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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

195. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 31. Jänner 2023

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Nationalratssaal


Stenographisches Protokoll

195. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                         Dienstag, 31. Jänner 2023

Dauer der Sitzung

Dienstag, 31. Jänner 2023: 9.06 – 20.25 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 3085/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekosten­zuschussgesetz – UEZG) geändert werden

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen For­schungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (Forschungs­förderungsgesellschaftsgesetz – FFGG) geändert wird

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird


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4. Punkt: Bericht über den Antrag 3086/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 3078/A der Abgeordneten Gabriel Ober­nosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkostenzuschüsse (Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz) erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohn­kosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 3076/A der Abgeordneten Gabriel Ober­nosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsge­setz geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2723/A(E) der Abgeordneten Dipl.­Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines nationalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2724/A(E) der Abgeordneten Dipl.­Ing. Nikolaus Berlakovich, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Sprachkompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 3002/A der Abgeordneten Mag. Wolf­gang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahl­ordnung 1992, die Europawahlordnung, das Bundespräsidentenwahlge-


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setz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbe­fragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 2018, das Wählerevidenz­gesetz 2018 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2023)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2968/A der Abgeordneten Dr. Chris­tian Stocker, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nach­richtendienst-Gesetz geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 3070/A der Abgeordneten Mag. Dr. Mar­tin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 3056/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Mar­tin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem Gender­zwang an den Universitäten

13. Punkt: Bericht über den Antrag 3064/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend FH-Ent­wicklungs- und Finanzierungsplan

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     40

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Bauten und Wohnen zur Berichterstattung über


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den Antrag 3090/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflations­linderungsgesetz)“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. März 2023 zu setzen .......................................................................................................................  127

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................  127

Redner:innen:

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  318

Johann Singer ...........................................................................................................  321

Maximilian Lercher ..................................................................................................  323

Mag. Philipp Schrangl ..............................................................................................  325

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  328

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  331

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .................................................................  333

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................  127

Unterbrechung der Sitzung ....................................................................................  195

Antrag der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3086/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird“ (1919 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 GOG an den Budgetausschuss rück­zuverweisen – Annahme ......................................................................  245, 245


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Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried im Zusammenhang mit der Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ...................................................................................  283

Aktuelle Stunde (41.)

Thema: „Kein Kind darf Opfer werden – Justiz-Maßnahmen zum Kinder­schutz“ .....................................................................................................................     41

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................     41

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................     45

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................     50

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................     53

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................     55

Barbara Neßler ........................................................................................................     58

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................     60

Norbert Sieber ..........................................................................................................     63

Christian Oxonitsch .................................................................................................     65

Mag. Harald Stefan .................................................................................................     68

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................     71

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................     74

Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (42.)

Thema: „Schluss mit der Spekulation. Wo bleibt Österreichs Einsatz für leistbare Energie in Europa?“ ...............................................................................     76

Redner:innen:

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................     77

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................     80

Tanja Graf ................................................................................................................     87

Julia Elisabeth Herr ..................................................................................................     89

Petra Steger .............................................................................................................     92


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Lukas Hammer .........................................................................................................     95

MEP Claudia Gamon, MSc (WU) .............................................................................     98

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................  101

MEP Hannes Heide ..................................................................................................  104

MEP Mag. Roman Haider ........................................................................................  106

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................  109

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  112

Alois Schroll ..............................................................................................................  115

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  117

Mag. Gerald Loacker ...............................................................................................  120

Ausschüsse

Zuweisungen ..........................................................................................  123, 245

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Verantwortung von ÖVP-Mann Steiner – und Finanzminister Brunner vertuscht!“ (13781/J) ...........................................  258

Begründung: Kai Jan Krainer .................................................................................  266

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................  271

Debatte:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  278

Andreas Ottenschläger ...........................................................................................  281

Erwin Angerer ..........................................................................................................  285

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  287

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  291

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  295

Mag. Andreas Hanger ..............................................................................................  297


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Peter Wurm ..............................................................................................................  300

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................  303

Julia Elisabeth Herr ..................................................................................................  305

Karlheinz Kopf .........................................................................................................  308

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  310

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  313

Maximilian Lercher ..................................................................................................  315

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3085/A der Ab­geordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird, und das Bundesgesetz über ei­nen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (1916 d.B.) ...............................................................................................................  128

2. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf ei­nes Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (Forschungsförderungsgesellschaftsgesetz – FFGG) geändert wird (1918 d.B.) ...............................................................................................................  128

3. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird (1917 d.B.)         128

4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3086/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen


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und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (1919 d.B.) ..............  128

Redner:innen:

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  129

Karlheinz Kopf .........................................................................................................  131

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  149

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................  155

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  158

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ...............................................................  166

Tanja Graf ................................................................................................................  169

Alois Schroll ..............................................................................................................  170

Ing. Martin Litschauer .............................................................................................  172

Erwin Angerer ..........................................................................................................  176

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  179

Gabriel Obernosterer .............................................................................  181, 191

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  184

Franz Hörl .................................................................................................................  187

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  189

Eva Maria Holzleitner, BSc..................................................................... 193, 196

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich Transparenz und Innovation bei Netzausbau, Anschlüssen und Entgelten!“ – Ablehnung ...........  161, 248

Rückverweisung des Berichtes des Budgetausschusses 1919 d.B. über den Antrag 3086/A an den Budgetausschusses ........................................................  245

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1916, 1918 und 1917 d.B. ..................  246

5. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3078/A der Ab­geordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun-


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desgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heiz­kostenzuschüsse (Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz) erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G geän­dert werden (1915 d.B.) .........................................................................................  197

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  197

Christoph Zarits .......................................................................................................  200

Christian Oxonitsch .................................................................................................  209

Erwin Angerer ..........................................................................................................  211

Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................  213

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................  215

Ing. Klaus Lindinger, BSc .........................................................................................  218

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  220

Angela Baumgartner ...............................................................................................  222

Annahme des Gesetzentwurfes in 1915 d.B. .....................................................  248

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3076/A der Ab­geordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (1914 d.B.) .......................  224

Redner:innen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  224

Mag. Andreas Hanger ..............................................................................................  227

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  229

Michel Reimon, MBA ...............................................................................................  230

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  232

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................  239

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  240


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Ukraine zum Jahrestag des russischen Angriffs“ – Ablehnung ..............................  236, 250

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Andreas Minnich, Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression“ – Annahme (298/E) .........................................................  242, 250

Annahme des Gesetzentwurfes in 1914 d.B. .....................................................  250

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2723/A(E) der Abgeordneten Dipl.­Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Nikolaus Berla­kovich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung eines nationalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“ (1912 d.B.) .......................  251

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2724/A(E) der Abgeordneten Dipl.­Ing. Nikolaus Berlakovich, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Sprachkom­petenz im Bereich der Volksgruppensprachen (1913 d.B.) ...............................  251

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ..............................................................................  251

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  254

Sabine Schatz ...........................................................................................................  256

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................  334

Michael Bernhard ....................................................................................................  336

Alexander Melchior .................................................................................................  338

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  340

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  341

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................  348


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 11

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Sabine Schatz, Mag. Eva Blimlinger, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Gedenktag zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“ – Annahme (300/E) ..............................................  345, 375

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1912 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Einführung eines nationalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“ (299/E) ..............................................................  374

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1913 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Stärkung der Sprachkompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen“ (301/E) ....................................................................  375

9. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3002/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Na­tionalrats-Wahlordnung 1992, die Europawahlordnung, das Bun­despräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 2018, das Wählerevidenzgesetz 2018 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2023) (1911 d.B.) ..................................  350

Redner:innen:

Mag. Harald Stefan .................................................................................................  350

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................  352

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  359

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  361

Dr. Nikolaus Scherak, MA .......................................................................................  362

Bundesminister Mag. Gerhard Karner ...................................................................  365

Mag. Friedrich Ofenauer .........................................................................................  368


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 12

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  370

Heike Grebien ..........................................................................................................  372

Annahme des Gesetzentwurfes in 1911 d.B. .....................................................  375

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2968/A der Abgeordneten Dr. Christian Stocker, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Ste­phanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz geändert wird (1909 d.B.) ......................................................................................................  376

Redner:innen:

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................  376, 384

Ing. Reinhold Einwallner ..........................................................................................  377

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................  379

Dr. Stephanie Krisper ..............................................................................................  380

Christian Ries ...........................................................................................................  383

Annahme des Gesetzentwurfes in 1909 d.B. .....................................................  386

11. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 3070/A der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Organisa­tion der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird (1906 d.B.) ......................................................................................  386

Redner:innen:

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................  387

Mag. Dr. Rudolf Taschner .......................................................................................  390

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................  392

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................  393

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................  394, 399


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 13

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  396

Dipl.-Ing. Andrea Holzner ........................................................................................  401

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1906 d.B. ..........................................  435

12. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den An­trag 3056/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem Genderzwang an den Universi­täten (1907 d.B.) .....................................................................................................  402

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................  403

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  405

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  408

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................  410

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  411

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1907 d.B. ..........................................  435

13. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den An­trag 3064/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend FH-Entwicklungs- und Finanzierungs­plan (1908 d.B.) .......................................................................................................  413

Redner:innen:

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................  414

Martina Kaufmann, MMSc BA ...............................................................................  416

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  417

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  420

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................  422

Mag. Maria Smodics-Neumann ..............................................................................  424

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  425

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ....................................................................  427


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 14

Philip Kucher ............................................................................................................  429

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  432

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1908 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 3064/A(E) .........................................................................................................  435

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1908 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan (FH-EF-Plan) für die Studienjahre 2023/24 fortfolgend“ (302/E) .....................................................................................................................  436

Eingebracht wurden

Petition ....................................................................................................................  124

Petition betreffend „Grenzüberschreitender Notarztdienst zwischen der Re­publik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland“ (Ordnungs­nummer 105) (überreicht von der Abgeordneten Dipl.-Ing. Andrea Holzner)

Berichte ...................................................................................................................  124

III-859: Wahrnehmungsbericht betreffend „Jugend in Haft“; Volksan­waltschaft

III-860: Bericht betreffend EU­Vorhaben – Jahresvorschau 2023; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

III-861: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Dezember 2022; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-862: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bun­desgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für Dezember 2022; BM f. Arbeit und Wirtschaft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 15

III-864: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Dezember 2022; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

III-865: Bericht betreffend Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2023 sowie dem Achtzehnmonats-Pro­gramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union; BM f. Inneres

III-866: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2023 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-InfoG; BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

III-867: Bericht betreffend Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-868: Bericht gemäß § 13 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Finan­zierung der Arbeitsmarktpolitik (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­gesetz – AMPFG) für Jänner 2020 bis Dezember 2022; BM f.  Arbeit und Wirtschaft

III-869: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2023 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-Info-G, auf der Grundlage des Arbeits­programms der Europäischen Kommission für 2023 und des Achtzehnmo­natsprogramms des Rates für 2022/2023; BM f. Frauen, Familie, Inte­gration und Medien

III-870: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Februar bis Dezember 2022; BM f. Inneres

III-871: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2023 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobili­tät, Innovation und Technologie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 16

Anträge der Abgeordneten

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (3107/A)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung der Verjährungsfrist bei Korruptionsdelikten für Politiker*innen“ (3108/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erneute Vergabe eines Käthe Leichter-Staatspreises (3109/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Altersteilzeit­modelle erhalten – Keine Experimente auf dem Rücken der Arbeitneh­mer und Arbeitgeber! (3110/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Pen­sionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick (3111/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wertsicherung der Pensionen in Österreich jetzt – Keine Enteignung und Wertverlust durch Inflation und Aliquotierung! (3112/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (3113/A)(E)

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundes­weiter Regelung für Wasserentnahme aus Bächen, Seen und Flüssen der Feuerwehren in Gemeinden zu Übungszwecken (3114/A)(E)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umweltschutz und Gemeinwohl als oberste Ziele der Bundesforste (3115/A)(E)

Dr. Christian Stocker, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über einen befristeten Kostenersatz des Bundes an die Länder für finanzielle Aufwendungen als Teuerungsausgleich im Rahmen der Grundversorgung (3116/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 17

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzlich verpflichtende Wirkungsfolgenabschätzung von Gesetzesvorhaben auf die von Österreich umzusetzenden nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (3117/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stufenplan für Rechtsanspruch und kleinere Gruppen in der Kinderbildung und -betreuung (3118/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Causa Luxuspensionen: Offenlegung aller Pensionkassenzusagen der Wirtschaftskammern (3119/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grundständiges Bachelorstudium Elementarpädagogik (3120/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spending Reviews im Bundhaushaltsgesetz verankern (3121/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhebung Gewaltschutzangebote (3122/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit den befristeten Kettenverträgen im ORF, die Mitarbeiter:innen in institutionalisierte Unsicherheit und Perspektivlosigkeit zwingen! (3123/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexipension mit Pensionsautomatik (3124/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend HHC – Suchtmittel ohne Suchtmittel-Klassifikation (3125/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der geblockten Altersteilzeit (3126/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz und Rechtssicherheit an E-Ladestationen (3127/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 18

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (3128/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (3129/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 204/2022, geändert wird (3130/A)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanktionen für Bun­desländer bei Nichteinhaltung der Grundversorgungsvereinbarung (3131/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulagen bei Entsendungen für Übungen und Ausbildung in Krisenregionen (3132/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spending Review Schulgesundheit (3133/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spending Review Schulgesundheit (3134/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Präventionsauftrag im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (3135/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Solidarität mit Est­land im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik (3136/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld für Krisenpflegeeltern (3137/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Karenzmodelle verein­fachen und Beratungsbedarf reduzieren (3138/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Europäische Ver­mittlermission im aserbaidschanisch-armenischen Konflikt (3139/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 19

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung Ersatz­beitrag bei Fahrgemeinschaften (3140/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausnahme von fachkundigen Laienrichterinnen und Laienrichtern von den Sicherheitskontrollen in Gerichtsgebäuden (3141/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des § 207a StGB (Pornographische Darstellungen Minderjähriger) (3142/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhalten an Bus­haltestellen (3143/A)(E)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahr­gesetz 1967 – KFG 1967) BGBl 267/1967 geändert wird (3144/A)

Anfragen der Abgeordneten

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Vergabe von Verkehrsdienstleistungen in OÖ nach Fahrplanwechsel 2023/2024 (13615/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend den aktuellen Stand des Umbaus des Hitler-Geburtshauses in Braunau (13616/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Schadenersatzansprüche in Folge von ÖVP-Korruption (13617/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend disziplinarrechtliche Konsequenzen aus ÖVP-Korruptionsfällen (13618/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 20

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Übernahme der Netzentgeltsteigerungen durch den Bund (13619/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend EPU: Mühsame Extraarbeit durch falsche Angaben auf dem Transparenzportal (13620/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie be­treffend Preisbildung am Strommarkt bei Großhandel und Endkunden (13621/J)

Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeilicher Schutzbereich für Rechtsextreme (13622/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zweifel an der Überparteilichkeit der Verfahrensanwältin des ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschusses (13623/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ausschreibung der Leitung der Ombudsstelle für Studierende (13624/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend Folgeanfrage: mehr Details zum Pro­jekt Ausweisplattform bitte! (13625/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsmaßnahmen nach dem SPG im Jahr 2022 (13626/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überwachungsmaßnahmen nach der StPO im Jahr 2022 (13627/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 21

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Wie sanktionskonform sind Networking Events in Russland? (13628/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Anzahl und Aufgaben bilateral akkreditierter Diplomat:innen in Wien und Moskau (13629/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Dreifacher Mordversuch: Amokläufer könnte bis zur Pension im Häfn sitzen (13630/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Familienbeihilfenverfahren FABIAN Daten 2022 (13631/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Suizide von Kindern, Jugend­lichen und jungen Erwachsenen im Jahr 2022 (13632/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Daten zum Kinderbetreuungs­geld 2022 (13633/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Familienbonus Plus Stand Anfang 2023 (13634/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Veröffentlichungen des BMKUEMIT in slowenischer Sprache (13635/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 22

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Veröffentlichungen des BMKUEMIT in slowenischer Sprache
(13636/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Veröffentlichungen des BMKUEMIT in sloweni­scher Sprache (13637/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bäder­hygiene in den öffentlichen und privaten Wiener Bädern (13638/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Inflationszahlen im Jahr 2022 in der Schweiz deutlich niedriger (13639/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Wirtschaftskammer wegen früherer Pen­sionskassenzahlungen angezeigt – Wo ist die Reaktion der Aufsichts­behörde BMAW bzw. BMDW? (13640/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Inflationszahlen im Jahr 2022 in der Schweiz deut­lich niedriger (13641/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Inflationszahlen im Jahr 2022 in der Schweiz deutlich niedriger (13642/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Urteil gegen SWISS – Rückerstattungsklauseln sind gesetzwidrig (13643/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend EU-Rechnungshof warnt: Berichtslücke von mehr als 50 % bei gefährlichen Abfällen (13644/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 23

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Datenschutz – OGH beurteilt Klauseln der Wiener Städtischen als gesetzwidrig (13645/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend ORF-Sendung Help: Kaum Zinsen, aber hohe Spesen: Was ein Bankkonto kostet (13646/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeieinsätze an Drogen- und Kriminalitätshotspots
in Wien-Margareten – Folgeanfrage zu AB 12691/AB zu 13047/J-13051/J (13647/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend An- und Abreise von und nach Bulgarien (13648/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung und AMS-Unterstützung von Afghanen – Folgeanfrage zu 12728/AB (13649/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Wann verzichtet das Arbeits- und Wirt­schaftsministerium auf einen Generalsekretär? – Folgeanfrage zu 12608/AB (13650/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kürzung der Mittel für den Insolvenzent­geltfonds in Krisenzeiten – Folgeanfrage zu 12665/AB (13651/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pflegegeldexport ins Ausland – Daten 2022 (13652/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Selbstversicherung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 24

und Weiterversicherung für pflegende Angehörige Daten 2021 und 2022 (13653/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pflegestufen Daten 2021 und 2022 (13654/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pflegegeld für Personen mit Asylstatus – Daten für 2022 (13655/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Anonymer Brief kritisiert mangelnde Ausstattung in Rettungsfahrzeugen (13656/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialver­sicherungsabgabenrückstände bei Scheinfirmen 2022 – Folgeanfrage zu 12587/AB (13657/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gewerberechtliche Konsequenzen für Scheinfirmen und ihre gewerberechtlichen Geschäftsführer 2022 – Folgeanfrage zu 12595/AB (13658/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sozialversicherungsabgabenrückstände bei Scheinfir­men 2022 – Folgeanfrage zu 12587/AB (13659/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Son­derpension für WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf (13660/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Abschiebungen im Jahr 2022 (13661/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 25

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Massenausschreitungen von Migranten in Vorarlberg (13662/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Folge­anfrage zu Sonderverträgen im BMKUEMIT (13663/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gleichzeitiger Bezug von Pflegegeld und erhöhter Familienbeihilfe für das Jahr 2022 (13664/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Gleichzeitiger Bezug von Pfle­gegeld und erhöhter Familienbeihilfe für das Jahr 2022 (13665/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Österreich im Jahr 2022 (13666/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Niederösterreich im Jahr 2022
(13667/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität im Burgenland im Jahr 2022 (13668/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Salzburg im Jahr 2022 (13669/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Wien im Jahr 2022 (13670/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Tirol im Jahr 2022 (13671/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 26

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Kärnten im Jahr 2022 (13672/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Oberösterreich im Jahr 2022
(13673/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in der Steiermark im Jahr 2022
(13674/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Vorarlberg im Jahr 2022 (13675/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13676/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Nutzung von
Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13677/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Nutzung von Job­sharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13678/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Nut­zung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13679/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13680/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unter­stützung von Teilzeitkräften (13681/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 27

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13682/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teil­zeitkräften (13683/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13684/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13685/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13686/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13687/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Nutzung von Jobsharing-Modellen zur Unterstützung von Teilzeitkräften (13688/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherung: Offenlegung der Gebarungsvorschaurechnungen (01/2023) (13689/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 28

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13690/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Entlohnung von Kabinettsmitar­beiterInnen (13691/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13692/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13693/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ent­lohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13694/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13695/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Entlohnung von Kabinetts­mitarbeiterInnen (13696/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Entlohnung von Kabinetts­mitarbeiterInnen (13697/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13698/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 29

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13699/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13700/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13701/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Entlohnung von KabinettsmitarbeiterInnen (13702/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Entlohnung von Kabinetts­mitarbeiterInnen (13703/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13704/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend vergabe­rechtliche Rahmenvereinbarungen (13705/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13706/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend vergaberecht­liche Rahmenvereinbarungen (13707/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13708/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 30

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13709/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13710/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13711/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend vergaberechtliche Rah­menvereinbarungen (13712/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13713/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend vergaberechtliche Rahmenverein­barungen (13714/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13715/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13716/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend vergaberechtliche Rahmenvereinbarungen (13717/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend An- und Abreise von und nach Bulgarien (13718/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 31

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Beweissicherung bei häuslicher Gewalt und Verabreichung von
K.O.-Tropfen (13719/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beweissicherung bei häuslicher Gewalt und Verabreichung von
K.O.-Tropfen (13720/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Beweissiche­rung bei häuslicher Gewalt und Verabreichung von K.O.-Tropfen (13721/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Subvention Jugend für das Leben (13722/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Subvention Jugend für das Leben (13723/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Subvention Jugend für das Leben (13724/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Subvention Ju­gend für das Leben (13725/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Subvention Jugend für das Leben (13726/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13727/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13728/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 32

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13729/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13730/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13731/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13732/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13733/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13734/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13735/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13736/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Maßnahmen gegen Chris­tenverfolgung (13737/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 33

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13738/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13739/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Maßnahmen gegen Christenverfolgung (13740/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Teilnahme von uniformierten Angehörigen des Bundesheeres beim Neujahrsempfang der ÖVP Langenlois (13741/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beimischung von Insekten-Pulver in Lebensmittel (13742/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Beimi­schung von Insekten-Pulver in Lebensmittel (13743/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie betreffend Rollende Landstraße (13744/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend Railjet-Haltestellen an der Weststrecke (13745/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betref­fend Neubau Bahnhof Fritzens-Wattens (13746/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Die Justiz-Ombudsstellen – ein zahnloser Papiertiger“? (13747/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 34

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Aktuelle Zahlen zur Auslastung der Bundestheater (13748/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kul­tur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Stand der Verhandlungen bezüglich eines Kollektivvertrages für Bundesmuseen und Nationalbibliothek (13749/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Aktuelle Besucherzahlen der Bundesmuseen (13750/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ärztekammer: Ausgelagerte Tochtergesellschaften werden überprüft (13751/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Flüchtlingsproblematik nimmt wieder zu (13752/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Afrikanische Szene in Innsbruck schlug wieder zu (13753/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Recht auf Reparaturen (13754/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Haushalte sparen im Alltag (13755/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Stornogebühren bei Ärzten (13756/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Zahlungen Österreichs an die Kriegspartei Ukraine im Jahr 2022 (13757/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 35

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Zahlungen Österreichs an die Kriegspartei Ukraine im Jahr 2022 (13758/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Grundversorgung zum Jahresende 2022 (13759/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Scheinfirmen und Beitragsrückstände zum Insolvenzentgeltfonds 2020 – 2023 (13760/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Rechnungs­hofes betreffend illegale Spende an Wolfgang Sobotka? (13761/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend 1-jähriges Jubiläum eines gebrochenen Reformversprechens: Wo bleibt das Gründerpaket? (13762/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gründungsschlusslicht Österreich: moderate Ambitionen und gebrochene Reformversprechen (13763/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beweissicherung bei häuslicher Gewalt und Ver­abreichung von K.O.-Tropfen (13764/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beweissicherung bei häuslicher Gewalt und Verabreichung von K.O.-Tropfen (13765/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Die Republik als Verlagshaus (Folgeanfrage 12971/J) (13766/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 36

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sterbe­verfügungen in Österreich (13767/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Statistische Auswertung der Unterhaltsvorschüsse (13768/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Statistische Auswertung der Unterhaltsvorschüsse (13769/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wissenschaftler fordert nach Studie Stopp der Corona-Impfungen (13770/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Positionierung hinsichtlich völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg der USA und missbräuchlichen Praktiken der USA gegenüber Gefangenen (13771/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Ernennung von Dr. Etienne Berchtold zum österreichischen Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten (13772/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Wo blei­ben echte Reformen nach dem U-Ausschuss zu Korruption? (13773/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wo bleiben echte Reformen nach dem U-Aus­schuss zu Korruption? (13774/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Wo bleiben echte Reformen nach dem U-Ausschuss zu Korruption? (13775/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 37

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Wo bleiben echte Reformen nach dem U-Ausschuss zu Korruption? (13776/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Wo bleiben echte Reformen nach dem
U-Ausschuss zu Korruption? (13777/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Wo bleiben echte Reformen nach dem U-Ausschuss zu Korruption? (13778/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie be­treffend Verabsäumung der Spannung eines Energieschutzschilds für die öster­reichischen Energieversorger im Frühjahr 2022 durch die Bundesregierung (13779/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verabsäumung der Spannung eines Energie­schutzschilds für die österreichischen Energieversorger im Frühjahr 2022 durch die Bundesregierung (13780/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Ver­antwortung von ÖVP-Mann Steiner – und Finanzminister Brunner vertuscht! (13781/J)

Anfragebeantwortungen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 38

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kollegin­nen und Kollegen (12798/AB zu 13237/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (12799/AB zu 13289/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (12800/AB zu 13207/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasser­wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (12801/AB zu 13154/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (12802/AB zu 13156/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen (12803/AB zu 13157/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (12804/AB zu 13155/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen (12805/AB zu 13169/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12806/AB zu 13160/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12807/AB zu 13158/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (12808/AB zu 13159/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 39

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (12809/AB zu 13164/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (12810/AB zu 13161/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (12811/AB zu 13163/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12812/AB zu 13165/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12813/AB zu 13166/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (12814/AB zu 13168/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12815/AB zu 13167/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12816/AB zu 13173/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12817/AB zu 13172/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12818/AB zu 13171/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (12819/AB zu 13170/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (12820/AB zu 13162/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 40

09.06.06Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.06.07*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf Sie recht herzlich zu unserer 195. Sitzung begrü­ßen. Die Sitzung ist damit eröffnet.

Mein Gruß gilt den Damen und Herren Journalisten auf der Galerie, unseren Besucherinnen und Besuchern und den Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen.

Die Amtlichen Protokolle der 193. und der 194. Sitzung vom 25. Jänner 2023 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind für heute die Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Karl Schmidhofer, Michael Seemayer, Herbert Kickl, Edith Mühlberghuber, Mag. Christian Ragger, Michael Schnedlitz, Mag. Meri Disoski, Sigrid Maurer, BA und Süleyman Zorba.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die im Herbst in der Hofburg gestartete Informationsreihe zu den SDGs der Vereinten Nationen, auch als Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekannt, wird auch in diesem Haus fortgesetzt.

Draußen im Couloir ist eine Ausstellung aufgebaut, die sich mit dem SDG 3, Gesundheit und Wohlergehen, auseinandersetzt. Ich darf Sie recht herz­lich bitten, sich zu informieren, von dem Angebot Gebrauch zu machen, das un­ter der Leitung von Abgeordnetem Smolle mit Expertinnen und Experten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 41

des Projekts Uninetz aufgebaut wurde – für Ihre Gesundheit, aber vor allem zur Information zu diesem Thema, um ein nachhaltiges und gesundes Leben auch im Alter zu ermöglichen.

*****

Ich habe noch eine Bitte an die Damen und Herren Journalisten: Wie Ihnen schon mitgeteilt wurde, bitten wir Sie aufgrund eines aktuellen Falls dringlich, keine Fotos von den Unterlagen der Abgeordneten zu machen, auch nicht von den Handys oder den Laptops oder anderen Geräten. Sie sind wirklich herzlich gebeten, das nicht zu tun.

*****

Ich darf bekannt geben, dass ORF 2 bis 13 Uhr und ORF III bis 19.15 Uhr überträgt, anschließend wird die Sitzung in der TVthek übertragen. Auch die privaten Sender übertragen unsere Sitzungen auszugsweise.

09.08.22Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Kein Kind darf Opfer werden – Justiz-Maßnahmen zum Kinderschutz“

Ich darf die Frau Bundesminister für Justiz recht herzlich bei uns begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Voglauer. – Sie wissen, Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. Bitte.


9.08.40

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehr­te Kolleginnen und Kollegen! Kein Kind darf Opfer von sexueller Gewalt werden. In Kärnten hat es oft geheißen: „Wennst nicht spurst, kommst zum Wurst.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 42

Franz Wurst galt als Koryphäe. Er war Leiter der heilpädagogischen Abteilung im Landeskrankenhaus Klagenfurt. Er war zuständig für Kindeswegnahmen, für Einweisungen in Erziehungsheime und für Sonderschulen und führte neben­bei eine sehr gut gehende Privatklinik. An diesem Kinderarzt kam in Kärnten fast kein Kind vorbei.

Der sexuelle Missbrauch, der Missbrauch seiner Opfer lief über 50 Jahre. Das ist eines der dunkelsten Kapitel unserer Landesgeschichte. Franz Wurst wurde dafür 2002 zu 17 Jahren verurteilt. 2008 ist Franz Wurst gestorben, geboren wurde er 1920.

Es war nicht nur Franz Wurst, es waren ganz viele. Kinder wurden unter Drogen gesetzt und zu Sexpartys geführt. Sie können sich heute als Opfer nicht mehr daran erinnern, weil sie keine Erinnerung mehr haben. Das war strukturel­le, systematische Ausübung von Gewalt und von sexuellem Missbrauch. Viele Täterinnen und Täter von damals wurden bis heute nicht belangt. Insofern ist es umso wichtiger, dass wir dieses umfangreiche Kinderschutzpaket endlich auf den Weg gebracht haben, dass Kinder heute wissen, dass sie Hilfe bekommen, dass sie sich wo hinwenden können, dass es Kinderschutz­organisationen gibt, die auf ihrer Seite stehen, damit es so dunkle Kapitel, wie wir sie in Kärnten kennen, nie wieder gibt. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Dieses umfassende Kinderschutzpaket steht auf drei Säulen: auf der Prä­ventionsarbeit, es setzt auf höhere Strafen und es setzt auf Opferschutzarbeit. Jedes Kind, das Opfer von sexueller Gewalt geworden ist, wird durch sol­che Straftaten nämlich seiner Kindheit beraubt. Viele dieser Kinder leiden ihr Le­ben lang an den Folgen der abstoßenden Straftaten. Und wie bei Wurst sind die Täter oft jene, die eigentlich für den Schutz der Kinder verantwortlich wären. Für uns ist klar: Wir müssen alles dafür tun, dass kein Kind Opfer wird – wir alle als politisch Verantwortliche, wir alle als Gesellschaft.


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Mit diesem umfassenden Maßnahmenpaket schützen wir jetzt unsere Kinder vor sexueller Gewalt, denn es ist ein Commitment, eine Kultur unserer Gesell­schaft, dass wir diesen Verbrechen jeden Riegel, den wir nur vorschieben kön­nen, vorschieben. Wir beugen vor, um Kinder wirksam vor Täter:innen zu schützen, um zu verhindern, dass Kinder überhaupt zu Opfern werden. Wir bauen mit dem Maßnahmenpaket das Betreuungsangebot für Opfer stark aus und unterstützen die wertvolle Arbeit von Kinderschutzeinrichtungen. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

Wie wir aus der medialen Berichterstattung wissen, war auch die Ermittlungs­arbeit viel zu schwach ausgestattet. Auch da setzen wir an: Wir stärken die Ermittlerinnen und Ermittler, damit die Täterinnen und Täter wissen, dass sie auch ganz sicher erwischt werden. Und wir sorgen mit härteren Strafen für erhöhte Abschreckung. In Summe werden alle diese Schritte die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen deutlich verbessern und Übergriffe hoffentlich stark einschränken.

Warum ist es so wichtig, auf Prävention zu setzen? – Weil es um eine Verge­meinschaftung dessen geht, was es einfach nicht geben darf, und weil Kinder ein Recht darauf haben, zu wissen, welche Rechte sie haben und welcher Schutz ihnen zusteht. Deshalb setzen wir auch auf verpflichtende Kinder­schutzkonzepte in unseren Schulen; so kann nämlich Gewalt verhindert werden, bevor sie passiert. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Fiedler.)

Diese Kinderschutzkonzepte beinhalten klare Verhaltensregeln. Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter wissen dadurch, was zu tun ist und wer zu informieren ist. Wer sich Sorgen um ein Kind macht, weiß, wohin er sich wenden kann. Viele Vereine und Organisationen setzen bereits freiwillig auch auf solche Kin­derschutzkonzepte. Auch das wollen wir stärken, nämlich neben den Schulen auch bei den Vereinen – dort freiwillig – zu unterstützen, damit Kinder sich sicher fühlen.

Wir setzen auch auf Kinderschutzkonzepte in Kindergärten, weil wir praxis­taugliche Vorlagen liefern wollen, damit sich in diesen Institutionen auch


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alle dem Schutz der Kinder widmen können. Damit sorgen wir für eine möglichst breite Umsetzung von wirksamen Kinderschutzmaßnahmen in ganz Öster­reich.  (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Seidl.)

Jedes Kind in Österreich soll wissen, was seine Rechte sind und was ein Über­griff ist. Deshalb wird es auch entsprechende Informationskampagnen ge­ben, so aufbereitet, dass es Kinder verstehen, dass es für die Kinder schnell er­fassbar wird, auch auf ihren Kanälen, und für Jugendliche Informationen, wo sie sich Hilfe holen können und was ihnen zusteht.

Der Opferschutz, meine Damen und Herren, ist ganz vorne anzusiedeln. Und: Opfer brauchen rasche und sofortige Hilfe, denn wer Opfer von sexueller Gewalt geworden ist, leidet sein Leben lang. Deshalb setzen wir auch darauf, dass sofortige psychosoziale Nachbetreuung für Opfer von Gewalt zur Verfügung steht. Gleichzeitig stärken wir Familienberatungsstellen, denn die Betreuung braucht Jahre, wenn nicht ein Leben lang, insofern gilt es, hoch qualifizierte Teams von Ärzt:innen, Psycholog:innen, Jurist:innen und Sozialarbeiter:innen zu stärken und zur Verfügung zu stellen.

Ich habe es eingangs schon erwähnt: Wir stärken auch die Ermittlungsarbeit. Dem Bundeskriminalamt wird mehr Personal zur Verfügung stehen, um Täter:innen zu verfolgen und sie letztendlich auch zu erwischen. Das sorgt für effiziente Ermittlungen, mit denen wir Täterinnen und Täter schneller stoppen können.

Auch über härtere Strafen haben wir in letzter Zeit medial sehr viel diskutiert; natürlich setzen wir auch auf höhere und härtere Bestrafung. Wir er­höhen die Mindeststrafen für den Besitz, die Herstellung und die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen und wir schaffen neben dem Grunddelikt erstmals wesentlich strengere Strafen für besonders schwere Taten. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abgeordneten Krisper und Seidl.)

Es braucht aber auch umfassende Maßnahmen für Täterinnenarbeit und Täterarbeit, denn es geht um die Vorbeugung. Übergriffe dürfen einfach nicht


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geschehen, und da braucht es auch die Grundlage, rechtzeitig anzusetzen, um Täterinnen und Täter schon vorzeitig begleiten zu können.

Erlauben Sie mir, mich hier an dieser Stelle auch zu bedanken: Es gibt so viele Kinderschutzeinrichtungen, so viele Vereine, die ehrenamtlich mit ihren Mitgliedern, mit ihren dort Tätigen dafür sorgen, dass unsere Kinder rechtzeitig eine Anlaufstelle haben, Schutz bekommen und begleitet werden. All die­sen Ehrenamtlichen und diesen Vereinen gilt unser großer Dank. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

„Wennst nicht spurst, kommst zum Wurst.“– Das soll niemals wieder geschehen. Zusammenfassend: Große und organisierte Übergriffe, Missbrauchsringe sind dann möglich, wenn wir nicht hinschauen, wenn wir nicht aktiv unsere Stim­me erheben, wenn wir einfach wegschauen. Diese Aktuelle Stunde soll heute eine Ermahnung dafür sein, dass wir Zivilcourage an den Tag legen, wenn es um die Rechte unserer Kinder geht. Schauen wir nicht weg bei Gewalt, schauen wir nicht weg bei Missbrauch! Reden wir mit unseren Kindern, suchen wir das Gespräch! Letztendlich baut ein gutes Leben auf einer wirklich auch unbeschwerten, quasi einer freien Kindheit auf. Das hat sich jedes Kind hier bei uns in Österreich verdient.

Wir sind froh, dass wir dieses umfassendste Paket der letzten Jahrzehnte für den Schutz unserer Kinder so gut auf den Weg gebracht haben. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

9.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesminis­ter. Auch sie hat eine Sollredezeit von 10 Minuten. – Bitte sehr, Frau Bun­desminister.


9.18.21

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Aber vor allem: Geschätzte Bürgerinnen


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und Bürger, die diese Aktuelle Stunde verfolgen! Kein Kind darf Opfer von se­xueller Gewalt werden. Jedes Kind hat das Recht, gewaltfrei aufzuwachsen.

Es handelt sich bei den Missbrauchsvorwürfen, den Missbrauchsfällen der letz­ten Wochen um kein rein digitales Delikt. Es ist eine Verharmlosung, zu sagen, dass es sich bei der Darstellung von Kindesmissbrauch um ein rein digi­tales Delikt handelt. Auch der Begriff der Kinderpornografie ist eine Ver­harmlosung, denn kein Kind hat zugestimmt, so abgebildet zu werden. Daher benennen wir es doch, sagen wir, was es ist: Es geht um die Darstellung von sexueller Gewalt gegen Kinder. Kinder werden dabei Opfer von sexueller Gewalt. Oftmals werden sie von demjenigen missbraucht, der zu ihrem Schutz befohlen ist. Jedes dieser Kinder wird durch eine solche Straftat seiner Kindheit beraubt und leidet sein restliches Leben darunter. Deswegen müssen wir auch die Sprache im Gesetz ändern und wir müssen das Unrecht der Tat auch im Gesetz widerspiegeln. Und ja, wir als Bundesregierung müs­sen alles dafür tun, dass kein Kind Opfer wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Letzte Woche haben wir im Ministerrat ein umfassendes Maßnahmenpaket zum Schutz der Kinder verabschiedet. Das Paket baut auf drei Säulen auf: zum einen auf der Säule der Prävention, also vorbeugenden Maßnahmen, denn als Gesellschaft sollte es unser oberstes Ziel sein, Straftaten – gerade gegen Kinder – zu verhindern; die zweite Säule sind die wirksame Strafverfolgung und natürlich auch Sanktionen, denn Täter müssen wissen, dass die Strafver­folgungsbehörden sie ausforschen und auch zur Verantwortung ziehen werden; und natürlich die dritte Säule, der Opferschutz: Kinder und ihre Familien brauchen nach einer solch schrecklichen, abscheulichen Tat Unterstützung, und genau deswegen haben wir auch die Unterstützung ausgebaut.

Ich möchte kurz auf die Prävention eingehen: Die Justiz kommt leider immer nur dann zum Zug, wenn schon etwas passiert ist. Wir müssen daher schon vor­her tätig werden. Wir müssen vorher verhindern, dass es so weit kommt, und ge-


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nau deswegen braucht es Kinderschutzkonzepte. Die Kinderschutzorganisa­tionen haben in den letzten Jahren immer wieder Kinderschutzkonzepte gefor­dert, die solche abscheulichen Taten verhindern können, denn: Jede Tat, die wir verhindern, zählt! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir führen Kinderschutzkonzepte daher verpflichtend in den Schulen ein, und für alle Vereine, die mit Kindern arbeiten, wird es jetzt eine Zertifizierungs­stelle geben, die ein Gütesiegel ausstellt, das besagt, dass dieser Verein ein Kin­derschutzkonzept hat und dass auch entsprechende Qualitätskriterien etabliert wurden. Wir wollen, dass Kinder und ihre Eltern wissen, dass, wenn die Eltern ihre Kinder irgendwo hinschicken, sie dort auch sicher sind. (Abg.
Heinisch-Hosek: Das gilt hoffentlich auch für die Musikschulen in Niederösterreich!)

Kinder müssen wissen, was ihre Rechte sind und an wen sie sich wenden können. Sie müssen auch wissen, was ein Übergriff ist, weil sehr, sehr viele junge Kinder nämlich nicht wissen, dass das, was mit ihnen geschieht, nicht richtig ist. Genau deswegen braucht es eine bundesweite Kinderrechtekampagne, die es auch geben wird, um darüber aufzuklären. Ja, das ist erstmalig in Österreich. Wir haben so etwas noch nie gehabt und die Kinderschutzorganisationen haben das auch seit Jahren gefordert. Sie haben in die skandinavischen Länder ge­blickt und gesehen: Schaut, dort funktioniert das so gut, wir brauchen das auch für Österreich!, und jetzt werden wir das auch umsetzen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es geht aber auch um die Strafverfolgung und es geht auch um Sanktionen. Wir wissen aus wissenschaftlicher Sicht, dass es eine Abschreckung ist, wenn Täter wissen, dass sie ausgeforscht werden. Wenn Täter wissen, dass sie gefun­den werden und dass sie zur Verantwortung gezogen werden, dann wirkt das auch abschreckend. Genau deswegen statten wir auch die Ermittlungsbehör­den im Cybercrimebereich aus. Auch mein Kollege Gerhard Karner wird das Cybercrime Competence Center weiter mit Personal ausstatten und es wird eine neue Software zugekauft, die dabei unterstützt, dass solche Bilder leichter


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gefunden werden, dass Datenträger im Hinblick darauf leichter ausgewertet wer­den können.

Ja, es hat viel Kritik gegeben, aber ich stehe dazu: Ja, wir erhöhen auch die Strafen, denn die Strafen müssen das Unrecht der Tat widerspiegeln. Die Strafen allein, da stimmen wir Ihnen allen zu, lösen natürlich das Problem nicht, und genau deswegen braucht es ein umfassendes Paket, das auf Prävention und Sanktion aufbaut. Die Strafen sind aber notwendig, denn sie spiegeln auch das Unrecht der Tat wider: Um eine Darstellung von sexuellem Kinder­missbrauch zu erlangen, um solche Bilder herzustellen, werden Kinder sexuell missbraucht, Kinder und deren Leben werden dadurch zerstört. Strafrah­men bilden in unserer Gesellschaft den Wert ab, welchen wir den Rechtsgütern in einer Gesellschaft geben, und für mich hat das Wohl der Kinder und ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben oberste Priorität. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Abgeordnete Voglauer hat es schon gesagt, beim Grundtatbestand erhöhen wir den Strafrahmen um jeweils ein Jahr, aber wir führen auch eine Qualifika­tion ein. Wir erhöhen die Strafen dort wesentlich, wo es ein besonderes Unrecht ist. Wenn jemand eine Vielzahl von Bildern besitzt und wenn es besonders junge Kinder betrifft, werden die Strafen drastisch erhöht, auf bis zu fünf Jahre bei Besitz und auf bis zu zehn Jahre bei der Herstellung.

Wir schließen auch die Lücke im Tätigkeitsverbot. Das Tätigkeitsverbot wurde bis jetzt nur dann ausgesprochen, wenn eine Sexualstraftat im Zuge der Tätig­keit zum Beispiel als Lehrer:in oder Kindergärtner:in erfolgte. Jetzt kann unabhängig von der derzeitigen Anstellung des Täters ein Berufsverbot für eine Tätigkeit mit Kindern ausgesprochen werden, und ich halte das für einen wirklich wichtigen Lückenschluss. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich habe es eingangs schon erwähnt: Neben der Prävention und der Strafver­folgung ist der Ausbau des Opferschutzes und der Opferarbeit ein entscheiden­der Baustein. Kinder und Jugendliche, die Opfer von sexuellem Missbrauch


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geworden sind, kämpfen ihr Leben lang mit den Folgen der Tat und den Auswir­kungen auf ihre psychische Gesundheit. Daher müssen wir da – und werden wir auch – die Unterstützung ausbauen. In den Familienberatungsstellen werden die Kinder und Jugendlichen von hoch qualifizierten Teams, bestehend aus Ärzt:innen, Psycholog:innen, Jurist:innen und Sozialarbeiter:innen, betreut. Ge­sundheitsminister Johannes Rauch wird daher auch die Mittel für die psychosoziale Nachbetreuung für Opfer von Gewalt um 3,5 Millionen Euro aufstocken.

Ja, es ist auch wichtig, bei der Täterarbeit anzusetzen. Deswegen wird es jetzt auch 1,5 Millionen Euro mehr für die Arbeit mit Täter:innen im Strafvoll­zug geben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei den Kinderschutzorganisa­tionen bedanken, die tagtäglich für das Wohl unserer Kinder arbeiten, die sich tagtäglich dafür einsetzen, dass es Kinderschutzkonzepte gibt, die tag­täglich dafür sensibilisieren, dass die Betreuung und der Schutz von Kin­dern so wichtig sind, damit sie eben nicht Opfer von Gewalt werden. Ein großes Dankeschön an die Kinderschutzorganisationen, die da Großartiges leisten. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, echter und umfassender Schutz von Kindern vor Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und erfor­dert die Mitwirkung und Unterstützung der Bundesländer, der Gemeinden, aber auch der Zivilgesellschaft. Jeder Einzelne von uns ist aufgerufen, nicht weg­zuschauen, sondern aufzustehen, denn die Kinder brauchen unseren Schutz. Das muss unsere oberste Priorität sein! Kinder brauchen unseren Schutz und haben ein Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen. Schauen wir nicht weg! – Vie­len Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit aller weiteren Redner zur Aktuellen Stunde laut § 97 Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.


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Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steinacker. – Bitte sehr, Frau Abge­ordnete.


9.28.41

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Kinderschutz geht uns alle an – uns alle! –, nicht nur deswegen, weil in der Bundesverfassung steht, dass Kinder zu schützen sind, dass Kinder das Recht ha­ben, gewaltfrei erzogen zu werden, gewaltfrei zu leben, sondern auch, weil da steht, dass ihnen kein seelisches Leid zugefügt werden darf. Sie dürfen nicht missbraucht werden, weder sexuell noch anders. Sie haben auch ein Anrecht darauf, dass sie nicht wirtschaftlich und sexuell ausgebeutet werden.

Gesetze alleine helfen leider nicht. In Österreich gibt es derzeit leider genügend Anlassfälle, die auch diesen Ruck der Bundesregierung und dieses unglaub­lich tolle Maßnahmenpaket in dieser Geschwindigkeit befördert haben – ein Maßnahmenpaket, das zum Ziel hat, Kinder, Jugendliche noch viel besser zu schützen. Es braucht Prävention und es braucht ein Vorgehen gegen die Dinge, die sich vor allem im Internet abspielen.

Die fortschreitende Digitalisierung ist ein – aus meiner Sicht – schwerwiegendes Problem. Der Zugang zu den Materialien des Kindesmissbrauchs, deren Ver­breitung und die Kommunikation in diesem Bereich sind mit einem Maus­klick möglich. Es gibt mittlerweile spezielle Apps, die richtige Deepfakemiss­brauchsvideos erstellen lassen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, das ist für mich widerlich!

Bei jedem Ansehen einer Darstellung, eines pornografischen Bildes, auf dem ein Kind missbraucht wird, findet der Missbrauch wieder statt, wird das Kind neuerlich missbraucht. Daher müssen diese Maßnahmen insbesondere bei der Prävention ansetzen. Ich bedanke mich bei allen Organisationen, die in diesem Bereich in Österreich schon heute intensiv tätig sind, denn sie sind ein


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etabliertes, international anerkanntes Instrumentarium zur Prävention von Gewalt und Übergriffen.

In der Sportunion, in der ich zum Beispiel auch mithelfen durfte, gibt es einerseits ganz klare Maßnahmen, die der Bewusstseinsbildung dienen, und andererseits Maßnahmen, die helfen sollen, Übergriffe wirklich zu vermeiden. In Feriencamps werden zum Beispiel immer zwei Übungsleiter in eine Gruppe gestellt. Es gibt eine Prüfung der Personen, die mit Kindern arbeiten, nicht nur hinsichtlich ihrer sportlichen Fähigkeiten, dahin gehend, dass sie da gut ausgebildet sind, sondern auch in Bezug auf ihre Persönlichkeit. Man prüft auch mit einem erweiterten Strafregisterauszug. Wenn etwas passiert, gibt es in jedem Landesverband sogenannte Multiplikator:innen, an die man sich wenden kann, denn wenn, obwohl aufmerksam betrachtet wird, etwas passiert, müssen Ansprechpersonen da sein. Auch da legt dieses Maßnahmenpaket der Bundesregierung sehr Wichtiges vor.

Das von der Frau Bundesminister bereits genannte Gütesiegel ist ganz wichtig, denn Eltern, die ihre Kinder lieben, die sich wie Löwinnen und Löwen vor ihre Kindern stellen, wollen ja zum Beispiel wissen, in welches Feriencamp sie die Kinder schicken können, und sie wollen die Sicherheit, dass das dann doch ein guter Ferienaufenthalt wird.

Für die Schulen wird ein ganzes Maßnahmenpaket zur Fort- und Weiterbildung, zur Sensibilisierung, aber auch zur Aufsicht geschnürt, denn – so wie auch Kollegin Voglauer gesagt hat – es muss klare Verhaltensregeln geben. Lehrerin­nen und Lehrer müssen für sich selbst wissen, wo die Grenze ist. Natürlich kann es sein, dass Kinder ein Bedürfnis nach Nähe haben, wenn sie traurig sind oder wenn etwas passiert ist, aber trotzdem muss es ganz klare Verhaltens­regeln geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Kampagne zum Thema Kinderschutz muss bei den Kindern und Jugendlichen in einer Art und Weise über ihre Kanäle, die sie täglich nützen, ankommen, dass sie es auch verstehen. Die Eltern sollen dahin gehend sensibilisiert werden,


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erste Anzeichen bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen, und einfach wissen, was denn der Hintergrund für ein Verhalten sein könnte, das sie bei ih­rem Kind gar nicht verstehen.

An dieser Stelle möchte ich jetzt zum Thema der Strafverfolgung, einem ganz wesentlichen Punkt, kommen. Es braucht diese Spezialisten in den Lan­deskriminalämtern für die Ermittlungen, insbesondere im Cyberbereich. Ich möchte an dieser Stelle den Kriminalpolizistinnen und -polizisten für die­se schwierige Ermittlungsarbeit danken, die sie jetzt schon erledigen: das Sichten der abscheulichen Darstellungen von Kindesmissbrauch, die Beschäftigung damit, die Strafverfolgung. Meine Damen und Herren, es ist eine enorme Belas­tung für diese Polizistinnen und Polizisten. Ganz ehrlich, ich könnte die­sen Job nicht machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Daher sage ich Danke, dass Sie sich dieser Aufgabe stellen. Wir werden Ihnen alle Tools in die Hand geben, damit Sie die Strafverfolgung auch im digi­talen Raum noch besser machen können. (Abg. Heinisch-Hosek: Gibt es mehr Personal?) – Die Zahl des Personals wird erhöht (Abg. Heinisch-Hosek: Sehr gut!), auch dafür werden wir entsprechend Sorge tragen. (Abg. Heinisch-Hosek: Hoffentlich!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (fortsetzend): Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube es ist ein gelungener Vorschlag zum Schutz der Kinder, zur Prävention, zur Strafverfolgung, zur Sensibilisierung. Wir alle sind gefordert, die Kinder vor Gewalt zu schützen. Meine Bitte: Helfen Sie dabei mit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.



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9.34.15

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Kein Kind darf Opfer werden. Ich bin davon überzeugt, dass das Thema der heutigen Aktuellen Stunde in uns allen Gefühle aufkommen lässt, die uns erschaudern lassen. Kinder als Opfer, das ist leider kein seltener Ausnahmefall mehr. Schätzungen zufolge werden 25 Prozent der Mädchen und wird jeder achte Bub ein­mal während der Kindheit beziehungsweise Jugend Opfer eines sexuellen Über­griffs. Das ist die tragische Realität.

Leider braucht es – wie so oft – einen prominenten Fall, damit diese Realität in den Fokus gerückt wird, darüber nachgedacht wird, dass wir noch viel mehr tun müssen und tun können, damit Kinder nicht Opfer werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Der Vorwurf des Besitzes von unzähligen Machwer­ken, in denen Kinder vergewaltigt werden – man muss es so benennen; das ist keine Kinderpornografie, das ist keine legale Geschichte, das ist eine Ver­gewaltigung von wehrlosen Kindern –, ist in diesem Fall offenbar eingestanden worden. Das Perfide am aktuellen Fall ist, dass es dann Menschen gibt, die das verharmlosen: Das war ja so eine Onlinegeschichte, er hat es ja nur gekauft! – Das ist bedrohlich, sehr geehrte Damen und Herren.

Man kann sich wohl kaum vorstellen, was die Kinder, die in diesen Machwerken dargestellt werden, an sexueller Gewalt erlitten haben. Jene, die diese Mach­werke kaufen, herunterladen und anschauen, tragen unmittelbar dazu bei, dass die Zukunft von Kindern zerstört wird. Es macht schlichtweg keinen Unter­schied, ob Kindern unmittelbar Gewalt angetan wird oder ob diese Gewalt ein Ausfluss der kommerziellen Ausbeutung von Kindern ist. Kurzum: Würde mit derartigen Machwerken nicht viel Geld verdient werden können, würde es diese nicht geben und würde es vielen Kindern besser gehen. Käuferinnen und Käufer derartiger Machwerke – insbesondere Käufer, da es zahlenmäßig tragischerweise vor allem Männer sind – sind also Mittäter.


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In den zehn Jahren von 2012 bis 2022 hat sich die Zahl der angezeigten Straf­taten wegen illegaler sexueller Darstellungen Minderjähriger mehr als ver­dreifacht. Die Dunkelziffer beträgt ein Vielfaches der angezeigten Straftaten. Es ist eigentlich nicht notwendig, klarzustellen, dass die SPÖ – wie jede andere Fraktion in diesem Hohen Haus – jede Art von Gewalt verurteilt, unabhängig da­von, wer betroffen ist. Ausbeutung und Gewalt gegenüber wehrlosen Kin­dern stellt aber eine besonders kriminelle Art – ich würde sogar sagen Abartig­keit – dar. Jeder Ansatz, da eine Besserung zu bewirken, Frau Ministerin, ist zu begrüßen.

Den Ruf nach höheren Strafen kann ich bei solchen Taten absolut verstehen. Strafverschärfungen allein werden das Problem leider nicht lösen, das wissen wir aus vielen anderen Bereichen. Es sollte oberste Priorität haben, Gewalt und Missbrauch zu verhindern, bevor sie passieren. Das beginnt bei der Be­wusstseinsbildung und der aktiven Prävention. Sogenannte Tabuthemen zu verdrängen, nicht wahrnehmen zu wollen, das geht einfach nicht. Es braucht engmaschigere Beratungs- und Gewaltschutzeinrichtungen, also sichern wir ihre Basisfinanzierung auch ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir fordern zudem einen permanenten Krisenstab, der die Zusammenarbeit von Innen- und Justizministerium und anderen im Gewaltschutz tätigen Organi­sationen verbessert. Speziell im Onlinebereich brauchen Justiz und Polizei auch mehr Expertinnen und Experten, damit Verdachtsfälle rasch geklärt und Täter ausgeforscht werden können. Im Büro Sittlichkeit und Kinderpornografie im Bundeskriminalamt arbeiten derzeit nur sechs Beamtinnen und Beamte. Wie sollen denn diese sechs Beamtinnen und Beamte allein den Zehntausenden Verdachtsfällen im Jahr ernsthaft nachgehen können?

Wichtig wäre aber auch – nicht zu vergessen! – die Arbeit mit Tätern. Wir müs­sen sie verbessern, wir müssen diese Gewaltspirale durchbrechen.

Es braucht also ein umfassendes Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch. Setzen wir das so rasch es geht gemeinsam um,


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damit eben kein Kind mehr Opfer wird! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abge­ordneten Steinacker und Wurm.)

9.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr.


09.39.41

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Null Toleranz für Kinderschänder und null Toleranz für jene, die sich Abbildungen von sexuellem Missbrauch an Kindern im Internet besorgen und anschauen – da sind wir uns alle einig. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Freiheitliche Partei kämpft seit vielen Jahren dafür. Wir haben hier unzählige Anträge eingebracht. Kein Kind darf Opfer werden.

Ich finde es aber doch interessant, dass sich gerade die Grünen dieses Thema an ihre Brust heften, denn sie sind jene Partei, die seit Jahren und Jahrzehnten der ungehemmten Frühsexualisierung der Kinder das Wort redet. Sie sind jene Partei, in deren Zuständigkeit der größte Kinderpornografiefall der letzten Jahrzehnte fällt: Was weiß Vizekanzler Kogler? Wann hat er davon erfahren? Wann hat die grüne Staatssekretärin davon erfahren? Die lässt derzeit prüfen, ob im Kulturbetrieb etwas schiefgelaufen ist – sie weiß es noch nicht. Sie sind jene Partei, die sich in der Vergangenheit immer gegen härtere Strafen ausgesprochen hat, nur für das Sensibilisieren. Und jetzt wird gere­det vom Nichtwegschauen, von härteren Strafen und mehr Zivilcourage.

Wie sah es denn bisher aus, bitte? – Die Freiheitliche Partei hat vor wenigen Monaten, im Oktober 2022, im Justizausschuss einen Antrag eingebracht, in dem sie in aller Dringlichkeit darauf hingewiesen hat, dass im Darknet ein tau­sendseitiges Pädophilenhandbuch zur Verfügung steht, das eine genaue Anleitung zum sexuellen Missbrauch von Kindern gibt – welche Orte sich dafür


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eignen, wie man das Vertrauen der Kinder erschleichen kann – und in grau­siger Weise die Anatomie der Kinder beschreibt und wie man Missbrauch am besten gestalten kann, ohne Spuren und Verletzungen zu hinterlassen.

Alle anderen Parteien sind mit unserem Antrag nicht mitgegangen. Die Regie­rungsparteien haben dann einen eigenen Antrag mit ähnlichem Inhalt ge­stellt, worin aber die Justizministerin nur aufgefordert worden ist, zu prüfen, ob in Österreich Handlungsbedarf besteht – obwohl wir gesagt haben, dieses Handbuch ist hier in Österreich frei verfügbar. So sieht es aus!

Und wer hat sich 2019 beim Gewaltschutzpaket, das wir mit der ÖVP be­schlossen haben – mit Strafverschärfungen für Sexualdelikte, Tätigkeitsverbot für Kinderschänder und so weiter –, vehement gegen alle Verschärfungen gestellt? – Die Liste JETZT, eine gewisse Abgeordnete Alma Zadić – ich weiß nicht, ob Sie sie kennen – hat gemeint, Straferhöhungen sind destruktiv, sie würden nicht zu mehr Verurteilungen führen; es braucht eine Änderung der Machtverhältnisse – das kann man ja locker machen –, Sensibilisierungs­maßnahmen – also den Fall des Herrn Teichtmeister hätte man mit mehr Sensi­bilisierung wahrscheinlich wirklich verhindern können –, und es braucht mehr Ressourcen im Justizbereich – das hat sie damals, 2019, zu Recht festge­stellt. – Nun sind wir drei Jahre Justizminister. Wenn Sie nur annähernd so viel Energie in den Kampf gegen diese Abbildungen von sexuellem Missbrauch von Kindern gesteckt hätten wie in Ihren Kampf gegen Hass im Netz – der oft, sehr oft nur ein Kampf gegen regierungskritische Äußerungen ist –, dann wären vielleicht viele Fälle Teichtmeister schon zu verhindern gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Denn: Beim Hass im Netz – bei dem es auch ernste Themen gibt, aber, wie gesagt, da geht es oft nur um Beleidigungen, die da verfolgt werden, womit viel Personal gebunden wird – handelt es sich wirklich um reine Onlinedelikte, im Unterschied zum Ansehen der Abbildungen von sexuellem Missbrauch im Internet.


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Und: Wieso findet ein Schauspieler – ich nehme jetzt einmal an, erst ist kein Experte in Sachen EDV und Internet – so leicht tonnenweise Material im Darknet? Ja, da brauchen wir das Personal, das das löschen muss. Man wird nicht immer dahinterkommen, wer der Produzent ist, wer der Hersteller ist, da dieser oft im Ausland sitzt, aber bei diesen Fällen im Internet braucht man einfach Personal und Löschung und höhere Strafen. Ja, wir haben uns immer dafür ausgesprochen, aber es geht eben um die Wahrscheinlichkeit des Erwischtwerdens.

Und zu den Kinderschutzkonzepten nur so viel: Gütesiegel für Vereine, und jede Schule und jeder Kindergarten muss sich da ein Konzept verpassen – das bedeutet einen Haufen Papier, Bürokratie, externe Vereine. Da fließt wieder viel Steuergeld an befreundete Vereine und NGOs.

Jeder weiß, wann und wenn er zu weit geht. Wie wäre es damit, nicht Eltern zu sensibilisieren – wir wissen alle, was mit unseren Kindern los ist, wenn wir uns mit unseren Kindern befassen und wenn wir sie erziehen, was wir alle tun –, sondern Beschwerden von Eltern ernst zu nehmen und die Aufsichtspflicht nicht zu verletzen? Genau das steht ja jetzt auch bei den Wiener Kindergärten im Raum, wo es schon lange Beschwerden von Eltern gegeben hat, dass da etwas nicht stimmt, dass ihre Kinder verstört sind, und sie hatten recht, aber dem ist nicht nachgegangen worden, weil die Aufsichtspflicht verletzt worden ist.

Daher: Wir brauchen eine Gesellschaft mit Herz für Kinder und für Familien, für Eltern. Übergriffe und Verbrechen müssen strengstens geahndet werden. Wir brauchen keine linke Kulturschickeria, die schon seit Jahrzehnten mit Über­griffen an Kindern flirtet. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Amesbauer: Die Grünen sind ja historisch gesehen eine Pädopartei! – Abg. Deimek: Nicht nur his­torisch gesehen! – Abg. Lukas Hammer: Haben s’ dir ins Hirn gschissn? – Ruf bei den Grünen: Sag einmal!)

9.45



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


9.45.13

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Das Kinderschutzpaket ist kein aufgrund des Falls Teichtmeister schnell zusammen­geschustertes Maßnahmenpaket, sondern wir sind seit Monaten dran (Abg. Deimek: Warum habt ihr dann im Oktober abgelehnt? Das ist ja nur Schein­heiligkeit!), ein breites Kinderschutzpaket auf die Beine zu stellen, weil es massive Lücken gab, weil in der Vergangenheit zu wenig passiert ist.

Uns war von Anfang an klar, dass uns Einzelmaßnahmen oder Scheinlösungen keinen Zentimeter weiterbringen. Wir brauchen ein umfassendes Kin­derschutzpaket, das wirkt, bevor es überhaupt zu einem Missbrauch kommt.

Dabei geht es nicht nur um die sexualisierte Gewalt. Wir müssen unsere Kinder vor jeder Form von Gewalt schützen, vor sexualisierter, physischer und psychischer, denn ein Kind darf genauso wenig geschlagen oder gedemütigt werden. Wir wollen ein Kinderschutzpaket, das unsere Kinder tatsächlich schützt, vor jeder Form von Gewalt (Abg. Deimek: Was war dann die letzten drei Jahre?), und das wirkt, bevor überhaupt etwas passiert ist, denn Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder in Schulen, in Freizeit­einrichtungen in Sicherheit sind. (Beifall bei den Grünen. – Bravoruf der Abg. Fischer.)

In der Vergangenheit kam bei solchen Fällen immer wieder schnell der Ruf nach härteren Strafen. Das ist ein wichtiger Baustein, das hat unsere Justizminis­terin schon ausgeführt, aber wir müssen eben das Übel an der Wurzel packen und dafür sorgen, dass Kinder gar nicht erst Opfer werden. Darum sind diese Kinderschutzpakete, die die FPÖ so lächerlich macht, so extrem wichtig und ein zentraler Teil in unserem Paket.


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Und zur FPÖ: Wir haben einen Scherbenhaufen im Gewaltschutzbereich übernommen, und das ist Ihre Verantwortung. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung (Zwischenruf des Abg. Deimek) wurden die Mittel für den Gewaltschutzbe­reich massiv gekürzt. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung wurden Frauenhäuser finanziell ausgehungert. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Unter Ihrer Regierungsbeteiligung wurde Kinder- und Jugendhilfe verländert, trotz massiver Kritik von Volksanwaltschaft und Co. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) – Das war unsere Ausgangssituation, und wir haben trotzdem etwas richtig Gutes geschaffen, obwohl Sie den Karren in den Dreck gefahren haben. (Beifall bei den Grünen.)

Kindesmissbrauch zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Auch in Ihrer Partei gab es Verurteilungen von Funktionären, was Kindesmiss­brauch anbelangt, darum ist das keine linke Romantik und sonst irgendet­was. Wir müssen vermehrt hinschauen und sensibilisieren. (Abg. Bela­kowitsch: ... das ist Ihr Parteiprogramm!) Und so brutal dieses Thema auch ist, ich bin wahnsinnig froh, dass wir in der Öffentlichkeit darüber reden, dass wir hier darüber sprechen, denn wir wissen, dass in fast jeder Klasse ein Kind sitzt, das von sexueller Gewalt betroffen ist.

Ich habe, wie wahrscheinlich viele von uns, leider im eigenen Umfeld Betroffene von Kindesmissbrauch. Darum weiß ich, wie wichtig es ist, dass wir darüber reden, auch wenn es unangenehm ist, denn das Traurige ist, dass sich Kinder durchschnittlich an acht Personen wenden müssen – sie müssen durch­schnittlich acht Mal ihre brutalen, grausamen Erlebnisse erzählen –, bis ihnen überhaupt geglaubt wird. Das ist das, was mich immer wieder schockiert. Wir haben es auch beim Fall Teichtmeister gesehen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir dem Täter immer noch mehr glauben und in der wir Warnsignale ganz oft ignorieren. Wir müssen mit diesem blinden Täter­schutz aufhören, wir müssen anfangen, Frauen zu glauben, und wir müssen an­fangen, Kindern zu glauben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)


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Darum ist es wichtig, dass wir gerade dann, wenn es um Kinderschutz geht, unsere Augen nicht verschließen. Wir dürfen nicht einmal kurz blinzeln, denn dann können Täter ungestört weitermachen und es kommt zu einem Schneeballeffekt, dass immer mehr Kinder Opfer werden. Darum bin ich so froh, dass wir dieses Kinderschutzpaket haben, das auch dazu führen wird, dass wir eine Kultur des Hinschauens entwickeln und nicht darauf warten, bis sich Betroffene melden.

Und ganz ehrlich, es geht wahrscheinlich vielen so: Wenn man über solche Fälle liest, dann stellt es einem alle Haare auf, und ich werde wie viele von uns extrem wütend. Genau darum war es uns so wichtig, ein echtes Kinderschutz­paket auf die Beine zu stellen, denn gerade wenn es um unsere Kinder geht, müssen wir alles dafür tun, sie zu schützen, denn jedes Kind hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Fischer: Bravo!)

Danke an alle Experten und Expertinnen, an die Kinderschutzorganisationen, vor allem auch an alle Minister und Ministerinnen, die mitgewirkt haben, vor allem Danke an unsere Justizministerin, an mein Team und alle, die dafür ge­kämpft haben! In diesem Paket steckt wirklich viel Herzblut, und ich bin wahnsinnig froh, dass uns das gelungen ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.


9.50.49

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Warum muss immer erst etwas passieren, damit diese Bundesre­gierung tätig wird? Warum braucht es einen prominenten Schauspieler, der zum Täter wird, internationale Berichterstattung, warum müssen Kinder zu Opfern werden, damit wir hier über das reden, worüber wir heute reden?


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Man hat es ja hinter vorgehaltener Hand, wie man so sagt, aus Regierungskrei­sen auch gehört: Jetzt müssen wir etwas tun, jetzt ist der Druck doch sehr groß geworden! – Und jetzt kommt es aufgrund dieses Falles Teichtmeister, der heute ja schon Thema hier war, zu einer ganz klassischen Anlassgesetzge­bung, und Sie wissen, dass das sehr kritisch ist, wenn man einen Anlass hernimmt, um Gesetze zu beschließen, weil es natürlich zu Schlampigkeit verleitet.

Ich möchte aber zu den Vorschlägen, die von der Regierung auf dem Tisch liegen, Punkt für Punkt natürlich auch etwas sagen. Es ist vielleicht auch für die Zuseherinnen und Zuseher wichtig: Das ist ja eine Aktuelle Stunde, es liegt noch kein Gesetz auf dem Tisch, es ist noch kein Budget umgeschichtet, es lie­gen noch keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch, es gab nur eine Presse­konferenz, und über das reden wir heute. (Abg. Steinacker: Ein Ministerratsvortrag auch! – Abg. Wöginger: Ein Ministerratsvortrag!) – Gut.

Punkt eins: Kinderschutzkonzepte – Kinderschutzkonzepte verpflichtend in Berufsschulen und auf freiwilliger Basis in Vereinen. Jetzt muss man, glaube ich, kein großer Experte sein, um zu merken, da erwischt man nicht alle Kinder. Da sind nicht alle Bereiche abgedeckt: Kindergärten, Horte, Pflichtschulen, ver­einfacht gesagt alle Orte, an denen mit Kindern gearbeitet wird, egal ob das die Jungschar ist, die Volksschule, das Gymnasium oder der Fußballverein – Kinderschutzkonzepte müssen verpflichtend sein, und zwar überall, wo mit Kindern gearbeitet wird. (Beifall bei den NEOS.)

Dort, wo wir auch die Zuständigkeit haben – das ist ja durch den Föderalismus sehr zersplittert –, in Wien, wo es ja auch Themen gegeben hat, nämlich im Bereich der Kindergärten, wo man hinschauen musste, schon in den vergange­nen Jahren und Jahrzehnten, haben wir eingeführt, dass in Kindergärten Kinderschutzkonzepte verpflichtend umgesetzt werden müssen. (Abg. Prammer: Nachdem etwas passiert ist! – Abg. Wöginger: Das ist eine Anlassgesetzgebung!)

Zweitens: Berufsverbot in Jugendberufen für Personen, die wegen Sexual­delikten verurteilt wurden. Das klingt total sinnvoll, da sind wir auch dafür, das


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ist begrüßenswert, aber Sie sind in der Pressekonferenz sehr vage geblie­ben, was das nach der Tilgung einer Strafe bedeutet, und da werden wir genau hinschauen, da sind wir gespannt, wie das geregelt wird. Das ist natürlich begrüßenswert, aber das Thema ist zu ernst, um es für Populismus zu missbrau­chen, und deswegen werden wir schauen, was dann konkret im Gesetzes­vorschlag stehen wird.

Drittens: mehr Geld für Opferschutz und für Täterarbeit. Das ist wirklich gut, das ist großartig. Sie lassen aber wieder eine Gruppe, die so wichtig wäre, kom­plett aus, nämlich Personen, die noch nicht zu Tätern geworden sind, aber dahin gehend gefährdet sind; ich verstehe das einfach nicht. Männerberatung, The­rapie für Personen mit einer pädophilen Störung – warum setzen Sie nicht an den Wurzeln an, wenn doch alle Expertinnen und Experten sagen, da müsste man Geld investieren, da müsste man ansetzen? (Beifall bei den NEOS.)

Viertens: mehr Geld oder, sagen wir einmal, ein bisschen mehr Geld für psycho­logische Hilfe. 3,5 Millionen Euro mehr: Alle, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, wissen, das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ja, auch das ist besser als nichts, aber warum wird auch da wieder nicht das Problem an den Wurzeln gepackt? – Das haben wir schon so oft hier im Hohen Haus dis­kutiert. Niemand versteht, warum die Krankenversicherung für einen gebro­chenen Haxen zahlt, aber nicht für eine gebrochene Seele. Das würde auch in diesem Bereich wirklich das Problem an der Wurzel packen, und auch das tun Sie nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Und fünftens: höhere Strafen. Frau Bundesministerin, Sie wissen das so gut wie ich, ich glaube, das ist das Erste, was man im Fach Kriminologie lernt: Höhere Strafen schrecken nicht ab! Ich bin dankbar, dass Sie das heute nicht vorangestellt haben, bin doch etwas irritiert, dass es medial immer als erster Punkt genannt und immer vorangestellt wird, weil wir alle wissen, das kann ein Baustein sein und kann sinnvoll sein, das muss man sich genau anschauen, aber es ist auf jeden Fall nicht das Mittel, das alle Probleme lösen wird.


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Wichtig ist, ich möchte das noch einmal betonen: Das ist hier eine Aktuelle Stunde, wir beschließen hier heute kein Gesetz, wir haben keine konkre­ten Vorschläge auf dem Tisch liegen, da warten wir auf das, was von Ihnen jetzt kommt. Da müssen wir vorsichtig sein, deswegen betone ich das auch, weil diese Regierung für eines schon bekannt ist, nämlich Ankündigungsweltmeisterin zu sein. (Abg. Wöginger: Es gibt einen Ministerratsvortrag, hallo!)

Wir haben eine Klimaschutzministerin, die seit Jahren das Klimaschutzgesetz verspricht und das Versprechen nicht einhält, eine Justizministerin, die seit Jahren verspricht, Homoumpolungstherapien an schwulen und lesbischen Jugendlichen zu verbieten, und das nicht tut, ich weiß nicht, warum (Abg. Belakowitsch: Was hat das jetzt mit Kindesmissbrauch zu tun?), und wir haben ei­nen Gesundheitsminister, der verspricht, sich des Themas der psychischen Gesundheit ernsthaft anzunehmen, wovon aber nur wenig bis nichts zu sehen ist. Deswegen werden wir genau darauf schauen, dass das, was hier versprochen wird, auch gut umgesetzt wird. (Beifall bei den NEOS.)

9.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


9.56.04

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher! Nun, Kollege Shetty ist noch nicht so lange im Hohen Haus wie manche andere von uns, und er hat in seiner Rede gemeint, es gebe nur Ankündigungen und es sei wenig bis nichts passiert (Abg. Shetty: Ein Qualitätsmerkmal von ...!)  ein Qualitätsmerkmal –: Lieber Kollege Shetty, es liegt bereits ein Ministerratsvortrag vor, ein extrem detaillierter Ministerratsvor­trag, und auch Sie als junger Abgeordneter sollten bereits wissen, dass das ein extrem weitgehender Schritt ist, dass auf Basis dieses Ministerratsvortrags auch entsprechend verhandelt und umgesetzt wird. So schaut es nämlich aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Natürlich hat der Fall Teichtmeister einen Aufschrei durch Österreich gehen lassen, berechtigterweise. Empört und durchaus angewidert kann man die unglaubliche Menge von 50 000 Fotos mit sexuellen Inhalten und sexuellem Missbrauch von Kindern eigentlich gar nicht glau­ben, und doch ist dieser Fall in Wirklichkeit ja nur die kleine Spitze eines grauen­vollen Eisbergs.

Wenn man Ermittlern und Journalisten zuhört, dann wird klar, wir sprechen bei diesem Eisberg vom widerwärtigsten, skrupellosesten und auch grausamsten Big Business, das man sich nur ansatzweise vorstellen kann. Wenn man dann völlig unpassend und verharmlosend von einem digitalen Delikt spricht, dann muss uns allen klar sein, dahinter stehen Kindesmissbrauch, sexuelle Gewalt, sogar an Kleinstkindern und Säuglingen, Entführung, Erpressung und, um diesen Kindern alles zu nehmen, auch Mord.

Als klare Antwort darauf bringen wir heute dieses Kinderschutzpaket auf den Weg, und dieses Paket steht auf vier Säulen, erstens: Prävention und So­fortmaßnahmen; zweitens: Stärkung der Aufklärung; drittens: härtere Strafen; und viertens: Ausbau des Opferschutzes und auch der Täterarbeit. Jeder einzelne Punkt ist immens wichtig. Ja, auch wenn diese von verschiedenen Gruppen verschieden gewichtet werden: Das Paket ist ein hervorragendes und wichtiges Paket. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Bereich der Prävention setzen wir auf verstärkte Kinderschutzkonzepte und auf die Aufklärung und die Stärkung von Kindern im Umgang mit den Medien, im Besonderen dem Internet. Unter Prävention verstehe ich aber auch, den Blick darauf zu lenken, was denn dazu führt, dass – und glauben Sie mir, ich sage das hier von dieser Stelle aus sehr ungern – immer mehr Männer, eigentlich ausschließlich Männer, zu solchen schlimmen, wider­lichen Verhaltensweisen kommen.

Was läuft in unserer Gesellschaft falsch, dass wir es mit einem wachsenden Eis­berg unter der Oberfläche zu tun haben? Ein schonungsloser Blick auf viele


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unserer Verhaltensweisen tut not. Schlussendlich wird sich auch die Frage der Einschränkung mancher Muster für uns stellen.

Meine Damen und Herren! Opferschutz und Opferhilfe für die Betroffenen sind wichtig, und es wird diesen Punkten in dem Paket auch entsprechend Rech­nung getragen. Täterarbeit ist ebenfalls Teil dieses Pakets. Ich bitte aber, dass wir alles tun, damit es in Zukunft keine Täter und vor allem keine Opfer mehr gibt.

Ich begrüße dieses Kinderschutzpaket ausdrücklich und danke Ihnen, Frau Minister, Ihrem Team und allen Verhandlerinnen und Verhandlern für das Vorlegen des Ministerratsvortrags und schlussendlich auch für die Be­schlussfassung. Ich sehe es als wichtigen Schritt hin zu weniger Tätern und vor allem hin zu deutlich weniger Opfern. – Ich danke für die Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.00.48

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr verehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ja, ich gebe zu, ich sehe dieses Paket, das der Öffentlichkeit präsentiert wurde, tatsächlich sehr, sehr positiv, und ich gebe auch zu, ich bin durchaus überrascht davon, vor allem deshalb, weil es ja aus meiner Sicht zunächst nicht so positiv ausgesehen hat.

Zunächst hat es einmal einige Tage gedauert, bis die Familienministerin sich in dieser Causa zu Wort gemeldet hat, und das Einzige, was übrig geblieben ist, waren Strafen. Man kann Strafen selbstverständlich etwas abgewinnen, denn natürlich sind Strafen auch ein gesellschaftlicher Kompass. Wir wissen, dass Kindesmissbrauchsdelikte tatsächlich extrem verurteilungswürdig sind, und daher ist die Angemessenheit der Strafe und eine Adaptierung auch aus unserer Sicht dringend notwendig.


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Ich komme aus einer Organisation, die für Kinderschutz steht, und die Kinder­schutz und Kinderrechte in ihrem Wertekompass hat. Es hat mir zunächst eigentlich gefehlt, dass es sonst keine entsprechenden Vorschläge gegeben hat, denn es braucht einfach mehr, und das findet sich durchaus in diesem Paket, das will ich zugestehen. Ich glaube, das ist auch ganz, ganz wichtig, denn nur Strafen allein – da sind sich ja alle Experten einig – sind da sicher kein ad­äquates Mittel, vor allem was die Prävention betrifft.

Viele der Punkte, die der Prävention dienen, sind in dem Paket ja durchaus auch angeführt worden, und ich halte das für wichtig und richtig. Kollege Shetty hat allerdings schon darauf hingewiesen: The proof of the pudding is in the eating. Nun müssen wir einmal warten, was dann tatsächlich hier in dieses Haus kommt. Was sind tatsächlich jene Gesetzesvorhaben, die dieses an­gekündigte Paket in die Praxis umsetzen? Da muss man sagen – ja, auch darauf wurde hingewiesen –: Einige Ankündigungen kennen wir ja schon, sie wur­den immer wieder gemacht. Auch in diesem Paket ist die eine oder andere Maß­nahme drin, von der wir schon vor einigen Wochen beziehungsweise Mona­ten gehört haben, dass sie kommen wird, aber ich bin grundsätzlich Optimist und ich gehe davon aus, dass diese ankündigten Maßnahmen nun wirklich auf den Weg gebracht werden. Sie sind noch nicht auf den Weg gebracht worden, sie sind angekündigt, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Tatsache ist natürlich auch, dass die Fälle von Kindesmissbrauch nicht nur an­hand des aktuellen Falles zu diskutieren sind. Es gibt zahlreiche Kinder­schutzorganisationen, die schon seit langer Zeit immer wieder darauf hinweisen, welche Maßnahmen notwendig sind. Meine große Hoffnung ist, dass man vielleicht diese Tage, die es gebraucht hat, bis eine erste Reaktion gekommen ist, zumindest dafür genutzt hat, sich tatsächlich auch mit den vielen Expertin­nen und Experten, die es in dieser Republik gibt, zu vernetzen, und dass auch vielleicht die eine oder andere Anregung, die in Reaktion auf dieses Paket gekommen ist, tatsächlich noch umgesetzt wird. Ich glaube, da ist noch einiges einzuarbeiten. Da ist in der Ankündigung ja auch noch einiges offen.


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Ich nenne als Beispiel die Ankündigung des Gütesiegels. Ja, ich halte das für eine wichtige Maßnahme; ich will aber nur davor warnen, dass man nun wieder irgendetwas Neues schafft. Ich glaube, es gibt genug Expertise, mit der dieses Gütesiegel letztendlich vergeben werden kann. Ich habe immer ein biss­chen die Panik, dass dann wieder irgendetwas Neues entsteht, das man halt einmal macht. Greifen wir stattdessen auf die bereits vorhandene Exper­tise zurück! (Beifall bei der SPÖ.) Greifen wir auch auf die Expertise zurück, die es in Kinderschutzkampagnen schon gibt! Viele Organisationen machen bereits solche Kampagnen; wir brauchen da keine neue. Geben wir diesen Orga­nisationen die Möglichkeit, mehr Kraft für ihre Kampagnen zu entwickeln! Das ist ein ganz, ganz wichtiger und wesentlicher Bereich.

Die Organisation der Kinderfreude, aus der ich komme, der Dachverband der Kinderschutzzentren und viele andere mehr haben da die Expertise. Nutzen wir diese Expertise! Nutzen wir diese Expertise auch, wenn es darum geht, zum Beispiel die ganz, ganz wichtigen Gewaltschutzeinrichtungen zu schaffen, die wir als Erstanlaufstellen brauchen! Davon gibt es noch viel zu wenige, das wissen wir. Viel zu oft verstreicht zu viel Zeit, als dass man Taten auch tat­sächlich nachweisen kann. Da geht es oft um rasche Reaktionsmöglichkei­ten, und dafür braucht man vor Ort unbedingt die entsprechenden Anlaufstellen, das ist ganz wichtig und notwendig.

Eines möchte ich an dieser Stelle schon auch noch zur Kritik sagen, die von der FPÖ zu den Kinderschutzkonzepten gekommen ist: Ich komme aus einer Or­ganisation, die inzwischen bereits seit einigen Monaten ein Kinderschutzkonzept in der Praxis erprobt (Zwischenruf der Abg. Steinacker) und eigentlich eine der ersten in Österreich war, die eines gehabt hat, und kann sagen, dass das zu den ganz wesentlichen Instrumentarien gehört. Kinderschutzkonzepte in den Schulen und in den Kindergärten sind etwas ganz, ganz Wichtiges, denn sie rufen den handelnden Personen ins Bewusstsein, wie wichtig Kinderrechte und Kinderschutz sind. Darüber soll man sich nicht lustig machen, sondern soll


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vielleicht in seinem Bereich einmal versuchen, sich damit wirklich ausein­anderzusetzen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen), dann sieht man, was es tatsächlich bewirken kann.

Ein Bereich ist mir noch ganz wichtig: Es wurde schon über personelle Aufsto­ckungen gesprochen – ja, das ist wichtig. In dem präsentierten Paket fin­det sich das auf der Bundesebene im Bundeskriminalamt, aber nicht in den Lan­deskriminalämtern. Ich möchte schon appellieren, auch darauf zu achten, dass da nicht wieder Personen von A nach B verschoben werden. Wir brauchen mehr Polizistinnen und Polizisten, auch auf der Straße, und nicht nur in die­sem Bereich, aber in diesem Bereich ganz besonders. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Stefan. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.06.35

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein neu­es Thema ist es ja wahrlich nicht – gerade wir Vertreter der FPÖ und auch ich persönlich haben hier schon sehr viele Anträge eingebracht und sehr oft konkrete Vorschläge gemacht, und es wurde so gut wie alles weggewischt und abgelehnt. (Abg. Lukas Hammer: Was habts ihr in Regierungszeit gemacht? Das ist die Frage!)

Es braucht offenbar einen prominenten Fall, damit das Ganze diskutiert wird, und dieser prominente Fall zeigt ja alles, was hier heute angesprochen worden ist und was nun so beschworen wurde, und zwar genau in Bezug auf diese Schickeria, die dieses Thema in Wirklichkeit auch schon lange be­günstigt und kleinredet.

Wegschauen war das große Thema. Man hat verharmlost, man hat Frauen, die auch davon berichtet haben, dass es Gewalt gibt, nicht geglaubt. Das ist


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heute schon angesprochen worden. Man hat verharmlost, man hat toleriert, und es geht ja noch weiter: Es ist ja ganz interessant, wenn man in die linken Medien und auf Twitter schaut und sieht, wie das Ganze weggeredet werden soll. Der Prominente hatte auch noch 100 Gramm Kokain zu Hause – auch dieses Verfahren wird eingestellt. (Zwischenruf bei den Grünen.) Das ist ganz eigenartig. Da ist schon irgendetwas im Laufen, und ich glaube auch, dass man da weiter nachschauen muss, denn wenn es 50 000 Dateien gibt, dann ist wohl die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die nicht einer alleine gesam­melt hat, sondern dass es da einen Ring gibt. Man sollte da einmal in seinem Um­feld schauen, was da wirklich noch dahintersteht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist allerdings schön – Frau Kollegin Fürst hat es ja sehr anschaulich gezeigt –, dass die Grünen dieses Thema hier aufbringen, denn die grüne Geschichte, insbesondere in Deutschland, ist ja auch von dieser Sexualisierung der Kinder geprägt. Cohn-Bendit, ein Säulenheiliger der Grünen, ist ein sehr gutes Bei­spiel – widerlich, was der gesagt hat, wie schön das nicht ist, Sexualität mit klei­nen Kindern! Wenn Sie gescheiter geworden sind, würde ich mich freuen. Ich hoffe, dass es ehrlich ist. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass der eine oder andere Grüne mittlerweile selbst Kinder hat und merkt, dass das sehr wohl wichtig ist, dass man die Kinder schützt, dass das kein Spiel ist, und dass man nicht von Freiheit und was weiß ich was allem reden kann und in Wirklichkeit Kinder, die sich nicht wehren können, die das eben nicht selbst entscheiden können – deswegen gibt es ja den Kinderschutz –, da heranzieht.

Da möchte ich auch gleich auf ein Thema zu sprechen kommen, das heute hier nicht angesprochen wurde: diese Transgenderdebatte. Das ist ganz heikel und ganz gefährlich. Bitte beeinflussen Sie Kinder, die das noch nicht wirklich entscheiden können, nicht in die Richtung, dass es Hormonhemmer gibt und dass bei Minderjährigen Eingriffe gemacht werden! Das ist nicht mehr re­parabel. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das passiert mit derselben Argumentation, mit der die Grünen anfangs die Sexualisierung von


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Kindern betrieben haben. Das ist genau dasselbe: Kinder sind auch Men­schen, die sollen selbst entscheiden, und so weiter. Das soll – wie soll ich sa­gen? – kein politischer Vorstoß sein, sondern ein echter Apell: Bitte gehen Sie in sich, denken Sie daran, wie Sie als Grüne früher dieses Thema behandelt ha­ben und dass Sie inzwischen gescheiter geworden sind, und passen Sie auf, dass Sie nicht da wieder so einen großen Fehler machen, der noch dramatischer werden könnte! (Beifall bei der FPÖ.)

Vieles von dem, was heute präsentiert wurde, finde ich sehr gut. Wir haben viele von diesen Dingen ja schon lange ganz konkret gefordert. Ich denke zum Bei­spiel an das Tätigkeitsverbot, das ich, glaube ich, seit zehn Jahren hier in diesem Haus fordere, weil es mir wichtig ist, und das von allen anderen Parteien im­mer abgelehnt wurde. Da geht es nicht darum, einen Menschen zu stig­matisieren, sondern da geht es darum, dass der Schutz der Kinder wichtiger ist als die Möglichkeit für einen Menschen, seinen Beruf auszuüben, den er vielleicht wegen seiner Neigung oder weswegen auch immer ausüben will. Da geht es eben darum, dass man Menschen von allen Bereichen, wo sie mit Kindern zu tun haben könnten, fernhält.

Das ist ein ganz wichtiges Thema. Ich freue mich, wenn das jetzt wirklich umgesetzt wird. Wie gesagt: Gefordert habe ich das konkret schon seit zehn Jahren, es wurde immer abgelehnt. (Abg. Lukas Hammer: Ihr wart in der Regierung!) Kollegin Rosa Ecker hat es auch zum Beispiel jetzt gerade vor Kur­zem - - (Abg. Lukas Hammer: Ihr wart in der Regierung und habt die Justiz totgespart! – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Rauch.) – Nein, wir haben das nicht umsetzen können (Abg. Lukas Hammer: Ihr wart in der Re­gierung!), wir haben nichts totgespart. Ich würde sagen: Tragen Sie das bitte mit Ihrem Koalitionspartner aus! Wir haben da sehr gute Dinge, insbesondere mit dem Gewaltschutzpaket, vorangetrieben. (Abg. Neßler: Was?! ...!) Dass Sie das nicht erkannt haben und nicht mitgemacht haben oder damals gar nicht im Parlament waren, keine Ahnung, also das ist jetzt wirklich Ihr Problem – aber wie


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gesagt: Machen Sie sich das mit der ÖVP aus! (Beifall bei der FPÖ.) Dass die ÖVP hier nicht widerspricht, wundert mich sowieso.

Wenn es um Kinder geht, darf man auch die Coronazeit nicht ganz vergessen: was man den Kindern drei Jahre lang angetan hat, indem man sie keinen Sport hat treiben lassen (Abg. Schwarz: Stimmt ja nicht!), mit Masken in der Schule hat sitzen lassen, eingesperrt hat und so weiter. (Beifall bei der FPÖ.) Das darf man auch nicht ganz vergessen! Die Überschrift ist immerhin: „Kein Kind darf Opfer werden“ (Abg. Schallmeiner: ... Diskussion, oder was?!), also das wäre schon auch ein wichtiges Thema. (Abg. Amesbauer: ... grüne Geschichte! – Abg. Fischer: Wie bitte?!)

Die Erhöhung von Strafen ist nicht das Allheilmittel, aber wenn man sich die Relation von Vermögensdelikten zu Sexualdelikten anschaut, dann muss man schon sagen: Bei Vermögensdelikten kann man mit Geld etwas gutmachen, die Sexualdelikte, vor allem bei Jugendlichen, richten einen lebenslangen Schaden an – körperlich, aber zumindest psychisch, also das ist schon richtig.

Ja, wir werden bei dieser ganzen Diskussion dabei sein, wir freuen uns, aber wie gesagt: Bitte weiterdenken! Gehen Sie in sich, was wir vielleicht derzeit auch wieder anrichten könnten! – Es ist da viel zu tun, und die Kinder müssen es uns wert sein. (Beifall bei der FPÖ.)

10.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Pram­mer. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.12.12

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lie­be Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf Sie jetzt wieder in die Realität zurückholen (Ruf bei der FPÖ: Ach so?! – heftiger Widerspruch bei der FPÖ) – nämlich in eine Realität, in der wir das Tragen einer Stoffmaske nicht mit der Vergewaltigung eines Kindes gleichsetzen. (Beifall bei den Grünen und bei


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Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Amesbauer: Sie reden wirklich nur Blödsinn! Von Ihnen habe ich noch nie was Gescheites gehört! – Abg. Prinz: Halb so wild!)

Sexuelle Gewalt ist das Schlimmste, was man Kindern antun kann. (Abg. Ames­bauer: Nur Blödsinn, nur Schmarrn! Die kennt sich nirgends aus!) Die körperli­chen Verletzungen, die sie dadurch erleiden, mögen verheilen, was sie aber ein Leben lang mit sich herumtragen, sind die Verletzungen an der Seele, und auch mit noch so viel Therapie und mit noch so viel Sorge und liebevoller Auf­nahme kann man es oft nicht schaffen, das wiederherzustellen, was da­durch verloren geht.

Der Verlust des Vertrauens in Personen, bei denen man sich eigentlich aufgehoben fühlen sollte, Retraumatisierungen durch das einfache Anschauen ganz simpler Alltagsgegenstände, all das können diese Kinder ein Leben lang mit sich herumtragen, wenn wir sie nicht davor bewahren, dass sie solche Verletzungen überhaupt erleben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Es ist wichtig und daher auch ein Teil dieses Paketes, dass man diesen Kindern Hilfe zugutekommen lässt, indem man ihnen Therapie zur Verfügung stellt, nachdem etwas passiert ist. Noch viel wichtiger ist es aber, dass man all die Kin­der, die jetzt noch sicher sind, auch in dieser Sicherheit belassen kann, in­dem man vorsorgt, dass solche Verbrechen nicht mehr passieren können. Des­halb ist auch ein wesentlicher Teil dieses Paketes, Projekte wie das Projekt „Kein Täter werden“ umzusetzen und darauf sehr viel Energie zu verwenden, um Kinder wirklich davor zu schützen, überhaupt Opfer zu werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es darf weder dazu kommen, dass Menschen zu Ersttätern werden, noch darf es dazu kommen, dass Menschen, die bereits Täter waren, Wiederholungstäter werden. Auch deshalb wird auf die Prävention im Anschluss an den Strafvollzug sehr großes Augenmerk gelegt.


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Es ist wichtig, dass Täter wissen, dass sie erwischt werden. Deshalb ist es wichtig, in die Strafverfolgung zu investieren, und deshalb werden da auch massiv Mittel investiert, sowohl personell als auch dahin gehend, dass elektronische Tools zur Verfügung gestellt werden, mit denen diese Taten ausgeforscht und die Täter verurteilt werden können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was aber genauso wichtig ist, ist, dass die Organisationen, die sich um die Kinder kümmern, die Kinder betreuen, bei denen Kinder ihre Freizeit verbringen, dafür bürgen können, dafür garantieren können, dass die Kinder dort sicher aufgehoben sind. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass sie ihre Kin­der nur Organisationen anvertrauen, die auch deren Sicherheit und deren Integrität gewährleisten können. Deshalb ist es auch der richtige Weg, dieses Gütesiegel einzuführen.

Vorgeschriebene schriftliche Präventionskonzepte alleine führen dazu, dass es Papiertiger gibt, die in den Vereinen in Schubladen liegen, und man sagen kann: Ich habe ein Kinderschutzkonzept! – Das Gütesiegel, das nur in Zusam­menarbeit mit Kinderschutzorganisationen verliehen werden kann und er­worben werden kann, muss man sich erst verdienen, und dafür bedarf es einer wirklichen Auseinandersetzung damit, wie in der eigenen Organisation der Schutz der Kinder gewährleistet werden kann; und deshalb ist das eine so gute Lösung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kinder leiden an den Folgen von sexueller Gewalt ihr Leben lang, und genau aus diesem Grunde ist es so, dass wir mit jeder Gewalttat, die wir verhindern, einem Kind sein ganzes Leben retten. Deshalb ist dieses Paket so wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.



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10.16.54

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister:innen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und vor den Bildschirmen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich diese Betroffenheitsshow, welche die Regie­rungsparteien jetzt abgezogen haben, ärgert (Abg. Ottenschläger: Das ist unglaub­lich! – Ruf bei der ÖVP: Was?!), und es ist wirklich nur eine Show. (Beifall bei NEOS und FPÖ. – Abg. Ottenschläger: Was ist denn das für eine Frechheit?!)

Und ich kann Ihnen nachweisen, warum es nur eine Show ist. (Rufe bei der ÖVP: Unverschämt! ... „Betroffenheitsshow“?! – Abg. Steinacker: Das ist unglaub­lich! – Abg. Ottenschläger: Das ist ja wirklich unglaublich! – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Ottenschläger – sich von seinem Sitz erhebend –: Was soll denn das?! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Amesbauer und Ottenschläger.)

Ich liebe meinen Beruf als Rechtsanwalt, aber der hat auch Schattenseiten. So bleibt es uns als Anwälten nicht erspart, als Pflichtverteidiger mitunter Kin­derschänder, Menschen, die sich Bilder und Videos von Kindesmiss­brauch beschaffen und ansehen, zu verteidigen. Es ist schrecklich, es ist ver­störend und es ist belastend, mit solchen Darstellungen konfrontiert zu werden (Abg. Pfurtscheller: Du musst ja keinen Mandanten annehmen!), wie Kinder grausam gequält werden, wie sie vergewaltigt werden, mitanzusehen, wie da Kinderseelen (Abg. Steinacker: Missbraucht!) für das ganze Leben demoliert werden. (Abg. Steinacker: Missbraucht werden! Bringt nicht einmal das Wort raus und behauptet ...! – Abg. Meinl-Reisinger: Entschuldigung, er hat „vergewaltigt“ gesagt! Was ist jetzt los bitte?! )

Leider sind diese Fälle, in denen wir so tätig werden müssen, nicht selten, und noch dazu müssen wir von einer erschreckenden Dunkelziffer ausgehen. (Abg. Meinl-Reisinger: Ich meine, ich glaube ...! – Abg. Pfurtscheller: ... „Betroffen­heitsshow“ ...! – Abg. Meinl-Reisinger: Ja, die Betulichkeit ...! – Zwischenruf


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der Abg. Steinacker. – Abg. Haubner: Dürft nur ihr was sagen, oder was?!) Das, was zu Gericht gelangt, ist nur die Spitze des Eisberges, und alle diese Erfahrun­gen haben mich dazu bewogen, dass ich im Oktober 2020 diesen Ent­schließungsantrag eingebracht habe, der genau auf das abzielt, wofür Sie sich jetzt abfeiern lassen wollen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Genau! Zum Beispiel: Betroffenheitsshow!)

