
Plenarsitzung
des Nationalrates
264. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Donnerstag, 16. Mai 2024
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Nationalratssaal
Stenographisches Protokoll
264. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 16. Mai 2024
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 16. Mai 2024: 9.05 – 18.21 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Sanierung Parlamentsgebäude – Reihe BUND 2023/27
2. Punkt: Bericht
über den Tätigkeitsbericht 2023 des Rechnungshofes –
Reihe BUND 2023/40
3. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Durchschnittliche Einkommen und zusätzliche Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes 2021 und 2022 – Reihe Einkommen 2023/1
4. Punkt: Bericht über den Antrag 2529/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inhaltliche und methodische Weiterentwicklung der Einkommenserhebung durch den Rechnungshof
5. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bildungskarenz – Reihe BUND 2023/11
6. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Rot-Weiß-Rot-Karte und Blaue Karte EU – Reihe BUND 2024/11
7. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bestandsaufnahme Fachkräftemangel – Reihe BUND 2024/12
8. Punkt: Bericht über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Austrian Business Agency – ABA – Reihe BUND 2024/5
9. Punkt: Bericht über den ORF-Jahresbericht 2023 und ORF-Transparenzbericht 2023 gemäß § 7 sowie § 7a ORF-Gesetz, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien
10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das
Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975
über die Geschäftsordnung des Nationalrats
(Geschäftsordnungsgesetz 1975)
samt Anlage 1, Verfahrensordnung
für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA)
geändert werden (3969/A)
*****
Inhalt
Personalien
Verhinderungen ........................................................................................................... 32
Ordnungsrufe .......................................................................... 93, 195, 213, 213, 225
Geschäftsbehandlung
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 17250/AB gemäß § 92 Abs. 1 GOG ............................................................................................. 81
Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 GOG ......................... 338
Redner:innen:
Philip Kucher ............................................................................................................... 338
Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher .................................................................. 344
Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................... 350
Katharina Kucharowits .............................................................................................. 354
Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 357
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................... 360
Michael Bernhard ....................................................................................................... 364
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ............................................................................................................................... 81
Ersuchen der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch um Erteilung eines Ordnungsrufes ............................................................................................................................. 195
Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Christian Stocker im Zusammenhang mit seiner Restredezeit in der Debatte über die Dringliche Anfrage ................................... 328
Fragestunde (27.)
Landesverteidigung .................................................................................................... 33
Mag. Friedrich Ofenauer (342/M); Douglas Hoyos-Trauttmansdorff
Robert Laimer (348/M); Mag. Friedrich Ofenauer, Ing. Mag. Volker Reifenberger
Ing. Mag. Volker Reifenberger (340/M); Dr. Helmut Brandstätter
Süleyman Zorba (351/M); Petra Bayr, MA MLS, Ing. Manfred Hofinger
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (346/M); Dr. Astrid Rössler, Mag. Michael Hammer
Mag. Romana Deckenbacher (343/M); Mario Lindner
Rudolf Silvan (349/M); Tanja Graf
MMMag. Dr. Axel Kassegger (341/M)
Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (352/M); Julia Elisabeth Herr, Petra Steger
Dr. Helmut Brandstätter (347/M)
Johann Höfinger (344/M); Mag. Eva Blimlinger
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ................................................................................................. 33
Ausschüsse
Zuweisungen ...................................................................................................... 79, 234
Dringliche Anfrage
der Abgeordneten Mag. Beate
Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend
„Europas Zukunft sichern: Mehr Europa und Wohlstand statt
Öxit“ (18655/J) .......................................................................................................... 234
Begründung: Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ..................................................... 249
Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher .................................................................. 259
Debatte:
Dr. Helmut Brandstätter ............................................................................................ 275
Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 281
Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 286
Petra Steger ................................................................................................................ 289
Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................... 295
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 298
Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA .......................................................................... 302
Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 305
MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 308
Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................... 313
Mag. Yannick Shetty .................................................................................................. 316
Dr. Christian Stocker .................................................................................................. 319
Rudolf Silvan ............................................................................................................... 322
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 325
Michael Bernhard ....................................................................................................... 329
Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 332
Ing. Martin Litschauer ................................................................................................ 335
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses
über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Sanierung
Parlamentsgebäude –
Reihe BUND 2023/27 (III-1027/2519 d.B.) ....................................................... .... 82
2. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses
über den Tätigkeitsbericht 2023 des Rechnungshofes –
Reihe BUND 2023/40
(III-1076/2520 d.B.) .................................................................................................... 82
3. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Durchschnittliche Einkommen und zusätzliche Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes 2021 und 2022 – Reihe Einkommen 2023/1 (III-1058/2521 d.B.) .......................................................................................................... 82
4. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 2529/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inhaltliche und methodische
Weiterentwicklung der Einkommenserhebung durch den Rechnungshof (2522 d.B.) .................................................................................................................... 83
Redner:innen:
Johann Singer ................................................................................................................ 83
Mag. Karin Greiner ....................................................................................................... 86
Wolfgang Zanger .......................................................................................................... 89
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ........................................................................................ 93
Dr. Nikolaus Scherak, MA ............................................................................................ 95
Hans Stefan Hintner ..................................................................................................... 98
Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 100
Ulrike Maria Böker ..................................................................................................... 102
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .............................................................................. 104
Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................... 106
Andreas Kühberger .................................................................................................... 113
Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 116
Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................... 118
Hermann Gahr ............................................................................................................ 121
Kenntnisnahme der drei Berichte III-1027, III-1076 und III-1058 d.B. .............. 123
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2522 d.B. hinsichtlich des Antrages 2529/A(E) ............................................................................................................................. 123
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2522 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Weiterentwicklung der Einkommenserhebung der öffentlichen Wirtschaft des Bundes durch den Rechnungshof“ (372/E) ........................................................... 124
5. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses
über den Bericht
des Rechnungshofes betreffend Bildungskarenz – Reihe BUND 2023/11
(III-919/2532 d.B.) ............................................................................................................................. 124
Redner:innen:
Lukas Brandweiner ..................................................................................................... 124
Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 126
Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 129
Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................. 131
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 133
Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................... 140
MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................... 143
Alois Kainz .................................................................................................................. 145
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Mitteleffizienz bei Bildungskarenz“ – Ablehnung ....... 136, 147
Kenntnisnahme des Berichtes III-919 d.B. ............................................................ 147
Gemeinsame Beratung über
6. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses
über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Rot-Weiß-Rot-Karte
und Blaue
Karte EU – Reihe BUND 2024/11 (III-1134/2533 d.B.) ..................................... 147
7. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bestandsaufnahme Fachkräftemangel – Reihe BUND 2024/12 (III-1138/2534 d.B.) ...................................................................................................................................... 147
Redner:innen:
Franz Hörl ................................................................................................................... 148
Klaus Köchl ................................................................................................................. 151
Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 153
Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 156
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 158
Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................... 160
Andreas Kühberger .................................................................................................... 162
Christian Lausch ......................................................................................................... 165
Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................... 167
Martina Kaufmann, MMSc BA .................................................................................. 170
Kenntnisnahme der beiden Berichte III-1134 und III-1138 d.B. ........................ 174
8. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses
über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Austrian Business
Agency – ABA –
Reihe BUND 2024/5 (III-1116/2535 d.B.) ............................................................ 174
Redner:innen:
Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 174
Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 177
Süleyman Zorba .......................................................................................................... 178
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 180
Kenntnisnahme des Berichtes III-1116 d.B. .......................................................... 181
9. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den
ORF-Jahresbericht 2023 und ORF-Transparenzbericht 2023
gemäß § 7 sowie § 7a ORF-Gesetz, vorgelegt von
der Bundesministerin für Frauen, Familie,
Integration und Medien (III-1145/2531 d.B.) ........................................................ 181
Redner:innen:
Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 182
Mag. (FH) Kurt Egger .................................................................................................. 196
Mag. Muna Duzdar .................................................................................................... 198
Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................... 201
Henrike Brandstötter ................................................................................................. 203
Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab ............................................................ 206
Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................... 208
Maria Großbauer ........................................................................................................ 213
Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 215
Hans Stefan Hintner ................................................................................................... 217
Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 219
Sabine Schatz ............................................................................................................. 221
Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 223
Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ORF-Zwangssteuer!“ – Ablehnung ............. 193, 225
Kenntnisnahme des Berichtes III-1145 d.B. .......................................................... 225
10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten
Christian Hafenecker, MA,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz
vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975)
samt Anlage 1, Verfahrensordnung für parlamentarische
Untersuchungsausschüsse (VO-UA) geändert werden (3969/A) ...................................................................................... 226
Redner:innen:
Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 226
Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................. 229
Katharina Kucharowits .............................................................................................. 230
Mag. Agnes Sirkka Prammer ..................................................................................... 232
Zuweisung des Antrages 3969/A an den Geschäftsordnungsausschuss .......... 234
Eingebracht wurden
Anträge der Abgeordneten
Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Saubere Luft in unseren Bildungseinrichtungen“ (4049/A)(E)
Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neue Jobs schaffen und sichern – durch eine echte Begleitung der Transformation der Wirtschaft (4050/A)(E)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Baukulturförderprogramms inklusive Revitalisierungsbonus zur Belebung von Stadt- und Ortskernen (4051/A)(E)
Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung und Vereinfachung der Sportförderabwicklung (4052/A)(E)
Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Zielnetz für die Eisenbahninfrastruktur definiert wird (Zielnetzgesetz) (4053/A)
Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen
betreffend wissenschaftliche Grundlage zur Beurteilung des Erhaltungszustandes
des Wolfes
(4054/A)(E)
Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und
Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz – ASVG
BGBI. Nr. 189/1955, das Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz BGBI. Nr. 560/1978;
das Bauern-Sozialversicherungsgesetz BGBI. Nr. 559/1978 und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz
BGBI. Nr. 200/1967 geändert wird (4055/A)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge (4056/A)(E)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge (4057/A)(E)
Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Bewerbungsstrategie für Sportgroßveranstaltungen (4058/A)(E)
Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Das „Meine-Zeitung-Abo“ als neues Förderinstrument für mehr Medienvielfalt (4059/A)(E)
Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreich muss die Rahmenbedingungen für die Innovations- und Technologietreiber, KI und Weltraumtechnik verbessern! (4060/A)(E)
Ing. Mag. Volker
Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung
von 8 Monaten Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate
(4061/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tierhaltungskennzeichnung jetzt“ als wichtiger Baustein, um Österreich zu einem Tierwohlmusterland zu entwickeln (4062/A)(E)
Elisabeth Feichtinger,
BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tierhaltungskennzeichnung
jetzt“ als wichtiger Baustein, um Österreich zu
einem Tierwohlmusterland zu entwickeln (4063/A)(E)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tierhaltungskennzeichnung jetzt“ als wichtiger Baustein, um Österreich zu einem Tierwohlmusterland zu entwickeln (4064/A)(E)
Mag. Ernst Gödl, Mag. Eva Blimlinger, Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (4065/A)
Eva-Maria Himmelbauer,
BSc, Süleyman Zorba, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2021
geändert wird (4066/A)
Mag. Michaela Steinacker, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Gewaltambulanzen (Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz – GewaltAFG) erlassen wird (4067/A)
Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine Verbrauchsteuer auf Mineralöl, Kraftstoffe und Heizstoffe (Mineralölsteuergesetz 2022 – MinStG 2022) geändert wird (4068/A)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz (4069/A)(E)
Karlheinz Kopf, Mag. Dr.
Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Aufgaben
der COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG-Neuordnungs- und
Abwicklungsgesetz – COFAG-NoAG) erlassen wird sowie das
ABBAG-Gesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das
Energiekostenausgleichsgesetz 2022, das Bundesgesetz, mit dem
Förderungen des
Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten
geknüpft werden, das Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe,
das Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe, das Garantiegesetz 1977
und das KMU-Förderungsgesetz geändert werden (COFAG Sammelgesetz)
(4070/A)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ORF-Wahlbeeinflussung in der Causa Ziegler offenlegen (4071/A)(E)
Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Klimabonus für Asylwerber (4072/A)(E)
Christoph Stark, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern erlassen wird (4073/A)
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Gasdiversifizierungsgesetz 2022 und das Energielenkungsgesetz 2012 geändert werden (4074/A)
Anfragen der Abgeordneten
Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Herausforderungen im Bildungssystem durch Familienzusammenführungen“ (18493/J)
Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz betreffend Feststellung
der Berufsunfähigkeit bei Menschen mit Behinderungen (18494/J)
Mag. Jörg
Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für
EU und Verfassung betreffend Umsetzung von
EU-Richtlinien – Sonntagsreden
vs. Realität (18495/J)
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gewalt gegen Frauen – Reformvorschläge der Gewaltschutzzentren – Umsetzung (18496/J)
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Gewalt gegen Frauen – Reformvorschläge der Gewaltschutzzentren – Umsetzung (18497/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18498/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18499/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18500/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und
Forschung betreffend digital „abgehängte“
Bürger:innen (18501/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz betreffend „Hat
die Novelle des Hypothekar-und Immobilienkreditgesetzes 2023 einen leichteren
Zugang zu Krediten für ältere Menschen gebracht? (18502/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend “Hat die Novelle des Hypothekar-und Immobilienkreditgesetzes 2023 einen leichteren Zugang zu Krediten für ältere Menschen gebracht? (18503/J)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Lückenschluss S36 – Murtal Schnellstraße – zwischen Judenburg und St. Georgen ob Judenburg sowie Gesamtstrategie beim Neubau von Schnellstraßen/Autobahnen in Österreich“. (18504/J)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Allgemeinbildende und Berufsbildende Höhere Schulen in den Bezirken Murtal und Murau“ (18505/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Studie zu rechtlich verbindlichen Vorgaben für an Kinder gerichtetes Lebensmittelmarketing (18506/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18507/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Shrinkflation (18508/J)
Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Situation der Schulsozialarbeit in Österreich“ (18509/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18510/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend digital „abgehängte“
Bürger:innen (18511/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin
für Landesverteidigung betreffend digital „abgehängte“
Bürger:innen (18512/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin
für Justiz betreffend digital „abgehängte“
Bürger:innen (18513/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18514/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18515/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18516/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und
Wasserwirtschaft betreffend
digital „abgehängte“ Bürger:innen (18517/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend digital „abgehängte“ Bürger:innen (18518/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und
Medien betreffend „KI-Servicestelle –
Wie ist der Stand der Dinge?“ (18519/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und
Medien betreffend Maßnahmen zur
Stärkung der wehrhaften Demokratie (18520/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Maßnahmen zur Stärkung der wehrhaften Demokratie (18521/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen zur Stärkung der wehrhaften Demokratie (18522/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Häusliche Gewalt im Fluchtkontext“ (18523/J)
Mag. Martina
Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Maßnahmen zur
Stärkung der Wehrhaften Demokratie (18524/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität im Burgenland im Jahre 2023 (18525/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Drogenkriminalität in Kärnten im Jahre 2023
(18526/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität in Niederösterreich im Jahre 2023 (18527/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität in Oberösterreich im Jahre 2023 (18528/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend
Drogenkriminalität in Salzburg im Jahre 2023
(18529/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität in Tirol im Jahre 2023 (18530/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität in Vorarlberg im Jahre 2023 (18531/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität in Wien im Jahre 2023 (18532/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenkriminalität in Österreich im Jahre 2023 (18533/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Wien im Jahr 2023 (18534/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Oberösterreich im Jahr 2023 (18535/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Vorarlberg im Jahr 2023 (18536/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Salzburg im Jahr 2023 (18537/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen im Burgenland im Jahr 2023 (18538/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Kärnten im Jahr 2023
(18539/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Österreich im Jahr 2023 (18540/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Tirol im Jahr 2023 (18541/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Niederösterreich im Jahr 2023 (18542/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden im BMJ für das 1. Quartal 2024 (18543/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Überstunden
im BML für das 1. Quartal 2024 (18544/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend
Überstunden im BMBWF für das
1. Quartal 2024 (18545/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Überstunden im BMK für das 1. Quartal 2024 (18546/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Überstunden im BMAW für das 1. Quartal 2024 (18547/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Überstunden im BKA für das 1. Quartal 2024 (18548/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überstunden im BMI für das 1. Quartal 2024 (18549/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überstunden im BMF für das 1. Quartal 2024 (18550/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend
Überstunden im BMEUV für das 1. Quartal 2024
(18551/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale
Angelegenheiten betreffend Überstunden im BMEIA
für das 1. Quartal 2024 (18552/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration
und Medien betreffend Überstunden im BMFFIM für
das 1. Quartal 2024 (18553/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Überstunden im BMKÖS für das 1. Quartal 2024 (18554/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Überstunden im BMLV für das 1. Quartal 2024
(18555/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz betreffend Überstunden im
BMSGPK für das 1. Quartal 2024 (18556/J)
Christian Lausch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz betreffend Förderungen an
den Verein ZARA (18557/J)
Christian Lausch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für europäische und
internationale Angelegenheiten betreffend Förderungen an den
Verein ZARA (18558/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18559/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18560/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18561/J)
Christian Lausch, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und
Medien betreffend Förderungen an den Verein
ZARA (18562/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18563/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18564/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18565/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18566/J)
Christian Lausch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend Förderungen an den Verein
ZARA (18567/J)
Christian Lausch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen
Dienst und Sport betreffend Förderungen an den
Verein ZARA (18568/J)
Christian Lausch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen
und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen an
den Verein ZARA (18569/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen an den Verein ZARA (18570/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BKA im 1. Quartal 2024 (18571/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten
für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMI im
1. Quartal 2024 (18572/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale
Angelegenheiten betreffend Kosten für Übersetzungs-
und Dolmetschleistungen im BMEIA im 1. Quartal 2024 (18573/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten für
Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMJ
im 1. Quartal 2024 (18574/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMEUV im 1. Quartal 2024 (18575/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMF im 1. Quartal 2024 (18576/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMAW im 1. Quartal 2024 (18577/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMBWF im 1. Quartal 2024 (18578/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität,
Innovation und Technologie betreffend
Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMK im 1. Quartal
2024 (18579/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kosten für
Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im
BMLV im 1. Quartal 2024 (18580/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BML im 1. Quartal 2024 (18581/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMFFIM im 1. Quartal 2024 (18582/J)
Alois Kainz, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz betreffend Kosten für
Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMSGPK im 1. Quartal 2024
(18583/J)
Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen im BMKÖS im 1. Quartal 2024 (18584/J)
Peter Wurm, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz betreffend Amazon-Schock
(18585/J)
Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Promotionsvideo „Das Bundeskriminalamt DE“ (18586/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für das Seminarhotel der ÖVP-Akademie (18587/J)
Peter Wurm, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend
Folgeanfrage zu 17505/AB: AMS-Förderungen
für Nehammer-Familienunternehmen Back-Bone Marketing GmbH (18588/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz betreffend
AstraZeneca gesteht erstmals schwere Nebenwirkungen ein (18589/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Jahrelange Holocaustleugnung eines Polizeibeamten (18590/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend Jahrelange Holocaustleugnung eines
Polizeibeamten
(18591/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Jahrelange
Holocaustleugnung eines Polizeibeamten
(18592/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Jahrelange Holocaustleugnung eines Polizeibeamten (18593/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Jahrelange Holocaustleugnung eines Polizeibeamten (18594/J)
Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Europäische Kulturhauptstadt 2024 Bad Ischl: Themenverfehlung bei Werbesujet (18595/J)
Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Frühsexualisierung von Kindern in der Wiener Hauptbücherei (18596/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes aufgrund fehlender Übermittlung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen 2023 (18597/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verlust des Anspruchs auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld bei mehr als 14-tägigem Krankengeldbezug 2023 (18598/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zahlen zum Freiwilligen Sozialjahr (18599/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verpflichtende Beratungsgespräche für Gefährder (18600/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und
Medien betreffend Schwangerschaftsabbrüche –
Zahlen und Unterstützung (18601/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwangerschaftsabbrüche – Zahlen und Unterstützung (18602/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Scheidungsschwindel (18603/J)
Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen
und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und
Medien betreffend Wirksamkeit der Teilnahme
an Werte- und Orientierungskursen in Österreich (18604/J)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Müllimporte nach Österreich (18605/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Versandhandel: AK-Konsumentenschützer warnen vor Risiken bei Abstellgenehmigungen (18606/J)
Peter Wurm, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz betreffend VKI: „Spar
Frozen Yogurt“ enthält zu wenig Joghurt (18607/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen an Firmen des Wiener ÖVP-Gemeinderats Markus Griessler (18608/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen an Firmen des Wiener ÖVP-Gemeinderats Josef Mantl (18609/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für Hotel des ÖVP-Abgeordneten Franz Hörl (18610/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für Firma des niederösterreichischen ÖVP-Landtagsabgeordneten Kurt Hackl (18611/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für Firma der Wiener ÖVP-Gemeinderätin Bernadette Arnoldner (18612/J)
Christian Hafenecker, MA,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung,
Wissenschaft und Forschung betreffend Islamistenveranstaltung
an Universität Wien (18613/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Islamistenveranstaltung an Universität Wien (18614/J)
Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gestrichene Kassenarztstelle in Judenburg-Steiermark (18615/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ist die AG Fama bei der Ermittlung zum Pilnacek-Ableben involviert? (18616/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Corona-Impfstoffverträge (18617/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Impfstoffverträge (18618/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Einhaltung des Nürnberger Kodex’ (18619/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einhaltung des Nürnberger Kodex’ – Folgeanfrage (18620/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Einhaltung des Nürnberger Kodex’ – Folgeanfrage (18621/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Standortpolitik
und Stellenabbau bei A1 Telekom
Austria (18622/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Standortpolitik und Stellenabbau bei A1 Telekom Austria (18623/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zukunft
des UKH-Standorts Kalwang (18624/J)
Mag. Hannes Amesbauer,
BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres
betreffend Task Force Sozialleistungsbetrug im Jahr 2023
und ersten Quartal 2024 in der Steiermark (18625/J)
Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Folgeanfrage zu Kosten der Bundesheereinsätze während der WEF-Treffen in Davos (18626/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Annäherung Österreichs an die NATO (18627/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Annäherung Österreichs an die NATO (18628/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend EU-Ministerrat (Verbraucherschutz) am 19. April 2024 in Brüssel (18629/J)
Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister
für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Klimakrise sorgt
für heiße Klassenzimmer“ (18630/J)
Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister
für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Umsetzungsversäumnisse
der UN-BRK im Bildungsbereich“ (18631/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend
Nicht-Einhaltung des Art. 55 der IGV und andere Fragen zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften
(IGV) (18632/J)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Maßnahmen gegen Armut und Auswirkungen der „Teilzeit-Falle“ (18633/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Scheinfirmen 2024 und AMS-Förderungen (18634/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Scheinfirmen 2024 und gewerberechtlicher Status (18635/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz betreffend
Neue Betrugsmasche: ÖGK warnt vor E-Mails zu angeblicher
Rückerstattung (18636/J)
Peter Wurm, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend „KONSUMENT in der
Schule“: Verbraucherbildung für Jugendliche (18637/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „KONSUMENT in der Schule“: Verbraucherbildung für Jugendliche (18638/J)
Peter Wurm, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz betreffend VKI:
CNP Santander Insurance – unzulässige „Karenzzeit“-Klausel
(18639/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Girokontoschließung (18640/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Girokontoschließung (18641/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Unzulässige Servicegebühr bei Ö-Ticket (18642/J)
Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeischutz für Grazer Gemeinderat Pascuttini (18643/J)
Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Überarbeitung des Wehrrechtsänderungsgesetzes (18644/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Langzeitarbeitslosigkeit bei nicht-österreichischen Staatsbürgern 2023 (18645/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend
AMS-Kompetenzmatching – Erfahrungen
seit Februar 2024 und laufende Kosten (18646/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten und Inanspruchnahme der Sozialunterstützung (Sozialhilfe) 2023 in der Steiermark – Folgeanfrage (18647/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ex-Impfkoordinator Clemens Martin Auer ist wieder zurück – Wo ist er verblieben? (18648/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Polio-Impfung (18649/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Beschaffung der Covid-19-Impfungen wirft noch immer Fragen auf (18650/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Beschaffung der Covid-19-Impfungen wirft noch immer Fragen auf (18651/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Justiz betreffend Beschaffung der Covid-19-Impfungen wirft noch immer
Fragen
auf (18652/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für EU und Verfassung betreffend Beschaffung der Covid-19-Impfungen wirft
noch immer Fragen auf (18653/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend
Beschaffung
der Covid-19-Impfungen wirft noch immer Fragen auf (18654/J)
Mag. Beate
Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Europas Zukunft sichern:
Mehr Europa und Wohlstand statt Öxit (18655/J)
Anfragebeantwortung
des Bundesministers für
Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der
Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und
Kollegen (17549/AB zu 18122/J)
Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich zur 264. Sitzung des Nationalrates begrüßen und eröffne damit die Sitzung.
Ich grüße die
Journalistinnen und Journalisten auf den Rängen und unsere Besucher:innen
auf der Galerie, aber auch die Zuseherinnen und Zuseher
zu Hause vor den Fernsehgeräten.
Ich darf, bevor wir zur Fragestunde kommen, noch unserem Fußballteam recht herzlich gratulieren, dieses ist beim internationalen Parlamentarierfußballturnier mit dem silbernen Pokal ausgezeichnet worden und hat sich nur den Finnen geschlagen geben müssen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Eine Gratulation an das Team
und Kapitän Hanger. Das Schöne war: Es waren alle Parteien vertreten,
sogar die Damen haben mitgespielt – sehr professionell, Frau
Abgeordnete Prammer –, also es war wirklich eine große Freude.
Würden wir überall so gut abschneiden, wäre es noch besser. (Heiterkeit
bei der ÖVP.)
Für die heutige Sitzung
als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Reinhold
Einwallner (Unruhe im Saal – der Präsident gibt das
Glockenzeichen),
Hermann Brückl, MA, Mag. Gerhard Kaniak, Herbert Kickl, Lukas Hammer,
Mag. Markus Koza, Michel Reimon, MBA, David Stögmüller und Josef
Schellhorn. (Abg. Leichtfried: Wo ist Kickl?)
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:
Bundesminister für
Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. wird durch Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes
Rauch und Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig,
MSc durch Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Dr. Martin Polaschek vertreten.
Ferner darf ich mitteilen, dass die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt gegeben wurde:
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. wird durch Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher und Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner wird bis 19 Uhr von Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc und danach von Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler vertreten.
*****
Wie üblich überträgt der ORF die Sitzung bis
13 Uhr auf ORF 2 und auf ORF III bis 19.15 Uhr; danach wird
die Sitzung in der TVthek kommentiert
übertragen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Fragestunde.
Frau Ministerin Tanner, die ich recht herzlich begrüße, ist schon in Startposition, und wir dürfen gleich in medias res gehen. Die erste Frage stellt Abgeordneter Ofenauer.
Die Fragen dürfen 1 Minute dauern, die Antwort, Frau Minister, 2 Minuten, dann werde ich leise die Zeit einmahnen; Antworten auf Zusatzfragen dürfen 1 Minute dauern. – Damit starten wir.
Landesverteidigung
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Ich erteile
Abgeordnetem Ofenauer
das Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau
Bundesministerin, einen
schönen guten Morgen! Mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz und
der nachhaltigen Finanzierung des österreichischen Bundesheeres ist ein
Paradigmenwechsel in der militärischen Landesverteidigung eingetreten, und
ich darf auch Ihnen dazu ganz herzlich gratulieren.
Meine Frage lautet: Welche
Beschaffungen sind auf Grundlage des Aufbauplans österreichisches
Bundesheer 2032 plus bereits geplant und welche sind
schon durchgeführt worden?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 342/M, hat folgenden Wortlaut:
„Welche Beschaffungen sind auf Basis des Aufbauplans 2032+ geplant und bereits erfolgt?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Ich habe
mich auf die heutige Fragestunde sehr gefreut (Abg. Leichtfried: Das
war jetzt irgendwie logisch!) und darf die Frage insofern beantworten: Das
Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz, das Sie beschlossen haben, hat
uns die Möglichkeit der Planbarkeit über die
Gesetzgebungsperiode hinaus gegeben, und
wir sind mittendrin in der Abarbeitung unseres Aufbauplans.
Was alles beschaffen wir? – Wir beschaffen
insbesondere im Bereich der Luftkomponente einen Hubschrauber nach dem anderen.
Sie wissen, wir haben mit Italien gemeinsam über ein
Government-to-Government-Geschäft 36 Leonardo-Hubschrauber der
modernsten Art beschafft, die jetzt nach und nach der Truppe zufließen.
24 davon werden in Langenlebarn, am Fliegerhorst Leopold
Figl – Flugplatz General Pabisch, stationiert sein, zwölf dann
eben in Aigen. Wir schaffen eine zusätzliche Flotte Black Hawks
an –
daran arbeiten wir gerade – und komplettieren die erste Staffel mit
zusätzlichen drei Black Hawks.
Sie haben sicher mitverfolgt, dass wir insbesondere im
Bereich der geschützten Mobilität
sehr vieles beschaffen, begonnen vom Pandur über 850 Lkws,
MAN-Lkws mit Wechselaufbauten, über Dingos mit Waffenstationen.
Wir investieren in die Bewaffnung unserer Soldatinnen und Soldaten, zum einen einmal mit der Ausstattung mit Pistolen und mit überschweren Maschinengewehren und zum anderen mit der Fortsetzung des begonnenen Paketes mit Nachtsichtbrillen, Dekontaminationssystemen, Multibandfunkgeräten, Soldatenfunkgeräten.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich fürchte,
es würde die Zeit sprengen, alle einzelnen Beschaffungen aufzuzählen.
Wir legen Ihnen
allen, den Damen und Herren Abgeordneten, mit unserem Landesverteidigungsbericht
aber immer auch sehr transparent den aktuellen Stand der Beschaffungen
vor.
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr
Abgeordneter?
(Abg. Ofenauer: Von meiner Seite her nicht!)
Dann stellt die nächste Zusatzfrage Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.
Abgeordneter
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau
Bundesministerin, Sie haben nun gesagt, was beschafft wird, oder Teile der
Beschaffungen aufgezählt. Sie haben aber auch angesprochen, dass Sie
teilweise Government-to-Government-Geschäfte gemacht haben. Sie haben zu
Beginn Ihrer
Amtszeit gesagt, Sie wollen nur
Government-to-Government-Geschäfte machen, weil Sie das als einziges
Mittel gegen Korruption in Beschaffungsvorgängen – rund
um Eurofighter war das – sehen.
Ich sehe das ein bisschen anders, denn Korruption kann
überall stattfinden.
Sie sind aber jetzt bei der Pandur-Beschaffung davon abgegangen,
Government-to-Government-Geschäfte abzuwickeln, und haben eine ganz
klassische Direktbeschaffung gemacht. Warum gibt es diese Kehrtwende in Ihrer
Beschaffungspolitik bei den Ausschreibungen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Herr Abgeordneter, Sie sprechen etwas sehr Wichtiges an: Wir haben es mit sehr viel Steuergeld zu tun, mit 18 Milliarden Euro, die wir in den nächsten vier Jahren entsprechend unserem Aufbauplan mit der Mission vorwärts investieren werden. Da ist es eben wichtig, das auch transparent zu tun, weil jeder und jede von Ihnen weiß, wie sehr uns der eine oder andere Beschaffungsvorgang nach wie vor über Gerichtsverfahren fordert.
Wir sind dort, wo es
möglich ist, den Weg der Government-to-Government-Geschäfte gegangen.
Was die zusätzliche Beschaffung von 250 Pandur
in insgesamt zwölf verschiedenen Varianten, die wir beschafft haben,
anbelangt, war der von uns gewählte Weg einer, der auch nach den
Bedingungen
des Beschaffungsgesetzes möglich ist: eine Erweiterung des
Rahmenvertrages, der dennoch diese Transparenz ermöglicht – und
insbesondere die Transparenz Ihnen gegenüber –, weil
ja im Landesverteidigungsbericht angeführt ist, wie wir und wo wir im
Bereich der geschützten Mobilität investieren
werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Laimer. – Bitte sehr.
Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Ministerin! Meine Frage:
„Wann gedenken Sie dem
Nationalrat sämtliche neutralitätsrechtliche Gutachten zu Sky Shield
vorzulegen, damit dieser eine klare Entscheidungsgrundlage
für die 7,5 Mrd. Euro, die das Projekt kosten soll, hat?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bilder, die
wir
nach wie vor erleben müssen – sei es im Nahen Osten oder auch in
der Ukraine –, zeigen uns, dass Luftverteidigung absolut notwendig
ist, gerade auch für einen neutralen Staat wie Österreich.
Wir haben im Vorfeld der
European Sky Shield Initiative, die von Deutschland gestartet worden ist,
selbstverständlich das Völkerrechtsbüro des Außenministeriums
dementsprechend befasst. Es ist ja nachgerade die Aufgabe eines neutralen
Staates, für den Schutz und die Sicherheit seiner Bürgerinnen
und Bürger vor all den Bedrohungen aus der Luft zu sorgen. Wir haben den
Beitritt zu dieser Beschaffungskooperation und -initiative gemeinsam
mit der neutralen Schweiz unterzeichnet. Es wird in Hinkunft umso notwendiger
werden, dass wir gerade im Bereich der Luftverteidigung Fähigkeiten
ausbauen oder auch Fähigkeitslücken schließen – es geht da um kurze, um mittlere und um längere Reichweiten.
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr
Abgeordneter? –
Bitte.
Abgeordneter
Robert Laimer (SPÖ): Frau
Ministerin, noch in diesem Monat wollen Sie ja laut Medienberichten beim
EU-Verteidigungsministerrat
einen Kooperationsvertrag zu Sky Shield abschließen. Für den Fall,
dass Sky Shield dann doch nicht mit der Neutralität vereinbar wäre:
Wer übernimmt den Schaden für die Anschaffungen und
die juristischen Folgekosten für die Republik Österreich?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Herr Abgeordneter, es gibt keinen Völkerrechts- oder Verfassungsexperten, der in diesem Bereich eine Frage in Bezug auf die Neutralität sieht.
Es ist notwendig, dass wir uns
gegen die Bedrohungen aus der Luft schützen. Der nächste
Schritt – und den haben Sie richtigerweise
angeschlossen –
findet am 28. Mai statt, ein Treffen mit dem deutschen Kollegen Boris
Pistorius. Das wird ein Memorandum of Understanding sein, das uns in weiterer
Folge nicht nur Einblick in die einzelnen Dokumente ermöglicht, sondern
ein weiterer Schritt ist, dass wir schneller beschaffen können, dass wir
das kooperativ mit anderen tun können. Kein Staat ist in der Lage, diese
Beschaffungsinvestitionen allein zu tätigen und dann die notwendige Interoperabilität
herzustellen. Das ist der nächste Schritt, den wir setzen werden.
Mir ist es aber wichtig, dass wir Sie alle, sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere auch in den Ausschüssen über jeden dieser Schritte intensiv informieren.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Ofenauer. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sehr
geehrte Frau Bundesministerin! Die europäische Initiative Sky Shield
ist eine Beschaffungsinitiative.
Damit sollen europaweit gemeinsam Luftverteidigungssysteme angekauft werden
können. Sogar die neutrale Schweiz nimmt daran teil, weil es offensichtlich kein
Militärbündnis ist.
Vielleicht könnten Sie noch einmal ausführen: Welchen Nutzen für die Sicherheit Österreichs hat die Teilnahme an dieser Initiative Sky Shield?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Herr Abgeordneter, wie angesprochen zeigen uns die Bilder, die wir sehen,
dass der
Schutz gegen die Bedrohungen aus der Luft unabdingbar notwendig ist. Wir
müssen ja gar nicht angegriffen werden, es reicht schon, wenn uns eine
fehlgeleitete Drohne bedroht, so wie das vor geraumer Zeit in Zagreb passiert
ist.
Der Vorteil besteht in der Interoperabilität, in der schnelleren Beschaffung und in der dann auch kostengünstigeren Beschaffung. Wir haben ja jetzt schon in unserem Aufbauplan ein Budget für die kurzen und mittleren Reichweiten veranschlagt – 2 Milliarden Euro – und wir haben mit der Beschaffung der Skyranger auch den ersten Schritt gesetzt. Es ist unabdingbar notwendig, dass wir – in Verantwortung für die Österreicherinnen und Österreicher – unseren Luftraum besser schützen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Reifenberger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Natürlich brauchen wir eine starke Luftabwehr in Österreich,
aber wir brauchen eine, die wir alleine, also
nationalstaatlich betreiben –
wie im Übrigen unsere gesamte übrige Landesverteidigung auch.
Wir Freiheitliche haben kein
Problem mit einer gemeinsamen Beschaffung, wenn damit ein günstigerer
Preis zu erzielen ist. Wir haben auch kein Problem
mit einer Kooperation im Bereich der Ausbildung. Wir haben aber ein sehr großes
Problem damit, wenn Sie unsere Radardaten aus dem System Goldhaube den
anderen Sky-Shield-Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen und damit
gemeinsam mit anderen Staaten eine Luftabwehr betreiben wollen, weil
dadurch ein Militärbündnis entsteht, welches der Stärkung der
europäischen Säule der Luftabwehr der Nato dienen soll.
Daher stelle ich meine
Zusatzfrage: Warum führen Sie die österreichische Bevölkerung
in die Irre, indem Sie behaupten, Sky Shield wäre lediglich eine Plattform
für gemeinsame Beschaffung und Ausbildung, und verschweigen,
dass mittels Sky Shield eine gemeinsame Luft- und Raketenabwehr betrieben werden
soll, die laut Eigendefinition der Stärkung der europäischen
Säule der Luftabwehr der Nato dient?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass der Austausch von Radardaten
im
Rahmen unseres passiven Luftraumüberwachungssystems Goldhaube auf Abkommen
beruht, die schon mit den jeweiligen Staaten unterzeichnet
worden sind. Das beginnt bei der Schweiz, geht weiter über Deutschland,
und wir arbeiten auch sehr intensiv an zusätzlichen Abkommen.
Sie haben es richtig angesprochen: Es geht um den Schutz der Österreicherinnen und Österreicher vor den Bedrohungen aus der Luft, um eine Beschaffungskooperation. Die Entscheidung darüber, was im Fall einer Bedrohung zu tun ist, muss selbstverständlich bei uns bleiben. Das ist auch so vorge-
sehen. Es ist wie gesagt eine Beschaffungskooperation, die für einen zusätzlichen Schutz sorgt; ein Schutzschirm, der in einzelnen Zwiebelschichten aufgebaut wird. Die Entscheidung bleibt selbstverständlich im souveränen Staat. Das ist für uns so und das ist auch für die Schweiz so.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt ebenfalls Abgeordneter Reifenberger. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ):
Anderes Thema: Da Sie eine Verlängerung des Grundwehrdienstes entgegen dem
Rat aller Experten
mit fadenscheinigen Begründungen ablehnen, haben wir ein großes
Problem mit mangelnder Ausbildung unserer Grundwehrdiener und in weiterer Folge
natürlich dann auch der Miliz.
Es bedarf da dringend einer
Veränderung. Wir brauchen eine Fokussierung auf Fähigkeiten auf der
einen Seite und Erlebnis auf der anderen Seite – und
nicht darauf, um 15.30 Uhr abendessen zu gehen.
Dass Bedarf an mehr Ausbildung
besteht, erkennen wir zum Beispiel daran, dass im Jahr 2021 von gut 16 000 Grundwehrdienern
weniger als 1 500, also
weniger als 10 Prozent, eine vollständige militärische
Basisausbildung erhalten haben.
Das heißt, wenn Sie den
Grundwehrdienst schon nicht nach hinten
verlängern, was weiterhin das Ziel sein muss, dann müssen wir
schnelle Notfallmaßnahmen treffen, um den Grundwehrdienst zumindest
zu intensivieren, damit wir zu mehr Ausbildungsstunden kommen.
Daher stelle ich Ihnen folgende Frage:
„Wie stehen Sie zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Ausbildungsdauer im Grundwehrdienst auf 50 bis 60 Stunden pro Woche?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich bedanke mich für die Frage nach unseren Grundwehrdienern. Die Entscheidung, die die Österreicherinnen und Österreicher im Jahr 2013 für die Wehrpflicht getroffen haben, war eine unabdingbar notwendige. Wir sehen das und ich sehe das im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen, mit den Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsministern, die auch wieder zu diesem Modell zurück wollen.
Wir haben in der Vergangenheit
ohne Zweifel unseren Grundwehrdienern, die uns sechs Monate ihrer Zeit schenken
und sich freiwillig dafür entscheiden, den Dienst an der
Waffe zu verrichten, lange nicht die entsprechende Wertschätzung
entgegengebracht. Sie haben dann nach über zehn
Jahren die richtige Entscheidung getroffen, auch den Sold für die
Grundwehrdiener zu erhöhen. Ich glaube, das war ganz wichtig.
Sie haben noch etwas
angesprochen: Wir müssen dafür sorgen, dass diese Zeit, die uns die
Grundwehrdiener und seit dem vergangenen Jahr, seit April
letzten Jahres, mit der Einführung des freiwilligen Grundwehrdienstes
für Frauen auch die Mädchen schenken, eine identitätsstiftende
Zeit ist. Wir wissen,
dass das gerade für junge Menschen eines der wichtigsten Ziele ist.
Was die konkrete Frage nach der Arbeitszeit betrifft: Diese ist in einer Verordnung geregelt, in der eine Nettoarbeitszeit von bis zu 45 Stunden für diejenigen, die im Grundwehrdienst oder im Ausbildungsdienst sind, festgeschrieben ist. Es ist klar geregelt, dass es eine Möglichkeit der Erhöhung dieser Stundenanzahl gibt, aber nur dann, wenn es für das Erreichen des Ausbildungszieles notwendig ist – wenn man zum Beispiel an Nachtübungen oder Ähnliches denkt – oder wenn ohne diese Erhöhung der militärische Dienstbetrieb nicht durchführbar wäre.
Das heißt, Herr Abgeordneter: Ich bin der Meinung, das ist sehr klar geregelt, und ich sehe hier keinen Änderungsbedarf.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter
Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ):
Sie hätten ja die Möglichkeit, solche Verordnungen zu ändern.
Sie wissen wahrscheinlich auch, dass die Milizbataillonskommandanten
geschlossen eine Verlängerung
des Wehrdienstes auf acht plus zwei fordern, also für die Masse einen
Grundwehrdienst von acht Monaten am Stück und dann 60 Tage
verpflichtende Milizübungen in der Folge. Auch ich halte diese
Forderung für notwendig und richtig. Ohne die Verlängerung des
Wehrdienstes müssen wir einfach
jede andere Möglichkeit ausschöpfen, damit wir unsere Soldaten
bestmöglich ausbilden.
Neues Gerät, das Sie jetzt
beschaffen wollen, neue Ausrüstung, neue Taktiken, neue Bedrohungen auf
dem Gefechtsfeld, all das sind Dinge, die eine
intensivere Ausbildung erfordern, als es bisher der Fall war. Und wie es in der
Vergangenheit oft war: Zeit absitzen oder sinnlose Tätigkeiten, das hat
die Grundwehrdiener mehr frustriert als begeistert.
Daher noch einmal meine Zusatzfrage in diese Richtung: Wie können Sie als zuständige Ministerin es verantworten, unsere Grundwehrdiener mangelhaft ausgebildet in einen Einsatz schicken zu wollen und dadurch die Wehrpflicht und damit auch die Miliz ad absurdum zu führen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Wir müssen jedenfalls dafür sorgen, dass diese Zeit auch als
sinnstiftend empfunden
wird. Wir haben nicht nur neue Gerätschaften besorgt, wie Sie richtig
angesprochen haben, was dazu führt, dass die Entscheidungen pro Bundesheer
positiver ausfallen. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es eine
freiwillige Entscheidung ist, wenn sich der junge Mann oder die junge
Frau, wenn sie zu einer unserer sechs Stellungsstraßen kommen, für
uns, für das Bundesheer, entscheiden.
Wir müssen auch dafür sorgen, dass diese Ausbildung eine interessante ist und darauf vorbereitet, was danach kommt. Wir haben dadurch, dass wir die
Assistenzaufgaben während
der Zeit schon reduziert haben – wenn Sie an den sicherheitspolizeilichen
Assistenzeinsatz an den Grenzen denken, der
damals viele Kräfte gebunden hat, über 1 000 Soldatinnen
und Soldaten –, diese Einsätze auf ein Maß
zurückgeführt, das es zulässt, dass die Grundwehrdiener nicht
mehr im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz sind, sondern wirklich das
militärische Leben kennenlernen. Wir können die ersten
Früchte auch schon ernten.
Ich glaube, die Frage der
Verlängerung ist viel zu früh gestellt – wir müssen
dafür sorgen, dass die Entscheidung pro Bundesheer ausfällt. Daher
bin ich
sehr froh, dass wir über 600 Informationsoffizierinnen und -offiziere
haben, die in Tausenden Schulen unterwegs sind, die über die
Sinnhaftigkeit des Bundesheeres informieren, die im Sinne der geistigen
Landesverteidigung auch begeistern sollen,
dass die Entscheidung letztendlich in diese Richtung geht.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.
Abgeordneter
Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr
geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben schon beides angesprochen:
Grundwehrdienst und Assistenzeinsatz. Sie haben einmal versprochen, dass
die Ausbildung im Grundwehrdienst nicht
durch einen Assistenzeinsatz unterbrochen werden soll. Haben
Sie das Versprechen umgesetzt?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Ja, sehr geehrter Herr Abgeordneter, das war mir ganz wichtig. Wir haben
ja sehr oft auch in den einzelnen Ausschüssen darüber gesprochen,
dass wir die Grundwehrdiener nicht in diesem Ausmaß bei
sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätzen dabeihaben wollen. Wenn
man sich die heutige Morgenmeldung anschaut, dann weiß man: Es sind zwei,
und die sind als Fahrer eingeteilt. Das heißt, dieses Ziel, das wir uns
ja gemeinsam gesetzt haben, ist erreicht
worden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Süleyman Zorba. – Bitte sehr.
Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Frau Ministerin, wir hatten in der letzten Plenarwoche auch einen einstimmig beschlossenen Antrag dazu:
„Welche Schritte setzen Sie, um das BMEIA bei seiner Mission zu unterstützen, vollautonome tödliche Waffensysteme international zu ächten?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Künstliche Intelligenz hat ohne
Zweifel
Einzug in unser aller Leben gehalten und ist damit auch im militärischen
Bereich eine Realität geworden. Man kann es im positiven Sinne sehen, wenn
man
Iron Dome, der ja beinahe automatisch gesteuert ist, verfolgt und sieht, dass
dadurch 99 Prozent, über 90 Prozent der Bedrohungen, egal ob es
Marschflugkörper, Drohnen oder was auch immer waren, abgehalten werden
konnten. Aber es steht für uns im Ressort und für mich eines
außer
Frage, und da bin ich auch einer Meinung mit dem Außenminister: dass man
sich mit diesem Bereich intensiv beschäftigen muss, dass dieser aber auch
rechtlich geregelt werden muss, und zwar europarechtlich geregelt werden muss,
und dass am Ende des Tages die Entscheidung über derartige Waffensysteme
immer beim Menschen liegen muss.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Welche Maßnahmen setzen Sie auf nationaler Ebene, um die Debatte über das Verbot von vollautonomen tödlichen Waffensystemen voranzutreiben?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Wir beschäftigen uns sehr intensiv damit und haben im Aufbauplan
dafür Vorsorge getroffen, dass das bei uns eben nicht zum Tragen kommt.
Dieser Konsens
ist auch bei uns im Ressort da.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.
Abgeordnete
Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Schönen
guten Morgen! Nicht
nur das BMEIA, auch das österreichische Parlament war mit einem von der
SPÖ initiierten Fünfparteienantrag dazu aktiv.
Jetzt im Lichte dessen, dass gestern Berichte aufgetaucht
sind, dass es österreichische Waffen von der Firma Steyr Arms und Glock in
Russland gibt und diese zu einem Zeitpunkt dorthingekommen sind, als schon ein
Verbot der Ausfuhr dorthin bestanden hat – wahrscheinlich über
Drittstaaten, klar –, und andererseits auch im Lichte dessen, dass
auch gestern die Regierungsparteien einen Antrag von Robert Laimer, der
fordert, die Kontrolle über die Exporte von Kriegswaffen auf nationaler
Ebene zu verschärfen,
um missbräuchliche Verwendung dieser Waffen in internationalen Konflikten
zu verhindern, und strengere Regelungen für den Zugang von Vertretern der
Rüstungsindustrie zu staatlichen Stellen einzuführen, abgelehnt
haben: Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, dass so etwas, was da
gerade in
Russland passiert, nicht mit vollautomatisierten Waffensystemen geschieht, die
auch österreichische Komponenten aufweisen? (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, im konkreten Fall ist ja bekannt, dass das jetzt
gerade
in Aufklärung ist. Das Kriegsmaterialgesetz, die Zuständigkeiten sind
bekannt, wir werden sehr großes Augenmerk – so wie in der
Vergangenheit auch –
darauf richten müssen, wie man damit umgeht. Wie gesagt, Sie kennen die
einzelnen Bestimmungen im Kriegsmaterialgesetz, die einzuhalten sind, die
ohne Zweifel einzuhalten sind. Es ist davon auszugehen, dass das auch passiert, aber auszuschließen sind einzelne Dinge nie. Momentan ermittelt die zuständige Behörde der DSN dazu, und ich bin sicher, dass wir dann, wenn die Entscheidung da ist, auch Aufklärung darüber haben werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Hofinger. – Bitte.
Abgeordneter
Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau
Bundesministerin! Die
Technik in der Kriegsführung ändert sich ständig. Was wir jetzt
auf den Schlachtfeldern sehen, sind
halbautomatische Systeme wie First-Person-View und
die Kamikazedrohnen. Wie plant das Bundesheer, sich auf diese neuen Gegebenheiten,
nämlich auf die Abwehr von Drohnen, einzustellen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Ich bedanke mich für diese Frage, sie führt uns, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, eigentlich wieder zurück zu dem, was wir im Bereich der Luftverteidigung an zusätzlichen Fähigkeiten und zum Schließen von Fähigkeitslücken auch brauchen. Der Schutzschirm, den wir jetzt in Zwiebelschichten aufbauen werden, ist dann auch genau der Schutz gegen Drohnen.
Wir investieren ja in diesem Bereich allein nach dem
Aufbauplan, der bekannt ist, 2 Milliarden Euro, und mit dem nächsten
Schritt wird es dann auch um
die längeren Reichweiten gehen, damit wir einen absoluten Schutz gegen
diese Bedrohungen haben, egal aus welchem Bereich sie kommen – ob es
eben um Drohnen oder andere Marschflugkörper geht.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte sehr.
Abgeordneter Douglas
Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr
Präsident! Frau Bundesministerin! Seit dem furchtbaren Angriffskrieg von
Putin auf die
Ukraine gibt es die Diskussion über die Sicherheitsstrategie, weil ja die
aktuelle – das wissen Sie und wahrscheinlich auch der Großteil
der Besucherinnen
und Besucher – nach wie vor Russland als Partner, als
gleichberechtigten Partner, der Republik Österreich sieht.
Seit dem gibt es diese Diskussion, und die Bundesregierung
hat letztes
Jahr angekündigt, endlich, nach langer Diskussion, auch eine neue
Sicherheitsstrategie
vorzulegen – bis 31.12. des Vorjahres. Sie liegt noch immer nicht
vor. Bis wann soll sie vorliegen? Ich weiß, Ihr Haus argumentiert
immer, dass Ihr Teil fertig ist, aber Sie haben ja als Bundesregierung auch
eine Gesamtverantwortung, dass diese endlich vorgelegt wird.
*****
Die schriftliche eingebrachte Anfrage, 346/M, hat folgenden Wortlaut:
„Zu welchem Zeitpunkt wird die Bundesregierung den Entwurf der neuen Sicherheitsstrategie dem Nationalrat präsentieren?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie haben es treffend angesprochen: Der Teil für das Verteidigungsressort ist seit über einem halben Jahr fertig.
Wir müssen ja auch immer
auf dem aktuellen Stand sein. Es ist ja ein Dokument des Parlaments, das
damals, im Jahr 2013, beschlossen worden ist. Wir
müssen immer in der aktuellen Lage leben und daraus auch unsere
entsprechenden Ableitungen treffen. Es ist wichtig, dass dieses Dokument
dann in
einem breiten Konsens im Parlament einer Erledigung zugeführt wird. Ich
glaube, dass wir hier im Hohen Haus – wir alle gemeinsam, Sie
alle – nach Beginn
des Ukrainekrieges Verantwortung
übernommen haben, nicht zuletzt mit der
Entscheidung für ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz, das uns budgetär alle Möglichkeiten gibt, uns entsprechend des Aufbauplanes vorzubereiten.
Wie gesagt, wir haben in der Lage zu leben. Ich bin überzeugt davon, dass auch andere Ressorts ihre Verantwortung wahrnehmen werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine Zusatzfrage? – Bitte sehr.
Abgeordneter
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Sie
haben meine Frage danach, wann es vorgelegt
wird, nicht wirklich beantwortet. Ich höre heraus,
nicht so bald, denn sonst gäbe es wahrscheinlich einen Termin.
Wann hatten Sie das letzte Mal
mit dem Bundeskanzler ein Gespräch – es ist ja seine
Verantwortung, das im Bundeskanzleramt auszuarbeiten –, damit er
da möglichst schnell in die Verantwortung geht und etwas liefert?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Selbstverständlich ist der Austausch ein laufender, gerade wenn wir in
Situationen sind, in denen – und ich glaube, das haben unsere
Expertinnen und Experten sehr treffend benannt – die Welt aus den
Fugen zu geraten
scheint. Dann steht es außer Frage, dass man in einem
regelmäßigen Austausch ist.
Ich sage ganz offen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete: Ich halte es für viel entscheidender, dass Sie diese Entscheidung für das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz getroffen haben, dass wir mit der Mission vorwärts gemeinsam noch viele Schritte weitergegangen sind, dass wir als österreichisches Bundesheer zu einer modernen Armee werden und damit auch tatsächlich unseren verfassungsrechtlichen Aufgaben nachkommen können. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Rössler. – Bitte.
Abgeordnete
Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau
Bundesministerin, zur erwähnten Sicherheitsstrategie: Auch der Klimawandel
birgt erhebliche Sicherheitsrisiken auf nationaler und
internationaler Ebene. Man spricht ja inzwischen auch von einem erweiterten
Sicherheitsbegriff. Konkret betrifft es die Versorgungssicherheit mit
Nahrungsmitteln bis zu Rohstoffen, Importen, Lieferketten. Wir haben erlebt,
wie schnell sich das ändern kann: Energieengpässe oder
eben auch militärische Auseinandersetzungen in anderen Ländern.
Meine Frage ist jetzt: Welche konkreten Maßnahmen planen Sie zur Vorsorge in der Sicherheitsstrategie?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es steht außer Frage, dass die
Bekämpfung des Klimawandels eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
ist. Wir haben sehr
vieles an Maßnahmen, die auch mein Ressort betreffen, bereits umgesetzt.
Allein wenn man an unseren Bauplan denkt, nach dem wir bis zum Jahr 2025
100 nach militärstrategischen Gesichtspunkten ausgewählte Kasernen
autark machen werden: Da setzen wir auf besondere ökologische Bauweisen
und beschäftigen uns sehr intensiv damit.
Um ein Beispiel zu nennen: In der Stiftskaserne, wo auch
unsere Baudirektion ihren Standort hat, haben wir uns um die Begrünung der
Fassade gekümmert. Ziemlich zu Beginn meiner Amtszeit haben wir
den Klimateller eingeführt, mit dessen Erweiterung wir uns jetzt auch
beschäftigen werden. Wir haben
das Klimaticket für unsere Grundwehrdiener eingeführt, und dort, wo
es möglich ist, haben wir gerade auch, was unseren Fuhrpark anbelangt,
Schritte gesetzt,
sei es jetzt mit Wasserstoffautos oder auch mit E-Autos für den Verwaltungsbereich –
natürlich dort, wo es möglich ist. Allein wenn man sich die Zahlen
der Investitionen beginnend im Jahr 2020 ansieht, dann sieht man, dass wir
uns sehr intensiv damit beschäftigen.
Warum tun wir das? – Am Ende des Tages sind die österreichischen Soldatinnen und Soldaten auch diejenigen, die zum Einsatz kommen, wenn eine Naturkatastrophe passiert, so wie das leider in der Vergangenheit oft der Fall war.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Hammer. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben schon die Planungen betreffend die Österreichische Sicherheitsstrategie ausgeführt. Weshalb braucht es aus Ihrer Sicht überhaupt diese Überarbeitung, und was sind die Schwerpunkte, die darin auch berücksichtigt werden müssen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich darf auch auf den Vorredner, den Herrn
Wehrsprecher von den NEOS, verweisen, der ja einen Punkt richtig
angesprochen hat: Wenn dort Russland noch als Partner bezeichnet wird und das
Dokument
aus dem Jahr 2013 stammt, als wir alle noch dachten, es gibt eine
Weltordnung – es sind geopolitische Umwälzungen, die wir
erleben müssen, nicht zuletzt seit Beginn des Ukrainekrieges und all dem,
was dann
auch die Folge war –, dann steht außer Frage, dass dieses
Dokument auch anzupassen ist.
Ich sage es noch einmal: Für unseren Bereich sind,
glaube ich, die
sehr viel wichtigeren Dokumente das regelmäßig und auch sofort nach
Beginn des Krieges Putins gegen die Ukraine überarbeitete Risikobild, auch
mit
den entsprechenden verteidigungspolitischen Ableitungen daraus, und jetzt die
endlich notwendigen Investitionen, die wir im Bundesheer entsprechend
dem Aufbauplan – von der Bewaffnung über die Neubauten, die
Umbauten bis hin zu den Investitionen, sei es im Luftbereich, in der
geschützten
Mobilität oder darüber hinaus bei den schweren
Geräten – auch tätigen müssen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag.
Romana Deckenbacher (ÖVP): Einen
wunderschönen guten Morgen, Frau Bundesminister! Das österreichische
Bundesheer ist unter anderem ja auch einer der größten Arbeitgeber
in Österreich, es verfügt über eine Vielfalt von
unterschiedlichen Berufsfeldern und vielfältige Tätigkeitsbereiche.
Damit sich auch ausreichend Menschen für eine Karriere beim Bundesheer
entscheiden, braucht es natürlich Personalgewinnung, aber
auch Personalbindung sowie Frauenförderung.
Frau Bundesminister, welche Maßnahmen setzt Ihr
Ministerium, um den Personalstand eben im Bereich der Frauen, der Medizinstudentinnen
und -studenten, der Miliz, aber auch der zivilen Bediensteten zu erhöhen,
beziehungsweise welche Maßnahmen wurden bereits gesetzt?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 343/M, hat folgenden Wortlaut:
„Welche Maßnahmen plant Ihr Ministerium, um
den Personalstand im Bereich der Frauen, der Medizinstudenten, der Miliz und im
Zivilbereich zu erhöhen und
welche Maßnahmen wurden bereits gesetzt?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie haben das wohl Wichtigste angesprochen:
Neben
diesen über 18 Milliarden Euro, die wir in den nächsten vier
Jahren zielgerichtet investieren, steht außer Frage, dass die Frage des
Personals jene ist, die
uns beschäftigen wird. Ich sage es öfters so: nicht nur in einem
Sprint, sondern das wird ohne Zweifel auch ein Marathon werden.
Welche Maßnahmen haben wir bereits gesetzt, insbesondere
auch betreffend die Frauen – wie wir den Anteil der Frauen steigern
wollen –? – Ich
glaube, dass die Einführung des freiwilligen Grundwehrdienstes für
Frauen im letzten Jahr sehr wichtig war. Wir sehen, dass das auch zu einer
Steigerung der Zahlen geführt hat: Wir haben über
200 Freiwilligenmeldungen gehabt, und zum jetzigen Zeitpunkt sind auch
über 180 Soldatinnen bereits eingerückt und leisten
einen ganz wichtigen Dienst.
Wir haben die Mentoringprogramme weiter fortgeführt,
auch die Austauschprogramme zwischen unseren drei Akademien weiter
fortgeführt, und ich
glaube, dass die Frage des Personals natürlich auch mit der Bezahlung zu
tun hat. Ich habe bei einer anderen Frage schon angesprochen, dass wir
gemeinsam erstmalig nach über zehn Jahren den Sold für die
Grundwehrdiener erhöht haben. Ich denke, das war auch
unabdingbar notwendig.
Ich will auch nicht verhehlen, dass in diesem Bereich ohne
Zweifel noch einiges notwendig ist. Unsere Offiziere, von denen wir eine
Ausbildung auf akademischem Niveau verlangen, dann nicht danach zu
bezahlen wird auf Dauer nicht möglich sein. Wir haben im
Unteroffiziersbereich einiges erledigen können. Was in meinem Ressort
möglich ist, haben wir getan. Wir haben gesehen,
dass die Verantwortung der einzelnen Kommandantinnen und Kommandanten, auch
Prämien auszusprechen, sehr gut genutzt wird und dazu führt, dass
wir im Bereich der Personalbindung auch einen Schritt vorangekommen sind.
Wenn man sich jetzt die Zahlen ansieht, dann sieht man
allein bei den Mannschaftssoldaten, dass wir 224 mehr haben. Man sieht auch im
Milizbereich, dass die Zahl der Milizsoldatinnen und -soldaten angewachsen ist,
von 19 700 auf über 20 000. Das heißt, wir kommen Schritt
für Schritt voran.
Jede Veranstaltung, die wir jetzt machen –
vielleicht hat es der eine oder
andere von Ihnen mitbekommen beziehungsweise war ja auch der eine oder andere
Abgeordnete dabei –, Heer on Tour: Das ist auch etwas, bei dem wir
gemeinsam mit dem Heerespersonalamt mit unseren – auch
neuen –
Gerätschaften dabei sind, einfach auch, um zu
begeistern und zu zeigen, das Bundesheer ist ein attraktiver Dienstgeber, der
gerade auch Frauen
die Möglichkeit gibt, sinnstiftende Arbeit zu machen, dafür genau so
bezahlt zu werden wie die Männer und auch jede Karriere bis an die Spitze
gehen zu können, wenn Sie jetzt an die neuen Funktionen denken, an
die - -
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben die Zeit überschritten. (Bundesministerin Tanner: Jawohl, Herr Präsident!)
Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Mag.
Romana Deckenbacher (ÖVP): Wir
sehen also, es ist schon unglaublich viel passiert, Frau Bundesminister. Wir
wissen aber auch, dass gewisse Zuständigkeiten im Ressort des BMKÖS
liegen. Inwiefern hängen die geplanten Maßnahmen zur Verringerung
des Personalnotstandes
auch vom Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
ab?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Ja, Sie haben recht. Ich habe es kurz angesprochen: Alle Maßnahmen, die
im eigenen
Ressort möglich sind, was die Bezahlung anbelangt, haben wir bereits
gesetzt. Das zuständige Ministerium ist aber für die Bewertung der
einzelnen Arbeitsplätze zuständig und ist auch dafür
zuständig, die zusätzlichen Maßnahmen zu treffen, wenn es
um die Frage der entsprechenden Bezahlung
geht – wenn wir an die Offiziere denken, auch an eine weitere
Erhöhung im Unteroffiziersbereich.
Diese Unterlagen liegen aber alle vor, und ich bin
überzeugt davon,
dass im Beamtenministerium auch die richtigen Schritte gesetzt werden, weil uns
die Gewinnung von Personal im gesamten öffentlichen Dienst ein Anliegen
sein muss.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Abgeordneter Lindner, bitte.
Abgeordneter
Mario Lindner (SPÖ): Guten Morgen,
Frau Bundesministerin!
Sie haben bei Ihrer ersten Fragebeantwortung über die
Hubschrauberstandorte in Langenlebarn und
Aigen gesprochen. Da würde es mich nur interessieren,
wie es mit dem Stützpunkt in Klagenfurt ausschaut. In einer
Ausschusssitzung haben Sie einmal davon geredet, dass es fünf
Notarzthubschrauber geben werden wird. Da würde mich interessieren,
wo die stehen.
Anschließend an Kollegin Deckenbacher: Wir haben über das mangelnde medizinische Personal gesprochen. Über die Ärzt:innen haben Sie schon gesprochen. Ich möchte den Schwerpunkt auf Sanitäterinnen und Sanitäter legen. Was wird denn da konkret unternommen, dass man auch bei den internationalen Verpflichtungen, die wir speziell im medizinischen Bereich immer als verlässlicher Partner erfüllen, sicherstellt, dass es in Zukunft so bleibt?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich beginne mit der letzten Frage, weil es
irgendwie
auch zum Personal sehr gut dazu passt. Wir waren ja als Bundesheer, als
Ressort, die Ersten, die diese Möglichkeit mit dem
Militärmedizinstudium in Anspruch genommen haben. Das ist natürlich
durchaus ein langer Weg, aber er
fruchtet und er geht in die richtige Richtung.
Wir haben in manchen Bereichen nur die Möglichkeit, uns das Personal selber auszubilden. Das machen wir im Bereich der Militärmedizin, das machen wir aber zum Beispiel auch mit dem neu eingeführten Lehrgang an unserer Theresianischen Militärakademie, der sich mit der Ausbildung unserer Cyberoffiziere beschäftigt.
Was die Frage der Stationierung der einzelnen Hubschrauber betrifft, die jetzt wie gesagt nach und nach landen beziehungsweise bei denen jetzt erst die Vorbereitungsarbeiten dazu laufen, wenn man bei der zusätzlichen Staffel Black Hawk bleibt: Es braucht dazu ja auch immer eine Werft, die die zuständigen
Aufgaben der
Lagerverwaltung, der technischen Betreuung und so
weiter übernimmt. Die Werft dazu wird dann wie gesagt in Aigen sein, wenn
wir von den Leonardo sprechen. Wir werden selbstverständlich dafür
Sorge
tragen. Es ist nicht nur in Klagenfurt so, dass wir zusätzliche
Baumaßnahmen tätigen, das machen wir ja auch in anderen Bereichen.
Jede Stationierung von
Hubschraubern hat immer nach den notwendigen Gesichtspunkten zu erfolgen,
sodass wir auch den Schutz über ganz Österreich bieten können.
Das haben wir in der Vergangenheit getan, das werden wir
auch in Zukunft tun.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Silvan.
Ich bitte auch bei den Fragestellern darum, nicht drei Fragen hineinzupacken, sondern sich auf eine Frage zu konzentrieren; dann kommen wir auch mit der Zeit durch. – Bitte, Herr Abgeordneter Silvan.
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Aufgrund des Überfalls der Hamas auf Israel mussten im Oktober 2023 die Österreicherinnen und Österreicher aus Israel evakuiert werden. Das sollte zunächst mit der Hercules passieren. Die ist aber leider aus technischen Gründen in Hörsching liegen geblieben und die Österreicher:innen wurden dann mit Charterflügen mit der AUA evakuiert. Mein Frage: Wie schaut es mit der Nachfolge der Hercules-Beschaffung aus und was wird das kosten?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 349/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wie steht es um die
Hercules-Nachfolge und was wird diese kosten, nachdem die Flugzeuge kaum mehr
flugtauglich sind, wie die fehlgeschlagene Evakuierung
aus Israel gezeigt hat?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Das ist eine sehr wichtige Frage. Wichtig ist auch, zu betonen, dass wir in der damaligen Situation bei der Evakuierung dann eigentlich die Schnellsten und die Ersten waren.
Aber Sie haben schon recht. Ich
treffe auf sehr viele Gerätschaften im österreichischen
Bundesheer – ich glaube, Sie haben es von mir schon einmal
gehört, Herr Abgeordneter –: Ich sage, viele der
Gerätschaften sind älter,
als ich das bin. Und bei unseren Transportflugzeugen, den Hercules, von denen
wir drei haben, ist das ohne Zweifel so. Das ist ja ein Gerät, dass
bereits gebraucht beschafft worden ist und ohne Zweifel ein technisches
Ende hat. Dieses technische Ende ist von unseren Expertinnen und Experten mit
2030 angegeben worden. Die Hercules erfüllt nach wie vor, gerade
auch, was die Auslandseinsätze anbelangt, ganz wichtige Transportaufgaben.
Wir haben eine Arbeitsgruppe
eingesetzt. Sie hat sich zunächst mit der Vorbereitung beschäftigt.
Mittlerweile ist ja auch die Entscheidung getroffen worden. Die technische
Ausschließlichkeit führt dazu, dass wir das
Modell der Embraer C-390 gemeinsam mit den Niederlanden beschaffen werden.
Dieses erfüllt alle Anforderungen, die wir bei uns im Ressort festgestellt
haben.
Der Sinn dieser gemeinsamen
Beschaffung: Die Niederlande und sehr viele andere europäische Staaten
haben dieses Modell bereits im Einsatz,
und das macht für uns möglich, dass wir zum einen schneller
beschaffen können, zum anderen auch Kooperationen eingehen können,
sei es im Bereich der Ausbildung oder auch im Bereich der Lagerhaltung. Da
jetzt die konkrete Zahl schon zu nennen wäre nicht seriös, weil wir
wie gesagt dies gemeinsam
mit den Niederlanden tun werden. Es werden jedenfalls vier dieser Maschinen
sein, die wir dann gemeinsam mit den Niederlanden beschaffen werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Kann man jetzt schon sagen, dass es vor 2030 ein neues Gerät in diesem Bereich geben wird?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Ich gehe davon aus, weil auch die Niederlande diesen durchaus dringenden Bedarf
haben. Daraus hat sich ja auch nicht zuletzt diese gemeinsame Entscheidung
ergeben. Unsere Ziellinie wäre, dass wir vor 2030 die Geräte da
haben; Ziellinie
wäre 2028. Sie wissen aber, die Beschaffungen – alleine die
Vorbereitung, bis man vom technischen Pflichtenheft bis zur Umsetzung so weit
ist –
dauern eine geraume Zeit.
Ich glaube, eines ist auch wichtig: dass wir uns dann für diesen Bereich auch mit Interimslösungen beschäftigen, sollte das zu diesem Zeitpunkt nicht passieren. Dieser Auftrag ist auch bereits ergangen, sehr intensiv an einer Zwischenlösung zu arbeiten, weil man selbstverständlich auch immer einen Plan B für diesen Bereich haben muss.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Graf. – Bitte.
Abgeordnete
Tanja Graf (ÖVP): Es wurde jetzt
erwähnt, dass die
Hercules-Maschinen sehr gute Dienste in Katastropheneinsätzen, aber auch
bei der Evakuierung geleistet haben. Die Nachfolgebeschaffung haben Sie
angesprochen. Ich sehe ein Dienstalter von mehr als 40 Jahren als sehr positiv.
Meine Frage wäre jetzt, dass Sie es ein bisschen
näher erläutern: Was ist
der Hintergrund für eine Beschaffung der Hercules-Nachfolge in einer
Kooperation mit den Niederlanden?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie haben das treffend angesprochen. Das Ende der
technischen Verweildauer mit 2030 steht eben bevor. Darum haben wir
frühzeitig – es war damals noch Generalstabschef Brieger
im Amt – diesen
Auftrag erteilt.
Die großen Vorteile sind, dass diese Gerätschaft
zum einen einmal alle unsere Anforderungen erfüllt, die ja ganz speziell
aufgelistet worden sind, und
nicht zuletzt auch beinhaltet – wir haben schon über die Pandur
gesprochen –, dass man diese auch mittransportieren kann.
Insbesondere ganz wichtig
ist – und diesen Aspekt, glaube ich, sollten wir auch
beleuchten –: Es geht auch um die Soldatinnen und Soldaten, die in
den Auslandseinsätzen sind. Das
sind an die 1 200, für die wir die Sicherheit geben müssen, dass
sie im Falle des Falles – und das kommt leider immer wieder vor,
krankheitsbedingt oder
wegen sonstiger Vorfälle – auch die Garantie haben, dass sie
sicher zurücktransportiert werden.
Daher: Wir gehen davon aus, dass es mit dieser Kooperation schneller und kostengünstiger passieren wird, dass sie dann eben auch Vorteile im Rahmen der gemeinsamen Ausbildung bringt und damit auch für unsere Soldatinnen und Soldaten die Sicherheit schafft, ein richtiges Transportsystem auf dem modernsten Stand zur Verfügung zu haben.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Kassegger. – Bitte.
Abgeordneter
MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr
Präsident! Guten Morgen, Frau Bundesminister! Der Aufbauplan 2032
beschäftigt sich
ja einerseits mit Waffen, Gerät und Systemen. Da sind jetzt große
Mittel vorhanden. Andererseits sollte das auch mit der Personalentwicklung, mit
dem Personalaufbauplan korrelieren. Da sehen
wir doch großen Handlungsbedarf,
und zwar einerseits bei den Milizsoldaten. Darauf bezieht sich meine erste
Frage.
Wir wissen ja, dass Ihr Vorgänger,
ÖVP-Verteidigungsminister Platter,
die Milizübungsverpflichtung aus Anlass einer Wahl abgeschafft hat. Wir
wissen
auch, dass Experten, dass Kommandanten der Milizverbände et cetera
dringend fordern, diese Aussetzung wieder aufzuheben, also die Übungsverpflichtung
wieder einzuführen, und dass ansonsten das ganze Milizsystem einen eklatanten
Personalmangel hat und damit der ganze Aufbauplan hinsichtlich
des Personals nicht wirklich schlüssig und erfolgreich sein kann.
Meine Frage:
„Aus welchen Gründen lehnen Sie die dringend
notwendige Wiedereinführung von verpflichtenden Truppenübungen im
Ausmaß von mindestens
60 MÜ-Tagen ab?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich gehe vielleicht ein bisschen zurück:
Was ist die
Basis unseres gesamten Bundesheeres, egal ob Miliz oder
Kadersoldaten? – Das sind unsere Grundwehrdiener, und jetzt eben
auch die Frauen, die wir
davon begeistern müssen, dass sie die Entscheidung für uns
überhaupt einmal treffen.
Sie haben selbstverständlich recht, es muss wieder mehr
geübt werden.
