn andere Vorschläge des Rechnungshofes auch so schnell und zügig und eins zu eins umgesetzt würden – denn das ist in dieser Regierung leider nicht der Fall.
Zu den Grundlagen der Wissenschaften, zur Forschung. – Es gibt die Naturwissenschaften und es gibt die Geisteswissenschaften. Das Verhältnis in Österreich ist ungefähr so, dass der Anteil der Naturwissenschaften 80 Prozent ist und 20 Prozent der Anteil der Geisteswissenschaften. Oft wird gemeint, nur Naturwissenschaft ist Grundlagenwissenschaft. – Nein, so ist es aber nicht, auch bei den Geisteswissenschaften – interessanterweise gehören da die Sozialwissenschaften auch dazu – gibt es Grundlagenwissenschaft.
Diesbezüglich darf man nicht vergessen, dass es im Zuge dieser Überregulierungen und überbürokratischen Ausformungen – dazu ist ja in Österreich immer die Tendenz vorhanden – der Wissenschaftsfonds selbst zum Regulativ wird, denn diese Gefahr besteht tatsächlich. Auf der anderen Seite sollte man auch die Akademie der Wissenschaften – auf diese sollte man nicht vergessen! – ausstatten und auch dieser die Möglichkeiten geben, zu forschen, aber auch Forschungsprojekte zu finanzieren und damit die Budgetbeträge zu erhöhen.
Wichtig dabei ist, dass ein Wissenschaftler, wie schon erwähnt, forschen kann – forschen und publizieren, denn ein Wissenschaftler wird ja international daran gemessen, wie oft und wo er was publiziert hat. Daran wird er gemessen, damit steigt sein Standing in der wissenschaftlichen Community. – Damit darf ich einen kurzen Exkurs zur Sprache machen.
In der internationalen Community ist die englische Sprache vorherrschend. Das ist gut, das kann man in der Naturwissenschaft leicht machen, denn die Naturwissenschaft ist eine exakte Wissenschaft, dort kommt es auf die empirische Forschung an. Da wird ein Modell erstellt oder errichtet, und der Erkenntnisgewinn wird dann publiziert. Darin kann auch einer, der in Englisch kein Native Speaker ist, leicht publizieren – beziehungsweise nicht leicht publizieren, denn ist es sicherlich auch dort schwer, die Sprache in diese Richtung hinzubiegen, weil natürlich die Nuancen fehlen, die ein Native Speaker hat und ein Österreicher oder ein Deutsch Sprechender natürlich nicht hat. Aber das ist in den Naturwissenschaften nicht so drastisch, sehr wohl aber in den Geisteswissenschaften, und da vor allem in der Kulturwissenschaft.
Da haben wir zum Beispiel in Wien, wenn ich das kurz erwähnen darf, Spitzenforschung auf dem Gebiet der Kulturwissenschaften Osteuropas mit Schwerpunkt Südosteuropa. Da gibt es einen Schweizer Spitzenforscher – es ist ohnehin schon sehr selten, dass ein Deutsch sprechender Schweizer nach Wien kommt, hier forschen kann und extrem viel publiziert. Er ist viersprachig, er forscht und publiziert viersprachig, und zwar in „seine“ Region, denn er sucht auch ein Zielpublikum: Wenn er über albanische Erinnerungskultur forscht und das publiziert, wird das natürlich in Albanien publiziert. Ein Albaner hätte nichts davon, wenn das in Englisch verkauft werden würde, nein, das muss in Albanisch sein. Natürlich kann man es hier vor Ort
auch in Deutsch kaufen, aber ich würde mir so ein Buch nicht in Englisch kaufen, weil es mir nichts bringt. Ich möchte das in Deutsch lesen, und andere natürlich auch.
Es gibt nämlich auch die Populärwissenschaften, was in Österreich oft vergessen wird – aber diese Bücher müssen verkauft werden. Amerikaner und Forscher aus dem Vereinigten Königreich sind es gewohnt, dass sie ihre Bücher auch verkaufen wollen, das ist die sogenannte Populärwissenschaft.
Auch das sind wissenschaftliche Bücher – das wird in Österreich oft vergessen; es wird immer nur irgendetwas in irgendwelchen englischsprachigen Communities publiziert, wo es eigentlich und im Grunde genommen, außer wieder von diesen Wissenschaftlern, nicht wirklich gelesen wird.
Dieser Oliver Schmitt, dieser exzellente Forscher, hat, wenn ich das kurz erwähnen darf, auf Folgendes aufmerksam gemacht: Er möchte in seiner Sprache forschen und in seiner Sprache publizieren, und daher – wir alle wissen ja, dass Wissenschaftler in Österreich schwer unterbezahlt sind – braucht er Förderungen. Die kommen vom Wissenschaftsfonds, und dort muss er einen Antrag auf Englisch stellen.
Das will er nicht und das kann er auch nicht so exakt, denn die sprachlichen Nuancen – und das ist sein Werkzeug – sind in seiner Sprache – er ist ohnehin viersprachig! – dargestellt. Das ist in Englisch nicht so leicht machbar, weil die Nuancen in dieser sprachlichen Umsetzung gerade in der Wissenschaft extrem schwierig sind, und das können wirklich nur Native Speaker.
Das ist auch ein Punkt – das darf man auch nicht vergessen –, warum der Abstand in der Forschung zwischen den USA, dem Vereinigten Königreich und den deutschsprachigen Ländern immer größer wird: Es ist auch eine Frage der Sprache.
Man kann einen Geisteswissenschaftler, Schwerpunkt Kulturwissenschaft, der auf seine Region, auf sein Idiom bezogen ist, nicht dazu zwingen, dass er eine Geschichte – Hausnummer, ich weiß nicht – über Wien und Umgebung in Englisch publiziert. Das kauft ja keiner! Der will in Deutsch publizieren, und diese Möglichkeit muss man ihm lassen. Daher hat er auch das Recht beziehungsweise soll er das Recht darauf bekommen.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, vielleicht kann man Herrn Minister Mitterlehner sagen, dass dieser Spitzenforscher die Möglichkeit bekommt, seine Anträge in Deutsch oder Italienisch, Französisch oder Albanisch zu stellen, so wie es in Deutschland möglich ist. In Deutschland gibt es einen Wissenschaftsfonds, und dort hat man die Option, seine Anträge wahlweise in verschiedenen Sprache zu stellen. In Österreich ist das nicht der Fall. Meiner Meinung nach ist das ein Riesenfehler, denn zu publizieren ist das Wichtigste für einen Wissenschaftler. – Das war nur eine Randbemerkung, ein Exkurs.
Zum Gesetz selber: Wie gesagt, es ist ein gutes Gesetz, auch dazu meine Gratulation. – Danke. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)
10.59
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dönmez zu Wort gemeldet. – Bitte.
10.59
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner und Pro-Redner ist es natürlich sehr einfach: Ich brauche die ganzen angeführten Argumente nicht zu wiederholen, daher mache ich es ganz kurz.
Wir werden bei der Abstimmung natürlich zustimmen, denn die Beschleunigung der Entscheidungsprozesse ist begrüßenswert, genauso wie die klarere Aufgabenverteilung zwischen den Organen, die Stärkung der Delegiertenversammlung, der Ausbau der Aufgaben des Aufsichtsrates, die Optimierung der Geschäftsführungsregelungen für das Präsidium, die Verbesserung der Geräteverwaltung, die Veröffentlichung relevanter Informationen im Internet und die weitere Professionalisierung insbesondere des kaufmännischen Bereiches.
Deswegen werden wir all dem natürlich auch unsere Zustimmung erteilen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und FPÖ.)
10.59
Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Mahrer. – Bitte.
11.00
Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Die Argumente liegen auf dem Tisch. Auch in diesem Fall gilt es, ein Dankeschön zu sagen. Dem vorliegenden Gesetzentwurf, der heute im hohen Bundesrat sichtlich Ihre Zustimmung finden wird, ist ein sehr umfangreicher Konsultationsprozess vorangegangen, der sehr gut fraktionsübergreifend gelungen ist. Auch im Nationalrat und im Bundesrat waren im Vorfeld einige, die sich interessiert haben, eingebunden, wie ich weiß.
Es gab eine ganze Reihe von Stellungnahmen, auf die spezifisch eingegangen worden ist. Frau Sektionschefin Weitgruber aus unserer Forschungssektion, die auch heute anwesend ist – bei ihr und ihrem Team möchte ich mich explizit bedanken –, hat sehr umsichtig, sehr gut und mit der notwendigen Ruhe diesen Prozess durchgeführt. Es waren sehr viele, sehr spezifische Einzelkommentare dabei, die eigentlich alle eingearbeitet worden sind. Auch so stelle ich mir das in Wirklichkeit vor.
Es geht am Ende des Tages um unsere Exzellenzforschung im Grundlagenbereich. Etwas, von dem wir wissen, dass wir in vielen Fällen nicht eine unmittelbare Verwertbarkeit sofort morgen haben, aber etwas, das einer hochentwickelten Demokratie wie Österreich gut ansteht, nämlich diesen Freiraum für den Forschungsbereich zu schaffen, da das nicht nur Investitionen sind, die dann vielleicht in Zukunft einmal zu tatsächlichen wirtschaftlichen Produkten und Dienstleistungen führen, sondern in Summe unsere Gesellschaft, unsere Demokratie, unser Sozialsystem dadurch weiterbringen, indem wir sagen: Wir investieren!
Das müssen wir uns leisten, und dafür braucht es auch eine derart exzellente und zeitgemäße Organisationsstruktur; und die stellt das neue Gesetz im wahrsten Sinne des Wortes sicher. Sie wissen es, es gab eine Reihe von Anmerkungen, auch vonseiten des Rechnungshofes. Wir haben einen neuen Public Corporate Governance Kodex, wir haben eine ganze Reihe anderer Vorschriften, die wir mitberücksichtigt haben.
In diesem Sinne darf ich auch hier sagen: Es ist ein gelungener Entwurf, und wenn er Ihre Zustimmung findet, darf ich für unser Haus und natürlich auch für das eingebundene Infrastrukturministerium Danke sagen. (Allgemeiner Beifall.)
11.01
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (674 d.B. und 767 d.B. sowie 9409/BR d.B.)
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lindner. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Mario Lindner: Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meißl. – Bitte.
11.03
Bundesrat Arnd Meißl (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich als gelernten Kommunalpolitiker ist das heute ein besonderer Tag. Es ist meine erste Rede in diesem Gremium. Ich bin ja eigentlich etwas anderes gewöhnt als die Debatten in diesem Haus. Wir sind die kurzen, prägnanten und scharfen Diskussionen am Runden Tisch gewöhnt, da geht das Argument hin und her. Deswegen ist das heute so etwas wie ein Kulturschock für mich – durchaus im positiven Sinne. Es werden auch Argumente ausgetauscht, es wird dem anderen zugehört.
Es ist für mich eine besondere Ehre, hier sprechen zu dürfen, auch wenn mich in den letzten Tagen – das muss ich auch sagen – die ganze Geschichte doch ein bisschen nervös gemacht hat und ich zu Hause ein bisschen unrund gelaufen bin. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Mayer und Dönmez.)
Als mir dann noch das Thema „Teilpension“ für meine erste Rede zugeteilt wurde, habe ich mir gedacht: Na bravo, da ist eigentlich nichts drin, das gibt nicht viel her. (Bundesminister Hundstorfer betritt den Sitzungssaal und nimmt auf der Regierungsbank Platz.) – Herr Minister, ich begrüße auch Sie, erstmalig! (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesminister Hundstorfer: Bleiben Sie ganz entspannt!) – Ich bin ganz entspannt in Ihrer Nähe.
Dann habe ich begonnen, an der Oberfläche des Arbeitsmarktgesetzes, das die Teilpensionen beinhaltet, zu kratzen. Die Teilpension ist eigentlich nur eine Erweiterung der Altersteilzeit und wird aus unserer Sicht keine echte Entlastung des Pensionssystems bringen, es wird höchstens die eine oder andere Statistik dadurch geschönt.
Personen, die man künstlich im Arbeitsprozess hält – das ist es in diesem Fall wahrscheinlich –, werden eigentlich nur die Statistik des Pensionsantrittsalters erhöhen.
Das Geld für die Teilpension kommt nicht aus der Pensionsversicherung, sondern aus dem AMS-Topf. Man wechselt einfach den Topf, und es bleibt trotzdem das Geld der Steuerzahler, das hier ausgegeben wird.
Es ist grundsätzlich ein guter Ansatz, die Menschen länger in Beschäftigung halten zu wollen. Die Leute wissen heute auch, dass sie länger arbeiten müssen, als das ihre Elterngeneration getan hat, nur schaffen es manche gesundheitlich nicht, andere wiederum werden aus dem Arbeitsprozess gedrängt, weil die Unternehmen ganz einfach Arbeitsplätze einsparen wollen.
Es ist ja nicht einmal so, dass die Teilpension an sich oder die Altersteilzeit im Grunde für Mitarbeiter keine guten Ansätze wären, nur verfehlen sie in den bestehenden Formen ihre Ziele völlig, die da wären, Menschen länger im Arbeitsprozess zu halten und so das Pensionssystem zu entlasten.
Ich komme übrigens aus einem staatsnahen Betrieb, es ist die Österreichische Post AG. Diese gehört zu 52 Prozent der Republik Österreich. Die Post AG nützt die Altersteilzeit dazu, sich möglichst rasch von älteren Mitarbeitern trennen zu können und um Filialen zu schließen. Das Unternehmen macht, nebenbei bemerkt, schöne Gewinne und liefert der Republik jährlich satte Gewinne ab. Darin liegt genau das Problem. Das Unternehmen versucht zur Gewinnmaximierung möglichst viel Arbeit auf möglichst wenige Mitarbeiter aufzuteilen, die so, nebenbei gesagt, der wachsenden Aufgabenflut irgendwann nicht mehr gewachsen sind und sich ausgebrannt in den Dauerkrankenstand verabschieden.
Ich möchte das mit einem Beispiel aus meiner näheren Umgebung untermauern – ich bin selbst Filialleiter gewesen; mittlerweile bin ich freigestellt –: In einer Filiale in meiner Umgebung hat eine Mitarbeiterin die geblockte Arbeitszeit hinter sich gebracht, und ihr Arbeitsplatz wurde nicht nachbesetzt. Das heißt, dieser Arbeitsplatz ist tatsächlich verloren gegangen.
An dieser Stelle möchte ich noch einen Nachtrag zur Aktuellen Stunde einbringen, da es auch die Kolleginnen und Kollegen der österreichischen Post betrifft. In der Debatte zu „50+“ hat man meines Erachtens auf eines vergessen, und zwar auf die altersgerechten Arbeitsplätze. Gerade bei uns ist es so, dass es vor zehn, zwölf Jahren Zustellbasen gab, die über 40 Mitarbeiter verfügten. Heute haben dieselben Zustellbasen zirka 25 bis 30 Mitarbeiter. Wenn man jetzt meint, es wird weniger geschrieben, mag das schon richtig sein, auf der anderen Seite wird aber mehr Werbung zugestellt, mehr Pakete werden zugestellt. In Wirklichkeit hat sich die Arbeitsbelastung dieser Mitarbeiter drastisch erhöht.
Hier auch mein Wunsch an Sie, Herr Minister, vielleicht im staatsnahen Betrieb dafür zu sorgen, dass tatsächlich alle Richtlinien eingehalten werden, denn ein Beamter aus Ihrem Ministerium – ich glaube, es war aus Ihrem Ministerium – hat mir versichert, dass die Altersteilzeit eigentlich nur bedeuten darf, dass nach Ablauf der geblockten Zeit dieser Arbeitsplatz mit einem neuen Mitarbeiter besetzt werden muss. Das wird bei uns nicht gemacht, sondern es werden die Mitarbeiter – 50+, wohlgemerkt – tatsächlich in diesem Fall in die Pension gedrängt.
Man kann den Managern keinen Vorwurf machen, dass sie diese Möglichkeit nutzen, sondern vielmehr dem Gesetzgeber, in diesem Fall ist das eben der Eigentümer, die Republik Österreich. Es zeigen sich aber die Probleme des Systems. Wenn es nicht einmal die Republik Österreich im eigenen Unternehmen schafft, zu verhindern, dass die Altersteilzeit als Chance gesehen und genutzt wird, um sich möglichst rasch und
kostengünstig von Mitarbeitern trennen zu können, dann wird hier wohl irgendetwas nicht stimmen.
Bei der Teilpension wird das nicht viel anders ausschauen. Man wird dann eben einen halben Mitarbeiter einsparen, weil es, wie Ihr Mitarbeiter auch betont hat, keine Nachbesetzungsrichtlinien für diesen eingesparten halben Arbeitsplatz gibt.
Es ist jedenfalls für uns nicht erkennbar, wie dieses Regelwerk den Arbeitsmarkt befruchten soll. Aus unserer Sicht wäre es doch besser gewesen, noch einmal darüber nachzudenken, wie man Arbeit für die 400 000 arbeitslosen Menschen schafft – davon, wie Sie ja selbst gesagt haben, fast 90 000, die über 50 sind. Die haben nämlich überhaupt nichts von dieser Teilpension. Es wäre auch gescheiter gewesen, nachzudenken, wie man dafür sorgen kann, dass man altersgerechte Arbeitsplätze anbietet, um den Menschen tatsächlich zu ermöglichen, länger zu arbeiten.
Vor allem braucht es Arbeit auch für unsere Jugend. Was nützt es, jene Mitarbeiter, die ohnehin schon 40 und mehr Jahre gearbeitet haben, künstlich im Arbeitsprozess zu halten, wenn dafür die Jugend unseres Landes auf der Straße steht und keine Arbeit findet, und zwar Arbeit, die es möglich macht, sich ein anständiges Leben leisten zu können – und nicht irgendwelche Mac-Jobs!
Die Teilpension kann das aber in diesem Bereich genauso wenig leisten, wie die von manchen geforderte Öffnung des Arbeitsmarktes für Wirtschaftsflüchtlinge hilfreich wäre.
Wir haben schon jetzt am Bau das Problem, dass unsere Leute durch ausländische Arbeitskräfte aus dem ehemaligen Ostblock verdrängt werden. Da muss man ganz einfach einmal zuerst auf die eigenen Bürger schauen, denn je mehr Arbeitslose es gibt, desto weniger Sinn wird es machen, darüber nachzudenken, die Menschen länger im Arbeitsprozess halten zu wollen.
Statt erfolglos an Pensionssystemen herumzudoktern, aber andererseits nach wie vor Luxuspensionen möglich zu machen, geht es wohl einzig und allein darum, Arbeitsplätze zu schaffen. Nur so wird es in Zukunft möglich sein, faire Pensionen zu zahlen, von denen man leben kann und nicht am Rande der Armut seinen letzten Lebensabschnitt fristen muss.
Wenn man sich andererseits ansieht, wieviel Geld die Bundesregierung und die Länder für Eigenwerbung und Selbstbeweihräucherungskampagnen ausgeben – da geht es jährlich um Hunderte Millionen Euro –, dann muss man sagen, es gibt anscheinend genug Geld für eine gescheite Arbeitsmarkt- und Pensionspolitik, nur wird es offenbar woanders versenkt. Gar nicht zu reden von den Milliarden Euro für die Griechenlandhilfe – oder besser für die Bankenrettung dort, da diese dafür aufgewendet wird –, die so den Steuerzahlern verloren gehen.
Es wird aus unserer Sicht endlich wieder Zeit, auf die eigenen Leute zu schauen und ihre Steuergelder so einzusetzen, dass die Menschen etwas davon haben. Diese Form der Teilpension, die noch dazu dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht, da sie für Frauen nicht greift, hilft den Leuten jedenfalls nicht weiter. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Zelina.)
11.11
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pfister. – Bitte.
11.11
Bundesrat Rene Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ein-
gangs beim Kollegen Meißl sehr genau zugehört, aber als er dann davon gesprochen hat, wie man Menschen künstlich länger in Beschäftigung hält, da habe ich eigentlich ausgeschaltet, denn das, was dann kam, ist nicht sehr durchdacht. Ich glaube, mit der Realität setzt du dich nicht sehr intensiv auseinander.
Durch dieses Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird klar zum Ausdruck gebracht, dass diese neue Variante der Teilpension für die Menschen, die diese in Anspruch nehmen können, bei denen eine Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer getroffen wird, eine gute ist.
Obwohl viele KollegInnen, und der Herr Kollege Meißl ganz speziell, meinen, dass das nicht durchdacht und wenig zielorientiert ist, sind wir sehr, sehr zuversichtlich und überzeugt, dass diese Teilpension bei den Menschen sehr wohl ankommt.
Was nicht durchdacht war – da möchte ich auch ein bisschen in die Vergangenheit gehen, damit Sie das auch gleich wissen – und was nicht angekommen ist, ist, dass die Maßnahmen, die die Freiheitliche Partei zwischen 2000 und 2006 mitgetragen hat, nämlich zum Beispiel die unsoziale Einführung der Ambulanzgebühr und die Besteuerung der Unfallrenten, bei den Menschen überhaupt nicht angekommen sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Da sind wir froh, dass wir einen Sozialminister haben, der viele Dinge auch schon erfolgreich repariert hat.
Ich glaube, wenn man die Voraussetzungen zur Teilpension ansieht und erkennt, dass man in den letzten 25 Berufsjahren 15 Jahre arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung braucht, dann eine privatrechtliche Vereinbarung abschließen kann, um damit in die Alterspension gleiten zu können, ohne Abschläge in einem weiteren Pensionsbezug zu haben, so ist das ist eine sehr, sehr gute Variante und eine sinnvolle Maßnahme. Auf der einen Seite hilft es den Betrieben, die Dienstnehmer, die Erfahrung haben, die natürlich älter, aber nicht mehr so einsetzbar sind, im Betrieb zu halten, und auf der anderen Seite hilft es den Dienstnehmern, in die Alterspension zu gleiten.
Ich glaube, das ist eine hervorragende soziale Maßnahme, ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, die auch im Regierungsprogramm festgelegt ist, nämlich ältere Beschäftigte länger im Arbeitsprozess zu halten und ihnen zu ermöglichen, dass sie während des Arbeitsprozesses auch gesünder bleiben können.
Sehr geehrte Damen und Herren, das sind unserer Überzeugung nach wichtige Maßnahmen, und wir sind auch sehr froh darüber, dass wir heute die Teilpension, diese Variante beschließen werden. Sie ersetzt vielleicht eine uralte Altersteilzeit, wenn es um Zuschüsse geht, die gewährt werden, aber es ist eine richtige Maßnahme. Übrigens ist sie auch eine Maßnahme, die sich rechnet. Die Expertinnen und Experten sagen – wir haben das im Ausschuss am Dienstag diskutiert –, dass es eine Win-win-Situation für alle Beteiligten ist.
Die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen erhalten in Zukunft zur Gänze die Lohnkosten und auch die Sozialversicherungsbeiträge ersetzt. Das ist ein Vorteil für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, und ich bin sicher, dass dieses Modell dann auch in Anspruch genommen wird.
Ich sehe auch die Vorteile für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nämlich dass sie aufgrund der längeren Zeit der Erwerbsarbeit auch Pensionsansprüche erwerben. Dadurch erhöht sich die Pension sowieso und sie können abschlagsfrei in Pension gehen. Das ist meiner Meinung nach ein sehr guter Vorteil für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Eine zweite Variante ist die Invaliditätspension neu, die wir neu aufgestellt haben und die beinhaltet, dass die Rehabilitation vor dem In-Pension-Schicken steht. Ich glaube
nicht, dass Menschen als erstes Ziel die Pension im Auge haben, sie möchten einen Beitrag leisten. Unsere Aufgabe ist es, diese Menschen länger gesund im Job und im Arbeitsleben zu halten. Da gibt es viele Programme, zum Beispiel das „fit2work“, das im Sozialministerium auch umgesetzt wurde. Diese Dinge tragen dazu bei.
Ich appelliere in diesem Zusammenhang auch an die Unternehmerinnen und Unternehmer, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb zu halten, den Wert der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erkennen und infolgedessen dann auch tatsächlich auf die wertvolle Arbeit dieser älteren Kolleginnen und Kollegen zurückzugreifen. Ich denke, vor dem Hintergrund dieses Maßnahmenbündels, das ich heute angesprochen habe, und in Anbetracht der Tatsache, dass sich Unternehmerinnen und Unternehmer ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind, werden sie die Ressourcen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser nützen; auch mit dem Bewusstsein der eigenen Persönlichkeit, dass es nicht erstrebenswert ist, so früh wie möglich in Pension zu gehen, sondern so lange wie möglich einen Beitrag zu leisten, damit auch die Höhe der Pension steigt.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das erklärte Ziel, und zwar nicht nur des Bundesministers und der Bundesregierung, ist es, die Menschen länger gesund im Job zu behalten. Die Teilpension ist ein Teil dieses Puzzles auf dem Weg dorthin. Davon bin ich wirklich zutiefst überzeugt.
Herr Bundesminister, ich möchte Ihnen zur neuen Teilpension herzlich gratulieren, und ich bin davon überzeugt, dass genau diese soziale Maßnahme bei den Menschen sehr, sehr gut ankommen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)
11.16
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
11.16
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung nicht erteilen, weil aus unserer Sicht diese Teilpension ein Unding ist.
Auch wenn in der Wirkungsfolgenabschätzung so getan wird, als ob Geld gespart würde, ist es in der Praxis eine zusätzliche Unterstützung für Männer, die ohnehin eine höhere Pension zu erwarten haben.
In der Kostenabschätzung gibt es aus unserer Sicht zwei Grundfehler:
a) Die Berechner gehen davon aus, dass künftige TeilpensionistInnen in jedem Fall die Korridor-Pension in Anspruch genommen hätten. Das ist eher unwahrscheinlich, da potenzielle Korridor-Pensionisten wohl schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Altersteilzeit gehen, nämlich mit 58 Jahren. In diesem Fall hat die Teilpensionsregelung allenfalls eine Wirkung von einem Jahr zu höheren Kosten, wobei dieses Jahr in der Altersteilzeit jetzt schon möglich ist. Es ist also davon auszugehen, dass die Teilpension von Männern in Anspruch genommen wird, die ohnehin bis 65 arbeiten wollen.
b) Die Darstellung der Berechnung endet, ehe die deutlich höheren Pensionserwartungen der TeilpensionistInnen wirklich spürbar werden. Diese deutlich höheren Pensionserwartungen resultieren zum einen aus den längeren Versicherungszeiten und zum anderen aus dem Fehlen oder der Reduktion von Abschlägen.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass mit der Teilpension sehr gut verdienende Männer in Relation zu anderen hohen Pensionen subventioniert werden, sie haben mindestens 40 Versicherungsjahre und können mit 62 noch arbeiten, haben also sehr wahrscheinlich im Büro oder in Führungspositionen gearbeitet. Frauen können diese Regelung frühestens im Jahr 2027 in Anspruch nehmen und erst 2033 voll in Anspruch nehmen.
Die Kosten der Teilpension im Budget des AMS betragen nach der Wirkungskostenabschätzung zwischen knapp über 2 Millionen € im Jahr 2016 bis 13 Millionen € im Jahr 2020. Die Idee, dass diese Mittel durch Einsparungen in der Pensionsversicherung kompensiert werden, ist aus unserer Sicht unrealistisch.
Der zentrale Kritikpunkt besteht aber darin, dass die Gesellschaft aus unserer Sicht im Moment wichtigere Aufgaben hat als die Subventionierung gut verdienender männlicher Angestellter, nämlich Menschen ohne Arbeit in Bildungsmaßnahmen und Beschäftigung zu bringen. Das bringt nämlich wirklich Einsparungen im AMS und mehr Einnahmen des Bundes.
Eine Wortmeldung in Richtung des Kollegen Meißl. – Kollege, wenn du es nicht angesprochen hättest, dass du nervös bist, man hätte es nicht gemerkt, das war eine tolle Rede. – Ich möchte aber trotzdem einen Aspekt herausgreifen, da er von der FPÖ immer wieder kommt, und ich werde auch nicht müde, das immer zu betonen.
Es ist schlichtweg falsch, was Sie behaupten: Ausländische Arbeitnehmer nehmen den Österreichern die Arbeitsplätze weg (Beifall bei Grünen und SPÖ – Bundesrätin Mühlwerth: Das stimmt ja nicht!), denn jeder, der nur annähernd Grundkenntnisse des Arbeitsmarktes hat, weiß, dass Österreicher und EU-Angehörige dort gleichgestellt sind. Wir haben beim AMS ein Arbeitsersatzkräfteverfahren, das heißt, wenn eine ausgeschriebene Stelle frei ist, muss das AMS prüfen: Kommt zuerst ein Österreicher oder ein EU-Bürger für diese Stelle infrage? (Bundesrätin Mühlwerth: Aber die Praxis ist trotzdem ein wenig anders!) Und dann erst kommen die Ausländer mit den unterschiedlichen Aufenthaltstiteln und auch nur jene, die einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Und ganz zum Schluss – ganz zum Schluss, wenn überhaupt – Asylwerber und auch nur dann, wenn sie einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben.
Dass wir in gewissen Branchen – im Tourismus-, im Baubereich – de facto nur ausländische Arbeitnehmer haben, hat unterschiedliche Gründe, und da nimmt keiner einem Österreicher einen Arbeitsplatz weg. Wir sollten bitte damit aufhören! Wir können ja unterschiedliche ideologische Zugänge haben, aber wir sollten bei den Fakten bleiben. Und Faktum ist, dass niemand jemandem etwas wegnimmt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das stimmt ja nicht!) Im Gegenteil: Wir haben genug Arbeitslose – das wissen Sie –, wir haben aber genauso in bestimmten Branchen Bereiche, wo Arbeitskräfte dringend gesucht werden. Und wissen Sie, was die Perversion ist? – Dass das AMS mit seinen Beratern bis nach Rumänien und noch weiter fährt, um dort Arbeitskräfte anzuwerben, dass die dann zu uns kommen und als Saisonarbeiter tätig sind.
Da muss man sich die Frage stellen: Warum ist das so? – Wer hängt denn gerne einen ganzen Tag kopfüber auf einem Gurkerlwagerl und verrichtet für 3, 4 € in der Stunde Schwerstarbeit? – Das machen unsere Leute nicht, und das ist Realität, das ist Faktum. Sie brauchen nur in die Baubranche zu schauen! Die, die dort – und auch in der Gastronomie – die Arbeit verrichten, das sind meistens Leute mit Migrationshintergrund. In den Chefetagen hingegen, die Poliere, die Restaurantfilialleiter, das sind Hiesige, Dasige, je nachdem, wie man es sieht. (Bundesrat Schennach: Poliere nicht!) – Poliere mittlerweile nicht mehr, da gibt es auch schon ein bisschen mehr bosnische, kroatische. Das stimmt.
Aber das, was ich sagen möchte, ist: Bleiben wir bei den Fakten! Jeder hat seine ideologischen Zugänge, aber hören wir auf, Sand in die Augen der Bevölkerung zu streuen! (Bundesrätin Mühlwerth: Aber deine Fakten stimmen ja auch nicht, Efgani!) –Ihr habt dann die Möglichkeit, zu berichtigen, wenn ich falsch liege, aber das ist das, was ich anhand der Faktenlage zu dieser Thematik sagen möchte. Ich glaube, das wird Ihnen auch jeder, der in dem Bereich tätig ist, bestätigen können.
Wir sollten aufhören, das, was Sie argumentiert haben, fortzusetzen, denn wir haben die Kollektivverträge, wir haben Sozialbetrugsbekämpfungsgesetze, und wir werden auch heute im nächsten Tagesordnungspunkt, bei dem wir ohnehin zustimmen werden, diesbezüglich Aktivitäten setzen.
Es kann nicht passieren, dass jemand, der aus dem Ausland kommt, einem Österreicher einen Arbeitsplatz wegnimmt, weil wir eben diesbezügliche Gesetze haben. Und heute beim nächsten Tagesordnungspunkt werden wir darüber reden und auch Verschärfungen durchführen. Es gibt auch eine bessere Abstimmung der Behörden untereinander, damit die schwarzen Schafe herausgefiltert werden. Aber bitte nicht das Spiel Inländer gegen Ausländer, denn das bringt uns wirklich keinen Millimeter weiter. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
11.24
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Ebner. – Bitte.
11.24
Bundesrat Ing. Bernhard Ebner, MSc (ÖVP, Niederösterreich): Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Alle, die mich kennen, werden wissen: Es ist nicht immer so, dass ich meinem Kollegen Rene Pfister recht gebe (Bundesrat Schennach: Das ist aber ein Fehler!), aber heute in diesem Punkt muss ich das sogar einmal machen.
Es geht bei der Teilpension um eine Win-win-Situation: um eine Win-win-Situation für die Arbeitnehmer und für die Arbeitgeber. Wir wissen auch – und Herr Kollege Meißl, auch wenn es Ihre erste Rede war und diese normalerweise nicht direkt kritisiert wird –, dass Menschen in Beschäftigung bleiben wollen. Wir wissen auch, dass auch ältere Arbeitnehmer beschäftigt bleiben wollen. Es gibt keinen Wunsch der Wirtschaft oder von irgendwem, Menschen künstlich in die Pension zu bekommen. Ich weiß nicht, wer Ihnen das eingeredet hat. (Bundesrat Krusche: So etwas gibt es nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Worum es geht? – Worum es geht, ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Arbeitnehmer, auch wenn sie älter sind, die Arbeit verrichten können. Und da gebe ich Ihnen durchaus auch recht. (Bundesrat Herbert: Wo leben Sie, Kollege Ebner?) Ich hatte erst letzte Woche in Vorbereitung auf die heutige Sitzung ein Gespräch mit einem älteren Arbeitnehmer, 61 Jahre, der in einem Produktionsbetrieb beschäftigt ist. Er hat zu mir gesagt: Ich gehe gerne arbeiten. Mir macht meine Arbeit auch Spaß.
Er macht das schon seit über 40 Jahren, aber er hat ein Problem: Er schafft es körperlich nicht mehr. Und genau da müssen wir ansetzen, und genau da setzt dieses Gesetz auch an: dass wir für diese Menschen eine Möglichkeit finden, noch in Beschäftigung zu bleiben, aber trotzdem vielleicht nicht mehr das tun zu müssen, was sie noch drei, vier, fünf Jahre vorher gemacht haben, als sie körperlich fitter waren. Daher ist es ein gutes Gesetz und auch voll zu unterstützen.
Es setzt natürlich bei der Korridorpension an, Efgani, bei der Korridorpension mit 62.
Wie wir wissen, liegt das Frauenantrittsalter darunter. Deswegen ist es natürlich ein Gesetz, das eher für Männer gedacht ist, das ist keine Frage (Bundesrätin Kurz: Nur
für Männer gedacht, nur!) –, nur für Männer gedacht ist, das muss man klarerweise so sagen. Das stimmt ja auch, weil die Frauen zu diesem Zeitpunkt bereits in Pension sind. Genau darum geht es ja auch.
Auf einen Punkt möchte ich nochmals zurückkommen, denn inhaltlich ist von Rene Pfister alles bereits erwähnt worden, darauf brauche ich nicht mehr einzugehen: Worauf wir schauen müssen, das sind die Rahmenbedingungen, mit denen ältere Arbeitnehmer am Arbeitsplatz konfrontiert sind. Wir müssen schauen, dass es Vorsorge gibt. Wir müssen schauen, dass gesundheitliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir müssen schauen, dass die Arbeitsplätze für die Menschen geeignet sind. Und wenn wir das alles schaffen, dann werden die Menschen sehr, sehr gerne und sehr, sehr lange im Arbeitsprozess bleiben und auch dann vielleicht die Teilpension in Anspruch nehmen. – Wir werden dem Gesetz natürlich gerne zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
11.27
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.
11.27
Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Da Kollege Ebner jetzt gerade so vollmundig gewisse Realitätsdarstellungen von sich gewiesen hat und auch den Kollegen Meißl diesbezüglich gescholten hat: Ich darf Ihnen ein Beispiel aus meiner Heimatgemeinde näherbringen. Ein gut situierter Betrieb, der etliche Angestellte hat, hat dieser Tage einen 62-jährigen Arbeitnehmer – ich weiß es nicht genau, aber ich sage einmal, 35 Jahre war er sicher jetzt in dem Betrieb – gekündigt, weil er gesagt hat: Ich muss einsparen im Betrieb und du bist der Teuerste. So ist die Realität.
Egal, was Sie jetzt da erklärt haben: Das mag alles in der Theorie super klingen (Bundesrat Ebner: Auch in der Praxis, Kollege!), das mag auch in Ihren Wirtschaftsstatistiken gut klingen, aber die Realität, Kollege Ebner, schaut leider anders aus, und zwar hart und brutal, besonders den älteren Arbeitnehmern gegenüber. Deshalb verstehe ich nicht, dass Sie sich da herstellen, den Kollegen Meißl für seine gute Rede schelten, noch dazu, wo es seine erste war, und alles so darstellen, als wäre Österreich das Land, in dem Milch und Honig in Bächen fließen und wo wir uns alle keine Sorgen zu machen brauchen, schon gar nicht um die älteren Arbeitnehmer.
So ist es nicht! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
11.28
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte, Herr Minister.
11.28
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich bei denjenigen, die zustimmen. Und, meine Damen und Herren, wir machen weder eine Statistikverschiebung noch eine Verschiebung von irgendwas, sondern es ist eine ganz nüchterne Rechnung: Bleib mit 62 noch länger, leiste 50 Prozent, leiste 60 Prozent, was immer du noch schaffst, und für den Rest bekommst du das sogenannte Altersteilzeitgeld. Bei einem zu 50 Prozent tätigen Menschen ist es so, dass er 75 Prozent seines Letztbezuges bekommt. 25 Prozent ist sein Beitrag, damit er nur mehr 50 Prozent hackelt, er muss 25 Prozent weniger Einkommen in Kauf nehmen. – Das ist einmal die eine Realität.
Und die zweite Realität ist, dass wir den Firmen für diese Personengruppe die Sozialversicherungsdifferenz auf die sogenannten alten 100 Prozent ausgleichen, damit die betroffene Person diese drei Jahre weiterhin zu 100 Prozent versichert ist.
Das ist das Spiel, das ist der Deal, um damit zu ermöglichen: Reduziere! Ja, du schaffst es nicht mehr ganz. Du darfst nicht blocken – das kommt auch dazu –, nur die kontinuierliche Variante ist möglich. Demzufolge ist das ein weiterer Schritt. – Das war Punkt eins.
Punkt zwei: Herr Kollege Meißl, ich weiß, das ist Ihre erste Rede, aber seien Sie mir nicht böse, Sie sollten es schon wissen: Bei der Post gibt es für die Beamten keine Altersteilzeit nach diesem Modell. (Bundesrat Meißl: Nein, das gibt es bei der Post nicht!) – Nein, aber es gibt die alten Vertragler, die haben das nicht, was Sie hier sagen. Was Sie behauptet haben – Entschuldigung, ich weiß, es ist Ihre erste Rede (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Meißl) –, ist falsch.
Sie kommen ja vielleicht aus der Personalvertretung, dann hätten Sie es schon lange anzeigen können. So geht es ganz offen. Hätten Sie es schon lange angezeigt! (Bundesrat Meißl: Das ist nicht meine Aufgabe!) Die Post hat für die Beamten eine Spezialregelung. Warum hat sie eine Spezialregelung? – Weil die Beamten keine Arbeitslosenversicherung zahlen. Die alten Beamten zahlen keinen Arbeitslosenversicherungsbeitrag. Demzufolge kriegen sie kein Altersteilzeitgeld von der Republik. Die Post hat sich für die alten Beamten selber eine Altersteilzeitregelung gebastelt und muss das verantworten. Das ist ihr Problem, das müssen sie in ihrem System unterbringen. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie reden von zwei verschiedenen Sachen!) – Nein, wir reden nicht von zwei verschiedenen Sachen, denn die Post hat nämlich fast keine alten Vertragler, sondern überproportional viele alte – entschuldigen Sie diesen Ausdruck –, also ältere Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen, die noch den Beamtenstatus haben.
Die nächste Regelung ist nur für Menschen zugänglich, die im ASVG versichert sind, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge bezahlen. Und für diese Menschen ist es so, dass die Blockvariante nur dann bezahlt wird, wenn es eine Ersatzkraftstellung gibt. Sonst zahlen wir nichts. Und das gilt ab dem ersten Tag. Das ist ein Vertrag, ein nüchterner Vertrag zwischen zwei Vertragspartnern, so wie mit allen anderen Firmen, die es auch gibt in dieser Welt. Wir zahlen bei der Blockvariante nur dann das Altersteilzeitgeld für den Maxi Maier aus, wenn es den Michi Huber gibt. Und von dieser Variante reden wir.
Demzufolge: Sollte das die Post nicht einhalten, ist das eine klassische Vertragsverletzung. Sie können sicher sein: Wenn das wirklich so wäre, hätten wir das schon lange prozessiert, weil es - Sie wissen das auch selber - bei der Post viele Mitarbeiter gibt, die aufgrund vieler Umstellungen so genau drauf schauen, was dort passiert, dass da mindestens einmal im Monat eine Anzeige kommt. Ich kriege von einem Spezialmitarbeiter der Post einmal im Monat eine Anzeige gegen die Post. Das ist kein Steirer, sage ich gleich dazu, damit es kein Missverständnis gibt.
Darum würde ich bitten, das zu berücksichtigen, zur Aufklärung, damit wir uns da nicht missverstehen.
Den Grünen kann man leider die Berechnung nicht begreiflich machen, wir haben uns auch schon im Nationalratsklub bemüht, euch die Berechnung nachzurechnen, aber es hilft halt nichts. Man geht nach der Devise: Das Prinzip Hoffnung lebt.
Nun, meine Damen und Herren, zu den ausländischen Arbeitskräften. Ich hätte da wirklich eine massive Bitte. Ja, es arbeiten rund 630 000 Menschen in diesem Land, die keinen österreichischen Pass haben – die gibt es –, 400 000 aus dem EU-Raum und der Rest aus sogenannten Drittstaaten. Und die aus den Drittstaaten sind Men-
schen, die vor 35 Jahren gekommen sind, die wir geholt haben, denen wir gesagt haben: Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Damen und Herren, wir brauchen eure zwei Hände! Kommt!
Daher dürfen wir uns nicht wundern, dass die Menschen gekommen sind. Und daher dürfen wir uns auch nicht wundern, dass diese Menschen da sind. Zwischenzeitlich sind ein paar Dinge passiert. Es kommt nichts mehr nach. Es kommt niemand aus Serbien. Wir haben voriges Jahr nicht einmal mehr 1 000 Menschen aus der Türkei gehabt. Und die waren nur normaler Familiennachzug. Es gibt nichts Neues mehr aus diesem Sektor, sondern die Veränderung ist innerhalb Europas passiert. Und innerhalb Europas sind wir sehr bunt. Unsere größte Zuwanderungsgruppe – noch einmal zum Mitschreiben – ist und bleibt jene aus der Bundesrepublik Deutschland. Von dort kommt unsere größte Zuwanderungsgruppe – genauso wie viele Menschen aus Österreich in Deutschland arbeiten.
Natürlich dürfen wir uns nicht wundern, dass auch Menschen aus Ungarn zu uns kommen. Na, warum nicht? Wir haben genauso 10 000 Tagespendler aus Vorarlberg in die Schweiz. Jeden Tag 10 000! Nebenbei leben noch 40 000 Österreicher in der Schweiz. Und bei den Tagespendlern aus dem oberösterreichischen Raum nach Bayern dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Bayern auch retour kommen.
Und zwischenzeitlich haben wir Tagespendler aus Kärnten nach Ljubljana genauso wie Italiener nach Spittal oder nach Klagenfurt. (Bundesrat Dörfler: Auch Slowenen!) – Auch Slowenen; natürlich. Wir sind in einem sehr Gemeinsamen. Und jetzt ist das Wesentliche und Wichtige – der Abgeordnete Dönmez hat es ja schon gesagt –: Stimmen die Rahmenbedingungen, stimmen die Lohntabellen? Wird das eingehalten, ja oder nein? Das ist der Punkt. Auf den konzentrieren wir uns, auf den müssen wir uns konzentrieren und werden wir uns auch weiterhin konzentrieren.
Was mich immer wieder traurig macht – und wir werden, glaube ich, heute eh noch einmal kurz Gelegenheit haben, das zu besprechen –: Überall, wo wir hinschauen bei Lohn- und Sozialbetrugsbekämpfung, sind 50 Prozent Österreicher – nichts ausländisch. Bei allen Strafen, die wir erlassen, sind 50 Prozent österreichische Firmen, österreichische Arbeitsnehmer betroffen. Das ist das, was mich traurig macht. (Bundesrat Meißl: 50 Prozent ausländische auch!) – Ja, 50 Prozent Ausländer natürlich auch, ist ja logisch, ist ja klar. Aber Ihnen sollten die 50 Prozent anderen genauso Sorgen machen. Denn es geht schlichtweg darum, für uns alle gemeinsam diesen Status, den wir uns erarbeitet haben, einerseits natürlich aufrechtzuerhalten, andererseits da oder dort zu verändern, was hie und da notwendig ist, und da und dort zu verbessern, was auch hie und da notwendig ist. Darum geht es, und deswegen kann ich nur bitten und ersuchen: Führen wir die Debatte so, wie sie halt auch zu führen ist.
Dass wir bei der österreichischen Post einen massiven Veränderungsprozess hinter uns haben, ist, glaube ich, bekannt. Wer von Ihnen schreibt noch einen Brief? Niemand. Fast niemand. Schauen Sie sich das an! Es ist so. Und wenn wir nicht zum Beispiel so viele Senioren hätten, die noch keinen Internetanschluss haben – wir sind eines der europäischen Länder, wo die Senioren die wenigsten Internetanschlüsse haben, aber das wird sich in den nächsten zehn Jahren radikal verändern, denn die heute 60-Jährigen haben das alles, aber die heute 80-Jährigen noch nicht – hätten wir viele Briefe auch nicht mehr. Als Konsumentenschutzminister habe ich tagtäglich Telekomunternehmen bei mir stehen und, und, und: Wann kann ich mit den Briefen aufhören? – Mein Schutzwall sind die Senioren. Denn die haben das nicht. Sie haben aber trotzdem ihre Chello-Box, oder wie die diversen Telekabelanbieter alle heißen mögen.
So schaut es aus in dieser Welt! Darum: Seien wir froh, dass es das Paketservice gibt. Das ist nämlich die Absicherung der Post. Das sind die Riesengewinne auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite habe ich 15 Prozent weniger Mitarbeiter im Handel. Denn jeder, der von uns klickt, wurscht, bei welcher Firma – sei es bei Zalando, sei es bei Amazon, sei es bei Alibaba, wie auch immer sie alle heißen mögen –, muss sich bewusst sein: Jeder Klick ist ein Handelsgeschäftsbesuch weniger. Wir müssen uns auch der Herausforderung dieses Verschiebungsprozesses stellen. Es ist auf der einen Seite gut für die Post und die freuen sich, natürlich mit allen Arbeitsbelastungen, die es da gibt, gar keine Frage. Auf der anderen Seite gibt es im Handel ein weinendes Auge, weil der Handel auch diesen Veränderungsprozess hat. Das ist aber die Herausforderung, um die es geht. Sie haben das gestern bei einer Enquete ja auch ansatzweise mitdiskutiert, nehme ich an. Das ist das, was durch die Digitalisierung an Veränderungsprozessen da ist.
In dem Sinne danke ich noch einmal, und Sie dürfen versichert sein, wir verschönern mit dieser Teilpensionsvariante weder Statistiken, noch verschieben wir sie noch sonst was, sondern wir versuchen, die Möglichkeit zu geben, auch lernend aus der Erfahrung der Gleitpension – die etwas Älteren unter uns werden sich vielleicht an diesen Begriff noch erinnern können, da gab es einmal eine Gleitpensionsvariante, die auf gut Wienerisch ein Bauchfleck war –, lernend von diesen Erfahrungen haben wir uns jetzt bemüht, diese Form der Altersteilzeit, sprich Teilpension, der österreichischen Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
11.40
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Verbesserung der Sozialbetrugsbekämpfung (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG) erlassen wird sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, der Artikel III des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2004, das Firmenbuchgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (692 d.B., 343/A und 770 d.B. sowie 9406/BR d.B. und 9410/BR d.B.)
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Pfister. – Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Rene Pfister: Werte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Mit dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates, der die Schaffung eines Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes vorsieht, wird die Zusammenarbeit der vom Sozialbetrug betroffenen und der für dessen Bekämpfung zuständigen Einrichtungen intensiviert.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach seinen Beratungen der Vorlage am 21. Juli den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.
11.41
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Dieses Paket umfasst zwei wesentliche Bereiche: Der eine ist Abgabenhinterziehung durch Scheinfirmen und der zweite Bereich betrifft die missbräuchliche Verwendung der e-card.
Ich kann mich noch recht gut an das Jahr 2011 erinnern, als wir das erste diesbezügliche Gesetz beschlossen haben und Sie, Herr Bundesminister, beteuert haben, dass das ausreichend sein wird, weil wir damals schon Zweifel angemeldet haben. Mittlerweile haben wir innerhalb von knapp vier Jahren die zweite Novelle zu beschließen.
Grundsätzlich ist der Ansatz, in diesem Bereich Maßnahmen zu ergreifen, natürlich richtig, besonders im Bereich der Scheinfirmen, wobei ich schon anmerken möchte, dass das Motiv, dieses Gesetz jetzt zu beschließen, vornehmlich die sogenannte Steuerreform sein dürfte, über die wir uns ja heute noch ausführlich unterhalten werden.
Das Institut für Höhere Studien geht von einem Volumen von jährlich 508 Millionen € aus, die durch solchen Betrug verlorengehen, mit zwischen 12 800 und 29 600 beteiligten Personen.
Exekutiert werden soll dieses Gesetz von der Finanzpolizei, dies aber bei gleichbleibendem Personalstand. Sie, Herr Bundesminister, argumentieren, dass dieses Gesetz vornehmlich EDV-unterstützt angewandt werden soll, mit einer Risikoanalyse mit insgesamt 41 Parametern. Ein wesentlicher Punkt ist beispielsweise das Kriterium, ob Umsatzsteuer bezahlt wird, ja oder nein. Nun, das klingt recht gut und wird wahrscheinlich am Anfang auch etwas bringen, aber wir wissen, gerade solche Systeme kann man austricksen. Wenn man die Parameter kennt, dann werden die findigen Betrüger – und wir dürfen ja nicht vergessen, wir haben es hiebei mit gewerbsmäßigem Betrug zu tun, wir haben es hiebei mit Profis zu tun – über kurz oder lang Wege finden, um auch das beste EDV-System auszutricksen. Und da hilft dann eigentlich nichts anderes, als Menschen zur Verfügung zu stellen, um die Einhaltung des Gesetzes zu überwachen.
Der zweite wesentliche Punkt ist das sogenannte Mystery Shopping beim Arzt. Man will also quasi „V-Männer“ in die Ordinationen unserer Hausärzte einschleusen. Das sind Methoden, die man normalerweise eigentlich vornehmlich aus dem Bereich der Terroristenbekämpfung kennt, für die Arztpraxen ist das vielleicht etwas (Zwischenrufe bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
„V-Männer“ habe ich gesagt. Es handelt sich ja um nichts anderes als um V-Männer. Mit falschen Identitäten ausgestattet sollen sie die Arztpraxen ausspionieren – und das ist schon ein ganz schön schweres Geschütz, wenn man bedenkt, wie wesentlich das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt für eine erfolgreiche Behandlung ist.
Verwunderlich ist auch, dass Sie im ersten Bereich, über den wir gesprochen haben, voll auf die EDV setzen und sagen, dass wir kein zusätzliches Personal brauchen, während wir in diesem Bereich diese V-Männer brauchen, weil wir nicht in der Lage
sind, obwohl wir das auch schon Hunderte Male gefordert haben, endlich einmal ein Foto auf die e-card zu bringen. Dabei möchte man glauben, dass das heutzutage Standard ist und nicht so kompliziert und aufwendig sein kann, dass wir es nicht durchführen könnten.
Ich sehe vor allem auch in manchen Regionen, in denen wir Ärztemangel haben, eine gewisse Gefahr, dass ein Arzt, der ohnehin schon gut ausgelastet ist, einfach sagt, dass er keine neuen Patienten mehr nimmt, und sich damit dieses Problem ganz elegant vom Hals schafft. Diejenigen aber, die wirklich einen Arzt brauchen und noch nicht bei ihm waren, weil sie neu in der Region sind, bekommen dann unter Umständen damit Probleme.
Wesentliche Bereiche, in denen wir auch sehr viel Betrug haben, werden von diesem Gesetz überhaupt nicht erfasst. Ich denke da an Betrug bei der Arbeitslosigkeit das AMS betreffend, bei der Mindestsicherung, bei der Familienbeihilfe, im Asylbereich, bei den Doppelstaatsbürgerschaften. Das alles sind Bereiche, in denen wir auch mit Betrug zu kämpfen haben, in denen er aber nicht bekämpft wird.
Deshalb ist dieses Paket unausgewogen: Einerseits werden bestehende Lücken nicht angegangen, andererseits ist es überschießend. Daher werden wir dem unsere Zustimmung nicht erteilen. (Beifall bei der FPÖ.)
11.47
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, darf ich Herrn Bundesrat außer Dienst Lampel recht herzlich bei uns begrüßen. Herzlich willkommen, Michael! (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte.
11.48
Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es mir jetzt, nach den für mich eher „überschießenden“ Argumenten meines Vorredners, ein bisschen schwerfällt, sachlich zu bleiben, möchte ich doch darauf hinweisen, dass mit dem gegenständlichen Gesetzesbündel weitere notwendige Beiträge zur Bekämpfung von Sozialbetrug und Scheinfirmen geleistet werden. Ja, es gibt schon viele Initiativen in Österreich, aber das Thema endet ja bekanntlich nicht an unserer Landesgrenze, und während wir Lücken schließen, suchen andere neue Schlupflöcher. Was ist die Alternative? Sitzen und warten, bis wir die wahre, wirkliche Weisheit gefunden haben? Ist es nicht besser, jeden Schritt, den wir als wirksam identifizieren, zu gehen und einfach zu schauen, wie sich die Dinge weiterentwickeln, um neuen Themen eben auch mit neuen Lösungen zu begegnen?
Bei der Erstellung dieser Vorlage wurden viele ExpertInnen eingebunden, unter anderem auch jene zu den wichtigen Fragen des Datenschutzes. Inhaltlich geht es um eine Weiterentwicklung von wirksamer Zusammenarbeit und einen automationsunterstützten Datenaustausch zwischen Betroffenen und Behörden, die den Missbrauch bekämpfen. Es geht nicht um Bespitzelung, aber es geht sehr wohl um Gelder von Versicherten, die sorgfältig zu schützen sind. Es geht darum, jene im Kreise der Ärzte zu schützen, die ihre Aufgaben redlich, ordentlich erfüllen, und damit geht es auch um die Qualitätssicherung in der Beziehung Patient-Arzt-Sozialversicherung und so weiter.
Mystery Shopping ist ja kein neues Instrument. Es ist nur eines, das auch in diesem Bereich weiterentwickelt wird. Wichtig ist dabei die Identifizierung von Scheinfirmen und Klarheit über das Versicherungsverhältnis von Personen. Das Zurückdrängen unrechtmäßiger e-card-Verwendung ist wichtig, und das Problem kann sofort gelöst werden, wenn sich persönlich nicht bekannte Patienten in der Ordination, so wie an
vielen anderen Orten unserer Republik auch, ausweisen müssen, bis wir mittelfristig auch moderne technische Möglichkeiten nutzen können.
Die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich wird sicherlich positive Wirkungen zeitigen. Das zeigt uns das erfolgreiche Beispiel der oberösterreichischen Krankenkasse.
Die Information von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, wenn Unterentlohnung stattgefunden hat, ermöglicht es der betroffenen Person, rechtzeitig berechtigte Ansprüche geltend zu machen, und ist daher eine weitere wichtige und sicher wirksame Maßnahme im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping.