Es geht genau darum, Kinderschutz auszubauen, es geht darum, Kindesmiss­brauch zu vermeiden. (Abg. Wöginger: Ja tun wir eh!) Was ist mit diesem Antrag passiert? – Meine Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher, jetzt muss ich Ihnen erklären, wie das funktioniert: Jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit, Anträge einzubringen, wenn sie von fünf Kolleginnen und Kollegen unterstützt sind. Diese Anträge werden dann in einem Ausschuss behandelt und, wenn sie von einer Oppositionspartei eingebracht werden, zu 99 Prozent vertagt.

Da steht dann ein Mandatar einer Regierungspartei auf, erklärt mit salbungs­vollen Worten, dass das Anliegen des Antrages ja gut ist, dieser aber aus diesen und jenen Gründen vertagt wird, und genauso ist das auch mit meinem Antrag am 1. Dezember 2020, vor mehr als zwei Jahren, passiert. Passiert ist seither nichts. – Jetzt, da ein prominenter Fall auftaucht, jetzt kommt die Regierung plötzlich drauf: Da sollten wir etwas tun! – Das ist zwei Jahre zu spät, zwei Jahre und Tausende gequälte Kinderseelen zu spät! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Einmal mehr – so wie nach dem Terroranschlag des 2.11.2020 – geht es nur um Aktionismus. Die Fantasie endet hauptsächlich bei höheren Strafen, wir wis­sen aber aus der Strafrechtswissenschaft, dass das keinerlei Präventivwirkung entfaltet. (Abg. Steinacker: Der Ministerratsantrag umfasst acht Seiten mit de­taillierten Maßnahmen und nicht nur die Straferhöhungen! – Ruf bei der SPÖ: Ja, und? – Ruf: Und es ist auch kein Entschließungsantrag!) – Das ist ja gut so, aber warum ist das nicht schon zwei Jahre früher passiert? Warum hat jetzt ein prominenter Fall auftauchen müssen? (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)


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Es steht weder in den Zehn Geboten noch in der Bundesverfassung und auch nicht in der Geschäftsordnung des Nationalrates, dass Anträge der Oppo­sition immer vertagt werden müssen! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordne­ten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Steinacker: Tun wir auch nicht!)

Warum haben Sie damals diesen Antrag nicht aufgenommen? Das ist genau das, was wir jetzt hätten: Wir hätten jetzt schon zwei Jahre lang diese Maßnah­men, die Sie jetzt - - (Abg. Prammer: Nein, das war ein Entschließungsantrag! – Abg. Greiner: Man hätte ja etwas daraus machen können, bitte schön! – Ruf: Na, haben wir ja, darum gibt es ja jetzt ...! – Abg. Greiner: Zwei Jahre später!) – Doch, das ist so! Er hätte niemals vertagt werden müssen. Es geht um den Schutz der Kinder, es geht um den Schutz der Kinderseelen. Das war Ihnen gleich; jetzt gibt es einen prominenten Fall, jetzt ist es plötzlich wichtig. (Abg. Steinacker: Das ist echt eine Unterstellung!)

Ich richte daher jetzt zwei Forderungen an die Regierung und an die Regierungs­mehrheit in diesem Haus. Erstens: Setzen Sie alle Präventivmaßnahmen mit höchster Priorität und sofort um! Das duldet keinen Aufschub. Zweitens: Verabschieden Sie sich endlich von diesem unseligen systematischen Ver­tagen von Anträgen der Opposition! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

10.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

10.21.53Aktuelle Europastunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun im Anschluss zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Schluss mit der Spekulation. Wo bleibt Österreichs Einsatz
für leistbare Energie in Europa?“


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Ich darf dazu auch die Abgeordneten aus dem Europäischen Parlament recht herzlich in unserer Mitte begrüßen.

Als erstem Redner darf ich Herrn Klubobmann Leichtfried das Wort erteilen. Redezeitbeschränkung: 10 Minuten; er weiß es. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. Herr Klubobmann, bei Ihnen steht das Wort.


10.22.21

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin, schön, dass Sie hier sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte heute eine einfache Frage stellen: Warum geben wir eigentlich diese Milliarden und Abermilliarden an Hilfszahlungen für die Energiekosten aus? – Die Antwort darauf ist eine, die wir, glaube ich, jetzt noch gemeinsam geben können: weil der Energiemarkt völlig aus dem Ru­der gelaufen ist. Der Energiemarkt funktioniert weder in Europa noch in Österreich. Der Markt hat vollkommen versagt. (Abg. Meinl-Reisinger: ... über­haupt nicht! Er zeigt genau an, was das Thema ist!)

Die Frage ist: Was hat die Bundesregierung diese Situation betreffend gemacht? Sie sehen: Man sagt, der Markt habe versagt, und die NEOS regen sich auf. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein, Entschuldigung! Es gibt einfach zu wenig Energie, und der Preis geht hinauf! Wo versagt da der Markt?) Das ist eine typische Reak­tion dieser Partei.

Aber ich frage mich ja nicht, was die NEOS gemacht haben – die haben wie üblich nichts gemacht –, sondern ich frage mich: Was hat die Regierung gemacht? (Abg. Meinl-Reisinger: Entschuldigung, er gibt genau das richtige Signal! – Ruf: Also müssen wir noch mehr ...? – Abg. Meinl-Reisinger: Es ist so elend! Wir müssen etwas tun! Es ist doch so dumm, was Sie ..., so dumm! – Abg. Heinisch-Hosek: Blöd und dumm wollen wir nicht hören, Frau Kollegin!)

Sie hat sich geweigert, Markteingriffe vorzunehmen. Sie hat sich vor allem geweigert, auf europäischer Ebene Markteingriffe vorzunehmen. Markteingriffe wären das gewesen, was in dieser Situation unbedingt notwendig gewesen


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wäre, geschätzte Damen und Herren! (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja unfassbar! – Ruf bei der SPÖ: Marktschützerin! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das wäre die Lösung in dieser Frage gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Gegenteil ist leider passiert: Die Bundesregierung hat nicht nur keine Markteingriffe vorgenommen, nein, sie hat auf europäischer Ebene aktiv Markteingriffe verhindert. Drei Mal ist in den Protokollen der Räte nachzulesen, dass Markteingriffe verhindert wurden. Drei Mal wurde seitens unserer Bundesregierung und ihrer Verbündeten verhindert, dass dieses Meritordersystem irgendwie geändert wurde. Das wurde blockiert.

An all diejenigen, die sich jetzt über die Idee von Markteingriffen alterieren, am meisten die NEOS – ich verstehe ideologisch, dass sie das tun (Abg. Meinl-Reisinger: Wissen Sie, wovor wir Angst haben? Dass dank Ihrer Politik die Menschen ohne Energie da...!) –: Es ist ein Unsinn, denn andere Länder haben gezeigt, dass es geht. (Abg. Loacker: Ideologisch könnte ...!) Spanien, Portugal, Frankreich, sie haben die Energiepreise längst reguliert – längst reguliert! –, und diese Länder, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben Inflationsraten in der Höhe von ungefähr der Hälfte von jener von Österreich. Daran könnte man sich ein Beispiel nehmen und nicht in blinder Ideologie gegen Markteingriffe sein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Da ergänzen sich plötzlich die NEOS und die ÖVP großartig. Das ist schön zu sehen, und es ist schön zu sehen, dass das hier auch einmal so wirklich offensichtlich wird, geschätzte Damen und Herren. (Abg. Meinl-Reisinger: Wer fordert denn seit Monaten, dass Meritorder geändert wird? Meritorder ist ja auch ein Marktdesign!)

Auf den Finanzmärkten ist nicht mehr gehandelt worden, es ist nur mehr mit dem Leid der Menschen gespielt worden – und diejenigen, die das unter­stützt haben, haben das am Ende vor sich selbst und ihrem Gewissen zu verant­worten.


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Mit dem Festlegen eines Höchstpreises auf europäischer Ebene wurde ein erster Schritt getan – ein erster Schritt, der ein bisserl in diese Richtung des Markt­eingriffes geht –, aber natürlich behaftet mit den üblichen Problemen bei europäischen Entscheidungen: behaftet mit der Problematik, dass wieder die Bremser am Werk waren, und wieder hat Österreich zu diesen Bremsern gehört.

Der Oberdeckel ist wahrscheinlich viel zu hoch. Er verhindert Spekulation nicht und bewirkt wahrscheinlich überhaupt nichts. Dabei wäre es so wichtig ge­wesen, diese Inflation zu dämpfen.

Was bedeutet das jetzt für die Menschen in Österreich? – Die Preise bleiben hoch, die Preise bleiben nicht leistbar. Was bedeutet das für die Unter­nehmen? – Sehr, sehr viele Unternehmen sind insolvenzgefährdet; andere Un­ternehmen, die in der Lage sind, die Preise anzuheben, heben die Preise extrem an. Man braucht sich das nur bei den Grundnahrungsmitteln anzu­schauen: Schauen Sie einmal auf den Milchpreis, schauen Sie auf den Butterpreis! Die haben sich in einer Dimension verändert, die absolut inak­zeptabel ist.

Jetzt versuchen Sie, das mit einem Energiekostenzuschuss zu lösen – einem Energiekostenzuschuss, der im Grunde beschlossen ist, bei dem es aber keine Richtlinie gibt. Es ist davon auszugehen, dass die ersten Zuschüsse viel­leicht im Sommer kommen. Nur: Was passiert bis dahin? – Denjenigen, die die Preise nicht anheben können, geht es schlecht, sie sind insolvenzgefähr­det; diejenigen, die die Preise anheben können, werden die hohen Preise auch nach dem Zuschuss beibehalten. Das heißt, der Staat investiert in Unter­nehmergewinne, und ob das Sinn und Zweck der Sache ist, geschätz­te Damen und Herren, möchte ich wirklich bezweifeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben das bei den Coronahilfen schon einmal so gemacht, bei denen sehr viele Unternehmen viel zu wenig bekommen haben, einige Unternehmen viel zu viel, und diesen Fehler setzen Sie mit dem Energiekostenzuschuss jetzt noch ein­mal um. Sie sind da einfach nicht lernfähig!


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Eine Frage, die ich stellen möchte, lautet: Warum schauen Sie nicht nach Deutschland? – Deutschland hat durch den Gaspreisdeckel im Dezember die Inflation um 2 Prozent hinuntergedrückt – 2 Prozent auf einmal! Warum machen nicht auch wir hier einen solchen Gaspreisdeckel? – Damit wären viele Dinge gelöst. Damit könnten Sie endlich in Österreich erstmals die Inflation senken, und darauf warten die Menschen in diesem Land, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Derzeit – dafür tragen Sie, Frau Bundesminister, aber nicht Sie allein, dafür trägt die gesamte Regierung, dafür tragen die Abgeordneten der Regierungsfrak­tionen die Verantwortung – sind die Spekulanten, die Konzerne und die Millionäre die Gewinner, und die Verlierer, das sind die Millionen Menschen, die in Österreich leben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Steger.)

Ich kann Sie nur bitten, kann Sie nur ersuchen: Wir wollen in Österreich und in Europa eine Politik für die Millionen Menschen und nicht für die Millio­närinnen und Millionäre – machen Sie das so! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet – ich darf auch sie recht herzlich begrüßen – ist Frau Bundesminister Gewessler. – Bitte sehr, Frau Bundesminister.


10.28.51

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Geschätzte Abgeord­nete! Liebe Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Hohen Haus, aber natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ich bedanke mich sehr herzlich für die Einladung zu dieser Europastunde, die uns heute Gelegen­heit gibt, ein zentrales Thema hier im Hohen Haus zu diskutieren – ein The­ma, das letztes Jahr die Debatten, die Treffen auf europäischer Ebene ohne Zweifel dominiert hat und das uns auch heuer noch beschäftigen wird; so viel, glaube ich, kann man mit Sicherheit sagen.


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Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass ich heute die Möglichkeit habe, von unserem Einsatz zu berichten und auch ganz besonders von den Erfolgen, die wir auf europäischer Ebene erzielt haben, die wir in vielen Treffen der Energieministe­rinnen und Energieminister erzielt haben. Dass es viele waren, das haben auch Sie im Hohen Haus mitbekommen, weil es bei insgesamt zwölf Energiemi­nisterräten letztes Jahr auch zu Überschneidungen mit wichtigen Sitzungen im Nationalrat gekommen ist.

Herr Abgeordneter Leichtfried, Sie haben mir ja einmal vorgeworfen, ich würde das Hohe Haus nicht ernst nehmen, gerade weil ich hier vertreten wurde, um am Rat der Energieministerinnen und Energieminister in Prag teilzunehmen. Sie können mir glauben, ich habe mir diese Entscheidungen nie leichtge­macht, ich habe sie aber auch immer mit voller Überzeugung getroffen, weil im­mer klar war: Zentrale energiepolitische Weichenstellungen passieren nicht nur hier, national, sondern passieren auf der europäischen Ebene. Die Sicherheit unserer Energieversorgung, die Leistbarkeit unserer Energieversorgung sind Themen, die wir nur im europäischen Gleichklang bewältigen können.

Geschätzte Abgeordnete, ich bin froh, dass Sie mit der Wahl des heutigen The­mas meine Entscheidungen auch unterstützen, denn ja, Sie haben völlig recht: Energiepolitik ist europäisch, und die enormen Herausforderungen, vor denen wir als Union gestanden sind und noch immer stehen – darüber sollten wir uns keine Illusionen machen –, brauchen eine entschlossene und geschlossene europäische Antwort. Genau dafür habe ich mich in vielen Treffen im letzten Jahr starkgemacht und ich bin der festen Überzeugung, wir haben dort wichtige Entscheidungen getroffen.

Ich möchte auf diese kurz eingehen. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir uns noch einmal die Ausgangsposition vor Augen halten: Wir erleben da keine naturgesetzliche Entwicklung, sondern eine bewusste Manipulation der Energie­preise in Europa durch politische Entscheidungen außerhalb von Europa. Das geht nur, weil wir in der Vergangenheit Fehler gemacht haben. Russland hat


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uns an die Gasleine genommen (Abg. Loacker: Wir haben uns selber drange­hängt an die Gasleine!), und die Politik hat über weite Strecken dabei zugeschaut und uns sehenden Auges auch in diese Abhängigkeit gebracht. (Abg. Meinl-Reisinger: ... den Ring der Leine selbst um den Hals gelegt!) Jetzt zahlen wir den Preis für diese Abhängigkeit. (Ruf: Für den Green Deal zahlen wir ...!)

Russland hat im letzten Jahr immer wieder für Verunsicherungen auf den Märkten gesorgt – Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger hat es vorhin erwähnt –, Mengen verknappt, Preise getrieben und mit dieser Mengenverknappung den Preis gezielt in die Höhe getrieben. Über das bestehende Strommarktdesign führen, wie Sie wissen, diese Preistreiberei und diese hohe Abhängigkeit von importiertem Gas auch zu hohen Strompreisen, unter denen derzeit die Menschen und Unternehmen in unserem Land leiden.

Deswegen möchte ich Ihnen kurz einen Überblick darüber geben, was auf euro­päischer Ebene passiert ist. Was haben wir im letzten Jahr erreichen kön­nen? – Wir haben Anfang Oktober eine EU-Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise beschlossen. Das beinhaltet insbe­sondere Maßnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs in Spitzenzeiten, die Ab­schöpfung von Übergewinnen, eine Solidaritätsabgabe für fossile Ener­gieunternehmen sowie mögliche Unterstützungen für Klein- und Mittelbetriebe.

Die Umsetzung, die wir in Österreich gewählt haben – das haben wir hier im Hohen Haus auch schon diskutiert –, geht über die Mindestvorgaben auf
EU-Ebene deutlich hinaus. Der Energiekrisenbeitrag der Fossilindustrie betrifft Öl-, Gas- und Kohleunternehmen sowie Raffinerien: Gewinne aus den Jahren 2022, 2023, die mindestens 20 Prozent über dem Mittel aus 2018 bis 2021 liegen, müssen nach EU-Vorgabe zumindest zu 33 Prozent abge­schöpft werden. Wir gehen auf einen Satz von 40 Prozent, den wir in Österreich zur Anwendung bringen, der aber auf 33 Prozent gesenkt werden kann, wenn man in Erneuerbare investiert.


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Auch bei der Erlösobergrenze im Großhandel mit Strom für alle Technologien, die einen Erlös über 180 Euro pro Megawattstunde erzielen – das betrifft, Sie wissen es, Technologien wie Windkraft, Wasserkraft, Fotovoltaik, Biomasse –, haben wir uns in Österreich mit 140 Euro pro Megawattstunde für eine strengere Umsetzung entschieden. Auch da kann man den Betrag an­heben, wenn man gezielt und verstärkt in Erneuerbare investiert. Und das Stromverbrauchsreduktionsgesetz trägt dazu bei, den Stromverbrauch in Spitzenzeiten zu reduzieren. Indem wir das tun, sparen wir Gas und sen­ken damit die Preise.

Beim letzten Rat der Energieministerinnen und -minister am 19.12. haben wir drei weitere Notfallverordnungen beschlossen. Die Gassolidaritätsverord­nung – sie wird uns heute auch noch in einem weiteren Tagesordnungspunkt beschäftigen – beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen im gemeinsamen Gaseinkauf, den effizienten Betrieb der Gasinfrastruktur, Regeln für Solidaritäts­lieferungen zwischen Mitgliedstaaten im Sinne der Versorgungssicherheit und Maßnahmen zur Eindämmung von Spekulation und Preisvolatilität; insbe­sondere auch die Schaffung eines objektiven Vergleichsinstruments, also einer LNG-Benchmark.

Warum gibt es diese Reihe von Verordnungen? – Um die Gasversorgung abzusichern, die Unsicherheit und damit die Preisausschläge auch bei einer ge­ringen Liquidität der Märkte zu senken und durch einen gemeinsamen Gas­einkauf Kosten zu reduzieren. Das sind konkrete Maßnahmen, die wirken, und genau das machen wir! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Marktkorrekturmechanismus – er ist heute schon referenziert worden – legt einen Höchstpreis für den Terminhandel an der niederländischen Gasbörse TTF fest. Der Mechanismus wird nach klaren Kriterien ausgelöst: wenn der Preis im Frontmonat drei Tage lang über 180 Euro pro Megawattstunde liegt, wenn er höher liegt als der globale Durchschnitt. Die Verordnung enthält auch Sicherheitskriterien, die die Versorgungssicherheit, oder bei einem Gas­notfall, also wenn es dazu führt, dass man kein Gas mehr bekommt, auch ein


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Aussetzen des Mechanismus ermöglichen. Dieser Mechanismus war ein dringend notwendiger, lang verhandelter, hart umstrittener Schutzschalter gegen bewusste Marktmanipulation und Gasverknappung, wie wir sie im August letzten Jahres unter anderem erlebt haben.

Und die letzte Notverordnung – über diese haben wir, auch im politischen Diskurs, noch viel zu wenig gesprochen; ich glaube, sie ist eine der wichtigsten – war eine Genehmigungsverordnung, die bei der Beschleunigung des Aus­baus erneuerbarer Energien eine Rolle spielt. Sie ist damit eine der wichtigsten Maßnahmen, um uns aus der Abhängigkeit von fossilen Energien heraus­zubringen. Diese Verordnung enthält Vorschriften, um die Genehmigung von Energiewendeprojekten zu erleichtern, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, insbesondere ganz konkrete Verfahrensbeschleuni­gungen bei PV, Wärmepumpen, Solarthermie oder der Erneuerung beste­hender Anlagen.

All diese Notverordnungen tragen dazu bei, dass die Preise an den Energie­großmärkten bereits wieder gesunken sind. Das ist eine gute Entwicklung, und jetzt gilt es, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass die niedrigeren Preise auch rasch bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Damit es zu keinem Missbrauch kommt – auch das ist ein Thema, das uns ja gemeinsam beschäftigt –, haben sich sowohl die Bundeswettbewerbsbehörde als auch die E-Control gemeinsam in einer Taskforce zusammengetan, um die Preisentwicklung engmaschig zu überwachen, jedem Hinweis auf Manipulation nachzugehen, jedem Hinweis auf unlautere Geschäftspraktiken nachzugehen.

Auf nationaler Ebene haben wir infolge dieser europäischen Maßnahmen eine Vielzahl von Entlastungspaketen zur Abfederung der Energiepreise, zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen – ich habe es schon erwähnt – und viele weitere Maßnahmen gesetzt und wir werden sie auch weiter setzen.


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Wir handeln da nicht als Insel. Auch das, was wir national machen, ist europäisch eingebettet. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen, auf die man natürlich auf der einen Seite achten muss, aber es geht auch darum, die Belastungen für die Menschen abzufedern. Ich möchte die Maßnahmen nicht wiederholen: von der Stromkostenbremse über den Wohn- und Heizkostenzuschuss, den Energiekostenzuschuss, den Klimabonus bis zu einer weiteren Maßnahme, die wir heute auch in einem nächsten Tagesordnungspunkt behandeln, nämlich der Abfederung der Netzverlustentgelte – übrigens auch eine Forderung der Arbeiterkammer, die wir damit umsetzen.

Es ist aber vollkommen klar – damit komme ich zum Schluss meiner Rede –, dass wir noch nicht am Ende der Anstrengungen auf europäischer Ebene sind; ganz und gar nicht!

Wir sind noch lange nicht am Ziel. Es ist niemandem verständlich – wir haben es auch in diesem Haus mehrere Male diskutiert –, warum jemand, wenn er Strom aus 100 Prozent günstigen, erneuerbaren Energieträgern bezieht, wegen hoher Gaspreise jetzt einen viel höheren Strompreis hat. Das heißt, es muss gelingen, den Strompreis vom Preis der fossilen Energieträger abzukoppeln (Abg. Stöger: Tun!), gleichzeitig ein klares Investitionssignal für Erneuerbare zu schaffen. (Abg. Stöger: Frau Ministerin! Tun! Preisregeln!)

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass das Strommarktdesign verändert wird. Das war eine Forderung, die wir, die ich auch in zahlreichen Reden eingebracht habe und die jetzt erfüllt wird. (Abg. Stö­ger: Einfach tun!) Es ist jetzt die Konsultation auf europäischer Ebene, sie läuft bis 13. Februar. Die Konsultation konzentriert sich genau auf diese Frage des Marktdesigns. Das Ergebnis dieser Konsultation wird dann ein Vorschlag der Kommission sein – auf europäischer Ebene hat nämlich die Kommission die Möglichkeit, einen Vorschlag vorzulegen –, der noch im ersten Quartal erwartet wird. Angekündigt ist er jetzt für Mitte März, und ich werde mich bei den Verhandlungen im Rat selbstverständlich weiter dafür einsetzen, dass


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der Strommarkt stabile Rahmenbedingungen hat, die notwendigen Anreize für den Ausbau der Erneuerbaren setzt und dass es nicht weiter der Fall ist, dass die fossilen Energiepreise die erneuerbaren Energiepreise treiben, denn es ist ganz klar: Die Erneuerbaren sind unser Weg in die Zukunft und die güns­tigste Form, Energie zu erzeugen, die wir haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf auch hier noch einmal bekräftigen: Nicht nur ich setze mich dafür auf europäischer Ebene ein. Ja, die Räte der Energieminister haben sich am öftesten getroffen. Der Herr Bundeskanzler, der Herr Wirtschaftsminister, wir alle haben auf europäischer Ebene die gleiche Linie: Es braucht Refor­men, weil wie gesagt klar ist: Die Erneuerbaren sind unsere günstigste Form, Energie zu erzeugen. Sie finanzieren auch keinen völkerrechtswidrigen, militärischen Überfall in einem unschuldigen Nachbarland, und deswegen muss man hier weitergehen.

Ich lade auch alle ein, dass wir diese Diskussion in den nächsten Monaten auch auf EU-Ebene und hier im Haus konstruktiv begleiten.

Zum Abschluss lassen Sie mich daher auch hier wieder versichern: Ich werde auch dieses Jahr, also 2023, wieder auf den Räten der Energieministerin­nen und -minister sein. Mir ist es wichtig, dass Österreich da mit starker Stimme Verbesserungen einfordert. Mir ist es wichtig, dass da etwas weitergeht, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen, und zwar unabhängig zu werden von fossilen Energieimporten und ein Strommarktdesign zu haben, das uns beim Ausbau der Erneuerbaren weiterbringt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Graf. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.



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10.40.40

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Kollege Leichtfried, im Gegensatz zu Herrn Gusenbauer von der SPÖ haben wir damals nicht den Boden des Roten Platzes in Moskau geküsst, sondern wir haben in der Zwischenzeit Maßnahmen getroffen, um eben das, was jetzt durch den Angriffs­krieg passiert ist, einzudämmen. Wir haben die richtigen Maßnahmen getrof­fen, und das bestätigt auch „Focus Online“. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kucher – in Richtung ÖVP –: Wo du dabei warst! Wo du dabei warst!)

„Focus Online“ bestätigt, dass das Geschäft von Russland mit Erdgas und Erdöl, das seit 54 Jahren mit Europa besteht, zerstört worden ist. Indem wir eben gemeinsam mit Europa die richtigen Maßnahmen getroffen haben, haben wir dieses Geschäft zerstört, und es wird sich auch nicht mehr erholen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben gezeigt und unser Bundeskanzler hat es auch schon mehrmals gesagt, dass es nur gemeinsam geht. Wir können nur gemeinsam an Lösungen arbei­ten. Und eines ist schon klar, das sieht man in Europa: Die Maßnahmen, die wir getroffen haben, tragen eine rot-weiß-rote Handschrift. Wenn ich daran er­innern darf: Unser Bundeskanzler hat sich gemeinsam mit der Ministerin, mit un­serem Team dafür eingesetzt, dass das Gasembargo, das die Mehrheit der Mitgliedstaaten gefordert hat, nicht gekommen ist, weil das in Österreich massi­ve Auswirkungen gehabt hätte, die wir nicht tragen konnten. (Heiterkeit der Abg. Steger.)

Österreich steht Seite an Seite mit der Europäischen Union. (Abg. Steger: ... Or­bán eine Scheibe abschneiden!) Die Frau Ministerin hat es auch schon gesagt, es sind drei zentrale Punkte, die im Mittelpunkt stehen sollten:

Das ist zum Ersten einmal die Abhängigkeit von russischem Gas. Diese haben wir in Österreich von 80 Prozent auf 20 Prozent reduzieren können. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Europa hat das zusätzlich gemacht. Wir haben hier also die richtigen Maßnahmen getroffen.


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Durch die gemeinsame Gaseinspeicherung in der Europäischen Union haben wir den Winter abgesichert. Wenn ich daran erinnern darf: Im März wurden da­hin gehend von der Europäischen Union Pläne gemacht. Wir haben es sogar ge­schafft, bis zum Herbst 90 Prozent unserer Gasspeicher vollzubekommen, und diese sind, obwohl es im Dezember und Jänner einen Verbrauch gab, noch immer zu 80 Prozent gefüllt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wichtig ist da in Richtung Europa, dass unsere Solidaritätsabkommen auch abge­schlossen werden. Die Ministerin hat es bereits erwähnt: Im Dezember wur­den Solidaritätsabkommen abgeschlossen, und die sind ganz wichtig für uns. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

Zweitens müssen wir – die Frau Ministerin hat es gesagt – den Ausbau der erneuerbaren Energie forcieren. Diesen Ausbau brauchen wir, um nicht nur kurzfristig eine Unabhängigkeit zu erreichen, sondern langfristig. Daher ist es wichtig, dass wir unseren Ausbau forcieren. Europa ist mit 36,4 Prozent erneuerbarer Energie noch ein bisschen hintennach im Vergleich zu Österreich, würde ich sagen – wir haben da schon sehr viel gemacht. Das muss natür­lich mehr werden und das sollten wir auch unterstützen. Es gibt das Repower EU-Maßnahmenpaket, sodass wir glücklicherweise auch jetzt schon voran­schreiten. Wir werden im Februar im Umweltausschuss zwei Maßnahmen tref­fen: Einerseits ist das die Novelle zur UVP, und andererseits werden wir ein Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz schaffen, damit wir eben schneller ausbauen können, um diese Hindernisse auch zu bewältigen.

Drittens: Es braucht auch gezielte Unterstützung für Haushalte und energie­intensive Unternehmen. Dazu haben wir auch seitens Europa gemeinsam die Ausweitung des temporären Krisenrechtsrahmens beschlossen, und da ha­ben wir als Österreich auch sofort reagiert. Wir haben den Energiekosten­zuschuss eins beschlossen, und wir werden heute auch den Energiekostenzu­schuss zwei beschließen, durch den wir energieintensiven Unternehmen unter die Arme greifen werden, um den Preis niedrig zu halten.


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Was Europa auch gemacht hat, ist, dass die EU-Kommission vor wenigen Tagen Österreich staatliche Beihilfen in der Höhe von 100 Millionen Euro zugesi­chert hat. Damit wollen wir eben den Stromverbrauch in nachfrageschwache Stunden verlagern und so den Preis zumindest zu dämpfen versuchen.

Ich möchte auch an die Maßnahmen erinnern, die wir getroffen haben: Wir ha­ben eine Erlösobergrenze für die Energieversorger mit 180 Euro pro Mega­wattstunde beschlossen, wir haben auch die Solidaritätsabgabe von Unternehmen im Bereich Erdöl, Erdgas und fossilen Trägern beschlossen, die 33 Prozent ihrer Gewinne abgeben. Dadurch kann die Europäische Union 140 Milliarden Euro generieren, die den Konsumenten zugutekommen sollen.

Es zeigt sich: Wir werden nur gemeinsam etwas bewältigen können.

Ich darf mich in diesem Sinne auch bei Ihnen für Ihren Einsatz bei den Energie­räten bedanken.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Tanja Graf (fortsetzend): Wie unser Bundeskanzler Nehammer schon gesagt hat: „Aus den Schwächen sind wir aufgefordert, Stärken zu entwickeln“. Das machen wir gerade, denn aus jeder Krise ergibt sich auch eine Chance, die wir nutzen sollten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rauch.)

10.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte sehr.


10.46.14

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In unserer Gesellschaft laufen einige Dinge grundlegend falsch. Es gibt im Leben Dinge, die jeder von uns braucht: etwas zum Essen, etwas zum Anziehen, jeder und jede braucht ein Dach über dem Kopf, aber auch eine Heizung und Strom, um nicht im Kalten zu sitzen. Und trotzdem, obwohl diese


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Dinge so lebensnotwendig sind, wird genau mit diesen – oder zumindest machen das einige – grundlegenden Bedürfnissen Profit gemacht.

Ich weiß schon, zu dem, was ich sagen werde, sagen jetzt einige, das ist radikal, aber: Energie ist ein Grundbedürfnis von uns allen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie muss verlässlich zur Verfügung stehen, sie muss solidarisch geteilt werden, und deshalb muss sie vor allem leistbar sein und sollte nicht das Geschäftsmodell von anderen sein, die sich jetzt mit horrenden Energiepreisen die Taschen vollstopfen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Tanja Graf.)

Das sollte nicht passieren, denn was wirklich radikal ist, sind ja die Ergebnisse (Zwischenruf des Abg. Hörl), die aus dem, was sich hier abspielt, folgen; auch an sozialen Dramen, mitten in Österreich, einem der reichsten Länder dieser Welt: Wenn die Gasvorschreibung einer Pensionistin in Oberös­terreich plötzlich pro Monat nicht mehr 171 Euro beträgt, sondern 937 Euro! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Bitte, was kann man sich da aufregen? – Das ist die Situation, die sich tagtäglich abspielt. (Beifall und Bravo­rufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Weidinger und Deimek.) Das ist keine Verdoppelung, das ist keine Verdreifachung, das ist eine Vervier­fachung der Gasvorschreibung! Wie soll die Pensionistin das bezahlen? (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Ich sage es Ihnen, da brauchen Sie nicht raus­zurufen: wenn wir endlich den Vorschlag der SPÖ für einen Gaspreisdeckel beschließen. Das wäre notwendig, die Preise müssen runter! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas, denn es geht ja nicht nur um das Gas. (Abg. Lukas Hammer: ... geht um Klimaschutz!) Die Zahlen der Statistik Austria, wenn man die Jahre 2021 und 2022 vergleicht, zeigen: Gas – plus 80 Prozent, Heizöl – plus 90 Prozent, Fernwärme – plus 30 Prozent, Strom – plus 11 Prozent. Diese Energiepreise heizen die Inflation unglaublich an, und es trifft zumindest in Österreich uns alle. (Abg. Hörl: ... war das in Wien?)


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Wir sind aber jetzt in der Aktuellen Europastunde und da lohnt sich auch ein Blick zu unseren EU-Nachbarn und wie es dort mit der Inflation aus­schaut: Spanien, Portugal, Frankreich (Abg. Wurm: Schweiz!) – dort wurden die Energiepreise reguliert (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer) und im Ergeb­nis – schau an, schau an! – haben diese Länder heute niedrigere Inflationsraten. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Es wäre also doch etwas möglich gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung wollte aber nicht. Die ÖVP ohnehin nicht, und auch die Grünen, auch Sie, Frau Ministerin, haben am Anfang dieser Krise erklärt: Wir sehen keinen Bedarf, jetzt in den Markt einzugreifen. Da haben Sie klar bewiesen, auf wessen Seite Sie stehen. Es wäre nämlich die Aufgabe der Bundesregierung gewesen, sich auf europäischer Ebene nicht für die freien Märkte und für die Heiligkeit der Marktordnung einzusetzen, sondern sich auf die Seite der Menschen in Österreich zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass die österreichische Regierung drei Mal – drei Mal!; Kollege Leichtfried hat es schon ausgeführt – eine Ände­rung des Meritordersystems blockiert hat. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) – Ja, Sie haben sich heute dafür ausgesprochen, aber monatelang hat sich die österreichische Bundesregierung quergestellt.

Auch die Abschöpfung der Übergewinne betreffend, die jetzt so positiv angeführt worden ist: Da ist man in Österreich auch erst tätig geworden, als ein Vorschlag vonseiten der EU gekommen ist, und das auch nur so weit, dass es ja nicht zu allzu großen Abschöpfungen kommt. Wir haben einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, wonach man 6 bis 8 Milliarden Euro hätte abschöpfen können. Wie viel schöpfen Sie jetzt ab? – 1 bis 2 Milliarden Euro. Da haben die Korken geknallt an dem Tag, als Sie Ihr Paket vorgelegt haben. Die Energie­konzerne können sich freuen: Den Großteil der Gewinne behalten sie ein. (Beifall bei der SPÖ.)


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Der Punkt ist: Es geht ja jetzt weiter mit der Spekulation. Ja, die EU hat einen ersten richtigen Schritt gesetzt, es gibt jetzt einen Höchstpreis für Gas, der auf europäischem Boden gehandelt werden kann, aber dieser Höchstpreis liegt wieder um ein Vielfaches über dem Marktpreis, und somit wird sozu­sagen weiterhin gewettet werden, was den Gaspreis betrifft. Und ja, das treibt die Preise in die Höhe. Und ja, wir wollen das nicht akzeptieren, dass auf Kosten der Menschen, die jetzt unter der Preisexplosion leiden, einige wenige das große Geld machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht eine Umverteilung im Sinne der Bevölkerung. Wir müssen das Problem an der Wurzel packen. Was braucht es dafür? – Eine Regulierung der Gas- und Strompreise. Das bisherige System ist gescheitert. Die Liberali­sierung des Energiemarktes war ein Fehler, die Privatisierung des Energiemark­tes war ein Fehler. (Beifall bei der SPÖ.) Es braucht ein Ende der Spekula­tion, es braucht endlich eine Finanztransaktionssteuer. Verhindern Sie diese nicht länger, liebe ÖVP! Es geht um Grundbedürfnisse von uns allen, die müssen gedeckt sein und die sind nicht für die Profitmaximierung von anderen da. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Da schaut er, der Hörl!)

10.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steger. – Bitte sehr.


10.51.31

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir haben heute wieder einmal eine Aktuelle Europastunde der SPÖ auf der Tagesordnung, in der sie, wie schon bei der letzten Sondersitzung auch, wieder versucht, sich als Kämpfer gegen die Teuerung zu verkaufen. Obwohl natürlich außer Frage steht, wer zurzeit in Österreich die Verantwortung für diese katastrophale Energie- und Teuerungspolitik trägt, zwingen Sie mich heute leider aufgrund der ausufernden Absurdität und Unredlichkeit Ihrer Politik, mich mit Ihnen zu beschäftigen,


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werte SPÖ, und Sie zu fragen, ob Sie wirklich ernsthaft glauben, dass Ihnen das in Österreich noch irgendjemand abkauft. Glauben Sie, es glaubt Ihnen noch irgendjemand? Ich kann es Ihnen beantworten: Nein, es glaubt Ihnen schlicht und ergreifend kein Mensch mehr! Sie machen in Sachen Glaubwürdig­keit mittlerweile der schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten Konkur­renz, und das will etwas heißen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Nachrichten, E-Mails, ja sogar Briefe ich in den letzten Monaten von Menschen bekommen habe, vor allem aber von Wienerinnen und Wienern, die sich das Leben nicht mehr leisten können, das Heizen, den Strom oder die Mieten, und denen es mittlerweile furchtbar sauer aufstoßt, dass Sie ständig versuchen, sich als Kämpfer gegen die Teuerung aufzuspielen, während Sie in Wahrheit in den letzten Jahren bei den wesentlichen Inflationstreibern überall mit dabei waren. Sei es bei der Coronalockdownpolitik, bei den EU-Schulden und bei der Geldpolitik, beim Klimafanatismus oder auch bei den Russlandsanktionen, Sie sind seit Jahren bei all diesen Themen auf der Kriechspur der ÖVP und der Europäischen Union, gemeinsam mit allen anderen Parteien in diesem Haus, während die FPÖ die einzige Partei ist, die das alles aufzeigt und konsequent ablehnt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie tragen genauso Mitschuld an dieser Kostenlawine und jetzt kommen Sie mit irgendwelchen Symptombekämpfungen, mit Pflastern daher, genauso wie diese Bundesregierung, anstatt endlich die wirklichen Ursachen einzugestehen. Aber ich verstehe schon, warum Sie das nicht tun: Das wäre nichts anderes als ein Schuldeingeständnis, sehr geehrte Damen und Herren.

Und das Schlimmste – wirklich das Schlimmste, das muss ich Ihnen auch einmal sagen, und das merken auch viele Menschen – ist, dass Sie gerade dort, wo Sie die Verantwortung tragen, die Situation sogar noch viel weiter ver­schlimmern und die Menschen in die Armut führen. Frau Klubobfrau Rendi-Wag­ner, erklären Sie der Bevölkerung einmal, wie sich dieser Spagat eigentlich


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ausgehen soll, wenn Wien im krassen Widerspruch zu all dem steht, was Sie hier auf Bundesebene fordern! In Wien haben Sie alles erhöht, alle Gebühren: Kanal, Wasser, Müll, alles teurer geworden. Sogar das Parken oder die Bäderta­rife bleiben nicht verschont, sodass es sich sozial Schwächere halt nicht mehr leisten können, ihre Kinder zum Schwimmen zu bringen. Auch bei den Mieten schauen Sie zu, wie sie ins Unermessliche steigen. Sozialer Wohnbau – das war einmal.

Doch am unglaubwürdigsten sind Sie tatsächlich bei den Energiekosten. Fernwärme: Erhöhung um 92 Prozent. Wien hat laut Energiepreisindex mittler­weile die höchsten Energiekosten, die höchsten Gaspreise in ganz Europa. Wien hat doppelt so hohe Energiekosten wie das kapitalistische Lon­don oder Paris. Ein Wiener zahlt zwölf Mal mehr für Gas als etwa ein Kunde in Budapest. (Abg. Hörl: Hört, hört!) Ist das Ihre Form der Sozialpolitik? Erklä­ren Sie das einmal, werte SPÖ! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, das können Sie nicht erklären. Das können Sie auch nicht einfach wegreden, da hält der Anspruch mit der Wirklichkeit der Tat nicht mit. Ge­nau deswegen sind Sie beim Thema Teuerung auch so unglaubwürdig und genau deswegen haben Sie auch bei der vergangenen Wahl in Niederösterreich dieses Minus abkassiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Werte Kollegen von Schwarz-Grün, aber auch an die anderen Parteien in diesem Haus: Sie alle tragen die Verantwortung für diese hohen Energiepreise. Sie schauen zu, wie Industrie und Wirtschaft zerstört werden, wie Arbeiter verar­men, wie Pensionisten mittlerweile im Schlafsack in der Wohnung sitzen müssen – aus Angst davor, die Heizung hochzudrehen. Alles, was Sie dagegen auf den Weg bringen, ist in Wahrheit nichts anderes als ein milliarden­teures Strohfeuer ohne Nachhaltigkeit. Wenn Sie nicht endlich bereit sind, wirklich die Ursachen anzugehen, dann wird das auch so bleiben.

Fangen Sie erstens wirklich einmal damit an, einzugestehen, dass eine der we­sentlichen Ursachen nicht nur die Coronalockdownpolitik war, die ganze


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Produktionsketten zerstört hat und das Angebot am Markt massiv verknappt hat, sondern auch die EU und die EZB und ihre Geldpolitik, ihre Schulden- und Umverteilungspolitik.

Seien Sie auch endlich einmal dazu bereit, Ihren irrationalen Klimafanatismus zu überdenken! Ja, Sie negieren sogar jeglichen Zusammenhang von
CO2-Steuern, Emissionshandel und vielen weiteren klimapolitischen Maßnahmen und der Teuerung. Das kann ich nur noch als vollkommene Realitätsver­weigerung bezeichnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn es Ihnen aber mit der Entlastung der Österreicherinnen und Österreicher wirklich ernst sein sollte, müssten Sie vor allem eines machen: Sie müssten endlich für ein Ende dieser Sanktions­politik sein. Man kann nicht für niedrige Energiepreise sein und gleichzei­tig die Sanktionen unterstützen. Das geht sich schlicht und ergreifend nicht aus. (Beifall bei der FPÖ.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.56.50

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, bei dem Titel dieser Aussprache „Schluss mit der Spekulation [...]“ vonseiten der SPÖ wäre es natürlich ver­lockend gewesen, so eine Rede wie Kollegin Steger zu halten (Abg. Wurm: Die war gut! – Abg. Steger: Können Sie nicht!), aber ich glaube, dieses Thema ist zu ernst, als dass wir das jetzt mit so parteipolitischem Geplänkel hier abhandeln sollten. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: Das ist jetzt aber sehr sachlich! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Kollege Leichtfried, du sagst, der Markt hat versagt, und fragst, warum wir überhaupt so viel eingreifen müssen. – Beim Gas hat der Markt nicht versagt. (Abg. Stöger: Na geh!) Das ist kein Marktversagen, der Preis ist Ausdruck


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einer Knappheit. Wir sind von einem Energieträger abhängig, den wir nicht selbst haben. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Wir haben das immer wieder kritisiert, dass das eine Gefahr bedeutet, weil wir von den Launen von Dik­tatoren abhängig sind, weil wir von einem Energieträger abhängig sind, den wir nicht selbst haben und der noch dazu endlich ist, das heißt, per definitio­nem immer weniger wird. Wir haben davor immer gewarnt. Euch war das immer egal, ihr habt das immer weggenickt, Hauptsache, es ist alles billig. Und wir ziehen jetzt euren Karren aus dem Dreck. (Beifall bei Abgeordneten der Grü­nen. – Abg. Stöger: Na geh!)

Aber das ist der Grund, warum Gas so teuer ist, bei Strom ist das ein bisschen diffiziler, und das wisst ihr.

Was mich wundert, ist, wie populistisch vonseiten der Sozialdemokratie dieses energiepolitische Thema geführt wird. (Abg. Stöger: „Populistisch“?!) – Ja, populistisch. Ihr tut so, als ob die hohen Gaspreise nichts mit dem Krieg zu tun hätten, das sei die Unfähigkeit einer Regierung. Jede Maßnahme der Bun­desregierung, egal ob zur Abfederung der Teuerung oder zur Reformierung eines europäischen Strommarktdesigns, wird einfach negiert. Ihr haut in populis­tischer Art und Weise drauf, die euch aber nichts bringt. Ihr bereitet den Boden für diese Fraktion, für die FPÖ, vor; ihr habt das am vergangenen Sonntag gesehen. Euch bringt das nichts. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Aber lassen Sie mich vielleicht noch ein paar Gedanken ausführen, weil es ja um ein leistbares Energiesystem geht. Was heißt denn: ein leistbares Energie­system der Zukunft? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Aus meiner Sicht basiert das Ener­giesystem der Vergangenheit – ich habe es schon erwähnt – in ganz Euro­pa auf vergleichsweise billigem Öl und Gas, das wir fast ausschließlich aus dem Ausland zukaufen müssen, und wir alle können uns dieses alte Energiesys­tem schon lange nicht mehr leisten. (Abg. Belakowitsch: Das alte haben wir uns schon leisten können, Herr Kollege!) Es bläst jährlich Milliarden Tonnen CO2 in die Luft, verursacht Milliarden Euro an Folgekosten. (Abg. Belakowitsch: Das


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alte haben wir uns schon leisten können, das, was Sie ..., ist unbezahlbar!) Die­ses Energiesystem bringt uns direkt in eine Klimahölle. Ja, ich weiß, dass Sie die­se leugnen, aber es bringt uns in eine Zukunft, die wir nicht erleben wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir können uns aber auch gleichzeitig die aktuelle Situation nicht leisten, weil Gas, aber auch Strom derart teuer und somit eine unglaubliche Belastung für Haushalte und auch Betriebe sind. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Was wir in Österreich und auch in ganz Europa dafür tun: Wir haben uns dafür entschieden, sehr viel Geld in die Hand zu nehmen, um Haushalten und auch Betrieben zu helfen. (Abg. Kassegger: Wessen Geld ist das denn? Ist das Ihr Geld, Herr Kollege?) Wir haben eine Strompreisbremse eingeführt, wir ha­ben einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen eingeführt und so weiter. Wir können tatsächlich viele der Effekte abfedern, aber nicht alle. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Kollege Kassegger! Du hast vollkommen recht: Das ist Steuergeld, und wir können uns das auf Dauer nicht leisten. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass wir das Problem bei der Wurzel packen müssen. Vielleicht sind wir uns aber nicht einig darüber, was die Wurzel ist. (Beifall bei den Grünen.)

Bei einem leistbaren Energiesystem der Zukunft geht es nicht darum –und nun schaue ich wieder zur SPÖ –, Öl und Gas weiterhin so billig haben zu wollen, wie ihr das wollt, mit einem Gaspreisdeckel irgendwo bei 50 Euro. (Abg. Belakowitsch: Also soll es teurer werden?!) Darum geht es nicht. Wir können es uns auch nicht weiter leisten, derart verschwenderisch mit Energie umzu­gehen. (Abg. Belakowitsch: Also wird es teurer?! –Zwischenruf des Abg. Wurm.) Es kann, darf und wird auch kein Zurück in dieses alte, teure Energiesystem geben. Wir brauchen mehr Energieeffizienz und vor allem einen Umstieg auf Er­neuerbare. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Steger: Was heizen Sie?) Die­ser Umstieg ist keine Schocktherapie, es geht um einen gerechten Übergang, bei dem wir niemanden zurücklassen. Deswegen haben wir auch sehr viele


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Unterstützungsmaßnahmen. (Abg. Steger: Aber es wird teurer und ist nicht mehr wettbewerbsfähig!)

Wir hören in diesem Hohen Haus aber auch immer wieder die Zweifler, die Bremser und die Blockierer, diejenigen, die sagen, dass das alles nicht geht, und die die Klimaschützer kritisieren und sich selbst an uralten fossilen Posi­tionen festkleben, um die Profite von Energiekonzernen und Gasoligarchen zu schützen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Ich sage Ihnen: Eine andere, eine leistbare und eine klimafreundliche Energie­zukunft ist möglich, und sie hat bereits begonnen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Leichtfried: Der erste Teil der Rede wäre eines Loacker würdig gewesen! )

11.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist die Europaparlamentarierin Claudia Gamon. – Bitte.


11.02.04

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, wieder hier zu sein. Es hat immer noch das Feeling des Wohnzimmers meines Großvaters.

Die österreichische Bundesregierung befindet sich meines Erachtens seit Kriegsbeginn in einer Mischung aus Schockstarre, Widersprüchen, Beruhigungsrhetorik und Untätigkeit. Das betrifft ganz viele Bereiche, zum Beispiel auch die Verteidigung und die Sicherheitspolitik. (Abg. Leicht­fried: Das hätte ich vermutet!)

Bei manchen Redebeiträgen muss man jetzt wirklich den Kopf schütteln. Was da alles an Falschem gesagt wird, tut einem fast körperlich weh. – Jetzt nur in Richtung der SPÖ, zum Kollegen Leichtfried: Den Markt betreffend kann ich in diesem Fall dem Kollegen von den Grünen nur zustimmen. Was sagt uns


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denn der Markt? – Wir haben zu wenig Energie, es gibt zu wenig Gas. Die Signale funktionieren schon. Es ist so teuer, weil nichts da ist. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, die Kosten zu subventionieren. Man muss sich aber nur einmal vor Augen führen, was denn passiert wäre, wenn diese Fantasien der SPÖ wahr geworden wären. Sagen wir einmal: Die SPÖ hätte sich ein europäisches Gesetz gewünscht, in dem festgeschrieben wird: Wir zahlen nur mehr so und so viel Geld für das Gas. Wenn man sich so durchgesetzt hätte: Was haben wir dann? – Licht aus in Europa! (Abg. Leichtfried: Das war nicht unser Antrag!) Das ist nämlich die Politik der SPÖ: Licht aus für den gan­zen Kontinent! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Leichtfried: Das ist nicht unsere Idee!)

Zur Kollegin Steger: Wenn Sie irgendjemanden für die hohen Preise ver­antwortlich machen wollen, dann melden Sie sich doch bitte beim richtigen Ad­ressaten: Wladimir Putin ist nämlich dafür verantwortlich, dass Europa un­ter diesen hohen Preisen leidet. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steger: Die Inflation gab es schon vor dem Krieg!)

Das, was Sie hier vorschlagen, ist das, was wir immer schon von der FPÖ gehört haben: Wenn wir uns nur genug anbiedern, dann wird er schon mit dem Preis runtergehen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das ist nicht die Strategie, die ein selbstbestimmtes, freiheitsliebendes Europa umsetzen sollte. In die­sem Sinne betreiben wir nämlich unsere Energiepolitik. (Abg. Steger: Und wie er­klären Sie sich die Steigerung der Energiepreise vor dem Krieg?)

Im Übrigen haben wir sehr viel gutzumachen, was das betrifft. Wir müssen Jahrzehnte energiepolitischer Sabotage im Interesse Russlands in sehr kurzer Zeit rückgängig machen. Das ist eine enorme Herausforderung für die ganze Europäische Union, vor allem aber auch für Staaten wie Österreich, die einen wesentlichen Beitrag zu dieser Sabotage geleistet haben. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Die EU legt im Bereich Energiepolitik vor: Turbo für den Ausbau von Erneu­erbaren durch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren; Maßnahmen


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zur Verringerung des Stromverbrauchs; Abschöpfung von Zufallsgewinnen, weil dadurch die Entlastung für Bürgerinnen und Bürger finanziert werden soll; weiters eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, den Stromverbrauch zu Spitzenzeiten zu senken sowie Mindestverpflichtungen zu Gasspeicherungen. All das ist von europäischer Ebene innerhalb von nicht einmal einem Jahr ge­kommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Es ist wirklich beachtlich, was da - - (Zwischenruf der Abg. Steger.) – Entschuldigung, ich verstehe nicht, was Sie da jetzt hereinschreien! Wenn, dann bitte einer nach dem anderen und nicht alle auf einmal, dann kann ich auch darauf antworten!

Auch die Stadt Wien legt vor: Mit dem neuen Raus-aus-Gas-Paket ist jetzt wirklich auch endlich ein Pfad geschaffen worden, mit dem auch die Wienerinnen und Wiener eine Zukunft und eine Perspektive haben. Es gibt einen Ausblick darauf, wie das ausschauen kann, dass sie spätestens bis 2040 keine Gasthermen mehr in den Wohnungen haben und vom Import fossiler Energie nicht mehr abhängig sein werden. Das leistet die Stadt Wien für ihre Bürger:innen, nämlich: Raus aus Gas! (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Was mir in Österreich fehlt, ist manchmal auch die Klarheit hinsichtlich der Dringlichkeit, in der wir uns generell befinden, und zwar was die Energiepolitik betrifft, aber auch im Zusammenhang mit unserer Freiheit ganz allgemein und unserer Freiheit auch im Hinblick auf die Klimakatastrophe. Diese Dringlich­keit merkt man nicht, wenn wieder über neue Projekte gesprochen wird. Von der einen Seite kommt dann: Windräder nicht bei uns! Wir haben schon ge­nug! Sie verschandeln die Landschaft! –Das kommt dann von jenen, die über Jahrzehnte hinweg ihre Gegenden verschandelt haben, indem sie die Vor­plätze mit riesigen Shoppingcentern zubetoniert haben. Jetzt aber küm­mert man sich um die Landschaft. (Beifall bei den NEOS.)

Ich nenne aber auch Beispiele dafür – und diesfalls bin ich eh froh, wenn es vorbei ist –, was die Grünen über Jahre lang gemacht haben: Sie haben


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jedes Wasserkraftwerk, freie Flächen für PV oder auch Netzinfrastrukturpro­jekte verhindert. Es ist auch ihre Verantwortung. (Beifall bei Abgeordne­ten der NEOS.) Wenn es jetzt nicht mehr so ist, dass man jedes wesentliche Infrastrukturprojekt verhindert, bin ich sehr froh darüber! (Abg. Wurm: Freiheitlich wählen!) Sie haben etwa einen Beitrag dazu geleistet, dass zum Bei­spiel die Salzburgleitung über die Jahre in Brüssel zum absoluten Witz­projekt geworden ist. – Nun gut.

Die Bürger:innen ziehen im Übrigen mit: Laut der neuen Eurobarometerstudie ist die Zustimmung für erneuerbare Energieprojekte so hoch wie nie zuvor. Wir sollten diese Zeit wirklich so gut nutzen wie nur möglich, um Freiheit zu schaffen, und zwar Freiheit für die Europäische Union, vor allem aber auch Freiheit für unsere Bürgerinnen und Bürger, damit sie wissen, dass die Zukunft erneuerbar und leistbar ist. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wurm: Freiheitlich wählen! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte.


11.07.16

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sollten in dieser Debatte etwas nicht vergessen: Es ist nicht einmal ein Jahr her, dass der verheerende Krieg in der Ukraine von Russland begonnen wurde und dass wir aufgrund dessen mit enormen Herausforderungen konfrontiert wurden. Wir waren als gesamte Republik und als Europäische Union in einer Situation, in der wir nicht einmal wussten: Können wir die Wohnungen überhaupt heizen? Können wir unsere Industriebetriebe mit der entsprechenden Energie aufrechterhalten und somit auch Arbeitsplätze erhalten? Können wir letztendlich auch die Versorgungssicherheit gewährleisten?


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Das ging so weit, dass die Bundesregierung in Österreich Notfallprogramme in dem Sinn entwickelt hat: Was passiert wirklich, wenn der Strom fehlt? Was machen wir dann etwa in einer Molkerei? Was machen wir in der Ener­gieversorgung? – Allerdings hat nicht einen Tag, seitdem dieser Krieg ausgebro­chen ist, in Österreich irgendwo der Strom gefehlt. Es ist nirgendwo das Licht ausgegangen, es ist es in keiner Wohnung kalt geworden beziehungsweise hat kein Produkt des täglichen Lebens gefehlt. Das ist eine hervorragende Leistung, dazu kann man nur gratulieren! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn wir heute mit einem hohen Energiepreis konfrontiert sind, dann dürfen wir auch da Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln. Betref­fend Wirkung tun wir etwas: Mit der Strompreisbremse aktivieren wir jetzt ein umfassendes Programm, das bis zu 500 Euro pro Haushalt bringen wird, das die Wirtschaft und Industrie unterstützen wird, indem wir genau dieses System aufrechterhalten – das wirkt. Die Strompreisbremse funktioniert, und das gilt auch für die Anpassungen im Strommarkt. Massiv in den Markt einzugreifen, hier umzukrempeln und umzubauen würde zu extremen Verunsicherungen, zu Verknappungen und vielleicht bis hin zu einer Versor­gungsunsicherheit führen. Daher ist auch dieses SPÖ-Ideal abzulehnen, hier noch stärker einzugreifen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das ist doch nur Ihre alte Leier: Weiterhin Murks nach Marx! Das hat noch nie funktioniert und das wird auch weiterhin nicht funktionieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir die Wirkungen jedoch langfristig beheben wollen, müssen wir an die Ursachen herangehen, und eine Ursache ist natürlich die Importabhängigkeit von Energie und vor allem von fossiler Energie. Wenn wir zwei Dinge auf einmal erledigen können, dann genau im Energiebereich.

Wir sind mit dem Klimawandel, der größten Herausforderung, die unsere Generation zu stemmen hat, konfrontiert, und wir haben jetzt die einmalige Chance, unser Energiesystem so umzustellen, dass wir hin zu erneuerbaren


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Energien kommen, dass wir noch mehr in den Markt bekommen. All jene, die über Jahrzehnte hinweg permanent gesagt haben: Das ist nicht möglich, das geht technologisch nicht, wir haben die Kapazitäten nicht!, sehen jetzt, wie es geht, sie sehen, wie dieser Markt auf einmal funktioniert. Wir schaffen es mit Fotovoltaik, mit Windkraft, mit Wasserkraft und auch mit Biomasse, er­folgreich nach vorne zu gehen. (Abg. Kassegger: Kannst du rechnen? Ich werde dir das dann vorrechnen!) Wir haben enormes Potenzial im eigenen Land. – Bitte, liebe FPÖ: Mehr Mut zu Österreich! Ihr braucht euch nicht bei den Russen anzubiedern! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Heiterkeit der Abg. Steger. – Ruf bei der FPÖ: ... Fanatiker!)

Wir schaffen das, wir schaffen das aus eigener Kraft (Abg. Kassegger: Das hat die Merkel auch schon gesagt!): Versorgungssicherheit aus Österreich (Zwischenruf der Abg. Steger) mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, die Umweltver­träglichkeitsprüfung wird jetzt beschleunigt. (Zwischenruf des Abg. Rauch.) Wir haben das Grüngasgesetz in Ausarbeitung. Da geht also sehr viel weiter. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Die Wertschöpfung bleibt im eigenen Land. Sie brauchen unser gutes Geld nicht mehr nach Arabien oder Russland zu schicken (Abg. Kassegger: Ich werd’ dir das vorrechnen!), Sie können im eigenen Land unser Geld für unsere Leute ver­wenden, das müsste Ihnen doch gefallen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Steger: Das haben Sie aber falsch interpretiert! – Rufe und Gegenrufe zwischen FPÖ und ÖVP.)

Produzieren statt importieren: Nur das wird uns die Sicherheit geben, das wird langfristig die Preise stabilisieren, und das gibt auch Standortsicherheit für Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: Du kannst aber schon die Grundrechnungsarten, oder? Prozentrechnung!)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Abgeordneter des Europäischen Parla­ments Hannes Heide zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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11.11.37

Mitglied des Europäischen Parlaments Hannes Heide (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Liebe Abgeordnete! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch immer haben die Bürgerinnen und Bürger in Österreich Schwierigkeiten, ihre Strom- und Gasrechnungen, ihre Miete und ihren Einkauf zu bezahlen. (Abg. Hörl: In Wien!) Noch immer sind leistbare Energie und die Teuerung die Themen, die die Österreicherinnen und Österreicher bewegen und belasten. (Die Abgeordneten Gerstl und Hörl: In Wien!)

Betroffen sind unsere Unternehmen, genauso unsere Städte und Gemeinden. Auch in diesen Fällen belasten höhere Preise und höhere Gebühren letztlich die Menschen in unserem Land. (Abg. Hörl: In Wien!) Noch immer spüren sie die Auswirkungen schmerzlich im Geldtascherl und auf ihrem Konto. (Abg. Gerstl: Wien Energie! Fernwärme, Verdoppelung der Preise!)

Entschuldigung, ich habe jetzt gerade zu reden begonnen, und da bekomme ich schon Zwischenrufe. Im Europäischen Parlament, so darf ich sagen, ist der Stil ein bissl ein anderer, da horchen wir nämlich zu. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steger: Da ist nie jemand anwesend!)

Ausschließlich den russischen Krieg gegen die Ukraine und die Sanktionen für diesen Zustand verantwortlich zu machen greift zu kurz, weil bereits im Herbst 2021, Monate vor dieser Aggression, die Energiepreise in die Höhe gegangen sind, weil damals schon die Abhängigkeit Europas von russi­schen Importen ausschlaggebend war.

Wenn wir über rasche Lösungen reden, dann zahlt sich ein genauerer Blick auf das iberische Modell sehr wohl aus. In Spanien konnte mit einer Mietpreis­bremse und mit der Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel die Infla­tion gedrückt werden. Genauso wie in Portugal gibt es dort eine konse­quente Entkoppelung von Strom- und Gaspreisen. Ein gedeckelter Gaspreis senkt auch den Strombörsepreis, und der Strompreis sinkt für alle. Die


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energieintensive Industrie, die Betriebe profitieren genauso wie die privaten Haushalte.

Warum geht es dort? Nach Monaten haben es die EU-Energieminister im Dezember endlich geschafft, sich auf eine dynamische Gaspreisbremse zu eini­gen. Dramatische Gaspreisspitzen werden damit vermieden. Ob die Ver­braucherinnen und Verbraucher aber davon viel haben werden, wird sich noch herausstellen. Österreich hat sich bei dieser Abstimmung jedenfalls enthalten.

Bereits im Frühjahr 2022 hat die EU grünes Licht für eine Über- und Zufallsgewinnsteuer im Energiesektor gegeben. In Österreich allerdings konnte sich die Regierung erst im November auf eine Übergewinnsteuer light einigen.

Die Diversifizierung unserer Gasversorgung durch Länder wie Norwegen ist ein guter erster Schritt, es kann und darf aber nicht sein, dass Österreich kein Klimaschutzgesetz und damit keine gesetzlich verankerten Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Energiewende wird nur mit einer gesamteuropäischen Lösung umgesetzt werden können. Damit sich Investitionen in Wärmepumpen, Elektromobi­lität oder grünen Wasserstoff auch bezahlt machen, müssen die Strompreise kalkulierbar sein, und E-Mobilität, das sind nicht nur Elektrofahrzeuge –
Autos –, sondern das betrifft auch den Schienenverkehr.

Genauso dringend ist der angekündigte Vorschlag der Europäischen Kommission für die Reform des Strommarkts und damit des Meritordersystems. Den Energieverbrauch zu senken, die Erzeugung sauberer Energien zu beschleunigen, die EU unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu machen: Diese Ziele hat sich Repower EU gesetzt. In meiner Arbeit im Ausschuss für Regional­entwicklung des Europäischen Parlaments konnte ich Grundlagen der Finanzie­rung mitverhandeln. Sobald nämlich die Erneuerbare-Energien-Richtlinie in Kraft tritt, wird Repower EU mit 225 Milliarden Euro auf Belastungen und Stö­rungen am globalen Energiemarkt reagieren können. (Beifall bei der SPÖ.)


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Repower EU möchte den Anteil erneuerbarer Energiequellen bis 2030 von 40 auf 45 Prozent anheben, zu einer Beschleunigung von Genehmigungs­verfahren für die Installation erneuerbarer Energieträger beitragen, die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Gebäude zumindest solargeeignet zu er­richten, wenn eine Solaranlage nicht ohnehin vorgesehen ist, und den Energieverbrauch bis 2030 um 13 Prozent senken.

Ich konnte vorige Woche eine Familie in meiner Heimatstadt Bad Ischl besuchen. Mit finanzieller Unterstützung von Next Generation EU ist sie von einer Ölheizung auf eine klimafreundliche Wärmepumpe umgestiegen. Be­reits mehr als 6 300 Projekte wurden auf diese Weise mitfinanziert, nur leider wissen die Menschen oft nicht, dass sie mit Mitteln der Europäischen Uni­on unterstützt werden. 200 Millionen Euro an europäischen Geldern stehen da­für zur Verfügung. In Österreich werden im Rahmen des EU-Wiederaufbau­plans bis zu 3,75 Milliarden Euro an EU-Förderungen zur Verfügung gestellt. Es gibt auch den Just Transition Fund, durch den einige Bezirke in Österreich die Möglichkeit haben, energiefreundliche Maßnahmen zu setzen.

Leider aber zielen Strukturförderungen in Österreich fast ausschließlich auf die Wirtschaft und die Industrie ab. Auch beim Europäischen Fonds für regio­nale Entwicklung ist es leider so, dass diese Maßnahmen viel zu wenig auf sozio­ökonomische Effekte abzielen. Wenn wir diesen Übergang erfolgreich um­setzen wollen, müssen wir die Menschen erreichen und mitnehmen, denn sie sind dazu bereit. Sie warten da auf den Bund, den Turbo zu zünden, um in die Haushalte und in ihre Wohnungen zu investieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter des Europaparlaments Roman Haider. – Bitte.


11.17.03

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Roman Haider (FPÖ): Grüß Gott, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Hohes Haus!


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(Abg. Hörl: Die Präsidentin grüßen!) Seien Sie mir nicht böse, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: „Schluss mit der Spekulation. Wo bleibt Österreichs Einsatz für leistbare Energie in Europa?“ (Abg. Sieber: Sehr mutig!) – Also ich muss sagen, ich war gelinde gesagt überrascht, als ich diesen Titel für die heutige Aktuelle Europastunde gelesen habe (Abg. Hörl: Wir auch!), und auch da­rüber, dass dieser Titel ausgerechnet von der SPÖ gewählt worden ist. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ich habe mir gedacht: Was für eine Chuzpe, was für eine Dreistigkeit! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es sind gerade die Abgeordneten der SPÖ – im Europäischen Parlament, aber auch hier in diesem Haus – gewe­sen, die sämtliche fatalen Beschlüsse, die zu dieser verheerenden Energie­preissituation geführt haben, zumindest mitgetragen haben. Ausgerechnet die SPÖ beantragt eine Aktuelle Europastunde mit so einem Titel! Noch eine größere Dreistigkeit wäre es natürlich gewesen, wenn die ÖVP so etwas bean­tragt hätte, aber die ÖVP hält sich da nobel zurück. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da findet es nicht einmal ein einziger der sieben EU-Abgeordneten – es sind jetzt schon viel zu viele, das wird bei der nächsten Wahl ohnehin anders werden –der Mühe wert, hier ins Hohe Haus nach Wien zu kommen. Da kommt keiner und beschäftigt sich mit dem Preisanstieg und den Nöten der Men­schen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hörl: Unsere arbeiten in Brüssel!)

Was sind denn jetzt die Ursachen für diese Preisexplosion bei der Energie? – Das sind in erster Linie nicht irgendwelche Spekulanten – die sind bestenfalls klei­ne Beitragstäter –, sondern die Hauptverantwortlichen sitzen in Brüssel, und sie sitzen links von mir auf der Regierungsbank.

In Wahrheit gibt es hauptsächlich drei Gründe für diese Preisexplosion. Der ers­te Grund sind die Russlandsanktionen im Energiebereich. Die EU-Staaten haben günstiges Erdgas aus Russland gegen teures LNG und Frackinggas aus den USA und Katar getauscht. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)


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Natürlich ist der russische Angriffskrieg auf das Schärfste zu verurteilen, nur haben die Sanktionen diesen Angriffskrieg auch nicht beenden können. Sie führen auch nicht zum russischen Bankrott. (Abg. Lukas Hammer: ... wieder hin zum Wladimir, dann wird das Gas wieder billiger, ganz sicher!) Die russischen Rohstoffe fließen jetzt einfach in andere Staaten. Diese Sanktionen hat die schwarz-grüne Bundesregierung genauso mitgetragen wie die SPÖ und die NEOS – das muss man ganz klar und deutlich sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lukas Hammer: Vielleicht ist er nur sauer, weil der den Freundschaftsvertrag hat auslaufen lassen!)

Der zweite Grund für die Preisexplosion ist die massive Verteuerung der CO2-Emissionszertifikate durch die EU. Der Preis für eine Tonne CO2 ist in der EU von 5,80 Euro im Jahr 2017 auf 100 Euro im August 2022 gestiegen. Der Preis hat sich fast verzwanzigfacht. Verzwanzigfacht! Das ist keine Preis­steigerung des Marktes oder irgendwelcher Spekulanten, die EU hat die CO2-Preise bewusst und vorsätzlich verzwanzigfacht. (Abg. Kassegger: Wer zahlt denn das?) Das ist der Green Deal der EU. Das sind bewusste politische Entscheidungen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Diese Preisexplosion ist nicht vom Himmel gefallen (Abg. Meinl-Reisinger: Eh nicht!), sie ist das Resultat der Energiepolitik der Europäischen Union. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle österreichischen Parteien, bis auf die Freiheitliche Partei, tragen diese Entscheidungen auch mit. ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS unterstützen diese Politik. Sie sind für diesen massiven Preisanstieg mitverantwortlich. (Abg. Lukas Hammer: Was macht denn die ehemalige freiheitliche Außenminis­terin derzeit?) Das ist eine Tatsache. Das ist der Green Deal. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir jetzt zum dritten Grund für die Preisexplosion, die Sanktionen und die Verteuerung der Emissionszertifikate haben ja dieser schwarz-grünen Bundesregierung noch nicht gereicht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lukas Ham­mer und Schwarz.) Die Menschen können sich das Heizen und das Tanken nicht mehr leisten, Unternehmen stehen vor dem Bankrott, und was macht die österreichische Bundesregierung in dieser Situation? Sie beschließt auch


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noch CO2-Steuern auf alle Energieformen drauf. (Heiterkeit bei den Grünen. – Zwi­schenruf des Abg. Schallmeiner.) Sie haben mit dieser CO2-Steuer die Teue­rung noch weiter angeheizt. Auf den Wahnsinn aus Brüssel hat diese schwarz-grüne Bundesregierung noch eines draufgesetzt.

Sie machen alles teurer, und die grüne Energieministerin hält das auch noch für einen Fortschritt. Das ist der Green Deal. Die Frau Minister ist eh in bester Gesellschaft, die Roten und Schwarzen tun sich da eh nicht viel an. Die EVN hat ja angekündigt, sie wird jetzt zweimal im Jahr die Preise erhöhen. (Präsiden­tin Bures gibt das Glockenzeichen.) Die EVN gehört zu 51 Prozent dem Land Nie­derösterreich  na, da haben die Schwarzen jetzt eh was draufgekriegt  und sie gehört auch zu 28 Prozent den Wienern.


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren, Herr Abgeordneter!


Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Roman Haider (fortsetzend): Zum Schlusssatz: Die Preise werden von diesen Energieträgern (Abg. Gerstl: Sinken! Sinken!), von diesen Energiefirmen in rot-schwarzer Einigkeit nach oben geschraubt. Ich frage mich, was schlimmer ist. (Beifall bei der FPÖ.)

11.22


Präsidentin Doris Bures: Das war jetzt der Schlusssatz, Herr Abgeordneter. Ihre Redezeit ist ausgeschöpft.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. (Ruf bei der FPÖ: ... So­botka ...!)


11.22.43

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Ich möchte in dieser doch recht intensiven Debatte einen Schritt zu­rückgehen und hinterfragen, was wir denn hier eigentlich tun.


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Wir haben eine Aktuelle Stunde. Demokratiepolitisch ist das wirklich etwas sehr Wertvolles. Es bedeutet, dass fünf Abgeordnete dieses Hauses – das sind nicht einmal 3 Prozent – das Recht haben, über ein Thema, das sie interessiert, zu diskutieren. Das tun wir hier auch. (Abg. Rauch: Das ist aber sehr gütig von Ihnen! Sehr zuvorkommend!)

In Niederösterreich – ich ziehe jetzt den Bogen zu den letzten Landtagswahlen – sind mindestens vier von 56 Abgeordneten, also fast dreimal so viele, da­für nötig. Daher freue ich mich sehr, dass es den Grünen dort gelungen ist, diese Schwelle zu nehmen und den Klubstatus zu erreichen und damit erstmals über Themen, die von den Grünen  und damit von wesentlichen Stimmen im Land  in Form von Aktuellen Stunden, aber auch in Form von eigenen An­trägen eingebracht werden, diskutieren zu können. (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zum Thema leistbare Energie: Wo bleibt sie? Es ist hier eigentlich eh schon fast alles gesagt worden, auch von der SPÖ. Es wundert mich, dass da keine neu­en Lösungen kommen. Die Lösungen waren bisher billiges Gas aus Russ­land. Jetzt kommt das Gas nicht mehr billig, aber es soll ein Deckel kommen, und Deckel bedeutet, dass irgendjemand den Differenzpreis bezahlen muss. Das sind wir alle, das sind die Steuerzahlenden, und es kommt eine Gießkanne, eine Megagießkanne zum Einsatz, denn es bedeutet, dass alle  egal ob arm oder reich, auch alle Unternehmen, auch Energieverschwenderinnen, -ver­schwender  den gleichen Preis für Energie zahlen. Das ist etwas, was wir uns heute nicht mehr leisten können. (Beifall bei den Grünen.) Das ist zum Beispiel auch keinerlei Anreiz zum Energiesparen, etwas, worüber wir hier schon sehr oft und intensiv diskutieren.

Was hat die Bundesregierung stattdessen natürlich mit Unterstützung und im Rahmen der Europäischen Union, das wurde auch schon mehrmals von den Europaabgeordneten genannt – ich begrüße es, dass wir hier in einen Aus­tausch mit den Abgeordneten gehen können –, gemacht? Es macht absolut Sinn, wenn wir uns da abstimmen und akkordiert und gemeinsam vorgehen, das


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führt uns zu einer Lösung all dieser Probleme, vor denen wir stehen: einer­seits das Problem teure Energie, aber gleichzeitig auch das Problem des Klima­schutzes. Wir wollen und müssen klimaneutral werden. Das ist unser ge­meinsames Ziel. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kassegger: Habts das den Chinesen auch schon gesagt? – Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja, ich habe hier eine lange Liste von Maßnahmen, die die Regierung in den letzten neun Monaten, zehn Monaten, elf Monaten getroffen hat, um die exorbitanten Energiepreise abzufedern.

Ich nenne hier nur ein paar, wir haben ja das letzte Jahr intensiv darüber disku­tiert: einerseits Energiekostenzuschüsse im Rahmen der Unternehmen, der Industrie, aber auch ganz massiv im Rahmen der Haushalte; diverse Heizkosten­zuschüsse, die im Bereich der Länder liegen, wobei die Bundesregierung aber massiv unterstützt. Der Klimabonus wurde erhöht, die Ökostrompauschale ausgesetzt, die Pendlerpauschale ausgesetzt, es gibt also sehr zielgerichtete Maßnahmen, um in verschiedenen Bereichen zu unterstützen.

Strukturelle Maßnahmen sind mindestens ebenso wichtig. Die Gasspeicher­stände sind gesichert, ich glaube, das ist sehr wichtig. Am Anfang des Krieges lagen wir bei rund 15 Prozent, jetzt ist es trotz Krieg, trotz dieser Ver­knappung aufgrund der Situation und trotz des Winters gelungen, die Spei­cherstände auf eine strategische Gasreserve von 80 Prozent zu steigern. Damit sind wir für die Zeit absolut abgesichert. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Prinz.)

Entscheidend für die Zukunft ist aber etwas anderes, entscheidend ist, dass wir von dieser Abhängigkeit von den Fossilen wegkommen. Es wurde hier schon mehrmals gesagt: Wir müssen raus aus den Fossilen, rein in die erneuer­baren Energien! Ich möchte hier noch einmal die Grünen erwähnen, 2007 war der Slogan schon: Pellets statt Putin. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber Pellets ist auch schwierig!)


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Rund 15 Jahre später sind wir an einer ähnlichen Stelle. Damals hatten wir das Ziel, bis 2030 komplett energieneutral, klimaneutral zu sein. Jetzt hat sich das um zehn Jahre nach hinten verschoben, aber wir werden es schaffen. Wir haben jetzt massiven Druck, es gemeinsam zu schaffen. Ich merke hier schon eine große Zustimmung bei fast allen Fraktionen, dass wir dieses Ziel gemeinsam verfolgen. (Abg. Kassegger: Nein, bei uns nicht!) Auch dafür wurde viel  wieder im Rahmen der EU  getan (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), beispielsweise wird die Transformation der Industrie mit 3 Mil­liarden Euro unterstützt.


Präsidentin Doris Bures: Den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!


Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (fortsetzend): Im Rahmen der EU werden wir es schaffen, klimaneutral zu werden. Das ist zum Vorteil der Unternehmen, der Industrie, aber auch gut für uns Private, damit haben wir leistbare Energie im Land, die uns in eine gute Zukunft führt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

11.28


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer gelangt jetzt zu Wort. – Bitte.


11.28.38

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Bundesministerin! Ein herzliches Willkommen auch an die Unterneh­mer:innengruppe aus meiner Heimatstadt Grieskirchen, die heute im Parlament ist. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Titel dieser Aktuellen Stunde lautet: „Schluss mit der Spekulation. Wo bleibt Österreichs Einsatz für leistbare Energie in Euro­pa?“ Das ist tatsächlich doch sehr entlarvend. Jetzt hat man Kollegen Leichtfried heute schon viel Nachhilfe in VWL gegeben, deswegen möchte ich tatsäch­lich auch noch auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen. (Abg. Leichtfried:


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Na, na, tun Sie nur! – Zwischenruf des Abg. Haubner. – Abg. Leichtfried: Kollege Haubner hat vollkommen recht!)

Mir geht es nämlich darum, dass es eigentlich wenige Bereiche gibt, ganz, ganz wenig Bereiche, in denen Österreich so unabhängig von der Europäischen Union ist wie im Bereich Energie.

Österreich hat es nämlich selbst in der Hand, vor allem die Bundesregierung hat es selbst in der Hand, die Nachfrage nach knappen Gütern zu reduzieren, das Angebot tatsächlich zu erhöhen und damit den Preis zu senken. Stattdessen hören wir aber natürlich das klassische auf die EU Schimpfen und Bashen, wer was nicht gemacht hat.

Aber, meine Damen und Herren, die EU ist nicht daran schuld, dass der Aus­bau der Erneuerbaren in Österreich seit Jahrzehnten hinterherhinkt. Die Europäische Union kann auch gar nichts dafür, dass Österreich als einziges Land in der Europäischen Union eine Abhängigkeit von russischem Gas von mehr als 80 Prozent hatte.

Wenn Kollege Haider hier sagt, die Sanktionen würden ja gar nichts verhindern oder bewirken, weil die Güter oder die Energie dann in andere Länder ver­kauft werden, dann möchte ich schon nochmals darauf hinweisen, dass Gas durch Pipelines fließt (Abg. Deimek: Das Frackinggas kommt nicht durch Pipelines zu uns!), und diese Pipelines führen halt nach Europa und nach Österreich. Also so einfach geht das nicht.

Tatsächlich wissen wir, dass die Sanktionen wirken, und tatsächlich wissen wir auch, dass Ihre Partei einen Vertrag mit der Putin-Partei hatte und deswe­gen weniger Interesse daran hat, diese Abhängigkeit zu reduzieren. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe der Abgeordneten Kassegger und Steger.)

Die EU kann übrigens auch nichts dafür, dass wir in Österreich seit Jahrzehnten den Netzausbau verschlafen haben, und die EU kann auch nichts dafür, dass unsere wichtigsten Energielieferanten in der Hand der Länder sind. Das


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heißt, die gehören der öffentlichen Hand – auch das haben wir heute schon gehört – und werden da von den Landesfürstinnen und Landesfürsten als Cashcow missbraucht.

Wenn wir schon sagen, dass der Markt nicht funktioniert: Hier kann er gar nicht funktionieren, weil der freie Markt ja leider nicht mitspielt. Was passiert? – Wenn der Markt nämlich so wie jetzt die Zeichen gibt, dass es zu einer Entlas­tung von gewissen Preisen kommt – wie wir ja jetzt im Augenblick sehen –, geben die Energieversorger diese Preise trotzdem nicht weiter. Warum? – Weil sie eben nicht am freien Markt daheim sind, sondern weil sie den Ländern gehören und, noch einmal, eine Cashcow für die Landesfürstinnen und Landes­fürsten sind. (Beifall bei den NEOS.)

Das heißt, diese Gelder fließen in die Kassen der Bundesländer, und deswegen tut man nichts – nicht weil der Markt nicht funktioniert, sondern weil tat­sächlich die Kontrolle fehlt, und das sagt ja auch die E-Control, die ja eigentlich dafür zuständig wäre, aber eben ihre Kontrollfunktion gar nicht aufrechter­halten kann, weil die Landesgesetze das verhindern. Die gute Nachricht wäre aber, wie ich schon eingangs gesagt habe: Österreich kann es tatsächlich selber in die Hand nehmen, und die Bundesregierung kann da auch endlich Ge­schwindigkeit aufnehmen, erhöhen und auch in die Umsetzung kommen.

Die EU wird und kann die Energiewende nicht für uns umsetzen. Was es braucht, ist ein rascher Ausbau der Erneuerbaren. Was es auch braucht, ist ein ganz rascher Ausbau der Netzinfrastruktur, und das transparent, denn es sind Steuergelder, die dafür ausgegeben werden. Sonst werden wir das, was wir alle wollen, nicht erreichen: Österreich wird nicht klimaneutral werden, und Österreich wird vor allem eine massive Deindustrialisierungswelle dro­hen. (Beifall bei den NEOS.) Das sollte sogar die Leugner der Klimakrise überzeu­gen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte.



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11.33.00

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Bevor wir in die Tagesord­nung eingehen: Lieber Kollege Hammer, du hast in deiner Rede gesagt, die Energiewende, der Ausbau der Erneuerbaren, die Schnelligkeit sind nicht mehr rückgängig zu machen. Da kann ich dir nur eines sagen: Gott sei Dank wur­de mit den Stimmen der SPÖ, oder eigentlich durch die Stimmen der SPÖ, der Umbau von Mellach von Gas zurück auf Kohle verhindert. (Abg. Lukas Ham­mer: Was?! Nein!) Das wäre nämlich ein massiver Rückschritt gewesen, und das haben wir Gott sei Dank zu verhindern gewusst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lukas Hammer: Alois, das ist unter deinem Niveau!)

Zu Kollegen Roman Haider möchte ich noch sagen: Sanktionen hin, Sanktionen her: Serbien trägt die Sanktionen nicht mit, die Inflation in Serbien ist bei über 15 Prozent. – So viel dazu.

Ich will noch einmal auf den Schwerpunkt der Europastunde zurückkommen. Wir stehen wirklich vor dramatischen Herausforderungen, sowohl was die Ver­fügbarkeit als auch was vor allem die Leistbarkeit der Energie betrifft. Es mag schon stimmen, dass die Bundesregierung beziehungsweise die Mitglieder der Bundesregierung nicht schuld an dieser Krise sind, aber einen Vorwurf muss sich diese Regierung gefallen lassen, nämlich den der mangelhaften Bekämp­fung der Energie- und der Teuerungskrise. Untätigkeit, Kleinreden, Aufschieben, Wegschauen, halbherzige Lösungen: So löst man einfach keine Krisen, ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

„Teuerungshysterie“ hat uns der Herr Vizekanzler noch im alten Parlament vor­geworfen. Im Oktober 2021 hat die SPÖ in Gestalt unserer Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner in einer Pressekonferenz die ersten Vorschläge präsen­tiert, wie die Menschen vor der Preissteigerung bei Strom und Gas ge­schützt werden sollen, und seither haben wir euch unsere Vorschläge immer wieder hier am Pult Schritt für Schritt nähergebracht. Was hat diese Regierung


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zu diesem Zeitpunkt gemacht? – Sie hat Lösungen auf europäischer Ebene nicht vorangetrieben, nein, sie hat diese sogar verhindert – verhindert! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das muss man sich vorstellen!

Bereits am 26. Oktober 2021 hat die Europäische Kommission eine Toolbox an Maßnahmen für die EU-Länder freigegeben. Was hat Österreich gemacht? – Nichts. Österreich hat nichts davon angenommen.

Während zahlreiche EU-Länder bereits aktiv Vorschläge gemacht haben, ist das Abzocken der Leute hier in Österreich wirklich weitergegangen. Es wurde in den Markt nicht eingegriffen, und es wurde dieser fehlende Markt­eingriff nicht bekämpft. Hauptargument war immer: Na, der Markt wird es schon richten, bloß nicht einmischen in den –unter Anführungszeichen – „heiligen“ Markt. Es rettet uns aber kein höheres Wesen und der Markt schon gar nicht, denn der funktioniert nur für jene, die die Hand aufhalten, und für die Konzerne, die damit Milliarden machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Gegensatz zu ÖVP und Grünen hat jetzt sogar die EU-Kommission erkannt, dass es mit dem Markt so nicht weitergehen kann. Wir haben Vorschläge eingebracht; es wurde, wie schon erwähnt, nichts gemacht, und es ist auch nichts geplant, zumindest ist uns nichts bekannt. Deswegen meine Fragen: Was ist denn der Vorschlag Österreichs für ein krisensicheres Strommarkt­design, das zu leistbaren Preisen in der Energiefrage führen würde? Mit welchen anderen EU-Ländern schmiedet man Bündnisse für ein vernünftiges Modell, Frau Bundesministerin? Welche inhaltlichen Vorarbeiten hat die österreichische Bundesregierung bisher geleistet? Oder will man es darauf ankommen las­sen, weil man es sich im bisherigen System eh gemütlich gemacht hat?

Endlich aufwachen, aufwachen, geschätzte Damen und Herren der Bundes­regierung! Es ist keine Zeit mehr zu verlieren! Das, was Sie als Bundesregierung tun, kommt bei den Leuten einfach nicht mehr an. Diese Einmal- und Gut­scheinpolitik hat wirklich versagt. Sie hat versagt! (Abg. Voglauer: ... Kärnten das Gegenteil!) Gehen Sie hinaus und fragen Sie die Leute, wie sie den Alltag


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bestreiten! Sie bekommen jetzt Aufforderungen zu Nachzahlungen – meine Kol­leginnen und Kollegen haben es schon angesprochen – von 4 000 bis 5 000 Euro für das Jahr 2022 und Vorschreibungen für 2023 in vier- und fünffacher Höhe.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Aufgabe der Politik ist es, das Leben der Menschen zum Besseren zu gestalten. – Das machen Sie nicht. (Abg. Lukas Hammer: Dieser Populismus tut euch nicht gut!) Wachen Sie auf! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


11.37.50

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Zu Beginn möchte ich eine grundsätzliche Sache klarstellen, weil immer wieder kommt – Alois, du hast es auch gesagt –: Die Regierung hat keine Schuld an der Krise, die Krise ist jetzt schuld, und wir können nichts dagegen machen. – Wir Freiheitliche sind da vollkommen anderer Meinung. Diese Krise ist ja nicht wie die Heuschrecken vom Himmel gefallen, sondern sie ist in weiten Tei­len von Ihnen selbst produziert und gemacht. Kollegin Petra Steger hat es ja schon angesprochen: Die Inflationsentwicklung, die EZB, die Ver­schuldungspolitik, die uns jetzt in die Lage versetzt, eben keine notwen­digen Zinserhöhungen, die inflationsdämpfend wären, durchführen zu können – im Gegensatz zu den Amerikanern können wir uns das nicht leisten –, selbstverständlich ist das hausgemacht von Ihnen und der Europäischen Union! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Coronapolitik, bei der Sie die Wirtschaft zusperren, führt natürlich zur Reduktion der Kapazitäten, zu Problemen in der Lieferkette, zu - - (Abg. Lukas Hammer: Weil die Ministerin mit dem Fahrrad in der Ukraine einmarschiert ist, oder was?!) – Ich versuche es jetzt auf der Sachebene, Kollege Hammer, da – ich


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habe Ihnen genau zugehört – Ihnen das nicht so besonders gelungen ist; das war sehr, sehr populistisch. (Heiterkeit der Abgeordneten Lukas Hammer und Voglauer.)

Die Coronapolitik hat selbstverständlich einen Nachfrage-Angebots-Überhang produziert, und dann schütten Sie auch noch Geld in das System und wun­dern sich, dass die Inflation steigt. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Also das sind ja volkswirtschaftliche Grundprinzipien, die Sie da nicht berücksichtigt haben!

Jetzt komme ich zur Energiepolitik: Kollege Roman Haider hat es auch gesagt, es ist ja auch hausgemacht. Da gibt es ein paar Illusionen und Märchen – ich sa­ge es bewusst –, die Sie den Menschen erzählen, nämlich das Märchen, dass wir mit Windrädern und Fotovoltaikanlagen Europa, Deutschland, Österreich mit Energie versorgen können und niemals mehr Öl und Gas brauchen werden. Das ist ein Märchen, das ist ein Luftschloss. (Abg. Lukas Hammer: Na dann hören wir auf!) Ich sage das auch aufgrund der Mengen.

Kollege Schmuckenschlager, „Wir schaffen das“, den Spruch kennen wir schon von Frau Merkel. (Abg. Schmuckenschlager: Habe ich aber nicht gesagt!) Die haben das genauso wenig geschafft, wie wir das schaffen werden.

Das macht ja nichts! Man muss eine realistische Energie- und Standortpolitik machen, nicht eine ideologisierte Klimapolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie gehen von der vollkommen irreführenden Annahme aus, dass der Kontinent Europa mit leuchtendem Beispiel vorangeht. Er verursacht 8 Prozent der weltweiten Emissionen – selbst wenn wir sie auf null stellen, ändert sich gar nichts. Warum nicht? – Das erklärt sich anhand einfachster Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge: Es ändert sich nur dann etwas, wenn das globale Ver­brennen von fossilen Brennstoffen reduziert wird. Das passiert aber nicht. Wa­rum nicht? – Das, was wir nicht in die Luft blasen, blasen die Chinesen in dreifacher Menge in die Luft. Ihre Politik führt dazu, dass unsere Industrie und unsere Arbeitsplätze zerstört werden. Die Chinesen lachen sich ins Fäustchen. Das ist Ihre Politik. Das wollen wir nicht. (Beifall bei der FPÖ.)


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Zu den Mengen – Grundrechnungsarten –: Wir verbrauchen in Österreich – Bruttoinlandsverbrauch – ungefähr 400 Terawattstunden – das ist die Einheit. Das ist sehr, sehr viel Energie. Wie setzt sich das zusammen? – 8 Pro­zent Kohle, 34 Prozent Öl, 23 Prozent Gas, 17 Prozent eigenes Holz, 10 Prozent aus der Wasserkraft und – jetzt kommt es – 1,7 Prozent Wind und 0,7 Prozent Fotovoltaik. Sie wollen mir erklären, dass Sie mit Wind und Fotovoltaik Öl, Gas, Kohle und so weiter kompensieren können? Das geht sich hinten und vorne nicht aus, das ist ein Negieren der Wirklichkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind geblendet durch Ideologie und erzählen uns hier irgendwelche Märchen­geschichten. Kollege Haider hat es auch schon gesagt, die Preiserhöhungen sind selbstverständlich selbstgemacht. Der EU-Zertifikatehandel ist aus Ihrer Sicht das Tollste, was man machen kann, der Preis hat sich aber – Roman hat es gesagt – verzwanzigfacht, die Amerikaner, die amerikanischen Ener­gieproduzenten lachen sich einen Holzfuß und Biden betreibt eine massive In­dustrieansiedlungspolitik.

Was wir machen, was Sie – die Europäische Union und die Bundesregierung – machen, ist eine massive Industrie- und damit auch Arbeitsplatzvertrei­bungspolitik aus Europa aufgrund Ihres ideologischen Hirngespinstes – wir ret­ten die Welt! –, das nicht durchgedacht ist, das null Effekt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sagen – noch als i-Tüpfelchen –: Um Gottes willen, wir haben Preiserhö­hungen! – Na ja, wir in Österreich setzen noch die hausgemachte
CO2-Steuer drauf. Sie weigern sich standhaft, die Steuer herunterzusetzen. In dem Fall ist Standhaftigkeit nicht angezeigt, Sie könnten zum Beispiel die Mehrwertsteuer heruntersetzen. Finanzminister Brunner stopft sich nämlich die Taschen voll. So geht es also nicht.

Mein Schlusssatz hat nichts mit Energie zu tun, ich möchte die letzten Sekunden meiner Redezeit nutzen, um den Landeskommandanten des Südtiroler


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Schützenbundes Roland Seppi und seine Mannen ganz, ganz herzlich zu begrü­ßen. – Herzlich willkommen bei uns im Parlament! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: Bravo!)

11.42


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Gerald Loacker zu Wort. – Bitte.


11.43.06

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch von meiner Seite einen Gruß an die Südtiroler Kollegen! Wie jeder dritte Vorarlberger habe auch ich Südtiroler Wur­zeln und ich fühle mich immer noch mit Südtirol verbunden. (Beifall bei Abge­ordneten von NEOS und FPÖ. – Abg. Wurm: Bravo, Gerald!)

Ich darf darauf hinweisen, dass der breite gesellschaftliche Trend zur Teilzeit­arbeit jetzt auch die ÖVP erreicht hat. Von sieben ÖVP-Mitgliedern des Europäischen Parlaments haben alle sieben heute keine Zeit für die Aktuelle Europastunde. Teilzeitarbeit, die normale Menschen mit geringerem Einkommen verbinden, heißt bei der ÖVP Teilzeitarbeit bei voller Gage, und das finde ich bemerkenswert. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Tanja Graf: Es ist Plenum! – Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Abg. Zarits: Geh bitte! – Abg. Steinacker: Du weißt genau, dass Plenum ist!)

Auch bemerkenswert ist der Titel dieser Aktuellen Europastunde: „Schluss mit der Spekulation“. – Da reiten die Sozialdemokraten aus. Sie haben aber nicht erklärt, wie das bei der Wien Energie gelaufen ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Es wurde uns gesagt, die Wien Energie hat nicht spekuliert, man wollte nur die Stromversorgung für die Bürgerinnen und Bürger sichern, indem man an der Strombörse Strom eingekauft hat. (Abg. Egger: Wer ist denn dort in der Regierung?) Später hat sich dann herausgestellt, dass das gar nicht wahr ist. Die Wien Energie hat an der Strombörse Strom verkauft, den sie selbst gar nicht produziert hat. (Abg. Kassegger: Das nennt man Termingeschäft!) Was, wenn nicht Spekulation, ist das?!


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Das hat die von den Roten geleitete Wien Energie gemacht. Dort sind aber alle noch in Amt und Würden: der Herr Geschäftsführer wie auch der Aufsichts­rat – gut, im Aufsichtsrat sitzen nur die Chefin der Friedhöfe und lauter andere mäßig kompetente Damen und Herren. Dazu sagt die SPÖ, die gegen Spe­kulationen ist, nichts. (Abg. Schmuckenschlager: Da musst du mit dem Wiederkehr sprechen! Danke NEOS! – Ruf bei der ÖVP: Was machen Sie in der Landesregierung?)

Die Spekulation war so abenteuerlich, dass die Finanzsituation der Wien Energie nicht nur die Wiener Stadtwerke als Mama, die Stadt Wien, die Bawag und die Bank Austria überfordert hat, sondern dass man am Schluss sogar beim Fi­nanzminister zu Kreuze kriechen musste. Eine tolles Thema für eine Aktuelle Europastunde haben Sie ausgewählt!

Zur Frage, wie es mit Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas ausschaut, könnte Abgeordneter Matznetter einiges beitragen, weil Herr Matznetter ja schon als Staatssekretär für Finanzen und auch in seiner weiteren Laufbahn immer eine besondere Beziehung zu Moskau, zu Russland hatte und auch heute noch hat. Die SPÖ hat sich emotional nie von Russland gelöst, sie hat im­mer noch Schmerzen, wenn es um Sanktionen gegen die Russen geht, weil man dieses Moskau, das man mit der Muttermilch aufgesogen hat, noch im Her­zen trägt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Es war natürlich in den letzten Jahrzehnten verlockend, sich auf Russland zu verlassen, die Gaspreise waren niedrig, das, was von dort gekommen ist, hat als einigermaßen verlässlich gegolten. Man hat außer Acht gelassen, dass man vielleicht die Erschließung und Förderung von eigenen Ressourcen auch ins Auge fassen sollte. Dafür waren halt auch die verantwortlich, die dieses Land über Jahrzehnte regiert haben.