Wir haben allein im heurigen Jahr an die 200 Übungen mit sehr starken
Milizanteilen geplant. Es ist bekannt, dass wir die größte
Übung, die es seit Jahrzehnten gegeben hat, unter Einbindung
aller – beginnend bei den Luftstreitkräften über die
Landstreitkräfte bis hin zum Cyberbereich –
vom 10. Juni bis zum 21. Juni durchführen werden, dass wir also
eine der größten Übungen, auch mit internationaler Beteiligung,
abhalten, bei der wir mit über 4 000 Soldatinnen und Soldaten,
die da im Einsatz sein werden, das militärische Handwerk für den Fall
einer Bedrohung, eben auf allen
Ebenen, üben und trainieren.
Was wir machen müssen,
sehr geehrte Damen und Herren – und da bitte ich auch jeden und jede
von Ihnen und alle, die uns heute hier zuhören, um
Unterstützung –: Wir müssen begeistern und gemeinsam dazu
beitragen, dass die Entscheidung für das Bundesheer ausfällt. Das ist
dann die Basis für
die Miliz und das ist dann auch die Basis für unsere Berufs- und
unsere Kadersoldaten.
Wir haben gesehen, dass eines
schon gewirkt hat – und Sie haben natürlich recht, wir müssen
parallel auch den Aufbauplan mit der entsprechenden personellen
Komponente entwickeln, wir sehen durchaus schon positive Entwicklungen, auch im
Milizbereich, wie eingangs im Zusammenhang
mit der gestiegenen Zahl der Milizsoldatinnen und -soldaten angesprochen –:
Wir sehen, dass das neue Gerät, das wir beschaffen, auch dazu führt,
dass dann die Entscheidung für die Miliz beziehungsweise noch davor
für den Grundwehrdienst fällt.
Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich
aber nicht, worin der Sinn liegen sollte – wenn ich nicht vorher
dafür sorge, dass man sich für das Bundesheer
entscheidet –, eine zusätzliche Verpflichtung für zwei
Monate einzuführen. Lassen Sie uns gemei- - –
Jetzt hat er mir das Mikrofon abgedreht, nicht wahr?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Okay? – Danke, Herr Präsident.
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Das war nicht so
gemeint, ich bin nur
am Mikro angekommen. Entschuldigung! (Heiterkeit des
Präsidenten. – Abg. Holzleitner: Niederösterreichische
Scharmützel!)
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kassegger? – Bitte.
Abgeordneter
MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr
Präsident, jetzt haben Sie die Frau Bundesminister abgedreht. (Ruf bei
der ÖVP: Das wär’ ewig
schade!) Das war sicher ein Versehen.
Die Zusatzfrage betrifft auch
die Personalsituation, nämlich im Aktivkader. Da sind die Entwicklungen
auch alles andere als erfreulich. Einerseits verlassen doch in
einem erheblichen Ausmaß vor allem Unteroffiziere, Offiziere und
Fachpersonal das Militär, und zum anderen wissen wir ja, dass in den
nächsten Jahren mehrere Tausend Menschen aus dem Personal in Pension gehen
werden.
Erste Frage: Haben Sie
Ursachenforschung betrieben, warum da aus
dem Aktivstand das Heer verlassen wird? Und zum anderen: Was sind Ihre
Strategien und Pläne, um dem entgegenzuwirken, nämlich diesen
massiven Pensionierungen in den nächsten Jahren?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir haben erst diese Woche einen
Personalgipfel
bei uns im Ressort durchgeführt. Selbstverständlich geht es nicht nur
darum, neues Personal zu gewinnen – Sie haben die Zahlen ja gerade
angesprochen –, sondern auch darum, die Behaltequote zu steigern. Da
sehen wir positive Entwicklungen, denn wir haben bei der Behaltequote ein
Plus von 28 Prozent. Wir sind auf einem ganz guten Weg, aber es steht
außer Frage, dass wir insbesondere im Bereich der Bezahlung auch noch
etwas
tun müssen.
Ich habe diese drei Bereiche angesprochen, den dritten vielleicht noch nicht so intensiv. Auch die Frage der freiwilligen Entscheidung für die Auslandseinsätze hängt dann damit zusammen, dass man dafür eine bessere Bezahlung erhalten muss, als wenn man im Inland im Einsatz ist.
Wir haben aber eines gemacht – und wir sehen eine
deutliche Erhöhung
der Anzahl der Aufnahmen; wir dürfen nicht nur an die Soldatinnen und
Soldaten denken, sondern auch an die Zivilbediensteten –: Wir haben
eine Verdoppelung der Zahl der Verwaltungspraktikanten, wir haben die
Zahl
der Lehrausbildungsstellen angehoben, und da wird auch noch ein weiterer
Schritt notwendig sein.
Das ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das darauf ausgerichtet ist, sowohl neues Personal zu gewinnen als auch das bestehende Personal zu behalten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.
Abgeordnete Dr.
Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau
Ministerin! Wir haben gestern hier im Plenum schon ausführlich
darüber diskutiert, dass spätestens seit dem vollumfänglichen
Angriff Russlands auf die Ukraine auch unsere europäische
Sicherheitsinfrastruktur ins Wanken gekommen ist. Wir haben auch im
Außenpolitischen Ausschuss über die Frage diskutiert, was vor allem
auch
die neutralen Staaten machen können, und es wurde jetzt dieses
Papier zwischen der Schweiz, Irland, Malta, Österreich und den Nato
Western European Partners unterzeichnet. Mich würde interessieren: Welchen
Bindungsgrad hat dieses Papier sowohl für die Nato als auch für
Österreich?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 352/M, hat folgenden Wortlaut:
„Welchen Bindungsgrad hat das mit der Schweiz,
Irland und Malta unterzeichnete Papier zu den NATO Western European Partners
für Österreich und die
NATO?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Ich denke, dass wir nicht oft genug betonen können, welche wichtigen
Aufgaben im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik gerade auch die militärisch neutralen Staaten
erfüllen. Wenn man sich sowohl quantitativ als
auch qualitativ den Einsatz der österreichischen Soldatinnen und Soldaten
in den einzelnen Missionen ansieht, dann brauchen wir uns nicht zu verstecken.
Ich habe die Zahl – bis zu 1 200 – vorhin auch
bereits genannt. Das sind ganz wichtige Beiträge.
Wir sind ein glaubwürdiger Partner, wenn man das in
Relation zu anderen Staaten setzt. Um da als Beispiel Deutschland
herzunehmen: Die sind jetzt aus großen Missionen herausgegangen.
Deutschland hatte immer eine
Zahl von 5 000 Personen in den einzelnen friedenserhaltenden
Missionen im Einsatz, und man sieht auch jetzt – an dieser Stelle
herzliche Gratulation
dem Nachfolger von General Brieger –, dass auch für die
Nachfolge
des höchsten Generals in der Europäischen Union ein Kandidat aus
einem neutralen Staat – aus Irland – gewählt worden
ist.
Was man nicht vergessen darf, ist, dass es manche
Bedrohungen eben notwendig machen, sich enger zu verschränken. Und
wenn wir an die notwendigen Missionen denken, wenn wir auf den Balkan
schauen, wenn wir in den Kosovo schauen, wo eines unserer
größten Kontingente ist – bei KFOR, das
ist eine von der Nato geführte Mission –, so sehen wir: Wir
sind mit der Nato bei friedenserhaltenden Missionen in der Partnerschaft
für den Frieden seit
dem Jahr 1995 auf einem guten Weg und leisten da wirklich relevante und
wichtige Beiträge.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Dr.
Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Ein
Teil der Vereinbarung ist auch ein
erhöhter Informationsaustausch. Können Sie darauf eingehen, ob Sie
schon einschätzen können, wie dieser erhöhte
Informationsaustausch
dann konkret aussehen wird?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Ja, ich glaube, es ist wichtig, sich enger zu verschränken. Wir haben ja
auf der Ebene
meines Ressorts im vergangenen Jahr auch mit Malta bereits begonnen, im Vorfeld
der einzelnen Besprechungen, der einzelnen Treffen, auch der
Verteidigungsminister, uns intensiv im Rahmen der militärisch neutralen
Staaten abzugleichen. Das haben wir wie gesagt schon begonnen. Ich denke, das
ist in Zeiten wie diesen notwendiger denn je, und das werden wir auch
hinkünftig ebenso fortsetzen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordnete Herr. – Bitte.
Abgeordnete
Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Guten
Morgen, Frau Ministerin! Auch meine Frage zielt auf den Brief, auf das Papier
ab, das Österreich unterzeichnet hat und an die Nato geschickt
hat, bezüglich Zusammenarbeit. Davon haben wir Abgeordnete ja aus den
Medien erfahren, das Parlament war
da nicht eingebunden.
Deshalb meine Frage zum
Entstehungsprozess dieses Briefes an die Nato: Fußt dieser auf irgendeiner
Beschlusslage? Wenn ja, von wann ist dieser Beschluss oder wer hat
diesen Brief eigentlich beauftragt? Inwiefern waren Sie da eingebunden,
inwiefern war Bundeskanzler Nehammer eingebunden?
Und warum haben Sie den Nationalrat in so einer entscheidenden Frage nicht
mitgenommen? – Und ein Halbsatz sei mir erlaubt: Wir stehen
natürlich
kritisch zu jeglicher Annäherung an ein Militärbündnis, weil wir
die Neutralität Österreichs keinesfalls untergraben wollen. (Beifall
bei der SPÖ. – Ruf bei
der FPÖ: Da hast recht!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Das steht außer Frage, was Ihr zuletzt Angesprochenes, den Zugang zur Neutralität, anbelangt. Ich glaube, diese Meinung teilen alle hier im Hohen Haus.
Ich habe es vorhin schon angesprochen: Die Zusammenarbeit
zwischen Österreich und der Nato ist seit drei Jahrzehnten durch die
Partnerschaft für den Frieden eine Realität. Und: Zusammengeschlossen
hat sich in dem neu gebildeten politischen Format eine Wertegemeinschaft, wo es
um Themen wie menschliche Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit, Schutz von
Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten geht, wo es um Frauen, Frieden und
Sicherheit geht, um Klimaveränderungen und deren sicherheitsrelevante
Auswirkungen. Das
heißt, dass diese Gruppe der Neutralen als gemeinsames politisches
Sprachrohr agiert, um aktuelle sicherheitsrelevante Themen und
Herausforderungen
mit und gegenüber der Nato auch zu kommunizieren.
Das heißt, da ist nicht wirklich etwas Neues mit dabei. Die individuelle Zusammenarbeit der einzelnen Nationen mit der Nato ist ja in den einzelnen Programmen, in den gesamtstaatlichen individuellen Zusammenarbeitsprogrammen mit der Nato geregelt und bleibt selbstverständlich davon unberührt.
Und bitte, noch einmal: Es entsteht für Österreich keinerlei Verpflichtung in irgendeiner Art und Weise. Im Gegenteil, für Österreich bietet sich die Möglichkeit, gemeinsam mit der Nato aktuelle Probleme und Herausforderungen zu behandeln.
Ich habe vorhin auch den Kosovo angesprochen. Das ist eine
unserer wichtigsten und eine unserer größten Missionen. Wir
wissen, dass gerade diese
Region am Westbalkan alles andere als eine sichere und stabile ist.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Steger. – Bitte.
Abgeordnete
Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrte
Frau Bundesminister! Leider Gottes steht es nicht, wie Sie gesagt haben,
außer Frage, dass Sie die Neutralität erhalten wollen, sondern Sie
arbeiten offensichtlich immer ungenierter
daran, die Neutralität tatsächlich abzuschaffen.
Ich muss Ihnen noch einmal
sagen: Sie sind sowohl verfassungsrechtlich als auch völkerrechtlich dazu
verpflichtet, neutral zu sein. Das ist nicht einfach irgendetwas, das ist
eine Staatszielbestimmung und damit auch ein direkter Handlungsauftrag,
dass Sie diese Neutralität glaubhaft leben und vermitteln. Sie tun
aber seit mehr als zwei Jahren genau das Gegenteil – mit all Ihren
Aussagen, mit all Ihren Aktionen, mit dieser Unterstützung der
Sanktionspolitik.
Sie haben uns mitten in einen
Wirtschaftskrieg hineingeführt; Sie schauen zu, wie es massenweise
Waffentransporte quer durch Österreich gibt; Sie
haben diesem Nato-Projekt Sky Shield zugestimmt; dieses Papier
mit dem Wunsch einer verstärkten Zusammenarbeit ist jetzt offensichtlich
der nächste Höhepunkt, und das Ganze machen Sie offensichtlich still
und heimlich. (Abg. Baumgartner: Ist das eine Wortmeldung oder eine
Frage?)
Daher will ich Sie noch einmal fragen, wie Sie auf die Idee kommen können, dass der Wunsch nach einer Annäherung an die Nato und einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Nato mit unserer Neutralität vereinbar ist.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie kennen selbstverständlich unsere Verfassungsbestimmungen, die Neutralität mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das ist genau der Punkt, dem wir alle in der Vergangenheit wahrscheinlich nicht die richtige Aufmerksamkeit geschenkt haben. (Abg. Brandstätter: Genau!)
Wie hat es mit den Mitteln für das österreichische
Bundesheer in der Vergangenheit ausgeschaut? (Abg. Wöginger: Ja,
unter einem blauen Minister! Wie hat der geheißen: Kunasek?) Das war
ja nicht nur bei uns so, das war ja auch
in vielen anderen Staaten so. Wir waren es, die erstmals nicht nur für
die notwendigen Mittel gesorgt haben, sondern auch mit einem konkreten
Aufbauplan über die Legislaturperiode hinaus für unser Bundesheer
gesorgt haben. (Beifall bei der ÖVP.) Damit kommen wir den
Notwendigkeiten, wie sie die Verfassung vorgibt, nach, und denen müssen
wir auch hinkünftig nachkommen, gerade wenn es um die
Bedrohungen geht, die wir leider Gottes aus der Luft erleben müssen.
Ich sage Ihnen ganz offen, Frau Abgeordnete: Ich verstehe,
dass sich auf
der einen oder anderen Ebene der Wahlkampf nähert. Ich sage Ihnen aber
auch ganz offen: Ein Thema eignet sich nicht für den Wahlkampf, das ist
das
Thema der Sicherheit, schon gar nicht das der militärischen Sicherheit. (Beifall
bei der ÖVP. – Abg. Wöginger: So ist es!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.
Abgeordneter Dr.
Helmut Brandstätter (NEOS): Frau
Bundesministerin, dann greife ich das gleich auf. Sie haben gesagt: Die
höchste Aufgabe ist es,
unsere Neutralität zu verteidigen. Ich bin der Meinung, die wichtigste
Aufgabe ist es, unser Land und die Menschen in unserem Land zu verteidigen. Ich
glaube, das ist der entscheidende Punkt, dass wir dafür alles tun, und ich
glaube, wir sind uns darin einig, dass das in letzter Zeit nicht der Fall war.
Eine der Möglichkeiten, uns zu verteidigen oder
zumindest vorzusorgen, ist das Radarsystem Goldhaube, damit wir zumindest
wissen, wer es auf uns abgesehen hat. Wir wissen aber auch, dass das
alleine nicht reicht, und wir
hören, dass die Drohungen aus Moskau immer radikaler werden, den ganzen
Westen zu zerstören. Ich hoffe, dass das irgendwann einmal auch alle
politischen Parteien in Österreich begreifen.
Jetzt haben wir auch das Projekt Sky Shield, bei dem ja auch
die neutrale Schweiz mitmacht. Da ist jetzt meine Frage: Wie werden diese
Daten, die von der Goldhaube erhoben werden, verwendet und inwieweit werden wir
diese Daten anderen Staaten weiterleiten, die sich bei Sky Shield zu unserer
Verteidigung, zur Verteidigung der Menschen in Österreich, zusammenschließen?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 347/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wie steht die Bundesregierung zur Weiterleitung von Daten über potenzielle Raketenbedrohungen, die von Österreichs Radarsystem Goldhaube erfasst werden, an Deutschland oder andere EU-Staaten im Rahmen der European Sky Shield Initiative?
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe es, glaube ich, bei der Frage eines
Kollegen
schon angesprochen: Wir haben mehrere Abkommen zum Austausch von Luftlagedaten
mit den Nachbarstaaten. Das beinhaltet – wenn
verfügbar –
natürlich auch Daten über potenzielle Bedrohungen, zum Beispiel
potenzielle Raketenbedrohungen.
Diese Kooperationen, die eben bereits vor der European Sky
Shield
Initiative initiiert und implementiert worden sind, umfassen zum einen einmal
den gegenseitigen Luftlagedatenaustausch mit der Schweiz, den Austausch über Luftlagedaten
mit Deutschland, wie angesprochen, auch einen bilateralen Austausch dieser
Radardaten, und auch den mit Slowenien. Wir sind derzeit noch in Bearbeitung
der Etablierung eines Luftlagedatenaustau-
sches mit Italien und
in weiterer Folge auch mit Tschechien. Die nächsten Abkommen, die
geplant sind, werden die Slowakei und Ungarn betreffen;
diese sind aber dann auch abhängig von den Fortschritten, die wir eben mit
Italien und mit Tschechien machen.
Sie haben es richtig angesprochen: Es ist unsere Aufgabe,
die Österreicherinnen und Österreicher vor den Bedrohungen zu
schützen. Wir können diese
dank des entsprechenden Budgets und mit dem notwendigen Personal erfüllen. –
(In Richtung Galerie:) Im Übrigen ein herzliches Grüß
Gott den jungen Damen und Herren! Wir werden heute sicher alle die
Gelegenheit nutzen, Sie für das
österreichische Bundesheer zu begeistern. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brandstätter? – Bitte.
Abgeordneter Dr.
Helmut Brandstätter (NEOS): Dann
werde ich die
Zusatzfrage im Sinne der jungen Damen und Herren – und ich rede ja
im Moment auch sehr viel über die nächsten Generationen,
für die wir Verantwortung tragen – stellen,
nämlich: Wir haben das Thema Schweiz angesprochen, ein neutrales Land, das
bei Sky Shield dabei ist. Welche Bemühungen gibt
es eigentlich über Sky Shield und über Goldhaube hinaus, uns gemeinsam
mit der Schweiz auf mögliche Angriffe vorzubereiten?
In der Schweiz ist oft die Rede von der kooperativen
Neutralität – man
bemüht sich, zu wissen: Wer würde einem im Zweifel eines Angriffs,
womit ja die Neutralität am Ende wäre, helfen? Gibt es da inzwischen
einen besseren Austausch und Abkommen oder Vorhaben mit der Schweiz?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Ja, wir haben mit meiner Kollegin, mit Bundesrätin – jetzt auch
Präsidentin – Viola
Amherd einen sehr intensiven Austausch. Gerade im Bereich der Ausbildung, der
gemeinsamen Übungen ist die Schweiz ein ganz wichtiger militärischer
Partner. Wenn Sie es mitverfolgt haben: Wir haben jetzt etwa gemeinsame Übungen am Truppenübungsplatz Allentsteig durchgeführt.
Dieser Austausch zwischen den neutralen Staaten ist, wie
auch im Zusammengang mit den vorherigen Fragen schon besprochen, auch in
Zukunft ein
ganz, ganz wichtiger, wird in Zukunft umso wichtiger werden, und die eine oder
andere Initiative haben wir bereits gestartet.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Höfinger. – Bitte sehr.
Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesminister! Eine wichtige Grundlage, um Entscheidungen über strategische Weichenstellungen treffen zu können, ist ja das regelmäßig erstellte Risikobild des österreichischen Bundesheeres.
„Welche spezifischen Herausforderungen im Hinblick auf das Risikobild 2024 können Sie identifizieren und welche Maßnahmen werden seitens Ihres Ministeriums gesetzt, um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Herr Abgeordneter! Ich glaube, wir haben auch bei den anderen Fragen schon
darüber gesprochen, dass wir immer in der jeweiligen Lage leben müssen.
Das Risikobild, das dieses Mal eben „Welt aus den Fugen“
heißt, ist für uns eine sehr,
sehr gute Grundlage in Bezug auf die Notwendigkeiten, um vorbereitet zu sein.
Wir hätten es vor geraumer
Zeit noch nicht für möglich gehalten, dass
der Krieg auf unseren Kontinent zurückkehrt, dass wir auch wieder
mitdenken müssen, dass der Krieg auch ein Mittel der Auseinandersetzung
geworden ist. Daher gibt es die Notwendigkeit, die
Österreicherinnen und Österrei-
cher, unser wunderschönes
neutrales Land zu schützen und für die Zukunft, für die
Zukunft unserer Kinder und unserer Enkel, auch sicher zu machen. Dieses
regelmäßig adaptierte Risikobild ist die Grundlage dafür, auf
dem
fußen alle unsere Ableitungen.
Wir müssen jetzt und in
Zukunft alle diese Bedrohungen im Auge behalten. Wir haben ja einige heute
schon angesprochen. Da spreche ich nicht nur von
dem vor uns liegenden Krieg in der Ukraine, der sich zu einem
Abnützungskrieg entwickelt hat, und von dem Konflikt im Nahen Osten,
sondern auch von
so vielen anderen Gebieten, die wir nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit
unserem Einsatz bei friedenserhaltenden Missionen im Auge behalten
müssen.
Das heißt, es geht darum,
vorbereitet zu sein, in das österreichische Bundesheer zu
investieren – entsprechend unserem Aufbauplan, dieser Mission vorwärts – und
dann mit dem notwendigen Personal all diesen Bedrohungen begegnen zu
können – vorbereitet zu sein in der Hoffnung, dass wir
nichts brauchen, das Bundesheer sozusagen auch als die Friedensversicherung zu
sehen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter
Johann Höfinger (ÖVP): Frau
Bundesminister! Es ist in anderem Zusammenhang von Fragestellern schon das
Stichwort Sky Shield gefallen. Im Zusammenhang mit dem
Risikobild: In welchem Umfang kann Sky Shield da nützlich sein und in
welchem Zusammenhang ist denn der aktuelle
Stand von Sky Shield zu sehen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Herr Abgeordneter! Es ist unabdingbar notwendig, wie vorhin schon beantwortet, dass wir uns vor diesen Bedrohungen aus der Luft schützen.
Der nächste Schritt wird
sein, dass wir ein Memorandum of Understanding unterschreiben. Sie wissen, wir
haben gegen die Bedrohungen bei
kurzen und mittleren Reichweiten wichtige Schritte gesetzt. Wir in
Österreich waren die Ersten, die mit der Beschaffung der zusätzlichen
Pandur
auch den Skyranger mit beschafft haben, der uns auch gegen diese Bedrohungen
schützt.
Wir müssen vorbereitet
sein, und diese Initiative ist unabdingbar notwendig, um diesen
Schutz auch zu garantieren. Warum sollte jemand in Zwettl, jemand in
Gänserndorf, jemand in Zürich nicht genauso geschützt sein
wie alle anderen? Dass die Welt eine andere geworden ist, das steht wohl
außer Frage.
Das ist also eine Frage der
Notwendigkeit, eine Frage der Verantwortung, gerade auch wenn man in diesem
Ressort tätig ist. Das ist unsere Grundaufgabe, und ich bin
wirklich sehr froh, dass unser Bundeskanzler und wir gemeinsam in der
Bundesregierung da die Grundlage auch
für die langen Reichweiten geschaffen haben, weil wir eben sehen, nicht
erst seit den Bildern aus
dem Nahen Osten von zuletzt, dass es unabdingbar notwendig ist, uns vor den
Gefahren aus der Luft zu schützen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Im Risikobild 2024 des österreichischen Bundesheeres werden diverse Bedrohungslagen diskutiert.
Erwähnt werden darin auch
eine mögliche Gefährdung der Demokratie durch zunehmende
Polarisierung, wie wir sie ja erleben, und die systematische Abwertung und
Verächtlichmachung von Menschen und politischen Gegnern, Gegnerinnen sowie
Waffenfunde bei rechtsextremen Gruppierungen,
worunter sich auch immer wieder das eine oder andere Mitglied des Bundesheeres befindet.
Das Kapitel zum
„Cyber-Raum als Mittel zur hybriden Konfliktaustragung“ befasst
sich auch mit Subversion, insbesondere der gezielten Verbreitung von
Desinformation in bestimmten Bevölkerungsgruppen, wie wir es
zum Beispiel in rechtsextremen Kreisen auf sozialen Medien
beobachten können.
Es besteht daher Anlass zur Sorge, wenn dem aus Österreich stammenden Vorsitzenden des EU-Militärausschusses Robert Brieger problematische Kommentare und Interaktionen mit Rechtsextremen auf Facebook vorgeworfen werden oder auch nachprüfbar sind.
Daher meine
Frage: Entsteht durch das Naheverhältnis von Robert Brieger zur FPÖ,
die ja gute Kontakte zu Putins Russland pflegt, und seine
rechtsextremen Äußerungen darüber hinaus auch ein
Sicherheitsrisiko
gerade in europäischen Angelegenheiten, und was werden Sie dagegen tun?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie sprechen etwas Wichtiges an, was uns seit
gestern
umso betroffener macht, wenn man nur an den Anschlag auf Ministerpräsident
Fico denkt, an die verschiedenen Angriffe auf Politikerinnen und Politiker
in Deutschland, die sich nicht mehr nur in einer Verrohung der
Sprache zeigen, sondern darüber hinausgehen.
Das heißt,
wir haben ein ganz großes Gewicht auf unsere Werte zu legen,
auf unsere Demokratie, darauf, diese Werte auch wieder verständlich
zu machen.
Ich bin froh, dass wir in den Lehrplänen auch die geistige Landesverteidigung wieder drinnen haben, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer die Wichtigkeit unserer Werte – der Demokratie, der Freiheit, der Sicherheit – und dass es
nicht selbstverständlich ist, in einem Land der Freiheit, der
Sicherheit,
der Demokratie zu leben, wieder vor Augen führen. Das ist auch eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, zu der wir alle, jede und jeder Einzelne von
uns, einen Beitrag leisten können.
Wir waren gestern
Abend im Fliegerhorst, der jetzt Leopold Figl – Flugplatz General
Pabisch heißt, vor Ort, und ich sage Ihnen ganz offen, wenn
man die Geschichte kennt, wenn man auch die Basis dessen kennt, was Demokratie
ausmacht, und die Informationen darüber hat, dann sieht man das
eine oder andere vielleicht nicht so.
Da Sie General
Brieger ansprechen: Ich habe ihn als sehr verantwortungsvollen – Sie
haben ihn ja oft auch hier im Hohen Haus erlebt – General erlebt. Er
hat alles dazu gesagt.
Und ich
möchte noch eines sagen: Bei uns im Ressort gibt es zu allem, was mit
Rechtsextremismus zu tun hat, eine Nulltoleranzpolitik. Wir haben Kommissionen,
die sich sehr intensiv damit beschäftigen. Wir sind die erste europäische
Armee, die dafür sorgt – und zwar mit unserer
KZ-Gedenkstätte Mauthausen, mit dem Mauthausen Memorial –, dass
alle Grundwehrdiener, alle Unteroffiziere und Offiziere diese
Gedenkstätten besuchen müssen und
dort die entsprechenden Informationen kriegen.
Das heißt, wir tun alles, denn Rechtsextremismus hat nirgends einen Platz, schon gar nicht bei uns im Bundesheer! (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Wimmer. – Bitte.
Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Ministerin! Ich möchte nochmals auf den Grundwehrdienst zurückkommen, der ja praktisch die Basis für die personelle Ausstattung des Bundesheers ist.
Ist mit der derzeitigen Ausgestaltung des Grundwehrdienstes das Fundament für ein wehrfähiges neutrales Österreich gewährleistet, auch natürlich, damit verbunden, mit dem Milizdienst? (Beifall bei der SPÖ.)
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 350/M, hat folgenden Wortlaut:
„Ist mit der derzeitigen Ausgestaltung des Grundwehrdienstes das Fundament für ein wehrfähiges neutrales Österreich, das österreichische Milizsystem, aufrecht zu erhalten?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.
Bundesministerin für Landesverteidigung
Mag. Klaudia Tanner: Ja, sehr geehrte
Frau Abgeordnete, ich glaube, die wichtigste
Entscheidung – ich habe es
bei einer vorhergegangenen Frage schon angesprochen –, die die Österreicherinnen
und Österreicher getroffen haben, war im Jahr 2013 für die Wehrpflicht, die
es uns eben ermöglicht, das, was andere Armeen jetzt wieder zurückführen
wollen, die Basis, wie Sie es richtig angesprochen haben, für unser
österreichisches Bundesheer zu liefern.
Dass wir immer besser werden müssen, dass
wir diese sechs Monate, die wir zur Verfügung haben, nützen
müssen, um identitätsstiftend sinnvolle Tätigkeiten
zu machen, dass es da auch sehr viel an Verantwortung der ausbildungsverantwortlichen
Unteroffiziere und Offiziere gibt, die das großartig machen, steht
außer Frage. Wir haben es gemeinsam geschafft, diese sechs
Monate von den zahlreichen Assistenzaufgaben zu entlasten, die wir insbesondere
im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz an der Grenze
haben, sodass wir das wirklich in diese Richtung nützen können.
Was die Miliz
anbelangt, sehen wir wie bereits angesprochen schon die ersten positiven
Zahlen. Wir haben sehr viele neue Modelle ins Leben gerufen,
zum Beispiel Miliz wirbt Miliz. Wir haben dem Parlament jetzt auch ein Wehrrechtsänderungsgesetz
zugeleitet, mit dem wir sehr viele positive
Maßnahmen im Milizbereich setzen werden, wie zum Beispiel
den Bildungsscheck.
Selbstverständlich ist es unsere Aufgabe, dass wir das tun, so wie Sie es angesprochen haben.
Und jetzt schon
ein ganz großes Dankeschön an diejenigen, die sich für
das österreichische Bundesheer entscheiden, wenn es bei der Stellung dann
einmal so weit ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein.
Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Minnich. – Bitte.
Abgeordneter
Andreas Minnich (ÖVP): Einen wunderschönen guten Morgen, sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie
haben schon das Risikobild angesprochen, das uns derzeit
beschäftigt. Die Welt ist aus den Fugen
geraten. Trotzdem haben Sie es geschafft: Das Standing, das unser österreichisches Bundesheer, unsere Soldaten derzeit in der
Bevölkerung haben,
ist so gut wie nie zuvor.
Meine Frage:
„Welche spezifischen Ziele sollen durch die
Großübung „Schutzschild 24“ erreicht werden
bzw. welche erwarteten Auswirkungen hat diese auf
die Einsatzbereitschaft und die militärischen Fähigkeiten des
Bundesheeres?“
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau
Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die
budgetären Möglichkeiten und Notwendigkeiten,
die wir im Bundesheer haben, haben Sie geschaffen, mit dem
Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz,
das Transparenz bietet, das es uns ermöglicht, das Bundesheer
wirklich zu einer modernen Armee zu machen.
Dazu gehört das Budget, gehören die Investitionen
nach dem Aufbauplan im Sinne der Mission vorwärts. Dazu gehört auch
das notwendige Personal,
über das wir uns jetzt sehr intensiv unterhalten haben, und dazu
gehört auch, dass wir üben. Ich habe es vorhin schon angesprochen:
Wir haben dieses Jahr an die 200 Übungen, die
größte wird Schutzschild sein.
Das Wichtigste ist, dass wir auch im zivilen Bereich
üben, dass wir das machen, was das militärische Handwerk ausmacht,
mit über 4 000 Soldaten, mit internationaler Beteiligung. Das
ist etwas, das unabdingbar notwendig ist, eine der größten
Übungen, die wir in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten durchgeführt
haben. Alleine schon die Planung dazu ist als Teil der Übung zu sehen, um
das militärische Handwerk wieder entsprechend zu üben.
Das ist unabdingbar, und es beinhaltet auch alle unsere Ausprägungen der
Streitkräfte, von den Landstreitkräften über die
Luftstreitkräfte bis hin
zum Cyberbereich, der ja auch immer bedeutender werden wird.
Das bedeutet, zu investieren, das entsprechende Personal
auszubilden
und selbstverständlich zu üben, nur zu einem Zweck: um
Österreich auch weiterhin den Frieden zu sichern, um für unsere
Kinder und unsere Enkerl dieses wunderschöne Land in Sicherheit halten zu
können. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Im Aufbauplan 2032 plus sind Personalmaßnahmen und Investitionen in Material und Infrastruktur vorgesehen. Inwiefern dient die Großübung Schutzschild 24 der Herstellung der Verteidigungsfähigkeit?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner:
Sie ist unabdingbar notwendig, weil immer wieder und regelmäßig
geübt werden muss, auch über die einzelnen Domänen hinaus, wie
soeben angesprochen, und
es ist auch wichtig, dass wir dann international die entsprechende
Zertifizierung bekommen, weil wir auch Teil der EU-Battlegroups sind und da
einen entsprechenden Beitrag im Rahmen der europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik leisten werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke.
Es sind alle Fragen zum Aufruf gelangt. Ich danke der Frau
Bundesminister für die umfassende Beantwortung. – Vielen herzlichen
Dank. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 18493/J bis 18654/J
2. Anfragebeantwortungen: 17549/AB
B. Zuweisungen in dieser Sitzung:
zur Vorberatung:
Ausschuss für Arbeit und Soziales:
Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2550 d.B.)
Bundesgesetz, mit dem das
Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Kinderbetreuungsgeldgesetz,
das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Mutterschutzgesetz,
das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz und das Betriebliche
Mitarbeiter-
und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (Sonderwochengeld-Gesetz)
(2553 d.B.)
Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung:
Bundesgesetz zur Einrichtung einer nationalen Behörde für die Cybersicherheitszertifizierung (Cybersicherheitszertifizierungs-Gesetz – CSZG) (2552 d.B.)
Gesundheitsausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz 2021 geändert wird (2551 d.B.)
Landesverteidigungsausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz und das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2024 – WRÄG 2024) (2554 d.B.)
Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:
Bundesgesetz, mit dem ein
Bundesgesetz über die Förderung der Erzeugung von erneuerbarem
Wasserstoff nicht biogenen Ursprungs sowie ein Bundesgesetz
zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
erlassen werden
(2555 d.B.)
*****
Ankündigung einer Dringlichen Anfrage
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die
Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 18655/J der
Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend „Europas Zukunft
sichern: Mehr
Europa und Wohlstand statt Öxit“ dringlich zu behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte
über die Anfragebeantwortung 17250/AB
Präsident
Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf weiters
mitteilen, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung
gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze
Debatte über die Beantwortung 17250/AB der Anfrage 17842/J der Abgeordneten
Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbreitung von Unwahrheiten
im Kampf gegen die Teuerung – heiße Luft der
Regierung“ – was?, schwer zu lesen, die Handschrift (Abg.
Michael Hammer: Da geht’s um nix!) – „senkte
bisher keinen einzigen Preis.“ durch den Herrn Bundesminister für
Arbeit und Wirtschaft abzuhalten.
Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss erfolgen.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 4 sowie 6 und 7 der Tagesordnung zusammenzufassen.
Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.
Redezeitbeschränkung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz haben wir einen Konsens über die Dauer der Debatten
erzielt. Demgemäß wird eine Tagesblockzeit von 5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich die Redezeiten wie folgt ergeben: ÖVP 98, SPÖ 68, FPÖ 55, Grüne 50 sowie NEOS 40 Minuten.
Gemäß § 57
Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die
gesamte Tagesordnung für jene Abgeordneten, die keinem Klub
angehören,
20 Minuten; pro Debatte ist deren Redezeit auf 5 Minuten
beschränkt.
Wir kommen gleich zur Abstimmung.
Wer mit den soeben dargestellten Redezeiten einverstanden ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht
des Rechnungshofes betreffend Sanierung Parlamentsgebäude –
Reihe BUND 2023/27
(III-1027/2519 d.B.)
2. Punkt
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Tätigkeitsbericht 2023 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2023/40 (III-1076/2520 d.B.)
3. Punkt
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht
des Rechnungshofes betreffend Durchschnittliche Einkommen und zusätzliche
Leistungen
für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes 2021 und
2022 – Reihe Einkommen 2023/1 (III-1058/2521 d.B.)
4. Punkt
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 2529/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inhaltliche und methodische Weiterentwicklung der Einkommenserhebung durch den Rechnungshof (2522 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich darf die Frau Präsidentin des Rechnungshofes herzlich in unserer Mitte begrüßen.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Johann Singer (ÖVP): Sehr
geehrter Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rechnungshofes!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die
Sie uns vor den Bildschirmen zusehen
oder sich hier auf der Galerie befinden! Ich freue mich sehr, eine Besuchergruppe
aus Oberösterreich begrüßen zu dürfen, nämlich die
Gruppe des Abgeordneten zum Nationalrat außer Dienst Walter Murauer.
Ich darf euch
ganz herzlich begrüßen – wie auch alle anderen hier im
Parlament. (Allgemeiner Beifall.)
Der Herr Präsident hat es schon angekündigt, der 1. Punkt der Tagesordnung beschäftigt sich mit dem Rechnungshofbericht über die Sanierung des Parlamentsgebäudes, unseres Hauses. Für mich ist das sozusagen der Abschluss dieses großen Projektes.
„Aufgrund des baulichen
Zustands des Nationalratssitzungssaals sowie geänderter
Nutzungsbedürfnisse und Regelungen“, wie die nicht gegebene
Barrierefreiheit und anderes mehr, „waren ein Umbau und eine Sanierung
des [...] Parlamentsgebäudes dringend
geboten.“ – Das ist ein Satz aus
dem Rechnungshofbericht zur Notwendigkeit der Sanierung unseres Parlamentsgebäudes.
Klar war auch von Beginn an,
dass der Rechnungshof eine besondere Rolle bei dieser Sanierung spielt. Der
Rechnungshof hat insgesamt drei Berichte
dazu erstellt. Den ersten im Jahr 2012, da wurde das Planungsprojekt an
und für sich begutachtet. Der zweite Bericht 2017 hatte die
Aufgabenstellung
einer vertieften Prüfung des Vorentwurfes. Und im vergangenen Jahr fand
die Prüfung der konkreten Sanierung dieses Gebäudes statt.
Zuerst möchte ich die Kosten ansprechen. Ich möchte jene Kosten ansprechen, die die Schlussrechnung betreffen. Ich sage das deshalb, weil der Rechnungshof zum Zeitpunkt der Erstellung seines Berichtes die Gesamtkosten noch nicht zur Verfügung hatte.
Die Kosten für die
Sanierung betrugen insgesamt 430,4 Millionen Euro, für die
Interimslokale und für die Übersiedlung in die Hofburg wurden
47,2 Millionen Euro ausgegeben und für die Eigen- und
Gesellschaftskosten 28,6 Millionen Euro, was insgesamt eine Summe von
506,2 Millionen Euro ausmacht.
Der 2020 beschlossene erweiterte Kostenrahmen konnte durch Umschichtungen
entsprechend eingehalten werden.
Ansprechen möchte ich noch die vom Rechnungshof
aufgestellte Stärken- und Schwächenanalyse. Negativ beurteilt wurden
die fehlende umfassende
Schad- und Störstoffanalyse, Mängel bei der Qualitätssicherung
von Ausschreibungsunterlagen und dass die Ausführungsterminplanung
nicht mit
der erforderlichen Detaillierung erstellt wurde. Das wurde negativ bewertet.
Positiv gesehen wurden ein funktionierendes Mängelmanagement, die zweckmäßige Kostenverfolgung und das funktionierende Anticlaimmanagement sowie die Umsetzung der Barrierefreiheit und des Brandschutzes.
Erwähnen möchte ich zwei erreichte Zertifizierungen, nämlich Klimaaktiv-Gold und die Zertifizierung in Gold von der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr erfreulich ist für mich der enorme Besucherandrang. Die
angestrebte breite Öffnung des Hauses für die Bevölkerung wird
damit belegt. 2023 kamen 540 000 Menschen –
540 000! –, um das Haus zu besichtigen. Im heurigen Jahr waren
es bereits 200 000. Wir
als Abgeordnete dürfen uns sehr freuen, zeigt das doch das große
Interesse am Haus der österreichischen Demokratie, am Haus der
österreichischen Gesetzgebung, am Haus des Volkes.
Abschließend noch ein
Dank an alle, die für die Planung, Umsetzung und für die
Wiederinbetriebnahme verantwortlich waren und daran mitwirkten. Es
wurden große Leistungen erbracht, die wir seit der Wiedereröffnung
im Jänner 2023 der gesamten österreichischen
Bevölkerung präsentieren
durften.
Zwei Personen möchte ich nennen: Die eine ist die
bereits verstorbene Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer.
Sie hat die Sanierung – das Gesamtprojekt, von der Erstellung des
Gesamtkonzeptes bis zur Beschlussfassung in der
Präsidialkonferenz – in die Wege geleitet. Die zweite
Person ist der jetzige Präsident Wolfgang Sobotka. Er hat vom Beginn der
Bauarbeiten bis zur Wiedereröffnung des sanierten Gebäudes die
Verantwortung getragen. Ich darf an dieser Stelle beiden stellvertretend
für alle, die mitgewirkt haben, ganz besonderen Dank aussprechen. (Beifall
bei
der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, einen Dank auch an
Sie, an euch alle, denn alle notwendigen Beschlüsse für dieses
Projekt wurden einstimmig
gefasst, und das ist auch für mich ein starkes Zeichen für das
gemeinsame Handeln am Haus der österreichischen
Bevölkerung. – Herzlichen Dank. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
10.30
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Greiner. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.
Abgeordnete
Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident!
Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr
geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Mein Kollege hat es bereits
erwähnt: Wir debattieren mittlerweile den dritten Bericht des
Rechnungshofes zur Parlamentssanierung. Es ist ein umfangreiches
Werk. Und was ist so besonders an diesem dritten Bericht und an der Begleitung
dieses Projektes durch den Rechnungshof? – Normalerweise
prüft der Rechnungshof Dinge, die abgeschlossen sind, einen vergangenen
Zeitraum. Beim Parlamentsumbau war es so,
dass man den Rechnungshof ersucht hat, wirklich von Anfang an seine Rolle in
der Begleitung wahrzunehmen, begleitend zu kontrollieren.
Das war der ausdrückliche Wunsch der damaligen
Präsidentin Barbara Prammer, wurde dann in guter Tradition von
Präsidentin Doris Bures weitergeführt, abgeschlossen durch den Herrn (in
Richtung Präsident Sobotka blickend), der gerade den Vorsitz
führt, und das hat sich bewährt. Ich glaube, da wirklich
in unser aller Namen sprechen zu können: Eine begleitende Kontrolle bei
einem derart umfangreichen und sehr teuren Projekt hat sich auf alle Fälle
bezahlt gemacht. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten von
Grünen und NEOS sowie des Abg. Hofer.)
Ich möchte erwähnen: Ich bekomme dazu sehr
positive Rückmeldungen
von den vielen Besucherinnen und Besuchern, die das Haus auch wirklich mit
großer Freude und mit großem Interesse besuchen. Man muss wissen,
mittlerweile steuern wir auf eine Million Besucherinnen und Besucher zu. Das
ist gewaltig, und es ist großartig, dass sich Leute, die wählen
gehen, auch
wirklich ein Bild davon machen, was im Herzen der Demokratie passiert. So soll
es sein, sie haben es mitfinanziert, und es ist, glaube ich, wirklich gut und
richtig, dass sie sich dieses neue Projekt auch persönlich anschauen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir debattieren unter diesen Tagesordnungspunkten unter
anderem auch
über den Einkommensbericht, den der Rechnungshof vorgelegt
hat – wiederum ein Bericht mit zahlreichen und wertvollen Daten und
Fakten. Der Rechnungshof hat in diesem Fall 452 Unternehmen
überprüft, und wir sehen einen ganz wichtigen Faktor, der uns alle
hier beschäftigen sollte, nämlich die unterschiedlichen Entlohnungen
bei Männern und Frauen. Wir sprechen von einem Genderpaygap von 15 Prozent: Frauen erhalten um 15 Prozent
weniger Lohn für die gleiche Arbeit. In der Privatwirtschaft ist es noch
schlimmer, da sprechen wir von 20 Prozent.
Das ist unbefriedigend und da stellt sich
für uns alle die Frage: Was
kann man dagegen tun? Warum wird unterschiedlich entlohnt? Aus der Praxis ist
uns ja bekannt: Viele Frauen wissen gar nicht, was ihre männlichen Kollegen verdienen –
wohlgemerkt für die gleiche Tätigkeit, die sie ausüben. Das ist
eigentlich unfair, denn wie soll eine Frau ihre Lohnverhandlung gut
führen können, wenn sie nicht weiß, was ihre männlichen
Kollegen verdienen?
Die Frage für uns ist: Wie kann man das abstellen? – Richtig, viele werden es erraten haben: Man kann für Lohntransparenz sorgen. Was bedeutet das? – Wenn man für Lohntransparenz eintritt, bedeutet das, man befürwortet, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe offenlegen müssen, wie viel ihre Mitarbeiter verdienen. Damit gibt man insbesondere Frauen ein Instrument in die Hand, dass sie ihre Lohnverhandlungen gerecht angehen können und auch wissen, was wirklich Sache ist. Das ist ein geeignetes Instrument, um für gerechte Entlohnung zu sorgen.
Warum betone ich
das so? – Wenn Frauen nämlich bereits am Arbeitsbeginn, am
Beginn ihres aktiven Erwerbslebens weniger verdienen, ist die Gefahr sehr
groß, dass sich diese Spirale fortsetzt, dass sie nie mit ihren
männlichen Kollegen gleichziehen, weil sie es unter Umständen gar
nicht wissen, weil sie Teilzeit arbeiten. Wie wirkt sich das in der Pension
aus? – Dort wirkt es sich besonders fatal aus.
Dazu haben wir
Zahlen und Fakten von der europäischen Ebene: Der Genderpaygap liegt dort
bei 13 Prozent, was das aktive Erwerbsleben betrifft. Wie schaut das in
der Pension aus? – Das ist eine dramatische Zahl, da
liegen die Unterschiede bei bis zu 30 Prozent. Frauen erhalten bis zu
30 Prozent weniger Pension.
Was heißt das? – Das heißt: kämpfen für Lohntransparenz. Da möchte ich unseren sozialdemokratischen Kolleg:innen auf europäischer Ebene wirklich eine herzliche Gratulation aussprechen, die haben vehement für gerechte Entlohnung und für Lohntransparenz gekämpft und erreicht, dass im April 2023, also vor mehr als einem Jahr, die entsprechende Richtlinie im Europäischen Parlament verabschiedet wurde. (Beifall bei der SPÖ.)
Dass da (in Richtung ÖVP) nicht geklatscht wird, wundert mich nicht – andere hätten sich auch darüber freuen können, dass die Lohntransparenz auf europäischer Ebene beschlossen ist.
Was heißt das für Österreich? –
Das heißt für die österreichische Bundesregierung: Bitte
umsetzen! Wie schaut es damit aus? – Leider nicht erfreulich:
Die österreichische Bundesregierung hat bis jetzt keine Vorlage in dieses
Haus gebracht, dass die Lohntransparenz auch auf nationaler Ebene umgesetzt
wird, und das finde ich sehr bedauerlich. Mein flammender Appell an Sie, liebe
Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen: Bitte nehmen Sie
Einfluss auf Ihre Bundesregierungsmitglieder, es ist höchste Zeit für
Lohntransparenz! (Beifall bei der SPÖ.)
Und: Wählen Sie am 9. Juni! Wählen Sie bei
der EU-Wahl mit, nehmen
Sie Ihr Recht wahr! Es ist nicht egal, welche Entscheidungen auf EU-Ebene
getroffen werden. Wählen Sie eine Partei, die die Demokratie verteidigt
und für Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt eintritt! – Vielen Dank. (Beifall
bei der SPÖ. –
Abg. Wurm: Deshalb: FPÖ!)
10.36
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zanger. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Wolfgang Zanger (FPÖ): Ja,
Kollegin Greiner, und deswegen: FPÖ am 9. Juni! – Danke
für die Einleitung. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Litschauer:
Das braucht’s sicher nicht! Ihr wollts eh nur aussteigen!)
Herr Präsident! Frau Präsidentin des
Rechnungshofes! Wir haben drei Berichte auf der Tagesordnung. Einer wurde schon
ausreichend beleuchtet, das ist
der Bericht zur Sanierung des Parlamentsgebäudes. Ich möchte
vielleicht noch einen Aspekt dazu einbringen: Es wurde ja festgestellt, dass
die signifikanten Mehrkosten rund 80 Millionen Euro betragen
haben, und es wurde auch beleuchtet, dass es zu einer Verzögerung des
Projektes um knapp über
zwei Jahre gekommen ist.
Ebenfalls erkennbar war, dass in den letzten beiden
Jahren – in der Fertigstellungsphase sozusagen –
auch die Inflation entsprechend angezogen hat
und das auch zu einem entsprechenden Anteil zur Kostenüberschreitung beigetragen
hat. Hätte man also sozusagen konsequenterweise dieses Projekt innerhalb
des vorgegebenen Zeitplanes umgesetzt, wäre, zumindest aus meiner Sicht,
die Inflationskomponente nicht so hoch ausgefallen.
Des Weiteren haben Sie uns vor Kurzem den
Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes vorgestellt, der ja, wie alle
Jahre, wieder einmal ein hervorragendes Zeugnis Ihrer Arbeit ablegt.
Neben den Prüfungsschwerpunkten, der Anzahl der Berichte, der Auflistung
der Gesamttätigkeit des Rechnungshofes
sind aber auch immer wieder die Effekte der Empfehlungen sehr spannend herauszulesen.
Da gibt es ja sozusagen drei Parameter: Bei
70 Unternehmen haben Sie die Umsetzung nachgefragt, da wurden circa
90 Prozent umgesetzt, die zentralen Empfehlungen, also die ganz
wesentlichen, zu 84 Prozent, und diesmal waren Sie ein bisschen traurig,
weil bei der Follow-up-Überprüfung nur rund 70 Prozent umgesetzt
waren – der Zielwert ist ja immer bei 80 Prozent. Sie haben das
aber auch erklärt: Es hat einen sehr umfangreichen Pflegebericht gegeben
und dazu dann auch das Follow-up, und dieses hat aufgezeigt, dass es noch massiven
Handlungsbedarf in diesem Bereich gibt. Das war auch der Grund,
warum der Umsetzungsgrad dort nicht so hoch war.
Immer sehr spannend ist der Bericht zu den Managergehältern, also den Gehältern derjenigen, die in staatsnahen Betrieben sozusagen Führungspositionen einnehmen. Es gibt dann auch parallel dazu, von Jahr zu Jahr immer alternierend sozusagen, den allgemeinen Einkommensbericht, in dem man sich die Einkommenssituation der unselbstständig Beschäftigten anschaut.
Ich habe einmal versucht, das auf Basis des zuletzt diskutierten Managementgehälterberichtes in ein Verhältnis zu setzen. Alle Zahlen, die ich jetzt nenne, beziehen sich auf diesen Bericht. Sie schauen wie folgt aus:
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass der
Durchschnittsverdienst der Manager in staatsnahen Betrieben
219 000 Euro pro Jahr beträgt. Der Durchschnittsverdienst
der Beschäftigten in diesen staatsnahen Betrieben beläuft sich auf
60 200 Euro, der Durchschnittsverdienst von Beamten auf
61 389 Euro,
und der Durchschnittsverdienst eines einfachen Arbeiters oder einer einfachen
Arbeiterin beträgt 23 348 Euro.
Ins Verhältnis gesetzt heißt das jetzt Folgendes:
Einer, der hackelt, der
arbeitet, der schöpft, muss für das, was ein Manager in einem Monat
verdient, neun Monate arbeiten gehen. (Abg. Kühberger: Was
verdient der Kickl?) –
Geh, Kühberger, weißt du was?: Tu hier nicht immer so gescheit reden
und zwischenrufen, geh hinaus und gib deinen Kommentar dazu ab, was ich
dir
jetzt sagen werde! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Ich wiederhole das jetzt noch einmal, weil es wesentlich ist
(Abg. Schmuckenschlager: Wie viel sind denn 24 000 pro
Monat im Jahr?): Ein Arbeiter muss
neun Monate für das arbeiten gehen, was ein Manager in einem Monat
verdient. Aber da geht es jetzt nur um den Durchschnittsverdienst. (Abg. Eßl:
Der Kickl
ist aber kein Manager!)
Es kommt noch besser: Die Spitzenverdiener unter den Managern – das sind die Vorstände der Post und der Verbund AG – verdienen bei der Post 2 Millionen Euro im Jahr und bei der Verbund AG 1,5 Millionen Euro im Jahr.
So, das setzen wir jetzt wieder ins Verhältnis: Der
Hackler geht im Schnitt um 1 400 Euro pro Monat arbeiten. Der
Vorstand der Verbund AG, also des Energieversorgungsunternehmens, verdient
monatlich netto – was schätzt du denn, Herr Kühberger?;
siehst du, jetzt fällt dir nichts mehr ein –
53 000 Euro im Monat. (Abg. Eßl: Der Kickl!) Jetzt
muss der Hackler, der Arbeiter mit 1 400 Euro im Monat schon
38 Monate arbeiten gehen, damit er auf
den Verdienst kommt. (Abg. Schmuckenschlager: Für den Kickl!)
Das sind über drei Jahre! Das sind über drei Jahre! – Das
ist Gerechtigkeit à la ÖVP, denn es
ist euch zu verdanken, dass das so ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Und noch dazu sind das jene
Führungspersönlichkeiten in Österreich, die den Leuten unten die
Strompreise erhöhen, dass sie sich das Leben nicht
mehr leisten können! Die Regierung tut gar nichts, um dort einmal
einzugreifen und das zu regulieren. – Das ist Gerechtigkeit Marke
ÖVP. (Abg. Sieber:
Und der Kickl zockt ab!)
Ich komme jetzt noch zu einem Aspekt, der für mich auch wesentlich ist: zu den Pensionen. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass in den staatsnahen Betrieben eine Zusatzpensionsleistung von 22 000 Euro pro Jahr ausbezahlt
wird. Zusatzpension! Die Durchschnittspension in Österreich beträgt 23 296 Euro. Das heißt, dass Pensionisten aus den staatsnahen Betrieben fast das Doppelte an Pensionen kriegen wie der einfache Hackler, der einfache Schöpfer, der einfache Beschäftigte. (Abg. Steinacker: Das sind aber schon verschiedene Positionen, oder?)
Der Hackler ist die Melkkuh der
Nation, er kriegt die Teuerungen, die
jetzt passiert sind, mit voller Wucht ab, der Pensionist genauso –
und ihr schaut tatenlos zu. Aber was soll man sich erwarten von einer
Regierung, in der
sich die Grünen gegenseitig nur mit Posten versorgen und die
Schwarzen – seit fast 40 Jahren nun schon in der
Regierung – ständig sich selbst und ihren Freunderln die
Taschen vollstopfen?! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Litschauer:
Wie war das in Graz eigentlich? Welche Taschen waren das?)
Es ist an der Zeit, eine
Veränderung einzuleiten, und diese Veränderung
ist ab dem Herbst mit einem Volkskanzler Herbert Kickl möglich. (Beifall
bei Abgeordneten der FPÖ.)
Lieber Herbert Kickl, ich bin stolz und freue mich darauf,
dass du nächste
Woche am Sonntag, am 26. Mai, zu mir nach Knittelfeld kommst, am Vormittag
am Hauptplatz auftrittst und mit den Leuten in Kontakt kommst (Abg.
Stocker: Knittelfeld ist eh ein guter Boden für euch!), weil
Knittelfeld eine Arbeiterstadt ist und das genau die Themen sind, die die
Leute interessieren: die Ungerechtigkeiten bei den Pensionen, der Wegbruch des
Mittelstandes durch die exorbitante Teuerung. (Zwischenrufe bei der
ÖVP. – Präsident Sobotka
gibt das Glockenzeichen.) Und vor allem ist eines ein Thema: In Knittelfeld
und Umgebung und in der ganzen Steiermark haben die Leute die Nase voll
von dieser korrupten ÖVP! (Beifall bei der FPÖ. –
Neuerliche Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
10.44
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den strafrechtlich relevanten Ausdruck der „korrupten ÖVP“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Abgeordneter Zanger.
*****
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarz. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne):
Ich glaube, es geht eher um den Volkskassierer Kickl. Wenn Sie schon sparen
wollen, dann fangen Sie
doch bei den 24 000 Euro an, die Herr Kickl monatlich kassiert!
Herr Präsident! Frau Präsidentin! Hohes Haus!
Liebe Besucherinnen und Besucher! Vor allem auch die Schülerinnen und
Schüler der Modeschule Graz: Willkommen hier im Haus! (Beifall bei den
Grünen sowie bei Abgeordneten
von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
Das Thema, mit dem wir heute hier in die Tagesordnung
einsteigen dürfen, ist eigentlich ein erfreuliches, und deswegen
möchte ich mich auf dieses
auch beziehen: die Sanierung des Parlamentsgebäudes. Auch der Rechnungshof
hat im Großen und Ganzen das bestätigt, was wir hier Tag für
Tag erleben, nämlich dass die Sanierung ein großer Erfolg
geworden ist. Es hat zwar der Rechnungshof auch einige Mängel
festgestellt, beispielsweise bei der Ausführungsterminplanung oder auch
bei der Erkundung von Schad- und Störstoffen, was dann später zu
Verzögerungen geführt hat, aber grosso modo sieht auch der
Rechnungshof die Projektziele erreicht.
Alexander Van der Bellen, der jetzige Bundespräsident,
hat als Nationalratsabgeordneter in seiner letzten Rede 2012 einen Wunsch
geäußert, er hat gesagt: „Dieses Haus gehört
renoviert! [...] Demokratie ist uns etwas wert, und ein Haus gehört auch
dazu.“ – Ich finde, wir können jetzt, zwölf Jahre
danach,
mit Recht behaupten, dass dieser Wunsch mehr als erfüllt worden ist. (Beifall
bei den Grünen.)
Weniger, aber schon auch, weil
uns Abgeordneten jetzt nicht mehr die
Sessel zusammenbrechen, sondern vor allem, weil es gelungen ist, dieses Haus
wirklich zu öffnen und quasi ein Herz aus Stein, Marmor und Glas für
diese Demokratie zu schaffen.
Im alten Haus, vor der
Sanierung, sind wöchentlich bis zu 2 000 Besucherinnen und
Besucher gekommen. Das hört sich nach viel an, das Besucheraufkommen hat
sich aber seit der Sanierung verfünffacht. Wir haben aktuell bis zu
10 000 Menschen wöchentlich im Haus, die sich dieses Zentrum der
Demokratie in Österreich anschauen und erleben wollen; es wird
ihnen ja auch ziemlich etwas geboten. Ich kriege das bei den Führungen,
die ich als Abgeordneter mache, immer wieder mit, dass das Haus
tatsächlich auch Eindruck bei den Besucher:innen macht. Das beginnt
schon beim Ankommen im Besucherzentrum, das früher ein
Lager für Putzmittel und Klopapier war, wo man sich jetzt an Screens mit
der Geschichte des Parlamentarismus
und der Demokratie in Österreich befassen kann. Das machen die Leute auch
gerne, das sehe ich immer wieder.
Besonders beeindruckend sind
natürlich die Prunkräume, vom Atrium
über die Säulenhalle bis zum historischen Sitzungssaal, in denen
Stuck, Möbel und alles andere Zentimeter für Zentimeter restauriert worden
sind, weshalb das Haus jetzt auch wieder den Eindruck macht, den
es wahrscheinlich bei der Eröffnung gemacht hat. Das geht bis hinauf zum
Dachboden, der
früher ein Materiallager war, unzugänglich für die
Öffentlichkeit, und jetzt sind daraus 800 Quadratmeter Restaurant und
1 600 Quadratmeter Terrassen geworden.
Das heißt, das Haus ist nicht nur schöner und
moderner geworden, sondern auch größer und öffentlicher. Wir
haben tatsächlich Tausende Quadratmeter an barrierefreier
Nutzfläche gewonnen, ohne einen einzigen zusätzlichen Quadratmeter
Boden zu versiegeln. (Abg. Wöginger: Das ist schon was,
nicht?)
Ein wesentlicher Erfolg ist aber nicht so sichtbar: Trotz der
verschiedenen Krisen, von denen die Sanierung begleitet worden ist,
von der Coronakrise bis zur
Inflationskrise – die Baupreise sind ja gegen Ende förmlich
explodiert –,
ist man in Summe innerhalb der Toleranz des Budgetrahmens geblieben.
Wenn man sich anschaut, wie das bei vielen anderen öffentlichen Projekten
ist,
ist das tatsächlich beeindruckend. (Beifall bei den Grünen sowie
bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Dementsprechend möchte ich mich bei den vielen
Mitwirkenden bedanken: bei den drei
Nationalratspräsident:innen in der Sanierungszeit, Prammer, Bures und
Sobotka; beim Rechnungshof, der die Sanierung begleitend
geprüft hat; bei meinen Kolleg:innen im Bauherrenausschuss; bei der Parlamentsdirektion;
bei der BIG; bei den Handwerkerinnen und Handwerkern, die das
alles ermöglicht haben; bei den Steuerzahler:innen, die das finanziert
haben; und vor allem bei Ihnen, bei den Besucherinnen und Besuchern, die das
Haus und damit auch unsere Demokratie jeden Tag mit Leben
erfüllen. – Vielen Dank! (Beifall bei Grünen und
ÖVP.)
10.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.
Abgeordneter
Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr
Präsident! Frau Präsidentin! Ich glaube, ein Umbau eines so
historischen Hauses, das als das Haus der Demokratie auch so
große Bedeutung für die Demokratie in Österreich hat, kommt
schon mit einigen Herausforderungen daher. Wenn man sich anschaut, wie die
gesamte Geschichte gelaufen ist, die schon von Vorrednerinnen und
Vorrednern angesprochen wurde, dann glaube ich, dass wir das,
wie wir im Parlament mit dieser ganzen herausfordernden Situation umgegangen
sind, als etwas Vorbildliches mitnehmen können.
Ich kann mich erinnern, als ich vor knapp elf Jahren hier
ins Hohe Haus als Abgeordneter eingezogen bin, war die Situation so, dass
es teilweise in den Plenarsaal hereingeregnet hat und man die Lecks
notdürftig flicken musste. Wir hatten keine Stromanschlüsse
in den Abgeordnetenbänken. Mittlerweile ist es aber ganz normal, dass
wir – natürlich auch während der Plenarsitzungen – am
Laptop arbeiten müssen oder ein Handy aufladen und dergleichen, es war
also wirklich notwendig, da etwas zu tun. Insgesamt, glaube ich,
haben wir das sehr gut hinbekommen.
Der Rechnungshof, die Frau Rechnungshofpräsidentin hat
mit drei Berichten auch die ganze Sanierung mitbegleitet und diesbezüglich
auch entsprechende Vorschläge gemacht, wie man das besser machen
kann. Und ich glaube, all diese Dinge, die wir hier auch mitbekommen haben, wie
man es noch
besser machen kann, sollten eine Leitlinie für zukünftige
öffentliche Bauprojekte sein.
Wir als Bauherrenausschuss, bei dem die Mitglieder der
Präsidialkonferenz
und die Rechnungshofpräsidentin dabei waren, haben den gesamten Umbau mitbegleitet.
Ich habe das selbst knapp neun Jahre lang miterleben dürfen
und mitbegleiten können. Wir haben durch einen Nutzerbeirat auch geschaut,
dass die notwendigen Dinge, die hier umgesetzt werden mussten, einerseits für die
Abgeordneten, andererseits auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Hauses entsprechend umgesetzt wurden, und ich
glaube, insgesamt kann man sagen – das kommt auch in den Berichten
des Rechnungshofes heraus –, dass wir das alles in allem ganz gut
gemacht haben. Sie, Frau Präsidentin, haben in den Berichten angesprochen,
dass das Mängelmanagement eigentlich sehr positiv war.
Wir haben es geschafft, dass dieses Haus jetzt barrierefrei ist und endlich auch den Brandschutzbestimmungen entspricht – etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Wir haben es auch geschafft, den Heizenergiebedarf pro Quadratmeter zu senken.
Ich denke – und Frau
Kollegin Greiner hat es vorhin schon angesprochen –,
das, was wirklich besonders war und was auch die Aufgabe, die wir hier sehr verantwortungsbewusst,
glaube ich, versucht haben wahrzunehmen, war, dass
wir die begleitende Kontrolle des Rechnungshofes von Anfang an miteinbezogen
haben. Man muss sich vorstellen, und das war uns als Abgeordneten allen
und insbesondere Frau Präsidentin Prammer damals bewusst, dass
natürlich ein Bauprojekt wie die Sanierung des Parlaments, das so im
Lichte der Öffentlichkeit steht, besondere Vorkehrungen braucht.
Und das ist natürlich auch eine Zumutung – im positiven Sinn
eine Zumutung –, sich dieser begleitenden Kontrolle zu unterwerfen,
weil man – natürlich zu Recht – immer wieder auch
Ihren kritischen Blick, Frau Präsidentin, bekommt, was uns aber geholfen
hat, auch entsprechend zu reagieren. Ich denke aber, man sollte sich in Zukunft
für andere öffentliche Bauprojekte überlegen, ob man das
mitdenken kann.
Ja, es gibt Kritikpunkte: Wir
haben es aus diversen Gründen nicht geschafft, den Kostenrahmen
einzuhalten, wir sind aber im weitesten Sinne im Rahmen
der Toleranz geblieben. Wir haben natürlich eine massive Verzögerung
gehabt. Ich vergleiche es immer mit anderen Bauprojekten: Beim Flughafen Berlin
war die Verzögerung noch um einiges länger und auch der Kostenrahmen
wurde dort massiv gesprengt. Wir hatten anfänglich die Situation, dass wir
Ausschreibungsunterlagen zurückgezogen haben, weil die Angebote
einfach viel zu hoch waren, dann die Pandemie – es war halt einfach
so und wir mussten
es so hinnehmen.
Natürlich kann man in
Zukunft schauen, dass man noch sorgsamer mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler umgeht, aber nichtsdestotrotz –
wie auch von meinem Vorredner schon
angesprochen; und Sie als Besucher merken das –: Wir haben
einen extremen Zulauf, ein extremes Interesse
am Parlament, und ich glaube, das, was wir hier insgesamt geschafft haben, kann
sich sehen lassen.
Abschließend: Wir haben es zustande gebracht, das
Haus der Demokratie,
das Hohe Haus, ins 21. Jahrhundert zu holen, es auch entsprechend auszustatten.
Wir haben das auch insbesondere deshalb zustande gebracht, Frau
Präsidentin, weil Sie immer einen sehr sorgsamen und auch
vorausschauenden, aber auch sehr kritischen Blick im Bauherrenausschuss auf das
Projekt
geworfen haben. Dafür möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei
Ihnen und bei Ihren Mitarbeitern im Rechnungshof bedanken. (Beifall bei den
NEOS
und bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen. –
Rechnungshofpräsidentin Kraker: Danke!)
10.53
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hintner. – Bitte.
Abgeordneter Hans Stefan Hintner
(ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Das Haus
wurde schon
auf mannigfaltige Weise gelobt, und wir haben hier ja auch eine Abstimmung mit
Füßen. Ich glaube, es gibt kaum ein Parlament, das in dieser so
kurzen Zeit
von so vielen Besucherinnen und Besuchern im wahrsten Sinne des Wortes besucht
wurde. Die Begeisterung ist groß, das Interesse ist ungebrochen.
Es wurde auch die Finanzierung
gelobt. Ich darf noch einmal festhalten, dass 1 Prozent unter dem
Beschluss von 2014 eingehalten wurde, wenngleich
es auch logisch ist, dass im Zuge der Anpassung von 2024 dann etwas höher
abgeschlossen wurde.
Zu Kollegen Zanger: Es ist mir wichtig, zur
Einkommensstatistik zu sagen, dass dem Vernehmen nach Klubobmann Kickl im Monat
fast das erhält, was
ein Arbeiter im Jahr verdient – wie du uns gesagt hast –,
man spricht ja von 24 000 Euro. (Beifall bei der
ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Oh! Schau, schau! –
Abg. Litschauer: Volkskassierer! – Zwischenruf des Abg. Zanger. –
Abg. Deimek: Was
Positives fällt dir nicht dazu ein ...? – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)
Ich möchte kurz auf den Tätigkeitsbericht des
Rechnungshofes eingehen, der 2023 wieder sehr, sehr umfangreich war: von den
Covid-19-Prüfungen
über Raumordnungsthemen, Digitalisierung, Neuorganisation von
Behörden, wie die Bildungsdirektionen, bis hin zu Gewalt- und Opferschutz.
Besonderes Augenmerk lag auch auf den Compliancebestimmungen, der Korruptionsprävention,
und ein besonderes Hauptaugenmerk lag auf der Frage zukünftiger
Budget- und möglicher Schuldenentwicklungen hinsichtlich des Themas Next
Generation 2023.
Ich darf auch kurz taxative Feststellungen machen: 2023 war
der Rechnungshof insgesamt für 5 800 Rechtsträger
prüfzuständig, wie etwa für öffentliche Stellen,
Anstalten, Stiftungen, Sozialversicherungsträger, Kammern et
cetera. 303 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen und stehen zur
Verfügung und haben geprüft. Die Follow-up-Prüfungen sowie der
Wirkungsgrad der Nachfrageverfahren wurden bereits erwähnt, und ich
betrachte sie als sehr, sehr erfreulich.
Was einzelne Bereiche des Rechnungshofes anlangt, so gab es: fünf eingelangte Sonderprüfungen – wir haben ja jetzt auch im Parlament die Möglichkeiten der Sonderprüfungen eingeräumt –, sieben veröffentlichte Rechenschaftsberichte von Parteien, 82 laufende Prüfungen, 163 gegengezeichnete Finanzschulden, acht veröffentlichte Follow-up-Überprüfungen, 50 vorgelegte Berichte an die Vertretungskörper und 93 Parteispenden – veröffentlicht gemäß Parteiengesetz – sowie den Bundesrechnungsabschluss und die Einkommenserhebung.
Als Bürgermeister einer vom Rechnungshof geprüften
Stadt – Mödling
hat ja über 20 000 Einwohner und so waren im Laufe der Zeit
schon circa fünfmal Prüfer des Rechnungshofes auch bei mir; erst
heuer das letzte Mal hinsichtlich der Frage der Digitalisierung, wobei gewisse
Dinge eingeflossen
sind – ist es mir allerdings ein Bedürfnis, auf die aus meiner Sicht wesentlichen Dinge zu kommen, die mich beschäftigen: außer Streit steht nämlich auch die Frage der Prüfung der Wirtschaftlichkeit, Effizienz und des sparsamen Einsatzes der Mittel, etwas, bei dem wir immer wieder dankbar sind, wenn auf Verbesserungspotenziale hingewiesen wird.
Mir ist es aber auch
wichtig, festzustellen, dass der Rechnungshof ein Instrument der
parlamentarischen Demokratie ist. Der Rechnungshof ist kein Gericht, kein
parteipolitisches Instrument und auch kein Gesetzgeber. Wir
sind dankbar, wenn der Rechnungshof aufzeigt, wie es besser geht, wenn er Vorschläge
macht, wenn er berät, aber schlussendlich liegt es bei den einzelnen
Gebietskörperschaften, da politisches Wollen zum Ausdruck zu bringen.
Ich bringe da immer wieder gerne auch die Frage des
Krankenhauses Baden-Mödling, weil mich das ja wirklich über Jahre
beschäftigt hat. Damals ist
ein Kollege zu mir gekommen und hat gesagt: Es ist ein Wahnsinn, Häuser
unter 1 000 Betten zahlen sich nicht aus!, wobei ich gar nicht
gewusst habe, warum er zu mir kommt, ich bin zwar Sitzgemeinde,
aber ich bin kein Träger, aber das waren halt seine Einschätzungen.
Auch die Frage hinsichtlich der Intensivbetten waren Einschätzungen, die
damals eher negativ waren. Im Nachhinein, aufgrund der Coronasituation, waren
wir froh, diese Intensivbetten gehabt zu haben und mit dem Leistungsangebot der
Krankenhäuser Baden und Mödling haben wir hier eine Vollfunktion
im Bereich der spitalsmedizinischen Versorgung, auf die wir in der
Thermenregion in Niederösterreich sehr, sehr stolz sind. (Beifall bei
der ÖVP.)
10.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch kurz zum Tätigkeitsbericht des
Rechnungshofes Stellung nehmen. Wie schon vorhin erwähnt, der Rechnungshof ist ein sehr wichtiges Hilfsorgan des Parlaments, um die wirtschaftliche Gebarung, Geschäftsführung von staatsnahen und staatseigenen Organen zu überprüfen. Damit leistet der Rechnungshof auch einen unverzichtbaren Dienst an der Gesetzgebung, um auch alle notwendigen Weichen zu stellen und Anpassungen durchführen zu können.
Dieser Tätigkeitsbericht
umfasst das Jahr 2023 und das war auch hinsichtlich der
Prüftätigkeit ein sehr turbulentes Jahr. Es waren die Nachwehen der
Covid-19-Pandemie zu spüren, das hat natürlich zusätzlich auch
Prüfungsaufwand verursacht.
Vom Rechnungshof wurden im
Jahr 2023 insgesamt 50 Prüfberichte und sieben Rechenschaftsberichte von Parteien
veröffentlicht, und der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat
hat nach den vom Rechnungshof gemeldeten Verstößen gegen alle
fünf Parlamentsparteien Geldbußen verhängt. Das
ist ein wichtiger Anhaltspunkt für die Überparteilichkeit dieser
Institution.
Die Frauenförderung ist im
Rechnungshof ein sehr bedeutsames
Thema. Der Frauenanteil beträgt 51,5 Prozent, das ist deutlich
über dem Durchschnitt von 43 Prozent im öffentlichen Dienst.