Daher wird meine Fraktion diesem Antrag zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
11.51
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Ebner. – Bitte.
11.51
Bundesrat Ing. Bernhard Ebner, MSc (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich gehe davon aus, dass eines für alle, die hier herinnen sitzen, klar ist: Steuerbetrug und Sozialbetrug sind keine Kavaliersdelikte. Dieses Gesetz umfasst Reformen, um genau da anzusetzen, um diesen Missbrauch, diesen Betrug einzudämmen. Es braucht schärfere Maßnahmen, damit wir die Wertschöpfung, die uns da verloren geht, auch lukrieren können. Vor allem geht es auf der einen Seite gegen Scheinfirmen und auf der anderen Seite gegen den e-card-Missbrauch.
Scheinfirmen richten jährlich einen Schaden in Millionenhöhe an: durch ausbleibende Sozialversicherungsbeiträge, durch nicht bezahlte Löhne und dergleichen mehr. Da ist ganz klar, dass man denen das Handwerk legen muss.
Auf der anderen Seite geht es auch um e-card-Missbrauch. Es gibt vielleicht doch einige, die meinen, es würde gar keinen Missbrauch geben. Fakt ist, dass es zurzeit relativ einfach ist, die e-card zu missbrauchen. Daher braucht man in diesem Bereich schärfere Kontrollen, das ist ganz klar, und daher brauchen wir auch mehr Möglichkeiten zu kontrollieren. Was wir leider noch nicht geschafft haben, wo ich aber natürlich dranbleiben möchte, ist das Thema Foto auf der e-card.
Wir schaffen es heute, ein Foto auf dem Pass, wir schaffen es, ein Foto auf dem Personalausweis, wir schaffen es, ein Foto auf einem Führerschein, wir schaffen es, ein Foto auf irgendeinem Gutscheinheft, mit dem man irgendwelche Begünstigungen bekommt, wir schaffen es, ein Foto in einem Betrieb, wir schaffen es, ein Foto auf unserer Bundesratskarte zu haben. Überall da schaffen wir es, ein Foto anzubringen; wo wir es nicht schaffen, ist auf der e-card. Die e-card ist aber ein Dokument, ein Ausweis, mit dem man eine Leistung bekommt. Deshalb möchte ich schon darauf hinweisen, wie wichtig es wäre, ein Foto auf die e-card zu bringen. (Bundesrat Dörfler: Dann brauchen wir auch kein Mystery Shopping!)
Wichtig ist, den Missbrauch einzudämmen, und zwar nicht nur bei der e-card. Ich möchte da noch einen Schritt weiter gehen, und der Herr Bundesminister hat diesbezüglich sogar einen Vorstoß gemacht, was den Missbrauch der Mindestsicherung betrifft. Es ist vorhin vom Herrn Bundesminister schon erwähnt worden, dass das natürlich Länderkompetenz ist. Es ist schon richtig, dass man ein Gutscheinsystem einführen kann. Sie haben das im Zusammenhang mit den Asylanten erwähnt, dass man darüber nachdenken sollte, in dem Bereich eventuell Gutscheine einzuführen, nachdem Herr Bundesminister Kurz das gefordert hat. Das wäre ja auch gescheit, weil
dadurch das Geld nicht nach draußen transferiert werden kann, sondern in Österreich bleibt.
Wichtig bei der Mindestsicherung ist, dass wir das System reformieren. Da möchte ich Ihnen noch einmal unser niederösterreichisches Modell ans Herz legen. Ich habe es schon einmal vorgestellt in diesem Kreis, ich brauche das heute nicht mehr zu tun. (Bundesminister Hundstorfer: Bitte nicht!) Sie kennen es bereits. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass da vieles drinnen steckt, das vernünftigerweise umgesetzt werden sollte. Vielleicht nehmen Sie es nochmals zur Hand.
In diesem Sinne werden wir dem Gesetz heute natürlich gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
11.55
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
11.55
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung erteilen. Vieles wurde bereits gesagt. Der Sozialbetrug gehört natürlich eingedämmt. Die Paragraphen 3 bis 7, in denen die Bestimmungen über die Behördenkooperationen enthalten sind, sind absolut begrüßenswert. Alle mit der Sachlage befassten Behörden und Einrichtungen – Finanzbehörden, Gebietskrankenkassen, BUAK, IEF, Polizei, Bezirkshauptmannschaften, Gewerbebehörden, Arbeitsinspektorat und AMS – haben zu kooperieren und einen regelmäßigen Austausch durchzuführen. Dafür gibt es Ansprechpersonen je Land und Einrichtung. Der Datenaustausch erfolgt über eine Sozialbetrugsdatenbank, die vom BMF geführt wird. Außerdem ist ein Beirat zu schaffen, in dem alles diskutiert und von dem das Ministerium beraten werden soll.
Diese Kooperation würde ich mir, ehrlich gesagt, auch im Bereich des Fremdenrechts wünschen. Das würde ich für besonders wichtig halten, damit man auch in dem Bereich einmal die Spreu vom Weizen trennen kann. Würde es da eine gute Abstimmung der Behörden untereinander geben, würden wir bestimmte Entwicklungen steuern können. Daher ist das absolut begrüßenswert.
Was die Sozialbetrugsbekämpfung betrifft, so braucht man da teilweise nicht einmal genau hinzuschauen. Vieles passiert ja ganz offensichtlich, und wenn man nur mit ein bisschen offenen Augen durch die Gegend läuft, merkt man das gleich. Ich möchte dafür nur ein Beispiel anführen: Schlagen Sie irgendeine Tageszeitung auf und schauen Sie, was dort inseriert wird. Zum Beispiel Wohnungsübersiedlungsfirmen: ein Bus für eine Stunde, zwei Mann, für 30 € oder 20 € in der Stunde. Das kann nicht funktionieren! Wenn derjenige alle seine Abgaben entrichtet, die er zu entrichten hätte, kann er diese Dienstleistung um diesen Preis nicht anbieten.
Es gibt also auch bestimmte Angebote, bei denen man nicht investigativ zu arbeiten braucht, da braucht man nur einmal eine Tageszeitung aufzuschlagen und hat die Herrschaften sozusagen gleich an der Angel. – Das ist der eine Punkt.
Zum anderen Punkt, den Kollege Krusche schon angesprochen hat, mit den V-Männern beim Arzt und so weiter: Ich würde das nicht so drastisch formulieren. Es wird eine Dienstleistung angeboten, und das hat der VfGH auch ausjudiziert, dass es okay ist, dass man überprüft, ob das, was der Gebietskrankenkasse und anderen Sozialversicherungsträgern verrechnet wird, auch tatsächlich erbracht wird. Ihr seid doch sonst immer die, die Kontrolle fordern und sagen, dass nur das, was wirklich geleistet wird, verrechnet werden soll. (Bundesrat Krusche: Das geht aber mit einem Foto!)
Wir wissen, dass es in diesem Bereich wirklich Missbräuche gegeben hat, und nicht gerade wenige. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob ein Foto auf der e-card angemessen wäre. Ich persönlich würde ja sagen. Wir haben aber jetzt schon die Ausweispflicht im Gesetz. Dass das keiner kontrolliert, steht auf einem anderen Blatt. Wir haben die Passämter, in denen viele Daten der Österreicher beziehungsweise Fingerabdrücke abgespeichert sind. Wir könnten ja auch in dem Bereich eine Kooperation eingehen, dass man, wenn man eine e-card ausstellt, die entsprechenden Daten auch auf der e-card abspeichert.
Wo ein Wille, da ein Weg, sprach der Herr. Das ist sicherlich möglich. Ich kann die Argumente, die Kollege Bernhard Ebner angeführt hat, was diesen Punkt betrifft, nur unterstreichen. Wir wissen, es ist jetzt schon gesetzlich so geregelt, und wir präzisieren es jetzt noch mehr, dass es eine Ausweispflicht gibt. Die haben wir ohnehin schon, aber wenn es nicht kontrolliert und umgesetzt wird, hilft auch das beste Gesetz nicht.
Wir werden der Vorlage betreffend Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz unsere Zustimmung erteilen. In gewissen Punkten gäbe es natürlich noch Optimierungsbedarf, aber summa summarum geht es in die richtige Richtung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
11.59
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte, Herr Minister.
12.00
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Danke schön, und danke auch für die hohe Zustimmung. Ich lade die Freiheitlichen jetzt nicht mehr ein, auch mitzustimmen, das haben wir im NR-Plenum schon gemacht. (Bundesrat Krusche: Danke!) Dass ihr euch wegen angeblich ein paar fehlender Posten bei der Finanzpolizei dagegen verwehrt, dass die Sozialbetrugsbekämpfung engmaschiger wird, halte ich, ehrlich gesagt, für einen Betrug an den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)
Auch wenn Sie von der FPÖ immer sagen, Sie seien die Partei des „kleinen Mannes“: Schützen tun Sie diese Leute nicht, das sieht man. Sie schützen den Betrüger. So ist Ihr Stimmverhalten. Ja, so ist Ihr Stimmverhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Herbert: Das ist aber eine grobe Unterstellung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Tut mir leid, Herr Abgeordneter, dass Sie heute die Rede des Herrn Abgeordneten Wurm aus dem Plenum haben halten dürfen. Tut mir leid, aber dann muss ich das Gleiche noch einmal sagen. Würden Sie sich ernsthaft mit der Materie auseinandersetzen, dann würden Sie wissen: Das Risikoanalyse-Tool ist eine österreichische Erfindung der Softwareschmiede Hagenberg. Diese hat das erfunden und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht.
Es ist natürlich klar: Wir leben in einer Welt, wo es immer wieder Menschen gibt, die darüber nachdenken, wie sie noch etwas anderes machen können – ist ja klar. Aber wir haben jetzt einen wesentlichen Schritt gesetzt, und mit diesem wesentlichen Schritt kommen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit drauf, dass gewisse Aktivitäten des Sozialbetrugs nicht mehr möglich sind. Da werden wir draufkommen, schauen wir. (Bundesrat Krusche: Spekulatives Geschwätz!) – Nein, es ist nicht spekulativ. Schauen Sie, es ist ein Vertrauen in unsere österreichische Intelligenz, das ich habe, im Gegensatz zu Ihnen. (Bundesrat Krusche: Leider vertrauen Sie auf die kriminelle Intelligenz!)
Die letzten Kriminalfälle mit e-cards betrafen alle Österreicher, nur damit wir das auch einmal wissen: ein steirischer Steuerberater, ein Wiener Wirtschaftsprüfer und, und, und. Es waren alles hochgebildete Menschen. (Bundesrat Krusche: Ich habe nicht „Ausländer“ gesagt!) – Nein, ich sage es gleich bewusst vorweg, damit Sie wissen, wovon wir reden. (Bundesrat Krusche: Vorauseilender Gehorsam! – Bundesrat Herbert: Wir reden schon wieder von zwei verschiedenen Dingen!) – Das ist einmal Punkt eins. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Herbert.)
Wenn das alles nicht so wäre, hätten wir keine Verkehrsstrafen, hätten wir sonst keine Strafen nötig, und, und, und. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dann hätten wir es zum Beispiel nicht nötig, dass das AMS 90 000 Arbeitssuchenden pro Jahr einmal den Arbeitslosengeldbezug streichen muss, weil sie Termine nicht einhalten, Fristen nicht einhalten. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)
Wenn Sie sich mit der Materie auseinandersetzen, würden Sie auch wissen, dass die Mindestsicherung sehr wohl kürzungsfähig ist, wenn jemand Handlungen setzt. Immerhin, der Magistrat der Stadt Wien hat voriges Jahr bei 6 200 Mindestsicherungsbeziehern die Mindestsicherung für vier Wochen gestrichen – weg, ab die Reise!
Was das für die Betroffenen heißt, wissen Sie auch, nicht? – Was dann stattfindet, wissen wir auch, denn wenn sie nichts mehr haben, haben sie nichts mehr. Was dann für Aktivitäten frei werden und wie dann Schwellen sehr stark sinken, sodass man einen Ladendiebstahl begeht, wissen wir auch. Aber der Magistrat hat das bei 6 200 Menschen trotzdem gemacht.
Ich möchte auch zum Thema „Foto auf der e-card“ zu sprechen kommen. Natürlich haben wir heute Reisepass, Führerschein – überall gibt es ein Foto. Ich darf nur bitten und ersuchen, zu differenzieren: Was ist die e-card, und was ist der Führerschein? – Beim Führerschein muss ich zu einer Behörde hingehen, muss ein Foto abgeben, dieses Foto wird eingescannt, wird von der ausgebenden Stelle auf der Karte so eingeschweißt, dass das Foto nicht mehr herausnehmbar ist – Punkt eins.
Punkt zwei: Das Führerscheinfoto gilt heute ewig. Wenn ich nicht irgendwann eine Verkehrskontrolle habe und der Polizist sagt: Hören Sie, da waren Sie schon sehr jung, holen Sie sich eine neue Karte!, dann erneuern wir es nicht. Ich fahre noch mit so einem alten rosa Schein, zum Beispiel, ich habe keine moderne Karte. (Bundesrat Krusche: Weil Sie so jung sind!) Beim Pass ist das natürlich genauso: Ich muss dort erscheinen und, und, und.
Wir reden aber von 8,2 Millionen e-cards, die alle zehn Jahre erneuert werden. Davon reden wir hier. Jetzt müssen wir natürlich überlegen: Wie kann ich ein System entwickeln, das auch in den Kostenrelationen einigermaßen darstellbar ist? – Denn beim Führerschein zahlst du das Foto-Einschweißen selber – durch die Verwaltungsabgabe. Beim Reisepass zahlst du das Foto-Einschweißen selber – durch die Verwaltungsabgabe. Bei der e-card zahlst du zwar auch ein bisschen etwas, was abgezogen wird, aber bei der Relation der Verwaltungsabgabe für die e-card und jener beim Führerschein ist, glaube ich, ein bisschen ein Unterschied.
Demzufolge versuchen wir derzeit, abzuwägen, und natürlich wissen wir, wir wissen ja (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.) – Nein, Herr Kollege! Schauen Sie, Sie müssen eine Verwaltung praktikabel halten. Entschuldigung! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Krusche.)
Wie viele Bezirksstellen einer Gebietskrankenkassa habe ich denn in Kärnten? – Na ja, Entschuldigung, Sie müssen eine Verwaltung ein bisschen praktikabel halten! Die Leute müssen ja alle zehn Jahre mit einem neuen Foto hingehen. Was mache ich mit den Zweijährigen? Was mache ich mit Zehnjährigen? Was mache ich mit den Neunzig-
jährigen, und, und, und? – Das alles sind doch Dinge, die mitzubedenken sind. Das Ganze ist natürlich auch in einer Kostenrelation zu sehen.
Jetzt ist die Frage zu klären: Alle Kinder unter zehn Jahren kein Foto – ja oder nein? – Das sind Dinge, die zu klären sind. Sie wissen doch selber, dass ein Kind jedes Jahr anders anschaut, weil es sich verändert, was ja toll und super ist. Wir wissen auch, dass der Siebzigjährige und der Neunzigjährige nicht mehr viel Differenz in ihrer Physiognomie haben. Reicht ein Foto bis 70 und danach keines mehr? – Das alles sind Dinge, die wir mitdiskutieren wollen. (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.) – Ja, das tun wir doch schon lange, da brauche ich doch nicht Sie dazu, seien Sie mir nicht böse! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Herbert.) Sie werden überrascht sein, es wird etwas herauskommen.
Wir diskutieren derzeit ein sehr umfangreiches Paket und auch umfangreich technische Möglichkeiten. Es geht auch um technische Möglichkeiten, denn ich muss bei der e-card etwas mit einem Foto entwickeln, das wiederum nicht herausnehmbar ist, das dann wirklich hält. (Bundesrat Krusche: Das ist ja schon Stand der Technik heute!) – Stand der Technik dort, wo ich hingehe. In Wien gehe ich zum Beispiel für einen Führerschein zu einer einzigen Stelle – eine Stelle für ganz Wien. Dort kriege ich meinen Führerschein. Schaut in Niederösterreich schon wieder ganz anders aus, weil das viel (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) – Man muss ja alles mitberücksichtigen.
Kann ich – weil es der Herr Bundesrat Ebner sagt – den Bezirkshauptmannschaften sagen: Ihr macht in Zukunft auch die e-cards? Geht das? Geht das nicht? – Die haben zum Beispiel die technischen Geräte dafür. Sind wir alle vernetzt? – Es sind nicht alle Bezirkshauptmannschaften immer total vernetzt. Ich will Ihnen keine Geschichten aus Kärnten und der Steiermark und, und, und erzählen.
All das muss mitberücksichtigt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Brückl.) – Weil sie an eine Stelle gehen, und weil sie einmal in zehn Jahren dorthin gehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Brückl.) – Ja, 8,2 Millionen Menschen. (Bundesrat Brückl: Beim Reisepass geht’s ja auch!) – Den Reisepass holt sich kein Achtzigjähriger mehr. Entschuldigung, wenn er nicht ein mobiler 80-Jähriger ist, holt er sich keinen Reisepass mehr und lässt ihn auslaufen. (Zwischenruf des Bundesrates Dörfler. – Bundesrat Krusche: Personalausweise haben ja auch ein Foto drauf!)
So schauen Sie sich doch ein bisschen die Realität an! Seien Sie mir nicht böse! Nehmt die Emotion ein bisschen runter, und denken wir: 8,2 Millionen Menschen, jährlich kommen ungefähr 70 000, 75 000 dazu, das ist die Geburtenrate, 75 000 sterben, das wird schon so stimmen im Moment, in dieser Fluktuation! Wie kann ich die Verwaltung so aufbauen und so darstellen, dass das auch abzuarbeiten ist, dass das auch funktioniert? – Denn ich muss ja trotzdem beim Neugeborenen eine e-card ausstellen, sonst hat das Kind keine Versicherung, und so weiter.
Das alles sind Dinge, die heute nach einer gewissen Logik funktionieren. Wir sind nicht generell gegen das Umstellen, das ist nicht unser Problem. Ich habe nur das Problem der Technik und des Ablaufes auf der einen Seite, das Zweite ist auch ein bisschen jenes der Kosten. Das möchte ich schon ein bisschen mitberücksichtigen. Und alle 10 Jahre tauschen wir alles aus. Das möchte ich auch mitberücksichtigen. Aus diesem Grunde bitte ich und ersuche ich euch, das Thema ein bisschen emotionsloser zu diskutieren, und um nichts anderes geht es. Wir denken auch darüber nach: Wie kommen wir zu den Daten des Innenministeriums und so weiter? – Darüber denken wir auch nach. Aber wir haben nicht alle dort, das muss man auch dazusagen.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich danke für die hohe Zustimmung.
Herr Bundesrat Ing. Ebner, einmal muss es heute sein: Die Patenschaft über Änderungen bei der Mindestsicherung hat weder Herr Kurz noch Herr Sobotka. Wissen Sie, wer sie wirklich hat? – Die Summe der beamteten Sozialreferentinnen und ‑referenten dieser Republik, die vor einem Jahr bei einer Landessozialreferentenrunde – bei der beamteten Runde – begonnen haben und sagen: Könnte man da oder dort nicht mehr Sachleistungen machen, als wir heute schon machen? – Das sind die wirklichen Urheber all dieser Veränderungsprozesse. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.09
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz, das Gebührengesetz 1957 und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden (697 d.B. und 772 d.B. sowie 9411/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Pfister. Ich bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatter Rene Pfister: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz, das Gebührengesetz 1957 und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden.
Ziel dieser Richtlinie ist es, ein unionsweites Netz an Alternativen Streitbeilegungsstellen zu etablieren.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte, Frau Kollegin.
12.11
Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziel ist ein unionsweites Netz an Alternativen Streitbeilegungsstellen, die mit einheitlichen Qualitätskriterien agieren.
So etwas hat es für Verbraucher noch niemals gegeben und ist damit erstmals geschaffen worden. Somit ergibt sich der Vorteil, dass erstmals auch Konsumenten eine Möglichkeit für eine einfache, wirksame, schnelle und nahezu kostenlose Beilegung inländischer und auch grenzüberschreitender Streitigkeiten bekommen, die sich mit Beschwerden aus Kauf- und Dienstleistungsverträgen beschäftigen. Das spart Gerichtskosten, Anwaltskosten und erhöht jedenfalls auch die Zugänglichkeit. Bisher haben Konsumenten sehr oft Prozesse gescheut, zum Teil aus Mangel an Fachwissen, aufgrund des Prozessrisikos, möglicher Kostenrisken und anderer Gründe. Mit dieser Regelung gibt es eine neue, sehr zugängliche Möglichkeit.
Mit den vorgesehenen acht Schlichtungsstellen wird auf bestehende Infrastruktur und vorhandene Expertise aufgebaut und die notwendige Flächendeckung erreicht. Die Freiwilligkeit der Unternehmen, sich an dem Verfahren zu beteiligen, ist anstatt langwieriger Prozesse zumindest eine gute Chance, vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber Kundinnen und Kunden zu setzen und diese möglicherweise als zufriedene Kundinnen und Kunden zu erhalten.
Nahezu alle Konsumenten- und Warengruppen sind betroffen. Die Testphase war erfolgreich. Nun geht es in den Rollout. Wir wünschen diesem Rollout viel Erfolg. Unsere Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
12.13
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hammerl. – Bitte, Herr Kollege.
12.13
Bundesrat Gregor Hammerl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Das ist ein gutes Gesetz. In einer Wirtschaft, die zunehmend globalisiert ist, sind für Konsumenten und Verbraucher auch die Gefahren, bei einem Geschäft einen Schaden zu erleiden, größer. In der Anonymität des Internets ist es zum Beispiel schwer, Ansprüche, die man bei Mängeln hat, geltend zu machen. Der gerichtliche Weg ist zudem oft mit großen Schwierigkeiten verbunden. Auch die Rechtsdurchsetzung wird für Konsumentinnen und Konsumenten infolge weltweiter Verstrickungen oft schwierig. Zudem ist diese Rechtsdurchsetzung bei Gericht oft mit großen Kosten und Risiken verbunden, die für den Verbraucher und für die Verbraucherin nicht oder sehr schwer zu tragen sind.
Gerade deswegen, meine Damen und Herren, ist es wichtig und sehr zu begrüßen, dass ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren installiert wird. Konsumentenschutzanliegen können so auf relativ unbürokratischem und nicht behördenintensivem Weg – wie dem gerichtlichen, vor dem vor allem viele zurückschrecken – auf einer Ebene, auf der die Konflikte entstanden sind, und damit in den meisten Fällen auch effizienter gelöst werden. Damit wird auch das Gerichtssystem entlastet und ein wichtiger Schritt zur Wahrnehmung der Verbraucherinteressen gesetzt. Allerdings muss man auch genau darauf achten, wie der Übergang vom Schlichtungssystem, das nur freiwillig ist, zum Gerichtssystem gestaltet wird.
Meine Damen und Herren, die Freiwilligkeit ist ein wichtiger Punkt. Es muss aber auch die Frage gestellt werden: Was passiert, wenn sich etwa ein Geschäftspartner nicht freiwillig in das Schlichtungsverfahren begibt? – Es könnte nämlich sein, dass dann der gerichtliche Weg noch mehr verlangsamt wird.
Dass acht Schlichtungsstellen errichtet werden sollen, die verschiedene Geschäftsbereiche betreffen, finde ich sehr gut. In der Praxis wird sich diese Einteilung dann bewähren müssen. Vor allem wird es dann auch darum gehen, die Verantwortung von Wirtschaft und Konsumenten durch diese Schlichtungsstellen zu stärken. Das ist ein gutes Gesetz, ich danke sehr. Wir stimmen gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)
12.15
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dörfler. – Bitte, Herr Kollege.
12.16
Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Einer guten Gesetzesvorlage stimmen auch wir gerne zu.
Herr Bundesminister, noch zur vorherigen Diskussion rund um e-card und dem Identifizieren und Ausrüsten mit Foto: Ich denke, du hast sehr ausführlich erklärt, welche Kosten damit verbunden sind. Ich denke mir, wenn ich heute ein 5-€-Konto in Österreich in einer Bank eröffnen will, dann muss ich mich ausweisen. Wenn ich eine Gesundheitsleistung in Anspruch nehmen will, wäre das doch, aus meiner Sicht, ganz einfach.
Der Großteil der Österreicher hat wohl einen Reisepass, hat einen Personalausweis, hat einen Führerschein. Jetzt kommen wir ein bisschen zum Logisch-Praktischen: Der Landarzt kennt seine Patienten – und der, den er nicht kennt, der Neupatient ist, der soll sich ausweisen. Ich denke, dass das im Grunde relativ einfach möglich wäre, auch da per Verordnung in irgendeiner Form Lösungen zu finden, damit wir sozusagen einen Graubereich, den es anscheinend gibt oder den es tatsächlich gibt, auch relativ einfach auflösen können. Da brauchen wir nicht irgendwelche Diskussionen zu führen.
Nun zum Konsumentenschutz. Dass uns dieser ein Kernanliegen ist, ist kein Geheimnis. Heute zeigt aktuell auch ein Bericht im „Kurier“, wie notwendig Konsumentenschutz ist. 14 000 Österreicher haben bei der ERGO-Versicherung, die im Volksbanken-Sektor angesiedelt ist, eine Lebensversicherung abgeschlossen. Ein gewisser Herr Gregor Pichler hat 2010 eine Lebensversicherung abgeschlossen, und das war bereits, nachdem die ÖVAG, mit deren Aktien quasi diese Lebensversicherung besichert war, schon Staatshilfe in Anspruch genommen hat. Da frage ich mich übrigens auch wieder, wo die Finanzmarktaufsicht war, dass man solche Produkte 2010 an 14 000 Österreicher verkaufen kann. Dieser Gregor Pichler hat zweimal 25 000 € angelegt, und ihm wurde von dieser ERGO-Versicherung versichert, dass er nach zehn Jahren 35 000 € erlösen wird.
Was ist jetzt im Juni passiert? – Dieser Herr Pichler hat von der ERGO-Versicherung ein lapidares Schreiben bekommen, dass er vier Tage Zeit hat, dieses Produkt zu kündigen und sage und schreibe 20 170 € dafür erlösen kann. Das heißt, er hat in 5 Jahren, von 2010 bis 2015, 4 830 € oder 19,32 Prozent verloren. Da frage ich mich tatsächlich: Was wird es überhaupt bringen? Wer wird denn den Schaden berappen? – Die ERGO-Versicherung wird es nicht können. Die Volksbanken schon gar nicht. Das heißt, wieder einmal mehr zeigt sich, dass ein funktionierender Konsumentenschutz das Maß aller Dinge ist.
Herr Kollege Hammerl hat auch schon die Internationalisierung unseres Einkaufsverhaltens angesprochen – Amazon und Alibaba, die Giganten, saugen nicht nur Steuern aus Österreich ab, sie zahlen keine Gewinne. Das ist in den letzten Wochen medial ausführlich diskutiert worden. Die großen europäischen Länder Deutschland, Frankreich und, ich glaube, Italien, sofern ich es richtig im Kopf habe, haben entsprechende
Abkommen mit Amazon, damit die Gewinne sehr wohl in den Ländern des Verkaufs versteuert werden. Österreich hat sozusagen einen Mehrfachschaden.
Ich kenne im Oberen Gurktal, in Patergassen, einen sehr tüchtigen Landmaschinen- und Gartenausrüstungsunternehmer. Dieser erzählte mir, dass heuer im Frühjahr ein Bürger seines Dorfes dreimal um eine Beratung gekommen ist. Sie wissen, es gibt diese Husqvarna-Rasenmäher, die selbst mähen – elektronische Schafe sozusagen.
Er hat sich dreimal beraten lassen, gekauft hat er es dann übers Internet in Deutschland, dann hat er es natürlich nicht installieren können, ist wieder zum Landmaschinenhändler gegangen und hat gesagt: Kannst du mir das machen? Aber zahlen tue ich nichts dafür!
Das heißt, dieses Unternehmen musste dreimal beraten, dann weiß man, welches Produkt man braucht, aber man kauft es nicht in Österreich. Das ist eine Entwicklung, bei der ich schon sagen muss: Die trifft die Arbeitsplätze im Handel, denn von Beratung kann er nicht leben, er ist kein Beratungsinstitut, er ist ein Landmaschinen- und Maschinenhändler! Das heißt, der Kunde nimmt dreimal die Beratungsleistung in Anspruch, der Kauf wird woanders getätigt, und er soll danach noch die Serviceleistung und Installation bieten.
Das heißt, wir verlieren Handelsarbeitsplätze, die Wirtschaft steht wieder mehr unter Preisdruck – ich will von anderen Branchen gar nicht reden –, und das Schlimme ist, dass auch die Gewinne aus Österreich abgeschöpft werden. Ich möchte von McDonald’s, McCafé und den anderen Konzerne, wie sie alle auch heißen, gar nicht reden.
Wir haben die dringende Aufgabe, neben dem Konsumentenschutz auch das österreichische Budget insofern zu schützen, als wir regeln, dass Geschäfte, die in Österreich gemacht werden, auch in Österreich zu versteuern sind. Das wäre aus meiner Sicht zum Konsumentenschutz dazu sozusagen auch eine Sanierungsnotwendigkeit, sodass die Geschäfte, die international, global operierende Unternehmen in Österreich machen, auch in Österreich versteuert werden. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)
12.20
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte, Herr Kollege.
12.20
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, den Zugang der KonsumentInnen zum Recht zu verbessern. Die EU-Richtlinie 2013/11/EU, ADR-Richtlinie vom 21. Mai 2013, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die rechtlichen Rahmenbedingungen für flächendeckend operierende alternative Streitbeilegungsstellen für Verbrauchergeschäfte schaffen. Die Richtlinie muss bis zum 9. Juli 2015 umgesetzt werden, ab Anfang 2016 sollen sie flächendeckend starten.
Zeitgleich mit der Richtlinie wurde die EU-Verordnung 524/2013, ODR-Verordnung, kundgemacht. Diese verpflichtet die Europäische Kommission zur Einrichtung einer europäischen Plattform für Online-Streitbeilegung. Insbesondere im grenzüberschreitenden E-Commerce soll über die Plattform eine elektronisch basierte Streitbeilegung ermöglicht werden. Beide Initiativen sollen für KonsumentInnen institutionalisierte Möglichkeiten schaffen, eine außergerichtliche Streitbeilegung zu ermöglichen.
Bereits bestehende Schlichtungsstellen sollen zukünftig als Stellen zur alternativen Streitbeilegung gelten. Herr Kollege Hammerl hat von den acht Stellen gesprochen,
das sind die Schlichtungsstelle der Energie-Control Austria, die Telekom-Schlichtungsstelle der Rundfunk- und Telekomregulierungs-GmbH, die Post-Schlichtungsstelle der Rundfunk- und Telekomregulierungs-GmbH, die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte, die Gemeinsame Schlichtungsstelle der Österreichischen Kreditwirtschaft, der Internet Ombudsmann, die Ombudsstelle Fertighaus und die Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte.
Für Beschwerden, die nicht in einen der Zuständigkeitsbereiche der obigen Stellen fallen, sollen neue Schlichtungsstellen geschaffen werden. Im Vorfeld der Richtlinienumsetzung wurde deshalb das Pilotprojekt „Schlichtung für Verbrauchergeschäfte“ unter der Leitung von Irmgard Griss, ehemalige OGH-Präsidentin und Verfasserin des Hypo-Berichts, durchgeführt. Von Mitte Mai bis Ende Dezember 2013 hatten KonsumentInnen dort die Möglichkeit, Anträge zu stellen. Mehr als 930 Anträge wurden über die Online-Anwendung eingebracht, fast 250 Anträge wurden von der Schlichtungsstelle eingehend betreut. Die Anträge wurden quer durch alle Branchen gestellt. Mit klarem Abstand sind Anträge zu Fremdwährungskrediten Spitzenreiter; auf sie entfällt ein Drittel der zulässigen Fälle. Es folgen Handel, Elektrogeräte mit 10 Prozent, Bau, Hausbau mit 6 Prozent, Handel mit 4 Prozent und Handwerker, Installateure mit 3 Prozent. Der Rest verteilt sich auf verschiedene Sparten. Die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt bei 90 Tagen. Die Einigungsquote im Pilotbetrieb der Schlichtung beträgt 57 Prozent.
Die nun vorliegende Richtlinienumsetzung soll die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt berücksichtigen, und deshalb werden wir dem natürlich auch unsere Zustimmung erteilen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
12.24
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.
12.24
Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Ich fasse mich ganz kurz. Ich danke für die breite Zustimmung. Danke, dass Sie alle da dahinter stehen.
Herr Bundesrat Dörfler, wir leben in Europa, wir leben in einer vernetzten Welt, und wir wissen sehr oft nicht, wo der Server steht. Amazon hat mit Deutschland auch keine solchen Abkommen. Die wollen das versuchen. (Zwischenruf des Bundesrates Dörfler.) Ja, Moment! Es ist okay, wir werden uns das ansehen. (Bundesrat Dörfler: Hat es laut österreichischen Medien!) Weißt du, das, was in österreichischen Medien steht, muss nicht immer stimmen. (Bundesrat Dörfler: Das ist mir ganz neu!) Das ist nicht neu, sondern das ist so. Da bin ich ganz wertfrei.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir werden uns noch einmal erkundigen. Wir haben nur einen riesigen Unterschied; Deutschland hat 80 Millionen Kunden, wir haben acht. – Das ist einmal Punkt eins.
Punkt zwei: Auch wir leben in einer sehr vernetzten Welt, weil gewisse Verkaufsplattformen – sei es jetzt Amazon, Zalando, Alibaba oder wie sie alle heißen mögen – nur dann funktionieren können, wenn es einen Konsumenten gibt, der einen Knopf drückt. (Bundesrat Schreuder: Aber Luxemburg ist EU-Mitglied!)
Auch Luxemburg hat zwischenzeitlich massive Probleme mit seiner Steuergesetzgebung bekommen, weil, wie wir alle wissen, das natürlich in Europa so nicht mehr akzeptiert wird. Demzufolge werden wir das auch auf europäischer Ebene entsprechend weiter vorantreiben, weil es nicht nur um das Versteuern geht, sondern um den Konsumentenschutz und um viele Dinge, die damit verbunden sind. Folglich ist die
Digitalisierung im Handel ein Generalthema. Wir versuchen sehr oft, das weiter zu diskutieren beziehungsweise auch Lösungen zu entwickeln; das können wir nur gemeinsam. Ein Nationalstaat hat da überhaupt keine Chance; er ist absolut chancenlos. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
12.26
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz geändert wird (683 d.B. und 748 d.B. sowie 9412/BR d.B.)
8. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Kontenregisters und die Konteneinschau (Kontenregister- und Konteneinschaugesetz – KontRegG), das Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen und von Kapitalzuflüssen (Kapitalabfluss-Meldegesetz) und das Bundesgesetz zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz – GMSG) erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und das Amtshilfe-Durchführungsgesetz geändert werden (685 d.B. und 749 d.B. sowie 9401/BR d.B. und 9413/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Winkler. – Bitte um die Berichte.
Berichterstatterin Ingrid Winkler: Hohes Präsidium! Herr Minister! Werte Kollegen! Ich darf zwei Berichte des Finanzausschusses vorbringen – zum einen über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz geändert wird, und zum anderen über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesensgesetz geändert, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Kontenregisters und die Konteneinschau – Kontenregister- und Konteneinschaugesetz –, das Bundesgesetz über die Meldepflicht von Kapitalabflüssen und von Kapitalzuflüssen und das Bundesgesetz zur Umsetzung des gemeinsamen Meldestandards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und das Amtshilfe-Durchführungsgesetz geändert werden.
Beide Berichte wurden im Finanzausschuss beraten, und mit Stimmenmehrheit ergeht jeweils der Antrag, gegen den Beschluss keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.
Zur Debatte über die Tagesordnungspunkte darf ich sehr herzlich Herrn Bundesminister für Finanzen Schelling bei uns hier im Bundesrat begrüßen. Er ist frisch aus Vorarlberg angekommen; wir schätzen das sehr. (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.
12.29
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Gesetzesvorlagen, die wir jetzt unter einem Tagesordnungspunkt debattieren, sind quasi die Vorbereitung für den darauffolgenden Tagesordnungspunkt zur sogenannten Steuerreform. Es ist dies quasi die Planierraupe, die den Weg für Steuererhöhungen ebnen soll.
Beim ersten Gesetz geht es um die verfassungsmäßige Abdeckung der Zweiteilung und Erhöhung der Kapitalertragsteuer, die von 25 Prozent auf 27,5 Prozent erhöht wird, ausgenommen jene auf Sparguthaben.
Von der linken Seite der Koalition wird ins Treffen geführt, dass das ohnehin nur die Reichen betrifft; das ist aber mitnichten so der Fall. Es trifft wieder einmal, wie fast immer, den Mittelstand, und zwar passiert das über Abfertigungsgelder, Mitarbeiterbeteiligungen, Pensionsfonds und fondsgebundene Versicherungen – dabei werden alle geschröpft. Das Ganze soll ungefähr 150 Millionen € im Jahr betreffen.
Das, was besonders hinterhältig dabei ist, ist das, was die Oesterreichische Nationalbank festgestellt hat, nämlich dass letztes Jahr das Geldvermögen der privaten Haushalte um 1,7 Prozent gestiegen ist, aber Sparbücher im Wert von 6 Milliarden € aufgelöst wurden. Das heißt, der Bürger investiert verstärkt in Aktien, Anleihen und Investmentfonds. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Seit dem Zinstief sind auch die Erlöse aus der Kapitalertragsteuer auf Sparbücher rückläufig, aber die bei Wertpapieren steigend. Das ist also der listige Schritt, mit dem man quasi eine Vermögensteuer für den Mittelstand durch die Hintertür einführt. Nebenbei schwächt man damit noch den Kapitalmarkt, die Wiener Börse und den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt – was besonders „geschickt“ ist, in Anbetracht der aktuellen Wirtschaftssituation.
Das zweite Gesetz dient der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und soll 1,9 Milliarden € einbringen, was allerdings von eigentlich allen Experten einhellig bezweifelt wird. Es hat eigentlich nichts anderes als die Abschaffung des Bankgeheimnisses zum Inhalt – jenes Bankgeheimnisses, von dem Generationen von roten und schwarzen Politikern in den letzten Jahren und Jahrzehnten beteuert haben, dass es sakrosankt ist, dass es für Österreich heilig ist. Jetzt wird es endgültig zu Grabe getragen. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)
Schritt eins des Ganzen ist also das Kontenregister. Das betrifft aber natürlich nur die inländischen Kunden. Bei ausländischen Kunden wird es schwer möglich sein, einen Zugriff zu bekommen. Im Ausschuss wurde gesagt, dies sei ein ehrgeiziges Ziel. Man trifft damit also wieder die Kleinen, in dem Fall die kleinen Unternehmungen, denn die großen Betrüger schaffen es locker, dass sie sich mit ihrem Geld ins Ausland, in irgendwelche Oasen, die es halt noch immer gibt, absetzen. (Bundesrat Stadler: Mit dem Koffer, oder?!) Es ist schon klar, dass man das Geld jetzt nicht rückwirkend ab-
ziehen kann, aber es wird natürlich neues Geld verdient und das wandert dann gleich ins Ausland. (Bundesrat Mayer: Mit dem Koffer!)
Wie läuft das dann ab? – Wenn ein Finanzbeamter einen Vorbehalt gegen einen Steuerpflichtigen hat, dann fängt diese Mühle zu mahlen an. Ich habe mit einem ehemaligen SPÖ-Regionalpolitiker und Finanzamtsleiter gesprochen und ihn gefragt, wie das denn aus seiner Erfahrung als Finanzamtsleiter sei, wenn ein Finanzbeamter am Abend im Wirtshaus mit dem Tischler einen Wickel hat, ob es dann denkbar sei, dass der am nächsten Tag schaut und den dann piesackt. Was hat er mir zur Antwort gegeben?! – Ja, selbstverständlich ist das so. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Stadler.)
So viel also dazu, was graue Theorie auf der einen Seite und gelebte Praxis auf der anderen Seite betrifft. Und das war nicht irgendwer, der das gesagt hat, sondern ein Experte. (Zwischenrufe der Bundesräte Mühlwerth, Schreuder und Stadler.)
Dann wird ein unabhängiger Richter des Finanzgerichtes damit beauftragt, das sozusagen freizugeben; und wenn man weiß, welchen Argumentationsspielraum es gibt, dann kann man davon ausgehen, dass im überwiegenden Teil der Fälle die Zustimmung erteilt wird. (Bundesrat Stadler: Am Wirtshaustisch!) Und wenn sie nicht erteilt wird, hat es erstens keine aufschiebende Wirkung und zweitens wird der Pflichtige aber, weil so gewonnene Informationen ja nicht verwendet werden dürfen, zumindest zukünftig ganz massiv im Fokus der Finanz bleiben.
Das, was uns aber bei dem Ganzen vor allem stört, ist eigentlich der Geist, der dahintersteckt. Er setzt nahtlos die Entwicklung zum gläsernen Bürger fort – ein weiterer Schritt. Der nächste wird dann die Abschaffung des Bargeldes sein. Ich weiß schon, dass gesagt wird, dass das nicht kommen werde, dass das lächerlich sei und dass da alle dagegen seien. Ich darf nur daran erinnern: Beim Bankgeheimnis war es das Gleiche. Da haben auch alle gesagt, das wird nie abgeschafft; jetzt haben wir es abgeschafft. Genauso wird es beim Bargeld kommen. Der Trend und die Entwicklung gehen schon in diese Richtung: Die 500-€-Banknote soll abgeschafft werden; es gibt in vielen Ländern schon Limits für Barzahlungen. Hinkünftig wird es also die Finanz dann ganz einfach haben: Sie kann dann über Nacht einfach eine Steuererhöhung beschließen und dann das Geld von unseren Konten abziehen.
Schlussendlich haben wir noch die Registrierkassenpflicht, die 900 Millionen € bringen soll. Auch sie stellt wieder einmal jeden Bürger, jeden Unternehmer unter Generalverdacht.
Ich erinnere nur an die Worte – ich glaube, ich habe das in diesem Hause vor einiger Zeit schon einmal getan – des verstorbenen Innsbrucker Wirtschaftsprofessors, Professor Andreae. Er hat gesagt, man kann nicht nur vom Bürger eine Steuermoral verlangen, man muss auch vom Staat eine Besteuerungsmoral verlangen. Genau das tun wir mit diesen Gesetzen nicht. Es wäre wesentlich klüger, die Steuermoral zu heben, indem Sie das Gefühl vermitteln, dass Steuern gerecht und ausgewogen sind und sinnvoll verwendet werden. Dann werden sie nämlich, wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen, freiwillig gezahlt, und das Ganze funktioniert wesentlich effizienter, weil es mit viel weniger bürokratischem Aufwand verbunden ist und schlussendlich sogar ein höheres Aufkommen erzielt werden wird. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
Freiheitsberaubung und Knebelung ist der Inhalt dieser – du kannst dich dann noch zu Wort melden (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) – Vorlage, der wir nicht zustimmen wollen, und wir bringen daher folgenden Antrag ein:
„Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz“ und weitere Gesetze „geändert werden () wird gemäß Art. 42 B-VG mit folgender Begründung Einspruch erhoben:
‚Mit der gegenständlichen Novelle wird das bisher im Verfassungsrang abgesicherte Bankgeheimnis in Österreich de facto abgeschafft, weil die Hürde für die Einsichtnahme durch Behörden viel zu niedrig liegt. Dies stellt einen schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte der Bürger dar und ist daher abzulehnen.‘
In formeller Hinsicht wird gemäß § 54 (3) GO-BR eine namentliche Abstimmung über diesen Antrag verlangt.“
*****
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
12.39
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der von den Bundesräten Krusche, Pisec, Meißl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Ing. Pum zu Wort. – Bitte.
12.40
Bundesrat Ing. Andreas Pum (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Damen und Herren vor den TV- und Internetgeräten zu Hause! Es sind zwei Gesetzesänderungen, die uns auch im Hinblick auf alltägliche Umgangsformen sehr stark betreffen, wenngleich ich hier auch in Replik auf den Vorredner anmerken darf, dass gerade die Wirtshauspolitik nicht die entscheidende Politik ist und letztlich nicht die Politik ist, die uns weiterbringt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das sehen die Leute aber auch so! Die werden Sie nicht wählen!)
Sie ist oftmals vielleicht Ausdruck einer kräftigen Stimmung, aber mit Sicherheit nicht jene Umsetzungsmaßnahme und auch nicht jene Umsetzungspolitik, die hier gepflegt wird. In dem Sinn glaube ich, dass gerade mit dieser Steuerreform und mit diesen Steueränderungen auch – wie es der Begriff schon sagt – zum Ausdruck gebracht wird, etwas zu steuern und mit dieser Steuerung vor allem den Konsum und nicht zuletzt auch das Wirtschaftsverhalten zu stärken.
Es sollen aber auch soziale Härten gemildert werden, und diese Steueränderung ist letztlich auch in diesem Gesamtgefüge zu sehen.
Natürlich treffen auch Erhöhungen – sei es jetzt bei der Kapitalertragsteuer, die bis auf 27,5 Prozent erhöht wird, oder die Erhöhung von Mehrwertsteuersätzen auf 13 Prozent – gewisse Produktionssparten sehr stark. Gerade die Mehrwertsteuererhöhung auf 13 Prozent, die taxativ auf einige Sparten fällt, hat natürlich vor allem im Wirtschafts- und Tourismusbereich nicht gerade großen Applaus hervorgerufen. Es muss klar gesagt werden, dass mit dieser Erhöhung auch ein Beitrag zur Steuerreform geleistet wurde und dass damit in diesen Bereichen auch sehr stark zur Mitfinanzierung beigetragen wird. Das unterstreicht letztlich immer wieder stark die Solidarität der einzelnen Gruppen.
Wenn ich aber von Belastung spreche, dann darf ich anmerken, dass im landwirtschaftlichen Bereich gerade im Aufwandsbereich die Erhöhung auf 13 Prozent natür-
lich eine Nettobelastung darstellt und damit auch Mehrkosten verursacht. Auch im Tourismus haben wir ja diese Diskussion sehr intensiv geführt und klar gesehen, dass er ganz einfach eine Stütze unseres Systems darstellt.
Dass wir in der Landwirtschaft, gerade in Veredelungsbetrieben, auch massiv mit dieser Erhöhung zu kämpfen haben, sehen wir an der aktuellen Einkommenssituation. Wir sehen, dass gerade die Veredelungsproduktion unseren landwirtschaftlichen Betrieben sehr, sehr schwer zu schaffen macht. Blicken wir ein wenig über die Grenzen! Wenn wir gestern die Bilder gesehen haben, wie in Frankreich gestreikt wird, dann wissen wir, dass die Situation gerade derzeit im Agrarbereich nicht sehr rosig ist. Es kann letztlich auch nicht sein, billigste Lebensmittel zu höchster Qualität mit Versorgungsgarantie zu erhalten und den Betrieben nicht auch ein Einkommen zu sichern, das lebensfähig macht und hält.
Daher ist es auch notwendig, Maßnahmen zu setzen, die auch zukünftig diese Produktion absichern, und zusätzlich Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen, um letztlich unseren Betrieben das Überleben zu sichern.
Ein weiteres Thema, das ja auch im Vorfeld diskutiert wurde, ist die Frage der Kontenöffnung und der Konteneinsicht. Dass es im Vorfeld viele Diskussionen dazu gegeben hat, zeigt letztlich auch, wie wichtig es unseren Österreicherinnen und Österreichern ist, vor allem im Hinblick auf die Privatsphäre eine gewisse Sicherheit zu haben. Aber wir wissen auch sehr klar, dass es vordergründig darum geht, Gaunern das Handwerk zu legen, Gaunereien vorzubeugen und damit Maßnahmen in der Betrugsbekämpfung zu setzen.
Der- oder diejenige, die nichts zu verbergen hat, braucht auch keine Angst zu haben. Recht wird Recht bleiben! Mit dieser Maßnahme ist gesichert, dass jenen, die nichts zu verbergen haben, auch kein Schaden droht. Es ist aber auch klar zu sagen, dass der Generalverdacht gegenüber jeder Bürgerin und jedem Bürger mit Sicherheit nicht in Betracht gezogen werden darf und klar auszugrenzen ist.
Unterm Strich sei natürlich auch klargestellt, dass es, um Betrügern auf die Schliche, Betrügereien auf die Spur zu kommen, notwendig ist, Zahlen und Fakten zu haben. Diese Zahlen und Fakten sind letztlich auch zur Sachverhaltsfeststellung notwendig. Dafür ist eine Kontenöffnung in gewissen Fällen ganz einfach notwendig und sichert auch die Aufklärungsrate.
All das zeigt, wie notwendig es ist, hier immer wieder an den Rädchen zu drehen und Veränderungen vorzunehmen. Insgesamt stimmen wir natürlich dieser Veränderung und diesen Gesetzesänderungen zu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
12.46
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Herr Bundesrat Mag. Zelina gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.
12.46
Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Jede Steuererhöhung und jede Art von neuer Steuer ist unredlich, solange unsere Regierung vorher nicht ihre Hausaufgaben bei sämtlichen staatlichen Einsparungspotenzialen macht. Solange keine Einsparungen durch Reformen bei Verwaltung, Föderalismus und beim Förderdschungel umgesetzt werden, gibt es für unsere Regierung keine Legitimation, Steuern zu erhöhen.
Die Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf Dividendenausschüttungen und realisierte Wertsteigerungen von 25 Prozent auf 27,5 Prozent ist für unseren Wirtschaftsstandort
und unsere Wettbewerbsfähigkeit schädlich. Mit solchen Steuererhöhungsentscheidungen vertreiben wir Investoren aus Österreich und vernichten Arbeitsplätze.
Die Gesamtsteuerbelastung von ausgeschütteten Gewinnen aus einer GmbH inklusive der 25-prozentigen Körperschaftsteuer erhöht sich damit von derzeit 43,75 Prozent auf fast 46 Prozent. Die Erhöhung der Kapitalertragsteuer trifft nicht nur GmbH-Kleinunternehmer und gewerbliche Mittelständler, die sich am Ende des Jahres ihren Gewinn ausschütten, sondern auch alle Österreicher, die in Abfertigungskassen, Versicherungen oder Pensionsfonds veranlagt sind.
Wer sein Geld auf ein Sparbuch legt, zahlt mit 25 Prozent weniger Kapitalertragsteuer als derjenige, der investiert und der Wirtschaft sein Geld zur Verfügung stellt und Risiken übernimmt. Das ist eine Ungleichbehandlung, die verfassungsrechtlich höchst fragwürdig ist.
Die KESt-Erhöhung auf 27,5 Prozent kann ich nicht befürworten. Die KESt-Erhöhung schafft keine Rahmenbedingungen für neue Arbeitsplätze. Die KESt-Erhöhung steigert nicht unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Bei dieser österreichischen Rekordsteuer- und ‑abgabenquote überlegt sich jeder Unternehmer dreimal, ob er einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellt.
Wir vom Team Stronach sind gegen höhere Steuern und fordern eine kräftige Senkung der Lohnnebenkosten zur Belebung des österreichischen Arbeitsmarktes. Leistung, Fleiß und Unternehmertum müssen in unserem Staat belohnt und nicht steuerlich bestraft werden. Nur Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, und an unseren Arbeitsplätzen hängt die gesamte Finanzierung des österreichischen Sozialsystems. –Vielen Dank.
12.49
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Fetik zu Wort. – Bitte.
12.50
Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Wirklichkeit ist dieses Gesetzesbündel, über das wir jetzt sprechen, natürlich auch ein Teil im Zusammenhang mit der großen Tarifreform, mit dem großen Wurf von einem Volumen von 5 Milliarden € in einer sehr schwierigen konjunkturellen Situation mit dem Ziel, Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Natürlich – einige Punkte wurden schon angesprochen – kann so eine riesengroße Sache nur mit Pros und Kontras ausgestattet sein. Wenn man Klientelpolitik macht, findet jede und jeder von uns mindestens einen oder mehrere Punkte, in dem man dafür oder noch mehr dagegen sein könnte. Aber hier ist nicht Klientelpolitik gefragt, sondern es geht darum, all diese Maßnahmen als Initiative zu sehen, um den Markt zu beleben. Und die Expertinnen und Experten bestätigen uns, dass das schon geeignete Maßnahmen sind.
Ja, wir haben eine hohe Anzahl von Arbeitslosen, aber wir haben auch eine hohe Anzahl von Beschäftigten, die mit dieser Lohnsteuerentlastung mehr Geld im Börsel haben werden, das sie, gerade wenn sie wenig verdienen, ganz sicher in den Konsum stecken werden. Das hilft den Unternehmen und das hilft auch wieder, Jobs zu schaffen.
Wie soll so ein großes Paket denn gelingen, wenn nicht auch Gegenfinanzierungsmaßnahmen greifen? Aber die Belastungen sind sehr gut verteilt und mit aller Vorsicht ausbalanciert. Wenn wir noch weitere Dinge schaffen, wie – kürzlich angesprochen – die kalte Progression wegzubringen, dann bin ich sehr froh. Aber nur mit der Überschrift einer Verwaltungsreform wird das nicht gehen. Da muss man dann natürlich viel
mehr in die Tiefe schauen, und wenn die Verwaltungsreform Arbeitsplätze kostet, werde ich sie auch nicht besonders positiv finden – ganz im Gegenteil.
Im gegenständlichen Paket werden Beiträge zu dieser Gegenfinanzierung geleistet, und zwar im Bereich der KESt auf Vermögensanlagen und natürlich auch durch Änderungen der Kapitalvermögensbesteuerung. Darüber hinaus geht es aber auch darum, die Gefahr ungewollter Kapitalabflüsse zu bannen und auch wiederum – wir haben uns heute schon mehrfach damit beschäftigt – Möglichkeiten zu suchen, Steuerhinterziehung und Steuerbetrug zu vermeiden. Es geht keineswegs um einen Generalverdacht.
Das Verfahren zum Thema Bankgeheimnis ist nicht nur ein sachlich bewertetes, sondern natürlich auch ein emotional besetztes. Hier kann man trefflich bei den Sorgen von Menschen – mit Sparbuch und Oma und so weiter – ansetzen. Es gab auch schon im Vorfeld viel öffentliche Diskussion. Nun ist aber nach weiterer Schärfung darauf geachtet worden, dass der Eingriff in die berechtigten Geheimhaltungsinteressen der Menschen, des Kunden, ein verhältnismäßiger ist und dass das Verfahren geordnet und unter anderem durch Protokollierung nachvollziehbar ist. Die Kosten dafür werden allerdings den Banken aufgebürdet.
Nichtsdestotrotz denke ich, auch die Einführung eines globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch ist plausibel nachvollziehbar und eingeflossen. Daher wird meine Fraktion diesen Gesetzesbündeln zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.54
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Meißl zu Wort. – Bitte.
12.54
Bundesrat Arnd Meißl (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei meiner zweiten Rede muss ich jetzt feststellen: Es ist eh wie im Gemeinderat. Selbst in einem kleinen Gemeinderat hinter dem Semmering – das ist eine wilde Gegend – wird spitze diskutiert.
Zum Kollegen, der von eurer (in Richtung ÖVP) Fraktion vorher gesprochen hat – wo ist er? – da hinten hat er sich versteckt! –: Manchmal wäre es vielleicht besser, wenn man sich ein bisschen am Stammtisch hinsetzen und zuhören würde, was die Leute dort so reden. (Bundesrätin Zwazl: Keine Unterstellungen, bitte!) – Aber er hat nicht zugehört! Vielleicht sitzt er eh am Stammtisch, aber zuhören sollte er. (Bundesrat Mayer: Die ÖVP setzt sich schon an den Stammtisch!) – Den Kollegen Fritz treffe ich eh manchmal dort. Die Menschen auf der Straße haben größtenteils mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses ein Problem. Und es ist de facto eine Aufhebung des Bankgeheimnisses, das muss man ganz offen ansprechen.