Dann kommt Kollegin Herr und fordert einen Deckel. Kollegin Herr, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, ist die Klimasprecherin der SPÖ. Glauben


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Sie, wird der Verbrauch eher zunehmen oder abnehmen, wenn man die Energie­preise deckelt? – Er wird natürlich zunehmen. Wenn man die Preise nach unten drückt, dann geht natürlich die Nachfrage nach oben und wir werden die fossilen Energien verstärkt verbrauchen, für die Sie, Kollegin Herr, einen Deckel fordern. (Zwischenruf der Abg. Herr.) Wissen Sie, das ist Marktwirtschaft: Wenn man die Preise runterdrückt, geht die Nachfrage rauf. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Dann können alle wieder heizen, aber das ist Ihnen ja egal! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Herr.)

Ich weiß, Sozialismus und Marktwirtschaft sind zwei verschiedene Dinge. Ich erwarte auch nicht von Ihnen, dass Sie sich da auskennen (Abg. Matznetter: Aber Sie kennen sich gar nicht aus, Herr Loacker!), aber es zahlt sich aus, nachzule­sen – österreichische Schule der Nationalökonomie –, da gibt es wunderbare Bü­cher. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ich würde einmal einen Blick hineinwerfen, das wäre geistig bereichernd für Sie. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Matznetter: Hauptsache, die Dividende stimmt!)

Kollegin Herr hat sich auch über die Spekulanten beschwert, die sich aufgrund der hohen Energiepreise die Taschen vollstopfen. (Abg. Stöger: Richtig!) Schauen Sie einmal in die Landesbudgets! Sie können in die Landesbudgets vom Burgen­land und von Kärnten schauen (Beifall des Abg. Zarits), in die haben Sie viel­leicht mehr Vertrauen. Auch dort leben die Landeshauptleute in ihrem Spendier­föderalismus von dem Geld, das von den Energieversorgern ins Budget überwiesen wird. Bei den schwarzen Landesfürsten ist das auch so. Die Fürsten der Finsternis (Ruf bei der ÖVP: Hallo, hallo!) leben von dem Geld, das sie den Bürgern aus der Tasche ziehen. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Das ist - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich fordere Sie auf, sich in der Aus­drucksweise zu mäßigen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hörl: Ge­nau! – Abg. Wöginger: Bravo, bravo! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Bitte.



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Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich habe jetzt den beleidigenden - -


Präsidentin Doris Bures: Die „Fürsten der Finsternis“ – ich nehme an, es handelt sich dabei um gewählte Landeshauptleute. (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!) – Eben, das meine ich mit „sich in der Ausdrucksweise zu mäßigen“. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.)


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich nehme das zur Kenntnis. Es hat in früheren Jahren, zu Zeiten des Matthias Strolz, keinen Ordnungsruf dafür gegeben, aber es ist in Ordnung. (Abg. Wöginger: Hast eh nicht gekriegt! – Ruf bei der SPÖ: Das war eh keiner!)

Jedenfalls kommt das Geld, mit dem der Blasmusik ein Trachtenjanker ge­sponsert wird, mit dem sich der Landeshauptmann, der Fürst der Hellig­keit, Wählerstimmen kauft, von den Bürgern. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Jetzt geht er gegen die Musi auch noch! Bauern­bund und Musikkapellen mag er nicht! – Abg. Leichtfried: Der Herr Ober­lehrer hat gesprochen!)

11.48


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen auch keinen Ord­nungsruf erteilt (Abg. Wöginger: Genau!), ich habe Sie nur aufgefordert, sich zu mäßigen. Das ist ein Unterschied. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Nun ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

11.48.46Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:


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A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 13615/J bis 13780/J

2. Anfragebeantwortungen: 12798/AB bis 12820/AB

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition betreffend "Grenzüberschreitender Notarztdienst zwischen der Republik Ös­terreich und der Bundesrepublik Deutschland", überreicht von der Abgeordneten Dipl.-Ing. Andrea Holzner (105/PET)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Fundrechts-Novelle 2023 – FundR-Nov 2023) (1920 d.B.)

Volksanwaltschaftsausschuss:

Wahrnehmungsbericht der Volksanwaltschaft betreffend "Jugend in Haft"
(III-859 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend EU-Jahresvorschau 2023 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7
EU-InfoG (III-866 d.B.)


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Bericht gemäß § 13 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz – AMPFG) für Jänner 2020 bis Dezember 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft (III-868 d.B.)

Ausschuss für Familie und Jugend:

Bericht der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend EU-Jahresvorschau 2023 gemäß Artikel 23f Absatz 2 B-VG iVm § 7 EU-Info-G, auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2023 und des Achtzehnmonatsprogramms des Rates für 2022/2023 (III-869 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht des Bundesministers für Inneres betreffend Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2023 sowie dem Achtzehnmonats-Programm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes des Rates der Europäi­schen Union (III-865 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für Februar bis Dezember 2022, vorgelegt vom Bundes­minister für Inneres (III-870 d.B.)

Kulturausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für Dezember 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-861 d.B.)

Umweltausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023 (III-867 d.B.)


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Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend EU-Jahresvorschau 2023 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahrespro­grammes des Rates (III-871 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend EU­Vorhaben – Jahresvorschau 2023 (III-860 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für Dezember 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-864 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für Dezember 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft (III-862 d.B.)

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsidentin Doris Bures: Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 13781/J der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Verantwortung von ÖVP-Mann Steiner – und Finanzminister Brunner vertuscht!“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.


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Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich noch mit, dass weiters die Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen bean­tragt haben, dem Bautenausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 3090/A eine Frist bis 1. März 2023 zu setzen.

Ferner liegt das Verlangen von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 4 sowie 7 und 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 137, SPÖ 95, FPÖ 77, Grüne 70 sowie NEOS 56 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 28 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.


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Wir kommen somit gleich zur Abstimmung über die soeben dargestell­ten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

11.51.361. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3085/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekos­tenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekosten­zuschussgesetz – UEZG) geändert werden (1916 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (Forschungsförde­rungsgesellschaftsgesetz – FFGG) geändert wird (1918 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisa­tionsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird (1917 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3086/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen betreffend


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ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (1919 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Kocher und Herrn Staatssekretär Tursky im Hohen Haus und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Kai Jan Krainer das Wort. – Bitte.


11.53.03

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Wir erleben jetzt das, von dem wir als Sozialdemokraten angekündigt haben, dass es passieren wird. Das haben wir bereits letztes Jahr gesagt; da hat die Regierung noch gesagt, nein, sie wird beim Gas nichts machen. Wir haben gesagt: Das schauen wir uns an! Wenn in Deutschland der Gas­preisdeckel kommt, wird der Druck so groß sein, dass Sie auch nach­ziehen müssen. (Abg. Hörl: Jetzt weiß er es wieder besser – nachher!)

Das macht die Bundesregierung jetzt. Allerdings macht sie das nur für die Unternehmen und nicht für die privaten Haushalte. Das heißt, das Heizen mit Gas bleibt teuer, aber das Produzieren mit Gas wird billiger. Das wird das Ergebnis dessen sein, was heute beschlossen wird.

In der Umsetzung passieren nur leider dieselben Fehler, wie wir das in der Covid-19-Pandemie gesehen haben. Das Erste ist, es bekommen auch jene Betriebe eine Förderung, die diese Förderung gar nicht brauchen, weil sie entweder gar keinen nennenswerten Gas- oder Energieverbrauch haben oder ohnehin Rekordgewinne oder hohe Gewinne schreiben. Wir erinnern uns, bei der Cofag ist genau das passiert: dass die Fördermittel, und zwar nicht in einzelnen Ausnahmefällen, sondern in sehr, sehr, sehr vielen Fällen, nicht zu dem geführt haben, was wir alle wollten, nämlich Verluste von Betrieben


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zu minimieren, sondern die haben dazu gedient, Gewinne, ja teilweise sogar Rekordgewinne von Unternehmen zu finanzieren, und dafür waren die Fördermittel nie gedacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Denselben Fehler wiederholen die Regierungsparteien jetzt auch wieder. Das sagen nicht nur wir Sozialdemokraten. Es sagen zum Beispiel auch das Wirt­schaftsforschungsinstitut, viele Experten und der Rechnungshof, dass genau dasselbe passiert, nämlich dass man jetzt schon sehenden Auges weiß, dass es zu Überförderungen kommen wird, dass man wesentlich mehr Geld als notwen­dig ausgeben wird und dass auch viele Falsche dieses Geld bekommen werden, als ob das Geld abgeschafft wäre. Schlechte Nachricht – auch wenn ÖVP und Grüne seit Jahren so tun, als ob das Geld abgeschafft wäre –: Nein, es ist nicht abgeschafft!

Das, was Sie da machen, ist, dass Sie Schulden produzieren, und diese Schulden werden zu 85 Prozent die Arbeitnehmer und die Pensionisten in diesem Land zahlen müssen. Morgen und übermorgen und jedes Jahr werden sie für dieses Geld bezahlen müssen, das Sie vollkommen falsch ausgeben und in Wahrheit Menschen und Firmen geben, die es nicht brauchen.

Der zweite große Fehler, den Sie machen, ist der, den wir ja auch bei der Cofag erlebt haben: Sie wickeln diese Hilfen über ein intransparentes System von einer Einrichtung ab, die nie für das geschaffen wurde, was sie tun soll. Bei der Cofag wissen wir: Blackbox. Niemand hat genau gewusst, wer dort ist, nie­mand hat genau gewusst, wie diese Entscheidungen laufen. Parlamentarische Kontrolle und öffentliche Kontrolle finden nicht statt.

Was macht die Regierung jetzt? – Sie beauftragt die FFG, die Forschungs­förderungsgesellschaft, das zu machen. Die ist wahrscheinlich, wie der Name schon sagt, für Unternehmenshilfen bestens geeignet. Die wickeln im Jahr circa 3 000 Förderungen in einem ganz engen, ganz kleinen Segment ab, und sie sollen heuer 200 000 Förderungen im Unternehmensbereich abwickeln. Das heißt, da geht es wieder nur darum, das möglichst intransparent


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zu machen. Das wird dazu führen, dass es – wie wir das bei der Cofag und bei vielen anderen Hilfen erlebt haben, wenn man nicht die Kompetenten nimmt, sondern andere – nur die Hilfen verzögert.

Das größte Problem ist: Diese Politik senkt die Preise nicht, und das hat konkrete Auswirkungen. Heute hat das Wirtschaftsforschungsinstitut gesagt: Ja, im vierten Quartal kam es zu einem Wirtschaftseinbruch. Die Wirtschafts­leistung ist im Vergleich zum dritten Quartal um 0,7 Prozent gesunken, obwohl das vierte Quartal in der Regel stärker ist als das dritte. – Nein, wir haben einen Wirtschaftseinbruch, und die Begründung des Wirtschaftsforschungsins­tituts ist relativ einfach: Die Menschen haben kein Geld – die Menschen haben kein Geld! –, um es ausgeben zu können. Der private Konsum bricht ein.

Der Außenhandel, der Export floriert, aber der private Konsum ist eingebrochen, und zwar weil die Politik der Bundesregierung dazu geführt hat, dass die Preise nicht sinken, sondern weiter steigen, und die ökonomischen Auswirkun­gen davon sehen wir heute. Die Menschen spüren jeden Tag beim Einkau­fen, dass quasi immer weniger Geld im Geldbörsel ist und am Ende des Geldes noch so viel Monat über ist.

Wir sehen jetzt bereits die ökonomischen Auswirkungen, die sich dann auch in den Betrieben, im Budget und so weiter fortsetzen werden. Das heißt, man sieht das Ergebnis Ihrer Politik: dass die Wirtschaft jetzt nämlich auch noch ein­bricht! – Das hätte nicht passieren müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.


11.58.56

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen im Hohen Haus! Geschätzte Damen und Herren, Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und auch vor den Empfangsgeräten! Grundsätzlich liegt es in


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der Verantwortung der Unternehmen und der Unternehmerinnen und Unter­nehmer selbst, mit kaufmännischer Vorsicht auch vorzusorgen, falls für ein Unternehmen einmal schwierigere Zeiten kommen.

Grundvoraussetzung dafür, diese Verantwortung wahrnehmen zu können, sind aber schlicht und einfach stabile Rahmenbedingungen, ist Planbarkeit auf Basis von stabilen Rahmenbedingungen.

Wenn die Politik aus gesundheitspolitischen Überlegungen, um die Menschen zu schützen, die dringende Notwendigkeit hat, Handlungen zu setzen, Einschrän­kungen im Wirtschaftsleben vorzunehmen, den Unternehmen ihr angestammtes Geschäft zu unterbinden oder in verschiedenen Bereichen zumindest stark einzuschränken, dann ist es auf der anderen Seite nicht nur legitim, sondern ge­radezu die Verantwortung der Politik, diesen Unternehmen in dieser Situa­tion zur Seite zu stehen und ihnen die durch diese politischen Entscheidungen hervorgerufenen Ausfälle zumindest zu einem Teil zu ersetzen. Wir reden jetzt überwiegend und weitestgehend von gesunden Unternehmen, die zuvor gesund ihre Geschäfte machen konnten und damit auch Menschen beschäftigen konnten, um zum Wohlstand beizutragen.

Das ist in der Covid-Pandemiezeit so geschehen, und es attestieren uns alle Expertinnen und Experten, dass es uns in Österreich in großem Maße gelungen ist – die Zahlen zeigen es ja letzten Endes auch –, diese Unternehmen ab­zusichern, durch die verschiedensten Hilfsmaßnahmen bis hin zur Kurzarbeit Arbeitsplätze abzusichern, sodass Österreich sehr, sehr gut durch die­se Krise gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was wäre die Alternative in damals stark betroffenen Branchen, im Tourismus, in Teilen des Handels, aber durchaus auch Teilen von Gewerbe und Hand­werk gewesen? – Wir hätten nicht nur bei einzelnen Unternehmen existenzielle Probleme bekommen, sondern wir hätten strukturelle Probleme bekom­men. (Abg. Kassegger: Es hat euch ja keiner gesagt, dass ihr alles zusperren müsst! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wenn man sich vor Augen führt, wie


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bedeutsam Branchen wie der Tourismus, der stationäre Handel für die Gesamt­versorgung in Österreich, für die Menschen sind, dann hätten wir ganz be­stimmt strukturelle Verwerfungen bekommen und Verluste ganzer Wirtschafts­strukturen erleiden müssen, die unwiederbringlich gewesen wären.

Jetzt sind wir in einer vergleichbaren Situation, dass ausgelöst von einem ver­antwortungslosen Politiker in Russland ein unsäglicher Krieg gegen ein Nachbarland angezettelt und gleichzeitig ein Wirtschaftskrieg mit der westlichen Welt begonnen wurde. Die Auswirkungen sind, dass die Energiepreise in eine Höhe geschnellt sind, die für die Menschen in den privaten Haushalten, aber auch für viele Unternehmen – zum Teil sind es jetzt dieselben Branchen, aber zum Teil auch ganz andere – einfach nicht zu stemmen wären. Da ist es wiederum die Verantwortung der Politik, diesen Unternehmen zur Seite zu stehen und mit entsprechenden Abfederungen dieser extremen Kostensteigerungen dafür zu sorgen, dass diese davor gesunden Unternehmen überleben können, die nicht aus eigenem Verschulden in diese Situation ge­raten  sind und auch durchaus ihre kaufmännische Vorsicht haben walten lassen. Diesen Unternehmen muss man selbstverständlich staatlicherseits unter die Arme greifen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das tun wir in sehr konkreter Weise; letztes Jahr schon mit dem Energiekostenzuschuss eins, jetzt mit einer Verlängerung dieses Energiekostenzuschusses eins bis zum Jahresende und dann mit einem neuerlichen, sogar noch großzügiger gestalteten Energiekostenzuschuss zwei, der auch zusätzliche Energieträger und die Kosten zusätzlicher Ener­gieträger miteinbezieht, der auch noch andere Kriterien anwendet und letzten Endes damit dafür sorgt, dass wir nicht einzelne Unternehmen verlieren, sondern dass wir ganze Branchen absichern können.

Dieses Mal geht es natürlich vor allem einerseits um Branchen, die im interna­tionalen Wettbewerb stehen und damit natürlich vor Abwanderung oder der Notwendigkeit der Abwanderung in andere Länder oder Kontinente nicht gefeit wären, wo die Energiekosten ein anderes Niveau haben. Es geht


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auch durchaus um viele Klein- und Mittelbetriebe, die davon betroffen wären, die aber in ihrer flächendeckenden Struktur- und Versorgungssituation für unsere Bevölkerung enorme Bedeutungen haben. Wenn es dort massive Einschnitte gäbe, wären das unwiederbringliche strukturelle Nachteile – nicht nur im städtischen, sondern vor allem auch im ländlichen Bereich. Das können und dürfen wir nicht zulassen.

Meine Damen und Herren, deswegen schaffen wir mit diesem Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz, das wir Ihnen heute vorlegen, die Grundlage für diesen Energiekostenzuschuss zwei und auch für die Verlängerung des Energiekostenzuschusses eins.

Um das bewerkstelligen zu können, darf ich auch noch den gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf und Schwarz zu diesem Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz einbringen. Ich darf Sie bitten, diesen Antrag mit in Verhandlung zu nehmen.

Ich darf Sie am Ende der Debatte auch um Ihre geschätzte Zustimmung ersuchen. Es ist ganz, ganz wichtig und dringend, dass wir die Grundlage für unseren Wohlstand, die Grundlage für den Wohlstand vieler Menschen in Österreich mit diesem Gesetz absichern, weil wir sonst breitflächige Flur­schäden in der Wirtschaft und damit auch in der Beschäftigungssitua­tion in Österreich hätten. Das dürfen wir aus unserer Verantwortung heraus nicht zulassen. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen den Abänderungs­antrag ganz kurz in den Grundzügen erläutern, auch wenn wir ihn dann zur Verteilung bringen. Sie wissen, sonst ist er nicht eingebracht.


Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich sollte es nach so vielen Jahren im Haus eigentlich wissen.


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Ich bringe den Gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Budgetausschusses (1916 d.B.) über den Antrag (3085/A) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vor­belastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft geneh­migt wird und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energie­intensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (TOP 1), ein.

Es geht im Wesentlichen einerseits um eine Erhöhung des budgetären Rahmens für dieses Gesetz. Wir hatten ursprünglich 1,3 Milliarden Euro veranschlagt, jetzt soll die Summe inklusive dieser 1,3 Milliarden Euro auf 7 Milliarden Euro erhöht werden. Gleichzeitig geht es um die Festhaltung der Rahmenbe­dingungen in den einzelnen Förderstufen, das Verbot von Mehrfachförderungen und die Festlegung von Höchstgrenzen und um eine Konkretisierung des Ge­genstandes der Förderung und deren Abwicklung.

Ich bitte nochmals, diesen Abänderungsantrag mit in die Verhandlungen ein­zubeziehen, Frau Präsidentin. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Budgetausschusses (1916 d.B.) über den Antrag (3085/A) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vor­belastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird und


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das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Un­ternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (TOP 1)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

„Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelas­tungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unter­nehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bundesgesetzes, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird

Das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird, BGBl. I Nr. 117/2022, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 169/2022, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 wird die Jahresangabe „2023“ durch die die Jahresangabe „2024“ sowie der Betrag „1,3 Mrd. Euro“ durch den Betrag „3,5 Mrd. Euro“ ersetzt.

2. § 3 Abs. 3 und Abs. 4 lauten:

„(3) § 1, § 3 Abs. 3 und 4 in der Fassung des BGBl. I Nr. xx/xx treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(4) Der Titel, § 1, § 2 und § 3 in der Fassung des BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 31. Dezember 2024 außer Kraft.“


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Artikel 2

Änderung des Bundesgesetzes über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG)

Das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unterneh­men (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG), BGBl. I Nr.117/2022, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 169/2022, wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet:

„Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG)“

2. Vor § 1 wird folgende Bezeichnung und Überschrift eingefügt:

„1. Abschnitt

Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen Februar bis September 2022 “

3. § 1 Abs. 2 2. Satz lautet:

„Anträge können für Sachverhalte, die sich im Zeitraum zwischen 1. Februar 2022 und bis 30. September 2022 verwirklicht haben, gestellt werden.“

4. § 1 Abs. 3a 1. Satz lautet:

„Mit der Abwicklung des Energiekostenzuschusses als Pauschalfördermodell mit einem Förderbetrag bis zu 1.800 Euro kann nach diesem Bundesgesetz auch eine andere geeignete Stelle betraut werden.“

5. § 1 Abs. 4 lautet:

„(4) Die liquiden Mittel für die Förderprogramme der Abschnitte 1 bis 3 dieses Bundesgesetzes werden der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer allenfalls weiteren beauftragten Abwicklungsstelle gemäß § 1


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Abs. 3a, § 7 Abs. 2 und § 10 Abs. 3 auf Anforderung bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt. Hiefür werden bis zu 7 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt.“

6. § 2 Abs. 1 lautet:

„(1) Energieintensive Unternehmen sind solche, bei denen sich die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3,0 % des Produktionswertes belaufen.“

7. § 3 Abs. 1 Z 1 und 2 lauten:

„1.  Anteile von Mehraufwendungen für den betriebseigenen Verbrauch von Treibstoffen, Strom und Gas, die energieintensiven Unternehmen von 1. Februar 2022 bis 30. September 2022 entstehen, mit einem Zuschuss bis zu einer maximalen Höhe von 400.000 € pro Unternehmen, für energieintensive Unter­nehmen und Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1a bis zu einer in den Förde­rungsrichtlinien bestimmenden Zuschusshöhe werden darüber hinaus Kosten für die Antragstellung teilweise ersetzt.

2.    Anteile von Mehraufwendungen für Strom und Erdgas, die energieintensiven Unternehmen ab 1. Februar 2022 bis 30. September 2022 entstehen, mit einem Zuschuss von mehr als 400.000 € pro Unternehmen, abhängig von Betrof­fenheit und Branche. Die Höhe der Förderung wird in den Förderungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1 festgelegt und ergibt sich abhängig von Betroffenheit und Branche.“

8. § 3 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Förderungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1 legen die näheren Voraussetzungen der Förderhöhe und Förderungsbedingungen fest, insbesondere betreffend die Berechnung des Energiekostenzuschusses und das allfällige Erfordernis von Betriebs­verlusten.“

9. Die Überschrift zu § 4 lautet:


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„Verbot von Mehrfachförderung und Höchstgrenze“

10. Dem § 4 wird folgender Satz angefügt:

„Förderungen gemäß dem 1. bis 3. Abschnitt, die aufgrund des „Befristeten Krisen­rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggres­sion Russlands gegen die Ukraine vom 24. März 2022“ in der jeweils geltenden Fassung gewährt werden, dürfen pro Unternehmen die beihilfenrechtlichen Obergrenzen des „Befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine vom 24. März 2022“ in der Fassung vom 28. Oktober 2022 insgesamt nicht über­schreiten.“

11. Dem § 6 Abs. 2 werden folgende Abs. 3 bis Abs. 5 angefügt:

„(3) Der Bundesminister für Finanzen übermittelt auf Verlangen des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft zum Zwecke der Abwicklung und Auszahlung der Pauschalförderung gemäß § 1 Abs. 3a, § 7 Abs. 2 und § 10 Abs. 3 den bescheidmäßig festgesetzten Umsatz für das Kalenderjahr 2022, bzw. sollte eine Festsetzung mittels U-Bescheid für das Kalenderjahr 2022 vor dem 15.03.2023 nicht erfolgt sein, so ist die Summe der gemeldeten Umsätze und allfälligen unterjährigen Festset­zungen für das Kalenderjahr 2022 zu übermitteln.

(4)   Alle personenbezogenen Daten sind sieben Jahre nach Ablauf des Kalender­jahres, in welchem die Förderung beantragt wurde, zu löschen.

(5) Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft ist ermächtigt, das Verfahren für die elektronische Übermittlung der für das Pauschalfördermodell erforderlichen personenbezogenen Daten, insbesondere an die Abwicklungsstelle, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen in einer zu erlassenden Verordnung fest­zulegen.“

11. Die Überschrift zu § 7 entfällt und wird durch folgende Bezeichnung und Über­schrift ersetzt:


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„2. Abschnitt

Energiekostenzuschuss für Unternehmen Oktober bis Dezember 2022

Gegenstand der Förderung, Abwicklung“

13. § 7 lautet:

„§ 7. (1) Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt und nach Antragsstellung und Abrechnung ausbezahlt. Anträge können für Sachverhalte, die sich ab 1. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2022 verwirklicht haben, gestellt werden. Der Zuschuss wird entsprechend den Laufzeiten des jeweils geltenden „Be­fristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine vom 24. März 2022“ gewährt. Das Ende der Einreichfrist wird in den Förderungsrichtlinien gemäß § 5 festge­legt. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Förderung.

(2) Mit der Abwicklung des Energiekostenzuschusses als Pauschalfördermodell mit ei­nem Förderbetrag bis zu 675 Euro kann nach diesem Bundesgesetz auch eine andere geeignete Stelle betraut werden. Der Bundesminister für Arbeit und Wirt­schaft wird ermächtigt, diese andere Abwicklungsstelle per Verordnung festzulegen und einen Vertrag über die inhaltliche Ausgestaltung der Abwicklung mit der anderen Abwicklungsstelle abzuschließen.

(3) Der Vertrag mit der Abwicklungsstelle gemäß Abs. 2 hat insbesondere die Aufbe­reitung und Prüfung der Förderungsansuchen gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes und den jeweiligen Richtlinien, den Abschluss der Verträge im Namen und auf Rechnung des Bundes mit den Förderungswerbern, die Abrechnung und die Auszahlung der Förderungsmittel sowie die Kontrolle der Einhaltung der Förderungs­bedingungen und die Rückforderung von gewährten Förderungsmitteln zu regeln.

(4) § 1 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 3 und Abs. 4 sind anzuwenden.“


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14. Dem § 7 werden die Paragraphen § 8 und § 9 und der 3. und 4. Abschnitt ange­fügt:

„§ 8. (1) Gefördert werden

1.    Anteile von Mehraufwendungen für den betriebseigenen Verbrauch von Treibstoffen, Strom, Gas und direkt aus Erdgas und Strom erzeugte Wärme/Kälte (inkl. Fernwärme) und Dampf die energieintensiven Unternehmen von 1. Okto­ber 2022 bis 31. Dezember 2022 entstehen, mit einem Zuschuss bis zu einer maximalen Höhe von 400.000 € pro Unternehmen, für energieintensive Unternehmen und Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1a bis zu einer in den Förderungsrichtlinien bestimmenden Zuschusshöhe werden darüber hinaus Kosten für die Antragstellung teilweise ersetzt.

2.    Anteile von Mehraufwendungen für Strom, Erdgas und direkt aus Erdgas und Strom erzeugte Wärme/Kälte (inkl. Fernwärme) die energieintensiven Unternehmen von 1. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2022 entstehen, mit einem Zuschuss von mehr als 400.000 € pro Unternehmen, abhängig von Betroffenheit und Branche.

(2) Für die Gewährung der Förderungen sind die Bestimmungen gemäß § 2 anzu­wenden.

(3) Die Förderungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1 legen die näheren Voraussetzungen der Förderhöhe und Förderungsbedingungen fest, insbesondere betreffend die Berechnung des Energiekostenzuschusses und das allfällige Erfordernis von Betriebsverlusten sowie der Antragszeiträume.

Verbot von Mehrfachförderung, Förderungsrichtlinien und Datenübermittlung zur Abwicklung und Kontrolle der Unternehmensförderung

§ 9. Für die Gewährung der Förderungen sind die Bestimmungen gemäß § 4, § 5 und § 6 anzuwenden.


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3. Abschnitt

Energiekostenzuschuss für Unternehmen 2023

Gegenstand der Förderung, Abwicklung

§ 10. (1) Gegenstand des Förderungsprogrammes des Bundes ist die Unterstützung von Unternehmen in Bezug auf die derzeit hohen Energiekosten.

(2) Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt und nach Antragsstellung und Abrechnung ausbezahlt. Anträge können für Sachverhalte, die sich ab 1. Jänner 2023 bis 31. Dezember 2023 verwirklicht haben, gestellt werden. Der Zuschuss wird entsprechend den Laufzeiten des jeweils geltenden „Befriste­ten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine vom 24. März 2022“ gewährt. Das Ende der Einreichfrist wird in den Förderungsrichtlinien gemäß § 5 festgelegt. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Förderungen.

(3) Mit der Abwicklung des Energiekostenzuschusses 2023 als Pauschalfördermodell mit einem Förderbetrag bis zu 2.700 Euro kann nach diesem Bundesgesetz auch eine andere geeignete Stelle betraut werden. Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird ermächtigt, diese andere Abwicklungsstelle per Verordnung fest­zulegen und einen Vertrag über die inhaltliche Ausgestaltung der Abwicklung mit der anderen Abwicklungsstelle abzuschließen.

(4) Der Vertrag mit der Abwicklungsstelle gemäß Abs. 3 hat insbesondere die Aufbereitung und Prüfung der Förderungsansuchen gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes und den jeweiligen Richtlinien, den Abschluss der Verträge im Namen und auf Rechnung des Bundes mit den Förderungswerbern, die Abrechnung und die Auszahlung der Förderungsmittel sowie die Kontrolle der Einhaltung der Förde­rungsbedingungen und die Rückforderung von gewährten Förderungsmit­teln zu regeln.

(5) § 1 Abs. 3 und Abs. 4 sind anzuwenden.


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Definition der energieintensiven Unternehmen 2023

§ 11. (1) Sofern Förderungen nur für energieintensive Unternehmen vorgesehen sind, müssen sich bei diesen Unternehmen die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3,0 % des Produktionswertes 2021 oder 6,0 % des Produktionswertes des ersten Halbjahres 2022 belaufen.

(2) Nähere Details betreffend die antragsberechtigten Unternehmen werden in den Förderungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1 festgelegt.

Zuschuss für Unternehmen

§ 12. (1) Gefördert werden

1.    Anteile von Mehraufwendungen für den betriebseigenen Verbrauch von Treib­stoffen, Strom Erdgas und direkt aus Erdgas und Strom erzeugte Wärme/Kälte (inkl. Fernwärme), Dampf, Holzpellets, Hackschnitzel und Heizöl, die ab 1. Jänner 2023 bis 31. Dezember 2023 entstehen, mit einem Zu­schuss von mindestens 3.000 € bis zu einer maximalen Höhe von 2 Millionen € pro Unternehmen,

2.    Anteile von Mehraufwendungen für den betriebseigenen Verbrauch von Strom, Erdgas und direkt aus Erdgas und Strom erzeugte Wärme/Kälte (inkl. Fern­wärme), die Unternehmen ab 1. Jänner 2023 bis 31. Dezember 2023 entstehen, mit einem Zuschuss pro Unternehmen bis zu einer maximalen Höhe von 150 Millionen € pro Unternehmen.

(2) Unternehmen werden bis zu einer in den Förderungsrichtlinien zu bestimmenden Zuschusshöhe Kosten für die Antragstellung teilweise ersetzt.

(3) Die Förderungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1 legen die näheren Voraussetzungen der Förderhöhe und Förderungsbedingungen abhängig von Betroffenheit und Branche fest. Verbot von Mehrfachförderung, Förderungsrichtlinien und Datenüber­mittlung zur Abwicklung und Kontrolle der Unternehmensförderung.


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§ 13. Für die Gewährung der Förderungen sind die Bestimmungen gemäß § 4, § 5 und § 6 anzuwenden. § 4 vorletzter Satz ist nicht anzuwenden.

4. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Vollziehung

§ 14. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, hinsichtlich des § 5 Abs. 1 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut.

In- und Außerkrafttreten

§ 15. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem der Genehmigung oder Nichtuntersagung durch die Europäische Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV folgenden Tag in Kraft. Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft hat diesen Zeitpunkt im Bun­desgesetzblatt kundzumachen. Förderungen nach diesem Bundesgesetz und der Förderungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1 dürfen erst nach der Genehmigung oder Nichtuntersagung durch die Europäische Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt werden.

(1a) § 1 Abs. 1a bis Abs. 4, § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Z 1 und Z 2, § 3 Abs. 2, § 5, § 6 und § 7 Abs. 1 und 3 in der Fassung des BGBl. I Nr. 169/2022 treten mit dem Zeit­punkt gemäß § 7 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des BGBl. I Nr. 169/2022 in Kraft. § 3 Abs. 3 tritt nicht in Kraft.

(1b) § 1 Abs. 1, 2, 3a und 4, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Z 1 und Z 2, § 3 Abs. 2, § 4, § 6 Abs. 3 bis Abs. 5, § 7, § 8, § 9, § 10, § 11 § 12, § 13, § 14 und § 15 in der Fassung des BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Förderungen nach den Abschnitten 2 und 3 dieses Bundesgesetztes und der Förde-


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rungsrichtlinien gemäß § 5 Abs. 1, die einer ex-ante Notifikationspflicht ge­mäß Art. 108 Abs. 3 AUEV unterliegen, dürfen erst nach der Genehmigung oder Nichtuntersagung durch die Europäische Kommission gewährt werden.

(2) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem 30. Juni 2024 außer Kraft.““

Begründung:

Allgemeiner Teil

Der Krieg in der Ukraine hat mitunter gravierende Auswirkungen auf große Teile der österreichischen Wirtschaft. Im europäischen Kontext sind die Mitgliedstaaten von der Energiekrise unterschiedlich stark betroffen. Es ist zu erwarten, dass die steigenden Energiepreise in 2023 noch stärker schlagend werden und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Österreich beeinträchtigen. Insbe­sondere im Verhältnis zu Haupthandelspartner Deutschland gilt es, in besonderem Maße für die im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen ein Level Playing Field sicherzustellen und Wettbewerbsnachteile hintanzuhalten. Daher scheint es nach den Ankündigungen der deutschen Bundesregierung betreffend Unterstützungsleistungen für die deutsche Wirtschaft in der Energiekrise notwendig, die bestehenden Hilfsmaßnahmen in Österreich zu verlängern und auszuweiten. Die österreichische Bundesregierung hat sich in diesem Zusammenhang darauf geei­nigt, den ‚Energiekostenzuschuss für Unternehmen‘ (nunmehr ‚Energiekostenzu­schuss 1‘) um das vierte Quartal bis Ende 2022 zu verlängern und in 2023 als ‚Ener­giekostenzuschuss 2‘ neu aufzulegen. Darüber hinaus gefährden die zum Teil außergewöhnlich stark gestiegenen Energiepreise die Geschäftsmodelle von Kleinst- und Kleinunternehmen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen und die Preisanstiege nicht oder nur eingeschränkt in den Preisen weitergeben können. Die Kostenbelastung aufgrund steigender Energiepreise sollte auch für kleine Unternehmensgrößen zumindest teilweise abgefedert werden, damit die Unterneh­menssubstanz einer Volkswirtschaft erhalten bleibt und gerade in ländlichen


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Regionen Arbeitsplätze nicht verloren gehen. Im UEZG werden nunmehr die Ergän­zungen und Erweiterungen der Unterstützungsleistungen im Bereich Energie nachgezeichnet.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zur budgetären Neuauflage des Energiekostenzuschusses für Unternehmen (EKZ 2) in 2023 bedarf es einer Ermächtigung des Bundesministers für Arbeit und Wirt­schaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, beim Detailbudget 40.02.01 (Wirtschaftsförderung) der Untergliederung 40 Vorbelastungen im Finanzjahr 2024 in Höhe von bis zu 3,5 Mrd. Euro für Zwecke des Bundesgesetzes über einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen (UEZG) zu begründen.

Zu Artikel 2

Zu Z 1:

In Übereinstimmung mit dem EU-Krisenrahmen ist das Kriterium der Energieintensität in den Stufen 1 und 2 des Fördermodells keine Voraussetzung für die Gewährung des Energiekostenzuschusses. Aus diesem Grund ist der Titel entsprechend anzupassen.

Zu Z 2:

Die Verlängerung des Energiekostenzuschusses für Unternehmen (EKZ) um das vierte Quartal 2022 macht eine Neustrukturierung erforderlich.

Zu Z 5:

Da sich die Energiekrise auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der österreichi­schen Unternehmen massiv negativ auswirkt, werden für die auf Grundlage die­ses Bundesgesetzes durchzuführenden Förderungsmaßnahmen ausgebaut


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und budgetär auf 7 Milliarden Euro aufgestockt. Die Grundlage für diese Budgeter­höhung basiert auf eingeholten Expertisen der Österreichischen Energieagen­tur – Austrian Energy Agency, der Energie-Control Austria für die Regulierung für die Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control), der EcoAustria – Institut für Wirt­schaftsforschung sowie auf Eigenberechnungen.

Zu Z 6:

Für die Definition der Energieintensität wurden in der ursprünglichen Fassung des UEZG die entsprechenden allgemeinen europarechtlichen Grundlagen heran­gezogen. Die Europäische Kommission erachtete allerdings die in der allgemeinen Definition enthaltene Mehrwertmethode (‚die zu entrichtende nationale Ener­giesteuer beträgt mindestens 0,5 % des Mehrwerts‘) im Zusammenhang mit der Gewährung von Energiebeihilfen als nicht anwendbar. Diese Direktive wird mit Änderung der Z 6 umgesetzt.

Zu Z 10:

Die Abwicklung des Energiekostenzuschusses erfolgt in Übereinstimmung mit dem Befristeten Krisenrahmen. Dieser legt den förderungsfähigen Zeitraum von Februar 2022 bis Dezember 2023 fest. Um zu garantieren, dass die dort festgelegten Obergrenzen eingehalten werden, ist die eingefügte Kumulierungsbestimmung notwendig.

Zu Z 11:

Für die Umsetzung des Pauschalfördermodells ist die Einrichtung entsprechender elektronischer Schnittstellen unter Beachtung der geltenden Datenschutz­bestimmungen erforderlich.

Zu Z 13:

Der Energiekostenzuschuss 1 sowie das Pauschalfördermodell werden um den Zeitraum Oktober 2022 bis Dezember 2022 verlängert. Für die Verlängerung des


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Energiekostenzuschusses 1 und das Pauschalfördermodell ist ein eigener An­tragszeitraum vorgesehen. Da für Unternehmen möglicherweise existenzbedrohende Energiepreiserhöhungen im Laufe des Jahres 2022 erfolgt sind, kann es zu der Situation kommen, dass ein Unternehmen, das die Untergrenze des Energiekostenzu­schusses Februar 2022 bis September 2022 nicht erreicht hat, die Untergrenze für die Energiekostenzuschussverlängerung des vierten Quartals in der Höhe von EUR 750 erreichen würde. Aus diesem Grund wird es für das Pauschalfördermo­dell drei mögliche Förderzeiträume geben: Februar 2022 bis September 2022, Februar bis Dezember 2022, Oktober 2022 bis Dezember 2022, aus denen der För­derwerber wählen kann. Die Förderungsuntergrenze des Quartals 4 wurde ali­quot zu jener des Energiekostenzuschusses 1 festgelegt.

Zu Z 14:

Zu § 8:

Der Anstieg der Energiepreise betrifft neben Erdgas, Strom und Treibstoffe auch Wär­me und Kälte, die direkt aus Strom oder Erdgas produziert wird. Daher werden auch diese Energiearten als förderbar betrachtet und finden für die Verlängerung des EKZ 1 in allen Förderstufen bereits Berücksichtigung. In der Basisstufe wird da­rüber hinaus auch Dampf gefördert.

Zu § 10:

Es ist zu erwarten, dass die steigenden Energiepreise in 2023 noch stärker schlagend werden und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Österreich beein­trächtigen. Aus diesem Grund wird die Unterstützungsmaßnahme des Energiekosten­zuschusses in 2023 verlängert. Diese Verlängerung umfasst neben dem EKZ 2 auch das Pauschalfördermodell.

Zu § 12:

Aufgrund der Ankündigungen Deutschlands, eine Energie- und Strompreisbrem­se einzuführen, die grundsätzlich eine Vollausschöpfung des Befristeten Krisenrah­mens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression


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Russlands gegen die Ukraine in seiner Fassung vom 28. Oktober 2022 vorsieht, gilt es für heimische Unternehmen, insbesondere für jene, die im direkten Wettbewerb mit deutschen Unternehmen stehen, ein Level Playing Field sicherzustellen und Wett­bewerbsnachteile hintanzuhalten. Aus diesem Grund soll der Energiekostenzu­schuss 2 die beihilferechtlichen Möglichkeiten voll ausschöpfen können, weshalb die entsprechende Gesetzesänderung erfolgte. Der Anstieg der Energiepreise betrifft neben Erdgas, Strom, Treibstoffe, direkt aus Erdgas und Strom erzeugte Wärme/Kälte auch Energiealternativen zu Strom und Erdgas. Aus diesem Grund wird die Basis­stufe des Energiekostenzuschusses 2 um die Energiearten Heizöl, Holzpellets und Hackschnitzel erweitert.

*****


Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Abgeordneter.

Damit ist dieser gesamtändernde Abänderungsantrag auch geschäftsord­nungsgemäß eingebracht, weil er in den Grundzügen erläutert wurde. Er wird zur Verteilung gebracht.

Nun gelangt Abgeordneter Axel Kassegger zu Wort. – Bitte.


12.07.55

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ich möchte gleich an Kollegen Kopf anschließen, der ja gesagt hat, dass all die Maßnahmen, die jetzt zu treffen sind – wir sprechen da von vier Gesetzen im Energiebereich –, unbedingt notwendig sind, um die Wirtschaft zu retten, die Haushalte zu unter­stützen und so weiter und so fort. Es ist durchaus legitim, das so vorzu­tragen, aber es ist wieder eine vollkommene Verkennung der Ursache-Wirkung-Zusammenhänge. Was Sie machen, ist ja das, was wir Freiheitliche seit Jahren kritisieren, nämlich das Problem nicht an der Wurzel zu packen und zu lösen, sondern – ich habe es vorhin schon erwähnt –diese Probleme, diese Krisen zu einem weiten Teil durch Ihr Handeln selbst mitzuverantworten.


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Dann stellen Sie sich hin und sagen, wie es auch Bundeskanzler Neham­mer macht: Ja, das ist alles so schwierig, die Krise ist schuld. – Ich wiederhole es: Die Krise ist nicht wie die Heuschreckenplage vom Himmel gefallen, son­dern die haben Sie selber produziert.

Das klassische Beispiel ist Ihre Coronapolitik. Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben, dass Sie die ganze Welt zusperren, dass Sie die Wirtschaft zusperren, dass Sie unsere Kinder einsperren? Mit einer vollkommen überschießen­den – Roger Köppel nennt das so – Brechstange des Ausnahmezustandes haben Sie vollkommen überschießend am Parlament vorbei über Notverord­nungen regiert und de facto gemacht, was Sie wollten. Das ist hauptursächlich für die Krise, und jetzt korrigieren Sie hintennach mit dem Geld der Bür­ger. Sie tun ja gerade so, als ob das Geld jetzt irgendwie vom Himmel käme. Lei­der kommt es das nicht, das müssen Sie ja davor den Leuten aus der Tasche ziehen.

Selbstverständlich ist diese Coronapolitik eine massive Schädigung der Wirtschaft gewesen: chaotisch, unlogisch und mit massivsten Eingriffen in die Wirtschaft. Jetzt setzen Sie sozusagen noch einen drauf, indem Sie die
Klima- und Energiepolitik in die Doppelzange nehmen. Auch das – ich habe es vorhin schon erwähnt – ist eine massive Belastung.

Wo ist die ÖVP, die Wirtschaftspartei, wenn die Europäische Union die Zertifi­katspreise verzwanzigfacht? Wo ist die ÖVP, die Wirtschaftspartei, wenn sie selbst als Bundesregierung – als wäre der Sprit nicht teuer genug – noch einmal eine CO2-Abgabe draufhaut? Wo ist die ÖVP als Wirtschaftspartei, die endlich einmal die Grünen in ihrem Begehr einbremst, die Welt mit einem vollkommen falschen Ansatz zu retten, nämlich jenem, dass man irgend­etwas bewegt, wenn man auf dem europäischen Kontinent diese 8 Prozent
CO2-Emissionen auf null reduziert? Wo ist die ÖVP? – Ich sehe sie nicht.

Die ÖVP verteilt jetzt hintennach Geld, das sie den Bürgern vorher aus der Ta­sche nimmt.


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Das heißt, ich lasse das auch nicht gelten. Ich lasse zwei Sätze nicht gelten: Die Krise ist schuld, alles ist so schwierig. – Sie sind die Hauptverursacher die­ser Krise. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Satz, den ich auch nicht gelten lasse, ist jener: Wir lassen niemanden zurück. – Selbstverständlich lassen Sie jemanden zurück. Sie lassen alle zu­rück. Sie lassen die Bürger, die Österreicher, zurück. Am Ende baden die Ihre verfehlte Politik aus. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Da können Sie das Geld und irgendwelche Zuschüsse dreimal im Kreis schicken.

Abgesehen davon sind das natürlich alles dramatische Markteingriffe. Da sage ich, Kollegen Leichtfried sind die dramatischen Markteingriffe durch das Coronaregime und die Sanktionen immer noch zu wenig. Der fordert noch mehr.

Da sagen wir, uns Freiheitlichen sind schon diese beiden Markteingriffe zu viel gewesen. Was mich aber wundert, ist, dass die Wirtschaftspartei ÖVP, die bei diesen dramatischen Markteingriffen auch überall mitmacht, jetzt diese sozusagen Hintennach-Symptompflänzchenbekämpferei mit dem Geld, das sich die Leute selber zahlen, als tolle Lösung präsentiert.

Also da fehlt mir wirklich der Zugang, dass das mit einer Partei mit Wirtschafts­kompetenz noch irgendwie vereinbar ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Selbstverständlich lassen Sie die Leute zurück. Die zahlen sich das alles selber. Sie sind nicht in der Lage, nicht willens oder haben vielleicht gar nicht mehr die Kompetenz dazu, Ihre selbst produzierten Probleme radikal – das meine ich jetzt positiv: lateinisch radix – an der Wurzel zu packen.

Sie sind ja nicht einmal in der Lage, diese Probleme anzusprechen, die offensicht­lich auf der Hand liegen: Ihre vollkommen verfehlte Coronapolitik, die Kapa­zitäten zerstört hat.


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Meritorder: Seit einem Jahr reden Sie herum. Die Meritorder führt dazu – das wissen Sie –, dass sich Energieversorgungsunternehmen, die günstiger pro­duzieren können – und das sind mit Masse zum Beispiel Landesunternehmen, die viel mit Wasserkraft produzieren –, die Taschen vollstopfen und Rie­senmargen und Millionengewinne machen. Der Verbund, auch ein Landesener­gieversorger, macht Millionengewinne. Mit wessen Geld? – Das zahlen alles unsere Leute.

Dann geben Sie einen Heizkostenzuschuss oder so irgendetwas, der wahr­scheinlich einen Bruchteil dessen beträgt, was die Vorschreibungser­höhung bringt. Da müssen sich die Leute ja zu Recht vollkommen gepflanzt vorkommen – und das tun sie auch.

Niemand außer der Freiheitlichen Partei ist da, der den Willen hat, die Probleme an der Wurzel zu packen. Weg mit dieser Meritorder! Gehen wir einmal weg von dieser Verteufelung von Kohle, Gas und Öl! Das führt doch zu nichts außer zu einer Zerstörung oder Abwanderung unserer Industrie.

Machen wir eine vernünftige Energiepolitik mit Maß und Ziel, selbstverständlich mit dem Ausbau von Erneuerbaren, aber bitte schön die Netzstabilität und den Netzausbau nicht vergessen! Wir haben einen Bedarf von 18 Mil­liarden Euro. Da wird gebremst, da geht nichts weiter, weil sich dann verschie­dene Parteien querlegen, was die Verfahrensgeschwindigkeiten und so weiter betrifft. (Abg. Fischer: Wollt ihr helfen?)

Die Grünen haben auch einen komischen Zugang zur Wasserkraft. Das wollen sie auch nicht. Ich kenne das als Grazer. Da haben die Grünen gegen ein riesiges Wasserkraftwerk protestiert. Das sind erneuerbare Energien. Also ich verstehe es nicht. (Abg. Fischer: Ja, weil Kraftwerk nicht Kraftwerk ist! – Abg. Schallmeiner: Differenzieren ist ja bei der FPÖ auch nicht ihre Stärke!) Wirt­schaftlichkeit und Leistbarkeit spielen für die Grünen offensichtlich über­haupt keine Rolle.


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Also eine vernünftige Energie- und Standortpolitik, bitte schön! Die Zertifikate, das ganze Zertifikateregime, die Verzwanzigfachung der Preise: Fangen Sie doch zu denken an! Das vertreibt doch die europäische Wirtschaft. Die Ame­rikaner und Chinesen lachen sich krumm.

All die Sanktionen, dieser Wirtschaftskrieg: Bitte ein Reset, vernünftig werden! Das macht doch keinen Sinn. Auch der Wettbewerb – wer hält es jetzt län­ger aus: die Russen oder wir? – ist ein Negativwettbewerb. Was soll das? Das ist zum Schaden der Europäer.

Ich sehe niemanden in der Bundesregierung und in der Europäischen Kommis­sion, der da wirklich die Interessen der Europäer und der Österreicher vertritt.

Vielleicht ist Christoph Leitl da schon am richtigen Weg. Er hat eine ganz richtige Analyse, seine Conclusio ist allerdings noch falsch. Auf die Frage, ob das nicht schlecht ist, wenn die Energiepreise in Europa so steigen, ob er keine Gefahr des Abzugs der Industrie sieht, antwortet er, ja, die sieht er, aber seine Conclusio ist: Deswegen müssen wir – so wie Karlheinz Kopf – die Industrie und die Wirtschaft jetzt mit Steuergeldern subventionieren.

Das ist der falsche Zugang. Energiepreise kriegt man ganz anders in den Griff: indem man das Problem an den Wurzeln packt. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Die zweite Frage, die ihm gestellt wurde: Was halten Sie von den Wirtschafts­sanktionen? Sehen Sie die kritisch? – Er antwortete: Ich habe immer die Meinung vertreten, dass Wirtschaftssanktionen politisch nichts bringen. – Dann aber halt seine politische Conclusio: Aber jetzt haben wir uns nun einmal für diesen Weg entschieden, den wir nur als Ergebnis von Friedensgesprächen verlas­sen sollten.

Bitte, dann kommen Sie einmal in die Gänge! Starten wir einmal mit Friedens­gesprächen beziehungsweise machen Sie Ihren Einfluss geltend – den ha­ben wir im Europäischen Rat, der Herr Bundeskanzler kann in Brüssel sehr wohl seinen Mund aufmachen, wir wissen das. (Abg. Hörl: Tut er auch! Tut er ja!)


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Wir haben Dutzende Anträge und Aufträge im EU-Hauptausschuss. Die werden natürlich alle abgelehnt, weil dort nicht der Mund aufgemacht wird, weil man – ich weiß es nicht – gefallen oder sonst etwas will und jedenfalls nicht die Interessen der Österreicher entsprechend vertritt.

Jetzt komme ich zu den Gesetzentwürfen, die dieser Systematik an sich genau entsprechen: Wir lösen das Problem nicht, und jetzt schütten wir wieder Geld in die Wirtschaft und unter die Leute. Das Unternehmens-Energiekosten­zuschussgesetz kostet 7 Milliarden Euro. Auch da stellt sich wieder die Frage: Wer zahlt das? – Das zahlen wir uns wieder selber.

Abwickeln soll es die Forschungsförderungsgesellschaft – Kollege Krainer hat es schon gesagt. Da wird es ein bisschen absurd.

Beim ElWOG geht es um den Ersatz der Netzverluste. Die Versorger müs­sen jetzt um teures Geld diese 3 Prozent Netzverluste zukaufen. Das wird dann an die Kunden weiterverrechnet, wird also jetzt auch wieder mit Steuergeld, also mit eigenem Geld, subventioniert.

Wir haben uns jetzt umentschieden: Diesem Gesetz werden wir zustimmen, weil es doch eine kurzfristige Hilfe ist. Es ist aber nicht die systemische Lösung, die auch von der SPÖ – da haben wir dem Antrag auch zugestimmt – schon seit einem halben Jahr gefordert wird. Da ist ein halbes Jahr überhaupt nichts passiert. Wir warten also immer noch auf die systemische Lösung.

Da komme ich auf die technische Abwicklung, die – ganz ehrlich – auch in dieser Bundesregierung amateurhaft ist. Ich bin jetzt auch schon relativ lange im Parlament. Also wenn dann sogenannte Trägerraketen da liegen – das sind Ge­setzesvorschläge, da steht nichts drinnen –, wir dann gestern um 15 Uhr die Gesetzesvorschläge bekommen und von uns erwartet wird, dass wir uns da­zu äußern, dann ist das nicht der Grad an Professionalität, den man eigent­lich an den Tag legen sollte.


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Also da ist auch vom Handwerklichen her sehr viel Chaos dabei – FFG und so weiter –, aber das nur nebenbei.

Auch das GWG, der vierte Gesetzentwurf, ist in Wahrheit noch nicht so weit. Da würde ich sogar empfehlen, dass man das noch einmal rückverweist und in Ruhe noch einmal durchbespricht. Wenn es heute durchgeboxt werden soll, werden wir dem nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.


12.18.18

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kassegger meint, raus aus Kohle, Öl und Gas gefährdet die österreichische Industrie. Die Zukunft der österreichischen Industrie liegt also in der Kohle. – Das sehe ich natürlich anders. Auch dass wir in Österreich wie­der günstige Energie haben werden, wenn wir nur nett zu Putin sind, halte ich für eine Fehlannahme. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Wir beschließen heute aber die gesetzliche Basis für den Energiekostenzuschuss zwei. Ich möchte das nutzen, um noch einmal auf die Wirtschaftshilfen der Regierung insgesamt zurückzublicken, um zu sehen, wie erfolgreich diese bisher waren.

Das werden natürlich alle im Haus anders einschätzen. Da stellt sich die Frage, wie man das halbwegs objektiv feststellen kann. Ich würde das so machen: Man schaut, welche Ziele man sich gesetzt hat. Wurden die erreicht, und wie könnte man das messen?

Also was waren die Ziele? – Erstens wollte man sicherzustellen, dass die Be­triebe nicht in größeren Zahlen eingehen. Zweitens wollte man schauen, dass die


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Leute ihre Jobs nicht verlieren. Drittens sollte die Konjunktur, die Volks­wirtschaft insgesamt, nicht abstürzen und viertens quasi noch gleichzeitig der Ausstieg aus Öl und Gas erreicht werden. Das ist schon viel, was man da zugleich hinbekommen soll, aber hat es geklappt?

Zum Ersten: Sind die Betriebe massenhaft eingegangen? – Das könnte man typischerweise an der Anzahl der Insolvenzen ablesen. Da sieht man, dass die Anzahl der Insolvenzen im Jahr 2022 immer noch niedriger ist, als das vor der Coronakrise der Fall war. Es ist sogar so: Die OeNB hat gesagt, dass die Anzahl der Unternehmen in diesem Zeitraum seit 2019 um 8 Prozent zugenommen hat. – Also klappt das. (Beifall bei den Grünen.)

Haben die Leute ihre Jobs verloren? – Einzelne leider schon, aber in Summe müsste man das natürlich an der Arbeitslosigkeit messen, und da zeigt sich: Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit 14 Jahren nicht. Also gibt es auch da ei­nen Erfolg.

Drittens: Wie geht es der österreichischen Volkswirtschaft insgesamt? – Da hat es im Jahr 2022 ein Wachstum um 5 Prozent gegeben. An der Konjunktur kann man quasi ablesen, wie es ihr geht. Auch das Konjunkturbarometer der IV, das quasi eine Umfrage von 500 Unternehmen abbildet, zeigt, dass diese sehr positiv ins Jahr 2023, insbesondere in die zweite Jahreshälfte, schauen und eine gute Auftragslage erwarten.

Dann stellt sich natürlich die Frage: Befeuert das nicht nur die Nachfrage nach fossilen Energieträgern, bleibt es bei business as usual, und kommen wir immer weiter weg von einer nachhaltigen Wirtschaft? – Auch da zeigt sich: Wir haben im Oktober 20 Prozent weniger Gas verbraucht als im Vorjahr, im November 26 Prozent weniger Gas. (Abg. Kassegger: Ja, weil es so warm war! Ein Zufall! Weil es so warm war!) Beim Strom gibt es ein ähnliches Bild. Das er­klärt das wärmere Klima nicht, sondern es ist tatsächlich noch darüber hinausge-


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hend. Selbst beim Diesel gibt es trotz des Wirtschaftswachstums eine Ein­sparung von 4 Prozent an Verbrauch im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das geht klarerweise nicht alles auf die Kappe der Regierung, aber es sind doch positive Entwicklungen, die mit den Maßnahmen zusammenfallen. Diesen Erfolg möchte ich explizit hier festhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Jetzt ist es allerdings auch so, dass selbst die Kritikerinnen und Kritiker selten die Frage stellen, ob wir die Ziele erreicht haben, sondern meistens kommt ja die Beschwerde, dass die Mittel nicht treffsicher oder nicht effizient eingesetzt worden sind. Da möchte ich jetzt zum Energiekostenzuschuss zwei zurückkom­men: Da gibt es nämlich dieses berühmte Alternativbeispiel des Gaspreisde­ckels, den auch die SPÖ vorschlägt und der der Traum von allen ist, die sich Anti­teuerungsmaßnahmen besonders einfach vorstellen. Da wird nämlich ein­fach beim Gaspreis ein Strich gezogen, und alles, was darüber ist, wird vom Staat gezahlt – superschnell, supereinfach! Die Betriebe wissen jetzt schon, wie viel sie in fünf Monaten für das Gas zahlen werden. Das ist natürlich eine schnel­le und einfach Maßnahme, aber halt auch überhaupt nicht treffsicher, weil das jeder kriegt, ob groß oder klein, ob arm oder reich, ob man es braucht oder nicht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kucharowits und Stöger.)

Genau das wollten wir in Österreich nicht. Deshalb haben wir eine ganze Reihe von Kriterien eingezogen, damit es möglichst treffsicher ist. Das heißt, nur jene, die es wirklich brauchen, weil sie von massiven Mehrkosten betroffen sind, kriegen eine Förderung. Jene, die es sich leisten können, üppige Manager­boni, oder Dividenden auszuzahlen, kriegen keinen Zuschuss. Jene, die es sich leisten können, Energie im wahrsten Sinne des Wortes beim Fenster hinauszuheizen – Stichwort Beheizung von Außenräumen und so weiter –, kriegen auch keinen Zuschuss. Wer Kosten spart, indem er massenhaft Mitarbei­ter:innen hinausschmeißt oder Steuern hinterzieht, kriegt auch keinen Zu­schuss. (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn ein Betrieb besonders große Zuschüsse beantragt, dann gibt es noch einmal Extrakriterien. Zum Beispiel muss der Gewinn massiv eingebrochen sein oder es muss einen Verlust gegeben haben. Das heißt, in Österreich muss man einen Antrag stellen, es gibt strenge Kriterien, deren Einhaltung geprüft wird. Das erhöht natürlich die Fairness und die Treffsicherheit, aber um den Preis, dass es langsamer geht und aufwendiger für die Betriebe ist.

Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen: Es ist natürlich schon so, dass Treffsicherheit wichtig ist, aber sie ist nicht alles, es gibt auch etwas anderes. Schnelligkeit und Einfachheit sind auch wichtig, und die Abwägung, finde ich, hat die Bundesregierung bis jetzt in Summe, über alle Maßnah­men hinweg gesehen, sehr gut hingekriegt. Dafür vielen Dank, und ich bitte auch um Zustimmung zum Energiekostenzuschuss zwei. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppel­bauer. – Bitte.


12.23.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Ich glaube, man hat jetzt an meinem Vorredner schon recht gut gesehen, wie schwer sich die Bundesregierung mit dem tut, was sie im Augenblick macht. Auf der einen Seite wird das deutsche Modell kriti­siert, weil es nicht treffsicher ist, auf der anderen Seite sagen alle Ökono­men und alle Spezialisten in Österreich, inklusive der Oesterreichischen Natio­nalbank, dass die Modelle in Österreich viel zu teuer sind, dass viel zu viel Geld ausgegeben wird und dass sie eines nicht sind, nämlich treffsicher. (Beifall bei den NEOS.)

Diese Kritik, meine Damen und Herren, muss man einfach so stehen lassen. Im Augenblick wird in Österreich keine gute Energiepolitik und vor allem auch keine gute Budgetpolitik gemacht. Wenn man das im Ausschuss besprechen will,


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was wir ja gerne getan hätten, dann scheitert man tatsächlich daran, dass ganz große Themen halt nicht im Ausschuss diskutiert werden.

Energiekostenzuschuss zwei: Wir hätten uns alle gewünscht, letzte Woche über dieses Thema zu sprechen. Gestern am Nachmittag kam der Antrag, wieder in letzter Minute. Da richte ich meinen Blick auch auf die Grünen: Als Abgeord­neter hätte Sie der jetzige Vizekanzler Kogler durch Sonne und Mond ge­schossen, wenn Sie das so gemacht hätten. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stöger.)

Wie es gemacht wird, ist das eine, das andere ist natürlich: Was wird gemacht? Ich muss sagen, auch inhaltlich bin ich tatsächlich sehr enttäuscht, weil auch da wieder keine Lösungen präsentiert werden. Es werden Probleme weg­retuschiert. Sie werden mit der großen Gießkanne wegretuschiert, und tatsächlich artet die Gießkanne inzwischen zu einem Löschflugzeug aus. – Nichts anderes kann man mehr sagen.

Lassen Sie mich das erklären: Problem Nummer eins ist die marode Netzinfra­struktur, die wir auch im Budgetausschuss angesprochen haben. Was soll­te aus unserer Sicht passieren? – Nun, man müsste Geld in die Hand nehmen, um diese Netzinfrastruktur zu modernisieren. Da sollte das Geld hinflie­ßen. Das passiert aber nicht. Was tatsächlich passiert, ist, dass Mehrkosten, die wegen dieser maroden Infrastruktur entstehen, nämlich 800 Millionen Euro – das sagt uns die APG – pro Jahr, mit der Gießkanne wegretuschiert wer­den. Mit einer halben Milliarde Euro Steuergeld wird da – unter Anfüh­rungszeichen – „darübergestrichen“: Gießkanne.

Das zweite Problem: Sogar die IV sagt Ihnen inzwischen, dass im Augenblick zu viel Geld an Förderungen für die Wirtschaft und für die Industrie unter­wegs ist. Liebe ÖVP, Sie müssen diesen Förderreflex wieder in den Griff kriegen, das geht so nicht mehr. Tatsächlich sagen Ihnen das Ihre eigenen Leute und Ihre eigenen Vertretungen.


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Natürlich müssen wir vor allem Unternehmen im internationalen Wettbewerb stärken, die brauchen faire Rahmenbedingungen. Das kann aber nicht zur Ausrede dafür werden, dass weiter mit der Gießkanne oder, wie ich es vorhin schon gesagt habe, mit dem Löschflugzeug Geld auf das Problem gewor­fen wird. Es ist tatsächlich so, dass in Zeiten des Umbruchs Unternehmen ge­holfen werden muss. Das ist klar und das ist gut. Jetzt müssten sich die Unternehmen und die Geschäftsmodelle aber auch wieder darauf einstellen, dass sie diese Umstände selbstständig in den Griff kriegen, und das wol­len die auch, meine Damen und Herren. (Beifall bei den NEOS.)

Die Position von uns als NEOS – und das wird sich auch nicht ändern – ist also immer, zu sagen: Lassen wir den Markt da, wo er ist und funktioniert, arbei­ten!, und das tut er ja auch. Bei dem, was nicht über den Markt geregelt ist, wie zum Beispiel eben die Netzinfrastruktur, verlangen wir als NEOS vollkom­mene Transparenz.

Da sind wir zurück beim ersten Problem, bei der Netzinfrastruktur, die in diesem Land wirklich marod ist. Es gibt überhaupt keinen Einblick in die Bilanzen oder in die Ausbaupläne der Netzbetreiber. Die Kontrollmöglichkeiten der E-Con­trol sind enden wollend – das sagen sie auch immer wieder –, weil es die Landesgesetze ja tatsächlich verhindern. Wir wissen also nicht, was beim Netzausbau tatsächlich geplant wird, auf welcher Entscheidungsgrundlage das gemacht wird, und vor allem auch nicht, wer kontrolliert, dass die Weiter­gabe der Förderungen durch die Netzbetreiber dann tatsächlich auch so gemacht wird. Auch das wissen wir nicht.

Damit sind wir beim dritten Problem – jetzt bin ich wieder beim Löschflugzeug, das im Augenblick so massiv eingesetzt wird –: Dieser heutige Tag, meine Damen und Herren, dieser Tag heute hier in diesem Hohen Haus kostet den Steuerzahler und die Steuerzahlerin 8 Milliarden Euro. Da erfolgt nicht einmal mehr ein Wimpernzucken von der ÖVP und von der Bundesregierung.


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(Beifall bei den NEOS.) Es ist schon wurscht: 8 Milliarden Euro da, 5 Milliar­den Euro dort. 30 Milliarden Euro an temporären Ausgaben, Hilfsmaßnahmen gegen die Teuerung, 30 Milliarden Euro: Das interessiert niemanden mehr.

Es ist alles ein Jammer, aber die Hoffnung stirbt tatsächlich zuletzt, und deswe­gen bringe ich heute auch noch einen sehr umfassenden Entschließungsan­trag zum Ausbau der Erneuerbaren ein. Da geht es mir um Transparenz beim Netzausbau, um Anschlüsse, um Transparenz bei den Entgelten, einen integrierten Infrastrukturausbauplan und natürlich auch den Ausbau, eine Modernisierung der Netze auf den letzten Stand der Technik.

*****

Frau Bundesministerin, Sie wissen, was ich damit meine: Wir brauchen in diesem Land Erdkabel statt Freileitungen! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Endlich Transparenz und Innovation bei Netzausbau, Anschlüssen und Entgelten!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 195. Sitzung des Nationalrats über den Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird (1917 d.B.) - TOP 3

Der Ausbau der Erneuerbaren ist mittlerweile eine wirtschaftliche Überlebensfrage geworden und jedes Monat, das ohne konkrete Handlungen verstreicht, treibt unsere Wirtschaft näher in Richtung Abgrund. Das Jahr 2022 hat schonungslos dar­gelegt, warum die Umstellung unseres Energiesystems auf erneuerbare Energien


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eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Überlebensfrage sein wird. Fast sieben Mo­nate nach dem Beginn des faschistischen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, wo jeden Tag neue Belege für Kriegsverbrechen, Folter und ethnische Säu­berungen ans Tageslicht kommen, wird zunehmend klar, dass es bei keinem möglichen Kriegsausgang eine normale energiepolitische Zusammenarbeit mit Russland geben kann und wird. Die horrenden Gaspreisexplosionen, wel­che die Kosten für Wärme und Strom europaweit in die Höhe schnellen ließen, haben gezeigt, wie verwundbar wir aufgrund von fossilen Importen sind. Gleichzeitig haben extreme Dürre und Rekordhitze in ganz Europa gezeigt, dass unsere Landwirt­schaft, unser Wohlstand und unsere Lebensgrundlage langfristig durch den Klimawandel bedroht ist und wir dringend unseren Teil zur globalen Emissionsre­duktion leisten müssen.

Ein rascher, großflächiger Ausbau der Stromnetzinfrastruktur, um die Einspeisung neuer, dezentraler erneuerbarer Stromerzeugung zu gewährleisten, gilt als eine der Grundvoraussetzungen für die Energiewende. Hier könnten in Österreich die Verteilnetzbetreiber eine entscheidende Rolle einnehmen, sind aber bisher vor allem durch zögerlichen Ausbau und Intransparenz aufgefallen. Auch bei den Energie­kosten für Haushalte und Unternehmen wird oft übersehen, dass die Netzent­gelte ein signifikanter Kostenfaktor sind. Hier wird häufig argumentiert, dass das Geld für den Netzausbau verwendet wird, allerdings versickern die Mittel häufig in­transparent und ohne Klarheit darüber, wie viel davon tatsächlich genutzt wird oder über die Eigentümer in Form von Dividenden an die Landespolitik ausgezahlt wird. Hier braucht es umgehend Transparenz und eine entsprechende Reduktion der Kosten für Haushalte und Unternehmen.

Aber auch beim Anschluss neuer Während das EAG vor allem die Grundlage des För­dersystems für erneuerbare Energieproduktion darstellt ist das Fördersystem tat­sächlich oft nicht der entscheidende Faktor beim Zustandekommen einer Anlage bzw. bei der Entscheidung Geld, Zeit und Energie in ein Projekt zu stecken. In der Praxis bestehen andere große strukturelle und bürokratische Hindernisse, welche An­schlüsse von Anlagen verhindern oder verzögern, vor allem für KMU. Vor allem


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der Netzanschluss sowie die Interaktionen mit den Netzbetreibern, welche in einer Monopolposition sind, verursachen viele Probleme und frustrieren engagierte Bürger:innen und Unternehmer:innen, oftmals so weit, dass ein für die Klimawende sowie für die lokale Energieversorgung wichtiges Projekt nicht umgesetzt wird. Probleme mit den Netzmonopolisten gibt es häufig vor allem in folgenden Bereichen:

•     Intransparenz bei Entscheidungen: Unternehmer_innen und Bürger_innen werden bei technischen Entscheidungen unzureichend informiert und es wird zu wenig getan, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Auch das Zustandekommen von Kosten und Entgelten wird nicht klar kommuniziert.

•     Mangelhafte Kommunikationskultur: Oft werden Unternehmer_innen wochen­lang ohne Einblick in den Status ihrer Anliegen oder Zeitpunkt der Behand­lung allein gelassen, bei der Kommunikation gibt es eine "Behörden-Mentalität" und Top-Down statt Serviceorientierung

•     Anschluss nicht möglich / Fehlende Infrastruktur: Oft ist der Netzbetreiber schlicht und einfach physisch nicht in der Lage sein Kerngeschäft zu ge­währleisten und kann mangels Kapazitäten oder Infrastruktur neue Anlagen nicht integrieren. Auch hier gibt es weder Transparenz, noch eine klar ersichtliche Dringlichkeit bei Netzbetreibern eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.

•     Fehlende Technische Unterstützung: Kleinunternehmer oder willige Investoren mit wenig Erfahrung im Energiebereich werden nicht "abgeholt" oder unter­stützt sondern stattdessen Bürokratie und einer "Bringschuldmenta­lität" ausgesetzt, welche entmutigt Projekte scheitern lässt.

•     Unzureichendes Unbundling und politische Einflussnahme: Obwohl EU-rechtlich eine strikte Trennung zwischen Politik, EVUs und Netzbetreiber besteht die­se in der Praxis vielfach. So sind Unternehmer_innen in manchen Fällen sogar Schikanen ausgesetzt (etwa bei Widmungsprozessen), da Politik und Netzbetreiber im Interesse der assoziierten EVUs agieren.


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•     Hohe, intransparente Kosten: Hohe, intransparent gestaltete Gebühren stellen eine zusätzliche Hürde da und machen langfristige finanzielle Planung schwierig.

All diese Probleme werden dadurch verschlimmert, dass die Netzbetreiber einerseits eine Monopolstellung genießen, keiner Konkurrenz ausgesetzt sind und so we­nig serviceorientiert agieren können - andererseits mit Verweis auf ihren Status als Privatunternehmen wenig Transparenz, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit zulassen.

Zusätzlich agieren Netzbetreiber äußerst zögerlich wenn es darum geht, neue technische Innovationen umzusetzen: Während auf niedrigeren Netzebenen das Le­gen von Erdkabeln als Alternative zur Freileitung mittlerweile auch in Österreich Usus ist, werden 110kV Leitungen hierzulande noch regelmäßig - aus besag­ten Kostengründen - oberirdisch geplant und errichtet. Diese Praxis verursacht jedoch vermehrt Unverständnis der betroffenen Anrainer:innen, da mittlerweile zahlrei­che, im Ausland bereits standardmäßig angewendete innovative Methoden die Kos­ten für Erdkabel bereits erheblich reduziert haben und die bereits erwähnten Beeinträchtigungen von Landschaftsbild, Umwelt und Volkswirtschaft nicht einbe­rechnet werden. Auch wenn eine Erdverkabelung nicht in allen Fällen tech­nisch möglich sein wird, besteht bei vielen Verteilnetzbetreibern eine grundsätzliche Blockadehaltung, welche Konflikte um die Schaffung von Energieinfrastruk­turen verschärft.

Es braucht also eine dringende Neugestaltung der Rolle der Netzbetreiber wenn die Energiewende in Österreich Erfolg haben soll. Transparenz, Innovation und Serviceorientierung für Kunden und Energieunternehmen sind hierfür entscheidend.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, ein Maßnah­menpaket für die Optimierung der Rolle der Verteilnetzbetreiber bei der Energiewende zu entwerfen, das folgende Punkte beinhaltet:

•     Verbesserte Transparenz, Service- und Kommunikationskultur: Verteilnetzbetreiber sollen wesentlich stärker in die Pflicht genommen werden, technische Entscheidungen, Prozesse und die Struktur von Kosten trans­parent, nachvollziehbar und detailliert in zeitnaher Form offenzulegen. Quali­tätskontrollen und Sanktionsmechanismen sollen eine entsprechende Einhaltung gewährleisten.

•     Schritte zur Vereinfachung von Anschlussverfahren inklusive einer aktiven Verfahrensbegleitung, um Verzögerungen zu minimieren.

•     Verstärkte Pflicht zum Anschluss: Verteilnetzbetreiber sollen verstärkt in die gesetzliche Pflicht genommen werden, Anschlüsse erneuerbarer Anlagen zu garantieren oder durch die Schaffung der entsprechenden Infrastruktur diese in absehbarer Zeit zu gewährleisten.

•     Ausbau der Kontroll-, Prüf- und Schlichtungsmechanismen um zügige Anschlüsse, optimales Service und ein Minimum an Bürokratie für Unternehmer:innen zu gewährleisten.

•     Ausbau der Kontrollrechte der E-Control bei Netzbetreibern um Missstände, wie etwa bei der Energie Ried, zu vermeiden

•     Senkung, Optimierung und Transparenz der Netzanschlussgebühren für neue Anlagen gemäß folgender Prinzipien:

o     Die unmittelbar mit dem Netzanschluss verbundenen Kosten sind transparent vorzulegen.

o     Der geografisch nächstgelegene Verknüpfungspunkt ist dem Projekt zuzuordnen.


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o     Transparenz und Kostenoptimierung müssen oberste Priorität bei der Festset­zung der Pauschale haben.

•     Ein Maßnahmenpaket, um die Flexibilisierung der Netzentgelte für Industriebe­triebe zu ermöglichen um netzdienliches Verhalten zu fördern und Kosten zu senken.

•     Die zweckmäßige Nutzung der Netzentgelte für den Erhalt und Ausbau der Netze muss gesetzlich festgeschrieben und transparent sowie öffentlich einsehbar jährlich dargelegt werden.

•     Die zweckmäßige Nutzung der Netzentgelte zur Begleichung der gestiegenen Netzverlustkosten transparent sowie öffentlich einsehbar jährlich dar­gelegt werden.

•     Klare bundesweite, einheitliche Kriterien festzulegen, wann Erdverkabelung gegenüber Freileitungen zu bevorzugen ist, sowie verbindliche Vorga­ben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger:innen, Zivil­gesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. "

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wird gerade verteilt und steht mit in Verhandlung.

Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


12.29.03

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wertes Hohes Haus! Sehr geehrte Abgeordnete! Frau Mi­nister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Man muss sich vielleicht einmal vergegenwärtigen, was noch vor einem halben Jahr an Vorhersagen bezüglich Energieversorgung, bezüglich der Preise da war.


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Wir haben im Laufe des Sommers, des Herbstes eine sehr dramatische Situation erlebt. Es war unklar, ob es genug Energie gibt.

Die Preise haben sich für einzelne Verbraucherinnen und Verbraucher, egal ob Haushalte oder Unternehmen, vervielfacht, teilweise verfünf- bis ver­zehnfacht. Umso wichtiger ist es jetzt, einen Energieschutzschirm aufzuspannen, eben um Planungssicherheit zu geben. Wir waren in Österreich mit dem Energiekostenzuschuss eins recht früh dran. Allerdings reicht er klarerweise nicht aus, weil er mit Ende Oktober ausgelaufen ist.

Es geht um Planungssicherheit für die Unternehmen, es geht vor allem natürlich auch um Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Deutschland. Es ist natür­lich eine Reaktion auf das deutsche Modell der Strom- und Gaspreisbremse. Es geht bei kleineren Unternehmen auch um Liquidität: Da gibt es große Schwierigkeiten, angesichts der Kostenexplosion am Markt bestehen zu können.

Letztlich, als Hauptziel, geht es aber – und das ist immer wichtig, dazuzusagen, das hat noch niemand gesagt – um das Sichern von Arbeitsplätzen in Österreich. Das ist ja auch ein Grund, warum so viele Arbeitsplätze entstanden sind, dass wir eben nicht Arbeitsplätze aufgrund der Krisen verloren haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir spannen einen Schirm mit einem Rahmen von 7 Milliarden Euro für eine Reihe von Fördermaßnahmen auf. Das ist der Rahmen. Gefördert wird allerdings nur ein Teil der Mehrkosten, die durch Energiepreisanstiege gegeben sind – also ein Teil der Mehrkosten. Der Rahmen bezieht sich auf den Energie­kostenzuschuss eins, der von Oktober bis Dezember 2022 verlängert wird, auf den Energiekostenzuschuss zwei von 1. Jänner 2023 bis 31.12.2023 und auf ein Pauschalmodell für die ganz kleinen Unternehmen, die eine Förderung in der Höhe von weniger als 2 000 Euro aus dem Energiekostenzuschuss bekommen würden – also eine breite Palette an Maßnahmen.


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Die Kosten sind immer davon abhängig, wie sich die Preise entwickeln. Sollten die Preise für Energieträger so gering bleiben, wie sie glücklicherweise jetzt sind, dann würden sich die Kosten auch massiv reduzieren. Dass es notwendig ist, etwas zu tun, sehen wir an den aktuellen Zahlen zum Energiekosten­zuschuss eins. Wir haben insgesamt fast 100 000 Voranmeldungen bekommen. Im Moment läuft die Antragsphase, es sind 5 000 Anträge eingegangen. Die Antragsphase läuft noch bis in den Februar hinein, und wir haben ein Zu­schussvolumen von 276 Millionen Euro – Stand gestern oder heute – in diesen Anträgen festgestellt. Es gibt also natürlich einen massiven Bedarf.

Was ist anders im Energiekostenzuschuss zwei? – Erstens wird die För­derintensität – also der Teil der Mehrkosten, der gefördert werden kann – für die kleinen Unternehmen von 30 auf 60 Prozent erhöht, und für die klei­nen Unternehmen gibt es keine Voraussetzung einer bestimmten Energieintensi­tät. Das ist wichtig, gerade um die Nahversorger, die kleinen Betriebe, die Gewerbetreibenden unterstützen zu können – auch den Handel, der natürlich auch darunter leidet, dass ihn große Konkurrenten – zum Beispiel Online­anbieter, die woanders gefördert werden – aus dem Markt treiben, weil keine Erhöhung der Preise möglich ist.

Ich stimme der Kritik, die geäußert wurde, zu, dass das eine Symptombekämp­fung ist. Ja, wir bekämpfen die Symptome von erhöhten Energiekosten. Das kann nur kurz- und mittelfristig gehen. Wir brauchen eine Lösung auf euro­päischer Ebene für eine Energieversorgung, die eben die Energiekosten im Griff hat. Dafür gibt es zwei Maßnahmen: erstens den Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich, um weniger abhängig von fossilen zu sein, und zweitens eine Veränderung der Marktdesignmechanismen auf europäischer Ebene, weil Österreich allein das Marktdesign, vor allem bei den Strom­preisen, nicht ändern kann. Auch da werden wir, als Österreich, weiter Druck auf die Europäische Kommission ausüben.

Ich möchte noch einen Punkt erwähnen, der mir sehr wichtig ist, weil der Kritikpunkt der Intransparenz gekommen ist. Die Regelung, was die Abwicklung


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der Förderung betrifft, ist ganz klar: Der Energiekostenzuschuss eins, die Verlängerung des Energiekostenzuschusses eins und der Energiekostenzuschuss zwei werden vom AWS, der Förderbank des Bundes, mit all den Transpa­renzregeln, die es für eine eigene Agentur des Bundes gibt, abgewickelt, und wir werden natürlich die Förderungen auch veröffentlichen.

Das Pauschalmodell für die ganz kleinen Unternehmen kann vom AWS aufgrund von Kapazitätsgründen nicht abgewickelt werden. Deshalb springt da die FFG, die Forschungsförderungsgesellschaft, ein und wickelt diesen Zuschuss ab. Auch da handelt es sich um eine Agentur des Bundes, und es gelten die gleichen Transparenzrichtlinien. Es gibt also keine ausgelagerte Einheit, und es gibt keine Abwicklung über Private. Es wird alles so abgewickelt, dass es volle Kontrolle darüber gibt.

Das ist mir wichtig, weil es da ein Missverständnis zu geben scheint. Der Groß­teil der Förderungen wird über das AWS abgewickelt. Nur das Pauschal­modell mit einer maximalen Förderhöhe von unter 2 000 Euro pro Unternehmen wird über die FFG abgewickelt. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


12.35.08

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Geschätzte Ministerin! Lieber Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und liebe Zuschauer auch auf der Galerie! Mein Kolle­ge Karlheinz Kopf ist auf die Wichtigkeit des Energiekostenzuschusses für Un­ternehmen bereits eingegangen, daher darf ich mich als Energiesprecherin auch auf einen sehr wesentlichen Punkt, der mir persönlich ganz wich­tig ist, konzentrieren, und zwar auf das Thema ElWOG, denn neben den bereits erwähnten Entlastungsmaßnahmen, die wir hier treffen, ist es uns natürlich ein großes Anliegen, weitere Belastungen einzudämmen.


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Wir haben es heute schon gehört: Die Netzverlustkosten haben sich aufgrund des Großhandelspreises massiv gesteigert. – Meine Damen und Herren, eigentlich hätten Sie diese Steigerung auf Ihrer Stromrechnung, und diese Stei­gerung hätte für das Jahr 2023 eine Auswirkung in der Höhe von mehr als 690 Millionen Euro. Damit eben das nicht passiert, werden wir mit diesem ElWOG-Antrag dafür Sorge tragen, dass wir 80 Prozent der Mehrkosten abdecken.

Wir haben im Plenum im Dezember bereits gemeinsam einen Antrag von 260 Millionen Euro beschlossen. – Ich möchte mich auch herzlich dafür bedan­ken, dass Sie da zugestimmt haben. Mein Nachredner wird einen Abände­rungsantrag einbringen, dass wir die Entlastungsmaßnahmen von den 260 Millio­nen auf genau 558 Millionen Euro erhöhen werden, damit Sie, meine Da­men und Herren, eben nicht Mehrkosten auf Ihrer Stromrechnung haben. Wir stellen damit sicher, dass Sie eben neben diesem Aussetzen der Öko­strompauschale, neben dem Aussetzen des Ökostromförderbeitrages und, mit Wirkung Jänner, der Stromkostenbremse keine zusätzliche Belastung – eben um noch die Netzverluste zu tragen – auf Ihrer Stromrechnung haben.

Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung. Die FPÖ – Herr Kassegger – hat schon ihre Zustimmung angekündigt. Das freut mich sehr, im Sinne unseres Haushaltes und auch im Sinne unserer Unternehmer. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte.


12.37.28

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Liebe Schülerinnen und liebe Schüler! Wir haben heute die zweite Nationalratssitzung hier im renovierten Parlament. Vor der Eröffnung


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war viel davon die Rede, dass hier im neu renovierten Parlament auch die Chance für einen Neustart im Umgang miteinander gelebt werden soll. Sogar Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat auf einmal das Miteinander entdeckt, aber bereits vergangene Woche, bei unserer Sondersitzung, sind wir das erste Mal eines anderen belehrt worden. Sie kennen alle die The­matik mit den Anträgen, die wir spätabends für den nächsten Tag erhalten haben.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ÖVP und die Grünen wollen heute wieder einmal zwei Energiegesetze – das Gas­wirtschaftsgesetz und das Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ändern. Für solche Gesetze, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben wir normalerweise zuständige Ausschüsse, und genau das bekrittle ich: dass diese Gesetzesände­rungen, die heute mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden sollten, vorige Woche nicht im zuständigen Ausschuss – im Energieausschuss –, sondern im Budgetausschuss diskutiert und behandelt wurden.

Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vielleicht nur, damit man sich ein bissel verge­genwärtigen kann, was das heißt: Sie gehen mit Magenschmerzen zum Haus­arzt, und der Hausarzt schickt Sie zum Orthopäden. Es mag vielleicht der Orthopäde wirklich sehr gut sein, aber wahrscheinlich für diese Symptome nicht der richtige Arzt. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.) Jetzt möchte ich aber auch sagen, dass natürlich unsere Kolleginnen und Kollegen im Budgetausschuss gute Arbeit leisten, aber für diese Thematiken einfach nicht im richtigen Ausschuss sind.

Worum geht es bei diesem Gesetzentwurf inhaltlich? – Im Gaswirtschaftsgesetz sollte eine EU-Verordnung vom Juni 2022 umgesetzt werden. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Schallmeiner und Stöger.) – Liebe Kollegin­nen und Kollegen, ihr braucht nicht so nervös zu sein, wir werden ja die Möglichkeit haben, dann noch einmal zu diskutieren. Wir haben auf alle Fälle festgehalten, dass wir aus diesem Grund diesem Gaswirtschaftsgesetz


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heute nicht zustimmen werden, aber ich habe ja gerade die Information erhalten, dass die Regierungsparteien diesen Antrag rückverweisen werden.

Zum ElWOG, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Da haben wir die Situation, dass aufgrund der absurd hohen Strompreise nun auch die Stromnetzkosten sehr hoch sind. Im Dezember gab es erste finanzielle Gegenmaßnahmen, aber für uns ist klar, dass dieses Problem strukturell gelöst werden muss, damit das Geld des Steuerzahlers dauerhaft gut eingesetzt ist und nicht nur Symp­tombekämpfung gemacht wird.

Deshalb haben wir in einem gemeinsamen Antrag mit der ÖVP und den Grünen beschlossen, dass es noch im Frühjahr eine systemische Lösung geben soll. Wieder schafft es die Regierung nicht, dieses Problem an der Wurzel zu packen, sondern verteilt das Geld der Steuerzahler:innen, um den Schmerz durch die Energierechnungen ein wenig zu lindern.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin und auch liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist mein Auftrag an Sie: Das Problem der Netzkostensteigerung muss systemisch gelöst werden. Ich erwarte mir daher, dass da so rasch wie möglich an einer Lösung gearbeitet und uns diese präsentiert wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Litschauer. – Bitte.


12.41.15

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Schroll hat es eh schon gesagt: Das GWG wird an den Ausschuss rückverwiesen werden. Das ist jetzt mittlerweile kein Geheimnis mehr.

Ich möchte aber vielleicht die Kollegen im Budgetausschuss verteidigen: Ich denke, sie sind durchaus auch geeignet, Materien dieser Art zu bearbei-


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ten. Abgesehen davon kann ja jeder Abgeordnete an diesem Ausschuss teilneh­men, wenn dieses Thema auf der Tagesordnung ist. Es ist nicht so, dass man es nicht behandeln könnte, wenn man dabei sein will. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben ja letzte Woche den Stromkostenzuschuss beschlossen. Mit dem Aussetzen der Ökostrompauschale wurden ja auch schon im letzten Jahr und auch für heuer wieder preisdämpfende Maßnahmen gesetzt. Wir versuchen, Maßnahmen gegen die Teuerung zu setzen. Auch deswegen haben wir heute das Thema der Netzkosten hier auf der Tagesordnung. Die Netzkosten sind natürlich, wir haben es heute schon gehört, gestiegen, weil auch die Strompreise für die Ausgleichsenergie mitgestiegen sind.

Vielleicht noch eine kurze Bemerkung zu gestern: Wer auf die Strombörse geschaut hat, hat gemerkt, dass gestern die Strompreise ganz massiv gefallen sind. Das hat unter anderem damit zu tun, dass das Windaufkommen ganz dramatisch gestiegen ist. Das zeigt uns einmal mehr, dass die Strompreise sinken, wenn das Angebot der Erneuerbaren voll da ist. Das bedeutet, wir müssen die Erneuerbaren wesentlich mehr ausbauen, damit die Stromkosten sinken. Das senkt dann auch unsere Netzkosten, und – das hat auch die
E-Control schon bestätigt – es wird die Effizienz der Stromnetze steigern, wenn wir den Ökostrom weiter ausbauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Wir haben natürlich sehr viel zu tun. Wir haben Balkonkraftwerke, kleine Fotovoltaikanlagen, die sollen natürlich einfach angeschlossen werden. Ich freue mich, dass der VDE gesagt hat, die Steckerlösung ist die einfachste, die prak­tikabelste Lösung. Da hoffe ich jetzt, dass die Netzbetreiber das auch schnell umsetzen und diese kleinen Kraftwerke auch ohne großen bürokrati­schen Aufwand schnell ermöglichen, denn auch diese Kraftwerke senken direkt die Stromkosten auf der Rechnung. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Obernosterer.)


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Die Netzbetreiber haben natürlich auch noch viele andere Herausforderungen. Da muss man sie ein bisschen in die Pflicht nehmen angesichts der Tatsa­che, dass die Zählpunktanträge so lange dauern. Das muss natürlich reduziert werden. Da haben sie ihre Aufgaben zu erfüllen. Dass die Kraftwerke, vor allem die Fotovoltaikanlagen, viel schneller angeschlossen werden können, ist eine Notwendigkeit, und dass der Netzausbau vorangeht, ist auch eine Notwendigkeit.

Wenn ich kurz nach Waidhofen an der Thaya blicke: Das dortige Umspannwerk hat bis 2030 eine freie Kapazität von 15 Megawatt. Das ist natürlich viel zu wenig, da fehlt es natürlich an Planung, und da müssen wir unsere Netzversorger in die Pflicht nehmen.

Wir haben 122 Netzversorger oder Netzbetreiber in Österreich. Das ist eine große Herausforderung, aber genau das müssen wir eben stemmen, und da müssen wir natürlich auch das System mit umbauen.

Nichtsdestotrotz müssen wir jetzt auch die Kosten abfangen. Wir haben es heute schon gehört: Mit dieser Maßnahme, die wir heute setzen, erspart sich ein durchschnittlicher Haushalt 30 Euro, ein mittelständisches Unternehmen erspart sich 30 000 Euro. Zum Glück sind jetzt die Kosten ja auch ein bisschen gesunken, und wir decken 80 Prozent der Steigerungen ab.

Ich darf noch einen Abänderungsantrag einbringen, weil die Finanzierung jetzt durch die sinkenden Preise ein bisschen erleichtert worden ist, und zwar:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird (1917 d.B.) (TOP 3)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


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Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag, wird wie folgt geändert:

(Verfassungsbestimmung) In Z 2 wird die Zahl „225“ durch die Zahl „186“ er­setzt.

*****

Ich würde mich freuen, wenn sehr viele diesen Gesetzesantrag jetzt unter­stützen, damit wir die Haushalte und die Unternehmen auch dadurch entlasten können. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Elektrizitätswirtschafts und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird (1917 d.B.) (TOP 3)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag, wird wie folgt geändert:

(Verfassungsbestimmung) In Z 2 wird die Zahl „225“ durch die Zahl „186“ ersetzt.

Begründung

Die im Initiativantrag ursprüngliche Unterstützung basierte noch auf den Kostenermittlungen für die Festsetzung mit 1. Jänner 2023. Dafür wurden im Herbst 2022 Prognosen für die Kosten des Jahres 2023 erstellt. Zum damaligen Zeit­punkt musste aufgrund der Preissituation noch von deutlich höheren Netzver­lustkosten ausgegangen werden.


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Zwischenzeitig sind die Preise auf den Energiemärkten deutlich gesunken, sodass man, basierend auf vom Übertragungsnetzbetreiber zwischenzeitig gemel­deten Daten, aktuell von einem niedrigeren Kostenwert ausgehen kann. Dement­sprechend sollte auch die Unterstützung des Bundes deutlich (von 675 Mio. EUR auf 558 Mio. €) reduziert werden um 80 % der Erhöhung gegenüber den Entgelten 2022 abzufangen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Erwin Angerer, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


12.45.40

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Herr Litschauer, wir hätten diese Gesetzesmaterie auch im Gleichbehandlungsausschuss behandeln können, wenn es eh gleich ist, in welchem Ausschuss wir Gesetze behandeln.

Dass Sie hier dann mit Abänderungsanträgen kommen und mit gesamtän­dernden Abänderungsanträgen, die in letzter Minute hier eingebracht werden, und zwar wieder mit Verordnungsermächtigungen für den Herrn Minister, wobei wir nicht wissen, was in diesen Verordnungen drinnen steht, zeugt ja nicht unbedingt von einem neuen und besseren Stil in diesem Haus und auch nicht unbedingt von besserer Vorbereitung Ihrer Gesetze. Jetzt müssen Sie Gesetzentwürfe auch noch in Ausschüsse zurückverweisen, weil sie nicht vorbereitet sind. Das ist der Stil dieser Bundesregierung.

Vielleicht ganz kurz, Herr Minister, zu der Symptombehandlung oder „Symptom­bekämpfung“, wie Sie es heute genannt haben: Der Begriff Kreislaufwirt­schaft bekommt eine neue Bedeutung. Kreislaufwirtschaft bedeutet jetzt offen­sichtlich für diese Regierung, Geld im Kreis zu schicken: Zuerst zieht man


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es den Menschen aus der Tasche, und dann verteilt man es wieder über irgend­welche gesetzlichen Grundlagen an die Unternehmen, an die Endverbrau­cher, an die Leute, die heute nicht mehr wissen, wie sie ihre Stromrechnung oder andere Energierechnungen bezahlen sollen. Sie schicken einfach Geld im Kreis, beschäftigen sich aber nicht mit den Ursachen.

Was das Thema Industrie betrifft, ist heute Folgendes schon mehrfach ange­sprochen worden: Das große Glück, das wir mit unserer Industrie in Europa beziehungsweise generell mit der Energieversorgung haben, ist, dass wir einen milden Winter haben. Es würde vielleicht ganz anders ausschauen, wenn wir heuer einen strengen Winter hätten. Dann wären wir wahrscheinlich mit dem Gas nicht so leicht ausgekommen und hätten ganz andere Preise.

Aber durch diese Symptombekämpfung und diese Symptombehandlung – das wissen Sie, Herr Minister, als Wirtschaftler – werden wir die Industrie in Europa nicht absichern, sondern es wird schwieriger, sie zu halten.

Die Chinesen, die Inder, die Türken und andere freuen sich, weil sie jenes russische Gas, jene russischen Rohstoffe, die wir verweigern, die wir nicht mehr beziehen wollen, jetzt aus Russland günstig beziehen, und wir kaufen dann die Produkte von ihnen teuer zurück. Das ist wieder ein In-den-Kreis-Schicken des Geldes, nur auf Kosten unserer Menschen, unserer Wirtschaft, unse­rer Leute. Das ist die Politik, die Sie betreiben, anstatt an die Ursachen zu gehen. Das ist das Problem.

Wenn Sie heute sagen – und das ist dann das Abschieben der Verantwortung, das tun Sie auch regelmäßig –: Wir können nichts machen, wir können da nicht in den Markt eingreifen, wir können das Meritordersystem – Sie haben es nicht genannt, aber angesprochen – nicht ändern, das kann man nur auf europäischer Ebene tun!, dann stimmt das nicht. Sie könnten es ändern. Sie könnten in Österreich einen österreichischen Strompreis festlegen. (Abg. Hörl: Die Grenzen dicht machen, oder? – Abg. Lukas Hammer: Einfach keine


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Ahnung haben und irgendwas daherreden!) Wasserkraft ist immer noch gleich teuer, wie sie ist. (Abg. Lukas Hammer: Null Ahnung!)

Lieber Franz Hörl, ich erkläre es dir: Den Strom, den wir zusätzlich brauchen – das tun wir nämlich heute auch schon, die APG kauft auch Strom ein, den sie zusätzlich für den Netzausbau braucht –, könnten wir dann zentral ein­kaufen (Abg. Lukas Hammer: Lass dir das mal von Kollegen bei der Kelag er­klären!), nämlich über die APG, und dann verteilen, und das Problem wäre gelöst. (Abg. Hörl: ... macht es noch wer?)

Eine Österreichvariante von Meritorder würde also gehen, haben wir auch schon mehrfach vorgeschlagen (Ruf: ... in der Regierung in Kärnten? Ihr nicht!), aber ihr weigert euch, das zu tun, aus welchem Grund auch immer.

Es passt aber eh. Ihr seid eh auf einem guten Weg. Man hat gestern bei der Nie­derösterreichwahl eh gesehen, dass der Weg passt. (Abg. Hörl: Was hat die Netzspannung mit der Wahl zu tun?) Die Grünen jubeln, die Schwarzen gehen un­ter. Also macht bitte so weiter! Die freuen sich auf dieser Seite (in Richtung Grüne deutend), und bei euch geht es streng bergab. (Abg. Hörl: Was hat die Netz­spannung mit der Wahl zu tun?)

Kollege Schmuckenschlager hat es heute schon gesagt oder der SPÖ vorge­worfen. Wie hat er es gesagt? (Abg. Lukas Hammer: Er hat gesagt: „Mehr Mut zu Österreich!“) – Das ist ein marxistischer „Murks“, was hier gemacht wird. (Ruf bei der ÖVP: „Murks nach Marx“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist genau das, was ihr macht, das ist Murks, marxistische Politik. Ihr behan­delt nur die Symptome und nicht die Ursachen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Lei-lei!)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.