Ebenso ist der Frauenanteil in den Leitungsfunktionen mit 47 Prozent
gegenüber dem öffentlichen
Dienst um 10 Prozent höher; dort sind es nämlich nur
37 Prozent. Auch das ist eine sehr, sehr erfreuliche Entwicklung. (Präsidentin
Bures übernimmt
den Vorsitz.)
Ja, somit bleibt mir nur mehr die Aufgabe, den Angestellten
des Rechnungshofes für ihre anhaltende und ordentliche Arbeit zu danken.
Wenn ich hier ein
Bild zeichnen darf: Seitens der Bediensteten des Rechnungshofes wird in sehr
vielen schummrigen Kämmerchen dafür gesorgt, dass Zahlen, Daten und
Fakten das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Das ist ein wichtiger
Beitrag für das Funktionieren der Republik und wir hoffen auf ein
entschlossenes Fortsetzen dieser guten Arbeit. – Vielen Dank. (Beifall
bei der SPÖ.)
11.01
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Böker. – Bitte.
Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Meine Vorredner:innen haben betreffend den Tätigkeitsbericht, der so Vielseitiges aufzeigt, schon vieles aufgezählt und angesprochen.
Der Rechnungshof legt mit 317 zentralen Empfehlungen einerseits den Finger in die Wunden und zeigt aber andererseits auch sehr klar und in konstruktiver Weise Verbesserungspotenzial auf. Ich werde jetzt nicht auf die vielen aufschlussreichen Berichte und Prüfungsschwerpunkte eingehen, denn das würde die Redezeit jedenfalls sprengen, ich möchte mich auf die große Bedeutung der Kontrollfunktion konzentrieren, vor allem auf das schon ein wenig brüchig gewordene Vertrauen der Menschen in die demokratischen Strukturen. Insbesondere denke ich an die gestrige Debatte im Rahmen der Europastunde, die das Vertrauen in die demokratischen Strukturen sicher nicht stärkte, sondern es insbesondere aufgrund so mancher Beiträge der Freiheitlichen Partei – auch aufgrund deren menschenverachtender Plakate zur Europawahl – auf das Gröbste beschädigte. (Abg. Zanger: Genau!)
Es liegt an uns, das Vertrauen
in die Demokratie und in unseren Rechtsstaat zu stärken. Der Rechnungshof
als das oberste Kontrollorgan Österreichs ist
da eine ganz wesentliche und wichtige Säule, denn schließlich
verteilen wir das Geld, das die Bürger und Bürgerinnen in den
großen Steuertopf einzahlen;
und diese haben das Recht, zu erfahren, was damit geschieht. (Beifall bei
Abgeordneten der Grünen.)
Kurz möchte ich noch den
Prüfungsschwerpunkt Next Generation
Austria streifen, mit dem der Rechnungshof seit 2022 im Sinne der Generationengerechtigkeit
besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit staat-
lichen Handelns
legt. Wir haben große Verantwortung für die nächsten Generationen,
dafür, dass die nach uns auch einen Planeten vorfinden, auf dem
das Leben gut sein kann. Auch im Nachhaltigkeitsziel –
SDG – 16 der Vereinten Nationen werden friedliche und inklusive
Gesellschaften sowie der Aufbau
von wirksamen, rechenschaftspflichtigen Institutionen auf allen Ebenen
gefordert.
Die Welt ist aus den Fugen
geraten und umso größer ist unsere Verantwortung –
und da hilft uns der Rechnungshof sehr. Dazu passt auch der
Appell im Rechnungshofbericht, nachhaltiges Denken über Wahlperioden
hinaus zu fördern: betreffend Klimaschutz, betreffend Energiewende,
betreffend Raumordnungsthemen oder auch betreffend Bodenschutz, wenn die
Mehrheit sich gegen verbindliche Reduktionsziele wehrt. Wir sind es den nächsten
Generationen schuldig.
Ich möchte an dieser
Stelle – weil jetzt schon sehr viel über die Sanierung des
Parlamentsgebäudes gesprochen wurde – noch zu diesem gelungenen
Beispiel für Baukultur gratulieren. Es ist tatsächlich ein sehr
würdiges Haus, in dem wir uns auch würdig verhalten sollten.
Zum Schluss meiner Rede
möchte ich noch Rechnungshofpräsidentin Kraker zitieren, die in ihrem
Bericht schreibt: „Gut ist [...], dass wir in einer hoch entwickelten
Demokratie leben, in der der Rechnungshof seine Arbeit unabhängig und
ohne [...] Rücksicht[...] auf Beifall oder Kritik erfüllen kann. Das
ist ein gutes Fundament für die Zukunft.“ – Diesem Zitat
können wir Grüne nur vollinhaltlich zustimmen und auch dem Wunsch,
der immer wieder geäußert wird: in manchen Bereichen die
Kontrollfunktion noch auszubauen.
Vielen Dank dem gesamten Team des Rechnungshofes, auch für die gut verstehbaren und gut aufbereiteten Berichte, die uns immer wieder zur Verfügung stehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
11.06
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.
Abgeordneter
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte
Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Rechnungshofes! Ja, das ist sozusagen der Jahresabschluss
aus Rechnungshofperspektive, und da geht es natürlich immer darum,
ein bisschen zurückzuschauen, geht es um die Frage, was der Rechnungshof
im letzten Jahr gemacht hat. Das haben die Vorrednerinnen und Vorredner
ja schon gemacht, sind auf zahlreiche Berichte eingegangen; ich möchte
ganz grundsätzlich darauf eingehen, wie wichtig Ihre Arbeit, die Arbeit
des Rechnungshofes, ist.
Der Rechnungshof überzeugt immer wieder durch die Herangehensweise,
objektiv auf Dinge, auf Herausforderungen, Probleme, Themen, die es in
den Ressorts gibt, zuzugehen und sich anzuschauen, ob diese effizient
gelöst sind, ob sie so gelöst sind, dass steuerschonend umgegangen
wird. Er
zeigt dadurch immer wieder auch Dinge auf, die im täglichen politischen
Alltag, im täglichen Alltag in den Ressorts, bei den Beamten einfach
untergehen,
zeigt, wo Effizienzen zu heben sind – er ist sozusagen der externe
Berater, der mit sehr, sehr viel Expertise durch jahrelange Betreuung
hereinkommt.
Das ist, glaube ich, durchaus etwas, was sehr wichtig ist, nämlich gerade
darauf zu schauen, dass mit dem Steuergeld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ordentlich
und vor allem effizient umgegangen wird. Der Rechnungshof liefert Jahr für
Jahr Belege dafür, wie man das machen kann.
Wir haben in den Diskussionen,
die wir im Ausschuss, aber auch rund um diesen Bericht geführt haben,
durchaus die Frage gestellt: Wie kann man das monetarisieren? – Das
ist leider nicht so einfach möglich, weil natürlich jede
Maßnahme unterschiedlich zu bewerten wäre, aber es sind sicher
Millionen, wenn nicht gar Milliarden, die sich die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler dank des Rechnungshofes über die letzten Jahre und
Jahrzehnte erspart
haben, und dafür gilt Ihnen, Frau Präsidentin, aber insbesondere auch
Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz, ganz großer Dank. (Beifall
bei den
NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)
Darüber hinaus hat der
Rechnungshof aber in ganz speziellen Berichten – es wurden der
Bericht betreffend Pensionen, aber auch andere angesprochen – auch
immer wieder politisch wichtige Dinge aufgezeigt, betreffend die wir als
politische Entscheidungsträger – eben nicht nur in den
Ressorts –
Hebel ansetzen können, um effizienter zu werden und Maßnahmen zu
setzen, damit Gelder zielgerichtet eingesetzt werden. Ich erinnere
beispielsweise
an das Thema Bildungskarenz, ein Thema, das wir erst kürzlich im Ausschuss
betrachtet und diskutiert haben; da gibt es durchaus Dinge, die man verbessern kann,
damit wir effizienter werden.
Der Rechnungshof hat aber darüber hinaus auch die Aufgabe, auf unser Geheiß, auf Geheiß der Parteien, aktiv zu werden. Jede Partei beziehungsweise eigentlich jeder Klub hat einmal im Jahr die Möglichkeit, eine Sonderprüfung zu verlangen. Wir machen das gerade, haben gestern einen Antrag eingebracht, dass der Rechnungshof aktiv werden soll, was das Thema Spionage betrifft – Maßnahmen, um Spionage zu verhindern, abzugreifen, in den Ressorts schon vorab tätig zu werden –, weil wir rund um den Fall Ott, aber auch in Deutschland, in anderen Staaten gesehen haben, dass das ein höchst aktuelles Thema ist. Auch da ist der Rechnungshof immer wieder bereit, aktiv hinzuschauen.
Wenn wir aber auch auf dieses Jahr schauen und ein bisschen
in die Vorschau gehen, dann sehen wir: Wir sind in einem Superwahljahr. Und wir
wissen
leider auch, dass das sehr, sehr oft dazu führt, dass eine Sache gemacht
wird, nämlich ein Wahlzuckerl nach dem anderen zu verteilen. Ich bin der
tiefen Überzeugung, dass wir alle uns in den nächsten
Monaten an der Nase nehmen sollten, um genau das zu verhindern. Es ist das
Steuergeld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, das hier dann
ausgeschüttet wird.
Wir haben in den letzten Jahren
viel zu oft die Gießkanne erlebt, wir werden sie leider in diesem Jahr
wieder oft erleben. Das ist leider auch ein Beispiel dafür, dass die
Arbeit für den Rechnungshof sicher nicht weniger werden wird, weil der
Rechnungshof nach diesem Superwahljahr massive Aufgaben haben wird, sich
wieder genau diesen Steuerzuckerln, Wahlzuckerln, die heuer hier verteilt
werden, zu nähern und sich anzuschauen: Wie hätte man
das besser machen können? Wie hätte man das effizienter machen
können?
Deswegen ist mein Appell auch an alle Kolleginnen und
Kollegen hier
vorweg: Bitte ersparen wir dem Rechnungshof diese Arbeit und schauen wir
einfach von Anfang an darauf, dass wir diese Wahlzuckerl nicht verteilen und dass
wir auch in den nächsten Monaten einfach seriös unsere Arbeit machen
und die Menschen entlasten – aber nachhaltig entlasten und
nicht auf Basis von Wahlzuckerln. Das ist mein Appell an alle Fraktionen. (Beifall
bei den NEOS.)
11.10
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich die Präsidentin des Rechnungshofes Margit Kraker zu Wort gemeldet. – Bitte.
Präsidentin des Rechnungshofes Dr.
Margit Kraker: Sehr geehrte
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes
Haus! Zunächst möchte ich mich einleitend bei Ihnen allen für
die bisherige Debatte bedanken, dafür, dass Sie die Arbeit des
Rechnungshofes stark unterstützen, auch wenn sie manchmal eben nicht alle
freut und auch nicht nur Beifall bringt, sondern einfach deshalb, weil sie
notwendig ist.
Es ist einfach notwendig, dass wir sorgsam mit
öffentlichen Mitteln und Haushaltsmitteln umgehen. – Das ist
der Auftrag des Rechnungshofes, und ich bedanke mich auch dafür, dass Sie
dafür Verständnis haben und dass wir
das weiterhin effektiv tun können. (Allgemeiner Beifall.)
Zu Beginn dieser
Debatten – es stehen ja viele, wichtige Berichte des Rechnungshofes
auf der Tagesordnung – möchte ich mich natürlich
zuallererst auf die Prüfung der Sanierung des Parlamentsgebäudes konzentrieren.
Das ist auch für den Rechnungshof eine besondere Arbeit und eine besondere
Prüfung gewesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch betonen
und hervorheben, wie stark der Rechnungshof als Organ des Nationalrates mit
diesem Parlament verbunden ist und die Arbeit auf das Parlament
ausrichtet.
Gerade aus diesem Grund war es
auch möglich, dass wir sozusagen ausnahmsweise –
natürlich mit gesetzlichem Auftrag – auch beratend am Bauherrenausschuss
teilgenommen haben und dass wir in drei Teilen versucht haben, dieses Projekt
umfassend zu prüfen und Ihnen und der Öffentlichkeit, was
ja besonders wichtig ist, dafür entsprechende Berichte vorzulegen.
Es ist so, dass die gesamte
Kontrollarbeit des Rechnungshofes darauf ausgerichtet ist, dass die
Öffentlichkeit und die Parlamente ein objektives
Bild über den sorgsamen und effektiven Vollzug des staatlichen Handelns erhalten.
Ja, und das wurde auch schon angesprochen, dazu gehört
auch, wie man mit zukünftigen Herausforderungen umgeht und dass man langfristiges
Denken entwickelt – nicht nur kurzfristiges für die einzelne und jeweilige
Legislaturperiode.
Der Rechnungshof unterstützt also die parlamentarische Kontrolle, und Debatten über Berichte des Rechnungshofes hier im Hohen Haus gehören zu den wichtigsten Aufgaben des Rechnungshofes selbst. Kontrolle und Demokratie sind also untrennbar miteinander verbunden.
Ich habe schon gesagt, dass ich mich für die konstruktive Auseinandersetzung mit den jeweiligen Berichtsergebnissen sehr bedanke.
Deshalb ist es auch dem Rechnungshof ein besonderes Anliegen gewesen, dass diese umfassende Sanierung des historischen Parlamentsgebäudes summa summarum erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Wir haben geprüft, wie
dieses Haus umfassend renoviert wurde und wie es wieder instand gesetzt
wurde. Wir sehen uns auch selbst ein bisschen – wenn
ich das sagen darf – als Bauarbeiter, als Bauarbeiter in der
Demokratie. Wir alle müssen anpacken, wenn es um die Demokratie geht. Da
haben jede und
jeder und auch jede Institution eine jeweilige Rolle. Unsere Rolle ist es, auf
das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu achten. Ihre Rolle ist
die der gewählten Volksvertretung der Republik und Sie stehen im Zentrum
der Demokratie.
Die Sanierung des Parlaments
bedeutet nicht nur, dass wir jetzt wieder
ein repräsentatives Haus haben, in dem nach den neuesten
Maßstäben in diesem Land gearbeitet werden kann, in dem sich die
Besucherinnen und Besucher
diese Arbeit auch sehr gerne anschauen und wo sie willkommen sind, sondern die
Sanierung des Parlaments bedeutet, dass es hier eine Institution
gibt, die steht und hält. Ich bin der Meinung, dass starke Institutionen
für das Funktionieren unserer Demokratie äußerst wichtig sind.
Wenn sie funktionieren, dann stärkt das das Vertrauen der
Bürgerinnen und Bürger in den Staat. Darauf kommt es an. (Allgemeiner
Beifall.)
Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat ist eben – um in der Sprache der Bauwelt zu bleiben – die Statik unserer Demokratie.
Lassen Sie mich nun noch kurz auf den Bericht selbst eingehen, ein paar Worte zur Organisation des Projektes sagen: Im Jahr 2015 wurde die Parlamentsgebäudesanierungsgesellschaft gegründet. Im April 2018 gab es dann eine Beratung, um die Projektstruktur noch einmal zu überprüfen. Es wurde empfohlen, die Bauverantwortung zur Gänze an die BIG zu übertragen.
Am 1. April 2019 wurde die Parlamentsgebäudesanierungsgesellschaft aufgelöst, es wurde die Projektstruktur vereinfacht und es gab eine gesellschaftsrechtliche Trennung von Besteller und Ersteller. Wir anerkennen, dass da reagiert wurde, dass die Schwächen in der Projektstruktur erkannt wurden und
dass darauf eben
entsprechend reagiert wurde. Allerdings ging damit einher, dass das
Aufsichtsgremium ein wenig verkleinert wurde, und wir glauben, dass es wichtig
ist, dass es im Laufe eines derartigen Prozesses Berichte
aus vielfältiger Perspektive gibt
Natürlich gab es Verzögerungen, das wissen Sie alle. Es gab im Vergleich zum Planungsstand beim Teilprojekt Sanierung des Parlamentsgebäudes eine Verzögerung um 26,5 Monate. Für diese Erschwernisse in der Projektumsetzung war nur zum Teil die Covid-Pandemie verantwortlich. Es gab auch andere Ursachen. Das waren die Vergabeverfahren in den Hauptbaulosen, die Schad- und Störstofferkundung, die gefehlt hatte, Mängel in der Projektorganisation und zusätzliche Projektoptimierungen und Umplanungen. (Abg. Krainer: Und die Akustik hier!) Es gab auch zu wenig Pufferzeiten für die Abfederung dieser Terminverzögerungen, weil man sich natürlich einen sehr ambitionierten Terminplan gesetzt hat.
Bei den Gesamtkosten war es so,
dass wir, wie in unserem Bericht angeführt ist, zum Stichtag
31. Dezember eine Kostenprognose von 517,52 Millionen
Euro gehabt haben. In der letzten Sitzung des Bauherrenausschusses wiesen die
Parlamentsdirektion und die BIG dann Gesamtkosten von rund 506,2 Millionen Euro
aus. Damit wurde die Kostenprognose vom Dezember um 11,32 Millionen Euro
unterschritten.
Aufgrund dieser zeitlichen Verschiebungen – auch das wurde schon gesagt – war das Projekt auch von Preissteigerungen betroffen, und die Valorisierungskosten sind angestiegen. Ein Teil dieser Erhöhungen war auf höhere Baukosten zurückzuführen.
Die fehlende Schad- und Störstofferkundung hat zu Mehrkosten geführt, und die Fassadensanierung – das war auch etwas, was wir im vertieften Vorentwurf angesprochen haben – wurde dann in Angriff genommen, was ja auch
sinnvoll ist, wenn ein Haus umfassend saniert wird. Dafür gab es aber insgesamt Kosten von 6,83 Millionen Euro, 4,92 Millionen Euro wurden dabei über Zusatzaufträge abgewickelt.
Es wurde schon gesagt,
dass man versucht hat, nachhaltig zu bauen, und
man hat dafür auch Zertifizierungen erhalten. Der Heizenergiebedarf
pro Quadratmeter konnte theoretisch um 61 Prozent reduziert werden, beim
Endenergiebedarf gab es eine Einsparung von 35 Prozent je Quadratmeter. Allerdings
konnte der Endenergiebedarf pro Jahr aufgrund des hohen technischen
Standards – es gibt ja jetzt viel mehr in diesem Haus, von
Kühlung bis zu geänderter Nutzung und Schaffung von zusätzlichen
Nutzflächen – nur um 2 Prozent reduziert werden.
Was der Rechnungshof natürlich kritisch
anmerkt – und ich bitte, das
zu beachten –, sind die zusätzlich angemieteten
Mietflächen, die sich sehr stark erhöht haben. Sie haben sich um
142 Prozent erhöht; da ist die Nettomiete stark angestiegen.
Daher glauben wir und wollen wir gerne darauf verweisen, dass man
zukünftig den Bedarf sehr sorgsam prüft und das Ausmaß der
Mietflächen auch im Lichte der Sparsamkeit beobachtet.
Das heißt also, Stärken der Projektumsetzung
waren das funktionierende Anticlaimmanagement, eine grundsätzlich
zweckmäßige Kostenverfolgung,
die Umsetzung von Barrierefreiheit und Brandschutz, ein
ordnungsgemäß abgewickeltes Behördenverfahren und ein
funktionierendes Mängelmanagement. Als Schwächen haben wir
den mangelnden Detaillierungsgrad bei der Ausführungsterminplanung, das
Fehlen der umfassenden Schad- und Störstoffanalyse, Mängel bei der
Qualitätssicherung der Ausschreibungsunterlagen und die
Nichtberücksichtigung der Kosten für die Sanierung der Fassaden in den
Wirtschaftshöfen gesehen. Summa summarum freue ich mich aber, dass ich jetzt hier stehen und Ihnen dazu
berichten darf. (Allgemeiner Beifall.)
Ich komme nur ganz kurz auf den Tätigkeitsbericht des
Rechnungshofes
zu sprechen, das ist eben die Jahresbilanz, die wir jedes Jahr vorlegen, wozu
wir
ja auch verpflichtet sind. Wir haben diesen Bericht Ende Dezember 2023
vorgelegt. Dieser Bericht umfasst 126 Seiten mit Schwerpunkten unserer
Arbeit. Es geht um die Wirksamkeit der Empfehlungen, um die Sonderaufgaben,
um die internationalen Aktivitäten des Rechnungshofes. Wir zeigen auf, wie
weit unsere Prüfzuständigkeit
geht. Wir sagen, welche Berichte wir veröffentlicht haben und wie
die personelle und interne Situation im Rechnungshof ausschaut.
Die Kernaufgabe ist eben das Prüfen und wir haben
diesen Prüfschwerpunkt Next Generation Austria im letzten Jahr
fortgesetzt. Wir legen da Augenmerk auf die Nachhaltigkeit des staatlichen
Handelns und auf nachhaltige
und tragfähige öffentliche Finanzen. Der Anstieg der Staatsschulden
im Umfeld steigender Zinsen belastet natürlich öffentliche Haushalte,
und deshalb
drängen wir darauf, allzu großzügige Ausgabensteigerungen zu
vermeiden und auf tragfähige Finanzierungen zu achten.
Wir hatten im letzten Jahr auch eine Veranstaltung hier im
Parlament,
an der einige von Ihnen auch teilgenommen haben. Wir haben daran erinnert, dass
das Haushaltsrecht zehn Jahre alt ist, dass die Haushaltsrechtsreform evaluiert
wurde und dass man auch das in der nächsten Legislaturperiode, vermute
ich, weiterentwickeln sollte.
Zum Prüfschwerpunkt haben wir viele Berichte verfasst,
und wir werden Ihnen auch ein Resümee zur Verfügung stellen, in dem
wir die Erkenntnisse
noch einmal zusammenfassen.
Für das kommende Jahr haben wir uns intern im
Rechnungshof auch schon Gedanken gemacht, was der neue
Prüfschwerpunkt sein soll. Dieser ist ja
immer auf drei Jahre ausgerichtet. Wir sehen natürlich, dass wir in
Österreich – wie überall – vor großen
Herausforderungen stehen. Das erfordert eine fortschrittliche und
leistungsfähige Verwaltung. Damit wollen wir uns befassen, und deshalb
wird der nächste Prüfschwerpunkt lauten: Vertrauen in den
Staat. Wie zukunftstauglich ist die öffentliche Verwaltung in
Österreich? Da geht es um die Anforderungen der Zukunft und die Frage: Ist
die Verwaltung
dafür ausreichend gerüstet? Das betrifft die personelle Situation, die Digitalisierung, aber auch die strukturelle Reformfähigkeit Österreichs. Der Schwerpunkt soll auch zentral darauf abzielen, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität und Effektivität des staatlichen Handelns gestärkt wird. Dafür wollen wir arbeiten.
Es ist so, dass wir Sonderprüfungen haben. Wir haben momentan auf Bundesebene drei anhängig und gestern haben wir eine weitere erhalten. Das werden wir natürlich in unseren Prüfplan aufnehmen. Es war ja die Staatssicherheit auch in der Vergangenheit schon einmal Gegenstand einer Prüfung des Rechnungshofes.
Den Wirkungsgrad weisen wir aus. Da haben wir gesagt, dass
wir im Follow-up-Bereich da einen kleinen – klarerweise
abhängig von der jeweiligen
Follow-up-Prüfung – Einbruch in der Zahl haben. Aber summa
summarum ist es so, dass wir das Niveau der Wirksamkeit unserer Empfehlungen
eigentlich
halten können und dass man versucht, die Ziele, die wir uns setzen,
auch einzuhalten.
Für das Parteiengesetz, darüber habe ich schon oft berichtet, sind wir dieses Jahr gut aufgestellt und entsprechend vorbereitet.
International gesehen hatte ich vor zwei Wochen eine
Veranstaltung bei
der UNO-City mit der Intosai, ein internationales Symposium zur Umsetzung des
SDG 13 zum Klimaschutz und der Rolle, dem Beitrag und der Erfahrung
der obersten Rechnungskontrollbehörden. Dieses Symposium wurde sehr gut
angenommen, es waren 200 Teilnehmer:innen aus der ganzen Welt
hier, und ich glaube, dass ich auch ein bisschen stolz darauf bin, dass wir
trotz Coronapandemie und Hemmnissen sozusagen im internationalen Kontakt
die Intosai weiterhin gut im Laufen halten konnten.
Zum Personal: Wir haben aktuell 310 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter im Rechnungshof. Der Frauenanteil ist mit 51,9 Prozent
überdurchschnittlich. An
der Bundesmitarbeiterbefragung haben wir uns überdurchschnittlich beteiligt und haben ein sehr gutes Ergebnis erzielen können. Dafür bedanke ich mich, und ich bedanke mich auch bei den Prüferinnen und Prüfern und allen Mitarbeitern des Rechnungshofes, dass sie mich und dass sie Sie unterstützen, denn es ist nichts selbstverständlich.
Bei Ihnen bedanke ich mich für Ihr Verständnis
für die Arbeit des Rechnungshofes, auch wenn sie nicht immer angenehm
ist. Ich bedanke mich für die jährliche Budgetausstattung,
die notwendig ist, dass wir unsere Kontrolle
gut erfüllen können – und ich kann Ihnen sagen, dass wir
unsere Arbeit der Kontrolle für Österreich auch in Zukunft sehr ernst
nehmen werden. –
Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)
11.25
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Andreas Kühberger zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg darf ich im Namen der Abgeordneten meiner Fraktion aus der Steiermark heute besonders die Mentoringgruppe der JVP Steiermark begrüßen. Herzlich willkommen im österreichischen Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
Weil mich vorhin Abgeordneter Zanger in seiner Rede
erwähnt hat, weil ich einen Zwischenruf gemacht habe, möchte ich
kurz einmal replizieren: Herr Kollege, wenn du von denen da oben nicht
sprichst, sondern quasi schreist, von denen da oben, muss ich sagen:
Die da oben sitzen hier herinnen, ja, in der ersten Reihe bei euch, bei den
Freiheitlichen! Ein Klubobmann
Kickl verdient 24 000 Euro brutto im Monat, und die Medien schreiben:
Wer weiß, vielleicht ist das gar nicht alles? Du sitzt da genau auf
seinem
Platz. (Abg. Zanger: Wo sitzt denn ...? Was verdienst denn du?
Fang einmal an zum
Aufzählen: Nationalrat, Bürgermeister, Landwirt,
Forstwirt, zähl auf, dein Einkommen! Ja, aber dir fällt’s
sicher auch nicht ein ...!) Daneben sitzt auch noch ein Vertreter der
Freiheitlichen Partei Steiermark, die auch seit Monaten in
einem Finanzskandal schwelgen, und da muss ich sagen: Ihr seid genau „die
da oben“, so schaut es aus! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz. –
Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Ich darf heute über den Tätigkeitsbericht
sprechen. Viele von uns sind in einem Unternehmen oder in einer Institution
tätig. Jeder weiß, man braucht da
einen gewissen Überblick, ein Auge drauf. Je größer das
Unternehmen ist (Abg. Deimek: ... Neidkomplex ...!),
desto wichtiger ist es, dass man genau all diese Abläufe kontrolliert und
überprüft. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Deimek.)
Für unser gemeinsames Unternehmen Österreich haben wir
den österreichischen Rechnungshof, der diese Überprüfung macht
und der unabhängig ist. (Abg. Deimek: Wie viel verdient
eigentlich der Stocker? Habts das schon gesagt?) Der überprüft
die öffentlichen finanziellen
Mittel und die öffentliche Verwaltung. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Der schaut, dass diese Ressourcen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger
hier
in Österreich optimal eingesetzt werden. Es sind über
5 800 Institutionen (Abg. Deimek: Vielleicht verdient der
40 000, nur verdient hat er’s nicht!), die da
geprüft werden.
Wir haben von den Vorrednern schon gehört: Es sind
Städte dabei. Kollege Hintner hat erzählt, seine Stadt ist
kontrolliert worden. Es sind auch Gemeinden
mit über 10 000 Einwohnern, es sind Institutionen, an denen der
Bund mit über 50 Prozent beteiligt ist, bei denen der Rechnungshof (Abg.
Deimek: ... wenn
er dasselbe erzählt?!) diese Überprüfung vornimmt.
Heute liegt der
Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes für das Jahr 2023 vor. Darüber
möchte ich kurz erzählen. Die Arbeit des Rechnungshofes beginnt ja
damit, dass der Einsatz der finanziellen Mittel einfach transparent ist, dass
man sieht, was mit denen passiert. Auch die Wirtschaftlichkeit, die Effi-
zienz wird kontrolliert.
Wir haben es aber gerade vorher von der Frau Präsidentin gehört:
Es werden dann auch Empfehlungen abgegeben, gesagt,
was umzusetzen wäre. Und natürlich werden auch die
Gesetzmäßigkeit und die Ordnungsmäßigkeit kontrolliert.
Es sind ja einige Dinge heute
schon angesprochen worden, es werden auch
noch Berichte kommen. Zum Beispiel in Bezug auf den Fachkräftemangel hat
der Rechnungshof für Bereiche festgestellt, was die Gründe sind, dass
es
in Österreich einen Fachkräftemangel gibt, und auch Empfehlungen
abgegeben und Lösungsansätze genannt.
Es sind heute Jugendliche oben
auf der Galerie, sehe ich. Auch Next
Generation Austria hat die Frau Präsidentin gerade angesprochen. Darauf
möchte ich kurz eingehen. Worum geht es da? – Wir haben
viele Lebensbereiche, viele unterschiedliche Bereiche, in denen die
Jugend in Zukunft von Maßnahmen betroffen ist, die der Staat heute
setzt. Das heißt: Wie schaut es zukünftig mit dem
Generationenvertrag, den Pensionen, der Digitalisierung aus? Es sind sehr viele
Bereiche und der Rechnungshof hat das auch aufgezeigt.
Meine Damen und Herren, das heißt,
der Rechnungshof leistet da ganz wichtige Arbeit. Diese Arbeit und diese
Empfehlungen nehmen wir als Parlament,
als Bundesregierung natürlich ernst. Die Institutionen und die
Verwaltungen, aber auch die Zivilgesellschaft sind natürlich aufgefordert,
diese umzusetzen, weil es einfach wichtig ist, dieses Kapital, dieses
Geld, das Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, gehört,
nachhaltig, wirtschaftlich und effizient einzusetzen. (Beifall bei
Abgeordneten der ÖVP.)
Dafür möchte ich dir, Frau Präsidentin, und deinem Team ein aufrichtiges herzliches Vergelt’s Gott – so sagt man in der Steiermark – ausrichten, für diesen unermüdlichen Einsatz im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger in Österreich. Ihr tragt viel dazu bei, dass wir unser Land demokratisch nach vorne bringen, und vor allem dazu, dass das Vertrauen in unsere demokratisch geführten Institutionen gefördert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
11.30
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Drobits zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 sprechen, zum Einkommensbericht, also zum Bericht des Rechnungshofes betreffend Durchschnittliche Einkommen und zusätzliche Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes.
Frau Dr. Kraker, das (ein
Exemplar des Berichts „Durchschnittliche Einkommen und zusätzliche
Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes
2021 und 2022“ in die Höhe haltend) ist ein dicker Bericht mit
602 Seiten. Ich sage Danke für 746 Arbeitsstunden,
aber gleichzeitig möchte ich diesen Bericht in Richtung Plenum halten und
klarstellen: 530 000 Euro kostet
dieser Bericht, circa 1 000 Euro pro Seite. Warum kostet er so
viel? – Weil der Rechnungshof bis heute noch die Meldungen von
800 Unternehmungen
des öffentlichen Dienstes einholen musste und bisher nicht auf die Daten
der Statistik Austria zugreifen darf.
Wir wollen das schon lange, die Abgeordneten wollen das
schon lange,
auch jetzt liegt ein Entschließungsantrag vor, in dem klar und eindeutig
erkennbar ist, dass auf diese Daten der Statistik Austria –
unter Berücksichtigung
des Datenschutzes – zugegriffen werden soll, um diesen Bericht
rascher und auch billiger machen zu können. Ich denke, das ist der erste
Beschluss, den wir heute gemeinsam fassen sollten: dass endlich im Interesse
des Rechnungshofes, im Interesse des Nationalrates und im Interesse
der Steuerzahler dieser Bericht billiger gemacht wird, indem diese Daten verwendet
werden.
Wenn man einen Blick auf die einzelnen Einkommen in den
452 geprüften Unternehmungen wirft, dann, muss ich sagen, muss
eigentlich der
Herr Bundeskanzler blass werden.
Herr Klubobmann, der Herr Bundeskanzler ist nicht hier, aber
wenn der Herr Bundeskanzler im Jahr 316 000 Euro verdient und ich
feststelle, dass es
laut diesem Bericht 54 Vorstands- beziehungsweise
Geschäftsführungsmitglieder von 25 Unternehmungen und
Einrichtungen des öffentlichen Dienstes gibt, die mehr als
der Bundeskanzler verdienen, frage ich mich, ob der Herr Bundeskanzler zu wenig
Verantwortung hat (Abg. Steinacker: Zu wenig
verdient!), zu wenig arbeitet (Abg. Steinacker: Zu wenig
verdient!) oder ob die mehr arbeiten und mehr Verantwortung haben. Also ich
glaube, diese Verhältnismäßigkeit, diese Zahlen im Bericht
zeigen eindeutig (Abg. Pfurtscheller: ... eine unverschämte
Frage!), dass es in unserem Bereich Spitzenmanager gibt,
die keine Obergrenzen haben und unendlich viel verdienen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Ich möchte heute zwei Fälle herausgreifen. Der
eine sind die Bundesforste. Wenn ich feststelle, dass vier
Vorstandsmitglieder von den Bundesforsten durchschnittlich
409 000 Euro verdienen, also um fast 100 000 Euro
mehr als der Herr Bundeskanzler, muss ich sagen: Da kann irgendetwas nicht
stimmen, das ist ja eine Schieflage! Es ist eine Schieflage, wenn
hingegen die Mitarbeiter in der Bundesforste AG unter dem Durchschnitt
sind.
Das heißt, wir haben momentan eine Situation, in der
Spitzenmanager
des öffentlichen Dienstes nachweislich weit mehr verdienen. Wo ist denn
die Zweckmäßigkeit dieser Bezugshöhe? (Abg. Wöginger:
Ja, wo ist sie denn
bei der Eisenbahn?) Leider, Herr Klubobmann, darf das der Rechnungshof
nicht prüfen. Ja, eine gesonderte Gebarungsüberprüfung kann es
geben, aber
im Zuge des Berichtes ist das nicht prüfbar.
Der zweite Fall ist die Post AG. Wir haben Postzusteller, die GPS haben, mit dem sie überall erkennbar sind. Was verdient der Vorstandschef? – 1,9 Millionen Euro im Jahr.
Dann geht es weiter: Was sagt dann die kleine
zahnärztliche Assistentin mit 1 600 Euro brutto? –
Die versteht die Welt nicht mehr. (Abg. Pfurtscheller: Bitte
hört doch endlich einmal mit dieser Neiddebatte auf!) – Ich
sage Ihnen, das
ist keine Neiddebatte. Wir fordern eindeutig die Begrenzung dieser Spitzenmanagereinkommen.
Wir fordern auch, dass diese übermäßigen Vergütungen
endlich ökologisch und sozial eingesetzt werden. (Beifall bei der
SPÖ.)
Ich sage es Ihnen: Auch in der Privatwirtschaft geht es
gleich weiter. Wenn ich daran denke, dass es in der Privatwirtschaft Topmanager
gibt, die bis
zum 8. Jänner dieses Jahres um 11 Uhr das durchschnittliche
Medianeinkommen eines Beschäftigten in Österreich verdient
haben – in acht Tagen! –, dann
sage ich, das ist weit überhöht.
Da gibt es einen Bawag-Vorstandschef, Anas Abuzaakouk, was verdient der? – An einem Tag verdient der das, was die österreichischen Beschäftigten durchschnittlich im Jahr verdienen. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Ist das gerecht? Ist das fair? – Wir finden das nicht. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)
Deshalb bitte: Obergrenzen! Endlich Einführung eines Mindestlohns, damit die Leute leben können!
Wir brauchen eine Gesellschaft, in der nicht die Gierigen mehr werden, sondern die Leute mehr bekommen, damit sie überleben können. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: ... bei der Eisenbahn auch, nicht?)
11.35
Präsidentin
Doris Bures: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete
Elisabeth Götze
zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Mitglieder dieses Plenums! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, dass so viele heute hier sind und
zuschauen, denn das ist wirklich etwas, das uns alle
angeht. Es geht um Unternehmen, die uns allen gehören, Unternehmen wie
beispielsweise die Agrarmarkt Austria, die Bregenzer Festspiele,
das Naturhistorische Museum, Schönbrunn, das Theater der Jugend, die
ÖBB – vielleicht
sind Sie mit denen hergekommen –, die Bundesforste, die
Wirtschaftsuni und den Zukunftsfonds der Republik.
Insgesamt geht es um mehr als
450 Betriebe, um alle die, an denen der
Bund, die Republik, mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist. Von denen
spreche ich jetzt, und wir schauen uns dank des Rechnungshofberichtes an, wie
die Einkommen verteilt sind beziehungsweise wie viel einerseits die
Beschäftigten, aber auch die Vorstände und die
Aufsichtsratsmitglieder dort verdienen.
Ganz grundsätzlich
möchte ich sagen, weil vorhin gerade über die Erhebungsmethodik
gesprochen wurde: Vielen Dank. Bisher mussten Sie – das war so
vorgesehen – die Befragung durchführen, das war sehr aufwendig,
und ich freue mich, dass es, auch dank der NEOS, einen Allparteienantrag gibt,
dass
die Erhebung jetzt einfacher wird, dahin gehend, dass Sie auf die Lohnstatistik
der Statistik Austria zurückgreifen können. (Beifall bei den
Grünen und
bei Abgeordneten der NEOS.) Das macht es einfacher und auch treffsicherer
und genauer. Ich glaube, das ist in unser aller Sinn.
Zu den Inhalten möchte ich
kommen. Also ganz grundsätzlich schauen
wir uns das an, weil wir natürlich daran interessiert sind, dass Gelder
zielgerichtet und effizient ausgegeben werden.
Ich möchte auf zwei besondere Aspekte eingehen. Das
eine ist die Verteilung bezüglich Männern und Frauen, und zwar nicht
nur aus der Perspektive
der Gerechtigkeit, inwieweit Frauen zum Beispiel im öffentlichen Bereich
so viel verdienen wie Männer, sondern auch, weil wir sicherstellen wollen,
dass
diese Betriebe resilient, krisenfest und erfolgreich sind. Wir wissen,
dass Diversität da ein ganz wichtiger Faktor ist.
Ich finde es erfreulich, dass beispielsweise in den Aufsichtsräten die Frauen gut vertreten sind, mit immerhin 36 Prozent. Es geht noch mehr, aber im Vergleich zu den top 200 Unternehmen in Österreich – dort sind es nur 24 Prozent – ist das ein guter Anteil.
Ich möchte besonders lobend hervorheben: Es gibt einige Betriebe im öffentlichen Bereich, in denen Frauen über 40 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder ausmachen, zum Beispiel im Bereich Kunst, an den Unis, in der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen.
Ich möchte aber auch sagen, wir haben Verbesserungsbedarf. Das ist beispielsweise bei den Sozialversicherungen so, aber auch im Bereich Energieversorgung. Dort ist ein eklatanter Unterschied: Es gibt nur 15 Prozent Frauen in den Aufsichtsratspositionen.
Die Gehälter sind übrigens inzwischen bei Frauen und Männern in den Aufsichtsräten fast gleich.
Ein bisschen anders schaut es bei den Vorstandspositionen
aus. Dort ist der Anteil der Frauen im öffentlichen Bereich bei
24 Prozent, aber auch da
ist der Anteil im Vergleich zu den privaten Unternehmen wesentlich höher;
dort sind wir nämlich im Jahr 2022, also im Vergleichszeitraum, unter
9 Prozent gewesen. Das heißt, da geht der öffentliche Bereich
mit gutem Beispiel voran.
Trotzdem, muss man sagen, gibt es noch Luft nach oben,
weniger bei den
Unis – die gehen wieder mit gutem Beispiel voran – und
Bildungsinstitutionen und im Kunstbereich. Energieversorger, Versicherungs- und
Finanzdienstleister sind aber wieder am unteren Ende der Skala. Das
heißt, dort
wünschen wir uns wirklich und dort brauchen wir mehr Frauen, um dafür
zu sorgen, dass die auch gut wirtschaften können. (Beifall bei den
Grünen.)
Ich möchte noch kurz etwas zu den Gehältern der
Frauen in diesen Vorstandspositionen sagen, weil das ja auch von meinem
Vorredner angesprochen
wurde: Frauen verdienen etwas weniger, nämlich 85 Prozent der
Gehälter der
Männer. Und ja, es gibt sehr gut bezahlte
Vorstandsjobs – genannt
wurde da beispielsweise die Post oder auch die Verbund AG –,
man muss das aber schon auch in Relation zu den jetzigen Vorstandspositionen am
Markt sehen, und da liegt der Durchschnitt der österreichischen
ATX-Unternehmen 25 Prozent darüber. Daher muss ich schon sagen:
Wenn wir gute Menschen in diesen Positionen haben wollen, dann müssen wir
sie auch gut bezahlen, und wir können darüber diskutieren, wie wir
das allgemein
erreichen können.
Ein Thema möchte ich noch ansprechen: Dass der
Frauenanteil in den Branchen mit geringerem Verdienst prinzipiell höher
ist, ist ein grundsätzliches
Thema. Wir müssen schauen, dass wir Frauen auch in die gut bezahlten Branchen
bekommen.
Die Oesterreichische Nationalbank ist immer wieder in
Diskussion: Dort sind die Gehälter grundsätzlich sehr hoch, was die
Branchendurchschnitte der
gesamten Finanzdienstleistungsbranche verzerrt.
Es liegt also ein gemischter Befund vor: Es gibt noch einiges zu tun, aber in manchen Bereichen geht der öffentliche Bereich, gehen die öffentlichen Unternehmen sehr gut voran. Ich glaube, wir haben einen Auftrag: Es gibt noch viel zu tun! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.41
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.
Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Einkommensbericht wurde heute ja schon oft zitiert. In der letzten Sitzung des Ausschusses haben wir sinnvollerweise und, wie ich glaube, notwendigerweise über einen Entschließungsantrag betreffend die inhaltliche und methodische
Weiterentwicklung
der Einkommenserhebung durch den Rechnungshof gesprochen; diesen Antrag
beschließen wir heute. Ich glaube, es ist durchaus
erfreulich, dass das hier über die Parteigrenzen hinweg einstimmig erfolgt
und wir damit die Arbeit des Rechnungshofes unterstützen und, so sage ich,
effizienter gestalten können.
Worum geht es in diesem
Antrag? – Es geht darum, dass der Rechnungshof alle zwei Jahre
Einkommenserhebungen bei den Unternehmen und Einrichtungen, die
seiner Kontrolle unterliegen, macht. Erhoben werden die durchschnittlichen
Einkommen einschließlich aller Sozial- und Sachleistungen von Mitgliedern des
Vorstandes und des Aufsichtsrates und aller Beschäftigten. Künftig
wird diese Erhebung beschleunigt: Durch die Datenabfrage bei über
800 Rechtsträgern, die von der Prüfung des Rechnungshofes
betroffen sind, entsteht ein durchaus hoher Aufwand, und zukünftig kann
auf die Daten der Statistik Austria zugegriffen werden. Das
betrifft vor allem den Bereich der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsstatistik.
Es ist also ein logischer
und notwendiger Schritt, dass wir dem Rechnungshof diesen Zugang erleichtern.
Alle datenschutzrechtlichen Fragen wurden geprüft; es gab ja durchaus auch die Diskussion, die sich über eine längere Zeit hingezogen hat, um hier eben datenschutzrechtlich auch eine, wie ich finde, sehr praktikable und eine sichere Lösung zu finden. Insgesamt, so glaube ich, können wir uns aber gemeinsam darüber freuen.
Heute wurden ja hier auch schon
die Kosten erwähnt, und man muss diesbezüglich auch einmal
sagen, dass wir damit erfreulicherweise 746 Arbeitstage
oder Kosten von 530 000 Euro einsparen.
Abschließend: Es geht um eine Weiterentwicklung, es
geht um Sicherheit, was die Datengrundlage betrifft, und im Zeitalter der
Digitalisierung ist es für
uns alle wichtig und sinnvoll, denke ich, dass wir den Kontrollaufwand trotzdem
überschaubar und von den Kosten her für vertretbar
halten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
11.44
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort
gewünscht? – Das ist
nicht der Fall.
Damit kommen wir zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Sanierung Parlamentsgebäude, III-1027 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Tätigkeitsbericht 2023, III-1076 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.
Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Auch das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Durchschnittliche Einkommen und zusätzliche Leistungen für Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes 2021 und 2022, III-1058 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.
Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4:
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des
Rechnungshofausschusses, seinen Bericht 2522 der Beilagen hinsichtlich des
Entschließungsantrages 2529/A(E)
zur Kenntnis zu nehmen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung
über die dem Ausschussbericht 2522 der Beilagen angeschlossene Entschließung
betreffend „Weiterentwicklung
der Einkommenserhebung der öffentlichen Wirtschaft des Bundes durch den
Rechnungshof“.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen. (372/E)
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Bildungskarenz – Reihe BUND 2023/11 (III-919/2532 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 5. Punkt unserer Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner ist Herr Abgeordneter Lukas Brandweiner. – Ich erteile Ihnen das Wort.
Abgeordneter Lukas Brandweiner
(ÖVP): Frau Präsidentin!
Geschätzte Rechnungshofpräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den
Bildschirmen! Der Rechnungshof überprüfte die arbeitsmarktpolitischen
Instrumente der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit. Dafür
möchte ich mich auch gleich
vorweg bei Ihnen, Frau Präsidentin, und Ihrem ganzen Team herzlich
bedanken.
Überprüft wurden dabei das Bundesministerium
für Arbeit und Wirtschaft
und das Arbeitsmarktservice. Der Überprüfungszeitraum umfasste im
Wesentlichen die Jahre 2019 bis Mitte 2022, und um auch eine
längerfristige Entwicklung aufzuzeigen, zog der Rechnungshof auch
zusätzliche Daten ab dem Jahr 2010 hinzu.
Vorweg möchte ich mich aber auch bei unseren politischen Vorgängern, die dieses Instrument eingeführt haben, wirklich bedanken: Dank der Bildungskarenz konnten sich Zehntausende Menschen weiterbilden und ein breites Kursangebot in Anspruch nehmen. Wir werden auch in Zukunft Instrumente benötigen, um das weiterhin zu gewährleisten, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entsprechende Möglichkeiten bieten zu können, allerdings – das hat der Rechnungshof aufgezeigt – gibt es auch Richtlinien, die nachgeschärft werden müssen, um wirklich effektiv zu funktionieren.
Daher nun auch zu den Zahlen:
In den Jahren zwischen 2010 und 2021
hat sich die Anzahl jener, die Weiterbildungsgeld beziehen, verdoppelt. Insgesamt
haben 2021 knapp 14 000 Personen eine Bildungskarenz unter
Bezug von Weiterbildungsgeld in Anspruch genommen. Dabei haben sich allerdings
auch die Ausgaben, die aus der Arbeitslosenversicherung gedeckt wurden,
auf fast 300 Millionen Euro verdreifacht. Daher braucht es da
Änderungen, damit diese Mittel auch wirklich zielgerichtet und effizient
eingesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Im Jahr 2021 waren drei Viertel der Weiterbildungsgeldbeziehenden Frauen; die Hälfte davon begann die Bildungskarenz unmittelbar im Anschluss an die Elternkarenz. Dieser Wert hat sich innerhalb von nur vier Jahren verzehnfacht. Ein Grund dafür ist auch, dass immer mehr Kursanbieter das als Geschäftsmodell entdeckt haben und sogar mit dem Slogan: „Babypause verlängern“ werben und verstärkt auch Onlinekurse anbieten. Ebenso werben die Anbieter mit: Auszeit aus dem Arbeitsprozess.
Diese Angebote werden leider immer öfter genutzt, und
diese Entwicklung zeigt auch deutlich, dass Handlungsbedarf besteht, um den
arbeitsmarktpolitischen Nutzen wieder in den Vordergrund zu stellen.
Es muss einfach sichergestellt werden, dass die erworbenen
Fähigkeiten auch einen Mehrwert für
die Zukunft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben. (Abg. Heinisch-Hosek:
Kinderbetreuungsmöglichkeit schaffen, ganz einfach!)
Einen dritten Punkt aus dem Bericht möchte ich auch noch ansprechen. Insgesamt wurde das Instrument vergleichsweise stärker von Personen mit höherem Bildungsniveau genutzt. Personen ohne Matura waren im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich unterrepräsentiert.
Da braucht es aus meiner Sicht auch spezielle Angebote und mehr Information, um auch diesen Menschen ein Angebot zu ermöglichen, damit sie sich weiterbilden und eben auch für die zukünftigen Aufgaben in der Arbeitswelt gut aufgestellt sind.
Unser Arbeitsminister Martin Kocher hat dazu auch schon
Vorschläge präsentiert, und ich freue mich schon darauf, gemeinsam
mit Ihnen diese Verbesserungen auch zeitnahe umzusetzen, damit wir eben wieder
ein gutes Instrument für unsere Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer haben.
(Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.50
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.
Abgeordnete
Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Lieber Kollege, der als Vorredner
gerade erwähnt hat (Abg. Lindinger: Brandweiner heißt er,
Lukas!), dass bei der Bildungskarenz ein Kritikpunkt ist, dass
viele – gerade Frauen – nach der Babykarenz in die
Bildungskarenz übergleiten. Das ist in der Tat genau anzuschauen,
aber vielleicht wäre doch der ursprüngliche ein wirklich guter
Ansatz: die Kinderbetreuungsplätze entsprechend auszubauen, dass
die Frauen Vollzeit arbeiten können. (Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Die Bildungskarenz ist ein gutes Mittel, um Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer zu Weiterbildung zu animieren. Was war der
ursprüngliche Gedanke
dieser Bildungskarenz? – Der ursprüngliche Gedanke war, dass Leute sich weiterbilden können, während sie sich vom bestehenden Dienstverhältnis karenzieren lassen und Geldansprüche aus der Arbeitslosenversicherung haben.
Wer sollte dann
auf die freigewordenen Plätze in den Betrieben kommen? –
Da hatte man Arbeitsuchende im Fokus. Das heißt, man wollte ihnen die
Möglichkeit bieten, dass sie in den Arbeitsprozess einsteigen
können.
Wir haben im Ausschuss die Frage an den
Vorstand des AMS gestellt,
wie viele denn das wirklich getan haben, also wie viele vorerst Arbeitsuchende
wurden dann in den Arbeitsprozess integriert, weil jemand anderer Bildungskarenz
absolviert hat. Die Antwort war: Es gibt dazu leider keine Zahlen. –
Das Beispiel ist für die Bildungskarenzerfassung und die Retrospektive
jetzt exemplarisch, denn es fehlen in Wahrheit greifbare Daten und Fakten, was
natürlich schade ist, weil man sonst sofort sagen könnte: Ah, an der
Schraube muss man drehen und dort muss man an jener Schraube
drehen! – So sagt man nur, dass
es da keine Zahlen gibt. Man müsste also wirklich sofort
damit beginnen, Daten und Zahlen zu erfassen.
Ich habe dann weiters gefragt, wie viele
Rückmeldungen es dazu gibt, ob Leute, die sich in der Bildungskarenz
weitergebildet haben, dieses erworbene
Wissen danach im Dienstverhältnis wieder angewendet haben, also das neue
Wissen dezidiert angewendet haben. (Abg. Loacker: Den Yogakurs, oder
was?) Auch dazu hat es keine wirklichen Fakten gegeben.
Damit will ich zum Ausdruck bringen, es ist wichtig, dass der Rechnungshof draufgeschaut hat, aber eben auch, dass man diesen Ursprungsgedanken der Bildungskarenz in den Fokus nimmt, die Daten und Zahlen erfasst und wirklich zielorientiert Bildungskarenzen vergibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Uns ist es auch ganz wichtig, dass die Bildungskarenz für alle Arbeitnehmer:innen gleichberechtigt zugänglich ist. Wir wissen jetzt, dass sie vorwiegend ohnehin schon gut gebildete Dienstnehmer:innen beanspruchen. Uns ist
aber wichtig, dass wirklich jeder gleichberechtigt Zugang zur Bildungskarenz hat, denn es wird ja auch von Unternehmen erwartet, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterbilden. Sie ist also bitte auch für alle gleichberechtigt anzubieten.
Das heißt, es gibt da einiges an Verbesserungspotenzial. Ich glaube, wenn man die Daten wirklich ernsthaft erfasst und belegt, dann sind diese Maßnahmen auch gleich umzusetzen.
Erlauben Sie mir
abschließend noch einen kurzen Vorgriff auf den nächsten Tagesordnungspunkt, da geht es um die
Bekämpfung des Fachkräftemangels
und die Rot-Weiß-Rot-Karte. Sie ist ein prinzipiell gut gedachtes
Instrument, um qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern einfach
nach Österreich zu
bringen, was ich dazu aber sagen möchte: Uns als Sozialdemokrat:innen ist
es grundlegend wichtig, den inländischen Arbeitsmarkt zu betrachten.
(Zwischenruf des Abg. Hörl.) Das heißt: Ist es so,
dass die Ausbildungen wirklich passend sind, sodass viele Leute in
Beschäftigung sein können, sodass
man die entsprechenden Fachkräfte erhält? Sind die Arbeitsbedingungen
optimal, sodass Leute auch lange und vor allem gesund im Arbeitsprozess
bleiben können? – Die Betrachtung dieser Punkte wäre ganz
wichtig, bevor man sich Gedanken macht, wo man noch Arbeitskräfte
herbekommt.
Ein weiteres Arbeitskräftepotenzial, das
man bitte unbedingt näher betrachten muss, sind die vielen
teilzeitbeschäftigten Frauen. Wir haben eine Teilzeitbeschäftigtenquote
von über 50 Prozent. Das ist brachliegendes Potenzial –
volkswirtschaftlich betrachtet ein Wahnsinn. (Abg. Loacker: Das ist
halt
steuerlich attraktiv!) Das müsste man heben, indem man einfach
wirklich schaut, dass viele Frauen möglichst in Vollzeit tätig sein
können. Ich komme
wieder zurück zu meinem Anfangspunkt: Dazu braucht es aber wirklich ausreichend
und hochqualitative Kinderbetreuungsplätze, die es leider
noch nicht gibt. – Vielen Dank. (Beifall
und Bravoruf bei der SPÖ.)
11.55
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete
Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Sehr geehrte
Damen und Herren! Wir besprechen heute die Prüfung des Rechnungshofes
betreffend Bildungskarenz.
Wir haben ein Problem – das haben wir ja schon mehrmals besprochen
und der Bericht ist auch schon vor Längerem veröffentlicht worden.
Daher war
auch schon immer wieder in der öffentlichen Debatte – und es
stand auch schon hier herinnen zur Debatte –, dass es auffällig
ist, dass sehr viele Mütter
an die Babykarenz anschließend die Bildungskarenz nehmen. Das ist aber
nicht Aufgabe des AMS, da bin ich natürlich ganz bei Ihnen. Es ist eine
wichtige Empfehlung, da genau hinzuschauen, denn die
Arbeitslosenversicherungsgelder sollten auch tatsächlich so eingesetzt
werden, wofür sie geplant sind,
nämlich für den Arbeitsmarkt beziehungsweise für Weiterbildung,
eben um sich tatsächlich weiterzubilden.
Was uns der Bericht aber auch gezeigt hat, ist
schon auch, dass wir ein
Problem im Bereich der Mütterkarenz haben, dass die einfach viel zu kurz
angesetzt ist, dass es sich vor allem gut ausgebildete Frauen, Frauen, die
gut verdienen, nicht leisten können, die Langvariante zu nehmen, wiewohl
sie in Österreich insgesamt gesehen die beliebteste Variante ist. Mehr als
die
Hälfte aller Frauen möchte also gerne drei Jahre bei ihren Kindern
bleiben. Für Frauen, die gut verdienen, ist es aber finanziell ein
großes Problem.
Und das, glaube ich, muss man angehen, dann würde sich das sofort
verändern.
Was aber auch aufgrund dieser
öffentlichen Debatte passiert ist, zeigt
sich in Kärnten, einem SPÖ-geführten Bundesland: Dort hat das
AMS ohne Rechtsgrundlage plötzlich die Bildungskarenz für junge
Mütter gestrichen. Es gibt dafür keine gesetzliche
Grundlage. Frauen müssen teilweise die Förderungen zurückzahlen,
es werden alle Kurse für junge Mütter abgelehnt. Das stellt
für junge Frauen, für junge Mütter in Kärnten ein
riesengroßes
Problem dar. Es gibt nämlich auch in Kärnten nicht genug Betreuungseinrichtungen, wo sie ihre Kinder plötzlich hingeben können. Das ist, glaube ich, ein Missbrauch und etwas, dem wir schon vorbeugen müssen.
Wenn so etwas aufgrund der Aufdeckung eines
Missstandes durch den Rechnungshof passiert, sollte man zumindest einmal eine
gesetzliche Basis dafür schaffen und nicht einfach aus ideologischen
Gründen sagen: Ah, das
streichen wir jetzt sofort! – Das ist eine Fehlentwicklung, die da
vonstattengeht, und es ist das Problem, das die SPÖ sowieso hat, weil sie
immer glaubt,
mit Kinderbetreuung alles lösen zu können.
Die Bildungskarenz zeigt ja, dass viele
Mütter, die für das Kind, für die Kinder vielleicht eine
Betreuung bekommen würden, weil sie im städtischen
Bereich leben, diese gar nicht wollen (Abg. Herr: Muss ja keiner
annehmen!), weil es einfach der Wunsch der Mütter ist, ihre Kinder so
lang wie möglich zu
Hause zu betreuen, meine Damen und Herren! (Abg. Greiner: Das soll ja
nur ein Angebot sein, und die Mehrheit will arbeiten, liebe Frau
Kollegin! – Abg.
Herr: Muss ja keiner annehmen!) – Es
ist interessant, dass Sie da jedes Mal reinschreien. (Abg. Greiner:
Na ja, man muss schon gewisse Dinge klarstellen!)
Was Sie immer alles wissen, was die Mehrheit will. Zum Glück sind Ihre
ideologisch motivierten Ideen nicht mehrheitsfähig. (Beifall bei
der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Der zweite Kritikpunkt –
Bildungskarenz ist an und für sich etwas, was sehr positiv ist, wenn es
richtig eingesetzt wird – ist natürlich, dass sie vor
allem gut Ausgebildete verwenden, um sich weiterzubilden. Das ist ein
großes Thema, da gebe ich auch dem Rechnungshof recht. Wir müssen im
Zuge
der Überarbeitung der Bildungskarenz wahrscheinlich auch schauen, wie man
es schaffen kann, dass sich auch Niedrigverdiener sie leisten können, dass
auch sie tatsächlich die Möglichkeit haben, in eine Weiterqualifizierung
zu gehen. Ich bin gespannt, ob wir in dieser Legislaturperiode vom Arbeitsminister auch
noch einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt bekommen. Wir werden uns davor
sicherlich nicht versperren.
Das ist sicherlich ein großer und ein wichtiger Aspekt, weil wir ja wissen – ich möchte nicht dem nächsten Tagesordnungspunkt vorgreifen–, dass Weiterqualifizierung natürlich etwas ist, das notwendig und das wichtig ist. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
11.59
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Frau Präsidentin! Liebe Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer, Zuhörerinnen! Das Wort Fachkräftemangel wurde jetzt schon mehrfach vorweggenommen, weil ja heute auch noch davon die Rede sein wird.
Dass das beste Rezept gegen Fachkräftemangel Bildung ist,
speziell Fort- und Weiterbildung über das gesamte Leben hinweg,
darüber sind wir uns alle
einig. Dennoch ist in Diskussion gewesen, eine beliebte nützliche
Bildungsmaßnahme, nämlich die Bildungskarenz, massiv
zusammenzustreichen.
Dagegen haben wir Grüne uns aus guten Gründen gewehrt und tun das weiterhin.
(Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte das kurz ausführen: Es gibt
selbstverständlich jede Menge
gute, sinnvolle Reformen, wie man das derzeitige Modell verbessern kann. Also
wir Grüne werden uns ganz sicher nicht gegen eine verpflichtende Bildungsberatung
sowohl vor Antritt der Bildungskarenz als auch währenddessen sperren.
Selbstverständlich sind wir auch dafür zu haben, die Teilnahme
an Kursen anders, strenger, besser zu überprüfen. Wir sind
selbstverständlich dafür zu haben, die Bildungseinrichtungen, die im
Moment Kurse anbieten – ich vermute, Kollege Loacker,
wie ich ihn kenne, wird uns einige, teilweise auch absurde Beispiele dafür
vorführen –, hinsichtlich der Effizienz, der
Qualität und auch der Sinnhaftigkeit der Kurse besser zu
überprüfen, zu kontrollieren und zu zertifizieren.
Wir sind selbstverständlich
dafür zu haben, den Zugang zur Bildungskarenz speziell von Menschen mit
niedrigen Einkommen wesentlich zu verbessern, aber wir sind dagegen, den Zugang
zur Bildungskarenz zu verschärfen, neue
Hürden aufzubauen und wesentliche Teile der Bevölkerung davon
auszuschließen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Auf die konkreten Kritikpunkte,
die im Bericht erwähnt werden – danke herzlich
dafür –, kann ich kurz eingehen. Die Akademiker:innenquote
wurde
bereits erwähnt, diese liegt bei der Bildungskarenz bei 25 Prozent.
Das heißt, drei Viertel der Menschen in Bildungskarenz sind keine
Akademiker:innen. Damit liegt der Anteil, wenn man das mit der entsprechenden
Altersgruppe
zwischen 30 und 45 vergleicht, sogar niedriger als in der Gesamtbevölkerung.
Zweiter Punkt sind die Kosten:
Ja, selbstverständlich kostet die Bildungskarenz etwas. Was ist
allerdings die Alternative? – Die Alternative dazu ist die
Arbeitslosigkeit, und für die Alternative Arbeitslosigkeit sind die
Kosten,
wenn man die dazurechnet, die auch für AMS-Maßnahmen noch
dazukommen, am Ende beinahe doppelt so hoch wie die, die in der Bildungskarenz
anfallen.
Zum dritten, bereits
angesprochenen Punkt: Dass derzeit viele Menschen, speziell Frauen, die
Bildungskarenz dazu verwenden, die Babykarenz
zu verlängern, ja, das ist richtig. Es ist aber nicht immer nur schlecht.
Wir alle wissen, der Zeitpunkt, wenn man Kinder kriegt, ist oft ein Zeitpunkt
der Reflexion darüber, ob der Beruf der ist, den man sich immer
gewünscht hat oder ob man sich auch etwas anderes vorstellen kann. Es ist
eine Phase der Neuorientierung. Das ist durchaus sinnvoll, wenn man das
nützt.
Laut Studie – das Wifo hat das im Auftrag des Arbeitsministeriums erhoben – schlägt sich der Nutzen dieser Neuorientierung langfristig in stabileren Beschäftigungsverhältnissen, in höheren Einkommen und einer durchwegs besseren Zufriedenheit mit der neuen Arbeitssituation nach einer beruflichen
Umorientierung nieder. Davon profitieren am Ende nicht nur die betroffenen Eltern, speziell die Mütter, sondern auch die gesamte Gesellschaft, das Steuersystem, das Sozialversicherungssystem und auch die Unternehmen.
Deswegen zusammengefasst: Für Reformen betreffend
Effizienz sind
wir jederzeit zu haben, selbstverständlich auch für
Sparsamkeit – dort, wo sie Sinn macht –, aber nicht
für eine kurzfristige Pseudoeinsparung bei Bildung, die langfristig
die Chancen von Bevölkerungsgruppen zerstört. – Danke
schön. (Beifall bei den Grünen.)
12.04
Präsidentin
Doris Bures: Nächster Redner: Herr
Abgeordneter Gerald
Loacker. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau
Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wie der
Rechnungshof festgestellt
hat, sind über die Hälfte der Fälle der Bildungskarenz
Verlängerungen von Elternkarenz. Da sieht man, dass es da nicht um eine
Bildungsmaßnahme geht. Da geht es in
der Mehrzahl der Fälle um eine Verlängerung der Elternkarenz.
Die aus dem roten Eck stammende Vorständin des Arbeitsmarktservice, Frau Draxl, hat ausdrücklich gesagt, dafür war die Bildungskarenz nicht gedacht. Dafür war sie nicht gedacht. (Abg. Belakowitsch: Richtig! Eh!) Dann müssen wir uns anschauen, wie wir das reparieren können, nämlich dass direkt im Anschluss an die Elternkarenz eine Bildungskarenz genommen wird, das ist eine Frage der Optimierung.
Da entscheiden sich Menschen, statt zwei Jahre
Kinderbetreuungsgeld zu beziehen, lieber ein Jahr das einkommensabhängige
Kinderbetreuungsgeld zu beziehen und mehr zu bekommen und im zweiten Jahr dann
das Weiterbildungsgeld zu beziehen. Sie optimieren die Leistungen des
Sozialstaates. Das ist nicht unmoralisch, die nützen Gesetze aus, die
dieses Haus geschaffen
hat.
Wir müssen darüber
reden, wie wir das sanieren können, weil es eben dafür nicht gedacht
ist. Da sind wir noch gar nicht bei den Kleinigkeiten, dass das AMS in vielen
Fällen Kursbestätigungen nicht eingeholt hat – jetzt
müssen eh
nur so wenige Stunden nachgewiesen werden, und nicht einmal das wird überprüft –,
da sind wir noch gar nicht dabei, dass Institute sich darauf spezialisiert haben
und damit werben, dass man seine Babykarenz verlängern kann, dass das nur
im E-Learning ohne Prüfungen gemacht wird, dass man zu Hause
den Computer einschalten und die Kamera ausschalten kann und in
der Zwischenzeit die Wäsche machen oder die Küche reinigen kann,
parallel dazu läuft die Kursteilnahme. Das geht alles und man bekommt
dafür Weiterbildungsgeld. – Das sollte nicht gehen!
Dann müssen wir uns
anschauen, aus welcher Zeit dieses Instrument der Bildungskarenz kommt. Im
Ausschuss hat AMS-Vorstand Johannes Kopf
bestätigt: Das Instrument kommt aus einer Zeit, als auf dem Arbeitsmarkt
ein Überangebot an Arbeitskräften da war und man sich überlegt
hat, wie
man dem Arbeitsmarkt ein bisschen Arbeitskräfte entziehen kann, um den Arbeitsmarkt
zu entlasten.
Heute haben wir auf breiter
Front Arbeitskräftemangel und wir kaufen
mit dem Geld aus der Arbeitslosenversicherung Erwerbstätige aus dem
Arbeitsmarkt heraus, nämlich überdurchschnittlich junge Leute
und überdurchschnittlich gut qualifizierte Leute. Kollegin Hamann,
wenn Sie sagen, ja, bei den bis 30-Jährigen ist der Akademikeranteil gar
nicht so hoch: Ja, weil die Akademikerinnen ihre Kinder oft nach dem
30. Geburtstag bekommen. Das ist halt auch ein Zeichen der heutigen Zeit.
Also wir kaufen mit Geld aus Sozialversicherungsbeiträgen junge, gut qualifizierte Leute aus einem Arbeitsmarkt heraus, auf dem es einen Arbeitskräftemangel gibt. Das ist in dieser Form schlecht.
Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Mitteleffizienz bei Bildungskarenz“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, das Modell Bildungskarenz,
basierend auf den Empfehlungen des Rechnungshofes, so einzuschränken, dass
die
Mittel der Arbeitslosenversicherung gezielt und messbar zur Verbesserung der
Arbeitsmarktchancen von Personengruppen eingesetzt werden, die auf
dem Arbeitsmarkt Risikogruppen darstellen."
*****
Nur damit die Wählerinnen und Wähler ein Bild
davon bekommen, wie die Grünen ticken und für wen die Grünen
Politik machen, möchte ich noch darauf hinweisen, was Kollegin Blimlinger
im Rechnungshofausschuss gesagt
hat. Frau Blimlinger hat gesagt: Es muss doch möglich sein, dass man in
der Bildungskarenz einen Yogakurs macht, damit man nachher ein Yogastudio aufmachen
kann. – Nein! Für die Bobos im 7. Bezirk, die ein
Yogastudio aufmachen wollen, ist die Bildungskarenz nicht gedacht. Wenn wir von
Fachkräftemangel sprechen, dann sprechen wir nicht von einem Mangel an
Yogastudios. Himmel noch mal! Das ist eure Wohlfühlpolitik für Leute,
die im Wohlstand nicht mehr wissen, wohin mit ihrer Zeit. (Beifall
bei Abgeordneten von NEOS, ÖVP und FPÖ.)
Dann möchte ich noch etwas sagen: Unternehmen sind
natürlich an der Geschichte nicht ganz unbeteiligt. Man darf heute
steuerbegünstigt praktisch keine freiwilligen Abfertigungen mehr zahlen.
Will man jetzt einen Mitarbeiter
mit einem Zuckerl loswerden, dann sagt man: Gehst halt ein Jahr in Bildungskarenz!
So macht man heute Offboarding. Statt einer normalen Kündigung
und einer steuerlich überdimensioniert bestraften Extrazahlung kriegt er halt eine Bildungskarenz.
Das ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zulasten Dritter, denn zahlen tun es die Beitragszahler ins AMS. Das
gehört in der Form abgedreht, denn sehr viele Menschen kommen nach der
Bildungskarenz nicht mehr an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurück
und hatten das auch
gar nie vor. Das AMS zahlt auch Bildungskarenz für zwei Semester
Unistudium. Niemand macht ein Unistudium in zwei Semestern fertig! Diese Leute
gehen auf die Uni, die wollen gar nicht nach einem Jahr in ihren alten Job zurückkommen.
Wir zahlen da mit dem Geld der Erwerbstätigen, die das
mühsam erarbeiten, Wohlfühljahre für Leute, die gerne eine Pause
machen wollen. (Beifall bei den NEOS.)
12.09
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Mehr Mitteleffizienz bei Bildungskarenz
eingebracht im Zuge der
Debatte in der 264. Sitzung des Nationalrats über Bericht des
Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes
betreffend Bildungskarenz – Reihe BUND 2023/11 (III-919/2532 d.B.)
– TOP 5
Mit Geld der Versicherten finanziert das AMS in steigender Zahl Bildungskarenzen. Wie der Rechnungshof in seinem Bericht zu III-919 d.B. feststellt, entfallen mehr als 50% der Fälle auf Elternteile, die mit der Bildungskarenz ihre Elternkarenz (mit einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld) verlängern. Überdurchschnittlich gut ausgebildete und im Schnitt recht junge Menschen nehmen typischerweise Bildungskarenz in Anspruch. So kauft das AMS mit Geld der Versicherten gesuchte junge Arbeitskräfte für ein Jahr aus einem Arbeitsmarkt hinaus, der ohnehin leergefegt ist.
Um die Funktionsweise des
Arbeitsmarktes zu verbessern, hätte das Modell Bildungskarenz als
Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik die berufliche Aus- und
Weiterbildung fördern sollen, damit auch wenig Qualifizierte sich eine
bessere Position auf dem Arbeitsmarkt schaffen können. Doch die
gesetzlichen Mindestanforderungen für eine Bildungskarenz sind sehr
gering und erlauben den Beziehenden von Weiterbildungsgeld eine sehr
große Freiheit bei der Wahl der "Bildungsangebote". So
werben Anbieter mit Studienaufenthalten in verschiedenen
Ländern der Welt. Auch Sprachkurse auf Anfängerniveau sind
zugelassen. Kochkurse, Yogakurse und Schauspielkurse werden vom AMS ebenfalls
anerkannt, solange die Bildungskarenz dem Übergang in die
Selbständigkeit dient. Das Absolvieren von Prüfungen ist nicht
erforderlich. Auch reine Fernlehrkurse, die zu 100%
von zuhause absolviert werden, sind zulässig. Lediglich Hobbykurse sind
ausgeschlossen und so wurden im Jahr 2021 nur 446 von 24.996 Anträgen
auf Weiterbildungsgeld abgelehnt. (1)
Grundsätzlich
hängt der Bezug von Weiterbildungsgeld an der Weiterbildungspflicht. Doch
die praktische Auslegung ist, dass bis zu 75% des vorgeschriebenen
Stundenausmaßes im Selbststudium erfolgen kann. Schon alleine durch die
Anmeldung zu Lehrveranstaltungen an der Universität kann
Weiterbildungsgeld
für ein halbes Jahr bezogen werden, weil das Fehlen von Erfolgsnachweisen
kein Grund für eine Rückforderung ist. Auch
Kursbesuchsbestätigungen werden
nicht durchgehend kontrolliert, weswegen Fehlzeiten dem AMS nicht bekannt sind.
Besonders beliebt ist die Bildungskarenz zur
Verlängerung der Elternkarenz.
Im Jahr 2021 bezogen 7.172 Frauen Weiterbildungsgeld direkt nach dem Kinderbetreuungsgeld.
Im Internet wird dieses Modell von privaten Anbietern mit dem
Slogan "Babypause verlängern" beworben. Die Zahl dieser
Teilnehmerinnen hat sich seit 2017 verzehnfacht (siehe Abbildung).