Zur Kollegin von der SPÖ! Sie haben gesagt, hier wird den Leuten etwas zurückgegeben. Ich bin gespannt, wie viele Leute dann effektiv wirklich etwas davon haben und wie viel durch diverse Steuererhöhungen bei den Menschen wieder durch die Hintertür versickert.
Es ist noch nicht allzu lange her, da haben der Herr Bundeskanzler Faymann und sein derzeitiger Vizekanzler Mitterlehner angesichts der Nationalratswahlen 2013 den Menschen versichert, dass das Bankgeheimnis nicht angetastet wird. Allzu lange hat das Versprechen nicht gehalten, wie wir jetzt sehen. Man sieht eigentlich, wie wenig wir in Österreich noch entscheiden können, denn ich glaube, dass die Konteneinsicht eher auf Druck der EU zustande gekommen ist. Es gibt offenbar eine Richtlinie der EU, die hier umgesetzt wird.
Wir haben also sehr viele Kompetenzen nach Brüssel abgegeben, und unser Parlament hat in Wirklichkeit nicht mehr sehr viele Möglichkeiten, tatsächlich eigenständig zu beschließen. (Bundesrat Schreuder: Doch! Heute, jetzt, hier!) – Sehr gut, das werden wir auch machen.
Der SPÖ muss man ein paar Vorhaltungen machen. „Das Bankgeheimnis für Inländer wird nicht angetastet!“, hat der Herr Darabos gesagt: „Die Österreicher können sich auch in dieser Frage zu 100 Prozent auf Bundeskanzler Werner Faymann verlassen“. „Für Faymann bedeutet der Beschluss der EU-Finanzminister, dass das österreichische Bankgeheimnis für Inländer erhalten bleibe.“ – Das war alles 2013!
Kollege Cap hat gegenüber der APA gemeint:
„Die SPÖ bekennt sich klar zum effektiven Kampf gegen internationalen Steuerbetrug und gegen Schwarzgeldkonten“. Sie „wolle, dass die Transparenz und der Datenaustausch für Nicht-Österreicher, die Konten in Österreich haben, verbessert werden.“ Das Bankgeheimnis für Österreicher sei davon nicht betroffen. „Wer diesen Zusammenhang trotzdem herstellt, setzt sich dem Verdacht aus, dass er kleine inländische Sparer, wie die viel zitierte Oma, in Geiselhaft nimmt, um internationale Steuerhinterzieher zu schützen“, sagte Cap.
Der ÖVP sei ins Stammbuch geschrieben, dass die Kollegin Fekter auch vehement das österreichische Bankgeheimnis verteidigte: „Sie wolle keinen ‚Schnüffelstaat‘, in dem Finanzbehörden erfahren könnten, was ein Kontoinhaber mit seinem Geld mache und wo beispielsweise was im Internet bestelle“.
Manche vergessen halt recht schnell, für wen sie eigentlich in Österreich Politik machen sollten, das sind nämlich die Menschen hier im Lande. Gerade die werden aber durch die vorgelegten Regelungen über die Konteneinschau und das Kontenregister unter Generalverdacht gestellt und als potenzielle Steuerhinterzieher hingestellt, und das, obwohl man weiß, dass gerade in Österreich die Steuerehrlichkeit die höchste in Europa ist. Das ist wahrscheinlich ein bisschen anders als in Griechenland, aber – so nebenbei bemerkt – Griechenland hat auch die Registrierkassenpflicht.
Interessant wird es, wenn man im Vorblatt liest: „Wie bisher bleibt es im Abgabeverfahren schwierig, Schwarzgeldumsätze oder andere Finanzdelikte zu entdecken und zu beweisen.“ – Da fragt man sich dann schon, was das Ganze soll. Wozu soll es gut sein, die Daten selbst über jedes Sparbuch und jeden kleinen Bausparvertrag zu erfassen? Bausparverträge sind jetzt nicht gerade ein Produkt, das bei Steuerhinterziehern und Geldwäschern Anklang findet. Wer will wissen – und aus welchem Grund –, was die Österreicher auf ihren Konten haben? Wenn der Nutzen für die Aufklärung von Finanzdelikten gleich null ist, warum will man dann wissen, was der Franzi-Onkel oder die alte Oma auf der hohen Kante haben? Die Schaffung des gläsernen Bankkunden kann wohl nur einen Zweck haben, nämlich herauszufinden, wie man am besten an das Ersparte kommt.
Die Vorgehensweise hat Kollege Krusche schon kurz angesprochen. Das läuft in Wirklichkeit so: Über einen anonymen Hinweis oder über eine anonyme Anzeige bei der Finanzpolizei wird ein vermuteter Sachverhalt von einem Nachbarn weitergegeben, der meint, sein Nachbar sei ein Bösewicht. Vielleicht haben sie vorher einmal einen Streit wegen einer Grundstücksgrenze gehabt. Die Finanzpolizei ist dann verpflichtet, dem nachzugehen, und wird vielleicht auf die Baustelle fahren, wird sich das Ganze vor Ort anschauen, wird dann feststellen, dass vielleicht der übernächste Nachbar dort geholfen hat, was eigentlich illegal wäre, und dann schaut man natürlich weiter und gräbt weiter und wird dann beim Bundesfinanzgericht die Öffnung des Kontos beantragen. (Bundesrat Mayer: Das ist eine sehr philosophische Frage!) – Nein, das ist keine philosophische Frage, sondern der Ablauf bei der Finanzpolizei ist so, die gehen
ihrer Pflicht nach, und das Bundesfinanzgericht wird dem logischerweise nachgeben. Denn einem begründeten Verdacht, der von der Finanzpolizei geäußert wird, ist auch nachzugehen. Da haben die Beamten gar keine andere Möglichkeit.
Aus unserer Sicht ist das eine Aushöhlung der Grundrechte. Die richterliche Kontrolle ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Erstentwurf, aber in Wirklichkeit streut man den Menschen damit nur Sand in die Augen und versucht ihnen vorzugaukeln, dass ihre Bankdaten ohnehin sicher vor unlauteren Zugriffen sind. Der Staat hat jedenfalls die Daten, und es wird nicht lange dauern, bis man die richterliche Kontrolle unterlaufen wird, weil es ja dann vielleicht wieder einer neuen Sache dienlich ist.
Deutschland hat es vorgemacht. Wenn dort jemand die Arbeit unverschuldet verliert, kann von jeder Behörde auf dessen Konto zugegriffen werden, und wenn derjenige Pech hat, bekommt er erst dann Sozialleistungen, wenn sein hart Erspartes aufgebraucht ist. – Das wollen wir in Österreich nicht.
Man sollte endlich die Privatstiftungen und die Großkonzerne in die Pflicht nehmen, anstatt den Schnüffelstaat immer weiter auszubauen, anstatt den Weg der totalen Kontrolle zu gehen und den gläsernen Menschen zu schaffen. Anstatt den Bürgern ihre Privatsphäre zu nehmen und nach ihrem Ersparten zu greifen, sollten Sie lieber das Einsparungspotenzial in der Verwaltung heben, Doppelförderungen vermeiden, bei denen für ein und dasselbe kassiert wird, oder setzen Sie dem Sozial- und Asylmissbrauch, durch den Millionen versickern, ein Ende. Die Österreicher unter Generalverdacht zu stellen, lehnen wir ab. (Beifall bei der FPÖ.)
13.01
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
13.01
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Freunde und Freundinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ein bisschen verwirrt, weil diese Debatte jetzt ein bisschen aus dem Ruder gelaufen ist.
Herr Kollege Zelina, die Steuerreform ist der nächste Tagesordnungspunkt, jetzt reden wir von den Bankkontenöffnungen oder vom „Ende des Bankgeheimnisses“, wie es die FPÖ nennt. Da ist, glaube ich, ein bisschen ein Kuddelmuddel entstanden. (Bundesrätin Mühlwerth: Danke, Herr ...!) – Wie auch immer. (Bundesrat Krusche: Das ist das schlechte Gewissen!) – Nein! Ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen, Herr Kollege, dass die Grünen hier zustimmen.
Zum einen – das ist vielleicht der Unterschied zwischen Fundamentalopposition und Opposition –: Im Unterschied zum Bundesrat braucht man im Nationalrat mitunter die Stimmen der Freiheitlichen oder der Grünen, um eine Zweidrittelmehrheit zustande zu bringen. Jetzt kann man zwei Sachen machen (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth):Grundsätzlich verweigern und sagen, die sollen sich den Sch... selber machen – oder man ist verhandlungsbereit und versucht, da etwas Gutes herauszubringen. Und genau das haben die Grünen gemacht. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, ja!) – Denn jetzt – und das muss man schon ein für alle Mal betonen – können Bankkonten nur dann eingesehen werden, wenn ein Richter das genehmigt. Das ist Rechtsstaatlichkeit, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei. Und alles andere wäre es nicht.
Zum anderen: Das, was Herr Minister Hundstorfer vor zwei Tagesordnungspunkten euch gegenüber gesagt hat, stimmt für diesen Tagesordnungspunkt ebenfalls. Ihr behauptet, eine Partei des „kleinen Mannes“ zu sein, und jetzt beschützt ihr nicht das sogenannte Sparbuch der Oma, sondern ihr beschützt im großen Ausmaß Steuer-
hinterzieher zulasten des „kleinen Mannes“ und zulasten der „kleinen Frau“. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Das wundert mich – aber nicht wirklich, denn zum einen, glaube ich, kennen die Freiheitlichen die Korruptionsstaatsanwaltschaft mittlerweile im Gespräch nur als Beschuldigte, aber nicht so, dass man sie einmal fragt: Was braucht ihr? (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
Zum anderen seid ihr die Partei der Geldkoffer geworden. Und das ist eure „Ideenschmiede“. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Da sich Kollege Dörfler so aufregt – wie noch beim letzten Tagesordnungspunkt – über die Amazon-Käufe und dass die Steuern nicht in Österreich landen, sondern irgendwo, zum Beispiel in Luxemburg: Es war Österreich, das bis vor Kurzem mit Luxemburg in einem Boot saß. Und ihr wollt, dass Österreich nach wie vor ein Steuerhinterzieherparadies bleibt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist ja nicht wahr!) – Das ist das, was ihr wollt. (Zwischenruf des Bundesrates Herbert.)
Was wir heute beschließen, ist wirklich ein Paradigmenwechsel in der österreichischen Finanzpolitik. Das, was wir heute beschließen, ist internationaler Standard, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen, und zwar die Steuerhinterziehung im großen Ausmaß. Endlich geben wir der Korruptionsstaatsanwaltschaft das in die Hand, was sie dringend braucht.
Wie ist das bisher gelaufen? – Wenn ein Verdacht auf Steuerhinterziehung im großen Ausmaß bestand, musste die Korruptionsstaatsanwaltschaft 600 österreichischen Banken einen Brief schreiben und fragen: Haben die oder hat der ein Konto bei Ihnen? Es gab keine andere Möglichkeit, sie musste 600 Briefe schreiben.
In einem zentralen Kontoregister stehen übrigens weniger sensible Daten als im Grundbuch, denn es steht nicht drinnen, welche Transaktionen durchgeführt werden. Bei einem zentralen Kontoregister geht es nur um die Frage, ob jemand ein Konto hat; ja oder nein – mehr ist das nicht. Und die Korruptionsstaatsanwaltschaft braucht das dringend und zu Recht.
Zu Recht haben sich die Bürger und Bürgerinnen – übrigens vor allem an den Stammtischen – darüber aufgeregt, dass Verfahren gegen Grasser oder Kartnig oder andere Verfahren endlos lange dauern. Das hat die Leute noch viel mehr aufgeregt, und das ändern wir heute. Und die Stammtische sollten froh sein, dass wir das heute ändern. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundesräte Herbert und Krusche.)
Der Unterschied ist: Konstruktive Kräfte in dieser Republik, die sind für eine Standortpolitik der Steuergerechtigkeit, und es gibt eine Partei, die ist dafür, dass Österreich ein Standort der Steuerhinterziehung ist – und das ist die Freiheitliche Partei. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
13.06
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Schelling. – Bitte.
13.06
Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige wenige Worte der Richtigstellung sagen, denn es nützt überhaupt nichts, wenn vermehrt immer wieder das Falsche gesagt und geglaubt wird, dass es dadurch glaubwürdiger wird.
Erstens, die Frage, die von Herrn Bundesrat Meißl gestellt wurde: Für wen macht man Politik? – Ich mache Politik für die Redlichen, nicht für die Unredlichen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.) Es ist unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass die Redlichen geschützt werden. Daher sind in diesen beiden Gesetzesvorlagen eine Menge von Positionen bezogen worden, um sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft Möglichkeiten haben, das zu tun.
Folgendes möchte ich – weil immer von der Finanzpolizei und von den Steuerprüfern gesprochen wird – schon klarstellen: Waffengleichheit gibt es da schon lange nicht mehr. Wir sind immer die Zweiten, ähnlich wie ein Polizist: Wenn der wüsste, dass die Bank überfallen wird, würde er auch davor stehen. Wir sind aber in der Information immer diesen Schritt hintennach. Und diese beiden Gesetze sind Ausdruck dafür, dass wir zumindest eine bestimmte Gleichstellung in der Wahl der Waffen bekommen.
Vermehrt wurde auch ausgeführt, dass die ausländischen Konten nicht berührt seien: Selbstverständlich ist ab dem Jahr 2018 – aufgrund eines Standards der OECD, den Österreich als eines der ersten Länder unterschrieben hat – sichergestellt, dass durch den automatischen Informationsaustausch alle Guthaben von ausländischen Kontoinhabern in Österreich, die Erträge abwerfen, an das jeweilige Finanzministerium im Ausland gemeldet werden, und alle Konten, die österreichische Staatsbürger im Ausland haben, an uns gemeldet werden. Durch dieses automatisierte Datenaustauschprogramm ist sichergestellt, dass wir genau jene erreichen, von denen Sie vermeintlich meinen, wir müssen sie ohnehin nicht treffen.
Da wird ein weltweiter Standard eingeführt, der von den meisten Nationen bereits unterschrieben ist und von den G20 genauso wie von allen 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits umgesetzt wird. Wir legen damit auch fest, dass dieser automatische Datenaustausch entsprechend der OECD-Richtlinie erfolgt, und die OECD, glaube ich, ist völlig unverdächtig hinsichtlich dessen, was sie macht und warum sie das macht.
Zweitens, noch einmal das Thema Bankgeheimnis. Was Sie dabei übersehen, ist, dass überhaupt erst ein Aufruf ins Kontenregister erfolgen darf – da reden wir noch nicht von Kontenöffnung –, wenn ein Verfahren eingeleitet wurde. Wir prüfen in etwa 5 Prozent bis 7 Prozent der Betriebe pro Jahr, wir haben eine unterdurchschnittliche Prüffrequenz – im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Bei der Großmutter aber, die ein Sparbuch hat und bei der in keinerlei Weise ein Steuerverdacht besteht, wird einfach nie – nicht einmal ins Kontenregister – Einschau genommen werden können.
Nochmals: Das Kontenregister kann erst aufgerufen werden, wenn ein Verfahren eingeleitet ist.
Wie schon gesagt wurde: Im Kontenregister steht nichts anderes, als dass ein Konto existiert. Darin steht weder ein Betrag noch eine Bewegung, die dort jemals stattgefunden hat. Erst wenn im Verfahrenswege festgestellt wird, dass es offensichtlich Ungereimtheiten gibt – Ungereimtheiten, die genau definiert sind, übrigens auch in der Bundesabgabenordnung –, wird zuerst einmal das Vier-Augen-Prinzip gewählt – das ist die erste Sicherheitsstufe, sodass der prüfende Mitarbeiter der Finanzdirektion den Vorgesetzten/die Vorgesetzte fragen muss, ob der Verdacht ausreichend begründet ist, damit überhaupt der Antrag auf Konteneinsicht gestellt wird –, und dann tritt das von Ihnen zitierte richterliche Verfahren in Kraft.
Ich glaube daher, dass in der Auseinandersetzung mit dem Thema, eben durch die vorliegenden Abänderungsanträge, große Rechtssicherheit geschaffen wurde.
Die Kollegin von der SPÖ hat zu Recht gesagt: Wir haben bei schwierigstem wirtschaftlichem Umfeld versucht, ausbalancierte Gegenfinanzierungen zu machen.
Da möchte ich noch einmal kurz auf das Thema Mehrwertsteuer zu sprechen kommen. Die Änderung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Produktgruppen von 10 Prozent auf 13 Prozent soll laut Steuerschätzungen einen zusätzlichen Ertrag von 250 Millionen € bringen. Jetzt beträgt das gesamte Mehrwertsteueraufkommen etwa 24 Milliarden € – und alleine an dem sieht man, wie ausbalanciert versucht wurde, keine einseitigen Belastungen zu erzeugen.
Was die Registrierkassen und den „Generalverdacht“ anlangt, kann ich Ihnen allen nur empfehlen: Schöne Urlaubszeit, bleiben Sie bitte in Österreich! Aber sollte doch jemand nach Italien fahren: Der Eisverkäufer wird Ihnen wegen 1,50 € nachrennen, wenn Sie den Beleg nicht haben. Es ist schon sehr interessant, dass bei uns das alles unmöglich ist, was in Italien, in Kroatien, in Mazedonien und in allen anderen Ländern mittlerweile möglich ist. Bei uns ist das immer ein Riesen-Tohuwabohu.
Ich möchte den „Generalverdacht“ noch einmal ansprechen. Dazu ist Folgendes anzumerken: Würden Sie es denn als Generalverdacht bezeichnen, dass es in Österreich ein zentrales Register für Autokennzeichen gibt? Würden Sie diesem zentralen Register für Autokennzeichen unterstellen, dass jeder Autofahrer grundsätzlich ein Verkehrssünder ist?! – Und das gibt es. Wenn jemand mit einem steiermärkischen Kennzeichen in Niederösterreich fährt und dort zu schnell fährt, dann kann der niederösterreichische Polizist in einem zentralen Kfz-Register feststellen, wer der Halter des Fahrzeuges ist. Und, wenn er nicht sicher ist, dass der Fahrzeughalter selbst gefahren ist, dann erhebt er Anspruch darauf, dass der Fahrzeughalter ihm mitteilen muss, ob er selbst gefahren ist oder nicht; und dann wird das Strafausmaß entsprechend festgelegt.
Aber die Lösung kann doch nicht darin bestehen, dass wir sagen: Weil das eine Art „Generalverdacht“ ist, schaffen wir erstens alle Kfz-Kennzeichen ab, und zweitens nehmen wir den Polizisten die Radarpistolen weg. – Das ist aber ungefähr das, was Sie in Bezug auf Registrierkassen fordern. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Die Wirtschaftspolitik wurde angesprochen. Glauben Sie mir, dazu kann ich Ihnen vieles sagen: Die Zukunft Österreichs wird sich nicht an der Einführung der Registrierkassen entzünden, sondern sie wird sich daran entzünden, was im nächsten Tagesordnungspunkt behandelt werden wird; nämlich dass wir im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer eine Entlastung in Höhe von 5 Milliarden € machen werden.
Daran wird sich entscheiden, ob wir Wachstum generieren, ob wir Arbeitsplätze schaffen und ob wir dieses Land in eine gute Zukunft bringen; aber nicht an der Frage, ob die AUA-Stewardessen rote Strumpfhosen haben oder nicht, und ob die Ampelmännchen und -weiblein so oder so sind – und auch nicht an den Registrierkassen. Es wird sich daran entscheiden, ob es uns gelingt, mit diesen Maßnahmen – entscheidend sind die Wirtschaftsforscher, die uns das bestätigen – tatsächlich zusätzliches Wachstum zu generieren, was wir zwingend brauchen.
Weil immer wieder über die Gegenfinanzierungsmaßnahmen gesprochen wird: Würden Sie aufmerksam die Dinge verfolgen, dann würden Sie auch wissen, dass die Regierung bereits eine Menge von Terminplänen gesetzt hat, um im Bereich Verwaltung, Förderungen, Arbeitsmarkt, aber auch im Bereich der Pensionen Analysen durchzuführen und Ergebnisse vorzulegen. Der letzte Tagesordnungspunkt Pensionen wird am 29. Februar vorgelegt. Für alle, die jetzt zweifeln: Den 29. Februar gibt es nächstes Jahr wirklich. – Manche zweifeln ja manchmal, wenn wir so etwas ankündigen. (Heiterkeit bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.) Es war auch von den Journalisten hinterfragt, und ich habe gesagt: Früher haben die Journalisten noch selbst recherchiert, jetzt müssen wir in den Kalender schauen und ihnen das bestätigen.
Wir haben im Bereich Kapitalabfluss-Meldegesetz genau das gemacht, um die damaligen Abschleicher zu erreichen. Und dort gehen wir davon aus, dass das von jeher nicht 100 Prozent legal verfügbare Konten sind. Diese Abschleicher konnten wir deshalb nicht erreichen, weil zwischen dem Abschluss des Abkommens mit der Schweiz und mit Liechtenstein und dem Inkrafttreten des Abkommens beträchtliche Geldabflüsse leider auch nach Österreich erfolgt sind. Und wenn man die erreichen will, dann braucht man dieses Kapitalabfluss-Meldegesetz, sonst geht das nicht.
Daher gehen wir sehr wohl die großen Fische an – und nicht, wie Sie behaupten, die kleinen aus dem Mittelstand, die wahrscheinlich nie mit irgendwelchen Bewegungen in Richtung Schweiz oder Liechtenstein zu tun hatten.
Ich habe gestern mit dem liechtensteinischen Regierungschef und Finanzminister gesprochen. In der Zwischenzeit hat er dieses Modell, das wir mit Liechtenstein vereinbart haben, so gut wie von jedem Land als Anfrage auf dem Tisch. Wir waren da also Vorreiter für solche Modelle.
Ein kurzer Punkt noch, etwas, das ich schon zurechtrücken möchte: Ich verwahre mich dagegen, dass von irgendeinem der Bundesrätinnen oder Bundesräte unterstellt wird, dass sich unsere Finanzbeamten durch persönliche Stammtischgespräche dazu anregen lassen, Schikanen auszuüben. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Ich verwahre mich dagegen in aller Deutlichkeit, denn eines bitte ist schon klar: Im Gegensatz zu den meisten Gerichtsakten kommen unsere Steuerakten nicht an die Öffentlichkeit, und das können Sie die letzten zehn Jahre genau nachvollziehen. (Bundesrätin Mühlwerth: ... Da ist was anderes zu lesen ...!) – Ja, Ihre sicher nicht, wahrscheinlich. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Welchen Akt haben Sie gelesen? Woher kommt er? – Aus einem Strafprozessverfahren und nicht aus einem Steuerverfahren!
Daher lege ich schon Wert darauf, dass es nicht zu der Unterstellung kommt, den Finanzbeamtinnen und -beamten unredliches Verhalten vorzuwerfen. Dem haben wir uns mit aller Schärfe entgegenzustellen. Bei uns wird ordentlich gearbeitet, sauber vorgegangen und niemand wird schikaniert. Und wenn es doch der Fall sein sollte, dann, kann ich Ihnen nur sagen, wird entschieden dagegen vorgegangen werden. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei Anmerkungen noch zum Vorwurf betreffend weitere Zugriffe: Wenn Sie aufmerksam das Gesetz gelesen hätten, Herr Bundesrat Meißl, dann wüssten Sie, dass weitere Zugriffe verfassungsrechtlichen Bestimmungen unterliegen. Und weil immer wieder argumentiert wird, dass in Deutschland so viel Zugriff erfolgt sei: In Deutschland ist nur der Zugriff auf das Kontenregister erfolgt, aber keine Kontenöffnungen. In Deutschland besteht seit vielen Jahren die Möglichkeit, sich im Quervergleich Kontenregister anzuschauen, aber nicht die Möglichkeit der Kontenöffnung. Das verwechseln Sie nämlich. Der Zugriff in Deutschland betrifft das Kontenregister – hat jemand ein Konto: ja/nein? –, aber nicht die Öffnung der Konten. Bei uns darf ein weiterer Zugriff wiederum nur mit Verfassungsmehrheit durchgeführt werden; das ist sichergestellt.
Für den Kollegen vom Team Stronach: Ich bitte Sie, in Zukunft zumindest semantisch darauf zu achten, dass keine neuen Steuern eingeführt wurden; zumindest semantisch, wenn es vielleicht auch inhaltlich für Sie schwer verständlich ist. Wir haben innerhalb des Steuerrechts Veränderungen durchgeführt, aber keine neuen Steuern eingeführt. Nur zur Sicherstellung möchte ich auch sagen: Wenn wir den Eingangssteuersatz – und das werden wir im nächsten Tagesordnungspunkt behandeln – von 36,5 Prozent
auf 25 Prozent senken, ist das auch ein Eingriff in die Steuerrechtsmaterie. Aber über die diskutieren wir nicht. Wir diskutieren über die, die wir höher gemacht haben; wir diskutieren nicht über die, die wir gesenkt haben. Aber jedenfalls wurde auch kein neues Einkommensteuerrecht geschaffen, und es wurde auch kein neues Lohnsteuerrecht geschaffen. Wir haben nur den Eingangssteuersatz massiv gesenkt. Wir haben auch keine neuen Steuern entwickelt, sondern innerhalb des Steuersystems Veränderungen durchgeführt. Zumindest semantisch würde ich darum bitten, dass daher nicht von „neuen Steuern“ gesprochen wird, sondern von Veränderungen im bestehenden Steuersystem.
Ich bin davon überzeugt – und es ist schon angesprochen worden –, dass uns diese beiden nun vorliegenden und zu behandelnden Gesetzespunkte entsprechende Möglichkeiten schaffen, die Steuerreform erfolgreich umzusetzen. Das haben wir auch so vereinbart und zugesagt. Ich bin davon überzeugt, wenn am 1. Jänner 2016 die meisten Menschen in diesem Land spüren werden, dass diese Tarifreform mehr Geld im Börsel zur Folge haben wird, dass dann auch die Stimmung, die wir dringend für eine positive Entwicklung und für den Optimismus in der Wirtschaft brauchen, wiederkommen und diese einen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, dass wir wieder zu mehr Wachstum und Beschäftigung kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
13.19
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt getrennt.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über das Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Wir kommen weiter zur Abstimmung über ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird, das Kontenregister- und das Kontoeinschaugesetz und weitere Gesetze erlassen und das EU-Amtshilfegesetz und ein weiteres Gesetz geändert werden.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Krusche, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.
Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.
Wir gelangen daher zur namentlichen Abstimmung.
Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ – Einspruch – und „Nein“ – kein Einspruch. Ich bitte um deutliche Wortmeldungen.
Ich ersuche nun die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Junker geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
*****
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Die Stimmabgabe ist beendet.
Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
Die Sitzung ist unterbrochen.
*****
(Die Stimmenzählung wird vorgenommen. – Die Sitzung wird um 13.23 Uhr unterbrochen und um 13.25 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz und weitere Gesetze erlassen, das EU-Amtshilfegesetz und weitere Gesetze geändert werden, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, bei 57 abgegebenen Stimmen 10 „Ja“- und 47 „Nein“-Stimmen.
Der Antrag auf Erhebung eines Einspruchs ist damit abgelehnt.
Mit „Ja“ stimmten die Bundesräte:
Brückl;
Dörfler;
Herbert Werner;
Krusche;
Längle;
Meißl, Mühlwerth;
Pisec;
Samt;
Zelina;
Mit „Nein“ stimmten die Bundesräte:
Beer, Blatnik, Bock, Brunner;
Dönmez;
Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;
Fetik, Forstner, Fürlinger;
Gödl, Grimling, Gruber-Pruner;
Hackl, Hammerl, Heger, Himmer;
Jachs, Junker;
Kneifel, Köck, Köll, Koller, Kurz;
Lindinger, Lindner;
Mayer;
Novak;
Oberlehner;
Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;
Reich;
Saller;
Schennach, Schödinger, Schreuder, Schreyer;
Stadler, Stöckl;
Tiefnig, Todt;
Weber, Winkler;
Zwazl.
*****
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Glücksspielgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2008, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Krankenkassen-Strukturfondsgesetz geändert werden (Steuerreformgesetz 2015/2016 – StRefG 2015/2016) (684 und Zu 684 d.B., 69/A(E) und 750 d.B. sowie 9402/BR d.B. und 9414/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fetik. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Ilse Fetik: Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Glücksspielgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Ausfuhrerstattungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 2008, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Krankenkassen-Strukturfondsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher zu der Antragstellung.
Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss in seiner Sitzung am 21. Juli in Verhandlung genommen und stellt nach mehrheitlicher Beschlussfassung den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.
13.27
Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, es mit der Semantik so genau nehmen, darf ich auch einen semantischen Ansatz wählen. Das Steuerreformpaket ist kein Steuerreformpaket, denn für eine Steuerreform müsste man die Steuern reformieren. Das Steuersystem ist aufgrund dieses Abgabenänderungsgesetzes, so würde ich es definieren, noch komplexer, fast nicht mehr administrierbar für Steuerberater, für Wirtschaftsprüfer und wesentlich komplexer geworden.
Es ist vielleicht eine Steuersatzerhöhung oder Tarifreform, wie Sie es selber genannt haben. Ich würde es einfach Abgabenänderungsgesetz nennen – innerhalb der letzten sechs, sieben Jahre das zehnte insgesamt, wodurch die Belastungen vor allem für die Unternehmer und Unternehmerinnen ins Unermessliche gestiegen sind.
Wenn ich mit der Semantik weiter fortfahren darf (Bundesrat Schennach: Ins Unermessliche!) – ins Unermessliche gestiegen sind, richtig –: Sie sprechen von Redlichkeit. Ich glaube, keiner spricht Ihnen die Redlichkeit ab, das ist ja für mich Voraussetzung eines Finanzministers, des ganzen Finanzministeriums, dass er für Redlichkeit steht, weil sonst funktioniert der ganze Staatsapparat nicht, das ist also ein zwingendes Maß.
Was ich Ihnen aber persönlich abspreche, sehr geehrter Herr Finanzminister – und da muss ich mich auch selbst korrigieren, denn ich hatte ursprünglich eine andere Einschätzung –, ist, dass Sie für die Tüchtigen und für die Leistungsorientierten in diesem Lande da sind, das sind nämlich sicherlich auch die Unternehmer mit ihren tüchtigen Mitarbeitern. – Das spreche ich Ihnen aufgrund dieses Steuerpaketes definitiv ab. (Bundesrat Mayer: Die Arbeitnehmer sind auch die Tüchtigen! Es ist ja eine Lohnsteuerreform!)
Sie sprechen von Vertrauen, das Wort „Vertrauen“ höre ich auch sehr oft von der Bundesregierung: Mit dem Gesetz schaffen Sie aber kein Vertrauen! Wir alle wissen, dass Vertrauen in der Wirtschaft das Wichtigste ist, damit eben – was Sie wollen, was wir alle wollen – der Konsum floriert. – Das ist nicht der Fall. Bestes Beispiel ist jetzt das Griechenlandpaket, es betrifft die österreichische Bevölkerung jetzt nicht unbedingt, noch nicht, aber der Konsum ist schon zurückgegangen, die Leute haben schon Angst. Die Menschen in Österreich glauben zu Recht, sie werden irgendwann einmal für dieses Griechenlandpaket zum Handkuss kommen, sie müssen was bezahlen, ihr Einkommen wird weniger. Jetzt ist das natürlich noch nicht spürbar, aber der Konsum geht schon zurück. Das heißt, das Vertrauen schwindet, anstatt zu wachsen, und mit diesem Steuerreformpaket steigt es schon gar nicht. (Bundesrat Schennach: Aber haben Sie sich nicht überlegt, wer diese Gerüchte verbreitet?)
Weiter mit der Semantik. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Das Wachstum: Wir alle wissen, dass in Deutschland das Wachstum dreimal so hoch ist wie in Österreich, in der Schweiz ist es jetzt doppelt so hoch – aufgrund der Aufwertung des Franken ein bisschen weniger –, sonst auch dreimal so hoch. So schafft man es nicht, das Wachstum auf die Überholspur zu bringen. Und das ist wichtig, das wissen wir alle, denn ohne Wachstum gibt es keine Arbeitsplätze, ohne Wachstum können Sie vor allem den Staat nicht oder immer weniger finanzieren.
Für mich ist dieses Steuerreformpaket – das sage ich ganz ehrlich – ein reines Gruselkabinett für Unternehmer und Unternehmerinnen, für unermessliche Belastungen, die wir hier alle ertragen müssen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)
Von einem Finanzminister erwarte ich mir – wie der Name schon sagt, auch da bleibe ich bei der Semantik –, dass er sich um den Finanzmarkt, um den Kapitalmarkt kümmert, um eine positive Stimmung zu schaffen. Die KESt-Erhöhung geht völlig in die gegensätzliche Richtung, völlig in die andere Richtung. Welcher Unternehmer, welcher Konzern – wir brauchen auch Konzerne – soll nach Österreich kommen, soll sich den Wirtschaftsstandort Österreich aussuchen, wenn Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, den Finanzmarkt verschlechtern, den Finanzmarkt verteuern und damit die Liquidität an der Wiener Börse noch schlechter wird und die Umsätze noch weiter sinken? – Das wird nie und nimmer funktionieren! 60 Prozent aller Arbeitsplätze werden von Konzernen geschaffen, ich meine jetzt aber nicht die Holdings, die das Geld hin und her schieben, sondern die produzierenden Betriebe, die Industriebetriebe. Wie sollen die zu ihrer Liquidität kommen, wie sollen die Umsätze generieren können? Die brauchen Kapital, und das gibt es an der Börse. Wenn Sie hier die KESt, die Kapitalertragsteuer, auf 27,5 Prozent erhöhen, ist das vollkommen kontraproduktiv.
Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel. In England eine konservativ-bürgerliche Regierung – was erzähle ich der ÖVP?, ich überlasse es jedem selbst, wie er sich nennt, für mich seid ihr nicht konservativ-bürgerlich –: Was haben David Cameron und George Osborne dort gemacht? Die haben die Spitzensteuersätze von 50 Prozent auf 45 Prozent gesenkt, da Herr Osborne gemerkt hat, dass anstelle der prognostizierten 2,5 Milliarden Pfund nur 1 Milliarde Pfund hereingekommen ist, nachdem sie 2010 den Spitzensteuersatz auf 50 Prozent erhöht hatten.
Das ist der Steuerwiderstand, das hat nichts mit Steuerhinterziehung zu tun, das ist einfach der Steuerwiderstand. Die Leute wollen das nicht, die gehen woandershin. In einer globalisierten Welt kann man doch nicht mehr in Grenzen denken, das geht nicht mehr! Herr Staatssekretär Mahrer hat zu Recht gesagt, der Konkurrenzdruck ist das, was uns nach vorne bringt, dem müssen wir uns stellen. Dann geht es nicht zu sagen: Der Kapitalmarkt fokussiert sich auf Länder. Dieses Nationendenken hat sich aufgelöst, das ist komplex, das ist global geworden. Also so funktioniert der Laden nicht!
Was hat George Osborne noch gemacht? Osborne hat die Corporate Tax, die Körperschaftsteuer von 25 Prozent auf 21 Prozent gesenkt. Wir haben sie erhöht, wieder erhöht. Ein GesmbH-Besitzer, auch das ist ein Einpersonenunternehmen, muss 45,6 Prozent Steuern bezahlen, das ist aber eine Flat-Tax. Er hat einen Gewinn von einem Euro und muss 45 Prozent Steuern bezahlen! (Bundesrat Schreuder: Vermögensteuer!) – Moment, ich bin noch nicht fertig!
Was haben George Osborne und David Cameron noch gemacht? –Lizenzabschreibungen sind möglich. Sie haben das verteuert. Das ist der dritte Punkt.
Zwei, sagen wir einmal, konservativ-bürgerliche Regierungen; ihr nennt euch halt so, für mich seid ihr aber kilometerweit entfernt davon, ihr seid für mich im Nirvana! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist nichts, das ist ein Nuller, das ist von der „Wirtschaftspartei ÖVP“ so ein Bauchfleck, dass es ärger gar nicht mehr geht.
Was geschieht in England? – Dort gibt es ein Wirtschaftswachstum von fast 4 Prozent! 4 Prozent schaffen die! Mit dieser Methode schaffen sie es, für die Konzerne das Ganze lukrativ zu gestalten. Die haben einen ganz tollen Finanzplatz in London, und was haben wir in Wien? – Nix! In den letzten drei, vier Jahren hat es überhaupt keine Notierungen dort gegeben. Zum heutigen Thema Gründerszene: Die wandern auch woandershin. So ist das nicht, dass es – auf Wienerisch gesagt – eine g’mahde Wies’n ist. Mit diesem Paket sind Sie kilometerweit oder meilenweit von irgendwelchen Wachstumsfantasien entfernt. Das muss ich Ihnen bei allem Respekt, sehr geehrter Herr Finanzminister, schon sagen.
Thema Konkurrenzdruck: Das Wort hat mir – das semantische – vom für mich sehr guten Staatssekretär Mahrer unheimlich gefallen. In der Slowakei gibt es 25 Prozent Steuern, von der Schweiz will ich gar nicht mehr reden, in Deutschland um 10 Prozent geringere Lohnnebenkosten, in der Schweiz um ein Drittel geringere Lohnnebenkosten: Da kann ich doch nicht daherkommen und die Steuern erhöhen! Welche Steuern, Steuersätze, wie Sie sagen, werden denn noch erhöht? Die Steuern für den Sachbezug werden erhöht. Die kalte Progression – gut, das möchte ich Ihnen jetzt nicht absprechen, Sie zeigen zumindest das Bemühen, in diesem Punkt einzugreifen. Ich bin aber gespannt, ob Sie es umsetzen.
Durch die kalte Progression sind die ganzen Vorteile, die durch die Tarifreform auf der Einkommensteuerebene geschaffen worden sind, nach drei, vier Jahren wieder weg, da bleibt nicht viel über. Jeder weiß, dass in Österreich mit dieser kalten Progression 1 Milliarde € pro Jahr von den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen geholt wird, am Parlament vorbei. Das heißt, 2019 ist das vorbei, und übrig bleiben Belastungen, Belastungen und nochmals Belastungen.
Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, warum die betriebliche Ausbildung gekürzt wird. Lifelong Learning ist im Finanzministerium kein Thema mehr! Meiner Meinung nach ist das ein reines Abcash-Steuerpaket, wo es nur darum geht, mit irgendwelchen Mitteln das Geld hereinzuholen. Und Sie holen es sich bei den Falschen, Sie holen es sich bei den UnternehmerInnen (Bundesrat Schreuder: Wer wären die Richtigen?), und das kreide ich Ihnen an. Sie holen es sich bei den UnternehmerInnen. Das wollen wir nicht. (Bundesrat Schreuder: Wer wären die Richtigen? Sag es uns!) – Du kannst dich gerne nachher zu Wort melden. (Bundesrat Schreuder: Wer wären die Richtigen? Wenn das die Falschen sind: Wer wären dann die Richtigen, wo sie sich’s holen sollten?)
Wir haben heute schon über ein Gesetz gesprochen, das 1 : 1 eine Umsetzung einer Rechnungshofempfehlung ist. Ich glaube, es gibt die weltberühmten 599 Vorschläge vom Rechnungshof, die umgesetzt werden sollen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Staat funktioniert, wo ein Drittel der gesamten Steuereinnahmen von 25 Mil-
liarden € in die Verwaltung rennt. Das kann es nicht sein! Und wir Unternehmer müssen diese Verwaltung mit noch höheren Lohnnebenkosten bezahlen, denn der Grundbetrag in der SVA wird ja auch erhöht. Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, haben selbst gesagt: Die Lohnnebenkosten werden gesenkt. Wir warten darauf. Vielleicht ist es das erste Paket, mag sein, aber das zweite und dritte müsste anders aussehen.
Die KESt-Erhöhung ist das Kontraproduktivste, das man sich überhaupt nur vorstellen kann! Wir Klein- und Mittelbetriebe brauchen die Konzerne, die schaffen die Jobs, beauftragen KMUs tausendfach mit Aufträgen, und daher müssen wir schauen, dass auch Niederlassungen hier geschaffen werden. Die Unternehmen halten, Betriebsansiedelung, Gründerszene: das sind die großen Eckpunkte, die gehen aber an der Steuerreform vollkommen vorbei. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
13.37
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Ebner. – Bitte.
13.37
Bundesrat Ing. Bernhard Ebner, MSc (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Pisec, was Sie da jetzt in den letzten paar Minuten von sich gegeben haben, da muss man sich schon fragen. Irgendwie haben Sie nicht wirklich live miterlebt, was in den letzten Monaten da alles passiert ist. Irgendwie ist an Ihnen das Wesen dieser Steuerreform komplett vorbeigegangen. Sie haben das nicht „geschnallt“, und vielleicht kann ich Ihnen heute in meinen Ausführungen das eine oder andere auch noch auf den Weg mitgeben, damit Sie es vielleicht verstehen, worum es eigentlich bei dieser Steuerreform gegangen ist. (Präsident Kneifel übernimmt wieder den Vorsitz.)
Heute ist eigentlich ein guter Tag für Österreich, ein guter Tag für die Familien und im Besonderen ein sehr guter Tag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich. Ich möchte an dieser Stelle zu Beginn ein großes, großes Danke sagen: Ein großes Danke an die Regierung dafür, was in diesem Bereich bei der Steuerreform, im Speziellen betreffend die Tarifentlastung, gelungen ist. Immerhin beschließen wir heute eine der größten Steuerreformen in der Zweiten Republik. Es geht um eine Entlastung von 5,2 Milliarden für jene, die hart arbeiten, für all jene, die tagtäglich in der Früh aufstehen und ihre Arbeit verrichten, und für jene, die die Leistung bringen. 7 Millionen profitieren von dieser Steuerreform.
Ich möchte mich zu Beginn sehr intensiv auf die Tarifreform konzentrieren, weil diese leider unter den anderen Vorzeichen, die es sonst noch gegeben hat, doch deutlich untergegangen ist. Schauen wir uns diese Tarifentlastung einmal an.
Ab 1. Jänner 2016 wird es statt bisher drei Tarifstufen sechs Tarifstufen geben. Das Wichtigste dabei ist, dass der Eingangssteuersatz auf 25 Prozent reduziert wird. Für Einkommen ab 11 000 € galt bisher der Steuersatz von 36,5 Prozent, in Zukunft gilt ein Steuersatz von 25 Prozent. Für einen Arbeitnehmer, der 1 500 € brutto bekommt, bedeutet das eine Entlastung von 500 € im Jahr. Für eine alleinerziehende Mutter, die ein Kind hat und 2 000 € brutto verdient, bedeutet das eine Entlastung von circa 1 000 €. Für einen Arbeitnehmer, der 3 000 € verdient, bedeutet das eine Entlastung von immerhin 1 300 € jährlich.
Das ist nicht nichts. Da geht es um wirklich viel. Da geht es um Steigerung der Kaufkraft und darum, dass die Menschen tatsächlich mehr im Geldbörsel haben.
Natürlich – und auch das erfüllt diese Steuerreform – darf man bei diesem Gesetz nicht die Geringverdiener aus den Augen verlieren. Rund 2,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich haben zurzeit ein Jahreseinkommen von unter 11 000 €. Auch die werden entlastet, nämlich durch Rückerstattungen von Sozialversicherungsbeiträgen, in Summe 300 Millionen € im Jahr. Auch die Pensionisten und Pensionistinnen erhalten rund 70 Millionen € zurückerstattet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Debatte um die Steuerreform haben wir leider verabsäumt – und da müssen wir uns alle selbst an der Nase nehmen –, die positiven Punkte hervorzukehren. Am Schluss sind nur mehr die negativen diskutiert worden, einige kleine Veränderungen. Wir müssen auch schauen, dass wir das Positive hervorkehren, denn genau darum geht es: um die Entlastung von 7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die brav ihre Steuern zahlen, die tüchtig und fleißig sind. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ich gebe zu, dass wir vom ÖAAB eine andere Forderung gehabt haben, was den Tarif betrifft. Wir haben andere Vorstellungen gehabt. Wir haben einen Gleittarif überlegt, aber der war in dieser Situation nicht durchführbar. Wir haben aber mit den sechs Steuerstufen doch einiges zusammengebracht. Wir haben uns sehr, sehr intensiv seit fast einem Jahr mit diesem Thema auseinandergesetzt. Im Fokus ist für uns immer die Senkung des Eingangssteuersatzes gestanden. Aber, und das ist schon wichtig, nur durch den ÖAAB und durch die Hanni Mikl-Leitner ist es auch gelungen, die Familien zu entlasten, und das war uns auch wichtig. Darauf möchte ich ganz besonders hinweisen.
Wir hätten natürlich gerne mehr gehabt, keine Frage. Wie es bei so einem System immer ist: Am Ende trifft man sich. Wir hätten pro Kind gerne einen Freibetrag von 7 000 € gehabt. Geworden sind es 440 € – auch eine Verdoppelung. Auch das ist schon ein richtiger Schritt, und – auch darauf muss man hinweisen – daran sieht man, dass uns Familien etwas wert sind und dass uns die Entlastung der Familien wichtig ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Immerhin sind Kinder und Familien der Grundstock unserer Gesellschaft. Deshalb ist es der erste Schritt in die richtige Richtung. Immerhin reden wir da von einer Summe von circa 100 Millionen € im Jahr.
Noch etwas zum Stichwort Familie – man darf nicht vergessen, dass im Zuge der Steuerreform auch das gelungen ist: Seit 1. Mai gibt es die antragslose Familienbeihilfe, über die wir im Bundesrat ja bereits debattiert haben. Das ist ein richtiger Schritt in der Verwaltungsreform. Sehr oft verbinden wir Verwaltungsreform nur mit der Frage, wo man Beamte einsparen kann. Das ist eine Verwaltungsreform, wo der Bürger etwas spürt, wo das einfach automatisch angemeldet wird, wo er nirgends mehr hingehen muss, nichts mehr tun muss. Für das Kind wird bereits seit 1. Mai bei der Geburt antragslos die Familienbeihilfe beantragt.
Noch ein Wort zu den Pensionisten: Es wurde schon erwähnt, Pensionisten mit geringen Bezügen unter 11 000 € im Jahr werden in einem Ausmaß von 70 Millionen € entlastet. Das passiert in Form von Steuergutschriften bis maximal 110 € für jene Pensionisten, die da reinfallen, und das sind in Österreich immerhin rund 600 000, die davon profitieren.
Aber eines ist auch klar: Wir werden über kurz oder lang nicht an einer Pensionsreform vorbeikommen, und wir müssen bereits jetzt den nächsten Schritt setzen, genau so, wie es sich die Bundesregierung vorgenommen hat, nämlich einen Schritt nach dem anderen zu setzen und auch in diesem Bereich die Maßnahmen dementsprechend zu verhandeln.
Wir müssen, und das ist mir wichtig, unser Pensionssystem zukunftsfit machen. Es wird auch oft das Wort „enkelfit“ herangezogen. Gemeint ist, dass wir gemeinsam
schauen müssen: Wie geht es unseren Kindern einmal? Wie geht es den Kleinsten einmal? Wie erleben die dann die Pension? Genau da müssen wir ansetzen, genau da müssen wir schauen, dass wir Maßnahmen setzen.
Der letzte Punkt noch, den ich erwähnen möchte, auch ein wichtiger Schritt, auch ein Beitrag zur Verwaltungsreform, nämlich die automatisierte Arbeitnehmerveranlagung: Auch das ist etwas, wovon die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer in Österreich profitieren. Circa 1 Million Menschen beantragen keine Steuergutschrift am Jahresende, obwohl sie einen Anspruch hätten. Mit der automatischen Steuererklärung haben die alle auch etwas davon und profitieren auch.
Man sieht also, es gibt sehr, sehr viele positive Aspekte; und es gäbe noch einige mehr als die, auf die ich jetzt eingegangen bin. Es gibt viele positive Aspekte bei dieser Steuerreform, die in der Debatte in der Vergangenheit leider ins Hintertreffen geraten sind. Ich wollte sie heute nach vor kehren, damit wir auch diese Aspekte immer wieder im Auge haben.
Wir werden diesem Antrag natürlich zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
13.46
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Schreuder zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
13.46
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Ich werde es jetzt doch relativ kurz machen, obwohl es ein sehr wichtiger Tagesordnungspunkt ist – es ist einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte heute überhaupt, das ist mir bewusst. Nur ist es, glaube ich, in der öffentlichen Wahrnehmung schon so intensiv diskutiert worden und die Punkte sind alle so bekannt, dass ich einfach zusammenfassend noch einmal die grünen Positionen taxativ aufzählen möchte. Im großen Unterschied zur Freiheitlichen Partei will ich nicht nur schimpfen, ohne ein Konzept vorzulegen, sondern ich würde ganz gerne sagen, was wir anders machen würden.
Wir können diese Steuerreform nicht Steuerreform nennen – da hat der Kollege der Freiheitlichen sogar recht –, denn eine Steuerreform ist tatsächlich etwas anderes. Aus unserer Sicht ist das eine Tarifanpassung. Was wir an dieser Tarifanpassung als problematisch ansehen, ist, dass es an der Verteilungsgerechtigkeit – und da bin ich auch gespannt auf die Wortmeldungen der Sozialdemokraten danach – genau gar nichts ändert.
Ich habe mir das einmal in meinem ganz persönlichen Umfeld, nämlich bei mir zu Hause, angeschaut. Ich als Bundesrat und Unternehmer, der sehr gut verdient, spare mir da schon einen Haufen Geld. Eigentlich müsste eine geheime Stimme in mir jetzt quasi zustimmen, denn es sind doch, glaube ich, 2 500 € im Jahr, die ich dann mehr haben werde. Mein Mann hingegen, der mit seinen 1 400 € netto punktgenau im österreichischen Durchschnittseinkommen liegt, bekommt durch diese Tarifanpassung nur ein paar „Zerquetschte“ mehr. (Bundesrätin Zwazl: Das ist der Unterschied zwischen einem Generaldirektor und !)
Aber das ist eben die Frage: Wen entlastet man mehr und wen entlastet man weniger? Und wenn ich jetzt auch noch die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern berücksichtige und mir dann anschaue, wer mehr Belastung und wer mehr Entlastung in dieser sogenannten Steuerreform hat, dann muss man leider sagen, dass die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern heute mit diesem Beschluss weiter auseinandergeht, und das ist wirklich ein großes Problem. – Das ist das eine.
Das andere: Wenn man eine tatsächliche Steuerreform machen möchte, dann sollte man natürlich auch darüber nachdenken: Was möchte ich mehr belasten, was möchte ich umverteilen und was möchte ich weniger belasten?
Ich kann mich erinnern, ich habe mir schon als Kind diese „Elefantenrunden“ im Fernsehen angeschaut, und vor jeder Wahl waren sich alle Parteien immer einig, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen. Das sagt jeder. Aber dann stellt sich die Frage: Was belastet man statt dem?
Alle Expertinnen und Experten, nicht nur die der Grünen, sagen: Wenn man zukunftsweisend besteuern möchte, dann kommt man um eine Ökologisierung der Steuer nicht herum. Das heißt, dass die Belastung der Ökologie stärker besteuert werden muss, um Arbeit und Einkommen weniger zu besteuern, vor allem die niedrigen Einkommen und die niedrigen Löhne. Das wäre Steuergerechtigkeit.
Wir von den Grünen bleiben dabei: Wir wollen Vermögensteuern. Wir sind auch der Meinung, dass Erbschaftssteuern und Schenkungssteuern wie in 17 anderen Staaten der Europäischen Union auch – das sind ja keine marxistischen Staaten, das sind 17 Staaten der Europäischen Union – zu mehr Gerechtigkeit, zu mehr Ausgleich in der Gesellschaft und zu mehr Frieden in der Gesellschaft beitragen. Dabei bleiben wir.
Deswegen müssen wir leider ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
13.50
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Lindinger. Ich erteile es ihm.
13.50
Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Marco Schreuder, „mehr“ und „weniger“, das ist immer ein Begriff. Man geht bei einer Steuerreform in Verhandlungen hinein, und am Ende des Tages kommt ein Ergebnis heraus.
Man kennt aber auch die Position der Sozialdemokraten am Beginn der Verhandlung, und man kennt das gute Ergebnis der gesamten Steuerreform am Ende des Tages. Dass sich nicht alle Verhandlungspartner alles durchsetzen können, ist ja bekannt.
Wir werden dieser Steuerreform heute die Zustimmung geben. Das ist eine der größten Steuerreformen der Nachkriegszeit, wenn nicht die größte. Es geht darum, dass die Menschen von ihrem Geld auch etwas zurückbekommen.
Herr Kollege Pisec! Der sozialdemokratische Parlamentsklub hat diese einfache Broschüre herausgegeben, in der man wirklich alles nachlesen kann. (Der Redner hält eine Broschüre mit dem Titel „Für alle mehr herausgeholt!“ in die Höhe.)
Das Ergebnis ist mehr Netto vom Brutto. Das ist bekannt und wird bei jedem Staatsbürger, der eine Steuererklärung abgibt, einmal herauskommen. Denn der Lohnsteuerrechner und der Steuerrechner hier in dieser Fibel, wenn man sie so nennen darf, ist ja ganz einfach:
Kleine und mittlere Einkommen werden entlastet. 91 Prozent der Steuerreform fließt in Einkommen unter 4 500 € brutto, und das ist der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher, die Steuern zahlen.
Was den Eingangssteuersatz ab 11 000 € Jahreseinkommen betrifft, wird auch da entlastet, nämlich mit der Negativsteuer, indem man eine Steuergutschrift bekommt. Sie sehen, die Steuerreform greift in vielen Bereichen.
Dass neue Steuerstufen geschaffen werden, ist klar. Man schafft eine Abflachung, indem man eine Einschleifregelung macht; damit nicht so hohe Stufen sind, wenn man
in die nächste Progression kommt. Das hat man ja immer gespürt. Daher kann man jetzt vielleicht ein wenig leichter über die „kalte Progression“ nachdenken und überlegen, wie man das in den Griff bekommt.
Das ist ja ein weiterer Schritt, den die Gewerkschaften dann bei der „kalten Progression“ verhandeln: dass man nicht bei einer Pensionserhöhung oder bei einer Kollektivvertragserhöhung, wenn das Verhandlungsergebnis hinsichtlich Gehaltserhöhung gut war, in den nächsten Steuersatz kommt und deshalb wesentlich mehr Steuern bezahlt. – In vielen Bereichen gehören also die Menschen entlastet.
Zu den Themen Steuergutschrift, Entlastung und gerechte Gegenfinanzierung: Da ist bei der Gegenfinanzierung schon einiges erreicht worden, nämlich mit dem Kampf gegen den Steuerbetrug, mit der vermögensbezogenen Steuer, mit der Konjunktur und der Kaufkraft, mit der Verwaltungsreform, mit den Änderungen im Steuersystem, also insgesamt 5,1 Milliarden €.
Nur, um den Steuerbetrug hier zu erwähnen – wir haben noch einen Tagesordnungspunkt mit einem Übereinkommen mit Mauritius –: Beim Steuerbetrug ist es eine der wichtigsten Entscheidungen, dass man mit 1,9 Milliarden € zurückkommt.
Der Steuerbetrug in Europa, also das, was an der Finanz vorbeigeschleust wird, beträgt 1,2 Billionen €. Man könnte mit diesem Betrag innerhalb von acht Jahren in ganz Europa jeden Haushalt steuerfrei machen, wenn in Europa alle Haushalte den Steuerbetrug bekämpfen würden. Es gibt unterschiedliche Summen, die vorbeigeschleust werden. In Italien ist die Summe ein wenig höher im gesamten Haushalt als in Österreich; in Österreich bemüht man sich, diese Summe noch zu senken. Da geht es in die richtige Richtung.
Geschätzte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere die Bezieherinnen und Bezieher einer zum Beispiel 1 200 €-Pension werden an Steuern fast nur mehr die Hälfte von dem zahlen, was ihnen derzeit abgezogen wird. Bei einer 1 500 €-Pension bleiben fast 700 € jährlich mehr Geld im Börsel.