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12.49.49

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte und geschätzte Abgeordnete! Liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich werde jetzt nicht die energiepolitische Debatte der Aktuellen Europa­stunde wiederholen. Ich glaube, wir haben sie dort erschöpfend behandelt und auch in einer konstruktiven Art und Weise argumentiert und diskutiert, warum wir da europäische Lösungen brauchen. Darum möchte ich mich auf die Anträge, die heute vor Ihnen liegen, und die Tagesordnungspunkte, die mein Ressort betreffen, konzentrieren.

Da geht es zuerst einmal um die ElWOG-Novelle. Ich glaube, das Ziel dieses Antrages ist eines, das wir alle teilen: Wir wollen, dass die Menschen in Österreich wieder leichter mit ihrem Geld auskommen. Das war ja auch ein zen­trales Thema der Aktuellen Europastunde im Plenum. Die Preise auf den Großhandelsmärkten – sowohl auf den Stromgroßhandelsmärkten als auch auf den Gashandelsgroßmärkten – sinken wie gesagt. Sie sind aber noch immer vergleichsweise hoch. Etliches des Gases, etliches des Stromes, das jetzt verbraucht wird, wurde bereits zu höheren Preisen beschafft. Es wird auch einige Zeit brauchen, bis die gesunkenen Preise bei den Endkundinnen und Endkunden ankommen. Das betrifft natürlich auch die Netzentgelte, das betrifft die Stromnetzentgelte in diesem Jahr. Ohne die vorliegende Novelle, die Sie heute hier hoffentlich mit breiter Mehrheit auf den Weg schicken, würden diese in diesem Jahr deutlich steigen.

Ich bin aber wie viele von Ihnen auch der Überzeugung, dass in dieser schwieri­gen Zeit diese Mehrkosten nicht von den Haushalten übernommen wer­den können. Deshalb bin ich froh, dass man in diesem Haus im vergangenen Jahr bereits beschlossen hat, einen Teil dieser Mehrkosten zu übernehmen. Angesichts der Größe der Herausforderungen, vor denen wir stehen, wollen wir diesen Anteil, den der Bund übernimmt, aber noch einmal deutlich steigern


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und so 558 Millionen Euro für 2023 zur Verfügung stellen und damit den größ­ten Teil der sonst unweigerlich anfallenden Extrakosten abfedern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganz konkret heißt das, dass das Bundesbudget 80 Prozent der gestiegenen Kosten abfedert, wenn Sie diese Novelle des ElWOG beschließen, und zwar für das ganze Jahr 2023 und nicht nur für ein halbes Jahr, wie im Dezember beschlossen wurde.

Auf die Frage von Frau Abgeordneter Doppelbauer – sie hat es vorhin ange­sprochen, ich sehe sie jetzt gerade nicht –: Wir sind da im regulierten Be­reich der E-Control. Das heißt, die Behörde handelt eigenständig und unabhängig, ist da in der Prognose, in der Berechnung der Netzverlustentgelte, die per Bescheid vorgeschrieben werden, natürlich auf Daten der APG an­gewiesen. Diese hat erfreulicherweise jetzt für das kommende Jahr niedrigere voraussichtliche Kosten angemeldet. Selbstverständlich wird das aber auch durch die zuständige Behörde, die E-Control, kontrolliert. Die Kosten werden im darauffolgenden Jahr auch aufgerollt, um sicherzustellen, dass da auch alles weitergegeben wird beziehungsweise da nur die tatsächlich anfallenden Kosten verrechnet werden. (Abg. Wurm: Wie schaut es mit der Grundversorgung aus, Frau Minister?)

Ich möchte aber eines noch einmal klarstellen, weil Abgeordneter Schroll unter anderem darauf hingewiesen hat: Der Nationalrat hat die Bundesregierung aufgefordert, dass wir unter Berücksichtigung des europarechtlichen Rahmens bis April 2023 eine systemische Lösung – also einen Vorschlag für eine systemische Lösung – für die Beschaffung und Finanzierung der Netzverlustent­gelte erarbeiten sollen. Ich kann Ihnen zusichern, wir arbeiten auch daran. Wir stehen zu diesem Wort. Wir erfüllen selbstverständlich auch Ihren Auftrag. Wir werden die Energiesprecher und -sprecherinnen der Parteien auch sehr bald zu ersten Gesprächen dazu einladen.


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Es ist nur leider nicht ganz trivial – das habe ich auch im Ausschuss letzte Woche ausgeführt –: Es muss unionsrechtlich halten, es muss inhaltlich sinnvoll sein, es muss nachhaltig wirken, danach ja auch noch durch die Begutachtung, durch den parlamentarischen Prozess – inklusive Ausschuss, Nationalrat und Bundesrat – und dann auch noch immer europarechtlich halten. Daher woll­ten wir mit dieser Novelle sicherstellen, dass unabhängig von diesem Pro­zess die erhöhten Beschaffungskosten, die Netzverlustentgelte auch für das zweite Halbjahr 2023 abgefedert werden können, damit wir da eben Haushalte und Unternehmen entlasten. – Ich darf Sie daher wirklich bit­ten, dieser Novelle auch mit breiter Mehrheit Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Noch ganz kurz zum zweiten Punkt, zur Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes: Wir legen hier eine Novelle vor, die nach den vielen, vielen Maßnahmen, die wir im letzten Jahr zur Erhöhung der Versorgungssicherheit getroffen haben, ein weiterer Baustein dafür ist. Es geht da um die Zertifizierung von Speicheranlagen, vor allem aber – das ist mir ein besonderes Anliegen – um die bessere Absicherung der Haushaltskunden und da insbesondere der Fern­wärmekunden. Das ist ein großes Thema, vor allem in den großen Städten in Ös­terreich. Diese Novelle werden wir weiter diskutieren, es liegt ein Antrag dazu vor. Ich freue mich auf die konstruktiven Gespräche dazu. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

12.55


Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte sehr.


12.55.39

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie


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und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich glaube, zum Thema Energiekosten­zuschuss haben Sie, Herr Bundesminister, und auch einige meiner Vorred­ner eigentlich wirklich schon in ausführlichster Weise berichtet.

Ich habe mir jetzt die Diskussion von euch Kolleginnen und Kollegen angehört – und ich bin ja einiges gewohnt –: Unser Bundesminister, Herr Dr. Kocher, war ja Chef des IHS. (Abg. Hörl: Herr Professor!) Als er damals seine wissenschaft­lichen Studien vorgelegt hat, ist das überall – egal von welcher Fraktion – anerkannt worden und man hat gesagt, die Wissenschaft legt uns das auf den Tisch und so sollten wir es machen.

Jetzt ist er Minister, macht das gleich wissenschaftlich mit den Regierungskolle­ginnen und -kollegen, aber auf einmal ist alles falsch. Wundert ihr euch nicht, warum die Politik eigentlich nicht mehr so ernst genommen wird? (Abg. Matznetter: Das liegt nicht an ihm, sondern an der ÖVP!) Wundert ihr euch wirklich nicht? Es muss nicht immer alles richtig sein, das weiß ich schon. Es kann auch nicht immer alles richtig sein. (Abg. Matznetter: Das liegt an deiner Par­tei!) Oppositionsparteien sind dazu da, dass sie aufzeigen (Abg. Wurm: Ja, weil er so viel falsch macht!) und dass sie darauf schauen, das eine und andere zu machen. Dafür sind sie eben in der Opposition. Etwas spreche ich euch von den Oppositionsparteien aber wirklich ab: Dass alles falsch gemacht wird (Zwi­schenruf des Abg. Wurm), ist einfach nicht der Fall, das ist nicht richtig, das ist aus einer Märchenstunde. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Da euch inzwischen schon die Argumente ausgehen, was alles falsch gemacht wird, kommen jetzt die besten Beispiele daher. Kollege Angerer war hier draußen und hat gesagt: Die Türkei ist gescheit, die kauft das billige Gas, die macht das viel besser! – Wollt ihr wirklich, dass wir Österreicher uns mit der Türkei vergleichen? Wollt ihr mit denen tauschen? (Abg. Wurm: Was das Gas betrifft, schon!) Wissen Sie, Herr Kollege Angerer, wie viel Inflation die Türkei gehabt hat? (Abg. Wurm: Ja, aber nicht beim Gas ...!) Wissen Sie, wie viel? – 80 Prozent. Österreich hat 8 Prozent gehabt. (Ruf bei der SPÖ: 10!)


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Von der SPÖ kommt jemand heraus und sagt: Die Spanier sind super, wir müssen das wie die Spanier machen! – Sonst habt ihr keine Argumente mehr? Die Spanier haben eine um 150 Prozent höhere Arbeitslosenquote als Österreich. Das soll für uns ein Vorbild sein?! – Also wenn ihr sonst keine Ar­gumente mehr habt, dann weiß ich nicht, was ist. (Beifall bei Abgeordne­ten von ÖVP und Grünen. – Abg. Matznetter: ... deiner Schwesterpartei! – Ruf bei der ÖVP: Wenn er so schreit, ist er nervös! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann gehen Sie heraus und sagen: Die Ungarn sind super, sind gescheit, die haben den Benzindeckel gemacht! – Wisst ihr, wie viel Inflation Ungarn hat? – 18 Prozent, also weitaus mehr als das Doppelte. Mit solchen Beispielen kommt ihr daher. Diese Regierung kann nicht allein die Welt neu erfinden. Wir haben uns an die internationalen Regeln zu halten, aber diese Regierung geht her und versucht einfach, abzufedern, wo es möglich ist. (Präsi­dent Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Glaubt wirklich den Studien, glaubt es wirklich! Österreich ist eines der wenigen Länder, die bei der Abfederung der Teuerung an der Spitze liegen. Dann kommt aber die SPÖ daher und sagt: Gießkanne, jeder kriegt gleich viel! – Herr Krainer hat überhaupt gesagt, es kann sein, dass ein Unternehmer Geld kriegt, der es gar nicht braucht, weil dieser vielleicht Gewinn gemacht hat. Wisst ihr, wer die Steuern zahlt, damit wir das da finanzieren können? – Diejeni­gen, die Gewinn machen, und die Menschen, die etwas arbeiten. (Abg. Krainer: Die Arbeitnehmer!)

Zu eurem Gießkannenargument sage ich eines (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Das ist: linke Tasche, rechte Tasche!): Als heuer die Pensionserhöhung gekommen ist, hat es den Pensionsdeckel gegeben. Man ist hergegangen und hat im unters­ten Bereich etwas dazugetan, weil man gesagt hat, da braucht es ein biss­chen mehr. Das ist richtig.


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Soll ich sagen, was die Kärntner Regierung unter Landeshauptmann Kaiser und Finanzreferentin Schaunig gemacht hat? – Die Gehaltserhöhung der Lan­desbediensteten war gleich hoch wie jene für Bundesbedienstete. Das ist so vereinbart gewesen. Dann geht Kärnten aber her – zum Thema
Gießkanne –, und vom Halbtagesbeschäftigten bis zum Kammeramtsdirektor – wie viel der verdient, will ich hier jetzt nicht laut sagen – erhält jeder 1 300 Euro Einmalzahlung dazu. Egal ob es jemand ist, der halbtags arbeiten geht, oder jemand, der 18 000, 20 000 Euro brutto oder noch mehr ver­dient, jeder erhält gleich viel.

Und was den Deckel für das Wohnen betrifft: Dort, wo ihr in Verantwortung seid, wie in Wien, sehen wir, wo der Deckel ist. Dort sehen wir, wo die Preise hingehen.

Wisst ihr, warum ihr unglaubwürdig seid? – Weil ihr dort, wo ihr regiert, genau das Gegenteil von dem tut, was ihr hier sagt. Die Freiheitlichen haben das Glück, dass sie momentan nirgends regieren (Abg. Stöger: In Oberöster­reich schon!), und deswegen sagt man noch, es wäre vielleicht doch möglich. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stöger: Leider schon in Oberösterreich!)

13.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Karin Greiner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.00.37

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich heute ganz besonders, dass ich bei meiner ersten Rede im neuen Par­lament eine Besuchergruppe aus meinem Bezirk Graz-Umgebung/Voitsberg hier begrüßen darf: Willkommen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Lieber Kollege Obernosterer! Richtig, die Opposition ist dazu da, aufzuzeigen, und wir haben viel aufzuzeigen (Abg. Hörl: Was heißt denn das?) – leider


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haben wir viel aufzuzeigen –, und ich komme gleich zu den Fakten. (Abg. Hörl: Was Richtiges aufzuzeigen!) – Ja, Herr Kollege, ich weiß, dass Sie schon nervös werden.

Die Forschungsförderungsgesellschaft soll den Energiekostenzuschuss als Förderstelle abwickeln. Kein Zweifel, die FFG ist eine gute Gesellschaft – mit dem Kerngeschäft, Forschung voranzutreiben und darauf zu achten, dass das auch wirklich in einer zukunftsträchtigen Art und Weise passiert. Sie ist aber nicht im Kerngeschäft Förderabwicklerin, und es ist irgendwie bedauerlich, dass man wieder die Fehler wiederholt, die wir leider schon aus der Cofag ken­nen: Man gibt die Förderabwicklung in Hände, die dafür eigentlich nicht wirklich prädestiniert sind, die die Strukturen dafür nicht eigens installiert haben, und es ist bedauerlich, dass man diese Fehler jetzt wiederholt.

Lassen Sie mich das mit Fakten belegen – es gibt ja mittlerweile leider mehrere Belege und Dokumente dazu, die das auch festschreiben –:

Wir haben im Budgetausschuss eine Oesterreichische-Nationalbank-Aussprache gehabt, und es gibt einen aktuellen Bericht zur Cofag. Und was steht in diesem Bericht? – In diesem Bericht steht, dass viele Betriebe aufgrund der För­derungen, die sie während der Coronazeit erhalten haben, ihr Eigenkapital übergebührlich erhöhen konnten.

Ja das kann ja nicht sein, liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Sind Sie dazu da, Gewinne von Betrieben zu finanzieren? – Ich glaube nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Dort, wo Gewinne gemacht wurden, sind diese noch weiter gestiegen! Das ist nicht Sinn und Zweck einer Förderung, die vom Steuerzahler zur Verfü­gung gestellt wird.

Es gibt aber nicht nur den OeNB-Bericht, sondern wir haben auch vom Rechnungshof einen sehr aussagekräftigen und schonungslosen Bericht zur Cofag-Abwicklung. Das ist ein Musterbeispiel (Abg. Obernosterer: Wie


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man es richtig macht!) an Intransparenz, eine wohlgehütete Blackbox, wo 15 Milliarden Euro vom Herrn Finanzminister hingeschoben und dann an Unter­nehmen ausbezahlt wurden.

Haben das die richtigen Unternehmen erhalten? Das wollten wir immer gewährleisten, aber das Tolle daran: Wir als Parlamentarier:innen durften ja nicht einmal kontrollieren, wer dieses Geld bekommt. (Abg. Steinacker: Doch! – Abg. Hörl: Ihr seid ja gar nicht hineingegangen! Das war euch zu viel Arbeit!) – Im Beirat kann ich die Öffentlichkeit nicht informieren, da gibt es eine Verschwie­genheitsklausel. Die parlamentarische Kontrolle habt ihr ausgeschaltet – Skandal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Ihr wolltet uns einen Maulkorb geben!)

117 Millionen Euro Überförderung beim Fixkostenzuschuss; bei den Umsatz­ersätzen in einem Monat, bei nur 50 überprüften Unternehmen, 30 Millio­nen Euro Überförderungen; geschätzte Überförderungssumme summa summarum nahezu 600 Millionen: 598 Millionen – und Sie reden das klein?! – Unverständlich, lieber Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir verlangen, ist, dass Förderungen, die es natürlich geben muss – es ist die Aufgabe des Staates, Unternehmen zu schützen, sodass sie nicht zuzu­sperren brauchen; eine staatliche Aufgabe ist es auf alle Fälle (Ruf bei der FPÖ: Wir zahlen!) –, aber bitte – bitte, liebe Regierungsfraktionen! – zielgerich­tet, transparent, sprich mit parlamentarischer Kontrolle erfolgen (Zwischenruf des Abg. Eßl), so, dass sie die richtigen Unternehmen bekommen. Dann hätten Sie unsere Zustimmung.

Bei der FFG ist es wieder ein Fehler. Wir wissen nicht, wer kontrolliert. Wir wissen nicht genau, wie das laufen wird: 200 000 Anträge für eine Gesellschaft, die normalerweise 3 000, 4 000 Anträge pro Jahr abwickelt! (Abg. Obernos­terer: Haben Sie nicht zugehorcht?) Ja wie sollen denn die das packen? (Abg. Obernosterer: Haben Sie nicht zugehorcht? Sie horchen ja nicht einmal zu!) Es ist ja unmöglich, dass man sehenden Auges wieder die gleichen Fehler macht! Da gehen wir nicht mit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.04



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 187

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.04.44

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ja, bei allen Unkenrufen – Kollege Obernosterer hat das gerade ausgeführt – ist es selbstverständlich, ist es es­senziell und richtig, dass wir dann helfen, wenn Hilfe notwendig ist, und wir tun das – Kollegin Graf hat das schon im Detail ausgeführt – bei den Netz­kosten, bei denen wir mit 558 Millionen Euro dafür sorgen, dass da die Kosten nicht steigen, und wir tun es vor allen Dingen auch mit dem Unterneh­mens-Energiekostenzuschussgesetz, das wir bis Ende September laufen hatten und dann bis Silvester verlängert haben und das wir jetzt, da die Teue­rung anhaltend ist und die Energiekosten die österreichische Wirtschaft im europäischen und globalen Wettbewerb massiv unter Druck setzen, im Jahr 2023 verlängern.

Vereinfacht: Nur mehr echte Mehrkosten werden über Antrag gefördert, und es wird insofern vervollständigt, dass auch alle Treibstoffe, Strom, Erdgas und direkt aus Erdgas und Strom erzeugte Wärme und Kälte, jetzt auch die Fernwär­me, der Dampf, die Holzpellets, Hackschnitzel und Heizöl gefördert werden.

Insgesamt budgetiert der Staat 7 Milliarden Euro. Wir hoffen natürlich, dass die Energiepreise und Energiekosten sich zum Positiven entwickeln und dieses Geld nicht ausgegeben wird, aber es ist dringend notwendig für unsere Firmen, insbesondere für die Klein- und Kleinstunternehmer, die ihre Kosten nicht zur Gänze weitergeben können und trotzdem im Wettbe­werb stehen.

Die österreichische und die europäische Wirtschaft haben im globalen Wett­bewerb bei dreifach erhöhten Energiepreisen derzeit zu bestehen. 70 Cent pro Euro werden im Export verdient, wenn man den Tourismus dazurechnet, und ich glaube, gerade das zeigt doch, dass wir eine Exportnation


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sind und dass wir natürlich unserer Wirtschaft helfen müssen, weil sie un­ter diesen extremen Bedingungen arbeiten muss.

Ich muss aber auch als Unternehmer, als jemand, dem unser Standort, unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der damit geschaffene Wohlstand wirklich am Herzen liegen, schon auch den notwendigen Weitblick einfordern. Statt Emotion und Ideologie wäre Nüchternheit wichtig. Pragmatismus und Hausver­stand sind gefragt – mit dem Blick auf technische Möglichkeiten, finanziel­le Realitäten und die entsprechenden Zeiträume, die für Umsetzungen notwen­dig sind. Das gilt für den Ausbau der erneuerbaren Energien, aber auch für den Gaseinkauf oder für die Gestaltung des Energiemix. (Zwischenrufe der Abgeordneten Wurm und Kassegger.)

Es geht um unsere Zukunft, und es geht vor allen Dingen um den Wohl­stand unseres Landes, und wir tragen die Verantwortung dafür, dass es eben auch so bleibt und es zu keinem Abfluss von Arbeitsplätzen und Wirt­schaftsleistung in andere Teile der Welt kommt.

Das bedingt, dass wir den Standort Österreich und Europa mit vernünftigen Rah­menbedingungen für eine konkurrenzfähige Wirtschaft beleben und auch erhalten und dass wir die Wirtschaft arbeiten lassen und das bewahren und aus­bauen.

Der Ausstieg aus dem Karbonzeitalter ist unser aller erste Aufgabe, und dazu stehen wir. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und bei den Grünen. – Bravorufe bei den Grünen.)

Ich bin stolz darauf, dass der Tourismus jene Sparte ist, die bei den erneuerbaren Energien mit einem Anteil von 54 Prozent führend ist, und gerade im Winter­tourismus bauen wir das auch noch enorm aus.

Wenn wir gleichzeitig nicht bereit sind, die eigenen Ressourcen zu nutzen, wie das Gasvorkommen im oberösterreichischen Molln – natürlich am National­park Kalkalpen –, wenn wir nicht bereit sind, solche Dinge zu tun oder auch über


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Fracking zu reden (Ah-Rufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS), wozu es eine Studie der Montanuni in Leoben gibt, dass es sehr ressourcenschonend möglich ist (Abg. Krainer: Aber Fracking hat mit Frack nichts zu tun! Das ist nicht eine Ballgeschichte, Fracking!), dann setzen wir unseren Spielräumen halt auch unsere Grenzen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen jede wirtschaftliche Kraft, künftig und jetzt, Einnahmen für den Staat und Kaufkraft der Menschen, und wenn uns das alles wegbricht, wird es finanziell eng in unserem Land. Das wiederum merken wir spätestens dann, wenn der Wohlstand geringer, die Verteilungskämpfe größer, die so­zialen Systeme schwächer werden (Zwischenruf des Abg. Wurm) und nicht zuletzt wenn es dann auch um den Beitrag für unseren Umweltschutz und natür­lich auch für den Wiederaufbau der Ukraine geht. Auch dann merken wir, wenn wir die wirtschaftliche Kraft in diesem Lande nicht erhalten, dass wir die notwendigen Mittel nicht haben. (Abg. Kassegger: Für die Ukraine? Das ist dein zweites Hauptanliegen, oder, dass wir für die Ukraine genug ... haben?) Des­halb haben wir auch dafür die Verantwortung, hier alles zu tun, um den Standort zu sichern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Es war ja doch noch eine Hörl-Rede!)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.09.10

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nüchternheit und Hausverstand hat Herr Abgeordneter Hörl eingemahnt (Abg. Wurm – erheitert –: Ja!), und Herr Abgeordneter Obernosterer hat gemeint, die Regierung habe nicht alles falsch gemacht.

Ich frage: War es richtig, dass man uns im Dezember ein Gaswirtschaftsgesetz vorlegt, das keinen Inhalt hat? War es richtig, dann dafür eine Fristsetzung


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zu beschließen? Und war es richtig, dass man darüber im Ausschuss nicht disku­tiert? Ist es für die Demokratie richtig, wenn wir Verfassungsbestimmun­gen einführen, bei denen wir keine Chance haben, uns in einem Ausschuss de­mokratisch legitimiert damit auseinanderzusetzen?

Ich möchte, speziell was die Gaswirtschaft anlangt, darauf hinweisen, dass im Mineralrohstoffgesetz drinnen steht, dass die Gasspeicher, und zwar je­der Gasspeicher in Österreich, den Österreicherinnen und Österreichern ge­hören. Wir haben ein Gesetz, nach dem jeder Gasspeicher in Österreich in Bundeseigentum steht. So, und jetzt will man uns erklären, wir brauchen eine Zertifizierung für Speicherunternehmen. Entschuldigung, ein Speicher­unternehmen, das in Österreich einspeichern darf, muss nach dem Mineralroh­stoffgesetz von der Regierung zertifiziert sein, sonst kann es das nicht machen, weil die Republik es ihnen ja erlaubt.

Was macht man jetzt aber? –Man macht Folgendes: Man zertifiziert nicht mehr bei einer Behörde, einer demokratisch legitimierten Behörde, sondern man zertifiziert bei einer Behörde, die vom Parlament nicht mehr kontrollierbar ist. Wie geht das? Wir als Österreicherinnen und Österreicher wollen auch ent­scheiden dürfen, und zwar hier im Parlament, wie man damit umgeht: Was wird in Österreich gespeichert? Wer darf speichern und wer übernimmt die Verantwortung – und zwar auch die politische Verantwortung – dafür?

Was will die Bundesregierung? –Die Bundesregierung will Markt machen. Die Bundesregierung will keine Verantwortung mehr übernehmen. Zuallerletzt haben Sie uns gestern einen Abänderungsvorschlag übermittelt, den Sie, glaube ich, eh heute zurückziehen, in dem steht: Wenn die Regulierungsbehörde ein Gasspeicherunternehmen nicht zertifiziert, dann muss die Republik Öster­reich Schadenersatz zahlen. Das heißt auf Deutsch: Wenn die Gazprom in Österreich den Speicher nicht mehr bekommt, dann zahlen wir der Gazprom die Kosten.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf ist alles andere als reif! Das kann man nicht machen! Und: Achten Sie darauf, wie und was die nächsten Vorschläge dieser Bundesregierung sind, denn in diese Richtung darf es nicht gehen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Hast du etwas vergessen?)


13.12.53

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Keine Sorge, liebe SPÖ, ich bin jetzt nicht he­rausgekommen, um jetzt wieder anzufangen, etwas richtigzustellen. Im Ausschuss, Herr Kollege Stöger, haben wir darüber genug diskutiert, nur ist der Gesetzestext nicht auf Punkt und Beistrich fertig gewesen (Abg. Krai­ner: Lies den Antrag vor!), aber es ist nicht so, dass wir darüber nicht geredet hät­ten. Ihr Beitrag ist jetzt ganz der gleiche wie im Ausschuss gewesen, was auch okay ist, aber es ist nicht okay, zu sagen, wir hätten darüber nicht geredet, man habe sich im Ausschuss nicht damit befasst. Das ist einfach nicht korrekt. (Abg. Krainer: Lies den Antrag vor!)

Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich folgenden Abänderungs­antrag einbringe:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haf­tung (Forschungsförderungsgesellschaftsgesetz – FFGG) geändert wird


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Z 2 wird in § 5 Abs. 2 nach dem Verweis auf Abs. 1 Z 4 die Wortfolge „für Abwicklungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 9“ eingefügt.

*****

Nur zur Erklärung für die Zuschauer zu Hause: In dieser Abänderung geht es um gar nichts anderes als um einen Wortlaut, sie soll bewirken, dass das Kern­geschäft der FFG nicht behindert wird. Das ist alles. Das ist kein neues Gesetz oder sonst irgendetwas. Manchmal kommen so kurzfristig Anträge herein, weil, nachdem die Gesetzesanträge von der Verfassungsabteilung durchgeschaut wurden, da oder dort noch eine Kleinigkeit zu ergänzen ist, aber vom Inhalt her ändert sich nichts. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Österreichischen For­schungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung (Forschungsförderungs­gesellschaftsgesetz – FFGG) geändert wird (1918 d.B.) (TOP 2)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


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In Z 2 wird in § 5 Abs. 2 nach dem Verweis auf Abs. 1 Z 4 die Wortfolge „für Ab­wicklungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 9“ eingefügt.

Begründung

Die vorgeschlagene Änderung im Text des neuen §5 Abs.2 soll bewirken, dass das Kerngeschäft der FFG, nämlich die Förderung von Forschung, Technologie, Entwicklung, Innovation und Digitalisierung, nicht eingeschränkt wird. Die Notwen­digkeit einer expliziten einvernehmlichen Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und des Bundesministeriums für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie für Beauftragungsverträge wäre nur für außerhalb dieses Kerngeschäfts gelegene Abwicklungen gem. §3 Abs. 2 Z 9 FFGG notwendig.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Eva Maria Holzleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.14.55

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Herr Minister! Werter Herr Staatssekretär! Zuseherinnen und Zuseher! Es geht in diesem Parlament, in diesen neu renovierten Räumlichkeiten de­mokratiepolitisch genauso weiter, wie wir in der Hofburg aufgehört haben: Der letzte Redner der Regierungsparteien bringt einen Abänderungsantrag ein, gestern am Abend werden uns noch Dinge husch, pfusch übermittelt. Und dann ist es natürlich schwierig, zu überprüfen – wir haben das auch in der Pan­demie gesehen –, ob Sie nicht tatsächlich noch große Änderungen vornehmen.

Um seriöse Politik zu machen, braucht es manchmal auch Zeit, braucht es ein korrektes Studieren der Abänderungsanträge. (Abg. Obernosterer: Ich habe es gerade erklärt!) Dieses schnelle Vorlesen durch den letztgemeldeten Redner


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der Regierungsfraktionen ist wirklich etwas, das wir demokratiepolitisch hier in diesem Haus ablehnen. Bei der Eröffnungsveranstaltung ist ja im Beson­deren der Zusammenhalt so sehr propagiert worden, daher sollten die Regierungsparteien endlich von dieser ihrer Vorgangsweise Abstand nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir hier auch über eine Änderung des Forschungsförderungsge­sellschaftsgesetzes diskutieren, nimmt die eine Zuseherin oder der andere Zuseher vielleicht an, dass es da um neue Forschungsschwerpunkte geht, dass die Forschungslandschaft in Österreich gestärkt werden soll, dass es da um Forschungsprogramme zum Thema Klimaschutz, Geschlechtergerechtigkeit, Green Tech, zu irgendwelchen zukunftsträchtigen Themen geht. Aber dem ist nicht so! Es geht um einen Energiekostenzuschuss für kleinere Unternehmen, den die FFG auszahlen soll.

Es geht um circa 200 000 Anträge, die von der Forschungsförderungsgesell­schaft abgewickelt werden sollen, um Anträge von kleineren Unternehmen, die eine Pauschalabgeltung von 3 000 Euro im Jahr bekommen. Und niemand, auch nicht die Regierungsparteien, konnte garantieren, dass es nicht zu einer groben Benachteiligung von Forschungsprojekten kommt, dass es nicht zu einer längeren Abwicklung von Kontrollen von Forschungsberichten kommt, dass die prekäre Situation von der einen oder anderen Forscherin, von dem einen oder anderen Forscher in diesem Land nicht noch prekärer wird. Das garantiert auch der Abänderungsantrag nicht.

Wer stemmt all die Anfragen zur Antragstellung, die von den Unternehmen kommen? Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der FFG werden jetzt auf die Schnelle eingestellt? All diese Fragen sind ungeklärt! Meiner und un­serer Meinung nach hat die FFG wohl einen ganz anderen Auftrag, als einen Energiekostenzuschuss für kleine Unternehmen auszuschütten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Die Frage, die übrig bleibt, ist: Wieso belastet man damit die Forschungsland­schaft? Warum vergrößert man die Unsicherheit ohne Not, gerade im Be­reich der angewandten Forschung, der ohnehin aktuell sehr stark unter Druck steht? Man denke auch an die Fachhochschulen, für die Herr Minister Polaschek aktuell den schlechtesten Hochschulplan ever vorgelegt hat! Von jeder einzelnen Fachhochschule wird dieser in der Luft zerrissen. Wir kommen bei einem späteren Tagesordnungspunkt noch genauer, im Detail dazu. Das ist wirklich katastrophal! (Die Tonanlage fällt aus. – Rufe: Mikrofon, bitte! Mikrofon!) – Und das nicht bei Präsidenten Sobotka! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Ruf: Das dürfte mit der Rede zu tun haben!)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir haben ein technisches Problem. Wir müssen das abklären. (Abg. Holzleitner – vom Redner:innenpult aus –: Ich hoffe, meine Redezeit wird deshalb nicht dezimiert! – Abg. Hörl: Hört man eh so auch! – Abg. Sto­cker: Leider! – Abg. Matznetter: Leider haben wir keinen Saal mehr, der ohne Mikro funktioniert! – Abg. Wurm: Probiert das Mikro von der Ministerin! – Abg. Steinacker: Vielleicht kann man ein anderes Mikro rüberstellen! Wer ist da vom Expedit? – Abg. Leichtfried: Als ob der Herr Präsident Sobotka oben sitzen würde! – Abg. Schwarz: Das Haus ist renovierungsbedürftig! – Abg. Krainer: Ich glaube, das sollten wir renovieren, das Haus! – Abg. Steinacker: Unterbrechen wir die Sitzung! – Abg. Leichtfried: Vielleicht unterbrechen wir, Herr Präsident!? – Abg. Holzleitner – vom Redner:innenpult aus –: An der Lautstärke meines Organs soll es nicht scheitern, eher an dem, dass die Zuseher:innen nicht teilhaben können!)

Wir haben einen Feueralarm im Haus, daher funktioniert die Tonanlage nicht.

Die Sitzung ist unterbrochen.

13.18.39*****

(Die Sitzung wird um 13.18 Uhr unterbrochen und um 13.24 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


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13.23.58Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf Sie, Frau Abgeordnete, bitten, mit Ihrer Rede fortzufahren. Natürlich läuft die Zeit erst jetzt erneut weiter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.24.06

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (fortsetzend): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister, Sie waren vorhin noch nicht da; an dieser Stelle möchte ich auch sagen: Gut, dass Sie wieder genesen sind!

Kommen wir allerdings noch einmal zum Forschungsförderungsgesetz zurück, bei dem wir nicht verstehen, warum genau da die FFG damit beauftragt wird, diesen Zuschuss auszuzahlen. Es wäre wirklich einmal notwendig, dass die Regierungsfraktionen eine Bezuschussung in solch einer Art seriös, fachzu­ständig und transparent durchführen und vergeben, anstatt da erneut eine dubiose, völlig fachfremde Strategie zu wählen, bei der auch unklar ist, wer diese Fülle an Anträgen tatsächlich abarbeiten soll, ohne dass es zu einem Nachteil für die Forschungslandschaft in Österreich kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Man müsste das Problem tatsächlich an der Wurzel packen und in den Markt eingreifen – ja, in den Markt eingreifen, weil dieser nicht funktioniert! Er funktioniert weder für die Menschen noch für Vereine noch für Unternehmen gut und recht, so wie es sein sollte. Die unsichtbare Hand ist gescheitert, seien wir uns ehrlich! Das sollte auch diese Bundesregierung endlich einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da wurden einfach Fehler der Pandemie- und der Teuerungspolitik nicht aufgearbeitet. Man arbeitet genau so weiter und macht mit dem Ener­giekostenzuschuss zwei einen erneuten Fehlschlag. Mehrere Milliarden Euro will die Bundesregierung in Summe ausschütten – mit einem Instrument, das nicht effizient ist. Ein Gaspreisdeckel, der die Energiekosten und die Teuerung auch tatsächlich nachhaltig senken würde, wäre effizient. Schauen wir in andere Länder wie Spanien, Portugal, Deutschland, Frankreich: Wer das Problem


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der Teuerung an der Wurzel packt, der hilft auch tatsächlich den Menschen und senkt die Inflation – und es ist Zeit, dass wir das auch in Österreich in Angriff nehmen anstatt widersinniger, unsinniger Einmalzahlungen, die für niemanden die Preise senken und nur eine Almosenpolitik darstellen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich verlege wie vereinbart die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Budgetausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.26.365. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3078/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkostenzuschüsse (Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz) erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G geändert werden (1915 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.27.12

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Es freut mich ebenfalls, dass Sie wieder zurück sind. Ich komme


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nun zu diesem Gesetz, bei dem es im Prinzip um zwei Maßnahmen geht. Die eine Maßnahme ist ein Zweckzuschuss vom Bund an die Länder, bei dem es eben darum geht, dass man Wohn- und Heizkostenzuschüsse auszahlen kann. 450 Millionen Euro sind dafür vorgesehen – und diese 450 Millionen Euro muss man sich merken!

Die zweite Maßnahme bedeutet, dass die Mittel für den Wohnschirm aufge­stockt werden. Es geht da tatsächlich darum, dass Menschen, denen we­gen finanzieller Schwierigkeiten die Delogierung droht, sehr schnell und sehr treffsicher geholfen werden kann. Was diese 50 Millionen Euro, diesen Wohnschirm betrifft, sind wir natürlich dabei – denn niemand soll tatsächlich, weil die Zeiten gerade schwierig sind, delogiert werden. Da sind wir natür­lich vollkommen d’accord.

Wir werden aber trotzdem eine getrennte Abstimmung beantragen, weil es uns um diesen zweiten Punkt geht, nämlich um diesen Zweckzuschuss des Bundes an die Länder in der Höhe von 450 Millionen Euro für Wohn- und Heiz­kostenzuschüsse. Meine Damen und Herren, wir tun das nicht, weil wir das nicht richtig finden, es ist durchaus eine gute Möglichkeit der Länder, da zu unterstützen – aber die Frage ist, warum wir da zusätzlich Geld vom Bund überweisen sollen. Diese zusätzlichen 450 Millionen Euro sind ehrlich gesagt nicht ganz schlüssig, denn man muss sich nur anschauen, dass die Ertrags­anteile – also das, was der Bund jedes Jahr an die Länder überweist – 2023 um circa 1 Milliarde Euro steigen werden. Das ist also schon einmal 1 Milliar­de Euro mehr durch Ertragsanteile.

Zudem steigen auch die Zweckzuschüsse an. Auch da gibt es eine kräftige Stei­gerung von 830 Millionen Euro. Das heißt, insgesamt stehen den Ländern im Jahr 2023 fast 34 Millionen Euro an Mitteln zur Verfügung – und da geht es sich ganz leicht aus, dass auch diese Zuschüsse der Länder für Wohn- und Heizkosten – die ureigenste Aufgabe – tatsächlich aus diesen Budgets abge­deckt werden können.


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Es kommt ja noch etwas dazu, das die Länder kriegen – und nun wird es tatsäch­lich sehr spannend –, nämlich die Ausschüttungen der Landesenergieunter­nehmen. Wir haben diese Cashcow der Länder vorhin schon besprochen: Wenn die Länder zusätzlich Geld brauchen, dann wird natürlich das Geld der Ener­gieversorger, die in Landeshand sind, als Körberlgeld in die Kassen der Landes­fürstin und der Landesfürsten hineingespült. Wenn man sich nun die Sum­men anschaut, dann muss man tatsächlich ein bisschen nachfragen. Man hat sich ja heuer entschieden, Übergewinne von diesen Energieversorgern abzuzie­hen und sozusagen über zusätzliche Steuern dem Bund zur Verfügung zu stellen; und diese Übergewinne, die da entstanden sind, werden – große Überra­schung! – auf 450 Millionen Euro eingeschätzt.

Jetzt kann man natürlich nachdenken und sagen: Oh, da holt sich sozusagen die Bundesregierung 450 Millionen Euro aus diesen Übergewinnen, die den Län­dern ja dann tatsächlich nicht ins Körberl gespült werden. Die Länder holen sich dann – okay – über die andere Seite 450 Millionen Euro zusätzlich vom Bund. 450 Millionen, 450 Millionen: Na was ist denn da los? – Also brauchen tun sie es nicht. Tatsächlich wird da die Hintertür wieder aufgemacht. Diese Überge­winne, die eigentlich dem Bund zustehen, damit er wirklich treffsiche­re Maßnahmen durchführen kann, wollen die Länder zurück, die überweist man durch die Hintertür wieder zurück. (Beifall bei den NEOS.)

Ich finde die ganze Partie, die hier abgeht, schon wirklich gefinkelt, aber tatsächlich weiß man jetzt nicht genau: Haben es die Länder gefordert – das wäre die eine Möglichkeit – oder hat das tatsächlich der Bund in einer gönnerhaften Pose vielleicht auch freiwillig sofort an die Landesregierungen zurücküberwiesen? Wir hätten da ja ein paar Landtagswahlen, die 2023 kommen.

Jetzt müsste man aber schon verstehen, gerade nach der Wahl in Niederöster­reich, dass man sich die Stimmen auch nicht so leicht kaufen kann, meine Damen und Herren! Es funktioniert also nicht. Dieses Geld, das da tatsächlich nicht mehr nur mit der Gießkanne, sondern wirklich mit dem Löschflugzeug – mit


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dem Löschflugzeug! – über alle ausgeschüttet wird: Man müsste wissen, dass das einfach nicht mehr funktioniert.

Deswegen noch einmal – ich möchte zum Schluss kommen –: Wir geben unsere Zustimmung natürlich zur Delogierungsprävention, natürlich muss da gehol­fen werden, aber wir geben definitiv nicht die Zustimmung zu diesem
450-Millionen-Euro-Taschenspielertrick – linke Tasche, rechte Tasche –, der da von der Bundesregierung offenbar durchgeführt wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Auch ich darf den Herrn Bundesminister für Fi­nanzen herzlich begrüßen. – Wir freuen uns über Ihre Genesung. Herz­lich willkommen! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu Wort gelangt Christoph Zarits. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.32.03

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister, schön, dass Sie heute auch wieder bei uns im Plenarsaal sind! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal zu Frau Kollegin Dop­pelbauer: Danke, dass Sie bei den 55 Millionen Euro zustimmen werden. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Leider Gottes geben Sie bei den 450 Millio­nen Euro keine Zustimmung. Ich glaube, gerade im Bereich der Heizkos­tenzuschüsse gibt es in den Ländern (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppel­bauer) sehr, sehr gute Systeme, die funktionieren, weil es genau jene Men­schen betrifft und jene Menschen auch in den Genuss dieser Förderung kom­men, die kleine Einkommen haben. Darum ist es für uns auch extrem wichtig, dies heute zu machen. Danke aber noch einmal für Ihre Mithilfe beim zweiten Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, wir haben in den letzten Monaten und im letzten Jahr hier auch ge­meinsam viele Maßnahmen beschlossen, manche mit Regierungsmehrheit, manche auch einstimmig oder mit einer breiten Mehrheit, und ich glaube, es ist


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uns gemeinsam hier im Parlament und gemeinsam mit der Bundesregie­rung und vor allem mit unserem Finanzminister sehr viel gelungen. Punktuelle Förderungen im Jahr 2022: Ich erinnere beispielsweise an die Erhöhung der Familienbeihilfe im August, ich erinnere auch an den Antiteuerungsbonus mit 500 Euro.

Jetzt geht es darum, dass wir auch steuerliche und strukturelle Maßnahmen setzen. Da ist uns auch sehr, sehr viel gelungen: Ab 1.1.2023 treten viele Gesetze, die wir im Jahr 2022 hier im Hohen Haus beschlossen haben, in Kraft. Beispielsweise wird die dritte Einkommensteuerstufe – das sind Einkommen zwischen 32 000 und 62 000 Euro im Jahr – von 42 auf 40 Prozent gesenkt: Das ist für jene Arbeitnehmer eine durchschnittliche Entlastung von 580 Euro im Jahr.

Auch ein großer Meilenstein, den ich noch ansprechen möchte, weil er für mich als Arbeitnehmervertreter extrem wichtig ist: Wir haben seit vielen Jahren, seit vielen Jahrzehnten über alle Parteigrenzen hinweg immer über ein Thema diskutiert, nämlich über die Abschaffung der kalten Progression. Diese schleichende Steuererhöhung ist der Feind des Mittelstandes. Wir haben es in dieser Regierungskonstellation geschafft, gemeinsam mit Magnus Brunner und mit Vizekanzler Kogler, dass wir diese kalte Progression endlich ab­schaffen – im steuerlichen Bereich ein Meilenstein! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Schwarz.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Vor allem auch was das Soziale in Österreich betrifft, ist uns mit den Grünen sehr viel gelungen. Die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen sollte man auch erwähnen, weil das vor allem von den Sozialdemokraten immer gefordert wurde, auch in den verschie­densten Regierungskoalitionen. Diesmal ist es uns gelungen, dass auch die Familienbeihilfe automatisch an die Inflation angepasst wird.

Wenn ich alle diese Beispiele, die ich jetzt aufgezählt habe, vielleicht veran­schaulichen darf: Man nehme eine Familie mit zwei Kindern, die im Jahr 2022 ein


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Nettoeinkommen von 3 780 Euro pro Monat hatte. Wenn wir jetzt alle Maßnahmen, die wir beschlossen haben und die jetzt mit 1.1.2023 Gültigkeit erlangen und rechtskräftig werden, zusammennehmen, dann hat dieses Ehepaar ein durchschnittliches Monatseinkommen von 4 092 Euro. Das sind im Monat 312 Euro mehr für diese Familie mit zwei Kindern. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn ich jetzt auch noch die Valorisierung der Familienbeihilfe dazurechne, dann sind das im Monat 335 Euro mehr. Aufs Jahr gesehen – mit den ver­schiedenen anderen Maßnahmen wie der Erhöhung des Mehrkindzuschlages, auch der Erhöhung des Kinderabsetzbetrages – ist das eine Summe von 4 600 Euro, die sich diese Familie erspart.

Ich denke, man soll auf diese Maßnahmen, die wir hier gemeinsam beschlossen haben, schon auch stolz sein, denn das kommt den Familien, das kommt den Pensionistinnen und Pensionisten, das kommt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute. Auch die Pakete für die Wirtschaft, auch die Pakete für die Landwirtschaft sind extrem wichtig. Wir tun in dieser sicherlich nicht ein­fachen Situation alles, damit den Menschen geholfen wird.

Weitere Beispiele möchte ich auch noch anführen: Die Stromkostenbremse ist heute schon angesprochen worden – für die ersten 2 900 Kilowattstunden ein garantierter Preis von 10 Cent. Vorige Woche, auch im Plenum, haben wir diese Maßnahme für Mehrpersonenhaushalte erweitert, mit 105 Euro pro Person ab der vierten Person im Haushalt. Ich denke, das ist auch eine sozialpoli­tische Maßnahme, die vor allem jetzt, bei dieser Inflation, sehr, sehr wichtig ist.

Ich möchte auch als Arbeitnehmervertreter eines sagen, weil in meinem Bundesland sehr, sehr viele Menschen mit dem Auto zur Arbeit fahren – es gibt im Burgenland viele Pendler, die in Wien arbeiten –: Wir haben auch das Pendlerpauschale um 50 Prozent erhöht und den Pendlereuro vervierfacht. Die­se Maßnahme gilt temporär noch bis 30.6.2023.


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Auch eine wichtige Maßnahme – die haben wir voriges Jahr schon beschlossen, ich möchte sie aber noch in Erinnerung rufen – ist, dass wir seitens der Re­gierung und wir im Parlament beschlossen haben, dass auch im Jahr 2023 die Ökostrompauschale und der Ökostromförderbetrag nicht eingehoben werden. Was bedeutet das für einen Haushalt? – Das bedeutet eine Ersparnis von 100 Euro. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist angesprochen worden, dass wir heute mit unserem Beschluss den Ländern 450 Millionen Euro zur Verfügung stellen, 450 Millionen Euro, die die Länder dann dementsprechend in ihre Systeme einspeisen können. Diese 450 Millionen Euro – der Heizkostenzuschuss – kommen jenen Menschen zugute, die kleine oder mittlere Einkommen haben: Menschen, die Mindestpensionisten sind, Menschen, die eine kleine Pension haben, Menschen, die ein klei­nes Einkommen haben, aber vor allem auch jenen Menschen, die in einer schwierigen Situation sind, die arbeitslos sind oder die Sozialleistungen beziehen. Ich denke, das ist der richtige Schritt. Warum ist das der richtige Schritt? – Weil es in den Ländern schon Systeme gibt, die funktionieren. Die Län­der kennen die regionalen Gegebenheiten, und vor allem kennen die Länder auch die regionalen Heizformen. Ich denke, diese 450 Millionen Euro sind sehr, sehr gut investiert.

Weiters – von Kollegin Doppelbauer angesprochen – die 55 Millionen Euro für den sogenannten Wohnschirm: Damit stellen wir sicher, dass in dieser he­rausfordernden und für viele Menschen sicherlich nicht angenehmen Zeit auch die Sicherheit da ist, dass niemand von einer Delogierung betroffen ist oder Angst davor haben muss.

Sie sehen die Breite der Maßnahmen, die wir im letzten Jahr und auch heuer gesetzt haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesen Maßnahmen auch gut durch die Krise kommen.

Ich darf betreffend den Wohnschirm noch einen Abänderungsantrag einbringen, und zwar der Abgeordneten Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolle­ginnen und Kollegen zum Antrag 3078/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem


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ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heiz­kostenzuschüsse, Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz, LWA-G, geändert werden, 1915 der Beilagen, Top 5.

Der Nationalrat wolle dies in zweiter Lesung auch beschließen.

Der Antrag ist in Verteilung.

Ich darf den Antrag kurz in den Grundzügen erläutern. Es geht darum, dass wir mit diesem Abänderungsantrag eben feststellen, dass die Länder höchs­tens 5 Prozent ihres jeweiligen Zuschusses für die Förderung von Betreibern und Inhabern von Heimen und Wohngemeinschaften verwenden können.

Es geht weiters darum, dass die Wohn- und Heizkostenzuschüsse der Länder und die Förderungen von der Einkommensteuer befreit sind und nicht zur Bemessungsgrundlage für sonstige Abgaben gehören.

Der wichtigste Punkt wurde von mir auch schon vorhin in meiner Rede erwähnt, nämlich dass wir darüber hinaus sicherstellen, dass es 5 Millionen Euro mehr für diesen Wohnschirm gibt, es also nicht 50, sondern 55 Millionen Euro gibt. Mit dem gegenständlichen Abänderungsantrag sollen also die ursprüng­lich vorgesehenen 50 Millionen Euro eben um weitere 5 Millionen Euro ergänzt und erhöht werden, damit insbesondere auch die Bewohnerinnen und Be­wohner von diversen Einrichtungen, wie etwa jene der Behindertenhilfe bezie­hungsweise Gewaltschutz- und Pflegeeinrichtungen, angemessen unter­stützt werden können.

Sie sehen: Dies ist ein sehr, sehr guter Antrag. Ein herzliches Dankeschön an unseren Finanzminister, der mit den Ländern verhandelt hat. Die Länder wissen, wie sie dieses Geld am besten einsetzen, und darum bitte ich um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Die ÖVP wirkt ordnerlos!)

13.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz

und Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 3078/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz und Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkosten­zuschüsse (Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz) erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G geändert werden (1915 d.B.) (TOP 5)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet wie folgt:

„Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkostenzuschüsse (Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz) erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G geändert wird“

2. In Artikel 1 § 1 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die Länder können höchstens 5 % ihres jeweiligen Zuschusses für Förderungen von Betreibern und Inhabern von Heimen und Wohngemeinschaften sowie Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für betagte und pflegebedürftige Men­schen, für Menschen mit Behinderung, für Armutsbetroffene, für Schüler, Studenten, Lehrlinge und jugendliche Arbeitnehmer, von Einrichtungen der Wohnungslosen­hilfe, von Frauen- und Gewaltschutzschutzeinrichtungen und von ähnlichen Einrichtungen zur Abfederung gestiegener Wohn- und Heizkosten verwenden, die nach dem Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwal­teten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2022, gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.“


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3. Nach Artikel 1 § 3 wird folgender § 3a samt Überschrift eingefügt:

„Datenabfragen

§ 3a. (1) Die die Wohn- und Heizkostenzuschüsse gemäß § 1 Abs. 2 und Förderungen gemäß § 1 Abs. 4 abwickelnden Stellen sind zum Zweck der Überprüfung der För­derbarkeit der Förderungswerberin bzw. des Förderungswerbers zur Transparenzpor­talabfrage gemäß § 32 Abs. 6 des Transparenzdatenbankgesetzes 2012 – TDBG 2012, BGBl. I Nr. 99/2012, der Daten von Förderungswerberinnen bzw. Förderungswerbern und den mit den Förderungswerberinnen bzw. den Förderungswerbern im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen berechtigt.

(2) Zum Zweck der Vorbereitung und Durchführung der Förderverfahren, insbe­sondere der Feststellung oder Überprüfung der Voraussetzungen, der För­derwürdigkeit und der Höhe einer Leistung, der Sicherstellung einer hohen Daten­qualität, der Kontrolle eines rechtmäßigen Leistungsbezugs sowie allfälliger Rückforderungen, sind die abwickelnden Stellen ermächtigt, nachstehende Daten der förderwerbenden bzw. fördernehmenden Person sowie der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen automationsunterstützt aus dem Zentralen Melde­register zu erheben und zu verarbeiten, wobei die Abfrage auch eine Ver­knüpfungsabfrage im Sinn des § 16a Abs. 3 des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992, nach dem Kriterium des Wohnsitzes umfasst:

              1.         Familien- und Vorname,

              2.         Geburtsdatum und

              3.         Adressdaten.“

4. § 4 samt Überschrift lautet:

„Nichtberücksichtigung und Pfändungsverbot

§ 4. (1) Die Wohn- und Heizkostenzuschüsse der Länder gemäß § 1 Abs. 2 und die Förderungen gemäß § 1 Abs. 4 sind von der Einkommensteuer befreit und


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gehören auch nicht zur Bemessungsgrundlage für sonstige Abgaben und öffentlich-rechtliche Beiträge ausgenommen Umsatzsteuer. § 20 Abs. 2 des Einkommen­steuergesetzes 1988 – EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, ist auf sie nicht anzuwenden.

(2) Wohn- und Heizkostenzuschüsse des Landes gemäß § 1 Abs. 2 und Förderungen gemäß § 1 Abs. 4, die aus diesem Zweckzuschuss finanziert werden, sind bei der Prüfung von Ansprüchen und sonstigen Befreiungen aufgrund bundesgesetzlicher Regelungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(3) Wohn- und Heizkostenzuschüsse des Landes gemäß § 1 Abs. 2 dürfen weder gepfändet noch verpfändet werden.

(4) Wohnkostenzuschüsse des Landes gemäß § 1 Abs. 2, die aus diesem Zweck­zuschuss finanziert werden, gelten sinngemäß als Leistung nach § 7 Abs. 5a Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, BGBl. I Nr. 41/2019, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 78/2022.“

5. Artikel 2 (Änderung des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G) wird wie folgt geändert:

5.a) Die Artikelüberschrift lautet wie folgt:

„Änderung des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes – LWA-G“

5.b) Z 1 lautet:

»1. Nach § 1 Abs. 2 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz werden für die Jahre 2023 und 2024 weitere 55 Millionen Euro für Unter­stützungsmaßnahmen gemäß Abs. 1 Z 1 zusätzlich zur Verfügung gestellt. Davon entfallen auf das Jahr 2023 30 Millionen Euro, auf das Jahr 2024 25 Millio­nen Euro."«

5.c) Z 2 lautet:


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»2. § 8 samt Überschrift lautet:

„Inkrafttreten

§ 8. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag in Kraft und mit 31. Dezember 2026 außer Kraft.

(2) § 1 Abs. 2a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2023 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit 6. Juni 2025 außer Kraft.“

Begründung

Zu Z 1 und 5a und 5c:

Es werden lediglich Redaktionsversehen beseitigt.

Zu Z 2 und 4:

Den Ländern soll die Möglichkeit gegeben werden, bis zu 5 % für die Förderung von Heimen und Wohngemeinschaften sowie Beratungs- und Betreuungseinrich­tungen im Sozialbereich und ähnlichen Einrichtungen zur Abfederung gestiegener Wohn- und Heizkosten zu verwenden, die nach dem Bundesgesetz über allge­meine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO), BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2022, gemeinnüt­zige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. In § 4 wird vorgesehen, dass die abgabenrechtlichen Ausnahmen auch für diese Förderungen anzuwenden sind.

Zu Z 3:

Die neue Bestimmung legitimiert Abwicklungsstellen, alle von der Förderungswer­berin bzw. vom Förderungswerber und Haushaltsmitgliedern in die Transpa­renzdatenbank eingemeldete nicht sensible Förderungen sowie Einkommen nach § 5 TDBG 2012 ohne zusätzliche Zustimmungseinholung einzusehen, und regelt die Datenabfragen aus dem Zentralen Melderegister.


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Abwickelnde Stellen sind diejenigen Einrichtungen, denen gemäß § 16 des Trans­parenzdatenbankgesetzes 2012 (TDBG 2012) die Abwicklung von Leis­tungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a bis e TDBG 2012 in Bezug auf einen Leistungsempfänger oder einen Leistungsverpflichteten obliegt. Abwickelnde Stelle kann daher nicht nur das Land sein, sondern je nach Organisation in den jewei­ligen Ländern auch eine Gemeinde oder ein Sozialhilfeverband.

Zu Z 5b:

Mit dem gegenständlichen Abänderungsantrag sollen die ursprünglich vorgesehenen 50 Millionen Euro um weitere 5 Millionen Euro erhöht werden, um insbesondere auch Bewohner:innen von diversen Einrichtungen wie etwa der Behindertenhilfe bzw. von Gewaltschutz- oder Pflegeeinrichtungen angemessen unterstützen zu können.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Christian Oxonitsch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.40.42

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist wieder eine Einmalzahlung, die wir hier beschließen, wieder eine Einmalzahlung, die die Österreicherinnen und Österreicher – das ist unbestritten – dringend brauchen. Warum? – Weil sie in verschiedensten Bereichen mit massiven Preissteigerungen konfrontiert sind.

Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen, und man hat sich hier für eine davon entschieden. Die eine Möglichkeit ist, dass man immer wieder Geld verteilt und Menschen unter die Arme greift – ja, das ist ein Weg. Der sinnvollere und der effektivere Weg ist aber, die Teuerung zu bekämp­fen, die Inflation zu bekämpfen, und diesen Weg geht diese Bundesregierung nicht. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir geben daher nicht auf, es gilt wie immer der Satz: Wiederholung sichert den Lernerfolg. Wenn man tatsächlich sicherstellen will, dass die Menschen nicht davon abhängig sind, dass man ihnen ständig unter die Arme greifen muss, dann braucht man effektive Maßnahmen, um Teuerung, um Inflation zu bekämp­fen. Es ist ja ganz eindeutig, und das zeigen auch alle Expertinnen und Experten, welche Bereiche tatsächlich die Preistreiber für die Inflation in Österreich sind: Es sind die Mietkosten, es sind die Energiekosten, und diesbezüglich gibt es ganz klare Maßnahmen, die wir diesem Parlament letztendlich auch in einem Dringlichen Antrag schon zur Abstimmung vorgelegt haben, nämlich klare Maß­nahmen gegen die Mieterhöhungen zu setzen (Abg. Zarits: Wien!), eine Miet­preisbremse einzuziehen und letztendlich auch eine Gaspreisbremse ein­zuziehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Wien! – Abg. Taschner: Da geht Wien voran!)

Wir waren mit der Beantwortung der Fragen durch den Herrn Gouverneur der Nationalbank in der letzten Sitzung des Budgetausschusses nicht ganz zu­frieden, aber wenn man zugehört hat, dann konnte man dort deutlich hören, dass Österreich im Bereich der Kerninflation über dem europäischen Durchschnitt liegt, dann konnte man dort auch hören, dass wir insgesamt bei der Inflation über dem europäischen Durchschnitt liegen, und andere Länder – sie sind schon mehrmals aufgezählt worden – anders agieren. Da kann man im­mer wieder sagen: Ja, die haben eine höhere Arbeitslosigkeit!, aber das hat überhaupt nichts damit zu tun, ob man trotzdem wirkungsvolle Maßnahmen ge­gen die Inflation setzt. Sich mit dieser Begründung also dem Setzen wir­kungsvoller Maßnahmen zu entziehen erschließt sich mir letztendlich nicht, und ich weiß nicht, warum man diesen Weg nicht geht.

Ja, die Menschen brauchen diese Unterstützung – wir werden ihr deshalb auch zustimmen –, aber wir stehen trotzdem weiterhin zu unseren Forderungen: Bekämpfen Sie endlich wirkungsvoll die Inflation, bekämpfen Sie die Teuerung! Das hilft den Menschen in diesem Land mehr als Einmalzahlungen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.43.26

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Zuerst, bevor wir zu diesem Wohn- und Heizkostenzuschuss kommen, noch ein paar Worte zu den NEOS, weil sie hier ja wieder ihre Abneigung gegenüber den Ländern und den Gemeinden de­monstriert haben.

Wir wissen, dass die NEOS den Zentralstaat Europa wollen (Abg. Brandstätter: Nein, Subsidiarität! Subsidiarität heißt das Wort!), wir wissen, dass die NEOS von ihren Großspendern, von ihren Großkonzernspendern getrieben sind (Zwi­schenruf des Abg. Scherak) und deren Interessen vertreten und dass es euch ein Dorn im Auge ist, dass Gemeinden und Länder auch am Gesamtstaat teilhaben. Und eines habt ihr immer noch nicht verstanden: Das sind nicht die Einnahmen des Bundes, das sind die Gelder unserer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. (Abg. Brandstätter: Die sollen sie auch kriegen!) Der Gesamt­staat nimmt diese Steuern ein (Abg. Brandstätter: Und die Länder verteilen!) und sie werden nach dem Finanzausgleich an Bund, Länder und Gemeinden ver­teilt. Das ist es, Punkt, aus! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Brandstätter: Ja, die Länder verteilen!) Nehmt das zur Kenntnis: Das ist kein Geld des Bundes, es ist kein Geld von euch und schon gar nicht von euren Großspendern!

Jetzt zum Thema Wohn- und Heizkostenzuschuss in Höhe von 450 Millionen Euro: Ja, dem stimmen wir natürlich zu. Das Geld muss dorthin, wo es hinsoll: zu den Bedürftigen in diesem Land, und das sind die Heizkostenzuschussbe­zieher und die Wohnkostenzuschussbezieher.

Zum Heizkostenzuschuss, speziell betreffend Kärnten: Kärnten bekommt davon 28 Millionen Euro. Die Kärntner Landesregierung ist sehr zögerlich beim Un­terstützen jener Menschen in unserem Land, die es wirklich brauchen. Sie hat Mehreinnahmen in Höhe von 222 Millionen Euro aus Ertragsanteilen, von


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der Kelag werden 15 bis 20 Millionen Euro kommen, und jetzt kommen noch 28 Millionen Euro dazu. Es gibt in Summe also rund 270, 280 Millionen Euro an Mehreinnahmen. Eigentlich ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein, was die Kärntner Landesregierung gewillt ist, den Menschen zurückzuge­ben und über Zuschüsse auszugeben, es wird aber zumindest eine Heizkos­tenzuschusserhöhung von 230 Euro und 160 Euro geben.

Es hat sich in Kärnten auch gezeigt, dass es ein großer Fehler war, den von Jörg Haider eingeführten Teuerungsausgleich abzuschaffen. Jetzt hat man ihn halt Kärntenbonus genannt, und der wird auf unseren Druck hin auch erhöht, nämlich auf 600 Euro – das ist positiv.

Im Wohnungsbereich schaut es ein bisschen schlechter aus. Dafür ist in Kärnten Frau Landesrätin Gaby Schaunig zuständig, und man kann es nur als Total­versagen bezeichnen, was am Wohnungsmarkt passiert ist. 621 Wohnungen im gemeinnützigen Wohnbau des Wohnbauprogramms 2018 bis 2021 sind noch nicht gebaut – diese sind nicht umgesetzt, fehlen jetzt natürlich am Markt –, und es gibt, was die privaten Wohnbauförderungen betrifft, in Kärnten 4 000 Förderanträge, die nicht behandelt sind, nicht abgearbeitet sind, bei denen die Häuslbauer auf ihr Geld warten – also ein Totalversagen in der Wohn­baupolitik.

Deswegen fordern wir auch in der Wohnbaupolitik ein komplettes Umdenken: Das, was für den Privaten gilt, muss auch für die Genossenschaften gelten, nämlich dass die Genossenschaften in Zukunft nur mehr Zusagen bekommen dürfen, wenn sie baureife Projekte haben. Und es muss auch eine Ände­rung geben, was die Zuweisung von Wohnungen betrifft. Da hat Oberösterreich eine Vorreiterrolle eingenommen, indem Österreicherinnen und Österrei­cher bevorzugt werden und auch Deutschkenntnisse als Grundvoraussetzung dafür gelten, dass Leute eine Wohnung kriegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da schon wieder ein paar den Kopf schütteln, vor allem bei den NEOS und bei den Grünen: Wenn ihr gestern die „ZIB 2“ angeschaut habt, wisst ihr, dass


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es erschreckend ist, was in Schweden passiert. Das ist eure Politik, mit der wir in Zukunft auch in Österreich rechnen müssen: dass Gangs entstehen, dass Ghettos entstehen, dass dort Banden gegeneinander kämpfen, dass sich Jugend­liche über den Haufen schießen, dass die eigenen Leute nicht mehr dort woh­nen wollen. Das ist das, was uns in Österreich blüht, wenn ihr weiter an der Macht seid.

In Klagenfurt ist am Wochenende oder gestern jemand mitten in der Stadt überfallen worden, von drei Ausländern offensichtlich – so steht es zumindest in der „Kronen Zeitung“ –, er wurde niedergeschlagen und ausgeraubt. Das ist Gefährdung der eigenen Bevölkerung, und da müssen wir die Stopptaste drücken: Sofortiger Asylstopp! Stopp mit den Grenzen zu und dicht! (Beifall bei der FPÖ.)

13.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Nina Tomaselli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.47.38

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Auch von unserer Fraktion: Schön, dass Sie wieder so gut gene­sen hier sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist, glaube ich, wieder ein erfreulicher Tag, weil wir hier einen erfreulichen Beschluss fällen kön­nen. Wir können einen weiteren Baustein für leistbares Wohnen, für leistbares Leben auf den Weg schicken, und das machen wir ja nicht von ungefähr, denn Heizen und Wohnen müssen für alle leistbar sein. Gerade im Winter, ge­rade weil wir die Teuerung haben, gerade weil wir leider aufgrund von Putin diese steigenden Energiepreise haben, müssen wir die Menschen noch gesondert unterstützen.

Das tun wir, nämlich indem wir auf eine bewährte Struktur setzen, und wir stellen insgesamt eine halbe Milliarde Euro – anders gesagt: 500 Millionen Euro – dafür bereit. Das tun wir einerseits in Form der Erweiterung des


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Wohnschirmes und andererseits stellen wir den Ländern 450 Millionen Euro für die Heizkostenzuschüsse zur Verfügung. Damit, meine sehr geehrten Da­men und Herren, können wir sicherstellen, dass jeder Mensch in Österreich sei­ne Wohnung warm halten kann. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein weiterer wichtiger Beitrag, mit dem das Leben in Zeiten der Teuerung wirklich leistbar bleiben kann, und ist ein weiterer Baustein zu den bereits be­schlossenen Entlastungsmaßnahmen. Diesbezüglich sei die Stromkostenbremse angeführt, und betreffend kommende Beschlüsse sei jedenfalls auch insbe­sondere das Makler:innengesetz erwähnt. Dieses wird Mieterinnen und Mieter um potenziell bis zu zwei Bruttomonatsmieten plus Umsatzsteuer entlas­ten und ist ein weiterer wichtiger Meilenstein, was leistbares Wohnen anbelangt.

Zu dem heute vorliegenden Beschluss: Da geht es einerseits um die bereits erwähnten 450 Millionen Euro, die den Bundesländern zur Verfügung gestellt werden, damit diese ihre Bevölkerung mittels Heizkostenzuschuss unter­stützen können. Wenn man das aufzählen würde, würde man sehen, dass man das untere Einkommensdrittel mit jeweils 330 Euro pro Kopf zusätzlich un­terstützen könnte.

Herr Kollege Oxonitsch, weil Sie neuer Wiener Abgeordneter sind, auch ein Hin­weis an die Stadt Wien: Die Stadt Wien bekommt insgesamt 94 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und hätte somit die Möglichkeit, endlich die unge­rechte Wohnbeihilfe in Wien abzuschaffen, denn dort ist seit 2000, seit über 20 Jahren, die Zugangsbarriere nicht an die Inflation angepasst worden – im Gegenteil, die Bundesregierung schafft die kalte Progression ab, bei der Wiener Landesregierung ist zumindest bei der Wohnbeihilfe die kalte Pro­gression wie seit eh und je erhalten geblieben. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Es ist wirklich dringend, und deshalb: Die Gemütlichkeit, die Sie bei diesem Thema an den Tag legen, haben die betroffenen Menschen nicht.

Bei der zweiten wichtigen Maßnahme heute geht es um weitere 50 Millionen Euro für den Wohnschirm. Der Wohnschirm bedeutet, dass Zahlungsrückstände,


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die Menschen bei Mieten, jetzt aber auch bei Energiekosten haben, daraus gedeckt werden können. Wir haben im Übrigen bereits 4 500 Personen mit die­ser Unterstützungsmaßnahme vor der Delogierung bewahren können.

In diesem Sinne, ein Versprechen gilt: Wir setzen uns auch weiterhin für leist­bares Wohnen, für leistbares Leben ein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bun­desminister Dr. Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundes­minister.


13.51.50

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Es ist schön, wieder hier im Parlament zu sein und mit Ihnen diskutieren zu dürfen und zu können. Vielen Dank auch für die zahlreichen Genesungs­wünsche, die mich über alle Parteigrenzen hinweg erreicht haben. Vielen herzli­chen Dank dafür!

Ja, es wurde vorhin erwähnt, wir leben in schwierigen Zeiten: zuerst Corona, dann die Teuerungssituation, die wir erleben. Die Preissteigerungen spü­ren natürlich alle Menschen, manche spüren sie aber ganz besonders. Das ist, glaube ich, allen bewusst. Sie spüren die Teuerung insgesamt tagtäglich, vor allem wenn es um die Begleichung von unterschiedlichen Rechnungen geht, und es sind genau diese Menschen, die wir eben nicht im Stich lassen wol­len und auf keinen Fall im Stich lassen werden.

Ja, wir leben in herausfordernden, in schwierigen Zeiten, ich glaube aber schon, dass wir gemeinsam diese Krisen, diese schwierigen Zeiten auch meistern können und aus diesen Krisen entsprechend gestärkt hervorgehen werden. Da­von bin ich absolut überzeugt.


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Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie haben beim vorigen Tages­ordnungspunkt den erweiterten Energiekostenzuschuss zwei für Unter­nehmen beschlossen, und auch die privaten Haushalte haben wir bereits mit zahlreichen Maßnahmen zur Senkung der hohen Energiekosten unter­stützt. Erst letzte Woche wurde im Zuge der Sondersitzung eine Ausweitung der Strompreisbremse beschlossen. Grundsätzlich wird bei der Strompreisbremse ja ein gewisser Grundverbrauch vom Staat entsprechend subventioniert, unterstützt, und für den darüber hinausgehenden Verbrauch ist ein Marktpreis zu bezahlen – dadurch entstehen auch bleibende Anreize zum Energiespa­ren. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig, denn eines ist klar: Die billigste Energie ist jene, die man nicht verbraucht. Daher ist die Strompreisbremse, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt gewesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diese Strompreisbremse wirkt seit Anfang Dezember und wurde wie gesagt letzte Woche ausgeweitet, auch treffsicherer gestaltet. Haushalte mit mehr als drei Personen werden jetzt nämlich noch zusätzlich unterstützt, weil auch klar ist, dass Mehrpersonenhaushalte natürlich mit entsprechend höheren Stromkosten konfrontiert sind. Diese Haushalte brauchen eben eine zusätzliche Entlastung.

Mit dem Wohn- und Heizkostenzuschuss, den wir heute hier diskutieren, wollen wir nun zusätzlich jenen Haushalten unter die Arme greifen, die eine finan­zielle Unterstützung besonders notwendig haben. Abgewickelt wird das über die Bundesländer. Warum ist das so? Diese Frage wird natürlich in der Diskus­sion oft gestellt. – Weil die Bundesländer bereits jahrzehntelange Erfahrung ha­ben, wenn es um die Abwicklung ihrer Heizkostenzuschüsse, also der Heiz­kostenzuschüsse der Bundesländer, geht, und sie das ja entsprechend erfolgreich und zielgerichtet umgesetzt haben. Als Bund haben wir deswegen entschie­den, auch in Absprache mit den Bundesländern, insbesondere mit Wien und dem Burgenland – weil Wien zu dem Zeitpunkt, als wir das verhandelt haben,


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den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz gehabt hat, jetzt hat ihn das Bur­genland –, einen Zweckzuschuss in der Höhe von insgesamt 450 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Das war also kein Alleingang des Bundes, sondern wir haben uns da wirklich ganz intensiv und eng mit den Bundesländern abgestimmt.

Es ist natürlich – vor allem an Frau Kollegin Doppelbauer gerichtet – mit den Bundesländern auch abgestimmt, dass dieser Zweckzuschuss an Bedin­gungen geknüpft ist. Das ist nicht einfach Geld, das man einnimmt und irgendwie verteilen kann, sondern diese Mittel sind eben für Beihilfen im Heiz- und Wohnkostenbereich gedacht. Die genaue Ausgestaltung liegt wie gesagt bei den Bundesländern und ist ihnen überlassen. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Die Länder können auf der einen Seite bestehende Hilfen auch entsprechend ausbauen, sie können beispielsweise Heizkostenzuschüsse erhöhen, sie können aber auch etwa den Bezieherkreis für diese Förderung ausdehnen, wenn das in das jeweilige Bundesland hineinpasst; und – das wird durch diesen Ab­änderungsantrag, der heute eingebracht worden ist, geregelt – sie können einen Teil der Zuschüsse auch zur Förderung von Heimen und Wohngemein­schaften – ich glaube, das ist ganz entscheidend – und natürlich auch für viele andere Einrichtungen im Sozialbereich verwenden. Auch das ist mit den Bundesländern eng abgestimmt. Mit diesem Wohn- und Heizkostenzuschuss kann somit auch gezielt auf die unterschiedlichsten Gegebenheiten in den Län­dern eingegangen werden – ich glaube, das ist entscheidend. Das zeigt auch ein weiteres Mal, dass die Zusammenarbeit mit den Bundesländern in diesem Bereich sehr, sehr wichtig ist und auch sehr, sehr gut funktioniert.

Während von der bisher beschlossenen Strompreisbremse, die ich vorhin auch kurz erwähnt habe, grundsätzlich alle Haushalte profitieren, unterstützen wir mit dem Heizkostenzuschuss die Haushalte mit eher kleineren Einkommen. Wir versuchen also auch hier, zielgerichteter und treffsicherer zu werden, nämlich insbesondere Haushalte zu unterstützen, die ihre Energierechnungen überhaupt nicht bezahlen können.


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Für speziell diese Personen gibt es seit März vergangenen Jahres den soge­nannten Wohnschirm, der Menschen vor einer Delogierung bewahren soll. Für diesen Wohnschirm stellen wir zusätzlich noch einmal 55 Millionen Euro zur Verfügung. Ich glaube, das ist eine ganz wesentliche Maßnahme für die be­sonders betroffenen Haushalte und Personen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Insgesamt, glaube ich, gelingt es uns also schon, gerade mit diesem Wohn- und Heizkostenzuschuss, treffsicherer zu werden. Diese Treffsicherheit ist uns ein großes Anliegen. Vor allem können Sie davon ausgehen, dass das mir als Finanzminister ein besonderes Anliegen ist, dort treffsicherer zu werden, wo es möglich ist. Diese Hilfen kommen an, und sie kommen vor allem dort an, wo sie am meisten benötigt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeord­neten von ÖVP und Grünen.)

13.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Ing. Klaus Lindinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.58.54

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wie der Finanzminister bereits ausgeführt hat, sind diese beiden Ge­setzespakete mit in Summe 500 Millionen Euro für jene Menschen, die vor enormen finanziellen Herausforderungen und Belastungen stehen – gerade jetzt in dieser kalten Jahreszeit, in der es auch um das Thema Heizen geht –, eine Unterstützung, die über die Bundesländer zielgerichtet den Menschen hel­fen soll.

Betreffend Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, 450 Millionen Euro: Ich nehme als Beispiel Oberösterreich, mein Bundesland. Für die 1,5 Millio­nen Menschen, die dort leben, bekommt das Land in Summe 75 Millionen Euro, mit denen zielgerichtet den Menschen mit geringem Einkommen, den


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Pensionisten, vor allem aber auch den Familien bis hinein in den Mittelstand geholfen werden soll.

Oberösterreich hat schon viele Maßnahmen dahin gehend gesetzt: Zusätzlich zum normalen Heizkostenzuschuss eine Draufgabe von 200 Euro, es sind Teuerungsausgleiche für Sozialleistungen ausbezahlt worden und es gibt auch einen Verzicht auf Gebührenerhöhungen. Diese jetzige Maßnahme mit dem Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz soll noch zusätzlich Abhilfe schaffen.

Als Bürgermeister einer 1 300-Einwohner-Gemeinde bin ich jede Woche bei meinen Sprechstunden mit vielen Anliegen der Bevölkerung meiner Ge­meinde konfrontiert. Da geht es bei einigen Menschen auch um Existenznöte. Die wissen nicht mehr, wie sie sich das Wohnen und das Heizen leisten können. Daher ist es wichtig, dass alle politischen Ebenen zusammenhelfen, und das sage ich auch mit aller Deutlichkeit, denn in vielen Gemeinden, so auch bei uns, gibt es einen Sozialfonds, mit dem man in erster Linie unterstützt. Dann gibt es die Bundesländer, die da maßgeblich unterstützen, und es gibt jetzt dieses Paket, das als kleiner Mosaikstein – das möchte ich auch beto­nen: ein kleiner Mosaikstein von unzähligen Unterstützungspaketen, die wir hier im Hohen Haus schon beschlossen haben – wirken soll.

Man kann darüber diskutieren, ob alle Maßnahmen zielgerichtet gewirkt haben oder ob wir einfach rasch geholfen haben und dafür nicht so zielgerichtet, aber dieser Teil, dieser Wohn- und Heizkostenzuschuss, ist ein Mosaikstein, der absolut zielgerichtet jenen Menschen hilft, die wirklich ein geringes Einkom­men haben. Somit beweist diese Bundesregierung – und der Finanzminister geht da mit ausgezeichnetem Beispiel voran –, dass die Menschen in Österreich nicht im Regen stehen gelassen werden, wie es die Opposition ständig behaup­tet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die unzähligen Unterstützungsmaß­nahmen, die in den letzten Wochen, Monaten oder sogar Jahren be­schlossen wurden, wie die ökosoziale Steuerreform, die Abschaffung der kalten


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Progression, die Valorisierung der Familienleistungen, die Erhöhung des Familienbonus Plus, um nur einige Pakete zu nennen, helfen den Menschen in Österreich. Das ist gut, dazu steht diese Bundesregierung, und dazu be­kennen wir uns auch als Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Ein Thema möchte ich noch ansprechen, weil es, glaube ich, in der Zukunft ein enorm wichtiges sein wird, nämlich: Kann ich mir in der Zukunft die eigenen vier Wände leisten? Ist es den jungen Menschen in Österreich möglich, sich ein Eigenheim zu schaffen – egal ob sie es sich kaufen oder selbst bauen? Wir müssen gezielte Maßnahmen dahin gehend setzen, wie wir die Jungen in Österreich unterstützen können, wie wir gezielt Gesetze und Novellierungen schaffen, sodass sich die jungen Menschen in Österreich wieder ihre eige­nen vier Wände kaufen oder bauen können. Daran werden wir in der Zukunft arbeiten, und dazu stehen wir auch als Volkspartei, denn wir unterstützen da den Mittelstand und alle Menschen mit geringem Einkommen. – Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.03.18

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrter Herr Minister, willkommen wieder zurück im Parlament! Heute werden zwei wichtige Maßnahmen beschlossen, die insbesondere die Haushalte entlasten sollen, die ganz besonders stark von Inflation und von den steigenden Energiepreisen betroffen sind. Die Haushalte, die hier auch besonders zielgerichtet unterstützt werden, sind jene – und darum, Kollegin Doppelbauer: es ist eben dezidiert nicht die Gießkanne, die hier ausge­schüttet wird (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), sondern es sind zielgerichtete


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Maßnahmen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer) –, die es tatsäch­lich am meisten brauchen – von Gießkanne keine Spur! (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Es handelt sich dabei um zwei Maßnahmen: einerseits 450 Millionen Euro, die es zusätzlich für die Länder gibt, um dort die Wohn- und Heizkostenzuschüsse ausweiten, aufstocken zu können und künftig auch jenen – zumindest zu einem gewissen Teil – zugänglich zu machen, die beispielsweise Betreiber von Pfle­geheimen, von Behindertenheimen, von Student:innenheimen, von Sozialeinrich­tungen sind. Diese auch für jene zu öffnen war eine Forderung, die ganz stark von den Sozialverbänden gekommen ist, weil dort Menschen leben, die beispielsweise eben nicht von der Strompreisbremse profitieren.

Und es gibt – und dies möchte ich besonders hervorheben – den Wohnschirm, den wir heute um 55 Millionen Euro aufstocken, durch den insgesamt bis zum Jahr 2026 an die 140 Millionen Euro für einkommensarme Haushalte, für Haushalte, die sich die Wohnkosten nicht mehr leisten können, die sich die Energiekosten nicht mehr leisten können, zur Verfügung stehen. Das Tolle an diesem Wohnschirm ist – abgesehen davon, dass er ausgeweitet worden
ist –, dass er nicht nur finanzielle Unterstützung bietet – die ist wichtig, die ist zentral, die brauchen die Haushalte –, sondern dass damit eben nieder­schwellig auch ein Beratungsangebot zur Verfügung gestellt wird, ein Beratungs­angebot von über 100 Beratungseinrichtungen wie der Caritas, der Diako­nie, der Volkshilfe, des Roten Kreuzes, von Einrichtungen, die mit den Betroffe­nen schon seit Jahren arbeiten, die die Bedürfnisse, die Problemlagen der Menschen in Not, der Menschen in Armut am besten kennen und sie auch dabei beraten und unterstützen, wie sie beispielsweise aus dieser Energiekosten­falle herauskommen können, die sie beraten und dabei unterstützen können, wie sie beispielsweise Energie sparen können, ihre Wohnungen besser abdichten können, und in diesem Zusammenhang eben auch auf andere Unter­stützungsmaßnahmen hinweisen; denn: Wer kann sich das denn sonst leisten?


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Wie gesagt: Das ist eine ganz wichtige Einrichtung, eine sehr zukunftsweisende, sehr zukunftsorientierte Einrichtung, die wirklich ganz gezielt dort an­setzt, wo die Hilfe am dringendsten notwendig ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind wieder zwei Maßnahmen – insgesamt im Umfang von über 500 Millionen Euro –, die wir heute beschließen, und ja, das sind Einmalhilfen, aber es sind eben Einmalhilfen neben zahl­reichen anderen Hilfen: der Strompreisbremse, die wir nicht zuletzt auf Haus­halte für über drei Personen ausgeweitet haben, eine Maßnahme, die
inflations- und preisdämpfend wirkt – keine Einmalmaßnahme –, und heute werden wir ja noch die höhere Abgeltung der Netzverlustkosten beschließen. Das ist ebenfalls eine Maßnahme, die preisdämpfend wirkt.

Das heißt, wir haben ein Bündel an Maßnahmen: preisdämpfende, strukturell nachhaltig wirkende und Einmalzahlungen, die sofort helfen. Und ja, das ist gut so. Diese Mischung macht es aus. Wichtig ist, dass die Menschen best­möglich unterstützt und beraten werden, um aus dieser Teuerungskrise herauszukommen. Wir bitten daher um breite Unterstützung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Angela Baumgartner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.07.33

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuhörer! Ja, die steigenden Strom- und Heizkosten setzen uns allen in Österreich zu. Für viele werden sie zu einer großen Herausforderung, und um diese stemmen zu können, greift die Bundesregierung den Menschen unter die Arme. Wir versu­chen auch da, die Last der Österreicherinnen und Österreicher zu verrin-


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gern, wie schon seit Beginn dieser vielen aufeinanderfolgenden und in sich grei­fenden Krisen – mit vielen Antiteuerungsmaßnahmen, Steuerreformen, der Abschaffung der kalten Progression und auch mit der seit Dezember wirksamen Stromkostenbremse. All diese Maßnahmen tragen zur Abfederung der ge­stiegenen Kosten bei, und das mit Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Mit dem Wohn- und Heizkostenzuschuss in der Höhe von 450 Millionen Euro für 2023, der an die Bundesländer zum Zweck der Entlastung im Wohn- und Heizbereich ausbezahlt wird, soll sichergestellt werden, dass bestmöglich auf Heizformen, Einkommen und Familiensituationen Rücksicht genom­men werden kann. Die Länder können die Ausgestaltung der Beihilfen weitest­gehend selbst bestimmen und so auf die unterschiedlichen Rahmenbedin­gungen eingehen, wie zum Beispiel: Heizt jemand mit Wärmepumpe, mit Pellets, mit Fernheizung, mit Gas? Wie hoch sind die Einkommen? Welche Größe hat der Haushalt?

Darüber hinaus werden einkommensschwache Personen auch künftig Unter­stützungen aus dem Wohnschirm erhalten können. Dieser wird – wir ha­ben es jetzt bereits mehrmals gehört – um 55 Millionen Euro aufgestockt. Ins­gesamt stehen mit den bereits zur Verfügung gestellten Mitteln 139 Mil­lionen Euro zur Verfügung. Die Beratungsstellen sind regionale Stellen wie die Volkshilfe, die Caritas, die Diakonie und das Rote Kreuz. Wir stellen damit schnelle, direkte und treffsichere Hilfen für Menschen, die besonders von der Energiekrise betroffen sind, zur Verfügung.– Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Budgetausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

14.10.176. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3076/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungs­gesetz geändert wird (1914 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung. Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gelangt MMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.10.38

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es freut mich sehr, dass du – wir kennen uns ja schon länger, ich darf du sagen – wieder einigermaßen genesen bist. Worum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt? – Um eine zusätzliche Haftungsübernah­me in Höhe von 102 Millionen Euro durch die Republik Österreich für Kredite der Europäischen Union an die Ukraine – also um ein grundsätzliches außenpolitisches Thema.

Ich versuche jetzt mit so wenig Emotion wie möglich das Thema sachlich zu bearbeiten, denn da ist natürlich sehr viel Emotion drinnen. Außenpolitik ist nach freiheitlichem Grundverständnis immer Interessenpolitik, prioritär Interes­senpolitik und nicht Politik, um die Welt – ich sage einmal – zu bekehren oder zu missionieren, sondern Interessenpolitik.

Da sehen wir Freiheitliche gerade in diesem Russland-Ukraine-Krieg in Wahrheit niemanden auf der Ebene der Europäischen Union und niemanden auf der Ebene der Bundesregierung, der die Interessen der Österreicher vertritt. Wir se­hen da, was die Finanzierungen betrifft, ein Fass ohne Boden, das sich nicht


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nur androht, sondern das sich bereits auftut – ich werde dann im Detail weiter auf die Beträge eingehen, die ja da schon geflossen sind und auch weiter fließen  werden –, gerade in Zeiten, in denen es den Österreichern mit dem Geld ganz knapp zusammengeht, in denen sich Österreicher, für die wir, aus mei­ner Sicht, als österreichische Politiker prioritär verantwortlich sind, viele, viele, viele Dinge – Energie und so weiter, das ist ja heute schon mehrmals be­sprochen worden – nicht mehr leisten können. Das muss man also schon auch abwägen.

Dieses Fass ohne Boden beginnt ja bereits mit den bilateralen Zahlungen Ös­terreichs an die Ukraine. Die größte Auszahlung aus dem Auslandska­tastrophenfonds mit 46 Millionen Euro hat bereits stattgefunden, weitere 17,5 Millionen Euro sind es dann auf europäischer Ebene durch ver­schiedene Instrumente: die sogenannte Makrofinanzhilfe der Europäischen Union mit 7,2 Milliarden Euro, in weiterer Folge Makrofinanzhilfe Plus mit 18 Milliarden Euro und dann, besonders süffisant, die Europäische Frie­densfazilität mit weiteren 3,6 Milliarden Euro.

Das geht sich für mich von der Logik her nicht aus, wenn jetzt eine deutsche Außenministerin Baerbock sagt: Wir befinden uns im Krieg mit Russland! – Das geht sich erstens einmal mit der Friedensfazilität nicht wirklich aus und zwei­tens sagt sie dann in einem weiteren Halbsatz: Aber wir sind keine Konfliktpar­tei! – Das ist eine Logik, die mir nicht klar ist. Wer soll solchen Politi­kern überhaupt noch irgendetwas glauben? (Abg. Wurm: Mangelnde Intelligenz!)

Ich möchte auch einmal die Frage stellen: Wer hat die Österreicher eigentlich gefragt, ob sie diesen Krieg wollen? (Abg. Berlakovich: Das ist eine gute Frage!) Wer hat die Österreicher eigentlich gefragt, ob sie ihre Neutralität auf­geben wollen? (Abg. Brandstätter: Wer hat die Ukrainer gefragt, ob sie bom­bardiert werden sollen? Ja!) Wer hat die Österreicher gefragt, ob sie dieses Sank­tionsregime wollen? (Abg. Brandstätter: Wer hat einen Vertrag mit Putin? Wer hat einen Vertrag mit Putin zur Unterstützung?) – Herr Kollege, Sie kommen noch dran. – (Abg. Brandstätter: Na, na, wer hat einen Vertrag mit Putin? ...!)


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Wer hat die Österreicher gefragt (Abg. Brandstätter: Na, wer hat einen Vertrag mit Putin? Die FPÖ!), ob sie Waffenlieferungen, wie sie jetzt stattfinden, guthei­ßen? – Niemand! Sie fahren drüber.

Die Bundesregierung wurde im Übrigen 2019 gewählt, da hat es noch kein Coro­na gegeben, gar nichts – 2019! Also wenn die Leute damals gewusst hätten, wie Sie sich in den Jahren 2021, 2022 verhalten, wage ich zu bezweifeln, dass die Leute Sie gewählt hätten. (Beifall bei der FPÖ.)

Niemand hat die Österreicher gefragt. Da geht es finanziell um ein Fass ohne Boden: für die Rebuild-Ukraine-Fazilität sind es weitere 22 Milliarden Euro und dann für den Wiederaufbau überhaupt 750 Milliarden Euro, das sind ja unvorstellbare Beträge.

Auf der politischen Ebene wird nichts getan, um für den Frieden zu arbeiten. Oder glauben Sie ernsthaft, die Aussage: Wir liefern jetzt mehr Panzer für den Frieden!, ist eine plausible und logische Aussage? – Das finde ich ehrlich gesagt nicht, es wird nichts in die Richtung getan. Auch diese Vorschläge von Selenskyj, aber auch von Putin sind nicht geeignet, denn sie sind für die je­weils andere Seite vollkommen unannehmbar; also solche Vorschläge macht jemand, der überhaupt nicht ernsthaft verhandeln will.

Wer hat sich jemals die Frage gestellt – das haben die alten Lateiner schon ge­macht –: Cui bono? Wer ist denn der große Profiteur dieser ganzen Ange­legenheiten? – Da gibt es schon Verdachtsmomente, dass es vielleicht diejenigen sind, die jetzt diese Panzer oder was auch immer liefern. Selenskyj fordert ja schon Kampfjets, Raketen, U-Boote. Ja sehen Sie nicht, in welche Richtung das geht? – Das ist doch brandgefährlich, und mit weiteren Lieferungen von Waffen lassen Sie das Ganze noch weiter eskalieren. Da muss jetzt einmal Vernunft einkehren! (Beifall bei der FPÖ.)

Da bin ich jetzt noch gar nicht beim Thema: Wohin geht das Geld? – Das ist doch bekannt, dass die Ukraine – da gibt es ja UNO-Berichte, daran hat sich ja


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nichts geändert – überhaupt eines der korruptesten Länder auf der Welt ist. Wir sehen es ja jetzt, Selenskyj muss ja jetzt reihenweise Vizeminister, Gouver­neure und so weiter entlassen. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Die Frage, wohin denn diese Milliarden gehen, kann also doch von niemandem beantwortet werden. Wir wissen es in Wahrheit nicht wirklich.

Die Freiheitliche Partei tut seit Monaten alles, um Interessenpolitik, Außenpolitik als Interessenpolitik zu machen, einen Frieden herbeizuführen, die Konflikt­parteien an den Verhandlungstisch zu führen. Diese Eskaliererei bringt ja nichts! Ich könnte Ihnen da jetzt zig Anträge vorlesen, die wir im EU-Hauptausschuss wiederholt eingebracht haben, Bitten, Ersuchen an den Bundeskanzler, er möge doch in Brüssel beim Europäischen Rat der Regierungschefs vorbringen, dass wir ein Veto gegen das Ölembargo, gegen das Gasembargo einlegen, dass wir die Neutralität Österreichs sicherstellen und die Einstellung dieser Zah­lungen an die Friedensfazilität wollen. Das ist ja wirklich kurios: Panzer und weitere Raketen, U-Boote oder sonst etwas zu liefern und das ganze Friedens­fazilität zu nennen!

Das lehnen wir ab, wir haben es von Anbeginn an abgelehnt und wir werden nach Maßgabe unserer Möglichkeiten auch weiterhin im Interesse der Österreicher und gegen den Standpunkt, den alle anderen Parteien hier im Parlament vertreten, einen ganz klaren Standpunkt verfolgen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Eßl – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Kassegger –: Ziemlich eine kurzsichtige Sichtweise! – Abg. Kassegger: Das ist alles subjektiv!)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Andreas Hanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.17.46

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Also wenn man Kol­legen Kassegger von den Freiheitlichen so zuhört, könnte man meinen,


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der Vertrag der Freiheitlichen Partei mit Putin besteht immer noch (Abg. Kasseg­ger: Jetzt hör einmal auf mit deinen ... depperten Vertrag, den es schon längst nicht mehr gibt!), denn hier im österreichischen Parlament quasi russische Inter­essen zu vertreten, das finde ich schon sehr, sehr bemerkenswert. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS. Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Um was geht es technisch? – Technisch geht es um ein Gesetz, das wir heute beschließen, mit dem der Herr Bundesminister ermächtigt wird, Haftun­gen für Ukrainehilfsprogramme unterschreiben zu können. Ich darf für meine Fraktion sagen, wir stehen da zu 100 Prozent dahinter. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Lieber Herr Kollege Kassegger! Es ist ein einseitiger Angriffskrieg, den Putin gegenüber der Ukraine macht. Das blenden Sie immer aus. Es ist ganz wichtig, dass es da europäische Solidarität gibt. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Kassegger: Tut nur weiter so! Tut nur wei­ter so!) Österreich ist Teil dieser europäischen Solidarität. Klar ist, wir sind ein neutrales Land, ja, wir dürfen keine Waffen liefern (Abg. Kassegger: Aber be­zahlen dürfen wir schon, oder wie?), wir werden uns an diesem Konflikt militärisch nicht beteiligen. (Abg. Kassegger: Ihr lügt euch ja selber an! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) Für mich als Europäer ist es aber eine Selbstverständlich­keit, dass wir den Ukrainern zum einen natürlich humanitär helfen. Ich war selber einige Male in der Ukraine, es ist einfach unglaubliches Leid, das durch diesen Krieg ausgelöst wird – Fernsehbilder erreichen uns jeden Tag (neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Kassegger): zerstörte Infrastruktur, menschli­ches Leid –, da haben wir als Österreicherinnen und Österreicher auch eine Ver­antwortung, humanitär zu helfen.

Zum Zweiten haben wir aus meiner Sicht auch eine Verantwortung, dass wir natürlich wirtschaftspolitisch entsprechend unterstützen. Es gibt verschiede­ne Programme, die haben Sie sogar inhaltlich richtig angesprochen, aber wir stehen auch dahinter, weil dieses Land unsere Unterstützung, unsere Hilfe braucht. Wir stehen zu 100 Prozent dahinter. (Abg. Kassegger: Ja, das ist


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eure Meinung, aber man darf schon abweichender Meinung auch sein!) Ich ersuche um wirklich breite Unterstützung für diesen Gesetzesantrag. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.19.56

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister, wir freuen uns sehr, dass Sie wiederhergestellt, wieder da sind! Ich hoffe, unsere Wünsche aus dem Budgetausschuss haben Sie auch er­reicht; dass unser Daumenhalten, dass Sie uns bald wieder zur Verfügung ste­hen, wirksam war, sehen wir jetzt: Sie sind hier.

Natürlich stellt sich immer die Frage: Was ist Solidarität? Wenn diese Solidarität ernsthaft von einer Fraktion hier im Haus bezweifelt wird, dann sollten wir uns ein bisschen anschauen, wie es denn in der Vergangenheit mit diesen euro­päischen Solidaritätsmechanismen ausschaut.

Ich weiß schon, es gibt diesen berühmten Spruch: Prognosen sind schwierig, ins­besondere wenn sie die Zukunft betreffen! Das entschuldigt vielleicht ein bisschen jene Haltung, die, Kollege Kassegger, die FPÖ schon vor zehn Jahren, als die ersten Solidaritätsmechanismen auf europäischer Ebene gemacht worden sind, an den Tag gelegt hat. Sie haben uns damals prophezeit: Der Euro wird in wenigen Jahren verschwinden, weil er zusammenbrechen wird! Griechenland ist nicht zu retten und bereits kaputt! Die EU ist quasi zerfallen und wird nach dem Brexit und Grexit gar nicht mehr bestehen!

Ihre Prognosen waren möglicherweise deswegen falsch, weil Sie sich geirrt haben. Ich habe aber den zarten Verdacht, dass Sie sich nicht geirrt haben, weil Sie es nicht besser wissen, sondern dass Sie der Bevölkerung ganz bewusst solche Befürchtungen erzählen (Abg. Kassegger: Jetzt sind wir in der Unterstellung, Kollege!), um damit Wählerstimmen zu bekommen. (Abg. Kassegger: Jetzt


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sind wir in der Unterstellung! Nicht unterstellen!) Offensichtlich ist es ja so, dass man mit solchen Papiertigern manchmal auch Erfolg haben kann, aber auf Dauer wird das nichts. (Abg. Wurm: Der Erfolg wird größer!)