Insgesamt beliefen sich die Kosten für die Bildungskarenz im Jahr 2021 auf 300 Millionen Euro bzw. 4% der Beitragseinnahmen des AMS. Mit dem Bericht des Rechnungshofes liegen nun konkrete Handlungsempfehlungen für eine Verbesserung der Bildungskarenz vor, um eine effizientere Verwendung der Pflichtversicherungsbeiträge sicherzustellen. Die zentralen Empfehlungen lauten wie folgt:
- Klare Ausrichtung auf ambitionierte Weiterbildungen,
die geeignet sind, die Position der Beziehenden am Arbeitsmarkt zu verbessern,
z.B. durch Anhebung
des Weiterbildungsausmaßes und höhere qualitative
Weiterbildungsanforderung;
- Stärkere Kontrolle durch Einforderung von Kursbestätigungen mit Anfangsdatum, Enddatum, Stundenausmaß und Fehlzeiten;
- Entwicklung eines bundesweit gültigen Arbeitsbehelfs im Hinblick auf eine zentralisierte Abwicklung des Weiterbildungsgeldes;
- Verpflichtung zur Meldung bei Änderungen, Unterbrechungen oder einer vorzeitigen Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme;
- Meldepflicht betreffend die Aufnahme neuer bzw. Änderung bestehender unselbständiger, selbständiger bzw. landwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit;
- Verpflichtung zur Vorlage von Kursbesuchsbestätigungen und Studienerfolgsbestätigungen;
- Möglichkeit der Rückforderung bei Nicht-Erfüllung der Weiterbildungspflicht.
Das Weiterbildungsgeld aus der Bildungskarenz wird auch
für die Beantragung eines Selbsterhalterstipendiums
als Einkommen anerkannt. Wer also nach drei Jahren Erwerbstätigkeit
ein Hochschulstudium in Bildungskarenz beginnt, kann bezahlt auf Kosten der Arbeitslosenversicherung studieren
(Weiterbildungsgeld) und danach
mit Selbsterhalterstipendium weiterstudieren.
Österreich leistet sich eine besonders teure Arbeitslosenversicherung:
- Beitrag in Österreich: 5,9%
- Beitrag in Deutschland: 2,6%
- Beitrag in der Schweiz: 2,2%
Der ineffiziente Mitteleinsatz für Bildungskarenzen von gut Ausgebildeten, Bildungskarenzen ohne Erfolgsnachweis und Bildungskarenzen von besonders jungen Menschen trägt eine Teilschuld an der hohen Belastung der Löhne und Gehälter durch Versicherungsbeiträge an die Arbeitslosenversicherung. Wer die Erwerbstätigen entlasten will, muss das Geld der Versicherten auf die notwendigen und zielgerichteten Maßnahmen begrenzen.
Quellen:
(1) Rechnungshofbericht, 28. April 2023, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/
news/news/news_3/Weiterentwicklung_der_Bildungskarenz_notwendig.html
(2) derStandard.at, 28. April 2023, https://www.derstandard.at/story/
2000145959459/rechnungshof-kritisiert-geringe-anforderungen-bei-bildungskarenz
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, das Modell
Bildungskarenz, basierend auf den Empfehlungen des Rechnungshofes,
so einzuschränken, dass die Mittel der Arbeitslosenversicherung
gezielt und messbar zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen
von Personengruppen eingesetzt werden, die auf dem Arbeitsmarkt Risikogruppen
darstellen."
*****
Präsidentin
Doris Bures: Der
Entschließungsantrag ist ausreichend
unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nun hat sich die Frau Präsidentin des Rechnungshofes zu Wort gemeldet. – Bitte.
Präsidentin
des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker:
Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Debatte zum Bericht betreffend
Bildungskarenz – ein Bericht, den wir dem Hohen Haus schon
vor einem Jahr vorgelegt haben – zeigt natürlich, dass es
durchaus kontroversielle Positionen gibt und dass man da auch sehr
emotional diskutiert,
weil das Instrument und das Thema, sozusagen Berufstätigen Weiterbildung
zu ermöglichen, von allen Seiten anerkannt werden und natürlich auch
eine
positive Anerkennung seitens des Rechnungshofes erfahren. Das ist jetzt nicht
die Sache.
Die Sache ist die, dass der Rechnungshof bestimmte Aufgaben
hat, und
eine der Aufgaben des Rechnungshofes ist es, zu schauen, wie Instrumente sich
im Laufe der Zeit entwickeln, wie sie sich auch in der finanziellen
Dimension entwickeln und ob die Ziele, die mit einem Instrumentarium verbunden
sind, dann auch tatsächlich erreicht wurden und verwirklicht sind.
Das war auch die Motivation für diesen Bericht
betreffend Bildungskarenz, und wir haben Ihnen jetzt einfach
diesen Befund vorgelegt. Nun gilt es, aus den verschiedenen politischen
Positionen heraus im Sinne einer Weiterentwicklung etwas zu finden. Das
heißt nicht, dass man etwas nicht mehr haben will, sondern das
heißt, dass man, wenn es Fehlentwicklungen gibt, das in
eine andere Richtung weiterentwickeln muss.
Ein Punkt war eben: Es gibt Ziele im Zusammenhang mit der
Bildungskarenz. Sie ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, finanziert aus
der Arbeitslosenversicherung, und es geht um die Unterstützung der
Aus- und Weiterbildung von Personen, die in Beschäftigung stehen. Und es
geht eben um die Frage,
ob die Instrumente am Bedarf des Arbeitsmarktes orientiert sind und ob die Anspruchsvoraussetzungen
und die Abwicklung einen zielgerichteten Einsatz
der finanziellen Mittel gewährleisten. – Sie erkennen aus dem
Bericht, dass es da einen gewissen Handlungsbedarf gibt.
Die Bildungskarenz betreffend haben wir zwei Aspekte
geprüft: Wir haben
die Bildungskarenz geprüft und wir haben auch die Bildungsteilzeit geprüft. Es gibt
ja auch das Instrumentarium, dass man die Arbeitszeit herabsetzen kann und
dafür sozusagen eine Kompensation zum Einkommen erhält,
wenn man sich weiterbilden will. In dem Fall verbleibt man aber im Arbeitsprozess,
bei der Bildungskarenz wird man für Fort- und Weiterbildung ein
Jahr quasi freigestellt.
Wir haben schon gehört, dass sich das Instrumentarium,
speziell die Bildungskarenz, natürlich finanziell stark ausgewirkt
hat. Die Ausgaben lagen im
Jahr 2023 bei etwa 500 Millionen Euro – in unserem Bericht
waren es noch
ungefähr 300 Millionen Euro –, und die Zahl
der Inanspruchnahmen
der Bildungskarenz im Anschluss an die Elternkarenz hat sich mehr als verzehnfacht.
Ich kann es auch verstehen, dass man das gerne im Anschluss
an die Elternkarenz macht, dass man sich danach sozusagen neu orientieren oder
weiterentwickeln will.
Aber wir als Rechnungshof sehen es kritisch, dass man bisher
bei der
Wahl der Bildungsangebote große Freiheit hatte und dass die
Voraussetzungen wenig anspruchsvoll oder wenig aufwendig waren. Es lagen
nämlich die Anforderungen in Bezug auf das Stundenausmaß für
die Weiterbildung weit unter jenen für eine Vollzeitbeschäftigung.
Der Nutzen war auch nicht ausreichend gewährleistet, denn mehr als ein
Viertel der Personen, die die Bildungskarenz in Anspruch nahmen, waren ein Jahr
nach Ende der Bildungskarenz nicht mehr in Beschäftigung. Auch das will
man eigentlich nicht! Man will, dass man die Einkommenssituation verbessert und
dass man
natürlich im Arbeitsprozess bleibt.
Wir haben gehört, dass sie besser qualifizierten
Personen zugutekommt und die Administration zu wenig kontrolliert hat,
Teilnahmebestätigungen für
Kurse et cetera habe man nicht entsprechend eingeholt. Daher haben wir gesagt,
man sollte über eine Weiterentwicklung der Anspruchsvoraussetzungen
im Arbeitslosenversicherungsgesetz nachdenken, die Implementierung einer
ambitionierteren Weiterbildungsverpflichtung überlegen und die Ausrichtung auf
das, was ja auch das Motiv war, als man sie ursprünglich eingeführt
hat, nämlich die Position der Beziehenden am Arbeitsmarkt zu verbessern,
abstellen.
Wie gesagt, es ist so, dass Handlungsbedarf besteht. Das glauben wir, und der Rechnungshof hat eben die Aufgabe, darüber zu berichten, was er vorfindet. Man muss Lösungen finden, um eine Weiterentwicklung dieses an sich begrüßenswerten Instrumentariums zu erreichen; das aber so, dass der Steuerzahler nicht draufzahlt. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)
12.14
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Gertraud Salzmann zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP):
Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen hier im
Saal und auch ein herzliches Grüß Gott an alle Besucherinnen und
Besucher, die hier dieser Debatte zuhören, und an alle, die daheim vor den
Fernsehgeräten sitzen! Meine Damen und Herren, der Rechnungshof
ist ein ganz wichtiges Instrument, ein Institut, das die Budgets
überprüft, inwieweit sie wirklich sparsam, zielgerichtet und
zweckmäßig eingesetzt werden; sei es auf Bundesebene, sei es
auf Länderebene, aber auch auf Gemeindeebene.
Österreich, meine Damen und Herren, ist ein sehr
starkes Wirtschaftsland, und damit wir unsere Wirtschaft auch sehr stark
weiterentwickeln und ausbauen können, brauchen wir
natürlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bestens ausgebildet
sind, die aber in ihrer Entwicklung arbeitstechnisch
auch eine Weiterentwicklung durch eine Zusatzausbildung oder durch Weiterbildung
anstreben. Und genau hier setzt das Instrument der Bildungskarenz, aber auch
der Bildungsteilzeit an. Die Bildungskarenz ist ja vor gut zehn Jahren
eingerichtet worden, genau mit der Intention, dass wir den Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, sich eine bestimmte Zeit zu
nehmen – maximal ein Jahr, wenn es die Bildungskarenz
ist –
oder zumindest in Bildungsteilzeit zu gehen, um eine qualifizierte
zusätzliche Ausbildung zu machen oder auch eine qualifizierte
Weiterbildung zu
machen.
Genau das, meine Damen und Herren, hat sich der Rechnungshof
im vorliegenden Bericht genauer angeschaut, und zwar für die vier Jahre
von 2019
bis 2022.
Was hat der Rechnungshof
in seinem Bericht festgestellt, meine Damen und Herren? –
Vorerst möchte ich sagen, es freut mich sehr, dass alle Fraktionen
hier vom Rednerpult aus die Bildungskarenz als etwas sehr Positives hervorgehoben
haben. Wir bekennen uns zu dieser Bildungskarenz und zur Bildungsteilzeit,
aber wie jedes Instrument braucht auch sie nach einem bestimmten Zeitraum
natürlich eine Evaluierung, eine Überprüfung, und dann
natürlich auch eine Weiterentwicklung.
Was hat die Prüfung durch den Rechnungshof nun ergeben,
meine Damen und Herren? – Zum einen zeigt der Rechnungshofbericht
auf, dass im
Jahr 2021 etwa 14 000 Personen, finanziert in Summe mit etwa
300 Millionen Euro, diese Weiterbildung genossen haben –
genossen im Sinne von:
wirklich auch eine Weiterbildung betrieben haben. Aber er zeigt auch auf, dass
sowohl inhaltlich relativ geringe Voraussetzungen zu erfüllen waren, andererseits
aber auch von der Zulassung her eine sehr große Freiheit für die
Wahl der Bildungsangebote bestanden hat. Zudem hat der Rechnungshofbericht
auch aufgezeigt, dass der Erfolgsnachweis ein relativ geringer war. Das wurde zum Teil auch nicht überprüft; lediglich
dann, wenn man ein Studium
absolviert hat, mussten natürlich die Erfolgsnachweise erbracht
werden.
Der Bericht zeigt auch auf, dass zunehmend viele Frauen in
die Bildungskarenz gegangen sind und dass etwa die Hälfte dieser Frauen
das im Anschluss
an die Elternkarenz getan haben. Das gilt es sicherlich sich genauer
anzuschauen, weil es ja nicht Intention der Bildungskarenz ist, damit eine
Elternkarenz
zu verlängern. Ich will den Frauen nicht absprechen, dass sie wirklich
eine Weiterbildungsmaßnahme gebraucht und gesucht haben, auch im
Sinne
einer Orientierung, aber um die Gelder wirklich zweckgerichtet einzusetzen,
müssen wir da sicher nachschärfen.
Ich kann auch nicht verstehen, dass etwa ein Viertel aller
Bezieher
des Bildungskarenzgeldes anschließend an die Bildungskarenz nicht mehr in
Beschäftigung waren. Das ist ja wider die Intention der Bildungskarenz.
Die Empfehlungen sind
ausgesprochen: Der Zugang sollte strenger geregelt werden. Das AMS sollte
wirklich auch eine Besprechung ansetzen,
bevor man eine Bildungskarenz in Anspruch nimmt. Sie sollte auch wirklich die Erwerbsmöglichkeit verbessern. Es sollte auch ein Anreiz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein geringeres Einkommen haben, geschaffen werden, damit auch diese die Bildungskarenz stärker in Anspruch nehmen. Und es sollte auch der Erfolgsnachweis einerseits erbracht werden, andererseits natürlich auch stärker kontrolliert werden.
Summa summarum: Die Bildungskarenz ist wirklich eine sehr
gute Einrichtung. Wir werden als Wirtschaftsstandort dann weiter wettbewerbsfähig
sein, wenn unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch gewillt
sind, sich weiterzubilden, sich weiterzuqualifizieren. In diesem Sinne ist das
sicher ein Instrument, das gemeinsam mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern vorangetrieben
wird, und wir hier in diesem Haus werden uns den notwendigen Reformen
stellen und diese auch beschließen. – Herzlichen
Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.19
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.
Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kollegen! Werte Zuseher! Die Grundidee der Bildungskarenz ist eigentlich eine ganz gute: damit die Arbeitnehmer eine Chance haben, sich weiterzubilden, ohne große finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen. Aus der Sichtweise des AMS und aus grundsätzlicher Sicht geht man dann später ein wesentlich geringeres Risiko ein, den Job zu verlieren. Das ist eigentlich eine klassische Win-win-Situation.
Mittlerweile wird aber die Bildungskarenz von
20 000 Personen jährlich in Anspruch genommen; im Zeitraum
von 2010 bis 2021 waren es durchschnittlich 14 000 Personen.
Aus dem Rechnungshofbericht geht hervor, dass die Wirksamkeit und die
Zielgerichtetheit der Maßnahmen eigentlich
neu überdacht und geregelt gehören.
Sehr oft wird die Bildungskarenz dazu genutzt, die Elternkarenz um ein Jahr zu verlängern. So gibt es zum Beispiel spezielle Firmen mit maßgeschneiderten Kursangeboten für Mütter, aber gerade jene Mütter, die sich dafür entscheiden, das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld in Anspruch zu nehmen, sind meist besserverdienende Frauen. Diese Eltern haben dann nach einem Jahr Karenz doch noch das Bedürfnis, ein Jahr länger zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben, und es geht nur im Zuge der Bildungskarenz, dass man sich den Wunsch nach Verlängerung erfüllen kann.
Nun muss man sich aber zwei zentrale Fragen stellen: Wie
wirksam ist das Modell der Bildungskarenz am Ende wirklich? Kann man zum
Beispiel nach zehn Jahren tatsächlich noch eine Verbindung herstellen, ob
die Bildungskarenz
zu einer Verlängerung des Dienstverhältnisses beigetragen hat?
Die zweite Frage: Was kann man tun, um einem Missbrauch vorzubeugen?
Bei der Frage nach der Steigerung der Effizienz ist es gut, wenn als erster Lösungsansatz bereits Anmeldungen zu Kursen geprüft werden und von Anfang an höhere Auflagen eingefordert werden.
Den zuvor genannten Aspekt der Verlängerung der
Babypause sollte man
sich eigentlich gesondert anschauen, denn da ist schon die Frage zu stellen, ob
es auf der einen Seite nicht auch sinnvoll ist, Synergien zu schaffen und
die Kinderbetreuungszeit auch zu nutzen, um sich weiterzubilden. Auf der anderen
Seite scheint es aber auch ein gesellschaftliches Problem zu sein,
dass offensichtlich bei vielen Eltern das pauschale Kinderbetreuungsgeld nicht
reicht und man sich deshalb für das einkommensabhängige Modell entscheiden muss
und dann, um ein Jahr länger beim Kind zu bleiben,
auf die Trickserei mit der Bildungskarenz zurückgreifen muss. –
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
12.23
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zu den Abstimmungen.
Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-919 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen
Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.
Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Gerald
Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Mitteleffizienz bei
Bildungskarenz“.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Rot-Weiß-Rot-Karte und Blaue Karte EU – Reihe BUND 2024/11 (III-1134/2533 d.B.)
7. Punkt
Bericht des
Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend
Bestandsaufnahme Fachkräftemangel – Reihe BUND 2024/12
(III-1138/2534 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Herr Abgeordneter Franz Hörl, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.
12.24
Abgeordneter
Franz Hörl (ÖVP): Sehr
geehrte Frau Präsidentin des Nationalrates! (Abg. Leichtfried:
Die Seilbahn spricht!) Sehr geehrte Frau Präsidentin
des Rechnungshofes! Ich darf eingangs die Gruppe des Wirtschaftsbundes Tirol
hier im Hohen Haus begrüßen – herzlich willkommen, wir
freuen uns, dass
ihr hier seid! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Die Diskussion um den Fachkräftemangel beherrscht derzeit
alles – in der Pflege, im Tourismus, im Gastgewerbe, in der
Industrie –, und die Zahl der offenen Stellen ist ein immer
größeres Problem. Eigentlich ist sie das Problem
für den Dienstleistungssektor und für den Tourismus.
Um hier Zahlen zurechtzurücken: Der
österreichische Tourismus beschäftigt ungefähr
230 000 Menschen. 15 000 kommen aus Kontingenten:
Rot-Weiß-Rot-Karte, Stammsaisonniers und Ukrainer. Die Zahl der
Ausländer, die uns unterstützen, ist also, glaube ich, doch
einigermaßen beherrschbar.
(Abg. Leichtfried: ... Ausländer ...!)
Ich begrüße natürlich diesen
Rechnungshofbericht und möchte mich bei Ihnen, Frau Präsidentin,
für diesen doch sehr aktuellen Bericht bedanken. Dieser Bericht stellt das
ja von Beginn des Jahres 2011, als man mit der Rot-Weiß-Rot-Karte
begonnen hat, bis ins letzte Frühjahr, also bis Juni 2023, sehr
aktuell
dar. Ich werde mich auf die Rot-Weiß-Rot-Karte konzentrieren, denn die
Blaue Karte EU spielt da eine geringere Rolle.
Obwohl er so aktuell ist, sind aber die Erfolge der großen Novelle vom Oktober 2022 und die jüngeren Verbesserungen der letzten Monate darin noch nicht erhalten, weil die Ergebnisse natürlich noch nicht da sind. Gerade die Entwicklung der letzten Jahre zeigt nämlich, dass die Anzahl der Rot-Weiß-Rot-Karten rasant gestiegen ist und dass die Bundesregierung und das Ministerium da auch sehr gut gearbeitet haben.
Während im Jahr 2019
insgesamt 3 600 Rot-Weiß-Rot-Karten bewilligt wurden, davon nur
mickrige 171 im Tourismus, wurden im letzten Jahr doch
8 000 Rot-Weiß-Rot-Karten und sogar 1 064 im Tourismus
genehmigt. Das Ministerium schätzt für heuer
10 000 Rot-Weiß-Rot-Karten und für das
Jahr 2027 sogar 15 000 Bewilligungen nach diesem Regime.
Es freut mich natürlich
ganz besonders, dass der Erfolg auch im Tourismus eingetreten ist: In den
vier Monaten dieses Jahres konnten wir bereits so
viele Rot-Weiß-Rot-Karten für den Tourismus lukrieren, wie wir das
im ganzen letzten Jahr getan haben.
Das alles zeigt, es wirkt: Das Engagement und das Tun des Ministeriums, unseres Ministers, unserer Staatssekretärin wirken. (Abg. Belakowitsch: Sind das echte Fachkräfte?)
Zahlreiche Verbesserungen beim
Punktesystem wurden eingeführt, diverse neue
Rot-Weiß-Rot-Karten-Varianten wie insbesondere die
Rot-Weiß-Rot-Karte
für Stammmitarbeiter im Tourismus.
Auch das AMS ist flexibler
geworden. Wir haben im Berufsabgleich ja immer das Problem, dass wir in
Österreich und in einigen europäischen Ländern die
duale Ausbildung haben, diese hochwertige Facharbeiterausbildung mit dem
Lehrlingswesen, die es in vielen Ländern ja nicht gibt. Sie haben zum
Beispiel ein Problem, einen griechischen Koch mit einem hervorragend
ausgebildeten österreichischen zu vergleichen.
Es ist nach wie vor ein
Problem; AMS sowie Bezirkshauptmannschaften und Magistrat sind da als zwei
Behörden zuständig, aber auch da ist es so,
dass es regional unterschiedliche Arbeitsweisen gibt und es natürlich auch
davon abhängt, wie motiviert die Mitarbeiter in den jeweiligen Stellen
sind.
Da sind sicher auch die Bezirksstellen der Wirtschaftskammer
gefordert, gute Stimmung zu machen. Ich denke gerade an meine Zeit als Obmann
in
Schwaz, wo wir auch bei den Sozialpartnern immer eine hervorragende Stimmung
gehabt haben.
Die ABA, die Austrian Business
Agency, zur Beratung in die doch komplizierten Verfahren einzubinden war eine
gute Idee. Das ist noch zu wenig bekannt,
und ich rate jedem, der so einen Antrag stellt, sich über die Mailadresse office@aba.gv.at
oder die Wiener Telefonnummer 588580 zu erkundigen und diese Beratungen in
Anspruch zu nehmen. (Abg. Leichtfried: Wie war die Telefonnummer?)
Die Personalsituation im Tourismus spiegelt auch ein europaweites Phänomen wider. Aktuell wetteifern alle Staaten in Europa um internationale Fachkräfte. Es ist sogar so, dass am Westbalkan die Arbeitskräfte knapp werden. Da gilt natürlich nach wie vor, dass wir weiterarbeiten und uns auch weiterbewegen, damit wir international auch in der Ziehung sind.
Der Herr Generalsekretär,
unser Kollege Karlheinz Kopf, und die Staatssekretärin waren gerade
in Südostasien und haben versucht, Anwerbeabkommen abzuschließen.
Es wurden bereits Abkommen mit den Philippinen und mit Indonesien geschlossen.
Auch da bemühen sich die Regierung
und unsere Wirtschaftskammern sehr, dass wir Erleichterungen bekommen.
Auch die in Aussicht gestellte
Rot-Weiß-Rot-Karte für volljährige Lehrlinge lässt
aufhorchen. Es gibt 9 000 offene Lehrstellen in Österreich. Auch
der
Vorschlag zur Schaffung einer Westbalkanregelung für
Tourismusbeschäftigte – quasi ein Vorgriff auf den Beitritt des
Westbalkans zur Europäischen
Union; Peter Wurm wird wahrscheinlich gleich begeistert mitmachen –
ist eine gute Idee, die wir weiterverfolgen sollten.
Und sollten Sie sich dazu
entscheiden können, bei der nächsten Nationalratswahl die
Österreichische Volkspartei zu wählen, dann, denke ich, werden wir Garant
dafür sein, dass sich der Arbeitsmarkt auch entsprechend qualifiziert
öffnet. (Abg. Lindinger: Der kennt sich aus,
super!) – Richtig. Danke.
(Beifall bei der ÖVP.)
Da am 9. Juni die Europawahlen anstehen, rate ich
Ihnen - - (Abg. Wurm: FPÖ!) Ich bin Tiroler mit
Herz (Abg. Belakowitsch: Nach der Rede wird kein Mensch
mehr die Volkspartei wählen!), Österreicher mit Begeisterung und – jetzt, Peter Wurm, hör zu! (Abg. Wurm: FPÖ!) – vom Hirn und vom Hausverstand her Europäer, weil wir im globalen Wettbewerb nur als Europa bestehen können. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Also gehen Sie am 9. Juni zur Wahl, wählen Sie (Abg. Belakowitsch: FPÖ!), weil es eben nicht egal ist, wer dort sitzt. (Abg. Wurm: Stimmt!) – Herzlichen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Herr Kollege Hörl, die Nummer haben wir nicht verstanden! – Abg. Belakowitsch: ... Ausländerlobbyismus!)
12.30
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Klaus Köchl zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zuerst eine Pensionistengruppe aus der Steiermark, von Sankt Marein-Feistritz, unter der Führung von Peter Ring, gemeinsam mit Max Lercher begrüßen. Ich darf euch alle recht herzlich hier bei uns begrüßen! (Allgemeiner Beifall.)
Ich habe schon mehrere Reden von Franz Hörl
gehört, der der Tourismusexperte schlechthin ist, aber die Rede heute war,
von dir selbst heraus, nicht sehr überzeugend. (Zwischenruf der Abg. Reiter.)
Du hast wohl die Regierung so dargestellt, dass das jetzt gut ist, was ihr
mit der Rot-Weiß-Rot-Karte macht,
aber innerlich hat man gemerkt, es ist dir alles zu wenig, im Tourismus funktioniert
das nicht. Und das ist euer Problem: Ihr glaubt, ihr macht es gut,
aber ihr macht es überhaupt nicht gut, was das betrifft.
Das ist nämlich genau das, was ich feststellen
möchte: Wenn man gute Fachkräfte in Österreich haben will,
muss man sagen, geht das mit eurer Einstellung nicht, diese
Fachkräfte zu kriegen. Ihr integriert ja die Menschen nicht. (Abg. Kühberger:
75 Millionen hat der Minister Kocher in die Hand
genommen, 75 Millionen!) Ihr nehmt sie heraus, ihr schiebt sie sogar
noch ab.
Ich kann euch ein Beispiel von
einem Lehrling erzählen (Zwischenrufe
der Abgeordneten Kühberger und Obernosterer), den wir
als Kochlehrling in eine Brauerei bringen wollten. Der hat nicht lernen
dürfen, nur weil er halt von
euch aus nicht - - Er war gut integriert, er hat gut Deutsch
können. Ihr versagt aber an allen Ecken und Enden, was das betrifft.
(Abg. Lindinger: An den
Kriterien soll man sich aber schon ein wenig anhalten, oder? – Abg. Kühberger:
Gebts uns den Namen, wir schauen uns das an!)
Es sind
370 000 Menschen beim AMS, und ihr bringt es nicht zusammen,
dass ihr die in den Arbeitsmarkt integriert. Das Einzige, das ihr
zusammenbringt, ist, mit der Industriellenvereinigung und mit eurer Ministerin
zu sagen,
dass 41 Stunden gearbeitet werden sollte. Das werden sich die
Österreicher nicht gefallen lassen und die, die kommen wollen, werden dann
lieber
in die Schweiz oder nach Deutschland gehen und dort arbeiten, aber sicherlich
nicht bei uns. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Zum Rechnungshofbericht
möchte ich noch dazusagen (Abg. Obernosterer:
Das ist ja alles ein Blödsinn!), dass das eigentlich sehr gut von
Ihnen gemacht wird (Abg. Hörl: Ihr brauchts in Zukunft zwei
Arbeitsstellen, zwei mal 32 Stunden ...!),
Frau Präsidentin – man muss sich da bei Ihnen bedanken. Sie
haben auch angemerkt, dass sich die Antragstellerinnen und Antragsteller
schwertun, dass
das einfach sehr komplex ist und man das so nicht verstehen kann. Da
müsste man nachschärfen, das müsste man machen. Das wird diese
Regierung in
dieser Periode eh nicht mehr machen können, aber die neue Regierung wird
das dann ganz sicher machen.
Was auch eigenartig ist, ist,
dass man im Zeitalter des Computers noch Unterlagen zwischen einer Aufenthaltsbehörde und dem AMS hin- und
herschickt,
zum einen mit E-Mails und zum anderen teilweise noch per Post. (Zwischenruf
des Abg. Egger.) Das müsste man auch angehen, das hat der Rechnungshof aufgezeigt.
Deshalb, liebe Regierung: Ihr könnt das einfach nicht!
Es wird Zeit, dass Neuwahlen kommen, dass ihr aus dieser Regierung kommt.
(Abg. Reiter: Du
redest so, als wenn du’s selber nicht glaubst!) Es muss eine
vernünftige und eine sozialdemokratische Politik gemacht werden, und das
mit Herz und Hirn.
(Beifall bei der SPÖ.)
12.33
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch
(FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr
geehrte Damen und Herren! Frau Rechnungshofpräsidentin! Es geht um den
Fachkräftemangel. Der Rechnungshof hat eine ganz zentrale Forderung
aufgestellt oder eine Empfehlung aufgestellt – der Rechnungshof
empfiehlt ja, er
fordert natürlich nicht. Eine wichtige Empfehlung wäre, einen
Schwerpunkt – das wäre ein „besonderer
Schwerpunkt“, wie hier steht – „auf die
Integration von nicht erwerbstätigen Migrantinnen und Migranten in den
Arbeitsmarkt zu legen“. – Genau dieses Problem sehen wir, wenn
sich Kollege Hörl hier herausstellt und ein Plädoyer dafür
hält, dass wir noch immer
mehr Migranten hereinholen sollen. (Abg. Hörl: Hab ich ja nicht
gesagt, Dagmar! Märchen! – Abg. Kühberger: Unerhört! –
Abg. Reiter: Probieren Sie es mal
mit aktivem Zuhören! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Kollege Hörl hätte
natürlich auch die Chance gehabt, hier etwas zu erklären, zu
erzählen, stattdessen hat er in einer Geschwindigkeit runtergelesen und
gesagt – zusammenfassend –: Wir wollen noch mehr
über die Rot-Weiß-Rot-Karte hereinholen, weil die
Rot-Weiß-Rot-Karte so super ist (Abg. Hörl:
Das sind keine Migranten!), weil wir jetzt so, so viele Reformen gemacht
haben, dass die Ansprüche immer niedriger geschraubt werden. (Ruf bei
der SPÖ: Fakenews!) Eine Sprachkenntnis brauchen wir gar nicht mehr,
das haben wir aufgehoben, schon im November 2022. (Abg. Ribo:
Das ist ein totaler Blödsinn! –
Ruf bei der ÖVP: Was reden Sie da?!)
Das Punktesystem wird immer
weiter hinunternivelliert, damit immer weniger Qualifizierte zu immer
günstigeren Preisen für ihn in den Tourismus
kommen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist zusammengefasst das, Herr
Kollege Hörl, was Sie hier gefordert haben und wofür sie auch noch
glauben, grandios
Applaus zu bekommen.
Tatsache ist – und
das wissen Sie ganz genau –: Es gibt eine steigende Anzahl an
Menschen, die arbeitslos sind, aber es sind vor allem Migrantengruppen, die
massiv von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Das sind zum Beispiel Syrer,
Afghanen und Co, und da tut das Arbeitsmarktservice überhaupt nichts
dafür, um die in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Da passiert einfach
nichts. Sie
sind teilweise seit 2015 hier und haben noch überhaupt nichts geleistet. (Ruf
bei der ÖVP: Das stimmt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Das ist das Problem, das Sie haben. Das ist Ihre Zuwanderung! Ihnen geht es überhaupt nicht darum, dass die, die da sind, nichts machen, denn die wollen Sie gar nicht haben. Sie wollen immer Neuere und noch Billigere holen (Widerspruch des Abg. Schallmeiner), und das ist ein Fehler. Wir müssen endlich davon wegkommen, zu glauben, dass dann, wenn wir noch mehr Leute hereinholen, alles supertoll sein wird. Das wird nicht passieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)
Ich sage Ihnen etwas: Sie müssen die Leute
qualifizieren und motivieren, dass sie auch tatsächlich arbeiten. Wenn
dann aber Ihr Arbeitsminister, wenn Ihre Verfassungsministerin und wer sich da
alles noch angeschlossen hat hergehen und sagen: Alle sollen jetzt länger
arbeiten, 41 Stunden, am besten bis 67 Jahre – das sind
die Töne aus der Österreichischen Volkspartei –, dann wird
es sich jeder überlegen und um Österreich einen riesengroßen
Bogen
machen. Das ist die Wahrheit. Wenn ich als Arbeitsmigrant nach Europa komme,
suche ich mir nicht das Land aus, in dem ich die längste Tagesarbeitszeit
und die längste Lebensarbeitszeit habe. Das solltet ihr auch einmal
behirnen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein ganz
riesengroßes Problem, dass
ihr das selber kaputt macht. (Abg. Kühberger: Lesen Sie nur
„Die Tagespresse“?! – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Immer nur zu glauben, man muss
Leute aus der Ferne holen, ist ein
Trugschluss. (Abg. Loacker: Die aus der Nähe gibt es
nicht! – Zwischenruf der Abg. Ribo.) Dazu kommt ja,
Herr - - (Zwischenruf des Abg. Hörl.) –
Sie können
den Kopf schütteln, was Sie wollen: Es ist ein Trugschluss. Dazu kommt,
dass wir jetzt in eine Welle hineinplumpsen, in der die Arbeitslosigkeit
steigt. Es
gibt Insolvenzen: Gestern hat der Moderiese Esprit Insolvenz angemeldet, letzte
Woche hat der Ofenbauer Haas und Sohn Insolvenz angemeldet. Magna
hat angekündigt, in Graz 500 Stellen abzubauen (Abg. Schallmeiner:
Was hat das jetzt mit der Rot-Weiß-Rot-Karte zu tun?! – Zwischenrufe
bei ÖVP und Grünen), die Firma Osram hat
angekündigt, 500 Stellen abzubauen, und das geht so dahin und so
weiter. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht, nicht in Österreich! –
Abg. Kühberger: Lesen Sie nur „Die Tagespresse“?! –
Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) – Ja,
ja.
Genau das ist euer Problem,
meine Damen und Herren! (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und
FPÖ.) Wir sind in einer Situation, in der der Arbeitsmarkt schlechter
wird. Ich weiß schon, euer Arbeitsminister (anhaltende Zwischenrufe bei
der ÖVP) steckt wie immer den Kopf in den Sand und macht nichts
dagegen. (Abg. Ribo: Wir brauchen Arbeitskräfte! –
Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Das ist das große Problem.
Dieser Arbeitsminister findet es nicht einmal der Mühe wert, in den
Arbeitsausschuss zu kommen. Ich glaube,
drei Ausschusssitzungen hintereinander war er überhaupt nicht da. Er
lässt sich immer nur entschuldigen, weil es ihn nicht interessiert. Ja,
der wird
es nicht schaffen, unseren Arbeitsmarkt wieder auf Vordermann zu bringen.
Ihre kruden Ideen, nur noch mehr Leute zu noch niedrigeren Bedingungen hereinzuholen und noch weniger Qualifikation zu verlangen: Auch das wird unseren Fachkräftemangel auf Dauer (Abg. Schallmeiner: ... rassistisch!), wie auch schon in den vergangenen Jahren, nicht heilen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner. – Abg. Hörl: Sinnerfassend lesen!)
12.38
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Eva Blimlinger zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete
Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte
Damen und Herren vor den Bildschirmen, auf der Galerie! Es wäre schon
einmal fein, wenn die FPÖ Rechnungshofberichte lesen würde (Zwischenruf
bei
der ÖVP), argumentieren würde und einfach nicht jedes Mal ihre
rassistischen Meldungen rausschiebt, die vollkommen faktenbefreit sind,
überhaupt
keiner Wirklichkeit entsprechen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Es geht um Fachkräfte, und Fachkräfte sind
definiert. Das hängt auch – das ist im Rechnungshofbericht auch
zu lesen (Abg. Belakowitsch – ein Schriftstück
in die Höhe haltend –: Die sind eben nicht definiert! Das steht
da drinnen!) – natürlich am Einkommen. Es gibt
keine Novellierung - - (Abg. Wurm: Die redet
im ersten Satz schon einen Blödsinn!) – Behalten Sie Ihre
Fakenews für sich! (Abg. Belakowitsch – das
Schriftstück erneut in die Höhe haltend –: Das ist der
Rechnungshofbericht! Vielleicht hätten Sie ihn lesen sollen!) Es hat
keinen Sinn, die immer wieder zu verbreiten. (Beifall bei Grünen und
ÖVP.) Sorry, redet mal
von dem, was da drinnen steht!
Dazu muss man sagen, dass sich dieser Fachkräftebegriff
in seiner ganzen Entwicklung – das zeigt auch der
Rechnungshofbericht – natürlich am Modell des männlichen
Vollzeitarbeiters orientiert, was zu der Situation führt,
dass zwei Drittel der Rot-Weiß-Rot-Karte-Inhaber Männer sind. Da ist
sozusagen wirklich eine Nachschärfung möglich.
Diese könnte zum Beispiel
dadurch gelingen, dass man in Berufen, in denen vor allem Frauen tätig
sind und in denen Fachkräfte gebraucht werden, nämlich in den
Pflegeberufen, die Gehälter in den Kollektivverträgen an die an
Männer bezahlten Gehälter im Bereich der – ich sage es
jetzt einmal sehr allgemein – Industriearbeiter anpasst.
Dann hätten wir auch kein Problem
bei den Gesundheitsberufen, denn nur 9 Prozent derjenigen, die eine
Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen, sind Menschen, die in den Gesundheitsberufen
tätig
sind. Die Mehrheit ist eben für Arbeitskräfte in technischen
Berufen – es ist also ein männliches Industriearbeitermodell.
Bei den Gesundheitsberufen
ginge es halt darum, die Gehälter wirklich massiv zu steigern –
und nicht das Gehaltsniveau nach unten zu drücken. Das ist auch
in dem Rechnungshofbericht nicht angegeben.
Die massive Kritik des Rechnungshofes – und das kann ich gut nachvollziehen – betrifft die Varianten der Beantragung, die im Detail irrsinnig ausdifferenziert sind und die für Antragsteller und Antragstellerinnen massiv beschwerlich sind. Da geht es also sicherlich darum – es ist auch einiges schon gemacht worden, das haben wir auch schon im Rechnungshofausschuss gehört –, dass hier eine Änderung und Vereinfachung eintritt.
Ein weiterer Punkt ist die
ganze Frage der beizubringenden Dokumente
und deren Prüfung. Wir kennen das auch von den Universitäten und von
überall dort, wo es auch um Nostrifizierungen geht. Da wäre
mittelfristig sicherlich
so etwas wie eine zentrale Stelle – Behörde will ich nicht
sagen – anzustreben, die diese Dokumente bei begründetem
Verdacht auf Fälschung prüft.
Es gibt also Reformbedarf,
insbesondere was die Definition der Fachkraft betrifft: in Richtung einer
neuen Perspektive, die auch sozusagen andere Beschäftigungsarten und
-verhältnisse – da ist das AMS dann nicht mehr zuständig,
aber das könnte man in den Blick nehmen – ermöglicht und
daher eine bessere Verfügbarkeit und
Zugänglichkeit schafft, weil dieser Fachkräftemangel, der hier
unzweifelhaft besteht, notwendigerweise
mit den Rot-Weiß-Rot-Karten – auch mit den Blauen Karten, die
es gibt –, teilweise, wenn
auch natürlich nicht im vollen Ausmaß, behoben werden kann.
Mein Ceterum censeo bezieht sich diesmal darauf (auf den
Anhänger
an ihrer Halskette weisend): Nein, ich bin keine Soldatin, es ist eine
Solidaritätskette mit den Geiseln, die von der Terrororganisation
Hamas nach wie
vor festgehalten werden, und ich würde mich – und ich glaube,
auch sehr viele andere – sehr freuen, wenn sie bald freigelassen
werden. – Danke. (Beifall
bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Herr.)
12.42
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Frau
Präsidentin des Rechnungshofes! Die Vorvorrednerin, Kollegin Belakowitsch,
hat hier eine Themenverfehlung begangen, weil sie irgendwie abgelenkt hat
von dem, worum es geht, nämlich um Menschen, die in Österreich
arbeiten wollen. Um die geht es bei der
Rot-Weiß-Rot-Karte, und wir sollten froh sein,
wenn Leute hierherkommen und hier arbeiten wollen, weil wir auf breiter Front
einen Arbeitskräftemangel haben. Fragen Sie nur bei der Tankstelle Ihres
Vertrauens und bei der Bäckerei Ihres Vertrauens – dort
würde man im Regelfall sofort eine Verkaufskraft aufnehmen, die aber
schwer zu bekommen ist.
Wir reden hier also über
Arbeitskräftezuwanderung, und da stellt der Rechnungshof fest, das
Verfahren ist zu komplex. Es ist für einen Ausländer ganz schwer zu
verstehen, was die Österreicher da wollen. Das Verfahren ist auf
zwei Behörden aufgeteilt. Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten in
einem anderen Land bei zwei verschiedenen Behörden den Antrag
für eine Bewilligung stellen! Das leuchtet nicht
leicht ein. Und die Anzahl der Karten, die es da gibt: fünferlei
Rot-Weiß-Rot-Karten und die Blaue Karte EU! Welche soll
ich denn jetzt beantragen? Und wenn ich die falsche beantrage, bekomme ich dann
die, die ich bekommen hätte, wenn ich es richtig gemacht hätte, oder
weisen die mir das einfach ab?
Das ist wirklich schwierig und dazu bräuchte es
vielleicht Anleitung oder,
noch besser, ein einfacheres Verfahren. Wir haben ja jetzt eh die Voraussetzungen
schon so weit heruntergeschraubt, dass ein Busfahrer ohne Lehrabschluss auch
einfach eine Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen kann, weil er einen
Busführerschein hat. Dann machen wir es doch generell einfacher und führen wir das Verfahren bei einer Behörde zusammen!
Aus der Praxis kann ich Ihnen auch Folgendes sagen: Gehen
Sie einmal mit einem ausländischen Nachnamen in so eine Behörde,
gehen Sie einmal in
so eine zuständige Bezirkshauptmannschaft oder Magistratsabteilung! Wenn
Sie Meier, Huber oder Loacker heißen, ist das kein Problem. Wenn Ihr Name
aber für einen Österreicher irgendwie eigenartig endet, dann erfahren
Sie dort eine unfreundliche Behandlung. Sie bekommen auch nicht Ihren Antrag
zurück mit der Information: Da fehlt aber noch das und das!, sondern der
bleibt einfach liegen, bis Sie kommen und fragen: Warum ist das
so? – Und dann
sagt man: Na, da fehlt ja noch etwas! – Da werden Sie nicht aktiv
darauf aufmerksam gemacht.
Der Rechnungshof weist auch darauf hin, dass ein
Gesamtcontrolling zur Verfahrensabwicklung fehlt. – Ja, no na.
Das eine liegt beim Innenministerium
und das andere liegt beim Ministerium für Arbeit und Wirtschaft. Dann
kommt vielleicht noch die Botschaft oder das Konsulat ins Spiel, und die
Austrian Business Agency hat als beratende Einrichtung auch noch ihre Finger
drin. Da sind vielleicht vier Spieler auf der öffentlichen Seite auf dem
Spielfeld,
und da soll sich dann jemand noch auskennen.
Wie chaotisch bei uns Fachkräftezuwanderung oder
Arbeitskräftezuwanderung läuft, kann man auch an einem aktuellen
praktischen Beispiel sehen: Die Kontingente für Saisonniers und für
Erntehelfer werden jährlich hier im Haus vom Hauptausschuss beschlossen,
und die Kontingente für 2024 sind
noch gar nicht beschlossen. Wir schreiben aber schon Mai, nicht? Da geht es um
Menschen, die arbeiten, und die arbeiten nur für eine gewisse Zeit, das
sind Saisonniers. Die kommen beispielsweise nur für die Wintersaison im
Skitourismus. Die Erntehelfer sollten zur Erntezeit kommen –
und wenn die Spargelernte vorbei ist, brauche ich keine Erntehelfer mehr
für den Spargel. Und das Kontingent ist noch nicht
beschlossen! – So gehen wir mit Menschen
um, die hier arbeiten wollen.
Wenn Kollegin Belakowitsch sich über Zuwanderung
aufregen möchte, dann soll sie sich einmal die Familienzusammenführung
anschauen. Dort haben wir
echt ein Problem, da kommt zu viel. Da kommt mehr, als wir in den Schulen bewältigen
können. Da kommt mehr, als wir in den Behörden bewältigen
können. Reden wir über das! Bei der Arbeitskräftezuwanderung
aber, bei denen, die hier arbeiten wollen, da sind wir zu langsam
und da sind wir nicht
attraktiv für die, die hier gerne anpacken wollen und Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge zahlen würden. (Beifall bei den
NEOS. – Abg. Michael Hammer:
Eine gute Rede einmal!)
12.46
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Präsidentin Kraker zu Wort gemeldet. – Bitte.
Präsidentin
des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker:
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erlaube mir, nur
kurze Ausführungen
zu den beiden Berichten betreffend Fachkräftemangel und
Rot-Weiß-Rot-Karte zu machen.
Wir haben uns ja das letzte Mal im Rechnungshofausschuss
intensiv mit Berichten zum Thema Arbeitsmarkt beschäftigt, und ich denke,
es sind sehr relevante und wichtige Themen. Wir haben im Bericht über den
Fachkräftemangel eine Übersicht gegeben und eine
Bestandsaufnahme über die Hauptprobleme des Fachkräftemangels
gemacht, das heißt also in
jenen Bereichen, in denen es eine Nachfrage nach bestimmten Qualifikationen
gibt, die das Angebot am Arbeitsmarkt substanziell übersteigt. Wir haben
uns die Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials, die Entwicklung der
offenen Stellen und die Darstellung der Maßnahmen angeschaut.
Warum hat sich der Rechnungshof
das angeschaut? – Das Thema ist wichtig, denn es geht um die
gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit, es geht
um volkswirtschaftliche Kosten, und es bestand eben laut unserem Bericht da
das
Problem der Verfügbarkeit von ausreichend qualifiziertem Personal,
und wir erleben auch eine demografische Entwicklung, die das Problem
natürlich auch noch tendenziell verstärken wird.
Was wir aber gesehen haben, ist,
dass es zugleich auch einen Höchststand
an Beschäftigten gibt, während das Niveau der tatsächlich
geleisteten Arbeitsstunden aber auf jenem von 2008 blieb, weil es zum
Beispiel eine sehr
hohe Teilzeitquote gab, eine Teilzeitquote von mehr als 31 Prozent der unselbstständig
Beschäftigten, und mehr als die Hälfte davon waren
Frauen.
Die Datenlage haben wir auch
kritisiert, denn es gibt die Stellenandrangsziffer, aber was nicht vorhanden
ist, ist eine Datenbasis – und das verlangt
auch das AMS – zum Beschäftigungsausmaß und zu den
ausgeübten Berufen.
Das heißt, es gibt eine
Vielzahl von Einflussfaktoren und Handlungsfeldern
im Zusammenhang mit diesem Fachkräftemangel, für Maßnahmen zur
Bewältigung des Fachkräftemangels. Das ist hier aufgezählt, und
wir haben auch gesagt, dass wir deshalb auch eine Gesamtstrategie brauchen, im
Rahmen derer alle Stakeholder sozusagen an den jeweiligen Stellschrauben
drehen.
Einer dieser Punkte war dann die Rot-Weiß-Rot-Karte. Da geht es natürlich um ein effizientes rechtliches Instrument für die geordnete Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften. Auch das ist notwendig zur Bewältigung des Problems des Fachkräftemangels, ist einer der Ansatzpunkte.
Wir haben festgestellt, dass
sich zwar die Inanspruchnahme der Rot-Weiß-Rot-Karte deutlich erhöht
hat, dass aber die Kartenvarianten komplex waren,
schwer voneinander abgrenzbar waren, dass es Überschneidungen gab und die
Anforderungen an Sprachkenntnisse gering waren.
Das Behördenverfahren war ein zweiteiliges Verfahren: Da gab es die Aufenthaltsbehörden, die Bezirksverwaltungsbehörden für die sicherheitspoli-
zeilichen Voraussetzungen,
und das Arbeitsmarktservice, das AMS, die in getrennten IT-Systemen
arbeiteten. Da hat das Innenministerium jetzt
ein Anwendungstool entwickelt, und aus Sicht des Rechnungshofes wäre es
gut, wenn das zu einem Abwicklungs- und Controllinginstrument werden
würde, damit man die gesetzliche Mindestabwicklungsdauer für diese
Verfahren, die Verfahrensdauer, auch einhalten kann. – Ich bedanke
mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP,
SPÖ, FPÖ und Grünen.)
12.50
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Andreas Kühberger zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Kühberger
(ÖVP): Frau Präsidentin!
Geschätzte Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher!
Besondern darf ich heute im Namen des Abgeordnetenkollegen Georg Strasser
die Soroptimistinnen aus dem Bezirk Melk begrüßen. –
Herzlich willkommen! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP,
SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Wie die Vorredner schon angesprochen haben: Der Rechnungshof überprüfte von Jänner bis Juli 2023 den Fachkräftemangel hier in Österreich, um die Gründe dafür festzustellen, aber auch um Lösungsansätze zu finden. Ein Ziel der Überprüfung war es, die aktuellen Herausforderungen, aber auch die zukünftigen Herausforderungen, die es in der Arbeitswelt gibt, aufzuzeigen.
Auch ich selber habe in meiner Jugend einen Lehrplatz
gesucht. Ich
erinnere mich: Es war nicht einfach, dass man einen Lehrplatz bekommen
hat. – Heute hat sich das Blatt gewendet. Macht man eine Zeitung
auf, sieht
man sehr viele Stellenanzeigen, auch auf Social Media und auf Jobbörsen
sieht man viele Anzeigen. Auch wenn man draußen in den Betrieben
unterwegs
ist – und ich bin viel unterwegs und rede mit Unternehmerinnen und
Unternehmern –, hört man immer wieder, dass neben anderen
Herausforderungen natürlich auch der Fachkräftemangel eine
besondere Herausforderung ist.
Die Wirtschaftskammer hat eben
erst eine Umfrage gemacht: Über
87 Prozent unserer Unternehmerinnen und Unternehmer haben dann auch
bestätigt, dass der Fachkräftemangel im Betrieb, aber auch das Halten
von Fachkräften – weil es ja auch da dann eine Konkurrenz
gibt – eine besondere Herausforderung ist.
Schauen wir uns jetzt die Zahlen
an! Mit den Zahlen beginnt es auch
bei den Unternehmen: Wenn im Betrieb Menschen fehlen, dann ist das
natürlich beim betriebswirtschaftlichen Ergebnis auch ein Thema, aber auch
aus gesamtvolkswirtschaftlicher Sicht gibt es da Themen – neben der
demografischen Entwicklung –, wenn uns diese Einnahmen fehlen.
Ich gehe auf die Zahlen ein: Im
ersten Quartal 2024 gab es 196 000 offene Stellen. Wenn man das
mit den Jahren 2015 bis 2022 vergleicht, sieht man,
dass sich die Zahl dieser offenen Stellen vervierfacht hat. In meinem Heimatbezirk
Leoben gibt es 62 000 Einwohner, aktuell aber 1 000 offene
Stellen.
Darum ist es auch wichtig – und ich sage Danke, Frau
Rechnungshofpräsidentin –, dass der Rechnungshof das zu
einem Thema gemacht, überprüft
und auch Empfehlungen ausgesprochen hat.
Auf vier Empfehlungen möchte ich heute eingehen. Die Vorredner haben es teilweise schon angesprochen, aber anscheinend, wie Frau Kollegin Belakowitsch, den Bericht nicht gelesen; darauf gehe ich noch kurz ein.
Ein wichtiger Punkt ist die Aus-
und Weiterbildung: Ohne Fleiß kein Preis. Unsere Facharbeiter,
unsere Lehrlinge haben eine großartige Ausbildung hier
in Österreich. Wir können auf die Leistungen stolz sein –
im europäischen und weltweiten Vergleich, Euroskills und vieles mehr, was
sie da erreichen –,
und – auch das steht im Bericht drinnen – unser Staat
unterstützt sie dabei.
Wir haben voriges Jahr auch wichtige Beschlüsse
gefasst, zum Beispiel
die Abschaffung der Meisterprüfungsgebühren: Das sind oft 900 bis
1 200 Euro pro Prüfling, und es waren immerhin
4 850 Personen, die davon voriges
Jahr profitiert haben.
Ein weiterer Punkt ist aber auch die Mobilisierung der
Facharbeitskräfte in Österreich. Wir haben ein Thema:
31 Prozent der Beschäftigten und – wenn
man es sich genau anschaut – 51 Prozent der Frauen sind in
Teilzeit. Da ist es wichtig – und dafür bin ich
dankbar –, dass unser Bundeskanzler Karl
Nehammer dem auch entgegenwirkt. Wir haben 4,5 Milliarden Euro für
die Kinderbetreuung bis 2030 beschlossen und auch im Österreichplan
drinnen, damit wir die Menschen in Vollzeit bringen und etwas schaffen.
Jetzt komme ich auf zwei Punkte zu sprechen, die heute auch
angesprochen worden sind und über die eigentlich Unwahrheiten verbreitet
worden
sind: Es steht auch im Bericht, dass Iraker, Syrer und Afghanen, die asylberechtigt
sind, in unserem Land nur zu 45 Prozent in Beschäftigung
sind. – Da hat aber Bundesminister Kocher jetzt ein Paket mit
über 75 Millionen Euro auf
den Weg gebracht, das dem entgegenwirken soll. Es gibt erstmalig ein Paket, in
dem der Deutschkurs drinnen ist, in dem auch die Berufsausbildung und
vieles mehr drinnen ist, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir da auch
etwas bewegen.
Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, die hier vor allem von der
Freiheitlichen Partei kritisiert worden ist, ist das genau das Thema: dass
illegale Zuwanderung verhindert wird, dass man Menschen nach Österreich
bringt, die in den Sozialtopf hineinzahlen und nicht etwas herausnehmen.
Diese Menschen brauchen wir auch für unseren
Wirtschaftsstandort hier in Österreich,
egal ob Tischler, Schlosser oder Zimmerer.
Auch wir Politiker – wir hier
herinnen – sind Spezialisten. Wir müssen gemeinsam die
Dinge aufgreifen und regeln. Es funktioniert wie ein Getriebe. Nur, wenn man
dann eine Freiheitliche Partei hat, die quasi bei der
Rot-Weiß-Rot-Karte dagegen ist, oder eine SPÖ – das sage
ich auch –, die sich für die 32-Stunden-Woche einsetzt, dann
wird dieses Getriebe einen Getriebeschaden erleiden, aber wir haben dann keinen
Facharbeiter mehr, der das reparieren kann. – Danke. (Beifall bei
der ÖVP.)
12.56
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin des Nationalrates! Frau
Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Also
man
muss gleich einmal ein paar Dinge klarstellen. An die Adresse des Kollegen Loacker
sei gesagt: Wir haben da keine Themenverfehlung, sondern wir wollen diese
Facharbeiterzuwanderung am Arbeitsmarkt – und wie wir wieder sehen:
teilweise in das Sozialsystem – nicht so, wie das natürlich die
liberale Haselsteiner-Wirtschaftspartei NEOS will, auch nicht so, wie die
ÖVP das will – das an Kollegen Hörl gerichtet, der da auch
ins Schwärmen gekommen
ist, wie gut das Ganze ist und dass die ja nur einzahlen. Wie man jetzt von
Kollegen Kühberger gehört hat: Die zahlen ja nur in das Sozialsystem
ein! – Na, wenn der Zimmerer arbeitslos wird, dann wird er auch
etwas rausnehmen,
und das ist ja unser Problem. (Abg. Loacker: Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte
hängt der Aufenthalt an der Beschäftigung!)
Weil Kollegin Blimlinger auch
direkt an unsere Adresse – so lapidar und eigentlich
unrichtig – gesagt hat, wir Freiheitlichen lesen ja die
Rechnungshofberichte nicht, wir behaupten nur einfach etwas, gebe ich
gleich an ihre Adresse zurück, dass der Rechnungshof Folgendes
schreibt – das ist jetzt aus
dem Bericht –: „Seitens der Bundesministerien und auch der
Länder bestanden Initiativen, die den Fachkräftemangel adressierten;
eine Gesamtstrategie“ –
das ist im Regierungsprogramm 2020 bis 2024 bei Schwarz-Grün
drinnen gestanden; eine Gesamtstrategie wäre nämlich wichtig
dafür, dass man, wenn man das schon so will, eine geordnete
Facharbeiterzuwanderung
hat – „lag zur Zeit der Prüfung“ – das
war Jänner bis Juli 2023 – „aber nicht vor.“
Also ich kann an die Grünen als Regierungspartei nur Folgendes adressieren (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner): Motivieren Sie Ihre untätigen Regierungsmitglieder, da einmal etwas zu machen, was der Rechnungshof prüfen
kann, anstatt untätig zu sein und uns
vorzuwerfen, dass wir die Berichte
nicht lesen würden! (Beifall bei der FPÖ. –
Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Was natürlich für uns Freiheitliche in erster
Linie wichtig ist – und es ist
auch ein bisschen von der SPÖ-Seite gekommen: die Arbeitsbedingungen und
so weiter ‑, wäre, dass man sich, wenn man den
Facharbeitermangel bekämpfen will, bevor man sich mit
Arbeitsmigration befasst, einmal damit beschäftigt: Lehrlingsoffensive
jetzt, Lehre mit Matura erleichtern, Lehre einfach in
den Schulen bewerben – ich meine nicht nur die berufsbildenden
Schulen, sondern auch die höheren Schulen. Beschäftigen wir uns
damit, die Jugendarbeitslosigkeit drastisch zu senken, fast auf null zu
drehen, die Jugend
zu motivieren, einen Beruf zu erlernen! – Damit bekämpft man
wirklich den Facharbeitermangel.
Das ist unser freiheitlicher Zugang – nicht aus
aller Herren Länder Arbeitsmigranten hier nach Österreich zu holen,
weil man sie braucht. Warum braucht man sie? Warum beschäftigt man sich
mit einer
Rot-Weiß-Rot-Karte und mit einer Blauen Karte EU? Warum beschäftigt
man sich damit? – Weil man am Lehrlingssektor jahrzehntelang nichts
getan
hat und diese Bundesregierung die letzten vier Jahre überhaupt nichts
getan hat. – Das ist die Wahrheit (Abg. Loacker: ... die
Regierung ...!), sonst
hätten wir den Facharbeitermangel nicht.
Wenn man immer sagt, die Freiheitlichen kommen wieder damit daher: Der Rechnungshof sagt auch – auch das steht im Bericht –, „dass sich der Fachkräftemangel“ in Zukunft bei dieser „Entwicklung verstärken wird.“ (Abg. Loacker: Fachkräftemangel im freiheitlichen Parlamentsklub!)
Auch das steht im Bericht, wir lesen ihn sehr wohl. Wenn man
da zwischen den Zeilen liest, sieht man: Da passiert zu wenig in der Ausbildung
unserer
jungen Bevölkerung, unserer Jugend, dass sie einen Beruf erlernt. Das
wäre einmal wichtig. Das ist unser freiheitlicher Zugang. (Abg. Loacker: ...
Freiheitliche Parlamentsklub ...!)
Der Bericht ist ein guter, er zeigt viele Mängel auf:
dass, wie auch Kollege Loacker ja gesagt hat, das ein bisschen eine
chaotische Geschichte ist. Man
hat nämlich keine Gesamtstrategie, weil diese Bundesregierung keine
gemacht hat. (Zwischenruf der Abg. Kaufmann.) So einfach ist
das – und dann hat
man solche Berichte.
Wichtiger wäre uns Freiheitlichen: Wir fördern
die Jugend, Lehrlinge, Lehrlingsoffensive jetzt, dann wird man über
Jahre hinweg den Facharbeitermangel in Österreich in den Griff bekommen
und sinnvoll bekämpfen. – Danke
schön. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer:
Nicht genügend, setzen! – Abg. Lausch – auf
dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Euer Zugang, nicht? Der Stil, wie
ihr da kritisiert! – Abg. Michael Hammer: Euer Stil! Der
Vokaki-Stil!)
13.00
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr
Präsident! Geschätzte Rechnungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier im Hohen Haus, aber natürlich auch
vor den Bildschirmen! (Abg.
Michael Hammer – in Richtung Abg. Lausch –: Der
Vokaki ist heute wieder am Berg! Depressionen hat er heute wieder, der
Vokaki! – Abg. Schallmeiner: Sch! –
Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Michael Hammer und Lausch.)
Ich fange mit einem Danke an: Danke an Sie, Frau Präsidentin, an Ihr
gesamtes Team, nicht nur für diesen Bericht, sondern für
all Ihre Berichte, die immer sehr detailliert, sehr ausführlich sind und
die für uns natürlich eine super Arbeitsunterlage und Grundlage sind.
Danke!
Bevor ich aber kurz auf den Bericht eingehe, möchte ich oder kann ich nicht weitertun, ohne auf die Redebeiträge meiner Kolleg:innen der FPÖ einzugehen.
Sie lassen ja wirklich keine Gelegenheit aus, um sich hier
darüber zu äußern, dass Sie niemanden hier haben wollen, keine
Menschen aus dem Ausland hier
haben wollen. (Abg. Lausch: Nicht so sehr wie Sie!) Diese
Ausländerfeindlichkeit macht mir wirklich Angst, denn wenn es nach Ihnen
ginge, dürfte auch ich
nicht hier stehen. Auch ich bin Migrantin, noch dazu Muslimin, aber trotz Ihrer
Hetze stehe ich hier (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von
ÖVP und SPÖ), und ich stehe hier stellvertretend für die
vielen Menschen in Österreich, für die Menschen mit
Migrationshintergrund in Österreich,
die tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen (Abg. Deimek: ...!
Die Serben, die Kroaten, die Bosnier und die Türken! Euch will keiner
mehr! ...!), sich an Gesetze halten,
sich in dieser Gesellschaft einbringen, und das, obwohl sie jeden Tag von Ihnen
ausgerichtet bekommen beziehungsweise obwohl wir jeden Tag von euch
ausgerichtet bekommen, dass man uns hier nicht haben möchte. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Neuerlicher
Zwischenruf des
Abg. Deimek.)
Warum will man uns hier nicht haben? – Weil wir vielleicht neben Deutsch noch eine Sprache sprechen, weil wir etwas dunkler sind, weil – Gott bewahre! – einige von uns vielleicht ein Kopftuch tragen? Deshalb?
Ich lebe seit über 30 Jahren hier. (Anhaltende
Zwischenrufe des Abg. Deimek. –
Abg. Schallmeiner – in Richtung Abg. Deimek –:
Hör einmal zu! – Weitere
Rufe bei den Grünen: Hör zu!) Ich habe zehn Jahre meines Lebens
in Bosnien verbracht. Von diesen zehn Jahren kann ich mich an fünf nicht
einmal erinnern, das heißt, meine Heimat ist Österreich. Die Heimat
meiner Kinder ist
Österreich. Trotzdem werden sie immer, immer wieder als Ausländer
abgestempelt, und das ärgert mich einfach. (Beifall bei
Grünen, ÖVP, SPÖ
und NEOS.)
Und dann ärgern wir uns, dass Fachkräfte nicht zu
uns kommen wollen? Bei dieser Politik (Abg. Lausch: Eure Politik! Ihr
seid in der Regierung! – Abg.
Deimek: Madame, Sie sind ... Regierung ...! – Abg. Disoski:
Zuhören!) soll noch irgendwer aus dem Ausland zu uns kommen und hier
arbeiten wollen? – Na sicher nicht, und das ist aber ein Problem
für uns, das ist ein Problem für
unsere Wirtschaft. (Abg. Michael Hammer: Führt auch zu Gewalt,
die Kickl-Politik!
Hat man gerade in der Slowakei gesehen!) Ihr sagt immer, ihr liebt Österreich. – Nein, ihr liebt Österreich nicht, ihr liebt nur euch selbst. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Ihr liebt euch selbst. Deswegen kassiert euer Volkskanzler
24 000 Euro im Monat. Deswegen weiß man nicht, wo die
1,8 Millionen Euro Steuergeld in Graz sind. Das ist Selbstliebe, das ist
keine Liebe für dieses Land! (Beifall bei
Grünen, ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ja, jetzt schreit ihr ganz laut heraus, aber ich frage euch
etwas (Zwischenruf des Abg. Hafenecker): Wer putzt eure
Wohnungen? Wer putzt eure Büros?
Wer pflegt eure Eltern? (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wer
wird sich später in deren Praxis um
euch kümmern? (Abg. Michael Hammer: Ja, alle eingesperrt
in Graz! Des is a Partie!) Wer wird eure Häuser
planen? – Das sind Ausländerkinder. Das sind zum Teil
Gastarbeiterkinder. Wir haben vor zwei Tagen
das Abkommen gefeiert. Das sind Menschen, die dieses Land auch
mit aufgebaut haben! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von
ÖVP und SPÖ.)
Es tut mir leid, dass ich das jetzt bei diesem
Tagesordnungspunkt bringen musste, aber das musste sein, weil ich mir das
einfach nicht mehr anhören
möchte. Noch einmal, zur Rot-Weiß-Rot-Karte: Natürlich wird
hier diskutiert, ob das das richtige Mittel ist, um Fachkräfte aus dem
Ausland hierher zu bekommen. Danke nochmals auch für die
Verbesserungsvorschläge, die man sich natürlich genauer anschauen
muss, denn im Moment ist es so, dass
die Antragsmöglichkeiten dahinter doch sehr komplex sind beziehungsweise
das ganze System und dass es eher so ist, dass den Menschen, die zu uns
kommen wollen, Hürden in den Weg gestellt werden, anstatt sie wirklich
gezielt dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden. Das werden wir uns
anschauen.
Wie gesagt: Noch einmal Danke für den Bericht
und – das musste jetzt
einmal sein. – Auf Wiedersehen. (Beifall bei Grünen und
ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
13.05
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Bevor Frau Kollegin Martina Kaufmann beginnt, noch ein
Hinweis: Die Dringliche Anfrage wird nach Erledigung der Tagesordnung
aufgerufen werden. Das wird aus jetziger Sicht vor 15 Uhr sein,
ungefähr um halb drei Uhr. Vielleicht
kann man das auch jenen Kolleginnen und Kollegen kommunizieren, die jetzt
gerade nicht da sind. (Abg. Michael Hammer: Das ist eh dein Klub!
Musst
du an deinen Klub kommunizieren!)
Ich erteile Frau Abgeordneter Martina Kaufmann das Wort. – Bitte schön.
Abgeordnete
Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP):
Herr Präsident! Danke für das Wort! Sehr geehrte Frau
Rechnungshofpräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen
hier im Hohen Haus, aber auch auf der Galerie beziehungsweise vor den
Bildschirmen zu Hause! Ich darf mich als Allererstes beim Rechnungshof für
diesen sehr, sehr aktuellen Bericht bedanken,
der ein Thema, das uns jetzt schon seit geraumer Zeit beschäftigt,
nämlich den Fachkräftemangel, behandelt.
Ich darf das aus einer ganz bestimmten Sicht tun, und zwar
aus der Sicht
der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. Von diesen geben nämlich
laut Bericht 88 Prozent an, dass sie Schwierigkeiten haben,
Fachkräfte zu finden,
und damit liegen wir laut Bericht im Übrigen auch über dem
EU-Durchschnitt, der bei 78 Prozent liegt.
Ich kann das als Unternehmerin eines Klein- und
Mittelbetriebes selbst sagen: Ja, es ist im
Moment verdammt schwer, gut ausgebildete Fachkräfte zu bekommen, und
aus diesem Grund machen auch wir es so, dass wir die Fachkräfte ausbilden.
Wir haben drei Lehrberufe bei uns im Betrieb, wir bilden aus, wie
viele andere Unternehmen in Österreich auch. 600 000 KMUs gibt
es im Übrigen, rund 10 000 sind es alleine bei mir in meiner
Heimatstadt, in Graz,
die täglich Menschen beschäftigen und die schauen, dass die
Fachkräfte gut ausgebildet sind und sich auch weiterbilden können.
Wenn ich mir Kollegen Lausch von den Freiheitlichen
anhöre, dann
muss ich sagen: Offensichtlich ist nicht nur der Bericht des Rechnungshofes
nicht gelesen worden, sondern wurden es auch die Beschlüsse nicht,
die ihr mitgefasst habt, zum Beispiel im Bereich der
Berufsausbildung – das ist ja auch meine Funktion als
Bereichssprecherin –, was wir da in den letzten
Jahren beschlossen haben (Abg. Lausch: Nicht einmal eine
Gesamtstrategie habt ihr zusammengebracht!), um die Lehre auch in
Österreich auch aufzuwerten.
Wir haben beschlossen – im Übrigen in der
Regierungszeit mit euch –,
dass wir alle fünf Jahre die Berufsbilder überarbeiten. Diese
sind früher nicht überarbeitet worden. (Abg. Lausch: Da
wart ihr noch fleißig, mit uns! Jetzt
seid ihr nicht mehr fleißig! Jetzt klatscht ihr lieber!) Wir haben
ein Berufspaket nach dem anderen, das beschlossen wird, damit wir diese
Berufsbilder neu herausbringen können, damit sie zeitlich aktuell sind und
unsere Fachkräfte für die Zukunft gut ausgebildet sind. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)
Wir haben jetzt, Herr Kollege Lausch, mit den Grünen
gemeinsam – danke noch einmal an Kollegin Blimlinger und Kollegen
Zorba – das Gesetz über die
höhere berufliche Bildung beschlossen – das ist mit euch nicht
möglich gewesen –, und das ist ein historischer Schritt.
Damit ist es nämlich gelungen,
für diese Lehrberufe, bei denen eine Meister- oder eine
Befähigungsprüfung noch nicht möglich war, eine Ausbildung auf
Bachelorniveau in Österreich zu haben. Wir werden
damit Fachkräfte in ihren Berufen noch weiter vertiefend ausbilden
können. (Abg. Kassegger: Das ist ja genau diese
Pseudoakademisierung, die ein vollkommener Holzweg ist!)
Wir haben es geschafft, mit den Grünen gemeinsam, dass
wir die Gebühren für die Meisterprüfungen abschaffen, und genau
das ist das - - (Abg. Wurm:
Welche Gebühren habt ihr abgeschafft? Welche?) – Wir haben
die Prüfungsgebühren für die Meister- und für die
Befähigungsprüfungen abgeschafft. Ja!
(Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Wurm –
erheitert –: Ha! Das macht so viel aus, Frau Kollegin! –
Abg. Lausch: Das war ein großer Wurf! – Abg. Egger:
Geh
bitte!)
Das ist ein wichtiger und
richtiger Schritt, damit wir unsere Fachkräfte haben, und im
Rechnungshofbericht steht genau drinnen, dass es wichtig ist,
dass wir gut ausgebildete Fachkräfte haben, dass wir in die Bildung
investieren. (Abg. Kassegger: Ja, aber wir haben keine! Das geschieht
aber nicht!) Genau
das ist der Punkt, der drinnen steht.
Ja, natürlich müssen
wir schauen, dass wir – wie im hochschulischen Bereich
auch – dort hinkommen, werte Kollegen von den Freiheitlichen, dass
auch die Kurskosten übernommen werden. Und genau dafür stehen wir,
das steht auch im Österreichplan drinnen, das werden wir machen (Beifall
bei der ÖVP – Abg. Lausch: Hättet ihr schon machen können!
Ihr seid in der Regierung! – Abg. Kassegger: Wenn ihr in
der Regierung seid!), weil wir wissen,
wie wichtig das ist. (Abg. Lausch: Bald nicht mehr! – Abg.
Hafenecker: Was machts ihr denn alles, wenn ihr einmal den Kanzler
stellt?)
Und nein – wurscht ob das jetzt die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen sind oder jene der SPÖ –, nein, wir werden die Zukunftsherausforderungen nicht damit bewältigen, dass wir eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich haben, und wir werden uns auch nicht mit einer Rundumabschottung von Österreich damit auseinandersetzen können, dass wir die offenen Stellen besetzen. (Abg. Lausch: Weil ihr 35 Jahre geschlafen habt!)
Wir sind in Österreich
nach wie vor in der glücklichen Lage, dass wir mehr offene Stellen
als Suchende haben. (Abg. Kassegger: Wer ist „wir“?) Allein
in
Graz stehen 10 000 offene Lehrstellen 200 Lehrstellensuchenden
gegenüber. Ja, wir müssen absolut etwas tun, wir müssen alle,
die da sind, in Beschäftigung bringen und gut ausbilden. Ich
kann Ihnen sagen: Martin Kocher, das AMS und alle, die in diesem Bereich aktiv
sind, versuchen das. (Abg. Wurm:
Der Minister möchte zur Nationalbank gehen und der AMS-Chef ist mehr DJ!)
Ich selber mache das im Betrieb, auch ich bilde
Asylberechtigte aus, damit sie die gut ausgebildeten Fachkräfte von morgen
werden. Wir brauchen sie, denn
sonst haben Sie, weder die Kolleg:innen der SPÖ noch die er Freiheitlichen, keinen Installateur, der bei Ihnen zu Hause etwas richten kann, keinen Tischler, der bei Ihnen etwas reparieren kann. (Abg. Heinisch-Hosek: Brauchen Sie keinen Tischler? Was redet ...?)
Genau das, dass wir diese gut ausgebildeten Fachkräfte
brauchen, unterstreicht auch der Bericht des Rechnungshofes. Wir bilden sie
aus. Wir haben in
dieser Gesetzgebungsperiode viele Maßnahmen gesetzt und wir werden das
auch weiter tun, damit wir genügend Beschäftigte, gut ausgebildete
Fachkräfte, in unseren Betrieben haben. Letzten Endes, werte Kolleginnen
und Kollegen: Wenn man gut ausgebildet ist und gerne arbeitet, dann macht
man seine Arbeit auch richtig gut, und davon profitieren wir als gesamte Gesellschaft.
(Zwischenruf des Abg. Lausch.)
Eines möchte ich abschließend noch sagen, weil
Frau Kollegin Belakowitsch
sich hier herausstellt und sagt: Die und die Firma baut Menschen ab!,
und: Es ist alles so furchtbar und katastrophal! Es soll Ihnen gesagt werden:
Wir haben nach wie vor mehr offene Stellen als Menschen, die Arbeit suchen.
Die Firma Osram investiert 588 Millionen Euro in der Steiermark und
schafft damit 250 hoch qualifizierte Arbeitsplätze. (Abg. Kassegger:
Das kompensiert ein Viertel von dem, was AVL abbaut!) Es
werden also nicht irgendwelche Stellen abgebaut. (Abg. Deimek: Lesen
Sie einmal die KSV-Statistik!) So
viel auch dazu, wie Berichte gelesen werden und wie damit umgegangen wird. (Beifall
bei der ÖVP.)