Das bedeutet eine Entlastung der Pensionistinnen und Pensionisten – und das ist sehr wichtig, denn diese große Bevölkerungsgruppe war in den letzten Jahren immer wieder von den Teuerungswellen betroffen. Laut dem sogenannten Pensionistenpreisindex lag das deutlich über der allgemeinen Teuerung. Die Entlastung war wirklich notwendig. Wir vergönnen es unseren Pensionistinnen und Pensionisten. Es ist übrigens eine erstmalige Miteinbeziehung der Gutschriftregelung der Steuergutschrift bei der Negativsteuer.
Fast eine dreiviertel Million der Pensionsbezieher erhalten eine Gutschrift von 110 € auf bezahlte Krankenversicherungsbeiträge, und 55 €, bezogen auf 2015, werden schon im Sommer 2016 zur Auszahlung gelangen. Das ist ein Vorzieheffekt und hilft immerhin 1,1 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entlastung trifft also über 6 Millionen Menschen in Österreich, das sind sehr viele Haushalte. Das kurbelt wiederum die Wirtschaft an, und die Wirtschaft wird das spüren. Der Konsum wird ansteigen, und ich glaube doch, dass wir durch das Wirtschaftswachstum auch wieder Geld zurückbekommen, nämlich durch Steuereinnahmen. Das ist der Sinn und Zweck einer Steuerreform, dass auf der anderen Seite die Wirtschaft angekurbelt wird.
In diesem Sinne werden wir dem Steuerpaket, der großen Steuerreform die Zustimmung erteilen. Wir freuen uns, dass sehr viele Österreicherinnen und Österreicher davon profitieren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
13.57
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Zelina. – Bitte.
13.58
Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Die Senkung der Lohnsteuer- und Einkommensteuertarife, insbesondere die Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent auf 25 Prozent ist ein ganz wichtiger Schritt. Er erhöht die Kaufkraft unserer Bürger, entlastet besonders Niedrig- und Geringverdiener und legt über höhere Konsumausgaben die Basis für zukünftiges Wachstum und Arbeitsplätze. Dieser Teil der Steuerreform ist sehr lobenswert. Gratulation dazu!
Nicht lobenswert ist, dass die Gegenfinanzierung dieser Lohnsteuerreform anderswo zu Steuererhöhungen führt. Das ist eine Steuerreform nach dem Motto: Bei der einen Tasche rein, bei der anderen Tasche raus! Die Gegenfinanzierung der Lohnsteuersenkung führt zu einer Erhöhung der Kapitalertragssteuer, zu einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, zu einer Erhöhung der Grunderwerbsteuer und zu einer Erhöhung der Immobiliensteuern.
All diese Erhöhungen sind standortschädlich, unternehmerunfreundlich, gefährden Arbeitsplätze und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Anstatt bei der Staatsverwaltung zu sparen, werden wieder Steuern erhöht und unsere Bürger und Unternehmer zur Kasse gebeten.
Ich habe es heute schon einmal gesagt, und diesmal wiederhole ich es semantisch korrekt – Herr Finanzminister, ich nehme mir das zu Herzen –: Jede Steuererhöhung ist unredlich, solange unsere Regierung vorher nicht ihre Hausaufgaben bei sämtlichen staatlichen Einsparungspotenzialen macht. Solange keine Verwirklichung von Einsparungen durch Reformen bei Verwaltung, Föderalismus und beim Förderdschungel umgesetzt wird, gibt es für unsere Regierung keine Legitimation, Steuern zu erhöhen.
In der Verwaltung könnten wir jährlich 7 Milliarden € einsparen. Wir müssen den Staat auf seine wichtigsten Aufgaben zurückverschlanken. Wir brauchen eine neue österreichische Verfassung mit einer effizienten Neuaufteilung der Aufgaben von Bund, Land und Gemeinden. Der Staat gehört auf seine Kernaufgaben beschränkt: Verwaltungskosten runter, Effizienz rauf, Konzentration auf Kernaufgaben des Staates, alles andere streichen! Immer nur neue Staatsaufgaben draufzulegen, führt zum Verwaltungskollaps.
Wir sind auf allen Ebenen überverwaltet. Die Kernfrage bei sämtlichen Tätigkeiten des öffentlichen Sektors lautet: Brauchen wir das wirklich? Was ist der Nutzen dieser Tätigkeit? – Alle staatlichen Tätigkeiten müssen auf Sinnhaftigkeit und Bürgernutzen hinterfragt werden, nichts darf tabu bleiben.
Meine Damen und Herren, nichts ist weniger effizient, als etwas effizienter zu machen, was überhaupt nicht gemacht werden sollte.
Kernaufgaben des Staates wären Gesetzgebung und Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Sicherheit für die Bürger im Inneren und gegenüber Äußeren sowie die Schaffung von attraktiven Rahmenbedingungen für neue Arbeitsplätze und ein wettbewerbsfähiges Österreich. (Bundesrat Schreuder: Kultur! Bildung ...!)
Das Finanzieren von anderen Staaten durch Kreditgewährung (Bundesrat Schreuder: Was ist mit Schulen? – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling) ist zum Beispiel nicht Kernaufgabe eines Staates. (Bundesrat Schreuder: Was ist mit Theatern? Bundestheater brauchen wir nicht mehr, oder? – Bundesrätin Grimling: Brauchen wir alles nicht! – Bundesrat Schreuder: Brauchen wir Bundestheater? Brauchen wir ...?) Für die Finanzierung fremder Staaten wie zum Beispiel Griechenland stehen die Steuern unserer österreichischen Bürger nicht zur Verfügung.
Sämtliche Verwaltungstätigkeit muss zur Servicedienstleistung für die Bürger werden und darf nicht als Selbstzweck der eigenen Bereicherung oder zur Bereicherung der Verwaltungsinstitutionen dienen. (Bundesrat Schennach: Glauben Sie das selber? – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)
Das Hauptproblem unserer Verwaltung ist, dass unsere Steuergelder in aufgeblähte, historisch gewachsene Verwaltungsstrukturen fließen und nicht dorthin, wo sie benötigt werden (Bundesrat Schennach: ... Stammtisch!): beim Bürger, beim Patienten, beim Schüler, beim Förderungsempfänger. Wir brauchen Bürgerdienstleistungsqualität und keine Beamtendiktatur. Der Bürger ist Kunde und nicht Bittsteller. (Bundesrat Schennach: Das ist er schon längst!)
Es ist schon klar, niemand will freiwillig historisch gewachsene Kompetenzen und Aufgaben abgeben. Dennoch müssen wir im gesamtstaatlichen Interesse Verwaltungs-, Kompetenz- und Aufgabenreformen angehen, um Österreich wieder an die Spitze zu bringen, um es wettbewerbsfähiger zu machen und um unsere steigende Arbeitslosigkeit zu reduzieren.
Unsere Bundesregierung – auch der Herr Finanzminister – kann nicht vernünftig regieren, solange Länder und Städte regionale machtpolitische Partikularinteressen in den Vordergrund stellen und als Reformverweigerer auftreten.
Fusionen und verwaltungstechnische Kooperationen auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene gehören weiter vorangetrieben, um die föderalen Neunfachstrukturen, Doppelgleisigkeiten, Parallelstrukturen und nicht ausgelasteten Kapazitäten zu reduzieren.
Die Gemeinden sollten eine Mindestgröße von 10 000 Einwohnern haben, Bezirke eine Mindestgröße von 60 000 Einwohnern. (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Eigene Landesgesetzgebungen (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) in neun Landesparlamenten sind in einem so kleinen Staat wie Österreich nicht notwendig und völlig überdimensioniert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Den psychischen Schock, dass wir keine große Monarchie mehr sind, haben wir anscheinend noch immer nicht überwunden. (Rufe bei der ÖVP: Wir schon!) Wir tun weiter so, als wären wir ein Kaiserreich (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) mit neun Kronländern und neun mächtigen Landesfürsten. Kaiserlich groß ist auch unsere Verwaltung. – Österreich ist nicht viel größer als Bayern! Das ist die Realität. (Bundesrat Schennach: Normalerweise ist es ...!)
Die österreichische Gesetzgebung sollte nur auf Bundesebene – unter Mitsprache der Länder in einer starken zweiten österreichischen Parlamentskammer, sprich einem aufgewerteten Bundesrat – erfolgen. (Ah-Rufe bei ÖVP und SPÖ. – Demonstrativer Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Sämtliche Landesgesetze gehören auf Bundesebene vereinheitlicht. Wir brauchen für das kleine Österreich bundeseinheitliche Gesetze, die im ganzen Bundesgebiet gelten.
Wir brauchen keine neun unterschiedlichen Jugendschutzgesetze, keine neun unterschiedlichen Pflegegesetze, keine neun Wohnbauförderungsgesetze, keine neun unterschiedlichen Kinderbetreuungsgesetze, keine neun unterschiedlichen Mindestsicherungsgesetze und keine neun unterschiedlichen Besoldungsrechte für Ärzte. (Bundesrat Schennach: Und Ärztinnen!)
Es muss in einem kleinen Land wie Österreich wohl möglich sein, eine für alle Bundesländer gleichlautende Ärztebesoldungsregelung zu treffen. Das würde dem Land viele politische Diskussionen ersparen.
Für die Kinderbetreuung sind derzeit neun Bundesländer und vier Ministerien zuständig, und die Gemeinden haben das dann umzusetzen und zu organisieren. Da ist bei einer effizienten Aufgabenteilung viel Einsparungspotenzial drinnen. Kinderbetreuung sollte Gemeindekompetenz werden, die bundeseinheitlich geregelt ist; die Landesebene kann hier völlig herausgelassen werden.
Wozu brauchen wir neun verschiedenen Sozialhilferegelungen? – Wir brauchen eine Vereinheitlichung der neun unterschiedlichen Mindestsicherungs-Landesgesetze zu einem einzigen, bundeseinheitlichen Mindestsicherungsgesetz.
Wir haben in Österreich neun Bauordnungen. Die Wirtschaft muss sich mit neun verschiedenen Bauordnungen und deren Folgekosten herumschlagen, auch alle Architekten. Wer braucht neun Bauordnungen? – Niemand! Nur die Landespolitiker, damit sie wissen, wofür sie da sind, damit sie ihre Daseinsberechtigung legitimieren. (Bundesrat Todt: Die gleiche Bauordnung ... wie in Simmering?)
Nach 30 Jahren Familien-Bundesministerium gibt es noch immer kein österreichweites, einheitliches Jugendschutzgesetz. Wir brauchen keine neun unterschiedlichen Jugendschutzgesetze in jedem Bundesland. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)
Wir brauchen ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz, das von überflüssigen Paragraphen befreit wird und die Bedürfnisse der Jugendlichen bundeseinheitlich regelt. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
Auch – wir kommen heute noch dazu – bei der Gentechnik brauchen wir eine einzige, bundeseinheitliche Regelung, das müssen wir ebenfalls nicht neunfach unterschiedlich in den Ländern regeln.
Meine Damen und Herren, die Länder gehören in ihrer Kompetenz auf eine Verwaltungsebene ohne eigene Landesgesetzgebung reduziert. Die Länder gehören als Verwaltungsbezirke gemanagt. Die Länder sollen bei der Bundesgesetzgebung kräftig mitreden, eine eigene Landesgesetzgebung ist nicht notwendig! (Bundesrat Mayer: Wir brauchen nicht ...! Wir müssen immer mitreden, weil wir nicht mehr ...!) Sämtliche Landesgesetze gehören auf Bundesebene vereinheitlicht, und der Bundesrat kann da eine wesentliche Rolle spielen. (Bundesrat Krusche: Wer wählt denn dann den Bundesrat? – Weitere Zwischenrufe.)
Bei der österreichischen Post hat es früher neun Landespräsidenten gegeben. Jedes Bundesland hatte einen eigenen Geschäftsführer, eine eigene Personalabteilung, eine eigene Rechtsabteilung, eine eigene Buchhaltung, eigene Dienstwägen und eigene Büros. Der neue Postgeneral Anton Wais hat alle neun Landespräsidenten zu einem Mittagessen eingeladen. Die neun Präsidenten haben gesagt, dass sie sich geehrt fühlen. (Ruf bei der SPÖ: Wer hat das bezahlt?) Der neue Postgeneral hat daraufhin gesagt: Das ist jetzt euer letztes Mittagessen als Präsidenten, ich schaffe euch alle ab! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Nehmen Sie sich den Postgeneral Anton Wais zum Vorbild und reduzieren Sie sämtliche Neunfachstrukturen und Verwaltungsdoppelgleisigkeiten in diesem Land! Dann brauchen wir auch keine Steuererhöhungen zur Gegenfinanzierung dieser Tarifreform. – Vielen Dank.
14.09
Präsident Gottfried Kneifel: Bevor wir in der Debatte weitergehen, stelle ich fest, dass diese Debatte im Bundesrat, in der Interessenvertretung der österreichischen Bundesländer, stattfindet.
Ich erteile Frau Bundesrätin Zwazl das Wort. – Bitte.
14.09
Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Kollege Zelina, heute hast du mir wirklich einmal eine Vorlage gegeben! Ich gestehe gleich, das werde ich nicht halten können: Es ist mir noch nie geglückt, die Kolleginnen und Kollegen so zu unterhalten, wie du es heute gemacht hast. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ich habe aber auch meinem Kollegen Pisec zugehört und habe mir gedacht, jetzt kenne ich mich nicht aus. Die Mindest-KöSt beträgt, wenn ich keinen Gewinn mache, ganz einfach 1 750 €, und die kann ich dann wieder geltend machen. Daher verstehe ich das nicht. Wenn einer keinen Gewinn macht, dann zahlt er nicht. (Bundesrat Pisec: Kennst du die ...?)
Ja, das sind 1 750 €, Entschuldigung! Die kann man dann aber trotzdem wieder gegenrechnen. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) Also, Reinhard Pisec, da kenne ich mich aus, ich bin auch aus der Wirtschaft.
Marco, die Vergleiche, die du gemacht hast: Ich habe keine Ahnung, wie viele Stunden dein Partner arbeitet. Aber es ist nun einmal so, dass ein Unternehmer, eine Unternehmerin, eine Selbstständige oft mehr Stunden arbeitet, und wir können nicht immer vergleichen, ob jetzt jemand weniger oder mehr verdient. Es kommt ganz einfach immer auf die Leistung an. (Bundesrat Schreuder: Ich habe von Gerechtigkeit gesprochen!) Ja, aber die Gerechtigkeit ist halt: Wenn einer mehr Steuern zahlt, dann profitiert er ein bisschen mehr davon. Ich glaube daher nicht, dass man das als ungerecht bezeichnen kann.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wenn man den Ausführungen unseres Finanzministers Hans Jörg Schelling zugehört hat, dann ist ganz klar zu erkennen, dass es ihm ernst damit ist, dass die Steuerreform nicht der Schlusspunkt, sondern der Start zur Sicherung unseres Wohlstands ist. Es gibt ernsthafte Bemühungen, unser Pensionssystem an die heutige Zeit anzupassen, es gibt ernsthafte Überlegungen, den Finanzausgleich neu zu regeln, und es gibt den festen Entschluss, der kalten Progression einen Riegel vorzuschieben.
Ziel ist es, die Effekte der neuen Einkommensteuertarifstufen dauerhaft zu erhalten. Es ist uns allen bewusst, dass die Entlastung in der Höhe von 4,5 Milliarden € durch neue Stufen nur dann auch nachhaltig wirken kann, wenn die inflationsbedingten schleichenden Steuererhöhungen ausgeglichen werden. Daran wird aktuell gearbeitet.
Diese Maßnahmen kommen uns allen zugute – egal, ob selbstständig oder unselbstständig. Dies stärkt natürlich die Kaufkraft, was für uns in der Wirtschaft gut ist. Wir haben das heute schon ein paar Mal besprochen: Nur dann, wenn die Wirtschaft funktioniert, wenn die Wirtschaft läuft, haben wir auch alle einen Arbeitsplatz, und ein Arbeitsplatz ist genau das, ob ich jetzt selbstständig oder unselbstständig bin, und deshalb ist es für uns wichtig, wenn wir mehr Geld im Börsel haben. Das kann durch die vorliegende Änderung des Einkommensteuergesetzes erreicht werden, auch durch die neuen Tarifstufen oder durch die Erhöhung der Negativsteuer.
Es ist uns aber auch allen klar, dass diese Steuerreform kurzfristig nicht nur ausgabenseitig finanziert werden kann, sondern auch durch Einnahmen. Aber uns war es schon wichtig – und dafür bin ich sehr dankbar –, dass man gegen einige Ideen der Gegenfinanzierung massiv aufgetreten ist. Ich sage – und ich glaube, ein Großteil von uns sagt das auch – danke schön dafür, dass es keine Erbschaftssteuer, Schenkungs- und Vermögenssteuer gibt!
Bei den Maßnahmen zur Gegenfinanzierung, die wir am Anfang präsentiert bekommen haben, haben wir schon geschaut. Es ist dann Gott sei Dank so gemacht worden, dass
es keine Standortverschlechterung gibt, dass der Standort keinen Schaden nimmt. Ich spreche da ganz gezielt die Grunderwerbsteuer an. Man darf nicht vergessen, dass innerhalb von zehn Jahren fast jedes fünfte Unternehmen zur Übergabe ansteht. Fast jeder dritte Arbeitsplatz in der gewerblichen Wirtschaft ist davon betroffen. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir in den Verhandlungen eine Grunderwerbsteuer erreicht haben, die jetzt für uns wirklich tragbar ist. Dafür auch ein herzliches Dankeschön!
Glaubt denn wirklich jemand, dass es bei der Übergabe ums Erhalten von Privilegien geht? Glaubt wirklich jemand, dass eine Familienübergabe den großen Reichtum bei irgendjemandem auslösen kann? – Das kann nur derjenige glauben, der vom tatsächlichen Leben und von der Praxis wirklich keine Ahnung hat!
Es hat sich aber auch gezeigt, dass wir immer sehr vorschnell irgendetwas negativ sehen. Da denke ich zum Beispiel daran, was die Diskussion des Pkw-Sachbezugs gezeigt hat, der jetzt erst ab 130 Gramm CO2-Ausstoß greift. Da ist es nicht um die Generaldirektoren gegangen, die man da gleich angesprochen hat, sondern man hat gar nicht daran gedacht, dass Tausende von Vertretern und Außendienstmitarbeitern davon betroffen sind, wenn sie eben ihr Dienstauto privat nützen dürfen. Darüber bin ich sehr froh, dass das jetzt so geschehen ist.
Es fehlt uns manches Mal überhaupt die Gesamtsicht. Aber wenn es um die Gesamtsicht geht, dann möchte ich mich auch mit einer Gegenfinanzierungsmaßnahme etwas auseinandersetzen. Bei der Registrierkassenpflicht sehe ich schon noch ein großes Fragezeichen. Mir geht es nicht darum, dass wir keine Registrierkassen haben. Wir wehren uns nicht gegen die Registrierkassen, auch wenn das am Anfang so rübergekommen ist. Für uns geht es darum: Es steckt, so wie bei vielen Sachen, der Teufel im Detail.
Diese Verordnung muss so sein, dass es auch eine gut administrierbare Umsetzung gibt, denn so, wie die Registrierkassenpflicht ursprünglich angedacht war und teilweise noch in Diskussion steht, ist das für mich schon noch ein Bürokratiemonster. Damit muss man sich ein bisschen mehr auseinandersetzen. Das ist mir wichtig, da brauchen wir eben die Gesamtsicht, also nicht nur die Kasse an sich, denn vergesst nicht: Viele unserer Kleinstbetriebe haben keine EDV-basierte Warenwirtschaft!
Nach der derzeitigen Vorstellung ist mit der Registrierkassenpflicht die Angabe der Menge und der handelsüblichen Bezeichnung der gelieferten Gegenstände zu dokumentieren. Das heißt, sämtliche Artikel müssen vorher in die Registrierkasse einprogrammiert werden. Wenn wir dieses Beispiel durchdenken, so werden wir sicher nachvollziehen können, dass wir hier in vielen Fällen nicht bloß von der Anschaffung einer Registrierkasse sprechen, sondern von einer kompletten Neuausstattung der Firmen-EDV!
Ich bekomme in der letzten Zeit sehr viele Beispiele von Unternehmern, die mir ihre Situation schildern, die dann auch schon Kostenvoranschläge eingeholt haben. Ich habe da jetzt einen Unternehmer, der mir das gestern erst geschickt hat: Er hat drei Kassenplätze, und er sagt, es ist bei ihm eine komplette Neuausstattung notwendig. Er hat das durchgerechnet, und da geht es eben nicht nur um ein paar hundert Euro für eine Kasse, sondern er spricht von an die 50 000 €. (Bundesrätin Mühlwerth: Ist das jetzt eine Kritik an dem Gesetz?)
Das ist ganz einfach nur, dass es in den Verhandlungen, in denen wir uns jetzt noch bewegen, wichtig ist, dass wir auf diese Sachen Rücksicht nehmen. Ich habe gesagt, wir wehren uns nicht gegen die Registrierkasse, ich habe aber auch dazugesagt, dass es derzeit noch Verhandlungen gibt. Es ist selbstverständlich, dass man hier sachlich und ruhig ganz einfach seine Anliegen einbringt. Ich habe große Achtung und Hochachtung, und ich denke auch, dass wir es schaffen werden, für die Wirtschaft dement-
sprechende Lösungen zu finden. Daher ist auch jeder, der das tun muss, aufgefordert, etwas zu sagen.
Aber es gibt sehr viel Positives, und es gibt nicht nur Negatives, und es gibt nicht nur Gutes. (Bundesrat Schennach: Aber, liebe Sonja Zwazl, in drei bis vier Fällen von fünf Restaurants kriegst du einen Kassenbon und keine Rechnung mit Mehrwertsteuer! Da kannst du überall hingehen! Das zeigt ja schon, dass da mit doppelter Buchhaltung gerechnet werden kann!) Nein, noch einmal – jetzt möchte ich das noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Ich stehe nicht hier, dass ich sage, ich möchte manipulierbare Kassen haben. Aber es gibt ganz einfach Möglichkeiten, dass man das anders macht.
Wir brauchen keinen QR-Code auf dem Beleg! Darum geht es mir. Das soll nicht verpflichtend sein, es muss eine numerische Zahlenreihe ausreichen. Das ist es, ganz einfach, kurz und knackig auf den Punkt gebracht. Darum bitte ich ganz einfach, dass das möglich ist, weil es für uns sonst ungeheure Kosten verursacht. Und noch einmal: Wir in der Wirtschaft sind für einen fairen Wettbewerb, aber wir müssen auch schauen, dass das für uns kostengünstig rübergeht.
Meiner Meinung nach ist es so, Kollegin Monika Mühlwerth, und darauf komme ich zurück: Für mich ist die Steuerreform schon so gestaltet, dass sie ausgewogen ist. Ich möchte auch nicht vergessen, ein Dankeschön dafür zu sagen, dass es eine Anhebung der Forschungsförderung von 10 Prozent auf 12 Prozent gegeben hat. Heute haben wir ja auch schon von Crowdfunding gesprochen (Bundesrat Pisec: Prämien ...!) – Förderung –, dass es für uns auch ein wichtiger Punkt war, dass wir Crowdfunding haben.
Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir jetzt ganz einfach auf dem Pfad bleiben. Wichtig ist, dass jetzt die heimische Kraftkraft gestärkt ist. Es ist uns aber auch wichtig, dass wir schauen müssen, wie wir die Investitionsbereitschaft unserer Unternehmen ganz einfach heben können. Wir brauchen da Anreize.
Was wir vor allem brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte KollegInnen, ist eine positive Stimmung! Man muss immer schauen: Was ist für uns gut gelaufen? – Ich bitte, dass wir in dem Sinn, dass es sehr, sehr viel Positives in diesem Steuerpaket gibt (Bundesrat Pisec: Das kann man nicht erzwingen!), auch die Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
14.19
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. Ich erteile es ihm.
14.20
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Die Formulierung: größte Steuerreform aller Zeiten, oder: seit Langem, oder: in der Zweiten Republik, und so weiter haben wir heute schon öfter gehört. Das ist natürlich ein bisschen auch als versteckte gefährliche Drohung zu verstehen, denn wie das Amen im Gebet ist bisher auf jede größte Steuerreform aller Zeiten ein Belastungspaket gefolgt. Und das wird – und das ist zu befürchten – auch bei dieser Steuerreform nicht wesentlich anders sein. Die Zeichen sieht man ja schon: Der Fiskalrat bezweifelt die Zahlen, die für die Gegenfinanzierung angeführt wurden, nämlich die 1,9 Milliarden € aus Steuerbetrug – das wurde heute schon einmal angesprochen – und die 1,1 Milliarden € aus Einsparungen im Bereich der Förderungen und der Verwaltung.
Wir können jetzt hier nur das beschließen, was auf dem Tisch liegt. Wir reden nicht über das, was Sie vielleicht bis 29. Februar im Kasten haben wollen. Deshalb bleibe ich dabei: Das ist bis jetzt noch nebulos. Und die 900 Millionen € , die Sie durch zu-
sätzliches Wachstum generieren wollen, werden auch angezweifelt. Jedenfalls steht fest, dass das strukturelle Defizit steigen wird. Laut den letzten Prognosen werden wir 2019 ein mittleres Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent haben. Wir wissen aber, dass das zu wenig sein wird, um die Arbeitslosigkeit wirklich positiv zu beeinflussen. Jeder weiß, dass man dafür mindestens 2 Prozent Wachstum benötigt.
Ich gebe allen recht, die die Tarifreform in Bezug auf die Steuersätze loben. Das ist eine längst überfällige Maßnahme. Aber mit den 5 Milliarden €, die da gegeben werden, gleicht man nur aus, was man in den letzten Jahren den Steuerzahlern über die kalte Progression weggenommen hat. Echte Reformen sehen also anders aus.
Wenn hier sehr populär angekündigt wird, dass in Zukunft ein Automatismus die kalte Progression ausgleichen soll, so muss ich sagen: Das wird mindestens 400 bis 500 Millionen € im Jahr kosten, und ich frage mich, ob wir uns das leisten können, denn das hat wieder Belastungen auf der anderen Seite zur Folge. Für den Steuerzahler kommt dann unterm Strich mehr oder weniger ein Nullsummenspiel heraus, denn mit dieser Gegenfinanzierung – wir haben ja schon einiges gehört – kommt es in zahlreichen Bereichen zu Erhöhungen. Nur ein Beispiel – das ist bis jetzt noch nicht erwähnt worden –: die Wertzuwachssteigerung bei Immobilien. Früher hat man ab dem elften Jahr, in dem man sie gehalten hat, einen Abschlag von zwei Prozent als Inflationsabgeltung absetzen können, nun ist das auf 40 Jahre begrenzt.
Das heißt, wer bisher eine Immobilie verkauft hat, nachdem er sie 35 Jahre behalten hat, hat dafür 12,5 Prozent – das war der Mindestsatz – bezahlt. Jetzt hat er für dieselbe 30 Prozent zu bezahlen. Das ist schon recht beachtlich und vor allem bedenklich, weil es sich um eine Besteuerung von Scheingewinnen handelt. Es sind nicht unbedingt die reichen Immobilienbesitzer, die davon betroffen sein werden, sondern all jene, die vielleicht eine Vorsorgewohnung für das Alter beziehungsweise für die Pensionszeit halten.
„Bewundernswert“ ist die SPÖ, die sich da „großartig“ durchgesetzt hat und wirklich die Reichen zusätzlich belastet, denn man weiß ja, in den Zoo, in die Thermen, ins Freibad, ins Kino oder ins Theater gehen ja nur die Reichen, und die zahlen in Zukunft mehr Mehrwertsteuer – ganz zu schweigen von den alten Damen, die einen Hund haben, um ihre Einsamkeit etwas zu lindern, die müssen zukünftig für das Futter auch mehr bezahlen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und von den „Superreichen“, die gelegentlich in einem Hotel übernachten, will ich gar nicht reden.
Das ist Faymann’sche Umverteilungspolitik! Aber ich bin ja froh, dass es so ausgegangen ist wie das Hornberger Schießen, weil wir ja auch nicht für die Erbschaftssteuern und für die Vermögenssteuern eintreten. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Eine Crux haben wir bei den Förderungen. Ich bleibe dabei: Was da eingespart werden soll, das ist noch sehr im Dunkeln. Würden wir unsere Förderungen auf den EU-Schnitt senken, hätten wir schon 9 Milliarden € gespart. Und das betrifft Bund und Länder gleichermaßen.
Ich will jetzt nicht so wie der Kollege Zelina der Abschaffung der Länder das Wort reden, aber ich kann ein steirisches Beispiel bringen. Und zwar: Aus dem Förderbericht der steirischen Landesregierung gehen unter anderem namhafte Projekte und Vereine hervor, die mit Förderungen des Landes unterstützt werden, wie etwa das „Afghanische Fiscot Kartenspiel und Essen mit Jani und Freunden“ oder das „Rwandesische Picknick – Gelebte Interkulturalität“ oder das Projekt „Bongo na Bongo“, wo öster-reichisches und nigerianisches Kulturgut miteinander vermischt werden, oder das „Vaginamuseum.at“.
Das zeigt, welche Blüten das Förderunwesen in Österreich treibt. Und auf der anderen Seite wird gespart. So beklagt das Land bereits, dass aufgrund der sinkenden Ertragsanteile durch diese Steuerreform das Defizit steigt. Und wo wird gespart? –Beispielsweise bei den Gehörlosen. Inklusion ist ja das große Schlagwort, nur: Leider wird sie nicht gelebt! In Schulen, die weiter entfernt sind, beispielsweise in die Schule in Murau, kommt überhaupt keine Stützlehrerin mehr für die Gehörlosen, weil wir es uns nicht leisten können. Da ist großer Handlungsbedarf für Reformen gegeben. Und auch die Entlastung des Faktors Arbeit ist ein Gebot der Stunde, mittels Senkung der Lohnnebenkosten. Aber mit dieser Reform werden wir das nicht erreichen. (Beifall bei der FPÖ.)
Und: Nur 2 Prozent des Volumens der gesamten Steuerreform bleiben für die Familien übrig. Deshalb werden wir dieser Tarifreform, die zwar in einem Punkt gut ist, aber in vielen anderen Punkten nicht, unsere Zustimmung verweigern. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Das ist eine doppelte Verneinung! – Bundesrat Krusche – in Richtung des Bundesrates Schennach –: Hast nicht zugehört!)
14.28
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Winkler. Ich erteile es ihr.
14.29
Bundesrätin Ingrid Winkler (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werter Herr Minister! Es freut mich, Herr Kollege, dass Sie soeben für Ihre Fraktion die Zustimmung kundgegeben haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Auch wenn schon fast alles gesagt worden ist, kann ich als Sozialdemokratin zu so einem Tagesordnungspunkt nicht nicht Stellung nehmen.
Es war sehr lehrreich für mich, dass die „Partei des kleinen Mannes“ als ersten Debat-tenredner einen Unternehmer entsandt hat, der auf den Höchststeuersatz besonderen Wert gelegt hat. Wenn ich die Frau Präsidentin Zwazl anschaue, die das Rückgrat unserer Wirtschaft, nämlich unsere Gewerbetreibenden und KMUs, vertritt, dann muss ich sagen: Die hätte gerne die Sorge, dass das Gros ihrer vertretenen Unternehmerin-nen und Unternehmer einen Höchststeuersatz zahlen muss. Ich glaube schon, Sonja – so weit kenne ich die österreichische Wirtschaft –, dass die das nicht als Entmachtung ihres Einkommens gesehen hätten, sondern als gesellschaftliche Solidaritätsabgabe und als „Demokratie-Abgabe“ für die, die es brauchen. Dessen bin ich mir sicher.
Aber noch erschreckender für mich ist, dass Sie diese Steuerreform ablehnen, obwohl fast 900 000 Menschen gezeigt haben, dass es an der Zeit ist, dass es dazu kommt. Und der Name ist doch völlig egal. Über einen Namen zu streiten – ich finde keine richtigen Worte. Wenn Sie im täglichen Leben das Geldbörsel aufmachen, dann ist es Ihnen wurscht, ob der Hunderter da drinnen aus der Steuerreform oder aus der Tarifanpassung kommt, denn sie brauchen den Hunderter. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie verstehen den Unterschied nicht!) Der Name ist jedem Österreicher und jeder Österreicherin wurscht. Wichtig ist der Effekt! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Pisec: Nein! Es geht um Ehrlichkeit!)
Ja, wir sind ehrlich (Bundesrat Pisec: Dann verwenden Sie den richtigen Namen!), ehrlich, indem ich zum Beispiel zu Marco Schreuder von den Grünen sage: Ja, wir hätten auch gerne Vermögenssteuern gehabt! Aber bei Verhandlungen ist es eben so: Man setzt sich an den Tisch, der eine legt eine Forderung auf den Tisch, der andere auch, und in der Mitte trifft man sich.
Ich glaube, trotz aller Kompromisse, die nicht nur die SPÖ, sondern auch die ÖVP eingegangen ist, lässt sich dieses Paket sehen. Und die österreichische Bevölkerung
wird das spüren und wird das in den Konsum umsetzen. Es ist nämlich nicht die Bevölkerung, die sich darüber Sorgen macht, ob sie die 5 Prozent vom Höchst-steuer-satz in ein Investment anlegt oder in etwas anderes, sondern die Leute legen das im täglichen Konsum an. (Bundesrat Herbert: Das setzt voraus, dass sie Geld zum Ausgeben haben!)
Herr Kollege! Deine Beamten haben so viel Geld, dass sie sich über den Höchststeuersatz Sorgen machen? (Bundesrat Herbert: Das erklären Sie einem Vertragsbediensteten der unteren Gehaltsstufe!) Ja, die machen sich Sorgen über den Höchststeuersatz?!
Außerdem würde ich mir jetzt bei diesem häufigen Wunsch nach Reformen im Staatssystem, die permanent passieren – permanent! –, Gedanken machen, wenn ich da draußen stehe und bei zehn Sitzungen neunmal sage, die Beamten leisten Arbeit, die nicht mehr nachzuvollziehen ist, weil der Arbeitsdruck so stark wird. (Bundesrat Herbert: Was?) Ich achte die Arbeit deiner von dir vertretenen Kolleginnen und Kollegen sehr, aber der ganze Staat leistet gute Arbeit, und Reformen müssen auch mit Aufgabenerfüllungen einhergehen. (Bundesrat Herbert: Der öffentliche Dienst leistet hervorragende Arbeit!)
Wenn man brüllt, heißt das noch lange nicht, dass man recht hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Herbert: Heißt das, dass der öffentliche Dienst keine hervorragende Arbeit leistet? Was heißt das?)
Der öffentliche Dienst leistet hervorragende Arbeit (Bundesrat Herbert: Das habe ich gerade gesagt!), aber nicht nur die Sparte, die du vertrittst, sondern der ganze Staat leistet hervorragende Arbeit. (Bundesrat Herbert: Ich habe gesagt: der öffentliche Dienst! Rede nicht über den öffentlichen Dienst, wenn du dich nicht auskennst!) – Herr Kollege, es macht ja nichts, wenn ich mich bei dem nicht auskenne, du kennst dich bei dem einen aus und ich kenne mich bei vielem aus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Herbert: Bei wie viel wäre denn das?)
Bei der kalten Progression, Herr Kollege, haben wir das übernommen, was schon im Nationalrat gesagt wurde, wir haben nämlich gesagt, es gibt einmal einen Effekt, und der ist, Schnappdiwapp, auch wieder weg. Bei dem, wovon wir jetzt reden, würde es – und der Herr Finanzminister wird mir vielleicht zustimmen – keine weiterführenden Gespräche geben. Davon redet ja keiner, denn wir alle sind, wie ich glaube, hier nicht angetreten, um irgendwelche Endlösungen zu finden, sondern, um die Sache ständig und täglich zu erneuern und sie immer wieder an die Gegebenheiten der Zeit anzupassen. Deswegen gibt es jetzt nicht eine Lösung, die man einmal trifft und dann so belässt, sondern das ist eine ständige Anpassung an die Gegebenheiten. Es ist auch notwendig, dass man die eine oder andere Sache noch verbessert.
Aber würde man diese Steuer, nein, ich bin da nachgiebig: diese Tarifreform unan-getastet lassen, dann würde sie noch zehn Jahre wirken, und ich weiß nicht, ob das – und ich darf das als gestandene Österreicherin sagen – so ein „Lapperl“ ist, wenn es zehn Jahre wirkt. Ich würde gerne immer dabei sein, wenn wir Reformen machen, die zehn Jahre wirken. (Bundesrätin Mühlwerth: Wie soll das zehn Jahre halten?) Es geht sich aus! Wenn man das nachrechnet, sieht man, dass es sich ausgeht.
Dass in einer Steuerreform sogar interkulturelle Projekte Platz finden, finde ich allerdings wirklich sehr spannend, und ich finde es begrüßenswert, wenn es Dinge gibt, die dazu dienen, das gemeinsame, bunte Zusammenleben zu fördern. Wenn man nicht dafür ist (Bundesrat Schreuder: Und über das Trennende zu stellen!) Genau! Und über das Trennende zu stellen. Ich finde nicht, dass es zitiert werden muss, um damit zu sagen, dass es schlecht ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Es wird nur subventioniert! Das geht anders auch!)
Monika, es wird ein Teil herausgenommen, der wird zitiert und so dargestellt, als würde es Subventionen nur in diese Richtung geben. Das stimmt ja nicht, und das wisst Ihr auch! (Bundesrätin Mühlwerth: Das war nur ein Teil davon! Das hat der Kollege auch gesagt!)
Dann möchte ich noch zu einem weiteren Punkt Stellung nehmen, nämlich zu der diktatorischen Feststellung, es werden die Ertragsanteile sinken. Ich glaube, dass sich sehr viele kluge Menschen bei dieser Steuerreform Gedanken gemacht haben, aber wie die Entwicklung der Ertragsanteile ist, wird man nicht wissen, weil nicht nur der Aufteilungsschlüssel auf die Ertragsanteile zum Tragen kommt, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung eine Auswirkung haben wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Steuerreform dieses Ausmaßes keine positive Wirkung auf die wirt-schaftliche Entwicklung in Österreich haben wird. (Bundesrat Pisec: Null Auswir-kung!) – Wir werden sehen, wer recht hat. Die Zukunft wird es weisen. (Bundesrat Pisec: Schauen wir es uns dann an!)
Es ist fachlich schon sehr viel gesagt worden, ich darf nur noch eine Kleinigkeit nennen, die für mich so etwas wie ein Mosaiksteinchen ist, das begrüßenswert ist, und zwar ist es ein wichtiges Signal, dass die Forschungsprämie von 10 Prozent auf 12 Prozent erhöht wurde. Auch soll angesichts des internationalen Wettbewerbs um die besten Köpfe ein Anreiz für die Zielgruppe der Wissenschaftler und Forscher bei deren Zuzug nach Österreich gegeben werden. Das ist zwar nicht der wesentlichste Punkt, aber doch ein sehr wichtiges Signal.
Bei allem, was heute schon gesagt wurde und was ich vielleicht ein wenig emotional, aber vom Herzen ergänzen durfte, darf ich gratulieren und allen, die an dieser Reform mitgearbeitet haben, nicht nur den Dank meiner Fraktion, sondern, wie ich glaube, auch den der österreichischen Bevölkerung übermitteln.
Wir werden gerne zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
14.39
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Poglitsch. Ich erteile es ihm.
14.39
Bundesrat Christian Poglitsch (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Es mutet schon ein bisschen arg an, wenn sich Vertreter der Freiheitlichen Partei heute hier herausstellen und unserem sehr erfolgreichen Finanzminister erklären wollen, wie so eine Steuerreform auszuschauen hat. Wenn man bedenkt, dass gerade diese Freiheitliche Partei im Land Kärnten über zehn Jahre lang die Finanzreferenten und den Landeshauptmann gestellt hat, und sieht, wo jetzt das Land Kärnten steht, dann muss man sagen: Bitte behaltet eure Ratschläge für euch, wenn ihr schon nicht mitstimmen wollt! Behaltet sie für euch und gebt unserem Finanzminister, der sehr erfolgreich ist, keine Tipps mit, die er nicht braucht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ich rede jetzt hier als Vertreter eines KMU, der sehr wohl von der Steuerreform betroffen ist. Ich komme aus dem Tourismusbereich, und ich würde lügen, wenn ich mich hier herstelle und sage: Ich bin hocherfreut, dass die Mehrwertsteuer von 10 Prozent auf 13 Prozent erhöht wird. Aber – und das macht den Unterschied von uns in der ÖVP aus – wir sehen das Große, das Gemeinsame, das Ganze. Wir sehen die gesamte Steuerreform.
Heute ist schon oft genug erklärt worden, welche positiven Aspekte für die Gesamtbevölkerung hier herausverhandelt worden sind – Absenkung des Eingangssteuer-
satzes und so weiter. Jeder Österreicher, jede Österreicherin wird mehr im Brieftaschel haben, 1 000 € im Durchschnitt. Und auch die kleinen und mittelständischen Unter-nehmungen – und das hat noch keiner gesagt – werden 1 600 € im Jahr mehr im Geldbörsel haben. Das gehört auch hier an dieser Stelle einmal gesagt.
Und wenn man schon von Verhandlungen redet: Es ist lange verhandelt worden, und – du hast es vollkommen richtig gesagt – es ist auch sehr positiv verhandelt worden. Es ist auch vieles wegverhandelt worden. Und ich sage es noch einmal: Viel, viel schlimmer für uns in der Wirtschaft, gerade für die kleinen und mittelständischen Familienbetriebe, die 70 Prozent der Arbeitnehmer in diesem Land beschäftigen, wäre eine Erbschafts- und Schenkungssteuer gewesen. Das wäre für uns viel, viel schlimmer gewesen, weil wir wissen, dass viele Betriebe, gerade im Tourismus, zur Übernahme anstehen und sich die Übernehmer das niemals leisten könnten. Da würden viele Junge sagen: Liebe Freunde, ich übernehme diesen Betrieb nicht, das ist mir zu viel Belastung!
Dasselbe gilt, weil das heute schon angesprochen worden ist, für diese Wertschöpfungsabgabe. Also wenn die kommt, dann haben wir ein viel größeres Problem. Das, was hier ausverhandelt worden ist, ist ein gutes (Zwischenruf bei den Grünen.) – Nein, Wertschöpfungsabgabe, das sind diese Linksansätze, die brauchen wir nicht in einem Wirtschaftsland wie Österreich, weil damit schadet ihr nur der Wirtschaft.
Auch das Bonus-Malus-System wird uns keinen Meter weiterbringen, wenn wir das für die Mitarbeiter einführen. Niemand wird deswegen einen älteren Mitarbeiter einstellen oder länger behalten, nur weil ein Bonus-Malus-System eingeführt wird.
Deswegen sage ich: Das Paket, das ausverhandelt ist, ist für uns, sage ich einmal, leistbar. Es bringt jedem Österreicher etwas. Und wir aus der Tourismuswirtschaft sagen ganz offen: Ja, wir werden dem die Zustimmung geben, weil wir der festen Überzeugung sind, dass hier ein Finanzminister sitzt, der dieses Land wieder auf einen Kurs bringt, sodass wir auch in Zukunft finanziell werden bestehen können, nicht nur als Republik Österreich, sondern auch als kleine und mittelständische Betriebe. Er kommt nämlich – und das ist der große Unterschied zu vielen von euch – aus der Wirtschaft und weiß, was Wirtschaft heißt und wie ein Unternehmen zu führen ist, das hat er gezeigt. Deswegen hat er das größte Vertrauen von uns, auch von mir als Touristiker, und deswegen werde ich hier sehr wohl heute zustimmen und sage auch ein Dankeschön dem guten Verhandlungsteam.
Nur eines bitte noch, und das hast du schon gesagt, liebe Sonja Zwazl: Bei der Registrierkasse sollten wir vielleicht noch ein paar Sachen nachverhandeln. Auch bei mir im Betrieb müsste ich ein ganzes Kassensystem umgestalten, und das würde ein kleines Vermögen kosten. In der Verordnung sollte also schon darauf geschaut werden, dass es für die Betroffenen auch machbar und leistbar ist. Dann, glaube ich, ist das ein gutes Reformpaket, dem wir sehr gerne heute zustimmen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
14.43
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Bundesminister Dr. Schelling. Ich erteile es ihm.
14.43
Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Inhaltlich ist ja ziemlich viel berichtet worden. Es gibt durchaus sehr bemerkenswerte Entwicklungen, Veränderungen im Rahmen dieser Tarifstruktur. Natürlich: In einer Zeit, in der das Wirtschaftswachstum nicht so läuft, wie
wir uns das alle wünschen würden, ist die Gegenfinanzierung eine besondere Herausforderung.
Da hier die Herren Cameron und Osborne angesprochen wurden: Mit dem Herrn Osborne sitze ich jeden Monat einmal zusammen. Ich habe ihn gefragt, wie er denn diese Entwicklung sieht. Und er hat das sehr, sehr vorsichtig kommentiert, und zwar aus zweierlei Gründen, denn was Sie nicht zitieren, ist, dass neben dem Wachstum 4,3 Prozent Defizit stehen. Und was Sie auch nicht zitieren, ist, dass von diesem Wachstum mehr als die Hälfte aus den Finanzmärkten kommt. Und was Sie nicht zitieren, ist, dass die Finanzmärkte sehr, sehr fragil sind, wie wir seit einigen Jahren wissen. Und was Sie nicht dazusagen, ist, dass dieses Wachstum ziemlich schnell wieder weg sein kann.
Daher sage ich: Wir brauchen Wachstum, das aus den klein- und mittelständischen Betrieben kommt, nicht aus den Finanzmärkten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
Da sind wir gefordert, dass wir als nächsten Schritt in eine Richtung gehen, wo wir investitionsfördernd wirken, denn jetzt haben wir eine Tarifstruktur gemacht, die sehr stark in die Konsumrichtung gehen wird. Aber der Konsum wird auch dazu führen, dass wieder investiert wird. Das ist ein Kreislauf, den man nicht außer Acht lassen sollte.
Sie könnten auch ein paar Gegenbeispiele anführen. Zum Beispiel Frankreich hat ein Wachstum von 0,5 Prozent und ein Defizit von 4,4 Prozent. Ob das dann die richtige Politik ist, das würde ich auch einmal hinterfragen.
Da Sie die Schweiz angesprochen haben: Die Sorgen, die sich die Schweizer jetzt machen (Bundesrat Dörfler: Die möchten wir gerne haben!), die machen wir uns derzeit, was das Wachstum anlangt, Gott sei Dank nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) Ja, dann schauen Sie sich einmal an, was sich dort abspielt! Ich war gerade gestern mit den Liechtensteinern zusammen, die berichtet haben, dass die meisten Betriebe in der Zwischenzeit ihre Löhne und Gehälter in Euro ausbezahlen, weil es sich in Schweizer Franken nicht mehr ausgeht.
Das heißt, jedes Land hat seine Probleme und jedes Land muss seine Hausaufgaben machen, wir auch. Seien Sie also unbesorgt!
Ich möchte noch einmal zum Grundsätzlichen festhalten: Ich bleibe bei dem, was ich zu Beginn meines Amtsantritts hier im Parlament gesagt habe: Österreich hat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. Aber ich möchte auch dazu sagen: Wer glaubt, dass man auf Knopfdruck Milliarden einsparen kann, der irrt genauso.
Zu den Ausführungen der Bundesräte vom Team Stronach darf ich nur ganz kurz sagen: Ich bin hier nicht der Universalminister, der das alles lösen kann. Vielleicht würden Sie sich das wünschen, ich nicht. Aber wir haben auch dort Maßnahmen gesetzt; ich komme später noch kurz darauf zurück.
Ich möchte schon auch noch dazusagen, dass wir bei schwierigsten Verhandlungen mit dieser Steuerreform sichergestellt haben, dass gerade im Bereich der Leistungsträger entlastet wird.
Ein Punkt, den Sie gerne vergessen, ist das Hinausschieben des Beginns des Spitzensteuersatzes von 60 000 € auf 90 000 €. Gerade dort haben wir einen wesentlichen Impuls gesetzt, dass der von Ihnen immer wieder zitierte Mittelstand – den kann man so oder so definieren – deutlich entlastet wird. Und was die Unternehmerinnen und Unternehmer anlangt, kommen durch die Tarifreform über 500 Millionen € Entlastung dort an, wo Sie sagen, ab 1 € muss man 43 Prozent oder mehr Prozent Steuer zahlen. – Eben nicht!
Daher glaube ich schon, dass man grundsätzlich davon ausgehen kann, dass bei allen schwierigen Verhandlungsbedingungen ein ausgewogenes Ergebnis unter den vorhandenen Rahmenbedingungen erzielt worden ist. Und ich habe von Anfang an gesagt, die Steuerreform ist der Beginn eines Prozesses und nicht das Ende.
Wenn Sie sagen, Sie werden dem nicht die Zustimmung geben: Sie können es sich ja noch bis zum Schluss überlegen, was Sie machen, aber man sollte mit diesen Dingen auch deshalb vorsichtig sein, weil jedem ein Fehler passieren kann. Es kann jedem ein Lapsus passieren. Aber wenn Ihr Parteichef sagt „Mehr Brutto vom Netto!“, dann ist das die einzige Steuerreform, die keine Gegenfinanzierung gebraucht hätte. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ich möchte noch kurz auf die Verwaltung eingehen, weil das immer so ein Thema ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie haben sich noch nie versprochen!?) – Ich habe ja gesagt, jedem kann so ein Lapsus passieren. Ich habe das ja nicht verurteilt, sondern nur gesagt, das wäre die einzige Steuerreform, die mir kein Problem bereitet hätte. Mehr habe ich dazu nicht gesagt. Ich habe es weder so noch so kommentiert. Und das bitte ich zu beachten.
Ja, wir haben eine Kostenbremse in der Verwaltung eingezogen, die am Anfang weniger sein wird. Aber wenn Sie sich den Bundesfinanzrahmen anschauen, dann werden Sie sehen, dass wir eine gemeinsame Kostenbremse von 2,7 Prozent auf 1,7 Prozent gemacht haben. Das ist gar nicht so leicht. Kollege Herbert sagt als Personalvertreter des öffentlichen Dienstes, das ist nicht so leicht, weil die Vorrückungen und alle Privilegien, die da drinnen stecken, viel mehr als die Inflationsrate an Steigerungen erzeugen. Über das können wir gerne einmal nachdenken. Und dann werden wir eine Modernisierung des Dienstrechtes bekommen. So, hoffe ich, haben wir dann die Diskussion vom Tisch. (Bundesrat Herbert: Modernes Dienstrecht ja, Schlechterstellung nein! Das sage ich Ihnen gleich!) Das hat ja niemand gesagt. (Bundesrat Herbert: Aber das geht meistens einher mit einer solchen Diskussion!)
Darf ich nur sagen: Weder Ihre Mitarbeiter noch diese Republik sind für Sie da, sondern die Bürgerinnen und Bürger leisten einen wesentlichen Beitrag, wovon Sie alle bezahlt werden. Die Quelle allen Geldes sind die Bürgerinnen und Bürger. Und unser Job ist es, sorgsam mit deren Geld umzugehen. Das dürfen auch Sie als Personalvertreter so zur Kenntnis nehmen. (Bundesrat Herbert: Nehme ich gerne zur Kenntnis, aber Ihre Bediensteten leisten auch hervorragende Arbeit, und dafür steht ihnen auch entsprechender Lohn zu!)
Ich möchte dazu sagen: Wir liegen nicht so schlecht mit unserer Verwaltung. Wir liegen nicht so schlecht, wir sind aber verbesserungsfähig. Das ist überhaupt kein Thema. Wir liegen nicht so schlecht, was die Gesamtkosten im europäischen Vergleich anlangt. Daher bringt es uns auch nicht weiter, wenn wir hier gegenseitiges Bashing oder Nicht-Bashing betreiben. Das bringt uns überhaupt nichts.
Was die Zweifel anlangt, wissen Sie, da habe ich meine eigene Meinung dazu. Ich bin jetzt rund zehn Monate in diesem Amt und habe drei verschiedene Wachstumsprognosen bekommen, aber keine hat bisher gestimmt. Ich hoffe, die letzte stimmt, denn nach dieser geht es nach oben; alle anderen sind immer nach unten gegangen. Derzeit wird uns prognostiziert, dass gerade durch die Steuerreform – das bestätigen nicht nur unsere Wirtschaftsforscher, sondern auch internationale Organisationen – mehr Wachstum generiert wird und wir wieder näher an die Wachstumsprognosen herankommen.
Was die Betrugsbekämpfung anlangt, darf ich schon sagen, damit das ein bisserl relativiert wird, für alle, die da immer von „wahnsinnigen Milliardenbeträgen“ reden: Wenn es uns gelingt, die Maßnahmen umzusetzen – und dazu sind wir ja angetreten –,
dann sind das 1,7 Prozent des gesamten Steueraufkommens. 1,7 Prozent des gesamten Steueraufkommens! Um das geht es und nicht um 700 Millionen, nicht um 900 Millionen oder um 1 Milliarde, sondern es geht um 1,7 Prozent. Und ich glaube, die sind lukrierbar, sodass wir eine solide Gegenfinanzierung machen können.
Alle Wirtschaftsforscher bestätigen uns in der Zwischenzeit, dass die 17 Prozent Gegenfinanzierung durch eigene Konsumkraft tatsächlich erreichbar sind. Davon gehen wir aus, und ich glaube, es wird am Ende klar sein, dass das auch so sein wird.
Wenn ich einige Punkte noch erwähne, dann darf ich auch darauf hinweisen, wir reduzieren die Beitragsklassen in der Sozialversicherung auf die Hälfte, was die Lohnverrechnung deutlich erleichtern wird. Da geht es um Bürokratieabbau. Und das ist ein erstes wesentliches Signal in diese Richtung, denn – ganz ehrlich gesagt – bei den Besuchen, die ich in den Betrieben mache, wird darüber noch viel mehr gejammert als über viele andere Dinge, nämlich dass die Belastungen durch Kontrollen und durch Bürokratie einfach zu hoch sind. Und das ist ein Beispiel, wie wir das zurückfahren.
Es wurde schon die antragslose Familienbeihilfe angesprochen. 80 000 Menschen müssen nicht mehr ins Finanzamt. Wir sind nach acht Wochen so weit, dass 40 Prozent aller Anträge bereits vollautomatisch abgewickelt werden können. Das wird sich jetzt sukzessive steigern.
Oder: Wir machen in der Zukunft einen automatischen Jahresausgleich. Wenn Sie sich die Stundenleistungen anschauen, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Auseinandersetzung mit dieser Frage erbringen müssen, dann wird das eine deutliche Entlastung in diesem Bereich nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanzämtern sein. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
Unser Ziel dabei ist ganz klar: bürgernäher und effizienter. Das muss die Zielsetzung sein und das muss Schritt für Schritt umgesetzt werden. Da haben alle ihre Hausaufgaben zu machen.
Was mich ein bisschen verwundert hat, war, dass ein Ländervertreter über die Länderförderungen hier in dieser Länderkammer diskutiert. – Na gerne! Sie sind Repräsentant dieses Landes, schaffen Sie es ab! (Bundesrätin Mühlwerth: Man darf vor sich selber nicht haltmachen!) Ich kann nur sagen, ich bin nur für die Bundesförderungen zuständig. Sie wissen ganz genau, dass mir die Bundesverfassung einen Eingriff in Länderrechte nicht zugesteht.
Zu einem Punkt noch, zu diesen 9 Milliarden €, die man einsparen könnte. – Das können Sie mir gerne einmal vorrechnen, denn in den gesamten Förderleistungen, die die Republik erbringt, sind 5,5 Milliarden € für die Krankenanstalten und über 4 Milliarden € für die ÖBB drinnen. Das sind auch Förderungen; wir titulieren sie nur anders als andere Länder. Aber wenn Sie sagen, Sie möchten die Krankenanstaltenfinanzierung auf andere Beine stellen: Ich bin jederzeit gesprächsbereit, das im Rahmen des Finanzausgleichs zu tun. Ich glaube aber, andere Länder werden mir da nicht folgen.