Die europäische Solidarität ist eines der wichtigsten Dinge für unser Land. Wir sind froh, dass wir in der Europäischen Union sind, gerade im Lichte dessen, dass es wieder Krieg auf europäischem Territorium gibt. Natürlich brauchen wir keine Plakate mit „Festung Österreich“. – Ich meine, wer bei der FPÖ auf solche Ideen kommt, verstehe ich gar nicht. Das letzte Mal, als man von einer Alpenfestung gesprochen hat, waren es grausame Zeiten. Solche Wort­folgen brauchen wir nicht! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)

Wir brauchen ein solidarisches Europa, ein Europa, das zusammensteht, ein Europa, das Werte verteidigt (Abg. Amesbauer: Welche Werte?), und ein Europa, das auch Solidarität für Beitrittskandidaten herstellt, die zum Beispiel ange­griffen worden sind. Deswegen beschließen wir das und deswegen werden wir auch zustimmen, meine Damen und Herren. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf: Das wird jetzt wieder was werden!)


14.22.42

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister – schön, dass Sie wieder hier sind! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Dieser Tagesordnungspunkt ist ja eigentlich nicht sehr spannend, aber dass Kollege Kassegger mit seiner Transparenz hier klarmacht, dass das für ihn Interessenpolitik ist – russische Interessenpolitik, das haben Sie nicht dazuge­sagt, aber dass das Interessenpolitik für Sie ist –, finde ich sehr spannend. (Abg. Kassegger: Nein, das haben Sie noch immer nicht verstanden! Österreichische Interessen!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 231

Um den Zuseher:innen vielleicht einmal kurz zu erklären, was Sie hier alles ver­mischt haben: Sie haben Milliarden aufgezählt. – Es fließt durch diesem Beschluss kein Cent in die Ukraine. Die Ukraine nimmt einen Kredit auf, für die­sen Kredit haftet die Europäische Union (Abg. Kassegger: Die Ukraine wird das ganz sicher zurückzahlen!), weil die Ukrainer:innen das Geld jetzt ganz schnell brauchen und über Jahrzehnte zurückzahlen wollen (Abg. Kassegger: Ja ge­nau! So wie die Griechen werden sie es zurückzahlen!), und da überneh­men wir 1,5 Prozent der Haftungen. Sollte dann irgendwann einmal etwas passieren, sind das vielleicht in 30 Jahren einmal 100 Millionen Euro – vielleicht! Wir gehen natürlich alle davon aus, dass die Ukraine das locker zahlen kann, das ist ein minimaler Betrag in Relation zu ihrem BIP.

Es gibt nur einen Fall, in dem diese Kredithaftung schlagend werden könnte: wenn die Ukraine den Krieg verliert und das nicht zurückgezahlt werden kann. Wenn Sie wollen, dass das nicht schlagend wird und dass das die österrei­chischen Steuerzahler:innen nicht 102 Millionen Euro kostet, dann sollten Sie vielleicht nicht Putin unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Wenn das passiert und das Ganze schlagend wird, hat jeder einzelne FPÖ-Abgeordnete da einen Zettel über eine Rechnung von 3,5 Millionen Euro für die österreichischen Steuerzahler:innen auf der Stirn picken. Das ist es: 3,5 Mil­lionen Euro pro Abgeordnetem. Das sind Sie nicht wert, muss ich ehrlich sagen.

Was wir eigentlich machen sollten: Wir haben heute schon mehrere Tagesordnungspunkte verhandelt, Energiezuschüsse für Unternehmen für Heizkosten, das, was die Österreicher:innen wirklich brauchen, wofür wir Milliarden Euro aufbringen, und das ist alles nur notwendig wegen Ihres Freundes Putin – das sollten Sie übernehmen! Werte Zuseherinnen und Zuseher: Friedrich-Schmidt-Platz 3, 8. Bezirk, FPÖ-Bundesparteigeschäftsstelle – ich finde, jeder sollte seine erhöhte Energierechnung dorthin schicken. Zahlt das doch, ihr Putin-Freunde und Energiepreishochtreiber! Friedrich-Schmidt-Platz 3, 1080 Wien, Rechnungen bitte an die FPÖ. – Danke. (Beifall bei


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den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kassegger: Ich kenne mich jetzt nicht aus, aber bitte!)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Dr. Helmut Brand­stätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.25.22

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Neues Jahr, neues Parlament, alter Brauch: Ich habe Ihnen gleich zu Beginn ein Buch mitgebracht (das genannte Buch in die Höhe haltend): „Im Grunde gut“. Rutger Bregman, ein interessanter junger hol­ländischer Historiker, belegt durch viele Beispiele, dass die Menschen nicht so sind, wie Sie von der FPÖ es gerne hätten, nämlich: böswillig, neidisch, den anderen etwas wegnehmen. (Abg. Kassegger: Das ist eine Unterstellung! Das wollen wir nicht!) Nein, die sogenannte Fassadentheorie, dass die Fassade des guten Verhaltens sofort zusammenbricht, wenn eine Krise auftritt, stimmt nicht. Das weist der Autor sehr schön nach, und deswegen kann ich dieses Buch nur empfehlen.

Das wissen wir auch. Das wissen wir, weil gerade auch in Österreich die Hilfe der Menschen für die Menschen in der Ukraine sehr groß ist. Ich habe erst gestern wieder den österreichischen Botschafter Arad Benkö getroffen, und er hat mir gezeigt: Wir sind unter den top fünf, was die Unterstützung der Menschen in der Ukraine betrifft. Ich möchte die Gelegenheit hier nutzen und mich bei allen, die das möglich gemacht haben, bedanken. Das sind viele Familien, Vereine, kleine Organisationen, Gemeinden, Länder natürlich und auch der Bund, die sehr vieles zur Verfügung gestellt haben, und das ist auch notwendig. Wir sind Nummer fünf per capita.

Zusätzlich – auch das hat mir der Botschafter erzählt – helfen aber auch in der Ukraine die Leute einander. Man sieht, wenn man dort lebt, wie die Hilfs­bereitschaft dort gewachsen ist. Ich kann jedem nur raten: Bitte hinfahren, das


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erleben Sie dort! Sie erleben aber auch, was Sie nicht wahrhaben wollen, nämlich diese unfassbaren Zerstörungen; und Sie erleben dort auch – und die Menschen dort können Russisch und müssen das zum Teil auch hören –, was in der russischen Propaganda, im russischen Fernsehen gesagt wird, nämlich dass das unwerte Menschen seien, dass man die der Reihe nach umbringen müsse, wenn sie sich wehren würden.

Das ist der Zustand, in dem sich dieses Land befindet. Und dann diskutieren wir darüber, ob wir ihnen helfen sollen? – Na selbstverständlich werden wir ihnen helfen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch etwas: Keines der Kriegsziele von Putin ist aufgegangen. Angeblich war er gegen die Nato. Dass es jetzt neue Nato-Länder gibt, Länder beitreten, stört ihn überhaupt nicht. Natürlich wollte er die EU zerstören, er wollte unseren Zusammenhalt zerstören. Es gelingt ihm nicht, die EU ist viel stärker, als er das wahrhaben will.

Eines stimmt aber freilich auch: Gerade russische Netzwerke, auch innerhalb der EU, funktionieren natürlich. Wir haben ja heute wieder den internationalen Korruptionsindex mitbekommen – sehr peinlich für Österreich –, und in diesem Korruptionsindex, in dem Bericht steht, dass russische Netzwerke sehr aktiv sind, vor allem auch in Deutschland, um dort verschiedene Institutionen zu korrumpieren. Da müssen wir aufpassen.

Herr Bundesminister, eine Bitte: Setzen Sie sich auch im Rahmen der EU dafür ein, dass das Vermögen dieser Unterstützer Putins, das ja bereits einge­froren ist, nach rechtsstaatlichen Methoden wirklich für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden kann! Das ist der nächste Punkt, der notwendig ist.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, das Sie vielleicht nicht hören wollen und vor allem nicht verstehen: Unsere Hilfe, die wir jetzt leisten, ist auch eine Hilfe für uns, weil es sehr viele Unternehmen gibt, die bereits auch in der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 234

Ukraine aktiv sind. Wir haben eine hervorragende Delegierte der Wirtschafts­kammer in Kiew, die dort auch Kontakte zu den Unternehmen hält. Kolle­ge Kopf ist gerade nicht im Saal, aber ich lobe unsere Handelsdelegierten gerne, weil sie einen guten Job machen.

Andere Länder gehen inzwischen weiter, auch das möchte ich Ihnen sagen. Die italienische Confindustria, also der Industriellenverband, hat bereits eine Vertretung in Lemberg und hat dort Kontakte aufgenommen. Die Tschechen ha­ben bereits einen Wiederaufbaubeauftragten.

Das können wir alles machen. Das heißt, das sind alles Initiativen, von denen wir dann profitieren werden.

Noch einen Punkt gibt es – Kollege Tursky war ja auch in Kiew –: Was etwa IT, aber auch Cyberabwehr betrifft, sind die Ukrainer besonders gut, und wir wissen – das weiß ich seit einer Untersuchung beziehungsweise einer Stellung­nahme des damaligen Verteidigungsministers Starlinger –, wie massiv die Cyberangriffe auch auf Österreich sind. Auch da werden wir Freunde und Ver­bündete brauchen, und gerade die Ukrainer werden uns da helfen, damit wir uns auch gegen die Russen wehren können.

Deswegen bringen wir – es ist ja am 24. Februar der Jahrestag dieses schreckli­chen Angriffskrieges – jetzt auch noch einen Entschließungsantrag ein, den ich verlesen darf:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Unterstützung der Ukraine zum Jahrestag des russischen Angriffs“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, möge


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 235

- der Ukraine Österreichs Solidarität aussprechen und sich international rund um den Jahrestag des russischen Angriffs dafür einzusetzen, die europäische Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten;

- die Aufklärung von Kriegsverbrechen unterstützen und die in Österreich be­reits unternommenen Bemühungen weiter verstärken;

- der Ukraine versichern, dass Österreich sich auf internationaler Ebene dafür einsetzen wird, dass die Ukraine als angegriffener Staat ohne Druck eigenständig den Zeitpunkt und die Bedingungen für Friedensverhandlungen bestimmen kann;

- sich dafür einsetzen, internationale Sanktionen gegenüber Russland solange aufrecht zu erhalten, bis die völkerrechtlich anerkannten Grenzen der Ukraine wiederhergestellt sind;

- Wien als Austragungsort für die Konferenz zur Erarbeitung der Schlüsselelemente der Nachkriegssicherheitsarchitektur im euro-atlantischen Raum anbieten.“

*****

Ich bitte um Zustimmung. Ich weiß, es gibt einen weiteren Antrag der Regierungsparteien, aber wie wir heute schon gehört haben, ist es manchmal gescheiter, man stimmt auch der Opposition zu.

Vielleicht ein letztes Wort, weil darüber schon geredet wird: Wenn Putin diesen Krieg gewinnt, dann heißt das, Gewalt setzt sich durch, dann heißt das, autoritäre Regime setzen sich durch. Ich weiß, hier gibt es auch Leute, die wollen autoritäre Regime – wir wollen das nicht. Wir wollen ein liberales, freiheit­liches, friedliches Europa. Und das wird es nur geben, wenn die Ukraine diesen Krieg gewinnt. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 236

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolle­ginnen und Kollegen

betreffend Unterstützung der Ukraine zum Jahrestag des russischen Angriffs

eingebracht im Zuge der Debatte in der 195. Sitzung des Nationalrats über den Be­richt des Budgetausschusses über den Antrag 3076/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (1914 d.B.) – TOP 6

Im Februar jährt sich der Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim zum neunten Mal. Die widerrechtliche Eingliederung dieses Teils der Ukraine an die Russische Föderation jährt sich am 18. März zum neunten Mal. Nach der Annexion der Krim begann die völkerrechtswidrige Unterstützung von Separatisten im Donbass.

Der 24. Februar stellt den traurigen ersten Jahrestag des unprovozierten Angriffs durch die Russische Föderation auf die bis dahin noch unbesetzte Ukraine (westlich des Donbass und nördlich der Krim) mit dem Ziel, die demokratisch ge­wählte Führung des Landes zu stürzen, dar.

Die Grenzen der Ukraine vor dem Einmarsch Russlands auf der Krim 2014 sind international anerkannt. Bis zum Einmarsch erkannte auch Russland diese Grenzen an und verpflichtete sich im Budapester Memorandum von 1994, diese Grenzen zu respektieren und gab der Ukraine Sicherheitsgarantien innerhalb dieser Grenzen.

Der Einmarsch in der Ukraine war unprovoziert und widerspricht internationalem Recht. Das russische Regime hat die Auslöschung der Ukraine als eigenstän­diger Staat und der ukrainischen Identität als Kriegsgründe angeführt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 237

Mehr als 40.000 russische Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlich­keit wurden dokumentiert und werden für weiterführende Strafverfolgung von internationalen Behörden untersucht.

Mehr als 3.000 Bildungseinrichtungen, Schulen, Kindergärten und Universitäten, wurden von Russland bombardiert. Auch Spitäler und Kultureinrichtungen wurden angegriffen, und unzählige Wohngebäude attackiert und beschädigt oder zerstört.

Nach dem Scheitern des Angriffs und der erfolgreichen ukrainischen Rückeroberun­gen von besetzten Gebieten durch die ukrainische Armee begann Russland eine Strategie der Terrorisierung der Zivilbevölkerung. Gezielte Wellen von Angriffen auf die Energieinfrastruktur mitten im Winter sollen die Menschen dazu zwin­gen zu kapitulieren. Eine derartige Terrorstrategie stellt ein weiteres, systemisches Kriegsverbrechen dar.

Die Bundesregierung hat den völkerrechtswidrigen Angriff verurteilt und trägt die internationalen Sanktionen gegen Russland vollinhaltlich mit.

Österreich hat sich zusammen mit europäischer und anderer Demokratien an die Seite der Ukraine gestellt und ihr finanzielle, humanitäre und zivile Hilfe zu­kommen lassen. Diese Hilfe wird von der Bundesregierung, aber auch von Ländern und Gemeinden sowie Privatorganisationen, wie den Apothekern ohne Gren­zen, getragen und oft unter erheblichem Risiko in die Ukraine geliefert.

Österreich erkennt an, dass die Ukraine nicht nur sich selbst, sondern auch Europa und die Werte von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in Europa ver­teidigt, da die Großmachtfantasien des russischen Diktators Vladimir Putin auch Ge­biete jenseits der Ukraine beinhalten.

Österreich stellt sich als Vermittler für Friedensgespräche zur Verfügung, hat aber auch klargestellt, dass es der Ukraine alleine vorbehalten sein muss, wann und unter welchen Bedingungen sie mit dem Aggressor verhandeln will.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 238

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten, möge

•     der Ukraine Österreichs Solidarität aussprechen und sich international rund um den Jahrestag des russischen Angriffs dafür einzusetzen, die europäische Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten;

•     die Aufklärung von Kriegsverbrechen unterstützen und die in Österreich bereits unternommenen Bemühungen weiter verstärken;

•     der Ukraine versichern, dass Österreich sich auf internationaler Ebene dafür ein­setzen wird, dass die Ukraine als angegriffener Staat ohne Druck eigenständig den Zeitpunkt und die Bedingungen für Friedensverhandlungen bestimmen kann;

•     sich dafür einsetzen, internationale Sanktionen gegenüber Russland solange auf­recht zu erhalten, bis die völkerrechtlich anerkannten Grenzen der Ukraine wiederhergestellt sind;

•     Wien als Austragungsort für die Konferenz zur Erarbeitung der Schlüsselelemente der Nachkriegssicherheitsarchitektur im euro-atlantischen Raum anbieten.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Magnus Brunner. – Bitte, Herr Bundesminister.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 239

14.31.48

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ja, es wurde über die Makrofinanzhilfen gesprochen, auch von Herrn Abge­ordneten Kassegger. Diese Makrofinanzhilfen der Europäischen Union sind ja grundsätzlich auch Bestandteil des umfassenden Engagements der Europäi­schen Union gegenüber Nachbarländern und insgesamt und auch als Kri­senbewältigungsinstrument für Ausnahmesituationen gedacht. Die Europäische Union gewährt übrigens schon seit 2014 im Rahmen dieses Programms auch der Ukraine eigentlich beträchtliche Unterstützungen.

Es ist auch interessant, dass im Jahr 2018 auch die FPÖ der Auszahlung von Makrofinanzhilfen an die Ukraine zugestimmt hat. So daneben kann es also dann auch für Sie nicht sein. (Abg. Kassegger: Wird eine andere Regierung gewesen sein! Da habt ihr uns gezwungen dazu!)

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und auch infolge der massiven Zer­störungen, die wir leider erleben mussten, war es, glaube ich, klar, dass es auch weitere Hilfen seitens der Europäischen Union geben muss, weil natürlich die grundlegenden Funktionen des Staates in diesem Zusammenhang und in dieser Situation aufrechterhalten werden müssen.

Es ist so, dass im Normalfall die Finanzierung dieser Makrofinanzhilfen im Rahmen des Haushalts der Europäischen Union gedeckt ist. Da jetzt dieser finanzielle Spielraum jedoch nicht mehr gegeben war, haben sich die Mit­gliedstaaten insgesamt, alle Mitgliedstaaten, darauf geeinigt, die Darlehen zu­sätzlich zu besichern, und zwar gemäß ihrem Anteil am EU-Bruttonatio­naleinkommen. Das ist also eine gesamteuropäische Entscheidung gewesen.

Für Österreich bedeutet das, dass wir – das hat Abgeordneter Brandstätter ja auch schon erwähnt – Garantien in der Höhe von rund 102 Millionen Euro zur Verfügung stellen, bereitstellen, und mit dem vorliegenden Gesetz schaffen wir die notwendige Grundlage und die rechtlichen Voraussetzungen dafür.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 240

Natürlich haben wir auch bei der Ausgestaltung dieser Unterstützungsleistung für die Ukraine dafür Sorge getragen, dass sie auch immer im Einklang mit nationalen, aber auch mit internationalen Bestimmungen steht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Kriegsbeginn zeigen sich alle Mitglied­staaten der Europäischen Union solidarisch mit der Ukraine. Das ist, glaube ich, wichtig, enorm wichtig. Das tun wir, weil wir natürlich auch unsere westlichen Werte insgesamt verteidigen wollen. Das tun wir ja nicht aus Selbstzweck, sondern um die europäischen Werte zu verteidigen.

In diesem Kontext ist es daher auch notwendig, der Ukraine entsprechende finanzielle Hilfe zur Verfügung zu stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.35.00

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte hiermit den Entschließungs­antrag betreffend „Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression“ einbringen – getragen von mir, Andreas Minnich von der ÖVP, Helmut Brandstätter von den NEOS und Harald Troch von der SPÖ, das heißt von vier Parteien hier im österreichischen Nationalrat –, mit folgendem Inhalt (Zwischenruf des Abg. Amesbauer):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Andreas Minnich, Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 241

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische Ange­legenheiten, wird ersucht,

sich weiterhin mit Nachdruck für die sofortige Einstellung der Angriffe Russlands und den unverzüglichen und vollständigen Abzug der russischen Truppen vom ukrainischen Territorium, sowie die vollkommene Wiederherstellung der territorialen Integrität und der vollen Souveränität der Ukraine sowie die Achtung der Grundnormen des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen durch Russland einzusetzen;

alle bilateralen und multilateralen Initiativen wie jene im Rahmen der UN und der OSZE zu unterstützen, die zu einer Deeskalation des Krieges und zur Auf­nahme seriöser Friedensverhandlungen zwischen Moskau und der Ukraine füh­ren können mit dem Ziel eines gerechten Friedens und unter Berücksichti­gung der von der Ukraine ausgearbeiteten 10-Punkte Formel.

weiterhin auf allen Ebenen mit Nachdruck für die Einhaltung und Durchsetzung der Normen des Völkerrechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte einzutreten, und sich dabei insbesondere für die Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen aufgrund der Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle betreffend den Schutz der Zivilbe­völkerung und die Behandlung Kriegsgefangener einzusetzen;

weitere humanitäre Unterstützung für die Ukraine und die von den humanitären Auswirkungen des Krieges unmittelbar am stärksten betroffenen Nachbar­staaten bereitzustellen.“

*****

Liebe FPÖ! Das alles ist im Interesse nicht nur von vier Parteien hier im National­rat, sondern auch im Interesse der österreichischen Bevölkerung. Sie stehen hier im Eck, ohne Lösungen zu haben, ohne Vorschläge zu haben, und wettern gegen alles, was wir hier vorschlagen. Das ist nicht im Sinne des Friedens, das ist nicht im Sinne des Völkerrechts, das ist lediglich im Sinne vielleicht eurer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 242

Wahlklientel, aber das ist schlicht nicht die Realität, über die wir heute hier im österreichischen Nationalrat reden. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

In drei Wochen dauert der Krieg ein Jahr lang an. So viel Leiden, so viele Verbrechen, so viele humanitäre Katastrophen haben wir an Europas Grenzen lange nicht mehr gesehen. Stehen Sie hier gemeinsam mit uns auf und be­geben Sie sich bitte auf die Seite der Menschenrechte, der Zivilbevölkerung in der Ukraine und vor allem des Völkerrechts! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Andreas Minnich, Dr. Helmut Brand­stätter, Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression

eingebracht im Zuge der Debatte in der 195. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 3076/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (1914 d.B.) – TOP 6

Am 24. Februar 2023 jährt sich der erste Jahrestag seit Beginn des völkerrechts­widrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine. In seiner Entschließung vom 24. Februar 2022 hat der österreichische Nationalrat den vom russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin am selben Tag angeordneten Angriffskrieg in der Ukraine als Verletzung des Völkerrechts und der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine auf das Schärfste verurteilt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 243

In weiterer Folge hat der Nationalrat den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine in weiteren Entschließungen aufs Schärfste verurteilt und seine volle Solidarität mit der Ukraine und der ukrainischen Bevölkerung mehrmals bekräftigt. Seit der russischen Invasion in der Ukraine wurden neun weitreichende Sank­tionspakete gegenüber Russland und Sanktionen gegen Belarus durch die EU verab­schiedet, die Österreich vollinhaltlich mitträgt. Die Fortsetzung des geschlos­senen und einheitlichen EU-Auftretens gegenüber der russischen Aggression und die uneingeschränkte Unterstützung der ukrainischen Souveränität und terri­torialen Integrität ist dabei von herausragender Bedeutung.

Der Einmarsch in der Ukraine war eklatant völkerrechtswidrig, unprovoziert und widerspricht der UN-Charta. Der Angriff wird jedoch mit unveränderter militärischer Härte, gezielt lancierter Desinformation und Cyberattacken fortgeführt. Der Be­schuss ziviler Objekte wie Wohngebiete oder Krankenhäuser durch die russische Ar­mee stellt eine massive Missachtung für das Leben von Zivilistinnen und Zivi­listen, darunter von Kindern, sowie eine Verletzung des humanitären Völkerrechts dar. Die bisherige Bilanz der russischen Aggression ist verheerend: Mehr als 40.000 russische Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit wur­den dokumentiert; mehr als 3.000 Bildungseinrichtungen, Schulen, Kindergärten und Universitäten, wurden von Russland bombardiert. Auch Spitäler und Kul­tureinrichtungen wurden angegriffen, und unzählige Wohngebäude attackiert und zerstört. Tagtäglich wird die zivile Infrastruktur, einschließlich der Energie­infrastruktur durch den russischen Aggressor bombardiert und der ukrainischen Zivilbevölkerung völkerrechtswidrig unfassbares Leid hinzugefügt. Mit den gezielten russischen Angriffen auf zivile kritische Infrastruktur, sowie die Besetzung des KKW Saporischschja hat dieser Krieg eine neue Dimension erreicht. Vor allem aber hat der Krieg zu einer humanitären und menschenrechtlichen Katastrophe geführt.

Diese Aggression Russlands gegen die Ukraine ist derzeit die größte Bedrohung für den Frieden weltweit und insbesondere für die europäische Sicherheitsarchi­tektur sowie die demokratischen Werte in Europa.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 244

Der Nationalrat anerkennt die besondere Bedeutung der Einhaltung des Völkerrechts als Anliegen der gesamten internationalen Staatengemeinschaft. Festzuhalten ist, dass die vielfältigen Bestrebungen auf internationaler, europäischer und nationa­ler Ebene darauf abzielen, alle Verantwortlichen für schwerste völkerrechtliche Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen und die Straflosigkeit jedenfalls zu unterbinden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische Angele­genheiten, wird ersucht,

sich weiterhin mit Nachdruck für die sofortige Einstellung der Angriffe Russlands und den unverzüglichen und vollständigen Abzug der russischen Truppen vom ukrai­nischen Territorium, sowie die vollkommene Wiederherstellung der territorialen In­tegrität und der vollen Souveränität der Ukraine sowie die Achtung der Grund­normen des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen durch Russland ein­zusetzen;

alle bilateralen und multilateralen Initiativen wie jene im Rahmen der UN und der OSZE zu unterstützen, die zu einer Deeskalation des Krieges und zur Aufnah­me seriöser Friedensverhandlungen zwischen Moskau und der Ukraine führen können mit dem Ziel eines gerechten Friedens und unter Berücksichtigung der von der Ukraine ausgearbeiteten 10-Punkte Formel.

weiterhin auf allen Ebenen mit Nachdruck für die Einhaltung und Durchsetzung der Normen des Völkerrechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte einzutreten, und sich dabei insbesondere für die Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen aufgrund der Genfer Abkommen und Zu­satzprotokolle betreffend den Schutz der Zivilbevölkerung und die Behandlung Kriegsgefangener einzusetzen;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 245

weitere humanitäre Unterstützung für die Ukraine und die von den humanitären Auswirkungen des Krieges unmittelbar am stärksten betroffenen Nachbar­staaten bereitzustellen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Budgetausschusses.

14.38.43Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 6


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 1 bis 6, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wünschen die Klubs dazu eine Unterbrechung? – Das ist nicht der Fall.

Zunächst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen zu Tagesordnungspunkt 4 abzustimmen.

Ich lasse daher sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf in 1919 der Beilagen nochmals an den Budgetausschuss zu verweisen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Damit entfällt die Abstimmung über die Vorlage selbst.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 246

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für ener­gieintensive Unternehmen geändert werden, in 1916 der Beilagen.

Hiezu liegt ein gesamtändernder Abänderungsantrag der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher sogleich über den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1916 der Beilagen in der Fassung des gesamtän­dernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein zu­stimmendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Forschungsförderungsgesellschaftsgesetz in 1918 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 247

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 2 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Le­sung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz geändert wird, in 1917 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Abänderungsantrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 248

Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Auch hier stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehrheit fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen, und ich stelle auch hier ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Endlich Transparenz und Innovation bei Netzausbau, Anschlüssen und Entgelten!“

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 249

für Wohn- und Heizkostenzuschüsse erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz geändert werden, in 1915 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzan­trag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag be­treffend den Titel des Gesetzentwurfes sowie Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Eingang in der Fassung des Aus­schussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 250

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geän­dert wird, samt Titel und Eingang in 1914 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstüt­zung der Ukraine zum Jahrestag des russischen Angriffs“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr.in Ewa Ernst Dziedzic, Andreas Minnich, Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 251

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist ange­nommen. (298/E)

14.46.437. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2723/A(E) der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Einführung eines nationalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“ (1912 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2724/A(E) der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Stärkung der Sprachkompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen (1913 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


14.47.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Volksgruppe der Roma und Sinti hat im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Diskriminierung, Ausgren­zung, Verfolgung erlebt. Der Höhepunkt war mit Sicherheit der Genozid in der Zeit des Nationalsozialismus, als 500 000 Männer, Frauen und auch Kinder aus der Roma- und Sinti-Gemeinschaft als Zigeuner, als Asoziale ermor­det wurden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 252

In Österreich haben zu dieser Zeit etwa 11 000 Roma gelebt, und nur wenige sind nach Hause zurückgekehrt. Vor Kurzem ist ein Buch von Gerhard Baumgartner und Herbert Brettl unter dem Titel „,Einfach weg!‘ Verschwundene Romasiedlungen im Burgenland“ erschienen, das den Versuch unternimmt, die Geschichte dieser leidgeprüften Volksgruppe aufzuarbeiten, und das ist auch ein wichtiger Aspekt unserer heutigen Debatte, denn dieser Völker­mord an den Roma und Sinti in der Zeit des Zweiten Weltkriegs wurde nie richtig aufgearbeitet. Es hat nie ein richtiges Gedenken stattgefunden. Man hat sogar von einem vergessenen Holocaust gesprochen. Es ist aber wichtig, dass man auch offiziell gedenkt, sich mit dieser Geschichte auseinandersetzt.

Erst nach 70 Jahren, im Jahr 2015, hat es auf europäischer Ebene eine Initiative gegeben, um eben anzuerkennen, was diesen Menschen widerfahren ist und dessen auch offiziell zu gedenken. Wir haben ja einen Internationalen Tag der Roma, das ist der 8. April, ein Aktionstag, der auf die Situation der Roma hinweisen soll, auf deren Diskriminierung, Verfolgung, die ja bis zum heuti­gen Tag noch stattfindet, auch in Ländern der Europäischen Union, wo Roma nach wie vor ausgegrenzt werden. Damals, seit 1990, wird jährlich der 8. April sozusagen gefeiert. Er wurde auf dem ersten Weltromakongress im Jahr 1971 initiiert. Nun soll der 2. August als nationaler Gedenktag dazu­kommen, zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze.

Es ist wichtig, dass wir das tun, und das Bewusstsein ist schon ein viel größeres geworden. Es gibt in meinem Heimatbundesland, im Burgenland, in Lacken­bach, einen jährlichen Gedenktag. Dort hat es ein Lager gegeben, in dem die Ro­ma zusammengepfercht worden, misshandelt worden, teilweise auch um­gekommen sind und aus dem sie in die Konzentrationslager abtransportiert wor­den sind. Das Land Burgenland veranstaltet das Gedenken gemeinsam mit Bundesstellen. Auch viele Schüler sind dabei; Schulen gedenken alljährlich dieser schlimmen Ereignisse, was wichtig ist. Viele Gemeinden im Burgenland ha-


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ben Mahnmäler, Denkmäler errichtet, so auch in meiner Heimatgemeinde, Groß­warasdorf, im Ortsteil Langental, aus dem auch viele Menschen abtranspor­tiert worden und zugrunde gegangen sind.

Es ist wichtig, dass man dieser Ereignisse gedenkt. In der Nacht vom 2. auf den 3. August im Jahr 1944 wurde der betreffende Abschnitt des Konzentra­tionslagers in Auschwitz geräumt; dabei wurden 3 000 Roma und Sinti umge­bracht. Daher ist es berechtigt, dass man diesen Tag ausgewählt hat. Es ist eine Kernaufgabe der Gedenkkultur, die Verfolgung zu dokumentieren und sich zu erinnern, damit so etwas eben niemals wieder passiert. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Gleichzeitig ist auf die Situation der aktuell lebenden Roma und Sinti hinzuwei­sen. Um deren Situation zu verbessern, ist es wichtig, dass es zu einer Anerkennung und Verurteilung dieser Verbrechen kommt, weil das einfach Respekt vor den Opfern bedeutet. Das soll auch den jetzt Lebenden Mut machen, sich ihrer Herausforderung zu stellen, und dabei Unterstützung ge­währen, denn Romafeindlichkeit und -diskriminierung finden wie gesagt auch heute noch statt.

Im Volksgruppengesetz Österreichs wurde die Grundlage gelegt. Letztendlich kam es 1993 zur Anerkennung der Roma als österreichische Volksgruppe, 1995 zum Volksgruppenbeirat. Es ist den Funktionärinnen und Funktionären der Romaorganisationen zu danken, die sich sehr stark einsetzen, um zu unter­stützen und Projekte auf die Beine zu stellen.

Wir haben einen zweiten Antrag, und zwar geht es da darum, dass wir zwei Min­derheiten-Schulgesetze für die burgenländischen Kroaten und für die Kärnt­ner Slowenen haben, also für das Burgenland und für Kärnten. Die Sprache ist das zentrale Element der Volksgruppe. Wenn die Sprache nicht mehr ge­sprochen wird, hört die Volksgruppe auf zu existieren. Daher ist es wichtig, dass es im Bildungswesen vom Kindergarten bis zur Universität ein zweispra­chiges Angebot gibt, wie in den Minderheiten-Schulgesetzen vorgesehen. Wir


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sehen nur, dass immer weniger Kinder eine Sprachkompetenz in den österreichischen Volksgruppensprachen haben. Daher ist der Sinn unseres zweiten Antrages, dass das Bundesministerium für Unterricht gemein­sam mit den Bundesländern Burgenland und Kärnten das Bildungssystem evaluiert, bewertet und die richtigen Schlüsse daraus zieht, wie wir den zweisprachigen Unterricht effektiver machen können, sodass eben der Output ein größerer wird, die Kinder die Schule verlassen und die Volksgruppensprache beherrschen. Das wäre das Ziel. Das ist ein wichtiger Impuls.

Ich freue mich, dass wir da gemeinsam mit der grünen Partei unser Koali­tionsübereinkommen erfüllen, indem wir heute diese Anträge einbringen und hoffentlich auch zu einem positiven Ende bringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesministerin MMag.a Dr.in Susanne Raab zu Wort gemeldet. Ich darf Sie ersuchen, die Ausführungen so zu planen, dass wir um 3 Uhr den nächsten Tagesordnungspunkt starten können. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.53.28

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete zum Nationalrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Öster­reich bekennt sich zu seinen sechs autochthonen Volksgruppen als zentralen Bestandteil der österreichischen Identität. Traditionen und Bräuche der Volksgruppen werden heute in den verschiedenen Regionen, insbesondere na­türlich im Burgenland und Kärnten, zeitgemäß mit Leben erfüllt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhalt der Volksgruppen in Österreich zu achten, zu sichern und zu fördern, das ist uns als Bundesregierung ein ganz wich­tiges Anliegen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Daher haben wir in den letzten Jahren im Bereich der Volksgruppen viel geleis­tet, nämlich die Volksgruppenförderung auf rund 8 Millionen Euro ver­doppelt. Wir haben die gesamte Volksgruppenförderung mit einer sogenannten Wirkungsorientierung hinterlegt, sodass man die Wirkung besser messbar macht und auch kommunizieren kann. Wir haben die Förderung der Volksgruppenmedien neu aufgestellt, sodass jeweils ein Volksgruppenleitme­dium für eine starke und sichtbare Medienpräsenz sorgt. Das freut mich natürlich auch als Medienministerin sehr.

All diese Maßnahmen zeigen, dass die Volksgruppen in Österreich Bestand haben sollen, für uns einen Wert haben. Ich möchte mich sehr herzlich bei den Volksgruppenvertretern bedanken, mit denen wir diese Maßnahmen um­setzen. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ganz ausdrücklich möchte ich beide Entschließungsanträge aus dem Ausschuss begrüßen. Die Einrichtung eines nationalen Gedenktages an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze wird einen wichtigen Beitrag zur Gedenkkultur betreffend die Opfer des Natio­nalsozialismus leisten, denen unsägliches Leid zugefügt wurde. Hass und Hetze dürfen in unserer Gesellschaft einfach keinen Platz haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Bernhard.)

Auch den zweiten Antrag begrüße ich sehr, denn der erfolgreiche Erhalt einer Volksgruppe hängt maßgeblich davon ab, ob die Volksgruppenidentität, deren Kultur und eben insbesondere auch die Sprache an die nächste, an die jüngere Generation weitergegeben werden kann und von dieser auch angenommen wird. In meinem Zuständigkeitsbereich ist es uns mit einer neuen Bund-Länder-Vereinbarung zur Elementarpädagogik gelungen, hiezu ei­nen Beitrag zu leisten, sodass sprachliche Maßnahmen in den Kindergärten zum Erhalt der Volksgruppen in die 15a-Vereinbarung Eingang finden und somit auch förderbar sind.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Mit all den genannten Maßnahmen, allen vo­ran natürlich mit der nachhaltigen Verdoppelung der Volksgruppenförde­rung – das war ein ganz zentrales Anliegen der Volksgruppen –, setzen wir Mei­lensteine in der Volksgruppenpolitik und sichern – das ist unser Ziel – so den wichtigen langfristigen Erhalt der autochthonen Volksgruppen in Öster­reich. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Schatz, wir hätten noch 4 Mi­nuten. Es wäre optimal, wenn sich das ausginge. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.57.03

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich war ein bisschen überrascht, dass sie schon vor den anderen Abgeordne­ten gesprochen haben. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen heu­te die Geschichte von Sidonie Adlersburg in Erinnerung rufen. Sidonie wuchs als Pflegekind bei den Pflegeeltern Johann und Josefa Breirather in Let­ten, in der Gemeinde Sierning nahe Steyr, gemeinsam mit dem leiblichen Sohn der Breirathers, mit Manfred, auf.

Schon vor 1938 hat Sidonie Rassismus erfahren und erlebt, weil ihre Eltern, ihre leiblichen Eltern Roma und Romnja gewesen sind. Das führte auch dazu, dass sie später von den NS-Schergen verfolgt worden ist. Sie wurde 1943 gegen den massiven Widerstand ihrer Pflegefamilie zu ihrer leiblichen Mutter ge­bracht und später nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie noch 1943 ver­storben ist. Sidonie Adlersburg wurde nur zehn Jahre alt.

Erich Hackl hat ihre Geschichte aufgearbeitet, recherchiert, und ich kann dieses Buch wirklich nur sehr empfehlen. Es wurde auch verfilmt. Auch dazu eine Empfehlung, sich diese Geschichte näher anzusehen.

Sidonie war eine von circa 11 000 Roma, Romnja, Sinti und Sintizze, die während des Nationalsozialismus in Österreich verfolgt und letztlich auch ermordet worden sind. Insgesamt ist der NS-Rassenideologie in Europa etwa


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eine halbe Million Menschen dieser Bevölkerungsgruppe zum Opfer gefallen. Dennoch hat es sehr, sehr lange gedauert, bis man in der Erinnerungskul­tur auch diese Opfergruppe entsprechend berücksichtigt hat. Sie haben da lange keine Rolle gespielt, wurden nicht berücksichtigt. Überlebende haben nach der Befreiung teilweise keine Möglichkeit gehabt, als Opfer des Nationalsozialis­mus anerkannt zu werden, haben oft nur geringe oder gar keine Entschädi­gungszahlungen für ihren Besitz erhalten.

Ja, und der Rassismus gegen diese Gruppe hat sich auch nach 1945 verfestigt und fortgesetzt. Es hat für diese Gruppe lange nicht die Möglichkeit ge­geben, Besitz zu erwerben. Kindern wurde der Zugang zur Bildung verwehrt. 70 Jahre hat es gedauert, bis das Europäische Parlament einen Beschluss gefasst hat, der die Verfolgung und Ermordung der Roma, Romnja, Sinti und Sintizze tatsächlich anerkannt hat. Entsprechend ist jetzt der 2. August ein Gedenktag für diese Gruppe, an den Genozid an den Roma, Romnja und Sinti und Sintizze.

Jetzt sind wir am Zug. Jetzt beschließen wir gemeinsam in einem Mehrpar­teienantrag – und da möchte ich noch einmal Danke für das Entgegenkommen sagen – auch einen nationalen Gedenktag für die Opfer der Roma, der Romnja, der Sinti und Sintizze in Österreich während des Nationalsozialismus. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, entschuldigen wir uns bitte aufrichtig dafür, dass das so lange gedauert hat. Das ist unsere Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Das Nie-wieder, unsere historische Verantwortung, erfordert aber auch zivilcouragiertes Handeln in unserem täglichen Tun: aufzustehen und dagegen aufzutreten, wenn Roma, Romnja, Sinti, Sintizze mit Rassismus konfrontiert sind und Gewalt gegen Roma und Romnja, Sinti und Sintizze als rassistische Ge­walt zu benennen und dagegen vorzugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der Grünen.)


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Gedenken und Erinnern sind wichtig, wir müssen aber auch die Schlüsse für die Gegenwart, für unser alltägliches Tun daraus zu ziehen. Füllen wir das Nie-wieder mit Leben! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (den Vorsitz übernehmend): Danke schön, das war eine Punktlandung.

Ich darf nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung unterbrechen, damit die verlangte Behandlung der Dringlichen Anfrage ge­mäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.01.19Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Verantwortung von ÖVP-Mann Steiner – und Finanz­minister Brunner vertuscht!“ (13781/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 13781/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Ver­lesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Umstände unter denen in der Nationalbank offenbar Spekulationsverluste in Milliardenhöhe entstanden sind, entwickeln sich mehr und mehr zum Krimi.

Ende November 2022 sprachen erste Medienberichte zunächst lediglich von Ver­lusten von mehreren hundert Millionen Euro, die in steigenden Zinsen und niedrigen Renditen von Staatsanleihen begründet seien. Am 21.1.2023 kam es dann zu einem Knalleffekt. Im Rahmen eines Presse-Interviews ließ, der von der ÖVP


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fürs Direktorium nominierte, OeNB-Direktor Thomas Steiner die Katze aus dem Sack. Er musste eingestehen, dass es nicht um ein paar Millionen Euro gut erklärbare Wertberichtigungen, sondern tatsächlich um insgesamt 2 Milliarden Euro Spekula­tionsverluste geht.

Der ÖVP-Mann Steiner musste im Rahmen dessen auch zugeben, dass nicht die Geldpolitik der EZB für die Verluste verantwortlich ist, sondern es sich hier­bei um Spekulationsverluste handelt, die ausschließlich unter seiner Verantwortung entstanden sind. Es waren nicht nur externe Ereignisse, die Spekulationsverluste sind offenbar hausgemacht.

Hintergrund dürfte sein, dass in den letzten Jahren unter Steiner - in seiner Verant­wortung - die Veranlagungsvorschriften der OeNB verändert wurden. Erst da­durch dürfte es ermöglicht worden sein, dass die OeNB sich stärker im Aktienhandel engagiert hat.

Es wäre einer der größten Finanzskandale, wenn die OeNB tatsächlich aufgrund einer Veränderung der hausinternen Politik Milliarden Euro verspekuliert hat. Dieses Geld der OeNB gehört nämlich zu 100% den Menschen, die in Österreich leben, da die Nationalbank zu 100% im Eigentum der Republik steht.

Dass ÖVP-Leute in der OeNB sehr leichtfertig mit dem Steuergeld der Menschen in Österreich umgehen hat leider System. Dieses ÖVP-System wurde ja schon im
ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss ausreichend aufgezeigt.

Es werden Personen, die ÖVP-nahe, loyal und steuerbar sind, in Positionen gesetzt, für die sie in Wahrheit nicht die nötige Qualifikation mitbringen. Der ÖVP ist in die­ser Frage nichts mehr heilig. Schon Thomas Schmid durfte sich seinen Job als ÖBAG-Chef selbst zurechtschneiden. Die Ausschreibung wurde im Vorfeld manipuliert. Nichts davon wird ernsthaft bestritten. Die Dokumente dazu sind eindeutig. Dass die Menschen in Österreich mit ihrem Steuergeld nicht nur hoch dotierte Jobs für
ÖVP-Günstlinge finanzieren müssen, sondern eben auch für alle Folgeschäden von


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schlechten Managemententscheidung geradestehen müssen, wissen wir spä­testens seit dem sogenannten AUA-Deal. Während ÖBAG-Chef Schmid als Chefver­handler auf der österreichischen Seite hunderte Millionen Euro an österreichi­schem Steuergeld über Umwege an die Lufthansa weitergeleitet hat, ist auf der ande­ren Seite die deutsche Bundesregierung mit einem Beteiligungsmodell an dieser sogar mit einem Gewinn aus der Rettung ausgestiegen. Erfahrung und
Know-How wären wichtige Maßstäbe für Personalauswahl. In der ÖVP geht es aber im­mer nur um Parteizugehörigkeit und absolute Loyalität zur ÖVP, nicht zur Republik.

Alleine diese beiden ÖVP-Männer, Thomas Schmid und Thomas Steiner, haben den Menschen in Österreich einen finanziellen Schaden in der Höhe von mehreren hunderten Millionen Euro zugefügt. Thomas Schmid musste – nach monatelangen Mauern der ÖVP – zurücktreten.

Besonders erschreckend an dieser Geschichte ist aber auch, dass das BMF offenbar versucht hat die Malversationen in der OeNB zu verschweigen. Auf Basis des Nationalbankgesetztes hätte der Finanzminister über die Spekulationsverluste wohl schon im Jahr 2022 informiert werden müssen.

Gemäß § 40 Nationalbankgesetz, hat der Finanzminister einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter zu bestellen, die berechtigt sind, an den Generalversamm­lungen sowie den Sitzungen des Generalrates der OeNB mit beratender Stimme teil­zunehmen. Gem. § 28 Abs. 2 muss auf schriftliches Verlangen von drei Mitglie­dern des Generalrates oder auf Verlangen des Gouverneurs oder des Staatskommis­särs innerhalb von acht Tagen eine Sitzung des Generalrates einberufen wer­den. Gem. § 32 Abs. 2 NBG hat das Direktorium den Generalrat periodisch, in der Regel monatlich, „über die Abwicklung und den Stand der Geschäfte sowie über sonstige bedeutsame, den Betrieb betreffende Vorkommnisse mündlich oder schriftlich zu berichten. Darüber hinaus ist bei wichtigem Anlass dem Präsi­denten Bericht zu erstatten. Das Direktorium ist berechtigt, Anträge jeder Art an den Generalrat zu stellen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 261

Gem. § 10 Abs. 2 des NBG ist auf schriftliches Verlangen des Bundes, sofern dies nicht im Rahmen der regelmäßigen Generalversammlung erledigt werden kann, die Abhaltung einer außerordentlichen Generalversammlung binnen 30 Tagen anzuberaumen.

Auf Basis der geltenden Rechtslage stellt sich also die Frage, ob der Finanzminister über (und falls ja, ab welchem Zeitpunkt) die Vorgänge in der OeNB informiert war und warum er weder die Öffentlichkeit über die Spekulationsverluste zeitnah in­formiert noch irgendeine Maßnahme gesetzt hat um die Verluste zu begrenzen.

Nachstehende Fragen stehen im Zusammenhang mit der Vollziehung des Finanz­ministeriums, der Tätigkeit des Staatskommissärs und dessen Stellvertreter, Informationspflichten an den Bundesminister bzw. Informationen und Unterlagen bzw. Kenntnisse, die im Ressort und bei Ihnen als zuständigem Bundesminis­ter bzw. Ihrem Kabinett im Zeitablauf zu diesen Sachverhalten vorlagen. Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

Dringliche Anfrage

(1)       Wie hoch wird der zu erwartende Jahresgewinn-/verlust der OeNB im Jahr 2022 sein?

(2)       Von welchen Prognosen zu den Jahresergebnissen der OeNB ab 2023 bis 2026 haben Sie Kenntnis? Bitte um jährliche Angabe der Höhe des prognosti­zierten Jahresergebnisses.

(3)       Ist es Ihren Informationen nach zutreffend, dass es Veranlagungsverluste bzw. Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung im Jahr 2022 und den Folge­jahren geben wird? Wenn ja, wie hoch sind die Ihnen bekannten Prognosever­luste für 2022 und die Folgejahre?

(4)       Wie hoch wird der Verlust aus der Geldpolitik im Jahr 2022 sein? Welche Entwicklung wird auf Grund der Ihnen bekannten Informationen für die Folgejahre erwartet?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 262

(5)       Wie hoch wird der Verlust aus der Veranlagungspolitik im Jahr 2022 sein? Welche Entwicklung wird auf Grund der Ihnen bekannten Informationen für die Folgejahre erwartet?

(6)       Wie hoch wird der Verlust aus Eigenveranlagung der OeNB im Jahr 2022 sein? Welche Entwicklung wird auf Grund der Ihnen bekannten Informationen für die Folgejahre erwartet?

(7)       Von welchen Prognosen zu den Dividendenzahlungen der OeNB für 2022 und die Jahre ab 2023 haben Sie Kenntnis? Bitte um jährliche Angabe der Höhe des prognostizierten Jahresergebnisses.

(8)       Welche Auswirkungen hat der Verlust der OeNB im Jahr 2022 auf die Divi­dendenabfuhr an den Staatshaushalt für die kommenden fünf Jahre (bitte um jährliche Angabe)?

(9)       Ab wann werden von Ihnen wieder Dividendeneinzahlungen der OeNB an den Staatshaushalt erwartet?

(10)   Für wie lange erwarten Sie Jahresverluste der OeNB, die zu keiner Dividenden­zahlung an den Staatshaushalt führen?

(11)   Sind Ihnen oder dem Ministerium interne Berechnungen der OeNB bekannt, wie hoch die Verluste in den nächsten zwei Jahren sein werden? Wenn ja, wie hoch je Jahr und wie hoch werden die Verluste in Summe sein?

(12)   Wann und von wem wurden Sie bzw. Ihr Kabinett erstmals von der OeNB über die Spekulationsverluste aus Eigenveranlagungen des Jahres 2022 infor­miert? Wann und in welchem Umfang folgten weitere (wiederholte) Informatio­nen an Sie und mit welchem Inhalt (Entstehung des Verlustes, Höhe des Verlustes 2022)?

(13)   Sind Ihnen auf Grund der laufenden Berichte an den Generalrat der OeNB des Jahres 2022 die Spekulationsverluste der OeNB bekannt geworden? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 263

(14)   Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 31.3.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(15)   Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 30.6.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(16)   Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 30.9.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(17)   Wie hoch waren die berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung zum 31.12.2022? Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor?

(18)   Ist Ihrer Kenntnis nach Direktor Steiner in seinem Ressort für den Geschäftsbe­reich Treasury, und demnach für die Veranlagungen, in der OeNB verant­wortlich? Wenn ja, seit wann?

(19)   Wurden in der Funktionszeit von Direktor Steiner die Veranlagungsvorschriften für die Veranlagungen der OeNB geändert? Wenn ja, wann?

(20)   Wurden diese Änderungen dem BMF zur Kenntnis gebracht, wenn ja wann?

(21)   In welchen Punkten wurden die Veranlagungsvorschriften, wenn sie geändert wurden, im Vergleich zu den vorherigen abgeändert?

(22)   Haben Sie oder der Staatskommissär bzw. dessen Stellvertreter sich zu den Änderungen der Veranlagungsvorschriften gegenüber der OeNB geäußert (beraten) und was war der Inhalt?

(23)   Haben Sie Kenntnis davon, dass die OeNB für den Geschäftsbereich des Treasury (Veranlagung) ein Risikomanagement eingerichtet hat? Wenn ja, welche Kenntnisse haben Sie zur Funktionalität und Effizienz dieser Organisationseinheit? Welchem Direktoriumsmitglied ist das Risikomanagement für Eigenveranlagungen unterstellt.

(24)   Wie kann es sein, dass die OeNB auf Aktienmärkten spekuliert?


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(25)   Was war/ist das Ziel der in der Funktionsperiode von Direktor Steiner geän­derten Veranlagungsvorschriften?

(26)   Welche inhaltlichen Vorgaben zur Zusammensetzung des Portfolios werden gemacht?

(27)   Wie hoch wird der Verlust aus Eigenveranlagung im Jahr 2022 sein? Welche Ergebnisentwicklung der Eigenveranlagung wird für die Folgejahre erwartet und existiert eine Planrechnung?

(28)   Liegt dem Finanzministerium eine Planrechnung des Jahres 2022 vor? Wenn ja von wann?

(29)   Wurde diese Planungsrechnung im zweiten Halbjahr 2022 geändert? Wenn ja, wie oft, wann und wie wurde eine allfällige Ergebnisverschlechterung in der jeweils aktualisierten Planungsrechnung des Jahres 2022 berücksichtigt?

(30)   Welche Ziele verfolgt die Eigenveranlagung der OeNB?

(31)   Gibt es ein schriftliches Verlangen des Bundes auf Abhaltung einer Generalversammlung? Wenn ja von wann, und fand diese bereits statt bzw. wann wird sie stattfinden? Wenn nein, warum nicht?

(32)   Lt. Auskunft des Direktoriums im Budgetausschuss wurde der Generalrat unterrichtet. Welche Informationen wurden bekannt bzw. liegen dem BMF dadurch vor? Wann wurde diese Information gegeben? Wann wurden Sie bzw. Ihr Kabinett informiert? Welche Schritte wurden von Ihrer Seite eingeleitet?

(33)   Haben der Gouverneur, drei Mitglieder des Generalrates oder ein Staatskom­missar in Anwendung des § 28 NBG eine Sitzung des Generalrates ver­langt, wenn ja wann bzw. wann findet (oder fand) diese statt? Was wurde dabei zu den Verlusten aus dem Veranlagungsgeschäft berichtet?


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(34)   Gem. § 32 Abs. 2 Nationalbankgesetz berichtet das Direktorium dem Generalrat periodisch, in der Regel monatlich. Welche Informationen wurden Ihnen bzw. Ihrem Kabinett durch die Staatskommissäre vorgelegt? Welche Informationen hat es zu einem erwarteten Veranlagungsverlust ge­geben?

(35)   Welche Informationen haben Sie vom Gouverneur oder Vizegouverneur oder aus der Tätigkeit der Staatskommissäre im Verlauf des Jahres 2022 zu den zu erwartenden Veranlagungsverlusten erhalten? Bitte um Angabe des Da­tums des Informationszugangs und der Höhe und Zusammensetzung der berichteten Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung der OeNB.

(36)   Wann haben Sie bzw. wann werden Sie das Parlament über den zu erwarten­den Verlust der OeNB informieren?

(37)   Haben Sie den zu erwartenden Spekulationsverlust der OeNB in das im Herbst dem Nationalrat vorgelegte Budget für 2023 (BFG und BFRG) berück­sichtigt? Warum gab es keine Anpassung der Budgetzahlen?

(38)   Wie hoch waren die Verluste in Prozent nach den jeweiligen Veranlagungsklas­sen - GovBonds, CorporateBonds, Equities (Aktien) - für das Jahr 2022?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gele­genheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Herrn Abgeordneten Krainer als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort erteilen.

Ich begrüße den Herrn Finanzminister.

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort, bitte sehr.



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15.01.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss eindrucksvoll gesehen, wie die Personalpolitik der ÖVP ausschaut, wie – ehrlich gesagt auch unabhängig von der Regierungsbeteiligung – die Personal­entscheidungen der ÖVP zustande kommen. In Wahrheit steht vor der Ausschreibung einer Funktion schon fest, wer sie bekleiden soll. Teilweise wur­den die Namen ja bereits Jahre davor festgehalten; es wurde festgehalten, wer in diesem Land etwas wird – auf Vorschlag der ÖVP. (Abg. Haubner: Schwie­rig, wenn man nicht mehr dabei ist!)

Wir wissen, dass die Ausschreibungen oft manipuliert oder auf einzelne Bewerber zugeschnitten waren. Teilweise haben die Bewerber, die es dann wurden, an ihrer Ausschreibung selbst mitgeschrieben. Wir wissen, dass die sogenannten unabhängigen Personalkommissionen am Ende des Tages zu­fällig genau jene Personen als bestgeeignet vorgeschlagen haben, die
ÖVP-intern bereits Monate, teilweise Jahre davor schriftlich festgehalten wur­den. (Abg. Haubner: Die Sage des Herrn Krainer ist das! Durch nichts bewie­sen! Durch nichts bewiesen!) Heute geht es um ein Beispiel, das die Oesterreichi­sche Nationalbank betrifft.

Das ist nämlich nicht nur unfair gegenüber den Besserqualifizierten, die über­gangen wurden, sondern das bedeutet auch einen Schaden für uns alle, denn: Wenn die Republik nicht von den besten Personen geführt wird, wenn unsere Institutionen nicht von den besten Personen geführt werden, dann bedeutet das einen Schaden für uns alle. Dieser Schaden wird jetzt bei der Oes­terreichischen Nationalbank ersichtlich.

Die Oesterreichische Nationalbank hat mehrere gesetzliche Zuständigkeiten. Eine ist, dass sie mit der Europäischen Zentralbank an der Geldpolitik mit­wirkt. Das muss unabhängig von der Politik passieren und das passiert auch un­abhängig von der Politik. Sie hat eine wichtige Rolle in der Bankenaufsicht,


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bei der Kontrolle der Banken, sie ist auch zuständig für die Finanzmarktstabili­tät – sie macht ihren Job da sehr gut – und sie verwaltet auch unsere eiser­ne Reserve, nämlich den Sparstrumpf von uns allen, von allen, die in Österreich leben.

In der Oesterreichischen Nationalbank, davon konnten wir uns, glaube ich, alle überzeugen, weil wir immer wieder Aussprachen haben, weil wir immer wie­der die Gelegenheit haben, uns mit Expertinnen und Experten, mit Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern der Oesterreichischen Nationalbank auszutauschen, sind ganz großartige Expertinnen und Experten tätig, die diesen gesetzlichen Aufgaben, die sie haben, nicht nur nach bestem Wissen und Gewissen, sondern mit echter Expertise nachkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt aber nun einmal auch die ÖVP und deren Personalentscheidungen. Wir wissen ja alle über die Karriere von Thomas Schmid Bescheid, den man jetzt in der ÖVP nicht mehr kennen will. Er kam über Kabinette in staatsnahe Betriebe. Nach monatelangem Mauern der ÖVP wurde er schlussendlich aus seiner Vorstandsfunktion bei der Öbag entlassen.

Eine nicht unähnliche Karriere hat sein Vornamensvetter Thomas Steiner: Er war auch in Kabinetten und dann im staatsnahen Bereich tätig, bevor er 2019, überraschend für die meisten Experten, zum Direktor der Oesterreichischen Na­tionalbank ernannt wurde. Es wurde schon fast zwei Jahre vorher festgelegt, dass die ÖVP das Vorschlagsrecht für diese Funktion hat, und sie hat Thomas Steiner vorgeschlagen. Er ist seitdem in der Oesterreichischen National­bank für die Verwaltung unserer eisernen Reserve zuständig und mit der Veran­lagung dieser betraut.

In den letzten Monaten haben wir etwas fast schon Krimiartiges erlebt: Ende November erschienen in mehreren Tageszeitungen wortgleiche Artikel mit dem Inhalt, dass die Oesterreichische Nationalbank aufgrund ihrer Geldpolitik Verluste in Höhe von einigen Hundert Millionen Euro erlitten hat, sich unter dem Strich aber eine schwarze Null ausgehen werde, weil es insgesamt eh noch


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halbwegs gut gegangen sei. Das stand Ende November in mehreren Tageszeitun­gen. Da muss es eine Art Hintergrundgespräch der Oesterreichischen Natio­nalbank gegeben haben.

Dann, gar nicht so viel später, nämlich Ende Jänner – ich glaube, es war am 21. Jänner –, erschien ein Interview, in dem Herr Thomas Steiner, also der Direk­tor der OeNB, der für die Verwaltung unserer eisernen Reserve verantwort­lich ist, zugeben musste: Nein, die Verluste sind erstens nicht durch die Geldpoli­tik entstanden, sondern es sind Spekulationsverluste, und zweitens geht es nicht um einige Hundert Millionen Euro, sondern um 2 Milliarden Euro, die im Jahr 2022 unter der Verantwortung des ÖVP-Mannes Thomas Steiner verspekuliert wurden. Es ist ehrlich gesagt erschütternd, dass mit unserem Steu­ergeld in der Oesterreichischen Nationalbank überhaupt spekuliert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gab an und für sich einen politischen Grundkonsens in Österreich, dass man mit Steuergeld nicht spekuliert. (Abg. Ottenschläger: Wien Energie!) Ich muss jetzt nicht alles aufzählen, was in der Vergangenheit passiert ist – begonnen mit den Oebfa-Verlusten in Höhe von 450 Millionen Euro 2008. Das ist unter Molterer passiert, verantwortlich war aber sein Vorgänger, Finanzminister Gras­ser, weil er die Veranlagungsvorschriften der Oebfa verändert hat, sodass die Oebfa mit Aktien, mit Derivaten spekulieren konnte. Es hat eine Reihe von anderen Gelegenheiten gegeben: Es gab verlustreiche Swaps, die an Ge­meinden verkauft wurden, an große und an kleine. Auch wenn man als Gemein­de am Schluss in der Regel gewonnen hat und kein Geld zahlen musste, herrschte ein politischer Grundkonsens in diesem Land, dass man mit Steuergeld nicht spekuliert.

Wir haben jetzt recherchiert und siehe da, wir haben erfahren – und da würden wir gerne von Ihnen, Herr Finanzminister, wissen, ob das stimmt, ob Sie auch diese Informationen haben –, dass die Veranlagungsregeln in der Oester­reichischen Nationalbank, also was man überhaupt mit unserer eisernen Reserve machen darf, auf Betreiben von Thomas Schmid geändert wurden. Erst ab


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dann konnte man unseren Sparstrumpf verstärkt in Aktien und andere hochspe­kulative Produkte investieren. (Abg. Fürlinger: Aktien – spekulative Produkte! – Abg. Michael Hammer: Das hat man bei der Wien Energie gesehen, oder?)

Das ist erschütternd, weil damit dieser Grundkonsens, dass man mit Steuergeld nicht spekuliert, offenbar über Bord geworfen wurde, da – unter Verant­wortung der ÖVP – in der OeNB mit Steuergeld spekuliert wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Swap Linz zum Beispiel, SPÖ-Stadt Linz! So eine Heuchelei!)

Diese Veranlagungsregeln zu ändern (Abg. Fürlinger: Das ist ein Faschingsvortrag!) war übrigens gegen den expliziten Rat der Expertinnen und Experten in der Oesterreichischen Nationalbank, die damit über viele, viele Jahre sehr konserva­tiv umgegangen sind. Sie haben es abgelehnt, dass man in diese spekula­tiven Hochrisikoprodukte investieren soll. (Abg. Fürlinger: ... Arbeiterkammer!)

Die Veranlagungsstrategie, also was man dann konkret kauft und verkauft, wur­de auch auf Betreiben von Herrn Steiner geändert, und auch da wieder ex­plizit gegen den Rat der Expertinnen und Experten in der Oesterreichischen Na­tionalbank, die vor dieser Strategie gewarnt haben und gewarnt haben, dass das zu Verlusten führen wird. Das war ihm egal, er hat das durchgesetzt, und jetzt haben wir den Salat, nämlich 2 Milliarden Euro Verlust an Steuer­geldern, denn das Geld der Oesterreichischen Nationalbank gehört nicht Herrn Steiner oder der ÖVP, sondern das gehört ja uns Österreicherinnen und Österreichern und den Menschen, die in Österreich leben – da sind 2 Milliarden Euro verloren gegangen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, und ganz ehrlich: Das hat Auswirkungen auf unser Budget. 90 Prozent der Gewinne, die die Oesterreichische Nationalbank erwirtschaftet, müssen automatisch ans Budget abgeführt werden. Da kommen jedes Jahr – das schwankt – einmal 50, einmal 100, einmal 200, einmal bis zu 500 Millionen Euro an Gewinnanteilen ins Budget. Wenn wir jetzt hören, dass alleine letz­tes Jahr, 2022, 2 Milliarden Euro verspekuliert wurden, dann wissen wir, dass wir


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viele Jahre lang keinerlei Geld von der Oesterreichischen Nationalbank erwar­ten können. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Dieses Geld wird uns fehlen, wenn wir hier unser Budget aufstellen, wenn wir das Budget diskutieren und darüber reden, wie wir Kindergärten finanzieren und ausbauen wollen, wie wir die bestmögliche Bildung schaffen wollen, wie wir die Gesundheitsversorgung verbessern wollen oder wie wir das Pflegesys­tem verbessern wollen. Dieses Geld wird uns fehlen, und das Geld würden wir aber sehr, sehr dringend brauchen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Unsere Recherchen haben ergeben, dass nicht nur bereits diese 2 Milliarden Euro an Spekulationsverlusten realisiert wurden, sondern dass intern in der Oesterreichischen Nationalbank (Zwischenruf des Abg. Hörl) die Expertinnen und Experten für heuer und für nächstes Jahr von Verlusten in einer ähnli­chen Größenordnung ausgehen, wenn nicht sogar in einer höheren. Das würde dann nämlich bedeuten, dass nicht nur ein paar Jahre, sondern 15 oder mehr Jahre keinerlei Gewinnabführung mehr von der Oesterreichischen Natio­nalbank getätigt wird.

Das bedeutet, dass mehr oder weniger das Geld einer halben Generation – einer halben Generation! – und die Aufbauarbeit – das Geld, das in der Bank drin­steckt, haben nämlich alle Österreicherinnen und Österreicher, alle Menschen, die in Österreich leben, erwirtschaftet – quasi verloren geht.

Das ist etwas, das man hier im Nationalrat diskutieren muss, denn wir haben nicht nur die Budgethoheit (Zwischenruf des Abg. Haubner), sondern ich er­warte mir auch, dass wir, wenn es um massive Auswirkungen aufs Budget geht und der Finanzminister davon in Kenntnis ist, auch informiert werden und uns reiner Wein eingeschenkt wird. Bisher wurde uns von den Verantwortlichen, allen voran Herrn Direktor Thomas Steiner, nicht reiner Wein eingeschenkt, sondern man wollte es mit viel Rauch und mit viel Erklärungsversuchen so dar­stellen, als ob eigentlich gar nichts passiert wäre. Wir wissen aber in der Zwi­schenzeit: 2 Milliarden Euro wurden verspekuliert, und die fehlen uns.


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Und jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Finanzminister, weil unsere Recherchen auch ergeben haben, dass Sie bereits Ende Oktober – Ende Oktober! – über die Spekulationsverluste informiert wurden. Ich habe hier eine Präsenta­tion (ein Schriftstück in die Höhe haltend), die Ihnen im Oktober übergeben wurde, nach der Sie eben vor mehr als drei Monaten darüber informiert wurden (Abg. Haubner: Wo ist die her? Da stellt sich die Frage, wo die her ist!), dass diese Spekulationsverluste passiert sind.

Sie wissen also seit mehr als drei Monaten, dass wir ein echtes Problem haben, nicht nur jetzt, sondern auch in den nächsten Jahren, weil uns dieses Geld für die Kindergärten, für die Bildung, für die Gesundheit, für die Pflege und für viele andere Bereiche fehlen wird.

Gerade in einer budgetär äußerst schwierigen Situation, in der wir jeden Euro brauchen, erwarte ich mir von Ihnen, dass Sie uns, wenn das schon nicht Herr Thomas Steiner macht, hier heute reinen Wein einschenken und sagen: Wie hoch sind die Verluste? Seit wann wissen Sie davon? Was sind die Auswirkungen in den nächsten Jahren auf unser Budget? Was tun Sie, damit sich so etwas nicht wiederholt, dass auch in der Nationalbank dieser Grundkon­sens, dass man mit Steuergeldern nicht spekuliert, wieder gelebt wird? – Der wurde lange gelebt, der wurde erst vom ÖVP-Mann Thomas Steiner abge­schafft und der gehört dringend wieder eingeführt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundes­minister für Finanzen. Ich darf ihm das Wort erteilen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)


15.15.49

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich zu den konkreten Fragen Ihrer Dringlichen Anfrage komme, erlauben Sie mir viel­leicht ein paar allgemeine Ausführungen zu dem Thema Nationalbank. Es


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ist natürlich wichtig und schön, dass wir heute darüber diskutieren können und auch die Gelegenheit haben, insgesamt über wichtige Themen rund um die Oesterreichische Nationalbank zu sprechen.

Die Oesterreichische Nationalbank – das würde ich gerne voranstellen – ist seit dem Start der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion Teil des Euro­systems insgesamt und gemeinsam mit der EZB, also mit der Europäi­schen Zentralbank, und den anderen Notenbanken des Euroraums übrigens für die einheitliche Geldpolitik, die wir haben, verantwortlich.

Die Nationalbank hat damit auch an den geldpolitischen Anleihekaufprogram­men des Eurosystems insgesamt mitgewirkt, die nun, nach der zur Infla­tionsbekämpfung eingeleiteten Zinswende, zu Veranlagungsverlusten – ja – führen. Anzumerken ist aber in diesem Zusammenhang natürlich, dass die OeNB aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Eurosystem auch den einheitlichen Bilan­zierungsvorschriften des Eurosystems unterliegt.

Die Unabhängigkeit der Oesterreichischen Nationalbank ist durch das National­bankgesetz gewährleistet. Dieses Gesetz sieht vor, dass als Folge der Re­chenschaftspflichten sowohl der Gouverneur als auch der Vizegouverneur dem Finanzausschuss des Nationalrates, wie wir es ja schon öfters erlebt haben, zweimal pro Jahr über die Durchführung von geld- und währungspolitischen Operationen zu berichten hat und den Abgeordneten natürlich dann für entsprechende Fragen zur Verfügung zu stehen hat. Dieser Einladung des Fi­nanzausschusses beziehungsweise zuletzt auch des Budgetausschusses sind der Gouverneur und der Vizegouverneur stets nachgekommen.

Dass die Politik insgesamt nicht in das Lenkrad einer geldpolitischen Steuerung greifen kann, halte ich ehrlich gesagt durchaus für eine Errungenschaft, die wir haben – die übrigens auch in anderen sehr entwickelten Industrieländern gesetzlich abgesichert ist wie in Österreich.


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Es gibt allerdings aus meiner Sicht – das würde ich schon gerne voranstellen – aktuell gerade im Zusammenspiel zwischen der FMA, der Finanzmarkt­aufsicht, und der Nationalbank einige Themen, die auf jeden Fall höhere Rele­vanz für die Bürgerinnen und Bürger und für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben.

Wir erleben beispielsweise seit einigen Monaten aufgrund der geänderten Zinslage, dass Neukredite zurückgehen und immer weniger Menschen in der Lage sind, sich ihren Traum vom Eigenheim und eigenen Haus entspre­chend erfüllen zu können. Jetzt verstehe ich die grundsätzlichen Ziele (Abg. Herr: Zur Sache!) dieser Verordnung, und die werden natürlich auch weit­gehend anerkannt. Es zeigt sich aber in einer Vielzahl von Stellungnahmen über ganz Österreich hinweg Kritik an der Auslegung, die wir in der Praxis erle­ben. (Ruf bei der SPÖ: Das ist sehr verdächtig!)

Deswegen habe ich auch – das gehört natürlich schon auch zum Thema Natio­nalbank insgesamt – bei der FMA angeregt, zu prüfen, ob die FMA-Verord­nung in ihrer derzeitigen Form zeitgemäß ist und wo es durchaus Ver­besserungsmöglichkeiten im Sinne der Finanzmarktstabilität auf der einen Seite und einer sinnvollen Kreditfinanzierung auf der anderen Seite geben kann (Abg. Herr: Zur Sache! – Abg. Haubner: Das ist sehr wichtig!), wenn es um Privat­personen geht.

Ja, das gehört natürlich zur Sache, weil es um die OeNB insgesamt geht und wir auch einige Themen haben, die man ansprechen muss. Das sind auf der ei­nen Seite eben die Neukredite, weil wir immer betont haben, dass wir Kreditver­gaben eigentlich erleichtern sollten, um auch jungen Familien den Traum vom Eigenheim zu erleichtern und möglich zu machen. Da erwarte ich mir auch seitens der OeNB, aber vor allem der FMA in dem Bereich eine flexiblere, bürgerorientiertere Lösung, damit es eben rasch zu einer Aufweichung von die­sen bestehenden starren Richtlinien kommt. Es freut mich natürlich, wenn Sie mit mir gemeinsam auch bei der FMA entsprechend argumentieren, damit dieser Traum vom Eigenheim für die Österreicherinnen und Österreicher


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eben auch wahr wird und nicht nur ein Traum bleibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Abgeordneter Krainer, ich würde mich natürlich auch über Ihre Unterstüt­zung freuen, wenn es beispielsweise um die Abschaffung und Beseitigung von Pensionsprivilegien bei der Nationalbank geht. Dafür würde ich mir wirklich Unterstützung erhoffen. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Auch da gibt es laut Medienberichten, die wir alle kennen, Handlungsbedarf. Da entsteht auch ein wirklicher Schaden für die Steuerzahlerin und den Steuerzahler in Ös­terreich. Wir können also gerne einen neuerlichen, gemeinsamen Anlauf unternehmen, um diese Doppelpensionen, diese Luxuspensionen, die es dort gibt, auf ein – ich würde einmal sagen – erträgliches Niveau für den Steu­erzahler und die Steuerzahlerin zu bringen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch in dem Bereich Ihre bisherige Haltung zumindest verändern würden und uns dabei unterstützen würden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Wir ha­ben sie gekürzt!)

Wie ich Ihrer Anfrage entnehmen kann, machen Sie sich auch für den Schutz von Steuergeld stark. Das ist natürlich durchaus lobenswert und nachvollziehbar. Als Finanzminister begrüße ich das prinzipiell natürlich auch und rechne daher auch mit Ihrer Unterstützung, wenn es um andere Fragestellungen, wenn es um Luxuspensionen, Pensionsprivilegien und andere Dinge geht, wenn es darum geht, diese in der Nationalbank abzuschaffen und keine neuen ins Le­ben zu rufen. (Abg. Herr: Zur Sache!)

Ich darf aber konkret zu Ihren Fragen kommen, Herr Abgeordneter:

Zu den Fragen 1 bis 3 und 7:

Diese stehen in einem Zusammenhang. Die Oesterreichische Nationalbank hat in den Medien und zuletzt übrigens auch im Budgetausschuss am 24. Jänner, wo ich nicht dabei sein konnte, berichtet, dass sie im Jahr 2022 ausgeglichen bi­lanzieren werde, dies allerdings unter signifikanter Auflösung der in den Jahren zuvor aus dem jeweiligen Gewinn gebildeten Risikorückstellungen.


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Jetzt auch zum Prinzipiellen: Die Gewinne einer Notenbank sind von der jewei­ligen Zinsentwicklung, natürlich auch von der Zinspolitik im System der europäischen Zentralbanken, der EZB und auch der Veranlagung der Währungs­reserven abhängig. Das ist Ihnen natürlich klar und allen von uns sollte das auch klar sein. Die Entwicklungen in dem Zusammenhang führten im Jahr 2022 dazu, dass meines Wissens zumindest die meisten Notenbanken des Euro­systems auch Verluste aufweisen werden, aber auch andere Notenbanken wie beispielsweise die Schweizer Nationalbank haben Verluste angekündigt. Diese betragen übrigens in der Schweiz für 2022 in Euro umgerechnet circa 132 Milliarden Euro, bei der Bank of England sind es beispielsweise circa 12,5 Milliarden Euro Verlust. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die weitere Zinsentwicklung und Geldpolitik machen natürlich auch eine Ge­winnprognose insgesamt für die Jahre 2023 bis 2026, von der Sie in der Anfrage ja auch schreiben, durchaus schwierig und kann eigentlich auch nur auf Basis der Vergangenheit geschätzt werden. Dem Budget lagen die zum Zeitpunkt der Budgeterstellung damals aktuellen Informationen zugrunde.

Zu den Fragen 4, 5, 6, 27 und 38:

Die Bilanzerstellung für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen. Es wird der Jahresabschluss der Nationalbank nach der Beschlussfassung in der Gene­ralversammlung, die am 23. März 2023 stattfindet, der Öffentlichkeit von der Nationalbank entsprechend präsentiert werden. Somit kann ich über die Detailergebnisse des Geschäftsjahres 2022 keine Informationen geben.

Zu den Fragen 8 bis 17:

Die Oesterreichische Nationalbank berichtet dem Generalrat quartalsweise über die laufende Geschäftsentwicklung und gibt auch im Zuge dessen eine Ge­winneinschätzung für das jeweils laufende Jahr ab. Diese Gewinneinschätzung ist jedoch, wie bereits auch vorhin angesprochen, von unterschiedlichen Faktoren abhängig: von der Zinsentwicklung auf der einen Seite, auch von der


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Zinspolitik im System der europäischen Zentralbanken, auch der EZB-Geld­politik insgesamt und auch der Veranlagung der entsprechenden Wäh­rungsreserven, und zeigt im Laufe des Jahres 2022 einen negativen Trend.

Zu den Fragen 18 bis 26:

Herr Abgeordneter Krainer, Direktor Thomas Steiner ist seit seiner Bestellung in das Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank für den Bereich Treasury zuständig. Das Risikomanagementtreasury ist von diesem Ressortbe­reich getrennt. Das ist nicht in der Verantwortung von Thomas Steiner und auch in einem anderen Ressort beheimatet.

Die Veranlagungspolitik der Oesterreichischen Nationalbank ist autonom, da haben wir nichts dreinzureden. Gegebenenfalls ist vielleicht eine Abstimmung mit dem europäischen System der Zentralbanken vorzunehmen, und der Bundesminister für Finanzen kann und darf natürlich auch darauf keinen Einfluss nehmen. Das umfasst sowohl die Auswahl der Anlage, der Veranla­gungsinstrumente, aber auch die Volumina, die jeweils investiert werden.

Diese Treasurypolitik wurde übrigens auch insgesamt im Generalrat zusammen und allgemein diskutiert. Der Generalrat hat in dem Zusammenhang auch dieser geänderten Strategie, von der Sie, Herr Abgeordneter Krainer, gesprochen haben, insgesamt zugestimmt. Begleitet ist diese Strategie von einem pro­zessbegleitenden Risikomanagement, das beispielsweise die Kennzahl Value at Risk misst. Dieser Value at Risk findet – zumindest nach den mir von den Staatskommissären übermittelten Informationen – in den Eigenmitteln der Oester­reichischen Nationalbank auch eine entsprechende Deckung.

Zu den Fragen 28 und 29:

Die Oesterreichische Nationalbank hat dem Generalrat jährlich eine Plankos­tenrechnung und einen Investitionsplan vorzulegen. Das ist auch ent­sprechend erfolgt. Diese Unterlagen enthalten jedoch nicht Ergebnisse aus den Veranlagungen.


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Zur Frage 30:

Die Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank umfassen im eigenen Bereich im Wesentlichen auf der einen Seite die Veranlagung der Wäh­rungsreserven und auf der anderen Seite der Pensionsreserve.

Zu den Fragen 31 und 33:

Es liegt kein schriftliches Verlangen auf Abhaltung einer Generalversammlung vor.

Zu den Fragen 32, 34 und 35:

Die Staatskommissäre berichten laufend nach den Sitzungen des Generalrats an die jeweils befassten Stellen auch in meinem Ressort.

Zur Frage 36:

Es besteht keine Informationspflicht des Bundesministers für Finanzen an den Nationalrat über die Geschäftsentwicklung der OeNB, aber es ist in § 32 Abs. 5 Nationalbankgesetz vorgesehen, dass der Gouverneur und der Vize-Gou­verneur mindestens zweimal jährlich dem Finanzausschuss des Nationalra­tes über Maßnahmen der Geldpolitik und Währungspolitik insgesamt berichten.

Zur Frage 37:

Den dem Nationalrat vorgelegten Budgetentwürfen lagen die damals verfügba­ren Informationen, die wir hatten, zugrunde, die von einem geringeren Ge­winn der OeNB ausgegangen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

15.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Matznetter. – Bitte.



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15.29.16

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Finanzminister, ich habe vorhin gesagt, ich freue mich, dass Sie wieder hier sind. Meine Freude hat bei dieser Art von Beantwor­tung etwas abgenommen. (Bundesminister Brunner: Schade!) Sie haben die wesentlichen Teile nicht beantwortet. Sie haben selbst Banalitätenfragen wie die, warum Sie die Generalversammlung nicht einberufen haben, einfach nicht beantwortet. (Abg. Michael Hammer: Das sind alles Banalitäten!) Wieso der Präsident das durchgehen lässt, bleibt mir ein Rätsel, denn das ist das Interpellationsrecht dieses Hauses, und jeder Minister hat die Fragen gefälligst sorgfältig zu beantworten. Wirklich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Es wird einen Grund haben, warum Sie es nicht tun. Sie haben sich viel Zeit ge­nommen, über die sonstigen Aufgaben der OeNB zu reden. Sie haben uns auch erzählt, dass andere Notenbanken – da haben Sie ganz besonders die Schweizer Bundesbank und die Bank of England hervorgehoben – höhere Verluste haben, ohne den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, deren 2 Milliar­den Euro Herr Steiner nämlich verspekuliert hat, zu sagen, dass es um et­was völlig anderes ging.

Die Schweizer Bundesbank muss eine Währung, den Schweizer Franken, der weltweit in Verwendung und eigentlich zu groß für die Volkswirtschaft der Schweiz ist, durch aktive Käufe und Verkäufe gegen allzu große Wechsel­kursänderungen verteidigen. (Abg. Haubner: Verteidigst du jetzt die Schweiz?) Dasselbe gilt für die Bank of England.

Nur, wie Sie am Anfang richtig gesagt haben: Das macht nicht die OeNB. Die Geldpolitik macht die EZB. Dort wirken sie nur mit. Die 2 Milliarden Euro sind nicht da hineingeflossen, sondern die sind ausschließlich darin be­gründet, dass Herr Steiner mit öffentlichem Geld einen Spekulationsbe­trieb in der OeNB eröffnet hat.


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Warum Sie hier mit einer so nebelartigen Verteilung vorgehen, verstehe ich nicht, Herr Finanzminister. Es müsste doch Ihre erste Aufgabe sein, zu klären: Wie überzeugt man Herrn Steiner, den Platz dort zu räumen, um, von mir aus auf Vorschlag der ÖVP, jemanden hinzusetzen, der es kann? Das kann doch nicht so schwierig sein. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass die ÖVP gute Personalvorschläge macht. Der andere Personalvorschlag war Professor Haber. Ich habe ehrlicherweise den Eindruck, der kennt sich aus, der macht seine Arbeit. Sie werden in diesem Bereich ja auch andere Leute haben. Lassen Sie doch die Leute aus dem Ministerbüro weg! Sie müssen ja nicht wie bei Thomas Schmid bis zu einem Punkt warten, dass sie ihn aus der Partei ausschließen. Rechtzeitig handeln!

Jetzt komme ich zum Kern: Sie haben uns die wesentlichen Teile nicht beantwortet, wie etwa die Frage: Wozu muss die OeNB in diesem Umfang einsteigen und zu einem Zeitpunkt Papiere kaufen, zu dem nichts ande­res zu erwarten ist als Verluste?

Ich meine, wenn da besonders Raffinierte mit Insiderinformationen in einer Nationalbank tätig wären, die wissen, in welche Richtung die Geldpolitik und die Zinspolitik der EZB gehen, dann käme ja vernünftigerweise niemand auf die Idee, festverzinsliche Papiere zu kaufen (Abg. Haubner: Und so etwas war einmal Staatssekretär! Nein!), wo jeder weiß: In dem Moment, in dem die Zinsen steigen, muss diskontiert werden, damit der Zinssatz stimmt.

Kein Mensch mit halbwegs Sachverstand käme auf die Idee, zu einem Hochzeitpunkt in Aktien einzusteigen, wenn wir seit Corona schon multiple Krisen haben und ab dem 24. Februar wohl zu befürchten war, dass der Rest – vielleicht abseits von irgendwelchen Energietiteln – hinuntergehen wird. Ich meine, das haben auch einfache Gemüter geschafft.

Nein, mit dem Geld der Steuerzahler geht das leicht. Da sitzt dann so ein ehemaliger Ministersekretär – hingehievt – und geht mit dem Geld der Zuseherinnen und Zuseher – es ist ihr Geld – her und fängt an, eine Art


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Börsenbetrieb zu eröffnen. Und das stört so, weil ich mir dann von Ihnen als Finanzminister erwarte, zu sagen: Nein, ich bin nicht damit einverstanden, ich will keine Spekulation mit öffentlichen Geldern haben! Ich werde die General­versammlung einberufen, ich werde dem Generalrat meine Meinung sa­gen und werde die Damen und Herren dort bitten, dort einfach sauber zu ma­chen, aufzuräumen oder – wie es der Herr Bundespräsident über die Republik gesagt hat – den Wasserschaden zu beheben.

Wir können die Milliarden eh nicht zurückbekommen. Sie und Ihre Nachfolgerin­nen und Nachfolger werden von dort einfach keine Dividende bekommen. Was sagen Sie zu einem Betrieb, der mit Rücklagen 2 Milliarden Euro abdeckt und bei dem in Wirklichkeit die Frage ist, ob für die nächste Abwer­tung 2023 überhaupt noch die Risikorücklage reicht? Dass wir dann in ein nega­tives Eigenkapital hineingehen? – Super.

Wann kommt der Zeitpunkt, an dem Sie sagen: Schluss, Tommy, Thomas Steiner, aus!, Lass es sein!, Wir müssen dort jemand anderen hinsetzen!? – Das ist ja woanders auch gelungen. Darf ich daran erinnern: freiheitliche Fraktion mit Pe­ter Sidlo. Na der ist dann halt nicht mehr im Vorstand. Das können Sie ja auch machen, Herr Finanzminister, und dort Leute hinsetzen, die mit den Geldern vorsichtig umgehen, und schauen, dass so veranlagt wird, dass kein Schaden entsteht. Ich denke, dann hätten wir ein besseres Land und mehr für unsere Bürgerinnen und Bürger. Das würde ich mir von Ihnen erwarten.

Ich hoffe, dass Ihr Genesungsprozess Sie zu solcher Kraft bringt, Herr Minister, dass Sie das in Bälde tun. Setzen Sie Herrn Steiner weg und setzen Sie je­mand Besseren hin! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Und so etwas war einmal Staatssekretär!)

15.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Otten­schläger. – Bitte.



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15.34.54

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer­te Zuseherinnen und Zuseher! Als ich die Überschrift dieser Dringlichen Anfrage gelesen habe, habe ich mir eigentlich gedacht: Ja, Kollege Krainer, Genos­sinnen und Genossen wollen Auskunft über die Entwicklungen der Oesterreichi­schen Nationalbank.

Das ist ja durchaus sehr in Ordnung. Eine solche Debatte kann ja eben auch dazu beitragen, dass auch die Zuseherinnen und Zuseher, die interessierten Bür­ger, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler darüber aufgeklärt werden, was denn da wirklich vorgeht.

Als ich dann allerdings weitergelesen habe, habe ich schon entdeckt – und zu­mindest Teile der Rede des Kollegen Matznetter und auch des Kollegen Krainer und auch die Formulierung, insbesondere die Einleitung, Ihrer Anfrage haben das leider bewiesen –, dass Sie hier nicht wirklich eine sachliche De­batte forcieren wollen, sondern dass es Ihnen darum geht, wiederum einen Skan­dal zu konstruieren. (Abg. Kollross: Das macht ihr eh selber! – Abg. Leichtfried: Da braucht ihr uns nicht dazu!)

Nun zu den Fakten, meine Damen und Herren: Ich muss Ihnen trotzdem sagen, Herr Kollege Matznetter, es ist schon richtig: Die Schweizer Nationalbank hat aufgrund einer anderen Währung andere Herausforderungen als die Oester­reichische Nationalbank, gar keine Frage. Sie haben es in diesem Fall sogar richtig beschrieben, aber natürlich immer sehr verkürzt. Warum? – Weil das, was Sie ausgelassen haben, sind die Entwicklungen der anderen europäischen Zentralbanken, die genau die gleichen Herausforderungen haben wie die öster­reichische.

Warum kommt das zustande? – Unter anderem kommt es dadurch zustande, dass Anleihen im europäischen Gleichklang gekauft wurden. Wenn ich mich richtig erinnere – aber korrigieren Sie mich –, ist es übrigens auch immer


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eine Forderung der europäischen Sozialdemokraten gewesen, da eine ge­meinsame Geld- und Finanzpolitik zu gestalten. Durch diese Anleihenkäufe hat man natürlich auch verstärkt in dieses Produkt investiert. Durch die Zins­steigerungen, die jetzt notwendig waren – an dieser Stelle hier auch ein kriti­scher Satz: ja, die hätten wir uns etwas früher gewünscht, aber es ist jetzt so, wie es ist; insgesamt war die expansive Politik ja über die Jahre richtig –, ist es dazu gekommen, dass diese Anleihen unter anderem eben jetzt auch bilanziell an Wert verloren haben.

Meine Damen und Herren, was war denn die Ursache dieser expansiven Geld­politik? – Natürlich auch eine Finanzkrise, die viele von uns Gott sei Dank auch schon ein bisschen vergessen haben. Die war aber die Ursache dafür, dass - - (Abg. Hauser: Die Spekulationsverluste der Banken waren der Grund! Keine Geschichten erzählen!) – Darf ich es fertig erklären? Wenn es Sie interessiert, hören Sie zu, wenn nicht, dann nicht! – Die Finanzkrise war die Ur­sache dafür, dass man dann natürlich auch die Zinspolitik geändert hat, das heißt, man hat die Zinsen gesenkt hat, um die Wirtschaft anzukurbeln und auch dafür Sorge zu tragen, dass die Betriebe mit niedrigen Darlehen funktionieren und entsprechend auch die Arbeitsplätze gesichert werden.

Ich wollte das nur – auch wenn es Sie nicht interessiert, aber vielleicht für die Zuseherinnen und Zuseher – in aller Kürze darstellen, warum diese Zins­schritte damals notwendig waren und jetzt eben die Erhöhung der Zinsen, die, wie eingangs schon erwähnt, dazu geführt hat, dass unter anderem diese Anleihen auch entsprechend an Wert verloren haben.

Meine Damen und Herren, ja, es ist auch ein Faktum, dass die Nationalbank aller Voraussicht nach die nächsten Jahre keine Dividende wird auszahlen kön­nen. Ich kann dazu nur sagen: Das ist – wie gesagt – keine österreichi­sche Dimension, sondern eine gesamteuropäische. Ich ersuche Sie also wirklich, seriös darzustellen, dass das nicht ursächlich nur die Oesterreichische Na­tionalbank betrifft, sondern wirklich den gesamten Euroraum und noch darüber hinausgehend international so ist.


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Ich muss leider sagen, ich kann mir bei manchen Dingen einfach nicht mehr helfen. Wie gesagt: eine sachliche Debatte, die übrigens im Finanzaus­schuss, meine Damen und Herren, auch immer wieder stattfindet. Dort wird anders gesprochen. Die Nationalbank – der Herr Bundesfinanzminister hat es ja schon erklärt – steht dort in regelmäßigem Abstand Rede und Antwort und erteilt dort Auskunft. Es ist also auch nicht so, dass die Abgeordneten nicht informiert werden.

Deswegen kann ich es nicht anders bewerten, wenn Sie hier – Sie haben es ja auch wieder bewiesen – einen Namen herausziehen und einen ÖVP-Bezug herstellen: Ich habe einfach den Eindruck, Sie wollen keine sachliche Debatte, sondern aus Ihrer Sicht ist alles ein ÖVP-Skandal. Auch wenn, wie der Volksmund sagen würde, in China ein Radl umfallen würde, würden Sie, glaube ich, der ÖVP die Schuld geben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ange­rer. – Bitte sehr. Moment, bitte, Entschuldigung!

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Leichtfried zu Wort ge­meldet.

*****


15.40.19

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident, ich darf Sie selbst zitieren. Sie haben vor der ersten Sitzung hier in diesem Saal, in diesem Nationalratssitzungssaal, öfters gesagt und ange­merkt, dass Sie hoffen, das sich ein bisschen etwas ändert, dass sich am Stil, am Inhalt etwas ändert. (Abg. Zarits: Da habt ihr euch nicht dran gehalten!)

Meine Vermutung ist, dass das bis jetzt noch nicht so eingetreten ist, wie Sie sich das vorgestellt haben. (Abg. Kopf: Vielleicht sollten Sie einmal mit dem Kollegen Krainer reden! – Abg. Haubner: Der Krainer ist mit dabei!)


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Sie können sich erinnern, wir haben eine Debatte über eine Anfragebeantwor­tung einer Staatssekretärin gehabt, die die Beantwortung auf ähnliche Art und Weise vorgenommen hat wie jetzt der Herr Finanzminister. Ich meine, es wäre Ihre Aufgabe als Präsident dieses Hauses, solche Dinge auch jetzt nicht einreißen zu lassen. Es hat dann auch eine Konsequenz aus dieser De-fac­to-Nichtbeantwortung gegeben: Die Frau Staatssekretärin wurde von Ihnen aufgefordert, mehrere Fragen doch noch zu beantworten.

Ich habe jetzt sehr genau zugehört und festgehalten, was der Herr Finanzmi­nister beantwortet hat. Er hat vor allem in einer zusammenfassenden Art beantwortet, die nicht wirklich in der Lage ist, auf die Fragen detailliert und so, wie es notwendig gewesen wäre, zu antworten. Die Fragen 8 bis 17 zu­sammenfassend zu beantworten ist meines Erachtens nicht den Regeln dieses Hauses entsprechend, die Zusammenfassung der Beantwortung der Fragen 18 bis 26 ist nicht den Regeln dieses Hauses entsprechend, die Zusam­menfassung der Beantwortung der Fragen 28 bis 32 genauso wenig.

Herr Präsident, die Nichtbeantwortung der Frage 38 – „Wie hoch waren die Verluste in Prozent nach den jeweiligen Veranlagungsklassen - GovBonds, CorporateBonds, Equities [...] - für das Jahr 2022?“ – ist geschäfts­ordnungswidrig, weil diese Zahlen dem Herrn Finanzminister vorliegen.

Ich ersuche Sie, ihn anzuleiten, diese Beantwortung zu machen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Das Schwächste ist die Anfrage! Entbehrt jeglicher Grundlage!)

15.42

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter An­gerer. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Tut irgendwer was? – Abg. Haubner: Nein! Schau, die Anfrage ist ja schon so seicht!)



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15.42.31

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, Herr Finanzminister, vor­weg: Sie haben die Luxuspensionen in der OeNB angesprochen – es geht ja um eine Dringliche Anfrage zur OeNB – und haben gemeint, Sie brauchen die Unterstützung der SPÖ. Ich kann Ihnen garantieren, die Unterstützung von uns Freiheitlichen hätten Sie. Sie brauchen nur ein Paket vorzulegen. Da neh­men wir dann aber gleich auch bitte die Kammern, die Wirtschaftskammer, die anderen Kammern, die Arbeiterkammer, oder die Verstaatlichte mit hi­nein. Da machen wir gleich ein Gesamtpaket und tun die Luxuspensionen weg. Dann haben wir etwas Vernünftiges erreicht. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Abg. Wurm.) Das wäre einmal der erste Schritt.

Zum Thema der Dringlichen Anfrage der SPÖ, Spekulation mit Steuergeld: Ja, da werden wir schauen, ob das jetzt bei der OeNB so eingetreten ist – wenn, dann ist es schlimm genug – und wer dafür verantwortlich ist. Der lockere Um­gang mit Steuergeld hat aber leider System in unserem Land. Es tauchen dabei immer zwei Parteien auf, und zwar die SPÖ und die ÖVP, das ist nicht nur die ÖVP alleine. (Abg. Silvan: Hypo Alpe! Hypo Alpe! Da zahlen wir alle noch!) – Danke für den Zwischenruf. Darauf komme ich gerne zu sprechen, das mache ich zum Abschluss. Ihr seid alle dabei.

Der spekulativste Umgang passiert jetzt, bei dieser Regierung – das ist auch schon angesprochen worden, ist auch Teil dieser Anfrage –, mit der Geld­politik in der Europäischen Union, mit der Schuldenpolitik in der Europäischen Union. Wir sind eine Schuldenunion, was eigentlich von den Verträgen her ausgeschlossen ist. 750 Milliarden Euro Schulden wurden aufgenommen. Die Österreicherinnen und Österreicher haften dafür, was eigentlich vertrag­lich ausgeschlossen wäre. Die EU-Geldpolitik einer Verdoppelung der Geldmen­ge in den letzten Jahren – 4,5 Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren täg­lich, nicht im Jahr, sondern täglich – hat zu einer Inflation geführt, die heute je­den belastet.


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100 Milliarden Euro neue Schulden habt ihr allein in dieser Regierung gemacht. Ihr habt drei Bundeskanzler verbraucht und gleich noch 100 Milliarden Schulden dazu gemacht, also in drei Jahren vier Budgets verbraucht. Das ist die Leistung dieser Regierung! Das ist lockerer Umgang mit dem Steuergeld der österreichischen Steuerzahler. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es um Spekulationen geht, kann ich einige Beispiele nennen, mir sind ein paar eingefallen. Da gibt es einen Wohnbauskandal in Niederösterreich – ich glaube, ein Verantwortlicher sitzt jetzt hinter mir –, bei dem Hunderte Millio­nen Euro verspekuliert worden sind.

Zur SPÖ: Ich erinnere an die Verstaatlichte, die Voest, mit Spekulationen im Ölgeschäft. „Wir sind pleite“, war damals der Ausspruch des Voest-Vor­stands. Die Bawag ist mit der ÖGB-Pleite fast in die Pleite geschlit­tert, die Kärntner haben die Seen herausgekauft. (Abg. Tomaselli: Vergesst die Hypo und die FPÖ nicht, bitte!) – Ich komme noch zur Hypo. Wartet! Ihr könnt es nur nicht erwarten.

Die Stadt Linz, die Stadt Salzburg: Überall, wo die Roten verantwortlich waren, ist Geld verspekuliert worden, und jetzt zum Schluss bei der Wien Energie in Wien gibt es wieder rote Verantwortung.

Also das ist ja die Chuzpe bei der Geschichte: dass die SPÖ hier eine Dringliche zur Spekulation mit Steuergeld macht, obwohl sie selber einen Skandal nach dem anderen vorzuweisen hat. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) In die Kasse zu greifen und dann zu schreien: Haltet den Dieb!, das habt ihr immer schon gut gekonnt.