Unsere heimischen Betriebe, die KMUs und auch die
Industriebetriebe,
sind diejenigen, die die Arbeitsplätze schaffen. Darauf werden wir auch in
Zukunft aufbauen und dafür steht auch die Österreichische
Volkspartei.
(Beifall bei der ÖVP.)
13.12
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein
Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Rot-Weiß-Rot-Karte und Blaue Karte EU, III-1134 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Bestandsaufnahme Fachkräftemangel, III-1138 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.
Wer für dessen Kenntnisnahme eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.
Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht
des Rechnungshofes betreffend Austrian Business Agency –
ABA – Reihe BUND 2024/5
(III-1116/2535 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun kommen wir zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Es wurde auch da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Andreas Hanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger
(ÖVP): Herr Präsident! Sehr
geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Hohes
Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher! Im Namen meines Kollegen Klaus Lindinger darf ich den Seniorenbund Bad Wimsbach begrüßen: Herzlich willkommen im österreichischen Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
Wir diskutieren unter diesem Tagesordnungspunkt einen Bericht über die Austrian Business Agency. Indirekt diskutieren wir wiederum den Wirtschaftsstandort Österreich.
Liebe Freiheitliche Partei,
hört doch endlich einmal damit auf, unser wunderbares Land permanent so
schlechtzureden! (Beifall bei der ÖVP.) Wir leben in einem der
sichersten und wohlhabendsten Länder. (Abg. Kassegger: Echt
jetzt?) Wir haben eine starke Wirtschaft und gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. Es wäre schön, wenn ihr das irgendwann einmal zur
Kenntnis nehmen könntet. Das möchte ich ausdrücklich sagen.
(Abg. Kassegger: Du musst ein bisschen mehr rausgehen ins wirkliche Leben!)
Frau Präsidentin, ich
hätte eine Anregung zum Rechnungshofbericht:
Der Rechnungshof hat – das betonen wir immer wieder, über alle
Fraktionen hinweg – eine sehr wichtige Aufgabe, nämlich
öffentliche Einrichtungen, ausgegliederte Rechtsträger dahin gehend
zu überprüfen, ob die finanziellen Mittel sparsam, rechtskonform und
zielgerichtet eingesetzt werden. Wir schätzen diese Arbeit sehr. Ich
würde mir nur manchmal wünschen, dass in den Rechnungshofberichten
auch drinnen steht, was all diese Einrichtungen
gut und richtig machen. Da gibt es nämlich auch sehr, sehr viel.
Ich darf insbesondere die Austrian Business Agency
erwähnen, die für den Wirtschaftsstandort Österreich wirklich
sehr gute Arbeit leistet. (Abg.
Loacker: Der Bericht ist vernichtend! Hast du ihn gelesen?) Ich
brauche mir nur die Zahlen aus 2023 anzuschauen: Es ist gelungen,
325 Betriebsansiedelungen internationaler Investoren in
Österreich zu ermöglichen. Das hat Investitionen von
1,4 Milliarden Euro ausgelöst, 2 500 Arbeitsplätze wurden
geschaffen. 35 Forschungseinrichtungen und 39 Start-ups haben sich in
Österreich angesiedelt. Da sind wir in einem ganz scharfen
internationalen
Wettbewerb, das ist auch ein Zeichen dafür, dass unser
Standort Gott sei Dank ein guter ist – bei allen Herausforderungen,
die wir haben. Das will ich
schon auch einmal festgehalten wissen.
Zum zweiten großen Aufgabengebiet der Austrian
Business Agency – das war ja auch im vergangenen Tagesordnungspunkt
das zentrale Thema –: Natürlich macht die Austrian Business
Agency auch gute Arbeit, wenn es darum geht, internationale Fachkräfte
anzuwerben. Bei allen Diskussionen, die wir
über dieses Thema gehabt haben, ist es, wie ich meine, einfach unglaublich
wichtig, Topkräfte aus dem internationalen Umfeld in Forschungseinrichtungen
nach Österreich zu bekommen. Wenn wir ein Hochtechnologieland sein
wollen, dann brauchen wir das ganz einfach.
Einen Aspekt möchte ich auch noch erwähnen, weil
wir alle gemeinsam unglaublich stolz auf unseren Tourismusstandort sind. Wir
sind so unglaublich stolz,
viele Gäste begrüßen zu können, weil wir halt wirklich
auch eine wunderbare Landschaft haben. In diesem Zusammenhang ist es
eine Aufgabe der Austrian Business Agency, dass Filmprojekte nach
Österreich gebracht
werden. Ich glaube, dass internationale Filme die beste Tourismuswerbung sind –
wenn man unsere wunderbare Landschaft sieht.
Es sei diesem Bericht vorangestellt, dass mittlerweile
über Jahrzehnte
wirklich sehr gute Arbeit gemacht wird. Ich komme jetzt zu dem
Aber – und dieses Aber ist natürlich auch
berechtigt –: Es ist schon Aufgabe, Effizienzpotenziale zu
heben, das ist gar kein Thema, und die Empfehlungen des Rechnungshofes halte
ich für sehr gescheit und richtig: ein einheitliches Marketingkonzept,
die Kooperation mit den Ländern, da in Fragen der
Betriebsanlagengenehmigungen die Zuständigkeiten sehr stark bei den
Ländern liegen, Compliancerichtlinien verbessern, darauf zu achten, dass
auch die ausgegliederten Rechtsträger das Bundesvergabegesetz beachten.
Ich halte diese Empfehlungen für sehr richtig; sie werden auch
aufgegriffen, um diese Organisationen entsprechend weiterzuentwickeln.
Bei allem Abwägen, was man besser machen kann, was man entwickeln kann – da leistet der Rechnungshof sicher eine sehr gute Arbeit –: Die Austrian Business Agency hat in den letzten Jahren sehr wertvolle Arbeit für unser wunderbares Land geleistet. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.17
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Ruth Becher. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr
Präsident! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Als Blackbox bezeichnet man Flugschreiber einer
Verkehrsmaschine. In der Wirtschaft bezeichnet man als Blackbox Einrichtungen,
deren Ergebnisse man zwar
messen kann, bei denen man aber nicht die Entscheidungsprozesse kennt, die zu
den Ergebnissen geführt haben.
Der Rechnungshof hat eine solche Blackbox
gefunden – sie ist definitiv schwarz –, bei deren
Auswertung sich der Rechnungshof sehr, sehr schwergetan hat. Ich spreche hier
von derselben Firma wie mein Vorredner. Die Österreichische
Industrieansiedlungs- und WirtschaftswerbungsgmbH untersteht dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und der überprüfte
Zeitraum
ist zwischen 2018 und 2022. Ziel dieser Agentur ist es, Betriebsansiedlungen zu
fördern, zusätzlich sollen auch Arbeitsplätze geschaffen und
Filmproduktionen ins Land geholt werden.
Eines lässt sich vorweg sagen: Wäre das Wachstum der österreichischen Industrie so groß wie das dieser Agentur, hätten wir ganz sicher Vollbeschäftigung. Das ist leider nicht der Fall, aber Vollbeschäftigung herrscht zumindest in der ABA – mehr noch, deren Budget belief sich im Jahr 2018 auf 4,83 Millionen Euro und stieg bis 2023 um 80 Prozent. Der Personalaufwand ist in vier Jahren um 72 Prozent gestiegen.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was der
Steuerzahler für dieses umfassende Investment bekommen hat. Wie schon zu
Beginn erwähnt, handelt es sich
dabei um eine Blackbox, und deshalb ist meine Antwort: Wir wissen es nicht genau!
(Abg. Egger: Es würde helfen, wenn man den Bericht liest!)
Ich zitiere hier aus dem Bericht des
Rechnungshofes III-1116 auf Seite 9: „Über die
Qualität und den Umfang der Beratungsprojekte lagen keine näheren
gesamthaften Beurteilungen in den Jahresberichten vor. Auch über die
tatsächliche Niederlassung von ausländischen Fachkräften in
Österreich konnte
die ABA keine Aussagen treffen, da dies nicht Bestandteil der Beratungsleistungen
war.“
Wenig überraschend: Der Rechnungshof empfiehlt die
Beseitigung dieser gesamten Missstände und fordert das
Wirtschaftsministerium auf, den Erfolg der Arbeit dieser Firma auch zu messen.
Das alles sind Forderungen, denen sich
die SPÖ natürlich anschließt, und es zeigt sich aber noch
einmal mehr, dass bei der Wirtschaftspartei ÖVP, wenn mit dem Steuergeld
der arbeitenden Bevölkerung umgegangen wird, unter Sparsamkeit etwas
anderes verstanden wird, als wenn es darum geht, den Menschen zu helfen und sie
zu unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
13.20
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Süleyman Zorba. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter
Süleyman Zorba (Grüne):
Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte
Zuseherinnen und Zuseher! Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Wir haben ja
heute schon einige Berichte, Prüfungen und Empfehlungen des
Rechnungshofes besprochen – manche fallen besser aus und
manche schlechter. Das ist bei diesem Punkt doch etwas kritischer. Beim vorliegenden
Bericht geht es um die Prüfung der Austrian Business Agency
im Zeitraum von 2018 bis 2022.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die grundlegenden
Aufgaben der Austrian Business Agency und wie sie sich selber beschreibt. Ich
zitiere von der
Website:
„Ein Unternehmen gründen? Einen
Forschungsstandort errichten? Internationale hochqualifizierte Fachkräfte
suchen? Oder vielleicht den neuen
James Bond-Film drehen? Alles richtig hier bei uns in der Austrian Business
Agency“.
Die Hauptaufgabe der Agentur besteht also darin, den
Wirtschaftsstandort Österreich zu vermarkten, Beratungen
anzubieten und das Ganze
auch zu bewerben.
Im Jahr 2023 gibt es durchaus Zahlen, die sehr gut
sind. Es wurden rund 1,4 Milliarden Euro an Investitionen nach
Österreich gezogen und im Bereich der Rot-Weiß-Rot-Karte gab es eine
Verdoppelung der Beratungen auf
circa 4 000. Trotz der positiven Entwicklung im Jahr 2023 gibt es sehr
viele Empfehlungen und auch Kritik im Bericht, auf die ich jetzt zu sprechen
kommen werde.
Der Rechnungshof kritisiert insbesondere, dass es keine
umfassenden Daten und Beurteilungen über die Qualität und den Umfang
der Beratungsprojekte gab. Zusätzlich wird noch kritisiert, dass die
Kooperation mit regionalen
Agenturen unzureichend war, was dementsprechend Effizienz kostet. Ein weiteres
Problem stellt die Rollenüberschneidung im Aufsichtsrat dar,
die potenziell zu Interessenkonflikten führen kann. Das ist leider ein
Problem in Österreich, das wir in vielen Bereichen haben. Außerdem
stiegen die Personalkosten stark an und Urlaubsrückstellungen wurden nur
verzögert abgebaut.
Schließlich wurden Compliancevorgaben und
Vergabebestimmungen nicht ausreichend beachtet. Ein umfassendes
Compliancemanagementsystem und
eine Antikorruptionsrichtlinie für die Austrian Business Agency sind
unerlässlich.
Wir sehen also: Im Jahr 2023 gab es ganz gute Zahlen,
Investitionen
wurden nach Österreich geholt und auch Fachkräfte, auf der anderen
Seite gibt es auch viele Empfehlungen des Rechnungshofes, die man umsetzen
sollte. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
13.23
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Frau Präsidentin des
Rechnungshofes! Hohes Haus! Dieser Bericht wird unter seinem
Wert geschlagen. Wenn man ihn mit ein bisschen offenen Augen liest, dann kann
man ihn nur mit einem Wort zusammenfassen: vernichtend.
Eigentlich dürfte die Geschäftsführung der Austrian Business
Agency diesen Bericht gar nicht überleben.
Ich sage Ihnen nur ein paar
Punkte, die der Rechnungshof festgestellt
hat: Die wirtschaftliche Aufgabenerfüllung ist nicht beurteilbar. Es gibt
keine messbaren Leistungsindikatoren. Es gibt keine Aufzeichnungen über
die
Art und Weise der Zusammenarbeit mit den Agenturen der Bundesländer. Es
gibt keine Compliancevorgaben. Es gibt keine regelmäßige Anwendung
des Bundesvergabegesetzes (Abg. Michael Hammer: Sagt wer?), da
wird fleißig locker so dahin vergeben. Leistungen an die Konsulenten sind
nicht
transparent nachvollziehbar und Zahlungen an die Konsulenten haben manchmal
nicht einmal eine vertragliche Grundlage gehabt. Kurz gesagt: Die machen
dort, was sie wollen, und es ist ihnen links und rechts alles egal.
Dann kommt so ein Bericht auf den Tisch, und was
passiert? – Gar nichts! Der Geschäftsführer der Austrian
Business Agency hat auch noch die Frechheit, im Ausschuss der
Frau Rechnungshofpräsidentin zu sagen, dass ihre Feststellungen nicht
stimmen würden. Also da fehlt einem echt der Schmäh.
Solche Personen gehören aus Funktionen entfernt, in die sie sowieso nur gekommen sind, weil sie vorher in einem schwarzen Ministerium im Kabinett waren. (Abg. Michael Hammer: Blödsinn! – Abg. Matznetter: ... Blackbox!) Aber so funktioniert diese Republik. (Beifall bei den NEOS.)
13.25
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung
über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht
III-1116 der Beilagen zur Kenntnis
zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Bericht des
Verfassungsausschusses über den ORF-Jahresbericht 2023
und ORF-Transparenzbericht 2023 gemäß § 7 sowie
§ 7a ORF-Gesetz, vorgelegt
von der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien
(III-1145/2531 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun kommen wir bereits zum 9. Punkt der Tagesordnung. – Ich darf die Frau Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien herzlich begrüßen und mich gleichzeitig von der Frau Rechnungshofpräsidentin verabschieden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter.
13.26
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA
(FPÖ): Herr Präsident! Frau
Minister! Sehr geehrte Kollegen im Nationalrat! Wenn man sich den ORF-Bericht durchsieht, dann sieht man da einen Bericht, der
in vielerlei Hinsicht schöngeschminkt ist und vor allem davon
ablenkt, was der ORF eigentlich mittlerweile geworden ist, denn es handelt sich
beim ORF um eine
Chaos-Propaganda-Anstalt der Sonderklasse, und diese Entwicklung hat sich in
den letzten Jahren verdichtet.
Weil der ORF zunehmend als
politischer Spieler auf diesem Parkett auftritt,
was er ja zweifelsohne tut, muss man sich schon die Frage stellen, warum es da,
Frau Bundesminister, gleich einmal die Zwangsgebühren als Morgengabe
für diesen ORF, für eine zusätzliche politische Partei
eigentlich, gebraucht hat.
Wenn man historisch ein
bisschen analysiert, wie sich der ORF gewandelt
hat, dann würde ich sagen, am ehesten bemerkbar war es, dass der ehemals
öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Partei mutiert ist, als die Coronakrise
ausgebrochen ist. Da ist der ORF plötzlich ein willfähriges
Instrument der Einheitspartei geworden, eine zusätzliche Partei, wenn
Sie so wollen. (Rufe
bei der SPÖ: Geh bitte!) Es war damals die Zeit der
links-türkisen Koalition (Abg. Leichtfried: Was ist an den
Grünen links?) – ist sie ja noch immer, aber das
ist ja Gott sei Dank bald zu Ende –, und es wurden dort völlig
unhinterfragt Regierungsdogmen getrommelt, wo man sich wirklich die Frage
stellen muss:
Wie kam es eigentlich so weit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Wir erinnern uns noch an die Aussagen von Sebastian Kurz, in denen er da von irgendwelchen Hunderttausenden Toten gesprochen hat. Na, das war die Schlagzeile damals im ORF! Also man hat mit der Angst der Menschen gearbeitet und hat das damals nicht hinterfragt.
Es gab und gibt eine große Zahl von psychischen Erkrankungen in unserem Land. (Abg. Michael Hammer: In eurem Klub, oder was?) Reden Sie einmal mit Psycho-
logen! – Also, Herr
Kollege, wenn Sie jetzt fragen, ob es die psychischen Erkrankungen bei uns
im Klub gibt, und Sie sich darüber lustig machen, dass es
in Österreich zahllose Menschen gibt (Abg. Belakowitsch: Vor
allem Kinder! – Abg. Michael Hammer: Bei euch, ja!), die
nicht wissen, wo sie die psychologische Betreuung herbekommen, weil Sie sie
erst in diese psychologischen Krisen gestürzt haben (Abg. Michael Hammer:
Ja, ja, genau!) mit Ihrer Politik (Abg. Belakowitsch: Vor allem
die Kinder!), dann würde ich mich einmal schämen an Ihrer Stelle,
Herr Kollege. (Abg. Michael Hammer: Vor allem euer Parteichef! Wo ist er
denn heute wieder? In den Bergen, sich psychisch freispielen?) –
Also wirklich! Unglaubliches Niveau, welches Sie da an den Tag legen.
(Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Michael Hammer:
Zaghafter Applaus!)
Aber reden wir über die psychischen Erkrankungen in
diesem Land!
Reden Sie mit Psychologen und schauen Sie, wie die Praxen aussehen, wie es
ausschaut, wenn man da einen Termin haben möchte, um Hilfe zu
bekommen, Herr Kollege. Ich würde nicht so süffisant lachen an Ihrer
Stelle. Das hat nämlich auch sehr viele Kinder getroffen, deren Eltern
nicht wissen,
wie sie sie wieder in ein normales Leben zurückbringen. (Abg. Michael Hammer:
Es geht aber um den ORF gerade!) Das war Ihre Coronapolitik, das war Ihr
Wegsperren von Kindern, das war Ihr Zusperren von Schulen und das waren Ihre
Lockdowns und all diese Exzesse, die Sie an den Tag gelegt haben. An
Ihrer Stelle würde ich nicht so selbstgerecht dasitzen, Herr Kollege. Das
muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. (Abg. Michael Hammer: Wer hat den
Lockdown gefordert? Der Vokaki, oder?)
Aber gehen wir weiter in der Berichterstattung des ORF:
Leichenberge. Da hat es Fakenews gegeben, Leichenberge hätte es gegeben.
Wir wissen heute,
dass diese Bilder aus ganz anderen Umständen entstanden sind. Das waren
keine Coronaleichenberge und das waren auch keine Lastwägen, die
Coronaopfer weggeführt haben. Das haben Sie alles für Ihre
Propaganda verwendet. Der ORF hat es nicht hinterfragt und hat es
auch berichtet. Na reden wir weiter! Was ist denn im ORF transportiert
worden? – Oma und Opa
müssen sterben, wenn die Enkelkinder zu Besuch kommen. Das ist doch der
Sukkus dieser ganzen Berichterstattung gewesen. Und ich weiß schon,
dass Sie von den Grünen jetzt auch so betroffen dreinschauen, weil Sie
genauso wie die ÖVP und auch die SPÖ dafür verantwortlich sind,
was Sie in diesem
Land angerichtet haben. Der ORF hat ja immer nur als Sprachrohr agiert. (Zwischenrufe
bei SPÖ und Grünen.)
Die Zwangsmaßnahmen gegen die eigene
Bevölkerung – ich finde es ja schade, dass Sie noch immer nicht
wenigstens zu so viel imstande sind, dass Sie
sagen: Gut, wir haben uns geirrt und haben einen drastischen Fehler gemacht!,
nein, Sie sitzen immer noch alle selbstgefällig da und verteidigen auch
noch das, was Sie damals gemacht haben – wurden vom ORF regelrecht
bejubelt. (Abg. Leichtfried: Und euer Wurmmittel war kein
Irrtum, oder was?)
Ich sage Ihnen eines und das Gefühl habe ich damals bei dieser Berichterstattung gehabt (Abg. Leichtfried: Was war mit dem Wurmmittel?): Wenn man die Zwangsimpfung der ÖVP über das Fernsehgerät verimpfen hätte können, dann hätte das der ORF wahrscheinlich auch noch getan. Das war die Coronazeit. (Abg. Michael Hammer: Sie behaupten, dass - -!)
Man hat gelogen, was die Proteste gegen Ihre Zwangsimpfung betrifft,
meine Damen und Herren von der ÖVP und von den Grünen, das hat man
heruntergedodelt, da hat man lieber den 1. Mai von den Roten hinaufgeschrieben,
an dem wirklich nur mehr sehr, sehr wenige Genossen teilnehmen. Auf der anderen
Seite: War der ganze Ring bummvoll mit Leuten, hat
man wenige Zehntausende angegeben. (Abg. Michael Hammer: Die
Narrischen, der Vokaki und seine Leut!) Das heißt, man hat sich da
zum Propagandainstrument gemacht, und das muss man einmal klar sagen.
(Abg. Michael Hammer: Die Frau Belakowitsch, die da ...!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege, noch eines – vielleicht auch für Sie wichtig, wenn Sie in die Umfragen schauen –: Man hat Hunderttausende Österreicher durch den ORF beleidigt, einfach deswegen, weil
man sie zu Schwurblern, zu
Rechtsextremisten erklärt hat, und ich
weiß nicht, was sonst noch alles für Vorwürfe gefallen sind.
Das ist der Grund, warum Sie demnächst einmal die Rechnung bei der Europawahl
präsentiert bekommen (Abg. Michael Hammer: Schauen wir
mal! Schauen wir mal!) und in weiterer Folge natürlich auch im
September. (Abg. Michael Hammer: Müssen
wir erst schauen, ja!)
Wissen Sie, Sie haben gemeinsam mit dem ORF
die Bevölkerung gespalten, und dann hat
sich der ORF gewundert, warum sich die Leute abgemeldet haben, warum
niemand mehr die GIS bezahlen wollte. Weil nicht jeder, der sich da vor das
Fernsehgerät hinsetzt, ein Masochist ist und sich dauernd von den
Redakteuren des ORF beschimpfen lassen möchte, das ist doch klar, dass
sich da die Seher vom ORF abgewandt haben. Dann hat man plötzlich gesehen:
Oje, jetzt wird es mit der GIS aber ganz eng werden, jetzt geht sich der
Privilegienstadl am Küniglberg dann nicht mehr aus.
Na, was machen wir denn jetzt? –
Dann sind Sie auf die Bühne getreten,
Frau Bundesministerin (Abg. Michael Hammer: Und dass es da ein Urteil
gegeben hat, wissen wir auch, oder?), nachdem der Verfassungsgerichtshof
auf
Bestellung des ORF so entschieden hat, und haben dieses Gesetz
vorgelegt, mit dem jetzt die Österreicher auch noch ausgeraubt und
zwangsbeglückt werden, diesen ORF, der wirklich unter jeder
Kritik ist, zu finanzieren.
Das ist Ihre Leistung, Frau Bundesminister, und – das können Sie sich auch gleich ins Tagebuch hineinschreiben – es ist auch Ihre Verantwortung, warum es Ihrer Partei so geht, wie es ihr derzeit gerade geht, weil Sie den Österreichern schamlos in die Taschen gegriffen haben.
Wissen Sie,
niemand versteht es, dass man jetzt eine Zwangsgebühr bezahlen muss, wenn
man sich gleichzeitig die Gehälter beim ORF anschaut.
60 Personen haben dort über 170 000 Euro im Jahr. Ich
weiß schon, das ist nicht so viel, wie Herr Gusenbauer verdient, das ist
nicht so viel, wie Herr
Mahrer bekommt (Rufe bei der ÖVP: Oder der Herr Kickl!), das
weiß ich schon
(Abg. Michael Hammer: Vokaki, der Abcasher!),
das ist auch nicht so viel,
wie der ORF-Spitzenverdiener von den Grünen verdient (Ruf bei der
ÖVP: Fast so viel wie der Herr Kickl, oder?), das ist auch nicht so
viel, wie Herr Haselsteiner hat, das weiß ich schon, aber
nichtsdestotrotz: 60 Personen verdienen dort über
170 000 Euro. (Abg. Michael Hammer: Und die Grazer
FPÖ, die fühlen
sich auch ...! – Abg. Hanger: .. im Vergleich zum
Herrn Kickl ist es relativ wenig, oder?)
Das führt dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwischenrufe
bei der ÖVP) – zuhören! –, dass es im ORF
einen Durchschnittsbezug von über 90 000 Euro im Jahr gibt.
(Abg. Michael Hammer: Der Kickl kriegt als Bonus 25 000!) Wissen
Sie – und von der Sozialdemokratie habe ich dazu noch nichts
gehört –, was das Schäbige dran ist? (Abg. Leichtfried:
Dass der Kickl das
Doppelte verdient!) – Das ist die Führungsetage, in der
auch Ihre Leute noch drinnen sitzen, die stauben dort ordentlich ab (Abg. Leichtfried:
Was ist mit dem Abstauber Kickl?), aber der Kabelträger, der
Techniker, der Beleuchter, der Kameramann, die sind alle unter dem Niveau
bezahlt, und das mit einem roten Betriebsrat. (Abg. Leichtfried: Was
ist mit Kickl? Reden wir über Kickl!)
Da würde ich
mich an Ihrer Stelle schämen, Herr Kollege Leichtfried, Sie können
gar nicht so laut hereinrufen (Abg. Leichtfried: Herr Kollege
Hafenecker, reden
wir über Kickl!), dass man nicht sieht, was die Sozialdemokratie im
ORF für eine Schande angerichtet hat und wie sich die Gewerkschaft dort
eigentlich in diesem Zusammenhang blamiert hat. (Abg. Leichtfried: Wer
ist da der Abstauber?)
Sie sind mit
Ihrer Gewerkschaft dafür verantwortlich (Abg. Leichtfried: Ihr
seids die Abstauber!), dass die ORF-Technik Hungerlöhne ausbezahlt
(Abg.
Leichtfried: Abstauber!) und nur einige wenige Privilegierte dort
wirklich kofferweise das Geld hinaustragen. (Abg. Holzleitner: Sie
wollen alle Arbeitsplätze wegstreichen! – Abg. Leichtfried:
Nichts als wie Steuergeldabstauber!)
Wissen Sie,
interessant ist es, wenn ich mir jetzt vor wenigen Minuten durchlese, wie der
ORF-Redakteursrat auf die Tränendrüse drückt. Er sagt, der ORF
dürfe nicht abgeschafft werden. Wissen Sie, was schäbig
ist? – Wenn genau dieser Redakteursrat hergeht, wie er es
vorher in einer OTS getan hat, und
das Attentat auf Premierminister Fico heranzieht (Abg. Michael Hammer:
Ja, das ist eure Politik, die Leute aufhussen! Ja, genau, so ist es!), um
davor zu warnen,
weil er dann gesagt hat: Also wenn man das so macht wie Herr Fico,
dann kommt es zu solchen Attentaten. (Abg. Michael Hammer: Ja, die
Kickl-Rede ist das, ja!)
Das ist der Sukkus
der Berichterstattung von gestern und heute. Dieses
gemeine Attentat auf Herrn Ministerpräsidenten Fico, dem ich gute
Besserung und baldige Genesung wünsche, für eine solche Polemik
heranzuziehen,
ist wirklich unglaublich. (Abg. Michael Hammer: Das ist eure
Politik!) Das ist fast genau wie das, was die Grünen gestern gemacht
haben, indem Sie der
FPÖ direkt, ah, indirekt noch die Verantwortung für dieses Attentat
untergeschoben haben. (Abg. Michael Hammer: Ja, ist auch
so! – Abg. Disoski: Was redest du?) Herr Kollege, Sie
reihen sich gleich einmal zum Herrn Koalitionspartner ein. (Abg.
Michael Hammer: Ist so! Ist so! Wenn man alle aufhusst, ja sicher! Die
Narrischen! – Abg. Wurm: In der Slowakei, oder
was? – Abg. Michael Hammer:
In Österreich, ja, in Österreich! – Abg. Wurm: Ja
denk einmal nach! Schalte einmal das Hirn ein!)
Wenn man sich die gestrige „Zeit im Bild
2“ angesehen hat – das muss
man sich vorstellen! –, ist dort zwar über das Attentat auf
Herrn Premierminister Fico berichtet worden, aber wissen Sie, was man dort auch
gesagt hat? –
Man hat dort auch gesagt – und da sollten wir uns doch einmal alle
etwas an der Nase nehmen, Herr Kollege Hammer (Abg. Michael Hammer: Kickl
ist der ...!
Der macht so was! – Abg. Belakowitsch: Jetzt reicht es
langsam, reißt euch ein bissl zusammen! – Abg. Michael Hammer:
Ja, ist aber so!) –, man hat dort auch
gesagt: Na ja, hätte Herr Ministerpräsident Fico (Abg. Michael Hammer:
Der Hassprediger! Vokaki!) nicht eine derartige Rhetorik an den Tag
gelegt, dann
wäre dieses Attentat eigentlich nicht passiert!
Das war der Sukkus des Berichtes (Abg.
Michael Hammer: Stimmt auch, ja!),
das muss man sich ja vorstellen! Das ist Ihre Art und Weise, zu denken, aber wenn
ich meine politische Meinung nicht mehr artikulieren darf und wenn es dann
sinngemäß heißt – Kollege Hammer, da würde ich
mich an
Ihrer Stelle dafür genieren! –, der ist selber schuld, dass er
fast erschossen worden ist, ja, wo leben Sie denn?
Ihr Präsident Sobotka hat gestern noch
Genesungswünsche überbracht,
und Sie sagen jetzt, Herr Fico sei zu Recht angeschossen worden, Kollege Hammer?
(Ruf bei der ÖVP: Hat er ja nicht gesagt!) Kapieren Sie
überhaupt, was
Sie da gerade gesagt haben? (Abg. Michael Hammer: Das habe ich nicht
gesagt! Spinnst ein wenig? Spinnst ein wenig? – Ruf bei der
ÖVP: Na, geh bitte! –
Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben gerade gesagt: Stimmt ja!
Sie haben es gerade gesagt, das wird im Stenographischen Protokoll nachzulesen
sein.
Das ist die Berichterstattung, die da
stattfindet, das ist die Einheitspartei. Da gibt es zustimmendes Nicken, da
gibt es zustimmendes Nicken. (Abg. Michael Hammer: Hass und Hetze ist
der Grund für so was!) – Kollege Hammer schreit noch rein,
es sei ihm quasi eh vergönnt. Das ist doch ein Klima, das wir nicht
wollen, und das ist vor allem ein Klima, das vom ORF derzeit befördert
wird. (Abg. Fischer: Das Klima vergiftet ihr! – Ruf bei
den Grünen: Zeit ist aus!)
Wissen Sie, das ist schäbig, und dass man wie gesagt in einer „Zeit im Bild 2“ insinuiert hat, dass es zwar schlimm sei, aber dass er selber schuld sei, ist bezeichnend, und dafür werden Zwangsgebühren eingehoben.
Es gibt Manipulation im ORF, wo das
Sündenregister wirklich ein sehr, sehr langes ist. Vielleicht an die
Kollegen von den Grünen gerichtet: Ich erinnere
mich noch gut an das Kuschelwohlfühlinterview, das Herr Wolf mit Ihrer
Spitzenkandidatin zur Europawahl, Frau Schilling, gemacht hat. Ich
weiß auch,
weil ich ja selbst schon mehrfach Gast in der „Zeit im Bild 2“ war,
wie recherchiert wird – nämlich auch in den persönlichen
Bereich hinein und was die sozialen Medien betrifft –, wenn ein
Freiheitlicher dort zu Gast ist.
Wissen Sie, was
mich wundert und was meine These der Politisierung des ORF bestätigt, ist
der Umstand, dass man sie in diesem Interview dort gehätschelt und
getätschelt hat – verbal natürlich nur! – und
Herr Wolf nicht draufgekommen ist, dass Ihre Spitzenkandidatin, Frau
Schilling, mit der gewaltbereiten Antifa in einem Boot sitzt, dass
Herr Wolf nicht draufgekommen ist, dass Frau Schilling Sympathiebekundungen
gegenüber der Hammerbande gemacht hat, die Menschen
überfallen hat, die Leuten mit dem Hammer den Schädel
eingeschlagen hat. Das gefällt Frau Schilling, dazu hat es ein Like
gegeben, das hat Herr Wolf vorher nicht überprüft.
Herr Wolf hat
auch nicht überprüft, dass Frau Schilling, Ihre zukünftige
EU-Parlamentarierin, es gut findet, wenn ein Transparent über den
Ring getragen
wird, wo draufsteht: Österreich, du Nazi! Das ist Ihre Kandidatin, also
Sie haben sich da ein ganz nettes Aushängeschild zugelegt.
Es ist Ihre
Spitzenkandidatin, die ein Like daruntersetzt, wenn jemand
schreibt: Fuck the police! Also ich bin jetzt gespannt, wie Sie das mit Ihrem
Zugang zum Rechtsstaat vereinbaren wollen, wenn jemand von Ihrer Fraktion, die
Sie als Spitzenkandidatin ausgewählt haben, schreibt und likt: Fuck
the police!, ich bin gespannt. Dass man sich dann gegenseitig noch kommunistische
Weihnachten wünscht, das ist etwas, was das Bild dann auch noch
abrundet.
Jetzt stelle ich
mir schon die Frage, warum Herr Wolf, der sonst immer so gut informiert
ist, in diesem Fall nicht genauer hingesehen hat. (Abg. Weratschnig:
Bei welchem Punkt sind wir jetzt gerade? – Ruf bei den Grünen:
Zeit!)
Eines noch – ja, ich
weiß schon, dass Ihnen das alles wehtut, was ich sage, aber ein paar
Skandale aus dem ORF kann ich Ihnen nicht ersparen –: Wir
haben vor zwei Tagen eine Sendung gesehen, „Demokratie in Gefahr“:
„2024 wird ein Superwahljahr“, das war der Teaser, „Hunderte Millionen [...] werden heuer ihre Stimmen
abgeben – mit düsteren Aussichten. In
vielen Ländern
drängen Populisten, Autokraten und Demokratiegegner
an die Macht.“
Meine sehr
geehrten Damen und Herren, ist das die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks, in dieser Art und Weise wenige Wochen vor einer Wahl zu
berichten? – Die Bilder, die dazu gezeigt worden sind, waren auch
eindeutig (Abg. Leichtfried: Hat man die FPÖ gesehen?), also
genau deswegen wünschen sich die Menschen eine Reform des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Frau Saskia Esken
war in der „Zeit im Bild 2“ bei Armin Wolf zu Gast und
hat die AfD mit Goebbels verglichen und dort gleich einmal verlangt, dass man
die Finanzströme trockenlegt und dass man die Partei mehr oder
weniger verbietet. Das ist das Demokratieverständnis, das man dort transportiert.
Die
Migrationsforscherin Kohlenberger zur Asylreform bei Armin Wolf: „Politik
des Sterbenlassens beenden“. Die angebliche Expertin Kohlenberger
schreibt übrigens auch – für wen, glauben
Sie? – für den „Falter“. Kann man machen, aber man
soll es auch dazuschreiben und dann nicht sagen, das sei jetzt eine objektive
Expertin.
Ich meine, dass
Ihr ehemaliger Gesundheitsversager, Herr Anschober, auch
noch ein Buch geschrieben hat und da entsprechenden Sendungsplatz bekommen hat,
das haben Sie von den Grünen ganz gut gemacht. Er kann also sozusagen
seinen Büchershop im ORF aufbauen – das wird Frau Blimlinger vielleicht
noch für ihn organisiert haben – und wird da halt bei
„Stöckl“ hofiert und so weiter und so fort. Also das ist das,
was Sie da mit Ihrer
Reform zuwege gebracht haben.
Dann gibt es noch Charity für Klimakleber in den „Seitenblicken“, dann gibt es die Sciencebusters-Szene, das sind Staatskünstler, die eine OTS ausschicken und auf der einen Seite Herbert Kickl kritisieren, auf der anderen Seite einen Benefizabend für den Klimaaktivismus bewerben.
Da gibt es Julia
Ebner, die zahlreiche Preise von der SPÖ bekommen hat – und von
der ÖVP im Übrigen auch –, da gibt es auch kein Insert
drunter,
dass das eigentlich eine Parteiexpertin ist. Die will überhaupt gleich
Herbert Kickl verbieten, zur Wahl anzutreten. Alles das ist das, was wir im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehen. (Abg. Leichtfried: Wie
viele Seiten hast du denn noch?)
Ein letztes Wort noch zu einem
Skandal, der mir wirklich wehtut und der
zeigt, wie manipulativ der ORF in diesem Zusammenhang arbeitet,
das ist nämlich die Causa Ziegler. (Abg. Michael Hammer: Das ist
ein Endlos-Unsinn! Seitenweise!)
Die Causa Ziegler ist ein Fall,
der zeigt, wie auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Wahlen
eingreifen kann, denn im Jahr 2018, meine sehr geehrten Damen und Herren, war
es der ORF, der bis wenige Stunden vor dem
Wahlgang sehr, sehr unobjektiv über die Causa Landbauer berichtet hat.
Herr Ziegler selbst hat noch interveniert, dass am Abend vor der Wahl noch
alle „Zeit im Bild“-Ausgaben über diese Liederbuchaffäre
berichtet haben, von der rechtlich bekanntermaßen nichts übrig
geblieben ist. Dann hat es
im ORF eine Untersuchung gegeben. (Zwischenruf der Abg. Disoski.) –
Sehr geehrte Damen und Herren, ich würde das nicht lustig
finden. – Da
hat man 70 Mitarbeiter befragt. Es ist um Einflussnahme auf Wahlen
gegangen (Abg. Michael Hammer: Wenn du noch länger weiterredest,
ist von deinem
Klub keiner mehr da!), es ist um Verstöße gegen das
Redaktionsstatut und so weiter und so fort gegangen.
Wissen Sie, was passiert ist? – Man hat
70 Leute befragt, man hat sie dreimal in der Woche befragt,
teilweise 10 bis 11 Stunden, und der Bericht ist dann so behandelt worden,
wie es in dieser Republik immer stattfindet: Man hat
ihn verräumt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Nicht einmal
der Stiftungsrat konnte diesen Bericht einsehen, der wird dort gehütet wie
der heilige Gral.
Jetzt ganz ehrlich: Wenn der Verdacht im Raum steht, dass
durch den ORF Niederösterreich beziehungsweise den Chef von ORF
Niederösterreich Landtagswahlen massiv beeinflusst worden sind, dann
hat doch diese Republik das Recht, zu wissen, was bei dieser Untersuchung
herausgekommen ist.
Warum haben Sie denn, gerade in der ÖVP Niederösterreich, das Papierl
verräumt? – Weil Sie Angst vor der Wahrheit haben, die da
drinnen steht.
Aber ich sage Ihnen eines: Irgendwann einmal wird sich auch
dieser Safe öffnen lassen (Abg. Egger: Im Öffnen von Safes
seid ihr ja Spezialisten!), spätestens
dann, wenn ein Volkskanzler Herbert Kickl den ORF vollkommen reformiert.
(Abg. Disoski: Volkskassierer wolltest du sagen! Volkskassierer!)
Volkskanzler (Abg. Disoski: Volkskassierer!) Herbert
Kickl ist der, der Sorge dafür trägt, dass erstens einmal die
Haushaltsabgabe abgeschafft wird. (Abg. Michael Hammer: Er wird
gar nichts machen! Den Berg raufrennen, dass er psychisch wieder rein
wird! – Abg. Belakowitsch: Das täte dir auch nicht
schaden, psychisch wieder
rein zu werden! – Abg. Michael Hammer: Na ja, ist er aber,
manisch-depressiv!) Das wird die erste Maßnahme sein, die es gibt.
Und die zweite Maßnahme,
die wir auch setzen werden – Frau Minister, das können Sie sich
auch ins Stammbuch schreiben –: Wir werden den ORF so reformieren,
dass er wirklich wieder den Titel öffentlich-rechtlicher Rundfunk verdient
hat. (Beifall bei
der FPÖ.)
Ich möchte daher zum Abschluss noch einen Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ORF-Zwangssteuer!“
(Abg. Michael Hammer: Es sind ja gar keine
Kolleginnen und Kollegen mehr
da! Das geht ja gar nicht!)
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Abschaffung der ORF-Zwangssteuer bzw. Haushaltsabgabe zuzuleiten.“
*****
(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: Zur Geschäftsordnung!)
13.42
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
und weiterer Abgeordneter
betreffend Abschaffung der ORF-Zwangssteuer!
eingebracht im Zuge der Debatte über den
Tagesordnungspunkt 9, Bericht des Verfassungsausschusses über den
ORF-Jahresbericht 2023 und ORFTransparenzbericht 2023
gemäß § 7 sowie § 7a ORF-Gesetz, vorgelegt von der
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien
(III-1145/2531 d.B.), in der
264. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. Mai 2024.
Seit dem 1. Jänner 2024 müssen die Österreicher einen in relevanten Teilen verfassungswidrigen1 ORF mit einer Zwangssteuer finanzieren. Die notwendige Transformation des öffentlich-rechtlichen Senders von einem durchpolitisierten Rundfunk, hin zu einem verschlankten Grundfunk, wird jedoch weiter verschleppt.
Stattdessen werden alle
Österreicher zwangsweise verpflichtet, monatlich für den ORF zu
bezahlen, ganz egal, ob man ein Empfangsgerät besitzt, oder nicht.
Die Haushaltabgabe bedeutet, dass bis zu 700.000 Haushalte zusätzlich zur
Kasse gebeten werden. Denn statt 3,3 Millionen GIS-Zahlern sind jetzt 4,02
Millionen Menschen in Österreich verpflichtet, eine ORF-Zwangssteuer zu
entrichten. Gerade die Jugend, die in der Regel über ein niedrigeres
Haushaltseinkommen verfügt,
wird von diesen Plänen massiv getroffen, konsumiert diese doch durchschnittlich wenig bis gar keine ORF-Programme, muss aber mitten in der Teuerungswelle zusätzliche Mehrbelastungen stemmen.
Damit entpuppte sich auch
das Argument einer „für alle billigeren Alternative zur
GIS-Gebühr“ als reiner Marketing-Gag. Die Haushaltsabgabe spült
dem ORF nämlich weitere Millionen ins Budget: Wurden für
2023 noch Einnahmen in der Höhe von 676,2 Millionen Euro aus der GIS
erwartet, erweitert sich der Kreis der Bezahler
ab 2024 auf vier Millionen Haushalte. Die neue Abgabe beträgt –
bundeslandabhängig – bis zu 24,50 Euro monatlich, rund 16,70
Euro davon fließen an den ORF. Das macht rund 800 Millionen Euro für
den ORF. Ein Plus von satten
18 Prozent!
Die notwendige Motivation zu Reformen und Objektivität entsteht beim ORF durch die geplante Haushaltsabgabe an keiner Stelle. Wenn jeder Österreicher ohnehin zwangsweise für den ORF bezahlen muss, hat man in den gut dotierten Chefetagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keinerlei Grund, für eine faire und vor allem konkurrenzfähige Berichterstattung zu sorgen, die auch der verfassungsmäßig verankerten Unparteilichkeit gerecht wird.
Es braucht daher anstelle eines aufgeblähten Rundfunks einen verschlankten „Grundfunk“, der den grundlegenden Bildungsauftrag wahrnimmt. Gerade weil Millionen Österreicher einer ungewissen Zukunft in Zeiten von Teuerung, Krieg und Inflation entgegenblicken, darf es unter keinen Umständen zu einer weiteren Steuer-Mehrbelastung für die Bürger in Form einer ORF-Haushaltsabgabe kommen.
Statt die Bevölkerung
weiter zu belasten und damit die Inflation in die
Höhe zu treiben, braucht es eine Sofortentlastung.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Abschaffung der ORF-Zwangssteuer bzw. Haushaltsabgabe zuzuleiten.“
1 https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH-Erkenntnis_G_215_2022_vom_
5._Oktober_2023.pdf
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Herr Abgeordneter Hammer! Für den Zwischenruf „Stimmt auch, ja!“ auf die Aussage, Ministerpräsident Fico wäre für das Attentat selbst verantwortlich, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Michael Hammer: Das habe ich nicht gesagt!) – Das können Sie im Protokoll nachlesen. (Abg. Hafenecker: Schäbig! Unglaublich! – Abg. Michael Hammer: Das habe ich nicht gesagt!)
*****
Bitte, Frau Abgeordnete Belakowitsch, zur Geschäftsbehandlung.
*****
Abgeordnete
Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Abgeordneter
Hammer hat jetzt während der Rede
des Abgeordneten Hafenecker gemeint, Klubobmann Herbert Kickl sei
manisch-depressiv. Das ist eine schwere psychische Erkrankung. Ich würde Sie
bitten, sich das Protokoll kommen zu lassen, daraufhin zu überprüfen und gegebenenfalls zumindest einen Ordnungsruf zu erteilen. – Danke.
13.43
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich werde mir dazu das Protokoll kommen lassen.
Ich bitte nun Abgeordneten Mag. Kurt Egger zum Rednerpult. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Das wird jetzt hoffentlich kürzer! – Ruf bei der SPÖ: Besser aber auch nicht gerade!)
Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Das kann ich versprechen.
Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher im Saal und via
Livestream! Wir erleben jetzt schon den zweiten Tag eine
Freiheitliche Partei, die höchst nervös ist (Abg. Hafenecker:
Du musst deine Unterlage ändern! Da hast du etwas
falsch aufgeschrieben! – Abg. Belakowitsch: Ich bin jetzt gar
nicht nervös!), die auffällt durch Beschimpfungen, Hetzen,
Spalten und Menschen-Schlechtmachen.
Ich hätte ja gerne den Herrn Volkskanzler hier
begrüßt. (Abg. Belakowitsch:
Im Herbst dann! Im Herbst ist es so weit, Herr Kollege! – Abg. Leichtfried:
Volkskassierer!) – Volkskassierer, okay,
Entschuldigung! – Und: Wo ist er? (Abg.
Michael Hammer: Am Berg!) – Heute nicht da, wahrscheinlich am
Berg. (Abg. Deimek: Wo ist denn euer Klubobmann? Reitet der noch mit,
oder was tut
denn der?) Er mag den U-Ausschuss nicht, aber er mag anscheinend auch das
Parlament nicht (Abg. Belakowitsch: Er war eh im
U-Ausschuss! – Abg.
Deimek: Wenn dein Klubobmann nicht da ist, wäre ich an deiner
Stelle ziemlich leise! Du bist peinlich!), weil er
anscheinend das Parlament nicht sehr ernst nimmt.
(Abg. Belakowitsch: Sie waren halt nicht da, aber er war im U-Ausschuss,
Herr Kollege!)
Ich verstehe ja Ihre Nervosität: Skandale
in Graz, in der Steiermark; angeblich der Vertreter des kleinen Mannes;
angeblich 24 000 Euro Einkommen im
Monat selbst (Abg. Deimek: Das Niveau sinkt ständig!);
Russlandverherrlichung; mutmaßliche Spionageskandale. (Abg. Hafenecker:
Was hast denn du als Nebenverdienst, Herr Kollege? Kategorie fünf bist du!
Du irrst dich! Du hast ja die Kategorie fünf!)
Und wie Sie sich Ihre Medienpolitik
vorstellen, haben Sie in zahlreichen Chats bewiesen, indem Sie versucht
haben – oder auch gemacht haben, das
weiß man noch nicht –, Ihre Ministerien, in denen Sie
federführend verantwortlich waren, dazu zu animieren, in Ihren Ihnen
nahestehenden Vorfeldzeitungen zu inserieren. (Heiterkeit des Abg.
Wurm. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) So
stellt ihr euch Medienpolitik vor! Sie dürfen beim Herrn Hafenecker nachfragen,
wie das funktioniert. (Beifall bei der ÖVP.)
Wie ihr euch Medienpolitik vorstellt, habt ihr schon oft
bewiesen (Abg. Belakowitsch: Stehen Sie im Wettkampf mit
Kollegen Krainer?): Fakenews, Echokammern, FPÖ-TV. Dass
Ihnen natürlich ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der in
höchster Qualität recherchiert (Heiterkeit bei der
FPÖ – Abg. Belakowitsch: Ah so! –
Abg. Ragger: Das ist echt witzig!), nicht sehr angenehm ist, das
verstehe ich. Da würde ich mich auch aufregen, wenn ich nur meine
eigenen Kanäle spielen will. Dafür stehen wir aber als Volkspartei
nicht. (Abg. Hafenecker: Eure Kanäle sind die Landesstudios!)
Ihr habt in den letzten Monaten auch bewiesen, dass euch der
Qualitätsjournalismus in den Medienhäusern kein Anliegen ist.
Ihr habt gegen die Qualitätsjournalismusförderung gestimmt
(Abg. Hafenecker: Also wenn die Ministerin von dem Mediensprecher
beraten worden ist, weiß man, warum das Gesetz so ausschaut!),
ihr habt gegen die Digitalisierungsförderung gestimmt, ihr habt gegen das
Medientransparenzgesetz gestimmt. Und als Sie Verantwortung getragen
haben im ORF, nämlich als Stiftungsratsvorsitzender, habt ihr auch nichts
geändert. (Abg. Hafenecker: Der Stiftungsratsvorsitzende bewirkt
im ORF nichts! Das denkt ihr nur immer!)
Wir stehen für einen pluralistischen Medienstandort.
Wir stehen für einen unabhängigen Journalismus. Wir stehen für
die Medien- und Pressefreiheit und dass sich die Medien in diesem Land
entwickeln können und Innovationen
auch dementsprechend vorangetrieben werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben dafür gesorgt, dass der ORF digitaler wird,
zukunftsfit wird, transparenter wird. (Abg. Hafenecker: Und was
hast du bis jetzt gemacht?) Transparenz dient aber nicht zur
Hetze. Das ist aber freiheitliches Programm. Wir verstehen das eh, dass
ihr das diskutieren wollt. Wir haben dafür gesorgt,
dass der ORF zukünftig schlanke und zeitgemäße Strukturen haben
wird, und wir werden weiterhin darauf schauen, dass sich das auch so weiterentwickeln kann.
(Abg. Belakowitsch: Das ist eine gefährliche Drohung!)
Freiheitliche Medienpolitik ist Orbán-TV oder
Putin-TV. Ich weiß, ihr wollt das nicht hören, aber wir wollen so
einen Medienstandort wie in Ungarn und
in Russland nicht haben. Dafür sind wir nicht zu haben. Dafür steht
ihr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.47
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun
Mag. Muna Duzdar. – Bitte schön,
Frau Abgeordnete. (Abg. Michael Hammer: Von „Russia
Today“ kriegen
sie in der Früh den Tagesbefehl! – Abg. Hafenecker:
Sagt der Vertreter von den Giebelkreuzmedien! – Abg. Leichtfried:
Ich glaube, das wird jetzt die erste gute
Rede!)
Abgeordnete
Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Herr
Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher
und Zuseherinnen auf der
Galerie! Eigentlich war das, was Herr Kollege Abgeordneter Hafenecker heute
gesagt hat, sehr entlarvend. Er hat sich hergestellt und hat im Grunde genommen
gesagt, warum er gegen den ORF ist: weil ihm die Berichterstattung des ORF
nicht passt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der
Grünen. –
Abg. Wurm: Genau! Genau! – Abg. Belakowitsch: Weil sie
nicht objektiv berichten!)
Herr Hafenecker! Ich frage Sie: Was haben Sie für ein
Demokratieverständnis? Was glauben Sie eigentlich? Dass Sie hier
bestimmen und dem ORF inhaltliche Vorgaben machen? (Abg. Hafenecker: Ich
will nur, dass der
ORF ordentlich recherchiert! – Abg. Belakowitsch: Nein, er
muss nur machen, was im Gesetz steht! Es gibt ein ORF-Gesetz!) Ich frage
Sie: Was haben Sie für ein Demokratieverständnis? (Beifall bei der
SPÖ.)
Das ist eben die prinzipielle Frage, die wir uns stellen
müssen: Warum braucht es in einer demokratischen Gesellschaft einen
starken öffentlichen Rundfunk? – Wir brauchen doch
nur einen Blick nach Ungarn zu werfen und bekommen die Antwort. Wir wissen
doch, dass überall dort, in einer Gesellschaft,
in der sich autoritäre Entwicklungen abzeichnen, das Erste, was passiert,
ist, dass man die Hand auf den öffentlichen Rundfunk legt. (Abg. Deimek:
Eh schon passiert: ÖVP und SPÖ! – Abg. Hafenecker:
Und was haben die Schwarzen und die Grünen gemacht? Generaldirektor!)
Und in einem zweiten Schritt werden
dann die privaten Medien gleichgeschalten. Das ist genau das,
was wir verhindern müssen!
Ich frage Sie: Was hat das alles mit der FPÖ und mit
den bizarren Chatprotokollen der FPÖ zum ORF zu tun? Ich zitiere
Heinz-Christian Strache: „Keine öffentlichen Angriffe mehr auf
ORF/Leute, Müssen sie abschießen, nicht aufwerten!“ (Abg. Hafenecker: Wo ist
denn der Herr Strache jetzt? – Abg. Egger –
in Richtung Abg. Hafenecker –: Du bist eh in der
Gruppe gewesen! Du warst der Konzertmeister! – Meister ist der
falsche Begriff, Entschuldigung!) Genau
diese blauen Chatnachrichten hinterlassen keinen Zweifel daran, worum es der
FPÖ gegangen ist, nämlich um die Unterwerfung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Herr Kickl ist ja nicht
hier – Ihrem Vorgänger ist es eben nicht gelungen und nicht
geglückt, und jetzt versucht die FPÖ, sich zu revanchieren. Sie
revanchiert sich, indem sie versucht, dem ORF permanent mit der Zerstörung
zu
drohen. Sie drohen damit aber einem österreichischen Kulturgut, das der
Allgemeinheit gehört, das uns allen verpflichtet ist. (Abg. Hafenecker:
Das Radio-
Symphonieorchester kannst haben, das schenk ich dir!) Es ist ein Kulturgut, deswegen hat der ORF nämlich ein so hohes Maß an demokratischer Verantwortung (Abg. Hafenecker: ... das hätten wir wirklich streichen sollen!), denn es geht nämlich um den Ausgleich unter den vielen verschiedenen Gruppen und Interessen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Das ist genau das Gegenteil von Ihnen, denn Sie sind eine Partei der Hetze, Sie sind eine Partei der Spaltung. Sie sind gar nicht an einem Dialog interessiert, Sie sind an einem gesellschaftlichen Zusammenhalt gar nicht interessiert, denn Ihr autoritäres Weltbild akzeptiert keine Meinungsvielfalt. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)
Aber zurück zum ORF: Ja, wir von der österreichischen Sozialdemokratie kritisieren auch den ORF, aber im Gegensatz zu Ihnen ist diese Kritik darauf ausgerichtet, den ORF zu verbessern und nicht, so wie Sie, ihn zu zerstören. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir sehen nämlich den
Verbesserungsbedarf: Ein Unternehmen, das von öffentlicher Hand finanziert
wird, muss nach Augenmaß kalkulieren. Es geht einfach nicht, dass
sich das Management Spitzengehälter zahlt, während es
junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ORF gibt, die prekär beschäftigt
sind. Das ist nicht akzeptabel! Unser Ansatz ist es aber, den ORF
voranzubringen,
ihn zu verbessern, ihn unabhängiger und transparenter zu machen. (Abg. Belakowitsch: ...
der Wrabetz! ...!) Und das, was Sie tun, ist genau das Gegenteil.
(Abg. Belakowitsch: Wer war denn Generaldirektor, wie die
Gehälter ausverhandelt wurden?)
Zum Abschluss: Was wir nicht vergessen dürfen: Der
Medienstandort Österreichs befindet sich generell in wirtschaftlicher
Bedrängnis, daher braucht es eine Unterstützung des ORF, aber es
braucht auch die Unterstützung
der privaten Medien, denn Demokratie braucht freie journalistische
Medien. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. –
Ruf bei der FPÖ: Das ist ja keine Rede
zur Sache, bitte! – Abg. Leichtfried – in Richtung FPÖ –: Wie wäre es, wenn ihr einfach einmal zuhorchen würdet?! – Abg. Hafenecker: Die Gehälter hat übrigens der Wrabetz noch durchgeschickt, gell!)
13.51
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr
geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Im Grunde genommen ist eigentlich die ganze
Rede von Kollegen Hafenecker einen Ordnungsruf wert. – Sie
gehen davon aus, die Pressefreiheit abzuschaffen, Sie sind gegen die Pressefreiheit,
Sie wollen, dass der ORF nur berichtet, was Sie wollen. (Abg. Hafenecker: Ich habe
Beispiele gebracht!) Und nein, da gibt es eine breite Front aller anderen
Parteien (Abg. Belakowitsch: ...! Sagen Sie einfach
Einheitspartei! ...!) gegen Ihren Unsinn, ich kann es nicht anders
sagen (Beifall bei den Grünen sowie
des Abg. Egger): gegen Ihre Fakenews, gegen Ihre Idee, die
Pressefreiheit so zu beschränken, dass es nur noch FPÖ-News gibt. Es
ist eine Verhöhnung
der Opfer in Bergamo, das waren über 5 000. Wenn Sie sagen, das sind
Fakenews: Was glauben Sie, was sich die Angehörigen – die
den Wahnsinn,
den Sie sprechen, Gott sei Dank nicht verstehen, weil es auf Deutsch
ist – da denken müssen? Die Leichenberge waren keine Fakenews,
es hat
sie gegeben. Es waren allein in Bergamo
über 5 000 Opfer! (Zwischenruf des
Abg. Stefan.)
Und selbstverständlich gehen rechtsextreme Schwurbler
gegen die Coronamaßnahmen protestieren, mit Ihrer
Unterstützung. Sie unterstützen
den Rechtsextremismus! Menschen hängen sich Davidsterne um, weil sie sich
fühlen, als wären sie Verfolgte der Nationalsozialisten (Zwischenrufe
des Abg. Deimek), wiewohl sie selbst rechtsextremes Gedankengut
weitertragen.
Wir müssen uns mit aller Vehemenz – und da sind sich alle anderen Parteien im Parlament einig (Abg. Stefan: Dafür brauchen wir den ORF! ...!) – gegen Ihre Art der Abschaffung der Pressefreiheit wenden.
In anderen Ländern: Ungarn
und Russland wurden bereits erwähnt, und
in der Slowakei ging es genau darum, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
zu zerstören, und da ist man oder war man, muss man sagen, am besten
Wege dazu. Sie können sicher sein, dass wir in diesem Gesetz, wie wir es
gemacht haben, viele Maßnahmen getroffen haben, die Ihnen das verunmöglichen werden,
die das freie Wort, um das es geht, garantieren werden, und es geht um den
Medienstandort. (Abg. Hafenecker: Sie sprechen vom freien
Wort? Sie beschließen ... ein Gesetz nach dem anderen! Das freie
Wort!
Dass ich nicht lach’!)
Ja, der Transparenzbericht ist der erste Bericht eines öffentlichen Unternehmens – wir hatten das vorhin beim Rechnungshof –, das in dieser ganzen Breite die Transparenz gibt. Aus unserer Sicht sollte es für alle öffentlichen Unternehmen diese Form von Transparenzberichten geben.
Und ja, es geht sozusagen immer darum, wie Gehälter bemessen werden. Man kann darüber diskutieren, ob die zu hoch sind, aber Sie werden niemanden finden, der für eine niedrigere Summe Generaldirektor sein wird. Schauen Sie sich internationale Konzerne an: Da geht es genau darum, am Medienstandort Österreich konkurrenzfähig zu bleiben. Ja, die Sache mit den prekär Beschäftigten ist ein Problem, das sage ich gerne dazu, da muss man Vorkehrungen treffen. Das wird aber auch gemacht im ORF, und ich hoffe, dass das bald umgesetzt wird.
Noch etwas: 95 Prozent der Menschen in Österreich
konsumieren über
die unterschiedlichsten Wege den ORF, sei es via Livestream, sei es über
orf.at, sei es über das Radio, was auch immer. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Zur Behauptung der FPÖ, es ginge hier immer nur um Fakenews, nur weil Sie
ein
Problem mit Journalisten haben, weil Sie sich a) schlecht ausdrücken
können und b) einfach Geschwurbel verbreiten (Abg. Deimek:
Das ist schon eine ganz besondere Abgeordnete ...!), kann ich nur
sagen: So geht es halt nicht, so
geht es nicht mit dem Medienstandort! (Abg. Kassegger: Was?! Was
berechtigt Sie eigentlich Ihres Erachtens zu Ihrer hochnäsigen Arroganz,
Frau Kollegin! Was berechtigt Sie?) Wir haben diesen gestärkt mit
zahlreichen Maßnahmen, vom Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz
bis zur digitalen Transformation. Wir haben insgesamt neun Mediengesetze
beschlossen, so viele wie keine Bundesregierung vor uns. Ihr wolltet immer nur
abschaffen, abschaffen, abschaffen. Es geht euch um das Abschaffen der
Pressefreiheit, darum geht es
euch – und genau darum geht es uns nicht!
In diesem Sinne mein Ceterum-censeo: Ich hoffe, dass die
Geiseln, die die Hamas noch immer festhält, möglichst bald befreit
werden. (Beifall bei Grünen und
ÖVP sowie des Abg. Lindner.)
13.56
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Henrike Brandstötter (NEOS): Herr
Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und auch zu Hause vor den
Bildschirmen! Gäbe es den ORF nicht,
dann würden Sie etwas verpassen: Diese Sternstunde des Parlamentarismus, dieses
intellektuelle Feuerwerk, diese Blaupause für Benimmkurse würde Ihnen
dann entgehen.
Worum geht es heute in der Debatte? – Der
Verfassungsgerichtshof
hat festgestellt, dass der Regierungseinfluss auf ORF-Gremien einfach viel zu
groß ist, und hat deshalb auch Teile des ORF-Gesetzes aufgehoben. Die
Regierung hat nun noch bis zum nächsten Jahr, bis Mitte 2025, Zeit,
um das zu reparieren. Der Zeitpunkt der Feststellung, des Erkenntnisses des
VfGH
war vor sieben Monaten, seitdem ist zumindest vor den Kulissen sehr wenig passiert.
Hinter den Kulissen wird allerdings sehr scharf darüber nachgedacht,
wie man denn dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes so umsetzen kann,
dass man den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen kann,
nämlich weiterhin massiven politischen Einfluss auf den ORF, in den
Gremien zu
haben.
Ich möchte schon einmal ganz klar sagen: Alle hier im
Haus vertretenen Parteien haben ein Interesse daran, diesen Einfluss weiter
aufrechtzuerhalten. Da
gibt es die Messagecontrol-Mitarbeiter der ÖVP, die nach wie vor
die Telefonnummer vom Küniglberg auf Kurzwahl haben. (Ruf: Echt?) Da
haben es
sich die Grünen auch sehr bequem mit Sidelettern eingerichtet und wollen
weiterhin auf diese Art und Weise auch Topjobs ausbaldowern (Abg. Belakowitsch: Die
waren schon vorher eingerichtet! – Abg. Hafenecker: Das
machen doch nur die Schwurbler, oder!?) Die SPÖ hingegen weiß
ganz genau, dass man
sie für eine Zweidrittelmehrheit benötigt, um eben dieses ORF-Gesetz
abzuändern, und diese Zustimmung wird sie sich auch sehr, sehr teuer
abgelten
lassen. Die FPÖ, ja, die Kollegen hier vorne, wollen sowieso den ORF in
Schutt und Asche legen (Zwischenruf des Abg. Hafenecker) und
haben daher auch
schon die Abrissbirne Peter Westenthaler in den Stiftungsrat geschickt; wobei
heute auch ein Protestbrief von 30 der 35 Stiftungsräte unterzeichnet
wurde, weil dessen Benehmen dem Verhalten eines Aufsichtsrates eines
öffentlich-rechtlichen Rundfunks einfach absolut unwürdig ist.
(Abg. Kassegger: ... Fragen stellt! – Abg. Hafenecker:
Weil er Fragen stellt? – Zwischenruf des Abg. Deimek. –
Abg. Belakowitsch: Wahnsinn! Der traut sich was!) Westenthaler
war übrigens auch jener, der einmal dort während der „Zeit im
Bild“ angerufen hat – als diese noch gelaufen ist,
während laufender Sendung! –, um hineinzuintervenieren, um sich
zu beschweren.
Zusammenfassend: Diese ORF-Debatte, meine Damen und Herren, ist geprägt von Eigeninteressen und von Nebelgranaten. Die Politik hat auch zu verantworten, dass keine sachlichen Debatten geführt werden – keine sachlichen
Debatten über Ziele, über
Verantwortungen –, und das haben wir NEOS
immer eingefordert. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Wir haben
immer gesagt, wir wollen zuerst darüber sprechen, was die Ziele, die
Aufgaben des ORF
sind, was nicht seine Ziele, nicht seine Aufgaben sind,
dann sprechen wir darüber, wie wir den ORF nachhaltig
entpolitisieren, und dann sprechen wir
über die Finanzierung. Das ist dieser Dreiklang, der nicht befolgt worden
ist, statt dessen sprechen wir über
Einzelmaßnahmen. (Zwischenruf des Abg.
Martin Graf.)
Das alles auch im Lichte des European Media Freedom Acts.
Was viele vielleicht nicht mitbekommen haben, auch hier im Hohen Haus, ist,
dass in Brüssel
der europäische Medienmarkt neu gestaltet wurde, und eine der
Maßnahmen ist auch, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen
müssen, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten redaktionell
und organisatorisch unabhängig
arbeiten. Das Medienfreiheitsgesetz verlangt dafür auch Regeln für
die Bestellung und Abberufung des Managements, in dem Fall des ORF, und
auch
eine Unabhängigkeit, die dadurch garantiert wird. Ich zitiere: „Generaldirektor
und Management müssten in ‚transparenten, offenen, effektiven und
nicht diskriminierenden‘ Prozessen nach ‚transparenten, objektiven,
nicht diskriminierenden und verhältnismäßigen Kriterien‘
bestellt werden. Nur gerechtfertigt, ordnungsgemäß und in
Ausnahmefällen“ dürfen diese Gremien „vorzeitig abberufen
werden.“
Was passiert meanwhile in Österreich? –
Gemauschle, Geschiebe, Hauptsache, weiterhin ordentlich Einfluss auf den ORF haben –
und der ORF bleibt
somit auch weiterhin in der Geiselhaft der Politik.
Wir NEOS fordern seit Jahren
eine echte Entpolitisierung im ORF, und aus diesem Grund möchte ich
einmal mehr darauf hinweisen, was da unser Kernanliegen ist: Wir wollen
die Freundeskreise sofort auflösen und wir wollen die ORF-Gremien neu
organisieren. Wir wollen, dass der Stiftungsrat durch
einen professionellen Aufsichtsrat ersetzt wird, und dieser Aufsichtsrat
besteht wiederum aus Expertinnen und Experten, die sich auch einem Hearing
stellen müssen. In weiterer Folge müssen auch die
Führungskräfte nach transparenten, klaren Kriterien besetzt
werden. Eine rein politische Besetzung
des Generaldirektors muss endlich Geschichte sein.
Ein Thema, das übrigens
niemand hier angesprochen hat, ist, dass die Landeshauptleute nach wie vor
ein Anhörungsrecht haben und mitsprechen,
wenn Landesdirektorinnen und -direktoren für das Landeshauptmann-TV bestellt
werden – auch das muss endlich Geschichte sein.
Das ist konstruktive Medienpolitik und nicht dieses
würdelose Geplänkel. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hafenecker:
Jetzt sind Sie aber bald eine Schwurblerin,
wenn Sie das kritisieren ... Landeshauptleute-TV!)
14.01
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme gelangt nun Frau Bundesministerin MMag.a Dr.in Susanne Raab zu Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin
für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr.
Susanne Raab: Herr
Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Auf
der Tagesordnung stehen heute der ORF-Jahresbericht 2023 und der neue
ORF-Transparenzbericht,
aber was wir zum x-ten Mal heute erleben, ist nicht eine Debatte um die Sache,
sondern ein einseitiges Bashing (Abg. Belakowitsch: Ah so!) der
Medien,
des ORF allen voran, durch die FPÖ. (Abg. Hafenecker: Wer hat
das bewertet?)
Da muss man schon einfach sagen: Nach all diesen Debatten
weiß man,
worum es Ihnen geht und worum es Ihnen nicht geht. (Abg. Deimek: ...
bei Ihrer Schwester vorbei ...!) Ihnen geht es nicht um die
Medienvielfalt, einen unabhängigen Journalismus und die
Pressefreiheit (Abg. Hafenecker: Ihnen schon bei Raiffeisen und
Styria ...!), sondern Sie stellen sich einfach grundsätzlich
gegen
die sogenannten Systemmedien, wie Sie es immer nennen.
Ihnen geht es nicht darum, den ORF zu verbessern (Abg. Belakowitsch:
Ihnen auch nicht!), sondern Ihnen geht es darum, den ORF völlig zu
zerschlagen und Österreich zum einzigen Land innerhalb
Europas zu machen, das keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat. Ihnen
geht es auch nicht darum,
die Demokratie zu stärken (Abg. Hafenecker: ... Ungarn oder
nicht? – Abg. Belakowitsch: Ich kenne mich nicht mehr
aus, Frau Minister! Was ist jetzt mit
Ungarn? – Zwischenruf des Abg. Martin Graf), sondern Sie
wollen FPÖ-Kanäle stärken, Echokammern, Fakenews und
Desinformation. (Beifall bei
der ÖVP.)
Es passt schon alles gut zusammen, sehr geehrte FPÖ,
denn Sie haben der Förderung von Qualitätsjournalismus in
Österreich zur Stärkung des österreichischen Medienstandorts (Abg.
Belakowitsch: Welchen Qualitätsjournalismus meinen Sie denn
da?) nicht zugestimmt, Sie haben der Unterstützung des österreichischen
Medienstandorts in Richtung einer digitalen Transformation nicht zugestimmt.
Und – vielleicht haben wir es schon
alle vergessen, ich nicht –: 2018, als Innenminister Kickl am Werken
war, gab es den sogenannten Maulkorberlass (Abg. Belakowitsch: Ja,
ja, ja, ja!), mit dem
er vor Medien gewarnt hat und kritischen Medien (Abg. Deimek: Sie
meinen jetzt ...!) den Zugang zu Berichterstattung erschwert hat.
(Abg. Hafenecker: So wie der Herr Faymann, meinen Sie?!)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich sage Ihnen, worum es uns
geht:
Wir sind auch nicht mit allem einverstanden, was der ORF sendet, aber wir
stehen klar für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in
Österreich. Wir wollen ihn nur schlanker, sparsamer und eben auch
transparenter machen. (Abg.
Wurm: Das habts ja super gschafft!) Deshalb haben wir den ORF
für 3,2 Millionen Menschen in diesem Land, Seherinnen und Seher,
günstiger gemacht (Abg. Belakowitsch: Das werden wir noch
sehen!); sie sparen sich bis zu 155 Euro im Jahr durch das neue
Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Grünen. – Abg. Wurm: Wahnsinn! – Abg. Hafenecker:
Überhaupt der, der schon abgemeldet war!)
Wir haben im ORF einen enormen
Sparkurs eingeleitet. Der ORF spart in den nächsten Jahren
325 Millionen Euro ein, und nach jahrzehntelangem
Stillstand kommt endlich auch die Abschaffung von Sonderprivilegien im ORF
(Abg. Hafenecker: Wir haben es gelesen, ja! – Abg. Heinisch-Hosek: ...
ÖVP-Abgeordnete ...!), von Sonderzulagen, und es liegt eben auch
ein Transparenzbericht vor (Abg. Belakowitsch: Der ist aber
nur ...! Wo sind die Pensionsvereinbarungen?), weil Transparenz
der Garant für ein faires Gehaltsschema ist. (Abg. Hafenecker: Was
ist mit den ganzen Golden Handshakes? – Zwischenruf des
Abg. Leichtfried.)
Die Menschen in unserem Land,
die die Gebühren zahlen, haben es sich verdient, zu wissen, wohin das
Gebührengeld fließt und wie das Gebührengeld verwendet wird. Es zeigt sich, dass das Modell,
das im Übrigen die britische
BBC genauso anwendet (Abg. Hafenecker: Nein – Abg. Belakowitsch:
Falsch! – Abg. Hafenecker: Das ist falsch! Fakenews!),
ein gutes Modell ist, um dem Genderpaygap entgegenzuwirken und um auch einen
gewissen Ausgleich zwischen ganz jungen Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen und älteren Mitarbeitern
zu schaffen. (Abg. Belakowitsch: ...! Setzen, Nicht
genügend!)
Am Ende des Tages ist das ein Paket, das den ORF für
die Menschen günstiger macht, das ihn schlanker macht (Abg. Hafenecker:
War der Blümel noch
besser!), das trotzdem mehr Programm für die Menschen in unserem Land verspricht
und das echte Transparenz hinsichtlich Gebührengelder
verspricht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Grünen.)
14.05
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Abg. Leichtfried: Vielleicht etwas ...!)
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen, sollten Sie diese Debatte jetzt gerade über den ORF verfolgen. Die Frau
Medienministerin hat sich jetzt gerade
hierhergestellt – und es fällt mir
jetzt wahnsinnig schwer: Ich habe 5 Minuten eingemeldet, aber alleine das,
was Sie hier alles an Fakenews verbreitet haben, muss man jetzt einmal richtigstellen. (Oh-Ruf
bei der ÖVP.) – Da braucht man nicht „Oh“ zu
sagen, das ist halt so.
Die BBC in Großbritannien wird nicht so finanziert wie
der ORF, da irren
Sie. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Raab. – Abg. Egger:
Sie hat nicht von der Finanzierung geredet!) – Was schreien Sie
schon wieder rein? Sie haben
ja schon geredet. Sie kennen sich ja eh nicht aus (Abg. Egger: Gott
sei
Dank kennen Sie sich aus!) und schreien trotzdem rein, das ist ja
furchtbar. (Beifall bei der FPÖ.) Die BBC wird über das Budget
finanziert.