Die kalte Progression wurde heute mehrfach angesprochen. Ich habe heute bei der Rückkehr aus Vorarlberg aufmerksam einen Artikel gelesen, der mich eigentlich sehr bestätigt hat in meiner Meinung. Da wurde nämlich von einzelnen Kommentatoren behauptet, im Rahmen des „Sommerlochs“ machen die Parteien jetzt ein Geschenk an die Bürger. – Wir müssen das eigentlich so sehen: Die kalte Progression ist ein Geschenk der Bürger an den Staat! Nicht der Staat schenkt den Bürgern etwas!
Dieser Automatismus gehört unterbrochen, und dafür stehe ich auch. Dafür werden wir Modelle finden, die auch geeignet sind, diese kalte Progression in den Griff zu bekommen.
Zu den Touristikern: Danke, wir haben viel erreicht! Es ist viel verhandelt worden, und das ist der richtige Weg: darüber zu verhandeln und entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Ich darf nur noch, was die Mehrwertsteuer anlangt, dazusagen: Es ist erreicht worden, dass wir die Mehrwertsteuererhöhung wesentlich später einsetzen als ursprünglich geplant, und wir haben auch eine Lösung bei Pauschalangeboten von Zimmer mit Frühstück zustande gebracht. – Das nur als kleinen Hinweis.
Denjenigen, die sich für neue Steuern aussprechen, für Vermögen-, Erbschafts- und Schenkungssteuern, möchte ich drei Dinge sagen.
Erstens: Die Steuer- und Abgabenbelastung in unserem Land ist ausreichend hoch. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Ausreichend hoch!
Zweitens: Wer einen Vergleich mit anderen Ländern hinsichtlich Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögensteuer heranzieht, der muss sich die gesamte Tarifstruktur anschauen und nicht nur populistisch herausgezogene Steuern. Schauen Sie sich einmal den Einkommensteuersatz in der Schweiz an! Dann sehen Sie, warum es möglich ist, dass die solche Steuern haben. Aber die Gesamtbelastung ist dort immer noch geringer.
Der dritte Punkt, der schon sehr interessant ist: Als Wochen, Monate und fast Jahre über die Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögensteuer im Rahmen der Steuerreform diskutiert wurde, habe ich mitgezählt, wer aller dieses Geld schon ausgegeben hat. Das war sehr spannend. Es hätte nämlich ein Volumen von 2 Milliarden € bringen sollen, und wir waren schon bei Ausgaben von 5 Milliarden €, wofür diese Steuern verwendet werden sollen.
Daher: Eine neue Steuer kann niemals – da gebe ich Ihnen recht – eine Add-on-Steuer sein, sondern wenn, dann muss sie etwas sein, was etwas anderes ersetzt und andere Faktoren entsprechend mit berücksichtigt.
Die Gesamtbelastung in unserem Land ist mehr als hoch genug.
Ich sage auch noch dazu: Wer sich für die Beseitigung der kalten Progression ausspricht, der muss auch ein Ja dazu sagen, dass wir eine Gebühren- und Abgabenbremse bekommen, sodass die Gebühren und Abgaben nicht mehr erhöht werden, als die Inflationsrate ausmacht, denn sonst bekommt man über die Steuersenkung zwar mehr Geld ins Börsel, aber über die Abgaben wird es wieder weggesteuert, im wahrsten Sinne des Wortes. Das müssen wir gemeinsam durchdenken.
Abschließend bedanke ich mich bei allen, die konstruktiv an dieser Steuerreform mitgewirkt haben. Und ich bedanke mich bei allen, die heute ihre Zustimmung erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Zelina.)
14.55
Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist damit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
10. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Kreditinstituten erlassen wird und das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Sparkassengesetz und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz geändert werden (686 d.B. und 751 d.B. sowie 9404/BR d.B. und 9415/BR d.B.)
11. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Kapitalmarktgesetz und das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz geändert werden (670 d.B. und 752 d.B. sowie 9416/BR d.B.)
12. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz 2011 und das Immobilien-Investmentfondsgesetz geändert werden (671 d.B. und 753 d.B. sowie 9405/BR d.B. und 9417/BR d.B.)
13. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mauritius über den Informationsaustausch in Steuersachen (678 d.B. und 754 d.B. sowie 9418/BR d.B.)
Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 bis 13, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatterin zu allen vier Punkten ist Frau Bundesrätin Fetik. Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatterin Ilse Fetik: Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schon angesprochen bringe ich Ihnen jetzt mehrere Berichte des Finanzausschusses.
Zuerst bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Kreditinstituten erlassen wird und das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Sparkassengesetz und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher zur ersten Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung am 7. Juli mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einwand zu erheben.
Weiters bringe ich Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Kapitalmarktgesetz und das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz geändert werden.
Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher ebenfalls gleich zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung am 21. Juli 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einwand zu erheben.
Mein dritter Bericht des Finanzausschusses betrifft den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz 2011 und das Immobilien-Investmentfondsgesetz geändert werden.
Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher zur Antragstellung:
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung am 21. Juli mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einwand zu erheben.
Und mein letzter Bericht des Finanzausschusses betrifft den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mauritius über den Informationsaustausch in Steuersachen.
Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Präsident Gottfried Kneifel: Danke für die Berichte.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. Ich erteile es ihm.
15.00
Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz über die Einlagensicherung ist sicher ein notwendiges Gesetz, es kommt von der Europäischen Union, im Sinne einer Abwicklung von Banken, die eben nicht mehr dem Markt entsprechen. In den USA wurden seit der Krise 2009 über 2 000 Banken abgewickelt. Bei uns ist das ein relatives Novum. Es ist aber dringend notwendig, dass Banken aus dem Markt genommen werden, die eben nicht mehr reüssieren können und nicht mehr vom Staat gehalten werden. (Vizepräsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)
Das ist auch deswegen wichtig, damit diese Einlagensicherung, die jetzt bei den Banken von 50 000 auf 100 000 € angehoben wird, womit sich der Staat seiner impliziten Staatshaftung entledigt, von den Banken selbst gespeist wird.
Man muss aber auch sagen, dass die Belastungen der Banken insgesamt doch enorm werden. Es geht um einen Informationsaustausch der Banken innerhalb dieser Bankenunion. Das Reporting nimmt enorm zu, die Einlagensicherung, wie bereits erwähnt, die Kernkapitalquoten müssen gedeckt werden, das ist die Basel III- und Basel IV-Geschichte, und dann gibt es noch die Bankenabgabe, wodurch die Banken einen extremen Kostendruck bekommen und damit der Wirtschaft fehlen.
Wie gesagt, ein gutes Gesetz. Aber was uns zu denken gibt, ist das, was in den letzten Tagen aufgekommen ist, dass praktisch eine europäische Rückhaftung im Sinne dieser
Einlagensicherung gegeben sein soll. Das lehnen wir ab. Im Artikel 125 der Europäischen Union ist eindeutig eine Nichtbeistandsklausel festgemacht, und es kann nicht sein, dass diese Einlagensicherung in Österreich von österreichischen Banken gespeist wird – natürlich kommt der Steuerzahler oder, besser gesagt, der Bankkunde dafür auf – und dann für andere Länder zur Verfügung stehen sollte, Beispiel Griechenland. Das wollen wir definitiv nicht. Und das hat auch Finanzminister Schäuble, um einen anderen Konservativ-Bürgerlichen hier zu nennen, richtigerweise erkannt und abgelehnt.
Ich würde mir wünschen, sehr geehrter Herr Finanzminister, dass Sie dies hier auch tun.
Die anderen Gesetze darf ich nur kurz überfliegen. Die Novelle zum Börsegesetz ist im Prinzip auch in Ordnung. Transparenz unterstützen wir immer, weitere Transparenzanforderungen für börsennotierte Unternehmen, eine Prospektpflicht, wodurch der Akteur, der Financier, richtigerweise dann herauslesen kann, dass dieses Produkt in Ordnung ist und dass es auch entspricht.
Eine andere Entwicklung, die es jetzt in Deutschland gibt, ist der außerbörsliche Markt, der immer interessanter wird. Und gerade diese Gründerszene, dieses Thema haben wir am heutigen Vormittag gehabt, findet auch eine Finanzierung.
Im Gegensatz zu Ihrer Meinung stehe ich sehr wohl zum Finanzmarkt, denn dieser ist, wie schon eingangs erwähnt, die Basis für das Unternehmen. Und wenn London und Herr Osborne den Finanzmarkt forcieren, so muss ich sagen, das ist meiner Ansicht nach auch für Wien erstrebenswert, denn Wien ist in der Liquiditätsbildung auf dem Finanzmarkt dermaßen hintennach, dass das auch auf das Wachstum schon negative Auswirkungen hat.
Also, wie gesagt, es geht um diesen außerbörslichen Markt, der von Wirtschaftsminister Gabriel forciert wird – das hat er sehr gut gemacht. Ich glaube, es gibt auch seitens der SPÖ die Überlegung, das hier in Wien voranzutreiben, diesen außerbörslichen Markt, der in den nächsten Tagen und Wochen hier reüssieren und aufsperren wird, damit eben auch Unternehmen, die noch nicht an der Börse notieren können, hier an Kapital herankommen können, Kapital aufbringen können durch Financiers, die es zur Verfügung stellen.
Zum Investmentfondsgesetz. Ich bin generell ein bisschen skeptisch bei Investmentfonds. Das ist irgendwie eine Black Box, wo man nicht genau weiß, was drinnen geschieht. Nur überblicksmäßig: Drei Viertel der gesamten Investmentfonds schlagen den ganz banalen Index nicht. Es ist also immer besser, man investiert in ein Wertpapier, als man kümmert sich um diese Investmentfonds.
Ja, dieses Gesetz ist sicher auch notwendig, weil es da um Transparenz geht, sodass wir das im Großen und Ganzen gutheißen können.
Kurz zum Abkommen mit Mauritius: Keine Frage, sehr positiv zu werten. Wir sehen das immer durch die eurozentristische Brille, es gibt aber auch eine andere Brille. Die meisten Touristen in Mauritius kommen aus Südafrika, die sehen das eher als Urlaubsparadies und haben da keine anderen Beweggründe. So gesehen ist Mauritius einfach ein schönes Land und nicht mehr und nicht weniger. Durch die Brille des Finanzministeriums ist das vielleicht etwas anders zu werten, aber, wie gesagt, das ist ein gutes Gesetz, und es soll so sein.
Danke vielmals für diese Gesetze. Teile lehnen wir ab, Teilen stimmen wir zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
15.05
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Oberlehner. – Bitte.
15.06
Bundesrat Peter Oberlehner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Präsidium! Sehr geehrte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Die vier hier in einem zu diskutierenden Beschlüsse des Nationalrates haben eines gemeinsam: dass jeder einzelne von ihnen sehr wichtig ist für den Finanzmarkt Österreich und dass es dabei immer darum geht, für große Sicherheit für Anleger und Investoren zu sorgen und gute Kontrollen zu garantieren.
Es geht zum einen um das Einlagensicherungsgesetz, das die Entschädigung der Anleger neu regelt und für Schutz der Kontoinhaber bei einem Ausfall einer Bank sorgt. Vor allem geht es dabei um die Verbesserung der Leistungsfähigkeit dieses Sicherungssystems, die tatsächliche Entschädigung durch die Banken wird verbessert. Der Betrag von 100 000 € pro Kunde pro Bank bleibt weiterhin gesichert, aber gleichzeitig wird beispielsweise auch die zeitgerechte Entschädigung verbessert, der Zeitraum von 20 Tagen auf 7 Tage reduziert.
Der Staat wird durch diese Maßnahme, was Entschädigungszahlungen betrifft, entlastet. Bisher zahlte er bei 100 000 € 50 000 € dazu, ab 2019 sollen das die Banken über diesen Fonds allein abwickeln und allein bezahlen, wodurch der Steuerzahler in diesem Zusammenhang nicht mehr belastet wird.
Da es keine EU-Gesamtlösung gibt, was Einlagensicherungssysteme betrifft – dazu müsste vorher zuerst einmal die Bankenabsicherung in allen Ländern gleichgestellt werden –, gilt diese Entschädigungsverpflichtung natürlich nur in Österreich.
Insgesamt also zweifellos eine sehr wichtige Verbesserung der Sicherstellung für Anleger und Investoren.
Der Beschluss betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Kapitalmarktgesetz und das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz geändert werden, erweitert vor allem die Transparenzanforderungen für den geregelten Markt, also für alle börsennotierten Unternehmen, egal, ob es sich um große oder kleine Unternehmen handelt.
Es bringt aber insofern vor allem für kleinere Unternehmen einen großen Vorteil und große Verbesserungen, als damit wesentliche bürokratische Vereinfachungen verbunden sind. So wird beispielsweise die Quartalsberichterstattung beziehungsweise der Quartalsbericht abgeschafft, was zweifellos und unbestritten eine große Erleichterung vor allem für kleinere Unternehmen darstellt.
Der Anlegerschutz wird durch dieses Gesetz jedenfalls wesentlich erweitert.
Beim Investmentfonds- und Immobilien-Investmentfondsgesetz werden schließlich zwei Richtlinien und damit Rechts- und Verwaltungsvorschriften geändert, die die Aufgaben der Depothalter definieren. Diese werden klargestellt, und auch damit verbundene Haftungsfragen werden entsprechend geklärt.
Schließlich geht es noch um ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Mauritius über einen Infoaustausch in Steuersachen. Fast hat man das Gefühl, dass man bei der Erstellung der heutigen Tagesordnung auch einen kleinen Urlaubsaspekt in unsere heutige Marathonsitzung bringen wollte, denn wenn man bei den gegenwärtigen Temperaturen an Mauritius denkt, dann denkt man wohl eher an Urlaub als an Steuern und an Steuereintreibung.
Es geht aber dennoch um einen den Regeln der OECD entsprechenden Infoaustausch in Steuersachen, der für zusätzliche Sicherheit und auch für die Verhinderung von
Steuerbetrug – das ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig – sorgen soll, da Mauritius ja eine der großen Steueroasen auf dieser Erde ist.
Der Steuerbetrug beträgt dieses Jahr allein in der EU 1,2 Billionen €; das ist dreieinhalbmal so viel, als das vieldiskutierte griechische Defizit beträgt. Und man muss bedenken, das ist jedes Jahr der Fall.
Schlupflöcher sind daher zu schließen. Die Finanzsituation aller EU-Staaten könnte durch die Eindämmung dieser Verluste wesentlich verbessert werden. Geld für wichtige Dinge wird durch Steuerbetrug sozusagen dem System entzogen, und dieses Geld könnte man dann zur Verfügung haben.
Es ist also auch ein Steuerwettbewerb der Staaten untereinander, bei dem es auch darum geht, Bedingungen anzugleichen, denn gerade die Großkonzerne verrechnen natürlich dort, wo die Auflagen und Steuern am geringsten sind. Zum Beispiel verliert Österreich durch dieses System derzeit 9,7 Prozent seiner Steuereinnahmen durch diese Hintertür, Italien sogar 27 Prozent.
Dieses Abkommen mit Mauritius ist somit nicht unbedingt für einen schöneren Urlaub in Mauritius gedacht, sondern eine sehr wichtige Sache und ein wichtiger Schritt in Richtung Steuerehrlichkeit, die man damit wesentlich verbessern will und auch verbessern wird.
Alle vier angeführten Gesetze, ich habe es eingangs schon gesagt, sind wichtig für den Finanzmarkt Österreich, bringen wesentliche zusätzliche Sicherheiten und werden daher von meiner Fraktion in ihrer Gesamtheit die Zustimmung erhalten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
15.11
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
15.11
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Kollege, ich denke bei Mauritius auch gerne an Urlaub, vor allem deshalb, weil es dort jetzt gerade – ich habe nachgeschaut – erfrischende 21 Grad hat. (Heiterkeit.) Das klingt wirklich nach Erholung nach unserer Hitzewelle.
Kurz zu den Tagesordnungspunkten, die wir jetzt debattieren. Wir werden den drei letzten Tagesordnungspunkten, also 11, 12 und 13 – inklusive Mauritius –, gerne zustimmen.
Mit der Einlagensicherung haben wir jedoch ein Problem. Ich möchte nur kurz anführen, was unser Problem damit ist. Aber Sie werden es verkraften, dass wir da nicht zustimmen.
Grundsätzlich ist die Idee, einen Fonds zu schaffen, in den die Banken einzahlen müssen, um die Einlagen zu sichern, richtig. Wir halten es auch für eine notwendige Sache, dass da sozusagen ein Pufferspeicher geschaffen wird, den die Banken selbst finanzieren. Allerdings halten wir es für nicht richtig – da geht es um die Aufrechterhaltung des Vertrauens, auch des Vertrauens der Sparerinnen und Sparer –, den Staat als letzte Sicherheit komplett wegzunehmen. Diese letzte Sicherheit hätten wir gerne bei der Einlagensicherung behalten. Da hätten wir natürlich auch über Summen diskutieren können, ob das die 100 000 sein müssen oder ob das eine andere Summe sein könnte, aber diese letzte Sicherheit hätten wir gerne zur Aufrechterhaltung des Vertrauens noch behalten, natürlich so, dass das zum Schluss schlagend wird, nicht am Anfang. Es wäre uns wichtig gewesen, dem Sparer diese Sicherheit zu geben.
Grundsätzlich ist das ein richtiger Weg, und wir lassen uns, wie gesagt, gerne vielleicht ein anderes Mal überzeugen, für dieses Mal reicht es noch nicht. Wir können dem Einlagensicherungsgesetz, also Tagesordnungspunkt 10, nicht zustimmen, aber dem Rest schon. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Schreyer sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
15.13
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte.
15.13
Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Die Herren Minister! Das Einlagensicherungssystem, die Abkehr von der staatlichen Sicherung hin zur Eigensicherung durch ein System, das hier geschaffen wird, also den Einlagensicherungsfonds, in den die Banken einzahlen, ist der richtige Weg. Das haben wir auch schon von meinen Vorrednern gehört. Auch ich denke, dass die Banken das im Verbund selbst übernehmen können und sich die Einlagen gegenseitig sichern können und dass auch der Zeitplan richtig ist.
Beim Börsegesetz werden die Transparenzanforderungen für börsennotierte Unternehmungen erweitert, die Meldepflichten für Beteiligungen – das ist neu.
Geschätzte Damen und Herren! Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen werden zudem dazu verpflichtet, ihre Zahlungen an staatliche Stellen in jenen Ländern, in denen sie wirtschaftlich tätig sind, offenzulegen.
Bei grenzüberschreitenden Investitionen kann durch die neue ESMA, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, Einschau gehalten werden, um Informationen international abzurufen.
Beim Übereinkommen mit Mauritius geht es um den bilateralen Informationsaustausch in Steuersachen. Dieser erfolgt nicht automatisch, sondern nur auf sogenanntem OECD-Niveau, das heißt auf Steueranfragen, auf Ersuchen.
Zu Mauritius möchte ich noch einiges sagen: Mauritius ist ein Staat, in dem es schönes Wetter und schöne Landschaften gibt, aber in Mauritius wird, wenn man es wirtschaftlich betrachtet, auf 90 Prozent der kultivierten Flächen Zuckerrohr angebaut, und der Zuckerrohrpreis ist ja in den letzten zehn Jahren sehr gesunken und auf dem Weltmarkt sehr niedrig.
Die Europäische Union hat in einem Übereinkommen mit Mauritius den Zuckerrohrpreis bis 2015 über dem Weltmarktpreis gesichert – das Übereinkommen läuft heuer ab. Zu Beginn dieses Übereinkommens wurde der Zuckerrohrpreis mit 36 Prozent über dem Weltmarktpreis vereinbart.
Den Menschen, die in Mauritius leben, geht es nicht so gut. Der Tourismus spielt eine wesentliche Rolle, um die 600 000 bis 800 000 Menschen kommen jährlich nach Mauritius, aber ein wesentlicher Faktor ist auch die Textilindustrie. Und man staunt, welche Blüten die Produktpiraterie auf Mauritius treibt, denn jede Marke müsste, damit die Produkte geschützt werden, ein Übereinkommen mit Mauritius treffen. Und da Mauritius nicht so groß ist, ist es den Firmen oder den Markeninhabern nicht so wichtig, ihre Produkte gegenüber Mauritius zu schützen. Aber wer einmal dort war oder wer gerne einmal hinfährt – Kollege Oberlehner, vielleicht fährst du ja einmal hin –, wird sehen, dass auf diesem Sektor sehr viel gemacht wird und welche Blüten die Produktpiraterie gerade auf dem Textilsektor dort treibt.
Die vier Beschlüsse, die wir jetzt in diesem Block debattieren und hier beschließen werden, dienen der Sicherheit der Konsumenten und dem Informationsaustausch in
Steuerangelegenheiten. Daher werden wir auch die Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
15.18
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Schelling. – Bitte.
15.18
Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Hohes Haus! Es werden die vier Gesetze ja in einem behandelt. Ich möchte nur in Bezug auf die Einlagensicherung noch darauf hinweisen, dass es im Nationalrat einen Abänderungsantrag gab, der auch beschlossen wurde, wonach bei einer sogenannten systemischen Krise selbstverständlich mit einem Sondergesetz der Staat wieder für die Einlagensicherung zur Verfügung steht.
Zum Abkommen mit Mauritius bedaure ich Ihnen mitteilen zu müssen: Es ist schon unterschrieben, wir können nicht hinfliegen, um das Abkommen dort selbst zu unterschreiben, auch wenn es sich jetzt manche – wie ich den Ausführungen entnehmen konnte – gewünscht hätten.
Was die anderen Teile anlangt, stimme ich zu: Es sind wichtige Maßnahmen in den Bereichen Transparenz und Sicherheit, die hier gesetzt werden, und zwar sowohl bei den Investmentfonds- als auch bei den Börsegesetzen, die hier vorliegen.
Ich bedanke mich für die interessante Debatte, obwohl die Gesetze, die jetzt in Behandlung stehen, vielleicht nicht den inhaltlichen Spannungsgrad haben wie der vorhergegangene Punkt mit der Steuerreform. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Zelina.)
15.19
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung erfolgt getrennt.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Kreditinstituten erlassen wird und das Bankwesengesetz und weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989 und weitere Gesetze geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Auch das ist angenommen.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz 2011 und das Immobilien-Investmentfondsgesetz geändert werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Angenommen.
Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mauritius über den Informationsaustausch in Steuersachen.
Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist wieder Stimmeneinhelligkeit. Damit ist dieser Antrag ebenfalls angenommen.
Bevor wir zum 14. Punkt der Tagesordnung kommen, darf ich Herrn Bundesminister Dr. Brandstetter recht herzlich hier bei uns begrüßen. Herzlich willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)
Ich darf gleichzeitig den Herrn Finanzminister verabschieden und ihm einen schönen Sommer wünschen. (Neuerlicher allgemeiner Beifall.)
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Anerbengesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, das allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, die Notariatsordnung, das Rechtspflegergesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002 und die Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geändert werden (Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 – ErbRÄG 2015) (688 d.B. und 718 d.B. sowie 9419/BR d.B.)
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Winkler. Ich bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatterin Ingrid Winkler: Hohes Präsidium! Herr Minister! Werte Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Anerbengesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, das allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, die Notariatsordnung, das Rechtspflegergesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002 und die Kaiserliche Verordnung über die
dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geändert werden (Erbrechts-Änderungsgesetz 2015 – ErbRÄG 2015) (688 d.B. und 718 d.B. sowie 9419/BR d.B.).
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; deswegen komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Brückl. – Bitte.
15.24
Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das in Österreich gesetzlich geregelte Erbrecht hat nunmehr seit über 200 Jahren Bestand. Jetzt kann man dazu sagen: Diejenigen, die dieses Gesetz beschlossen haben, die es entworfen haben, die es geschrieben haben, müssen schon sehr gut gearbeitet und sehr fortschrittlich gedacht haben. Oder man kann sagen: Ja, nach so langer Zeit ist es nun einmal notwendig, dass man auch dieses Gesetz ändert, dabei auf die gesellschaftlichen Veränderungen im 21. Jahrhundert eingeht und es darauf abstimmt.
Beides trifft sicherlich zu. Allerdings verrate ich jetzt kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir Freiheitlichen diesem vom Nationalrat mehrheitlich beschlossenen Gesetz nicht zustimmen werden. Auf die einzelnen Gründe werde ich dann noch näher eingehen. Vorweg betone ich aber, dass das Erbrechts-Änderungsgesetz, so wie es jetzt vorliegt, für uns in vielen Bereichen einfach zu undefiniert ist, dass zu viele Fragen unbeantwortet bleiben, zu viel Spielraum für Interpretation bleibt und damit in Wirklichkeit ja Verantwortung von der Gesetzgebung hin zur Judikative wandert.
Wir erleben das heute ja immer wieder, dass der Gesetzgeber durch ungenaue Formulierungen im Gesetzestext – ob gewollt oder nicht – Verantwortung an die Gerichte abschiebt. Das war unter anderem auch aus einer Stellungnahme des Verfassungsjuristen Dr. Öhlinger in der Enquete-Kommission zur direkten Demokratie herauszuhören, in der er das in dieser Form bestätigt hat.
Wir sind der Meinung, dieses Erbrechts-Änderungsgesetz ist in manchen Bereichen einfach nicht fertiggebracht oder fertiggedacht worden. Das fängt bei Begriffsbestimmungen an: Der „Erblasser“ wird zum „Verstorbenen“, der „Nachlass“ zur „Verlassenschaft“. Herr Bundesminister, da verrate ich Ihnen jetzt kein Geheimnis, denn das wurde ja im Nationalrat auch so vorgetragen: Unser Justizsprecher, Mag. Harald Stefan, hat im Ausschuss gemeint, Begriffe wie „letztwillige Verfügung“, „Testament“, „letzter Wille“ werden in sich nicht konsistent verwendet.
Da kann man uns jetzt vorwerfen, dass wir hier das Haar in der Suppe suchen (Bundesrätin Kurz: Ja, wirklich! Das Härchen!), aber nein, das tun wir nicht, sondern wir stellen fest, dass es in Teilen hier einfach keine Übereinstimmung gibt mit der erst vor Kurzem in Kraft getretenen EU-Erbrechtsverordnung. Die Unterschiede, die hier in der Ausdrucksweise bestehen, die fehlende Übereinstimmung kann durchaus problematisch sein und durchaus problematisch werden. Es fehlt hier einfach eine gewisse Begriffsstabilität.
Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, sind Neuerungen, die jetzt eingeführt werden, aber jedenfalls als positiv zu bewerten, so zum Beispiel die Pflichtteilsstundung, die
jetzt kommen soll. Diese ist insbesondere für Unternehmen wichtig, denn dadurch kann wirklich auch manchen in Fällen auch die Existenz insbesondere von Unternehmen, von Familienunternehmen sichergestellt werden.
Das heißt, es gibt jetzt die Möglichkeit, dass die Pflichtteilsauszahlung bis zu fünf Jahren gestundet wird. Der Haken dabei ist allerdings, dass man das jetzt mit 4 Prozent zu verzinsen hat. Und das ist wiederum, gerade in Hinblick auf das derzeitige Zinsniveau, durchaus problematisch, denn ich denke, wenn er gleich zahlen könnte, dann würde er das ja auch tun. Hier eventuell über eine Indexanpassung oder einen realen Zinssatz anzugleichen, wäre vielleicht gerechter.
Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist die sogenannte Nachlassseparation, die in Wirklichkeit ja in klarem Widerspruch zur Stundung steht. Nachlassseparation bedeutet, dass jemand, der der Meinung ist, dass sein Pflichtteil nicht gesichert ist, verlangen kann, diesen Pflichtteil eben zu sichern. Diese Sicherung steht aber ganz klar im Widerspruch zur Stundung. Das ist eine Frage, die in der Gesetzesvorlage einfach offen bleibt.
Ein weiterer Punkt, der aus unserer Sicht problembehaftet sein wird, ist das Erbrecht für den Lebensgefährten. Es ist zwar gut, dass es kommt, und es entspricht auch den tatsächlichen gesellschaftlichen Gegebenheiten, aber, Herr Bundesminister, nicht geklärt werden Fragen wie: Wer ist der Lebensgefährte? Was macht den Unterschied zum Ehepartner aus? Brauchen sie einen gemeinsamen Wohnsitz? Was ist mit der sogenannten Wochenendbeziehung, die ja kein Einzelfall ist? Diese Frage werden nicht gelöst.
Die Regelung ist im Übrigen jetzt so, dass der Lebensgefährte erbt, wenn sonst keine gesetzlichen Erben vorhanden sind. Aber – und das ist ein Kritikpunkt von uns – er erbt vor einem allfälligen Vermächtnisnehmer, also vor demjenigen, der im Testament, in der letztwilligen Verfügung bedacht wird. Und das ist etwas, was aus unserer Sicht gar nicht geht. Denn wenn ich eine letztwillige Verfügung erlasse, wenn ich ein Testament schreibe, dann wird es einen Grund haben, warum ich jemanden einsetze, der möglicherweise nicht der Lebensgefährte ist. Daher meinen eben wir, dass diese Regelung nicht richtig ist.
Ein weiterer Punkt ist das sogenannte Pflegevermächtnis, das es künftig geben wird. Das ist auch positiv, und es entspricht auch wiederum den realen Gegebenheiten der heutigen Zeit. Das heißt, dass jemand, der eine Person pflegt, auch tatsächlich Anspruch auf eine Leistung aus dem Nachlass erhalten soll.
Dies ist ein aus unserer Sicht richtiger Ansatz, der aber wiederum viele Fragen offenlässt, wie zum Beispiel: Wer bewertet die Pflegeleistung? Auch wenn es angeführt ist, es fehlt eine eindeutige Klärung dieser Frage. Auch die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis in dieser Frage ist problembehaftet. Denn wenn ich sage, es werden nur die Kinder oder die engsten Familienangehörigen bedacht, dann stellt sich die Frage: Was ist mit den Kindern des Lebensgefährten? Was ist mit der sogenannten Nachbarschaftshilfe? Was ist mit dem Nachbarn, der die täglichen Einkäufe erledigt, der dreimal in der Woche mit dem Erblasser zum Arzt fährt, der die Wäsche wäscht und so weiter? Das sind heute keine Einzelfälle, sondern das ist Realität. Diese Fragen bleiben offen.
Herr Bundesminister Brandstetter, im Zuge des Erbrechts-Änderungsgesetzes wird auch das Wohnungseigentumsgesetz geändert, und es ist ja so, dass Wohnungseigentum maximal von zwei Personen begründet werden kann. Gibt es allerdings eine darüber hinausgehende Zahl an Erben, so ist im Gesetz vorgesehen, dass künftig das Grundbuchsgericht eine sogenannte Feilbietung durchführt.
Ich gebe zu, das wird kein Massenverfahren sein und es wird sich auch nicht dazu entwickeln, aber gerade deswegen halte ich es für sehr wichtig, dass man betont, dass solche Feilbietungen besser bei den Gerichtskommissären aufgehoben wären als beim Grundbuchsgericht. Zum einen haben die Notare da wesentlich mehr Erfahrung – das ist ein tägliches Geschäft für sie – und zum anderen könnte das Ganze ja auch noch vor der Einantwortung abgehandelt werden.
Das würde eine Verfahrensbeschleunigung bedeuten, eine Vereinfachung für die Parteien und würde den Gerichten zumindest eine gewisse Belastung abnehmen. Wir wissen, dass das Personal im Bereich der Justiz an seine Grenzen stößt. Diesen Aufwand könnte man sich ersparen. Es wird in diesem Bereich vermutlich auch ein vermehrter Schulungsaufwand notwendig sein. Bei einer Durchführung durch die Notare wäre also eine raschere Abwicklung der Verfahren gegeben, und das wäre sicherlich auch im Sinne der Parteien.
Abschließend darf ich zusammenfassend noch einmal betonen, dass das Bemühen, das Erbrecht in Österreich zu ändern und den Gegebenheiten der modernen Zeit anzupassen, richtig ist. Aber für uns stellt es eben aus derzeitiger Sicht nur ein Bemühen dar und nicht die große Weiterentwicklung, die es sein sollte und die möglich wäre, da eben zu viele Fragen offenbleiben. Man hätte sich hier durchaus, denke ich, noch ein paar Wochen Zeit geben können, offene Fragen lösen können, Expertenmeinungen einarbeiten können, um das Gesetz dann erst im Herbst zu beschließen. Auf die paar Wochen wäre es jetzt, denke ich, nicht mehr angekommen. So aber werden wir heute unsere Zustimmung leider nicht geben können. (Beifall bei der FPÖ.)
15.32
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.
15.33
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Brückl hat kassandrische Fähigkeiten, denn unmittelbar zu Beginn seines Vortrages habe ich mir gedacht: Da sucht doch einer tatsächlich die Flöhe im Pelz des Hundes, um irgendwie zu argumentieren, hier nicht zustimmen zu können. Das ist das Recht der Opposition, obwohl sie sonst immer fordert, dass man alles möglichst schnell und sofort und im Ganzen machen soll. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und wenn das einmal gemacht wird, etwas gut und schnell gemacht wird, dann passt es auch wieder nicht.
Herr Kollege Brückl, wenn Gesetze Interpretationsspielraum offenlassen, so seien Sie doch nett und lassen Sie uns Anwälten ein bisschen Arbeit über! Das wird wunderbar werden: Leichte Verdienstmöglichkeiten im Erbrecht sind immer etwas Besonderes für Anwälte, gleichzeitig aber natürlich auch der Stolz der Richter und der Senate, die sich mit der Interpretation oder mit dem Interpretationswillen der Parteien auseinandersetzen müssen.
In Summe ist diese Erbrechtsreform eine richtige und gute. Und übrigens: Die Experten, die gehört werden sollen, sind hier im Saal anwesend, und die haben das auch gemacht. Und man macht es sich nicht leicht, wenn man etwas, das 200 Jahre Bestand hatte, irgendwie ändern und anknabbern soll. Da hat man als Jurist schon ein bisschen Respekt und da schaut man, was tatsächlich notwendig ist, was gemacht werden muss.
Einige Punkte sind ja von dir, lieber Kollege Brückl, angesprochen worden. Ich gehe aber trotzdem noch einmal darauf ein, weil ich deine Ausführungen auch ergänzen will: Die Pflichtteilsstundung ist ja nicht nur etwas für Unternehmen. Sie ist für Unternehmen
wichtig, aber sie kann das durchaus auch für Private sein, denn, wie wir alle wissen, ein Erbteil besteht nun einmal nicht nur aus vier gleichen Sparbüchern für vier Erben, sondern es kann sich auch um ein Haus mit vier Erben handeln, das man realiter nicht so einfach teilen kann. Wenn man das nicht kann, dann wird es oft für denjenigen, der das Haus, den Hof, das Unternehmen übernimmt, zu einer echten Herausforderung, die anderen, die Weichenden auszuzahlen. Da ist eine Stundung sicherlich gut.
Selbstverständlich kann man immer irgendwo einen Punkt finden, mit dem man nicht einverstanden ist. Ja, es sind 4 Prozent Zinsen, Herr Kollege Brückl. Ihnen als Mitarbeiter eines Gerichts brauche ich nicht zu sagen, dass das seit Jahr und Tag die gerichtlichen Zinsen sind, die gesetzlichen Zinsen, die auch bei jeder anderen Forderung, die Sie klagsweise geltend machen, zugesprochen werden. Das ist beim derzeitigen Zinsniveau möglicherweise ein Gewinn – denken wir an eine Schmerzensgeldklage oder an einen Geldbetrag, der geschuldet wird. So ist es in diesem Fall auch. Aber vergessen wir nicht, dass es für den Weichenden, der sein Geld eben nicht sofort bekommt, schwierig ist. Dadurch wird der in diesem Bereich zu entrichtende Zins durchaus aufgewogen.
Wenn jemand gepflegt hat, hat er seinen Aufwand bis jetzt auch geltend machen können, er konnte dies über die Brücke des Bereicherungsrechts machen. Aber es waren komplizierte, langwierige Verfahren, in denen bei der Bemessung dieser Forderung sehr viel Spielraum offen war. Dort hat das Gesetz eine Klarstellung geschaffen, und ich denke, dass insgesamt der Ansatz, dies auch über das Erbrecht zu lösen, von der Idee her richtig ist. Selbstverständlich lässt es da oder dort wiederum Raum für Interpretation offen, aber wir werden sehen, wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt. Die Idee, es dorthin zu bringen, es deutlich konkreter zu machen, als es vorher war, ist sicherlich zu unterstützen.
Viele Begriffe wurden angepasst – es würde mich natürlich reizen, hier über die Begriffsänderungen zu sprechen, die jetzt im Erbrecht zu finden sind, aber die Tagesordnung und das Gebot der Kürze lassen mir diese Chance nicht. Persönlich betroffen bin ich, und das habe ich zuerst schon erwähnt, dass nach 25 Jahren, in denen man sich hin und wieder mit dem Erbrecht beschäftigt hat, das Wort „Erblasser“ verschwindet. Es war immer wunderbar, zu schauen, wo man denn das Wort „Erblasser“ betont: Erblasser oder Erblasser. Im Endeffekt ist immer das Gleiche herausgekommen: Wer nachhaltig erblasst, war ein Erblasser.
Ich danke für die Aufmerksamkeit. Wir werden zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
15.37
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Kurz. – Bitte.
15.37
Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich bin ehrlich gesagt froh darüber, dass die bestehenden erbrechtlichen Regelungen nach 200 oder fast 200 Jahren jetzt endlich modernisiert werden und in weiten Teilen auch vereinfacht werden. Ich denke, die Ziele, die damit verfolgt worden sind, sind sehr wohl erreicht worden, nämlich die Verbesserung der Übersichtlichkeit der Rechtsordnung, eine Stärkung der Testierfreiheit, stärkere erbrechtliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen – wir haben es schon gehört – und, Herr Kollege Brückl, eine, wie ich finde, systemgerechte Vollziehbarkeit der europäischen Erbrechtsverordnung in Österreich.
Worum es inhaltlich geht: Unter den schon genannten Punkten befinden sich auch Punkte wie die rechtsbereinigende Änderung und Aufhebung von Bestimmungen des österreichischen Rechts, die Modernisierung des Pflichtteilsrechts, Änderungen bei Testamentsformen und so weiter und so fort. Ich möchte jetzt vor allem auf drei wesentliche Änderungen eingehen und mich darauf beschränken, denn wir können, wie wir schon gehört haben, heute leider nicht auf alles eingehen, was interessant wäre.
Wichtig sind aus meiner Sicht vor allem die Stärkung des gesetzlichen Erbrechts der Ehepartnerinnen und Ehepartner und das außerordentliche Erbrecht der Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten, die Modernisierung des Pflichtteilsrechts und die Geltendmachung von Pflegeansprüchen in Verlassenschaftsverfahren.
Was die Stärkung des gesetzlichen Erbrechts der EhepartnerInnen anbelangt, sieht das Gesetz jetzt vor, dass der oder die überlebende EhepartnerIn oder LebensgefährtIn eben in der gesetzlichen Erbfolge die Geschwister und Eltern des kinderlosen – nicht mehr so genannt werdenden – Erblassers verdrängt und somit den gesamten Nachlass erhält. Ich denke, in Anbetracht der heutigen Beziehungen und Lebensbeziehungen ist das absolut gerechtfertigt.
Besonders wichtig finde ich, dass dabei auch das Erbrecht von Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten gestärkt wird, die unter bestimmten Voraussetzungen außerordentliches Erbrecht erhalten. Für mich ist das absolut zu begrüßen, denn die Vergangenheit hat ja gezeigt – und ich arbeite selbst auch in einer Institution, die Frauen berät, und insofern werde ich damit auch immer wieder konfrontiert –, dass es dabei schon zu großen Ungerechtigkeiten gekommen ist. Ich denke, da kann man jetzt anders urteilen und Gerechtigkeit schaffen. Man darf ja nicht vergessen, dass es in Österreich ungefähr 700 000 Lebenspartnerschaften gibt, die von diesem Gesetz betroffen sind.
Das Thema Erben und Pflegen durch Angehörige ist schon angesprochen worden. Es geht ja um das Thema Pflegen innerhalb der Familie, und es werden jetzt die Menschen berücksichtigt, nämlich ungefähr 320 000 in Österreich, die sich um ihre Angehörigen pflegend kümmern. Drei Viertel dieser Angehörigen sind Frauen. Es ist also eine gesetzliche Änderung, die vor allen Dingen Frauen betrifft. Alle, die je einen Menschen gepflegt haben oder die aus ihrer eigenen Familie wissen, wie so eine Pflegeleistung aussieht, wissen auch, wie aufopfernd, wie zeitaufwendig und was für eine menschlich wertvolle Arbeit das ist, die man sich nur wünschen kann. Ich glaube, das Pflegesystem und das Älterwerden würde in diesem Staat nicht so funktionieren, gäbe es diese pflegenden Angehörigen nicht.
Das soll nun auch gesetzlich durch ein Pflegevermächtnis in das Erbrecht eingehen. Wir wissen, es handelt sich zumeist um die Töchter, um die Schwiegertöchter oder um sonstige nahe Verwandte. Dieses Pflegevermächtnis kann dann entstehen, wenn die Pflege zumindest in den letzten drei Jahren erfolgt ist und dafür im Durchschnitt mehr als 20 Stunden im Monat aufgewendet wurden. Wir wissen, dass es meist viel, viel mehr Stunden sind. Ich denke, es ist einfach ein Gebot der Stunde und der heutigen Situation, dass das jetzt im Erbrecht dezidiert berücksichtigt werden soll.
Insgesamt möchte ich feststellen, dass das Erbrecht den geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in weiten Bereichen Rechnung trägt. Natürlich kann man immer sagen, es ist zu wenig und da und dort sollte man noch weiter gehen, aber es spricht ja nichts dagegen, dass man in einigen Jahren eine weitere Novelle macht. Von der SPÖ wird das Gesetz jedenfalls gern unterstützt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
15.42
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Schreyer. – Bitte.
15.42
Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen und ZuseherInnen hier und zu Hause! Die Überarbeitung des Erbrechts ist ein sehr notwendiger Schritt gewesen. Wir stimmen in den meisten überarbeiteten Punkten auch mit Ihnen überein und werden auch gerne dem Gesamtpaket zustimmen, obwohl aus unserer Sicht in einigen Punkten doch eine weitreichendere Reformierung notwendig gewesen wäre.
Ich möchte auf zwei Punkte genauer eingehen, die zufällig vorher auch schon von meinen VorrednerInnen erwähnt worden sind. Die Ansprüche der LebensgefährtInnen im Erbrecht sind zwar teilweise umgesetzt, wenn man sich die Regelung aber im Detail ansieht, dann sieht man, dass LebensgefährtInnen doch kaum zum Zug kommen. Ein/e Lebensgefährte/in erbt nämlich nur dann, wenn der oder die Verstorbene keine oder kaum Familie hatte, was ja doch eher selten vorkommt.
Es wäre aus unserer Sicht sehr sinnvoll gewesen, auch tatsächlich ein gesetzliches Erbrecht für LebensgefährtInnen einzuräumen. Wir denken da vor allem praktisch, zum Beispiel bei allgemeinen Gebrauchsgegenständen aus dem Haushalt, also Elektrogeräten, Computer, Auto, Einrichtungen. Sie werden ja oft gemeinsam angeschafft, auch wenn man nicht verheiratet ist. Es ist in dieser Reform enthalten, dass solche Gegenstände noch weiter genutzt werden können, aber da hätte man aus unserer Sicht etwas weiter gehen können.
Der zweite Punkt ist die Anrechnung von Pflegeleistungen bei Erbansprüchen. Wir finden es prinzipiell natürlich gut. Es ist ja auch bisher schon möglich gewesen, Pflegeleistungen einzuklagen, jetzt wird es direkt in das Erbrecht eingebaut. Das hört sich als Vereinfachung des Prozesses gut an. Tatsächlich glauben wir allerdings, dass das sehr viel Konfliktpotenzial innerhalb der Familien birgt.
Wir befürchten einerseits, dass dadurch die Pflege vermehrt in den privaten Bereich gedrängt wird. Unsere Sorge ist, dass sich Angehörige, vor allem Frauen, wie Susanne Kurz es auch schon angesprochen hat, die ja den Großteil der Pflegearbeit leisten, in die Übernahme von Pflegeleistungen stürzen und damit dann total überfordert sind, weil Pflegeleistungen, Pflegearbeit einfach physisch und psychisch sehr anstrengend sind.
Andererseits befürchten wir auch viele finanzielle Konflikte in der Familie. Die Anrechnung von Pflegeleistung bei den Erbansprüchen bedeutet natürlich, dass die anderen Erbberechtigten um eben diese Abgeltung der Pflegeleistung weniger erhalten. Es wird auch schwer quantifizierbar sein, wie viel, wie lange und wie intensiv gepflegt wurde. Von daher würden wir dafür plädieren, dass es nicht im Erbverfahren, sondern schon vorher vertraglich geregelt würde.
Dieser Punkt ist auch in der Entstehung der Novelle ein großer Diskussionspunkt gewesen, den der Herr Sektionschef im Ausschuss auch ausführlich erklärt und geschildert hat.
Wie gesagt, wir werden dem Erbrechts-Änderungsgesetz trotz einiger Kritikpunkte zustimmen, und ich möchte abschließend noch einmal darauf pochen, dass das Pflegesystem und Betreuungseinrichtungen durch diese Novelle auf keinen Fall aus der Pflicht genommen werden dürfen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
15.45
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter. – Bitte, Herr Minister.
15.45
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Bundesräte! Ich erinnere mich noch gut an die Rechtssprichwörter, die wir zu Beginn meines Jusstudiums – zugegebenermaßen ist das einige Jahre her – noch lernen mussten, und eines davon lautete: Wer will ruhig und selig sterben, der überlasse sein Gut den richtigen Erben!
Dabei hilft jetzt das neue Erbrecht, das durchgehend modernisiert ist, und wenn wir schon das Sterben nicht verhindern können, so können wir wenigstens dabei helfen, dass das Gut an die richtigen Erben gelangt. Es ist schon sehr viel an positiven Dingen gesagt worden, die hier mitverpackt sind. Ich möchte vielleicht nur als Reaktion auf das, was Kollege Brückl gesagt hat, noch ein paar Worte verlieren.
Ich meine, natürlich kann man mit dieser Erbrechtsnovelle vieles regeln, und zwar eben auch vieles, was nach 200 Jahren längst fällig war, aber die Erbrechtsnovelle ist jetzt nicht die Gelegenheit, alles Mögliche sonst auch noch zu regeln, was eigentlich in andere Rechtsbereiche gehört. Ich glaube, dass es wirklich gelungen ist, mit dieser Novelle einen sehr vernünftigen Interessenausgleich unter Einbindung der maßgeblichen externen Experten zu finden.
Kollege Brückl, ich muss Ihnen in einem Punkt sogar recht geben, nämlich insofern, als Sie gesagt haben, man könnte Ihnen jetzt den Vorwurf machen, Sie würden immer ein Haar in der Suppe suchen. – Ja, da haben Sie recht, ich würde sogar sagen, Sie suchen nicht nur ein Haar in der Suppe, kaum haben Sie eines gefunden, versuchen Sie es auch noch zu spalten, denn die Argumente, die Sie vorgebracht haben, sind ja nicht neu. Ich kenne sie noch von dem von mir sehr geschätzten Justizsprecher Ihrer Partei, dem Kollegen Stefan, der ja Notar ist.
Ich kenne das alles, aber: Letztlich ist so eine Erbrechtsnovelle doch ein Interessenausgleich zwischen verschiedenen Interessen, die man unter einen Hut kriegen muss. Es ist auch kein Wunschkonzert für Notare, das muss man auch einmal sagen. Wir haben uns wirklich sehr bemüht, auf alles einzugehen, was es an Argumenten gab. An dieser Stelle muss ich meiner Fachabteilung unter dem Sektionschef Kathrein und den Mitarbeitern, Kollegen Barth und Kollegen Pesendorfer, ein wirkliches Lob aussprechen. Sie haben sich mit allen Argumenten intensiv auseinandergesetzt und haben, glaube ich, wirklich all das, was berechtigterweise Berücksichtigung finden musste, auch tatsächlich berücksichtigt, und das ist gut so. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Wenn ich zum Thema Haar in der Suppe oder Haarspalterei oder was auch immer nur zwei Kleinigkeiten herausgreifen darf: Ich meine, ob wir jetzt vom „Erblasser“ oder vom „Verstorbenen“ sprechen, ist, ehrlich gesagt, aus der Sicht des Betroffenen ziemlich egal. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) – Sind wir uns da einig, Kollege Brückl? – Aus der Sicht des endgültig Erblassten ist es wohl egal.
Was das Zinsniveau betrifft, so findet sich der gesetzlichen Zinsfuß in allen Bereichen, das ist schon gesagt worden. Wenn das dem Auszahlungspflichtigen zu hoch ist, weil das allgemeine Zinsniveau niedrig ist, dann ist er selbstverständlich nicht daran gehindert, günstigere Kreditierungen in Anspruch zu nehmen. Er braucht nur einen Kredit zu günstigeren Konditionen aufzunehmen und gleich auszuzahlen. Das, was hier geregelt ist, muss nicht unbedingt in Anspruch genommen werden. Es ist die sinnvolle Möglichkeit, eine wirklich vernünftige Regelung vorzufinden.
Es ändert auch nichts daran, dass jeder selbstverständlich die Möglichkeit hat, zu testieren und im Testament den Lebensgefährten oder wen auch immer zu bedenken. Er hat die Möglichkeit, frei zu gestalten, aber wenn das nicht passiert, dann soll diese Neuregelung dafür sorgen, dass ein vernünftiges Erbrecht eingreift.
Ich möchte auch kurz darauf eingehen, was Frau Kollegin Schreyer gesagt hat. – Ja, Sie haben schon recht: Es ist oft so, dass gerade die Verwandten Pflegeleistungen erbringen, oft unbedankt, oft nicht wirklich ausreichend honoriert. Das ist ja genau der Grund, warum wir dieses gesetzliche Pflegevermächtnis einbauen wollten. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen, und Sie werden mir recht geben, wenn ich sage: Oft sind es gerade die, die wirklich aufopfernd gepflegt haben, die dann nicht als Erste schreien, wenn es ums Verteilen geht, sondern meistens andere, die vorher keine Zeit hatten, sich der Pflege zu widmen.
Daher wollten wir die Möglichkeit schaffen, dass von Amts wegen geschaut werden muss, wer Pflegeleistungen erbracht hat, die noch nicht ausreichend honoriert wurden. Wenn es eine Regelung diesbezüglich gab, dann ist ohnedies alles klar, nur dort, wo es noch zu keiner Honorierung der Pflegeleistungen kam, soll diese Regelung greifen.
Ich glaube, dass dieses amtswegige Vorgehen mit der Autorität des Gerichts im Rücken in Wirklichkeit sogar viele Streitigkeiten verhindern kann. Deshalb sehe ich es als einen echten Fortschritt.
Ich komme zum Schluss – ich muss mich kurz fassen –: Meine Damen und Herren Bundesräte, Sie haben die Chance, einem wirklich guten Gesetz Ihre Zustimmung zu erteilen. Nützen Sie sie! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
15.50
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Suchtmittelgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Aktiengesetz, das Gesetz vom 6. März 1906 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft, das Genossenschaftsgesetz, das ORF-Gesetz, das Privatstiftungsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 und das Spaltungsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2015) (689 d.B., 1110/A, 969/A(E) und 728 d.B. sowie 9403/BR d.B. und 9420/BR d.B.)
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesord-nung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Winkler. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Ingrid Winkler: Hohes Präsidium! Herr Minister! Werte Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Suchtmittelgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Aktiengesetz, das Gesetz vom 6. März 1906 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft, das Genossenschaftsgesetz, das ORF-Gesetz, das Privatstiftungsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 und das Spaltungsgesetz geändert werden sollen.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; deswegen darf ich sogleich zur Antragstellung kommen.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.
15.52
Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mich diesem Themenbereich widme, möchte ich noch eine Sache loswerden. – Leider ist Bundesminister Schelling nicht mehr da, aber die Kollegin Winkler, die geht jetzt gerade hinaus. Beide haben sich beim vorigen Tagesordnungspunkt über den öffentlichen Dienst mokiert. (Zwischenruf des Bundesrates Stadler.)
Als Personalvertreter darf ich nicht nur von meiner Seite aus, sondern auch namens meiner Fraktion dem öffentlichen Dienst meine Hochachtung aussprechen. (Bundesrat Stadler: Jetzt hör aber auf! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Bediensteten des öffentlichen Dienstes, egal, in welchem Bereich, leisten hervorragende Arbeit! Ich möchte das hier noch einmal festhalten! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Stadler: Ausnahmsweise hast du jetzt einmal recht!)
Aber weil Sie sich gerade so echauffieren: Frau Kollegin Winkler hat den Begriff Endlösung – einen zeithistorisch sehr nachteilig behafteten Begriff – in den Mund genommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wo war da der Aufschrei der Entrüstung? Stellen Sie sich vor, einem Freiheitlichen wäre das passiert, unabsichtlich! (Bundesrätin Winkler: Das habe ich nicht gesagt!) Aber bei Ihnen ist so etwas in Ordnung. Ich stelle fest: Alles in Ordnung in dieser Republik, solang es SPÖ und ÖVP wohlgefällig zur Kenntnis nehmen! (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Vizepräsidentin Posch-Gruska gibt das Glockenzeichen.) In diesem Sinne darf ich ...
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Am Wort ist jetzt Herr Bundesrat Herbert!
Bundesrat Werner Herbert (fortsetzend): Nur keine Entrüstung, Kolleginnen und Kollegen! (Zwischenruf des Bundesrates Stadler.) Solange es euch gefällt, ist alles möglich. Wehe, wehe, man kritisiert da in den heiligen Hallen des Parlaments SPÖ und ÖVP, die Regierungsfraktionen! – Unglaublich! (Bundesrätin Zwazl: Lies das Protokoll nach, das hat sie nicht gesagt!) – Frau Präsidentin, bitte!
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Kollegin Zwazl, bitte! – Wir sind jetzt beim Strafrechtsänderungsgesetz.
Bundesrat Werner Herbert (fortsetzend): Gut, zum Strafrechtsänderungsgesetz. Wenn man dieses Gesetz durchliest und es auf sich wirken lässt, dann stößt man auf zwei Erkenntnisse, aber eigentlich weiß man nicht so genau, welche Erkenntnis, die einem da eingeht, mehr getrieben hat: War es die Erkenntnis, dass man allgemein Straftaten relativieren wollte, aus welchem Grund auch immer? Ich kann mir nur vorstellen, dass die Häftlingszahl einfach zu groß ist und man nicht mehr Häftlinge haben will, weil man ganz einfach nicht weiß, wo man sie unterbringen soll.
Ich sehe, dass eine Herabsetzung der Strafrahmen in oft nicht unwesentlichem Ausmaß Ziel dieses Gesetzes ist, dass eine Anhebung der Wertgrenzen bei schweren Delikten von 50 000 auf 300 000 € erfolgt. Also eine Wertgrenze bei einem schweren
Delikt von 50 000 auf 300 000 € anzuheben, da sind wir schon fast in der Diversion drinnen, Herr Bundesminister! Will man das tatsächlich? Stellen Sie sich vor: Irgendeiner macht einen Schaden um 300 000 €, und Sie nehmen zur Kenntnis, der geht mit einer Diversion nach Hause! Ist es das, was dieses Gesetz uns hier weismachen will?
Oder eine Aufweichung des Suchtmittelgesetzes? – Ich darf erinnern an den § 13 Abs. 2a, der da sagt: Der Kauf und der Besitz sollen grundsätzlich nicht mehr strafbar sein, wenn jemand mit Suchtmitteln für sich selber oder jemand anderen ohne Gewinnabsicht angetroffen wurde, aber sicherheitshalber möge man der Bezirks-verwaltungsbehörde die Daten übermitteln, weil es ja aus Gesundheitsgründen erfor-derlich sein könnte, dass man eine gesundheitliche Überprüfung durchführt.
Zu dieser Bestimmung gibt es übrigens schwere Bedenken des Datenschutzrates, der in seinem Erkenntnis vom 27. April gemeint hat, dass es sich da um einen schweren Eingriff in den Datenschutz für den jeweiligen Betroffenen handelt, und in seiner Stellungnahme festgehalten hat, dass das in dieser Form rechtlich höchst bedenklich sei. Das hat man nicht zur Kenntnis genommen, der Wortlaut wurde einfach so in diese Regierungsvorlage übernommen.