Jetzt komme ich zur Hypo. Zusammengefasst – ich kann euch die ganze Geschichte erzählen, ich kenne mich wirklich aus; einer von euch, der sich noch auskennt, ist Kai Jan Krainer –: Die Bayern haben die Österreicher über den Tisch gezogen, Pröll und Schieder, und Finanzminister Schelling hat dann die Kärntner über den Tisch gezogen, Schaunig und Kaiser. (Zwischenrufe bei


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Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Tomaselli.) Das ist die Geschichte der Hypo. Die Bayern halten sich heute noch den Bauch vor Lachen. 6 Milliarden Euro – 6 Milliarden Euro! – haben die Bayern von Österreich seit 2014 zurück­bekommen (Abg. Ottenschläger: Der Haider hat nichts dafür können!), ihr könnt die Anfragen von mir nachlesen, das liegt auf dem Tisch, und die Kärntner haben auch noch 1,2 Milliarden Euro draufgelegt. (Abg. Matznetter: Aber nicht wegen dem Haider!) Das ist die Geschichte der Hypo. Da habt ihr auch ge­schrien: Haltet den Dieb!

Jörg hat sich leider nicht mehr wehren können. Sonst wäre das ganz anders gelaufen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tomaselli. – Bitte. (Abg. Leichtfried – in Richtung Präsident Sobotka –: Sagt da jetzt irgendwer noch irgendwas dazu, oder wars das?)


15.46.51

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sagen Sie nichts mehr zur Geschäftsordnung, Herr Präsident? (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Leichtfried: Ja, der soll aber, der könnte aber was sagen!) – Okay. Im U-Ausschuss sind Sie redseliger, Herr Präsident. (Abg. Kollross: Waidhofen: 18 Prozent verloren! – Abg. Leichtfried: Ich meine, was ist mit dem Präsidenten los? Entschuldigung!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Angerer, ich hoffe, dass die Kärntnerinnen und Kärntner am 5. März die Party, die die FPÖ in Kärn­ten veranstaltet hat, nicht vergisst, nämlich, dass die Kärntnerinnen und Kärntner immer noch dafür die Rechnung zahlen. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zurückkommend aber auf den heutigen Tag und das Thema der heutigen Dring­lichen Anfrage: Ja, tatsächlich - - (Abg. Martin Graf: ... nicht notwendig!) – Jetzt muss man nicht aufgeregt sein, Herr Kollege Graf. Tatsächlich muss sich - - (Abg. Leichtfried: Ja, der ärgert sich auch über den Präsidenten!) – Ja, aber


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auch wenn Sie mir jetzt noch fünfmal hereinbrüllen, kann ich kann nichts dafür, dass der Präsident Ihnen keine Antwort auf Ihre Meldung zur Geschäfts­ordnung gibt, oder? (Abg. Leichtfried: Das stimmt! Das stimmt!) – Super. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Leichtfried: Ja, dann sage ich nichts mehr! – Abg. Rauch: ... auch keine Liebe mehr da zwischendrinnen, oder? – Heiterkeit bei Ab­geordneten der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das sieht die Geschäftsordnung nicht vor.


Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (fortsetzend): Herr Präsident, Sie könnten auch einmal den Schweigefuchs verteilen.

Also kommen wir noch einmal bitte – das Thema, finde ich wirklich, ist ernst genug – zum Thema zurück! (Zwischenruf des Abg. Rauch.) Tatsächlich muss sich nicht nur die Oesterreichische Nationalbank, sondern auch die Euro­päische Zentralbank aufgrund der derzeitigen Geldpolitik, die die EZB verfolgt, warm anziehen. Die Folgen werden doch – und so weit ist das auch trotz knapper Beantwortung der Dringlichen Anfrage sicher – recht ver­lustreich sein.

Wie kommt das alles? – In den letzten Jahren war die wirtschaftliche Situation, wie Sie wissen, in Teilen von Europa keine rosige, und die EZB hat ab 2000 ein Anleihenkaufprogramm gefahren. Wieso? – Weil die Niedrigzinspolitik in den Jahren zuvor quasi nicht mehr den Effekt erreicht hat und die wirtschaftlichen Verbesserungen gebracht hat, wie es hätte sein sollen. Deshalb haben die Nationalbanken, auch die Oesterreichische Nationalbank, von der EZB den Auf­trag bekommen, entsprechend Wertpapiere zu kaufen – ja.

Was auch sicher ist: Expertinnen und Experten sagen, man hätte dieses Ankaufprogramm mit Sicherheit früher beenden sollen. Erst vor Kurzem wurde beschlossen, dass es ausläuft, nämlich im letzten Sommer, relativ zeitgleich mit dem Beschluss der EZB, dass die Zinssätze wieder erhöht werden.


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Jetzt ist ein Zinseffekt aufgetreten, weil erhöhte Zinsen eben eine sinkende Nachfrage nach Wertpapieren bedeuten, und eine sinkende Nachfrage nach Wertpapieren bedeutet auch deren Kursverlust, was dazu führt, dass die Anleihen, die die Banken halten, eben auch weniger wert werden. Die Fol­gen der Geldpolitik und der Verschiebung auf den Finanzmärkten schlagen sich deshalb nicht nur bei Geschäftsbanken, sondern auch bei den Zentralban­ken nieder. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Um wie viel geht es? – Es geht um 2 Milliarden Euro, weil die 2 Milliarden ja trotzdem als Verlust da sind, auch wenn man dem die Rücklagenauflö­sung entgegenhält. Und weil man während der Covid-Politik ganz oft so ein bissl auch das Verhältnis zu Geld verloren hat, möchte ich jetzt auch Beispiele bringen, was denn 2 Milliarden Euro so im Budget wert sind.

Sie können sich noch erinnern – wir leben noch mitten in einer Pandemie –: Das ganze Bundesgesundheitsbudget beträgt 2,85 Milliarden Euro. Das Bundes­heerbudget beträgt 2 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus der Grund­erwerbsteuer betragen 2 Milliarden Euro; oder es sind fünfmal die Einnahmen aus der auch ganz oft hier herinnen diskutierten NoVA. (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Alle kurzfristigen Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung gegen die Teuerung sind übrigens auch 2,3 Milliarden Euro.

Sie sehen, es ist ein Batzen Geld, und dieser Batzen Geld wird uns sicher im Budget fehlen, denn – das ist auch heute schon mehrmals erwähnt worden – die Oesterreichische Nationalbank muss ja 90 Prozent ihrer Dividenden an das Budget abliefern.

Jetzt betrifft es aber wahrscheinlich – das kann man vor allem den Medienbe­richten entnehmen – nicht nur das Jahr 2022, sondern auch die kommen­den Jahre. Aufgrund eines Verlustvortrages kann man sicher davon ausgehen, dass mindestens in den nächsten fünf Jahren Verluste geschrieben wer­den und entsprechend nichts ans Budget abgeliefert wird. Im „Standard“ ist zum Beispiel davon die Rede, dass das mehrere hundert Millionen Euro beträgt.


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Ich möchte noch einmal feststellen: Diese Kursverluste aufgrund der Geldmarkt­politik betreffen wirklich alle Zentralbanken. Man darf, finde ich, aber trotz­dem die Frage stellen: Gibt es in Österreich einen Verlust, der über dem Durch­schnitt steht? Ist er höher?, und falls ja: Was versucht man, dagegen zu machen?

Das ist das eine, und das Zweite – damit man das bitte auch nicht durcheinan­derbringt –: In der Oesterreichischen Nationalbank gibt es neben diesem
EZB-Anleihenprogramm eben auch ein normales Wertpapiergeschäft. Das ist jetzt recht kurzfristig eingeführt worden. Auch im Sommer 2022 wurde da relativ prominent in Aktien investiert, und da darf man auch die Frage stellen: Ist entsprechend risikoavers agiert worden?

Wir würden da jedenfalls im Sinne der österreichischen Bevölkerung auch um Antworten bitten, weil es – nochmals – da ja nicht um einen finanziellen Pappenstiel geht, sondern das ist relativ sehr viel Geld, das uns dann mitunter eben anderswo fehlen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vielleicht zur Erklärung – weil ja auch Frau Abgeordnete Tomaselli aufgeworfen hat, warum ich nicht antworte –: Weil die Geschäftsordnung das auch nicht vorsieht. Die Geschäftsordnung regelt im § 59 genau, was eine geschäftsordnungsmäßige Debatte ist, und dort ist nichts enthalten, was dem Präsidenten ein Frage-Antwort-Spiel gestattet. Wir können in der Präsidiale, wie es üblicherweise der Fall ist, auch darüber berichten und es besprechen. (Abg. Kollross: Aber Sie sind aufgefordert worden!)

Als Nächste ist Frau Abgeordnete Doppelbauer zu Wort gemeldet. – Bitte sehr, Sie gelangen zu Wort. (Abg. Krainer: Aber bei der Beantwortung der Anfrage an den Nehammer haben Sie das trotzdem getan! Haben Sie da gegen die Geschäftsord­nung gehandelt? Aber wieso agieren Sie jetzt anders?)



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15.54.17

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Ich fange jetzt einfach einmal an, weil meine Zeit läuft (Abg. Leichtfried: Die gehört aber zurückgestellt, eigentlich! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), und würde tatsächlich auch damit beginnen wollen, dass ich diese Dringliche Anfrage heute nicht wirklich verstehe. Alle Notenbanken machen im Augenblick Verluste. Die Entwick­lung der OeNB kommt nicht überraschend. Wir haben das auch gerade im Aus­schuss diskutiert, und deswegen finde ich es tatsächlich verwunderlich und ich glaube, dass dieser Antrag wirklich ein populistischer Bauchfleck der SPÖ ist. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Ich sage auch nicht, dass man die OeNB nicht kritisieren kann. Wir haben schon über die Luxuspensionen gesprochen, dazu möchte ich auch noch etwas sa­gen. (Abg. Haubner: Wer kriegt denn eigentlich eine?) Man kann doch aber die OeNB nicht dafür verantwortlich machen, dass sie im Auftrag der EZB Wertpapiere gekauft hat und dass es dann im Jahr 2022 eben für die­se Wertpapiere Abschreibungen gegeben hat.

Ich möchte auch daran erinnern – wir haben uns das gerade angeschaut –: Diese Wertpapierabschreibungen hat es zum Beispiel auch 2020 und 2021 in der knallroten Arbeiterkammer gegeben. Da war genau das gleiche Thema. In der Wirtschaftskammer wurden 2021 übrigens auch Wertpapiere abge­schrieben, also auch da gab es diese Geschichte, und da wäre es für mich viel interessanter zu erfahren, warum, weil 2020 und 2021 ja wirklich fast alle Gewinne geschrieben haben. Warum man also da Abschreibungen ma­chen musste, ist tatsächlich eine aus meiner Sicht viel interessantere Frage!

Der zweite Punkt: Finanzministerium. Ich verstehe auch nicht, warum Sie das Finanzministerium für die Wertpapierstrategie der Nationalbank verant­wortlich machen. Das, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, ist viel­leicht in Venezuela oder in Kuba, aber nicht in Österreich so. Es gibt hier schon so etwas wie die Unabhängigkeit der Oesterreichischen Nationalbank, so


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hoffe ich zumindest, und ich denke, das sollten wir auch respektieren. (Hei­terkeit des Abg. Wurm.) Den Finanzminister, vor dem ich ja normalerweise auch nicht wirklich schützend stehe, kann ich da tatsächlich nicht in der Verant­wortung sehen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mich inhaltlich extrem verwundert, ist: Die SPÖ – lieber Jan (in Richtung Abg. Krainer), du weißt es ja, wir diskutieren da schon seit Jahren darü­ber – ist der größte Fan dieser lockeren Geldpolitik der EZB. Julia Herr, du, Kol­lege Matznetter: Alle wollten diese lockere Geldpolitik, weil die ja so toll ist. Wir waren als NEOS die Einzigen, die immer gewarnt haben (Abg. Wurm – erheitert –: Na bitte! Die NEOS ...!), die gesagt haben: Leute, das ist echt nicht in Ordnung! Da gibt es tatsächlich ein Thema mit der Inflation, wir müssen da wirklich darauf schauen, was passiert! – Und ja: Jetzt haben wir halt die Auswirkungen dieser lockeren Geldpolitik. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die sind jetzt da, sie werden übrigens über die nächsten Jahre noch stärker werden, und da ist meine Frage, warum wir hier diskutieren. – Ich weiß es nicht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Wurm. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Nochmals zu den Zahlen, weil es Kollege Matznetter gerade hereingerufen hat: Ja, die OeNB hat auch etwas in Aktien investiert, aber das ist ja nichts Schlechtes. Ich meine, das machen alle, und das ist auch gut so. Über die Jahre werden Verluste da tatsächlich auch wieder ausgeglichen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das ist ein ganz normales Vorgehen und das machen übrigens auch alle anderen – inklusive eben auch Ihrer Arbeiterkammer, das habe ich ja auch schon gesagt.

Ich war selbst im Ausschuss, ich war bei der Aussprache mit der OeNB dabei: Ja, es gibt 2 Milliarden Euro Verlust. 1,6 Milliarden gehen auf Eigenveranla­gungen zurück, der Rest – eigentlich insgesamt – geht auf das veränderte Zins­umfeld zurück. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das macht alles Sinn, und tatsäch­lich würde ich mir das eine wünschen: dass man auf diese lockere Geldpolitik, die wirklich die Ursache für die Abschreibungen, die in den nächsten Jahren


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auch passieren werden, ist, hinschauen sollte. (Abg. Wurm – erheitert –: Karin, ist das eine EU-Kritik, oder? Ist das EU-Kritik?) Das ist tatsächlich das große Pro­blem. (Abg. Wurm: Willst du den Öxit, Karin, oder wie? Willst du den Öxit, Karin? Ist das eine EU-Kritik? – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ja, Kollege Wurm ist ganz aufgeregt über meinen Redebeitrag zur lockeren Geldpolitik (Abg. Wurm: Ja, überrascht, Karin!), weil wir das tatsächlich seit Jahren immer wieder kritisieren. (Abg. Wurm: Die NEOS!) Wir NEOS kritisieren das von Anfang an. (Abg. Wurm: Karin! Karin!) – Ich glaube, Peter, du musst dich ein­fach zu Wort melden, wenn du etwas sagen willst (Heiterkeit der Rednerin), dann können wir es gerne diskutieren. (Beifall bei den NEOS. –Abg. Wurm: Ja, ich komme! Ich komme!)

Aber noch einmal: Die lockere Geldpolitik ist der Hauptgrund für diese Entwick­lungen, die wir jetzt eben sehen, und da können wir einfach nicht darüber diskutieren.

Was ich aber auch noch diskutieren möchte – und das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den der Herr Minister auch angesprochen hat –: Ist denn alles gut in der OeNB? – Nein, tatsächlich nicht! Es ist nämlich ein Hort von Pri­vilegien, ein Hort von Sonderpensionen. – (In Richtung Bundesminister Brunner:) Jetzt haben Sie doch tatsächlich angeboten – und wir haben Sie ja schon mehrmals darum gebeten –, dass wir uns das gemeinsam anschauen könnten. Da würde ich Sie wirklich bitten, dass Sie uns einen Vorschlag vorlegen, ein Pa­ket vorlegen, wie wir diese Sonderpensionen auch in den Griff bekom­men. Ich möchte es nur ausführen: Es gibt 1 400 OeNB-Sonderpensionisten mit durchschnittlich 6 600 Euro 14-mal im Jahr. Ich glaube, das kann man sich anschauen.

Da gibt es jetzt auch eine kleine Nebenbahn zur SPÖ, weil viele dieser Sonderpensionisten natürlich auch eine kleine Nähe zur roten Reichshälfte haben. Ich sage hier nur: Kollege Schürz, ausgezeichnet mit dem Kreisky-Preis, berechnet ständig Privilegien von anderen, bei den eigenen ist es offenbar


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nicht so dramatisch, da wird das nie durchgerechnet. Kollege Ettl staubt offenbar Doppelpensionen ab, da er nämlich vonseiten der OeNB in den Pensionsge­nuss kommt und gleichzeitig, weil er ja an die FMA ausgeborgt ist, dort Pensionsanteile generiert. Auch da müsste man tatsächlich vielleicht einmal vor der eigenen Haustüre kehren und sich das anschauen. Wenn die OeNB tatsächlich in Geldprobleme oder Geldnöte kommen sollte, kann man in diesem Bereich wahrscheinlich einiges einsparen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Ab­geordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Matznetter: ... gratuliere, Karin, für diese Offenheit!) Das würden wir uns von der SPÖ durchaus wünschen.

Und weil Herr Kollege Angerer vorhin so die Hände in Unschuld gewaschen und gesagt hat: Hach, die SPÖ und alle anderen, aber die FPÖ ist ja tatsächlich für nichts verantwortlich, was jemals in dieser Republik passiert ist!, muss ich sa­gen, wir haben gerade eine Anfrage zu Herrn Matthias Krenn, einem FPÖler, gestellt, der im Augenblick 17 öffentliche Posten, die tatsächlich auch bezahlt sind, für sich beansprucht. Da würde ich dann die nächste Bitte an den Herrn Finanzminister richten: dass man sich vielleicht nicht nur diese Luxus­pensionen und Gelder anschaut, die in der OeNB, vielleicht auch in der Wirt­schaftskammer und in der Arbeiterkammer gezahlt werden, sondern sich tatsächlich diese Multifunktionäre einmal anschaut, von denen die FPÖ ja durchaus auch einige Vertreterinnen und Vertreter hat. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Hintner.)

Last, not least: Wo ist eigentlich Herr Mahrer bei diesem wunderschönen Tages­ordnungspunkt heute? Ich finde, auch er könnte sich irgendwann einmal als Präsident der OeNB zu Wort melden, aber da hört man halt nicht viel, der hat vielleicht auch keine Zeit. –Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Matz­netter: Danke, Karin! – Abg. Doppelbauer – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Immer gerne!) 

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grei­ner. – Bitte sehr. (Abg. Matznetter – in Richtung Abg. Doppelbauer –: Du


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hast gesagt, die Pensionisten sollen die Spekulationsverluste tragen ...! – Zwischenruf der Abg. Doppelbauer. – Abg. Krainer: Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun, Eigenveranlagung und ...! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppel­bauer. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


16.01.39

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Werte Herren Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die OeNB hat mit Aktien speku­liert. Wir stehen vor einem Verlust von 2 Milliarden Euro. Es gibt dafür einen Ver­antwortlichen: Direktor Steiner. Mit Verlaub: Wie oberflächlich und negie­rend die ÖVP in diese Debatte geht, Fragen nicht beantwortet, spricht Bände. Kollege Ottenschläger zieht doch tatsächlich einen Vergleich zwischen einem Fahrrad, das in China umfällt, und 2 Milliarden Euro Verlust an Steuergeld. Ja, geht’s noch? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: Haben Sie zugehört bei der Rede des Kollegen? Sie haben es nicht verstanden! – Ruf bei der ÖVP: Sie haben es nicht verstanden!)

Die SPÖ hat in dieser Anfrage sämtliche Fragen deutlich, klar und meines Erach­tens verständlich formuliert. Sie beantworten sie nicht, Herr Bundesminis­ter! Und Herr Präsident – Entschuldigung! –, Sie führen den Vorsitz und sagen dazu nichts, Sie akzeptieren die Nichtbeantwortung der Fragen durch den Finanzminister der Republik Österreich! (Beifall bei der SPÖ.) Heute handeln Sie so, noch vor ein paar Monaten haben Sie sehr wohl interveniert und einge­fordert, wir hätten gerne Antworten. Das ist nicht in Ordnung!

Mein Kollege Krainer hat ausgeführt, wofür die OeNB zuständig ist: für die europäische Geldpolitik, für Finanzmarktstabilität und – entscheidend – für die Verwaltung der Reserven der Republik Österreich, des Steuergeldes der Österreicherinnen und Österreicher und jener Personen, die in unserer Republik leben und das erwirtschaften.

Ich möchte wirklich auch festhalten, dass in der OeNB hoch qualifizierte Exper­ten sitzen (Abg. Ottenschläger: Die sind nur von euch, nicht?), das wurde


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auch betont, und es ist mir wichtig, das festzuhalten. Ist das aber durchgängig so? – Na ja, offensichtlich nicht, denn sonst würden wir diese Debatte hier nicht führen.

Im November, hat es geheißen, hat man bereits von diesen Verlusten gewusst. Drei Monate später sagt der zuständige Direktor: Ja, wir haben 2 Milliar­den Euro Verlust an Steuergeld! – Herr Finanzminister, wir haben von Ihnen überhaupt nichts gehört. Wir sind der Nationalrat der Republik, der die Budgethoheit hat! Die Steuerzahler:innen wurden nicht informiert. Was soll denn da wieder verheimlicht werden, da Sie keine Antworten geben, was wollen Sie vertuschen? Stehen wir möglicherweise vor dem nächsten Skandal? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: Das sind Vermutungen, Anwürfe und Unterstellungen!)

Wie kommt man überhaupt auf die Idee, als OeNB-Vertreter, Direktor, mit Aktien zu spekulieren? Was ist mit den Veranlagungskriterien, hat man die geändert? – Na ja, ich weiß schon, ich habe es schon gehört, Experten haben dringend davon abgeraten, das zu tun. Warum hört man nicht auf Exper­ten? Ist man da jetzt eigenmächtig unterwegs, betreibt man da seine eigenen Vor­stellungen von Geldpolitik, von Machtpolitik?

Sehr geehrte Damen und Herren, es genügt einfach nicht, dass jemand, ein Direktor, Verantwortung für eine Abteilung trägt, in der spekuliert wird, der lediglich das Kriterium steuerbar erfüllt, denn der hat eine Verantwor­tung gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und kann nicht eigenmächtig entscheiden: Jetzt sind wir lustig und spekulieren! – Wieso hören wir dazu nichts von Ihnen? Das ist unerträglich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Mein Kollege hat ausgeführt, was das für Österreich, was das für den Staats­haushalt heißt: 90 Prozent der Gewinne fließen in den Staatshaushalt. Das ist vom Staat in die Kinderbetreuung, in die Pflege, in das Gesundheits­wesen zu investieren. Ja wenn wir das Geld nicht haben, wie werden


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denn dann Reformen finanziert werden können? Wo sind da die Antworten? Sie schauen mich groß an (in Richtung ÖVP), aber Sie sagen nichts dazu. Wie wird das finanziert, haben Sie keine Idee? (Abg. Hanger: Das kommt dann! Warten Sie! Horchen Sie dann gut zu!) Es wäre wichtig, dass man das den Steuerzah­lern erklärt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wie geht man mit den Verlusten um? Das Ausmaß für die weiteren Jahre ist ja noch gar nicht bekannt. – Fakt ist, Geld wird für die öffentliche Kassa fehlen. Das ist Ihre Verantwortung!

Ganz ehrlich, Herr Präsident, noch einmal der Appell an Sie: Bei einer derartigen Debatte können die Österreicherinnen und Österreicher und diejenigen, die das Geld erwirtschaftet haben, mit Fug und Recht erwarten, dass es von Ih­nen als Abgeordnete, von Ihnen, Herr Finanzminister, und gerade von Ih­nen, Herr Präsident, der Sie zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz in diesem Parla­ment führen, Antworten gibt. Bitte beherzigen Sie das und vertuschen Sie nicht schon wieder irgendeinen Skandal! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ottenschläger: Es geht nicht um eine sachliche Debatte!)

16.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte sehr.


16.06.39

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Innenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich habe mir heute Vormittag die Dringliche Anfrage durchgelesen und habe mir gedacht, offensichtlich sucht Herr Kollege Krainer nach einer neuen Bühne (Ruf bei der ÖVP: Volkstheater!), auf der er seine Halbwahrheiten, seine Unterstellungen, sein Anpatzen ganz einfach fortsetzen will. (Abg.
Heinisch-Hosek: Legen Sie eine andere Platte auf!)

Ich muss noch einen Schritt weiter gehen: Ich würde nicht nur von einem inhalt­lichen Bauchfleck sprechen, das hat Frau Kollegin Doppelbauer schon ge­sagt, sondern in Wirklichkeit ist das, was da drinnen steht – wenn man sich das


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durchliest, sieht man das ganz eindeutig –, eine wirtschaftspolitische Bank­rotterklärung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gerstl: Der SPÖ! – Abg. Matznetter: Aber der ÖVP!)

Es ist eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung der SPÖ, und ich werde das jetzt auch entsprechend ausführen. (Abg. Matznetter: Jetzt kommt der Finanzexperte Hanger!) Wir haben seit etwa 15 Jahren eine expansive Geldpolitik in der EZB (Abg. Matznetter: Und daher muss man Aktien kaufen!) – das wur­de auch schon gesagt –, eine expansive Geldpolitik, die die SPÖ, insbesondere die SPÖ, immer wollte. (Abg. Greiner: Mit Aktien? – Abg. Wurm: ... NEOS! – Zwischenrufe des Abg. Matznetter. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Es hat Anleihenkaufprogramme gegeben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Gut zuhören, Herr Matznetter, vielleicht können sogar Sie einmal etwas lernen, es ist gar nicht so schwierig! (Abg. Matznetter: Nein, Sie verstehen es nicht ...!) – Es wurden Anleihen auf den Markt gebracht, die Staaten begeben haben, mit dem Effekt, dass den Staaten, Privaten und Unternehmern sehr viel Geld zur Verfügung gestellt worden ist. Dazu kam, dass dieses Geld zu einem sehr günstigen Zinssatz zur Verfügung gestellt worden ist. Das hat den Staatsfinanzen sehr geholfen, keine Frage, das hat den Privaten sehr geholfen, gar keine Frage – wenn jemand zum Beispiel eine Wohnbaufinanzierung machen wollte –, und das hat den Unternehmen geholfen. Das hat aber auch Arbeitsplätze geschaffen, das hat die staatlichen Finanzen stabilisiert. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob die Volumen zu groß waren, ob die Laufzeit zu lange war (Zwischenruf des Abg. Matznetter – Abg. Greiner: Aktien ist das Stichwort!) – ja. Aber am Ende des Tages ist es eine sehr erfolgreiche Geldpolitik, weil sie zu Wohlstand und zu Arbeitsplätzen geführt hat! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Kaniak und Wurm.)

Wir reden von mindestens 50 Milliarden Euro, die sich die Staaten, die Privaten und auch die Unternehmer erspart haben. Wir haben aber auch immer da­rüber diskutiert, dass Geldpolitik, expansive Geldpolitik zu steigender Inflation


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führen kann. (Zwischenrufe des Abg. Kollross.) Wir haben das nahezu in je­dem Budgethearing diskutiert, und alle Experten waren viele Jahre lang der Mei­nung: Nein, die Inflation bleibt stabil!

Was ist dann passiert? – Es kam der Ukrainekrieg, es kam die Energiekrise, es kamen stark steigende Energiekosten, das hat die Inflation befeuert. Wir diskutieren jetzt immer, was die Kerninflation und was die andere Inflation ist.

Ja, es gibt eine hohe Inflation, das ist nicht wegzuleugnen, und was kann man ge­gen hohe Inflation tun? – Man muss das Zinsniveau erhöhen. Das hat natürlich dann den Effekt, dass die Anleihen, die dazumal begeben worden sind (Abg. Matznetter: Dazumal ist wurscht ..., es geht um jetzt!), geringer verzinst werden und der Wert dort fällt. Die Verluste, die da entstanden sind, stehen aber in keinem Verhältnis zu dem Mehrwert, der vorher geschaffen worden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Es geht um jetzt ..., das hat nichts mit dazumal zu tun!) – Herr Matznetter, Sie werden es nie verstehen, es macht nichts. Ihre Argumentation, von Spekulation zu sprechen, ist eine wirt­schaftspolitische Bankrotterklärung, es tut mir leid!

Jetzt ein geringes, kleines Aktienportefeuille vorne hinzuhängen, das ist nicht seriös, Sie müssen das Gesamtbild betrachten (Zwischenrufe des Abg. Matz­netter), und ich bleibe dabei: Diese Dringliche Anfrage ist eine wirtschaftspoliti­sche Bankrotterklärung. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Am besten wäre es, Sie kehren zu einer vernünftigen Budgetpolitik zurück, aber das wird auch in Zukunft nicht zu erwarten sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Matznetter.)

16.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten: Sie können sich ja in der Debatte wieder zu Wort melden. Das ist ja kein Problem.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.



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16.10.34

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Werte Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Erstens würde ich einmal sagen, diese Dringliche der So­zialdemokratie macht durchaus Sinn, ich finde sie super. Man kann bei dieser Gelegenheit einmal über Geldpolitik in Österreich und in Europa sprechen. Das ist, glaube ich, sehr notwendig, deshalb sehe ich das positiv.

Zweitens kann man natürlich die Nationalbank kritisieren. Ich glaube, wir haben das die letzten Jahrzehnte intensiv gemacht. Wir sind damit nicht zum Er­folg gekommen. Wir waren auch nie Kanzlerpartei, um das wirklich zu verändern. Und dass in der Nationalbank von Rot und Schwarz Privilegien aufgebaut wur­den, ist, glaube ich, jedem Österreicher klar – das kann man machen.

Drittens kann man natürlich die ÖVP kritisieren. Das kann man fast immer, da findet man bei der ÖVP immer etwas (Zwischenruf der Abg. Tanda), und man soll auch diese Geschichte mit den 2 Milliarden Euro natürlich noch ein­mal genauer hinterfragen. Da gebe ich auch vielen recht. Da muss auch vom Minister ein bisschen mehr an Aufklärung kommen, und ich bin überzeugt davon, das wird noch im Detail aufgeklärt werden.

Nur, summa summarum muss man einmal festhalten: Worüber sprechen wir?, und, ich sage es noch einmal, ich habe gestern eine sehr interessante Äuße­rung gehört: Es gibt in Österreich ein Zweiparteiensystem, fast wie in Amerika. Es gibt die Freiheitliche Partei, die FPÖ – und alle anderen. Und das ist heute ein eindeutiger Fall, an dem man das ganz schön aufzeigen kann. Ich habe ja lachen müssen bei der Rede von Frau Kollegin Doppelbauer, die sich plötzlich von der Europäischen Union, von der EZB distanziert; auch bei Reden von Abgeordneten der Sozialdemokratie. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Geschätzte Damen und Herren! Seit Jahrzehnten sitzen Sie vier Parteien immer dabei, wenn diese Dinge entschieden werden. Sich jetzt abzuputzen, zu sagen, Sie haben damit nichts zu tun, keiner wollte die lockere Geldpolitik – das ist einfach nicht nur unglaubwürdig, das können Sie auch keinem vernünf­tigen Österreicher erklären. (Beifall bei der FPÖ.)


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Die Österreicherinnen und Österreicher spüren das ja, die sind ja nicht dumm. Sie werden Ihnen bei jeder Wahl jetzt nach und nach die Rechnung prä­sentieren, denn, und diese bittere Wahrheit muss man sagen, die Party ist vor­bei. Es wurden Billiarden ausgeschüttet, und es ist interessant – ich bin ja schon gespannt, ob die Grünen oder auch die Sozialdemokraten sich auch einmal zu Wort melden –, die Frage ist: Wer hat diese Billiarden? Wo sind sie hin­geflossen? Dass sie ausgegeben wurden, darüber sind wir uns, glaube ich, einig, und sie werden irgendwann zurückgezahlt werden müssen, aber wer hat sie?

Jetzt kann man natürlich sagen, die breite Bevölkerung hat sie bekommen. Ich glaube, da werden die Österreicherinnen und Österreicher ein bisschen eine andere Meinung haben. Es kann sein, dass für die breite Bevölkerung ein bisschen etwas abgefallen ist, aber die Billiarden sind natürlich ganz wo­anders hingeflossen. Das ist die bittere Wahrheit, und da waren Sie alle vier – Sozialdemokratie, NEOS, Grüne sowieso, aber auch die ÖVP – dabei, diesen Kurs zu unterstützen. Jetzt Aufklärung über diese 2 Milliarden zu ver­langen, darüber kann man diskutieren, aber das ist eine ganz normale Entwicklung: Wenn ich Anleihen mit einer nahezu Nullverzinsung – 0,5 Prozent – kaufe und jetzt aktuell bei Schuldenaufnahme halt 1,5 oder 2 Prozent zu zahlen sind, dann geht sich das nicht aus. Das ist eine Milchmädchenrechnung. Da müsste ich an der Intelligenz einiger Abgeordneter zweifeln, wenn man das nicht erkennt, das ist ja faktisch klar, nur: Es wird natürlich so weitergehen, das ist auch klar.

Es heißt auch für das Staatsbudget im Übrigen – für diejenigen, die es nicht wissen –: Wir hatten 4 bis 5 Milliarden Euro an Zinsen zu bezahlen, für die Schulden, die Sie alle aufgenommen haben – denn wir haben ja genug Geld, wir sind so reich, und man muss ja alle unterstützen, also da könnte man jetzt Hunderte Beispiele aufzählen. Da war die Freiheitliche Partei über Jahr­zehnte immer ganz klar, wo wir stehen, und Sie vier waren auch immer klar, wo Sie stehen. Und jetzt kommt halt die Präsentation der Rechnung, und da sollte sich jetzt einmal keiner beklagen, sondern eher sagen: Mea culpa!, und


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sich bei der Bevölkerung entschuldigen, für eine über Jahre, Jahrzehnte bis heute anhaltende falsche Politik, die Sie machen und die natürlich vor allem auch in Brüssel entschieden wird. Wir sprechen von europäischer Geldpoli­tik, die dann halt in Österreich umgesetzt wird.

Es ist auch ganz klar, und Sie können das auch im Bericht der Nationalbank lesen, wo ja drinnen steht: Man kann so quasi sagen, über die niedrigen Zinsen hat sich der Staat, die Volkswirtschaft die letzten zehn, 15 Jahre Milliarden Euro erspart, man schätzt: 50 Milliarden, 60 Milliarden Euro.

Die Frage ist nur: Wo sind diese Milliarden jetzt? Liegen die irgendwo auf einem Sparbuch oder wurden sie angelegt? – Nein, sie sind natürlich nicht da, ganz im Gegenteil, die Schulden sind größer geworden. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Eßl und Ottenschläger.)

Klar geworden ist heute aber auch, dass die Nationalbank die nächsten Jahre natürlich Verluste in Milliardenhöhe schreiben wird – und das sollte man der Bevölkerung einfach ehrlich genau so sagen. Da ist jetzt überhaupt keine Hetze dabei, sondern das sind die Tatsachen. Ich glaube, ich habe ver­sucht, es sachlich zu erklären. Das aber einfach so wegzuwischen und quasi zu sagen, keiner ist schuld an dieser Entwicklung, das finde ich nicht ehrlich.

Ich kann es nur noch einmal sagen, und es ist auch nachlesbar: Wir Freiheitlichen warnen seit Jahren, um nicht zu sagen Jahrzehnten vor dieser falschen Politik, und Sie vier – ÖVP, Grüne, NEOS und Sozialdemokraten – haben das immer ver­teidigt, unterstützt und haben uns immer vorgeworfen, wir sind so böse und so EU-kritisch und was nicht noch alles.

Jetzt wird die Rechnung präsentiert. Diese Nationalbank-Geschichte mit 2 Milliarden Euro ist nur ein kleines Puzzleteil der Geschichte. Es wird leider weitergehen, und ich kann Sie nur auffordern, möglichst rasch eine fun­damentale Veränderung dieser Politik, auch der Finanzpolitik in Europa zu machen.


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Wir stehen dafür bereit, und ich hoffe, wir werden möglichst bald auch die Wäh­lerschaft so stark hinter uns haben, dass wir es auch umsetzen können.

Noch haben Sie vier hier das Sagen, auch in Europa, aber ich gehe davon aus, die Menschen wachen Tag für Tag mehr auf, Sie werden uns mehr Vertrauen geben, und wir werden versuchen, das Ruder herumzureißen, im Sinne einer ver­nünftigen Finanz- und Geldpolitik. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schwarz. – Bitte sehr. (Abg. Rauch: Ich hoffe, das wird kein schwarzer Tag!)


16.17.25

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Abgeordneter Wurm, wann immer es um Unterstützungsleistungen für die Bevölkerung geht, dann sind Sie quasi ganz vorne mit dabei, die Mega­gießkanne auszupacken – ich kann mich noch erinnern: Umsatzsteuer weg!, MÖSt weg!, und so weiter, das waren Ihre Vorschläge –, und wenn wir dann übers Budget reden, tun Sie so, als wären Sie die großen Sparmeister und würden irgendwie ein ausgeglichenes Budget hinkriegen. Das geht einfach nicht zusammen! Diese Geschichte hier immer zu erzählen, das können Sie sich bitte sparen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

So, worum geht es aber jetzt in dieser Dringlichen Anfrage? – Die Nationalbank musste bekannt geben, dass sie im Jahr 2022 schwere Verluste erlitten hat. Diese konnten über Rücklagenauflösungen ausgeglichen werden, aber das führt jetzt dazu, dass wir ins Budget keine Dividendenzahlungen bekommen werden, und das auch über die nächsten Jahre, weil diese Verluste ein bissel gestreckt werden.

Grundsätzlich ist zu erwarten, dass das nicht nur in Österreich der Fall sein wird, sondern das wird auch in anderen Staaten, westlichen Staaten, bei westlichen


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Nationalbanken der Fall sein. Wir wissen es bereits, oder es ist schon ange­kündigt worden, dass es in Belgien, in den Niederlanden, in Schweden, im Vereinigten Königreich, in Deutschland und in Italien zu Verlusten kam. Auch die Fed, die Federal Reserve in den USA, hat einen starken Einbruch der Gewinne erlitten. Am schlimmsten trifft es die Schweiz, weil dort die Fremdwäh­rungskomponente sehr groß ist – logischerweise.

Der Grund dahinter sind sozusagen die Zentralbanken selbst, die jetzt die Leit­zinsen anheben und in der Vergangenheit diese lockere Geldpolitik, also sozusagen das Quantitative Easing, betrieben haben – beides aus meiner Sicht richtigerweise. Es war also richtig, in den Zeiten, in denen die Nachfrage sehr gering war, diese anzustoßen, indem man die Leitzinsen senkt und auch die Anleihen von Unternehmen und Staaten zukauft, und es ist auch richtig, jetzt, wo die Inflation so hoch ist, die Leitzinsen anzuheben, aber es hat halt den Effekt – wir wissen es –, dass damit einerseits die Konjunktur auch ein biss­chen belastet wird und andererseits natürlich auch die Zentralbanken selber, ins­besondere mit ihren Vermögensanlagen. Ich möchte jetzt kurz darauf einge­hen, wie diese Kanäle ausschauen, über die sich das auswirkt.

Das Erste ist der Asset-Liability-Mismatch. Man hat in der Vergangenheit als Geschäftsbank, wenn man Einlagen bei der Zentralbank gemacht hat, sozusagen Strafzinsen, also negative Zinsen zahlen müssen. Davon hat die Zentralbank profitiert. Das fällt jetzt, wo man die Leitzinsen anhebt, weg. Und umgekehrt, auf der anderen Seite, auf der Vermögensseite ist alles zu einem großen Teil fix verzinst, und da gibt es zusätzlich noch die Wertberichtigungen, weil diese Vermögenswerte weniger wert sind.

Dann gibt es eine große Komponente, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte, die mit den Fremdwährungen und Fremdwährungsreserven zu tun hat. Das betrifft eben sehr stark die Schweiz und kleinere Zentralbanken in Ländern mit eigenen Währungen.


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Und drittens: die generelle Exposition von Vermögenswerten gegenüber der Entwicklung am Aktienmarkt, der zum einen Teil auch deshalb einbricht, weil die Leitzinsen angehoben werden und zum anderen Teil, weil sich die Kon­junktur ein bisschen abschwächt.

Jetzt muss man aber schon sagen, dass es bei der Oesterreichischen National­bank noch ein zusätzliches Element gibt, die Wertberichtigung, die man aus meiner Sicht schon etwas kritischer betrachten muss, die dadurch zustande kommt, dass man in den letzten Jahren das Risiko bei der Anlagestrategie ein bisschen erhöht hat und den Aktienteil entsprechend erhöht hat. Das ist zwar – wie schon angesprochen – vom Generalrat auch befürwortet worden, betrifft also nicht nur eine Person, würde ich jetzt einmal vermuten. Ich glaube aber schon, dass es sich auszahlt, dort noch einmal hinzuschauen. Es ist ein bisschen schwierig, so eine Entscheidung zu treffen, wenn eh schon absehbar ist, dass sich die Kurse auf den Aktienmärkten eher nicht mehr noch weiter nach oben entwickeln werden, weil sie schon sehr hoch waren. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte sehr.


16.21.24

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich will uns alle noch einmal kurz erinnern, worum es jetzt eigentlich hier geht, weil wir irgendwie in einer Diskussion angekommen sind nach dem Motto: Ja eh, ja mei!

Es geht um 2 Milliarden Euro Steuergeld, die augenscheinlich weg sind. 2 Mil­liarden Euro Spekulationsverluste musste die Oesterreichische National­bank bekannt geben. Diese 2 Milliarden Euro, die erfinden wir nicht, die wurden eben von den Zuständigen bekannt gegeben und können nicht länger totge­schwiegen werden. Und ich sage Ihnen gleich noch etwas: Es wird vermutlich nicht bei diesen 2 Milliarden Euro bleiben, die Zuständigen sprechen jetzt


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schon von harten Jahren, die auf uns zukommen. Das heißt, da kann man durch­aus – genau kann man es nicht sagen, aber wahrscheinlich – mit einem Aus­maß von 5 Milliarden Euro rechnen.

Und dass Sie jetzt sagen: Na ja!, das sagt mehr über Sie aus als über uns. Wir finden schon, dass es wichtig ist, die Frage zu stellen: Warum sind diese 2 Milliarden Euro verspekuliert worden? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, auch die Zuhörer und Zuhörerinnen zu Hause werden sich jetzt denken: Was? 2 Milliarden Euro? Möglicherweise 5 Milliarden Euro? Wieso höre ich denn das erste Mal davon? – Ja, kurz gemunkelt wurde es schon Ende letzten Jahres, da hat man noch gesagt, es gehe eh nur um Millionen. Die richtige Bombe ist ja jetzt erst geplatzt: Durch ein „Presse“-Interview haben wir es dann alle erfahren.

Was heißt das jetzt? – Das heißt, dass die Oesterreichische Nationalbank jetzt Rücklagen auflösen muss – eigentlich unsere eiserne Geldreserve –, um diese Spekulationsverluste auszugleichen. Wie hoch die Spekulationsverluste sind, wissen wir noch gar nicht, und ob die Rücklagen reichen werden, wissen wir auch noch nicht.

Da wurde ein jahrelanger Konsens, dass mit Steuergeld nicht spekuliert wird, offensichtlich über Bord geworfen. Die Anlagestrategie der Oesterreichi­schen Nationalbank wurde ganz offensichtlich verändert, man hat immer mehr Risiko genommen, und das zum Schaden der Bevölkerung.
(Beifall bei der SPÖ.)

Da kann man jetzt nicht nur von der europäischen Ebene sprechen, da geht es um die Eigenveranlagung der Oesterreichischen Nationalbank, da entschei­det die Oesterreichische Nationalbank autonom – und da geht es um unser aller Steuergeld. Auch die OeNB ist im Übrigen zu 100 Prozent im Eigentum der Republik, und sie sollte auch im Namen der Republik für uns alle handeln und nicht unsere eisernen Geldreserven verzocken. Und genau das ist jetzt


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passiert, weil diese Aktien, in die investiert wurde, an Wert verloren haben – massiv.

Was die Verantwortlichen dafür betrifft – da kam jetzt auch schon Kritik –: Na­türlich gibt es dafür Verantwortliche, natürlich gibt es da auch zuständige Direktoren beispielsweise. Und dass zuletzt unter Finanzminister Blümel ein ge­wisser Thomas Steiner auf diesen Posten gehievt wurde, der sich jetzt selbstverständlich verantwortlich zeigen muss, das kann man auch nicht schön­reden. Das ist ganz einfach Fakt. (Abg. Hanger: Dass du dich dieser schwa­chen Argumentation anschließt, finde ich schon wirklich auch sehr schwach!) –Ja, Herr Hanger, ja! (Abg. Leichtfried: Geh, Herr Hanger!)

Wissen Sie, ich wollte jetzt gar nichts mehr dazu sagen, aber wenn Sie hier schon stehen und mich so anschauen (Abg. Gerstl: Ein bisschen mehr Respekt, bitte!): Wir haben uns ja jetzt im Untersuchungsausschuss monatelang an­schauen können, wie diese Postenbesetzungen abgelaufen sind. Da hat man immer gesucht: Wer ist denn loyal gegenüber der ÖVP und wer ist steu­erbar? Das waren die zentralen Fragen (Abg. Hanger: Wo haben wir die Argumente her?), mit der Kompetenz dürfte man es nicht so genau genommen haben, sonst hätten wir jetzt nicht 2 Milliarden Euro verspekuliert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gerstl: Und Sie haben nur Österreich angepatzt! Sie patzen ständig Öster­reich an!)

Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause, ich will mich an Sie wenden; ich lasse das jetzt hier aus! Wenn Sie sich ärgern, dann tun Sie das zu Recht. Ich komme jetzt nur mit ein paar Rechenbeispielen, dass Sie sich vorstellen können, was alternativ mit 2 Milliarden Euro, mit so einer Summe machbar wäre.

Mit 2 Milliarden Euro könnten wir Windparks bauen, die fast eine Million Haushalte mit erneuerbarer Energie versorgen könnten. (Abg. Voglauer: Sagen Sie das der SPÖ in Kärnten!) Mit 2 Milliarden Euro hätten wir beispielsweise end­lich flächendeckende Kinderbetreuungsplätze in Österreich umsetzen können. (Beifall bei der SPÖ.) Mit 2 Milliarden Euro könnte man die Ausgaben beim


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Kinderbetreuungsgeld und bei der Mindestsicherung fast verdoppeln. – Nur dass Sie eine Ahnung haben, was das für ein Brocken an Geld ist, der hier ver­zockt wurde – stattdessen leider am Aktienmarkt gelandet. Wie hoch der Betrag genau sein wird, werden wir erst sehen, aber es wird Verantwortliche dafür geben müssen, gerade jetzt in einer Zeit der sozialen Krise, der hohen Inflation und auch der Klimakrise. (Abg. Zanger: 2 Milliarden Euro, da könnt ihr ... Pension schicken!)

Herr Finanzminister, Sie haben sich nicht einmal getraut, dies auch auszuspre­chen. Die Fragen waren sehr genau formuliert, Sie haben die 2 Milliarden Euro nicht einmal in den Mund genommen, so als würde es dann nicht an Ihnen picken bleiben. Jetzt ist es grundsätzlich zu spät dafür. Wir haben eindeutig gesehen, mit dieser Bundesregierung wird das nichts mehr. Machen Sie den Weg frei (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ) und sprechen Sie endlich das aus, wo­rauf die Österreicherinnen und Österreicher ein Recht haben, es zu er­fahren! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Was ist mit Neuwahlen?)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte.


16.26.42

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Innenminister! Geschätzte Damen und Herren hier im Saal, auf der Galerie und auch zu Hause vor den Empfangsgeräten! Man ist es ja schon fast gewohnt, dass in den letzten Jahren immer mehr Politik gemacht wird – im Hohen Haus und auch außerhalb – mit Angriffen auf Personen in der Öffentlichkeit, oft unbewiesenen, meist unbewiesenen Angriffen auf Personen mit Vorver­urteilungen, die man dann nicht zuletzt auch in den Medien herbeiführt, und das geschieht jetzt gerade wieder gegen einen Mitarbeiter der OeNB. Ich will mich an diesen Politikstil nicht gewöhnen! (Beifall und Bravoruf bei der


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ÖVP. – Abg. Krainer: Das ist kein Mitarbeiter! Das ist ein Direktor, ein politischer Mann!)

Meine Damen und Herren, die Zentralbanken haben in den letzten Jahren eine Geldpolitik betrieben – nicht nur in Europa, auch darüber hinaus –, um die Wirtschaft zu stabilisieren, um das Zinsniveau niedrig zu halten, das wissen wir alle. Sie haben ziemlich sicher auch zu spät begonnen, der Inflation, die daraus ein Stück weit resultiert, entgegenzuwirken, und hätten etwas früher mit den Zinserhöhungen beginnen sollen. Damit hätten wir wahrscheinlich so manche Überhitzung vermeiden können. Aber es musste doch jedem klar sein, dass in dem Moment – Frau Kollegin Doppelbauer hat das eh schon sehr schön ausgeführt –, in dem man diese Politik richtigerweise beendet, natürlich die Kurse oder die Wertigkeit der in viel zu großem Umfang durch die­se Politik angekauften Anleihen sinken wird. Da ist Österreich aber kein Ein­zelfall. In nahezu allen anderen Ländern haben die Anleihen, die gekauft wurden, ähnliche Wertverluste erfahren wie jene von der OeNB angekauften Anleihen. Das ist nichts Ungewöhnliches, das war auch ein Stück weit zu erwarten.

Man darf eines nicht übersehen, meine Damen und Herren, bei aller Kritik am zu späten Stoppen dieser Politik; vielleicht war sie auch generell etwas überzo­gen, aber europaweit und weltweit praktiziert: Es haben Staaten als Schuldner und Private als Schuldner in diesen Jahren mit etwa 50 Milliarden Euro von diesen niedrigen Zinsen profitiert.

Jetzt, wo wir das beenden müssen, sind tatsächlich – aber das war ein Stück weit zu erwarten, wenn man diese Politik beendet – Wertverluste von 2 Milliar­den Euro eingetreten. Halten wir dem aber entgegen, was alles durch diese Niedrigzinspolitik an Investitionen möglich war, zu höchst niedrigen Zin­sen, wie Staaten und auch Private als Schuldner davon profitiert haben!

Wir diskutieren regelmäßig mit der OeNB im Budgetausschuss oder im Finanz­ausschuss auch die Politik der OeNB. Das ist auch gut so, sie sind uns dort verantwortlich, und wir können es auch hier herinnen gerne sachlich diskutieren.


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Aber das alles, was ich jetzt gesagt habe, zum Anlass zu nehmen, den Effekt einer europäischen Politik an einer Person, auf diese Art und Weise an einem Mitarbeiter der Notenbank festzumachen (Zwischenruf des Abg. Matz­netter), nur weil er eine Nähe zur ÖVP hat, das ist eine Schweinerei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie, den Ausdruck „Schweinerei“ zurückzunehmen, Herr Abgeordneter! (Abg. Matznetter: Vor allem, es hat nichts zu tun mit ...! – Abg. Kopf: Verzeihung, Herr Präsident! Ich habe die Frage nicht ver­standen! War die Frage, ob ich es zurücknehme?) – Ja. (Abg. Kopf: Das tue ich mit dem Ausdruck des Bedauerns! – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Angerer. – Abg. Leichtfried: So wird das bei der ÖVP gehandhabt! Wenn ich sage Arroganz, ...!)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte sehr.


16.31.04

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe tatsächlich noch nie eine Dringliche Anfrage erlebt, bei der die Kernfragen so wenig beantwortet wurden und bei der offensichtlich eine Stunde, eineinhalb Stunden nach Beginn der Diskussion in der Thematik noch immer keine Klarheit herrscht.

Herr Bundesminister! Die einfache Frage, wie viel der ausgewiesenen Verluste der Oesterreichischen Nationalbank spekulativer Natur sind und wie viele einfach auf Abschreibungen im Rahmen der von der EZB getätigten Anlagen­käufe entfallen, haben Sie nicht beantwortet. Dabei ist das ja genau die Kernfrage: ob erwartbare – und nun halt in der Zwischenbewertung auch aus­gewiesene – Verluste vorhanden sind oder ob tatsächlich mit Steuergel­dern spekuliert wurde. Das ist die Frage 38 in der Dringlichen Anfrage des Kol­legen Krainer, auf die Sie uns die Antwort bis jetzt noch immer schuldig geblieben sind, auf die wir noch warten.


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Falls es tatsächlich entsprechende Spekulationen gegeben hat, eigenmächtig von einem Direktor der Oesterreichischen Nationalbank - - (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) – Bitte sehr? (Bundesminister Brunner: ... den Gouver­neur fragen!) – Ja. Falls es tatsächlich Spekulationsverluste gegeben hat, stel­len sich die Fragen: Waren Sie informiert? Wann wurden Sie informiert? Warum wurde der Generalrat über diese Verluste nicht informiert – was mein aktueller Wissensstand für den heutigen Tag ist? Warum wurde der Finanz­ausschuss nicht darüber informiert, bei dem die Gouverneure der Noten­bank auch entsprechend Berichte abliefern? – Das wären eigentlich Fragen, bei denen ich mir erwarten würde, dass Sie als Finanzminister für Aufklärung sorgen (Abg. Haubner: Das hat er eh beantwortet!), und ich möchte Sie darum er­suchen, dies möglichst zeitnah zu tun. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Der zweite wesentliche Punkt ist heute auch schon vielfach angesprochen wor­den, das ist nämlich die Geldpolitik, die hier in Europa durch die EZB betrie­ben wird, und die Frage, wie unabhängig die EZB tatsächlich ihr Mandat verfolgt oder ob da nicht doch sehr stark politischen Einflüssen nachgegeben wird, die unter anderem vielleicht auch aus Österreich kommen. Auch das sollten wir einmal erörtern. Denn: Die Währungsstabilität – das Hauptziel der EZB – ist ja offensichtlich durch die momentane Geldpolitik nicht gewährleistet, bei den Inflationsraten, die wir momentan haben, und den starken Schwankungen, die eine Prognose für die nächsten Jahre nahezu unmöglich machen.

Wie ist das Ganze gekommen? – Der ursprüngliche Auftrag der EZB, dass es zu keiner Verallgemeinerung der Schulden kommt, dass, wenn schon Schulden gemacht werden – diese Ausnahmekonstrukte –, Anleihen nur anteilig im Verhältnis der jeweiligen Anteile der nationalen Notenbanken gekauft werden, all das ist in den vergangenen Jahren über den Haufen geworfen worden.

In den Coronajahren wurden von einzelnen Staaten mehr Anleihen aufgekauft, als sie insgesamt im ganzen Jahr überhaupt emittiert haben – also eine


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Refinanzierung durch die Notenpresse, wie man laienhaft sagen würde –, und dass das Ganze natürlich die Inflation befeuert, ist eine selbsterfüllende Prophezeiung gewesen.

Ich kann mich noch gut an die Diskussionen mit den Notenbankgouverneuren im Finanzausschuss im Herbst 2021 erinnern, als wir schon gesagt haben, dass die Inflationsprognosen deutlich höher angesetzt werden müssen, dass diese sehr optimistisch niedrig gerechnet worden sind – das war noch weit vor einem Ukrainekrieg. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese niedrigen Ein­schätzungen nicht auch ein bisschen der Politik zuliebe getroffen worden sind oder ob sie tatsächlich so unabhängig von der Notenbank selber getrof­fen worden sind.

Das Resultat ist auf jeden Fall, dass wir im Bereich der Anleihekäufe, auch im Bereich der Veranlagungen der Oesterreichischen Nationalbank nun mit massiven Verlusten konfrontiert sind, durch diese – auch europäische – Auswei­tung der Geldmenge und die Anleihekaufprogramme. Österreich hat unter Ihrer Führung auch ganz massiv daran mitgearbeitet. Die 100 Milliarden Euro an neuen Schulden, die Österreich in den vergangenen drei Jahren gemacht hat, haben ja das ganze System auch mit angefeuert.

Da möchte ich vielleicht auch noch eine kurze Replik auf Kollegen Schwarz ma­chen: Die einzigen Jahre, in denen es zu keiner signifikanten Neuverschul­dung gekommen ist, waren die beiden Jahre, in denen die FPÖ mit in der Regie­rung war, mit der ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.) Danach, in den drei Jahren ÖVP mit Grünen: 100 Milliarden Euro neue Schulden in den letzten drei Jahren; und im heurigen Jahr – Herr Bundesminister, Sie kennen Ihren eigenen Voranschlag – werden wir mit den 25 Milliarden, die jetzt inklusive Ermächtigun­gen beschlossen sind, wahrscheinlich nicht einmal ein Auslangen finden.

Das heißt, Sie selber befeuern mit Ihrer nationalen Politik, mit Ihrer Schulden­politik auch die weiteren Verluste in der Nationalbank, und wer auch im-


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mer dem Märchen, dass diese Schulden ja eigentlich sogar fast ein gutes Ge­schenk für den Staat Österreich und für den Steuerzahler sind, Glauben geschenkt hat, der wird jetzt gerade im Moment und mit diesen ausgewiesenen Verlusten der Oesterreichischen Nationalbank eines Besseren belehrt. Nichts im Leben ist gratis, und auch diese Schulden haben einen hohen Preis, den nicht nur wir selber, sondern wahrscheinlich noch unsere Kinder und Kindeskinder werden bezahlen müssen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Litschauer.)

16.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. (Abg. Leichtfried: Ja, aber nicht ohne Schild! Das wäre ja ein nicht regulärer Auf­tritt! Ohne Taferl ist das schwierig!)


16.35.58

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Minister! Kollege Leichtfried, das mit den Taferln ist schwierig (Zwischenruf des Abg. Kopf), ich kann sie ja nicht mehr hinstellen. (Abg. Leichtfried: Ach so!) Das ist wahrscheinlich durchaus Absicht, damit euch meine Taferlauftritte erspart bleiben. (Allgemeine Heiterkeit.) Vielleicht kann der Herr Präsident dafür sorgen, dass man doch da vorne noch eine Leiste hingibt (Abg. Schmuckenschlager: Da haben wir uns wochenlang darüber unterhal­ten, ... Taferl ...!), damit ich meine Taferln als bessere Visualisierung für die Zuseher auch präsentieren kann. (Abg. Tomaselli: ... T-Shirts drucken lassen!) Es wurde mir das also abgestellt; ich werde mir eine Lösung überlegen. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Jetzt aber zurück zum Thema: Es wurde ja von vielen ÖVP-Vorrednern die expansive Geldpolitik als der Weisheit letzter Schluss und als die große Rettung für alle dargestellt. Unmengen von Geld, Milliarden sind gedruckt worden, und Kollege Peter Wurm hat ja schon die entscheidende Frage aufgeworfen: Wo ist denn das Geld in Wahrheit hingekommen?


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Ich möchte da schon einmal die Geschichte der expansiven Geldpolitik so be­leuchten (Zwischenruf des Abg. Eßl), wie sie tatsächlich war. Im Jahr 2008 – viele haben das wahrscheinlich schon vergessen – hat es in Amerika ein unwahr­scheinliches Immobilienkarussell gegeben (Zwischenruf des Abg. Matznetter), das in letzter Konsequenz zum Konkurs der Lehman-Bank geführt hat. Wieso? – Weil in Amerika Hypothekenbanken (Abg. Kassegger: ... Hypo Alpe-Adria! – Heiter­keit des Abg. Wöginger) Geld ohne Ende, nur besichert durch immer höher steigende Grundstückspreise, vergeben haben und dieses Karussell zusammen­gebrochen ist. Lehman ist pleitegegangen, und dann sind die amerikani­schen Banken hergegangen und haben diesen gigantischen Schuldenberg in Loans, in Anleihen, verpackt und haben sie am europäischen Markt verkauft. Europäische Banken haben diese Anleihen gekauft, wären ebenfalls pleitegegangen, und dann ist die Politik in Erscheinung getreten.

Die Politik hat nicht nur in Amerika unglaublich viele Hypothekenbanken, die dieses Spekulationskarussell zugelassen und befeuert haben, mit öffentli­chen Mitteln gerettet, sondern auch in Europa wurden Hypothekenbanken und weitere Banken mit öffentlichen Mitteln gerettet. Das heißt, der Steuer­zahler, der normale kleine Sparer, das Volk hat das Desaster dieser Spekulations­blasen, verursacht durch unvorsichtige Hypothekenbanken, in Wahrheit finanziert. Mario Draghi als EZB-Präsident hat dann im Jahr 2016 sogar die Null­zinspolitik einleiten müssen, damit die Staaten überhaupt noch ihre Defizite finanzieren können.

Die Wahrheit ist doch, dass diese Nullzinspolitik natürlich auch den südeuropäi­schen Staaten immens hilft, die ohne dieses billige Geld ja überhaupt nicht in der Lage wären, ihre Defizite zu finanzieren. Eines muss man den Österreiche­rinnen und Österreichern schon einmal sagen: Die EZB finanziert die Defi­zite der Südländer, und diese sind gigantisch. Italien hat eine BIP-Verschuldung in Höhe von 150 Prozent. Italien wäre ohne dieses billige, geschenkte Geld der letzten Jahre überhaupt nicht in der Lage gewesen, seine Budgets zu­stande zu bringen.


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Was ist die Konsequenz dieser immensen Geldflutung? – Die Konsequenz ist, dass sich die Staaten billigst refinanzieren konnten, indem sie Geld ohne Ende billigst aufgenommen haben, so nach dem Motto: Weil das Geld eh nichts kostet.

Der kleine Sparer, und dorthin komme ich jetzt, hat draufgezahlt – er hat in ganz Europa draufgezahlt, er hat in Österreich draufgezahlt –, weil nämlich die Sparer für ihre Spareinlagen – am Sparbuch, für Bausparverträge et cetera – kei­ne Zinsen mehr bekommen haben.

Was ist also die Moral dieser Geschichte? – Den Letzten beißen die Hunde. Der kleine Sparer hat die Zeche bezahlt, während die Großen Feten gefeiert haben und mit öffentlichen Mitteln ganz nach dem Motto too big to fail gerettet wurden.

Das ist keine Sozialpolitik, die wir als Freiheitliche Partei haben wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter – in Richtung des das Redner:innenpult verlassen­den Abg. Hauser –: ... mit den Privatzimmervermietern, Herr Kollege?  Abg. Hauser – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Das nächste Mal wieder! Wir sind auch die Kleinen! – Abg. Michael Hammer: ... als Speerspitze!)

16.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ler­cher. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.40.41

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, die Debatte führen wir hier nur, weil Sie nicht geantwortet haben, weil Sie nicht die Klarheit gegeben haben, die uns als Parlamentarierinnen und Parlamentariern, glaube ich, zusteht. (Beifall bei der SPÖ.) Und, Kollege Kopf, das ist der Politikstil, den wir nicht mehr zu akzeptieren bereit sind, denn Regierung braucht Kontrolle (neuerlicher Beifall bei der SPÖ), das ist die ureigenste Aufgabe einer oppositionellen Kraft.


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Wir haben, glaube ich, bei einem Verlust von 2 Milliarden Euro berechtig­terweise Fragen gestellt – was nicht gekommen ist, sind Antworten. (Abg. Kopf: Sie haben eine Person verunglimpft!)

Wissen Sie, Herr Minister, Kollege Krainer hat mir den Zettel mitgegeben, der Ihnen ausgehändigt wurde, mit dem Sie vor Monaten informiert wurden, wie und wo die Verluste entstanden sind. Das ist interessant: die Staatsanleihen minus 4,7 Prozent, Unternehmensveranlagung minus 12 Prozent und die Aktien minus 20 Prozent. Unser Vorwurf ist nicht, dass das im Rahmen des euro­päischen Veranlagungsprogrammes passiert ist, unser Vorwurf ist, dass die OeNB selbst diesen hochspekulativen Weg genommen hat, und das zum Schaden von Österreich. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Fürlinger.)

Wissen Sie, da stellt sich dann schon die Frage – die haben die Grünen ja auch zu Recht angebracht –, wer die Anlagestrategie in der Oesterreichischen Natio­nalbank verändert hat. Wer hat das gemacht? Welche Rolle hat Direktor Steiner gespielt, und ist durch diese Art und Weise ein Schaden für die Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler entstanden, und das in der ureigensten Aufgabe der OeNB? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, das dürfen wir fragen, wenn 2 Milliarden Euro weg sind; und wenn wir berechtigterweise fragen, wäre es schön, wenn Sie antworten. Diese Antworten sind Sie schuldig geblieben. Das ist nicht der neue Stil, den wir uns in diesem Haus gewünscht haben, das ist, glaube ich, nicht das Miteinander, von dem die ÖVP geredet hat. Ganz ehrlich: Berechtigte Fragen erfordern Ant­worten. Diese kommen von Ihnen nicht, und das wollen und werden wir hier in diesem Haus nicht akzeptieren, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Was niemand bereit ist, zu sagen, ist nämlich, dass die Finanzpolitik in Europa, in Österreich neue Regeln braucht. Es braucht einen sogenannten Systemwan­del: Die Spekulation darf nicht die größte Rendite auslösen. Das ist nicht in Ord­nung, das will die Sozialdemokratie nicht! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe mich ja über die Rede des Kollegen Wurm und anderer hier an dieser Stelle, die das bekrittelt haben, gefreut. Wichtig wäre halt, dass ihr es euren Vertretern im Finanzausschuss auch erklärt, weil diese immer dabei sind, wenn es darum geht, die Renditen durch Spekulation zu erhöhen (Abg. Mi­chael Hammer: Weißt du das erst seit dem Bawag-Skandal oder hast du das vorher auch schon gewusst? Wie viele Milliarden waren es in der Karibik? 6 Milliarden? 6 Milliarden in der Karibik versenkt!), und das ist, glaube ich, nicht im Sinne eurer Fraktion und auch nicht im Sinne von Österreich.

Wir alle, und da kann man die Freiheitliche Partei auch nicht auslassen, die wir lange hier sind und Verantwortung gelebt haben, haben nämlich Fehler gemacht – alle! Die Frage ist, was wir aus diesen Fehlern lernen. (Abg. Michael Hammer: Ja, eh nichts gelernt!) Wenn ihr euch heute hierherstellt und sagt, dass ihr noch überhaupt nie einen Fehler gemacht habt, dann ist das unwahr. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das hat ja keiner gesagt!) Die Freiheitliche Partei hat viele Fehler gemacht, auch zum Schaden der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land. (Abg. Michael Hammer: Was ist mit dem Konsum? – Ruf bei der ÖVP: Bawag!)

Ganz ehrlich: Der Finanztrick, den sieht man in Graz, wo 500 000 Euro an Partei­geldern verschwinden und irgendwo bei einem Parteigänger auftauchen. (Abg. Michael Hammer: Oh, jetzt kommt alles auf!) Das ist ein Zaubertrick à la FPÖ, den wollen wir woanders nicht sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es euch ganz ehrlich: Wenn wir Fragen stellen, dann wollen wir Ant­worten. Das steht diesem Haus, glaube ich, zu.

Sehr verehrter Herr Minister, wenn Sie eine Pensionsdebatte führen wollen, dann reden wir zuerst darüber, was Sie gemacht haben: Die Hacklerregelung und jetzt auch noch die Altersteilzeit wurden abgeschafft. Das ist Pensionsraub an der Masse, darüber können wir diskutieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haub­ner: Das braucht er alles für die Luxuspensionen!)

16.45



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

16.45.08Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Diese betrifft den Antrag der Abgeordneten Becher, dem Bautenausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 3090/A eine Frist bis zum 1. März 2023 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäfts­ordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf; dem Erstredner stehen 10 Minuten zur Verfügung. Reden von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen ebenfalls nicht länger als 10 Mi­nuten dauern.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.


16.46.00

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohnen ist ein Grundbedürfnis und dadurch natürlich auch eine wichtige Aufgabe des Staates. Wir Politikerinnen und Politi­ker in diesem Haus tragen die Verantwortung dafür, dass ausreichend Wohnraum zur Verfügung gestellt wird und dass sich die Menschen das Wohnen auch leisten können.

Das Volkswohnungswesen – heute heißt es sozialer Wohnbau – steht als Aufgabe des Nationalrates in der österreichischen Bundesverfassung, und trotzdem


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war dieses Thema in den letzten Wochen für die Bundesregierung eher ein Rand­thema, denn die Mitglieder der Regierungsparteien haben sicher – so wie ich – viele Meldungen aus der Bevölkerung bekommen (Abg. Zarits: In Wien!), wie es den Menschen wegen der hohen Mieten geht. (Abg. Zarits: Aus Wien die meisten!)

Ich möchte nur eine zitieren. Frau Waltraud S., 53, schreibt mir: „Es ist nicht mehr auszuhalten, wie soll ich die Miete noch aufbringen?“ (Abg. Belako­witsch: Wohnt die in Wien bei Wiener Wohnen?) „Ich kann meine Wohnung nicht mehr angemessen heizen, Gas habe ich bereits abgedreht und heize mit einem kleinen Holzofen. Ich spare sogar beim Essen und ich versuche so oft wie möglich bei Verwandten zu Besuch zu sein, um Heizkosten zu sparen.“ (Abg. Belakowitsch: Die wohnt wahrscheinlich bei Wiener Wohnen!) „Aber nicht nur mir geht es so! Meine Nachbarn, ein Student und eine Studentin, haben eine sehr kalte Wohnung und sind oft krank.“

Das schreibt eine Frau, die tagtäglich arbeitet, die berufstätig ist und am Ende des Monats mit leeren Taschen dasteht. Dieses Schicksal berührt natür­lich. Dem steht die Untätigkeit der Bundesregierung gegenüber, und das beim Thema Wohnen, wo es bereits fünf nach zwölf ist. (Abg. Eßl: Wohnt sie in Wien?) ÖVP und Grüne verantworten den Anstieg der Kategoriemieten um 17,5 Prozent (Abg. Steinacker: Wiener Wohnen! Das macht aber schon die Inflation! Komm, bitte!), und freie Mieten und Richtwertmieten sind ebenfalls angestiegen.

Die Mieten galoppieren den Einkommen davon (Abg. Michael Hammer: In Wien? – Abg. Leichtfried: Geh, Hammer! – Abg. Michael Hammer: Das ist Faktum!), und bei diesem Galopp merken viele, die ÖVP und Grüne gewählt haben, dass sie auf das falsche Pferd gesetzt haben (Beifall bei der SPÖ – Abg. Eßl: Was macht Ludwig?), denn wenn die Politik nichts unternimmt, werden die gesetzlichen Richtwertmieten bereits in zwei Monaten nochmals teurer, und wenn der Nationalrat nicht einschreitet, unterschreibt Ministerin Zadić eine Anhebung im Ausmaß von 8,6 Prozent.


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Noch einmal: Das Geld, das für Lebensmittel, Energie, Sport, Schule, Kinder, Urlaub und alles andere aufgewendet werden könnte, fehlt dann den Menschen. Geld verschwindet aber nicht einfach, Geld wechselt nur den Besitzer.

Um es noch einmal zu sagen: 80 von 100 Mieteuros fließen zu den reichsten 10 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher. Die Mieteinnahmen des Jahres 2000 in Höhe von 1,9 Milliarden Euro sind im Jahr 2020 auf 4 Milliar­den Euro gestiegen (Abg. Steinacker: Wie viel davon die Stadt Wien?), das heißt, sie haben sich verdoppelt. Das ist eine radikale Umverteilungspolitik von der Mitte der Gesellschaft zu denen, die ganz oben sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Da ist aber die Gemeinde Wien auch dabei, oder?)

Das war in Österreich nicht immer so und das muss auch nicht so sein. (Abg. Michael Hammer: Nein, das war nur in Wien so!) Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In der letzten von der SPÖ geführten Regierung gab es mehrere Wohnrechtsre­formen, darunter auch solche, die ein Sinken der Mieten bewirkt haben. Die Aus­laufannuitäten bei den Genossenschaftswohnungen, die Reparaturpflicht der Vermieter bei Gasthermen (Abg. Michael Hammer: Und das Gesetz gilt in Wien nicht!) bis hin zur Mietvertragsgebühr – das alles haben wir damals abgeschafft.

Die Bundesregierung, bestehend aus ÖVP und Grünen, setzt hingegen ganz an­dere Schwerpunkte. Wohnrechtsreformen bei ÖVP und Grün haben mehr Bürokratie, die Rücklagen bei den Eigentumswohnungen und Genossenschafts­wohnungen steigen. Dabei liegen ganz notwendige Reformen an, um Woh­nen wieder leistbar zu machen. Die SPÖ hat mit dem Universalmietrecht ein Bei­spiel auf den Tisch gelegt, das ökologisch ist, das faire Mieten hat und einen fairen Ausgleich zwischen Vermietern und Mietern bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP lehnt das ab. Wir haben ein Maklergesetz nach deutschem Vorbild vorgelegt, ohne Umgehungsmöglichkeiten, haben das beim Entwurf ein­gefordert. Das lehnt die ÖVP, die Bundesregierung ab. (Abg. Tomaselli: Stimmt ja gar nicht! Das stimmt einfach nicht!) Wir haben eine Abschaffung der befris­teten Mietverträge eingebracht, damit die Menschen sicher wohnen können, und


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auch das lehnt die Bundesregierung ab. Und um ein ganz praktisches und eher kleines Beispiel zu nennen: Wir haben einen Antrag eingebracht, dass die Wasserzähler, die in jedem Haus vorhanden sind, nicht mehr alle fünf Jah­re, sondern alle zehn Jahre getauscht werden. Auch das wird von der Bundesre­gierung abgelehnt.

Zum Problem der hohen Inflation: Da hat die SPÖ in der Vergangenheit mit dem Inflationslinderungsgesetz bewiesen, dass es möglich ist; die SPÖ hat ge­zeigt, dass man die Erhöhung aussetzen kann – und nicht wie Türkis-Grün: ein­fach aufschieben. (Abg. Steinacker: Dann holt die Leute wieder ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: ... denn ausgesetzt?) Wie das funktioniert, hat die SPÖ im Antrag 3090/A auch vorgelegt.

Das 3. Inflationslinderungsgesetz (Abg. Belakowitsch: Setzen Sie das Inflations­anpassungsgesetz einmal aus!) sieht ein Aussetzen der gesetzlichen Mieterhöhung bis in das Jahr 2025 vor. Das sollte der Bundesregierung auch die nötige Zeit geben, endlich eine grundlegende Mietrechtsreform auszuverhandeln. (Abg. Belakowitsch: ... Wiener Wohnen mit gutem Beispiel voran ...!) Danach sollte es eine jährliche Mieterhöhung, die angemessen ist, geben, die sich in etwa um beziehungsweise unter 2 Prozent entwickelt.

Ich bitte Sie daher um Unterstützung für unseren Antrag. So sieht mieten aus! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sin­ger. – Bitte.


16.52.59

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die diese De­batte mitverfolgen! Frau Kollegin Becher hat es schon ausgeführt: Es geht um einen Antrag der SPÖ, der die Aussetzung der gesetzlich vorgesehenen


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Valorisierung der Kategoriemieten und der Richtwertmieten bis 31. März 2026 vorsieht, das heißt, drei Jahre lang soll es keine Indexanpassung geben.

Zunächst muss man klar ansprechen, dass die Auswirkungen dieses Antrages nicht den Bund, sondern die Vermieterinnen und Vermieter betreffen. Sehr geehrte Damen und Herren, konkret haben wir vor zwei Jahren in diesem Haus beschlossen, dass es bei den Richtwertmieten mit 1.4.2023 die nächste Indexanpassung geben wird. Das heißt, die Vermieter haben damit rechnen können, dass auch sie für die Inflation eine Mieteinnahmener­höhung erhalten werden. Wichtig ist das vor allem dann, wenn sie investiert haben oder investieren werden. Vielfach geht es bei diesen Mieten nämlich um Altbestände.

Eine besondere Herausforderung an die Wohnungspolitik ist, dass es gelingt, den benötigten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, den Altbestand zu erhalten und auch den aktuellen Wohnbedürfnissen entsprechend anzupassen, den Energiebedarf durch Sanierung zu senken – und das alles soll natürlich leistbar sein. Meines Erachtens gelingt das nur dann, wenn es eine Ausgewogen­heit in den Bedingungen sowohl für jene, die den Wohnraum schaffen, als auch für jene, die den Wohnraum nutzen, gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt vielfältige Gründe für die Höhe der Wohnkosten: die Grundkosten, den Baustandard, auch die Qualität der Wohnungen selbst, die Förderrichtlinien, die Sicherheitsvorschriften, die Normen, die Betriebskosten und natürlich jetzt auch die Inflation, um nur einige zu nennen. Diese haben in Summe die angespannte Situation in Bezug auf Leistbarkeit verursacht. Auf Vorschlag der Bundesregierung haben wir in diesem Haus viele Maßnahmen beschlossen, die für alle eine Unterstützung für das Wohnen bedeuten – für alle Mieter:innen, für die Vermieter:innen und für die Eigentümer:innen –: Stromkostenbremse, Teuerungsabsetzbetrag, Auf­stockung der Mittel zur Wohnungs- und Energiesicherung, Senkung der
Erdgas- und Elektrizitätsabgabe, Abschaffung der kalten Progression, um nur einige dieser Maßnahmen zu nennen.


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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Ich bin überzeugt, dass Sie den eingebrachten Antrag in abgeänderter Form auch an die Stadt Wien gerichtet haben. Ich bin gespannt, wie die Stadt Wien reagiert, ob sie tatsächlich eine Aussetzung der Mieterhöhung für die nächsten drei Jahre beschließen wird. (Abg. Leichtfried: Dass das eine Bundesgesetzgeberfrage ist, erschließt sich euch nicht!)

Zusammenfassend, sehr geehrte Damen und Herren: Die Koalition hat viele Un­terstützungsmaßnahmen beschlossen, um die Gesamtsituation abzufedern. Wir werden auch über die eine oder andere Änderung reden, aber ein Aussetzen in den nächsten drei Jahren kommt für uns nicht infrage. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. – Bitte.


16.57.16

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Singer, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Sie sind ein konstruktiver Diskussionspartner, auch im Ausschuss. Die wenigen Male, wenn der Bautenausschuss tagt, haben wir mit Ihnen eine gute Diskussion, und ich glaube, das sollte man auch hier im Plenum so anerkennen.

Fakt ist aber – und da muss ich Ihnen schon widersprechen –: Wir brauchen im Wohnbereich keine Unterstützungen mehr, wir brauchen in Wahrheit jetzt ein Einfrieren der Mieten (Beifall bei der SPÖ), weil es meiner Meinung nach dort Gefahr im Verzug gibt. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Wenn die Regierungspar­teien nicht einlenken, werden die Richtwertmieten dieses Jahr um wei­tere 8,6 Prozent steigen, nachdem 2022 schon um über 6 Prozent angepasst wurde. Das betrifft eine Million Haushalte, meine sehr verehrten Damen und Herren, denen ihr Grundbedürfnis Wohnen eigentlich unleistbar gemacht


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wird. Und diese Leute verlangen zu Recht keine Unterstützung von uns, sondern sie wollen Maßnahmen, die nur der Bund treffen kann, indem man dort eingreift, wo anscheinend der Markt, wo die gesamte Immobilienwirtschaft nicht mehr funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es Ihnen ganz offen und ehrlich (Abg. Eßl: ... Wien ... Bürgermeister Lud­wig  ..! – Ruf bei der ÖVP: Warum tut ihr es dann dort nicht? – Zwischenrufe der Abgeordneten Ottenschläger und Sieber): Ich weiß, ihr redet immer gern von Wien. Warum diskutieren wir denn über Wien? – Weil die Stadt Wien, so­zialdemokratisch geführt, Wohnungen geschaffen hat. In euren Städten gibt es die ja gar nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) In euren Städten gibt es die Ge­meindewohnungen ja gar nicht (Beifall bei der SPÖ – heftiger Widerspruch bei der ÖVP – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), weil ihr nie welche zu­sammengebracht habt, und jetzt möchten alle über die Stadt Wien diskutieren! (Zwischenruf der Abg. Steger.) Es ist der falsche Weg, Stadt und Land gegen­einander auszuspielen. (Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Das ist der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ.) –Das ist es, da teilt und spaltet ihr!

Fakt ist: Der Bund ist zuständig, der Bund muss liefern, die ÖVP ist nicht bereit. (Widerspruch bei der ÖVP.) Das ist es! Wenn Spenderinnen und Spender kommen (Zwischenruf des Abg. Gerstl), dann wird ein Gesetz in Sekundenschnelle verändert, aber wenn es Millionen von Bürgerinnen und Bürgern brauchen, tut ihr nichts, tut ihr gar nichts! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Ihr seid nicht bereit, mit uns über substanzielle Lösungen zu diskutieren. (Zwi­schenruf des Abg. Weidinger.) Ihr beruft ja in Wahrheit nicht einmal ge­scheit den Bautenausschuss ein. (Abg. Tomaselli: Ihr seid ja selber Obfrau!) Im Ausschuss habt ihr uns noch signalisiert – die Ministerin, auch Abgeord­neter Singer –, dass ihr wisst, dass es sich für die Mieterinnen und Mieter nicht ausgeht. (Abg. Eßl: ... Wien erhöht!) Heute stellt ihr euch her und lehnt wie­der eine Maßnahme der Opposition ab – aus parteipolitischem Kalkül. (Abg. Stein­acker: Nein, weil wir es differenzierter sehen! Schau einmal, wo die Steigerungen herkommen!)


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In Wahrheit haben sich die Mieteinnahmen der Immobilienwirtschaft von 2000 (Ruf bei der ÖVP: Der Gemeinde Wien!) bis heute von 1,9 Milliarden auf 4 Mil­liarden Euro (Abg. Obernosterer: SPÖ!) verdoppelt. Wo geht denn der Gewinn im­mer hin? (Abg. Ottenschläger: Verstaatlicht!) – Der Gewinn geht zu den We­nigen und die Lasten gehen zu den ganz normalen Leuten (Abg. Ober­nosterer: ... SPÖ!), denen ihr nicht bereit seid zu helfen. (Präsidentin Bures über­nimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen haben wir nicht nur das Einfrieren der Mieten vorgeschlagen (Zwischenruf des Abg. Eßl), sondern auch für die Genossenschaftsmieten die Wiedereinführung der Wohnbauinvesti­tionsbank. Das ist in der letzten Sitzung abgelehnt worden. Es war ein schwerer Fehler unter Schwarz-Blau, diese abzuschaffen, da es in den Bundesländern vor allem mit den Genossenschaftsmieten und Zinsanpassungen ein Rie­senproblem gibt. Wir brauchen leistbaren Wohnraum, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen ihn. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage ganz ehrlich: Wir sind bereit für jegliche Lösung, Hauptsache, sie hilft!, aber ich sage Ihnen auch ganz offen: Mit dem Grundbedürfnis Wohnen wurde viel zu lange zu Unrecht Gewinn gemacht (Zwischenrufe der Abgeordneten Eßl und Obernosterer), das müssen wir beenden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Eßl: Wien ist größter ...!)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun Abgeordneter Philipp Schrangl ge­meldet. – Bitte.


17.01.15

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und zu Hause! Warum reden wir so viel über Wien? (Abg. Leichtfried: Weil euch nix einfällt!) – Es ist einfach so, dass die meisten Richtwertwohnungen, um die es da geht, in Wien sind. (Abg. Laimer: ... Bundesgesetz! Abg. Leichtfried: Habts schon einmal was vom Bundesgesetzgeber gehört ...?)


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Es ist auch so, dass die Gemeinde Wien wahrscheinlich der größte Wohnungs­eigentümer der Welt ist, und es ist auch deswegen, weil die Gemeinde Wien mit dem roten Bürgermeister Michael Ludwig die Richtwerterhöhung, die Sie hier im Hohen Haus zum wiederholten Male ablehnen, gnadenlos um­setzt und gnadenlos in die Taschen von mehr als 500 000 Gemeindebaubewoh­nern hineingreift, ihnen das Geld herauszieht. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Zu den Sanierungen, die sie schon so lange verspricht und die so dringend not­wendig wären: Die Tageszeitung „Die Presse“ hat ausgerechnet (Abg. Leicht­fried: Na ja, dann!), dass mehr als 5 Milliarden Euro fehlen. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Der Rechnungshof hat uns hier bescheinigt, dass in Wien zu wenig saniert wird. In Wien sollte alle 30 Jahre saniert werden. Wie oft wird wirklich saniert? – Alle 67 Jahre, und damit erhöhen sich die Kosten. Man glaubt vielleicht, die Gemeinde Wien will sich etwas ersparen. Nein, ganz im Gegen­teil, der Rechnungshof hat konstatiert und festgestellt, es wird sogar noch teurer, als wenn man öfter sanieren würde. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Daher: Wir gehen bei Ihrem Antrag natürlich mit, weil wir das sehen und Sie vollkommen recht haben, nur: Die Glaubwürdigkeit bei der SPÖ ist halt ein­fach dahin. Warum? – Wie gesagt: Sie fordern es hier im Hohen Haus, set­zen es aber dort, wo Sie die Möglichkeit haben, nicht um! (Beifall bei Abgeordne­ten von FPÖ und ÖVP.)

Wir wollen – dazu wird heute ein Antrag eingebracht – wissen, ob der Bundes­gesetzgeber die Möglichkeit hat, die bis jetzt schon in Wien umgesetzten Mieterhöhungen zurückzunehmen. Daher muss der Bund prüfen, ob es Möglich­keiten gibt, den Gemeindebau vor der SPÖ in ganz Österreich und vor al­lem in Wien zu schützen. Einen entsprechenden Antrag habe ich, wie gesagt, ein­gebracht.

Auch die ÖVP wahrt längst nicht mehr den Anschein, sich für Mieterinteressen einzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Man versucht, sich seriös zu ge-


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ben – mein Kollege Singer ist es auch –, hinter den Kulissen demon­tiert das Wirtschaftsministerium jedoch den sozialen beziehungsweise den ge­meinnützigen Wohnbau, denn im sozialen Wohnbau wurden die Anleger­wohnungen implementiert. Ich habe es schon einmal gesagt: Anlegerwohnungen und gemeinnütziger Wohnbau ist, damit Sie es auch verstehen, wie Teufel und Weihwasser. Immobilienspekulanten, Banken und Versicherungen können fortan Sozialwohnungen zum Sozialtarif kaufen und in beliebiger Höhe an die Menschen vermieten. Dem müssen wir einen Riegel vorschieben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ein wohnpolitischer Raubzug, den wir auch aufklären müssen. (Abg. Sto­cker: Einmal ..., immer ...!) Martin Kocher ist da ein Anti-Robin-Hood, der den Menschen nimmt und den Reichsten gibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit wir uns bewusst sind, was das alles ist: Das ist der größte An­schlag auf leistbares Wohnen in dieser Zweiten Republik, er ist um ein Vielfaches größer als die verderbliche Privatisierung der Buwog. Wir sprechen über den schleichenden Abverkauf der Wohnungsgemeinnützigkeit; mehr als 700 000 Wohnungen, die einen wahnsinnigen Preisdämpfer auf dem österrei­chischen Mietmarkt darstellen.

Nicht nur wir Freiheitliche haben dieses Problem erkannt, denn auch die Wirt­schaftskammer, die Arbeiterkammer, der Österreichische Verband gemein­nütziger Bauvereinigungen, die SPÖ-Genossenschaftsfraktion Verein für Wohnbauförderung haben dieses Problem erkannt und alle haben ihre Stimme erhoben, auch der Niederösterreichische Landtag, in dem alle Parteien – ÖVP Niederösterreich, SPÖ Niederösterreich, die Grünen – einem FPÖ-Antrag zugestimmt haben, dass sich da etwas ändern muss, dass der Bundesge­setzgeber diesem schleichenden Abverkauf und dieser neoliberalen Agenda einen Riegel vorschieben muss.

Wie ist das Ganze passiert? – Ich glaube, wir müssen da fast von einem Gesetzesputsch gegen den sozialen Wohnbau sprechen, letztlich einem Geset­zesputsch gegenüber der demokratischen Kultur in diesem Hohen Haus.


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Da hat, denke ich, die Legistik die Mandatare, auch jene der Regierungsparteien, an der Nase herumgeführt. Ich habe mit allen Bautensprechern gesprochen – mit Kollegen Singer, mit Kollegin Tomaselli, die jetzt noch sprechen und hoffentlich auch ein Machtwort sprechen wird (Heiterkeit der Abg. Tomaselli) –, keiner wollte diese Anlegerwohnungen im sozialen Wohnbau. Daher frage ich mich: Wie konnte es so weit kommen? Will Martin Kocher den ge­meinnützigen Wohnbau zu Grabe tragen oder wurde auch er falsch informiert? (Beifall bei der FPÖ.)

Auf jeden Fall ist die dazugehörige Legistik schlecht – moralisch wie auch tech­nisch-handwerklich. Es kam da zu massiven Fehlern und zu einer Nacht-
und-Nebel-Aktion. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Zu diesen Sachen habe ich auch eine Anfrage an Justizministerin Zadić eingebracht, denn diese Schweigemauer muss endlich eingerissen werden.


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren bitte!


Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (fortsetzend): Ich komme zu meinem Schlusssatz, Frau Präsidentin: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wohnungsgemeinnützigkeit und ihr preisdämpfender Faktor auf alle Mie­ten in Österreich ist zu schützen. Ich gehe dabei von einem breiten Grundkon­sens aus. Schauen wir einmal, was Frau Kollegin Tomaselli jetzt sagt. Zu mir hat sie auf jeden Fall schon einmal gesagt, dass auch sie keine Anlegerwoh­nungen im gemeinnützigen Wohnbau will. (Beifall bei der FPÖ.)

17.07


Präsidentin Doris Bures: Ja, dann erteile ich Frau Abgeordneter Nina Tomaselli jetzt das Wort. – Bitte.


17.07.36

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schrangl, ich kann Sie beruhigen: Selbstver­ständlich will ich keine Anleger:innenwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau.


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Über den gemeinnützigen Wohnbau müssen wir heute sicher sprechen. – Herr Kollege Lercher, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie! Mit Sicherheit gab es in der Vergangenheit sehr, sehr viele Wohnbauerrungen­schaften, die auf Ihre Partei zurückgehen. Der wirklich großzügige gemein­nützige Wohnbau in der Stadt Wien ist nur ein Beispiel, denn – das kann man si­cher feststellen – der gemeinnützige Wohnbau ist langfristig die beste Miet­preisbremse. (Beifall des Abg. Schrangl.)

Was Sie aber schon in der letzten Sitzung und auch in dieser Sitzung wieder darbieten, das halte ich für sehr, sehr fragwürdig. Herr Kollege Lercher, ich halte es mit Ihnen: Es ist die Aufgabe der Opposition, Kontrolle durchzuführen. Es ist aber auch Aufgabe der Opposition, gute Beschlüsse herbeizuführen. Sich aber so darzustellen, dass die SPÖ alles macht und alle anderen nichts machen, halte ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, für wirklich frag­würdig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihre fragwürdige Taktik hatte im Übrigen kürzlich ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden, als der SPÖ-Politiker Herr Niedermühlbichler, Sie kennen ihn alle, als Geschäftsführer der Mietervereinigung eine Pressekonferenz zum neuen Makler:innengesetz abhielt. Er geht her – mit diesem Doppelhut, wobei man auch nicht ganz genau weiß, war es jetzt Wahlkampfhilfe für Niederöster­reich – und sagt, dieses Maklergesetz sei eine Verar-Punkt, Punkt, Punkt; die Medien haben es verniedlicht auf Verhöhnung.

Da muss ich wirklich sagen – ich weiß, Dankbarkeit ist keine politische Kate­gorie, aber –: Als Chef einer Mietervereinigung sich für die eigenen Mit­glieder nicht zu freuen und stattdessen die Mieterinnen und Mieter zu verunsi­chern, das geht überhaupt gar nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Und wenn Sie sich darüber beklagen, Herr Kollege Lercher, dass wir so gerne über Wien reden, dann muss ich Ihnen sagen: Ja, weil es halt auch darum


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geht, dass man Worten Taten folgen lässt. Es ist nun einmal so, dass Sie, wäh­rend Sie hier jedes Jahr, jeden Monat, in fast jeder Sitzung beklagen, dass die Mieten gesetzlich – auf Grundlage von Gesetzen, die Sie selber beschlossen haben! – erhöht werden, diese im Gemeindebau selber erhöhen. Tatsächlich sind die Mieten im Wiener Gemeindebau mit 6,15 Euro – das ist der Richtwert – noch höher als im gemeinnützigen Wohnbau. Die Leistung, das wissen wir aber auch vom Rechnungshof, ist tatsächlich eine schlechtere, denn der Rech­nungshof hat festgestellt: der gemeinnützige Wohnbau hat eine 3-pro­zentige Sanierungsrate – der Wiener Gemeindebau ist übrigens weiter unter 1 Prozent! (Ruf bei der ÖVP: So ist es! – Oh-Rufe bei der ÖVP.) Da frage ich mich schon: Was machen Sie mit all diesen Einnahmen? (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zweiter Punkt – Kollegin Disoski hat es das letzte Mal schon angesprochen –, die Wohnbeihilfe: Schleichend sind die Wienerinnen und Wiener in den letzten 20 Jahren um die Wohnbeihilfe gebracht worden, weil die Zugangsbar­riere nie erhöht worden ist. Für Einpersonenhaushalte liegt sie immer noch bei 730 Euro. Sie wissen, 730 Euro waren im Jahr 2000 etwas anderes als jetzt. Das heißt, bitte, in nackten Zahlen, dass in den letzten zehn Jahren die Zahl der Wohnbeihilfebezieher:innen in Wien von 50 000 auf 40 000 (Abg. Steinacker: Gesunken!) gesunken ist. Sie haben also die Menschen aus einer solch wichtigen Wohnkostenunterstützung schleichend hinausgedrängt. (Ruf bei den Grünen: Das soziale Wien!)

Ihre Kritik an der Wohnbaupolitik hat, das sage ich Ihnen auch, Ihren Höhepunkt, finde ich – weil Sie es jetzt wieder angesprochen haben, Herr Kollege
Lercher –, in der letzten Sitzung des Bautenausschusses erreicht, als Sie sich als Oppositionspartei bei den Regierungsparteien darüber beklagt haben, dass keine Sitzung des Bautenausschusses stattfindet, obwohl Sie selber die Obmann- beziehungsweise die Obfrauschaft dort bekleiden. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Strasser: Da kann man gratulieren!)


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Letztendlich kann ich festhalten: Wir kämpfen mit Nachdruck für leistbares Wohnen. Wir haben schon sehr, sehr viel auf Schiene gebracht, Sie ha­ben es heute gehört: die Ausweitung des Wohnschirmes, 450 Millionen Euro Heizkostenzuschuss, und das Maklergesetz kommt dann bei der nächsten Sitzung, da geht es auch wieder um zwei Bruttomonatsmieten.

Ich hoffe, wir finden für die Inflationsproblematik, also die Wertanpassung, auch noch eine gute Lösung. Jedenfalls: Der Kampf für leistbares Wohnen geht weiter, und ich würde mir wünschen, liebe SPÖ, dass wir diesen Kampf gemein­sam führen und nicht gegeneinander. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Voglauer – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Abg. Tomaselli –: Eine sehr gute Rede! – Abg. Leichtfried – in Richtung Abg. Voglauer –: Ihr seid auch leicht zu begeistern!)

17.12


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Johannes Margreiter zu Wort. – Bitte.


17.12.55

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Kollegin Becher hat heute in ihrer Rede einleitend zu dieser kurzen Debatte sehr viel Richtiges ausgeführt. Es ist tat­sächlich so: Wohnen ist für das Funktionieren der Gesellschaft ein ganz essenzielles Element. Und genau deshalb ist auch, glaube ich, in der Zeit der Ersten Republik schon in die Bundesverfassung geschrieben worden – Art. 11 Abs. 1 Z 3 –, dass das „Volkswohnungswesen“ Bundessache ist. Das heißt, es ist klar als politische Aufgabe definiert, ähnlich wie eben auch im Bereich Bildung – auch ein zentrales Bedürfnis –, wo es eine öffentliche Versorgung gibt und daneben ein privates Angebot, wie auch im Be­reich der Gesundheit.

Was mir beim Bereich Wohnen auffällt, ist, dass offenbar die Regierungsparteien da in den vergangenen Jahren, ich möchte fast sagen: Jahrzehnten, wirklich


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sehr versagt haben und eigentlich dazu tendieren, das ganze Problem auf die privaten Vermieter abzuwälzen. Dazu eine Zahl: Es gibt in Österreich circa 1,6 Millionen Mietwohnungen, davon sind 275 000 Gemeindewohnungen, 670 000 Genossenschaftswohnungen und der Rest sind private Wohnun­gen. Das heißt also, der Mietwohnmarkt wird ungefähr halbe-halbe von der öf­fentlichen Hand, von gemeinnützigen Bauträgern, die der Gemeinnützig­keit unterliegen, oder von Gemeinden, die auch das Gemeinwohl im Vorder­grund haben, und – die andere Hälfte – von privaten Vermietern, die ihr Kapital, ihr erworbenes Kapital zur Verfügung stellen, damit auch ein Beitrag zur Wohnversorgung geleistet wird, bedient.

Wenn wir von der Politik nun gefordert sind, für das leistbare Wohnen – Volks­wohnungswesen ist ja nichts anderes als leistbares Wohnen, wie der moder­ne Begriff dafür lautet – Maßnahmen zu setzen, so müssen wir das als Erstes im eigenen Bereich tun, das heißt, im gemeinwohlorientierten Bereich der Ge­meindewohnungen, im Bereich der Genossenschaftswohnungen, und nicht im­mer nur auf die privaten Vermieter schauen. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und ÖVP.)