Transparenz: Frau Bundesminister, vor wenigen Minuten wurde
dieser
ORF, dieser öffentliche Rundfunk, rechtskräftig wegen
Wahlmanipulation verurteilt – und Sie haben nicht ein Wort
darüber verloren.
Während des Bundespräsidentschaftswahlkampfs hat
der ORF eine Verurteilung eines Kandidaten erfunden, nämlich des
Gerald Grosz, der zur
Wahl gestanden ist. Er hat daraufhin geklagt, weil es einfach eine
Falschmeldung war, um eine Wahl zu beeinflussen, und hat jetzt gewonnen. Dieses
Urteil
ist rechtskräftig. (Abg. Hafenecker: Ah!) Der ORF muss das
widerrufen. Und Sie als amtierende Medienministerin sind nicht willens, hier
öffentlich zu sagen: Ja, der ORF hat da Manipulation
betrieben! – Übrigens nicht zum ersten Mal, meine Damen und
Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Deimek: Das
ist peinlich! Sie sollten ... mit Ihrer Schwester reden, die ist
hundertmal besser wie Sie!)
Wie wir heute schon ausführlich gehört haben:
Diese gesamte Coronageschichte, da war so viel Manipulation drinnen wie
kaum wo. (Zwischenruf des Abg. Zorba.) Da sind alte Frauen von
Polizisten festgenommen worden –
das ist nicht gebracht worden, das ist nicht gezeigt worden; da ist
Brutalität an den Tag gelegt worden – das ist nicht gebracht
worden, das ist vom ORF
nicht gezeigt worden. Dafür sind vonseiten dieses österreichischen
Rundfunks
permanent irgendwelche erfundenen Geschichten gekommen (Abg. Hafenecker: Sturm aufs Parlament!) – und bis heute gibt es dafür keine Entschuldigung, meine Damen und Herren.
So, und jetzt kommen wir zu Ihrer sogenannten Transparenz: Ja, wir kennen jetzt die höchsten Gehälter im ORF. Was Sie aber in Ihren Transparenzbericht nicht einbezogen haben – und das wäre genauso wichtig und genauso interessant –, das sind die Pensionsvereinbarungen, das sind die Golden Handshakes, das ist die Frage: Wie viel Pension haben denn diese Herrschaften, die jetzt mit ein paar Hunderttausend Euro im Jahr nach Hause gehen? Wie hoch wird dann deren Pension sein, die alle Steuerzahler berappen müssen? – Das, Frau Bundesministerin, wäre Transparenz. Da kommt gar nichts, da ist von Ihnen nichts zu hören gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wissen Sie, Sie können schon immer sagen, die FPÖ
wolle das, wolle jenes – Sie wissen ja eh immer alles, das ist ja
grandios. (Abg. Egger: Gott sei Dank ihr
nicht!) Ich sage Ihnen jetzt eines: Sie haben den ORF für viele
Menschen in diesem Land teurer gemacht, und Sie haben mit der Einführung
dieser sogenannten Haushaltsabgabe dafür gesorgt, dass der ORF
jetzt noch mehr Geld zur Verfügung hat
als davor. Und da stellen Sie sich her - - (Abg. Blimlinger: ...
ist
ja unglaublich!) – Wollen Sie jetzt
überschnappen, was ist mit Ihnen? (Abg. Schallmeiner:
Kollegin Belakowitsch, wenn man so viel Blödsinn redet!) Bleiben Sie
ruhig sitzen, Sie können sich gern noch einmal zu Wort melden. (Ruf bei
der ÖVP: Herr Präsident, jetzt sollten Sie, glaube ich, eingreifen!) Sie
müssen nicht
springen, es ist alles gut, es ist alles gut. Ganz ruhig bleiben! (Rufe bei
der SPÖ: „Manisch-depressiv“ geht nicht, aber
„überschnappen“ geht schon?
„Überschnappen“ geht, oder was? – Weitere
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Dieser Österreichische
Rundfunk hat jetzt noch mehr Geld, als er vorher gehabt hat – und
Sie sagen: Er wird schlanker! Dann sage ich Ihnen noch etwas –
und davon haben wir auch nichts gehört - - (Anhaltende
Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Was ist mit Ihnen? Was ist
denn da los? Ich weiß nicht, was es da für ein Problem gibt. Ich
weiß nicht, vielleicht sollten wir Wasser verteilen. Sind Sie
alle dehydriert da drüben? Keine Ahnung, was da los ist, meine Damen
und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Egger: Herr
Präsident, ich bitte Sie! – Ruf: Was ist denn los mit Ihnen,
Frau Belakowitsch? – Abg. Schallmeiner: ..., das
ist das Einzige, was Sie können, Frau Kollegin!) Na ja, was soll denn
das? Das ist ja nicht mehr normal, was da drüben abgeht, die fangen da zu
springen an.
Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin,
es wäre schon auch Ihre Aufgabe gewesen, einmal mit dem Herrn
Generaldirektor ein Gespräch darüber zu führen, ob diese
Haushaltsabgabe denn wirklich rechtens ist. (Abg. Egger: Wenn Sie
noch ein bissl reden, gehen die letzten Freiheitlichen auch noch! –
Abg. Erasim: Sehr schlechte Rede!) Erklären Sie doch einmal,
Frau Bundesminister: Warum verschickt denn die OBS nicht einen einzigen
Bescheid?
Vielleicht ist da etwas
passiert, vielleicht ist diese Haushaltsabgabe nämlich nicht rechtens. Vielleicht
ist es nämlich wirklich so, dass da ein Fehler passiert ist,
dass Sie als Ministerin und Sie als Bundesregierung aus Grünen und
ÖVP einfach nicht in der Lage waren, das neue Gesetz so zu
beschließen, dass es auch wirklich rechtsgültig ist.
Es ist interessant: Sobald die
ersten Bescheide kommen, wird man es nämlich einklagen können; man
wird dagegen berufen können. Heute kann man
gar nichts machen. Das ist das Problem. Und was macht der ORF? –
Keinen Bescheid ausschicken – ich habe es schon einmal
gesagt –, jeder bekommt etwas anderes, aber Einzelne kriegen Briefe
von einem Inkassobüro. (Zwischenruf
des Abg. Hafenecker.)
Ja, meine Damen und Herren, Frau Bundesminister: Was ist
denn das? Was soll denn das, ohne Bescheid dem Inkassobüro schon
etwas zu übergeben?
Das ist eine Politik, die an den Bedürfnissen der Bürger vorbeigeht. (Zwischenruf
des Abg. Wurm.) Die ist rechtswidrig! Das geht so einfach nicht!
Auch die Bundesregierung hat dafür zu sorgen, dass die Gesetze, die sie
beschließt, auch tatsächlich halten werden.
Sie sagen kein Wort dazu! Sie stimmen hier eine Lobeshymne
an. Frau Kollegin Blimlinger hat sich überhaupt hierhergestellt und
gesagt: Wir brauchen
den ORF für den Kampf gegen die Rechtsextremen. Ach so, dafür
brauchen Sie den ORF?! (Abg. Blimlinger: Na sicher!) Ist auch
okay. (Zwischenruf des Abg.
Zorba.) Wenigstens ist das eine ehrliche Aussage, wenn Sie das so
glauben. (Abg. Blimlinger: Damit man euren Schwachsinn nicht
verbreitet!) Es ist in Ordnung,
passt schon.
Das ist aber genau das, was Sie wollen: Sie wollen die
Bürger mit dem ORF manipulieren. Dafür haben Sie ihn. (Abg. Wurm:
Genau!) Sie sagen immer: alle anderen Parteien. – Wir
nennen das kurz Einheitspartei. Sie alle wollen die Bürger weiter
manipulieren. (Abg. Blimlinger: Weil wir gemeinsam gegen Rechtsextremismus
sind?) Sie glauben, Sie können die Bürger am Nasenring
herumführen, Sie können ihnen weiterhin ein X für ein U
vormachen. Die Leute
merken das in der Zwischenzeit, sie sind aufgewacht. (Abg. Schallmeiner:
Echt unwürdig!)
Sie können im ORF alles verschweigen. Sie können
verschweigen, dass
die Leute bei den Coronademonstrationen waren. Sie können im
ORF verschweigen, dass sich die Leute Gedanken um die Zukunft machen, Gedanken
machen, was die Inflation anbelangt, dass sich die Menschen Gedanken
darüber machen, wie es mit der Sicherheit in unserem Land weitergehen
wird, dass sich viele Menschen und Bürger Gedanken machen, ob sie
sich diese ORF-Haushaltsabgabe überhaupt leisten können. Das ist
nämlich auch ein ganz wesentlicher Faktor: Hinein in die höchste
Inflation
seit vielen Jahren beschließen Sie auch noch eine Haushaltsabgabe,
die sehr viele Haushalte, nämlich 700 000 Haushalte in
Österreich, mehr belastet als davor. Die müssen jetzt mehr
bezahlen als davor. Das verschweigen Sie ja immer so gerne. (Zwischenruf der
Abg. Blimlinger.)
Diese Menschen machen sich
Gedanken darüber. Viele wollen für diesen
ORF einfach nichts bezahlen, weil sie ihn nicht anschauen wollen, ganz einfach,
weil sie der ORF nicht mehr interessiert, weil der ORF einseitig berichtet,
weil der ORF Manipulation betreibt und weil es sehr viele private Sender
gibt – da rede ich nicht von FPÖ-TV; das ist, was Sie immer
verwechseln, Sie
haben auch Ihre Parteimedien –, die den öffentlichen Auftrag,
der im ORF-Gesetz festgeschrieben steht, weit besser erfüllen, als es
der ORF macht.
Ich verspreche Ihnen heute schon: Mit einem Volkskanzler
Herbert Kickl wird diese Haushaltsabgabe sofort gestrichen, wenn
sie nicht schon davor
von den Gerichten aufgehoben wurde. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf
der
Abg. Blimlinger.)
14.13
Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Belakowitsch, für die Formulierung „wollen Sie [...] überschnappen“, gerichtet an Frau Kollegin Blimlinger, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Hafenecker: Frau Kollegin Blimlinger wäre fast über ... gestürzt! – Abg. Martin Graf: Sie hat fast den Tisch zertrümmert!)
Frau Kollegin Blimlinger,
für die Formulierung „damit man euren Schwachsinn nicht
verbreitet“, gerichtet an Frau Dr. Belakowitsch, erteile ich
ebenfalls
einen Ordnungsruf. (Abg. Martin Graf: Die hat ja fast
den Tisch zertrümmert! – Abg. Leichtfried: Volkskassierer,
nicht Volkskanzler!)
*****
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Maria Großbauer (ÖVP): Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte
gerne zur Sache zurückkehren.
Wir debattieren hier nämlich eigentlich den Jahresbericht 2023, über
den ORF, ein Medium, das für Qualität und Niveau steht, das wir
brauchen, das wir
wollen. Ja, es gibt überall in großen Institutionen auch immer Verbesserungspotenzial, und an dem wird, glaube ich, auch ganz gut gearbeitet.
Ein paar Fakten belegen aber etwas hervorragend,
nämlich dass der ORF einen seiner Kernaufträge, nämlich seinen
Kulturauftrag, hervorragend erfüllt.
Das belegt der Jahresbericht 2023 ganz hervorragend.
Ich nenne Ihnen nur ganz kurz ein paar Zahlen:
4,8 Millionen TV-Seher haben den Kultursommer 2023 gesehen und in Anspruch
genommen. Das entspricht 64 Prozent der heimischen
Bevölkerung. Das sind rund 500 Stunden Kulturprogramm von den
Salzburger Festspielen über Bregenz, über
Sankt Margarethen im Burgenland, über die Salzkammergut Festwochen Gmunden
bis zum Woodstock der Blasmusik und dem Wiener Donauinselfest.
Die Bandbreite ist eine wahnsinnig große,
vielfältige. Ja, der ORF bringt
die Kultur zu den Menschen im ganzen Land, in ganz Österreich, aber auch
darüber hinaus, in Europa, denn der ORF produziert für andere Sender,
andere Stationen hervorragendes Kulturprogramm, das weltweit ausgestrahlt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Auch dazu ein Beispiel: Der Radiosender Ö1 –
ein Vorzeigesender in Europa, möchte ich fast sagen – hat rund
160 Konzerte von 30 heimischen
Festivals in 300 Stunden nach ganz Europa und in die Welt übertragen,
von der alten Musik über die Klassik bis zur zeitgenössischen Musik,
dem Jazz
oder auch der Weltmusik. Via EBU wurden im Sommer letzten Jahres 35 Produktionen
von 35 Stationen weltweit übernommen – nach Australien,
China und Japan, in 116 Länder.
Der ORF ist ein wichtiger Partner für den Filmstandort und für die Musikwirtschaft in Österreich. Über 100 Millionen Euro werden in den Film, in die Filmproduktion investiert – auch das sei erwähnt.
Um noch einmal auf Europa zu sprechen zu kommen: Der ORF hat außerdem in seinem Auftrag, österreichische Kultur, Sprache und Geschichte in Europa
auszustrahlen. Das macht er, finde ich, sehr gut. Wir
können froh sein, so einen qualitätsvollen Sender zu haben, der so
viel Kultur zu allen Menschen bei
uns und in Europa bringt. – Vielen Dank. (Beifall bei der
ÖVP.)
14.16
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried. – Bitte schön, Her Abgeordneter.
Abgeordneter
Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ):
Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und
Herren! Wir haben jetzt zwei Redebeiträge
der Freiheitlichen Partei erlebt, die in ihrem Überschwang relativ lang
waren. (Abg. Hafenecker: Uns ist der ORF wichtig! Willst das in
3 Minuten abhandeln?) Ich weiß ja, dass man
insbesondere bei den Medienkonsumentinnen und Medienkonsumenten nicht immer
genau zuhört, dass man nebenbei etwas macht, ich versuche jetzt also,
einmal kurz zusammenzufassen, was sich sowohl Frau Belakowitsch als auch der Kollege
für den ORF so vorgestellt haben.
(Abg. Belakowitsch: ORF wegen übler Nachrede
verurteilt! – Abg. Hafenecker: Wahlmanipulation!)
Kollege Hafenecker war mit der Interviewführung beim
ORF unzufrieden.
Das Gegenbeispiel ist: Schauen Sie sich einmal FPÖ-TV an, wie dort
Interviews geführt werden. (Abg. Hafenecker: Objektiv und gut!) Wenn
Herr Kickl objektiv und ganz hart interviewt wird,
kommt die Frage: Herr Kickl, warum sind Sie so super? – Sind die
Interviews ein bissl nicht so hart, ist die Frage:
Herr Kickl, wie super sind Sie? (Abg. Ribo: Ja, genau!)
Jetzt frage ich Sie: Wollen Sie ständig solche
Interviews im ORF oder wollen Sie die Interviews, die es jetzt im ORF gibt? (Abg.
Wurm: Kollege Leichtfried,
seid ihr in der Regierung oder in Opposition?)
Herr Hafenecker war auch ein
bissl unzufrieden mit der Programmgestaltung. (Abg. Belakowitsch: Na,
im ORF!) Ich glaube, der heimliche Wunsch ist
Löwinger-Bühne im Hauptabendprogramm. Das ist das, was sich die
FPÖ unter
gutem Programm vorstellt. (Abg. Wurm: Der verteidigt
die Regierung!) Ich
weiß nicht, ob Sie das ständig für den ORF so haben wollen. (Abg.
Hafenecker: Das ist das, was ihr ...!)
Wenn man sich diese
FPÖ-Chats anschaut, sieht man, es gibt auch Wünsche von der FPÖ
für Ö3. Das erzähle ich Ihnen jetzt nicht so frei, denn den Text
muss man lesen. (Abg. Hafenecker: Am Sonntag am Abend hat man sogar
anrufen können bei Ö3 und sich ein Lied wünschen!) Da gibt
es eine Whatsapp-Nachricht: „Bitte auch dahinter sein, dass
Andi Gabalier endlich auf Ö3 gespielt wird“ (Abg. Belakowitsch:
Na und? Na und? Das ist aber echt ein Wahnsinnschat!)
und bei seinen großen Konzerten im Sinne des öffentlich-rechtlichen
Kulturauftrags auch darüber berichtet wird. (Abg. Hafenecker:
Na und?)
Wenn die FPÖ den ORF
gestalten könnte, gibt es also Warum-sind-Sie-super-Herr-Kickl-Interviews,
die Löwinger-Bühne und Herrn Gabalier. Die Frage
ist: Wollen wir das oder wollen wir das nicht? Das müssen Sie,
geschätzte Damen und Herren, für sich entscheiden. (Abg. Hafenecker:
Und die wollen
mehr „Heimat Fremde Heimat“-Sendungen?) Deshalb sind wir der
Meinung, es braucht einen starken, unabhängigen öffentlichen
Rundfunk. (Beifall bei
der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Das ist jetzt wirklich
aber kein Skandal!)
Es braucht ein Angebot, das alle
Menschen in Österreich und nicht nur Herrn Hafenecker und Frau
Belakowitsch anspricht. Und es braucht in Österreich weniger
Fakenews von den Putinisten in unserem Land. (Abg. Hafenecker: Vom
Gusenbauer!) Das braucht es auf jeden Fall, insbesondere wenn man
sich die internationale Entwicklung anschaut. (Beifall bei der SPÖ.)
Geschätzte Damen und Herren, es müssen auch Dinge angesprochen werden, mit denen wir nicht einverstanden sind. (Abg. Hafenecker: Aber die Mitarbeiter sind Ihnen offenbar weiterhin wurscht! Die prekären Arbeitsverhältnisse, unter Wrabetz begründet!) Es kann nicht sein, dass es auf der einen Seite exorbitante Gehälter gibt und auf der anderen Seite kaum Geld für junge, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Abg. Belakowitsch: Ja, in prekären Verhältnissen! – Abg. Martin Graf: Hör auf mit der Kritik! So ein Schwurbler!) Das gilt
nicht nur für den
ORF. Es ist höchste Zeit, dass wir endlich den Genderpaygap beseitigen,
sowohl im ORF als auch im ganzen Land, geschätzte Damen und Herren! (Abg.
Martin Graf: So ein Schwurbler!) Dafür ist es auch hoch
an der Zeit.
Es wird auch Zeit, dass die Kettendienstverträge im ORF
endlich abgeschafft werden. (Abg. Martin Graf: Hör endlich auf
mit der Kritik!) Diese Kettendienstverträge gibt es
ausschließlich beim ORF. Sie widersprechen sämtlichen
Arbeitsrechtsgrundsätzen in Österreich, und damit sollte auch beim
ORF Schluss sein (Abg. Hafenecker: Aber die hat doch der Wrabetz
abgeschlossen, die Kettenverträge!?), geschätzte Damen und
Herren!
Öffentlich-rechtliche Sender sind eine wichtige
Infrastruktur unserer Demokratie. Wir dürfen nicht zulassen (Zwischenruf
des Abg. Martin Graf), dass der ORF mutwillig von solchen
herumbrüllenden Politikern – wie jetzt
mir gegenüber Herr Graf und Herr Hafenecker – zerstört
wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir brauchen in Österreich
kein Oligarchen-TV und wir brauchen
auch kein Volkskassierer-Kickl-TV, geschätzte Damen und
Herren! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
14.20
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun
Hans Stefan Hintner. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter
Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr
geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Gestatten Sie mir eine
persönliche Bemerkung: Ich hatte das Vergnügen, in der Singrienergasse
in Wien Meidling zu maturieren. Ältere Semester wissen vielleicht,
dass dort seinerzeit das ORF-Versuchsstudio
war, in dem Fritz Muliar seine Franziska Kalmar kennengelernt hat.
In einer Replik auf Christian Hafenecker darf ich mich beim ORF dafür bedanken, wie er über die Coronapandemie aufgeklärt hat, dass er auch dazu beige-
tragen hat, dass im Bezirk Mödling
83 Prozent der Bevölkerung zur Impfung gegangen sind. (Abg. Belakowitsch:
Und wie viele davon haben jetzt einen Schaden?) Ein herzliches
Dankeschön, dass Sie dieser Verantwortung nachgekommen sind, um Schlimmeres zu verhindern. Lieber
Christian, wer die Todesopfer
in der Lombardei leugnet, leugnet auch, dass die Erde rund ist. (Beifall
bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Weiters noch eine dritte Bemerkung: Du hast gemeint und
gesagt, der
ORF hätte sich das Urteil beim Verfassungsgerichtshof bestellt. Ich denke
doch, dass das eine Missachtung unserer Rechtsstaatlichkeit und eine
Verhöhnung des Verfassungsgerichtshofes ist. (Zwischenruf
des Abg. Hafenecker.) Ich glaube, das steht einem Mandatar nicht zu.
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Um noch zu Grundsätzlichem zu kommen: Was das
VfGH-Erkenntnis eben sagt, ist die Gewährleistung der Unabhängigkeit.
Ich glaube, wir sind uns alle
einig, dass wir kein parteipolitisches Fernsehen wollen (Abg. Belakowitsch:
Wir haben’s halt!) oder keinen parteipolitischen Rundfunk, aber
wir wollen
auch nicht eine Art selbstverwalteten Apparat durch Redakteure oder Redaktionsräte,
die in sich selbst ihre Funktionen schaffen. Wir brauchen eine
neue Form. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Es gibt einige
Beispiele, die hier schon genannt worden sind. Eines scheint für mich
trotzdem wichtig:
dass über allem auch eine demokratische parlamentarische Kontrolle stehen
muss, nämlich von uns, vom Souverän.
Wir haben uns dazu bekannt, dass der
öffentlich-rechtliche Rundfunk
auch finanziert werden muss. Mittels Haushaltsabgabe sind wir einen
großartigen Schritt gegangen (Abg. Belakowitsch: Großartig!
Die Mindestpensionisten freuen sich!), den die Frau
Bundesministerin skizziert hat, nämlich eine immense Ersparnis. Wie immer
darf ich auch heute dazusagen: Es gibt
kaum einen in Österreich, der kein Autoradio besitzt und somit den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk nicht empfangen kann. (Abg. Bayr: Ich hab nicht
mal ein Auto!)
Ja, was wir nicht wollen, ist eine Einflussnahme der
Regierenden so wie in Ungarn, wie in der Slowakei geplant
wird – das muss man beim Namen
nennen ‑, oder italienische Verhältnisse. (Abg. Belakowitsch:
Was wollen Sie damit sagen?) Wir wollen einen starken, unabhängigen
Rundfunk. (Abg. Hafenecker: Warum ... mit den Grünen
einen Sideletter gemacht?) Wir wollen einen Rundfunk, der finanziert
ist. Wir wollen aber auch Redakteure des ORF, die vielleicht nicht so
wehleidig sind, wenn ihre Gehaltssummen genannt werden. Wir als Politiker sind
das ja gewöhnt. (Beifall bei der ÖVP.)
14.23
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Hafenecker: Jetzt kommt der Schrebergarten! – Abg. Belakowitsch: Zwei Schrebergärten!)
Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS
(SPÖ): Herr Präsident! Frau
Bundesministerin! Zu meinem Vorredner, nur um die Welt der ÖVP vielleicht
ein bissel geradezurücken: Es soll sogar Menschen geben, die
nicht einmal ein Auto haben, geschweige denn ein Autoradio. Das gibt es, das
ist vorstellbar.
So ein Leben ohne Auto geht, ich mache das seit 25 Jahren; es ist
möglich (Abg. Belakowitsch: Na, von einem Schrebergarten in den
anderen geht man
zu Fuß!), auch ohne Autoradio, kein Problem. (Zwischenrufe bei
ÖVP und FPÖ.)
Die Transparenz im ORF haben
wir wohl alle sehr begrüßt – und
was die Transparenz bezüglich Gehälter betroffen hat, hat es auch
einen ziemlichen Aufschrei gegeben. Ich würde mir insgesamt Transparenz
bei allen Gehältern wünschen und noch einen wesentlich
größeren Aufschrei,
wenn man nämlich sieht, wie die Einkommensungleichverteilung zwischen
Frauen und Männern ist: dass die in Österreich immer noch über
18 Prozent liegt und dass Frauen nicht deswegen weniger verdienen, weil
sie weniger arbeiten, nicht, weil sie eine schlechtere Ausbildung
hätten, und nicht, weil sie eine andere Tätigkeit machen (Abg. Hafenecker:
Weil der Wrabetz so
schlechte Verträge unterschrieben hat!), sondern –
nein – nur deshalb, weil sie
Frauen sind. Dafür braucht es
einen Aufschrei, einen ganz, ganz lauten.
(Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Auch im ORF selbst zeigt sich
bei den Topverdienern, dass in den obersten Gehaltsklassen ungefähr zu
drei Vierteln nur Männer sind, während zwei Drittel der
Beschäftigten in der untersten Gehaltsklasse Frauen sind. (Abg. Hafenecker: Was
ist jetzt mit den Frauen, die sich als Männer fühlen? – Abg.
Belakowitsch: Oder mit den Männern, die sich als Frauen
fühlen?) Das zeigt, dass die Debatte, die wir
führen sollten, keine Neiddebatte sein soll, sein darf, sondern
eine strukturelle Debatte (Abg. Hafenecker: Oder nonbinär?),
eine Debatte darüber, dass Frauen strukturell benachteiligt werden,
sei es beim ORF oder
sei es ganz generell in dieser Republik und im Arbeitsmarkt.
Was mir auch sehr wichtig ist
anzusprechen, ist die Frage der prekären Mitarbeiter:innen, vor allem
beim ORF-Radio, bei dem sehr viele junge Leute
prekäre Verträge haben. Ich war mit 15 selbst freie Mitarbeiterin bei
Ö3, und offensichtlich hat sich seitdem nicht sehr viel geändert.
Einer meiner Vorredner hat gesagt: Es ist unglaublich, dass es nur
für den ORF die Möglichkeit gibt, Kettenverträge zu haben, die
es sonst nirgends mehr im Arbeitsrecht
gibt. (Abg. Hafenecker: Die der Herr Wrabetz genützt hat, die
die Gewerkschaft ... hat!) Wir fordern daher einerseits,
dass es nachvollziehbare, transparente Gehaltsstrukturen gibt, dass es
klare Spielregeln zu Nebenjobs gibt,
dass das Genderpaygap geschlossen wird und dass es – ganz besonders
für junge Journalistinnen und Journalisten – faire
Arbeitsverträge gibt.
Was wir brauchen, sind in der Tat gut ausgebildete
Journalisten und Journalistinnen und unabhängige Medien. Obwohl in
Österreich im Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes die Medienfreiheit
auch verfassungsrechtlich verankert ist, ist
es dramatisch, zu sehen, dass im Jahr 2024 Österreich im Pressefreiheitsindex auf
Platz 32 abgesackt ist. Das ist der schlechteste Platz, den wir in diesem
Ranking von Reporter ohne Grenzen jemals gehabt haben. Ich denke mir,
dass dieses Ergebnis wirklich danach schreit, die Medienpolitik in diesem Land grundlegend zu ändern. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
14.26
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Nächste
Rednerin ist Frau Abgeordnete
Sabine Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Hafenecker:
... Rechtsextremismus ...!)
Abgeordnete
Sabine Schatz (SPÖ): Herr
Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir
diskutieren heute die ORF-Berichte, und
wir haben schon – vor allem auch in den beiden Redebeiträgen
seitens
der FPÖ – gesehen, dass sich die FPÖ in den letzten
Sitzungen schon sehr massiv auf den ORF eingeschossen hat und jede
Möglichkeit wahrnimmt, um
gegen ihn Stimmung zu machen und gegen ihn vorzugehen. Ganz ehrlich, ich
möchte mich aber nicht mit der FPÖ beschäftigen, ich möchte
die Gelegenheit nutzen, um Stellung zu beziehen. Ich möchte
Stellung für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk beziehen,
weil ein starker ORF ein fester Baustein, eine feste Säule unserer
liberalen Demokratie ist, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der
SPÖ sowie der Abg. Ribo.)
Klar, da läuft nicht alles so, wie wir uns das
vorstellen – das zeigen auch die Berichte. Diese exorbitanten
Gehaltsunterschiede – auf der einen Seite
(Abg. Hafenecker: Die hat doch der Herr Wrabetz genehmigt, alles
Wrabitz-Verträge, SPÖ-Verträge sind das!) die gerade im
Managementbereich enormen,
nicht nachvollziehbaren Gagen und auf der anderen Seite prekäre Arbeitsverhältnisse
(Abg. Belakowitsch: Aber Sie wissen schon, das war der Herr
Wrabetz?!) – sind schon mehrmals erwähnt worden. (Abg. Leichtfried:
Geh, Hafi!)
Herr Kollege Hafenecker, Sie
haben vorhin schon 16 Minuten geredet.
Sie dürfen sich aber gerne noch einmal zu Wort melden (Abg. Hafenecker:
Aber Sie haben doch diese Verträge ... Wrabetz unterschrieben! Das sind
SPÖ-Verträge!), wenn Sie etwas zu sagen haben. Ich kann
Ihnen nur ganz schwer folgen,
wenn Sie mir ständig hier hereinschreien. (Beifall
bei der SPÖ sowie des
Abg. Schallmeiner.)
Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir
aber diesen ORF reformieren. (Abg. Schallmeiner: ... hineinschreien,
was anderes kannst nicht!) Wir sehen, dass es
Punkte gibt, die reformierbar sind, wir benennen diese auch. Wir wollen sie
reformieren. Das ist genauso wie bei dem von Kollegin Bayr angesprochenen Genderpaygap:
Das ist ein Faktum (Abg. Belakowitsch: Ja, aber Sie wissen nicht, ob
...!), das wir als Sozialdemokratie so nicht hinnehmen
können –
aber wir wollen hingreifen und nicht zerstören und hinspucken. (Beifall
bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Hafenecker:
... sehr geschmackvoll! –
Abg. Leichtfried: Geh, Hafi! – Abg. Hafenecker: Wir
wollen ihn auch reformieren!) – Herr Kollege Hafenecker, bitte,
melden Sie sich noch einmal zu Wort,
wenn Sie etwas zu sagen haben! (Beifall bei der SPÖ.)
Dennoch ist der ORF der Sender
der Bürger und Bürgerinnen. (Abg. Hafenecker: Du bist ein
Störenfried und kein Leichtfried!) Und ja, auch bei der Haushaltsabgabe gibt
es Punkte, die uns nicht gefallen. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir da
eine soziale Staffelung brauchen, dass es nicht sein kann,
dass ein Vierpersonenvillenhaushalt die gleiche Haushaltsabgabe bezahlt wie
eine alleinerziehende Geringverdienerin. Das ist ungerecht. Da wollen wir
hingreifen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Dennoch ist der ORF ein wesentlicher Bestandteil der Pressefreiheit, und die Pressefreiheit ist ein wesentlicher Bestandteil unserer liberalen Demokratie. Deswegen werden wir diesen auch immer verteidigen. (Abg. Belakowitsch: Genau!) Frau Ministerin, erlauben Sie mir schon, eines zu sagen: Das Abrutschen im Pressefreiheitsindex, der vor zwei Wochen bekannt geworden ist, ist auch kein Ruhmesblatt für diese Bundesregierung, Frau Ministerin, sondern eigentlich ein klarer Handlungsauftrag. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir als Sozialdemokratie wollen diesem gefährlichen Trend entgegenwirken. Wir wollen Journalismus, Pressefreiheit und auch die Medienkompetenz fördern, und deswegen schlagen wir vor, dass alle zwischen 16 und 30 Jahren den
Anspruch auf ein Abo haben sollen, das
der Bund finanziert – das man
frei wählen kann; ganz egal, ob digital oder analog –, um auf
der einen Seite die Medienkompetenz und auf der anderen Seite den
österreichischen Journalismus und die Medienvielfalt zu
fördern. Das ist ein Punkt, den wir angehen müssen, um die
Pressefreiheit und damit auch eine wesentliche Säule unserer
Demokratie weiterhin sicherzustellen.
Wir haben einen Plan mit Herz und Hirn. Wir stehen hinter dem österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, hinter dem ORF. Wir wollen ihn reformieren, nicht zerstören. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Martin Graf: Das sagt ihr! Ich habe den Eindruck, ihr wollt ihn zerstören!)
14.30
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner
ist Mag. Christian
Drobits. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter
Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr
geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Werte Zuseherinnen
und Zuseher! Nun, der Jahresbericht des ORF beziehungsweise der Transparenzbericht
soll ja eigentlich zeigen, dass die Unabhängigkeitsgarantie
und die Pluralismusgarantie eine wesentliche Botschaft sind und dass wir die
Pressefreiheit in Österreich schützen sollen.
Ich sage offen und ehrlich, es
gibt für mich – nach meinen Vorrednern – zwei
Botschaften: Der ORF darf nicht zerstört werden. (Beifall bei der
SPÖ.) Die zweite Botschaft ist: Wir brauchen keinen ORF, der nach der
Pfeife der FPÖ tanzt.
Das darf es nicht sein, aber dazu könnte es kommen – wenn man
sich
anhört, was Sie machen wollen –: Sie wollen Ihr
FPÖ-Fernsehen quasi auch auf den ORF umlegen, Sie machen eine
Schaufensterpolitik, indem Sie die
Gehälter von Spitzenverdienern des ORF anprangern, sagen aber gleichzeitig
nicht, Herr Hafenecker, dass 40 Prozent der Beschäftigten neue Dienstverträge haben
und durchaus in angemessenen, verhältnismäßigen
Dienstverhältnissen stehen. Sie sagen auch nicht, dass es Regionalstudios,
Landesstudios gibt (Abg. Belakowitsch: O ja, hat er erzählt,
sogar über Niederösterreich! – Abg. Hafenecker: Das
größte ist übrigens im Burgenland!), durch die die
Vielfalt, die Volksgruppen, aber auch andere abgesichert werden
sollen.
Sie scheren alle über
einen Kamm, Sie halten da nichts auseinander, Sie sagen: Der ORF ist schlecht!
Das ist, glaube ich, falsch, und das wissen auch diejenigen, die in
den Bundesländern sind. (Abg. Hafenecker: Ihr habt das
größte Landesstudio!) Diejenigen, die in den Bundesländern
sind, sagen nämlich: Wir vertrauen dem ORF! 2,5 Millionen hören
ständig die Regionalsender,
sie vertrauen dem ORF. Wissen Sie, was die beliebteste Sendung ist?
(Abg. Hafenecker: „Burgenland heute“, wo der Herr Doskozil
spricht!) – „Burgenland heute“ oder
„Bundesland heute“.
Deshalb: Schauen Sie bitte
nicht nur auf die Spitzenverdiener mit alten Verträgen, nehmen Sie
nicht nur diese als Beispiele her. Den ORF zu zerstören
ist nicht Ihre Aufgabe. Die Aufgabe wäre es, den ORF unabhängig zu
machen. Da sind wir uns einig. Die Aufgabe wäre es auch, den ORF
zukünftig zu entpolitisieren.
Sie haben das Burgenland angesprochen: Landeshauptmann
Doskozil hat eine Klage eingebracht, die der Verfassungsgerichtshof eindeutig
bestätigt
hat. Der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, dass bis nächstes
Jahr, bis März 2025, eine Entpolitisierung zu erfolgen hat. (Abg. Zarits:
Da musst du nicht einmal lachen?) – Da die ÖVP
herausschreit, sage ich Ihnen: Es
waren die Sideletters von Herrn Kurz, die dazu geführt haben, dass genau
diese Entpolitisierung kommt. Sie waren dafür verantwortlich. (Abg. Zarits:
Schau dir „Burgenland heute“ an, bitte!) Deshalb schauen Sie
bitte, dass Sie das ORF-Gesetz schnell umsetzen, weil Sie sonst vielleicht
zuschauen müs-
sen, wie der ORF zukünftig nach der
Pfeife der FPÖ tanzt! (Abg. Zarits: „Burgenland
heute“: Doskozil heute, heißt das!) – Danke für
die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPÖ.)
14.33
Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor ich die Debatte schließe, Herr Abgeordneter Hammer, erteile ich Ihnen für den Zwischenruf „Na ja, ist er aber, manisch-depressiv!“ in Richtung Klubobmann Kickl einen Ordnungsruf.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht der Herr
Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht
der Fall.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung
über den Antrag des Verfassungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-1145
der Beilagen zur Kenntnis zu
nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung
über den Entschließungsantrag der Abgeordneten
Christian Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung
der ORF-Zwangssteuer!“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen
Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. –
Das ist die Minderheit, der Antrag ist
abgelehnt.
10. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Christian
Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz vom 4. Juli
1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrats
(Geschäftsordnungsgesetz 1975) samt Anlage 1, Verfahrensordnung für
parlamentarische Untersuchungsausschüsse
(VO-UA) geändert werden (3969/A)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Hafenecker als Antragsteller.
Abgeordneter
Christian Hafenecker, MA (FPÖ):
Herr Präsident! (Ruf bei der ÖVP: Jetzt hoffen wir, du hast die
richtigen Zettel mit!) – Da habe ich schon wieder irgendwelche
Unkenrufe von der ÖVP gehört, die sich Sorgen macht, ob ich die
richtigen Zettel mithabe. – Meine Herrschaften von der ÖVP, ich
brauche
keine Zettel, um zu sehen, was Sie aus dem Instrument Untersuchungsausschuss
gemacht haben. Sie haben es gröblich missbraucht. Da hinten sitzt Kollege
Hanger, der das im vollen Bewusstsein getan hat. Ich möchte Ihnen
erklären, was passiert ist: Er hat in Tateinheit mit den Grünen im
Geschäftsordnungsausschuss einen Untersuchungsausschuss mit
einer Mehrheit beschließen lassen, obwohl ganz klar war, dass dieser
Untersuchungsgegenstand nie rechtskonform sein kann.
Das Problem, das es in diesem Zusammenhang gibt, ist jenes, dass nach einem Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses mit einer Mehrheit keine Möglichkeit mehr dahin gehend besteht – die Grünen haben wie gesagt bei diesem Schauspiel mitgewirkt; auch Kollegin Disoski hat ein paar Minuten Fernsehzeit dadurch bekommen; ich glaube, das Interesse daran war der Grund,
warum die Grünen bei diesem Missbrauch im Parlament mitgemacht haben –, dass der Verfassungsgerichtshof prüft, ob es überhaupt möglich ist, einen Untersuchungsausschuss mit diesem Untersuchungsgegenstand einzusetzen.
Wissen Sie, man hätte ja
wenigstens so tun können, als ob man einen seriösen
Untersuchungsausschuss abhalten möchte. Kollege Hanger hat sich aber
den letzten Funken seiner Reputation selbst genommen, indem er vor laufender
Kamera gesagt hat, es ist ihm vollkommen egal, was im Untersuchungsgegenstand –
der aus unserer Sicht verfassungswidrig war – drinnen steht, man
werde so und so ganz andere Leute in den Untersuchungsausschuss laden.
Wissen Sie, das muss man sich
einmal vorstellen, wenn man nicht dringesessen ist, sehr geehrte Damen und
Herren vor den TV-Geräten: Da sitzt dann
Kollege Hanger, der zuerst einen Untersuchungsgegenstand definiert, auf diesen
gleichzeitig pfeift und dort drinnen so eine Art Stammtischrunde organisiert
(Abg. Hanger: Der hat ziemlich viel zutage gebracht: dass ihr
nämlich korrupt seid!), zu der er dann irgendwelche Leute
lädt – wie Herrn Pascuttini, dem er
unter Umständen auch noch die Rechtsanwälte bezahlt hat. Er wurde
zumindest von zwei Rechtsanwälten mit ÖVP-Nähe beraten und
begleitet.
Dann wird halt über irgendetwas gesprochen, wonach gar nicht gefragt werden darf. Wissen Sie, was die Aussage von Kollegen Hanger im Untersuchungsausschuss war? – Na ja, natürlich ist die Frage nicht zuzulassen, aber wenn die Auskunftsperson etwas sagen möchte, dann kann sie ja reden! (Zwischenruf des Abg. Hanger.)
Das ist etwas, zu dem ich sage, da kann ich als Demokrat und
als Parlamentarier nicht mehr mit. (Abg. Hanger –
erheitert –: Als Demokrat! Ja!) Es funktioniert einfach nicht,
Kollege Hanger, dass man willkürlich irgendwelche Leute in einen
Untersuchungsausschuss bestellt und die dann dort irgendwelche Sachen
sagen lässt, die man sich vielleicht vorher mit ihnen ausgemacht hat.
Genau diesen Eindruck habe ich in der Causa Graz gehabt, und Sie wissen,
es wird da
entsprechende rechtliche Konsequenzen geben. (Abg. Hanger: Das bleibt trotzdem der größte Parteifinanzskandal der Zweiten Republik!)
Vielleicht in Richtung ORF – ich meine, ich bin
vorhin mit dem ORF ziemlich kritisch ins Gericht gegangen, aber
dennoch –: Schauen Sie, da hinten sitzt Herr Hanger. Das ist der
Herr, der da immer so herumgestikuliert und herumschreit. Den kann
man ein bisschen in den Fokus nehmen. Dann sieht man, wer den
Untersuchungsausschuss missbraucht hat und wer erstmals in der
Zweiten Republik mit einem derart ernsthaften Instrument so umgegangen
ist – das ist Kollege Hanger.
Genau das hat uns zu unserem Antrag veranlasst, mit dem wir
sagen: Gut,
ganz offensichtlich war dem Gesetzgeber nicht bewusst, dass es auch eine
ÖVP gibt und dass die ÖVP immer dann, wenn es möglich ist,
Gesetzeslücken
zu eigenen Gunsten ausnützt! Das haben wir schon in vielen, vielen anderen
Bereichen gesehen. Die Verfassung und das Gesetz waren einfach nicht auf
die ÖVP vorbereitet. Das müssen wir reparieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn es sich schon erstmals
in der Zweiten Republik begibt, dass zwei Regierungsparteien einen
Untersuchungsausschuss gegen die Opposition
beschließen – es ist mir recht –, in diesem Fall
gegen die SPÖ und gegen die FPÖ, dann kann man das so machen. Ich
möchte aber eines haben: Damit wir hier nicht zu der vorhin zitierten
Löwinger-Bühne verkommen, die Herr Hanger nämlich aus dem Untersuchungsausschuss gemacht
hat (Abg. Hanger: Aber nur, weil du drauf bist!), will ich haben,
dass mit einem Beschluss im Geschäftsordnungsausschuss als Minderheitsrecht, als
Recht von einem Viertel, auch die Möglichkeit besteht, dass man die
Rechtmäßigkeit von Untersuchungsgegenständen durch den Verfassungsgerichtshof
überprüfen lassen kann.
Der Gleichheitsgrundsatz und das demokratische Prinzip wären dadurch weiterhin gewahrt. Es würde nur sozusagen die Sicherheitsschleife eingezogen werden, dass die ÖVP mit dem wichtigsten parlamentarischen Instrument
kein Schindluder mehr treiben kann und dass wir endlich Untersuchungsausschüsse abhalten können, die auch rechtens sind. (Beifall bei der FPÖ.)
14.39
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt
Mag. Klaus Fürlinger. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Bevor ich mich in die Tiefen der Untersuchungsausschüsse begebe, komme ich der Bitte von Kollegin Diesner-Wais nach, eine Abordnung des Seniorenbundes Lichtenau auf das Herzlichste im Hohen Haus zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Lieber Christian Hafenecker, als wir den
Untersuchungsausschuss eingesetzt haben, hast du hier eine Brandrede gehalten,
dass es eine Gemeinheit
sei, dass die ÖVP deinen Untersuchungsausschuss vom letzten Mal kopiert
und selber eingebracht hat. (Abg. Belakowitsch: Na ja, wo hat er das
gesagt? –
Abg. Hafenecker: Das war der zurückgezogene! Das war der
zurückgezogene Antrag, ... ! ... zu kopieren ...!) Wenn der jetzige
also rechtswidrig ist, nehme ich
deinen Anfall von Selbstkritik gerne zur Kenntnis und gebe dir das Kompliment
daher auch wieder zurück. (Beifall bei der ÖVP.)
Lieber Christian, es ist halt so: Wenn alle vier im Haus
sich einig sind,
dass sie auf die ÖVP losgehen, dann ist jedes Mittel recht (Abg. Belakowitsch:
Oje!); wenn es aber einen von euch selber betrifft, dann sollte man nicht
bitterlich weinen. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Es ist der
kategorische Imperativ, dass immer Gleiches mit Gleichem vergolten wird.
(Abg.
Hafenecker: Also du bist jetzt in der Opferrolle?!) Um es kurz
darzustellen: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem
anderen zu! (Beifall bei
der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Oh!)
Insofern, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, danken
wir aber auch für den Input: Wir reden seit drei Jahren darüber, dass
man durchaus Reformen
in der Geschäftsordnung des
Untersuchungsausschusses machen kann (Abg.
Scherak: Ja,
reden! ... endlich etwas!); wir sind auch bereit dazu. Das kann
ein Input sein, dass man wirklich über eine Reform der Untersuchungsausschüsse
redet, damit man auch das Renommee dieses an und für sich vorhandenen
Kontrollinstruments in der Öffentlichkeit wiederherstellt.
Allerdings machen wir das nicht nur in kleinen
Abstimmungseinheiten – wenn es einem gerade passt und wir es
brauchen –, sondern wir werden darüber
reden müssen, ob wir Übertragungen ermöglichen, wie wir mit den
Ladungsverlangen umgehen, wie wir mit Beugestrafen umgehen und so weiter
und
so fort. Da gäbe es vieles zu diskutieren.
Ich hoffe, dass wir dann, wenn alle die parteipolitische Brille absetzen, wenn das zu Ende ist, mit der Klarsichtbrille gemeinsam drübergehen können. Eine realistische Einschätzung, meine Damen und Herren, wird aber wohl eher sein, dass wir das erst dann machen können, wenn der Pulverstaub des Wahlkampfes am Boden liegt und alle wieder freie Luft atmen. – In diesem Sinne: Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das war eh schwer genug!)
14.42
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr
Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!
Ihr Antrag heute, werte Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ,
lädt offen gesagt erneut ein bisschen
dazu ein, über die Genese und die Erkenntnisse des ÖVP-Untersuchungsausschusses
zu reden, aber natürlich auch über diverse Reformen, die es braucht
und über die man – vor allem in der neuen
Gesetzgebungsperiode – nachdenken sollte.
Wie Sie wissen, hat die
ÖVP damals als Reaktion auf den Cofag-Untersuchungsausschuss einen
eigenen Untersuchungsausschuss verlangt. Wir als SPÖ
haben nach Durchsicht des Verlangens, das Sie eingebracht haben, von Anfang an die Verfassungskonformität des Untersuchungsgegenstandes des Ausschusses sehr, sehr hinterfragt.
Warum? – Weil – einfach ergänzend zu unserer Einschätzung – viele Verfassungsjuristinnen und -juristen die Konformität von Anfang an wirklich ganz klar in Zweifel gezogen haben. Auch nach dem Gang zum Verfassungsgerichtshof gab es dann im März – Sie wissen das – keine wirkliche Klarheit durch den VfGH. Das war so und das war klarerweise auch zur Kenntnis zu nehmen.
Die Entscheidung lag dann im
Untersuchungsausschuss bei den jeweiligen Ministerien, aber auch bei den
geladenen Auskunftspersonen – all jene, die dabei waren, haben das
erlebt –, wie sie mit den Akten umgehen oder wie sie
einfach auch mit den Befragungen beziehungsweise mit den Antworten umzugehen
haben.
Wir als SPÖ haben trotzdem, obwohl wir wie gesagt die Verfassungskonformität in Zweifel gezogen haben, von Anfang an sehr professionell und vor allem sachlich unsere Aufgabe – nämlich im Untersuchungsausschuss Kontrolle auszuüben – wahrgenommen. Genau deshalb können wir nach den Aktenlieferungen, nach dem Aktenstudium und vor allem auch nach den Befragungen folgende drei Punkte festhalten.
Erstens: Wir müssen
grundlegend über künftige Untersuchungsausschüsse – nämlich
über deren Ausrichtung – debattieren und diskutieren; also wir
wollen keine Schnellschüsse, das sage ich in aller Offenheit, sondern
eben eine grundsätzliche Debatte darüber. Es ist angesprochen worden:
Zum Beispiel ist die Liveübertragung auch schon längst
überfällig. (Beifall bei
der SPÖ.)
Zweitens zur groß angekündigten Patientinnen- und Patientenmilliarde: Sie erinnern sich an die Befragung; ich habe damals die ehemalige Ministe-
rin Hartinger-Klein befragt. Sie hat ganz klar
gesagt: Das war ein Marketinggag! – Ehrlich gesagt, eine
frechere Politik als jene damals von Kurz und Strache gibt es eigentlich gar
nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten
Maurer und Disoski.) Das war ein Marketinggag für alle
Versicherten, und bis heute gibt es keine Entschuldigung.
Drittens können wir festhalten: Herbert Kickl ist ein
Großverdiener,
und übrigens ist er auch stiller Treuhänder – Stichwort
24 000 Euro im Monat kassieren und Stichwort Ideenschmiede. (Zwischenrufe
der Abgeordneten
Eßl und Steinacker.)
Werte FPÖ, all das hat nichts mit der Vertretung der
kleinen Leute zu tun, und es ist gut, dass wir alle das einfach einmal
gehört haben und jetzt auch
dezidiert untermauert wissen. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb: Danke
für den Antrag und danke, dass wir heute darüber diskutiert
haben. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Eßl: Wo ist er denn überhaupt? Er
war heute noch nicht da! – Gegenruf des Abg. Martin Graf.)
14.45
Präsident Ing.
Norbert Hofer: Zu Wort gelangt
Mag. Agnes Sirkka
Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete
Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne):
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Zuseherinnen und
Zuseher! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Grundsätzlich ist das eine sehr, sehr spannende Frage, über
die hier ein Antrag vorliegt, weil wahrscheinlich damals, als dieses Gesetz so
geändert wurde, tatsächlich die Situation nicht mitbedacht wurde,
dass es eine Einsetzungsminderheit gibt, die gleichzeitig Teil einer
Regierungsmehrheit ist – die vor allem Teil der Mehrheit im
Geschäftsordnungsausschuss ist –,
die dann gegen diesen Untersuchungsausschuss stimmen könnte. Darum, glaube
ich, kann man sich durchaus überlegen, ob es sinnvoll ist, eine Minderheit
dann diesen Überprüfungsantrag stellen zu lassen.
Bedenken muss man aber, finde ich, schon, dass diese
Überprüfungsanträge ja den Sinn hatten, der
Einsetzungsminderheit nicht durch eine Mehrheit
den Untersuchungsgegenstand auseinandernehmen zu lassen, beziehungsweise andere
Überprüfungsrechte, für die es eben diese
Überprüfungsanträge
gibt, nicht von einer Mehrheit zerstören zu lassen. Das heißt, diese
Überprüfungsanträge dienen dem Schutz der
Einsetzungsminderheit.
Jetzt stellt sich die Frage: Kann eine andere Minderheit
dieses Recht bekommen, der Einsetzungsminderheit diese Untersuchungsrechte
einzuschränken?
Das ist eigentlich die zentrale Frage, die wir hier beantworten müssen,
und darum finde ich den Antrag eigentlich grundsätzlich spannend.
Man muss sich das wirklich gut anschauen. Das heute ist die
erste Lesung, danach kommt der Antrag in den Ausschuss. Ich glaube, dieses
spannende
Thema wird wirklich zu erörtern sein: Kann eine andere Minderheit der
Einsetzungsminderheit die Untersuchungsrechte einschränken? Darauf,
glaube
ich, kann man es zusammendestillieren.
Gerade wenn wir überlegen, dass es möglicherweise
ja Konstellationen geben könnte, in denen mehrere unterschiedliche
Parteien – mehr Parteien
als jetzt – im Nationalrat vertreten sind, die dann in
unterschiedlichen Zusammensetzungen Mehrheiten bilden
können – einerseits die Einsetzungsminderheit,
andererseits eine, die vielleicht eine Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss
hat, der aber wiederum eine Minderheit von anderen
Parteien gegenübersteht –, ist das grundsätzlich eine
Frage, die wir, glaube ich, für die Zukunft klären sollten.
Ich bin eher der Meinung, dass es darum geht, der
Einsetzungsminderheit
den Untersuchungsgegenstand und die Untersuchungsbefugnisse so weit wie
möglich zu erhalten. Die Frage aber, wie man das dann im Endeffekt
löst,
wird, denke ich, auf jeden Fall eine Diskussion im
Geschäftsordnungsausschuss wert sein. – Vielen Dank. (Beifall
bei den Grünen.)
14.48
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu
niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 3969/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend
„Europas Zukunft sichern: Mehr Europa und Wohlstand statt Öxit“
(18655/J)
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur
dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 18655/J. (Abg. Meinl-Reisinger:
Ich habe mir
gedacht, wir unterbrechen, bis der Minister da ist! – Abg. Belakowitsch:
Da ist eh schon die Staatssekretärin!)
Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist,
erübrigt sich
eine Verlesung durch den Schriftführer.
Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Begründung
Die Europäische Union (EU) ist für
Österreich ein unverzichtbarer Pfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs und
des gesellschaftlichen Wohlstands. Mit
einem Binnenmarkt von über 450 Millionen Verbraucher:innen bietet die EU
österreichischen Unternehmen die Möglichkeit, ohne Zollschranken und
mit vereinfachten Handelsbedingungen zu operieren. Dieser freie Waren- und
Dienstleistungsverkehr ist ein wesentlicher Treiber für Handel,
Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Insbesondere
für eine exportorientierte Volkswirtschaft wie Österreich, die einen
bedeutenden Teil ihrer Waren und Dienstleistungen in EU-Länder
exportiert, ist die Mitgliedschaft in der EU ein entscheidender Faktor
für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts
Österreich wird durch die politische und wirtschaftliche Stabilität
der EU weiter gesteigert, was internationale Investoren anzieht und
somit zusätzliche Investitionen ins Land bringt. Darüber hinaus
erleichtert die Freizügigkeit innerhalb der EU den Bürgerinnen und
Bürgern
das Arbeiten und Leben in anderen Mitgliedstaaten, was den Austausch von Fachkräften
fördert und dazu beiträgt, den Fachkräftemangel in
Österreich zu
mildern. Vielfach wird kritisiert, dass Österreich "Nettozahler"
sei, also mehr Geld einzahlt, als es von der EU zurück bekommt. Ein Blick
auf Kosten und Nutzen
zeigt, dass die Mitgliedschaft zur EU geradezu ein Schnäppchen ist: die
EU-Mitgliedschaft kostet jede Bürgerin und jeden Bürger nur 114
Euro pro Jahr, während
sie uns durchschnittlich 33 mal so hohe Vorteile bringt:

Ein Ausstieg aus der EU gefährdet zahlreiche
Arbeitsplätze, weil die Mitgliedschaft in der Europäischen Union
einen freien Zugang zum Binnenmarkt gewährleistet,
was den Handel und die Investitionen zwischen den Mitgliedsstaaten erleichtert.
Ein Öxit würde Exporte in EU-Mitgliedsstaaten bürokratischer und
wesentlich
teurer machen, wodurch folglich unsere Produkte international weniger attraktiv
werden und zur Streichungen von Arbeitsplätzen führt. Ein Ausstieg
Österreichs aus der EU gefährdet also 693.000
Arbeitsplätze!

Österreich profitiert auch von EU-Strukturfonds und Fördermitteln, die in wichtige Bereiche wie Infrastruktur, Forschung und Entwicklung sowie regionale Entwicklungsprojekte investiert werden. Diese Mittel sind essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die wirtschaftliche Integration und Kooperation innerhalb der EU führen zu einer effizienteren Ressourcenallokation, Produktivitätssteigerung und letztendlich zu einem Anstieg des allgemeinen Wohlstands.
Die kontinuierliche
Steigerung des Bruttoinlandsprodukts der EU-Mitgliedstaaten, die im
Jahr 2023 rund 16,97 Billionen Euro erreichte, verdeutlicht die ökonomische
Kraft und den Erfolg, den die europäische Integration und die Schaffung
von Zollunion, Binnenmarkt, Schengenraum sowie der gemeinsamen Währung
mit sich brachten. Österreich, als kleine und offene Volkswirtschaft,
erweist sich seit Jahrzehnten als zentraler Knotenpunkt im Europäischen
Wirtschaftsraum und
zieht daraus erheblichen Nutzen. Die Exportquote Österreichs, die im Jahr
2023 bei
etwa 59 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag, unterstreicht die
Bedeutung
der europäischen Märkte für die österreichische Wirtschaft.
Es ist unbestreitbar, dass
die Zollunion, der Binnenmarkt und der Schengenraum für Österreich
eine Ära der Prosperität einläuteten. Die Ergebnisse der
WIFO-Studie "Die Handelseffekte der österreichischen
EU-Mitgliedschaft 25 Jahre nach der Volksabstimmung“ aus dem Jahr 2019
zeigen dies auf eindrucksvolle Weise.
Ein Anstieg des österreichischen Außenhandels mit den
EU-Mitgliedsländern um etwa 46 Prozent seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995
(bis 2014), ein reales BIP, das im
Jahr 2014 um ca. 16 Prozent höher lag als in einem hypothetischen Szenario
ohne EU-Mitgliedschaft, und ein Beschäftigungszuwachs von rund 13 Prozent (bis 2014) infolge
der EU-Integration sind klare Indikatoren für die Vorteilhaftigkeit
der EU-Mitgliedschaft Österreichs. Zudem wurde durch den Wegfall der
Zölle auf Importe die Inflation niedriger gehalten, als es ohne
EU-Mitgliedschaft der Fall gewesen wäre.
Angesichts der von
verschiedenen FPÖ-Politikern geäußerten Andeutungen
eines potenziellen Öxit muss hervorgehoben werden, dass die
aufgeführten wirtschaftlichen Vorteile bei einem Austritt aus der EU
nicht aufrechterhalten
werden könnten. Die Aussicht auf einen Öxit birgt das Risiko, die
erfolgreichen und notwendigen ökonomischen Verflechtungen zu
gefährden.
Des Weiteren sind
Direktinvestitionen für die ökonomischen Verflechtungen
von entscheidender Bedeutung. Die IHS-Studie aus dem Jahr 2022 bestätigt,
dass die ökonomische Integration der beteiligten Länder
förderlich für Direktinvestitionen ist. Mit realen
Wertschöpfungseffekten von durchschnittlich 28,8 Prozent des BIP pro Jahr
und Beschäftigungseffekten von durchschnittlich fast einer Million
Vollzeitäquivalenten pro Jahr spielen Unternehmen mit internationaler
Beteiligung eine tragende Rolle für die österreichische Wirtschaft.
Ein großer Teil dieser Investitionen stammt aus EU-Mitgliedsländern,
was die Bedeutung des europäischen Binnenmarkts für den Standort
Österreich untermauert.
37 Jahre ÖVP Wirtschaftsminister mit schweren Folgen
Österreichs
Wirtschaftspolitik ist in den letzten Jahren im internationalen Vergleich
abgerutscht und steht vor bedeutenden Herausforderungen. Trotz 37-jähriger
Führung des Wirtschaftsministeriums durch die ÖVP gibt es von der
ÖVP selbst laute Kritik an der Umsetzung von EU-Richtlinien und einer als
übermäßig wahrgenommenen Bürokratie. Länder wie
Dänemark, die Niederlande, Irland und Schweden zeigen, dass durch eine
proaktive Politik Wirtschaftswachstum und eine Verbesserung des Standorts
erreicht werden können. Es sollte weniger darum gehen, mit dem Finger auf
andere zu zeigen, sondern selbst anzupacken. Es ist wichtig,
dass Österreich die EU-Richtlinien nicht nur umsetzt, sondern auch die
eigenen Hausaufgaben angeht. Das bedeutet: Budget sanieren, Steuern senken,
Investitionen ankurbeln.

Es ist widersprüchlich, wenn Teile der
österreichischen Bundesregierung immer wieder die Bürokratie auf
Europäischer Ebene kritisieren und gleichzeitig Handelsabkommen
blockieren, die österreichischen Betrieben den Export erleichtern
würden (z.B. bei EU/Mercosur-Freihandelsabkommen), die neun Bauordnungen
gegen Harmonisierungsbestrebungen der EU-Kommission (Gigabit-Infrastruktur-VO) verteidigt werden und dem Binnenmarkt aktiv
geschadet wird, indem EU-Recht schlecht oder gar nicht umgesetzt wird.
Zahlreiche Berichte der EU-Kommission belegen, dass Österreich kein
Musterschüler bei der Umsetzung von EU-Recht
ist: derzeit sind 57 Vertragsverletzungsverfahren offen und laut
Binnenmarktbericht der EU-Kommission belegt Österreich hinsichtlich
fehlerhafter Umsetzung von
EU-Recht Platz 8. Dort, wo Verbesserungen aufgezeigt werden, um den Binnenmarkt
zu vertiefen, wird allzu oft blockiert.
Laut letztem Bericht der Single Market Enforcement
Taskforce wäre mehr Binnenmarkt möglich: beispielsweise reglementiert
Österreich Berufe unnötig streng und damit liegen wir EU-weit auf dem
fünften Platz bei der Zahl an Deregulierungsvorschlägen durch
die EU-Kommission (Vorschläge bei 42 Berufen). Die Funktionsweise des
Binnenmarkts ist auch dort beeinträchtigt, wo EU-Regeln überschießend
national umgesetzt werden (Goldplating). Obwohl ebendies breit kritisiert wird,
wurde auch in dieser Legislaturperiode zulasten von Unternehmen über
das Ziel hinausgeschossen. Mit dem Investitionskontrollgesetz hat man zwar eine
EU-Verordnung umgesetzt, aber diese dann aus populistischen Gründen
übererfüllt. Ein Ausverkauf Österreichs an China wurde
im Jahr 2020 an die Wand gemalt und ein ineffizientes System eingeführt,
welches Investitionen in Österreich
schwerer und damit unattraktiver gemacht hat. Zwei Drittel der
überprüften Investitionen stammen aus den USA und UK, hingegen
nur 9% aus nicht demokratischen Staaten.
Endlich mehr Europa, mehr Binnenmarkt wagen!
Europa muss sich daher um die großen Zukunftsthemen kümmern, statt sich im Kleinen zu verzetteln. NEOS streben eine Vertiefung der europäischen Integration an,
um Europa
als starken globalen Akteur neben den USA und China zu positionieren. Eine
5. Grundfreiheit „Bildungsfreizügigkeit“ soll Europa zu einem
wirklichen Bildungskontinent machen und den Arbeitsmarkt zusammenwachsen
lassen.
Es braucht endlich weniger Bürokratie: Wir wollen auf EU-Ebene den Hebel
umlegen, um Unternehmen zu entlasten. Künftige EU-Regeln sollen ein Ablaufdatum
bekommen und verpflichtend mit besonderem Fokus auf KMU evaluiert werden. Zu
oft werden Innovationen in der EU konsumiert oder reguliert, zu selten produziert. Deshalb
muss man Forschung und Entwicklung ins Zentrum rücken und eine
Zukunftsquote im EU-Budget einführen. Die Förderung von F&E ist
zentral,
um im globalen Wettbewerb mit Playern wie China und USA mitzuhalten. 25 Prozent
des EU-Budgets sollen für zukunftsgerichtete Bereiche ausgegeben werden.
Schließlich brauchen wir mehr Binnenmarkt bei Energie und Kapitalmarkt
für billigere Energie und mehr Investitionen in Europa.
Abschließend
dürfen wir den wohl bedeutendsten Punkt in dieser Diskussion
nicht übersehen: Den Frieden. Die wirtschaftlichen Verflechtungen
innerhalb Europas haben maßgeblich dazu beigetragen, kriegerische
Konflikte zwischen den europäischen Staaten zu beenden. Heute ist ein
Krieg zwischen historischen Rivalen wie Deutschland und Frankreich
unvorstellbar. Dies allein schon ist ein gewichtiger Grund, die
europäische Integration nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern sie auch
sinnvoll und zielgerichtet weiterzuentwickeln. Angesichts dieser Faktenlage liegt
es im Interesse Österreichs und seiner Bürgerinnen und Bürger,
die bestehenden europäischen Strukturen zu stärken und gegen
Tendenzen, die auf
einen Rückzug aus der EU abzielen, entschieden Position zu beziehen.
Quellen:
https://www.wifo.ac.at/wp-content/uploads/upload-3739/s_2019_EU_handelseffekte_61796.pdf
https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/6273/7/ihs-report-2022-schnabl-et-al-internationalen-direktinvestitionen-oesterreich.pdf
https://www.wko.at/statistik/eu/europa-exportquoten.pdf
https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tec00001/bookmark/table?lang=de&bookmarkId=54232279-e259-4364-be44-99710a125272
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
Dringliche Anfrage
Fragen zu positiven wirtschaftspolitischen Effekten der europäischen Integration: Bitte um Nennung der Ihnen diesbezüglich vorliegenden neuesten Zahlen.
1. In welcher Form sammelt das BMAW im Sinne einer umfassenden Standortpolitik Informationen über die Vorzüge der europäischen Integration?
a. Inwiefern flossen diese Informationen in standortpolitische Kennzahlen, Strategie und Entscheidungen ein?
2. Hat
das BMAW in den letzten Jahren (wirtschaftswissentschaftliche) Studien
in Auftrag gegeben, die die Vorteile der europäischen Integration quantifizieren und
daraus Handlungsempfehlungen ableiten? Wann ja, welche und welche
Wirtschaftsforschungsunternehmen wurden damit beauftragt?
3. Inwiefern hat das BMAW im Sinne der Standortpolitik die Bürger:innen in Österreich über wissenschaftliche Fakten und Vorzüge der europäischen Integration informiert? Bitte nennen Sie Kosten und Datum der einzelnen Projekte/Kampagnen.
4. Inwiefern hat sich die Mitgliedschaft Österreichs zur EU positiv auf das Wirtschaftswachstum Österreichs ausgewirkt?
5. Welche positiven Effekte hat die europäische Integration auf die Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich?
6. Wie
schätzen Sie die Bedeutung der europäischen Forschungs- und
Innovationsprogramme für die Wettbewerbsfähigkeit der
österreichischen Wirtschaft
ein?
7. Hat das BMAW Studien zu den Vorteilen einer weiteren Vertiefung des Europäischen Binnenmarkts in Auftrag gegeben, bzw. entsprechende Positionspapiere ausgearbeitet?
8. Welche Schritte setzt das BMAW zu einer weiteren Vertiefung des europäischen Binnenmarkts?
a. Welche
Chancen bietet diese Österreich und der österreichischen
Wirtschaft?
Fragen zu Öxit:
9. Inwiefern
hat das BMAW in dieser Legislaturperiode berechnen lassen, welche Konsequenzen
ein Öxit auf die österreichische Wirtschaft hätte? Bitte
nennen Sie Kosten und Datum der einzelnen Projekte.
10. Inwiefern hat das BMAW in dieser Legislaturperiode berechnen lassen, wie sich die unterschiedlichen Öxit-Szenarien auf die österreichische Wirtschaft auswirken würden? Bitte nennen Sie Kosten und Datum der einzelnen Projekte.
11. Inwiefern
hat das BMAW die Bürger:innen in Österreich über die Kosten
und die weitreichenden Folgen eines Öxits informiert? Bitte nennen Sie
Kosten und Datum der einzelnen Projekte.
12. Welche wirtschaftlichen Konsequenzen würde ein Öxit für die österreichische Wirtschaft laut den Ihnen vorliegenden Zahlen haben?
13. Welche langfristigen Folgen hätte ein Öxit für die Stellung Österreichs im globalen Wettbewerb?
14. Wie würde ein Öxit die Handelsbeziehungen Österreichs mit den verbleibenden EU-Mitgliedstaaten beeinflussen?
15. Wie
würde sich ein Austritt aus der EU konkret auf die derzeitige Exportquote
Österreichs auswirken und welche unmittelbaren Folgen hätte dies
für
den österreichischen Arbeitsmarkt?
16. Wie schätzen Sie die Risiken eines Öxits für den Arbeitsmarkt und die Arbeitsplatzsicherheit insgesamt ein?
17. Wie
schätzt das Ministerium die Risiken eines "Brain Drain", also
des Abwanderns hochqualifizierter Arbeitskräfte, ein, sollte
Österreich den Zugang
zum europäischen Arbeitsmarkt verlieren?
18. Wie würde sich ein Öxit auf die Attraktivität Österreichs für internationale Direktinvestitionen auswirken und welche langfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen sind hierbei zu erwarten?
19. Wie bewertet das Ministerium die Auswirkungen eines EU-Austritts auf die Beschäftigungseffekte durch Unternehmen mit internationaler Beteiligung, die laut Studien einen signifikanten Anteil am österreichischen Arbeitsmarkt einnehmen?
20. Welche konkreten Szenarien hat das Arbeitsministerium für einen potenziellen Anstieg der Arbeitslosigkeit nach einem EU-Austritt entwickelt und welche Unterstützungsmaßnahmen wären für betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgesehen?
21. Kann
das Ministerium darlegen, wie sich ein EU-Austritt auf die bestehenden
Sozialversicherungsabkommen zwischen Österreich und anderen
EU-Mitgliedstaaten auswirken würde und welche Folgen das für grenzübergreifend
tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte?
22. Inwiefern würde ein EU-Austritt die Fortführung von EU-geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekten in Österreich beeinträchtigen und welche Auswirkungen hätte dies auf die Innovationskraft und internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs?
23. Welche
Maßnahmen wären notwendig, um die von einem EU-Austritt betroffenen
Industrie- und Wirtschaftssektoren zu stabilisieren, und wie hoch wird
der finanzielle Aufwand für diese Stützungsmaßnahmen
geschätzt?
Fragen zu Schengenblockade:
24. Wie hoch ist die Anzahl und Summe der österreichischen Direktinvestitionen in Bulgarien und Rumänien seit 2010? (Bitte um Nennung der Zahlen pro Jahr.)
25. Wie hoch ist die Anzahl und Summe der bulgarischen und rumänischen Direktinvestitionen in Österreich seit 2010? (Bitte um Nennung der Zahlen pro Land und Jahr.)
26. Wie hoch ist die Anzahl und Summe der österreichischen Direktinvestitionen in Bulgarien und Rumänien seit der Schengen-Blockade? (Bitte um Nennung der Zahlen pro Jahr.)
27. Wie hoch ist die Anzahl und Summe der bulgarischen und rumänischen Direktinvestitionen in Österreich seit der Schengen-Blockade? (Bitte um Nennung der Zahlen pro Land und Jahr.)
28. Wie entwickelte sich der durchschnittliche Preis von Speiseöl seit der Schengen-Blockade? (Bitte um Nennung der Preissteigerungen pro Jahr.)
Fragen zu europäischen Integration Österreichs (wo blockiert Ö):
29. Wie viele Vertragsverletzungsverfahren sind aktuell wegen einer mangelhaften oder nicht erfolgten Umsetzung von EU-Recht anhängig?
30. Im
jährlichen Binnenmarktbericht der EU-Kommission bewertet die EU-Kommission
die Integration des Binnenmarktes (Letzter Bericht:
The 2024 Annual Single Market and Competitiveness Report - COM(2024)77).
a. Welchen Rang belegt Österreich in diesem Bericht hinsichtlich fehlerhaft umgesetzter Richtlinien (KPI Conformity deficit)?
i. Liegt Österreich hinsichtlich fehlerhaft umgesetzter Richtlinien über dem EU-Schnitt?
b. Welchen Rang belegt Österreich in diesem Bericht hinsichtlich der Leichtigkeit der Belastung durch staatliche Vorschriften (KPI Ease of regulatory compliance)?
i. Liegt Österreich hinsichtlich fehlerhaft umgesetzter Richtlinien über dem EU-Schnitt?
c. Welchen Rang belegt Österreich in diesem Bericht hinsichtlich Strompreise für Nicht-Haushaltskunden (von teuersten auf Platz 1 abwärts)?
d. Welchen Rang belegt Österreich in diesem Bericht hinsichtlich Strompreise für Haushaltskunden (von teuersten auf Platz 1 abwärts)?
31. Bericht der Single Market Enforcement Taskforce:
a. Welche Berufe werden in diesem Bericht von der EU-Kommission konkret angesprochen?
b. Warum hat Österreich angegeben, nur in einem Fall die Zutrittshürden abschaffen zu wollen? Welcher Beruf ist hier konkret gemeint und welche Änderungen wurden bzw. werden gesetzt?,
c. Welche Änderungen werden bis zum Ende der Legislaturperiode vorbereitet, um die im Bericht angesprochenen Zutrittshürden zu senken?
32. Welche konkreten Kritikpunkte wird vonseiten der EU-Kommission hinsichtlich der Umsetzung von EU-Recht gegenüber Österreich vorgebracht?
33. Welche
Gesetzesänderungen wären im Aufgabenberiech des BMAW nötig, um
eine bessere Integration Österreichs im Binnenmarkt im Sinne der Kritik
der EU-Kommission sicherzustellen?
34. Welche Schritte
werden vorbereitet, um vor Ablauf der Legislaturperiode eine Verbesserung der
Integration Österreichs im Binnenmarkt im Sinne der
Kritik der EU-Kommission sicherzustellen?
35. Welche Prioritäten sehen Sie in der Weiterentwicklung in Richtung einer europäischen Kapitalmarktunion?
Fragen zu Entbürokratisierung:
36. Laut IMD-Ranking verliert Österreich international weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Während die EU als Gesamtkonstruktion oder die vielen EU-Regulierungen immer wieder als Hauptgrund für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit Österreichs genannt werden, schaffen es andere EU-Mitgliedsstaaten, wie z.B. Dänemark, mit denselben EU-Regeln international wettbewerbsfähig zu sein.
a. Welche
konkreten nationalen Gesetzesänderungen in ihrem Ressort wären aus
ihrer Sicht notwendig, um Österreich im Punkto Wettbewerbsfähigkeit
in
die Nähe des europäischen Spitzenfeldes zu bringen?
b. Welche konkreten EU-Regeln haben wettbewerbsfähigere Länder (wie Dänemark) besser umgesetzt?