Die zweite Geschichte, die da fast genauso schwer wiegt – wobei man nicht weiß, ob es schwerwiegender ist oder auch nicht –, ist die politisch motivierte Anlassgesetz-gebung, die mehrmals in diesem Gesetz vorkommt.
Also wenn man sich allein die Neufassung des Verhetzungsparagraphen anschaut, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass man offensichtlich einen politisch-kritischen Mitbewerber mundtot machen möchte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ist so!
Auf der anderen Seite unterstützt man politisch gesteuerte und oft auch sehr gewaltbereite Randgruppierungen mit der Streichung oder Herabnivellierung von Straftaten, beispielsweise durch die Streichung des § 281: „Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze“. Den brauchen wir heute offensichtlich nicht mehr, es kann eh jeder machen, was er will, offensichtlich ist das die Intention der Regierung. Oder: bei der „Sprengung einer Versammlung“ eine Aufweichung der Strafbestimmungen. Das brauchen wir heutzutage auch nicht, weil jeder heute beispielsweise den Akademikerball oder jede andere Veranstaltung stören kann, wie er will, dann noch marodierend durch die Innenstadt ziehen, Millionenschaden anrichten – alles in Ordnung in dieser Republik! Wenn das Ihre Intention zu diesem Gesetz ist, dann gute Nacht, Österreich, kann ich nur sagen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Aber die Krone setzen dem dann Gesetze auf, die offensichtlich nur der politischen Intention von einigen wenigen – ich möchte gar nicht sagen: Betroffenen –, einigen wenigen Hochdenkern aus der Leistungszentrale der SPÖ entspringen; Stichwort: Po-Grapsch-Paragraph. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)
Das ist wohl eine Verletzung der Würde, die jetzt schon geahndet hätte werden können oder noch immer geahndet werden kann. Dem gibt man Raum, in einem eigenen Paragraphen festgemacht zu werden, und auf der anderen Seite ist Ihnen ein Berufsverbot für Pädophile – zu dem ich nachher noch kommen werde – nicht wert, als eigener Paragraph aufgenommen zu werden. Das ist eigentlich das Schlimme an diesem Gesetz.
Sektionschef Pilnacek sagte: Na ja, ein Berufsverbot ist ja auch im Rahmen der jetzigen Gesetzgebung möglich, da brauchen wir keinen eigenen Paragraphen! – Das hat er vorgestern im Ausschuss gesagt. Das Gleiche könnte ich auch da sagen: Der Po-Grapsch-Paragraph ist auch jetzt im Rahmen der Schädigung der Würde beinhaltet. – Nicht, dass ich es gutheiße! Es soll schon jeder bestraft werden, der die
weibliche Integrität nicht zur Kenntnis nimmt, aber dass man auf der einen Seite für eine Verletzung der Würde – wenn auch eine zu ahnende, da bin ich bei Ihnen – einen eigenen Paragraphen macht, aber sagt, für Pädophile brauchen wir keinen eigenen Paragraphen (Bundesrätin Kurz: Weil es schon ein Gesetz gibt!), denn da regeln wir das irgendwie im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, die wir eben haben, das ist eine Ungleichgewichtung, bei der mir nicht schlüssig ist, warum das im Gesetz so ist. (Bundesrätin Kurz: Das ist falsch!) Und das ist auch schwer zu hinterfragen; vielleicht können Sie mir dann eine Antwort geben, Herr Bundesminister. (Bundesminister Brandstetter: Gerne!)
Es gibt leider viele solche Beispiele, die ich Ihnen da noch aufzählen kann (Bundesrätin Kurz: Nein, bitte nicht! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), aber drei Sachen möchte ich noch ganz besonders in den Vordergrund rücken.
Zum einen ist das die Neudefinierung mit dem Begriff „nicht bloß geringfügiges fortlaufenden Einkommen“ für die Gewerbsmäßigkeit. Diese 400-€-Grenze ist rechtlich im praktischen Polizeidienst kaum nachvollziehbar oder kaum sichtbar zu machen. Die Problematik ist: Habe ich einen mit einer großen Menge, dann ist das ohnedies kein Problem. Wenn ich, um ein Beispiel zu nennen, ein Kilo Kokain hernehme, da kann ich alles nachrechnen. Da kann ich wahrscheinlich das Einkommen für die kommenden zehn Jahre berechnen.
Problematischer schaut das schon beim kleinen Straßendealer aus, der in der Verteilungskette oder in der Suchtgiftproblematikkette wohl das schwierigste und größte Bindeglied ist, wobei, wenn man den aus dem Verkehr zieht, dies wohl das effizienteste Mittel in der Drogenbekämpfung wäre. (Bundesrätin Kurz – auf die Lampe am Rednerpult weisend –: Es blinkt!) Da tue ich mir mit dieser Einkommensgrenze, damit, diesen Nachweis zu erbringen, mit dem Jahreseinkommen, Monatseinkommen, wie das hier in dem Gesetz auch festgeschrieben ist, sehr hart. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Ich denke, da wird es wahrscheinlich wohl weniger Erfolge geben, ganz einfach deswegen, weil man vom Gericht her sagt – und da schließt sich wieder der Kreis zum ersten Punkt –: Kein schweres Delikt! Ein kleines Delikt, den brauchen wir nicht einzusperren, wir haben eh keinen Platz! – So nach dem Motto schließt sich hier wieder der Kreis. (Bundesrätin Kurz: Es blinkt!)
Die zweite Sache habe ich schon im Ausschuss moniert – das war auch eine besonders nette Geschichte –: Zwangsehe. – Eine Supersache! Das war immerhin ein Antrag von uns im Jahr 2007, der von Ihnen damals im Nationalrat noch abgelehnt wurde, mittlerweile aber aufgegriffen wurde – danke, Herr Minister, das ist eine gute Sache. Das gehört sich nicht, da bin ich schon bei Ihnen. Aber die Zwangsverpartnerung, das ist ein Widerspruch in sich, den muss mir einmal einer erklären. In jedem Kulturkreis ... (Bundesrat Schennach: Das haben wir aber ausführlich diskutiert im Ausschuss!) – Na, passen Sie auf! Ja, Sie waren eh dabei! Die anderen dürfen auch mitlachen, Herr Kollege Schennach. Wir waren sehr erheitert im Ausschuss; die anderen dürfen auch mitlachen. (Bundesrat Schennach: Aber das ist ja erklärt worden! Ist das so schwer zu verstehen? – Bundesrat Todt: Ja! Es ist einfach so schwer! Er wird es nie verstehen! – Bundesrat Schennach: Weil er sagt, es soll erklärt werden: Es ist erklärt worden, aber es nützt ja nichts!)
In jenen Kulturkreisen, wo das vorkommt mit der Zwangsehe, ist Homosexualität in der Regel eine verpönte Angelegenheit, in vielen Staaten sogar unter Strafe gestellt. Wenn ich jetzt sage, das – nämlich eine homosexuelle Verbindung von zwei Menschen – kommt in diesem Kulturkreis gar nicht vor, warum findet sich das dann in unserem Gesetz? – Eine interessante Geschichte! Eigentlich ein Widerspruch in sich. (Bundesrätin Kurz: Häh? Kennt sich einer aus?) Da haben sich wahrscheinlich die
linken Gutmenschen gegenseitig überholt, und dann ist diese Gesetzesbestimmung zustande gekommen. Ein ideologisches Hoppala, ein gesetzlicher Nonsens, ist so.
Und die letzte Sache, die mir so ... (Bundesrat Stadler: Du hast gesagt, das wird zum Erheitern, aber es hat noch keiner gelacht!) – Weil du nicht aufgepasst hast. Dann musst du ein bisschen mehr aufpassen, dann kommst du auch mit. (Bundesrätin Kurz: Die Zeit ist überschritten! – Bundesrätin Grimling: Die Redezeit ist überschritten! Das ist jetzt die Schmerzgrenze! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Die letzte Sache, auf die ich noch zu sprechen kommen wollte, ist diese Geschichte mit den Pädophilen, die ich zuerst schon angekündigt habe. Es ist eigentlich eine Schande, dass wir, wie gesagt, Gesetze machen für den Fall von Verletzungen der Würde, aber kein Gesetz machen zum Schutz unserer Kinder. (Bundesrätin Zwazl: Das ist ja nicht wahr!) Und das ist das Problem. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)
Es gibt in diesem Gesetz, obwohl es von vielen Interessengruppen eingefordert wurde, keine Einschränkung betreffend die Ausübung der beruflichen Tätigkeit für verurteilte Pädophile und Triebtäter. Das gibt es nicht. (Bundesrätin Kurz: Das ist ein Unsinn! – Bundesrätin Blatnik: ... Kinderrechtskonvention!)
Ich darf daher, Frau Präsidentin, ... (Bundesrätin Zwazl: Der darf doch nicht mit Kindern arbeiten!) – Na, wer sagt denn das? (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Wer sagt denn das? Wo steht das? Wo steht das im Gesetz? (Bundesrat Mayer: Der braucht einen Strafregisterauszug, und da steht das! Im Strafregisterauszug steht das drin! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wenn Sie heute jemand unangenehm und nicht gewollt berührt, ist er wegen § 106a, glaube ich, strafbar. Wenn heute einer sagt: Ich möchte als Pädagoge, obwohl ich vorbestraft bin, in der Kindererziehung mitarbeiten, wer hindert den daran? Außer wenn vielleicht irgendjemand sagt: Ich hätte gerne einen Strafregisterauszug. (Bundesrat Schödinger: Dafür gibt es ja den Strafregisterauszug! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Genau! Und wer kriegt den Strafregisterauszug, Kollege Schödinger? Wer? – Die Leiterin vom Kindergarten? Wenn die Leiterin vom Kindergarten einen Strafregisterauszug hat, dann ist sie eigentlich strafbar wegen Datenschutzverletzung. So schaut es aus!
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Können wir vielleicht ein bisschen ruhiger werden!?
Bundesrat Werner Herbert (fortsetzend): Nichtsdestotrotz – ich sehe schon, die Wahrheit tut weh, die eigenen Fehler auch – darf ich abschließend folgenden Antrag einbringen (Bundesrätin Kurz: Geh, bitte, kann man da etwas tun? Frau Präsidentin, ... ! – Unruhe im Sitzungssaal.)
Entschließungsantrag
der Bundesräte Herbert, Krusche und Kollegen betreffend lebenslängliches Tätigkeitsverbot von Sexualstraftätern im Bereich der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung von minderjährigen, wehrlosen sowie psychisch beeinträchtigten Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organisationen
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Justiz werden aufgefordert, im Sinne des Artikel 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit Artikel 1 und mit Artikel 5 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes ...“
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Entschuldigung, Kollege Herbert! Könnten wir etwas leiser sein!? Es wird gerade ein Entschließungsantrag verlesen, und wenn Ruhe im Saal ist, hören wir ihn auch. – Bitte schön. (Bundesrat Mayer: Er hat schon 20 Minuten geredet! – Bundesrätin Mühlwerth: ... Herr Kollege, und das wissen Sie auch!)
Bundesrat Werner Herbert (fortsetzend): Ich wiederhole es noch einmal:
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Justiz werden aufgefordert, im Sinne des Artikel 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit Artikel 1 und mit Artikel 5 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die Maßnahmen zur Vorbeugung von sexuellen Übergriffen auf minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen vorsieht.
Diese Maßnahmen richten sich gegen Personen, die in der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung sowie sonstigen intensiven Kontakten mit Minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträchtigten Personen zum Tatzeitpunkt tätig waren und einer Sexualstraftat gegen Schutzbefohlene überführt worden sind. Diese einschlägig verurteilten Sexualstraftäter sind auf Lebenszeit von der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung Minderjähriger sowie wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Personen auszuschließen.
Hierzu sind in der Regierungsvorlage folgende Eckpunkte inhaltlich abzubilden:
1. Lebenslanges Tätigkeitsverbot für einschlägig verurteilte Sexualstraftäter in den Bereichen Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung von Minderjährigen sowie wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen, um einen größtmöglichen Schutz der Schutzbefohlenen zu gewährleisten und das Risiko wiederholter sexueller Übergriffe zu minimieren.
2. Verurteilungen insbesondere nach den §§ 205, 206, 207, 207a, 207b, 208, 208a, 212, 213, 214 sowie 215a StGB sind im Strafregister lebenslang sowie gesondert in einer ,Strafregisterbescheinigung Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen‘ auszuweisen. Diese ist ausschließlich für Bewerbungen bei privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organisationen, die in der Erziehung, Betreuung und Beaufsichtigung von minderjährigen, wehrlosen sowie psychisch beeinträchtigten Personen tätig sind, von der zuständigen Behörde auszugeben und als solche zu deklarieren.
3. Private und öffentliche Betreuungseinrichtungen und -organisationen werden verpflichtet, vor Einstellung einer Person für Tätigkeiten der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung minderjähriger, wehrloser sowie psychisch beeinträchtigter Personen, eine als solche durch die ausstellende Behörde deklarierte ,Strafregisterbescheinigung Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen‘ durch den Bewerber einzufordern. Leermeldungen sind ebenfalls vorzulegen.
4. Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils kein Tätigkeitsverbot ausgesprochen worden wäre, hat das Gericht das Tätigkeitsverbot aufzuheben.
5. Konsequenzen für öffentliche und private Betreuungseinrichtungen und -organisationen im Falle der Nichteinhaltung ihrer Verpflichtung, eine Strafregisterbescheinigung ,Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Per-
sonen‘ zu verlangen, müssen sich im Dienst- und Disziplinarrecht und im Verwaltungsstrafrecht wiederfinden.“
*****
Ich darf Sie ersuchen, im Sinne unserer Kinder, zum Schutz unserer Kinder vor pädophilen Übergriffen dieser Entschließung zuzustimmen. Dem Strafrechtsänderungsgesetz werden wir unsere Zustimmung verweigern. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
16.09
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Der Entschließungsantrag wird jetzt verteilt, da es sehr schwer möglich war, den ganzen Inhalt wirklich mitzuverfolgen. Das heißt, jeder Bundesrat/jede Bundesrätin bekommt jetzt diesen Entschließungsantrag.
Der von den Bundesräten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend lebenslängliches Tätigkeitsverbot von Sexualstraftätern im Bereich der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung von minderjährigen, wehrlosen sowie psychisch beeinträchtigten Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und ‑organisationen ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.
16.10
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich werde jetzt versuchen, der Debatte um die Strafrechtsreform nach diesem atemlosen Finale furioso meines Vorredners ein bisschen Struktur zu verleihen.
Das Strafrecht, meine Damen und Herren, ist die Willenserklärung einer Gesellschaft, welche Rechtsgüter geschützt werden sollen, was besonders wichtig ist – ein Rechtsgut wie zum Beispiel die Gesundheit, die körperliche Unversehrtheit, ein Rechtsgut wie Eigentum, aber auch viele andere.
Es hat sich in der veröffentlichten Meinung, aber auch in der öffentlichen Meinung selbst in den letzten Jahren Kritik daran herauskristallisiert, dass Eigentumsdelikte stärker bestraft werden, als dies bei Körperverletzungen der Fall ist, wobei wir gerade bei Körperverletzungen wissen, dass diese mit Geld nicht aufzuwiegen sind: Wenn etwas passiert ist, kann man Gesundheit nicht kaufen, und die Folgen von Körperverletzungen, besonders schweren Körperverletzungen, sind oftmals viel problematischer als die von Eigentumsdelikten wie beispielsweise Diebstahl oder Einbruch.
Ich sage auch von dieser Stelle als Praktiker dazu, dass es den Richtern nicht verboten gewesen wäre, anders zu judizieren, aber es hat sich – und Richter sind auch keine völlig unbeeinflussbaren Menschen – durch die veröffentlichte Meinung, besonders dann, wenn Serieneinbrüche stattgefunden haben, herauskristallisiert, dass der berühmte Ruf: Hängt ihn höher!, dazu geführt hat, dass diese Einbrüche sehr, sehr streng bestraft worden sind, dass Eigentumsdelikte, dass Raub streng bestraft worden ist – nicht zu Unrecht, allerdings ist das etwas aus der Waage geraten.
Nun ist es Aufgabe des Gesetzgebers, wenn diese Dinge passieren, und das ist seine ureigenste Aufgabe, hier korrigierend einzugreifen, und da kann man, meine Damen und Herren, im Strafgesetz an verschiedenen Rädern drehen. Ein Rad, an dem man drehen kann, ist zweifelsohne jenes des Begriffes der Gewerbsmäßigkeit, der sich in
der Judikatur auch wieder mit einer sehr, sehr schnellen Annahme in Richtung einer sehr, sehr strengen Strafe entwickelt hat.
Sehr schnell konnte man für das Stehlen – unter Anführungszeichen – „kleiner“ Beträge mit einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren bedroht sein, wenn der Staatsanwalt und der Richter angenommen haben, die Person wollte sich hier so oder so über kurz oder lang eine fortlaufende Einnahmequelle erschließen. – Der Begriff der berufsmäßigen Begehung ist hier schon ein wesentlich besser gefasster, der diese Interpretation in diese Richtung nicht mehr machbar erscheinen lässt.
Die zweite viel diskutierte Maßnahme ist natürlich eine Verschiebung der Wertgrenzen. – Jetzt muss man einmal wissen, dass die Wertgrenzen im Strafgesetzbuch schon ziemlich alt waren und eigentlich auch bei Währungsumstellungen wertmäßig nicht wirklich angepasst worden sind. Ja, man kann immer darüber diskutieren, wo man welche Rechtsfolge anknüpfen will, aber man kann nicht sagen, dass das zwischen 50 und 300 oder unter 50 ohnehin nicht bestraft wird – das wird es natürlich auch –, aber es ist sicher auch eine Willenserklärung dabei, dass die Untersuchungshaft nicht mehr bei jeder Gelegenheit verhängt wird. Das passiert nicht, weil wir nicht genügend Gefängnisse haben, sondern Untersuchungshaft ist schon ein recht heftiger Einschnitt, den man sich gut überlegen muss und wo man möglicherweise auch die Schrauben in diese Richtung drehen kann.
Es gibt einige neue Delikte. Es ist eine Modernisierung des Strafrechtes, die wir im Übrigen nicht nur Ihnen, Herr Bundesminister Brandstetter, verdanken, sondern auch Ihrer Vorgängerin, die die veröffentlichte Diskussion richtigerweise schon 2013 aufgegriffen hat. Frau Professor Beatrix Karl, jetzige Abgeordnete zum Nationalrat, hat als Bundesministerin bereits die Expertenkommission ins Leben gerufen. Diese Arbeit ist jetzt vollendet worden.
Lassen Sie mich auch aus Sicht der Wirtschaft und als Praktiker vielleicht noch zwei bedeutende Dinge herausgreifen, die in letzter Zeit natürlich auch dank clamoroser Fälle viel durch die Medien geschwebt sind. Da gab es das Stichwort Bilanzfälschung, aber auch jenes der Untreue. Da ist eine Entwicklung in der Judikatur zu beobachten gewesen, die die Handlungsfreiheit von Wirtschaftstreuhändern, die Handlungsfreiheit von Führungskräften in Unternehmen nicht unwesentlich eingeschränkt hat.
In der Wirtschaft ist es gelegentlich notwendig, rasch zu entscheiden. Wenn man aber grundsätzlich bei jeder falschen Entscheidung von vornherein unterstellt, sie wäre eine untreue Handlung, sie wäre unvertretbar, dann kriege ich keine rasche Entscheidung mehr. Dann gibt es jemanden, der dort sitzt und der sich zuerst ein Gutachten einholen muss – ich beziehe mich auf das Stichwort Kreditvergabe –, jemand, der nicht nur Bonitätsauskünfte, sondern Gutachten über die Bilanzen einholen lassen muss und Wochen braucht, bis er weiß, ob er einen Kredit vergeben kann oder nicht.
Es gab in österreichischen Banken nach dieser Judikatur-Novelle bereits Führungskräfte der zweiten Ebene, die gesagt haben, die erste werden sie sich nie antun. Auf das bisschen Mehrverdienst verzichten sie, denn wenn sie für einmal falsch Handheben mit einem Fuß im Kriminal stehen, dann werden sie das nicht machen. Und das sind durchaus gute Leute gewesen. Wenn wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass junge Leute heute nicht mehr in Vorstände von Unternehmen gehen wollen, weil sie befürchten, kriminalisiert zu werden, dann muss man dagegen ansteuern und dann sind das, was jetzt einerseits bei der Bilanzfälschung als Grundvoraussetzung mit dem erheblichen Schaden, andererseits bei der Untreue mit der wirklich klaren Formulierung einer unvertretbaren Handlung passiert, Korrekturen zu einer Judikatsentwicklung, die aus meiner Sicht sehr begrüßenswert sind.
Insgesamt, meine Damen und Herren, ist diese Strafrechtsreform ausgewogen, eine Modernisierung, die seitens der ÖVP-Fraktion selbstverständlich unterstützt wird.
Lassen Sie mich bitte noch ein Schlusswort finden, da ich der einzige Redner der Fraktion bin. Zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei fällt mir nur ein altes lateinisches Sprichwort ein: Bis repetita non semper placet, haben die alten Lateiner gesagt. Die oftmalige Wiederholung gefällt nicht immer. Sie kommen mit einem Thema, das in schöner Regelmäßigkeit immer wieder kommt, und verkaufen uns dieses Thema sozusagen zum Schutz der Kinder immer wieder. – Selbstverständlich sind unsere Kinder zu schützen, selbstverständlich gibt es nichts Schwierigeres als jene Straftäter, die Sie hier beschreiben, aber eines möchte ich Ihnen noch einmal sagen: Ein Berufsverbot, das das Parlament qua Gesetz ausspricht, halte ich für völlig verfehlt. (Bundesrat Herbert: Das gibt es aber schon bei den Beamten!) Wir haben eine viel, viel bessere – Herr Kollege, lassen Sie mich ausreden, ich habe Sie auch nicht unterbrochen! –, wir haben eine viel, viel bessere Methode. Wir haben Richterspruch ... (Bundesrätin Mühlwerth: Es hat aber auch bei ihm Zwischenrufe gegeben!) – Ich habe kein einziges ... (Bundesrätin Mühlwerth: Bei euch seid ihr immer gleich Mimöschen!)
Gestatten Sie, Frau Fraktionsvorsitzende: Ich hätte jeden Grund gehabt, ständig dazwischenzuschreien bei den Ausführungen Ihres Redners. Ich habe es nicht getan und nehme daher für mich in Anspruch, dass ich auch nicht unterbrochen werde. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Aber es ist mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu kommunizieren, auch von hier heraußen.
Was übrig bleibt, ist, dass wir durch Richter gesichertes Recht haben, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. (Bundesrätin Kurz: Genau!) Wir haben die gesetzliche Möglichkeit, dieses Berufsverbot zu verhängen. (Bundesrat Herbert: Bei den Beamten gibt es das schon!) Ich glaube aber, dass der Richter, der mit dem Fall beschäftigt ist, der unter Sachverständigen-Gutachten-Beihilfe darüber zu judizieren hat, ob diese Maßnahme gesetzt wird oder nicht, der Richtige ist, und nicht wir hier, indem wir nicht fallbezogen pauschal über alle drüberurteilen. Das werden wir nicht zusammenbringen, ich halte das für nicht gut. Glauben Sie mir: Das Gesetz ist in diesem Fall ausreichend. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
16.18
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Schreyer. – Bitte.
16.18
Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Wir werden der Strafgesetzbuch-Reform nicht zustimmen. Wir finden die Änderungen zwar nicht schlecht, einige finden wir sogar sehr, sehr gut, aber alles in allem ist die Strafgesetzbuch-Reform für uns einfach nicht weitreichend genug.
Es stimmt für uns oft die Verhältnismäßigkeit bei den Strafrahmen nicht, das zieht sich durch die gesamte Novelle.
Ein weiterer Punkt, der viel weiter hätte gehen sollen, ist die Entschärfung der Gewerbsmäßigkeit.
Bei der Verhetzung sind wir genau gegenteiliger Meinung wie Kollege Herbert von der FPÖ: Wir sind der Überzeugung, dass sie durch die Änderungen entschärft worden ist. Bei der Verhetzung wurde zwar die Personengruppe verkleinert, im Internet ist das aber nicht das Problem. Wir haben ein massives Problem damit, dass der bisher geltende Vorsatz auf Verhetzung ersetzt wurde durch die Absicht, die Menschenwürde
herunterzuwürdigen, und das ist noch viel schwerer nachzuweisen. Wir sind diesbezüglich absolut nicht zufrieden damit, weil wir glauben, dass der Paragraf dadurch wirklich stark entschärft wurde.
Hauptsächlich möchte ich aber auf einen Punkt eingehen, dem wir zustimmen und den wir sehr gut finden, nämlich die Einführung der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, den in den Medien und in der Öffentlichkeit so stark und kontrovers diskutierten Po-Grapsch-Paragrafen. – Sexuelle Belästigung war ja auch bisher ein Straftatbestand, nur waren eben Po und Oberschenkel nicht mit einbezogen.
Die Polemik, mit der darüber in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, ist ja unfassbar gewesen! Es wurden Befürchtungen geäußert, dass nicht einmal mehr straffrei miteinander getanzt werden kann, dass zufällige Berührungen in der überfüllten U-Bahn jemanden zum Straftäter oder zur Straftäterin machen könnten. Das reichte bis hin zu Eheanbahnungstipps durch einen Abgeordneten. – Ich könnte jetzt noch weiter davon erzählen, die Zeitungen waren voll mit Berichten über diese Diskussion.
Der wesentliche Punkt ist aber: Während das Strafgesetzbuch vor Beleidigungen schützt – ich erspare mir hier die Aufzählung von Tiernamen und Ausdrücken aus dem erweiterten Wiener Wörterbuch –, schützt es derzeit noch nicht davor, mich gegen sexuelle Belästigung im erweiterten Bereich zu schützen. Damit dies geschieht – und das ist eigentlich der Punkt –, muss nämlich laut § 218 die Ermächtigung zur Verfolgung des Täters oder der Täterin durch die belästigte Person erfolgen, es handelt sich also um ein Ermächtigungsdelikt. Wenn ich die Berührung also nicht als Belästigung, sondern sogar als erwünscht empfinde, dann bleibt alles beim Alten. Wenn eine Person, egal ob Mann oder Frau, sich aber sexuell belästigt fühlt, dann soll sie das Recht haben, sich zu schützen und zu wehren und den bestmöglichen Schutz zu erhalten.
Damit wäre ich schon beim letzten Punkt, nämlich einer Bemerkung zum Kollegen von der FPÖ, Herrn Herbert: Bei deiner Aufzählung von vorhin hat sich sehr schön der Unterschied zwischen Neid und Missgunst gezeigt.
Neid ist, wenn man sagt: Da gibt es einen Paragraphen, mit dem Po-Grapschen und sexuelle Belästigung geahndet werden, das wollen wir auch in Bezug auf Themen, die uns wichtig sind! – Das ist sehr positiv.
Was du allerdings gebracht hast, ist Missgunst, nämlich dass man sagt: Wenn das, was wir wollen, nicht geschützt wird, dann soll auch alles andere nicht geschützt werden! – Das ist ein Beispiel für die typisch destruktive Politik der FPÖ, und das kann es einfach nicht sein! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
16.21
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Kurz. – Bitte.
16.22
Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Präsidentin! Ich bin froh darüber, dass es immer mehrere Rednerinnen und Redner zwischen mir und jenen der FPÖ gibt, denn jetzt kann ich mich wieder auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist.
Aus meiner Sicht beziehungsweise aus unserer Sicht gibt es in dieser Strafrechtsreform viele Neuerungen, um das Strafrecht einfach zeitgemäßer zu gestalten. Etwas ist von Kollegen Fürlinger schon erwähnt worden: Wir wissen schon lange – und es wurde auch schon lange darüber diskutiert –, dass im Hinblick auf Attacken und Angriffe auf Leib und Leben einerseits und auf Vermögensdelikte andererseits sehr
ungleich gewichtet worden ist und aus unserer Sicht auch sehr ungleich und ungerecht judiziert wurde. – Ich denke, insgesamt zeichnet sich diese Reform des Strafrechtes durch eine neue zeitgemäße Balance zwischen Vermögensdelikten und Gewaltdelikten beim Strafrahmen aus, und eine Reform in diese Richtung war längst überfällig.
Die Richtung ist klar: Vermögensdelikte werden tendenziell leichter bestraft, Gewaltdelikte werden strenger geahndet. Und es ist schon gesagt worden, dass Delikte gegen Leib, Leben und Gesundheit einfach im Mittelpunkt unserer Betrachtungen und auch der juristischen Verfolgbarkeit stehen sollen, denn das ist weder durch Geld wiedergutzumachen noch ungeschehen zu machen, während das bei Vermögensdelikten durchaus möglich ist.
Meine Vorrednerin, Kollegin Schreyer, hat schon darauf hingewiesen: Es ist ganz klar, dass für mich als Frauenpolitikerin, die sich seit Jahrzehnten dafür einsetzt, der Punkt in dieser Novelle, der die Selbstbestimmung der Frau betrifft, besonders erfreulich ist, keine Frage! (Beifall der Bundesrätin Blatnik.)
Es ist dies eine langjährige Forderung der SPÖ-Frauen, aber auch vieler anderer Frauenorganisationen, auch der Grünen beziehungsweise aller Frauenorganisationen, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben: Opfer sexueller Gewalt wissen nun endlich, dass das Recht auf ihrer Seite steht und dass sich das nicht mehr nur auf die Arbeitswelt bezieht, sondern auch auf alle anderen Lebensbereiche.
Es wird nun eindeutig klargestellt, dass sexuelle Belästigung kein Kavaliersdelikt ist und auch niemals sein wird. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass jede unerwünschte und entwürdigende Berührung nicht zulässig ist. Wenn man Nein sagt, dann heißt das Nein, denn jeder Mensch – jeder Mensch! –, also Frauen und Männer, haben das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, und dazu zählt nun einmal jeder Körperteil.
Aufgrund der zusätzlichen Regelung und Verstärkung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung wird es – das habe ich schon gesagt – nunmehr eben reichen, Nein zu sagen, egal, ob das Wort geäußert wird oder die Ablehnung durch andere, nonverbale Formen des Nein-Sagens geschieht, die es ja auch gibt. Und das ist wirklich ein großer Erfolg für die betroffenen Frauen, die sich sonst niemals hätten wehren können oder das nicht beweisen hätten können!
Sonstige Verbesserungen für Frauen gibt es auch im Zusammenhang mit dem Gewaltschutz, nämlich durch die Stärkung der Opferrechte bei Diversion. Es wurden Erschwernisgründe bei Gewalttaten in der Familie eingeführt. Auch das Verschlepptwerden ins Ausland zum Zweck der Zwangsverheiratung oder Cyber-Mobbing werden Straftatbestände. Außerdem erfolgt auch eine Erhöhung der Strafen für qualifizierte Körperverletzungen. Das betrifft zum Beispiel – und das ist auch ein Frauenthema – die Genitalverstümmelung.
Ich bin davon überzeugt, dass in vielen neuen Bestimmungen im Strafgesetzbuch die Selbstbestimmung und die sexuelle Integrität der Frauen verbessert werden, und das finde ich äußerst erfreulich, denn das war in der Vergangenheit nicht leicht oder gar nicht durchzusetzen.
Allerdings möchte ich mich in diesem Zusammenhang doch auch noch bei unserer Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek für ihre Hartnäckigkeit bedanken, denn sie war schlussendlich diejenige, die bei Ihnen, Herr Justizminister, nicht lockergelassen und damit diese Bestimmungen in diesem Gesetz überhaupt erst möglich gemacht hat. – Vielen Dank, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt aber auch noch andere Punkte, zum Beispiel die Ausweitung der Erschwernisgründe, was auch gut ist: Unmündige Opfer von Gewalt erleben ja eine immense
Erschütterung und den Verlust ihres Vertrauens, wenn es Gewalt in besonderen Nahebeziehungen, wie zum Beispiel in der Familie, gibt. Das wird jetzt im Strafgesetzbuch als Erschwernisgrund anerkannt.
Einen weiteren Punkt möchte ich noch erwähnen: Sexting wird jetzt als Teil der sexuellen Selbstbestimmung von Jugendlichen entkriminalisiert, natürlich ohne dass dabei die Gefahr von Cyber-Mobbing verharmlost wird. Die Grenzen in diesem Bereich verschwimmen manchmal etwas, und daher wird jetzt unterschieden zwischen primären und sekundären Sexting, und dadurch wird gewährleistet, dass die Kids das veröffentlichen können, was sie veröffentlichen wollen, dass aber gleichzeitig ihre Intimsphäre durch das Verbot der Weiterverbreitung durch andere geschützt wird. – Ich denke, das ist wichtig! Allerdings muss man den Kindern und den Jugendlichen auch beibringen, dass sich das so verhält. Ich nehme an, alle hier wissen, dass ich seit vielen Jahren Lehrerin bin, und in diesem Zusammenhang meine ich: Es wird auch an den Schulen liegen, das den Kindern und Jugendlichen in entsprechender Art und Weise zu vermitteln.
Ein Thema, das auch verstärkt beinhaltet ist, ist Cyber-Mobbing. Auch das ist mir sehr wichtig, denn wir alle wissen von tragischen Fällen durch Cyber-Mobbing vor allem auch bei Jugendlichen, in denen das bis zum Selbstmord geführt hat. Das sind wirklich ganz schlimme Dinge! Daher muss den Jugendlichen beigebracht werden, was sie durch solche Cyber-Mobbing-Fälle anrichten, die letztlich tragisch enden können.
Die Neugestaltung oder Neuformulierung betreffend gefährliche Drohung hängt in weiten Teilen auch damit zusammen, und auch der Verhetzungsparagraph ist ein wesentlicher Schritt, um Menschen mehr Schutz bieten zu können.
Ich denke, insgesamt kann man sagen: Es ist natürlich nicht alles beinhaltet. Eine Strafgesetzbuchänderung ist insgesamt ein Kompromiss, auch weil es bei manchen Gesetzen ja ideologische Hintergründe gibt. Das ist einfach so. Es handelt sich dabei um gesellschaftliche Übereinkünfte, und das ist auch gut so. – Wir sind jedenfalls der Meinung, dass letztlich ein guter Kompromiss herausgekommen ist.
Zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen sage ich nichts mehr, denn Kollege Fürlinger hat schon alles dazu gesagt, was es dazu zu sagen gibt.
Wir werden dieser Gesetzesvorlage jedenfalls zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
16.28
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.
16.29
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir werden dieser Gesetzesvorlage jedenfalls nicht zustimmen.
Nachdem es bei Kollegen Herbert so viel Aufregung gegeben hat, will ich nur noch einmal in aller Kürze die wesentlichen Punkte, die uns bei diesem Gesetz auffallen, herausstreichen.
Wir haben nicht gesagt, dass alles schlecht ist. Wir befürworten grundsätzlich die Verbesserung der Ausgewogenheit zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben sowie auch gesetzliche Maßnahmen gegen Zwangsheirat, und auch Maßnahmen gegen Cyber-Mobbing finden durchaus unsere Zustimmung.
Wesentliche Kritikpunkte ergeben sich hingegen etwa im Hinblick auf die Wertgrenzen bei den Vermögensdelikten. Das hat der Kollege ja schon kurz gesagt. Es kommt zu
Erhöhungen auf 5 000 beziehungsweise 300 000, und ursprünglich waren sogar 500 000 geplant. Das erscheint uns einfach als zu hoch!
Auch in die falsche Richtung geht die Aufweichung der Vorschriften betreffend Drogen und Cannabis. Auf der einen Seite werden wir heute später noch das Rauchen verbieten, in diesem Bereich weichen wir hingegen unsere Bestimmungen immer mehr auf. – Ich habe auch in Gesprächen mit vielen Exekutivbeamten und Polizisten festgestellt, dass bei sehr vielen Beamten große Frustration herrscht, und dem wird dadurch weiter Vorschub geleistet. Die Beamten fragen sich nämlich: Wozu kümmere ich mich überhaupt noch um diese Leute im Grazer Stadtpark? Wir verhaften sie zwar, aber ein paar Stunden später werden sie ohnehin wieder freigelassen! (Bundesrätin Kurz: Es bringt auch nichts, wenn sie im Gefängnis sitzen!) Es geschieht nichts, weil die Justiz nicht dagegen einschreitet. – Das geht also in die falsche Richtung!
Im Zusammenhang mit dem Sexualstrafrecht will ich mich nicht mit dem Po-Grapsch-Paragraphen befassen. Diese Diskussion ist mir zu lächerlich! Etwas verwunderlich dabei ist allerdings die Unterscheidung zwischen leichten und schweren Folgen von Sexualdelikten. Gerade in diesem Bereich treten nämlich Folgen oft nicht sofort nach dem begangenen Delikt beziehungsweise nach der Tat auf, sondern oft erst auch Jahre später. Im Hinblick darauf frage ich mich, wie diese Folgenabschätzung vom Gericht dann durchgeführt werden soll!
Letztlich möchte ich noch einmal dafür plädieren, dass man dieses von uns geforderte Berufsverbot für pädophile Täter nicht in einen Topf mit irgendwelchen anderen Straftaten werfen kann. Erstens ist das betreffend Beamte – das wurde eh schon gesagt – bereits gesetzlich verankert, und ich glaube, Herr Fürlinger, bei Rechtsanwälten gibt es das auch. (Bundesrat Fürlinger: Ja, auch!)
Wir haben es in diesem Zusammenhang mit einer besonders verwerflichen Form der Kriminalität zu tun, die, wie ich einmal sagen möchte, auch aus einer Krankheit heraus getrieben ist. (Bundesrätin Kurz: Das muss nicht sein!) Die Täter sind doch zumindest in ihrem Sexualverhalten sehr gestört, und wir wissen auch, dass gerade Pädophile sich oft auch gezielt Berufe aussuchen und in Tätigkeitsfelder drängen, in denen sie mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Deshalb sollte man das Ganze sehr wohl etwas differenzierter betrachten und nicht einfach sagen, dass es eh irgendwelche Möglichkeiten gibt, das zu ahnden.
Wir wissen von der großen Rückfallquote bei solchen Tätern, und daher glaube ich, dass unsere Kinder und Jugendlichen es uns schon wert sein müssten, dass wir diesbezüglich klare Regelungen auch im Strafgesetz einführen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
16.33
Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Winkler. – Bitte.
16.33
Bundesrätin Ingrid Winkler (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Herr Minister! Ich möchte mich nur noch einmal ganz kurz zu Wort melden und mich auf diesen Entschließungsantrag beziehen und unumwunden sagen: Die Thematik, über die wir hier sprechen, ist eine schreckliche. Aber ich denke, wir haben tolle gesetzliche Regelungen, mit denen jetzt schon vorgesehen ist, dass ein Richter in seinem Spruch im Falle einer Verurteilung auch ein Berufsverbot als zusätzliche einschränkende Maß-nahme aussprechen kann, und deswegen meine ich, dass wir das, was vorgeschlagen wurde, nicht brauchen.
Gestatten Sie mir aber auch noch einen einzigen Seitenhieb. – Herr Kollege Herbert, ich entschuldige mich jetzt hier in aller Form für meine Wortwahl. Ich hoffe aber, dass Sie sich in der Pause auch bei mir entschuldigen, weil nämlich ganz genau zu erkennen war, wie ich das Wort gemeint habe! (Zwischenruf des Bundesrates Herbert.) Ich glaube, alle im Raum – bis auf Sie – wussten, dass ich nicht in faschistoider Weise den Ausdruck „Endlösung“ gebraucht habe, sondern damit auf eine endgültige Lösung im Hinblick auf einen noch nicht fertigen Zustand hinweisen wollte.
Für den Fall, dass Sie mir anderes unterstellen: Herr Herbert, ich entschuldige mich für die Wortwahl, die einem passieren kann. Wenn Sie im Laufe eines Gespräches noch nie ein falsches Wort verwendet haben, dann darf ich Ihnen coram publico meine Bewunderung dafür ausdrücken! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)
Aber Sie wissen, wie es gemeint war. Sie wissen es! Trotzdem stellen Sie sich hierher und unterstellen etwas. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)
Ich stehe nicht an, mich hier zu entschuldigen und zu sagen: Das war nie so gemeint! Mit diesem Wort wollte ich auf einen noch nicht fertigen Prozess hinweisen. Aber ich warte auf Ihre Entschuldigung in der Pause, weil Sie auch wissen, dass ich es nicht so gemeint habe, wie Sie es mir unterstellen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
16.35
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Herr Bundesminister Dr. Brandstetter gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Minister.
16.35
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Hohes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich möchte mich kurz fassen und sagen: Ich habe große Freude darüber, dass es gelungen ist, mit dieser Strafrechtsnovelle doch sehr vieles umzusetzen, was ursprünglich von meiner Amtsvor-gängerin, Frau Kollegin Karl, initiiert wurde. Das muss ich auch sagen. Sie hatte rechtzeitig auch die Sensibilität dafür, dass man etwas Grundsätzliches in der Gewichtung der durch das Strafrecht geschützten Rechtsgüter ändern sollte, indem man dafür sorgt, dass die Strafen bei den Gewaltdelikten in Relation zu den reinen Vermögensdelikten höher werden. Und damit hat sie völlig recht gehabt, und das macht auch Sinn.
Es macht Sinn, zu erkennen, dass diese Novelle auch darauf beruht, dass wir einfach die Sensibilität für immaterielle Rechtsgüter erhöhen wollen. Diese sollen besser geschützt werden. Rechtsgüter, deren Beeinträchtigung gerade mit reiner Geldleistung nicht ausgeglichen werden kann, sollen hier speziell einen besseren Schutz bekommen. Und das macht Sinn.
Sie alle werden das Lied vom Wolfgang Ambros kennen: „Net olles, wos an Wert hot, muas a an Preis hobn.“ – Darum geht es auch, nämlich um die Sensibilität für die Verletzung immaterieller Rechtsgüter. Letztere soll damit auch eine andere Gewichtung bekommen.
Das kann man in aller Kürze auch an einigen Beispielen festmachen. Ich folge in der Argumentation jetzt der Reihenfolge, die Kollege Herbert gewählt hat.
Er hat gemeint, dass aus seiner Sicht diese Novelle dadurch geprägt ist, dass man allgemein die Straftaten relativieren würde und Häftlingszahlen reduzieren wolle. – Ich sage Ihnen ganz offen: Durch die schärfere Reaktion bei Gewaltdelikten müssen wir natürlich erwarten, dass die Häftlingszahlen sicherlich nicht sinken werden! Ich erwarte das jedenfalls nicht!
Dann haben Sie gemeint, dass allein die Anhebung von 50 000 € auf 300 000 € bei den Wertqualifikationen viel zu weit gehend sei. – Dazu muss man einmal ganz grundsätzlich sagen: Wenn ich die Relation der Strafen zwischen reinen Vermögensdelikten und Gewaltdelikten in die Richtung verschieben will, dass die Gewaltdelikte strenger bestraft werden, dann habe ich – und da wird mir sogar Kollege Herbert recht geben – grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Und zwar: Ich kann an den Strafdrohungen etwas ändern – das haben wir aber eben nicht getan! –, oder ich kann das über die Wertqualifikationen tun, und diesen Weg haben wir gewählt, weshalb es aus meiner Sicht völlig in Ordnung ist, dass die Schwelle für eine Strafdrohung von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe erst ab einer Wertqualifikation von 300 000 € beginnt.
Es gab auch Vorschläge betreffend ein höheres Ausmaß. Das muss man auch sagen. Letztlich haben wir aber, wie gesagt, einen durchaus sinnvollen Kompromiss gefunden, der auch auf breiten Konsens gestoßen ist, und das macht auch Sinn.
Noch einmal: Die Strafdrohungen bei den Vermögensdelikten wurden ja nicht reduziert. Wir haben nur die Wertqualifikationen entsprechend angehoben, um eben genau den Effekt zu erzielen, von dessen Sinnhaftigkeit ich überzeugt bin, nämlich dass wir die Strafen bei den Gewaltdelikten in Relation zu den reinen Vermögensdelikten auch entsprechend anheben können. – Das ist der Sinn des Ganzen, und man kann auch entsprechend dokumentieren, dass das Sinn macht.
Zweiter Punkt in der Reihenfolge dessen, was Herr Abgeordneter Herbert gesagt hat: Von einer Aufweichung des Suchtmittelrechts ist ja keine Rede! Worum geht es denn hier? – Es geht darum, dass wir bei suchtmittelabhängigen Tätern, die nur selbst süchtig sind und die nicht mehr als die eigene Ration sozusagen immer bei sich haben oder sich diese besorgen, seit vielen Jahren schon den Grundsatz vertreten haben – und das funktioniert auch –, dass das eine Angelegenheit ist, die bei den Gesundheitsbehörden behandelt werden sollte. Diese Leute sollen zum Amtsarzt gehen müssen, und es soll versucht werden, sie von ihrer Sucht zu heilen.
Das ist nach wie vor der sinnvolle Weg. Nur: Was wir gemacht haben, ist, dass wir eine Zwischenstufe weggelassen haben, nämlich die, die darin besteht, dass es eine Unzahl von Leerakten bei den Staatsanwaltschaften gibt, die letztlich nicht weiter bearbeitet werden mussten, da die Behandlung durch die Gesundheitsbehörden funktioniert hat.
Das haben wir im Einvernehmen mit den Polizeibehörden so geregelt, dass diese völlig unnötigen Leerakten bei den Staatsanwaltschaften nicht mehr anfallen, sondern gleich die Gesundheitsbehörden entsprechend informiert werden, bei Aufrechterhaltung der Möglichkeit für die Polizei, weiter zu ermitteln.
Wenn Sie so wollen, lieber Kollege Herbert, ich sage Ihnen ganz offen: Was wir auch erzielen wollten, war in diesem Bereich eine Entlastung des öffentlichen Dienstes. Dagegen können Sie nichts haben, oder? Denn es war wirklich so, dass die Staatsanwaltschaften immer wieder über die vielen Hunderten Leerakten gestöhnt haben, die letztlich immer zu nichts geführt haben.
Daher macht es Sinn, wenn man diese vereinfachte Vorgangsweise wählt, bei Aufrechterhaltung aller bisherigen Grundsätze. Das ist keine materielle Entkriminalisierung. Ich sage es noch einmal: Das ist nur eine Verwaltungsvereinfachung im Ablauf des Verfahrens. Und das macht absolut Sinn.
Was wir geändert haben, insbesondere im Bereich der Verhetzung, das ist keine politisch motivierte Anlassgesetzgebung. Ich darf nur daran erinnern: Der Platzsturm in Bischofshofen war Anlass dafür, sich zu überlegen, wie man diesen Tatbestand zielorientierter gestalten kann. Das ist, glaube ich, damit auch gelungen. Denn: Es ist
ein weiteres wichtiges Anliegen dieser Strafrechtsnovelle, dass wir mehr Rechtssicherheit, mehr Rechtsklarheit schaffen. Das ist da auch eindeutig gelungen.
Das gilt auch für viele andere Bereiche, wie zum Beispiel – es ist hier schon erwähnt worden –, das Bilanzstrafrecht. Das ist auch ein Punkt, bei dem wir mehr Rechtssicherheit, mehr Klarheit gebraucht haben, und auch das haben wir damit, glaube ich, verwirklichen können.
Wenn gesagt wird, dass die Sprengung einer Versammlung und die Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze jetzt nicht mehr strafbar wären und es hier möglich sein soll, im Zuge der Sprengung von Versammlungen Millionenschäden anzurichten, wie Sie gesagt haben, ohne dass etwas passiert, dann muss ich sagen: Das ist völlig unsachlich!
Wenn es zu Sachbeschädigungen kommt, habe ich natürlich den Tatbestand, und es wird weiterhin selbstverständlich entsprechend und konsequent vorgegangen. – Da werden Gespenster an die Wand gemalt, die einfach nicht wirklich realistisch sind.
Ja, und ich bekenne mich auch zur Nachschärfung des Sexualstrafrechts. Da geht es um die Verletzung der Würde, keine Frage. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, die richtige Balance zu finden zwischen der notwendigen Nachschärfung einerseits und der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit andererseits.
Frau Bundesrätin Kurz hat völlig recht: Das ist ein wichtiger Punkt! Es ist vielleicht noch ein bisschen zu wenig gewürdigt worden, dass speziell der neue Tatbestand „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ ein ganz wichtiger Schritt im Zuge dieser Nachschärfung des Sexualstrafrechts war.
Ja, ich bekenne mich auch dazu, die sexuelle Belästigung ist kein Kavaliersdelikt, schon mangels Kavalier ist es kein Kavaliersdelikt. Ich glaube, es war gut und richtig, dass wir nach langen Diskussionen einen vernünftigen Kompromiss gefunden haben.
Ich gebe Ihnen, Frau Bundesrätin Kurz, auch in dem Punkt recht, wo Sie gesagt haben, dass Sie die Hartnäckigkeit der Kollegin Heinisch-Hosek besonders lobend hervorheben wollen. Ja, da haben Sie auch recht! Es waren sehr ausführliche Diskussionen, aber letztlich ist es uns gelungen, einen Konsens zu finden, und das macht Sinn. Konsens gerade in diesem Bereich ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt.
Jetzt komme ich zum letzten Punkt, der auch von Herrn Bundesrat Herbert erwähnt wurde. Ich kann es nur noch einmal sagen, man muss es ständig wiederholen: Wir haben ausreichende Möglichkeiten, bei Pädophilen vorzugehen, wenn die Gefahr besteht, dass sie durch ihre berufliche Tätigkeit wieder straffällig werden könnten.
Für die, die es nachlesen wollen – ich will es nicht vorlesen, weil es zu lange dauert –: § 220b Strafgesetzbuch beinhaltet das. Wir haben das! Das ist 2013 erst neu geregelt worden. Das heißt, das Gericht hat die Möglichkeit, auch unbefristete Berufsverbote über Pädophile zu verhängen. Wir haben die Möglichkeit, auch mit entsprechenden Auskünften aus dem Strafregister sicherzustellen, dass jemand nicht mehr beruflich tätig sein kann in einem Umfeld, in dem er wieder rückfällig werden könnte.
Wir haben das unter gerichtlicher Kontrolle, nach rechtsstaatlichen Grundsätzen. Der Entschließungsantrag wäre meines Erachtens sogar höchst problematisch in Bezug auf seine EMRK-Konformität. Er dreht das irgendwie um. Er sagt generell Berufsverbot lebenslang, und wenn andere Umstände hervorkommen, dann soll das Gericht das wieder abändern.
Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Aber: Wissen Sie, was das eigentlich Zentrale zu diesem Punkt ist? – Ich meine, wenn man Änderungen im Strafrecht fordert, dann sollte man das auf fundierten Material gestützt tun. Sie, Herr Bundesrat Herbert,
haben kein einziges Material, haben keine Statistik, haben keine Unterlagen, keine Dokumentation, keine Fälle, aus denen man ableiten könnte, dass unsere Regelung, wie wir sie haben, nämlich § 220b StGB, nicht ausreichen würde. (Zwischenruf des Bundesrates Herbert.)
Das haben Sie nicht, und da muss ich Ihnen schon eines sagen: Wenn Sie darüber diskutieren wollen (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Herbert. – Bundesrat Mayer: Das Gesetz spielt das vor!) – Wir haben, Herr Bundesrat Herbert, für diese Berufsgruppe, um die es geht, eine spezielle Regelung im § 220b StGB. Der können Sie entnehmen, dass damit jedenfalls bisher das Auslangen gefunden wurde.
Sie können mir keinen Fall nennen, der nicht durch diese Regelung ausreichend erfasst worden wäre, weil es den nicht gibt, und das bestreiten Sie dauernd. Im Nationalrat war es ja auch so, dort hat man ja auch genauso von der Argumentation Ihrer Partei her
Sie malen Gespenster an die Wand (Bundesrat Herbert: Richtig!), so als gäbe es hier tatsächlich den Bedarf nach einer entsprechenden Regelung, den Sie mit nichts dokumentieren können. Dann haben Sie das Gespenst an die Wand gemalt, dann schießen Sie aus allen Rohren auf das Gespenst, mit Kanonen schießen Sie auf das Gespenst, so wie die Ghostbusters seinerzeit. (Bundesrat Herbert: Der Vergleich hinkt, Herr Bundesminister!) Aber ich sage Ihnen etwas: Sie können schießen, auf was Sie wollen, Sie können aus noch so vielen Kanonen schießen, es bleibt ein Gespenst, mehr ist es nicht. Es ist nicht sachlich fundiert, was Sie fordern, und das ist der wesentliche Punkt.
Schießen Sie weiter auf Ihre Gespenster! Es bleiben Gespenster. Ich werde mir erlauben, darauf hinzuweisen, dass es Gespenster sind. Mehr ist es nicht! Wir kennen die Vorgangsweise. (Bundesrat Herbert: Der Schutz unserer Kinder ist kein Gespenst!) Ja, es ist Ihnen unangenehm, mag sein, aber es ist nicht mehr. Ich sage es noch einmal (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, jetzt haben wir es schon gehört!): Wenn Sie fundiertes Material haben, wenn Sie Fälle haben, die dokumentieren, dass Ihr Anliegen einigermaßen nachvollziehbar ist (Bundesrat Krusche: Also es muss erst was passieren!), dann habe ich ja nichts dagegen. Aber so ist es eben nicht! (Bundesrat Krusche: Gibt es das Wort „Prävention“ in der Justiz nicht?)
Noch einmal: Es ist nicht sachlich fundiert! Mehr sage ich dazu nicht, da es einfach verlorene Liebesmüh und verschwendete Zeit wäre; das mache ich nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Insgesamt kann ich daher nur sagen: Ja, es war ein hartes Ringen, es waren intensive, ausführliche Diskussionen, letztlich auch immer um die Eckpunkte Rechtssicherheit, Rechtsklarheit einerseits und höhere Strafen für die Verletzung immaterieller Rechtsgüter andererseits. Das, was herausgekommen ist, ist ein wirklich gut fundierter, gut begründeter Kompromiss. Ich freue mich darüber, dass er schon auf so breite Zustimmung gestoßen ist. Heute haben auch Sie hier im Bundesrat die Möglichkeit, diesem vernünftigen Kompromiss Ihre Zustimmung zu erteilen. Er hätte es wirklich verdient. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
16.47
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Frau Bundesrätin Mühlwerth ist zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.
16.47
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Ihr wollt das so! (Bundesrat Mayer: Wir wollen das so? Ihr redet 20 Minuten! – Bundesrat Herbert: 16 Minuten! – Bundesrat Mayer: 20 Minuten, Herr Kollege Herbert!) – 16, es waren 16 Minuten! (Bundesrat
Mayer: Es steht im Gesetz!) – So, jetzt bin ich am Wort, denn sonst rede ich 16 Minuten! Die 16 Minuten vom Kollegen Herbert sind unter anderem auch deswegen zustande gekommen, weil ihr hinausgeschrien habt, was das Zeug hält. Und dass Kollege Herbert auf diese Zwischenrufe eingeht und sie nicht einfach kommentarlos hinnimmt, ist sehr wohl verständlich. Wenn ihr wollt, dass er kürzer redet, dann haltet euch ein bisschen zurück. Wenn nicht, dann nicht, ist ja in Ordnung, ich kann damit leben. Aber dann dauert die Rede eben etwas länger als ursprünglich geplant.
Herr Minister, erstens einmal: Polemik von der Regierungsbank ist nicht so eine tolle Sache. Das möchte ich Ihnen auch auf den Weg mitgeben.
Zum Zweiten: Uns war nicht bewusst, dass man einen Antrag, damit Sie diesen überhaupt zur Kenntnis nehmen wollen, mit Datenmaterial unterlegen muss, denn sonst ist das für Sie nichts.