Wie war die Entwicklung in den letzten 20 Jahren? – Wenn man sich anschaut, wie sich der Verbraucherpreisindex entwickelt hat, auf den auch im priva­ten Bereich die meisten Mietzinse indexiert sind, wie sich die Löhne in den letz­ten 20 Jahren entwickelt haben und wie sich die Immobilienpreise in den letzten 20 Jahren entwickelt haben, dann zeigt sich, dass sich der Verbraucher­preisindex am flachsten entwickelt hat. Da hat nie jemand gesagt, dass das eigentlich ungerecht ist, dass der Wert der Immobilie steigt, aber der Ertrag für den Vermieter nicht, weil der Index so flach ist. Jetzt, wo wir einmal eine Phase einer hohen Inflation haben, wo der Verbraucherpreisindex steigt, wäre man sofort da und würde sagen: Wir müssen die Indexe aussetzen, auch zulasten der privaten Vermieter – das ist im höchsten Maß ungerecht.

Da würde ich mir auch von der ÖVP, die ja früher einmal gesagt hat, sie ist die Partei des Eigentums, wirklich viel deutlichere Worte erwarten, dass die


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Aufgabenteilung klar definiert wird: Wofür ist die öffentliche Hand zuständig –die kann mit den Mieten unten bleiben, die muss gemeinwohlorientiert
sein –, und was machen die Privaten? Nur dann, wenn diese Aufgabenteilung gelingt, wird es auch gelingen, das Problem des leistbaren Wohnens in einer funktionierenden Weise in den Griff zu bekommen.

Kollege Schrangl hat für das, was er ausgeführt hat, natürlich meine volle Unterstützung. Der gesamte Wohnraum, der mit öffentlichen Mitteln gebaut worden ist, mit öffentlichen Mitteln geschaffen worden ist, muss zur öf­fentlichen Wohnversorgung bleiben. (Abg. Schrangl nickt.) Es geht nicht an, dass solche Wohnungen in das Privateigentum ausgeschieden werden und dann Private profitieren. Das ist also die Kehrseite – man sieht, ich bin also bei Weitem nicht ganz ein böser Neoliberalist, sondern ich sage: Dort, wo öffentliches Geld drinnen ist, sollen Private keinen Schnitt machen! Was aber privat geschaffen ist, soll privat bleiben, und da soll die Mietzinsbildung frei bleiben. Da wäre es eine grobe Ungerechtigkeit, die Mietzinserhöhung, die Indexanpassung auszusetzen. Letztlich würde das nur dazu führen, dass der Gebäudebestand verfällt und wir eine ähnliche Situation haben wie bei der Parteizentrale der SPÖ in der Löwelstraße, wo aufgrund mangelnder Miet­zinsanpassung kein Geld da ist, das Gebäude instand zu setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.17


17.17.45

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ich würde nun zur Abstimmung kommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen, dem Bautenausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 3090/A eine Frist bis zum 1. März 2023 zu setzen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Fristsetzungsantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

17.18.22Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Damit nehme ich nun die Verhandlungen über die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte.


17.18.40

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrtes Hohes Haus! Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Heute ist ein latcho dives. Latcho dives heißt ein schöner Tag, ein guter Tag. Es ist ein guter Tag für die Roma und Romnja, für die Sinti und Sintizze in Österreich, denn wir beschließen heute einen Antrag, der den 2. August zum auch österreichischen Roma-Holocaustgedenktag macht. Das heißt, unse­re Republik wird sich jeden 2. August an den Holocaust, an die Ermordung von 3 000 Roma und Romnja, Sinti und Sintizze im KZ Auschwitz erinnern.

Seit ich im Nationalrat bin, seit drei Jahren, war und ist es mir ein großes Anliegen, dieser Volksgruppe, dieser anerkannten Volksgruppe, in Österreich eine Stimme zu geben, einen Platz in unserer Gesellschaft zu geben. Roma und Romnja, Sinti und Sintizze sind es, die von all unseren autochtho­nen Volksgruppen noch immer am meisten diskriminiert werden. Alltagsdiskri­minierung, Arbeitsdiskriminierung, Polizeigewalt – all das steht täglich auf der Tagesordnung für Roma und Romnja, Sinti und Sintizze, und das in einem Österreich, das uns allen alle Chancen bieten sollte. Nein, für Roma und Romnja ist dem nicht so.

Über all die Jahre begleiten uns in unserer politischen Arbeit viele Vereine, viele Ehrenamtliche, hier in Wien, im Burgenland, aber auch über alle anderen Bun­desländer hinweg, die aktiv und täglich dafür kämpfen, dass Roma und Romnja


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die gleichen Rechte haben wie wir alle. Sie sind einerseits geschützt als autochthone Volksgruppe im Burgenland, aber auch hier in Wien, hier leben am meisten, aber sie sind auch durch die Roma-Strategie geschützt, und das macht sie so besonders. Ich erlebe sie als eine Gruppe, als eine Volksgruppe, die sich nicht nur damit beschäftigt, ihre Kultur zu leben, sondern auch weiter denkt und überlegt, wie man in Zukunft auch soziale Fragen, Gesellschaftsfragen gut lösen kann.

Besonders freut es mich, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, auch eine Hochschüler:innenschaft der österreichischen Roma und Romnja zu grün­den. Von dieser Stelle aus einen herzlichen Gruß an alle, die sich ehrenamtlich engagiert haben und es geschafft haben, dass wir heute diesen Entschlie­ßungsantrag gemeinsam beschließen werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Krisper.)

Wir sprechen jetzt hier unter diesen Tagesordnungspunkten auch über den zweisprachigen Unterricht, der gesetzlich verbrieft ist für das Burgenland und für Kärnten, gleichzeitig aber auch für die Steiermark, was ja ganz viele verges­sen. Uns geht es darum, die Sprachkompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken, in beiden oder in mehreren Muttersprachen. Zweisprachig auf­zuwachsen ist ein Privileg. Ich selbst bin stolz darauf, ohne Weiteres in zwei Sprachen zu denken, zu träumen und zu fühlen.

„Z jezikom smo ali nismo.“ – Mit der Sprache sind wir oder sind wir nicht, hat Florjan Lipuš, Preisträger des Großen Österreichischen Staatspreises, gesagt. Mit der Sprache sind wir dann, wenn wir sie auch entsprechend vermitteln, wenn unseren Kindern ein Unterricht zur Verfügung gestellt wird, der qualitativ hochwertig ist und mithalten kann mit den Entwicklungen der Lehrpläne, die wir ja immer wieder auch in diesem Haus novellieren.

Insofern breche ich heute eine Lanze für einen qualitätsvollen zweisprachigen Unterricht, damit unsere Kinder nicht nur so wie jetzt zum Beispiel in den Volksschulen bis zu Mittag gute zweisprachige Bildung erhalten, sondern wir uns


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zukünftig auch dem widmen, wie eine Ganztagsschule, wie ganztägige Be­treuung in beiden Sprachen ausschaut: durch Kompetenz im Unterricht, durch Kompetenz beim Spracherwerb, aber auch durch Kompetenz bei der Aus­bildung unseres Lehrpersonals. – Danke schön, hvala lepa. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bern­hard. – Bitte.


17.22.56

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte mich bei meiner Vorrednerin, bei beiden Fraktionen in Wirklich­keit, bei den Grünen und bei der ÖVP, für diese Initiative bedanken. Ein Gedenk­tag für die Roma und Sinti auf nationaler Ebene ist längst überfällig, und der 2. August ist sehr gut gewählt.

Vorredner von mir haben es schon gesagt, aber auch ich möchte es nicht unerwähnt lassen: Am 2. August 1944 war es so, dass im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau Abschnitt B aufgelöst worden ist und dass im Zuge dieser Auflösung in der Nacht vom 2. auf den 3. August 3 000 Roma und Sinti ihr Leben verloren haben – in einem Schreckensregime, in einem Holocaust, der vergessen worden ist, im Vergleich zur Schoah, die wir schon sehr oft hier im Hohen Haus diskutiert haben.

Für uns NEOS ist ganz zentral, dass wir uns neben dem Gedenktag auch wirklich mit unserer Erinnerungskultur beschäftigen, mit der Frage, wie wir mit dem, was in der Vergangenheit passiert ist, umgehen, um sicherstellen zu kön­nen, dass es keine Zukunft gibt, in der in irgendeiner Weise Ähnliches wieder in unserer Gesellschaft Platz findet. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Wir sprechen nicht von einer Träumerei oder von einer fernen Panik, wir sprechen von einem politischen Umfeld, das nicht nur in Europa, sondern auch in Österreich in den letzten Jahren wieder zu einer deutlichen Radikalisierung


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geführt hat. Wir sprechen davon, dass bei der Angelobung des Bundes­präsidenten bei seiner Rede, als er gesagt hat, dass wir gemeinsam an dem Nie­mals-Wieder jeden Tag aufs Neue arbeiten müssen, indem in unserer Ge­sellschaft etwas wie der Nationalsozialismus keinen Platz haben darf, eine Frak­tion im Hohen Haus nicht applaudiert hat, eine Fraktion im Hohen Haus sitzen geblieben ist. Und wir sehen, es ist der Keim in der Gesellschaft und der Keim in der Politik, der am Ende des Tages solche Verbrechen auch mög­lich macht. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Wir haben bei der ganzen Rede nicht geklatscht, Herr Kollege!)

Wenn die Freiheitlichen sich jetzt lautstark aufregen: Das Aufregen über den Vorwurf, dass Sie nicht mitmachen in einer Koalition derjenigen, die nicht vergessen wollen, regt Sie anscheinend weniger auf als der Vorwurf, dass Sie einmal nicht geklatscht haben. (Abg. Belakowitsch: Ich habe nur gesagt, dass wir die ganze Rede nicht geklatscht haben!)

Ich möchte aber auf etwas anderes eingehen, das uns genauso wichtig ist. So wie der Gedenktag ist auch ein Gedenkort, eine Gedenkstätte ein extrem wichti­ges Signal an die Roma und Sinti. Es ist auch ein Wunsch der Volksgruppen, dass sie einen Ort in der Bundeshauptstadt finden, an dem man den Opfern des Nationalsozialismus dieser beiden Volksgruppen auch tatsächlich eine würdige Erinnerung geben kann. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Eine Gedenkstätte ist nicht nur ein Platz, sondern sie ist ein Ort, an dem diejenigen auch eine Stim­me bekommen, die heute nicht mehr sprechen können. Daher haben wir NEOS im Ausschuss angeregt, dass wir in einem nächsten Schritt, nach einem Gedenktag, auch nach einer passenden Gedenkstätte in Wien Ausschau halten, um diesen nächsten Schritt auch gehen zu können. Wir werden dazu auch einen eigenen Antrag einbringen.

Abschließend zum zweiten Antrag, der ebenfalls im Ausschuss diskutiert worden ist, nämlich betreffend die Stärkung der Sprachkompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen: Dazu möchte ich nur einen Punkt anmerken, den wir


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auch Frau Ministerin Raab schon übermittelt haben: Die Volksgruppen werden noch immer in einer sehr starren Struktur gedacht, nämlich sehr regional, dort, wo sie herkommen. Das ist natürlich in den Siebziger- und Achtziger­jahren, als die Mobilität noch eine andere war, vollkommen richtig gewesen. In der heutigen Zeit, in der junge Menschen auch aus Kärnten, aus dem Burgenland Universitäten in anderen Städten besuchen, dort hinziehen, vielleicht eine Familie gründen, Kinder in die Welt setzen, ist das zu überdenken. Dort finden sie nicht diese Strukturen vor, dass auch das Slowenische und das Kroati­sche im Bildungsbereich, in der Kinderbetreuung angeboten werden.

Wenn wir auf das 21. Jahrhundert schauen und wenn wir wollen, dass die Volks­gruppen wieder zu jener Stärke kommen, auch sprachlich, die sie vielleicht vor 100 oder 200 Jahren hatten, dann müssen wir tatsächlich digitale Angebote schaffen, mediale Angebote und Bildungsangebote, die in ganz Österreich verfügbar sind, und nicht nur im Burgenland und in Kärnten. Nur so gelingt es, diese Traditionen, Rituale und insbesondere die gesamte Volksgruppe auch in die Zukunft zu führen. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

In diesem Sinne vielen Dank für die Initiativen. Von unserer Seite, von uns NEOS gibt es dafür auch in Zukunft viel Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Mel­chior. – Bitte.


17.28.18

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Da­men und Herren hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Am 27. Jän­ner, also vor gar nicht allzu langer Zeit, haben wir hier im Parlament der Gräueltaten des Nationalsozialismus und deren Opfer gedacht. Ich möchte mich


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bei allen Beteiligten dafür bedanken, beim Präsidium – bei Ihnen, Frau Präsi­dentin, bei Herrn Präsidenten Sobotka, bei Präsident Hofer –, dass das hier in diesem Haus möglich war und ist, weil es so unglaublich wichtig ist.

Ich möchte das kurz erklären. Es gibt eine Ausstellung, in der die Namen, die Gesichter und die Geschichten hinter diesen Opfern dargestellt werden, und jeder, der sich die Zeit nimmt, diese Geschichten liest, sich diese Bilder an­sieht, kann nur tief betroffen sein von dem, was da passiert ist. Wir sind uns auch alle einig, dass es solche Gedenktage braucht, um immer wieder darauf aufmerksam zu machen, um niemals zu vergessen, was damals passiert ist. Deswegen noch einmal einen ganz großen herzlichen Dank an alle Beteiligten, die daran mitgewirkt haben, dass diese Veranstaltung möglich war. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Es hat mich auch überrascht, dass betreffend die Volksgruppe, die Gemeinschaft der Roma und Sinti diese Zusprache, dass es da auch Völkermord gegeben hat, erst so spät kam, das erst so spät anerkannt wurde, nämlich erst 2015 sei­tens des Europäischen Parlaments.

Unglaubliche 500 000 Menschen sind da ums Leben gekommen, weil sie der Roma-und-Sinti-Gemeinschaft angehörten. Das ist einfach unglaublich – auch die Geschichten. Ich habe mit einigen Überlebenden reden dürfen, ich habe mit Hinterbliebenen reden dürfen, und wenn man das hört, diese Geschich­ten hört, muss man sagen: Es ist wirklich bedrückend, und deswegen ist es auch so wichtig, dass wir zukünftig auch diesen Gedenktag, nämlich betreffend die Roma und Sinti, am 2. August, haben.

In diesem Sinne vielen herzlichen Dank auch für diesen Antrag, vielen Dank für diese Möglichkeit. Es ist unsere historische Verantwortung als Republik, aber es ist auch unsere Verantwortung in Österreich, der Menschen, die hier leben, dass sich so etwas nie wieder wiederholt, und dazu müssen wir uns stets bekennen. – In diesem Sinne herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

17.31



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 340

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


17.31.11

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir, die sozialdemokratische Fraktion, begrüßen es und unterstützen als Mitantragstel­ler:innen natürlich die Einführung eines nationalen Gedenktages zum Ge­denken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze.

Wir debattieren jetzt hier in diesem Hohen Haus gleichzeitig auch den zweiten Entschließungsantrag, dem wir auch unsere Zustimmung geben, nämlich die Sprachförderung der hier in Österreich verfassungsgesetzlich anerkannten Sprachgruppen im Bereich der schulischen Ausbildung.

Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir im Verfassungsausschuss die drei Berichte, die uns die Bundesregierung über die Volksgruppenförderung vorgelegt hat, nämlich die Berichte über die drei Jahre 2018, 2019 und 2020, in den betreffenden Jahren ausführlich hätten diskutieren können und nicht in Bausch und Bogen durchwinken. Das ist sehr bedauerlich, weil es wichtig ist, nicht nur an die Gräueltaten der vergangenen Jahrzehnte oder der dunklen Vergangenheit unserer Geschichte zu erinnern, sondern auch darüber zu disku­tieren, wozu Hass und Hetze, Vorurteile gegenüber Menschen, die auf­grund ihrer Ethnie oder Sprachzugehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit auch in der Sprache schlechter behandelt werden oder auch Spielball der Alltags­politik werden können, führen können, was da passieren kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich erinnere mich noch sehr genau an die Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1995, und ich möchte an dieser Stelle vier Namen vorlesen, die Namen von vier jungen Männern, Roma in Oberwart, die Opfer eines brutalen Attentats, einer Rohrbombe geworden sind: Das waren Erwin Horvath, Karl Horvath, Peter Sarközi und Josef Simon – vier junge


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Männer, die auf eine perfide Art und Weise umgebracht worden sind, weil an dieser Rohrbombe – sie haben sie als Bombe nicht erkannt – draufstand: „Roma zurück nach Indien“.

Das kann, wenn Menschen zum Spielball der Alltagspolitik werden und wenn auf Kosten von Menschen Hass und Hetze betrieben werden, uns allen passie­ren. Und dem müssen wir entschieden entgegenwirken – in unserem Wirken und tagtäglich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, wie wichtig es ist, die Sprachenvielfalt zu fördern. Sprachenvielfalt, eine zweite oder mehrere Sprachen zu sprechen, das ist eine Bereicherung und niemals eine Bedrohung für eine Gesellschaft.

In diesem Sinne bedanke ich mich für die Initiative, und wir werden unsere Un­terstützung auf jeden Fall geben. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

17.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


17.34.43

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren hier im Haus und vor den Bildschirmen! Latcho dives, dober dan, del tuha! Wenn wir über einen nationalen Gedenktag für die Roma und Sinti sprechen, dann ist nicht nur – wie bereits in den Vorreden ja dargestellt – an den Nationalsozialismus zu erinnern und an den 2. August bis 3. August 1944, als im Lagerabschnitt B II e in Auschwitz-Birkenau 3 000 Ro­ma und Sinti ermordet worden sind, sondern es ist auch daran zu denken, wie Roma und Sinti nach 1945 in der Zweiten Republik behandelt worden sind.

Wenn man bedenkt, dass erst 1988 eine Gesetzesänderung dazu führte, dass diese Volksgruppe – damals war sie noch gar keine Volksgruppe – im


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Opferfürsorgegesetz als Opfer anerkannt wurde, kann man sich imaginieren und vorstellen, welchen Weg sie nach 1945 gehen musste. Erst 1988 wurde im Zuge der Novellierung des Opferfürsorgegesetzes das Lager Lackenbach der Na­tionalsozialisten im Sinne der Haft anerkannt.

Heuer im Dezember feiern wir 30 Jahre Anerkennung der Roma und Sinti als Volksgruppe – meine Vorrednerin hat das Attentat erwähnt. Im heurigen Jubiläumsjahr können wir am 2. August zum ersten Mal auch diesen nationalen Gedenktag feiern. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich freue mich besonders, dass wir im Ausschuss diesen Gedenktag einstimmig, auch mit den Stimmen der FPÖ, beschlossen haben, weil ich denke, das ist ein Zeichen für Österreich und seinen Umgang mit dem Gedenken. Aber es geht eben nicht nur um einen nationalen Gedenktag, es geht auch um einen nationalen Gedenkort. Es gibt da und dort in einzelnen Gemeinden Gedenk­steine, Gedenkmale, Mahnmale, aber es geht um einen zentralen Ort. Jetzt kann man immer wieder diskutieren, ob es nicht für alle Holocaustopfer einen gemeinsamen Ort geben soll, aber solange – wie bis dato – die einzelnen Grup­pen immer noch einzelne und für die Gruppen spezifische Orte haben, wird sich dieser gemeinsame Ort perspektivisch noch nicht ergeben. Also muss es so­zusagen, und wir haben ja dazu auch schon einen Antrag formuliert und einen Antrag beschlossen, eine nationale Gedenkstätte für die Volksgruppe der Roma und Sinti geben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Berlakovich.)

Ich möchte, wie auch von meiner Vorrednerin angesprochen, darauf hinweisen, dass ich jetzt einen Unselbständigen Entschließungsantrag gemäß § 53 Abs. 1 GOG-NR der Abgeordneten Nikolaus Berlakovich, Sabine Schatz, Eva Blimlinger, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Gedenktag zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“ einbringe.

Es ist ein bisschen eine ungewöhnliche Vorgangsweise, aber es freut mich, dass wir das gemeinsam machen können.


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Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zum zweiten Tagesordnungspunkt, der jetzt debattiert wird, zu den Slowenen, Sloweninnen sagen – diesbezüglich wurde auch bereits vieles gesagt –: Vielleicht darf ich darauf hinweisen, was mir ein besonderes Anliegen ist: dass es eben diese schulische, vorschulische Erzie­hung nicht nur im Burgenland und in Kärnten gibt, sondern in ganz Öster­reich, dort, wo sich Angehörige der Volksgruppe ansiedeln, wo die Volksgruppe stark vertreten ist und es ganz im Sinne einer mobilen europäischen Gesell­schaft darum geht, dass man überall in Österreich diese zweite Sprache lernen kann, die ja auch die eigene Muttersprache ist.

Das heißt, das ist ein ganz zentraler Fokus, den wir darauf legen müssen.

Ein zweiter Punkt, der mir ganz wichtig ist – leider ist die Frau Bundesministerin nicht mehr hier –: die rasche Anerkennung der Jenischen als nächste Volks­gruppe. Sie ist in der Schweiz als Volksgruppe anerkannt, und auch da gilt es wirklich viel nachzuholen, was Entschädigungen, was das Gedenken, was überhaupt die Etablierung der Volksgruppe betrifft.

Ganz in diesem Sinne, im erinnerungspolitischen Sinne, sollte die Windisch-Kaserne endlich in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden. – Dober dan. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stöger: Brauchts es nur beschließen!)


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Blimlinger! Wenn dieser Entschlie­ßungsantrag ordnungsgemäß eingebracht werden soll, wovon ich ausgehe, dann müssen Sie den Text verlesen. (Abg. Blimlinger: Den gesamten Text?) – Nein, es sind ja nur fünf Zeilen. Wenn Sie wollen, stelle ich Ihnen die zur Verfü­gung, aber dieser Text muss für das Protokoll verlesen werden.


Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (fortsetzend): Ich bringe folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

gemäß § 53 Abs. 1 GOG-NR

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Sabine Schatz, Mag. Eva Blim­linger, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Gedenktag zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7, Bericht des Verfassungsausschusses über - -


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, auf der zweiten Seite, es beginnt mit „Der Nationalrat möge beschließen“! Sie müssen den Text aufmachen, Sie brauchen jetzt nicht die Begründung zu verlesen. (Abg. Belakowitsch: Sollte man als Abgeordnete können! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) So, und da beginnt es mit „Entschließungsantrag“, „Der Nationalrat möge beschließen“, und das müssen Sie uns mitteilen.


Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (fortsetzend): Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport, werden aufgefordert, den Völkermord an den Roma und Romnja, Sinti und Sintizze während des National­sozialismus als historische Tatsache anzuerkennen und den 2. August als nationalen Tag des Gedenkens an alle Opfer dieses Völkermords einzurichten.“

*****

(Beifall der Abg. Krisper.)

17.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 345

Unselbstständiger Entschließungsantrag

gemäß § 53 Abs. 1 GOG-NR

der Abgeordneten Nikolaus Berlakovich, Sabine Schatz, Eva Blimlinger, Michael Bern­hard, Kolleginnen und Kollegen

Nationaler Gedenktag zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7 „Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2723/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Niko­laus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines natio­nalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermor­deten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“, in der 195. Sitzung des National­rates, XXVII. GP, am 31. Jänner 2023

Begründung

Der Völkermord an den Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze wurde lange Zeit in der Aufarbeitung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs ausgeklammert und wird daher mitunter als „Vergessener Holocaust“ bezeichnet. Schätzungen zufolge wurden während des Nationalsozialismus rund 500.000 Männer, Frauen und Kinder aus der Roma und Sinti-Gemeinschaft in Europa als „Zigeuner“ oder „Asoziale“ ermordet. Lange Zeit gab es keine Form des offiziellen Gedenkens an die Opfer dieser rassistischen NS-Verfolgungs- und Vernichtungspolitik.

Erst am 15. April 2015, wurde der Völkermord an den Roma in einer Entschließung1 des Europäischen Parlaments als historische Tatsache anerkannt. In dieser Ent­schließung wurden alle EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, den Völkermord und andere Formen der Verfolgung der Roma und Sinti wie Deportation und Internierung während des Zweiten Weltkriegs offiziell anzuerkennen. In vielen EU-Mitgliedsstaa­ten gibt es eigene nationale Gedenktage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 346

Seither wird alljährlich am 2. August im Rahmen des europäischen Holocaust- Gedenktages der Opfer aus der Roma-Gemeinschaft während des Zweiten Weltkriegs gedacht. Der 2. August wurde dabei bewusst als Gedenktag gewählt: In einer ein­zigen Nacht wurden von 2. auf 3. August 1944 infolge der Liquidation des Lagerab­schnitts B II e, des sogenannten „Zigeunerlagers“, mindestens 3000 Roma und Romnja, Sinti und Sintizze, darunter Männer, Frauen und Kinder, im Konzentrations­lager Auschwitz- Birkenau ermordet.

Auch in Österreich wurden die grausame Verfolgung und Ermordung der Volksgruppe der Roma und Sinti während des Nationalsozialismus lange Zeit verschwiegen und verdrängt. Von den knapp 11.000 österreichischen Roma und Romnja sowie Sin­ti und Sintizze überlebte nur knapp jeder Zehnte den Roma-Holocaust (auf Ro­mani „Porajmos“).

Eine Kernaufgabe der Gedenkkultur ist es dazu beizutragen, dass sich Verfolgung und Ermordung sowie Hass und Hetze, wie dies während des Nationalsozialismus der Fall war, nie mehr wiederholen. Dazu braucht es eine würdige Gedenkkultur. Nationale Gedenktage können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Der während des Nationalsozialismus an Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze begangene Völkermord darf niemals in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig soll auch daran erinnert werden, dass bereits zuvor, nämlich im Mai 1944, die Auflösung des Lagerabschnitts B II ein Auschwitz-Birkenau und die Ermordung der KZ-Häft­linge in den Gaskammern geplant war. Lediglich durch einen mutigen selbst­organisierten Aufstand der Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze konnte dies zunächst unterbunden werden. Dieser mutige Roma-Widerstand gegen die Ver­nichtung stellt einen der wenigen Aufstände überhaupt in der Geschichte des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau dar, wurde aber bislang historisch nicht hinreichend gewürdigt.

Das Gedenken an den Porajmos ist zentral, um das historische Bewusstsein dafür zu schärfen, dass sich solche fürchterlichen Verbrechen niemals wiederholen dür­fen. Die Anerkennung und Verurteilung der Verbrechen ist von großer symbolischer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 347

Bedeutung für die Opfer und deren Angehörige. Gleichzeitig stellen die Anerken­nung und Verurteilung des Völkermords aber auch einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung aller Formen von Diskriminierung, Roma-Feindlichkeit und Anti­ziganismus dar, mit welchen diese ethnische Minderheiten bis heute konfrontiert sind. Der 2. August soll dazu dienen, über die Entstehung und die Ursachen solcher Gräueltaten aufzuklären und Bewusstsein für Frieden und Menschenrech­te zu schaffen sowie den Respekt gegenüber ethnischen Minderheiten zu fördern.

Die Republik Österreich bekennt sich zu ihrer historischen Verantwortung für alle Opfer von Verfolgung und Ermordung während des Nationalsozialismus, ein­schließlich aller Opfer des Roma-Genozids. Die unterfertigenden Abgeordneten an­erkennen den Völkermord an den Roma und Romnja, Sinti und Sintizze wäh­rend des Nationalsozialismus, verurteilen diesen auf das Schärfste und erklären ent­schieden, dass solche Verbrechen nie wieder verübt werden dürfen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport, werden aufgefordert, den Völker­mord an den Roma und Romnja, Sinti und Sintizze während des Nationalsozialismus als historische Tatsache anzuerkennen und den 2. August als nationalen Tag des Gedenkens an alle Opfer dieses Völkermords einzurichten.“

1     Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. April 2015 zum Internationalen Roma-Tag – Antiziganismus in Europa und Anerkennung durch die EU des Tags des Gedenkens an den Völkermord an den Roma während des Zweiten Weltkriegs (2015/2615(RSP)).

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 348

Präsidentin Doris Bures: Vielen Dank. Jetzt ist dieser gemeinsame Entschlie­ßungsantrag ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Taschner zu Wort. – Bitte.


17.41.33

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! „So viele Sprachen du sprichst, so oft bist du Mensch“. – Dieser Satz des Johann Amos Comenius, auch genannt Komenský, kommt mir in den Sinn, wenn wir im Rahmen dieses Tagesordnungspunkts auch über die Förderung der Muttersprachen der Angehörigen unserer Volksgruppen sprechen. Jan Komenský ist ja der Namensgeber einer hervorragenden Schule in Wien, wo Kinder mit tschechischer Muttersprache in Tschechisch unterrich­tet werden. So viele Sprachen du sprichst, so oft bist du Mensch. Die Bedeutung von Sprache kann ja auch im politischen Kontext nicht hoch genug einge­schätzt werden.

Sprache ermöglicht Enracinement, wie Simone Weil es genannt hat, Einwur­zelung. Sprache bedeutet für mich Heimat. Für Herrn Kollegen Berlakovich mag Heimat vielleicht in der pannonischen Tiefebene verortet sein, aber ich ver­orte sie eigentlich in der kroatischen und in der deutschen Sprache, die er spricht; und für Frau Kollegin Voglauer mag Heimat in den Karawanken ver­ortet sein, aber ich verorte sie auch in der slowenischen und in der deut­schen Sprache, die sie spricht. Diese beiden haben den Vorzug, mehrere Spra­chen, eine buntere Welt zu besitzen als ich, der ich nur die deutsche Sprache – zwar das klangvolle Deutsch des Österreichischen, aber doch nur die deutsche Sprache – meine Heimat nennen kann. Ich habe mit zehn Jahren erst angefangen, andere Sprachen zu lernen, und bin in diesen anderen Sprachen eigentlich nur ein wandernder Gast, ein hoffentlich geduldeter Gast, aber sie sind nicht Heimat für mich, wie sie für die anderen, die diese Sprache als ihre Welt betrachten, das Haus des Seins sind.


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Darum ist es unglaublich wichtig, dass wir uns der Sprache annehmen und dass wir die Förderung der Muttersprachen unserer Volksgruppen wirklich ernst nehmen. Es ist von großer Bedeutung, dies durchzuführen. Die Bundesländer sind dabei natürlich stark gefordert, zuallererst natürlich das Bundesland Kärnten, das Bundesland Burgenland, auch das Bundesland Steiermark, wie ich heute gelernt habe; aber, Kollege Bernhard hat es gesagt: Aufgrund der großen Mobilität ist es ja auch so, dass die anderen Bundesländer auch zu nen­nen sind, insbesondere das Bundesland Wien.

Wenn ich also Wien nenne, dann komme ich wiederum auf Komenský zu spre­chen, und ich blicke jetzt in die Reihen der NEOS, denn es wird ja in der Stadt Wien dann in den Aufgabenbereich des Bildungsstadtrates von den NEOS fallen, dass es gelingt, den Menschen diese Sprache von Kindesbeinen an beizubringen, damit sie für sie Heimat werden kann, damit wirklich eingewurzelt werden kann.

Für die Menschen ist es von Bedeutung zur Festigung ihrer Persönlichkeit, und für den Staat Österreich ist es von Bedeutung einerseits im Hinblick auf die Tradition und deren Erhalt in ihrer Buntheit und auf der anderen Seite für die Gestaltung einer reichen und wirklich bunten Zukunft.

In diesem Sinne hoffe ich, dass auch in der Stadt Wien diese Förderung von Muttersprachen der Volksgruppen, die wir hier in unserem Lande beherber­gen dürfen, gut gelingen wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der
Abg. Krisper.)

17.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


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Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses und fahre in der Tagesord­nung fort.

17.45.169. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3002/A der Abgeord­neten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlord­nung 1992, die Europawahlordnung, das Bundespräsidentenwahlge­setz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsge­setz 1989, das Volksbegehrengesetz 2018, das Wählerevidenzgesetz 2018 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (Wahlrechtsänderungs­gesetz 2023) (1911 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.


17.45.52

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gleich vorweg: Im Ausschuss haben wir noch gegen diesen Antrag gestimmt, weil eine Frage für uns offen war, die mitt­lerweile geklärt werden konnte. Wir werden daher heute dieser Wahlrechts­änderung zustimmen. Ich werde das kurz begründen.

Dieses Paket, das hier vorliegt, entspricht weitgehend dem, was wir in unserer Regierungszeit gemeinsam mit der ÖVP ausgehandelt haben. Kernpunkt dabei ist, unsere Kritik an der Briefwahl abzuarbeiten. Unsere Kritik an der Briefwahl war immer, dass dort die Grundsätze des Wahlrechts nicht gesichert sind, also: geheim, unbeeinflusst. Das ist bei der Briefwahl ein­fach nicht gewährleistet, und daher haben wir immer gesagt, die Briefwahl sollte


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auf ein Minimum reduziert werden, nur dort stattfinden, wo sie absolut notwendig ist, oder es sollten eben Maßnahmen gesetzt werden, dass die Pro­bleme, die mit der Briefwahl einhergehen, geringer werden. Das ist hier umgesetzt, in mehreren Punkten.

Es beginnt einmal damit, dass bis jetzt unklar war, ob eine Wahlkarte, die man per Post schickt, überhaupt angekommen ist und berücksichtigt wurde. Da ist jetzt eine Nachvollziehbarkeit vorgesehen.

Unsere zweite Sorge war eben, wenn man diese Briefwahlstimme zu Hause abgibt, dass vielleicht jemand danebensitzt und in Wirklichkeit das Kreuz für den Wähler macht oder ihn beeinflusst, ihn unter Druck setzt. Künftig kann man direkt beim Abholen der Wahlkarte bei der Gemeinde oder beim Bezirk sofort seine Stimme abgeben; also auch dieses Problem fällt weg – sofern man es als Wähler will.

Es ist im Zusammenhang mit dieser Reform auch die Barrierefreiheit vergrößert worden, es sind also einige Dinge gemacht worden, die uns sehr wichtig waren.

Ein Punkt bei der Briefwahl war auch immer, dass man erst Tage später erfahren hat, wie das echte Wahlergebnis ist, weil die Briefwahlstimmen erst am Fol­getag ausgezählt werden konnten, auch unter problematischen Bedin­gungen. Man kann sich an die Anfechtung der Bundespräsidentschaftswahl er­innern, die auch damit zusammenhing, wie dann diese Wahlkarten ausge­zählt wurden. Also auch das ist jetzt verbessert, es gibt jetzt eine verpflichtende sogenannte Samstagsentleerung bei der Post, das heißt, die Briefwahl­stimmen sollen dann schon am Samstag an die entsprechenden Wahlbehörden weitergeleitet und damit am Sonntag mitausgezählt werden.

Es gibt also eine Reihe von Maßnahmen, die dazu führen, dass die Briefwahl aus unserer Sicht sicherer und besser wird, und das ist etwas, was wir eben auch schon damals verhandelt und gefordert haben. Das ist jetzt umgesetzt, und das freut uns. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ein Punkt, der uns auch wichtig war, ist, dass der Beisitz bei der Wahl ein Ehrenamt bleibt, also dass da jetzt nicht irgendwelche Externen dazukommen, sondern dass die Parteien sich nach wie vor darum kümmern; auch das bleibt aufrecht. Es gab auch immer wieder die Diskussion, dass die Beisitzer in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich bezahlt werden. Auch das soll jetzt angeglichen werden, auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein Punkt, der noch offen war, weshalb wir im Ausschuss nicht zugestimmt haben, war, dass es ursprünglich hätte so sein sollen, dass Briefwahlkarten, die zugeklebt sind, ungültig sein sollten. Man kann natürlich argumentieren, dass man sie mit dem Zukleben allenfalls markieren kann, und das sollte natürlich nicht der Fall sein, aber das Wahlrecht muss vor dem Wahlgeheimnis gehen, denn das Wahlgeheimnis setzt ja zuerst einmal voraus, dass man überhaupt ein Wahlrecht hat. Das Wahlrecht muss wichtiger sein, und wir haben daher ge­sagt, dieser Nichtigkeitsgrund muss entfernt werden, denn es muss wich­tiger sein, dass eine Stimme gezählt wird, als dass sie wegen eines Formalismus für ungültig erklärt wird. Auch dem ist man nachgekommen, und damit sind für uns alle Punkte geklärt. Wir stimmen daher zu und freuen uns, dass da­mit in Wirklichkeit auch Anliegen, die uns immer wichtig waren, umgesetzt wurden. (Beifall bei der FPÖ.)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.


17.50.01

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ja, gut Ding braucht Weile. Demokratie ist ein Prozess. Sie entwickelt sich stets weiter, und so haben wir mit dieser Reform die Instrumente der Demokratie weiterentwickelt. Es ist schon selbstverständlich, dass Sie ein Volksbegehren von zu Hause aus unter­stützen können, nämlich elektronisch, und nicht mehr auf das Gemeinde­amt gehen müssen. Noch heute beschließen wir ein neues Wahlrecht.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ganz kurz die Punkte, die die wesentlichsten sind: Künftig können Sie bei der Abholung Ihrer Briefwahlkarte gleich am Gemeindeamt wählen, und dies barrierefrei.

Zweitens: Sie haben die Möglichkeit, mittels Handysignatur direkt Einsicht in das Wählerregister zu bekommen, um somit überprüfen zu können, ob Sie selbst wahlberechtigt sind oder nicht.

Drittens: Sie können bei der Briefwahl nun Ihr Briefkuvert mittels QR-Code ver­folgen und sehen, wann es bei der Wahlbehörde einlangt.

Viertens: In Zukunft sollen alle Wahllokale barrierefrei sein. Ab 1.1.2028 wird das nun verpflichtend sein; sprich: bei der nächsten Bundespräsidenten­wahl wird das schon gewährleistet sein.

Fünftens: Alle Beisitzer erhalten nun in ganz Österreich eine einheitliche Ent­schädigung, nämlich im Maximalausmaß von 100 Euro, abhängig davon, wie viele Stunden sie als Wahlbeisitzer tätig werden. Gleichzeitig wird aber, wie mein Vorredner schon gesagt hat, dieses Ehrenamt besonders geschützt. Es soll im Rahmen der Demokratie diese Unterstützung für die Wahl und die Kon­trolle der Wahl sicherstellen.

Sechstens: Die meisten Wahlkarten werden nun schon am Wahlsonntag ausgezählt werden können, was sicherstellt, dass wir am Wahlabend um 17 Uhr oder um 18 Uhr schon ein viel genaueres Wahlergebnis haben werden, als wir das je zuvor hatten.

Und schließlich werden wir noch zahlreiche Maßnahmen und Erleichterungen für die Gemeinden beschließen, die mein Kollege Fritz Ofenauer noch er­läutern wird.

Lassen Sie mich noch zu einem zweifachen Danke kommen, bevor ich den Abänderungsantrag einbringe. Mein erstes Danke gilt allen politischen Parteien


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und allen Institutionen, die daran mitgewirkt haben. Es war ein längerer Prozess, und es haben daran alle Parteien intensiv mitgewirkt. Ganz besonders möchte ich mich namentlich bei Herrn Kollegen Stöger und bei Frau Kolle­gin Schatz, bei meiner Kollegin Prammer von unserem grünen Koalitionspartner bedanken – vielen Dank für die intensive Zusammenarbeit –, bei Kollegen Niki Scherak, der dieses Gesetz für die NEOS intensiv verhandelt hat, und bei Frau Kollegin Fürst und Herrn Kollegen Stefan von der Freiheitlichen Par­tei. Danke, dass Sie alle so viel mitgearbeitet haben und dass wir einen gemein­samen Nenner haben finden können. Das war mir wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es war mir wichtiger, heute eine Wahlrechtsreform einstimmig zu verabschie­den, als in irgendeinem Punkt einfach recht haben zu müssen. Darum geht es, glaube ich, in der Demokratie, dass wir die Spielregeln für alle gleich auslegen und beschließen, denn das Wahlrecht eignet sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Schluss möchte ich noch zu einem ganz besonderen Dank kommen. Leider sehe ich ihn hier nicht, aber ich glaube, ich rede da im Sinne aller, die hier sind. Ich möchte mich noch beim Leiter der Wahlrechtsabteilung im Innenminis­terium, bei Mag. Robert Stein, ganz besonders bedanken. Er hat dieses Wahlrecht über drei Jahrzehnte immer weiterentwickelt, mithilfe der politischen Parteien weiterentwickelt, und war uns immer ein wichtiger Ratgeber. Dafür ein großes Danke, lieber Robert Stein! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS so­wie bei Abgeordneten der Grünen.)

Damit darf ich noch den Abänderungsantrag einbringen, der den Punkt beinhaltet, den mein Kollege Harald Stefan schon erwähnt hat, nämlich neben einigen legistischen Verbesserungen auch noch den Punkt, dass, wenn man eine Wahlkarte zuklebt – und ich sage dazu, dass die Wahlkarte, also das Kuvert nicht gummiert sein wird, damit man es eben nicht zukleben kann –, wenn man das Kuvert trotzdem zuklebt, die Stimme dann nicht automatisch als nichtig gilt. Warum machen wir das jetzt so? – Es ist uns wichtiger, dass man das


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Wahlrecht ausüben kann. Der Einzelne trägt das in Eigenverantwortung, wenn er damit vielleicht riskiert, dass seine Wahl offengelegt wird und damit das geheime Wahlrecht nicht mehr sichergestellt ist. Daher kann ich an dieser Stelle nur appellieren: Verschließen Sie Ihr Wahlkuvert nicht extra, dann ist alles kein Problem! Das stellen wir mit diesem Abänderungsantrag sicher. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag.ª Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Initiativantrag Antrag Nr. 3002/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahl­ordnung 1992, die Europawahlordnung, das Bundespräsidentenwahlge­setz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 2018, das Wählerevidenzgesetz 2018 und das Europa-Wäh­lerevidenzgesetz geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2023)
(1911 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Ausschussbericht in 1911 dB angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 wird in Z 27 in § 27 Abs. 5 das Wort „zustellungsbevollmächtigen“ durch das Wort „zustellungsbevollmächtigten“ ersetzt.

2. In Art. 1 wird in Z 49 in § 52 Abs. 6 das Wort „wahlberechtigten“ durch das Wort „wahlberechtigte“ ersetzt.


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3. In Art. 1 entfällt in Z 57 in § 60 Abs. 3 die Z 9 und erhält die bisherige Z 10 die Ziffernbezeichnung „9.“.

4. In Art. 1 lautet die Z 62:

„62. § 64 Abs. 1 lautet:

„(1) Für die Wähler sind blaue undurchsichtige Wahlkuverts zu verwenden, die auf der Lasche jeweils den Aufdruck „Bitte dieses Kuvert nicht zukleben!“ aufwei­sen. Für Stimmabgaben mittels Wahlkarten vor Wahlbehörden sind, ausgenommen bei Stimmabgaben gemäß § 70 Abs. 2, verschließbare beige-farbene Wahlku­verts zu verwenden, auf denen die Nummern der jeweiligen Landeswahlkreise aufge­druckt sind.““

5. In Art. 1 wird in Z 85 in § 84 Abs. 3, in Z 102 in § 90 Abs. 1 sowie in Z 104 in § 96 Abs. 2 jeweils der Ausdruck „60 Abs. 3 Z 6 bis 10“ durch den Ausdruck „60 Abs. 3 Z 6 bis 9“ ersetzt.

6. In Art. 1 wird in Z 109 in § 107 Abs. 9 das Wort „versteht“ durch das Wort „fest­steht“ ersetzt.

7. In Art. 1 wird in Z 114 in § 129 Abs. 14 der Ausdruck „Wahlrechtsänderungs­gesetzes 2023, treten“ durch den Ausdruck „Wahlrechtsänderungsgeset­zes 2023 treten“ und in § 129 Abs. 15 jeweils das Wort „treten“ durch das Wort „tritt“ ersetzt.

8. In Art. 2 wird in Z 15 in § 15 Abs. 5 das Wort „zustellungsbevollmächtigen“ durch das Wort „zustellungsbevollmächtigten“ ersetzt.

9. In Art. 2 wird in Z 24 in § 27 Abs. 4 das Wort „Wahlkarten-Schabloblone“ durch das Wort „Wahlkarten-Schablone“ ersetzt.

10. In Art. 2 wird in Z 36 in § 39 Abs. 7 das Wort „wahlberechtigten“ durch das Wort „wahlberechtigte“ ersetzt.

11. In Art. 2 entfällt in Z 42 in § 46 Abs. 3 die Z 9 und erhält die bisherige Z 10 die Ziffernbezeichnung „9.“.


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12. In Art. 2 lautet die Z 47:

„47. § 50 Abs. 1 lautet:

„(1) Für die Wähler sind blaue undurchsichtige Wahlkuverts zu verwenden, die auf der Lasche jeweils den Aufdruck „Bitte dieses Kuvert nicht zukleben!“ aufweisen.““

13. In Art. 2 Z 50, Z 72 und Z 75 entfällt jeweils in der Novellierungsanordnung das Wort „In“.

14. In Art. 2 Z 57 wird in der Novellierungsanordnung das Wort „Klamemerausdruck“ durch das Wort „Klammerausdruck“ ersetzt.

15. In Art. 2 wird in Z 70 in § 66 Abs. 3 sowie in Z 82 in § 72 Abs. 1 jeweils der Aus­druck „46 Abs. 3 Z 6 bis 10“ durch den Ausdruck „46 Abs. 3 Z 6 bis 9“ ersetzt.

16. In Art. 2 wird in Z 85 in § 78 Abs. 7 das Wort „versteht“ durch das Wort „fest­steht“ ersetzt.

17. In Art. 2 Z 88 entfällt in der Novellierungsanordnung der Ausdruck „1.“; in Z 88 wird in § 91 Abs. 17 der Ausdruck „Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023, tre­ten“ durch den Ausdruck „Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023 treten“ ersetzt.

18. In Art. 2 entfällt in Z 88 in § 91 Abs. 18 der Ausdruck „ , BGBl. I Nr. XX/2023“ und wird nach dem Wort „Dezember“ die Zahl „2027“ eingefügt sowie das Wort „treten“ durch das Wort „tritt“ ersetzt.

19. In Art. 3 entfällt in Z 16 in § 10 Abs. 5 die Z 12 und erhält die Z 13 die Ziffern­bezeichnung „12.“.

20. In Art. 3 lautet die Z 20:

„20. Nach § 10a wird folgender § 10b eingefügt:

„§ 10b. (1) Für die Wähler sind blaue undurchsichtige Wahlkuverts zu verwenden, die auf der Lasche jeweils den Aufdruck „Bitte dieses Kuvert nicht zukleben!“ aufweisen.


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(2) Für einen allfälligen zweiten Wahlgang gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, dass beige-farbene Wahlkuverts zu verwenden sind.

(3) Die Kosten der Herstellung der Wahlkuverts sowie für den Versand an die Bezirkswahlbehörden sind vom Bund zu tragen.““

21. In Art. 3 lautet die Z 27:

„27. § 14 Abs. 3 lautet:

„(3) Im Übrigen gelten für die Feststellung der örtlichen Wahlergebnisse sowie der Wahlergebnisse im Landeswahlkreis und in den Regionalwahlkreisen die ent­sprechenden Bestimmungen der §§ 84 bis 89 Abs. 1 und 2, 90 Abs. 6 und 7, 93 Abs. 1 erster Satz sowie die Abs. 2 bis 4, 95 Abs. 1, 96 Abs. 6 NRWO mit der Maßgabe, dass anstelle der in § 84 Abs. 3 NRWO angeführten Nichtigkeits­gründe des § 60 Abs. 3 Z 1 bis 4 die Nichtigkeitsgründe des § 10 Abs. 5 Z 1 bis 4 und 6 dieses Bundesgesetzes sowie anstelle der in § 84 Abs. 3 angeführten Nichtig­keitsgründe des § 60 Abs. 3 Z 6 bis 9 NRWO die Nichtigkeitsgründe des § 10 Abs. 5 Z 7 bis 12 dieses Bundesgesetzes treten und mit der Ergänzung, dass das Stim­menergebnis im Landeswahlkreis in einem Stimmenprotokoll festzuhalten ist, sowie die §§ 99, 103, 104 und 107 Abs. 9 NRWO sinngemäß mit der Maßgabe, dass die von Wahlkartenwählern abgegebenen Stimmen im Bereich der Wahlbehör­den zu zählen sind, in denen sie abgegeben wurden.““

22. In Art. 3 wird in Z 28 in § 14a Abs. 1 der Ausdruck „§ 10 Abs. 5 Z 7 bis 13“ durch den Ausdruck „§ 10 Abs. 5 Z 7 bis 12“ ersetzt.

23. In Art. 3 wird in Z 40 in § 28 Abs. 16 der Ausdruck „14 Abs. 3“ durch den Ausdruck „14 Abs. 3,“ und der Ausdruck „Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023“ durch den Ausdruck „Wahlrechtsänderungsgesetzes 2023, BGBl. I Nr. XX/2023,“ ersetzt.

Begründung

Zu den Z 3, 4 und 5, 11, 12 und 15 sowie 19, 20 und 22:


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Mit diesen Änderungen sollen die Gründe für die Nichtigkeit von Wahlkarten entgegen ursprünglicher Intentionen aufgrund intensiver Diskussionen hinsichtlich des Verhältnisses von Ausüben des aktiven Wahlrechtes versus eines mögli­chen Eingriffs in das Wahlgeheimnis nicht erweitert sondern an die Eigenverantwor­tung der Wählerinnen und Wähler appelliert werden.“

Zu den Z 1, 2, 6 bis 10, 13, 14 sowie 16 bis 18, 21 und 23:

Es werden redaktionelle Korrekturen vorgenommen, zu materiellen Änderungen kommt es dabei nicht.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen er­läutert, ist ausreichend unterstützt, steht daher auch mit in Verhandlung und wird gerade verteilt.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Alois Stöger zu Wort. – Bitte.


17.56.04

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Demokratie braucht Demokratinnen und Demokraten. Und beim Wahl­recht ist ganz wichtig, dass alle Demokratinnen und Demokraten darauf schauen, dass wir uns gemeinsam einigen, wie wir unsere Demokratie in diesem Land festigen. Ich bedanke mich und gebe den Dank auch an Herrn Abgeord­neten Gerstl und die Kolleginnen und Kollegen zurück. Es war ein sehr interes­santer und spannender Austausch, als wir diese Regelung gemacht haben. Abgeordneter Gerstl hat das in demokratischer Weise bereits erwähnt und hat auch die entsprechende Haltung eingebracht, dass nämlich alle daran teil­haben müssen, wenn wir wollen, dass die Demokratie außer Frage steht und wir ein Wahlrecht haben, auf das wir uns als demokratischen Grundkonsens einigen. Das ist gut, dafür bedanke ich mich, und ich sage auch ausdrücklich, dass das ein Weg ist, gemäß dem wir die Zusammenarbeit im Parlament insgesamt prägen sollten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Wem immer die Demokratie wichtig ist, der könnte sich den Prozess dieser Ge­setzwerdung ansehen, denn der war aus meiner Sicht sehr gut. Erstens: Es hat eine Ausschussbegutachtung gegeben. Alle Gemeinden, der Gemeindebund und der Städtebund haben sagen können, wie es denn in der Praxis ist. Wir haben dann eine Auseinandersetzung geführt. Die Legisten vertreten eher die Sichtweise des Bundes. Die Abgeordneten aus den Regionen haben manchmal eine andere Sicht. Es ist wichtig, dass alles auf den Tisch kommt, und ich glaube, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wir haben eine gute Änderung zustande gebracht.

Wichtig ist, dass die Tätigkeit in den Wahlkommissionen Ehrenamt bleibt. Es ist auch eine Bürgerpflicht: Jede Demokratin und jeder Demokrat ist verpflich­tet, für die Demokratie einen Beitrag zu leisten. Wir haben sichergestellt, dass die Gemeinden und die Städte die Aufwendungen, die sie für diese Bürger­pflicht und den Wahlprozess insgesamt haben, vernünftig abgedeckt bekommen. Auch das ist wichtig, und ich danke dafür. Es war keine Selbstverständ­lichkeit, aber es ist wichtig. Wir haben den Gemeinden also etwas gebracht.

Es ist wichtig, dass jede Stimme zählt. Ich glaube, auch das ist wichtig, und das hat man dann auch akzeptiert. Ich danke dafür. Uns ist auch wichtig, dass es keine Verwaltungsstrafbestimmungen gibt. Ich glaube, es reicht, wenn das Wahlrecht durch gerichtliche Strafen gesichert ist. Das reicht, und das haben wir gemacht.

In diesem Sinne sage ich herzlichen Dank dafür. Wir werden unsere Zustimmung erteilen. Und ich darf mich auch dem Dank an Mag. Robert Stein anschlie­ßen, der über viele Jahre hinweg dadurch einen zentralen Beitrag zur Akzeptanz der Demokratie in diesem Land geleistet hat, dass man Wahlen ordnungs­gemäß durchführen kann, und auch dafür gekämpft hat, dass das gemacht wird. Herzlichen Dank! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Lukas Hammer.)

17.59


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.



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17.59.48

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!

Da inhaltlich schon sehr viel zu diesem Gesetzentwurf gesagt wurde, dachte ich mir, ich könnte meine Redezeit dafür verwenden, um mich zu bedanken; auch das ist schon passiert, ich kann mich dem Dank nur anschließen.

Ich möchte diese Gelegenheit aber nutzen, um all jene, die immer wieder sagen: Ich kann mir diese Debatten nicht mehr ansehen, es wird doch nur gestrit­ten und es wird sich doch nur gegenseitig ausgerichtet, was man nicht alles schlecht und falsch machen würde!, darauf hinzuweisen: Schauen Sie sich diese Debatte an! Es ist tatsächlich so, dass wir alle, die wir hier herinnen sitzen, ein gemeinsames Interesse haben, und das ist der Kampf für die Demo­kratie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Demokratie ist unser wichtigstes Gut. Das Wahlrecht ist das Herz und das Rückgrat der Demokratie, deshalb ist es gerade in diesem Punkt gelungen, dass wir alle gemeinsam an einer Verbesserung der gegenständlichen National­rats-Wahlordnung gearbeitet haben, dass alle ihre Beiträge eingebracht haben. So unterschiedlich die Positionen auch teilweise sind, sind wir uns doch in einem einig: Das Wichtigste für das Funktionieren einer Demokratie ist ein freies, gleiches Wahlrecht für alle Menschen in diesem Land. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Lindner und Stöger.)

Genau von diesem Gedanken ist nicht nur diese Novelle getragen, von diesem Gedanken war auch der Weg dorthin getragen. Die Verbesserungen, die wir hiermit machen – sei es die bessere Rückverfolgbarkeit des Weges, den Wahlkarten gehen, von der Beantragung bis hin zu den Wahlberechtigten und wieder zurück zur Wahlbehörde, sei es die Auszählung am selben Abend, seien es, was auch ein ganz wesentlicher Punkt ist, die Verbesserungen bei der Barrierefreiheit –, waren uns allen wichtig, und deshalb haben wir diese


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Verbesserungen gemeinsam auf den Weg gebracht. Ich denke, es ist doch ein sehr gutes Zeichen, dass wir gerade in einer der ersten Sitzungen im neu renovierten Parlament das Wahlrecht stärken, verbessern und für bes­sere Abläufe sorgen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Stöger.)

Dass wir für Menschen mit Behinderungen die Ausübung des Wahlrechts erleichtern – es besser zugänglich machen –, ist ein Ausdruck dessen, dass alle Menschen sich an diesem demokratischen Prozess unter gleichen Bedin­gungen beteiligen können müssen, denn das ist das wirklich Wesentliche. Es darf für niemanden irgendwelche Erschwernisse bei der Ausübung des Wahl­rechts am Wahltag geben.

Wir stellen all diese Bedenken der Gemeinden, die dem Entwurf entgegenge­bracht wurden – natürlich kommen auf manche Gemeinden aufwendige Arbeiten zu –, gar nicht in Abrede, aber wir haben einen Zeithorizont für die Umsetzung gewählt, der allen Interessen gerecht wird.

Noch einmal: Ich denke, dieser Prozess und diese ganze Debatte zeigen, wie wichtig uns allen hier herinnen der Kampf für die Demokratie ist. Das Wesen des Parlamentarismus ist es, unterschiedliche Ansichten zum Ausdruck zu bringen, aber trotzdem gemeinsame Lösungen zu finden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Stöger.)

18.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Sche­rak. – Bitte.


18.03.44

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will jetzt nicht der Spielverderber sein, aber ich wundere mich über die überschwängliche Freude darüber, dass man sich mit der Opposition zusammengesetzt hat und ge-


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meinsam versucht hat, Lösungen zu finden. Das sollte eigentlich der Normalzu­stand in einem Parlament sein. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir sind gewählt worden, um gemeinsam Ergebnisse zu liefern, und das wurde hiermit gemacht. Das ist etwas Positives. Ich glaube, ein mustergültiger Pro­zess, wie man gemeinsam unterschiedliche Ideen zusammenträgt, könnte noch besser ausschauen. In Wirklichkeit haben wir einen Antrag der Regierungs­parteien zugeschickt bekommen, dann hat man uns gebeten, zu kommen und zu sagen, was wir davon halten. Man könnte ja auch im Vorfeld fragen, wel­che zusätzlichen Ideen wir haben. Nichtsdestotrotz stimmt es, dass es nicht Usus im Haus ist, dass man sich überhaupt mit der Opposition zusammensetzt. Das ist schade und das sollte sich ändern.

Die Änderungen, die in der Nationalrats-Wahlordnung und in anderen Wahlordnungen gemacht werden, sehen wir selbstverständlich positiv. Es ist schon angesprochen worden, die Verbesserungen im Hinblick auf Bar­rierefreiheit sind essenziell. Es ist unsere Aufgabe hier, das so gut es geht und so rasch wie möglich zu verbessern.

Positiv sind auch die Änderungen im Hinblick auf die gesamte Wahlkarten­logistik. Es wird in Zukunft so sein, dass mehr Wahlkarten schon am Wahlsonntag ausgezählt werden, was dazu führt, dass das Endergebnis zumindest eher feststeht. Es wird am Wahltag noch nicht zu 100 Pro­zent feststehen, weil es weiterhin Wahlkarten gibt, die sich in anderen Sprengeln befinden und die erst später ausgezählt werden, aber es wird immerhin schneller feststehen.

Was ich sehr positiv finde und wofür wir NEOS seit vielen Jahren kämpfen, sind die zusätzlichen Vorwahltage, die in Wirklichkeit Vorwahlwochen sind. Ich als Bürger habe künftig die Chance, meine Wahlkarte gleich, wenn ich sie abhole, auszufüllen und bei der Gemeinde abzugeben. Das ist ein ganz positives Zeichen für die Demokratie.


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Was ich auch sehr positiv finde, und das haben wir auch lange gefordert, sind Vereinheitlichungen betreffend Entschädigungen für Wahlbeisitzer. So wichtig das für die Demokratie ist, ist es dennoch eine Herausforderung, Men­schen zu finden, die das machen. Für kleinere Parteien ist es in manchen Gebieten schier unmöglich, genügend Leute zu stellen. Ich glaube, dass wir hiermit zumindest einen Anreiz schaffen können, dass das besser wird.

Was mich nicht so sehr freut – es ist aber nicht so gravierend, dass wir deswe­gen nicht zustimmen würden –, ist die Situation, die wir in Zukunft betref­fend Hauskundmachung haben. Es wird weiterhin einen Aushang geben, aber es wird nicht so wie bisher entsprechend klar ersichtlich sein, in welchem Top wie viele Wahlberechtigte leben. Das hat auch datenschutzrechtliche Gründe, die ich gut nachvollziehen kann. Ich glaube, die Lösung mit dem
QR-Code ist eine sinnvolle. Sie wird nicht für alle Menschen nachvollziehbar
sein, weil es einfach Menschen gibt, die die technischen Hilfsmittel dazu nicht haben, aber ich glaube, wir haben da eine sinnvolle Lösung gefunden.

Was wir uns darüber hinaus noch gewünscht hätten – da gibt es ganz, ganz viele Sachen, ich will nur eine Sache erwähnen; ich habe das auch den Kollegin­nen und Kollegen von den Regierungsparteien geschickt, vielleicht überlegt man sich das bis zum nächsten Mal –: Es ist so, dass man die Unterstützungser­klärung für Volksbegehren mittlerweile nicht nur mehr in der Heimatgemeinde abgeben kann, sondern auch in anderen Gemeinden und online. Wir haben vorgeschlagen, dass man das auch bei Wahlen machen können soll – zumindest in einer anderen Gemeinde als in seiner Heimatgemeinde.

Der Herr Innenminister kommt genauso wie ich aus Niederösterreich. Es soll dort schon einmal vorgekommen sein, dass bei jemandem, der eine neue Partei mit einer Unterstützungserklärung unterstützen will, nachgefragt wird, ob man sich denn sicher ist, dass man das will. Dagegen könnte man einfach Abhilfe schaffen, indem man es ermöglicht, dass man in eine andere Gemeinde gehen kann, in der man vielleicht nicht erkannt wird. So würden wir der


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Demokratie auch in dieser Hinsicht einen positiven Dienst erweisen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Prinz.)

18.07


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Gerhard Karner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


18.07.34

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Auf die Gefahr hin, dass Sie die eine oder andere Dublette oder Wiederholung im Hinblick auf die Argumente und Ziele, die betreffend diese Wahlrechtsreform bereits ausgeführt worden sind, hören werden: Mir als zuständigem Minister ist es ein Anliegen, zu diesem wichtigen Tagesordnungspunkt einige Punkte zu erwähnen, weil das auch Teil des Regierungsprogrammes ist. Wir setzen das jetzt mit einer breiten Zustimmung, mit Einstimmigkeit um, und das freut mich als zuständigen Minister sehr.

Ich bedanke mich bei allen für die intensiven Beratungen, für die intensiven Dis­kussionen, die Gespräche, die es gegeben hat – auch noch nach dem Aus­schuss, als noch einige Punkte geändert wurden –, und für die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen.

Moderner, bürgernäher, den Lebensrealitäten angepasst – das waren wesentli­che Zielsetzungen dieser Wahlrechtsreform. Ich möchte drei wesentliche Eckpunkte hervorstreichen, die wie gesagt, und jetzt wiederhole ich mich, be­reits angesprochen wurden, aber die es aus meiner Sicht einfach wert sind, nochmals erwähnt zu werden.

Der erste Punkt – ganz wichtig – betrifft die Verbesserung für Menschen mit Behinderungen. Ab Anfang 2028 soll Barrierefreiheit in allen Wahllokalen gegeben sein; derzeit sind 75 Prozent aller Wahllokale barrierefrei. Das ist ein ambitioniertes Ziel, das wird für viele Gemeinden kein einfacher Schritt, es ist aber notwendig, um den Zutritt entsprechend zu erleichtern.


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Auch die Drucksorten sollen einfacher lesbar gestaltet sein, auch das ist in dieser Novelle, in dieser Reform verankert.

Der zweite Punkt, Abgeordneter Scherak hat das vorhin sehr genau skizziert, be­trifft die Handhabung der Wahlkarten. Die Bürgerinnen und Bürger können den genauen Weg der Wahlkarte klar nachverfolgen, sie wissen genau, wann die Wahlkarte kommt und wann sie wählen können.

Die Auszählung der Wahlkarten am Wahlabend, auch ein wichtiger Punkt, wurde von meinen Vorrednern, von den Damen und Herren Abgeordneten, auch schon skizziert, genauso wie die Möglichkeit der Wahl vor dem eigentlichen Wahl­tag bei persönlicher Abholung der Wahlkarte.

Einen dritten Punkt möchte ich noch unbedingt ansprechen, eine Anpassung an die reale Lebenswelt, das ist mir auch sehr wichtig. Sie wissen das, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich war selber auch viele Jahre Bürgermeister in einer kleinen Gemeinde in Niederösterreich. Dieser Ent­fall des Samstags für die Eintragung für Volksbegehren vor Ort auf der Gemeinde ist eine wesentliche Entlastung für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Gemeinden, weil wir ja sehen, dass es immer mehr Volksbegehren gibt – Gott sei Dank, ein wichtiges Mittel der direkten Demokratie –, aber auch immer mehr von der digitalen Unterschrift Gebrauch machen.

Das heißt, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an diesen Samstagen dort gesessen und vor allem in kleinen Gemeinden wurde keine einzige Unter­schrift geleistet. Daher ist das, denke ich, ein Schritt in die Zukunft, der viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Gemeinden entlastet. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt. Ich bedanke mich sehr dafür, dass das möglich war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, es wurde angesprochen, Herr Abgeordneter Stöger: Die Entschädigung für die Gemeinden wurde mehr als verdoppelt. Auch das ist wichtig, weil


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das natürlich Kosten für die Gemeinden verursacht. Da haben wir ordentlich nachgebessert.

Daher möchte ich mit einem dreifachen Danke schließen: Das erste Danke gilt jenen, die dazu bereit sind – und deren Bürgerpflicht es auch ist, wie ge­sagt wurde –, ich habe das letzten Sonntag, am Wahltag, in Niederösterreich gesehen, nämlich die Funktion der freiwilligen, der ehrenamtlichen Wahl­helferinnen und Wahlhelfer zu übernehmen.

Ich habe in meiner Gemeinde die drei Wahllokale besucht und gesehen, da wird der ganze Sonntag damit verbracht, dass man sich eben in den Dienst der Demokratie stellt. Diesen Wahlhelfer:innen, den Zeugen, allen, die da mit dabei sind, möchte ich an dieser Stelle ein großes Dankeschön für diese ehren­amtliche Tätigkeit an den Wahltagen sagen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Das zweite Danke – auch ihm wurde schon gedankt, aber das sei auch mir als Chef sozusagen gestattet – geht an Mag. Robert Stein, dem Mister Wah­len – über 33 Jahre in der Abteilung Wahlen im Innenministerium, der Experte in diesem Haus. Er wird mit Ende Februar in Pension gehen; das war seine letzte große Reform. Daher darf ich ihm alles erdenklich Gute wünschen, und ein großes Danke an Mag. Robert Stein auch von meiner Seite. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen sowie des Abg. Kassegger.)

Das letzte Danke, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, gilt Ih­nen: Danke für diese konstruktive Art, dieses Paket gemeinsam im Sinne der Menschen in unserem Land umzusetzen – vielen herzlichen Dank, meine Da­men und Herren Abgeordnete! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.12


Präsidentin Doris Bures: Danke.


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Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte. (Zwischenbe­merkung von Bundesminister Karner zu dem sich zum Redner:innenpult bege­benden Abg. Ofenauer.)


18.13.12

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister, der jetzt eigentlich einen Großteil meiner Rede vorweggenommen hat (Heiterkeit des Bundesministers Karner), sodass ich jetzt die eine oder andere Doublette schieße, so wie er es gesagt hat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es wurde bereits ausgesprochen: Das Wahlrecht ist der Kern der Demokra­tie oder das Herzstück, das Rückgrat der Demokratie. Umso wichtiger ist es auch, wie das in diesem Prozess der Gesetzwerdung gehandhabt wird, nämlich dass dieses Wahlrecht einhellig und einstimmig beschlossen wird. Ich glaube, das zeigt auch das Positive und das gute Ringen um ein solch ein­helliges Abstimmungsergebnis und um eine gemeinsame Lösung.

Die Änderungen, die wir in den verschiedenen Wahlrechtsgesetzen – National­rats-Wahlordnung, Europawahlordnung, Bundespräsidentenwahlgesetz, Volksbefragungsgesetz und so weiter – vornehmen, sind solche, die diese Wahl­gesetze, dieses Wahlrecht moderner machen und auch verbessern, nämlich eben zum Beispiel, dass die eingelangten Briefwahlkarten bereits am Wahltag im Sprengel von der Sprengelwahlbehörde ausgezählt werden, weil es natürlich auch die Bürgerinnen und Bürger im Sprengel interessiert, wie ihre Wahl ausgegangen ist. Das Ergebnis liegt dann früher vor und ist auch genauer, auch wenn nicht alle Briefwahlstimmen ausgezählt werden, denn dann, wenn eine Wahlkarte erst am Samstag kurz vor 9 Uhr zur Post gegeben wird, kann sie natürlich erst einen Tag später ausgezählt werden. Es ist aber jedenfalls eine Verbesserung.

Ein wichtiger Punkt zu erwähnen ist: Ich habe selbst als Bürgermeister immer wieder beobachtet, dass bei der Abholung der Wahlkarte schon der Drang da war, zu wählen, und man musste oft sagen, das ist mit der geltenden


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Bestimmung nicht möglich. Mit dieser Änderung der Nationalrats-Wahl­ordnung ist es bei der persönlichen Abholung der Wahlkarte möglich, in einem entsprechenden Raum oder in einem abgeschirmten Bereich am Gemein­deamt seine Stimme abzugeben.

Auch wichtig: die einheitliche Entschädigung für die Beisitzerinnen und Beisitzer. Wichtig ist mir dabei auch, zu betonen, dass es ein öffentliches Ehrenamt ist und bleibt, ein öffentliches Ehrenamt, das für die ordnungsgemäße Abwick­lung solcher Wahlen, die durchaus komplex ist, wichtig ist.

Ich möchte an dieser Stelle – gerade auch, weil die Landtagswahl in Niederösterreich erst kurz vorbei ist – ein herzliches Dankeschön an alle Beisitzerinnen und Beisitzer aussprechen, die sich für die Wahlen zur Verfügung stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Gerade als Bürgermeister freut es mich auch, dass die entstehenden höheren Kosten der Gemeinden abgegolten werden, jetzt mit 2 Euro anstelle von 0,94 Euro, und dass es Erleichterungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Gemeindeamt gibt, indem – der Herr Bundesminister hat es bereits angesprochen – die Auflagepflicht für Volksbegehren am Samstag entfällt und auch ein Abenddienst entfällt. Das sind wesentliche Erleichterungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Gemeinde, denn wir haben auf den Gemeinden ohnehin schon sehr viele Aufgaben zu erledigen, zusätzlich zu unseren ureigensten Aufgaben, die von den Ländern und vom Bund beschlossen werden. Das ist jetzt einmal eine Möglichkeit, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Gemeindeämtern zu entlasten.

Ich bedanke mich für diesen konstruktiven Prozess der Entscheidungsfindung, auch was die Änderung bei der Nichtigkeit von Wahlkarten- und von Briefwahlstimmen betrifft. Es gab da eine intensive Diskussion im Ausschuss, die dann letztlich zu diesem von Kollegen Wolfgang Gerstl eingebrachten Ab-


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änderungsantrag geführt hat. Es freut mich, dass wir diese Novelle jetzt einstim­mig beschließen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordne­ten der Grünen sowie des Abg. Stöger.)

18.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Dro­bits. – Bitte.


18.17.13

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Gera­de die Sozialdemokratie ist bekannt dafür, dass sie für das allgemeine, gleiche, ge­heime und direkte Wahlrecht gekämpft hat und kämpft. Das ist ein wesent­licher politischer Aspekt, der im Zentrum unserer Bestrebungen liegt. Wenn es heute um eine Wahlrechtsänderung geht, ist natürlich auch die Sozialde­mokratie bestrebt, daran mitzuwirken.

Kollege Stöger hat es bereits erwähnt: Wir haben konstruktiv mitgearbeitet, damit einige Punkte auch in diesem Interesse weitergeführt werden können. Unter anderem war es uns wichtig, dass es für Menschen mit Behin­derungen Verbesserungen im Zusammenhang mit dem Wahlrecht gibt. Das ist ein zentraler Punkt, dass keine Menschen ausgeschlossen werden und die Möglichkeit besteht, wählen zu gehen.

Da haben wir jetzt die Barrierefreiheit drinnen, Herr Bundesminister, sowohl für die Wahllokale als auch für die Wahlzellen. Es ist bis spätestens 2028 die Möglichkeit gegeben, dass das zur Gänze umgesetzt wird. Wir haben nur kleine Bedenken, nämlich dass es dadurch eventuell zu einer Verringerung der Wahllokale kommen kann. Wenn das der Fall sein sollte, müssten wir uns das anschauen. Es sollte aber gewährleistet sein, dass die Zahl der Wahllokale gleich bleibt und nicht verringert wird.

Es ist auch wichtig, dass Menschen mit Behinderungen leicht lesbare Schriftgrößen, entsprechende Drucksortenstärken und in weiterer Folge auch


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eine leichte Verständlichkeit vorfinden, um ihr Wahlrecht wahrnehmen zu können.

Was uns auch wichtig ist, ist natürlich das höchstpersönliche Wahlrecht, damit wir in weiterer Folge nicht eine Vertretung beim Wahlrecht, zum Beispiel bei Erwachsenenvertretern, haben. Auch das wurde geregelt.

Die Wahlkartenlogistik, die angesprochen worden ist, ist ein wesentlicher Aspekt. Ich möchte nur betonen: Dieser sogenannte Quasivorwahltag, bei dem man die Wahlkarte abholt und dann die Stimmabgabe tätigt, ist sicherlich gut und erleichtert vieles.

Ich erwähne aber auch, dass eine gemeinsame Datenbank, um die zentralen Daten der Wahlbeisitzer zu haben, nicht in unserem Interesse ist und auch nicht gut ist. Der Datenschutz ist ein wesentlicher Aspekt und sollte auch in die­sem Bereich eingehalten werden. Ich verweise auch darauf, dass im Prinzip ge­wisse Standards beibehalten werden sollen.

Von meiner Fraktion wird es Zustimmung geben –wir haben im Verfas­sungsausschuss noch nicht zugestimmt, weil damals das Problem mit den un­gültigen Stimmen oder mit der Nichtzählung von allen Stimmen, die unse­rer Meinung nach gültig sind, gegeben war. Heute ist das bereinigt worden. Es ist nunmehr auch auf unsere Initiative hin gemeinsam mit allen Parteien auch das geregelt worden.

Wir werden daher diesem Wahlrechtsänderungsgesetz und dem gesamten Gesetzespaket zustimmen. – Danke sehr für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kühberger.)

18.20


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Heike Grebien. – Bitte.



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18.20.19

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleg:innen! Wertgeschätzte Zuseher:innen hier, aber auch zu Hause! Sie haben ja jetzt von den Kolleg:innen schon einiges gehört, was bei diesem Wahlrechtsänderungsgesetz alles geändert wird. In meiner Rede gehe ich auf einen für mich als Sprecherin für Menschen mit Behinderungen zen­tralen Aspekt ein, nämlich das Thema barrierefreie Wahlen.

Bevor ich das tue, möchte ich Ihnen aber einen Auszug aus einer parlamentari­schen Anfrage aus dem Jahr 1996 von meiner Kollegin, der grünen Spre­cherin für Menschen mit Behinderung, Theresia Haidlmayr, die leider im letzten Jahr verstorben ist, an den damaligen Innenminister Dr. Caspar Einem, der 2021 verstorben ist, vorlesen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Die Frage von Kollegin Haidlmayr lautete: „Werden Sie dafür sorgen, daß be­hinderte Menschen von ihren demokratischen Rechten Gebrauch ma­chen können, indem Sie veranlassen, daß alle Wahllokale bis 31.12.1996 so adaptiert sind, daß sie für alle Menschen barrierefrei erreichbar sind?“

Die Antwort: „Gemäß § 52 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 sind für die Festsetzung der Wahlsprengel und der Wahllokale ausschließlich die Ge­meindewahlbehörden, in Wien der Magistrat, zuständig. Ich werde jedoch bei kommenden Nationalratswahlen im Rahmen meiner Kompetenzen die­sen Wahlbehörden nahelegen, [...] bei der Bestimmung der Wahllokale darauf zu achten, daß diese vermehrt auch von behinderten Menschen erreicht werden können.“

Wo stehen wir heute, fast 30 Jahre nach der ersten Anfrage in diesem Hohen Haus zum Thema barrierefreies Wählen, barrierefreie Wahllokale? – Der­zeit sind, wie Sie gehört haben, nach wie vor nicht alle Wahllokale barrierefrei. Der Grad der Barrierefreiheit schwankt von Gemeinde zu Gemeinde. Nach der derzeit gültigen Nationalrats-Wahlordnung muss es pro Gemeinde und in Wien pro Gemeindebezirk ein barrierefreies Wahllokal geben.


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Das heißt – Sie haben den Innenminister gehört –, in Österreich sind durch­schnittlich 75 Prozent beziehungsweise 78 Prozent – das wäre meine Zahl, sogar noch besser – aller Wahllokale barrierefrei. In Niederösterreich sind es bei­spielsweise 71 Prozent, und in Wien sind es derzeit nur 56 Prozent. Als Grund, das haben Sie vielleicht auch schon gehört, wird oft die Bausubstanz ange­geben, dass Gebäude nicht im Eigentum stehen und daher kein Einfluss auf die Barrierefreiheit gewährleistet wäre.

Das ist auch irgendwo richtig, aber diese Gründe sind seit Jahrzehnten immer wieder vorgebracht worden. Wir jetzt hier in diesem Hohen Haus än­dern das, denn wir wollen, dass alle Wahllokale barrierefrei sind. Und ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, da stimmen Sie mir zu: Wählen ist eines der zentralsten demokratischen Grundrechte in unserem schönen Land, und das ist wichtig! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Drobits.)

Sie finden im neuen Wahlrechtsänderungsgesetz Bestimmungen, die bis 1.1.2028 die Barrierefreiheit aller Wahllokale garantieren. Anders ge­sagt: Ab 2028 gibt es keine Ausreden mehr, sondern nur umfassend barrierefreie Wahllokale. Wie schön ist das! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Drobits.)

Um in der Übergangszeit, also bis 1.1.2028, Menschen mit Behinderungen die Wahlen zu erleichtern, sieht der überarbeitete Gesetzentwurf jetzt vor, dass in jedem Gebäude, in dem Wahllokale eingerichtet sind, ein barrierefreies Wahllokal verpflichtend zu errichten ist und dass künftig in jedem dieser barrierefreien Wahllokale eine Wahlzelle – das hat der Kollege von der SPÖ schon gesagt – barrierefrei erreichbar zu sein hat. Ab 2028 gilt das für alle Wahllokale.

Weitere Verbesserungen sind die Bereitstellung von Wahlschablonen für die Wahlkarten für blinde und sehbehinderte Menschen sowie die Einführung einer Abschrägung der Wahlschablone – das hat den Zweck, dass dann


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der Stimmzettel besser und leichter selbstständig eingeführt werden kann, ohne dass jemand mit mir im Wahllokal ist, wenn ich eine blinde Person bin.

Die Mindestschriftgrößen für Drucksorten werden erhöht – das wird dann für viele, viele leserlicher werden –, und es wird vermehrt Informationen zum Wahlvorgang in Leichter Sprache geben. Das betrifft zum Beispiel das Informationsblatt über die Stimmabgabe mittels Wahlkarte. Das ist in Zukunft dann verpflichtend in Leichter Sprache zu verfassen.

Sie sehen, hier wird in Zukunft einiges demokratischer für Menschen mit Behinderungen, barriereärmer. Ich freue mich und schließe mich den Danksagungen an, vor allem an alle Mitarbeiter:innen, die da durchaus hitzige Diskussionen erlebt haben. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

18.25.46Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 7 bis 9


Präsidentin Doris Bures: Ich würde nun gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten.

Damit kommen wir nun zu den Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7, die dem Ausschussbericht 1912 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Einführung eines nationalen Gedenktages zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, dies mit einem Zeichen zu bekunden. – Das ist einstimmig angenommen. (299/E)


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Damit gelangen wir auch zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Nikolaus Berlakovich, Sabine Schatz, Eva Blimlinger, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Gedenktag zum Gedenken an die während des Nationalsozialismus ermordeten Roma und Romnja, Sinti und Sintizze“. – Das ist einstimmig angenommen. (300/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8, die dem Ausschussbericht 1913 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Stärkung der Sprach­kompetenz im Bereich der Volksgruppensprachen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig angenommen. (301/E)

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend Wahlrechtsänderungsgesetz 2023 in 1911 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wolfgang Gerstl, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Wolfgang Gerstl, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, 2 und 3 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

18.28.1710. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2968/A der Abgeordneten Dr. Christian Stocker, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz geändert wird (1909 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.


18.28.54

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Wir kommen nun zum nächsten Punkt, nämlich zur Kontrollkommission für den Verfassungs­schutz. Worum geht es da? – Wir haben vor eineinhalb Jahren den Staatsschutz neu aufgestellt, konkret den Nachrichtendienst und den Staatsschutz, um ganz genau zu sein. Darüber firmiert der Gesamtbegriff Verfassungsschutz.

Worum geht es dabei? – Es geht um die Gewinnung und die Analyse von Informationen für den gesamten Bereich, es geht um die Beobachtung und die Abwehr radikal-extremistischer Tendenzen, es geht um den Einsatz von sogenannten Imsi-Catchern. Diese geben Auskünfte über Standortdaten von Mobilfunkteilnehmern und auch über die Teilnehmer als solche.

Es geht um den Schutz kritischer Infrastruktur, dabei unter anderem, damit Sie sich das leichter vorstellen können, auch um die Durchführung von Sicher­heitsüberprüfungen von Personen, die zum Beispiel an Schalthebeln von Energieunternehmen oder Wasserversorgung sitzen.


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Da das ein sehr kritischer Bereich ist und der Verfassungsschutz eigentlich auch mit sehr weitreichenden Befugnissen ausgestattet ist, braucht dieser Verfas­sungsschutz auch ein entsprechendes Kontrollgremium. Dafür haben wir ein weisungsfreies Organ eingerichtet, das vom Parlament mit Zweidrittelmehr­heit bestellt wird. Dieses sah ursprünglich drei Mitglieder vor. Dafür gab es keine Einigung, darf ich mit einem weinenden Auge sagen, daher verändern wir nun dieses Kontrollgremium auf eine Einheit von fünf Personen. Seine Auf­gabe ist nun die strukturelle Kontrolle, insbesondere die strategische Prüfung der ausreichenden Ausstattung mit und des wirtschaftlichen Einsatzes von Personen- und Sachressourcen des Verfassungsschutzes, der laufenden Ausbildung der eingesetzten Beamten, der eingerichteten Instrumente zur Qualitätssicherung und der fortlaufenden Organisations- und Personalent­wicklung.

Mein Dank gilt auch bei diesem Punkt allen Parteien, dass wir dies nun ebenfalls einstimmig beschließen können. Auch der Verfassungsschutz ist ein Be­reich, wo parteipolitische Auseinandersetzung nicht wirklich ange­sagt ist, sondern es geht dabei um den Schutz Österreichs, um den Schutz der österreichischen Institutionen und Einrichtungen. Umso mehr sage ich Danke, dass wir diese Einigung nun erzielt haben.

Ich wünsche der Kontrollkommission eine baldige Aufnahme ihrer Tätigkeit und vor allem ein erfolgreiches Wirken für Österreich. – Glück auf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Ein­wallner. – Bitte.


18.31.50

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Kollege Gerstl hat es in den Grundzügen ja schon ausgeführt: Wir passen das Staatsschutz- und


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Nachrichtendienst-Gesetz eigentlich in einer Passage an, indem wir die Kontroll­kommission, die bisher im Gesetz mit drei Personen niedergeschrieben war, auf fünf Personen erhöhen. Diese Erweiterung des Personenkreises wurde oder wird notwendig, damit wir rasch zu einer Einigung kommen und diese Kon­trollkommission ihre Arbeit aufnehmen kann.

Meine Damen und Herren, diese Kontrollkommission, dieses parlamentarische Kontrollinstrument war für uns eigentlich das Kernstück in der Reform des BVT. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst ist ja aus der BVT-Reform entstanden, und diese Kontrollkommission ist für uns ein ganz, ganz wichtiger Punkt gewesen, dass wir dem Gesetz zugestimmt haben. Sie gibt uns Parlamentariern in einem sehr sensiblen Bereich die Möglichkeit, wirk­lich Kontrolle anzustoßen, klare Kontrollaufträge zu vergeben, und das stärkt die parlamentarische Kontrolle. Ich glaube, das ist auch eine der Lehren, die wir aus den Zuständen im BVT, wie wir es vorgefunden haben, gezogen haben und haben ziehen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zuge dieser gesamten Reform hätten wir Sozialdemokraten uns zwar eine ein bisschen weitgehendere Trennung zwischen Staatsschutz und Nachrichten­dienst gewünscht, weil es im internationalen Kontext immer ein ganz klares Tren­nungsgebot dieser beiden Dienste gibt. Gerade auch die letzten Entwick­lungen geben uns ein bisschen recht, dass wahrscheinlich eine klare und deutli­che Trennung das Bessere gewesen wäre. All das wird man dann aber auch noch evaluieren, denn ein Teil dieses Staatsschutzgesetzes war auch, dass es bis 2025 eine Evaluierung gibt und wir dann auch schauen können, ob diese Strukturen so, wie wir sie vor gut einem Jahr gestaltet haben, auch entspre­chend greifen.

Im Zusammenhang mit der Kontrollkommission wünsche ich mir, dass wir rasch zum Ziel kommen, dass es rasch eine Einigung gibt, damit diese Kontroll­kommission so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen kann. Ich glaube, es ist notwendig, ist gut für den Verfassungsschutz und auch für uns als Parlament,


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dass wir dieses Kontrollinstrument dann endlich haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Bürst­mayr. – Bitte.


18.34.33

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr­te Damen und Herren! Ja, wir brauchen eine Direktion Staatsschutz und Nach­richtendienst, und diese braucht wiederum Kontrolle.

Warum brauchen wir aber eigentlich eine Direktion Staatsschutz und Nach­richtendienst, also eine Stelle, die uns rechtzeitig darauf aufmerksam macht, wenn Menschen, egal welcher Herkunft, egal welcher Einstellung, zentrale, tragende Säulen unserer Verfassung und unseres Gemeinwe­sens attackieren wollen? – Nun, weil es diese Menschen leider da und dort und ab und zu gibt.

Welche wären denn die tragenden Säulen, die es zu schützen gilt? – Unsere Demokratie zum Beispiel, ihre Institutionen, ihre Grundrechte, unser Rechtsstaat, Prinzipien wie jenes, dass die Menschenwürde unantastbar ist. Das wären ein paar davon. Über jede einzelne dieser Säulen, wie sie genau aus­gestaltet werden sollen, kann und darf in einer Demokratie diskutiert und gestritten werden, aber wegreißen dürfen wir diese Säulen nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir diese Säulen, diese Prinzipien unserer Demokratie einreißen, dann fällt uns buchstäblich das ganze Dach auf den Kopf. Dann gibt es noch die eine Säule, die allererste, die im Jahr 1945 aufgestellt worden ist. Die besteht darin, dass sich der verheerende Nationalsozialismus mit seiner mörderischen Ideologie niemals wiederholen darf. Nie wieder! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)


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Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, ich kann noch irgendwie nachvollziehen, dass Sie diese Worte – das ist ein Zitat unseres Herrn Bun­despräsidenten anlässlich seiner Angelobung – während dessen Rede nicht mit Applaus bedacht haben, denn der Herr Bundespräsident hat in einem Inter­view am Tag davor Dinge gesagt, die als unfreundlich gegenüber der Freiheitli­chen Partei ausgelegt oder verstanden werden können. (Abg. Belakowitsch: Undemokratisch! – Abg. Lausch: Demokratie ist ja nicht Ihr Thema!) – Von mir aus auch als undemokratisch, aber heute stehe ich als Abgeordneter dieses Hauses vor Ihnen und zitiere den Grundkonsens dieser Zweiten Republik, und es gelingt Ihnen wieder nicht, keinem Einzigen von Ihnen, dazu auch nur eine Hand zu bewegen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Erlauben Sie mir, dass ich das anspreche: Wenn es um das Nie-wieder, um das Nie-wieder-Faschismus geht, dann wäre es eigentlich die Anforderung an alle 183 Abgeordneten in diesem Haus, dass sie sich offen dazu be­kennen. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Deimek: Und wie ist das mit dem Kommunismus? Da sind Sie wieder blind auf einem Auge! Sie sind eine Schande für das Haus! – Abg. Rauch: Das ist heuchlerisch!)

18.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Stephanie Kris­per. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Also das ist ja wirklich heuchlerisch bis zum Letzten! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


18.38.28

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her! Zurück zur Kontrollkommission: Unser Verfassungsschutz - - (Unruhe im Saal. – Abg. Meinl-Reisinger: Hallo! Hallo! – Abg. Stögmüller: Die Steffi ist dran!) Unser Verfassungsschutz, die DSN, die Direktion Staats-


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schutz und Nachrichtendienst, besteht seit gut einem Jahr und muss sich Ver­trauen erarbeiten – das Vertrauen von den Partnerdiensten und auch von uns Menschen, die wir in Österreich leben.

Was schafft Vertrauen? – Kontrolle. Eine Institution, die sich kontrollieren lässt, generiert Vertrauen, eine, die es nicht zulässt, verliert es auf Dauer. Bis jetzt wird die DSN nicht effizient kontrolliert, weil weiterhin die Kontrollkommission fehlt, die eigentlich ihre Arbeit am Tag eins hätte beginnen sollen, an dem auch die DSN im letzten Jahr ihre Arbeit angefangen hat. Es müssen aber erst Befindlichkeiten bedient werden, und deswegen einigen wir uns heute darauf, die Zahl der Mitglieder der Kontrollkommission von drei auf fünf zu er­höhen. Ich hoffe, wir haben es dann bald (Beifall bei den NEOS), denn es braucht dann noch eine Vertrauenswürdigkeitsprüfung und es muss ja erst ein­mal auch über die fünf Personen im Konsens entschieden werden.

Es wäre aber einmal an der Zeit, dass wir das schaffen, weil es ohne die Kon­trollkommission den Unterausschuss des Ausschusses für innere Ange­legenheiten gibt, den UAIA. Der hat so seine Schwierigkeiten.

Wir NEOS versuchen, in diesen Sitzungen entsprechend der außenpolitisch brisanten Sicherheitslage ja immer auch Themen wie Marsalek, Sank­tionen, Personalbesetzungen, Spionage oder – so wie gestern in einer dring­lichen Sitzung, die wir mit der SPÖ einberufen haben, weil ja schließlich der Leiter des Bereiches Nachrichtendienst und andere hohe Funktionäre das Amt verlassen – Personalpolitik zum Thema zu machen.

Das Problem ist, dass sich diese Sitzungen sehr schwierig gestalten. Lange liefen sie so ab, dass man es wirklich nur als Hohn bezeichnen kann. Unsere The­men, die wir nach mühsamen Verhandlungen mit der ÖVP ans Ende der Tages­ordnung bekamen, wurden damit Referate über die Gesetzeslage und über den Verfassungsschutzbericht, bei denen man sich teilweise denkt: Ist das aus Wikipedia? Wo ist der Mehrwert für mich als Abgeordnete, die da spe­zialisiert ist? – Sie wurden aber auch vom gegenseitigen Lob der Verantwortli­chen et cetera unterminiert.


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Faktisch kommen wir am Ende dann auch mit Wiederholen der Fragen nicht immer zu den Antworten, die es braucht. Das hat bei mir ein bisschen den Effekt der Erinnerung an den U-Ausschuss: Plötzlich ist die Zeit vorbei, und man sitzt noch auf vielen Fragen.

Das Ergebnis ist, dass wir nicht wissen, was in Sachen Marsalek gemacht wird: ob ermittelt wird, wie und was und mit welchem Ergebnis. Wir wissen nicht, wer im Nachrichtendienst was macht und ob die Leute die nötigen Kom­petenzen haben. Wir wissen von den Ausschreibungen über Verwaltungs­praktikanten, dass da gesucht wird und das Anforderungsprofil wahrlich schon sehr niedrig ist, und machen uns Sorgen, ob da Personal mit entsprechen­der Kompetenz generiert wird. Wir wissen auch nicht, wenn etwas Rechtswid­riges passiert.

Wegen dieser Erfahrungen war es uns eben wichtig, dass dieser Unter­ausschuss – wie im deutschen Parlament das Parlamentarische Kontrollgre­mium – ein permanentes Büro zur Seite gestellt bekommt, das ohne die­sen Zeitdruck täglich seine Arbeit machen und sich Verfahren ansehen kann.

Deswegen ist es uns so wichtig, dass diese permanente Unterstützung in Österreich bald Realität wird. Das müssen wir jetzt wirklich langsam angehen. Es ist ein unfassbarer Missstand, dass es in so brisanten Zeiten nicht schon längst der Fall ist, dass die Kontrollkommission effizient arbeiten kann.

Ich ersuche alle, dass die Personen da so schnell wie möglich im Konsens entscheiden und man um unser aller willen bald ins Tun kommt – auch bei der Kontrolle. Die braucht unser Verfassungsschutz wie einen Bissen Brot. (Beifall bei den NEOS.)

18.42


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.



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18.42.40

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Etablie­rung einer unabhängigen Kontrollkommission in der DSN ist ein weiterer Schritt zur Reformierung des polizeilichen Staatsschutzes.

Die DSN, früher BVT, arbeitet, wie wir alle wissen, in einem höchst sensiblen Be­reich, denn natürlich bedarf es bei Ermittlungstätigkeiten Eingriffen in die persönliche Freiheit der Beschuldigten beziehungsweise Verdächtigen. Deshalb versteht es sich für uns von selbst, dass diese Machtbefugnis, die dem DSN in die Hand gegeben wird, auch einer unabhängigen Kontrolle durch den Staat bedarf.

Das geschieht einerseits flankierend durch den Rechtsschutzbeauftragten und andererseits im Nachlauf an die Ermittlungen durch diese Kommission, die jetzt eingesetzt wird.

Daher sind wir Freiheitliche froh, dass diese Kommission eingesetzt wird, denn zum einen hat die Zerbes-Kommission, die im Nachlauf zum Terroranschlag am 2. November 2020 eingesetzt wurde, bewiesen, wie wichtig die Aufarbeitung solcher Fälle ist. Diese Zerbes-Kommission hat alle Schwächen des BVT im Rahmen der Ermittlungen schonungslos aufgezeigt.

Zum anderen wissen wir aber auch, wie wertvoll es ist, Legendenbildungen entgegenzuwirken, die dem wahren Sachverhalt nicht entsprechen. Wissen Sie, das letzte Interview des Herrn Bundespräsidenten vor seiner Angelobung, in dem er dem damaligen Innenminister Kickl unterstellt hat, er habe seine Beamten losgelassen, eine Razzia im Hause des BVT durchzuführen, verärgert mich. (Abg. Stocker: Stimmt nicht!)

Es verärgert mich, weil es eine grobe Verzerrung der Tatsachen ist, die im BVT-Untersuchungsausschuss eindeutig erhoben wurden. Das entspricht näm­lich nicht den Angaben der Leiterin der WKStA, die eindeutig gesagt hat: Es war keine Razzia, die von Kickl in Auftrag gegeben wurde, wir als WKStA haben


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die Anordnung erlassen. Wir lassen uns von der Polizei nicht treiben. – Lesen Sie es nach, Herr Bürstmayr! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch der schlechte Ruf des BVT rührt nicht von dieser Hausdurchsuchung. Er reicht nämlich weiter zurück – lesen Sie es einfach nach! –, weil das BVT in den Augen der anderen Geheimdienste seiner Tätigkeit nicht nachkam und der Verdacht der Spionage durch einen BVT-Beamten bestand. Das ist die Wahrheit und nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt kommen wir wieder zur Kontrollkommission und dazu, warum wir sie begrüßen. Hätte es diese unabhängige Kontrollkommission nämlich da­mals gegeben, müssten wir uns heute nicht diesen groben Unfug anhören, der teilweise verzapft wird, denn dieses Gerücht der Razzia hat der damalige Leiter des BVT mehrfach öffentlich genährt, und auch der Herr Bundespräsident ist dieser Verdrehung der Tatsachen aufgesessen. (Abg. Hörl: Das könnt ihr ja wohl zugeben! Gebt es halt zu!)

Diese Kommission ist für uns ein weiterer Ausbau des Rechtsstaates. Daher begrüßen wir das noch einmal. Auch dass die Anzahl der Mitglieder von drei auf fünf erhöht wurde, ist ein qualitativer Gewinn.

Mit dieser Beschlussfassung gewinnt natürlich auch der Staatsbürger, weil er weiß, dass seine Steuermittel von einer korrekt arbeitenden Behörde und unter staatlicher Kontrolle rechtmäßig verwendet werden. In diesem Sinne: ein klares Ja von unserer Seite. (Beifall bei der FPÖ.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Jetzt ist Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl ein zweites Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.46.52

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ich habe mich ein zweites Mal zu Wort gemeldet, weil Frau Kollegin Krisper sich hier unfair, unsolidarisch und nicht legitim verhalten hat.


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Warum? – Sie skizziert hier einen Geheimausschuss, der gestern Abend statt­gefunden hat, und stellt in den Raum, dass sie nicht entsprechende Aus­künfte bekommen hat, wissend, dass der Geheimausschuss einer ist, über den man nichts sagen darf.

Ihr Zugang: Nur weil man nichts sagen darf, in den Raum zu stellen - - (Abg. Meinl-Reisinger – erheitert –: Sie hat eh nichts gesagt, sie hat ja nichts ge­hört!) – Frau Kollegin Meinl-Reisinger, das ist überhaupt nicht zum Lachen. Das ist wirklich nicht zum Lachen! (Abg. Meinl-Reisinger: Sehr, weil sie hat ja eh nichts gesagt!) – Nein! Es ist nicht zum Lachen, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, in keiner Form! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja nicht der Inhalt des Ausschusses! Das ist ja lächerlich!)