37. Mit dem Projekt "Chancenreich Österreich" sollte Österreich bis 2040 zu einem der "Top 10 Wirtschaftsstandorte der Welt" aufsteigen:
a. Welche konkreten Entbürokratisierungsmaßnahmen waren in der vom BMAW (früher BMDW) beauftragten 300.000 EUR Standortstrategie enthalten?
b. Wann sollen die konkreten Ergebnisse der 300.000 EUR Standortstrategie im Sinne der Veröffentlichungspflicht nach Artikel 20 Abs. 5B-VG erfolgen?
38. Eine
Initiative der EU-Kommission strebt eine Reduktion der Berichtspflichten um 25%
an, während im Österreichplan des Bundeskanzlers Nehammer
eine Reduktion um 33% angestrebt wird:
a. Warum hat das BMAW in seiner Stellungnahme an die EU-Kommission nur drei Beispiele für Berichtspflichten genannt, während die WKO in ihrer Stellungnahme über 80 Beispiele anführte?
b. Wie viele der in der Stellungnahme der WKO an die EK erwähnten Beispiele wird auch vonseiten des BMAW Verbesserungspotential gesehen?
c. Ansage von BK Nehammer:
i. Wie stehen Sie zur Ansage von Bundeskanzler Nehammer, die Berichtspflichten um 33% zu senken? Wie passt diese Aussage mit der Initiative der EU-Kommission zusammen?
ii. Sollen 8
%-Punkte rein nationale Berichtspflichten gestrichen werden
(33 % - 25 % = 8 %-Punkte)?
iii. Welche konkreten Berichtspflichten sollen national gestrichen werden?
39. Gerade die
ÖVP beschwert sich regelmäßig über Goldplating, obwohl sie
seit
37 Jahren den Wirtschaftsminister stellt:
a. Inwiefern wird bzw. wurden an einer nationalen Liste an Beispielen für Goldplating gearbeitet?
b. Wann soll eine nationale Liste an Beispielen für Goldplating präsentiert werden?
c. Welche Beispiele für Goldplating sind Ihnen in ihrem Zuständigkeitsbereich bekannt und was wird diesbezüglich konkret unternommen?
d. Welche
Beispiele für Goldplating sind Ihnen im Zuständigkeitsbereich anderer
Bundesminister bekannt und was wird Ihres Wissens diesbezüglich
konkret unternommen?
Fragen zu Freihandel:
40. Bei welchen der
aktuell in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommen
ist aus Ihrer Sicht ein Abschluss besonders
wichtig bzw. im besonderen Interesse der österreichischen
Wirtschaft und warum?
41. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen von Freihandelsabkommen auf die Diversifizierung der österreichischen Exportwirtschaft?
42. Welche Strategien verfolgt das Ministerium, um die Interessen österreichischer Unternehmen in den Verhandlungen zu EU-Freihandelsabkommen zu vertreten?
43. Abseits der
bestehenden Abkommen und unabhängig von der bevorstehenden Wahl in den
USA: Sollte sich Österreich auf EU-Ebene für einen neuen
Anlauf für Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit den USA einsetzen
und warum bzw. warum nicht?
44. Neue EU-Vorhaben, wie das Lieferkettengesetz und die Entwaldungsverordnung, legen umfassende Umwelt- und Sozialstandards fest:
a. Inwiefern wirken sich diese Rechtsakte auf Verhandlungen zu Freihandelsabkommen aus?
b. Inwiefern wirken sich diese Rechtsakte auf die generelle Position des BMAW zu Freihandelsabkommen aus?
c. Inwiefern wirken sich diese Rechtsakte auf die Position des BMAW zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur aus?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
*****
Präsident
Ing. Norbert Hofer: Ich erteile Frau
Abgeordneter Mag.a Meinl-Reisinger als Fragestellerin zur
Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5
der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das
Wort. –
Bitte, Frau Klubobfrau.
14.49
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! – Ich hoffe natürlich, dass auch noch der Herr Minister in Bälde zu uns eilen wird, denn eigentlich ist diese Dringliche Anfrage ja an ihn gerichtet. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich freue mich, dass heute sehr viel Publikum anwesend ist. Herzlich willkommen bei uns im Hohen Haus! Wir reden heute – eigentlich in Fortsetzung unserer Debatte, unserer sehr wichtigen Debatte von gestern über die Europäische Union – über die Frage des Wohlstands und der Wohlstandseffekte, die die Europäische Union und insbesondere natürlich die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union für uns bringt.
Ich möchte aber trotzdem mit etwas anderem einleiten. Wir haben gestern sehr viel darüber gehört, dass die Europäische Union ein Friedens- und Freiheitsprojekt ist, das auf den Trümmern entstanden ist, die der Nationalismus, die der Faschismus in Europa verursacht haben, auf den Trümmern der Schlachtfelder des Ersten und Zweiten Weltkriegs, blutigen Schlachtfeldern mit Millionen Toten.
Wir in Europa sind zur Erkenntnis gekommen und haben gesagt,
gemeinsam sind wir stärker, und wir wollen Politik nicht
auf dem Schlachtfeld durchsetzen, sondern ihr am Verhandlungstisch zum
Durchbruch verhelfen. Das ist
eine unglaubliche Leistung, eine zivilisatorische, humanitäre Leistung
gewesen, dass sich Völker, die sich bis vor Kurzem einander noch
kriegerisch gegenübergestanden sind, wie gesagt am Schlachtfeld, auf
einmal am Verhandlungstisch und in der Europäischen Union
wiedergefunden haben.
Neben der Friedens- und
Freiheitsleistung gibt es natürlich auch das wirtschaftliche Projekt
Europa. Auf das möchte ich zu sprechen kommen, aber bevor
ich darauf zu sprechen komme, möchte ich, weil ich gestern etwas sehr
Spannendes gelesen habe, noch einmal auf dieses Bild eingehen. Ich habe einen
Artikel gelesen, der mich sehr zum Nachdenken gebracht hat. Wir alle
sind in der Politik, weil wir Anliegen haben. Ich glaube, dass die Frage der
Stärke
Österreichs in einem starken Europa und die
Zukunftsfähigkeit unseres
Landes gerade für meine drei Kinder für mich ein ganz entscheidender
Motivator sind, in der Politik zu sein, Politik für meine Kinder und
vielleicht auch einmal Enkelkinder zu machen.
Man geht als Politikerin, die
noch aktiv ist, die, wie ich finde, noch jung ist und in der Mitte des Lebens
steht, immer davon aus, dass die Kinder in unserer
Welt leben. Ich glaube, wenn wir ehrlich sind – der Artikel, den ich
gestern gelesen habe, hat mich sehr zum Nachdenken gebracht –,
leben wir, selbst
wenn wir uns noch als jung und vital und aktiv bezeichnen, in der Welt unserer
Kinder. Und die Welt unserer Kinder schaut ganz anders aus als die Welt
vor 79 Jahren, als der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen ist, aber auch
anders, als die Welt vor 40 Jahren, vor 30 Jahren, vor 20 Jahren
ausgesehen hat.
Es ist eine viel unsicherere Welt. Unsere Kinder sind konfrontiert mit Fragen,
die wir uns nicht stellen mussten. Frieden ist in Gefahr, Freiheit ist in
Gefahr,
der Klimawandel bedroht sowohl das Leben der Menschen als auch unseren
Wohlstand. Wir sind in der Verpflichtung, in der Welt unserer Kinder
darauf Antworten zu finden.
Ich möchte Ihnen das deshalb
mit auf den Weg geben, weil ich weiß, dass es so schwer ist, über
das Wirtschaftsprojekt Europa zu sprechen, weil es so
weit weg zu sein scheint. Es gibt ja auch diesen schönen Ausspruch:
„Niemand verliebt sich in einen Binnenmarkt“. – Ja,
verstehe ich, aber vielleicht
verliebt sich jemand in den Gedanken des Wohlstands und der Sicherheit für
unsere Kinder. Ich glaube, denen sind wir auch in der Verpflichtung, zu
liefern. (Beifall bei den NEOS.)
Nun aber zur Sache: Ich habe
schon gesagt, ich mache mir Sorgen um Europa und ich mache mir –
auch und gerade – Sorgen um den Wohlstand in
Europa. Ich weiß, dass in vielen Sonntagsreden immer wieder betont wird,
wie stark wir sind, wie toll wir sind, auch als Österreich, wie gut wir
durch die
Krise gekommen sind, aber wenn man ehrlich ist – und diese
Ehrlichkeit mahne
ich ein –, schaut es nicht so gut aus. Wir
müssen aufpassen, dass wir nicht
in der geopolitischen Situation völlig ins Hintertreffen geraten.
Um das zu unterstreichen, habe ich Ihnen (ein Schriftstück in die Höhe haltend) eine Publikation mitgebracht, die heißt „The Power Atlas“. Das ist eine Publikation des European Council on Foreign Relations gemeinsam mit der Stiftung Mercator – sie ist schon ein bisschen älter, nichtsdestoweniger wahr, sie ist noch viel dringender geworden –, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wo denn in diesem geopolitischen Gefüge – USA, China, Indien und auch Afrika – Europa bleibt und wo wir wirklich stark sind.
Siehe da, wir haben in vielerlei
Hinsicht nicht mehr die Nase vorne. Wir haben in puncto
Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft ganz, ganz
viel verschlafen, wir haben (Abg. Kassegger: Wer ist wir?) den
ganzen Telekommunikationsbrancheboom verpennt (Abg. Kassegger: Wer
ist wir?), der ist
an uns verbeigegangen – wir in Europa (Abg. Kassegger: Die
Europäische Union ...?) –, wir haben den
ganzen Wechsel von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft
und dem Aufkommen der digitalen Plattformen verpennt. (Abg. Kassegger:
Wer ist wir?) Es finden sich eigentlich kaum mehr europäische Unternehmen unter den wirtschaftlich
stärksten Unternehmen der Welt.
Wir schauen in die Röhre,
sozusagen in den Auspuff – auch wenn
wir die Verbrennungsmotoren nicht mehr wollen – der anderen
Industrie-, aber auch zunehmend Dienstleistungsnationen, wenn es
tatsächlich um die
Frage geht: Wie wettbewerbsfähig sind wir und wie sehr sichern wir den
Wohlstand in Europa? Wir haben eine Chance, eine Chance auf Selbstbewusstsein und
eine Chance auf Innovations- und Technologieführerschaft, wenn wir sie
nutzen, aber darauf möchte ich dann später zu sprechen kommen.
Wir müssen tatsächlich aufpassen, dass wir nichts
verpassen, dass wir in Europa nicht so etwas wie ein fröhliches
Freiluftmuseum werden, das sich im
Glanz vergangener Größe und Stärke sonnt, das sich selbst
genügt. Um das wieder zu erreichen, dass wir in Europa nach vorne
kommen, ist es hoch an
der Zeit, darüber zu reden, dass wir uns alle miteinander stärker
anstrengen müssen, denn das wird niemand, auch nicht die Politik,
für uns richten. Es
braucht Innovationskraft, es braucht Unternehmertum, es braucht die Tatkraft
jedes einzelnen Menschen, aber vor allem die Erkenntnis, dass in der
Welt unserer Kinder nichts sicher ist und wir in der Verpflichtung sind, das
aber sicherzustellen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Reiter.)
Jetzt ist es aber so eine Sache: Bevor ich darauf zu
sprechen komme,
was in Europa getan werden muss und welche Hausaufgaben auch Österreich
machen muss – denn wir sind in dieser Frage auch ein Stück weit
schlafwandelnd –, möchte ich schon darauf zu sprechen
kommen, was auf dem Spiel steht, wenn von einem Öxit gesprochen, fabuliert
wird. Ich schaue natürlich wieder die FPÖ an. Herr Kollege
Wurm, wir haben ja gestern die Debatte geführt, da haben Sie auf meinen
Hinweis, dass es Gott sei Dank keine
Mehrheit für einen Öxit – also einen wirklichen Austritt
Österreichs aus der Europäischen Union – gibt, ihr aber
trotzdem gerne zündelt und weiter
zündelt, hineingerufen: Na ja, das sind ja bloß
40 Prozent. – Das stimmt nicht. Ich habe Ihnen gerade vorhin
gesagt, ich habe nachgeschaut, Gott sei
Dank sind es jedenfalls im September nur 27 Prozent der Österreicherinnen
und Österreicher gewesen, die sagen, Österreich soll aus der
Europäischen
Union austreten. Es wurde leider nicht protokolliert, ich habe mir das heute
angeschaut (Abg. Wurm: Na ja, Frau Kollegin, wenn es nicht im
Protokoll
steht ...!), was Sie dann noch hineingerufen haben. Sie haben dann
reingerufen: Na ja, wir warten, bis es 60 Prozent sind, und dann ist es so
weit.
Sehen Sie, das ist genau dieses
perfide Spiel, das Sie spielen: ein bisschen mit dem Gedanken des Austritts zündeln,
ein bisschen auf den Verschwörungstheorien und den
Anti-EU-Ressentiments reiten. Sie sind dabei, das alles zu zerstören,
wovon ich gerade gesprochen habe, was wir brauchen
(Abg. Kassegger: Sie haben davon gesprochen, dass 20 Jahre
nichts passiert ist und nichts zusammengebracht wurde!) für Freiheit,
Sicherheit, Wohlstand und
Frieden. Ist das Ihre Politik, so viel zu polarisieren (Abg. Steger: Sie
zerstören das
mit Ihrer Politik! Absolut irrational!) und so viel zu
zündeln, bis Sie endlich 60 Prozent haben und Europa wieder in
Trümmern liegt, Putin sich freut, wir in arme Nationalstaaten
zurückfallen und die Armut das Einzige sein wird,
samt den Flaggen, in die wir uns wickeln können? – Schämen
Sie sich, FPÖ (Abg. Steger: ... Propaganda ist das, was Sie
verbreiten!), das ist ganz schändliche
Politik! (Beifall bei Abgeordneten von NEOS, ÖVP, SPÖ und
Grünen.)
Sie schreiben auf Ihr
Wahlplakat: „EU-Wahnsinn stoppen“. Ich sage Ihnen heute:
FPÖ-Wahnsinn, Öxit-Zündelei stoppen! Das haben die Menschen in
Österreich nicht verdient – Sie sollten ihnen reinen Wein
einschenken –, denn Sie machen damit das Geschäft der anderen
globalen Mächte. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Die
haben alle kein Interesse daran, dass Europa stark ist, am allerwenigsten Herr
Putin, der jetzt gerne mit seinen Panzern unterwegs
ist. Sie haben aber offensichtlich weniger Angst vor Putins Panzern als vor den
Vereinigten Staaten von Europa. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen
lassen (Abg. Steger: Wer solche Visionen wie Sie hat, sollte
besser ...!), wie wenig selbstbewusst das eigentlich ist, werte
FPÖ. (Beifall bei den NEOS.)
Jetzt komme ich zu dem Punkt,
warum ich auch Sie, Herr Wirtschaftsminister, heute hierher gebeten habe. Die
Konservativen, gerade auch in Österreich, hupfen immer wieder der FPÖ
nach, und ich verstehe nicht, warum. Ihr habt eine verdammte Verpflichtung,
für Europa zu werben, und meines Erachtens eine verdammte Verpflichtung,
dafür Sorge zu tragen, dass wir in Europa
stärker werden, selbstbewusster werden und den Wohlstand für alle
liefern.
Das bedeutet zum Beispiel, den
Binnenmarkt wirklich auszubauen.
Stattdessen höre ich von Ihnen immer wieder: Europa, ja, aber!, und gerne
auch diese nationalistischen, populistischen Spielchen, die damit gemacht
werden. Das halte ich für unverantwortlich und sehr, sehr kurzsichtig. Wir
stecken in einer riesigen Transformation. Ich habe es schon einmal gesagt:
Nicht die Kinder leben in unserer Welt, sondern wir leben in der Welt unserer
Kinder. Da ist der Klimawandel eine ernste Bedrohung, die wir in den Griff bekommen
müssen, allein deshalb, weil unsere Lebensgrundlage und auch
unser Wohlstand davon abhängen.
Und dann stellen Sie sich als
ÖVP her, befeuern diesen Kulturkampf und rufen dazu auf, dass
Europa – ich habe Ihnen gerade gezeigt (das vorhin gezeigte
Schriftstück mit dem Titel „The Power Atlas“ neuerlich in die
Höhe haltend), wo wir überall schon ins Hintertreffen geraten
sind – Weltmarktführer für Verbrennungsmotoren werden
soll. Was kommt denn als Nächstes? – Weltmarktführer
für Faxgeräte? Weltmarktführer für Pferdekutschen? (Beifall
bei
den NEOS.) Ja sagen Sie, sind Sie eigentlich von allen guten Geistern
verlassen?
Wir haben eine Chance in
Europa, in diesen Bereichen, gerade im Bereich
der Klimatechnologie, selbstbewusst wirklich Vorreiter zu werden, wenn wir das
gescheit angehen, wenn wir die Energiewende hinbekommen und unseren
Unternehmerinnen und Unternehmern die Unterstützung geben, die
sie brauchen, von Schweden bis nach Italien, von Vorarlberg bis ins Burgenland
sagen: Wir unterstützen euch dabei, Technologievorreiter zu
werden. –
Wir haben diese Chance. Nutzen wir sie selbstbewusst!
(Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Hören Sie auf, solche
peinlichen Kulturkämpfe zu spielen und sich da in irgendwelchen
Vergangenheiten zu sonnen, weil das ja wirklich lächerlich ist und
eigentlich auch wieder nur diese Anti-EU-Ressentiments befeuert, von
denen vorhin schon die Rede war. (Abg. Strasser: Das ist aber kein
liberaler Zugang!)
Was bringt uns die EU? – Es wird oft davon geredet, dass wir Nettozahler sind – ja eh, klar! –, aber die Effekte, die wir haben, die auch die Menschen in Österreich tagtäglich eigentlich in der Geldbörse spüren – mittelbar natürlich –, sind viel, viel größer, als der Beitrag Österreichs ist. (Abg. Steger: Inflation, Wohlstandsverlust, Kaufkraftverlust, Migrationswelle!) Das steht in keinem Ver-
hältnis. Allein 693 000 Jobs hängen in Österreich direkt von der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union ab. Sagen Sie das den Leuten (Abg. Steger: Dass Sie Propaganda verbreiten!), dass Sie eine Dreiviertelmillion Arbeitsplätze streichen wollen! Wissen Sie, niemand verliebt sich vielleicht in den Binnenmarkt, aber jeder will einen Job, der sich und die Seinen versorgt (Abg. Steger: Dafür brauchen wir keine politische Union!), und wir sind in der Verpflichtung, das für alle Menschen zu liefern. Ein Austritt ist dafür die allerschlechteste Idee. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: Dafür brauchen wir eine Wirtschaftsunion!)
Natürlich haben die Menschen
die Erwartungshaltung, dass ein Europa liefert, und in vielen Fragen haben sie
nicht den Eindruck, dass das passiert. Ich
glaube, es passiert weitaus mehr richtig, als falsch passiert, und ich bedauere
zutiefst, dass offensichtlich außer uns niemand durch die Lande
zieht –
gerade auch in die Gemeinden, wo es gilt, die Menschen zu
überzeugen – und davon spricht, was gut läuft. Ich glaube,
Sie sind sehr schnell dabei, zu
erzählen, was alles schlecht läuft, und haben eigentlich Ihren Job
verpasst, dass Sie auch wirklich einmal Menschen wieder überzeugen. (Abg.
Wurm: Die
Frau Edtstadler macht das auch! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Es gibt aber Dinge, die die
Menschen geändert haben wollen. Die wollen keine irreguläre Migration
mehr nach Europa – verstanden! Es ist ein erster
Schritt gemacht, wir werden sehen, ob er funktioniert. Ich finde es ja
eigentlich schade, dass Österreich ihn nicht mitgemacht hat, denn er
bedeutet genau
das: sichere Außengrenzen, dafür Freiheit im Inneren. (Abg. Kassegger:
Sie behaupten jetzt allen Ernstes, wir haben sichere Außengrenzen? Echt
jetzt ...?) Genau das ist unser Anspruch: dass die Menschen in Europa
die Freiheit genießen können und trotzdem die Sicherheit haben, dass
Migration gestoppt wird. (Abg. Wurm: Seit wann, Frau Kollegin?)
Der zweite Punkt betrifft ein
Thema, das immer wieder angesprochen wird: unnötige Ausgaben in der
Europäischen Union. Gerne, wir Liberalen
sind die Ersten, die sagen: Reden wir darüber, was wir alles an unnötigen Ausgaben, an Bürokratismus haben! (Abg. Steger: Friedensfaszilität, Makrofinanzhilfe plus Coronawiederaufbaufonds!)
Ganz zuvorderst ist
natürlich die Frage: Wer ist denn verantwortlich
für die Kosten des Krieges in der Ukraine? Sorgen Sie gemeinsam mit uns
dafür, dass Putin und seine korrupten Oligarchen verdammt noch mal
für diesen
Krieg in der Ukraine zahlen – und nicht der österreichische
Steuerzahler und nicht der europäische Steuerzahler! (Beifall
bei den NEOS.) Dafür sind Sie gewählt, das
zu tun wäre Ihr Job! Wir als NEOS versichern Ihnen, dass
wir uns dafür einsetzen
werden – in Österreich genauso wie in Brüssel. (Zwischenruf
des Abg. Martin Graf. – Abg. Kassegger: Das ist so weit
weg von der Wirklichkeit!)
Bürokratie abbauen – sehr herzlich gerne.
Ich bin davon überzeugt, dass
Europa da teilweise das Kind mit dem Bade ausschüttet und die nächste
Kommission auch eine Deregulierungskommission sein und sich wieder der
Entbürokratisierung widmen muss. Wir haben da zu viel erlebt und der
Industrie meines Erachtens auch zu viel aufgebürdet (Abg. Steger:
Haben Sie dem
Green Deal zugestimmt?), aber: Machen wir einmal unsere
Hausaufgaben! Wieso ist Österreich in der Wettbewerbsfähigkeit
mittlerweile abgeschlagen
hinter anderen Ländern, die EU-Mitglieder sind? Schweden, Dänemark,
Tschechien: Die haben alle die EU-Regularien, aber sie haben auch aktivere
Regierungen, die für Entbürokratisierung im eigenen Land sorgen, die
den Föderalismus zurückfahren
und nicht das tun, was Sie immer tun (Abg. Hörl: Recht
hat sie!): auf die bürokratische Regelung in
Brüssel noch eins draufzulegen, sich dann aber hinzustellen und auf
Brüssel zu schimpfen. Nein, nein, meine
sehr geehrten Damen und Herren: Wir haben hier unsere eigenen Hausaufgaben zu
machen, was Deregulierung und Entbürokratisierung angeht – und
das
haben Sie die letzten Jahre nicht getan. Es ist hoch an der Zeit. (Beifall
bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)
Last, but not least geht es natürlich auch darum, die
Korruption genauso in Europa zurückzudrängen. Wir haben den
Korruptionsskandal im Europäischen Parlament gesehen. Das geht nicht, das
muss abgestellt werden und da muss es Sanktionen geben. Genauso muss es
Sanktionen geben, wenn Länder,
wie zum Beispiel Ungarn, EU-Gelder bekommen und man auch nicht weiß, in
welche Kanäle das versickert. Da darf sich die Europäische Union
genauso wie der europäische Steuerzahler oder die
österreichische Steuerzahlerin nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Es
ist völlig klar, dass das Konsequenzen haben muss. Das erwarten sich die
Leute – selbst die, die skeptisch sind,
was die Europäische Union angeht. Sie sehen aber, dass da eine Chance
besteht, es besser zu machen und es selbstbewusst besser zu machen.
Jetzt möchte ich noch auf ein letztes Thema eingehen,
weil das in diesem
Haus schon sehr oft diskutiert wurde und wir mittlerweile die einzige Fraktion
sind, die für Handelsabkommen und Freihandel einsteht. Wir leben in
der Welt unserer Kinder. Diese Welt ist geprägt von Kriegen und
zunehmenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Das ist fürchterlich.
Europa ist einzigartig auf der Welt, weil wir gezeigt haben, dass der
Wille zum Kompromiss selbst bei verfeindeten Nationalstaaten möglich ist.
Eine Welt, in der Weltmächte einander zunehmend
kriegerisch gegenüberstehen, ist keine Welt, in der Europa
erfolgreich sein kann. Das heißt, wenn wir als Europa eine Rolle haben,
dann entschlossen, selbstbewusst dafür einzutreten, wieder zu einer
internationalen regelbasierten Friedensordnung zurückzukehren, aber
selbstverständlich auch zu einer internationalen regelbasierten
Wirtschaftsordnung. Daher muss das Motto lauten: Handelsverträge
statt Handelskriege. Das ist so dringend notwendig – und ich
würde Sie wirklich dringend darum ersuchen, diesen
Populismus abzustellen, denn: Wie wollen Sie denn, dass die Völker
zusammenarbeiten? Mit wem wollen
wir denn Handel treiben, wenn wir nicht in der Lage sind und nicht die Bereitschaft
haben, am Verhandlungstisch Klimaschutzfragen, Arbeitnehmerschutzfragen,
Arbeitsschutzstandards zu verhandeln, anstatt einander
zunehmend in Handelskriegen gegenüberzustehen? Schämen Sie sich alle miteinander! Wir sind die Einzigen, die nach wie vor für Handelsverträge einstehen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Lopatka: Geh, aufpassen! Die neue Oberlehrerin! – Zwischenrufe der Abgeordneten Taschner und Zarits.)
Ich komme zum Schluss. Ich sehe eine enorme Chance für
Europa, wenn wir die Vision der vereinigten Staaten von Europa aufgreifen, die
ja vor allem auch
eines bedeutet: eine Vollendung des Binnenmarkts. (Abg. Lopatka: Aber
da brauche ich keine vereinigten Staaten für den Binnenmarkt, den hat es
schon vor der Europäischen Union gegeben!) Was heißt das, weil
das ja vielleicht auch
ein bisschen technisch ist? – Es gibt jetzt diesen wunderbaren
Bericht von unter anderen Enrico Letta, dem ehemaligen italienischen
Ministerpräsidenten.
Der Bericht sagt, wir brauchen eine Vollendung des Binnenmarkts in vielen Fragen,
zum Beispiel im Kapitalmarktbereich, um wirklich privates Kapital –
zum Beispiel gerade für das riesige Projekt der Energiewende –
zu mobilisieren, denn da sind wir nicht gut genug; um eine Skalierung zu
ermöglichen,
dass wir internationalen Konzernen auch wirklich die Stirn bieten können,
denn da sind wir nicht gut genug; wir brauchen einen Energiebinnenmarkt, um
endlich auch die Preise für die Österreicherinnen und
Österreicher runterzubringen – was Sie in der
Bundesregierung leider nicht geschafft haben –, das
wäre notwendig.
Mehr Europa statt weniger Europa: Es hat keinen Sinn,
über jedes Windradl in Niederösterreich zu diskutieren, wenn man das
besser europäisch
offshore erledigen kann, dort den Strom produzieren kann, wo man ihn sinnvollerweise
produziert, und mittels gut ausgebauten Netzen, die uns zusammenbringen,
dorthin liefert, wo man ihn braucht. (Abg. Zarits: Funktioniert ganz
gut, ja! – Abg. Hörl: Das nennt man
Florianiprinzip! – Abg. Litschauer:
Das ist nicht Versorgungssicherheit!)
Für all das brauchen wir mehr Europa und nicht weniger Europa, eine Entscheidungsfähigkeit, eine Strategiefähigkeit und eine Entschlossenheit. Das bedeutet, dass wir im Sinne der Freiheit, des Friedens, aber auch des
Wohlstandes für unsere Kinder auch den europäischen Gedanken nach vorne tragen müssen, um auf Augenhöhe in diesem geopolitischen Machtgefüge sowohl den USA als auch Russland als auch China als auch Indien die Stirn bieten zu können, aber nicht in kriegerischer Auseinandersetzung, sondern mit dem Anspruch, dass wir mittels Verträgen und nicht mit Krieg Politik machen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
15.08
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Kocher. – Bitte sehr, Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.
Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr geehrte
Zuseherinnen und Zuseher! Ich danke für die Gelegenheit, auf die Vorteile
der Europäischen Union hinsichtlich der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes
eingehen zu können, und würde, bevor ich die
Fragen beantworte, hier einige Dinge vorausschicken.
Es ist klar, dass damit, dass Österreich vor knapp drei
Jahrzehnten Mitglied der EU geworden ist, eine einzigartige Chance für den
Standort einhergegangen ist. Wir haben einen wirtschaftlichen
Aufschwung, der zum Teil durch den Beitritt ausgelöst wurde, erlebt.
0,5 Prozent zusätzliches Wachstum pro
Jahr – das ist etwa das Mittel der Schätzungen für die
letzten 30 Jahre – gehen auf die EU und natürlich auch auf
die Osterweiterungen der EU zurück.
(Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.) –
Das ist Grund, zu applaudieren, denn wir wären ohne den EU-Beitritt
einfach ärmer, so einfach ist
das gesagt.
Alleine in den letzten beiden Jahren sind 80 000
Bürgerinnen und Bürger aus dem Europäischen
Wirtschaftsraum – und zum Großteil aus der EU –
nach Österreich auf den Arbeitsmarkt gekommen. Trotz jenen, die den Arbeitsmarkt
verlassen haben, bedeutet das auch für die Zahl der Erwerbstätigen
hier in Österreich Wachstum. Dafür ist hauptsächlich die
Europäische
Union verantwortlich. Der Binnenmarkt ist seit über 30 Jahren der
Wachstumsmotor der Europäischen Union, er schafft
Verhandlungsstärke und einen Spielraum für die Europäische
Union. Die tiefe Integration, die vier Freiheiten, die gemeinsamen Standards,
die gemeinsame Wettbewerbspolitik sind Voraussetzungen dafür, dass dieses
Wachstum entsteht. Das geht weit über das hinaus, was in Freihandelszonen
oder Zollunionen üblicherweise an zusätzlichen Wirtschaftsimpulsen
ausgelöst wird. Nur jemand, der nicht recht bei Trost ist, würde
diese Errungenschaft zurückdrehen wollen – das ist keine Frage.
(Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS. –
Abg. Hörl: Nur die Blauen! Ihr seid trostlos! – Abg. Steger:
Bei euch schaut es trostlos aus!)
Das heißt natürlich nicht, dass Europa
nicht besser werden kann. Es ist klar, dass es neue globale Dynamiken gibt. Es
gibt neue Rahmenbedingungen, es gibt
einen wachsenden Wettbewerbsdruck, es gibt mehr Wettbewerb zwischen den
großen Blöcken, die es in dieser Welt gibt. Umso wichtiger ist es,
die richtigen Maßnahmen zu setzen.
Mitte März hat mich der Bundeskanzler
beauftragt, Impulse für den Wirtschaftsstandort Europa auszuarbeiten.
Wir haben vier Schwerpunkte festgelegt:
den Bereich Fachkräfte, den Bereich Deregulierung, den Bereich Energie
und, als vierten Bereich, Innovation und Forschung, und es geht jetzt darum, in
diesen Bereichen auch für die nächsten zehn Jahre die richtigen
Antworten zu geben.
Beginnen wir mit dem Bereich Innovation und
Forschung: Es ist klar, dass Innovation und Forschung die Voraussetzungen
für Wachstum sind, und nur mit dem Wachstum, das wir brauchen, erreichen
wir tatsächlich auch die Klimaziele, weil das Wachstum die
Ertragskraft in den Unternehmen, die Spielräume für weitere
Investitionen schafft. Der Großteil der Investitionen für
eine klimaneutrale Wirtschaft wird aus privater Hand kommen müssen, nicht
aus öffentlicher Hand. Das heißt, Wachstum kommt über
Innovation und
braucht daher die richtige Unterstützung. Mit Verzicht und mit
Deindustrialisierung werden wir die ambitionierten Klimaziele in Europa
sicher nicht
erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)
Es gibt ein klares Commitment der
Bundesregierung, auch im Österreichplan von Bundeskanzler Nehammer, zu
mehr Innovationsförderung, zu mehr Innovationseffizienz. Wir wollen
Nummer eins in Europa werden, was
die Forschungsquote betrifft; wir sind Nummer drei in Europa, was die Forschungsquote
betrifft. Wir wollen unter die top fünf Nationen bei
den Innovationsrankings kommen; wir sind derzeit Nummer sechs, haben uns im letzten Jahr um zwei Plätze verbessert. Auch
die Forschungsquote ist gestiegen. Die Bundesregierung hat
alles getan, um für die nächsten Jahre gut vorbereitet zu sein.
Zum Thema Deregulierung: In der Dringlichen
Anfrage ist das angesprochen, und ich teile diese Einschätzung.
Das Thema Bürokratieabbau und Deregulierung muss im Fokus einer neuen
Kommission stehen. Es wird mir auch
immer wieder von Unternehmen geschildert, wie stark mittlerweile die Belastung
durch überbordende Berichtspflichten, durch eine Überregulierung ist,
und da braucht es jetzt auf europäischer Ebene Antworten, weil natürlich
auch überbordende Berichtspflichten dazu führen, dass Unternehmen die
Tätigkeiten durchführen müssen, die weniger produktiv sind, und
Tätigkeiten, die produktiver wären, die zukunftsgerichtet sind, nicht
so viel Aufmerksamkeit und Ressourcen bekommen.
Wir müssen in der nächsten Periode der Europäischen Kommission die Kommission an ihr Versprechen erinnern, die Berichtspflichten zu 25 Prozent zu reduzieren. Aus meiner Sicht kann es sogar mehr sein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Es muss das klare Ziel sein, die Unternehmen von Berichtspflichten zu entlasten und sie nicht weiter zu belasten.
Das dritte Thema: Fachkräfte. In ganz Europa
gibt es angesichts der demografischen Entwicklung einen sehr hohen
Fachkräftebedarf. Da braucht es
natürlich vor allem auch nationale Antworten. Wir sprechen von der
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vom Arbeiten im Alter und von vielen
anderen Dingen, bei denen es in den letzten Jahren in Österreich
massive Fortschritte gegeben hat. Trotzdem gibt es auch europäische
Aspekte wie zum Beispiel
die Erleichterung der Mobilität innerhalb der Europäischen Union mit
der sogenannten Blauen Karte. Das muss auf europäischer Ebene auch
verbessert werden, damit wir die Fachkräfte haben, die es
braucht, um in den nächsten Jahren auch unseren Wohlstand zu sichern.
Und der letzte Punkt: Energie. Im
Energiebereich wissen wir, dass wir Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten
haben, in ganz Europa und in Österreich. Energiesicherheit und leistbare
Energiepreise sind sowohl für die Haushalte
als auch für die Unternehmen eine ganz entscheidende Komponente,
um unseren Wohlstand zu sichern.
Wir wollen erneuerbare Energien schnell
ausbauen, wir wollen die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren weiter
vorantreiben – da ist einiges
passiert – und wir müssen sicherstellen, dass im Energiebereich
nicht weitere Hürden aufgebaut werden – auch innerhalb von
Europa, da gibt es
einige –, sondern dass diese Hürden abgebaut
werden – zum Vorteil aller beteiligten Länder.
Unser gemeinsames Ziel muss sein, die
Wertschöpfung und das Unternehmertum in Österreich und in Europa
zu erhalten, die Standortattraktivität zu
stärken. Ich weiß, da gibt es die unterschiedlichsten Rankings, die
auch immer wieder publiziert werden. Das neueste Ranking zur
Standortattraktivität
in Europa, das es gibt, kommt vom IFO-Institut und ist vor drei Wochen publiziert
worden. Es wurden 1 500 Expertinnen und Experten
weltweit
befragt. Österreich befindet sich, was die Attraktivität für
nationale Unternehmen betrifft, unter den top vier Ländern in der Europäischen
Union,
gemeinsam mit Schweden, den Niederlanden und Dänemark, und was internationale Unternehmen betrifft, liegen wir
gemeinsam mit einer großen
Gruppe an Ländern hinter den top drei Ländern – die
das sehr gut gemacht haben, mit attraktiven Angeboten, nämlich die
Niederlande, Litauen und
Irland – auf Rang vier.
Das heißt aber nicht – und
das sage ich hier ganz klar und ganz bewusst –, dass wir die Situation
schönreden sollten. Europa hat an Wettbewerbsfähigkeit
eingebüßt. Es braucht sinnvolle Reformen, die von einer breiten Mehrheit
getragen werden, um die Chancen, die sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren
wirtschaftlich ergeben, auch nutzen zu können. Die Bundesregierung
hat in den letzten Jahren Österreichs Standortattraktivität
immer im Blick gehabt
und weiterentwickelt und wird sich auch in den kommenden Monaten dafür
einsetzen, sowohl hier als auch auf europäischer Ebene. (Beifall bei
der ÖVP.)
Damit komme ich zur Beantwortung der konkreten
Fragen aus der Dringlichen Anfrage und bitte um Verständnis dafür,
dass einige Antworten kurz
sind. Man könnte zu vielen dieser Fragen tatsächlich auch mehrere
Dissertationen schreiben – es gibt auch einige
dazu –, wir hatten leider nur
einen Vormittag lang Zeit. (Abg. Meinl-Reisinger: Das können Sie
dann ja als Nationalbankpräsident!)
Zur Frage 1:
Die positiven
Auswirkungen der europäischen Integration lassen sich insbesondere durch
die zentralen ökonomischen, gesellschaftlichen und damit standortbezogenen
Vorteile des gemeinsamen Binnenmarktes argumentieren; ein klares
Verständnis betreffend die Vorzüge der europäischen Integration
insgesamt erfolgt auf allen Ebenen der Aktivitäten, Aufgaben und
Zuständigkeiten der Bundesregierung insgesamt und natürlich des BMAW
im Besonderen; es gibt Publikationen der Europäischen Kommission wie
beispielsweise die Mitteilung zum 30-jährigen Bestehen des
EU-Binnenmarkts, Arbeiten von europäischen Statistikinstituten, zum
Beispiel Eurostat;
durch die direkte Diskussion im Rahmen unterschiedlicher EU-Ratsformationen
wie
beispielsweise des Rats für Wettbewerbsfähigkeit, des Rats für
Handel, des Rats für Beschäftigung und Soziales; aber natürlich
auch durch den direkten Austausch mit relevanten Stakeholdern, durch
Industrierunden,
EU-Gipfel und Round Tables; und durch die Diskussion und Präsentation von
entsprechenden Publikationen und Studien, FIW als Forschungsschwerpunkt sei hier
genannt.
Zentraler Motor
zur kontinuierlichen Vertiefung der europäischen Integration ist klar der
EU-Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten. Diesbezüglich erfolgt
auf EU-Ebene gerade ein Weiterentwicklungsprozess. Auch hierzu haben wir unsere
Erwartungen für die Zukunft des Binnenmarkts breit diskutiert,
beispielsweise gemeinsam in großer Runde mit dem hochrangigen
Berichterstatter Enrico Letta im März. Ich habe den Bericht auch da.
Klar ist, dass
alle diese Informationen in die standortpolitischen Diskussionen
einfließen.
Zur Frage 2:
Das BMAW gab zuletzt 2019 die Studie „Die Handelseffekte der österreichischen EU-Mitgliedschaft 25 Jahre nach der Volksabstimmung“ im Auftrag heraus; Auftragnehmer war das Wifo, Hauptautor Prof. Harald Oberhofer.
Zur Frage 3:
Nicht Vollziehungsgegenstand des BMAW.
Zur Frage 4:
Schon die
Ostöffnung 1989 hat Österreich zu einem zusätzlichen
jährlichen Wachstum von 0,1 Prozent –
laut Studien – verholfen. Nach dem Beitritt 1995 wuchs das BIP
jährlich zusätzlich um 0,4 Prozent. Die Teilnahme an der
Wirtschafts- und Währungsunion und die Übernahme des Euro haben zu
einem weiteren Schub für Österreichs Volkswirtschaft geführt,
das reale BIP
stieg jährlich um 0,1 Prozent zusätzlich. Die große
EU-Erweiterung 2004 hat dazu geführt, dass das BIP jährlich
zusätzlich um 0,3 Prozent erhöht
wurde.
Zur Frage 5:
Die EU-Integration führte laut einer
Wifo-Studie zu Handelseffekten bis 2014 mit einer 13 Prozent
höheren Beschäftigung. Diese Zahlen erscheinen
durchaus plausibel.
Zur Frage 6:
Die europäischen Forschungs- und Innovationsprogramme,
insbesondere das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation
„Horizon Europe“ –
mit einer Gesamtdotierung von fast 100 Milliarden Euro das
weltweit größte Forschungskooperationsprogramm mit einer Laufzeit
bis 2027 –, sind
für die Innovation in Österreich, von österreichischen
Unternehmen von sehr hoher Bedeutung. Die Teilnahme ermöglicht die
Anbindung von Unternehmen an die jeweiligen Spitzenforschungszentren
in Europa, und die frühzeitige Integration von Unternehmen in
europäische Forschungskooperationsprojekte bietet einen
entscheidenden Wissensvorteil und gleichzeitig eine Teilung von Kosten und
Risken.
Horizon Europe trägt in Europa in strategisch wichtigen Technologiebereichen entscheidend zum Erhalt und zum Ausbau der europäischen Wettbewerbsfähigkeit bei. Die Teilnahme des Unternehmenssektors ist unverzichtbar für das Erreichen der Zielsetzungen der europäischen Forschung.
Einige Daten: Insgesamt konnten österreichische Akteure
bereits knapp
über 1 Milliarde Euro aus diesem Programm einwerben. Der Anteil
für Österreich in Horizon Europe beläuft sich bislang auf
3,2 Prozent. Das ist
eine Steigerung im Vergleich zum Vorläuferprogramm, damals waren es
2,9 Prozent.
Es gibt etwa
680 österreichische Unternehmensbeteiligungen in insgesamt
479 Horizon-Europe-Projekten. Damit fließen bislang
253 Millionen
Euro an österreichische Unternehmen. Die höchsten Förderungen
gehen in die Bereiche Klima, Energie und Mobilität sowie Digitalisierung,
Industrie und Weltraum, außerdem Förderungen vom Europäischen Innovationsrat.
Zur Frage 7:
Das BMAW hat zuletzt 2022 eine
Studie in Auftrag gegeben, „The EU Services Directive: Untapped
Potentials of Trade in Services“. Auftragnehmer war
das Wirtschaftsforschungsinstitut.
Zur Frage 8:
Die weitere Vertiefung des
Binnenmarktes wird zentral in zuständigen
EU-Gremien diskutiert: in der High Level Group, in der Single Market Enforcement
Taskforce, in der Ratsarbeitsgruppe Binnenmarkt. Das BMAW ist
in all diesen Gremien auf der jeweiligen Ebene vertreten und bringt die in
Österreich akkordierte Position natürlich entsprechend aktiv ein.
Darüber hinaus findet
aktuell ein grundsätzlicher Diskussionsprozess zur Weiterentwicklung
des gemeinsamen Binnenmarktes statt. Um die österreichische Position
möglichst umfangreich in diese Neukalibrierung einzubringen, hat das BMAW
beispielsweise den hochrangigen Berichterstatter zur
Zukunft des Binnenmarktes, Enrico Letta, am 3. März zu einer breiten
Diskussion nach Wien eingeladen.
Ergänzend hat das BMAW einen Zehnpunkteplan zur Zukunft des Binnenmarktes ausgearbeitet, gemeinsam mit dem Europaministerium, und diesen breit an sämtliche EU-Institutionen und Stakeholder zirkuliert. Er ist auch auf der Webseite einsehbar.
Hinsichtlich der Chancen für die österreichische
Wirtschaft ist klar, dass sich die positiven ökonomischen Auswirkungen des
Binnenmarktes umgekehrt proportional zur Größe des
Mitgliedstaats verhalten. Das bedeutet, dass gerade mittelgroße,
exportorientierte Länder wie Österreich bis dato besonders
von den Binnenmarktfreiheiten profitiert haben und dieser Trend sich in Zeiten geopolitischer Dynamiken zukünftig umso mehr fortsetzen wird.
Der Binnenmarkt ist jedenfalls die zentrale Basis für
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlstand. Dafür sprechen
auch die Zahlen: Gegenüber
dem Jahr 2000 ist das Bruttoinlandsprodukt in Österreich
real – also inflationsbereinigt – um 30 Prozent
gewachsen. Im selben Zeitraum haben die Warenexporte Österreichs an die
Mitgliedstaaten der EU 27 um
knapp 85 Prozent zugenommen, die Warenexporte in Drittstaaten vergleichsweise
weniger – um 52 Prozent.
Wie schon gesagt, der mittlere Effekt des zusätzlichen
jährlichen
Wachstums, das durch den EU-Beitritt und die Osterweiterungen ausgelöst
wurde, sind 0,5 Prozent. Auf Basis der geschätzten Effekte wäre
jedenfalls mehr als ein Drittel der Zunahme der Wertschöpfung im Zeitraum
2000
bis 2022 auf die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes zurückzuführen.
Zu den Fragen 9 bis 19 und 21 bis 23:
Zum Öxit: Das Szenario eines Öxits ist rein
hypothetisch, daher besteht
keine Veranlassung, Studien um Steuergeld in Auftrag zu geben. Wie ich gesagt
habe: Nur jemand, der nicht recht bei Trost ist, wird einen Öxit
verlangen.
Zur Frage 20:
In der Anfrage wird davon gesprochen, dass ein Öxit 693 000 Arbeitsplätze gefährden würde. Das hängt natürlich von den Szenarien ab. Wenn man ein negatives Szenario unterstellt, erscheint diese Zahl als realistisch.
Zu den Fragen 24 bis 27:
Anmerkung: Die Fragen 25 und 27 können kurzfristig
leider nicht beantwortet werden, da die Oesterreichische Nationalbank keine
passiven Foreign
Direct Investments aus Bulgarien und Rumänien ausweist. Die Zahlen
für die
passiven Foreign Direct Investments aus Bulgarien stammen von der
Bulgarischen Nationalbank. Die sind leider erst ab 2014 verfügbar.
Ende 2022 legte Österreich vorübergehend ein Veto gegen den
Schengenbeitritt
Rumäniens und Bulgariens ein. Die Werte für 2022 und 2023 sind aus
diesem Grund hervorgehoben.
Ich lese jetzt nur die letzten vier Jahre vor:
österreichische Investitionen in Bulgarien in Millionen Euro: 2020:
2 999; 2021: 3 203; 2022: 2 753;
2023: 2 776; bulgarische Investitionen in Österreich auf Basis der
Quelle Nationalbank Bulgariens: 2020: 71; 2021: 60; 2022: 61 und 2023: 54.
Für Rumänien:
österreichische Investitionen in Rumänien: 2020: 10 166;
2021: 11 595; 2022: 11 171; 2023: 12 137.
Wie gesagt, Zahlen zu rumänischen Investitionen in
Österreich sind
kurzfristig nicht verfügbar.
Zur Frage 28:
Die Frage kann nicht nachvollzogen werden. Der Preisindex
von Ölen und Fetten war in Österreich sowohl deutlich unter dem
EU-Schnitt und
dem Euroschnitt als auch unter jenem in Dänemark und den Niederlanden und
deutlich unter jenem in Deutschland. Auch bei den Preissteigerungen ist
Österreich unter dem EU- und Euroschnitt. Insofern gibt es den in der
Anfrage hergestellten Zusammenhang mit Schengen nicht. Die Preissteigerungen
bei Ölen insgesamt sind insbesondere natürlich auf den russischen
Angriffskrieg in der Ukraine zurückzuführen.
Zur Frage 29:
Es gab drei Vertragsverletzungsverfahren wegen
Nichtumsetzung von Richtlinien der Europäischen Union: Das betrifft die
Richtlinie 2019/1937, die Richtlinie 2019/1158 und die
Richtlinie 2019/1152. Diese genannten
Richtlinien sind aber in der Zwischenzeit bereits
umgesetzt worden.
Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhafter Umsetzung von Richtlinien: Da gibt es eine, die Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG.
Zur Frage 30:
Zu KPI 5,
Conformitydeficit, weist der gegenständliche Bericht eine Quote
von 1,4 Prozent aus. Der EU-Durchschnitt ist 1,2 Prozent,
Österreich
ist auf Platz 20.
Zu KPI Ease of Regulatory Compliance weist der Bericht einen Wert von 4,1 aus. Der EU-Durchschnitt ist 3,8 – mehr ist besser.
Das österreichische
Ranking ist aus dem Bericht nicht herauszulesen. Die Strompreise für
Haushaltskunden und Nichthaushaltskunden sind
sehr dynamisch und volatil – mit dem Verweis auf tagesaktuelle
Auswertungen von E-Control und Eurostat.
Zur Frage 31:
In dem Bericht werden in Summe
804 Berufe angesprochen, welche in sieben Kategorien unterteilt sind. Der
Schutz berufsbezogener Standards ist
für Österreich wichtig. Dies dient der Sicherstellung einer hohen
Qualität und entsprechender Ausbildungs- und Ausübungsstandards.
Sämtliche
Diskussionen dazu müssen sorgfältig und nicht übereilt
geführt werden.
In Bezug auf das Berufsbild Forstwart hat Österreich Flexibilität signalisiert. Mögliche Anpassungserfordernisse für die Reduktion von Zutrittshürden sind in Prüfung. Klar muss aber sein, dass es dabei einer sorgfältigen Abwägung hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen auf die hohen Standards, vor allem im Bereich der Gesundheitsberufe, bedarf.
Zur Frage 32:
Das Vertragsverletzungsverfahren
zur Durchsetzungsrichtlinie wegen mangelhafter Umsetzung betrifft bestimmte
Regelungen im Lohn-
und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, wie etwa die Melderegelung, eine Haftungsbestimmung und die Regelung zur Sicherheitsleistung.
Zur Frage 33:
Bezüglich allfälliger notwendiger Gesetzesänderungen zur besseren Integration in den Binnenmarkt geht es weniger um materiell-qualitative Anpassungen, sondern unter anderem um eine effektive Abstimmung bei der Umsetzung mit anderen EU-Mitgliedstaaten einerseits sowie um eine zeiteffizientere Abstimmung mit den Bundesländern, sofern diese betroffen sind.
Ein weiterer Punkt ist der
Fokus auf eine einheitliche Durchsetzung des Regelungsrahmens im Sinne
eines Enforcements. Besonders herausfordernd,
gerade im Hinblick auf den Faktor Wettbewerbsfähigkeit und den
industriellen Übergang am Wirtschaftsstandort Österreich, sind
beispielsweise immer
noch vergleichsweise lange Genehmigungsverfahren bei nachhaltigen Industrie-
und Energieprojekten und der diesbezügliche bürokratische Aufwand.
Zur Frage 34:
Das sind Arbeiten anhand der
Intentionen des Zehnpunkteplans Österreichs für die Zukunft des
Binnenmarktes, den wir in allen EU-Gremien eingebracht
haben, mit Fokus auf Entbürokratisierung, einen raschen Abbau von
Verwaltungs- und Bürokratielasten für Unternehmen.
Zur Frage 35:
Ziel der Kapitalmarktunion ist es, Geld, Investitionen und Ersparnisse in der gesamten EU möglichst frei fließen zu lassen, damit sie Verbrauchern, Investoren und Unternehmen zugutekommen, unabhängig davon, wo sie ansässig sind. Zwar sind seit der Einführung der Initiative zur Kapitalmarktunion im Jahr 2015 Fortschritte erzielt worden, die EU-Kapitalmärkte sind aber nach wie vor
fragmentiert. Die EU-Kommission hat daher 2020 einen Aktionsplan beschlossen,
der unter anderem auch die Unterstützung einer grünen, inklusiven
und widerstandsfähigen wirtschaftlichen Erholung umfasst.
Daraus abgeleitet ist unter
anderem im Regierungsprogramm 2020 bis 2024 die Umsetzung der
österreichischen Green Finance Agenda. Damit sollen Rahmenbedingungen
für die Mobilisierung von privatem Kapital für die Erreichung der
Energie- und Klimaziele geschaffen werden. Im Rahmen der Agenda
wurde die Auflage von Green Bonds durch die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur
beschlossen. Der österreichische Green Bond stärkt die
Position Österreichs am grünen Finanzmarkt und öffnet
gleichzeitig das Tor für Investitionen in klimafreundliche
Aktivitäten.
Zur Frage 36:
Die österreichische
Bundesregierung ist ständig bestrebt, den Wirtschaftsstandort
Österreich zu verbessern und auch die Schwachpunkte, die
sich im IMD-Ranking ergeben haben, zu beheben. Relevanter als das Gesamtranking
ist nämlich ohnehin eine Analyse der einzelnen Kategorien.
Schlecht schneiden wir dabei
etwa bei Fachkräften ab, bei denen wir mit der Attraktivierung der Lehre,
den Aktivitäten von Work in Austria der
Austrian Business Agency und mit Erleichterungen bei der
Rot-Weiß-Rot-Karte wichtige Schritte gesetzt haben beziehungsweise
setzen, die jetzt wirken.
Zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes hat die Bundesregierung auch viele
Maßnahmen ergriffen, in letzter Zeit etwa die Transformationsoffensive,
den Energiekostenzuschuss, KMU digital and green. Diese Maßnahmen beeinflussen
aber das IMD-Ranking nicht direkt, daher sollte man auch als
Maßstab für die Qualität eines Wirtschaftsstandortes nicht nur
ein einzelnes Ranking heranziehen.
Zur Frage 37a:
Betreffend Maßnahmen zur
Entbürokratisierung steht das Once-Only-Prinzip in der digitalen Verwaltung
im Vordergrund und wurde bei der Erarbeitung
der Strategie auch mitbedacht. Ein Ergebnis dieser Überlegungen sind die
Entwicklungen betreffend die Once-Only-Plattform. Diese unterstützt
Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen dabei, Zeit und Aufwand im
Zuge der Datenbereitstellung bei Verwaltungsprozessen zu sparen.
Mit dem Digital Austria Act
wurde aus dem RSV, dem Register- und Systemverbund, der Digital Austria Data
Exchange, mit dem in weiterer Folge das Once-Only-Prinzip umgesetzt wird. Das
bedeutet, dass Bürgerinnen
und Bürger ihre Dokumente nicht mehr von einer Behörde zur
nächsten tragen müssen.
Zur Frage 37b:
Wie schon in bisherigen
Beantwortungen ausgeführt, hatte der Angriffskrieg Russlands auf die
Ukraine wirtschaftliche und energiepolitische Folgen.
Diese führten zu Änderungen der Rahmenbedingungen, wodurch die
Finalisierung der Standortstrategie unterbrochen wurde. Viele der
erarbeiteten Maßnahmen wie zum Beispiel im Halbleiterbereich, die
Life-Science-Maßnahmen und entsprechende Förderprogramme der
FFG im Automotivebereich, bei Energiepartnerschaften oder die
Wasserstoffallianz wurden mittlerweile als Outcome der Strategie auch
schon umgesetzt. Auch die Transformationsoffensive der Bundesregierung ist
letztlich ein Ergebnis der Überlegungen und Diskussionen im Rahmen
dieser Standortstrategie.
Zur Frage 38:
Das BMAW hat in einer Stellungnahme an die Europäische
Kommission
drei Beispiele für Berichtspflichten genannt. Verbesserungspotenzial gibt
es in vielen Rechtsbereichen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, welche
Verbesserungsvorschläge verfolgenswert sind. Wir hoffen, dass wir
dann auf der Regierungsebene in allen Bereichen das Commitment für
Deregulierung haben. 25 Prozent ist angesichts der Fülle
jedenfalls ein Mindestwert, die 33 Pro-
zent beziehen sich auf die EU-Ebene, da es angebracht ist, eine ambitioniertere Zielsetzung zu haben. Es darf sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene keine Regelungen nur der Bürokratie willen geben.
Zur Frage 39:
Im Bereich des BMAW wird, wie bereits dargetan, schon immer
auf schlanke und unbürokratische Gesetze Wert gelegt – das
bezieht sich auch auf Gold
Plating. Im Rahmen der europäischen und nationalen Legislativprozesse
achten die Vertreterinnen und Vertreter des BMAW stets darauf, dass nicht
über
die notwendige Mindestharmonisierung hinaus nationale Regelungen zulasten der
österreichischen Unternehmen vorgesehen sind. Oft gehen diese
Vorschläge im Abstimmungsprozess aber auch verloren, daher braucht es ein
Commitment der gesamten Regierung.
Antwort auf die Frage 40:
Insbesondere bei den derzeit in Verhandlung stehenden
Abkommen mit Australien, Indien, Thailand, Indonesien und Mexiko wäre ein
rascher Abschluss aus österreichischer Sicht wichtig. Durch
Freihandelsabkommen gelingt
in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten die Erschließung neuer Absatzmöglichkeiten,
die für Österreich und auch die EU besonders wichtig sind.
Zur Frage 41:
Für ein exportorientiertes Land wie Österreich
sind Freihandelsabkommen sehr wichtig. (Abg. Scherak – in
Richtung ÖVP deutend –: Das ist der Bauernbumerang!) Durch
die Möglichkeit, die Abhängigkeit von einigen wenigen Ländern
zu verringern und die Lieferkanäle über mehrere Länder zu
sichern,
wird die Gefahr von Lieferengpässen und das Wegfallen von Handelspartnern
minimiert.
Das BMAW hat eine Reihe von Studien in Auftrag gegeben, die diese Ansicht belegen, zuletzt zum Beispiel: „Implications of the EU-Mercosur Association
Agreement for Austria – A Preliminary Assessment“, „Greater than the sum of its parts? Does Austria profit from a widening network of EU free trade agreements?“, „The EU-Japan Economic Partnership Agreement and its Relevance for the Austrian Economy“. – Eine Studie zu den Abkommen mit Australien und Neuseeland befindet sich in Ausarbeitung.
Zur Frage 42:
Die Positionierung
Österreichs in sämtlichen Fragen der EU-Handelspolitik, insbesondere zu EU-Freihandelsabkommen, erfolgt durch
ein interministeriell besetztes Koordinationsgremium unter Leitung des
federführend zuständigen BMAW. Dieses Gremium, das sich aus
Vertreterinnen und Vertretern
sämtlicher berührter Bundesministerien und der Sozialpartner
zusammensetzt, tagt grundsätzlich wöchentlich. Österreich bringt
aktiv koordinierte
Interessen der österreichischen Unternehmen im EU-Ratsausschuss für
Handelspolitik ein.
Zur Frage 43:
Prinzipiell wäre ein
Freihandelsabkommen mit den USA zu überlegen,
aber realistisch betrachtet wird ein solches zumindest in nächster Zeit
nicht möglich sein. Dabei wäre eine weitere Zusammenarbeit mit den
USA zumindest im Rahmen des Trade and Technology Councils wichtig. Auch wird es
notwendig sein, die Wahlen in den USA abzuwarten, um über weitere Formen
der Zusammenarbeit mit den USA nachzudenken.
Zur Frage 44:
Diese Rechtsakte haben aus unserer Sicht keine unmittelbaren
Auswirkungen auf die Verhandlungen zu Freihandelsabkommen oder die Position des
BMAW zu Freihandelsabkommen. Insbesondere das Lieferkettengesetz bezieht sich
auf international anerkannte Standards wie die Leitprinzipien für
Wirtschaft und Menschenrechte oder die OECD-Leitsätze für multinationale
Unternehmen und sollte daher insbesondere mit den Nachhaltigkeitskapiteln von Freihandelsabkommen kohärent sein.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scherak: Hoffen wir nur, dass der Bauernbund das mit dem Freihandel auch gehört hat! – Abg. Leichtfried: Das wird der Kollege Lopatka beantworten! – Ruf bei der ÖVP: Danke für den Hinweis!)
15.35
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brandstätter. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Dr. Helmut Brandstätter (NEOS):
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin! Unsere Aufgabe ist, über die Zukunft
der Menschen in Österreich und in Europa zu reden. Deswegen hat mir das
sehr gut gefallen, was Beate Meinl-Reisinger gesagt hat: Wir
„leben in der Welt unserer Kinder“! – Wir haben, glaube
ich, eine doppelte Verantwortung: Wir haben die Verantwortung, die Welt
für
unsere Kinder so zu gestalten, dass sie mindestens so gut darin leben
können wie wir. Wir haben aber auch die Verantwortung, die Vergangenheit
zu erklären – zu erklären, wie es dazu gekommen ist, wo
wir heute stehen.
Es ist keine Frage, dass diese Zweite Republik eine
wirkliche Erfolgsgeschichte ist. Und wie so
oft, wenn es um Erfolg geht, hat so ein Erfolg viele Mütter
und viele Väter. Das sind natürlich die Menschen, die dieses
Land nach dem Krieg aufgebaut haben. Aber – und das wird manchmal
auch vergessen – dieser Aufbau war ja nur möglich, weil wir den
Marshallplan bekommen haben.
Ein wesentlicher Punkt dabei – das wissen heute auch viele Leute
nicht mehr –: Im Winter 1946/47 war die Ernte in den USA gar
nicht so hervorragend,
aber Präsident Truman hat gesagt: Wir müssen für unsere Partner
in Europa etwas machen!, und hat uns Getreide geschickt, das in seinem Land zum
Teil gefehlt hat. Das war ein Stück Hilfe beim Wiederaufbau.
Ich sage das deswegen, weil ich manchmal so ganz dumme
antiamerikanische Bemerkungen höre. Ich sage das aber auch deshalb, weil
ich betonen
möchte, dass wir auch eine Verantwortung haben, wenn heute ein Land
überfallen wird, dass wir dort helfen. (Beifall bei den NEOS und
bei Abgeordneten der SPÖ.)
Auch das ist etwas Historisches, was viele nicht mehr
wissen: Wir wissen ja, dass die Sowjetunion zusammengebrochen ist, weil
Kommunismus einfach irgendwann zu Ende geht, wenn alle so tun, als würden
sie arbeiten, und der Staat so tut, als würde er bezahlen. Der Kommunismus
ist also auch in
der Sowjetunion zu Ende gegangen. Und als Gorbatschow in seiner letzten Phase
war, war es Helmut Kohl, der dafür gesorgt hat, dass
genug Getreide in die Sowjetunion geht, dass die Menschen dort überleben.
Da sieht man also: Mit Kriege-Führen kommen wir nicht
weiter, aber
mit Einander-Helfen kommen wir weiter. Ich glaube, das müssen wir auch den
jungen Leuten sagen, dass wir in Europa nur gemeinsam dieses Europa
und damit auch unser Österreich weiterentwickeln können.
(Beifall bei den NEOS.)
Ein weiterer wichtiger Punkt – und da schaue ich
bewusst die beiden Parteien an, die nach dem Krieg zum Teil allein, überwiegend
aber gemeinsam
regiert haben –: Selbstverständlich gab es sehr viele
hervorragende wichtige Projekte, die gerade auch in diesem Haus beschlossen
wurden, die von Regierungen umgesetzt wurden. Diese Zusammenarbeit und
Kooperation war wichtig. Österreich hat sich auch deshalb
weiterentwickelt, weil es die gemeinsamen Projekte gab, weil es dann auch
Reformen gegeben hat und dann, Mitte der 1990er-Jahre, eben den Beitritt zur
Europäischen Gemeinschaft, zur Europäischen Union.
Dort stehen wir jetzt – und das ist der wesentliche Unterschied
zur Zweiten Republik bis dahin.
Heute, ja gerade jetzt brauchen wir Projekte – es ist schon über einige gesprochen worden –, europäische Projekte, um Österreich weiterzuentwickeln
und um die Gemeinschaft in Europa weiterzuentwickeln. Da
komme ich
zu einem Zitat von Paul-Henri Spaak, einem der Gründerväter der
Europäischen Gemeinschaft, das manche vielleicht kennen: Es gibt in Europa
kleine
Länder und kleine Länder, die noch nicht wissen, dass sie kleine
Länder sind. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.)
Das hat sich inzwischen aber
auch in Frankreich, Deutschland und bei
den anderen herumgesprochen. Unser Bundespräsident hat gesagt: Um das
Kleine zu schützen, müssen wir das Große
stärken! – Das ist auch ein gutes Zitat, und es beweist, dass
gerade wir, ein eher kleineres Land, natürlich auch
diese Gemeinschaft brauchen. (Beifall bei den NEOS.)
Jetzt komme ich zum
nächsten Punkt. Bei Diskussionen mit der FPÖ wird manchmal gesagt:
Nein, das stimmt alles nicht!, und ich sage dann: Man muss ja nicht
Prof. Kocher glauben, weil er jetzt Politiker ist, aber
Prof. Felbermayr,
dem Wifo-Chef, kann man glauben. Und wenn er sagt, dass jede und jeder von uns
per capita, wie es so schön heißt, deswegen 4 000 Euro im
Jahr mehr
haben (Ruf bei der ÖVP: Warum sollen Sie dem Kocher nicht glauben?
Warum sollen wir Ihnen irgendwas glauben?), weil wir in der
Europäischen Union sind - -
(Abg. Lopatka: Entschuldigung, warum glauben Sie dem ...?) –
Ich glaube ihm ja eh, aber die (in Richtung FPÖ) glauben ihm ja
nicht. Ich glaube Prof. Kocher
auch (Abg. Lopatka: Das wollten wir hören! Weiterreden!),
aber noch mehr betone ich, was Prof. Felbermayr sagt, denn er ist der
Wifo-Chef; und wenn er
von diesen 4 000 Euro spricht, dann wäre es schön, wenn es
ihm alle glauben würden. Da kommen dann aber gerade Nichtökonomen
oder Sonstige, die nichts studiert und nichts gelernt haben, und sagen: Das
stimmt alles nicht!
Nein, wir alle profitieren von
dieser Europäischen Union, und bitte, seien wir endlich dankbar! Wir
müssen aber diese Projekte machen. Eines dieser Projekte ist Forschung,
und – es ist angesprochen worden – wir sind nach hinten
gefallen, und unsere Chance ist jetzt natürlich, unsere Universitäten
zu verbessern. Unsere Universitäten aber – für die,
die das nicht wissen – leben
alle im Austausch mit den anderen Universitäten in Europa und überall auf der Welt, und das müssen wir noch stärker und besser machen.
Ich habe schon gestern gesagt:
Wenn die Amerikaner bei Patenten ganz,
ganz weit vor uns sind und die Chinesen bei Patenten ganz, ganz weit vor uns
sind, dann müssen wir uns halt mehr anstrengen und dann müssen wir
alles dafür tun, dass dies in diesem gemeinsamen Europa auch funktioniert.
(Beifall bei den NEOS.)
Da müssen wir auch etwas
dafür tun, dass die Menschen mehr über die Vorteile in Europa hören,
und dabei können wir uns wieder auf die Jungen verlassen.
Es gibt eine Ö3-Jugendstudie, die sagt: 89 Prozent sagen, die EU ist
wirtschaftlich wichtig für uns; 87 Prozent sagen, die EU-Länder
sollen enger zusammenarbeiten. – Das heißt, die jungen Leute
haben es begriffen. Die nicht mehr ganz so Jungen: Bitte, schaut euch das bei
den jungen Leuten an!
Jetzt komme ich aber noch zu
einem anderen Punkt: Hört auf mit diesem „Ja, aber“-Europa,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Kann man
sich vorstellen, wenn im Herbst Nationalratswahl ist, dass der Herr Bundeskanzler
plakatiert: „Ja, aber“-Österreich!? – Nein, er wird
plakatieren: Österreich!, Für Österreich!, na, selbstverständlich.
Also plakatiert bitte: Für Europa!,
denn das ist unser gemeinsames Europa, und wir brauchen es! (Beifall bei den
NEOS.)
Ja, und was den Öxit
betrifft: Das ist so ein Blödsinn, dass ich gar nichts
dazu sagen möchte.
Ich möchte noch über ein Buch reden und sage als
Disclaimer gleich dazu: Ich war ein Beteiligter daran (das Buch
„Erlebtes Europa“ in die Höhe haltend),
aber alle 14 Autorinnen und Autoren (Abg. Michael Hammer: Ein
Compliancethema!) bekommen keinen Groschen, sondern alle haben gesagt:
Wir machen das gerne, weil wir von unseren Erfahrungen erzählen wollen.
Ich möchte nur wenige herausnehmen: Hannes Androsch zum Beispiel erzählt, dass er am 15. Mai 1955, damals 17 Jahre alt, nicht beim Belvedere war, sondern am Stephansplatz, wo die Pummerin geschlagen hat.
Christa Chorherr, auch aus
dieser Generation, die noch den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, war aber beim
Belvedere. Sie erzählt, wie sie schon Mitte der Fünfzigerjahre in
Frankreich studieren durfte beziehungsweise konnte. Das war eine Ausnahme.
Heute haben wir Erasmus, wir haben für die jungen Leute
diese Chance.
Deswegen ist mir das Buch auch
so wichtig: weil es drei Generationen sind – jene, die
schrecklicherweise noch den Zweiten Weltkrieg erlebt haben,
aber auch die Jungen, die sich nur ein gemeinsames Europa vorstellen
können.
Da ist auch ein junger Mann
dabei – und wir haben diese Flüchtlingsgeschichten ja
schon beim Zerfall Jugoslawiens gehabt –, der im Bauch seiner
Mutter, einer bosnischen Flüchtlingsfrau, nach Österreich gekommen
ist. Diese Familie hat sich integriert, sie ist Teil von Österreich. Daran
sieht man:
Auch das ist eine Geschichte, die zu uns dazugehört.
Es ist auch eine junge Frau aus
der Ukraine, die da schreibt und ihr Europa beschreibt. Auch Othmar Karas
schreibt darin – das möchte ich auch noch
sagen –, und er beschreibt, wie Alois Mock am 17. Juli 1989
beim französischen Außenminister Roland Dumas war und dort das
Beitrittsansuchen für die Europäische Gemeinschaft übergeben hat –
also schon vor dem Fall der Berliner Mauer. Und weil die Franzosen auch sehr
geschichtsbewusst sind, haben
sie draufgeschrieben: 14. Juli.
Das sind Geschichten, die mich persönlich rühren, weil wir anhand dieser Geschichten auch immer sehen, wie dieses Europa sich unterschiedlich entwickelt hat, zerstritten war, wie in Europa Kriege geführt wurden; aber heute ist in diesem Europa, in dieser Europäischen Union, Krieg unmöglich geworden.
Wir werden es nicht mehr machen. Wir werden uns verteidigen und wir müssen uns verteidigen – auch das ist wichtig, und das müssen wir heute auch den jungen Leuten sagen –, aber in Europa ist Krieg nicht mehr möglich. Wir haben alle Chancen für dieses gemeinsame Europa.
Ich bin allen dankbar, die für dieses gemeinsame Europa
arbeiten wollen, mitmachen wollen. An jene aber, die es nicht wollen, habe ich
eine Bitte: Hört bitte mit diesen verbalen Entgleisungen auf! Das tut
wirklich weh. (Beifall
bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Es
tut mir wirklich weh. Das Europäische Parlament ist ein Arbeitsparlament,
in dem hervorragende Leute arbeiten. Wenn man sagt, das ist ein
„Irrenhaus“,
dann ist das wirklich jenseits jeder politischen Debatte!
Abgesehen davon: Ja, es gibt kranke Menschen, und sie müssen
betreut werden. Aber Politikerinnen und Politiker, die zusammensitzen und
für Europa
arbeiten, als „Irrenhaus“ zu bezeichnen, das geht nicht! (Beifall
bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es geht auch nicht, dass man, wenn ein Kontinent gerade
bedroht wird
und einem anderen Land hilft, von Kriegstreibern spricht. Das ist jetzt
wirklich ein Appell! Und ich bitte inständig: Hören wir damit auf!
Wenn irgendjemand sagt: Ihr habt aber auch irgendetwas
Gemeines gesagt!, dann bitte sagt uns das und dann sollen auch wir damit
aufhören.
Arbeiten wir bitte gemeinsam! (Abg. Steger: Nazi, Rechtsextremist,
Schwurbler, das ist jetzt alles entschuldigt!) Arbeiten wir miteinander!
Arbeiten wir zusammen für die nächsten Generationen!
Sie haben es verdient, weil wir es so wunderbar gehabt haben. –
Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten
der Grünen.)
15.45
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.
15.45
Abgeordneter
Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine
Damen und Herren! Es ist schön, dass
wir nach wie vor so viele Besuchergruppen bei uns haben. Ich darf zwei
begrüßen: die ehemalige Bundesrätin Marianne Hackl mit
ihrer Gruppe aus Wörterberg (allgemeiner Beifall); und es gibt
viele Sankt Martin in Österreich, dieses Mal handelt es sich um Sankt
Martin im Mühlkreis mit dem Bürgermeister Manfred
Lanzersdorfer – herzlichen Gruß dieser Besuchergruppe!
(Allgemeiner Beifall.)
Jetzt kommen wir zur Dringlichen Anfrage der NEOS. Die NEOS
überraschen mich in diesem Wahlkampf, in dem ich ja auch mit unterwegs
bin, immer
wieder. Letzte Woche waren wir in Salzburg.
Da hat mich ihre Listenzweite überrascht, als sie als
Gesundheitsprojekt für Europa gefordert hat,
europaweit Cannabis freizugeben. Diese Position kann man vertreten. Heute haben
Sie mich überrascht, als Sie planwirtschaftliche Ideen vertreten
haben – ich habe die NEOS eigentlich immer als liberale Partei
eingeschätzt –, und ich werde versuchen, das zu begründen.
Gehen wir ein bisschen in der Zeit zurück! (Abg. Meinl-Reisinger:
Sie
meinen wegen dem Verbrennungsmotor?) – Ja, wir kommen dem Thema
schon näher. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie meinen nicht, dass die
Idee ein bisschen
hirnrissig und planwirtschaftlich ist?) – Ja, Sie müssen
mir nur zuhören. (Abg. Meinl-Reisinger: Wissen Sie, man kann
eine gewisse intellektuelle Ebene schon unterschreiten, aber was soll
das? – Abg. Steger: Sie haben recht, Sie beide haben den Verbrennungsmotor
und das Auto unterstützt, Sie beide! – Abg. Meinl-Reisinger:
Ist ja lächerlich!) – Nein, es ist nicht lächerlich. (Abg.