Das heißt, Ihre Grundaussage ist: Es muss erst was passieren, dann glaube ich, dass es diese Fälle gibt, und dann können wir etwas tun. (Ruf bei der SPÖ: Stimmt ja nicht!) Der Grund, warum dieser Antrag eingebracht worden ist, ist unter anderem, dass es dieses Berufsverbot für bestimmte Berufsgruppen sehr wohl gibt, im Gesetz festgeschrieben, und bei all jenen, die mit Kindern zu tun haben, eben nicht.
Wir wollen nicht, wie es Frau Kollegin Schreyer uns wieder einmal – wundert mich aber nicht bei den Grünen – unterstellt hat: typisch destruktive Weise der FPÖ, einen gegen den anderen ausspielen. Wir wollen aber gleiches Recht für alle, und dass Sie das nicht unterstützen können, überrascht mich jetzt doch. Normalerweise sind Sie ja auch für gleiches Recht für alle.
Zur Frau Kollegin Winkler noch einen Satz: Ich wüsste jetzt nicht, wofür sich Herr Kollege Herbert – in welcher Pause Sie gemeint haben, weiß ich nicht (Bundesrat Saller: Sommerpause!) – entschuldigen sollte. (Bundesrat Schennach: Das weiß er wohl selber, oder?!)
Kollege Herbert hat etwas gesagt, das mir bei dem Wort „Endlösung“ sofort durch den Kopf geschossen ist. Er hat gesagt: böses Wort. – Das ist ein belastetes Wort. Ich glaube Ihnen ja, dass Sie das nicht so gemeint haben, wie es belastet ist. Das will ich Ihnen ja gar nicht unterstellen. Aber ich möchte nicht wissen, was aus Ihren Reihen gekommen wäre, wenn das einer von uns gesagt hätte, was uns dann sofort unterstellt worden wäre, was wir damit meinen. Das ist das Problem.
Ich wäre ja bei Ihnen, dass ich sage, wenn die Emotionen hochgehen in einer Debatte, die uns alle emotionell berührt, da kann einem schon einmal was rausrutschen, was man gar nicht so gemeint hat. (Bundesrat Pfister: Euch rutscht es ja immer raus!) Wenn Sie dieselbe Toleranz uns gegenüber hätten, hätten wir damit überhaupt kein Problem. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn wir so etwas gesagt hätten, dann hätten wir hier eine Debatte, die sich gewaschen hätte, denn da endet Ihre Toleranz. Seien Sie daher bei uns nicht immer so kleinlich, wenn uns einmal irgendwas passiert, aber die absoluten Mimosen, wenn es einmal Sie betrifft! Wir müssen hier von Ihnen einiges aushalten! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Pfister.) Es hat jetzt einmal wen anderen erwischt, und das werden Sie und ich und wir alle überleben! (Beifall bei der FPÖ.)
16.51
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wir kommen daher zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Es liegt ein Antrag der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend lebenslängliches Tätigkeitsverbot von Sexualstraftätern im Bereich der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung von minderjährigen, wehrlosen sowie psychisch beeinträchtigten Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organisationen vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2015 – Urh-Nov 2015) (687 d.B. sowie 9421/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zu Punkt 16 der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Stefan Schennach: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz geändert werden, das ist die sogenannte Urheberrechts-Novelle.
Da der Bericht in schriftlicher Form aufliegt, komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt in seiner Sitzung am 21. Juli mehrheitlich den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. – Bitte, Herr Kollege.
16.53
Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Urheberrechts-Novelle: Es ist nicht alles so schlimm, was drinsteht. Es gibt sehr gute Ansätze, die wir durchaus honorieren, allerdings fehlt uns in dieser Regierungsvorlage eine wesentliche Komponente. Das sind jene virtuellen Medien wie iCloud, Streaming und der gesamte virtuelle Konsumationsbereich, der in keinster Weise erfasst ist. Dieser Bereich ist nicht nur jetzt schon ein extrem großer Markt, sondern er wird wahrscheinlich zukünftig der Markt schlechthin sein.
Wenn ich mir das Konsumverhalten meiner 17-jährigen Tochter anschaue, so weiß ich, sie geht in kein Geschäft und kauft sich eine CD, sie geht in kein Geschäft und kauft sich eine DVD, sie lädt herunter oder hört sich Musik über das Internet an. Das ist ein Bereich, der, wie ich meine, gerade in dieser wichtigen Gesetzesmaterie in keinster Weise berücksichtigt wurde. (Bundesrat Schreuder: Was soll das werden?)
So gesehen denke ich, dass die vorliegende Regierungsnovelle nicht so gut ist, dass wir ihr unsere Zustimmung geben können, und weder die umfassende Gesamtheit noch die Nachhaltigkeit aufweist, dass sie jene Bedürfnisse gerade unter dem Aspekt, dass wir jetzt endlich eine neue Urheberrechts-Gesetzesgrundlage haben, erfüllen kann. Daher keine Zustimmung vonseiten der FPÖ. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
16.55
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Jachs. – Bitte.
16.55
Bundesrat Mag. Christian Jachs (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles im Leben ist ein Kompromiss, und, Herr Kollege Herbert, Sie hätten hier wirklich die Chance, einer guten Lösung zuzustimmen. (Bundesrat Herbert: Das ist keine gute Lösung!) Es gab im Vorfeld des Gesetzwerdungsprozesses eine intensive Diskussion. In diesem Diskussionsprozess wurde ganz klar unsere (Bundesrat Schreuder: Es gab kaum Begutachtungsfrist, Entschuldigung!) – Aber es ist viel diskutiert worden, es gab runde Tische, es gab mehrere Gespräche mit Experten, mit den Künstlerinnen- und Künstlervertretern, auch mit dem Handel. Es wurde lange und sehr breit diskutiert. Und ich denke, trotz aller sachlicher Differenzen sind wir uns in einem einig:
Erstens: KünstlerInnen und AutorInnen haben einen Anspruch auf ein faires Entgelt.
Zweitens: Wie immer im Leben sind wir uns auch darüber einig, dass, wenn jemand ein geschütztes Werk nutzt, vervielfältigt, er auch ein Entgelt zu leisten hat. Das ist nichts anderes wie: Ich kaufe mir Semmeln, dann zahle ich beim Bäcker. Ich gehe zum Friseur, dann zahle ich auch für die Frisur. Oder ich gehe zum Arzt, dann leiste ich auch ein Honorar.
Die Frage, vor der wir stehen, ist, wie wir Künstler und Konsumenten zusammenbringen. Da gibt es mehrere Modelle: Zahlen wir nach Inanspruchnahme, also für die Portion, die ich konsumiere, für den Beitrag, den ich nutze – On-Demand-System –, also Bezahlung auf Bestellung, so würde es das System sehr, sehr teuer machen. Das würde viele Nutzer von solchen geschützten Werken von ihrer Inanspruchnahme ausschließen.
Der zweite Ansatz ist, dass man sich am ORF-Modell orientieren könnte, nämlich eine breite Abgabe flächendeckend einzuführen, eine breite Volkssteuer zu machen. Dazu sagen viele Künstlerinnen und Künstler, dazu sagt auch meine Fraktion: Nein. Wir sind für ein anderes Modell, nämlich für das Modell, das heute in der Novelle beschlossen werden wird.
Warum sagen wir Nein? – Wir wollen keine Volkssteuer, wir wollen keine Dauerbelastung einführen. Warum? – Wir stehen vor einer großen Herausforderung, nämlich vor der Digitalisierung unserer Gesellschaft. (Bundesrat Schreuder: Die Festplattenabgabe ist auch eine Volkssteuer!)
Lieber Herr Fraktionsobmann Schreuder! Gestern gab es hier im Bundesrat auf Initiative von Präsident Kneifel eine große Auftaktveranstaltung. Der Bundesrat hat sich der Digitalisierung unserer Lebenswelt, der österreichischen Gesellschaft verschrieben, und da wäre so eine Breitenabgabe, so eine Volkssteuer ein bremsender Effekt. Wir wollen die Digitalisierung unserer Gesellschaft nicht verbremsen, nicht verschlafen. Daher begrüßen wir den Ansatz, dass wir sagen, wir besteuern, wir heben das Geld ein bei den Geräten, auf denen ich Werke, geschützte Werke ablegen, speichern kann.
Daher ist der Ansatz sehr zu begrüßen, dass wir eine Speicherwertvergütung, eine Speichermedienvergütung einführen. Das ist ein sinnvoller Vorschlag, und er ist auch
überschaubar. Es ist keine zusätzliche Steuer, keine versteckte Steuer. Wir bewegen uns im bisherigen System, nämlich dass ich beim Kauf – früher war es die Kassette, heute ein Speichergerät, ein Smartphone, ein USB-Stick – einen geringen Aufschlag bezahle. Das ist ein Entgelt, das ich beim Kauf dieser Speichergeräte leiste. Dafür kann ich dann auch diese geschützten Werke nutzen.
Das ist eine sehr sinnvolle, eine sehr moderne, eine zukunftsweisende Novelle. Wir werden, wie bei vielem im Leben, an ihr arbeiten müssen. Wir müssen sie wahrscheinlich wieder einmal novellieren. Dazu lade ich gerne ein, aber dann bitte ich auch, dass in die Diskussion konkrete Vorschläge, wie man es besser machen kann, eingebracht werden, denn davon lebt natürlich eine Reform, ein Erneuerungsprozess. Man braucht nicht nur Kritik, sondern man würde sich von der Opposition hin und wieder auch einen konkreten, einen brauchbaren Lösungsvorschlag erwarten.
Unterm Strich ist das ein gutes Gesetz: für die Konsumenten, aber auch für die Autoren und die Künstler. Es ist auch eine Klarstellung, ein Lichtblick für den Bildungsbereich, denn wissenschaftliche Autoren können künftig im Rahmen einer zweiten Chance gebührenfrei nach zwölf Monaten vervielfältigen und wieder neu auflegen. Das ist wichtig für die Schüler, für die Studenten in diesem Bereich, dass man nicht alles über Gebühren und Entgelte verbaut. Daher abschließend: Alles in allem ist es ein gutes Gesetz, dem unsere Fraktion sehr gerne die Zustimmung erteilt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
17.00
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
17.00
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Lieber Herr Kollege! Es ist natürlich schon eine gewisse, ja, ich würde es sogar Frechheit nennen, zu behaupten, wir sind gegen eine Volkssteuer, und es damit zu begründen, dass wir jede Festplatte mit Abgaben besteuern. Jeder USB-Stick ist eine Festplatte, jedes Handy ist eine Festplatte, jedes Tablet ist eine Festplatte; jeder Computer hat eine Festplatte. Jedem Computer kann man auch externe Festplatten anhängen. (Bundesrat Todt: Vergiss nicht die kleinen Fotochips!) – Die kleinen Fotochips, danke, ja! Kollege Todt unterstützt mich quasi. Nein, es ist richtig: Jede Speicherkarte ist eine Festplatte. Und jetzt zu behaupten, das sei keine Massensteuer oder Massenabgabe, ist einfach nicht richtig, und ich finde, das ist eine unfaire Argumentation.
Eines ist schon klar, und da haben Sie auch recht: Wie im digitalen Zeitalter Künstler und Künstlerinnen fair entlohnt werden können in einem sich völlig verändernden Markt, ist eine völlig berechtigte Frage. Es ist im höchsten Ausmaß auch oft eine soziale Frage und nicht nur eine kommerzielle. Das heißt, es geht auch sehr stark um Grundfragen wie Grundsicherung für Künstler und Künstlerinnen und so weiter.
Die Festplattenabgabe wird de facto Künstler und Künstlerinnen nicht reich machen, da muss ich Sie leider enttäuschen. Es gibt sogar eine Studie, die hat schon ausgerechnet, dass jeder österreichischer Künstler oder jede Künstlerin mit ungefähr 50 Cent rechnen darf – im Jahr. Das ist ja leider auch das Problem bei diesen ganzen Urheberrechtsdiskussionen, dass wir Verwertungsgesellschaften haben, die alles andere als transparent sind, die alles andere als klar definieren und uns klar erklären würden, wieso sie welche Gelder wohin fließen lassen. Das muss man de facto sagen.
Ich will das jetzt nicht einmal berühren, aber es gibt ja auch noch Werke, die vielleicht nicht künstlerisch sind, aber am meisten illegal aus dem Internet runtergeladen werden.
Das sind Dinge – wie soll ich sagen? –, Dinge, die unter 18-Jährige nicht downloaden dürfen. Das ist nämlich in Wahrheit das, was am meisten downgeloadet wird.
Das heißt, wir sind in einem sehr, sehr schwierigen Prozess, in einer sehr schwierigen Zeit. Ich habe vorhin kurz mit dem Herrn Justizminister geplaudert. Ich habe ihm gesagt: Ich weiß das eh, beim Urheberrecht gibt es immer eine Lose-lose-Situation. Egal, was du machst, es wird dich immer eine Seite prügeln für das, was du tust. – Deswegen will ich es auch gar nicht prügeln, ich finde, prügeln ist ein völlig falscher Weg, sondern darüber nachdenken: Wie kann man im digitalen Zeitalter tatsächlich etwas schaffen, was sowohl Künstlern und Künstlerinnen als auch den Usern und Userinnen hilft? Das ist ja das Schwierige daran: da einen Ausgleich zu finden.
Ich glaube, die Festplattenabgabe kann das nicht. Denn was mache ich, wenn ich in Österreich viel mehr zahlen muss für eine Festplatte? – Ja, dann kaufe ich sie bei Amazon, und dann freut sich der Luxemburger Finanzminister. Dann freut sich aber sicher nicht der österreichische Finanzminister. (Bundesrat Jachs: Amazon schickt keine Festplatten mehr nach Österreich!) – Dann kaufe ich sie halt nicht bei Amazon, dann kaufe ich sie bei einem anderen Internetanbieter. Das ist ja völlig wurscht. Ich kann Festplatten im Internet bei jedem möglichen Anbieter kaufen, ohne Fest-plattenabgabe. Also das wird im Internetzeitalter kein Problem sein – schon gar nicht für die Nerds. Die wissen genau, wie sie zu Festplatten ohne Festplattenabgabe kommen. Man braucht übrigens nur 50 Kilometer bis über die Grenze zu fahren, da kann man sich auch eine Festplatte kaufen.
Mit einem hat der Kollege Herbert davor schon recht gehabt: Die Zukunft sind ja gar nicht mehr die Festplatten. Auch ich – nicht nur 17-jährige Töchter – bin zum Beispiel Nutzer eines Streaming-Dienstes. Das heißt, ich bezahle jeden Monat eine Fixabgabe und habe dafür Zugang zur gesamten Musikbibliothek, die im Internet zur Verfügung steht. Ich kann mir jedes Album jederzeit anhören, von wo ich will. Super Sache übrigens.
Man muss aber auch sagen – und das, finde ich, darf man in einer Urheberrechtsdebatte nie außer Acht lassen –: Es ist schon so, dass die Plattenfirmen in den 90er und den 2000er Jahren eine Entwicklung verschlafen haben, vollkommen übersehen haben, dass die Distributionswege komplett neue geworden sind, dann bemerkt haben, dass sie einen Fehler gemacht haben, und dann Richtung Politik lobbyiert haben: Bitte, bitte, rettet uns!
Ich finde, es kann nicht immer Aufgabe der Politik sein, einer Industrie, die die technologische Entwicklung verschlafen hat, dieser hinterherhinkt, dann zu sagen: Okay, jetzt helfen wir euch, und wir werden schauen, dass wir den technologischen Fortschritt beschränken. Das kann nicht das Ziel von Politik sein.
Es war ja interessanterweise eine Computerfirma, nämlich die mit dem angebissenen Apfel drauf, die zum ersten Mal einen Musikmarkt digital so gestaltet hat, dass User und Userinnen das Gefühl hatten: Ja, das ist praktisch und einfach. Ich brauche nicht mehr illegal irgendwas machen, das funktioniert. Und die illegalen Downloads sind dramatisch zurückgegangen! Schade, sage ich da nur, dass das die österreichischen Plattenfirmen nicht entwickelt haben! Schade, dass es eine amerikanische Firma war. Schade. Da ist eine Chance vertan worden.
Gleichzeitig hatten wir in Österreich aber immer auch einen Riesenvorteil: In Österreich wurden nicht Massen kriminalisiert wie in Deutschland. In Österreich gab es nicht eine Industrie von Rechtsanwälten, die Abmahnungsbriefe en masse ausgeschickt haben, weil wir nämlich das Recht auf Privatkopie haben. Das gibt es in Deutschland bis heute nicht. Bei den Cloud-Diensten und bei den Festplattendiensten fragen sich aber natür-
lich die User, die legal Musik kaufen: Wieso muss ich jetzt eigentlich eine Abgabe zahlen, wenn ich eh schon legal dafür bezahlt habe?
Und jetzt komme ich zu einem Urteil, das gerade bezüglich der GIS-Gebühr gefällt worden ist: Der Verwaltungsgerichtshof hat gerade festgestellt, dass man nicht alle, die einen Internetanschluss haben, unter Generalverdacht stellen darf, illegal ORF-Programme zu schauen, ohne dass sie Gebühren bezahlen. Jetzt frage ich mich: Wie kann man jetzt bei so einem Gerichtsbeschluss sagen: Wir gehen davon aus, dass jeder, der eine Festplatte besitzt, illegal Musik downloadet? Denn das tut man de facto. Das ist für mich nicht logisch, und deswegen kann ich diesem Urheberrecht nicht zustimmen.
Es gibt noch zahlreiche andere Punkte, die aus unserer Sicht leider nicht funktioniert haben. Wir brauchen dringend einen Urheberrechtsvertrag, und zwar einen, der Künstler und Künstlerinnen in ihren Verhandlungen mit Plattenfirmen, mit Verlagen, mit Produzenten und Produzentinnen stärkt. Beim Film-Urheberrecht ist ja nun endlich die cessio legis abgeschafft worden. Das war ja auch ein – jetzt habe ich es vergessen –, ich glaube, ein EuGH-Urteil – ja, Sie nicken, Kollege Jachs, der EuGH war es –, weswegen Österreich das auch abschaffen musste. Aber natürlich werden die Nutzungsrechte den Filmproduzenten wieder so gestärkt, dass das über die Hintertür leider in dieses Gesetz wieder hineinkommt.
Ich möchte am Schluss, damit ich nicht nur Negatives sage, auch das Positive im Gesetz erwähnen, das halte ich auch für notwendig. De facto war es für Lehrer und Lehrerinnen bisher wirklich schwierig, wenn sie zum Beispiel eine Passage aus einem literarischen Werk, das noch unter das Urheberrecht gefallen ist, im Schulunterricht verwenden wollten – diese Kopien waren eigentlich immer illegal. Also einen Bert-Brecht-Text kopiert in der Schulklasse zu verteilen war de facto eine illegale Handlung in Österreich. Zum Glück hat es nicht viele Strafverfahren gegeben, das muss man dazusagen. Aber das ist natürlich schon ein Problem, wenn sich in Österreich Lehrer und Lehrerinnen bei so etwas strafbar machen müssen. Da gibt es zumindest jetzt Rechtssicherheit, und das finden wir gut.
Wenn ein User oder eine Userin allerdings, sagen wir einmal, im Zillertal Urlaub macht, ein hübsches YouTube-Video dazu dreht und das mit Musik unterlegt, mit irgendeiner Zillertaler Musik vielleicht (Bundesrat Mayer: Sicher schön! – Ruf bei der SPÖ: Na lieber nicht! – Bundesrat Dörfler: Was, du horchst Zillertaler?), und wenn diese Zillertaler Musik allerdings noch dem Urheberrecht unterliegt, weil sie jünger als 70 Jahre ist, dann weiß dieser User noch immer nicht: Mache ich mich jetzt strafbar: ja oder nein?
Sie haben vorhin beim Strafrecht gesagt, dass die Rechtssicherheit das Wichtigste ist. Mit diesem Urheberrecht wissen die User und Userinnen im Internet, die YouTube-Videos verwenden, die vielleicht auch eine Melodie nachpfeifen und ein YouTube-Video dazu machen, noch immer nicht: Bewege ich mich da auf legalem oder auf illegalem Boden?, und das ist ein Versäumnis dieses Gesetzes, leider. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
17.11
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Winkler. – Bitte.
17.11
Bundesrätin Ingrid Winkler (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Herr Minister! Ich darf meine Rede mit einem Zitat beginnen: Allen Menschen recht getan ist eine Kunst, die niemand kann! – Ich glaube, gerade dieses Gesetz ist dazu geeignet, um
das zu sagen. Denn ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es unbedingt notwendig ist, dass die Kunstschaffenden zu einer nachvollziehbaren und rechtssicheren angemessenen Vergütung kommen.
Dass es nicht so leicht ist, eine wirklich gerechte Basis zu finden, auch darüber, glaube ich, herrscht Einigkeit. Und dass es eine Materie ist, die in einer so schnelllebigen Zeit wie der unsrigen vielleicht schon nach Abschluss dieser Novellierung wieder neu diskutiert werden muss und auch permanent anzupassen ist – damit meine ich jetzt nicht wörtlich „ununterbrochen“, aber immer wieder –, das glaube ich auch.
Aber es gibt hier für mich eine Basis. Es ist klar, dass man über den Prozentsatz diskutieren kann, da hast du natürlich recht. Nicht jeder nützt das Internet auf diese Weise, ich zum Beispiel tue es nicht. Ich habe eine Festplatte und verwende sie nicht für Musikdownloads. Ich denke mir, bei einer Anschaffung trage ich als kunstinteressierter Mensch diese Werte durch meinen Kauf mit, und in einer technisierten Welt, wo die technischen Produkte einen angemessenen Preis haben, zahle ich die 6 Prozent bei Speichermedien und 11 Prozent bei Druckern, Kopierern und Scannern auch gerne mit. (Bundesrat Schreuder: Aber wenn man eine Mindestsicherung hat, wird das schon ganz viel kosten, nicht?)
Aber wäre es gerechter gewesen, wenn Haushalte zum Beispiel für einen Internetzugang eine Abgabe abführen müssten? Wäre das gerechter gewesen? Ich weiß nicht, ob das die Antwort gewesen wäre. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Es ist wirklich sehr, sehr schwierig.
Ich glaube, es ist fachlich schon viel gesagt worden. Du bist eingegangen auf diese Film-Urheberrechte und so weiter. Ich brauche das nicht alles wiederholen. Aber ich glaube schon, dass man diese ganz schwierigen Parameter, die hier vorherrschen, gut unter einen Hut gebracht hat: KünstlerInnen, Verwertungsgesellschaft, Konsumenten und die Wirtschaft. Es ist oft schon sehr schwer, zwischen zwei Verhandlungspartnern einen Kompromiss zu erzielen, und je weiter der Kreis wird, desto schwieriger wird das.
Deswegen glaube ich, dass man zu dieser Novellierung trotzdem gratulieren kann, den Beamten, die daran gearbeitet haben und wirklich ihr Bestes gegeben haben. Ich denke, es ist gut gelungen. Den ressortverantwortlichen Ministern möchte ich sagen: Ich bin sehr glücklich, dass man in zwei Ressorts so lösungsorientiert zusammengearbeitet hat, um einen Konsens zu finden. Ich denke, dass dieser Konsens wirklich Lob und Anerkennung verdient. Wir werden diesem Tagesordnungspunkt gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)
17.15
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Herr Bundesminister Brandstetter gelangt zu Wort. – Bitte.
17.15
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Hohes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! In aller Kürze: Eigentlich möchte ich nur etwas erzählen, was damit zusammenhängt. Vor drei Wochen ungefähr hatten wir unser traditionelles Vier-Länder-Treffen der deutschsprachigen Justizminister. Diesmal war es im Saarland, Einladender war der deutsche Kollege Heiko Maas. Zu meiner Überraschung hat er im Zuge unserer Diskussion gemeint: Ja, also mit dem Urheberrecht, das haben wir uns so lange überlegt, wir kommen da auf keinen grünen Zweig, außer einfach das fortzuführen, was wir bisher hatten. Wir regeln das jetzt auch neu im Sinne einer produktbezogenen Abgabe. Ich weiß, es gibt viele neue Entwicklungen. Das ist alles so kompliziert, weil die Entwicklung so rasch geht. Aber wir haben nichts Besseres als das.
Darauf habe ich ihm gesagt: Wir sind in derselben Situation. Insofern war das auch für ihn wertvoll. Ich gebe schon zu, lieber Marco, du bist gedanklich in der Entwicklung von übermorgen, mir und dem Kollegen Ostermayer ging es um die Ansprüche der Künstler von gestern und vorgestern. Tatsache ist, wir haben eine produktbezogene Abgabe. Ich weiß schon, die Leerkassettenvergütung geht ins Leere. Ich weiß nicht, wer das noch kennt, die Leerkassetten, Audio- und Videokassetten. Bei den Audiokassetten waren das die Magnetbänder, die, soweit ich mich erinnere, ich selber noch mit Tixo kleben konnte, wenn es notwendig war. Das kennt ja keiner mehr. Das geht natürlich ins Leere, weil es keiner mehr kauft.
Wir haben nach wie vor die Reprographieabgabe auf die Drucker. Ich glaube auch nicht, dass die Tatsache, dass wir darauf eine produktbezogene Abgabe haben, dazu geführt hat, dass viele jetzt 60 Kilometer nach Bratislava gefahren sind, nur um einen Drucker dort zu kaufen und nicht in Österreich. Es ist einfach so, dass uns noch nichts Besseres als realisierbar erschienen ist, als diese produktbezogene Abgabe zu modernisieren, indem wir sie von den bisherigen analogen Speichermedien auf die digitalen Speichermedien, sprich Festplatten, übertragen. Das ist ein anderes Modell. Es ist das althergebrachte Modell, die Produktbezogenheit. Es gibt theoretisch Alternativen, die natürlich dann schon in die Richtung allgemeiner Abgabe gehen: Haushaltsabgabe, GIS-Gebühren, was auch immer. Das muss man auch sagen.
Wir haben die Diskussion geführt, wir haben sie mit den Künstlern auch intensiv geführt. Tatsache ist, die Künstler haben hier einen Anspruch. Das ist von allen Gerichten, die dafür zuständig waren, auch festgehalten worden. Tatsache ist ebenfalls, es ist auch ein Problem der Zeit. Ich meine, wir müssen einfach dafür sorgen, dass es jetzt rasch einen neuen und durchaus brauchbaren rechtlichen Rahmen für die notwendigen Verhandlungen mit den Verwertungsgesellschaften gibt. Das, was wir festgelegt haben, sind auch Höchstgrenzen, die natürlich jetzt unterhalb dieser Höchstgrenzen ausverhandelt werden müssen. Ich glaube auch, dass es mit den Verwertungsgesellschaften möglich sein wird, gute Ergebnisse zugunsten der Künstler zu erzielen. Das hatten wir im Auge.
Aber wie schon gesagt wurde, wir müssen uns dem Thema weiter widmen. Wir haben die Richtlinie für die Verwertungsgesellschaften bis 2016 noch umzusetzen. Wir müssen uns auch dem Urhebervertragsrecht widmen. Selbstverständlich. Auch das soll nach dem Regierungsprogramm bis 2018 geschehen. Das tun wir auch gerne. Das Thema wird uns nicht loslassen. Ich schließe nicht aus, dass wir vielleicht in relativ kurzer Zeit über neue Entwicklungen in dem Bereich nachdenken müssen und dann allenfalls auch adaptieren müssen. Nur zum jetzigen Zeitpunkt, da sind wir uns wirklich sicher, ist dieses Gesetz das Beste, was man tun kann, um umzusetzen, was notwendig ist, nämlich die Ansprüche der Künstler möglichst rasch erfüllbar zu machen.
Abgesehen davon gibt es wirklich, und du hast dankenswerterweise darauf hingewiesen, eine klare Regelung für die freie Werknutzung im Bildungsbereich, das ist ganz wichtig. Wir haben, glaube ich, auch einiges an Regelungen mit hineingepackt, die wirklich brauchbar sind, sodass ich insgesamt denke, dieses Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt macht schon Sinn. Manchmal ist es wirklich besser, einmal das Realisierbare gleich zu machen als ein vielleicht theoretisch vorstellbares moderneres Gesetz irgendwann einmal. Wir können da nicht mehr warten. Ich bin froh darüber, dass es in sehr konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Kollegen Ostermayer gelungen ist, letztlich im Interesse der Künstler und auch im Interesse der Bildungseinrichtungen das zu verwirklichen, was jetzt auf dem Tisch liegt. Ich glaube, man kann da wirklich mit gutem Gewissen zustimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
17.19
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über die Auslieferung (490 d.B. und 71 d.B. sowie 9422/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Stefan Schennach: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über die Auslieferung.
Der Text liegt Ihnen vor; deshalb komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss hat in seiner Sitzung am 21. Juli einhellig den Antrag gestellt, keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Es liegen mir keine Wortmeldungen dazu vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Vorbehalte zu Art. 13, 15 und 17 sowie der Erklärungen zu Art. 38 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (501 d.B. und 720 d.B. sowie 9423/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 18. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Stefan Schennach: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich komme zum Bericht des Justizausschusses über den – sehr erfreulichen – Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend Erklärung über die Zurückziehung der österreichischen Vorbehalte zu Art. 13, 15 und 17 sowie der Erklärungen zu Art. 38 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; deshalb komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss hat in seiner Sitzung am 21. Juli 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag gestellt,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, und
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Herr Präsident, ich möchte das Recht des Berichterstatters in Anspruch nehmen, auch über die Debatte zu berichten, die hier nicht abgebildet ist. Nach wie vor existiert bedauerlicherweise ein Vorbehalt zu Art. 22, was die Ausweisung begleiteter oder unbegleiteter Minderjähriger betrifft. Möglicherweise kann in der Debatte noch darauf eingegangen werden.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gödl. – Bitte.
17.22
Bundesrat Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende dieses Tagesordnungspunktes steht ein durchaus sehr erfreulicher Beschluss, nämlich die uneingeschränkte Geltung der Kinderrechtskonvention in Österreich. Wenn man aus dem Abstimmungsverhalten im Nationalrat schließt, dann ist es schade, dass dieser Beschluss aller Voraussicht nach nicht einstimmig gefasst werden wird. Es wäre aber noch Zeit, sich dies zu überlegen.
Grundsätzlich stellt sich ja die Frage: Wie kann es überhaupt Vorbehalte gegen einen völkerrechtlichen Vertrag mit einem so positiven Ansinnen geben? Ich denke, wir sind uns alle einig, dass Kinder, egal, wo auf dieser Welt sie leben, ein besonderes Schutzbedürfnis aufweisen. Kinder sind nun einmal von Natur aus das schwächste Glied unserer Gesellschaft, und es scheint in einer entwickelten Gesellschaft fast selbstverständlich zu sein, dieses Schutzbedürfnis auch rechtlich auszugestalten.
Die bei der Ratifikation im Jahr 1992 – das liegt jetzt schon 23 Jahre zurück – erhobenen Vorbehalte bezogen sich einerseits auf die Meinungsfreiheit sowie auf die Informations-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit des Kindes, und zwar hinsichtlich möglicher Konflikte mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und weiterer Ausgestaltungen von Grund- und Freiheitsrechten in unserem nationalen Rechtssystem. Wenn wir jetzt diese Vorbehalte zurückziehen, dann ändert sich ja genau genommen an der Situation der Kinder faktisch nichts, denn sowohl die Kinderrechtskonvention als auch die Menschenrechtskonvention gelten jetzt natürlich auch weiterhin uneingeschränkt.
Österreich folgt damit der von vielen anderen Ländern bereits vollzogenen Empfehlung des UN-Ausschusses für die Rechte der Kinder, die Kinderrechtskonvention vollständig und ohne Vorbehalte in ihren Rechtsbestand zu übernehmen. Das war also eine Empfehlung dieses Monitoringausschusses.
Freilich müssen wir uns im Klaren sein, dass Kinderrechte in einer Konvention oder auch in Gesetzen festzuschreiben das eine ist. Das Entscheidende wird schlussendlich
aber sein, wie sehr es in allen Bereichen des täglichen Lebens gelingt, ein starkes Bewusstsein für die Persönlichkeitsrechte unserer Kinder auch tatsächlich umzusetzen.
Man muss sich auch der weltweiten Tragweite bewusst sein. Die Kinderrechtskonvention gilt ja prinzipiell weltweit. Es gibt über zwei Milliarden Kinder auf dieser Welt. Das eigentliche Drama ist ja, wie viele dieser 2,2 Milliarden Kinder unter tatsächlich unwürdigen Umständen aufwachsen müssen: Kinderarbeit, Kindersoldaten, Kinderhandel, Kinderprostitution, um nur die hässlichsten Auswüchse menschlicher Grauslichkeiten zu benennen. In zivilisierten Ländern muss es unsere Aufgabe sein, um jeden Millimeter zu kämpfen, damit Kinderrechte hierzulande, aber eben auch überall auf der Welt so gut wie möglich beziehungsweise immer mehr respektiert werden.
Die Flüchtlingsströme, die wir derzeit erleben, auch diejenigen in unser Land, bergen auch in dieser Hinsicht besondere Brisanz. Ich erlebe es auch vor Ort in meinem Bezirk Graz-Umgebung, aus dem ich komme und in dem ich auch der Obmann des Sozialhilfeverbandes sein darf: Allein in unserem Bezirk leben 80 unbegleitete minderjährige Fremde. Wenn am Stammtisch politisch sehr heißblütig über das Thema Asyl diskutiert wird – das wissen wir, das kennen wir alle aus unserer politischen Arbeit vor Ort –, dann muss man sagen: Schauen Sie einmal einem solchen Kind in die Augen! Oft kann man erst dann emotional begreifen, welche Gnade es eigentlich ist – und ich sage das jetzt gerade auch für meine eigenen Kinder –, in einem sozial sicheren Land, in einer sicheren Umgebung aufzuwachsen.
Wenn wir heute diesen durchaus symbolischen Akt setzen, indem wir diese Vorbehalte gegen die Kinderrechtskonvention zurücknehmen, dann ist das trotzdem gleichzeitig auch ein politisches Bekenntnis – und so soll es auch verstanden werden –, dass wir uns als Gesetzgeber, aber auch als gesamte Republik besonders stark machen sollen für Kinderrechte, natürlich zunächst einmal innerhalb unserer eigenen Grenzen, aber ganz besonders auch über die Grenzen hinaus im Sinne eines verbindenden Völkerrechts.
Daher ist es ein wirklich guter und schöner Tag, wenn wir heute nach dem Nationalrat auch als Bundesrat diese Vorbehalte zurückziehen und damit die Kinderrechtskonvention uneingeschränkt und vorbehaltlos in unseren Rechtsbestand übernehmen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
17.28
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.
17.28
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Der Herr Minister ist momentan nicht da – er kommt gleich wieder. Gospod president! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 20. November 1989 wurde die Konvention über die Rechte des Kindes von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen, und bis heute haben mehr als 190 Staaten weltweit diese Kinderrechtskonvention unterzeichnet und ratifiziert. Diese Staaten verpflichten sich, in ihrer Gesetzgebung die Ziele der Kinderrechtskonvention einzuhalten. Kinder werden damit unmissverständlich als Träger oder Trägerinnen eigener Rechte definiert. Kinderrechte – und da unterstütze ich die Haltung des Herrn Kollegen Schennach – sind Rechte aller Kinder. Mein Kollege hat vorhin schon die Flüchtlingsproblematik angesprochen. Kinderrechte sind unteilbar und gelten für jedes Kind!
Wie schaut es mit der Kinderrechtskonvention in Österreich praktisch aus? – Am 6. August 1992 hat Österreich durch Hinterlegung der Ratifikationsurkunde die Kinderrechtskonvention ratifiziert. 30 Tage danach, das war der 5. September 1992, ist
diese in Kraft getreten. Auch für Österreich gilt somit, dass jedes Gesetz den Zielen der Kinderrechtskonvention entsprechen muss.
Was sind die Ziele der Kinderrechtskonvention? – Ziel ist die Gewährleistung und Wahrung der Kinderrechte. Das ist eine ganz große Herausforderung. Die ganz große Herausforderung liegt in der Realisierung, also darin, wie diese Kinderrechte praktisch umgesetzt werden. Und gerade dafür wurde von einem eigens eingesetzten Ausschuss Österreich in einer Staatenprüfung empfohlen, diese Vorbehalte – wir sprechen vom Artikel 13, vom Artikel 15 und vom Artikel 17 – zurückzuziehen. Diese Staatenprüfung Österreichs erfolgte in den Jahren 2005 und 2012, und die nächste erfolgt 2019.
Was beinhalten die Artikel 13, 15 und 17 der Kinderrechtskonvention? – Artikel 13 befasst sich mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung; im Artikel 15 geht es um das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und im Artikel 17 um das Recht auf Zugang zu Informationen. Darüber hinaus hat Österreich zwei Erklärungen zu Artikel 38 abgegeben, die sich mit der Teilnahme von Kindern an bewaffneten Konflikten beschäftigen.
Mein Vorredner hat schon gesagt: Dieses Zurückziehen beeinträchtigt die Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihre Eingriffsvorbehalte in Bezug auf die oben genannten Freiheiten – Meinungsfreiheit, das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf Zugang zu Informationen – nicht. An der Situation der Kinderrechte in Österreich ändert sich dadurch überhaupt nichts. Im Gegenteil! Durch dieses Zurückziehen bekennt sich Österreich zur vollständigen Umsetzung der Kinderrechtskonvention. Damit werden die Weichen für eine uneingeschränkte Geltung der Kinderrechtskonvention in Österreich gestellt.
Wenn wir die Vorbehalte nicht zurückziehen, kann es uns passieren, dass bei der nächsten Staatenprüfung, die 2019 erfolgt, genau dieselbe Empfehlung an Österreich noch einmal ergehen wird.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, das Hauptziel der Kinderrechtskonvention ist mir so wichtig, dass ich es noch einmal erwähne: Sie sorgt für Gewährleistung und Wahrung der Kinderrechte. Kinderrechte brauchen einen besonderen Schutz. Kinderrechte brauchen eine besondere Förderung. Die Kinderrechtskonvention rückt das Kind in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Ein Grundprinzip aller Menschen, die für und mit Kindern arbeiten und leben, soll es sein, Kinder und Jugendliche als kompetente, eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen. Deswegen ist es mir so wichtig, und ich habe mich sehr bemüht, und ich gebe nicht auf, dass wir im Nationalrat und im Bundesrat einen eigenen Ausschuss für diese Kinderrechte bekommen. Kinderrechte dürfen wir nicht irgendwo zum Familienausschuss oder ganz egal zu welchem Ausschuss dazugeben, sondern die Kinder haben ein Recht auf einen eigenen Ausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte mich in diesem Zusammenhang bei allen, die gezeigt haben, dass sie auch daran interessiert sind, und praktisch sehr viel dazu beitragen, dass das auch Realität wird, besonders bedanken. Ich möchte zwei Personen hervorheben: erstens dich, liebe Inge Posch-Gruska, die Vizepräsidentin, die sich sehr, sehr dafür einsetzt, und auch dich, liebe Daniela Gruber-Pruner. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe schon gesagt, Kinder brauchen einen besonderen Schutz und besondere Förderung. Wenn ich von besonderer Förderung rede, dann meine ich die optimale Versorgung mit Wohn- und Lebensraum, Bildung und Betreuung, gesunder Nahrung sowie den Schutz vor Gewalt und Ausbeutung.
Auch ich möchte Stellung zum Entschließungsantrag beziehen, der unter dem vorigen Tagesordnungspunkt besprochen und diskutiert worden ist. Es ist ganz legitim und euer Recht, einen Entschließungsantrag einzubringen, über den dann diskutiert wurde. Der Beschluss ist dann gegen euren Entschließungsantrag ausgegangen. Es ist aber auch unser Recht, zu sagen, warum wir gegen diesen Entschließungsantrag sind. Ich habe dagegen gestimmt, weil ich nicht glaube, dass wir ein lebenslanges Verbot, Berufsverbot regeln sollen, sondern Richter und Richterinnen das entscheiden sollen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Herbert: Warum wird das bei anderen Berufsgruppen sehr wohl geregelt?) – Ich glaube nicht, dass die Kinder durch ein lebenslanges Berufsverbot zusätzlich oder besonders geschützt werden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)
Optimale Vorsorge habe ich schon erwähnt. Schutz und Vorsorge sind für mich Voraussetzungen für die bestmögliche Entwicklung, auf die alle Kinder einen Anspruch haben, und ich betone noch einmal: Alle Kinder!
Kinder haben ein Recht auf Respekt und Würde, und Kinder haben auch ein Recht, Forderungen zu stellen. Die Politik, der Staat, alle Verantwortungsträger sind verpflichtet, für das Wohl und die Entwicklung des Kindes bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Zeit meiner Präsidentschaft zurückkommen. Wir haben am 20. November gefeiert. Wir hatten einen ganz hohen Besuch, einen seltenen Besuch in der Säulenhalle. Ich habe mich über diesen Besuch sehr gefreut, es waren nämlich Kinder, Kindergartenkinder, die gemeinsam mit mir und auch mit der Präsidentin des Nationalrates und euch gefeiert haben. Wir haben 25 Jahre Kinderrechtskonvention und 25 Jahre Gewaltverbot in der Erziehung gefeiert.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, Kinderrechte sind ein Auftrag für uns alle. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Kinderrechte müssen überall Geltung haben, und es bedarf noch einer enormen Anstrengung, damit das Kinderrecht wirklich für alle Kinder gilt.
Ich möchte auf zwei Attentate hinweisen: 2011 das Attentat in Norwegen, und vor Kurzem das Attentat auf Kinder in der Türkei. Kinder wurden Opfer. Das ist etwas, was mich sehr berührt und erschüttert.
Noch einmal: Kinderrechte sind ein Auftrag für uns alle. Bitte handeln wir danach!
(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – Danke. Hvala lepa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
17.39
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Schreyer. – Bitte.
17.40
Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen, dass die Vorbehalte zu Artikel 13, 15 und 17 sowie die Erklärungen zu Artikel 38 der Kinderrechtskonvention zurückgezogen werden. Das hat der UNO-Kinderrechtsausschuss Österreich empfohlen. Dem wird nachgekommen, und darum werden wir natürlich auch zustimmen.
Es gibt aber noch einen weiteren Punkt, den der UNO-Kinderrechtsausschuss Österreich – Kollege Schennach hat es vorhin erwähnt – auch weiterhin empfiehlt, nämlich betreffend den Artikel 22 der Kinderrechtskonvention. Es gibt nämlich immer noch den Vorbehalt im B-VG, dass Strafrecht vor Fremdenrecht geht. Dieser Artikel ist gerade so topaktuell, Flüchtlingskinder sind von beiden Vorrednern auch schon erwähnt worden.
Es geht um den Schutz von Flüchtlingskindern und von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Gemäß Artikel 22 ist sicherzustellen, dass auch Flüchtlingskinder angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung ihrer Rechte erhalten.
Flüchtlingskinder sind Kinder wie alle anderen Kinder auf dieser Welt auch und damit gleich zu behandeln wie alle anderen Kinder in Österreich. Das ist es, was wir Grüne von der Regierung als nächsten Schritt erwarten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
17.41
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Herr Bundesminister Dr. Brandstetter gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Minister.
17.41
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Hohes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich wollte nur eine kurze Bemerkung zu diesem Thema machen.
In unseren vorjährigen Geburtstagskarten haben wir einen Spruch von Marie von Ebner-Eschenbach verwendet, der da lautet: „Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.“
Die Kinder sind die Schwächsten in der Gesellschaft. Sie brauchen das Recht und seinen Schutz, das ist für mich überhaupt keine Frage, und daher, denke ich, gibt es wirklich kein vernünftiges Argument, um dieser Vorlage hier nicht die Zustimmung zu erteilen, und darum würde ich auch bitten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
17.42
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten der selbständigen Wirkungsbereiche der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
19. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden (1210/A und 721 d.B. sowie 9424/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Stefan Schennach: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozessordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.
17.44
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es sind zwei Dinge, die ich ganz kurz im Zusammenhang mit diesen Änderungen anschneiden möchte.
Der eine wesentliche Punkt gilt der Verfahrensökonomie. Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist ein verfassungsgesetzlich verbrieftes Recht, das bedeutet aber nicht nur, dass ich zu Gericht gehen und einen Richter anrufen kann, sondern ich muss auch den richtigen erwischen. Die Gerichte sind angehalten, innerhalb die Geschäftsverteilung zu machen, und dieser Geschäftsverteilungsbeschluss muss letztlich auch so sein, dass ich den richtigen Richter für meinen Akt nach Fallzahl bekomme.
Wenn eine Partei der Meinung ist, dass es eben nicht der richtige Richter innerhalb dieses Gerichts ist, weil die Geschäftsverteilung nach Meinung dieser Partei nicht richtig ist, dann ist diese Partei mit dieser Änderung endgültig verpflichtet, das auch sofort zu sagen, weil es wenig Sinn macht, dass ich ganze Verfahren abführe und am Ende des Verfahrens kommt die Partei und sagt, es war doch nicht der richtige, weil ich gesehen habe, es läuft vielleicht nicht so. Und tatsächlich kommt jemand von oben und sagt, das Verfahren ist nichtig. Das ist endgültig zu vermeiden, ist eigentlich auch nur eine Konkretisierung der Aufforderung an die Parteien, derartige Einwendungen ohne Verzug und schnell zu machen, wie es auch bisher in der Zivilprozessordnung der Fall war.
Der zweite wesentliche Teil ist dem Standesrecht der Rechtsanwälte geschuldet, die eine sehr strenge interne Standeskontrolle und Gerichtsbarkeit haben. Bis dato war es so, dass es eine eigene Disziplinarkommission als oberstes Organ gab, die im Verwaltungsgerichtshof angesiedelt war. Das geht mit der Änderung der Verwaltungsgerichts-
barkeit jetzt nicht mehr. Jetzt landen disziplinarbeschuldigte Rechtsanwälte in letzter Instanz beim OGH; das ist die zweite wesentliche Änderung.
Wir werden diesen Vorschlägen und Entwürfen zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
17.46
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte.
17.46
Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den Worten meines Vorredners kurz anfügen, dass ich in diesem Gesetz auch noch den Vorteil sehe, unnötigen Verfahrensaufwand – zeitlich und hinsichtlich der Kostenentwicklung – zu vermeiden, und darüber hinaus auch die Anpassungen bei der Aufgabenzuständigkeit und den Kostentragungsregeln positiv sehe. Zusätzlich wird die Kapazitätsquote der Justizverwaltung geringfügig erhöht.
Ich denke, es sind kleine Schritte, aber in die richtige Richtung, und daher wird auch meine Fraktion diesem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
17.47
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.
17.47
Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Prinzip haben meine VorrednerInnen, insbesondere Kollege Fürlinger, der das sehr ausführlich und sehr auf den Punkt gebracht dargelegt hat, alles gesagt. Es ist eine sinnvolle, eine, wie wir meinen, auch notwendige Ergänzung zu den derzeitigen Regeln, und wir werden dieser Regierungsvorlage selbstverständlich und auch gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
17.47
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert wird (669 d.B. und 732 d.B. sowie 9425/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
Berichterstatter Stefan Schennach: Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; deshalb komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.
17.49
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Ich kann ja grundsätzlich nichts dafür, dass sich der grüne Fraktionsvorsitzende drückt. Ich hätte gerne seine Rede vorher gehabt, weil er uns ja mitteilt (Bundesrat Schreuder betritt den Sitzungssaal.) – Also bitte, ich räume freiwillig den Platz. (Bundesrat Schreuder: Das muss der Präsident machen!) – Präsident, lass ihm den Vortritt!
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Also bevor ich mir euch zwei länger anschaue, bitte, Herr Kollege Schreuder, du hast das Wort. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.)
17.49
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Also ich schau’ mir dich (in Richtung des Bundesrates Fürlinger) gerne an! (Bundesrat Fürlinger: Danke schön! – Heiterkeit des Redners.)
Sorry! Ich möchte mich gleich einmal entschuldigen. Danke, Herr Kollege Dönmez, der mir ein SMS geschickt hat. Ich hatte gerade ein Radiointerview, und da musste ich jetzt laufen.
Ich mache es auch ganz kurz, damit der Herr Kollege Fürlinger gleich wirklich drankommt. Halte dich bereit, in einer Minute bist du schon dran!
Ich mache es wirklich ganz kurz, wir haben die Sache mit dem Weisungsrat und die Sache mit den Weisungen und der Unabhängigkeit et cetera nämlich schon sehr oft diskutiert. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Problem mit dem Weisungsrat insofern vorhanden ist, weil formal zwar diese Unabhängigkeit gezeigt oder suggeriert wird – sagen wir einmal so –, aber natürlich die Entscheidungsgrundlagen in beiden Fällen von denselben Beamten und Beamtinnen gemacht werden, die sowohl den Minister als auch den Weisungsrat vorbereiten, und wir deswegen die Unabhängigkeit in dieser Form nicht sehen.
Wir von den Grünen waren immer der Meinung und werden es auch immer bleiben, dass wir eine Bundesstaatsanwaltschaft und eine absolute Weisungsfreiheit wünschen und einfordern. Dabei bleiben wir, und deswegen werden wir auch nicht zustimmen. – Ich danke vielmals. (Beifall bei den Grünen.)
17.51
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nun gelangt Herr Bundesrat Mag. Fürlinger zu Wort. – Bitte.
17.51
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zweiter Versuch zum Thema Weisungsrecht. Wir befin-
den uns in der glücklichen Lage, einen Justizminister zu haben, der aus einem klassischen juristischen Beruf kommt und ein Fach besonders gut beherrschte, nämlich Strafrecht, und zu Recht große Fälle in der Republik vertreten hat, bevor ihn die Berufung ins Ministerium ereilte. Dass damit Fälle verbunden waren, die natürlich in öffentlicher Diskussion standen, war klar, und Ihre Reaktion, Herr Minister, einen Beirat zu schaffen, der in dieser Form eine Entlastung, was das Weisungsrecht betrifft, darstellt, war eine völlig richtige.
Im Übrigen habe ich die Diskussion um das Weisungsrecht allerdings nie verstanden, und ich verstehe sie heute noch nicht. Ich habe mir das immer vorgestellt, wenn ein Justizminister hergeht und sagt, na ja, das ist ein Parteifreund oder Freund von mir, da drehe ich jetzt den Vorschlag der Staatsanwaltschaft um und sage, den dürft ihr auf keinen Fall anklagen. Ich habe mir dann ausgerechnet, ob er zwischen zehn und 15 Stunden Zeit hat im Lichte der heutigen Medienlandschaft, wo ja Akten schneller in den Zeitungen stehen, als der Beschuldigte weiß, dass gegen ihn ermittelt wird, oder diverse Abgeordnete schon mit Originalteilen winken, bevor er erfährt, dass er überhaupt im Visier der Justiz ist, ob das in so einer Zeit überhaupt möglich wäre. Ich glaube, man hätte zehn Stunden, um die Rücktrittsrede vorzubereiten, aber das wäre so ziemlich das Äußerste, was man sich da an Vorbereitungszeit geben könnte.
Die zweite Variante gegenüber der Staatsanwaltschaft ist: Den mag ich überhaupt nicht, den müsst ihr anklagen. Das ist auch nicht schön, aber dann muss sich der Justizminister mit seiner Meinung dem unabhängigen Richter beugen, und der kann dann sagen, na ja, der Justizminister mag zwar vom Strafrecht vielleicht etwas verstehen, aber ich spreche in diesem Fall trotzdem frei. Die Blamage, die das beinhalten würde, würde wohl auch in der Öffentlichkeit für einige Diskussionen sorgen.
Im Übrigen steht über all dem die parlamentarische Kontrolle. Das würde ich auch mit eurem Wunsch nach einem von dort bestellten Bundesstaatsanwalt verbinden, mit dem man wieder eine Verwaltungsebene mehr schaffen würde. Hin und hin hat dieses Haus, hat der Nationalrat das letzte Wort, wenn ein Minister einen Missbrauch begeht. Letztlich ist der Minister beamtete Spitze, und wenn die beamtete Spitze heute nicht mehr in der Lage ist oder nicht mehr in die Lage versetzt wird, dem Staatsanwalt, dem Anwalt des Staates, zu sagen, klage an oder klage nicht an, dann ist das schon eine gewisse Form der Kastration der Politik und der politischen Spitze, der wir hier das Wort reden, wo ich ganz gut aufpassen würde, ob ich das mache.
Daher: So gefährlich wie manch einer tut, ist dieses Weisungsrecht nicht. Es hat seine Richtigkeit. Wenn ich jetzt in Form von durchaus honorigen Persönlichkeiten und Kapazitäten einen Beirat dazu mache, soll das auch recht sein. Daher unterstützen wir das, allerdings habe ich die Diskussion um das Weisungsrecht in der Form nie ganz nachvollziehen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
17.54
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Kurz. – Bitte.
17.55
Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir haben es schon gehört, das Weisungsrecht wird neu gestaltet, und Sie und Ihre Amtsnachfolgerinnen und Amtsnachfolger bekommen jetzt dieses Beratungsgremium zur Seite gestellt.
Wir alle wissen, der jetzigen Novelle ist eine lange Diskussion über die Einrichtung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft vorangegangen, letztendlich bleibt es
aber nun bei der Letztverantwortung des Ministers. Das ist eben das Wesen eines Kompromisses.
Beraten werden sollen Sie ja nur in ausgewählten Fällen, wenn oberste Organe einer Straftat verdächtigt werden, wenn ein außergewöhnliches Interesse der Öffentlichkeit an einer Strafsache besteht – wobei man sich fragt, wie es zu diesem außerordentlichen Interesse kommt, wahrscheinlich spielen die Medien eine nicht unwesentliche Rolle, dass es zu einem öffentlichen Interesse kommt – oder sich der Herr Minister, was ich nicht glaube, befangen fühlt. Schlussendlich braucht er den Empfehlungen des Gremiums aber dann doch nicht zu folgen, allerdings muss dem Parlament berichtet werden. Wenn Sie, Herr Minister, den Empfehlungen nicht folgen, dann müssen Sie zumindest dem Parlament berichten, warum nicht.
Ich denke, es ist im Prinzip eine gute Sache, wir verhehlen nicht, dass uns die Bundesstaatsanwaltschaft schlussendlich lieber gewesen wäre, aber, wie ich schon gesagt habe, man muss eben hie und da Kompromisse schließen.
Neu ist auch noch die Einschränkung der Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften, diese dient der Verfahrensbeschleunigung. Ich nehme an, dass es dazu auch kommen wird.
Darüber hinaus nur noch ein Punkt: Es wird eine ausdrücklich gesetzliche Grundlage für die Whistleblower-Hotline bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft geschaffen. Ich denke, auch das ist unserer Gesetzgebung dienlich. Wir werden diesem Gesetz also zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
17.56
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.
17.56
Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden dieser Regierungsvorlage gerne unsere Zustimmung geben. Zum einen kann eine Verringerung und Präzisierung der Berichtspflichten, wie es diese Gesetzesvorlage vorsieht, auch im bürokratischen Ablauf nur sinnvoll sein.
Auf die Rolle des Weisungsrates und den daraus gefundenen Kompromiss wurde schon von meinen Vorrednern eingegangen. Auch wir sehen es nicht als die allerbeste Lösung, aber zumindest als Kompromisslösung und als tragbaren und gangbaren Weg.
Die schon angesprochene Bundesstaatsanwaltschaft oder Generalstaatsanwaltschaft, die die ministerielle Verantwortung völlig ausgeschaltet hätte, wäre die allerschlechteste Variante gewesen, denn – das wurde heute auch schon gesagt – es bleibt noch immer die Ministerverantwortung am Ende des politischen Wirkens bestehen, und eine solche Ausschaltung dieser ministeriellen Verantwortungsebene oder Verantwortungstatsache, egal, durch welche Stelle, wäre nicht nur rechtsstaatlich problematisch gewesen, sondern es hätte auch eine Parallelstruktur einer Verwaltungsebene bedeutet, die schlussendlich über den Minister oder dessen Entscheidungsebene hinweg diesen hätte überstimmen können. Das hätten wir rechtsstaatlich höchst bedenklich gefunden, weil es auch in Hinblick auf die parlamentarischen Abläufe und auch auf die bereits angesprochene Rechtsstaatlichkeit auch gegenüber dem gelebten Parlamentarismus ein höchst problematisches Szenario bedeutet hätte. So gesehen wollen wir diesem Weisungsrat unsere Zustimmung geben.