Wenn ein Geheimausschuss dafür da ist, um wichtige Informationen über den Verfassungsschutz zu bekommen, und man die Auskünfte bekommt (Abg.
Meinl-Reisinger: Bekomme ich eine Antwort auf meine Frage?)
und sich dann hier herausstellt und sagt: Ich werde nicht bedient!, ist das unfair, unsolidarisch und illegitim, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Nein, weil sie überhaupt nichts ausgeplaudert hat!)

So können wir im Staatsschutz nicht zusammenarbeiten. Ich sage Ihnen das ganz, ganz offen. So geht es nicht. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Sie bringen die Institutionen in Österreich in Misskredit, die es nicht verdient ha­ben und die einen neuen Staatsschutz aufstellen, der verbessert ist und in dem man darauf achtet, dass der Schutz kritischer Infrastruktur sichergestellt ist und dass mit den gesetzlichen Mitteln entsprechend umgegangen wird. (Zwi­schenruf des Abg. Stögmüller. – Abg. Meinl-Reisinger: Sie treten solche Ausschüsse mit den Füßen!)

Wir beschließen hier einstimmig eine Veränderung der Kontrollkommission, weil unter den Parteien keine Einigung gefunden wurde. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber nicht bei uns, sondern weil ÖVP und SPÖ nicht einig sind!) Sie können das nicht der Regierung zum Vorwurf machen. Das wissen Sie ganz genau.


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Wenn einzelne Parteien bei einer Zweidrittelmehrheit darauf bestehen, be­stimmte Personen unbedingt zu bekommen, und andere ablehnen, dann ist es so, dass man keine Lösung zusammenbekommt. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Es ist auch wichtig, der Bevölkerung zu sagen, dass Zwei­drittelmehrheiten manchmal langsamer zu einer Lösung führen und nicht schneller. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Das ist unsolidarisch, so etwas zu behaupten, Herr Kollege!)

Daher ist das das Konstrukt, das wir uns selbst gewählt haben. Es liegt an uns und an niemand anderem, Frau Kollegin Meinl-Reisinger. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

18.49


18.49.25

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten kön­nen? – Danke, mir wird Zustimmung signalisiert. Dann gehe ich auch so vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1909 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Le­sung einstimmig angenommen.

18.50.1511. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 3070/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend


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ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Organisation der Uni­versitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird (1906 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Martin Polaschek im Hohen Haus und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Martin Graf das Wort. – Bitte.


18.50.54

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuschauer! Pünktlich, kann man fast sagen, nach Redaktionsschluss so ziemlich aller Medien wird Wissenschaft als Thema aufgerufen. Vielleicht sollten wir wieder einmal dafür kämpfen oder eintreten, dass wir hier im Hohen Haus einen prominenteren Platz für diese Materie, bei der es vielleicht auch darum geht, die Zukunft zu gestalten, ergattern kön­nen. (Abg. Leichtfried: Na, da müssen Sie sich einsetzen!)

Nichtsdestotrotz sind wir froh, dass dieser Antrag von uns, auch wenn er ab­gelehnt wurde – der Antrag von uns wurde nämlich von den Regierungsparteien und auch von einer anderen Oppositionspartei abgelehnt –, heute zur Dis­kussion gestellt wird, handelt er doch von einer ganz wichtigen Mate­rie, und zwar geht es darum, dass eines der Organe der öffentlich finanzierten – durch Steuergeld finanzierten – Universitäten in Österreich, nämlich der Universitätsrat, neu beschickt wurde beziehungsweise in den nächsten Tagen die entsprechenden Umsetzungen der Beschickung erfolgen.

Wir haben rechtzeitig Kenntnis von der neuen Beschickung der Universitätsräte, der sogenannten Aufsichtsräte – mit Richtlinienkompetenzen versehen –, durch die Bundesregierung genommen und unmittelbar danach einen Antrag


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eingebracht, um eine Gesetzeslücke zu schließen. Wir wollten nämlich – und so war es im Sinne des damaligen Gesetzgebers und, ich glaube, hier im Hohen Haus sehr unumstritten – im Jahr 2002 ein Gremium schaffen, das wei­testgehende Unabhängigkeit repräsentiert und letztlich natürlich auch eine Re­putation hat.

Was am 13. Dezember letzten Jahres mit der Entsendung von Universitätsräten, die durch die Regierung entsandt werden, passiert ist, war vom Gesetzgeber nicht, im klassischen Sinne, gemeint. Von den rund 59, die zu entsenden waren – vielleicht habe ich mich jetzt verzählt, dann waren es nur 58 –, sind nämlich 31 – man muss sich das genau anhören – aus geschützten Werkstätten, aus von Steuerzahlern finanzierten Bereichen, entsandt worden, also aus Kammern, Verbänden und Sozialversicherungen, den Ministerien. Ich glaube, das war nicht im Sinne des Erfinders.

Wir haben schon einmal, vor vielen Jahren, eine Lücke geschlossen, als man Rektoren, deren Zeit abgelaufen war, an die gleiche Universität als Uni­versitätsräte entsenden wollte. Da war eine Gesetzesänderung notwendig, damit man dem vorbeugt, weil man Abkühlphasen nach der Politik, nach den Abhängigkeitsverhältnissen, aber auch nach dem eigenen Tun an der Universität schaffen wollte.

Jetzt kommt der nächste Tiefschlag, weil wir hier im Hohen Haus offensichtlich nicht wirklich gut gelernt haben, wie wir damit umgehen sollen. Es verqui­cken sich permanent die Kontrollore mit denen, die sie entsenden, und das, was sie kontrollieren sollen, verquickt sich mit weisungsabhängigen Positionen, und so weiter. Dann wird uns in typisch österreichischer Manier im Ausschuss das Klavier vorgespielt, dass das ja alles Experten – keine Frage! – oder Expertinnen sind – damit man da geschlechtsneutral formuliert; wobei ich nicht mehr weiß, was geschlechtsneutral ist, weil es ja 47 Geschlechter gibt, wie ich gehört habe, wir reden immer nur von zweien. Mal schauen, was die Zukunft da noch bringen wird!


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Diese Verquickung zwischen dem Kammer-, Verbände- und Sozialversicherungs­staat auf der einen Seite und den politischen Parteien auf der anderen Seite war nicht gewollt. Es sind auch Vertreter der Ministerien geschickt wor­den, Sektionschefs aus dem Finanzministerium, Sektionschefs aus dem Innenmi­nisterium und viele andere mehr. Im engsten und im weitesten Sinne kom­men die alle aus geschützten Werkstätten. Eines ist signifikant: Alle sind in ihrem Beruf in einem Abhängigkeitsverhältnis, weil sie weisungsabhängig sind.

Jetzt hat ein von der Politik ganz unabhängiger Vertreter einer derartigen Kammer, nämlich Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer, die ja unheimlich viele Universitätsräte beschickt, gerade die Sitzbank verlassen.

Die haben alle ein Weisungsrecht gegenüber diesen Beschickten, und das haben wir so nicht gemeint. Im weitesten Sinne sind sie abhängig, verdienen in Wirk­lichkeit über und durch die Steuerzahler oder Beitragszahler und -zahlerinnen ihr Geld. Das ist aber nicht das, was angestrebt war.

Wir wollten gewichtige Personen haben, die aus der Industrie, aus nationaler und internationaler Forschung kommen, um unsere Universitäten, die in den internationalen Rankings, die ich auch sehr kritisiere, oftmals nicht am besten platziert sind, voranzubringen, um einen Schub zu erzeugen, damit sie sich mit Innovationen einbringen.

Ich streite ja nicht ab, dass das das eine oder andere Mal auch ein Kammerange­stellter tun kann, aber wenn 31 von 59 aus geschützten Werkstätten sind, Herr Kollege Taschner, brauchen Sie viel Philosophie, damit Sie das wegdiskutie­ren können. Das ist eine ganz, ganz schlechte Beschickung, mit der wir in den nächsten Jahren leben müssen. Ich rede gar nicht von dem missglückten Fall der Grünen, bei dem man sogar eine Parteipolitikerin, nämlich die ÖH-Vor­sitzende, hineinschicken wollte. Das ist ja Gott sei Dank vom Gesetz noch gestoppt worden. (Abg. Schallmeiner: Die hat zumindest Kompetenz, im Gegensatz zu Ihnen!)


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Man sieht aber schon: Der Parteienstaat feiert fröhliche Urstände. Dagegen soll­ten wir hier im Hohen Haus verstärkt ankämpfen. Wir Freiheitliche werden das weiterhin tun und es zumindest publik machen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Tasch­ner. – Bitte.


18.57.44

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich werde mich bemühen, Herr Kollege Graf, Ihnen diese Phi­losophie, die Sie von mir fordern, irgendwie nahezubringen.

Ich gebe zu, dass Sie und Ihre Mitstreiter einen heiklen Punkt ansprechen: die Bestellung der Universitätsräte. – Es sind ja zwei Aspekte zu bedenken: Auf der einen Seite ist es so, dass die Universitäten Autonomie genießen, völlige Unversehrtheit von staatlichen Einflüssen, wahre Freiheit in Forschung und Lehre. Auf der anderen Seite ist aber der Staat, wie Sie richtig angedeutet haben, dem Steuerzahler, welchen Geschlechts auch immer, verpflichtet, Rechenschaft darüber abzulegen, dass das Geld, das für Forschung und Lehre verwendet wird, auch sinnvoll und geschickt eingesetzt wird. Das ist ja auch der Sinn dieses Modells, dass man eine Art Aufsichtsrat, dass man eben Universitätsräte eingerichtet hat.

Nun ist es so, dass bei diesen Universitätsräten das Ziel ist, dass parteipolitischer Einfluss nicht gegeben sein sollte. Sie aber wünschen sich natürlich, dass die­se Bestellung der Universitätsräte frei von Kammern und von Körperschaften öf­fentlichen Rechts ist. – Ja, Sie haben recht.

Die Frage ist: Wie evaluiert man Evaluierer? Wie prüft man Prüfer? Wie begutachtet man Begutachter? – Das ist alles ein und dieselbe Frage, und die ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ebenso gibt es diese Frage in einer Variation bei der Universität: Wie schafft man, wenn die Universität auf der ei­nen Seite unabhängig sein soll, eine Unabhängigkeit von denen, die diese


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Unabhängigkeit kontrollieren sollen? – Das ist richtig. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Sie werden mir aber zugestehen, dass Sie mit Ihrem Vorschlag nicht ganz unei­gennützig denken, denn für Sie ist ein Staat, in dem Kammern und Körper­schaften öffentlichen Rechts wirken, ein Staat, dem Sie mit einer gewissen Skep­sis begegnen (Abg. Kassegger: Das ist allerdings richtig! – Abg. Loacker: Dem Staat sollte man mit Skepsis begegnen!), obwohl diese Kammern tatsächlich, jeden­falls in diesem Lande, sicherlich auch viel Gutes leisten.

Man muss auch bedenken, dass wir ja Personen wählen, und diese Personen, die wir da wählen, mögen aus den Kammern kommen oder auch nicht, es kommt darauf an, dass es gut gewählte Personen sind, die tatsächlich als Univer­sitätsrat Gutes für die Universität leisten. (Abg. Kassegger: Was ist jetzt das Auswahlkriterium ...?)

Ich glaube also, dass Ihr Vorschlag in jeglicher Hinsicht überschießend ist. Wir nehmen tatsächlich diese Möglichkeit an, dass wir auch Mitglieder von Kam­mern wählen können, die natürlich eine politische Meinung haben, aber es wäre ja schrecklich, wenn wir nur Menschen, die keine politische Stellung besit­zen, als Universitätsräte wählen würden. Das wäre ja weit weg.

Ich gebe es also zu: Es gibt bei der Wahl der Universitätsräte einen gewissen Graubereich. – Sie wünschen sich, dass alles in Licht und in Schatten ge­trennt werden kann, aber dieser Graubereich ist nicht wegzubringen. Es kommt eben darauf an, in diesem Graubereich kluge Entscheidungen zu treffen – ganz im Hegel’schen Sinn, dass erst im Grau der Dämmerung die Eule der Miner­va ihren Flug beginnt. (Beifall bei der ÖVP.)

19.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Martina Künsberg Sarre. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



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19.01.06

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Herr Kollege Taschner, Ihr Redebeitrag hat mich jetzt nicht besonders überzeugt, weil es einfach sehr deutlich wird, dass es Ihnen auch bei den Universitäten um Posten, Posten, Posten geht (Abg. Taschner: Es geht immer um Posten, Posten, Posten!), und jetzt, da die Universitäten quasi unabhän­gig sind und Sie nicht direkt Zugriff haben, muss das halt über die Universi­tätsräte, über den Aufsichtsrat passieren. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn wir schauen, was im UG steht, was die Universitätsräte für Aufgaben haben: Sie sollen „auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können“ und „in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, tätig“ sein.

Die Grünen hätten ja die große Chance gehabt, es anders zu machen. Das haben Sie aber auch nicht getan, sondern es gab zwei Listen, die Sie zusammenge­führt haben, und daraus sind dann die Beschickungen vonseiten der Bundesre­gierung gekommen. Kollegin Blimlinger hat aber als Uniko-Vorsitzende 2018 noch ganz anders gesprochen. Sie hat nämlich gesagt, dass „die Liste, wenn man sich das Gesetz durchliest, nicht jene Personen umfasst, die wir eigent­lich für die Universitäten gerne hätten – nämlich jene, die wirklich die Universitä­ten repräsentieren, die Personen des öffentlichen Lebens sind, sondern es wurde ganz klar nur nach parteipolitischen Kriterien“ ausgewählt.

So quasi nach dem Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ haben Sie vonseiten der Grünen vorgeschlagen, die ÖH-Vorsitzende Keya Baier als Unirätin zu nehmen. Das ist jetzt eh zurückgewiesen worden, weil es gesetzlich nicht geht, aber Sie hätten es einfach anders machen können und Sie hätten der ÖVP ins Gewissen reden und sagen können: Machen wir es doch einmal anders! – Seit 2002 hat die ÖVP das nämlich immer so gemacht.


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Herr Minister, es gibt seit 2021 im UG 2002 eine Begründungspflicht, warum welche Universitätsräte genommen werden. Bis heute haben wir die Be­gründung nicht bekommen. Ich habe es auch schon damals im Ausschuss und mehrmals auch in Gesprächen angesprochen, also vielleicht können Sie uns irgendwann einmal sagen, aus welchen Gründen Sie wen gewählt haben.

An die Bundesregierung und an die Grünen gerichtet: Es ist immer wieder sehr, sehr erschreckend, weil es immer nach dem Motto geht: Wasser predigen und Wein trinken. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Wen würde der Anstand wählen?)

19.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Andrea Kuntzl. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.03.43

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sehen, anders als die Kollegen der Freiheitlichen Partei, da keine Gesetzes­lücke, und ich möchte auch den Ausdruck der „geschützten Werkstätten“ oder der Vertreter von „geschützten Werkstätten“ ausdrücklich zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich finde das Leuten gegenüber, die wirklich ausgewiesene Experten sind, die in ihrem Bereich eine hohe Expertise einbringen, extrem despektierlich und respektlos. Es ist in Österreich auch durchaus üblich, dass Vertreter von gesetz­lichen Interessenvertretungen in Aufsichtsräte entsandt werden, und die Universitätsräte, die dort eine fachliche Expertise, aber auch eine gesellschaftli­che Perspektive einbringen sollen, sind ja so etwas wie der Aufsichtsrat an den Universitäten. Da denke ich, dass die Experten und Expertinnen aus den gesetzlichen Interessenvertretungen eine sehr wertvolle Arbeit leisten und einen sehr wertvollen Input einbringen.

In der Zeit, als es eine SPÖ-Regierungsbeteiligung gegeben hat, hat es auch immer wieder einzelne – nicht in den Massen, die Sie vorhin zitiert


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haben –Vertreter:innen aus der Arbeiterkammer in Universitätsräten gegeben (Abg. Martin Graf: Einzelne ist okay!), und die sind dort ganz hoch, sehr hoch geschätzt worden. (Abg. Loacker: Von der SPÖ-Parteizentrale, oder von wem?) Aus meiner Sicht steckt da also etwas anderes dahinter – Kollege Taschner hat es angesprochen –, nämlich das Infragestellen der gesetzlichen Interessenvertre­tungen. Sehr geehrter Herr Kollege Graf, das muss ich erst recht auf das Schärfste zurückweisen. (Abg. Martin Graf: Nein! Nein!)

Andere Länder beneiden uns darum, dass wir gesetzliche Interessenvertretungen haben, die Säulen der Sozialpartnerschaft sind. (Abg. Kassegger: Welche Län­der?) Aus diesem Grund werden wir diesem Antrag auch nicht unsere Zustim­mung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Welche Länder? Nord­korea? – Abg. Martin Graf: Aber 31! Die Masse macht’s!)

19.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.06.02

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kollegin Kuntzl, Sie haben es ja durchaus schon angesprochen: Es geht in diesem Zusammenhang natürlich auch dem Grunde nach um das Hinterfragen des Systems der gesetzlichen Inter­essenvertretungen. Die Frage also noch einmal für die Zuseher: Wer soll beziehungsweise darf Aufsichtsrat, genannt Universitätsrat, in unseren höchsten Bildungseinrichtungen, den Universitäten, sein?

Es ist ja schon genannt worden: Da gibt es klare Anforderungsprofile. Da gibt es natürlich auch eine Geisteshaltung. Es gibt grundsätzlich zwei Geisteshaltun­gen: eine, die von Freiheit, Freiwilligkeit, von einem Fokus auf Qualität getragen ist. Es gibt klare Kriterien. Das sollen Menschen mit einer erheblichen Be­rufserfahrung, einer Lebenserfahrung aus Wissenschaft, aus Industrie und so


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weiter und so fort sein – und eben nicht prioritär Menschen aus soge­nannten geschützten Bereichen, seien es jetzt Ministerien, aber auch Kammern, die ja auf einer gesetzlichen Zwangs-, Pflichtmitgliedschaft aufgebaut sind. (Abg. Meinl-Reisinger – erheitert –: Zwangsmitgliedschaft?! Bissl tief!) – Pflichtmitgliedschaft oder Zwang: Man kann es sich aussuchen, es trifft beides auf den Kopf – Pflichtmitgliedschaft oder Zwang.

Das sind ja Paralleluniversen, die unter anderem auch dadurch auffallen, dass es eine Häufung von Luxuspensionen gibt. Da haben wir ja jetzt auch Themen gehabt. Das sind Paralleluniversen, die in Wahrheit der Geisteshaltung nach aus unserer Sicht – und da sind wir uns, glaube ich, auch mit den NEOS einig – Fossilien aus dem vorherigen Jahrhundert sind – aus einer Zeit, als die ÖVP und die SPÖ noch die Großparteien waren, sich das Land aufgeteilt haben und das gesetzlich mit einer Verfassungsmehrheit abgesichert haben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Wir sind als Freiheitliche grundsätzlich sehr, sehr kritisch gegenüber Orga­nisationen, die sozusagen ihre Mitglieder per Zwang verpflichten. Wir haben lieber Organisationen – es gibt ja viele Interessenvertretungen weltweit, und die funktionieren ja auch –, die eben diese Zwangsmitgliedschaft nicht brauchen, sondern diese Berechtigung aus der Motivation, aus der frei­willigen Zustimmung ihrer Mitglieder beziehen.

Wenn das also alles kein Problem wäre, dann verstehe ich auch nicht, warum die Kammern zum Beispiel ein Riesenproblem mit Urabstimmungen und Ähnli­chem haben. Auch die Wahlen bei den Kammern zeigen uns ja mit den Wahlbe­teiligungen von 30 Prozent et cetera, dass das nicht funktioniert.

Das sind geschützte Bereiche, Kollege Graf hat es ja schon angesprochen. Selbstverständlich gibt es da Weisungsabhängigkeiten. Die ÖVP hat jetzt auch Sektionschefs aus den Ministerien nominiert. Es ist aber nicht Aufgabe weisungsgebundener Sektionschefs aus Ministerien als Aufsichtsräte, die einen wichtigen Beitrag zur Weitergestaltung unserer Universitäten leisten, zu


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fungieren. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Es ist auch nicht Auf­gabe von Kammerfunktionären. Wir haben da Vizepräsidenten der WKO, die auch ihre eigenen Interessen beziehungsweise die ihrer Organisation zu ver­treten haben. Bitte erklären Sie mir nicht, dass das keine politischen Beset­zungen sind! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Kuntzl, Sie haben es ja erwähnt: Als Sie noch in der Regierung waren, haben Sie auch einige gute Arbeiterkämmerer nominiert. – Jetzt frage ich Sie: Ja, natürlich, weil die Arbeiterkammer in Wahrheit eine SPÖ-Organisa­tion mit ein paar Nebendarstellern von den Schwarzen, Blauen und so weiter und so fort ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Kollross.)

Jetzt ist die ÖVP in der Regierung, daher sind das natürlich Wirtschafts­kammerfunktionäre, da ist kein einziger Arbeiterkammerfunktionär, natürlich deshalb, weil die Wirtschaftskammer eine ÖVP-dominierte Organisation ist. (Abg. Kollross: Auch diese wird gewählt!) Bitte erklären Sie uns nicht, dass das nicht politisch besetzte oder politische Vorfeldorganisationen sind – ganz klar der ÖVP und SPÖ.

Das wollen wir nicht und deswegen wurde der Antrag durch Kollegen Graf auch eingebracht. (Abg. Kucher: Weil ihr nicht gewählt werdet!) Das wollen wir nicht, das entspricht nicht unserem Zugang, das entspricht in Wahrheit auch nicht einem modernen Universitätsmanagement des 21. Jahrhunderts,
sondern – ich wiederhole mich jetzt – das ist der Geist des letzten Jahrhunderts, ein Fossil aus alten Zeiten, das wir ja eigentlich überwinden sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.10.45

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Dieser Antrag der FPÖ nimmt doch einigermaßen


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wunder. Ich muss sagen, mir wäre ein Antrag lieber, in dem steht, dass keine Mitglieder schlagender rechtsextremer Burschenschaften in Universitäts­räten sind, denn diese haben Sie beim letzten Mal nominiert. (Beifall bei Ab­geordneten der Grünen. – Abg. Reifenberger: Geh bitte!)

Da gab es eine große Debatte darüber, dass Personen drinnen sind, die rechts­extremen Burschenschaften, wie der Arminia Czernowitz, angehören. (Rufe bei der FPÖ: Das ist demokratisch! DDR-Terror!) Also es wäre vielleicht besser, man würde das ins Gesetz aufnehmen, wiewohl ich sagen muss, dass die Bestim­mungen für die Mitglieder des Universitätsrates (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Stefan) – was Aufsichtsratsnominierungen betrifft – wohl die strengsten sind, die es gibt. Es gibt, glaube ich, etwa mit der Abkühlungsphase von vier Jahren kaum etwas Vergleichbares.

Selbstverständlich geht es Ihnen mit Ihrem Antrag – und das sehen wir genauso wie Frau Abgeordnete Kuntzl – nur darum, dass Sie eigentlich die Kammern abschaffen wollen. Dazu ist Ihnen jedes noch so – muss ich leider sa­gen – lächerliche Mittel recht. Natürlich ist es eine politische Besetzung, denn wenn die Bundesregierung das besetzt, ist es eine politische Besetzung, no na net. Das werden alle Parteien so halten und das ist auch richtig so, was nicht heißt, dass die Personen, die da nominiert werden, nicht äußerst kompetent sind – das sind sie.

In Richtung von Frau Kollegin Künsberg Sarre möchte ich sagen: Wenn Sie sich anschauen, wer in diesen Universitätsräten sitzt, so sind die von der Bun­desregierung bestellten Mitglieder – parteipolitisch gesehen – eine Mischung, die sich aus allen Parteien mit Ausnahme der FPÖ zusammensetzt. Es hat auch gute Gründe, warum da niemand sozusagen dabei ist, der von der FPÖ kommt oder ihr parteipolitisch zuzuordnen ist (Abg. Martin Graf: Echte Demokraten! Gesinnungspolizistin!), weil ich doch in den letzten Jahren viel­fach gesehen habe, dass es diesbezüglich mit der Kompetenz nicht so wahnsin­nig weit her ist. (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Ich predige nicht Wasser und trinke Wein – erstens einmal predige ich gar nicht (Abg. Hörl: HGM schon!), weil mir das Predigen Göttin sei Dank fremd ist (Abg. Kucher: Das ist neu! Das ist aber neu!) –, sondern mein Standpunkt ist genau der gleiche. Wenn Sie sich anschauen, wer von uns beziehungsweise von der Bundesregierung nominiert wurde, so sehen Sie, das ist eine Mischung aus äußerst kompetenten Menschen, zu denen ich auch Keya Baier, die
ÖH-Vorsitzende, zähle. Sie hat als ÖH-Vorsitzende vermutlich viel mehr Kom­petenz als der eine oder andere, den wir jetzt entsendet haben, der sich das erst vielleicht im Gesamtmaße aneignen muss. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Sie haben also inkompetente Leute entsendet!) Sie ist es jetzt nicht auf­grund der fehlenden Kompetenz nicht geworden (Zwischenruf des Abg. Martin Graf), sondern – wir haben strenge Bedingungen – weil sie als Mitglied der Gras, einer Partei, die Funktion einer Universitätsrätin nicht bekleiden darf. Das Potpourri, das die Bundesregierung präsentiert hat, ist meiner Ansicht nach eines, das sich sehen lassen kann, das die Universitäten weiter ins 21. Jahr­hundert führt, das den Anforderungen an das Profil wirklich ausreichend Genüge tut.

Die Frage nach der Begründungspflicht wurde gestellt: Die kann man einmal debattieren. Wir haben gemeinsam dafür gesorgt, dass die Universitäts­ratsmitglieder, die von der Bundesregierung nominiert worden sind, im Vorfeld hinsichtlich ihres Wissens, ihrer Kenntnisse befragt wurden. Nach diesen Befragungen wurde bei dem einen oder der anderen noch einmal darüber disku­tiert, ob die Voraussetzungen für eine Nominierung tatsächlich erfüllt sind. Leider machen das die Senate nicht. Es würde uns und, ich glaube, auch den Herrn Bundesminister freuen, wenn eine ähnliche Sichtweise bei den Senaten gegeben wäre, dass die ebenfalls eine inhaltliche – wenn Sie so
wollen – Prüfung vornehmen würden und nicht nach wiederum ganz anderen Gesichtspunkten ihre Universitätsräte wählen.


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Genau in diesem Sinne: Ich bin selbstverständlich nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wer­den muss. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Einwallner. –
Abg. Martin Graf: Das Interview braucht man, damit kein Freiheitlicher durchrutscht, oder?)

19.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


19.15.42

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ja, ich habe mich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich das, was Kollegin Blimlinger da jetzt ge­sagt hat, nicht so unwidersprochen stehen lassen möchte und ich ein­mal grundsätzlich etwas zu Ihrem Qualitätsverständnis sagen möchte: Das, was Sie machen, zeugt eben genau nicht von Qualitätsverständnis, sondern von Ideologie, nämlich Ihr ständiges Bashen von Menschen, deren Gesinnung oder Meinung Ihnen nicht gefällt, und das Reinschieben von schlagenden Burschenschaftern in eine Box mit dem Unterton, dass die alle keine Qualität haben, so haben Sie es gesagt. (Abg. Schallmeiner: Da stecken s’ eh selber drinnen! Olympia! – Abg. Blimlinger: Die Arminia Czernowitz ist rechtsextrem! Sie wissen das! Olympia! Was wollts?)

Das möchte ich an einem Beispiel ganz konkret aufzeigen und die Zuseherinnen und Zuseher mögen dann beurteilen, welche Partei auf Qualität setzt und welche Partei auf Ideologie. (Abg. Blimlinger: Die FPÖ auf Ideologie und wir auf Qualität! Das ist ganz einfach!) So hat Kollege Brandstätter im Ausschuss betont, dass zum Beispiel die Technische Universität München eine ganz hervorragende Universität mit Weltruf ist. Wir haben Prof. Dr. Reinhard Kien­berger – einen schlagenden Burschenschafter – in den Universitätsrat der Technischen Universität Graz nominiert. Er hat dort, habe ich gehört, sehr ordentliche, hervorragende Arbeit geleistet. (Abg. Blimlinger: Der Herr Alois Gruber nicht, von der Arminia Czernowitz!) Das war aber nicht genug für Ihre


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Qualitätskriterien. (Abg. Blimlinger: Also Qualitätskriterien sind andere!) Die Grü­nen haben dann massiv versucht, zu verhindern, dass Reinhard Kienber­ger wiederbestellt wird, und das ist Ihnen auch gelungen. (Abg. Blimlinger: Hätte ja der Senat machen können, wenn er ihn so gut findet!) Das ist Ihr Zugang: weil er ein böser schlagender Burschenschafter ist. (Abg. Blimlinger: Richtig, die haben an der Uni nichts verloren!) Es zählt nicht, dass er einer der renom­miertesten Nanophysiker mit europaweitem Ruf und ein Dekan einer Techni­schen Universität ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie nominieren Frau Baier, die ÖH-Vorsitzende, in einen Aufsichtsrat. (Abg. Blim­linger: Ja! – Abg. Schallmeiner: Ja, super!) Da müssten wir uns einmal grund­sätzlich über die Aufgabenverteilung zwischen Universitätsrat, Rektorat und Se­nat unterhalten. (Abg. Blimlinger: Es wäre gut, wenn Sie das kennen würden! Sie sollten einmal das UG lesen, das würde ich Ihnen empfehlen!) Meines Erachtens sind die Studierendenvertreter sehr, sehr gut im Senat vertreten.

Das ist Ihr Qualitätsverständnis: Sie nominieren eine Studierende in den Auf­sichtsrat (Abg. Schallmeiner: Ja, super, ist ja großartig! – Abg. Blimlinger: Das ist das beste ... 21. Jahrhundert!) und stellen sich auch noch hin und sagen, diese ist äußerst kompetent. Sie kennen nicht einmal das eigene Gesetz. (Abg. Martin Graf: Das ist eh unglaublich!) Sie wissen nicht einmal, dass das gesetzlich nicht geht (Abg. Blimlinger: Ja, es geht nicht, weil die Gras eine Partei ist!), und der Herr Minister weiß es auch nicht. Der Herr Minister hält einen Vortrag im Ministerrat und nominiert Studierende, die einer Partei angehören. (Abg. Blim­linger: Studierende können nominiert werden!) Er kennt nicht einmal sein eigenes Gesetz und Sie kennen es auch nicht.

So, meine Damen und Herren, jetzt können Sie beurteilen, wer ein Ideologe ist und wer Wert auf Qualität legt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Blimlinger: Die FPÖ sind die Ideologen, wir sind kompetent! – Abg. Hörl: Frau Blimlinger, das HGM ist auch kein Ruhmesblatt für Sie! – Abg. Deimek: Wenn die ganze Welt eine Tschikbude ist, dann ...!)

19.18



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Dipl.-Ing. Andrea Holzner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.18.40

Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherin­nen und Zuseher zu Hause und hier im Saal! Zum Antrag der FPÖ, dass Mitglie­der einer gesetzlichen Interessenvertretung nicht in einen Universitätsrat entsandt werden dürfen: Wir leben nicht im Paradies, wir leben in einem Staat. In einem Staat leben Menschen, Menschen mit unterschiedlichem Hinter­grund, mit unterschiedlichen Berufen, mit unterschiedlichen Interes­sen. Ich glaube, die Kollegen der FPÖ haben nicht verstanden, dass es in einer Demokratie um Interessenausgleich geht.

Durch Ihren Vorschlag schließen Sie viele Menschen mit Kompetenz und Erfahrung präventiv von einer Funktion im Universitätsrat aus. Sie haben eines komplett missverstanden: Demokratie heißt nicht, interesselos, ohne Engagement und beziehungslos zu leben. (Abg. Kassegger: Wir wissen alle, dass wir in der Politik sind! Das hat ja einen Grund!) Demokratie braucht Men­schen, die teilnehmen, engagierte Menschen, die natürlich in einem Spannungs­feld von Interessen und Begegnungen leben – und deren Macht ist nicht bloß zeitlich begrenzt, sondern muss auch kontrolliert werden können. Das Uni­versitätsgesetz 2002 hat mit Rektorat, Senat und Universitätsrat eine aus­gewogene Machtverteilung in die Universitäten gebracht.

Zur Struktur des Universitätsrates als Aufsichtsorgan haben meine Vorredner bereits ausführlich referiert. Ich möchte noch ausführen: Der Universitäts­rat stellt eine Verbindungsstelle zu gesellschaftlichen Anliegen dar. Die Universi­tätsräte sollen mit dem Blick von außen ihre Kenntnisse und Erfahrungen einbringen.

Und nun – lassen wir uns das auf der Zunge zergehen – beantragt die FPÖ, dass Mitglieder aus Interessenvertretungen nicht bestellt werden können. Das


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heißt, dass alle Menschen im Berufsleben, die Pflichtmitglied in einer Kammer sind – sei es die Arbeiter-, die Landwirtschafts- oder die Wirtschafts­kammer oder seien es die Kammern von freien Berufen wie Rechtsanwälten oder Ärzten –, vom Universitätsrat ausgeschlossen wären. Da frage ich mich schon, wo die FPÖ eigentlich hin will. Und die NEOS springen auf diesen Zug auch auf.

Wir, die ÖVP, schätzen das Wissen der Menschen, die in ihrem Bereich Hervor­ragendes leisten. (Abg. Deimek: ... nicht wissen, was ein Funktionär und was ein Mitglied ist!) Daher lehnen wir diesen Antrag der FPÖ entschieden ab. (Beifall bei der ÖVP.)

19.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das kann ich nicht er­kennen.

Ich verlege die Abstimmungen wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.21.2012. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 3056/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem Genderzwang an den Universitäten (1907 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte schön, Herr Abge­ordneter.



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19.21.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir diskutieren einen Antrag – und wir diskutieren diesen durchaus kontroversiell, wie wir aus dem Ausschuss wissen – betreffend „Schluss mit dem Genderzwang an den Universitäten“, wobei ich Zwang und Univer­sitäten besonders betonen möchte.

Warum Zwang? – Weil in einer Anfragebeantwortung genau zu lesen ist, dass es im Zuge der Autonomie den Leitern von Lehrveranstaltungen erlaubt ist, Richtlinien zur Erstellung von Texten auch verpflichtend vorzusehen.

Wie hieß das noch in der vergangenen Legislaturperiode? – Die Parteien FPÖ und ÖVP haben festgelegt: „In den mündlichen und schriftlichen Mittei­lungen sowie in den wissenschaftlichen Arbeiten ist auf die symmetrische Prä­senz von Frauen und Männern zu achten, sofern nicht sachliche Gründe dagegensprechen. Geschlechtergerechte Sprache darf jedoch nicht auf Kosten der Verständlichkeit praktiziert werden.“

In der aktuellen Gesetzgebungsperiode ist das wieder umgekehrt, und es ist, wie wir wissen, von etlichen Instituten an österreichischen Universitäten nach­gewiesen, dass es diesen Zwang gibt. Man hätte das als ideologische Nebenge­schichte noch zur Kenntnis nehmen können, aber dann kommt die Eröffnung des Parlaments und der Festredner Wolfgang Schäuble sagt: „Wenn ich für Gleichberechtigung eintrete“ – und ich zitiere ihn da – „, kann ich dennoch Vorbehalte gegenüber dem Gendersternchen haben, das Binnen-I ablehnen oder mich auch für den grammatikalischen Unterschied zwischen dem Leser und dem Lesenden starkmachen“, und wir hörten dazu tosenden Applaus bei den ÖVP-Abgeordneten. (Abg. Holzleitner: Von uns nicht!) – Was wollen die Herrschaften der ÖVP jetzt wirklich? Was ist wirklich die Linie?

Auf der einen Seite wird dieser Linie bei Präsidenten Schäuble applaudiert, auf der anderen Seite macht man gemeinsam mit den Grünen linksideologische Politik (Abg. Hörl: Nein!) und wundert sich dann, dass man von den


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Leuten abgestraft wird. Reden wir doch darüber, worum es in diesem Antrag wirklich geht: Wissenschaft, Universitäten, Zwang. – Bitte, dieser Gen­derzwang mit irgendwelchen Sternchen, Underscores und sonst was ist nicht wissenschaftlich. Das Gendern bietet keine neuen Erkenntnisse, es ist kein Wissenszugewinn, und es ist keine Spielregel wie bei irgendwelchen Zitie­rungen – diese wären näm­lich wirklich notwendig, um den Unterschied zum Stand der Dinge nachzuweisen.

Es geht auch nicht in anderen Sprachen. Probieren Sie doch einmal, im Engli­schen oder im Spanischen oder vielleicht sogar im Französischen Gen­dermaßnahmen zu setzen! Die Académie française – das ist die Hüterin der französischen Sprache – hat sich ganz klar dagegen ausgesprochen. Und im Englischen und im Spanischen – und Englisch ist schließlich die Kernsprache der Wissenschaft – werden Sie, wenn Sie mit irgendwelchen Sternchen daherkommen, ausgelacht, verlacht und abwertend behandelt, und das noch im besten Fall.

Die Idee der ganzen Genderei kann ich noch nachvollziehen, aber ich sage umgekehrt, wenn wir nicht von der Wissenschaft reden: Schaffen Sie doch bitte als Erstes einmal gleiche Entlohnung! Schaffen Sie es, dass in Personalbüros und bei Betriebsräten wirklich nicht gegen Frauen argumentiert wird, im Sinne von: Ja sie bekommen ja Kinder, und da scheiden sie dann temporär aus dem Unternehmen aus. – Schaffen Sie dort Gleichbehandlung!

Schaffen Sie es, dass Frauen nach 22 Uhr ohne Gefahr außer Haus gehen können! Schaffen Sie es, dass die diversen Goldstückchen mit irgendwelchen kulturellen Hintergründen sich im Griff haben und Frauen nicht als irgendein Gut betrachten, das sie je nachdem, wie sie gerade gelaunt sind, mit Gewalt behandeln können! – Das schaffen Sie nicht, aber die Sternderln, die schaffen Sie ganz locker. (Abg. Schallmeiner: Es gehen auch Doppelpunkte!) – Es gehen auch Doppelpunkte. Ja, Sie sind begeisternd mit Ihren Zwischenrufen. Sie zei­gen nämlich, worum es wirklich geht.


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Nur, geschreckt hat mich dann – bei der ÖVP schreckt mich nicht mehr sehr viel (Abg. Hörl: Hallo? Reiß dich zusammen!) – im Ausschuss Kollegin Rausch, und das ist nicht irgendjemand, sondern sie ist Leiterin der VP-Akademie, in der die Volkspartei nachdenkt und ihre Leute und Funktionäre und Mandatare ausbildet. Sie sagt, wir bräuchten strengere Regeln für Abgeordnete, damit man nicht in Anträge irgendetwas reinschreiben kann.

Frau Kollegin Rausch, wenn Sie strengere Regeln fordern, dann haben Sie Ihre eigene Aufgabe oder die Aufgabe dieses Hauses, des Parlaments, und die Aufgabe der Demokratie nicht verstanden, denn dort, wo eine Sprachpolizei beginnt, wo vom Souverän gewählte Abgeordnete für falsche Worte zu verfolgen sind – auch wenn Sie jetzt Nein sagen: das sind Ihre Worte im Aus­schuss gewesen –, dort endet der Rechtsstaat und es beginnt der autori­täre Unrechtsstaat, der Ihnen offenbar ideologisch doch irgendwo nahestehen dürfte, sonst wären Sie nicht zu diesen Aussagen gekommen.

Diese von Ihnen betriebene Anbiederung an die Ideologie der Grünen ist für eine angeblich bürgerliche Partei, die Sie noch sein wollen – aber das müssen Sie intern diskutieren –, und für die Demokratie an und für sich brandgefährlich. Ich fordere Sie wirklich auf, in sich zu gehen und zu überlegen, ob das alles auch wirklich vom Volk gewollt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Bettina Rausch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.28.01

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen und alle, die uns heute zusehen und zu­hören, hier im Haus oder zu Hause! Ich finde es einigermaßen bemerkenswert, dass Herr Kollege Deimek, und damit auch die FPÖ, sich hier als großer Vorkämpfer für Gleichberechtigung geriert und auch frauenpolitische Forderun­gen zum Besten gibt (Abg. Kassegger: Was ist daran verwunderlich?), aber es


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freut mich, das zu hören. Ich glaube, manche Dinge haben wir von Ihnen das erste Mal hier gehört, aber das ist auch okay. Man darf ja auch lernen. (Abg. Wurm: So lange sind Sie noch gar nicht da, Frau Kollegin!) – Aber ich verfolge die politische Debatte schon sehr lange, länger, als Sie glauben.

Die Frage, die Sie uns gestellt haben, ist, was wir gerne wollen. Ich weiß nicht, ob das relevant ist. Die Frage ist, glaube ich, was sich die Menschen in diesem Land verdient haben, und sie haben sich eine aufrichtige und offene Diskussion, einen Diskurs, eine Debatte – je nachdem, wie man es rahmen möchte – über gesellschaftspolitische Fragen verdient. Das ist das, wofür wir auch eintre­ten, und deshalb haben wir dem Antrag im Ausschuss eben nicht zugestimmt.

Ja, es gibt Diskussionen und Fragen, die man sich – auch aus Sicht der Volks­partei, aber ich denke, aus Sicht des Hohen Hauses insgesamt – an den Universitäten immer wieder stellen muss, unter anderem die Frage: Wie normativ darf Wissenschaft sein, wie normativ soll sie sein, oder wie sehr darf die Form von wissenschaftlichen Arbeiten gegenüber dem Inhalt der Erkenntnis eine Rolle spielen?

Diese Diskussion darf man führen und sie wird auch geführt, aber sie wird dort geführt und soll aus meiner Sicht dort geführt werden, wo sie hingehört und wo sie begonnen hat, nämlich an den Fakultäten, von denen, die dort studie­ren, die dort forschen und die dort lehren. Sie soll von Politik begleitet wer­den – ja, das kann ich mir vorstellen, das tun wir auch –, auch gut beobachtet werden, aber sie soll nicht beschränkt werden.

Das, was im Antrag gefordert wird, nämlich dass wir als Parlament hier und sogar der Minister tätig werden sollen, das ist im Rahmen der geltenden Gesetze, der aus meiner Sicht zu Recht und sinnvollerweise bestehenden Univer­sitätsautonomie nicht möglich. Die Freiheitlichen tragen das Wort Freiheit im Parteinamen, ich glaube, wir haben es alle in den Parteiprogrammen ste­hen, und wenn man für Freiheit ist, dann muss man die Freiheit auch gewähren,


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auch wenn einem das Ergebnis oder das Zwischenergebnis dieser freien Diskussionen im Moment nicht passt.

Wir haben diesem Antrag nicht zugestimmt, weil wir eben den Minister nicht gesetzeswidrig zu etwas auffordern wollen, weil wir auch nicht glauben, dass die Gesetze, Stichwort Uniautonomie, geändert werden sollten, und auch, weil ich das große Zutrauen und Vertrauen habe, dass der Diskurs an den Universitä­ten dazu geführt wird. Es gibt mitunter auch kritische Stimmen zu den von Ihnen besprochenen Entwicklungen, und ich finde es gut, wenn hier eine Debat­te stattfindet.

Sprache entwickelt sich, wenn man so will, parallel zur Gesellschaft. Das ist ja auch etwas Gutes, dass wir uns weiterentwickeln. Ich denke, es gibt kaum jemanden, hoffentlich, hier im Haus, der es schlecht findet, wenn Männer und Frauen in unserer Sprache vorkommen. Auch das war ein langer Aushand­lungsprozess. Möglicherweise hat man da auch – es gab sehr wortgewaltige Vor­kämpferinnen – einmal übers Ziel hinausgeschossen, es gab auch Skeptike­rinnen und Skeptiker, und man hat sich gefunden. Wenn dieser Diskurs in unse­rer Gesellschaft und gerade an den Unis auch im Sinne der Sokrates’schen Rede und Gegenrede offen geführt wird, dann bin ich zuversichtlich, dass etwas rauskommt.

Vielleicht noch ein Satz zu dem, was Kollege Deimek gemeint hat, das ich im Ausschuss gesagt hätte. Ich bin mir ziemlich sicher, aber auch ich kann Fehler machen, dass ich nicht von Regeln gesprochen habe, die man sich geben soll. Ich habe dazu eingeladen und darauf hingewiesen, dass wir alle miteinander gut daran täten, uns in der Sprache zu mäßigen, und tendenziöse Antragstexte nicht dem dienen, dass wir einen offenen Diskurs führen. Es ist Ihre Sache, ob Sie Genderzwang – manchmal habe ich auch schon Gender­wahn oder -wahnsinn gehört – reinschreiben, es ist okay, es ist Ihre Sache.


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Man wird sich ein Bild davon machen. Ich glaube nur nicht, dass das einem offe­nen Diskurs dienlich ist, und dem haben sich die Universitäten in Österreich Gott sei Dank verschrieben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Eva Maria Holzleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.32.09

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Also dieser Antrag der FPÖ ist für uns – ich muss das ganz klar sagen – auf jeden Fall in keinster Faser auch nur ansatzweise verständlich und ist klar abzulehnen, Herr Kollege Deimek!

Das Abschaffen der geschlechtergerechten Sprache kommt dem Ignorieren von Frauen gleich – dem Ignorieren von mehr als der Hälfte der Bevölkerung. Werte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Kommen Sie endlich einmal im Jahr 2023 an, denn dieser Antrag entspricht eher einer Politik des 18. oder 19. Jahrhunderts, würde ich sagen! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grü­nen sowie der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Martin Graf: Das zeigen die Wahl­erfolge der FPÖ!)

Wenn Sie, Herr Kollege Deimek, rausgehen und sagen: Kämpfen wir für die Rechte der Frauen, dafür, dass Frauen gleich viel verdienen wie Männer, dass sie die gleichen Chancen und Rechte am Arbeitsmarkt haben!, dann wünsche ich mir wirklich sehr große Zustimmung von Ihnen zu allen unseren Vorschlägen. Anstatt dieses Antrages würde ich mir wünschen, dass vielleicht auch von der FPÖ Anträge genau zu diesem Bereich eingebracht werden. Wenn es um das Thema Lohntransparenz geht, wenn es um das Thema Lohngerechtigkeit geht, sind wir Bündnispartner:innen. Unsere Vorschläge liegen im Gleichbehand­lungsausschuss auf dem Tisch, und dazu erwarten wir uns dann entspre­chend große Zustimmung auch von der freiheitlichen Fraktion. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)


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Was on top zu diesem inhaltlichen Wirrwarr dieses Antrages kommt – Kollegin Rausch hat schon begonnen, es auszuführen –, ist die Geschichte mit der Universitätsautonomie. Die FPÖ hat sich während der Coronapandemie im Par­lament hingestellt und gepoltert, sich echauffiert über diesen bösen Minis­ter, damals noch Faßmann, der 2G, 3G an den Universitäten eingeführt hat, von oben herab in die Universitätsautonomie eingegriffen hat. Dieser Antrag greift aber eben genau in diese Autonomie ein. Also was jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Ja zur Uniautonomie oder Nein zur Uniautono­mie? Stellen Sie das bitte einmal klar, dann können wir hier auch Klartext reden! (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir stattdessen viel lieber im Wissenschaftsausschuss diskutieren würden – und wir stellen das auch immer wieder klar – ist: Wie steht es um die Ket­tenverträge? Sie führen nämlich noch immer zu massiven prekären Dienstver­hältnissen an Österreichs Universitäten, an Österreichs Hochschulen. Ge­rade in der Forschung und der Lehre sind die Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschafter und auch die Lektorinnen und Lektoren die wesentli­che Säule für den Erhalt einer guten und qualitätsvollen Lehre. Sie werden aber nicht entsprechend wertgeschätzt und auch nicht entsprechend ent­lohnt und haben auch keine guten Rahmenbedingungen in den Arbeitsverträgen.

Daneben ist die soziale und psychische Lage von Studierenden dramatisch. Jedem Zweiten, jeder Zweiten geht es mental schlecht, insbesondere Frauen sind davon betroffen. Das hat eine Erhebung der österreichischen Hochschüler:in­nenschaft ergeben. Rund zwei Drittel aller Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten, um sich die Ausbildung und das Leben überhaupt finan­zieren zu können – ein dramatischer Umstand! Studiengebühren, gerade für diese berufstätigen Studierenden, gibt es noch immer, obwohl sie wegen ihres Jobs einfach länger für die Ausbildung brauchen. Von den Koali­tionsparteien haben wir dazu noch von keiner Verbesserung für die Studieren­den gehört.


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Das ist nur ein kleiner Auszug an Problemen, die wir in der Hochschullandschaft in Österreich haben. Über die würden wir gerne diskutieren anstatt über so einen wirklich irrsinnigen Antrag. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

19.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Sibylle Hamann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.35.54

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bun­desminister! Ich freue mich, dass ich gleich direkt an meine beiden Vor­rednerinnen hier anschließen kann, und ich würde es eigentlich gerne sehr kurz und sehr knapp machen, wenn wir hier über einen angeblichen Gender­zwang diskutieren müssen.

Liebe Kollegen von der FPÖ! Sie müssen jetzt ganz stark sein: Die Gleichbe­handlung der Geschlechter steht in der österreichischen Bundesverfassung, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Was ich Ihnen auch noch sagen muss: Die Gleichbehandlung der Geschlechter ist auch ein Grundprinzip unserer Rechtsordnung, an das sich alle halten müssen. Und Gleichbehandlung bedeutet halt auch Sichtbarmachung in der Sprache, wie Kollegin Rausch vorhin schon ausgeführt hat. (Abg. Deimek: Wie ist das im Englischen?) Warum? – Nur dann, wenn etwas ausgesprochen wird, ist es vorstellbar, ist es möglich und kann es auch wirklich werden. Das ist eine der Grundregeln, die wir im Laufe der Zeit der Frauenbewegung ge­lernt haben. Deswegen stehen jetzt die Mädchen in der österreichischen Bun­deshymne, egal ob das der FPÖ gefällt oder nicht. Und Sie können die Mädchen aus der Bundeshymne auch nicht mehr so schnell und einfach ent­fernen, und da sage ich, Gott sei Dank ist das so. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Pfurtscheller.)


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Ganz etwas Ähnliches gilt auch für die Universitäten. Auch dort gilt, wie Sie vielleicht wissen, das Gleichbehandlungsgesetz, und Sie können es nicht so einfach aushebeln. (Abg. Deimek: Und wie geht das im Englischen? Vielleicht können Sie darauf eine Antwort geben!) Auch in der Wissenschaft und in der Forschung müssen Geschlechter sprachlich sichtbar gemacht werden. Das ist gut und richtig so. Wie die Universitäten das machen, wie das die einzelnen Forschenden und Lehrenden machen, das bleibt ihnen überlassen. Das ist sehr unterschiedlich und das ist die Freiheit der Wissenschaft, die Sie selber ja auch so oft und gerne bei anderen Gelegenheiten beschwören.

Ja, feststeht: Frauen sind und bleiben in Österreich in der Wirklichkeit und in der Sprache sichtbar. Dafür gibt es in diesem Land, Gott sei Dank, eine breite Mehrheit aller anderen Parteien, die hier vertreten sind. Die FPÖ kann das, auch wenn sie will, nicht einfach verbieten, sie kann es nicht unterbinden, wie in diesem absurden Antrag gefordert wird, sie kann uns Frauen nicht einfach weg­machen, und darüber freue ich mich. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Pfurtscheller.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Henrike Brandstötter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.38.30

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ja, seit gegendert wird, tobt auch der Kampf ums Gendern. Es geht dabei um kulturelle Dominanz, es geht um Macht, es geht um Abgrenzung, es geht um individuelle und nationale Identität. Die Debatte wird, wie wir heute auch wieder gesehen ha­ben, sehr emotional geführt; also man kann auch Männern manchmal sagen, sie sollen ein bisschen weniger emotional sein. Da macht es zur Abkühlung durchaus Sinn, sich zunächst einmal die Grundidee des Genderns anzuschauen.


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Im Mittelpunkt steht ja eine grammatikalische Konstruktion, die bisher ganz oh­ne Kritik genutzt wurde, nämlich das generische Maskulinum. Gemeint ist damit, dass sowohl Personen als auch Berufe grammatikalisch als männlich be­zeichnet werden, obwohl es auch eine weibliche Form dazu gibt. Die Evi­denz ist hier ganz eindeutig: Sprache schafft Realität, und wer sprachlich nicht repräsentiert ist oder unterrepräsentiert ist, in diesem Fall Frauen, verliert eben dann auch an Bedeutung. Das weiß die FPÖ sehr genau, weil sie diese Me­chanismen ja immer selbst nutzt. Ein Beispiel ist: Es macht einen großen Unterschied, ob ich von einer Flüchtlingszuwanderung spreche, ob ich von einer Flüchtlingswelle spreche oder von einer Flüchtlingsflut.

Diese Worte lösen sowohl beim Lesen als auch beim Hören Assoziationen aus, weil das eine wichtige Information ist, um Informationen einfach in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Flut ist eindeutig ganz negativ konnotiert (Abg. Deimek: Da muss man schon sehr ideologisch verbrämt sein ...!), und so lenkt man eben auch, wie Wirklichkeit geschaffen wird.

Und jetzt fabuliert die FPÖ in ihrem Antrag einen „Genderzwang“ herbei und schafft dabei nicht einmal einen halben Beleg für diese doch recht kühne Behauptung. (Abg. Deimek: Gehen Sie doch ... das Sozial- und Wirtschaftswissen­schaftliche Institut, Frau Kollegin!) Es gibt viele Formvorschriften für wissen­schaftliche Arbeiten, auch solche, die über Zitierregeln und Plagiatsverbote ganz, ganz weit hinausgehen, zum Beispiel für Masterarbeiten an der Universität Wien. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Da finden Sie an vielen Fakultäten Empfeh­lungen über die Schriftart, über Zeilenabstand und Ähnliches. Aber einen „Genderzwang“? – Den müssen Sie mir bitte erst einmal zeigen, den gibt es ein­fach nicht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Dabei ist es ja auch durchaus sinnvoll, dass sich Studierende mit sozial rele­vanten Fragen auseinandersetzen, und dazu gehören eben auch Diversität und Gleichbehandlung. Beides sind auch Bereiche, in denen sich laufend Dinge verändern. Wir lernen ständig dazu, Sprache entwickelt sich einfach weiter (neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Deimek), das merken wir auch in der Politik


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und in den Medien, beispielsweise dass es eben ein semantischer Unterschied ist, ob ich von einem Eifersuchtsdrama oder von einem Femizid spreche. – Dieser Unterschied ist wichtig, und das gilt eben auch für die Wissenschaft. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Es ist ja fast schon schlüssig, dass Ihr Antrag so verwirrt daherkommt. Erst be­klagen Sie sich darin, dass es keine durchgängigen Genderregeln gibt, und dann wollen Sie diese abschaffen. Es ist also nicht ganz logisch, da frage ich mich: Was denn jetzt?

Kollege Deimek, weil Sie von hinten immer reinrufen und eine anscheinend sehr drängende Frage haben, wie das denn im Englischen aussieht: Na ja, im Engli­schen gibt es einfach nur einen Artikel. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und Grünen. – Heiterkeit des Abg. Lindner. – Abg. Deimek: ... im Französischen gibt es ...!)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das kann ich nicht erkennen.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.42.0513. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 3064/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend FH-Entwicklungs- und Finanzierungsplan (1908 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag.a Andrea Kuntzl. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.42.32

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Anderes Thema: Wir kommen zu den Entwicklungsperspektiven der Fachhochschulen in unserem Land.

Wir haben in den letzten Monaten im Wissenschaftsausschuss immer wieder eingefordert, dass das Ministerium den Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan vorlegen soll. Das ist eine wichtige Grundlage, auf Basis deren die österreichischen Fachhochschulen planen können, wie sie ihre Studien­plätze ausbauen können, wie viele, in welchen Bereichen und so weiter. Daher ist es sehr wichtig, dass das rechtzeitig vorliegt, um die entsprechende Pla­nungssicherheit für die Fachhochschulen, die ein so wichtiger Bereich in Österreich geworden sind, auch zu gewährleisten.

Der Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan liegt jetzt vor, und postwendend haben Sie, Herr Minister, einen Brief von der Fachhoch­schulkonferenz bekommen. Das ist die Vertretung aller 21 Fachhochschulen, die es in Österreich gibt, und es wurde uns eine erste Bewertung dieser Fach­hochschulkonferenz über dieses für sie so wichtige Planungsinstrument übermit­telt. Das sind Herrschaften, die normalerweise sehr zurückhaltende und im­mer sehr differenzierende und konstruktive Äußerungen machen. Die zusammenfassende Bewertung dieses Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplans durch die Fachhochschulkonferenz, also sind diejenigen, die auf Basis dieses Instruments arbeiten müssen, lautet schlicht und einfach: verheerend. Es ist ein verheerendes Dokument, eine für sie verheerende Grund­lage. (Beifall bei der SPÖ.)


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Dieses Dokument wurde auch erstellt, ohne die Vertreter, die betroffen sind, einzubeziehen. So schaut das jetzt auch aus. Die Vertreter der Fachhoch­schulen sagen, es ist ein eklatanter Rückschritt und gefährdet in hohem Ausmaß das bisher Erreichte.

Was wir eigentlich bräuchten, wären Fortschritte, wäre ein Ausbau – ein Ausbau, einerseits um Chancen für die jungen Menschen in unserem Land zu gewähr­leisten und anderseits, weil wir einen Fachkräftemangel in unserem Land haben. Zum Beispiel in den Bereichen Gesundheit und Pflege brauchen wir dringend hoch qualifizierte Leute. Es geht also einerseits um die Entwicklungs­perspektiven der jungen Leute und andererseits auch darum, dass wir die Fach­kräfte ausbilden, um die Bevölkerung in diesen so wichtigen Bereichen ver­sorgen zu können.

Es wird laut Fachhochschulkonferenz kein einziger Studienplatz geschaffen, ob­wohl es den schon erwähnten Fachkräftemangel gibt. Es wird der Fokus vor allem auf den Bereich Mint gelegt, obwohl es einen eklatanten Mangel in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit und Soziales gibt.

Ein Desaster also, Herr Bundesminister! Die Fachhochschulkonferenz fordert einen runden Tisch ein, damit die Vertreter des Sektors auch entspre­chend einbezogen werden können. Ich habe von Ihnen bis jetzt keine öffentliche Äußerung vernommen. Herr Bundesminister, wie gedenken Sie mit dieser Kritik umzugehen, den Plan weiterzuentwickeln? Werden Sie zu diesem einge­forderten runden Tisch einladen? – Ich würde das als extrem sinnvoll erachten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstötter und Loacker. – Abg. Loacker: Ich würde es auch für sinnvoll erachten, dass sich der Minister einmal zu Wort meldet!)

19.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Martina Kaufmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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19.46.32

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Vor allem auch: Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auf der Gale­rie, die Sie uns heute bei dieser sehr wichtigen Debatte zuschauen! Es geht nämlich um unsere Fachhochschulen. Frau Kollegin Kuntzl von der SPÖ – Kollege Kassegger von der FPÖ wird ja danach auch noch kommen (Abg. Kassegger: Genau!) –, wir sind uns ja einig: Ja, wir brauchen gut qualifizierte, ausgebildete Menschen, auch aus den Fachhochschulen, und deswegen thematisieren wir das ja auch auf Bundesebene. Bis 2025 schaffen wir 3 700 neue FH-Studienplätze, Frau Kollegin Kuntzl, also das, was Sie gerade vorhin gesagt haben, das stimmt ja nicht. (Abg. Kuntzl – ein Schriftstück in die Höhe haltend und den Kopf schüttelnd –: Fachhochschulkonferenz! Fach­hochschulkonferenz!) Wir tun das ja, wir machen das ja. (Ruf bei der SPÖ: Stopptaste!)

Zum gesamten Prozess – Frau Kollegin Kuntzl, auch das haben Sie nicht richtig skizziert –: Es ist so, dass dieser gesamte Prozess, dieser Stakeholderpro­zess für das neue Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungskonzept ja auch schon seit einem längeren Zeitraum genau unter Einbindung der Stakeholder läuft, und genau das ist das, was wir auch wollen. Deswegen hat auch Kollege Kassegger diesen Antrag gestellt. Kollege Kassegger hat aber eine Schleife mit einem Datum eingezogen, das so einfach nicht realistisch ist, weil wir uns gerade im Konsolidierungsverfahren befinden, in dem noch einmal mehr Meinungen eingeholt werden, weil es uns einfach wichtig ist. Selbst bei uns in Graz, wo wir ganz, ganz viele FH-Studienplätze haben, profitieren ja 6 500 Studierende auch davon, was wir mit dem Fachhochschulentwicklungs­konzept machen. Genau das muss ja unser Anspruch sein, dass wir da wei­terentwickeln, dass wir das mit den Stakeholdern gemeinsam weiterentwickeln und dass wir damit auch für die Zukunft die gut ausgebildeten Fachkräfte von morgen schaffen werden.


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Kollege Kassegger wird nachher herauskommen und fragen: Warum bringen die Regierungsparteien einen eigenen Antrag ein, wenn ich eh schon selber ei­nen Antrag eingebracht habe? – Genau aus dem Grund, Kollege Kassegger (Abg. Leichtfried: Woher weiß denn die das?), so wie wir das auch schon im Ausschuss diskutiert haben: nicht deshalb, weil wir unseren Minister auffordern wollen, das brauchen wir nicht (Abg. Leichtfried – in Richtung Abg. Kassegger –: Woher weiß die Kollegin, was du reden wirst?), unser Minister macht hervor­ragende Arbeit, dem sind die Fachhochschulen ein Herzensanliegen (Abg. Kucha­rowits: ... Frau Kollegin!), genauso wie sie das auch vielen von uns Abgeord­neten sind, sondern um das einfach auch zu unterstreichen und zu zeigen: Ja, wir wollen das, wir tun das, und es wird im heurigen Jahr, im Frühjahr 2023, auch dieses Konzept geben – unter Einbindung der Stakeholder schon im ver­gangenen Jahr, auch unter Einbeziehung des Konsolidierungsverfahrens, das jetzt im Jänner gestartet wurde, damit wir diese Einbindung auch flächen­deckend zusammenbringen und da auch das Beste für unsere Zukunft im Fach­hochschulbereich zustande bringen.

Ich bin davon überzeugt, dass bei diesem Verfahren das Beste herauskommt, da­für wird auch unser Minister Sorge tragen, und damit haben wir uns auch für die Zukunft für die jungen Fachkräfte bestens aufgestellt. In diesem Sinne: Schauen wir, was herauskommt, und, Herr Kollege Kassegger, stimmen Sie einfach unserem Antrag mit zu, dann haben wir das, was wir erreichen wollen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Dann haben wir gar nix! Dann haben wir gleich viel wie jetzt, nämlich gar nix!)

19.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.49.51

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Kollegin Kaufmann, vielen Dank für die Einleitung.


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Ich werde mich jetzt nicht damit auseinandersetzen, wer hier welchem Antrag zustimmt oder nicht zustimmt, denn die Sache ist viel zu ernst, als dass ich mich hier mit Formalien aufhalten möchte.

Faktum ist, dass wir seit ungefähr einem Jahr Klarheit fordern – in Erkenntnis, dass beim Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan nichts geklärt ist, dass die Fachhochschulen völlig im Nebel herumfahren und das Studien­jahr 2023/24 nicht mehr weit weg ist. Wir machen diesbezüglich seit einem Jahr immer wieder Druck mit Anträgen – das stimmt, das sind gleichlautende An­träge, bei denen das Datum ausgetauscht wird –, aus dem einfach Grund, dass nichts passiert. Es ist das ganze Jahr über nichts passiert außer einem Kick-off-Meeting im Mai 2022, wo ich mich dann frage: Was ist seit dem Kick-
off-Meeting passiert? – Offensichtlich wenig bis gar nichts. Das ist das, was wir auch befürchtet haben.

Es war ja schon Ihr Vorgänger Minister Faßmann kein großer Freund der Fach­hochschulen; den haben wir damals als Regierungspartner in harten Ver­handlungen dann doch überreden können, dass zumindest 1 000 zusätzliche Studienplätze für die Fachhochschulen geschaffen werden, weil wir der Meinung sind, dass dieser Sektor ein Erfolgsmodell ist, und weil wir der Meinung sind, dass dieser Sektor als wichtiger Bestandteil des tertiären Bereichs noch deutlich ausgebaut werden sollte.

Nichts von dem – und ich werde jetzt ein bisschen zitieren – ist vorhanden. Of­fensichtlich haben Sie nicht einmal mit den Stakeholdern gesprochen. Ich weiß nicht, wer das dann sein soll, denn offensichtlich haben Sie nicht einmal mit der Fachhochschulkonferenz gesprochen – zumindest nicht ernsthaft –, denn das, was die Fachhochschulkonferenz hier schreibt, ist ja vernichtend. Herr Bundesminister, das ist vernichtend!

Die „Fachhochschulen lehnen den Entwurf [...] ab und weisen ihn in seiner Ge­samtheit zurück“, also sie sagen, sie weisen alles zusammen zurück, „in seiner Gesamtheit“. Es wird aber noch besser: „Beim gegenständlichen Entwurf


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handelt es sich bisher um den unambitioniertesten und rückschrittlichsten Plan seit Gründung des FH-Sektors vor 30 Jahren. [...] Der Entwurf ist kein Fi­nanzierungsplan, da er unter den gegebenen Umständen keine auch nur annähernd ausreichende Finanzierung vorsieht. [...] Der Entwurf ist kein Ent­wicklungsplan. Er sieht keinen weiteren Ausbau der Studienplätze vor [...] Dem Entwurf fehlen jegliche innovative, zukunftsgerichtete Maßnah­men [...] Daher fordern die Fachhochschulen einen sofortigen Stopp der aktuellen Begutachtung und endlich den Beginn echter Verhandlungen auf Augenhöhe mit der FHK unter Einbindung der Sozialpartner [...] Wir wer­den den Plan in dieser Fassung nicht hinnehmen!“

Das ist ein vernichtendes Urteil aus der Branche, und da frage ich mich wirklich: Was haben Sie im letzten Jahr gemacht? Was hat Ihr Ministerium gemacht? – Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie sich dann auch zu Wort melden könn­ten und uns das erklären, weil ich jetzt etwas verwirrt bin.

Die Zeit ist auch schon fortgeschritten, also ich ersuche doch dringlich, diesbe­züglich jetzt in die Gänge zu kommen und mit den entsprechenden Stake­holdern, insbesondere mit den Fachhochschulen zu reden, ihre Meinung noch einmal zu ändern. Ich weiß schon, dass das mit den Grünen wahrschein­lich schwieriger ist – Sie haben jetzt keine FPÖ mehr als Regierungspartner. Wir hätten da ganz anderen Druck gemacht und mit Sicherheit das eine oder andere erreicht – das ist schwierig.

Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass der Fachhochschulsektor als Er­folgsmodell ausgebaut werden muss, aber klare strategische Vorgaben – und das ist ja genau die Aufgabe Ihres Ministeriums – benötigt und auch eine klare, sichere Finanzierung, so wie sie auch die Universitäten haben. Warum benach­teiligen Sie die Fachhochschulen im Vergleich zu den Universitäten?, wäre meine Verständnisfrage.

Also noch einmal: Ich bitte eindringlich, jetzt raschest in die Gänge zu kommen und einen Plan, einen Finanzierungs- und Entwicklungsplan, vorzulegen,


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der diesen Namen auch verdient. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Martin Graf.)

19.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächste Rednerin gelangt Mag.a Eva Blimlinger zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.54.35

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren, auch vor den Bildschirmen! Ja, der Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan ist nun sozusagen zur Konsultation vorgelegt worden, und ich muss anmerken: Die Kritik der Fachhochschulkonfe­renz ist doch etwas durchwachsen. Also man kann und soll auch – dazu sind ja solche Prozesse da – Dinge kritisieren, anregen, aber in dieser Weise – nämlich in der Totalablehnung –, muss ich schon sagen, macht es mir ein bisschen den Eindruck, als hätte man ihn nicht genau gelesen, denn es gibt selbstverständlich – das wurde schon angesprochen – einen Zuwachs an Plätzen und es sind natürlich auch neue Bereiche dabei. Ja, natürlich ist das auch eine Perspektive – zu sagen: Lehnen wir zur Gänze ab, runder
Tisch! –, wichtig wäre aber, wenn man das erklärt.

Selbstverständlich geht es darum, die Fachhochschulen weiter im tertiären Sektor zu profilieren, und selbstverständlich ist uns das ein Anliegen. Jetzt einmal ganz abgesehen von der Frage: Fachkräftemangel oder nicht?, ist das ein Teil des tertiären Sektors, der in derselben Weise wie die Universi­täten oder die pädagogischen Hochschulen Relevanz hat. Also diese drei Felder, wenn Sie so wollen, sind gleichermaßen für den österreichischen einerseits Arbeitsmarkt, aber auch für den ganzen Bereich der Bildung und der Wissenschaft und Forschung zentral.


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Dazu ist auch Folgendes zu sagen –und deswegen hinkt dieser Vergleich mit den Universitäten nicht nur bei der Finanzierung –: Während es bei den Universi­täten so ist, dass diese ja ihre Entwicklungspläne selbst machen und diese die Grundlage für die Finanzierung – nämlich über die Leistungsverein­barungen – sind, ist dies bei den Fachhochschulen, wenn Sie so wollen, ja ein etwas anderer Prozess, nämlich indem der Entwicklungs- und Finanzierungsplan letztlich von der Bundesregierung beschlossen werden muss.

Dabei gibt es aber vielleicht auch die Perspektive, zu überlegen, auch da eine andere Vorgangsweise zu wählen, nämlich eine stärkere Selbstverpflichtung der Fachhochschulen auch zu diesem Zukünftigen. Uns liegt bis jetzt nämlich lediglich quasi die Ablehnung vor, indem gesagt wird: Das alles wollen wir nicht! – Ich sage jetzt einmal: Das ist eh okay, aber bitte dann schon auch sagen, was man will oder was man nicht will.

Was auf jeden Fall ein ganz wesentlicher Punkt ist – das bitte ich immer auch mitzubedenken, und das ist auch der große Unterschied zu den Universitä­ten –, ist, dass hier nicht nur der Bund ein zentraler Träger ist, sondern die Länder. Also die Fachhochschulen sind ja in einem völlig anderen Finanzierungs­modell, in dem die Rolle der Länder zentraler ist. Es gibt einfach Bereiche – wie zum Beispiel, was all die Gesundheitsberufe betrifft –, in denen die Länder eine maßgebliche Rolle spielen, weil das eben auch Ländersache ist. Es gibt Bereiche, wo man genau diese Verbindung zwischen Land und Bund suchen muss (Abg. Kucher: Wer? Wer macht das? Wer sucht die Verbindung? – Abg. Oberrauner: Wer macht das?), aber das, was die Länder betrifft, fehlt natürlich auch in diesem Entwicklungsplan, weil da der Bund eben – Sie wissen: föderales System – nicht eingreifen kann.

Ganz generell möchte ich festhalten, dass die FHs in Österreich eine Erfolgs­geschichte sind, und in dieser Erfolgsgeschichte im tertiären Sektor, in dieser Trias, wenn Sie so wollen – pädagogische Hochschulen, FHs, Universi­täten –, sind uns alle gleich viel wert und kein Teil ist uns weniger wert.


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Ganz im Gegenteil! Durch Kooperationen haben wir den Wert aller drei Institu­tionen, sei es bei der Lehrer:innenausbildung durch die Verbünde zwi­schen PHs und Universitäten oder durch ein kooperatives Doktorat zwischen FHs und Unis. Uns geht es also ganz zentral darum, diese drei Bereiche auch miteinander zu verschränken und miteinander zu kombinieren.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rauch.)

19.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Martina Küns­berg Sarre. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.59.20

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben es in einem Jahr geschafft, verschiedene Branchen Ihres Ressorts sehr zu verstimmen. Das hat mit der fehlenden Dotierung der Universitäten begonnen, und dann gab es das große Desaster und diesen politischen Bauchfleck bei der Digita­lisierungs-Uni in Linz, bei dem wir auch international kein rühmliches Beispiel abgegeben haben, wie man eine wissenschaftliche Einrichtung auf den Boden bringt.

Dann kam der Gesamthochschulplan, der de facto eine Vision und ein Pfad sein sollte, wie sich der gesamte hochschulische Bereich in den nächsten Jahren entwickeln soll. Er reicht ja eh nur bis 2030; das ist ja bald da. Auch da steht de facto aber nichts Konkretes drinnen – viele Überschriften, die zwar ganz gut klingen, aber sehr viel mehr ist es auch nicht.

Jetzt zum Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan: Kollege Kassegger hat es ja schon gesagt, die FHK weist diesen Plan „in der Gesamtheit zurück“ und bezeichnet ihn eben als „rückschrittlichsten Plan“ überhaupt,


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den es in der Geschichte der Fachhochschulen jemals gegeben hat. Also das muss man sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Kollegin Kaufmann sagt, es gab ja viele Stakeholdergespräche. Die gab es ja offensichtlich nicht (Zwischenruf des Abg. Martin Graf) oder die müssen irgendwie in einem Paralleluniversum verlaufen sein, denn die FHK, die gesamte Branche und die Leitungen der Fachhochschulen sagen: Wir wollen endlich in Gespräche eintreten. Also irgendwo muss es da eine gewisse Schwierig­keit gegeben haben.

Kollegin Blimlinger sagt – und damit tue ich mir mittlerweile wirklich ein biss­chen schwer – jedes Mal, wenn ein Bereich Kritik übt, man müsse das alles einmal durchlesen und sich genau anschauen, so quasi, die Leute hätten eigentlich nicht ganz verstanden, worum es eigentlich geht. Das finde ich einen ziemlich herablassenden Zugang (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Oberrauner), denn der gesamte Fachhochschulsektor macht das natürlich nicht aus Jux und Tollerei, dass er diesen Plan zurückwirft und dass er da ein Bahöl macht, weil es einfach so lustig ist, sondern weil es da um sehr, sehr viel und eben um die Entwicklung der nächsten Jahre geht.

Weil Sie immer wieder von den Mint-Studienplätzen sprechen: Ja, wir brauchen mehr Mint-Studienplätze, wir brauchen aber auch in anderen Fachbereichen zusätzliche Studienplätze. Der Fachkräftemangel wird nicht nur im Mint-Bereich zu beheben sein, sondern auch im Gesundheits- und im Sozialbereich.

Aus diesem Grund ist es einfach sehr, sehr schade – vielleicht melden Sie sich zu Wort und sagen auch zu den vorherigen Tagesordnungspunkten noch kurz, was da Ihre Einschätzung ist oder wie es da weitergeht, denn die Fachhochschu­len haben es sich, glaube ich, verdient, zu wissen, was jetzt in Ihrem Ressort weiter passiert. (Beifall bei den NEOS.)

20.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Maria Smodics-Neumann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 424

20.02.28

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher, die Sie uns noch folgen, auf wel­chem Kanal auch immer! (Abg. Martin Graf: Und Zuseherinnen!) Der Fach­hochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan wird jetzt debattiert. Wer sich jetzt erst zugeschaltet hat: Das ist jenes Instrument, mit dem die inhaltliche Festlegung und natürlich auch die Finanzierung für die FHs im Zusammenspiel – Frau Kollegin Blimlinger hat es auch schon erwähnt –, was Bundes­kompetenz ist und was die Länder da beitragen können und sollen, beschlossen werden.

Was ich besonders hervorheben möchte, das ist, finde ich, gerade bei den FHs so wichtig: Ich bin selber Absolventin einer Fachhochschule und habe diesen Praxisbezug, den eine FH hat, und auch die Praxistauglichkeit, in der Art  zu studieren, schätzen gelernt. Das ist eine ganz wichtige Geschichte und die sollte wirklich auch das Besondere der FHs nach wie vor hervor­streichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Umso schöner ist es, dass alle Stakeholder bereits im Mai 2022 eingebunden wurden. Es finden auch noch laufend Gespräche statt, wir sind ja in der Konsultationsphase. Jetzt kommt die große Kritik der Fachhochschulen, dass es nicht genug oder das Falsche sei, weil wir einen Fachkräftebedarf haben. Ich glaube, diesbezüglich können wir den FHs recht geben. Das ist aber nicht nur ein Thema der FHs, es ist in der Wirtschaft generell ein Thema. Die Polizei sucht Polizisten, das Bundesheer sucht Soldaten, die Medizin sucht Pflegekräfte und Ärzte und der Elektriker sucht Lehrlinge.

Das ist ein großes Thema. Finanzielle Mittel werden da nicht die alleinige Lösung sein, aber sie können mithelfen, das zu beheben. Ich glaube, wir alle, die FHs, das Gewerbe, die Polizei und alle weiteren müssen aufgrund des demografischen Wandels, den wir haben, den wir auch nicht negieren sollen, kreativ sein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 425

Ich glaube, es wird gut sein, wenn diese Gespräche laufend stattfinden, vielleicht kann man das auch beibehalten, nicht nur für einen Plan, sondern für eine ständige Abstimmung, auch damit die Wirtschaft rückspiegeln kann, was es denn braucht, denn wenn wir einen Fachkräftebedarf decken wollen, dann schaf­fen wir das nur gemeinsam. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.05.27

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Bundesminister, ich möchte Sie an dieser Stelle öffentlich fragen – und ich möchte auch Antworten von Ihnen haben, ich habe gesehen, Sie sind nach mir zu Wort gemeldet –: Wie verstehen Sie eigentlich Ihre Arbeit? Ich möchte es wirklich wissen und ver­stehen können. Wem fühlen Sie sich als Bildungs- und Wissenschaftsmi­nister ernsthaft verpflichtet?

Wenn man nämlich einen Blick auf Kinder macht, wenn man daran denkt, dass eine Kindergartennichtmilliarde zustande gekommen ist – also nicht mehr Plätze für Kinder –, dann glaube ich, dass Sie sich den Kindern nicht verpflichtet fühlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Schülerinnen und Schülern dürften Sie sich auch nicht verpflichtet fühlen – ich denke an Probleme wie überfüllte Klassenzimmer, den Lehrerinnen- und Lehrermangel und zu wenig Schulsozialarbeit und Schulpsycholog:innen. Den Studierenden und Lehrenden an den Unis dürften Sie sich auch nicht ver­pflichtet fühlen – ich denke an das Budgetloch, mit dem wir erst vor Kurzem konfrontiert waren und sind; den Studis an den pädagogischen Hoch­schulen anscheinend auch nicht – ich denke an die mangelnde Durchlässigkeit von Studien.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 426

Die Studierenden und Lehrenden an den FHs fühlen sich auch nicht unbedingt von Ihnen vertreten – das sehen wir an dem heute sehr spät vorgelegten Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan. Das Urteil, werter Herr Bundesminister, die Stellungnahmen sind eindeutig verheerend. Ich frage Sie: Mit wem haben Sie diesen Plan entwickelt? Mit wem? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben einen Plan vorgelegt und alle Fachhochschulen in Österreich sind erschüttert, sind entsetzt und aufgebracht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und das zu Recht. Ich darf aus dem Brief, der heute schon erwähnt wurde, der von der Fachhochschulkonferenz an Sie ging, zitieren.

Ich zitiere: Die Fachhochschulkonferenz als Vertreterin aller 21 österreichischen Fachhochschulen weist den vorliegenden Entwurf des Fachhochschul-Ent­wicklungs- und Finanzierungsplans 23/24 bis 25/26 auf Grundlage eines einstimmigen Vorstandsbeschlusses in seiner Gesamtheit entschieden zurück. Gleichzeitig fordern wir „Verhandlungen auf Augenhöhe [...] unter Einbindung der Sozialpartner und der ÖH.“ – Bitte, was sagen Sie dazu? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich zitiere weiter: Beim vorliegenden Entwurf handelt es sich um den bislang mit Abstand unambitioniertesten, defensivsten und enttäuschendsten „Plan seit Gründung des FH-Sektors vor 30 Jahren.“ 

Das ist verheerend, Herr Bundesminister, es spricht Bände über Ihr Verständnis von Politik. Ich appelliere an Sie, wir appellieren an Sie, diesem Aufschrei der Fachhochschulkonferenz ernst zu nehmen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Vorschläge der Stakeholder:innen, Sie wissen das, lie­gen seitenweise – seitenweise! – auf dem Tisch. Laden Sie alle, alle Ver­treter:innen, alle Stakeholder:innen, ein und machen Sie bitte das, wofür Sie an­gelobt wurden, nämlich Politik im Sinne der Menschen und nicht an ihnen vorbei. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.08



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 427

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme: Herr Bundesminister Dr. Martin Polaschek. – Bitte schön, Herr Bundesminister.


20.08.55

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, ich darf hier gerne einige Worte dazu sagen.

Zum einen einmal: Ich darf daran erinnern, dass das Fachhochschulbudget vor ungefähr zwei Jahren bereits einmal um 15 Prozent angehoben worden ist. Ich darf daran erinnern, dass ich aufgrund der Teuerung das Budget erst im Herbst aus Reserven des Ministeriums um über 30 Prozent noch einmal angehoben habe, um den Fachhochschulen gerade in dieser Situation zu helfen.

Die Fachhochschulen waren mehr als zufrieden, waren sehr dankbar und haben gesagt, das ist eine gute Basis, damit können sie bis zum Inkrafttreten des Fachhochschul-Entwicklungsplans weiterarbeiten. Wir haben intensive Gesprä­che mit den Fachhochschulen geführt, es war eines klar und es war ein großer Wunsch vonseiten der Fachhochschulen: Es geht weniger um neue Plät­ze, es geht vielmehr um ein Anheben der Fördersätze.

Der größte, der allergrößte Wunsch vonseiten der Fachhochschulen war, die Fördersätze noch einmal anzuheben, damit sie da eine entspre­chend budgetäre Sicherheit haben, weil die Plätze an und für sich gut gefüllt sind, weil das Platzangebot in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist, alleine – es ist bereits angesprochen worden – in der letzten Ausbaustufe noch einmal um fast 350 Plätze angehoben worden ist. Die Fachhochschulen sind mit dem Anliegen an uns herangetreten, mehr umschichten zu können, weil es immer wieder vorkommt, dass Plätze nicht befüllt werden können, weil es immer wieder vorkommt, dass Studiengänge nicht voll befüllt werden können, und deshalb der Wunsch, die Fördersätze anzuheben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll195. Sitzung, 195. Sitzung des Nationalrats vom 31. Jänner 2023 / Seite 428

Was die verschiedenen Themenbereiche angeht, ist es so, dass vonseiten des Bundes Plätze in der Pflege, des Sozialbereiches nicht in unserem Kompe­tenzbereich liegen. Der Bund fördert Plätze gerade in den Bereichen Mint und so weiter, und deshalb haben wir uns entschlossen, den Fachhochschulen da deutlich mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Wenn Sie sich die Bevölkerungsentwicklung anschauen, wenn Sie sich die Zahl der Maturantinnen und Maturanten anschauen, wenn Sie sehen, dass es immer weniger Menschen gibt, die generell in die Studienbereiche gehen, dass die Universitäten und die Fachhochschulen gemeinsam „nur“ – unter An­führungszeichen – auf eine bestimmte Zahl an Menschen zurückgreifen können, dann stellen Sie fest, dass eine weitere Steigerung der Fachhochschulplätze, eine generelle Steigerung, nicht viel bringen wird. Es geht eher um eine Umschichtung, dass sich die Fachhochschulen überlegen, in welchen Bereichen sie weiter Studiengänge anbieten, aber dass sie sehr wohl – und das war uns wichtig – deutlich mehr Geld bekommen. Wenn der neue Fachhochschul-Entwicklungsplan in Kraft tritt, dann wird es insgesamt im Laufe der letzten Jahre zu einer Steigerung der Studienplatzfinanzierung durch den Bund von über 26 Prozent gekommen sein. Über 26 Prozent wird die Steigerung der Finanzierung der Plätze dann betragen. Das ist eine Steigerung in einer noch nie dagewesenen Höhe!

Und wenn es nun eine deutlich größere Steigerung gibt, dann liegt es jetzt auch an den Fachhochschulen, das mit den entsprechenden Visionen zu befüllen. Dann liegt es an den Fachhochschulen, mit diesem Geld auch tätig zu werden. Einfach nur zu sagen: Mehr Plätze!, darin erkenne ich keine große Vision (Zwischenruf der Abg. Künsberg Sarre), einfach zu sagen: Wir bauen mehr Plätze aus!, das ist nett –das ist aber doch keine Vision hinsichtlich der Entwick­lung eines Sektors.

Die Vision muss doch daraus entstehen, dass die Fachhochschulen mehr Geld zur Verfügung haben, sodass sie entsprechend investieren können: in den qualitativen Ausbau der Plätze, in eine entsprechende Vertiefung in bestimmten


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Bereichen, in eine Profilbildung. Und es liegt auch an den Fachhoch­schulerhaltern, insbesondere an den Ländern, sich da ergänzend einzubringen.

Wir werden selbstverständlich mit den Fachhochschulen in einen Dialog treten. Wir werden uns natürlich mit den Fachhochschulen an einen Tisch setzen. Ich bin gerne bereit, gemeinsam mit den Fachhochschulen noch einmal entspre­chende Visionen zu entwickeln, wenn den Fachhochschulen das, was bis-lang an Visionen gekommen ist, nicht gereicht hat. (Abg. Kucharowits: 37 Seiten ... Fachhochschulkonferenz ... Vorschläge ...!) Die Fachhochschulen sind herzlich dazu eingeladen, sich da aktiv einzubringen. Ich darf auch daran erinnern, dass, wenn der Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan in Kraft treten wird, den Fachhochschulen insgesamt über 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden.

Über 400 Millionen Euro, so viel Geld haben die Fachhochschulen vonseiten des Bundes noch nie – ich darf wiederholen: noch nie! –zur Verfügung gehabt. Also das als die große Krise zu sehen – diese Meinung teile ich nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Steinacker: Philip! Anständig sein! Nicht schreien!)


20.14.03

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, so wie der Herr Wissenschaftsminister kann man das auch machen: Beim Geldausgeben die Stopptaste drücken und dann sagen, die Fachhochschulen hätten keine Vision vorgelegt. Beim Geld knausern, als zuständiger Bundesminister keine neuen Impulse setzen und sich dann hierherstellen und sagen: Da gibt es vonseiten der Fachhochschulen keine Vision!


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Zur Vision, Herr Bundesminister: Sie waren der Allererste, der die Vision nicht gehabt hat. Ich habe nachgeschaut. Man sagt Politikern ja oft nach, dass viel versprochen und angekündigt und dann wenig umgesetzt wird. Sie haben das ein bissel anders gemacht – da muss ich Sie durchaus einmal verteidi­gen. (Abg. Obernosterer: ... nicht verständlich!) Ich hab mir heute Ihre Antrittserklä­rung hier im Parlament noch einmal durchgelesen, Ihre erste Rede als neuer Wissenschaftsminister: Sie haben die Fachhochschulen mit keinem ein­zigen Wort erwähnt! Mit keinem einzigen Wort haben Sie die Fachhochschulen erwähnt, und genau das haben Sie umgesetzt. Das war eine Nullmeldung, bei Ihrer Antrittsrede, und seither ist im Bereich der Fachhochschulen auch nichts weitergegangen, weil sie Ihnen de facto egal sind, das erkennt man daran, weil nichts passiert.

Die 21 Rektorinnen und Rektoren der Fachhochschulen in Österreich haben ganz klar, wie es Kollegin Kucharowits sagt, gesagt: mit Abstand der unambitionierteste, defensivste und enttäuschendste Plan seit Gründung der Fachhochschulen; mit Abstand das Schlechteste, was jemals vorgelegt worden ist. (Abg. Obernosterer: ... du etwas verstehst!) Das sind ja alle keine Popu­listen, die sich zusammensetzen und sagen: Wir machen den Bundesminis­ter schlecht! – Herr Bundesminister, Sie haben nicht zugehört, Sie haben mit den Fachhochschulen nicht geredet, und wir reden von 60 000 jungen Men­schen in Österreich, quer durch alle Bundesländer. Wir reden von 1 500 Koope­rationen im Bereich der angewandten Forschung in Österreich, die Sie zu­rückfahren wollen!

Ich darf nur zwei ganz konkrete Beispiele nennen: Nachdem es die Protestwelle gegeben hat, Herr Bundesminister, haben nicht Sie sich mit den Fachhoch­schulen hingesetzt, sondern es war Sektionschef Pichl, der dann medial den Kopf hinhalten musste, für die Linie, die Sie vorgegeben haben. Sie haben nicht einmal das Gespräch gesucht. – Das sagt auch sehr, sehr viel über den Zugang zur Politik aus.


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Das zweite kleine Beispiel: Sie sitzen mit Arbeitsminister Kocher in der Bundes­regierung und dieser beklagt den Fachkräftemangel. Da können Sie nicht so tun, als wären Sie als Wissenschaftsminister irgendwo eine Insel. Ich weiß ja nicht, wie Sie miteinander arbeiten, aber man könnte für den Bundesminis­ter für Arbeit ein bissel Interesse haben, man könnte einmal bei ihm nachfragen, wie er das mit dem Fachkräftemangel sieht. (Abg. Obernosterer: Setz dich nieder! Lass es gut sein! ... ein Blödsinn!) Ihr arbeitet nebeneinander: Der Arbeitsmi­nister kritisiert, dass es zu wenige Fachkräfte in Österreich gibt, und ihr streicht Fachhochschulstudienplätze und damit die Zukunft für jun­ge Menschen. – Das ist doch keine Zukunft und kein Miteinan­der! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Krönung ist dann die Wissenschaftssprecherin der Grünen, Frau Kollegin Blimlinger, die offen sagt: Es ist eh alles wunderbar, die Rektoren haben wahrscheinlich diesen tollen Plan der Regierung nicht genau gelesen – nicht genau gelesen! (Abg. Obernosterer: Aber du!) Die Rektoren wissen in Wahr­heit den Segen der Bundesregierung– die Kürzung in diesem Bereich – gar nicht zu schätzen. Was ist das denn für ein Umgang miteinander? Nicht genau gelesen!

Und das beste Beispiel – wir erleben es auch im Gesundheitsausschuss immer wieder –: In allen möglichen Sonntagsreden hören wir, dass in Zukunft in Österreich 78 000 Menschen allein im Bereich der Pflege fehlen. Und wenn man den Gesundheitsminister fragt, wie es denn im Bereich der Pflege nach der Akademisierung weitergeht, dann sagt er: Zuständig ist der Wissenschaftsmi­nister! – So. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Fragt man den Wissenschaftsminister, sagt dieser: Zuständig ist der Gesundheitsminister! – Wir reden von 78 000 Men­schen im Bereich der Pflege, die fehlen, und der Wissenschaftsminister tut so, als gehe ihn das nichts an.

Wer soll denn Motor für den Bereich der Wissenschaft sein? Wie viele kon­sekutive Master sind denn im Bereich der Pflege, der Hebammen, der Ergotherapie, der Physiotherapie in Österreich geplant? Da kann man sich nicht


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auf die Länder rausreden. Es wäre doch Ihr Job, heute dafür zu sorgen, dass die Gesundheitsversorgung in Österreich auch in Zukunft abgesichert ist – und da gibt es nicht einmal ein Gespräch! (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)

Herr Kollege Taschner – ich weiß nicht, ob er da ist –: Kann sich irgendjemand einmal ein Herz fassen und schauen, dass es zwischen dem Gesundheitsmi­nister und dem Wissenschaftsminister eine Gesprächsrunde gibt, dass zumindest die einmal miteinander reden? Vielleicht kann man auch den Arbeitsminister und den Wissenschaftsminister an einen Tisch bringen?

Das ist ein Nebeneinanderarbeiten in der Bundesregierung, und dann geht man auf die Studierenden los und sagt: Ihr braucht in Wahrheit eh keine zusätz­lichen Studienplätze! – Das ist kein Umgang miteinander. Und das, was heute vom Wissenschaftsminister gekommen ist, war leider eine Null­meldung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag.Dr.in Petra Ober­rauner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.18.20

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her zu Hause! Da ich ja als Vizebürgermeisterin sehr viel mit Fachhoch­schulentwicklung zu tun hatte und wir in einem Umfeld leben, in dem Forschung und Entwicklung relevant sind für die Industriebetriebe, die bei uns ansässig sind, kann ich Ihnen schon erklären, warum die Studienplätze oft nicht besetzt werden: weil es keine verpflichtenden und nachvollziehbaren langfris­tigen Finanzierungspläne gibt.

Die Fachhochschulen müssen sich immer wieder als Bittsteller hinstellen und bis zum letzten Moment hoffen, dass sie wissen, wie das Budget ausschaut und dass sie das Budget überhaupt auf die Reihe kriegen.


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Dann zitieren Sie die Landesregierungen, die sozusagen einspringen sollen. – Die Welt hat sich verändert, wir haben multiple Krisen hinter uns und wahrschein­lich noch viele vor uns. Das Geld ist wirklich knapp geworden und man kann den Ländern und Gemeinden zusätzlich eigentlich nichts mehr hinaufdrücken. Da muss man schon ein eigenes Interesse daran haben, diesen Sektor zu stützen und weiterzuentwickeln.

Die gesetzliche Verpflichtung der FHs zur angewandten Forschung und Entwicklung wird gänzlich ignoriert und die Finanzierung an Dritte ausgelagert, wobei wir nicht genau wissen, warum und wieso.

Zum runden Tisch möchte ich schon sagen, dass die Sozialpartner in diesem Bereich essenziell sind. Sie sind diejenigen, die wissen, was sie brauchen, und diejenigen, die auch wissen, was sie nicht bekommen.

Es gibt da wirklich zwei ganz eklatante Bestätigungen dafür, dass Sie den Kontext nicht verstanden haben, in dem diese Fachhochschule einen wirklich wichtigen Mehrwert bringt: 73 Prozent der Unternehmen spüren nämlich einen starken oder sehr starken Fachkräftemangel, und für knapp die Hälfte der Unternehmen führt dieser Fachkräftemangel bereits zur Einschränkung von Innovationen.

Das ist standortrelevant, Herr Minister. Alles, was Sie in die Fachhochschulen investieren, kriegen Sie als Return on Investment über Arbeitsplätze und über Steuern, die die Betriebe leisten, weil sie die Fachkräfte haben, die sie brauchen, um ihren Betrieb zu führen, zurück. Das ist nicht der gleiche Gedanke wie für eine Universität.

Grundlagenforschung ist eine Geschichte, sie hat Berechtigung und ist not­wendig. Fachhochschulen und angewandte Forschung haben andere Dimensionen: Der Standortfaktor für Unternehmen ist da angesprochen, die Innovationen für KMUs, die nur stattfinden können, wenn es eine gute Fachhochschule gibt, und vor allem auch die Ausbildung von Fachkräften, und


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zwar in einem durchlässigen Konzept, vom Lehrling bis zur Fachhochschule und zur Universität. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt auch keine einzige Möglichkeit – das habe ich mir extra herausgeschrie­ben – zur Einrichtung industrienaher Doktoratsstudiengänge. Die Indus­trie würde beitragen. Wir haben auch Beispiele in Kärnten, bei denen es eine Kooperation gibt, nämlich im Masterstudiengang für Leistungselektronik. Wir brauchen diese dringend, weil wir die Fachkräfte für die Entwicklung der Pro­duktion von Bestandteilen für die Windkraft-, Fotovoltaik-, Automobil-, Luft- und Raumfahrttechnik brauchen.

Sie als Regierung wollen eine Transformation und wollen sozusagen alles in diesem Land nachhaltiger machen. Ja, da werden Sie aber Leute brauchen, die etwas davon verstehen, und die Ausbildner von diesen Leuten sind nun ein­mal die Fachhochschulen. Dieser Sektor müsste mehr wert sein, da müsste mehr investiert werden, um dann ein Return on Investment zu bekommen, wenn man die Standortrelevanz wieder unterstreicht, und nicht weniger. (Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ.) Man müsste überhaupt nicht bitten sollen, es müsste so sein, dass Sie sich freiwillig mit den anderen zuständigen Mi­nistern, vor allem auch Minister Kocher, hinsetzen und sagen: Das ist unsere einzige Chance für die Zukunft!

Wenn wir die nicht nutzen, dann geht es uns gleich wie bei den Kindergärten, da müssen wir bitten und betteln. Wir wissen schon heute, dass wir die Innova­tionsführer nicht mehr erreichen können, weil wir in der Bildung schon im Kindergarten versagen. Und dann haben wir den nächsten Crash in der Fach­hochschule? Das geht nicht! Die Fachhochschule ist essenziell für das Fort­kommen dieses Landes in der Welt.

Bildung, gute Bildung war immer ein Benchmark für Österreich und war auch made in Austria, und wenn wir da nicht aufschließen, dann werden wir so viel Konkurrenz haben, dass wir uns darüber keine Gedanken mehr machen müssen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.22



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich verlege wie vereinbart die Abstimmungen an den Schluss der Abstim­mungen über die Vorlagen des Wissenschaftsausschusses.

20.23.05Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 bis 13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 11 bis 13, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Die Klubs wünschen keine Unterbrechung, somit können wir direkt fortfahren.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 1906 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 1907 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 13, und zwar zu­nächst zur Abstimmung über den Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 1908 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungs­antrages 3064/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1908 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Fachhochschul-Entwick­lungs- und Finanzierungsplan (FH-EF-Plan) für die Studienjahre 2023/24 fortfol­gend“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen. (302/E)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.24.33Einlauf


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 3107/A bis 3144/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mittei­lungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.25 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.25.00Schluss der Sitzung: 20.25 Uhr

 

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