Problematisch sehe ich auch ein bisschen diese Hinweisgeber-Hotline, die da eingerichtet werden soll. Aus dem Datenschutzrat und den dortigen Umfeldberatungen
in dieser Sache weiß ich, dass es bei solchen Hinweisgeber-Systemen sehr wenig Substanzielles gibt, sondern vielmehr etliche Hinweise, die aber kaum den sachlichen Bereich erreichen, sondern denen in erster Linie genau jene Vernaderungs- und verleumderischen Akte, die immer wieder im Vorfeld befürchtet wurden oder auch werden, zugrunde liegen.
Daher darf ich Sie, Herr Bundesminister, ersuchen, besonders sorgfältig zu sein, auch in der Auswertung dieser Hinweisgeber, die sich dort einfinden. Wir wissen aus dem Bereich des Finanzministeriums oder der Staatsanwaltschaft, wie Sektionschef Pilnacek in der letzten Ausschusssitzung berichtet hat, dass es bei einer Unzahl – ich habe die Zahl nicht mehr im Kopf, es waren mehrere hundert oder fast tausend Hinweise – einen einzigen Fall gab, der schlussendlich auch eine strafrechtliche oder finanzrechtliche Substanz hatte. So gesehen ist dieses Hinweisgeber-System nicht gerade das Gelbe vom Ei. Wir wollen uns aber auch nicht grundsätzlich gegen diese Möglichkeit verwehren. Sie soll aber mit einem sehr wachsamen Auge begleitet werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
17.59
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort ist Herr Bundesminister Dr. Brandstetter gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
18.00
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Hohes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Eigentlich ist das Wesentliche schon gesagt worden.
Ich denke auch, dass diese Neuregelung ein wirklich brauchbarer Kompromiss ist zwischen der Notwendigkeit der Ministerverantwortlichkeit, die verfassungsrechtlich vorgegeben ist, einerseits und einem Höchstmaß an Transparenz andererseits. Ich wollte vielleicht noch darauf hinweisen, dass wir diesen Weisungsrat auch für Fälle vorsehen, in denen es nie Weisungen gegeben hat – bis ganz hinauf nicht –, in denen aber dennoch ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, genau nachvollziehen zu können, warum es eben jeweils zu dieser Entscheidung gekommen ist. Das ist ein wirkliches Plus an Transparenz, und das ist gut so.
Im Übrigen differenzieren wir auch zwischen den Fällen, in denen es zu Anklagen kommt – dort hat der Beschuldigte die Möglichkeit, die gerichtliche Kontrolle letztlich durch einen Einspruch zu aktivieren – und den Fällen, in denen es zu Einstellungen kommt. Dort gibt es auch noch die Möglichkeiten, dass eben der Weisungsrat einerseits eine eigenständige Begründung publik macht und dass andererseits auch über den Rechtschutzbeauftragten eine gerichtliche Kontrolle aktiviert werden kann.
Das ist, glaube ich, wirklich bei vorgegebener verfassungsrechtlicher Lage das Bestmögliche, was man herausholen kann. Ich bin sehr froh darüber, dass wir schon bisher mit dem Weisenrat sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Dieser dient schon auch der Transparenz und letztlich auch der größeren Einsicht in die Dinge. Ich glaube, es ist uns mit diesem Gesetz auch gelungen, die wirklich immer wiederkehrende Diskussion über das Weisungsrecht in dem Bereich zumindest zu relativieren und einzudämmen und vor allem auch das Vertrauen in die Justiz zu stärken. Das ist das Wesentliche; darauf kommt es an.
Ich möchte hier bei dieser Gelegenheit schon noch etwas anmerken, weil es auch angesprochen wurde: Meine Damen und Herren Bundesräte, wenn Sie einmal Gelegenheit haben, sich hausinterne Akten des Justizministeriums anzusehen, dann werden Sie feststellen, dass meine Beamten der zuständigen Fachabteilung unter dem Herrn Sektionschef Pilnacek unglaublich penibel und nachvollziehbar arbeiten. Da ist
alles dokumentiert, alles in einem elektronischen Akt erfasst. Da muss man also wirklich sagen, dass die Problematik des Weisungsrechts eine Anscheinsproblematik ist. Meine Beamten arbeiten absolut korrekt, und man kann vollstes Vertrauen zu ihnen haben, aber dennoch ist es wichtig, dass die Öffentlichkeit die Transparenz bekommt, die sie selbstverständlich zu Recht einfordert. Das ist gut so. So gesehen bin ich sehr, sehr froh über diese Neuregelung, die sicherlich geeignet ist, das Vertrauen in die Justiz zu stärken.
Jetzt denke ich aber, sollte ich wirklich Schluss machen, zumal auch mir das Gentechnikanbauverbot ein großes Anliegen ist. Kollege Andrä Rupprechter sieht so frisch und erholt aus, dass ich der Meinung bin, er sollte übernehmen, nachdem Sie Ihre Beschlüsse gefasst haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
18.03
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Es liegen mir dazu keine weiteren Wortmeldungen vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. (Unruhe im Saal.) – Entschuldigung! Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Vorschriften über die Untersagung des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen (Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz) erlassen und das Sortenschutzgesetz geändert werden (673 d.B. und 764 d.B. sowie 9407/BR d.B. und 9436/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Pum. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Ing. Andreas Pum: Geschätzter Herr Präsident! Werte Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Vorschriften über die Untersagung des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen erlassen und das Sortenschutzgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für den Bericht.
Ich darf zur Debatte über diesen Tagesordnungspunkt sehr herzlich Herrn Landwirtschaftsminister Dipl.-Ing. Rupprechter bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Wie man sehen kann (Bundesrätin Mühlwerth steht bereits hinter dem Rednerpult), ist Frau Kollegin Mühlwerth zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihr. – Bitte.
18.05
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Dieses Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz fußt auf einer EU-Richtlinie des heurigen Jahres, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, gentechnisch veränderte Organismen zu beschränken oder ganz zu untersagen – etwas, wofür Österreich schon lange gekämpft hat und wobei wir uns wirklich auch in der Sache einig sind, dass wir ein Gentechnikanbauverbot haben wollen.
Wir haben auch in der vorletzten Sitzung des EU-Ausschusses eine diesbezügliche Mitteilung nach Brüssel geschickt, die übrigens einstimmig verabschiedet wurde. Das heißt also, auch wenn wir gegen dieses Rahmengesetz sind, möchte ich einmal dem vorbeugen – was mir wahrscheinlich nicht gelingen wird, weil ich Sie alle kenne –, dass man glaubt, dass wir für die Gentechnik sind. (Bundesrat Todt: Liegt aber auf der Hand!) Na ja, ich bin nicht seit gestern in diesem Hohen Haus.
Erstaunlich ist für mich die Eile, mit der das passiert. Ich finde es grundsätzlich gut, wenn so etwas schneller passiert. Normalerweise warten wir sehr gerne, wenn Richtlinien oder Verordnungen umzusetzen sind, so lange, bis schon die Klage an der Tür abgegeben wird und Strafzahlungen drohen, fällig zu werden. Dieses Mal geht es ganz schnell, aber nicht immer ist die Eile wirklich das probate Mittel, um ein ordentliches Gesetz zu machen. Hier setzt unsere Kritik auch an.
Das, was wir uns gewünscht hätten, ist, dass hier ein ordentliches Gesetz gemacht wird – das hätte jetzt ruhig ein paar Tage länger dauern dürfen –, in dessen Entstehung die Länder eingebunden sind, über das dann alle glücklich und zufrieden sind und sagen, dass sie unsere grundsätzliche Einstellung zum Anbauverbot von Gentechnik jetzt vollinhaltlich unterstützen können. Das haben Sie nicht gemacht. Sie haben es nicht geschafft.
Wir könnten grundsätzlich auch mit einem bundeseinheitlichen Gesetz leben, jedoch nur unter Einbeziehung der Länder. Wir haben neun Bundesländer, ob es dem einen jetzt gefällt oder nicht. Bei uns ist der Föderalismus in der Verfassung verankert, und daher gehört es sich auch, mit den Ländern entsprechend zu verhandeln, um hier zu einer Einigung zu kommen, die alle mittragen können.
Eine Artikel-15a-Vereinbarung wäre die zweite Variante gewesen, mit der man das hätte machen können. Das, worum es aber wirklich geht, ist, dass Rechtssicherheit geschaffen wird. Es ist also nicht nur der Wohlfühlcharakter ein wichtiger Faktor, sondern vor allem die Rechtssicherheit ist ein wichtiger, um ein Gesetz zu haben, das auch tatsächlich halten kann.
Was haben Sie gemacht? – Zwei Ministerien sind jetzt damit befasst, das Gesundheitsministerium und Ihr Ministerium, Herr Minister. Das ist immer schlecht; wenn zwei Ministerien zuständig sind, gibt es immer Meinungsverschiedenheiten. Wenn etwas nicht klappt, dann schiebt es der eine auf den anderen, und am Ende war niemand schuld. Das ist schon einmal ganz schlecht. Dann kommen noch neun Länder dazu, neun Landesgesetze. Dabei haben wir ja Gesetze.
Die Länder haben diese Kompetenz, und die haben sie bislang auch gut genützt, was den Herrn Präsidenten Kneifel auch dazu veranlasst hat, einen Brief zu schreiben, in dem er genau das sagt. Ich lese jetzt nicht den gesamten Brief vor, aber Kollege Kneifel weist ausdrücklich darauf hin, dass das in die Kompetenz der Länder fällt, die davon auch ausgiebig Gebrauch gemacht haben. Er verweist auf das Oberösterreichische Gentechnik-Vorsorgegesetz und schreibt in weiterer Folge – ich zitiere –:
„Aus diesem Grund bedarf es gerade keiner rechtlichen Grundlage beziehungsweise bundesgesetzlichen Ermächtigung, um die Basis für entsprechende Bestimmungen der Bundesländer zu schaffen. Die Länder sind sich ihrer Regelungszuständigkeit auch bewusst und bedürfen keiner diesbezüglichen – wie immer gearteten – ,Erinnerung‘ oder ,Belehrung‘ durch den Bund. Dies überdies schon gar nicht in der vorgesehenen Form eines völlig systemwidrigen ,Rahmengesetzes‘, das einen gravierenden Eingriff in die Länderkompetenzen darstellen würde und daher der Zustimmungspflicht des Bundesrates mit Zweidrittelmehrheit unterliegt. Von einer solchen Zustimmung des Bundesrates zu diesem Gesetzesvorhaben kann überdies aus meiner Sicht nicht ausgegangen werden.“
Das ist ein Teil dieses Briefes.
Ich verstehe es nicht. Sie sind ein Vertreter einer Partei, die seinerzeit für den Föderalismus in der Bundesverfassung gekämpft hat, und kommen noch dazu aus einem Land, nämlich Tirol, das seit Jahrhunderten dafür bekannt ist, dass es seine Eigenständigkeit immer besonders betont hat und das auch bereit war, dafür zu kämpfen. Ich muss Ihnen das ehrlich sagen, dass ich es überhaupt nicht verstehe, dass da von Ihnen die Länder jetzt im Regen stehen gelassen worden sind. Ich finde das auch sehr schade.
Darüber hinaus haben wir schon auch die Sorge, dass dieses Gesetz rechtlich nicht halten wird und dass, wenn man das jetzt im Licht der TTIP- und CETA-Verhandlungen et cetera sieht, da auch Schadenersatzklagen auf Österreich zukommen könnten. Daher ist es für mich umso bedauerlicher, dass das so zustande gekommen ist und jetzt wirklich alle oder viele auf den Plan gerufen hat, die gesagt haben, dass das nicht gut sein wird.
Daher erlaube ich mir, folgenden Antrag einzubringen:
Entschließungsantrag
der Bundesräte Mühlwerth, Dörfler und Kollegen betreffend GVO-Freiheit in Österreich und der Europäischen Union
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert,
dem Parlament eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die GVO-Freiheit in Österreich hinsichtlich der Zulassung und des Anbaus im Einvernehmen mit dem Bundesländern verfassungsrechtlich klar absichert;
sich auf europäischer Ebene klar für ein generelles Anbauverbot von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union einzusetzen und
für den Konsumenten eine klare Kennzeichnung aller Produkte im Handel, die genetisch veränderte Organismen (GVO) beinhalten oder von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gefüttert wurden, sicherzustellen.“
*****
Wir wissen natürlich schon, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel im Verkehr sind – das liegt schon länger zurück –, daher sollen diese auch gekennzeichnet werden.
Daher appelliere ich an Sie, Herr Minister, vielleicht doch noch einmal zu überdenken, ob dieses Gesetz, so wie es uns jetzt hier zur Beschlussfassung vorliegt, wirklich das richtige ist oder ob man nicht einen Schritt zurückgehen, noch einmal mit den Ländern verhandeln und es dann noch einmal zur Beschlussfassung vorlegen sollte; dann werden Sie auch die Einstimmigkeit bekommen, die Sie sich wünschen. (Beifall bei der FPÖ.)
18.13
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der von den Bundesräten Mühlwerth, Kollegin-nen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend GVO-Freiheit in Österreich und der Europäischen Union ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.
18.13
Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Mühlwerth, zu einem gewissen Teil, nämlich bis zum Brief, stimmt Ihre Darstellung; sie ist völlig richtig. Es geht um das Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz. Es geht heute um die grundsätzliche Frage zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Umwelt in Österreich.
Über dieses Verbot besteht in Österreich ein sehr breiter Konsens. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Der Bundesminister ist damit auch einer Empfehlung des Bundesrates nachgekommen, nämlich einer Entschließung, die wir selbst beschlossen haben – Beschluss des Bundesrates 7512 der Beilagen –, damit haben wir den Bundesminister dazu aufgefordert, die Bundesländer bei der eigenständigen Prüfung der Anbauverbote bestmöglich zu unterstützen. Das ist die Ausgangslage. Der Bundesminister hat nichts anderes getan, als dieser Empfehlung des Bundesrates zu folgen, weil wir das selbst so verlangt haben und weil das den Wünschen der großen Mehrheit der österreichischen Bevölkerung klar und deutlich entspricht.
Dann wurde der Gesetzentwurf versendet, und ich habe die Stellungnahmen der Bundesländer selbstverständlich aufmerksam gelesen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Das ist doch der Job des Bundesratspräsidenten, diese aufmerksam zu lesen. Ich habe auch die geäußerten Bedenken ernst genommen, wie es unsere normale Aufgabe als Mitglieder dieses Hauses ist. In Wahrnehmung dieser Verantwortung habe ich diesen, von meiner Vorrednerin schon ausführlich zitierten Brief geschrieben, um auf eine mögliche Interessenkollision hier in diesem Hause schon vorher aufmerksam zu machen. Sie wissen, dass diesem Hause oft der Vorwurf gemacht wird, dass sich der Bundesrat erst post festum einsetzt, dann Njet sagt, und damit das Gesetz verzögert und damit den Willen der Bevölkerung eigentlich zu keinem Erfolg führt, sondern zu einem Misserfolg.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, auch da habe ich nach meiner Über-zeugung gehandelt, und die Bevölkerung hätte eine andere Vorgangsweise nicht verstanden. Dass wir vor der Beschlussfassung im Bundesrat Aufmerksamkeit erre-gen, diese Rechnung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist – auch dank der Mitarbeiter deines Ressorts, Herr Bundesminister – aufgegangen.
Jetzt kommt die zweite Seite Ihres Redebeitrags. Ich habe gesagt, bis zum Brief stimmt er. Dann hat es aber eine Abfolge von Gesprächen, von Initiativen, von Aktionen, von Dialogen gegeben, damit eben dieser Crash nicht zustande kommt. Das ist doch eine ganz klare Sache, das ist unsere Aufgabe. Das war aus meiner Sicht durchaus gewollt
und geplant, und ich darf Ihnen das Ergebnis dieser Gespräche und dieser Initiativen, die es seit diesem Brief und vor der heutigen Sitzung gegeben hat, berichten. Erstens wurde festgehalten, dass die Entscheidung im Beirat, der in diesem Gesetz vorgesehen ist, einstimmig fallen muss.
Das bedeutet, dass die Länder, die in diesem Beirat vertreten sind, ihre Kompetenz, ihre Meinung und ihren politischen Willen voll einbringen können. Das ist ein wesentlicher Vorteil, der in dieser Phase erreicht wurde, und ich glaube, das ergibt Sinn, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zweitens wollten wir durchsetzen, dass dieses Gentechnikanbauverbot in weiterer Folge auch als Staatszielbestimmung in die Bundesverfassung aufgenommen wird wie andere Angelegenheiten auch, die uns wichtig sind – zum Beispiel Tierschutz, Ernährung und andere Dinge.
Drittens hat es auch in dieser Zeit ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz gegeben, Dr. Josef Pühringer, der versprochen hat, das aufgrund dieses Gesetzes auch zu einem Thema bei der Landeshauptleutekonferenz zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat sich also Wesentliches geändert. Es hat sich Wesentliches zugunsten der Länderposition verbessert, und zwar deshalb, weil wir uns gerührt haben, weil wir bereits im Vorfeld auf die Wahrung der Länderinteressen aufmerksam gemacht haben. Ich stehe nicht an, mich dafür auch beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft herzlich zu bedanken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit diese Fakten, die ich jetzt genannt habe, und die sich in der Zwischenzeit ereignet haben, nicht in Vergessenheit geraten, haben wir einen Entschließungsantrag vorbereitet, der auf diese Thematik eingeht:
„Zur Sicherstellung der Länderkompetenzen hinsichtlich des grundsätzlich in deren Kompetenz fallenden Anbaus von Saatgut und der korrespondierenden Kompetenz zum Verbot desselben bei Vorliegen gesetzlicher Grundlagen ist eine Klarstellung hinsichtlich des Übergangs dieser Landeskompetenzen auf den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft per Erlassung einer Verordnung notwendig.
Neben dem Vorliegen bundeseinheitlicher Gründe ist hierfür die Zustimmung des Beirats zur Koordinierung der Gentechnikvorsorge bereits in der Vorlage normiert. Da im Gesetzesbeschluss des Nationalrats keine Abstimmungserfordernisse für die innere Willensbildung des Beirats enthalten sind, muss im Rahmen der Geschäftsordnung des Beirats sichergestellt werden, dass eine derartige Verordnungsermächtigung nicht gegen den Willen der Länder beschlossen werden kann. Damit ist garantiert, dass das Kompetenzgerüst hinsichtlich des Anbau-Verbots nicht zu Ungunsten der Länder verschoben werden kann.
Der Bundesrat erachtet es weiters als zweckmäßig, von Bundesseite Gespräche mit den Ländern aufzunehmen, um das GVO-Anbauverbot nach dem Beispiel der Nach-haltigkeit, des Tierschutzes, des umfassenden Umweltschutzes, der Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und der Forschung bundesverfassungsgesetz-lich als Staatszielbestimmung zu verankern.“ – So weit die Begründung des Ent-schließungsantrages.
Der Antrag lautet:
Entschließungsantrag
der Bundesräte Gottfried Kneifel, Inge Posch-Gruska, Edgar Mayer, Reinhard Todt Kolleginnen und Kollegen
betreffend die Sicherstellung der Länderkompetenz bei der Vollziehung des Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetzes
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert,
in der gemäß § 2 Abs. 7 vorgesehenen Geschäftsordnung zu verankern, dass die Erlassung einer Verordnung nach § 3 Abs. 5 nur nach Zustimmung der Vertreter aller Länder erfolgen kann,
sowie in Gespräche mit den Ländern mit dem Ziel einzutreten, das GVO-Anbauverbot bundesverfassungsgesetzlich als Staatszielbestimmung zu verankern.“
*****
Ich ersuche Sie, diesem Antrag beizutreten, da damit auch gewährleistet ist, dass die Interessen der Länder entsprechend berücksichtigt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gemeinsam im Vorfeld einen Konflikt ausgeräumt und sind damit als Mitglieder des Bundesrates echte Mitgestalter der Gesetzgebung und nicht Blockierer oder Verhinderer oder Betonierer, wie wir oft bezeichnet werden.
Es ist nicht unsere Arbeitsweise und unser Ziel, post festum, wenn schon alles vorüber ist, zu sagen, jetzt erheben wir Einspruch. Wir wollen im Vorfeld mitgestalten und unsere Stimme erheben. Das ist eine neue Qualität im Gesetzgebungsprozess, die wir auch im Sinne dieses Anbauverbots und zum Wohle der österreichischen Bevölkerung, im Sinne der Wahrung der Länderkompetenzen, im Sinne des Bundesstaates und vor allem im Sinne unserer österreichischen Bevölkerung in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht haben.
Ich ersuche Sie, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben, da damit gewährleistet ist, dass die Länderinteressen auch in dieser Angelegenheit gemeinsam in diesem Gesetz vertreten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
18.23
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der von den Bundesräten Kneifel, Posch-Gruska, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die Sicherstellung der Länderkompetenz bei der Vollziehung des Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetzes ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dörfler. – Bitte. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter.)
18.24
Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! „Umdrehen!“, hat er zu mir gemeint. Ich drehe insofern um, weil ich vermeiden will, dass wir morgen um 9 noch hier sitzen. Unseren Standpunkt hat unsere Fraktionsvorsitzende bereits erläutert.
Festzuhalten ist aber auch, dass auch die ÖVP den Bedarf gehabt hat, Standpunkte mit diesem Entschließungsantrag neu definieren zu wollen. Es zeigt sich, dass damit auch unserer bestätigt ist.
In diesem Sinne will ich in dieser Diskussion keinen weiteren Beitrag mehr leisten, sondern ich hoffe, dass wir heute Abend überhaupt ein bisschen Tempo machen. (Beifall bei der FPÖ.)
18.25
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
18.25
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Es gibt so etwas wie zwei nationale Schulterschlüsse in diesem Land. Das eine betrifft die Verbannung der friedlichen Nutzung der Atomenergie und das andere die Gentechnik. Und da, liebe Monika Mühlwerth, verstehe ich diese Position der FPÖ nicht. Gerade dir als Mitglied des EU-Ausschusses ist sehr wohl bekannt, wie dringlich das ist, da wir ja plötzlich eine völlige Umkehrung haben.
Das hart erkämpfte Selbstbestimmungsrecht in der EU ist jetzt in Gefahr. Da Gottfried Kneifel vor mir gesprochen hat, möchte ich sagen, dass es zwei Regionen gibt, die hier Speerspitze in Europa waren: Das ist Oberösterreich und das ist die Toskana. Das muss man einmal sagen. Die haben dann gemeinsam mit dem Schulterschluss einiger weniger, einer Minderheit von Staaten dieses Selbstbestimmungsrecht geschaffen. (Präsident Kneifel übernimmt wieder den Vorsitz.)
Die Kommission weiß sehr wohl, dass sie gegen diese Sperrminorität nicht ent-scheiden kann, und jetzt will sie den Trick siebzehn auspacken, indem sie sagt, wir geben eine delegierte Rechtsakte im Sinne der Subsidiarität an die einzelnen Mitgliedstaaten zurück. Und was passiert mit dieser Rückgabe? Die Mitgliedstaaten haben dann keine wirklichen Gründe mehr, um einen Antrag auf Gentechnikanbau zu verweigern. Deshalb wäre es so wichtig gewesen, dass wir das heute gemeinsam beschließen.
Wenn das der Herr Jannach von der FPÖ im Nationalrat nicht verstanden hat, muss es aber ein Mitglied des EU-Ausschusses wissen. Man weiß genau – deshalb gibt es auch diese Rahmenkompetenz und dieses Staatsziel –, dass wir genau jetzt in einer der entscheidendsten Phasen sind, um die Gentechnikfreiheit Österreichs zu schützen und zu retten, und belegt das heute hier mit einem Nein.
Ich leihe mir jetzt Worte des Herrn Ministers aus, ich habe das nämlich gehört. Er hat gesagt, damit steht die FPÖ auf der Seite der Finsternis. (Bundesrätin Mühlwerth: Kann er das nicht mit eigenen Worten sagen?) Man muss zur Kenntnis nehmen, dass Sie jetzt den Schulterschluss mit all jenen verlassen, die seit Jahren gemeinsam mit allen Bundesländern darum kämpfen, dass Österreich eine gentechnikfreie Zone ist. In so einer Krise bedarf es auch einer Bundeskompetenz der Koordinierung.
Als nächsten Schritt haben wir jetzt schon die Phase 1: die Selbstbestimmung. Das Gesundheitsministerium muss sich nun an die Kommission wenden und mitteilen, dass das Staatsgebiet Österreich nicht Teil des Zulassungsgebiets sein möchte. Wenn das in dieser Phase abgelehnt wird, kommen wir in die Phase 2, in der dann nämlich nach Kulturen und Merkmalen bestimmte Anbauverbote – auch über bestimmte Gruppen – verhängt werden.
In dieser Phase den Schulterschluss zu verlassen ist einfach politisch grob fahrlässig, und das sollten Sie wissen. Aber wenn man noch die Steuerreformdebatte im Kopf hat,
denkt man, dass es vielleicht doch eine zu große Nähe zu bestimmten Industrie-bereichen gibt. Wir brauchen hier Aktion, die Verankerung im Staatszielgebiet und eine Harmonisierung zwischen Bund und Ländern. Das ist letztlich erreicht.
In diesem Sinne stimmen wir dem natürlich voll zu und werden gemeinsam weiter-kämpfen. Auch der EU-Ausschuss wird hier weiter seine Zähne zeigen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
18.29
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mag. Schreyer. – Bitte.
18.29
Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir das Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz heute in dieser Form im Bundesrat beschließen. Wir sind damit das erste EU-Mitgliedsland, das vom Selbstbestimmungsrecht, das ja Österreich erkämpft hat, Gebrauch macht. Wir sichern so die Gen-technikfreiheit auch gegen die Gefahren von TTIP rechtzeitig ab. Ich muss hier nochmals sagen, dass das ein großer grüner Erfolg ist, dass es eine nationale gemeinsame Strategie geben wird.
In Österreich gibt es ja eine Kompetenzzersplitterung. Zulassung, Anerkennung und Inverkehrbringen von Saatgut ist Bundeskompetenz, und was danach kommt, also der Anbau, ist Landeskompetenz. Dafür, dass es durch dieses Rahmengesetz auf nationaler Ebene keine Einschnitte in die Autonomie der Länder gibt, ist auch Sorge getragen worden, wie meine Vorredner schon erwähnt haben, und zwar durch den Gentechnik-Vorsorge-Beirat. In diesem Beirat werden neben den neun Ländern und zwei Ministerien auch die Landwirtschaftskammer und die Arbeiterkammer vertreten sein. Die Bundesländer sind dabei voll mit in der Verantwortung, sie arbeiten vollinhaltlich an der Erarbeitung der konkreten Empfehlungen und bei der Auswahl der Maßnahmen mit.
Nicht stimmberechtigt, aber mit beratender Stimme werden im Beirat auch NGOs vertreten sein, ebenso wie VertreterInnen des ÖKOBÜROs, der ARGE-Gentechnik-frei und des Umweltdachverbandes.
Die Aufgabe des Gentechnik-Vorsorge-Beirats wird die Erarbeitung einer nationalen Strategie sein, und diese Strategie wird die Grundlage zur weiteren Sicherstellung der Gentechnikfreiheit im Anbau sein – unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Selbstbestimmung, die wir haben.
Wenn also Gründe für ein Verbot von GVO-Pflanzen gefunden werden können, die für das gesamte Bundesgebiet zutreffen, dann führt dies, natürlich erst nach Zustimmung des Beirats, zwingend zu nationalen Gentechnikanbauverboten.
Für einen weiteren sehr wichtigen Punkt halte ich es auch, dass es nun möglich ist, ganze Gruppen von GVOs zu verbieten. Es kann also ein umfassendes Verbot geben, zum Beispiel aller zugelassenen Gentech-Maissorten oder aller Pflanzen, die eine bestimmte GVO-Eigenschaft enthalten.
Herr Minister, KollegInnen aus den Ländern, ich freue mich, dass es eine Hand-in-Hand-Lösung des Bundes und der Länder gibt. Mir ist Gentechnikfreiheit ein großes Anliegen. Es geht um die Zukunft des ländlichen Raumes, es geht um den Schutz der Landschaft und der Landwirtschaft und natürlich um die Biodiversität, um die Vielfalt.
Wir werden den Antrag von ÖVP und SPÖ zum Einstimmigkeitsprinzip innerhalb der Länder nicht unterstützen. Die Länder sind im Gentechnik-Vorsorge-Beirat mit 9 von
13 Stimmen vertreten. Wir sehen im Stimmverhältnis 9 zu 4 sehr, sehr viel Einflussmöglichkeiten der Länder, und ich habe keine Sorge, dass der Föderalismus da zu kurz kommen könnte. Sorge habe ich allerdings, dass es bei einem Einstimmigkeitsprinzip innerhalb der Länder zum Querlegen und Blockieren seitens einzelner Länder kommt, und daher werden wir dem Entschließungsantrag von ÖVP und SPÖ nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)
18.33
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Rupprechter. – Bitte.
18.33
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist fürwahr und tatsächlich ein guter Tag für Österreichs Landwirtschaft, es ist ein guter Tag für Österreich, für dieses lebenswerte Land, weil wir als erstes Mitgliedsland der Europäischen Union von dem Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten Gebrauch machen. Wir haben dieses Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten in dieser wichtigen Grundsatzfrage letztes Jahr erfolgreich erkämpft – auf Brüsseler Ebene, im Rat der Mitgliedstaaten und auf Ebene des Europäischen Parlaments. Es war eine gute Entscheidung, und ich bin stolz darauf, dass wir als erstes Mitgliedsland dieses Anbauverbot tatsächlich verfassungsrechtlich verankern.
In Kombination mit dem Gentechnikgesetz, das ja das Opt-out-Verfahren regelt, sozusagen die Phase 1, schaffen wir mit diesem Bundesrahmengesetz eine sehr dichte Anbauverbotsregelung mit verfassungsrechtlicher Verankerung.
Folgendes möchte ich auch betonen: Es war mir sehr wichtig, nicht zu weit in die Rechte und Zuständigkeiten der Bundesländer einzugreifen. Ich möchte das hier ausdrücklich betonen: Ich finde es sehr gut und beachtenswert, dass die Länderkammer da eine sehr starke Verhandlungsposition eingenommen hat, und ich bedanke mich auch bei Präsident Kneifel, der da federführend tätig geworden ist. Denn so ist es möglich geworden, dass wir an einem sehr frühen Punkt in der parlamentarischen Behandlung im Nationalrat auf diese Bedenken eingegangen sind und eine entsprechende Abänderung zur ursprünglichen Regierungsvorlage beschlossen haben, mit der auch den Bedenken der Länderkammer bereits im Vorhinein Rechnung getragen wurde.
Die Verhandlungen, die zu der vorliegenden Beschlussfassung geführt haben – vor allem auch mit dem Entschließungsantrag, dem ich gerne Folge leisten werde –, haben wir, so denke ich, wirklich erfolgreich geführt, und ich gratuliere der Länderkammer zu dieser starken Verhandlungsposition, die sie eingenommen hat, und dazu, dass sie die Rechte der Bundesländer sehr konsequent vertreten hat.
Das sage ich auch deswegen, weil ich mich der Subsidiarität engstens verbunden fühle. Sie wissen selbst – ich habe das schon wiederholt betont –, dass ich mich als designierter Generalsekretär des Ausschusses der Regionen dieser Kammer im besonderen Maße verbunden fühle.
Insgesamt zum Gentechnik-Anbauverbot: Es besteht in diesem Bereich, wie in der Debatte schon betont wurde, breiter Konsens, und ich bedanke mich bei allen Fraktionen, auch bei der Oppositionsfraktion, die bei diesem Antrag mitstimmt.
Ich kann jetzt nur noch einen letzten Versuch unternehmen. Leider haben die Freiheitlichen auch im Nationalrat schon beschlossen, sich auf die falsche Seite zu stellen. Sie haben sich auf die Seite der Gentechnik-Konzerne gestellt. (Bundesrätin Kurz:
Buh! Pfui!) Sie schwächen damit die heimische Landwirtschaft. Sie stehen, und das betone ich noch einmal, wirklich auf der falschen Seite, auf der Seite der Finsternis, wie ich das noch einmal wiederholen möchte! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Damit haben Sie jegliche Zuständigkeit und jegliche Verantwortung für die österreichische Landwirtschaft verloren. Das möchte ich hier betonen, und ich kann abschließend nur an Sie appellieren: Überdenken Sie diese Position noch einmal, und kommen Sie auf die Seite Österreichs! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
18.37
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Preineder. – Bitte.
18.37
Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Kollegen im Bundesrat! Wir befinden uns am Ende eines langen Weges und sind dabei, als Bundesrat die Ziellinie zu überschreiten, nämlich beim Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz. Es war ein sehr langer Kampf innerhalb Europas um diese Selbstbestimmung, weil die Weichen ursprünglich anders gestellt waren. Es gab den Zwischenschritt, die Problematik mit Anbauregelungen und Haftungsfragen etwas zu entschärfen, aber grundsätzlich wollte die Europäische Union die Länder verpflichten, gentechnisch veränderte Produkte anzubauen oder anbauen zu lassen.
Wir haben uns entsprechend gewehrt, und mein Dank gilt all jenen, die innerhalb der Europäischen Union dafür eingetreten sind. Es war dies unsere Elisabeth Köstinger, es war dies dein Vorgänger Niki Berlakovich, und ein Dankeschön dir, lieber Minister Rupprechter, der du dieses Thema auch entsprechend finalisiert hast.
Es besteht – und das haben wir heute schon öfter gehört – ein sehr breiter Konsens darüber, dass wir keine gentechnisch veränderten Organismen, kein gentechnisch verändertes Saatgut auf unseren Feldern in Österreich anbauen wollen, und diesen breiten Konsens sollten wir auch beibehalten. Dieser breite Konsens sollte sich auch in der heutigen Abstimmung widerspiegeln, weil das auch nach außen ein sehr starkes und klares Signal ist.
Bei diesem Gesetz ist eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen den Ministerien, dem Bund und den Ländern gewählt worden, und zwar nicht über eine Artikel-15a-Vereinbarung, sondern über einen Beirat. Ich glaube, wir sollten auch manchmal Mut zu neuen Formen haben, vor allem, wenn darin – und das ist unsere Aufgabe als Bundesrat – die Mitsprache der Länder entsprechend geregelt ist.
Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, es bringt nichts, wenn man sich aus populistischen Gründen zum Schutzherrn der Länder erklärt. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, du hast darum gebeten, dass man das Gesetz etwas langsamer behandelt, aber ich denke, es hat in diesem Gesetzwerdungsprozess einige Schritte gegeben, die dir offenbar verborgen geblieben sind, nämlich dass eine Initiative in Form eines Briefes seitens unseres Präsidenten Kneifel gesetzt wurde, dass ein Dialog stattgefunden hat, dass es im Nationalrat auch einen entsprechenden Abänderungsantrag gegeben hat und dass bei diesem Beirat auch Einstimmigkeit herrschen muss. (Bundesrätin Mühlwerth: Wie ihr wollt!) Daran sieht man, dass der Bundesrat auch Gesetze verändern kann, obwohl das grundsätzlich nicht so vorgesehen ist.
Darum lade ich Sie alle ein, die Kollegen von der freiheitlichen Fraktion, hier diesem Gesetz zuzustimmen, weil es der Wille der Menschen in Österreich ist und man sich diesem Willen nicht entgegenstellen soll; denn es geht um das Was und nicht um das Wie.
Ich lade auch die Kollegen von den Grünen ein, dem Entschließungsantrag ihre Zustimmung zu geben, um ein breites Signal für die Gentechnikfreiheit Österreichs und für die Stärke der Länder in unserem Bundesgebiet zu setzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
18.41
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.
18.41
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Herr Bundesminister! Gospod minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Meine Vorrednerin, ich meine Nicole Schreyer, und meine Vorredner haben ausführlich den Inhalt dieses Gesetzes ausgeführt. Es ist so, dass ich versuchen werde, das in aller Kürze zusammenzufassen.
Ich habe es ganz gerne oder ich stehe darauf, dass auf meinem Teller Produkte sind, die gentechnikfrei sind. Diese Gentechnikfreiheit ist praktisch die Basis dieses Gesetzes, und deswegen ist mir dieses Gesetz ganz, ganz wichtig.
Ein klares Nein zu gentechnisch veränderten Produkten und Lebensmitteln und noch einmal ein klares Ja zu gentechnikfreien Produkten und Lebensmitteln. Ich glaube, die Konsumenten und Konsumentinnen – nicht nur ich, sondern alle Konsumenten und Konsumentinnen – wünschen sich das. Und ich glaube, das ist für alle sehr wichtig, deswegen verstehe ich auch die FPÖ nicht, warum sie dem leider nicht zustimmen kann. Und ein klares Bekenntnis zur akkordierten Bundeslösung, aber bitte unter Berücksichtigung der Bundesländer, denn als Vertreterin des Bundeslandes Kärnten ist es mir sehr wichtig, dass mein Bundesland in der Strategiefindung und in der Entscheidungsfindung mitarbeiten und mitgestalten kann.
Noch einmal danke für dieses Gesetz.
(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – Danke. Hvala. (Beifall bei der SPÖ.)
18.43
Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Kollegin Mühlwerth.
18.43
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Kollege Preineder, Herr Minister, Sie beide sollten vielleicht einmal einen Kurs machen, wie man jemanden motiviert, seine Meinung zu ändern oder zu etwas zuzustimmen, bei dem vorher nicht die Bereitschaft dafür da war. Ihre Redebeiträge haben wirklich nicht dazu gedient, uns umzustimmen. (Oh-Rufe bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.) Sollte es Ihnen wirklich ein ernstes Anliegen sein, die Leute zu motivieren, deren Meinung zu ändern, muss man das anders machen.
Ich kann Ihnen aber wärmstens Ihren Parteikollegen, Edgar Mayer, ans Herz legen – wobei ich vorausschicke, das war nicht so, weil wir grundsätzlich dagegen waren, nur in der Tagesordnung der letzten Bundesratssitzung war das so dermaßen missverständlich formuliert, dass wir von völlig anderen Voraussetzungen ausgegangen sind –, der uns das nach einem Gespräch auch vom Rednerpult aus gesagt hat, und dann haben wir gesagt: Okay, da hat er recht, stimmt, da werden wir jetzt zustimmen.
Vielleicht, Herr Minister, gelingt es Ihnen beim nächsten Mal, das ein wenig motivierender zu formulieren und uns nicht in das „Reich der Finsternis“ zu stellen. Was soll denn das sein? – Das ist eine nette Formulierung. Ich habe ja Verständnis dafür, dass man pointiert formuliert, ich mache das auch ganz gerne, aber nicht in dem Moment, in dem ich will, dass der andere etwas tut. Oder ich will es nicht und will ihn einfach nur in die Ecke stellen. Das kann natürlich auch der Grund sein. Und da könnte ich jetzt hergehen und sagen: Na gut, okay, wenn ich eh schon im Reich der Finsternis stehe, dann behaltet euch doch euren Entschließungsantrag, interessiert mich doch eigentlich überhaupt nicht!
Der ÖVP sage ich schon auch: Uns einen Antrag, von dem ihr wollt, dass wir dem zustimmen, so spät zu geben, dass wir überhaupt keine Zeit haben, uns schlauzumachen und nachzuschauen: Was ist denn das überhaupt für ein Paragraph? – Ich bin nicht der Landwirtschafts- und Umweltsprecher der Partei. Der Kollege Harald Jannach wüsste sicher sofort, um was es dabei geht. – Ich weiß es nicht. Also musste ich mich erst schlaumachen. (Bundesrat Köck: Der weiß es ja auch nicht!) Das ist halt schon eine demokratische Gepflogenheit, demjenigen, dessen Zustimmung man haben will, auch genügend Zeit zu geben, sich mit dem Antrag vertraut machen zu können. (Bundesrat Schreuder: Sie haben ja auch Anträge schon 2 Sekunden vorher hergegeben!)
Wir bemühen uns aber wirklich, das vorher schon herzugeben. Ich sage es auch immer: Teilen wir das gleich in der Früh aus, an jede Fraktion ein Exemplar, damit ihr wisst, worum es geht! Und, Kollege Schreuder, Sie wissen ja auch, wie oft wir im EU-Ausschuss, fünf Minuten bevor der EU-Ausschuss begonnen hat, Vorlagen einer Mitteilung bekommen haben.
Also das ist leider schon eine negative Gepflogenheit, von der ich aber hoffe, dass Sie sich das zu Herzen nehmen und Besserung geloben, das dann auch in die Tat umsetzen und uns beim nächsten Mal so einen Antrag bitte früher geben, damit wir uns mit dem auch vertraut machen können. (Beifall bei der FPÖ.)
18.46
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Preineder. – Bitte.
18.46
Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, ich würde gerne mit dir reden, wenn du zuhörst. Ich lade dich auch gerne ein. Wenn meine zuvor gewählte Form etwas zu schroff war, dann entschuldige ich mich auch dafür. Ich glaube aber, dass es einfach ein Aufriss dessen war, wie das Gesetz zustande gekommen ist. Aber ich lade dich und deine Fraktion ein, dieser Vorlage zuzustimmen, weil es uns wirklich wichtig ist, hier einen breiten Konsens zu erzielen.
Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn wir diese Möglichkeit zuzustimmen, auf das nächste Mal vertagen, sondern es wäre gut, wenn wir das heute durchführen.
Damit ist meine Einladung offen, und ich bitte euch, hier zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)
18.47
Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht trotzdem noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Dieser Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zuerst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungs-mäßige Zustimmung zu erteilen.
Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.
Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.
Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“, das bedeutet Zustimmung, oder „Nein“, das bedeutet keine Zustimmung. – Ich bitte um eine deutliche Äußerung.
Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.
*****
(Über Namensaufruf durch Schriftführer Lindinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)
*****
Präsident Gottfried Kneifel: Die Stimmabgabe ist damit beendet.
Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.
Die Sitzung ist unterbrochen.
*****
(Die Stimmenzählung wird vorgenommen. – Die Sitzung wird um 18.52 Uhr unterbrochen und um 18.54 wieder aufgenommen.)
*****
Präsident Gottfried Kneifel: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.
Demnach entfallen auf den Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, bei 56 abgegebenen Stimmen 46 „Ja“-Stimmen und 10 „Nein“-Stimmen.
Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
Mit „Ja“ stimmten die Bundesräte:
Beer, Blatnik, Bock, Brunner;
Dönmez;
Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;
Fetik, Forstner, Fürlinger;
Gödl, Grimling, Gruber-Pruner;
Hackl, Hammerl, Heger, Himmer;
Jachs;
Kneifel, Köck, Köll, Koller, Kurz;
Lindinger, Lindner;
Mayer;
Novak;
Oberlehner;
Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;
Reich;
Saller, Schennach, Schödinger, Schreuder, Schreyer, Stadler, Stöckl;
Tiefnig, Todt;
Weber, Winkler;
Zwazl.
Mit „Nein“ stimmten die Bundesräte:
Brückl;
Dörfler;
Herbert Werner;
Krusche;
Längle;
Meißl, Mühlwerth;
Pisec;
Samt;
Zelina.
*****
Präsident Gottfried Kneifel: Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend GVO-Freiheit in Österreich und der Europäischen Union vor.
Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.
Es liegt ein weiterer Antrag der Bundesräte Kneifel, Posch-Gruska, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend die Sicherstellung der Länderkompetenz bei der Vollziehung des Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetzes vor.
Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. (Bundesrat Brückl: War das nicht einstimmig?) – Nein, einer war dagegen. Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Liste Stronach dagegen gestimmt hat? (Bundesrat Zelina nickt zustimmend.) – Okay, dann ist das mehrheitlich angenommen. (E 245-BR/2015.)
Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007 geändert wird (680 d.B. und 765 d.B. sowie 9408/BR d.B. und 9437/BR d.B.)
Präsident Gottfried Kneifel: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Tiefnig. Ich bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatter Ferdinand Tiefnig: Herr Präsident! Herr Minister! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli 2015 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Gottfried Kneifel: Ich danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Samt. – Bitte.
18.58
Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Geschätztes Präsidium! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle des
Marktordnungsgesetzes 2007 ist nach näherer Betrachtung unserer Auffassung nach keine positive Veränderung, sondern eine Verschlechterung. Wie Sie alle wissen, gibt es derzeit 6 000 anhängige Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht bezüglich der Almflächenfeststellung durch die AMA. Wenn man den Informationen trauen kann, herrschen offensichtlich Missstände bei der AMA bezüglich der Vermessungstechnik, der Gerätschaften oder in der Verwaltung. Jedenfalls gibt es, wie erwähnt, eine Unzahl von gerichtsanhängigen Verfahren.
Jetzt kommt diese Novelle, und im ersten Anlauf wurde die Agrarmarkt Austria bereits namentlich erwähnt, wenn auch mittlerweile dieser Gesetzestext – die AMA oder die vom Gericht zu bestimmenden sachlich in Betracht kommenden Behörden durch Wegfall der AMA – retuschiert wurde. Aber trotzdem weiß jeder, meine Damen und Herren, um wen oder um was es hier geht. Welche Behörde wird das wohl sein, die hier beauftragt werden wird? – Natürlich wird das die AMA sein, auch wenn sie jetzt nicht mehr direkt im Gesetz erwähnt wird.
Geschätzte Damen und Herren, wir lehnen das natürlich deswegen entschieden ab, weil es nicht sein kann, dass eine Behörde, die dafür verantwortlich ist, dass die Almflächenfeststellung derartig unprofessionell und mangelhaft durchgeführt wurde, jetzt per Gesetz zum Gutachter bestellt wird. Von der schiefen Optik über das Dreiecksverhältnis zwischen der AMA, dem Bundesministerium und der Landwirtschaftskammer will ich erst gar nicht sprechen, das würde den Rahmen sprengen.
Wie Sie ja wissen, hat auch der Rechnungshof da einige Interessenskollisionen festgestellt, aber das ist, wie gesagt, eine andere Geschichte. Außerdem ist für uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennbar, ob und welche Kosten auf den Beschwerdeführer zukommen. Anscheinend kann es auch durchaus sein, dass Landwirte ihre Beschwerde selbst zahlen müssen, aber vielleicht kann uns da der Herr Minister Gegenteiliges berichten.
Verwunderlich ist auch, dass erst im Jahr 2014 eine AMA-Marktordnungsgesetz-Novelle gemacht wurde, mit der dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Kompetenzen als Beschwerdestelle weggenommen und auf den Bundesverwaltungsgerichtshof übertragen wurden. Jetzt, im nächsten Schritt, soll der Bundesverwaltungsgerichtshof diese Fälle mit einer möglichst unabhängigen Stelle bearbeiten.
Unserer Überzeugung nach bedeutet das aber: Die einzig sinnvolle, dafür in Frage kommende Behörde wäre die Agrarbezirksbehörde. Dafür würden wir plädieren. Da das nicht in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthalten ist, werden wir dieser Gesetzesnovelle auch nicht zustimmen, auch wenn wir zur „dunklen Seite“ gehören, Herr Minister. Ich habe immer geglaubt, die Schwarzen sitzen da drüben, aber man kriegt das ja mit der Zeit mit. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
19.01
Präsident Gottfried Kneifel: Herr Bundesrat Ing. Pum gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.
19.01
Bundesrat Ing. Andreas Pum (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Das Marktordnungsgesetz ist eine Materie, wo viel Emotion – vor allem im Detail – vorhanden ist, eine Tatsache, die sich in der Praxis widerspiegelt. Wir haben es gerade gehört: Über 6 000 landwirtschaftliche Betriebe waren und sind davon betroffen. Und damit gibt es eine Ausgangssituation, die daher rührt, dass Flächenkontrollen im Almbereich zu diesen Beanstandungen geführt haben und nun seitens des Bundesverwaltungsgerichtshofes aufzuarbeiten sind.
Ich spreche hier auch als Praktiker dieser Materie, ich war ja selbst 13 Jahre lang in der Agrarmarkt Austria beschäftigt und habe viele Almen besichtigt und flächenmäßig ermittelt. Dabei habe ich auch gesehen, dass eine absolute Flächenermittlung bei Almen sicherlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, da es einen gewissen Spielraum gibt und die Flächenerhebung natürlich oftmals eine subjektive Erfassung darstellt.
Daher ist es auch notwendig, klare Spielregeln zu haben und vor allem auch zu schauen, dass diese anhängigen Verfahren rasch abgewickelt werden. Eine rasche Erledigung ist notwendig, da es gerade für die landwirtschaftlichen Betriebe, nicht zuletzt für die Almbewirtschafter, um eine beträchtliche Summe an Ausgleichszah-lungen, an Umweltgeldern geht und diese Umweltgelder letztlich auch einen großen Einkommensfaktor für diese Betriebe darstellen. Wir wissen heute, dass diese Zahlungen bis zu einem Drittel des Einkommens ausmachen, und daher ist es umso notwendiger, zu raschen Lösungen zu kommen. Dass gerade die Bewirtschaftung der Almen in Österreich eine große Notwendigkeit darstellt, erleben wir im Sommertourismus, aber nicht zuletzt auch in den Wintersaisonen, wo wir erkennen, wie wichtig diese Leistung, der Almbewirtschaftung für unser Land ist.
Für die Abwicklung dieser fast aussichtslosen Situation darf ich dir, Minister Rupprechter, besonderen Dank aussprechen, denn es war eine, man kann sagen, fast unlösbare Aufgabe, der du dich angenommen hast und die du heute mit einer großen Sicherheit zu einer Lösung umgesetzt hast, da letztlich damit die Betriebe Sicherheit in der zukünftigen Entwicklung erhalten.
Die Betriebe werden es dir danken, aber vor allem auch die kleinstrukturierte Landwirtschaft wird es dir danken, denn wir wissen, dass diese Strukturen nur mit diesen Geldern auch zukünftig aufrecht erhalten werden können. Es sind letztlich Gelder für Umweltleistungen und für Leistungen, die in keinem Produktpreis abgebildet sind.
In diesem Sinn ist es notwendig, dieser Marktordnungsgesetzesvorlage zuzustimmen. Ich darf das auch von dieser Stelle klar befürworten und danke nochmals für diese wirklich tolle Umsetzung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
19.05
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Mag. Schreyer zu Wort. – Bitte.
19.05
Bundesrätin Mag. Nicole Schreyer (Grüne, Tirol): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Als Tirolerin stehe ich der AMA und der Kompetenz der AMA bei der Ermittlung von Flächen generell sehr skeptisch gegenüber.
Aber da geht es nicht um das fachliche Können, sondern um inhaltliche Verknüpfungen und Unabhängigkeiten. Dass die Bundesverwaltungsgerichte, wie es im Ausschuss auch schon ganz drastisch dargestellt worden ist, nicht selbst ins Auto steigen und Vor-Ort-Erhebungen machen, ist schon klar, und dass dazu Gutachten gebraucht werden, ist auch klar. Aber das sollte eine unabhängige Stelle machen, nicht die AMA!
Die AMA ist keine unabhängige Stelle, sie ist vor allem auch Geldgeberin in der Abwicklung von Förderungen, von Ausgleichszahlungen und von Prämien, und der Zusammenhang zwischen Landwirtschaftskammer, Agrarmarkt Austria und Landwirtschaftsministerium führt – das hat der Vorredner schon erwähnt – immer wieder zu Interessenskollisionen. Es braucht dafür eine unabhängige Stelle. Als Möglichkeit ist zum Beispiel schon die Agrarbezirksbehörde gefallen, aber da legen wir uns jetzt nicht darauf fest, es muss nicht dort sein, es muss auf alle Fälle eine unabhängige Stelle sein. – Und wir müssen leider gegen die Gesetzesvorlage stimmen.
Für Beschwerden gegen die AMA ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Die Rechtsmeinung trifft dazu natürlich auch das B-VG, aber die Beklagte würde so zur Sachverständigen, und das kann es leider nicht sein. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig. – Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.)
19.06
Präsident Gottfried Kneifel: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte.
19.07
Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Auch bei uns in Niederösterreich gibt es 382 Almen, sie sind auch betroffen von dieser Novellierung, wo es wahrscheinlich bei der Feststellung der Flächen Erleichterungen geben wird.
Im vorigen Jahr hat es einen großen Aufschrei gegeben, als die Flächenerhebungen durchgeführt wurden und in diesem Bereich Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Daher hat auch die EU-Kommission Kontrollen angeordnet. Es sind natürlich doch massive Lücken festgestellt worden, und daher sind diesbezüglich Neuaufnahmen in Auftrag gegeben worden oder werden noch in Auftrag gegeben. Wie gesagt, hat sich die AMA dafür eingesetzt, dass die Flächen neu erhoben werden, da sie eben nicht stimmen.
Die betroffenen Landwirte wurden aufgefordert, die Fördergelder für die vorhandenen Grundflächen, die nicht vorhanden sind, aber dazumal festgestellt wurden, zurückzubezahlen. Wir haben schon gehört: Es sind zirka 6 000 Almbauern davon betroffen. Die betroffenen Bauern haben diese Rückforderungsmeldungen nicht zur Kenntnis genommen und haben sich an das Gericht, und zwar an das Bundesverwaltungsgericht gewandt, das hier zuständig ist und auch noch die einzelnen Beweismittel einholen wird. Wir haben schon gehört, dass die AMA auch eine Stelle sein sollte, die wiederum Kontrollen macht. Wie das dann abgewickelt wird, welche Stelle das Bundesverwaltungsgericht da einsetzen wird, um dementsprechende Sachverhaltserhebungen und Ergänzungen festzustellen, denke ich, wird es selbst entscheiden.
Auf alle Fälle sollen diese Erhebungsunterlagen auch dazu dienen, dass das Verfahren schneller, korrekter und effizienter aufgearbeitet werden kann. Die Beiziehung dieser Sachverständigen stellt aber keine Auslagerung des Verfahrens vom Bundesgerichtshof dar, und die Beweiswürdigung bleibt letztendlich auch bei dieser Gerichtsbarkeit. Den Beschwerdeführern ist es selbstverständlich auch jederzeit möglich, im Rahmen dieser ergänzenden Sachverhaltserhebungen selbst Gutachten einzubringen, welche dann beim Gericht auch Berücksichtigung finden werden.
Ich denke, dass diese Änderung des Marktordnungsgesetzes eine praktikable Vorgangsweise vorsieht und den betroffenen Bauern auch eine faire Abwicklung ihrer Beschwerden garantiert. Fairness und Transparenz sind auch da gefragt. – Unsere Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
19.09
Präsident Gottfried Kneifel: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter. – Bitte.
19.10
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze zu dieser Vorlage ein paar Worte. Es wurde von den Sprechern der Regierungsfraktionen ja bereits einheitlich dargestellt: Es geht im Wesentlichen darum, eine Beschleunigung
der Verfahren, die bei der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit anhängig sind, zu erreichen. Das ist ja sicherlich im Sinne der Beschwerdeführer.
Und um diese Beschleunigung zu erreichen, wird eben diese ergänzende Sachverhaltsfeststellung ermöglicht. Die Entscheidung bleibt selbstverständlich bei der unabhängigen Gerichtsbarkeit, da wird selbstverständlich nicht eingegriffen. Es obliegt dem Verwaltungsgericht, letztlich zu entscheiden, welcher sachlich infrage kommenden Behörde der Auftrag für diese ergänzende Sachverhaltsdarstellung erteilt wird. Und selbstverständlich sind auch die Rechte des Beschwerdeführers entsprechend berücksichtigt, der auch die Möglichkeit hat, zu dieser ergänzenden Sachverhaltsdarstellung Stellung zu beziehen und ein weiterführendes Gutachten einzubringen.
So gesehen, stärken wir die Rechte der Beschwerdeführer. Wir stärken sie auch in dem Sinne, dass die Verfahren beschleunigt werden. Daher ist diese Novellierung sicherlich im Sinne der betroffenen Bäuerinnen und Bauern. Ich darf sie ersuchen, dieser Vorlage Ihre Zustimmung zu geben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
19.11
Präsident Gottfried Kneifel: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.