Meinl-Reisinger: Doch, es ist lächerlich!) – Ich
sage es Ihnen. (Abg. Sieber: Das ist Ihre Zukunftsvision
von ...! – Abg. Meinl-Reisinger: Planwirtschaft ...!
Von was reden Sie eigentlich?)
Der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist, dass Sie ein Modell vertreten, dass die Politik im Jahr 2023 festlegt (Abg. Steger: Und Sie vor der Wahl so tun, als wären Sie nicht dabei gewesen!), was wissenschaftlich 2035 die einzige
Möglichkeit ist. (Ruf bei der FPÖ: Richtig!) Das ist genau das, was Sie vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben einen technologieoffenen Zugang. (Ruf bei der FPÖ: ... vor der Wahl A und nach der Wahl B! – Abg. Meinl-Reisinger: Sie waren vorher für Verbrennungsmotoren, ...!) Stellen Sie sich vor, die Europäische Union hätte, was den Verbrennungsmotor und den E-Motor betrifft, im Jahr 2007 gesagt, die Endentwicklung beim Handy ist Nokia, und nachher gibt es nichts mehr. Damals war Nokia der Marktführer mit weit mehr als 50 Prozent Marktanteil. Jetzt beträgt Nokias Marktanteil, Sie wissen es, keine 3 Prozent mehr. (Abg. Meinl-Reisinger: Das gibt’s ja nicht!)
Genauso sehe ich es hier.
Schauen Sie, die Europäische Union hat in dem Moment, als sie gesagt hat,
2035, gleichzeitig beschlossen: Schauen wir uns das 2026 an! (Abg. Meinl-Reisinger:
Hört doch auf die Industrie! In Steyr werden
600 000 Elektromotoren gebaut!) – Das braucht Sie
nicht nervös zu machen, Frau Kollegin Meinl-Reisinger! (Abg. Meinl-Reisinger:
Nein, es macht mich nicht
nervös! Es ist so - -) – Aber Sie könnten
mir ja zuhören. (Ruf bei der ÖVP: Ich glaube, es ist ein
Ordnungsruf!)
Ich sage Ihnen nur, was die
Europäische Union gesagt hat. In dem
Moment, als die gesagt hat (Abg. Meinl-Reisinger: Gegen unsere
eigenen Betriebe! Steyr! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch),
2035, hat sie gleichzeitig
gesagt: Schauen wir uns das 2026 an! (Abg. Meinl-Reisinger:
600 000 Elektromotoren!)
Frau Meinl-Reisinger, der Markt ist für Sie gar nichts
mehr? Kennen Sie das Konsumentenverhalten der ersten vier Monate? (Abg. Meinl-Reisinger:
Geh bitte, Herr Lopatka, ich meine, entschuldigen Sie, aber das ist alles so
was von
unredlich, was Sie da machen!) – Also das interessiert Sie
überhaupt nicht? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger:
In Steyr werden 600 000 Elektromotoren gebaut!)
Der Markt interessiert Sie nicht. Es interessiert Sie auch
die Infrastruktur nicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Oja, die interessiert
mich sehr, ...!) Schauen Sie, dann
sage ich Ihnen etwas: Bei uns in Wien haben wir mehr Elektrotankstellen als zum
Beispiel in ganz Rumänien. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)
Wie soll
das funktionieren? (Ruf: Das kann man lösen! – Abg. Meinl-Reisinger:
Nachfrage! Angebot und Nachfrage!)
Das Zweite: Wir bräuchten um 25 Prozent mehr
Strom. Da bin ich bei
der nächsten Frage: Ihr Spitzenkandidat hat sich bis heute geweigert, zu
sagen, ob Sie für Atomstrom oder gegen Atomstrom sind. (Ruf bei der
ÖVP:
Genau!) Ihre Fraktion ist ja die Atomstromfraktion im
Europäischen Parlament. (Abg. Meinl-Reisinger: Ihr müsst so
nervös sein, das ist ja unglaublich!)
Macron – sein gutes Recht – setzt auf Atomstrom. Er
führt Ihre Gruppe an. Bis heute haben Sie es vermieden – Sie
haben noch weitere Gegner –, sich festzulegen: Sind Sie für
Atomstrom oder dagegen? Sie könnten es mir jetzt mit einem Zwischenruf
sofort sagen. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein, wir sind nicht
für Atomstrom! In Österreich brauchen wir das nicht! –Rufe
bei der ÖVP: Haha! Ach so, woanders! Theater! – Abg. Meinl-Reisinger:
Sie werden wohl ja sagen
können, dass die Entscheidung der Deutschen vielleicht nicht ganz so klug
war!) – Nicht in Österreich, ich rede von Europa! Ich rede
von Europa. (Abg. Sieber: Es ist auch Ihre Stunde, Europa!) Gut,
es wird ruhiger seitens Ihrer Zwischenrufe.
(Beifall bei der ÖVP.)
Damit komme ich wieder zu meinem Thema zurück. (Abg. Meinl-Reisinger: How long can you get, Lopatka?) Schauen
Sie, wir sind hier bewusst missverstanden worden. Unser Zugang
ist – da hat es Ihre Partei noch gar nicht
gegeben, haben wir das schon festgelegt – die ökosoziale
Marktwirtschaft.
Was heißt das? – Basis ist ein starker
Industrie- und Wirtschaftsstandort, weil diese notwendige Transformation
verdammt viel Geld kosten wird. Sie
wird verdammt viel Geld kosten, und wir werden uns das nur bei einem starken
Industrie- und Wirtschaftsstandort leisten können. (Beifall bei der
ÖVP.)
Und die letzten fünf Jahre haben wir nicht
dazugewonnen, was Wettbewerbsfähigkeit betrifft (Abg. Belakowitsch:
Warum war denn das so?) – ich sage es
Ihnen (Abg. Meinl-Reisinger: 34 Jahre ÖVP in der
Regierung!) –, und wir haben hier natürlich mit zwei
großen wirtschaftlichen Konkurrenten zu tun: China,
wo der Staat mit Steuergeld einzelne Industrien massiv unterstützt.
Während die Chinesen, mit staatlichem Geld massiv unterstützt,
E-Autos hierher zu uns transferieren, eröffnen sie gleichzeitig
Kohlekraftwerke. Also das Musterbeispiel ökologischer Perspektive ist
China für mich nicht.
Im Übrigen, wenn wir schon vom Verbrenner reden: Wir
haben weltweit einen Anteil von 8 Prozent am gesamten CO2-Ausstoß.
(Abg. Kassegger: Der Kollege hat gut aufgepasst bei
meinen Reden!) Von diesen 8 Prozent macht
der Verkehr 20 Prozent aus. 20 Prozent von den insgesamt
8 Prozent sind 1,6 Prozent. Pkws machen davon 50 Prozent aus,
das sind 0,8 Prozent. Wenn ich alles vom Verbrenner gelöst habe, habe
ich 0,8 Prozent des weltweiten
CO2-Problems im Griff. (Abg. Kassegger: Herr Kollege,
sagen Sie das Ihrer Parteifreundin
Ursula von der Leyen!) Es bleiben
99,2 Prozent! (Abg. Meinl-Reisinger: Es geht
um Technologieführerschaft! Es geht um Innovation! Es geht darum, endlich
wieder einmal ...!) – Das ist Ihre heilige Kuh,
ein Anteil von
0,8 Prozent?! – Das ist es. (Beifall bei der ÖVP.)
Lassen Sie mich nun aber auf die entscheidende Frage zurückkommen – und ich bin Ihnen ja dankbar, dass wir darüber nachdenken –: Wie kann Europa wettbewerbsfähiger bleiben?
Ich möchte Sie gar nicht
langweilen, aber ich hatte heute zu Mittag Gelegenheit, mit dem
langjährigen Kommissionspräsidenten Barroso zu sprechen, der
auf Einladung von Wolfgang Schüssel hier war. Dieser hat zum Beispiel
25 Mal Putin getroffen und glaubt daher, dass er Putin kennt, und er
sagt –
erster Punkt –: Ja, die Zeitenwende hat es seit dem Einmarsch der
Russen in der Ukraine gegeben. Europa muss mehr für Verteidigung tun. Wir
müssen
uns langfristig darauf einstellen, dass Russland auf Kriegswirtschaft
umgestellt hat, und müssen mehr für Verteidigung tun. –
Das haben alle bei uns
begriffen, bis auf die Fraktion, die nach mir zu Wort kommt, die Freiheitliche Partei. – Der erste Punkt. (Abg. Leichtfried: Nein, das bin ich! Hallo! – Heiterkeit bei der FPÖ.)
Ah, bitte! Aber bei der
SPÖ hat es da ja auch Zweifler gegeben, was Putin betrifft. Aber nach
Ihnen, Kollege Leichtfried, werden dann die Freiheitlichen das Wort ergreifen.
Also ich sage es Ihnen noch einmal: Bis auf sie, glaube ich,
haben alle in Europa schon verstanden, dass der Kriegstreiber Putin ist und
nicht die Europäische Kommission gemeinsam mit der Ukraine. –
Das heißt für
uns: Wir müssen hier mehr tun.
Der zweite Bereich –
und da bin ich auch zu 100 Prozent der Meinung von José Manuel
Barroso –: Er sagt, ganz wichtig für die Europäische Union
ist die Balance zwischen Wirtschaft und Klimaschutz. Und in den letzten Jahren
haben wir uns hier sehr, sehr auf den Green Deal konzentriert. Ich bin nicht
dagegen, aber ich bin für die nächsten fünf Jahre dafür,
dass die Balance wieder stimmt. (Abg. Kassegger: Meine Güte!
Sagen Sie das Ihrer Parteifreundin
Ursula von der Leyen, nicht uns da!) Wir müssen wieder mehr für
den Industrie- und Wirtschaftsstandort tun, meine Damen und Herren! (Abg. Meinl-Reisinger: Ja,
aber dann mach ich’s selber! ... seit 34 Jahren ÖVP in der
Bundesregierung!) Das ist unser Ansatz. Die Balance muss
stimmen! (Beifall bei
der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: ...
Wettbewerbsfähigkeit Österreichs: Kein Wettbewerb bei den
Energieversorgern! Hohe Inflation! Hohe Energiepreise! Viel zu viel
Bürokratie!)
Das ist das Entscheidende, und da wollen wir mit dabei
sein – in einem technologieoffenen Zugang, sage ich Ihnen. Und
technologieoffen heißt, dass wir hier alles machen, dass
selbstverständlich auch in anderen Bereichen investiert wird. Na
selbstverständlich: wenn es um synthetischen Treibstoff geht, wenn es um
Wasserstoff geht, um nur zwei andere Bereiche zu nennen.
Alles in diesem Bereich sollte von uns offen gesehen werden.
Und: Konzentrieren wir uns nicht nur auf ein
Modell, das am Markt momentan nicht
unbedingt den Zuspruch findet! Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Daher sage ich Ihnen – 100-prozentig
richtig – unsere Positionierung:
Eine technologieoffene Partei, das ist die Österreichische Volkspartei!
Lange vor Ihnen waren wir schon bei der ökosozialen
Marktwirtschaft – das mache
ich Ihnen nicht zum Vorwurf (Abg. Meinl-Reisinger: Und was habts ihr
gemacht jahrzehntelang? Was habts ihr gemacht? Die Jungen im Stich gelassen!) –,
und das ist unser Modell auch für die Zukunft: Ökosoziale, aber Marktwirtschaft!
(Beifall bei der ÖVP.)
15.55
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried. – Bitte sehr.
Abgeordneter
Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ):
Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Sehr
geehrte Damen und Herren! Die parlamentarische Realität
korrigiert Kollegen Lopatka: Ich bin der nächste Redner. In
dieser Eigenschaft darf ich zunächst sehr gerne die Gruppe von
Pensionisten
aus Neustift an der Lafnitz, die zu fünfzigst hierhergekommen sind, im
Namen von Kollegen Drobits herzlich begrüßen.
(Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen
sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Union
ist wahrscheinlich, oder ziemlich sicher, eine der größten
Errungenschaften dieses Kontinents, die weltweit ausstrahlt. Mit
der Europäischen Union konnten wir und können wir eine Sphäre
von Frieden, von Wohlstand, von Demokratie,
von Freiheit, von Rechtsstaatlichkeit schaffen, wie sie dieser Kontinent in
seiner jahrtausendalten Geschichte noch nie gesehen hat.
Dazu – und da gebe ich den Kolleginnen und Kollegen von den NEOS als Einbringer dieser Anfrage recht – gehört natürlich auch der Binnenmarkt, und
der
Binnenmarkt hatte selbstverständlich seine Erfolge. Der Binnenmarkt
ist aber auch kein Fetisch, sondern man muss ständig – und das
ist unser Zugang dazu – hinterfragen: Wie gestaltet sich dieser
Binnenmarkt? Für wen wirkt
er sich zum Vorteil, für wen zum Nachteil aus? Wie ist er
weiterzuentwickeln?
Ich glaube, diese Frage nach
dem Weiterentwickeln ist eine generelle
Frage, die nicht nur den Binnenmarkt, sondern die gesamte Europäische
Union betrifft: Die Europäische Union muss eine Union werden, in der die
Menschen spüren, dass die Mitgliedschaft auch etwas nützt, in der man
persönlich das Gefühl hat: Es ist gut, dass ich Europäer
bin, es ist gut, dass
ich Europäerin bin! – Das ist die
Europäische Union, die wir für die Zukunft brauchen, geschätzte
Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf
bei der FPÖ: Ich bin ein Österreicher!)
Es ist nämlich aus dem Wohlstandsversprechen schon ein harter Kampf geworden, teilweise ein harter Kampf um die niedrigsten Standards und nicht um die besten und höchsten Standards. Warum diskutiert man nicht mehr über Mindestlöhne in der Europäischen Union, über Mindeststandards im arbeitsrechtlichen Bereich, im sozialen Bereich, im Gesundheitsbereich und sonst wo? Warum gibt es diese Diskussion so nicht, Herr Bundesminister? Warum versucht man vielmehr – und daran waren Sie mit Ihrem Zugang zum Lieferkettengesetz auch beteiligt –, die Standards hinunterzudrücken? Das ist nicht unser Europa, das wir haben wollen. Das ist es nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Oder: Es war die damalige schwarz-blaue Regierung, die es in
der Hand gehabt hätte, einen Missstand, der insbesondere uns in der Steiermark
und das Burgenland betrifft, im Ansatz abzudrehen. Wo ist da das
Problem? – Das Problem sind die Scheinfirmen, die jede Woche
aus benachbarten Ländern,
gerade in der Baubranche beispielsweise, hereinkommen und Löhne dumpen,
Sozialbedingungen dumpen.
Es hätte die Agentur für Arbeit nach
Österreich kommen können. Das
haben Sie verhindert. Warum haben Sie das verhindert?, frage ich mich. Das
wäre eine Chance für Europa, eine Chance für
Österreich (Abg. Weidinger:
Das ist doch Unfug!), eine Chance für die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in Österreich gewesen! (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Weidinger: Das ist doch
Unfug, junger Mann!)
Oder: Warum wird so lange eine zentrale Konzernbesteuerung
verhindert? Warum wird nicht dafür gesorgt, dass nicht nur der
berühmte Würstelstand,
das Kaffeehaus fair Steuern zahlen muss, sondern auch die großen
Multis in Europa? Das wäre ein Schritt in eine richtige Richtung für
die Europäische Union: dafür zu sorgen, dass in Europa
Gerechtigkeit herrscht, und auch Steuergerechtigkeit! (Beifall bei der
SPÖ.)
Das ist ein Europa, das wir bauen müssen, das wir
hoffentlich gemeinsam
bauen können. Es wird immer unterschiedliche Vorstellungen geben, aber ich
glaube, es muss ein Europa werden, das den Menschen das Gefühl gibt:
Ich bin stolz, ich bin froh, es hilft mir, dass ich Bürger, Bürgerin
der Europäischen Union bin.
Europa ist noch etwas Besonderes, worauf ich zum Schluss
kommen
möchte – das ist nicht von mir, das habe ich nur gehört,
aber ich finde, es ist eine ausgezeichnete Beschreibung.
Ich habe einmal eine Diskussion moderiert, in der es um
Europa von außen gegangen ist: Wie sieht man Europa von außerhalb
der Europäischen Union? Auf die Frage: Wird es ein Staatenbund,
Bundesstaat, was soll das werden?,
hat einer der Diskutanten gesagt: Diese Frage stellt sich nicht. Europa ist
etwas, das es in der gesamten Menschheitsgeschichte so noch nicht gegeben
hat. (Abg. Weidinger: Das ist richtig!)
Die Europäische Union wird auch etwas werden, was es in der gesamten Menschheitsgeschichte noch nie gegeben hat. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass
das etwas wird, was gut ist, was uns
Österreicherinnen und Österreichern
nützt, was Europa nützt und das
insgesamt etwas wird, auf das wir stolz sein können! –
Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
16.00
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steger. – Bitte sehr.
Abgeordnete
Petra Steger (FPÖ): Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin!
Hohes Haus! Bevor ich anfange, möchte ich eine Delegation des Rings
Freiheitlicher Studenten hier bei uns im
Hohen Haus ganz herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen!
(Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Jetzt zu dem von den anderen Parteien Gesagten: Eigentlich
wollte ich
gleich direkt mit den NEOS hier herinnen anfangen, aber Herr Lopatka hat mich
von etwas anderem überzeugt. (Abg. Weidinger: Endlich! –
Weiterer Ruf bei
der ÖVP: Endlich!) Ich muss eines sagen, Herr Kollege
Lopatka – wo ist er denn, nicht mehr hier? (Abg. Lopatka: Ich
verlasse Sie nicht!), ah ja, da hinten! –:
Was Sie hier heute aufgeführt haben, das war wieder einmal eine
Wählershow, eine Wählertäuschung der Sonderklasse (Rufe bei
der ÖVP: Nein! –
weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) durch die Österreichische
Volkspartei. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich gratuliere Ihnen! Ich meine: vollkommen
realitätsfremd! Wer war
denn für diese wirtschafts- und industriefeindliche Politik der
Europäischen Union in den vergangenen fünf Jahren verantwortlich?
(Abg. Weidinger: Die linke Mehrheit!) Wer sitzt denn ganz oben in
der Kommission? – Ja, das ist Frau
von der Leyen. Und wer unterstützt Frau von der Leyen als Spitzenkandidatin? –
Die Österreichische Volkspartei. (Abg. Weidinger: Der Orbán!)
Wieder
einmal sieht man: Sie versuchen, jetzt kurz vor der Wahl die Wähler
für dumm zu verkaufen. Sie versuchen, unsere Forderungen und unsere
Position zu
kopieren. – Ja, im Kopieren sind Sie Meister, aber im
Kapieren sind Sie extrem schlecht, muss ich sagen. (Beifall bei der
FPÖ. – Widerspruch bei der
ÖVP. – Abg. Steinacker: Das ist eine
Unterstellung! – Abg. Weidinger: Das ist ein bissi
untergriffig!)
Jetzt zu den Kollegen von den NEOS: Eines muss ich Ihnen
sagen: Sie
brauchen wirklich nie wieder über die intellektuelle Redlichkeit, wie Sie
gesagt haben, von Anträgen zu reden oder sich hier herinnen über die
Überschriften anderer Parteien aufzuregen, wenn Sie dann selber
so etwas wie heute hier abliefern! „Mehr Europa und Wohlstand statt
Öxit“ – allein diese Überschrift! Also erstens,
werte Kollegen, Europa ist nicht gleich Europäische Union, und die
Europäische Union ist nicht gleich Europa – das will ich
auch einmal gesagt haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: ...
Russland ...!)
Ich verstehe schon. Ich meine, Sie werden es wahrscheinlich
wissen,
aber Sie wissen wahrscheinlich auch ganz genau (neuerlicher Zwischenruf des
Abg. Matznetter), dass die Europäische Union mittlerweile schon
längst nicht
mehr für Wohlstand sorgt, sondern ihn eben nur noch vernichtet. (Abg. Hanger:
Unglaublich!) Wenn Sie tatsächlich mehr Europa oder auch mehr souveräne Nationalstaaten,
weniger EU gemeint haben sollten, dann hätte ich Ihnen bei dieser
Überschrift tatsächlich recht gegeben. (Abg. Meinl-Reisinger:
Aber dann würden wir beide falsch liegen, das wär das Problem!)
Das ist ja unser Modell: Die EU soll sich auf die
wesentlichen Fragen konzentrieren! Wir wollen ein Europa der starken,
souveränen Nationalstaaten (Abg. Meinl-Reisinger: Ich würde
Ihnen ja auch gern recht geben, aber dann
würden wir beide falsch liegen!), ein Europa, das sich auf die
wesentlichen Fragen konzentriert, auf die Fragen der Sicherheit, des Friedens
und des Wohlstands, und sich ansonsten wieder
zurücknimmt – damit würde man tatsächlich für
Wohlstand in Europa sorgen. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweitens, werte Kollegen von den NEOS: Weniger EU oder Kritik an der Europäischen Union heißt auch nicht gleich Öxit – weil Sie das immer so gerne
sagen. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Der
Herr Kickl redet darüber!) Eine
Partei, die sich auch immer als besonders intellektuell darstellt, sollte schon
wissen, dass es in der Politik nicht nur Schwarz oder Weiß gibt. Sie
brauchen
uns jedenfalls auch nie wieder zu unterstellen, dass wir irgendwelche
Ängste schüren, wenn Sie die Einzigen sind, die ständig vom
Öxit reden.
(Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: ... in Ihrer Partei?) –
Nicht die Einzigen, ich gebe es zu, auch so mancher von den anderen Parteien,
auch die SPÖ und
ÖVP manchmal. (Abg. Meinl-Reisinger: Ist das ernst gemeint?
Wer ... denn das?!)
Ihre Politik kann man nur noch als Propaganda und Angstmache
zusammenfassen, und Ihre gesamte Politik, Ihre gesamten Forderungen, was
die Europäische Union betrifft, kann ich auch nur noch als absolut
verfassungswidrig bezeichnen. (Abg. Weidinger: Ein
Föxit wär was Schönes!) Sie fordern nicht nur die
Abschaffung unserer Neutralität – immerhin eine Staatszielbestimmung, vollkommen
egal! –, sondern Sie fordern auch gleich die Abschaffung unseres
gesamten Staates Österreich als unabhängiger Nationalstaat, mit
Ihrer Vision der Vereinigten Staaten von Europa. Sie brauchen wirklich nie wieder
von der Schönheit unserer Verfassung zu sprechen! Sie sind viel
staatsfeindlicher, als Ihnen das überhaupt lieb sein kann, werte Kollegen.
(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den NEOS.)
Ja, werte Kollegen von den NEOS: Es ist Zeit. Nehmen Sie
endlich einmal Ihre rosarote Liebesbrille ab und sehen Sie der Wahrheit ins
Auge! Die Europäische Union beweist mittlerweile seit vielen,
vielen Jahren, dass sie bei einer ihrer zentralen und wichtigsten Aufgaben,
eben bei der Sicherung von Wohlstand, auf ganzer Linie versagt. Die EU sorgt
nicht mehr für Wohlstand, die Europäische Union zerstört den
Wohlstand. (Abg. Weidinger: Lernen Sie Geschichte, Frau Kollegin!) Sie
zerstört unsere Wettbewerbsfähigkeit, sie zerstört unsere
Wirtschaft und Industrie, und alle anderen Parteien in diesem
Haus sind seit Jahren vorne mit dabei. Sie alle waren bei dieser
vertragswidrigen EZB-Schulden- und -Geldpolitik, die die Inflation immer weiter
anheizt,
mit dabei. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie auch! Ihr Gouverneur! Der ist
von euch, der
Gouverneur! Entschuldigung, das ist ein FPÖ-Mann! Die
Entscheidung in Brüssel wird von einem FPÖ-Mann getroffen! Was ist
mit euch?! Euer Mann! Und ich finde
sogar, der Herr Holzmann ist ein guter Mann! Sie sollten nicht so schimpfen auf
Ihren eigenen FPÖ-Mann!)
Sie waren alle bei dieser verfassungswidrigen
Coronalockdownpolitik dabei, mit der ganze Produktionsketten zerstört
wurden. Sie alle sind bei dieser wirtschaftsschädlichen
Sanktionspolitik dabei. Allein in Deutschland liegen die wirtschaftlichen
Kosten des Ukrainekriegs bereits bei weit über 200 Milliarden
Euro.
Wir erleben eine Europäische Union, die Wirtschaft und
Industrie zerstört – mit immer mehr Bürokratie und
Überregulierung und, nicht zu vergessen, mit
einem irrationalen Klimafanatismus. (Abg. Weidinger: Das glaubt ja
nicht einmal der Ring der freiheitlichen Tierschützer!) Jetzt im
Wahlkampf spielt sich
die ÖVP plötzlich als Kämpfer gegen diese Bürokratie und
Überregulierung auf – aber Sie waren all die Jahre immer und
überall mit dabei und haben immer allem zugestimmt, was auf
Europäischer Unionsebene so an kreativen Ideen gekommen ist, um noch mehr
Bürokratie auf die Unternehmen loszulassen. (Beifall bei der FPÖ.)
Diese Klimapolitik der vergangenen Jahre ist in Wahrheit
nichts anderes mehr als eine Politik der Deindustrialisierung Europas, eine
Vernichtung des europäischen Industriestandorts und ein Programm zur
Förderung der Wirtschaft in den USA, China und auf der ganzen Welt
und hat null, gar
keine positiven Auswirkungen auf den weltweiten CO2-Ausstoß
oder das Klima.
Ich muss schon sagen, ich
finde es fast schon erstaunlich, wie Sie ständig versuchen,
diese absolut irrationale, sündhaft teure, ideologiegetriebene Klimapolitik,
die absolut nichts mehr mit einer verantwortungsvollen Umweltschutz-
und Energiepolitik zu tun hat, wie wir uns das vorstellen, noch als
alternativlos darzustellen (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner) oder
sogar noch als Chance zu verkaufen, und in Wahrheit nur den Verbrauch in
Drittstaaten
umlagern und nichts anderes machen, als unsere Energieversorgung
(Abg. Disoski: Wer hat uns in die Abhängigkeit von Russland und
Putin geführt? Warts ihr da nicht dabei?), Wettbewerbsfähigkeit
und Industrie und damit auch 100 000 Arbeitsplätze und den
Wohlstand hier in Europa endgültig zu vernichten. (Beifall bei der
FPÖ.)
Stichwort Green Deal – Green Disaster: Lieferkettengesetz, Emissionszertifikatehandel, CO2-Steuer, Grenzausgleichsmechanismus und, und, und. Die gesamte Politik belastet die Unternehmen immer mehr und mehr und noch mehr und heizt diese Inflation immer weiter an. Wenn das wirklich alles so umgesetzt wird, wie das geplant ist, oder wenn das so weitergeht wie bisher, dann kann ich nur noch sagen: Gute Nacht, europäische und österreichische Wirtschaft!
Eines möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch noch
festhalten, weil es ein ganz wichtiges Thema ist: Ohne leistbare und sichere
Energieversorgung gibt es keinen funktionierenden und
wettbewerbsfähigen Markt in Europa. Darauf ist unser Wohlstand aufgebaut.
Das Einzige, was ich in dieser
Debatte sehe, das Einzige, was wir hören, die einzigen Lösungen, die
präsentiert werden, kann ich nur als absolute Heuchelei, Wunschdenken und
geistige Kapriolen bezeichnen. – Sie lösen genau gar nichts mit
dieser Politik. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Loacker:
Was schlagen Sie vor? – Abg. Meinl-Reisinger: Nix!
Weiter Abhängigkeit von ...!)
Weil Sie immer auch den
Letta-Bericht erwähnen und als Lösung präsentieren – (in
Richtung Grüne, NEOS und ÖVP:) Sie und auch der
Bundesminister –:
Das kann nur als absoluter Unsinn bezeichnet werden. Im Wesentlichen geht es in
diesem Bericht wieder nur um mehr europäische Integration, mehr
Kompetenzen an die Europäische Union, mehr Aushöhlung unserer
Souveränität und damit noch mehr Regulierung und Bürokratie –
denn das ist das,
was die Europäische Union am besten kann. Wenn Sie ihr noch mehr Kompetenzen
geben, dann wird sie für noch mehr Bürokratie und Regulierungen sorgen. In dem
Bericht geht es vor allem auch wieder um die Aufnahme weiterer
Schulden.
Gemeinschaftsschulden werden dort gefordert. Das ist klar
EU-rechtswidrig: Artikel 310 AEUV – Verbot des defizitären
Haushaltes –, Artikel 125 – No Bail-out, keine
Haftung für Schulden anderer Staaten.
Ihre Forderungen sind also nicht nur verfassungswidrig, sondern sie sind auch
EU-rechtswidrig. Das ist Ihre EU-Politik! (Beifall bei der FPÖ.)
Natürlich will der
Letta-Bericht, will die Europäische Union auch europäische Steuern.
Das fordern sie auch in diesem Bericht. Die EU will selber in die Taschen der
Bürger greifen und endlich diese Steuer- und Budgethoheit erreichen
und damit den nächsten großen Schritt Richtung Staat schaffen.
Da sage ich auch, die Steuerhoheit ist der größte
Lenkungsmechanismus, den ein Staat hat, und wenn man den einmal aus der Hand
gibt, dann sage ich
nur: Gute Nacht, Österreich als unabhängiger und souveräner
Staat! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja,
gute Nacht!)
Sehr geehrte Damen und Herren, hören Sie endlich mit diesem irrationalen, wohlstandsvernichtenden Klimafanatismus auf! Kehren Sie zurück zu einer vernünftigen Umwelt-, Industrie- und Standortpolitik! Wenn Sie Maßnahmen finden wollen oder suchen, die der Wirtschaft tatsächlich helfen, dann kann ich Ihnen welche sagen:
Maßnahme Nummer eins: Beenden Sie diese Geld- und
Schuldenpolitik! Maßnahme Nummer zwei: Beenden Sie endlich unsere
neutralitätswidrige Beteiligung an diesem Wirtschaftskrieg! Maßnahme
Nummer drei (Abg. Scherak: Beenden Sie die
EU-Diskussion! – Abg. Meinl-Reisinger: Beenden Sie die Umweltwirtschaft!
Ziehen wir die Bauern aus!): Beenden Sie endlich diese irrationale
Klimapolitik!, und Maßnahme Nummer vier – und das ist die
beste und die effektivste Maßnahme, um der Wirtschaft zu
helfen –: Wählen Sie am 9.6. die FPÖ! (Beifall bei der FPÖ. –
Heiterkeit bei den NEOS. – Abg.
Strasser: Ja, super! – Abg. Disoski: Da musst du
selber lachen! – Abg. Scherak: Jetzt hast du uns fast
überzeugt, Petra!)
16.10
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.
Abgeordnete
Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne):
Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Werte
Kolleginnen und Kollegen und Gäste! Ich
merke, dass sich die Galerie in der Zwischenzeit geleert hat und das
überrascht mich nicht. (Ruf bei der FPÖ: Ja, weil sie gesehen
haben ...! Jetzt werden sie
wieder kommen! – Abg. Stefan: Jetzt können wir sie ja
wieder reinholen, das ist sicher! – Weitere Zwischenrufe bei
der FPÖ.) Ehrlich gesagt bezweifle ich
auch, dass sich die bisherigen Argumente, die wir gehört haben, auch nur
in irgendeiner Form hier durchgesetzt hätten, und ich finde diese Selbstgefälligkeit –
vor allem von Kollegin Steger – eigentlich auch
brandgefährlich, auch wenn sie ein bisschen belustigend klingt.
Wieso? – In letzter Konsequenz mündet diese
nämlich tatsächlich in den Spruch, dass das Recht der Politik folgen
muss, nämlich der eigenen Politik. Der Urheber dieses
Spruches ist im Übrigen Klubobmann Kickl, der heute den ganzen Tag einfach
die Sitzung spritzt – das aber nur nebenbei bemerkt. (Abg. Meinl-Reisinger: Der hat
wahrscheinlich eine Bergtour! – Abg. Höfinger: Wandern!
Beim Volk! Volkswandertag!)
Kommen wir wieder zurück zum eigentlichen
Thema – es stimmt schon, dass es an die gestrige Debatte in der
Europastunde angelehnt ist –: Wo wollen
wir hin? Wo wollen wir als Europa gemeinsam hin? (Abg. Meinl-Reisinger:
Ich glaube, ich habe das nächste Mal auch einen Kosmetiktermin, die sind
so
schwer zu bekommen!) Wie wollen wir dieses Europa gestalten –
und vor allem –, wer will da nicht mitmachen? Wir haben gestern
schon festgestellt, dass
Europa wie eine große Baustelle ist. Es ist uns allen bewusst: Diese
Baustelle muss permanent bebaut, muss neu gebaut und ergänzt werden, die
Stockwerke müssen auch entsprechend abgesichert werden.
Es gibt aber natürlich auch diejenigen, die wie Diebe
von dieser Baustelle einfach immer wieder etwas wegnehmen: ein bisschen Sand,
ein bisschen Zement,
ein paar Geräte, die uns dann eben für diese gemeinsame Arbeit an
diesem Europa fehlen. Diese Unruhestifter und Zerstörer haben wir
gestern benannt,
heute möchte ich das in einen breiteren Zusammenhang stellen.
Wir haben gestern schon ganz kurz Georgien erwähnt.
(Abg. Meinl-Reisinger: Georgien?) Wir sehen auch, was in Moldau
passiert. Wir wissen auch
von einem Orbán, der auf der einen Seite – wie die
FPÖ – nicht den Mut hat, zu sagen: Wir wollen aus der
Europäischen Union austreten!, auf der anderen
Seite von all den Fördergeldern enorm profitiert und sich auch in
Ungarn absichern konnte.
Ich glaube, es steht außer Frage, dass die
Europäische Union für Österreich, wie es in der Begründung
zu Recht steht, ein unverzichtbarer Pfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs,
aber auch des gesellschaftlichen Wohlstands ist. Wir wissen auch, dass die
Attraktivität Österreichs natürlich davon abhängt, ob wir
Mitglied dieser Union sind und wie stark diese Union ist. Genau an dieser
Stärke dieser Union stoßen sich einige und genau das ist der
springende Punkt:
Wer hat ein Problem damit, dass die Union
eine starke ist? – Diejenigen, die eben nicht möchten,
dass wir uns dagegenstellen, dass die Autokratien auf Vordermann gebracht
werden, dass wir die Demokratien durch die europäische Einigkeit
stärken.
Genau da können wir jetzt sehr gut ausmachen: Wer
arbeitet an der Baustelle mit und wer trägt von der Baustelle unsere
Geräte weg? – Das haben
wir gestern schon zur Genüge benannt. Ich glaube aber, diese wirtschaftlichen
Fakten, die auch Sie, Herr Minister, vorhin hier vorgetragen haben,
überzeugen sehr viele Menschen in Österreich nicht mehr auf dieser
emotionalen Ebene.
Deswegen möchte ich etwas ins Treffen führen, was
mir persönlich ein großes Anliegen ist, nämlich die emotionale
Ebene, die europäische Identitätsebene, wenn man so
möchte, die diesen Zusammenhalt in Europa erst ermöglicht hat.
Viele hier werden sich noch erinnern können, wie es zu Zeiten
des Kalten Krieges war. Viele wissen noch, wie es war, als im Burgenland ein
Stacheldraht die Länder voneinander trennte, die eigentlich Nachbarn
waren. Ich selber weiß noch, als ich als neunjähriges Kind, als die
Mauer gefallen ist, mit meiner Familie gejubelt habe, dass wir endlich ein paar
Kilometer
weiter über die Grenze fahren und unsere Verwandten, Angehörigen und
Freunde besuchen können.
Diese emotionale Komponente, die identitätsstiftend ist
für unser gemeinsames Europa, ist verloren gegangen. Nur, wenn
wir wieder auf diese emotionale identitätsstiftende europäische
Zusammenarbeit setzen, wird es uns gelingen, auch den nächsten
Generationen klarzumachen, dass wir da nicht
nur etwas Einzigartiges geschaffen haben, sondern dass wir ohne diesen Zusammenhalt,
ohne dieses Europa in der Welt vollkommen isoliert wären,
unseren Wohlstand verlieren würden, unsere Sicherheit gefährden
würden und eben nicht mehr mit demokratischen Kräften
zusammenarbeiten, sondern
uns denen, die diese Demokratien in Europa zerstören wollen, ausliefern würden.
(Beifall der Abg. Disoski.)
Das heißt, da geht es schon um eine
Metaebene. – Meine Redezeit ist um, deswegen lasse ich das
Klatschen nicht zu. (Heiterkeit bei Grünen, ÖVP, SPÖ
und NEOS.) Es geht um eine Metaebene abseits von Wohlstand, Sicherheit und Freiheit, die Europa für uns garantiert,
nämlich um aufzuzeigen, dass unsere und die
nächsten Generationen in Europa eine Zukunft haben und dass es Kräfte von außen, aber auch von innen
gibt, die uns diese Zukunft rauben wollen – und genau das ist
der springende Punkt.
Es gibt einen aktuellen, sehr spannenden
Artikel – zwar zu Spionage, aber da geht es um viel, viel mehr als
nur die Spionagetätigkeiten von russischer
Seite in Österreich. Darin geht es nämlich darum, wie beispielsweise
Russland oder andere Autokratien versucht haben, Österreich regelrecht zu
korrumpieren. Wie korrumpiert man ein Land? – Indem man
das schwächste Glied ausmacht. Man schaut sich an, wer anfällig
dafür ist, wer davon profitieren könnte, wer sich nicht aus
eigener Kraft durchsetzen kann. Man hat dieses
schwächste Glied in Österreich ausgemacht – auch das hatten wir gestern schon –, nämlich in Form der FPÖ.
Wir haben auch gestern schon über das BVT und die
Knickse der ehemaligen Außenministerin gesprochen, aber dahinter steckt
ja noch viel, viel
mehr. (Abg. Loacker: Das wäre extrem viel Applaus gewesen!) Russland
hat in diesem Fall sehr genau gewusst, dass es durch das Einfallstor
Österreich, nämlich genau durch die Diebe der Demokratie, der
europäischen Demokratie,
vorwärts kommen und genau diese Stimmungen erzeugen kann, wie sie jetzt gerade
in Georgien oder in Moldau spürbar sind.
Deswegen ist es ein sehr ernstes Thema. Es geht nicht nur um
Wirtschaft,
es geht nicht nur um unsere europäische Zukunft und Identität,
sondern es geht um die grundlegende Frage: Lassen wir es zu, dass diese
schwächsten
Glieder weiterhin Einfallstore für Autokraten sind, die unseren
Zusammenhalt in Europa gefährden?
Deswegen danke ich auch für diese Dringliche. Man kann nicht oft genug darüber sprechen, wie wichtig es ist, dass wir auf Zusammenhalt setzen und den Zerstörern einfach den Riegel vorschieben. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS.)
16.17
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich
möchte bei Kollegen Lopatka anfangen, der viele Qualitäten hat, der
aber gerne bereit ist, die Seriosität für einen Moment zu vergessen,
wenn es seinem Wahlerfolg nützt. Es ist
nicht in Ordnung, anderen Parteien etwas vorzuwerfen, was sie nicht gesagt
haben.
Die geschätzten Zuschauerinnen und Zuschauer
können es im Internet nachlesen, dass bei der Spitzenkandidatendiskussion
in Salzburg alle Kandidaten gesagt haben, dass sie keine Atomkraft in
Österreich wollen. Den anderen
zu unterstellen, dass sie das anders gemeint hätten, ist einfach nicht
sauber. Da fällt mir dann immer dein Interview im „Standard“
ein, wo du gesagt hast:
Ja, wir Katholiken können ja beichten gehen, nicht? (Heiterkeit und
Beifall bei den NEOS sowie Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lopatka:
Was ist da falsch daran? Das
würde mich interessieren!) – Was du nicht dazugesagt hast,
ist, dass die Beichte nur etwas nützt, wenn du es auch
bereust. – Aber das kann ich nicht beurteilen. (Heiterkeit
bei den NEOS. – Abg. Lopatka: Wie weißt du, dass ich
nicht bereue? Wie kannst du das wissen?) – Das kann ich nicht
beurteilen, das wird auf deinem persönlichen Himmelskonto
gutgeschrieben – oder nicht.
(Abg. Fürlinger: Das ist ja fast eine Aschermittwochspredigt! Tu
Buße und kehre um!)
Zur Kollegin Steger möchte ich sagen: Liebe Petra
Steger, du hast uns ganz
viele Dinge, gegen die du bist, gesagt. Wofür du bist, ist ein bisschen im
Dunkeln geblieben. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie hat immer „Gute
Nacht“ gesagt!) Aber
allein dagegen zu sein, ist keine Ansage für eine Wahl. (Abg. Steger:
Stopp der Zerstörung der Wirtschaft!) – Ja, ich bin gegen
die Zerstörung der Wirtschaft. Was würdest du machen, wenn du es
entscheiden könntest? – Das wäre eine Information, von der
die Wähler etwas gehabt hätten. (Beifall bei NEOS und ÖVP
sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger:
Bravo!)
Man kann an der Europäischen Union mit Recht einiges
kritisieren. Sie
ist nicht perfekt, aber es gilt schon auch anzuerkennen, was erreicht worden
ist.
Das ist ein Projekt, das Europa Wohlstand gebracht hat. Der
Binnenmarkt
mit seinen einheitlichen Regeln hat Exporte billiger und unkomplizierter gemacht.
Ein kleines Land wie Österreich lebt von der internationalen Vernetzung,
davon, dass unsere Betriebe grenzüberschreitend arbeiten können.
Diese einheitlichen, gemeinsamen Regeln machen es leichter, einen
fremden Markt zu erschließen. Man könnte das noch ausdehnen, die EU
kann das über die eigenen Grenzen hinaus ausdehnen, indem sie Freihandel
mit anderen Ländern betreibt, indem sie mit anderen demokratischen Staaten
gemeinsame Standards schafft und das Feld nicht den Chinesen und den
Russen überlässt.
Es sind aber vier Parteien in diesem Haus in der
Populismusfalle gefangen. Die ÖVP und die FPÖ lassen sich von ihren
Landwirtschaftsvertretern an die Kandare nehmen. Wegen ein paar Kilo
Rindfleisch aus Argentinien werden die Zölle für unsere Maschinen und
andere technische Produkte, die zollfrei
nach Südamerika gehen könnten, hoch gehalten. Wegen ein paar Kilo
Rindfleisch lassen Sie sich an die Kandare nehmen. (Abg. Höfinger:
Ein paar Kilo Rindfleisch! Das ist unglaublich!) Das ist
kleinhäuslerisch gedacht, das ist provinziell gedacht. (Abg. Höfinger:
Auf eine Branche, die am Boden liegt, noch hineintreten! Herzlichen
Glückwunsch!) – Ja, das ist provinziell gedacht. Da regt
sich die ÖVP auf! (Abg. Höfinger: Gerald, nein, so nicht!) Sie
wollen wegen eines
depperten Rinderfilets die ganze hochtechnisierte Industrie
hinunterdrücken! (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der
ÖVP: Unglaublich, unglaublich!)
Auf der linken Seite ist man gegen diese Abkommen mit
demokratischen Staaten, weil die moskautreuen Roten kein Problem haben,
wenn dort die
Russen und die Chinesen aufmarschieren und die Kommunisten dort die Projekte
finanzieren. – Wir sind für Freihandel mit demokratischen
Staaten.
Was haben Sie für ein Theater aufgeführt, als es
um das Abkommen mit den Kanadiern gegangen ist, um das Ceta-Abkommen! (Ruf
bei den NEOS: Kanada! Ich meine, die sind ...!) Der Teufel ist an die
Wand gemalt worden und nichts
von Ihren Bedrohungen ist eingetreten – gar nichts! (Beifall bei
den NEOS. – Abg. Strasser: Und der Bauernbund war an Bord!
Kollege, der Bauernbund war
an Bord!)
Und jetzt geht es
um - - (Abg. Strasser: Der Bauernbund war an Bord!) –
Ja, da ist es um den Käse gegangen, weil ihr euren minderwertigen
Käse gut nach
Kanada exportieren könnt. (Abg. Strasser: Na, na, der war an
Bord! Wir haben dafürgestimmt!) Weil ihr die hohe Qualität
in Europa und die minderwertige
in Kanada verkaufen könnt, deswegen wart ihr dafür. (Abg. Strasser:
Ein faires Abkommen!) Und jetzt, wenn es in die andere Richtung geht, seid
ihr
dagegen. Es geht immer nur in die eigenen Taschen, beim Bauernbund geht es
immer nur in die eigenen Taschen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Höfinger:
Darum wachsen die ... so viel! Weil die Landwirtschaft so ein super
Geschäft ist, weil die Landwirtschaft so ... ist in Österreich!
Darum sperren jeden Tag so viele
Betriebe auf!)
Wie kann man die
Gesamtverantwortung so ausblenden und immer nur den eigenen Garten sehen?
Das ist wirklich unverantwortlich! (Beifall bei den
NEOS. – Abg. Höfinger: ... so ein Träumer! So
überheblich ist kaum jemand!) Ihr seid Abgeordnete zum
österreichischen Nationalrat und nicht Abgeordnete
für den Bauernbund! Nehmt einmal eine Gesamtverantwortung wahr! Himmel
noch einmal! (Beifall bei den NEOS.) So provinziell ist wirklich in ganz
Vorarlberg, im hintersten Tal keiner. Wirklich nicht! Ich möchte einmal
einen Tag so kleinhäuslerisch denken wie ein niederösterreichischer
Bauernbündler. Unfassbar! (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS. –
Ruf bei der ÖVP: Einmal so überheblich sein wie du! –
Ruf: Das ist ein Kompliment!)
Jetzt verhandelt die EU ein Abkommen mit Australien und ich
lese im Vorhabensbericht des Ministers, dass man aus Rücksicht auf
landwirtschaftliche Interessen schon wieder nicht weiterkommt – mit
Australien! Ja bitte,
wenn euch Australien nicht gut genug ist, dann frage ich, mit wem ihr
eigentlich Handel treiben wollt. (Abg. Strasser:
Mit Kanada!) Tauscht doch eure Kühe
und Ziegen untereinander! Das ist ja wirklich ein Kindergarten! (Heiterkeit
und Beifall bei den NEOS sowie Heiterkeit bei Abgeordneten von
SPÖ und FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Dann haben sie
wenigstens einen kurzen Transportweg!)
16.23
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Maria Niss. – Bitte.
16.23
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss,
MBA (ÖVP): Herr Präsident!
Herr Minister! Frau Staatsekretärin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen
und Zuseher! Zuerst einmal geht mein Dank an die NEOS, weil man, glaube ich,
gerade in Zeiten eines Wahlkampfes nicht oft genug betonen kann, wie
wichtig Europa für Österreich ist und wie sehr wir auch davon
profitiert haben. Ich möchte mich jetzt
nicht auf das wichtige Friedensprojekt konzentrieren, sondern vor allem
auf den Wohlstand, den die EU in Österreich geschaffen hat.
Heimische Exporte haben sich in
den letzten 25 Jahren vervierfacht, Landwirtschaftsexporte
übrigens verneunfacht. Man kann nicht oft genug betonen, was für
eine, ich kann nur sagen, Wohlstandsbringerin diese Exportbombe
ist. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
70 Prozent der Exporte
gehen in andere EU-Länder, und genau deswegen ist der Binnenmarkt so
wahnsinnig wichtig. Mich ärgert deshalb auch diese Festungsdiskussion
der FPÖ – ob das jetzt Österreich oder Europa ist. Damit
werden uns diese Exportmöglichkeiten ganz einfach genommen. Und ja,
wir
werden auch einen verstärkten Handel mit anderen Wirtschaftsräumen in
der ganzen Welt brauchen – aber nicht nur wegen des Exports, sondern
vor allem um uns wichtige Rohstoffe zu sichern.
Ein zweiter Punkt sind die
Direktinvestitionen – das ärgert mich noch mehr an dieser
sinnlosen Festungsdiskussion –: Wir brauchen Investitionen in
Österreich! Sie haben sich in den letzten zehn Jahren auf
200 Milliarden Euro erhöht. Sie sind essenziell, denn sie sorgen
normalerweise für produktive, forschungswirksame und auch gut bezahlte
Arbeitsplätze. Die Steuern und Abgaben darauf finanzieren unsere
Krankenhäuser, Straßen, die Ausbildung
der jungen Leute und, liebe FPÖ, auch die sinnlosen Pferde des
Herrn Kickl. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Forschung. Wir haben es heute auch schon gehört: Österreich kann überproportional viel an Forschungsgeldern zu-
rückholen, 3,5 Prozent –
zahlen tun wir nur 2,5 Prozent. Wir sind da ein Profiteur; das Gleiche
gilt für den Chips Act. Genau deswegen nimmt das
Thema Forschung für die ÖVP im Österreichplan so einen hohen
Stellenwert ein. Wir wollen das Forschungsland Nummer eins werden, das haben
wir darin
auch klargemacht.
Zum Thema Öxit – ob ihr ihn jetzt wollt oder nicht –: Die Leute glauben, dass ihr ihn wollt. In einer internationalen Umfrage bestätigen 60 Prozent der Wähler, dass sie glauben, dass Herr Kickl Öxit-Pläne andenkt. (Abg. Steger: Weil ihr es dauernd wiederholt und sagt!) – Dann müsst ihr dem Zündeln (Abg. Meinl-Reisinger: Den Plakaten!) halt mit euren Worten entgegenwirken. Ich möchte jetzt nicht auf das Thema Brexit eingehen: leere Tankstellen, keine Eier, keine Weihnachtstruthähne (Abg. Amesbauer: Ich habe überhaupt noch nie einen Truthahn zu Weihnachten gegessen!), keine Arbeitskräfte, ein Auseinanderbrechen der Lieferketten, die Einwanderung wurde nicht gestoppt – you name it. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Liebe NEOS, ich muss einfach ein Aber erwähnen: Europa,
aber besser.
Das ist nichts, das nur wir sagen, sondern das sagen uns auch Wirtschaft und
Industrie. Man kann denen definitiv keine Europafeindlichkeit nachsagen,
man kann auch mir keine Europafeindlichkeit nachsagen. Um dieses wichtige
Europa zu erhalten, müssen wir uns einfach verbessern. (Abg. Shetty:
Sie haben in Europa die Verantwortung!) Wir brauchen einen
Bürokratieabbau, wir
brauchen eine Deregulierung für unsere Unternehmen. Die leiden unter
diesen Dingen. Wir brauchen noch mehr Investitionen in Forschung und
Entwicklung.
Meine Damen und Herren, das
müssen wir machen! (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Das hat
alles der Helmut vorher gesagt!) Macht kommt von machen –
das ist ganz, ganz einfach. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger:
Ich habe eine bescheidene Frage: Wer ist denn an der Macht in der
Europäischen Union
seit 30 Jahren?) Genau deswegen setzen sich die ÖVP und die
Mitglieder Bundesregierung so sehr
dafür ein, dass wir diesen Bürokratieabbau schaffen.
Leider konnten wir das Lieferkettengesetz – diese
Verordnung – nicht verhindern. (Abg. Kassegger: Wer
ist denn an der Macht in der EU seit 30 Jahren?)
Wir haben uns aber für eine Entschärfung eingesetzt. Wir konnten
es entschärfen. (Abg. Herr: Gratuliere!) Die FPÖ
hat damals dagegengestimmt (Abg.
Steger: Das stimmt ja überhaupt nicht! Wir haben unzählige
Anträge eingebracht!) und die NEOS – ihr wisst es und das
tut euch weh – haben sich enthalten; wie auch bei der
Verpackungsverordnung, die ein ebenso großes Konvolut an zusätzlichen
Vorschriften beinhaltet.
Die Haltung der ÖVP in Brüssel geht sehr klar in Richtung Bürokratieabbau, weniger Regulierung, mehr Binnenmarkt. (Abg. Kassegger: Ihr seid die Verursacher! Ihr seid die Verursacher von dem Ganzen! Denkfehler! Ihr seid die Verursacher!) Genau deswegen, weil wir einen stärkeren Binnenmarkt schaffen wollen, haben wir uns auch für den Letta-Bericht so eingesetzt.
Ich habe vorhin schon gesagt,
was uns der Binnenmarkt bringt: 70 Prozent unserer Exporte gehen in
die anderen EU-Länder. (Abg. Kassegger: Wer ist
seit 30 Jahren an der Macht? Das sind Sie! Was reden Sie?) –
Herr Kassegger, das müssen Sie einfach verstehen. (Abg. Kassegger:
Jetzt verstehe ich Sie nicht
mehr!) Eigentlich habe ich mir gedacht, Sie sind relativ gescheit, aber Sie
verstehen es offenbar trotzdem nicht. (Beifall bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Ich bleibe dabei: Europa, ja, ja, ja, aber – wie
auch immer man es ausdrücken will, Europa muss sich einfach verbessern,
damit für unsere Kinder Europa
Europa bleibt. Da bin ich bei Beate Meinl-Reisinger. Ich erinnere mich gut an
den Tag der Volksabstimmung. Ich war damals groteskerweise in
England –
das ja bekannterweise nicht mehr dabei ist. Die Aufbruchstimmung damals war
riesig. Es war ein gutes Gefühl. Und diese Aufbruchstimmung hat sich
auch bewährt, denn wir haben definitiv profitiert. Es hat ein BIP-Wachstum
von 0,5 Prozent pro Jahr gegeben, das hat der Herr Minister vorhin schon
erwähnt.
Ich lasse mir so eine Zukunft in Wohlstand, Frieden und Sicherheit
für mich und auch für meine drei Kinder, deren Generation und wen
auch immer von
der FPÖ definitiv nicht nehmen. Ich finde eure Plakate in Wort und Schrift
ehrlich gesagt verstörend. (Abg. Meinl-Reisinger: Niederträchtig!
Niederträchtig
sind sie!) Ich finde sie populistisch, ich finde sie letztklassig (Abg. Amesbauer:
Sie reden seit zwei Tagen davon, also sind die Plakate gut!), und das
höre ich
von ganz, ganz vielen Leuten. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten
der NEOS sowie der Abg. Tomaselli. – Abg. Amesbauer: Gutes
Marketing!)
Daher meine Bitte noch einmal an alle: Gehen Sie am 9.6. wählen und geben Sie einem gestaltenden Europa Ihre Stimme! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
16.29
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Greiner. – Bitte.
Abgeordnete
Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr
Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Europa
zuerst – Europe first: Uns ist allen klar, wir brauchen eine starke
europäische, demokratische Gesellschaft. Wir
brauchen eine starke europäische Wirtschaft. Das entscheidet unsere
Zukunft.
Für uns ist das jetzt noch deutlicher geworden durch
die durchlebten
Krisen – Teuerung, Krieg in der Ukraine –, und ich
möchte das an ein paar Beispielen verdeutlichen: Sie alle haben das
jetzt in den letzten Jahren wahrscheinlich irgendwie erlebt –
oder Bekannte von Ihnen –: Das dreijährige Kind ist zu Hause,
hat starken Husten und hohes Fieber. Sie gehen in die Apotheke, brauchen
dringend einen Hustensaft mit Penicillin, aber er ist nicht
verfügbar. Sie probieren es in der nächsten Apotheke, in noch einer
Apotheke, er ist nicht verfügbar, so die durchgängige Antwort. Wie
konnte das passieren? – China hat sich auf die Produktion
von Penicillin spezialisiert, die Produktion ist nach und nach
abgewandert.
Seien wir uns aber ehrlich: Grundlegende Bestandteile von Medikamenten, Basisstoffe, Pharmazeutika müssen in Europa erzeugt werden, damit sie rasch verfügbar sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Wie schaut es am Automobilmarkt aus? – Als
Steirerin kann ich wirklich
davon reden und weiß, wovon ich rede. Wir haben sehr viele Autobetriebe,
führende Autobetriebe in der ganzen Steiermark. Da bangen die Leute
um
Hunderte Arbeitsplätze. Warum? – Weil sie sich zu Recht vor der
unfairen Konkurrenz fürchten, die aus China droht. China produziert
unter Subventionen enorme Mengen an Elektroautos, überschwemmt
damit den Markt, und das ist doch eine unehrliche Konkurrenz! Elektroautos
müssen in Österreich, in Europa produziert werden! Wir
haben die Technologien, wir haben das Know-how und die Qualität. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: In
Steyr werden sie eh! BMW, Rieseninvestitionen in Steyr!)
Herr Bundesminister, in dem Zusammenhang darf ich eine Frage
an Sie stellen: Was war eigentlich bei der Ausschreibung für die
640 Behördenfahrzeuge? Was ist da bei der Reihung
passiert? Da war an erster Stelle ein chinesischer Automobilhersteller
gereiht. Wie kann das passieren? (Bundesminister Kocher:
Das ist nicht meine Behörde! Das ist nicht meine Behörde
und ich kann ...!) – „Das ist nicht meine
Behörde“ – ich übersetze es –, das ist
jetzt ein bisschen wenig an Statement. (Ruf bei der SPÖ: Das ist
billig! –
Abg. Leichtfried: Das heißt, ist mir wurscht! – Weitere
Rufe bei der SPÖ: Es ist nicht seine Behörde! Aber vom Kollegen
Brunner!) Die Zuseher:innen würden sich
darauf zu Recht eine ausführliche Antwort erwarten.
Ich bringe Ihnen noch ein Beispiel. Wie schaut es mit den
Schlüsseltechnologien aus? Wir haben zum Beispiel – und das ist
ein erfreuliches Beispiel – in
Graz-Umgebung ein Unternehmen, einen Halbleiterhersteller, ein hoch spezialisiertes, technologisch wirklich gut entwickeltes
Unternehmen mit 800 Mitarbeitern aus 50 Nationen. Das ist
hervorragend, das ist erfreulich,
aber das muss so bleiben, Entwicklung muss hier in Österreich, in Europa
vorangetrieben werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Uns ist klar: Wir brauchen ein
starkes Europa mit einer starken europäischen Wirtschaft. Das
sehen auch die NEOS so, das sehen wir gemeinsam so, mit einem grundlegenden
Unterschied: Die NEOS sehen das Heil Europas in einem
uneingeschränkten Freihandel. Sie stellen die Interessen der Wirtschaft
über die sozialen und solidarischen Interessen. Sie wollen Mercosur
(Abg. Meinl-Reisinger: Ja, wir wollen Handelsabkommen statt Handelskriegen!),
das wollen wir nicht, weil wir das Ganze in der umgekehrten Reihenfolge
angehen. (Abg. Meinl-Reisinger: Lieber Handelskriege?)
Für uns stehen soziale,
solidarische Interessen an erster Stelle (Abg. Meinl-Reisinger: Eh,
aber wie wollen Sie die denn durchsetzen außer mit Verträgen?),
gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber wie wollen Sie die
durchsetzen in der Welt außer mit Verträgen? – Abg. Holzleitner:
Mit einem starken Lieferkettengesetz! – Abg. Meinl-Reisinger:
Wie wollen Sie denn das durchsetzen dort in den Ländern, ohne
die ... Unternehmen
in die Pflicht zu nehmen?)
Warum ist das so
wichtig? – Weil das die Grundlage für eine starke Wirtschaft in
Europa ist. Wir wollen – und da nehme ich jetzt andere Fraktionen
auch
mit – Europa gemeinsam gestalten. In diesem Parlament sehen das vier
von insgesamt fünf Fraktionen so.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein Austritt Österreichs aus der Europäischen Union kommt für uns niemals infrage. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, es ist nicht egal, wer in Europa Politik betreibt. Sie können das am 9. Juni entscheiden. Sie können zwischen konstruktiven Kräften und destruktiven Kräften entscheiden. Zu den konstruktiven Kräften zählen die sozialdemokratischen Vertreter:innen im Europäischen Parlament. Ich denke da an Andreas Schieder, ich denke an Evelyn Regner, ich denke als Steirerin an die steirische Spitzenkandidatin Elisabeth Grossmann und an viele andere.
Sie alle kämpfen täglich für Gerechtigkeit
am europäischen Arbeitsmarkt, für ein starkes, gemeinsames Europa.
Für sie alle gilt: Europa zuerst – Europe first!
Liebe Wähler:innen, Sie haben es in der Hand. – Danke
schön.
(Beifall bei der SPÖ.)
16.35
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Redner ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger
(FPÖ): Die Dringliche Anfrage der
NEOS hat ja im Schwergewicht, was nicht weiter verwunderlich ist,
eine wirtschaftspolitische Perspektive, einen wirtschaftspolitischen Ansatz.
Ich versuche jetzt, auch Kollegen Brandstätter zu entsprechen, auch was
meine Diktion betrifft, wohlgesetzt zu formulieren, das Ganze sofern
möglich auch in einer unaufgeregten Art vorzutragen, auf Inhalte
einzugehen
und bestimmte Dinge klarzustellen.
Der erste Punkt –
auch meine Kollegin Petra Steger hat es schon gesagt –: Sie
müssen auch in der Terminologie exakt sein. Europa ist nicht die Europäische Union.
(Beifall bei der FPÖ.) Das würde einen Schweizer und einen Norweger
zu den Nichteuropäern zählen. Das ist etwas anderes. Europa ist
ein Kontinent mit einer jahrhundertelangen Geschichte, gewachsen durch Nationalstaaten,
die im Wesentlichen in weiterer Folge – und das ist unseres Erachtens,
zumindest meines Erachtens, immer die Stärke Europas gewesen –
im Wettbewerb gestanden sind.
Der Wettbewerb hat dazu geführt, dass jeder einzelne
Staat stärker geworden ist, und hat dazu geführt, dass der
europäische Kontinent über Jahrhunderte eine führende
Rolle auf der Welt spielen konnte. Das alles ist mittlerweile nicht nur in
Gefahr, sondern im Rutschen. Wirtschaftspolitisch, aber
auch sicherheitspolitisch wird das verloren gehen, wenn wir so weitermachen.
Der zweite Punkt: Kollegin Greiner, das ist sehr
mutig – ich würde das
nicht so formulieren, wie Sie es formuliert haben (Abg. Greiner: Das
hoffe ich doch!) –, sich hierherzustellen und zu sagen: Wir
werden niemals aus
der Europäischen Union austreten – niemals!
Die Europäische Union ist nicht Europa, die
Europäische Union ist ein Vertragswerk (Abg. Greiner: Wie der
Vertrag mit Putin auch!), das sich im Übrigen seit dem
Zeitpunkt 1994, als wir beigetreten sind, also in den letzten
30 Jahren, bewegt hat (Abg. Voglauer: Wir fühlen uns der
Europäischen Union zugehörig, nicht Putin!), dynamisch bewegt
hat – allerdings in eine
Richtung, die wir Freiheitliche offensichtlich hier als einzige Partei im
Parlament sehr kritisch sehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Voglauer:
Den Vertrag sehts
ihr kritisch und den mit Putin nicht? Sehr interessant!)
Wenn man jetzt als jemand, der Dinge kritisch
sieht – und ich werde im Detail auf einige Bereiche, die wir
kritisch sehen, die wir für eine Fehlentwicklung halten,
eingehen –, schon als Demokratiefeind, als Nichteuropäer oder
Ähnliches tituliert – ist gleich beschimpft –
wird (Abg. Voglauer: Schauen Sie
sich die eigenen Verträge an!), dann muss ich Ihr
demokratiepolitisches Selbstverständnis auch hinterfragen
dürfen. Das geht meines Erachtens so nicht.
(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Geh seids
nicht immer so wehleidig! Ich weiß nicht! Selber austeilen und so
wehleidig sein!)
Jetzt zu dieser Öxit-Diskussion eine Klarstellung: Die
Freiheitliche Partei
will selbstverständlich keinen Öxit, davon war nie die Rede. (Rufe
bei der ÖVP: Aber geh, nein! Na!) Wir stellen uns aber auch nicht hin
und sagen, wir
werden niemals in allen ewigen Zeiten, und das garantieren wir unter sonstigem
Verlust unserer Glaubwürdigkeit, aus diesem Vertragswerk austreten.
(Abg. Meinl-Reisinger: Das ist so, wie wenn ich sag: Schatzi, ich
will eh keine Scheidung, aber ich kann dir nicht garantieren, dass ich
nächstes Jahr noch da bin!
Was soll das? Wie würde das mein Mann aufnehmen, frage ich
mich! – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka
gibt das Glockenzeichen.)
Das ist ja unseriös, weil wir ja nicht wissen, wie sich
diese ganze Sache entwickelt, und weil wir sehen, wie sich diese ganze
Sache in den letzten
30 Jahren entwickelt hat – von einer durchaus vernünftigen
Wirtschaftsunion (Abg. Höfinger: Dann leistet einen sinnvollen
Beitrag!), von einem Binnenmarkt, von einer Abschaffung von
Zöllen und Handelshemmnissen – das ist vernünftig, das
unterstreichen wir auch, das unterstützen wir auch –
hin zu einem Gebilde einer politischen Union, die sich immer mehr Kompetenzen
krallt, sich immer mehr in das Leben eines jeden einzelnen dieser 450 Millionen Europäer,
darunter neun Millionen Österreicher, einmischt, und
das geschieht in vielen Bereichen, bei denen wir sagen: Das wollen wir nicht. (Beifall
bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: ... fangts jetzt
gleich mit der
WHO an!)
Wenn man das demokratiepolitisch sieht, dann werden Sie doch
wohl kaum leugnen, dass dieser Zentralismus in Brüssel auch von einer
erheblichen Bürokratie, von einer riesigen Ansammlung von
Lobbyisten geprägt ist – 30 000 Lobbyisten (Abg. Brandstätter:
Viele Russen dabei!), denen dann
politische Entscheidungsträger gegenüberstehen. Das ist ein Missverhältnis,
das letztlich wozu führt? – Dass Entscheidungen getroffen
werden, die
den Interessen der Lobbyisten entsprechen und nicht jenen derer, die diese
Politiker, die dort sitzen, vertreten sollen, nämlich der Menschen
und Bürger in den Ländern Europas. Das ist doch der Punkt. (Beifall
bei der FPÖ.)
Jetzt komme ich im Detail zu einigen Punkten, bei denen
unseres Erachtens eine Fehlentwicklung stattfindet, eine
Entwicklung in die falsche Richtung. Herr Bundesminister Kocher hat ja in
seinem Redebeitrag sozusagen auch
schon kritisiert, was alles nicht funktioniert, was wir besser machen
müssen, und Ziele definiert.
Mir ist das so vorgekommen, als hätten Sie jetzt eine
Regierungsantrittsrede gehalten. Da frage ich mich: Sie sind seit
fünf Jahren in der Regierung und kommen
jetzt, zwei, drei Monate vor Ende der GP, drauf, Ziele zu definieren
und uns zu sagen, was Sie alles machen werden, nachdem Sie durchaus
richtig
analysiert haben, was in der Europäischen Union alles nicht gut
oder
falsch läuft? – Also das ist ja auch ein bisschen knapp an der
Glaubwürdigkeitsgrenze angesiedelt. (Beifall bei der FPÖ.)
Kollege Lopatka kommt jetzt, 3 Minuten vor Torschluss,
auf einmal
drauf, dass man auch beim Green Deal vielleicht die Wirtschaft
berücksichtigen müsste? Das ist sehr nett, dass Sie drei Tage vor
Torschluss, ist gleich
drei Tage vor der Wahl oder drei Monate vor der Wahl, draufkommen. (Abg. Leichtfried:
Ja, aber das ist schon ein Unterschied: Tage und Monate!) Ja, aber wozu
erzählen Sie uns das? Erzählen Sie das Ihrer Parteifreundin von der
Europäischen Volkspartei Ursula von der Leyen, die diesen Green
Deal zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht hat, in dem Irrglauben, dass
das der Weg
ist, der Europa im globalen wirtschaftlichen Wettbewerb nach vorne bringt! Wir
glauben, das ist eine völlige Fehleinschätzung. (Beifall bei der
FPÖ.)
Ich sage Ihnen auch, warum: Das verteuert nicht nur die
Energie. Sie wundern sich über die Inflation, die wir haben, können
aber nicht die Korrelation
zum Green Deal herstellen, der natürlich inflationstreibend ist und viele
tägliche Dinge teurer macht. Der ganze Emissionszertifikatehandel ist ein
Inflationstreiber der Sonderklasse, die CO2-Steuern sind Inflationstreiber
der Sonderklasse, der Bürokratiewahnsinn – Sie wissen,
ESG-Regulatorik,
EU-Taxonomie und so weiter und so fort –, der unsere
Unternehmen – und Sie wissen das, Herr Professor Kocher, Sie sind
Ökonom, Sie haben es
sogar gesagt! – davon abhält, das zu machen, was sie eigentlich
machen sollten, nämlich ihre wesentliche Leistung zu erbringen, und die
dadurch Produktivitätseinbußen im globalen Wettbewerb in einem
Ausmaß, das nicht
mehr kompensierbar ist, erleiden. Das alles haben Sie ja richtig festgestellt.
Das ist aber alles auf dem Mist Ihrer Parteifreundin Frau Ursula von der
Leyen gewachsen. Oder schlecht formuliert: Das ist alles die Idee und die Herzenssache
von - -
So, und jetzt kommen Sie drei
Wochen vor der Wahl drauf: Da sollte
man etwas ändern! (Abg. Leichtfried: Zuerst waren es Tage, dann
Monate, dann
Wochen?) Ich glaube nicht, dass Sie nach der Wahl am 9. Juni da irgendetwas ändern werden, sondern Sie werden die Wahl jetzt als lästig durchtauchen und dann diesen Irrweg genau gleich weitergehen.
Der besteht auch darin: Beim
Renaturierungsgesetz sind wir bei massiven Eingriffen in das Eigentum. Ist
Ihnen Eigentum nichts mehr wert? Sie schreiben unseren Landwirten vor, welches
Holz sie verbrennen dürfen, auf welchen Flächen ihres eigenen
Eigentums sie anbauen dürfen oder nicht. Das ist totale Planwirtschaft und
ein Eingriff in das Eigentum. Das findet ja
statt. Was Sie sich wünschen und welche Ziele Sie sich setzen, das steht
auf einem anderen Papier beziehungsweise wird ja nicht stattfinden, weil
das nach der Wahl weiter stattfinden wird.
Wir als Freiheitliche sagen: Wir wollen das alles im Interesse der österreichischen Bevölkerung nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir wollen auch die Politik der
Europäischen Zentralbank nicht weiter betreiben, die natürlich auch
eine Inflationstreiberin der Sonderklasse ist. Wir wollen
auch die Schuldenunion nicht, zu der Sie uns jahrelang erklärt haben:
Nein, nein, die EU wird niemals eine Schuldenunion werden! Das haben Sie aber
genauso wenig aufrechterhalten können, wie Sie jetzt das
Narrativ glaubwürdig aufrechterhalten können, dass die EU das
größte Friedensprojekt aller
Zeiten wäre, angesichts der Politik, die Sie hinsichtlich des Krieges, der
in Europa stattfindet, an den Tag legen.
Da haben Sie uns erklärt: Keine
Schuldenunion! – Das können Sie ja nicht mehr aufrechterhalten,
weil die 750 Milliarden Euro Next Generation EU die klassische
Schuldenunion ist. 750 000 Millionen Euro! Wir wollen das nicht. Wir
Freiheitlichen haben immer gesagt, wir wollen das nicht, wir halten das
für einen Irrweg. Wir wollen nicht, dass sich die Europäische Union
in Richtung Schuldenunion entwickelt. Wir wollen auch keinen EU-Zentralismus
und wir wollen vor allem auch diese EU-Migrationspolitik nicht, die
überhaupt keine Probleme löst, sondern Probleme ohne Ende schafft.
Das alles
wollen wir nicht.
Das ist auch das Angebot von uns, der Freiheitlichen Partei
und unserer Partnerparteien in Europa, für die Wahl am 9. Juni. Wer
das alles auch nicht will, der kann eigentlich nur – streiche
„eigentlich“! – die Freiheitliche Partei
wählen. Wer will, dass das alles, diese Fehlentwicklungen, auch nach der
Wahl weiter betrieben werden, der kann sich eine der vier übrigen Parteien
hier im österreichischen Parlament aussuchen. (Beifall bei der
FPÖ. – Abg. Leichtfried: Die Ausführungen zur
WHO haben gefehlt! – Abg. Belakowitsch: Ideale
Rede, gell? Hat dir auch gefallen! – Abg. Leichtfried: Zur
WHO hat er nichts gesagt!)
16.45
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte.
Abgeordnete
Dr. Elisabeth Götze (Grüne):
Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Frau
Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen
und werte Zuseherinnen und Zuseher hier und vor Ihren Geräten! In
24 Tagen ist EU-Wahl, und ich beginne gleich mit einem Wahlaufruf: Wir
alle sind
Europa und wir können über die Zukunft Europas entscheiden, und damit
nicht das passiert, was der Kollege hier als Teufel an die Wand gemalt hat
(Abg. Kassegger: Hab ich nicht!), müssen wir anders
wählen.
(Beifall bei den Grünen.)
Insbesondere die Jungen möchte ich aufrufen, zu
wählen. Großbritannien hat es gezeigt – da sind die
Jungen leider nicht wählen gegangen. In Österreich
können schon 16-Jährige wählen, übrigens auch in
Deutschland und auf Malta, in den anderen EU-Ländern kann man das erst ab
18, und ich halte das
für wirklich sehr wichtig, weil es um eure Zukunft, um die Zukunft der
Jungen geht. Unser aller Zukunft, aber insbesondere die Zukunft der Jungen
steht auf dem Spiel.
Was bringt die EU? – Ich fange einmal mit dem
Anekdotischen an: Reisen ohne Grenzen innerhalb Europas; Euro, man muss nicht
Geld wechseln; aber
auch Studieren im Ausland mit Erasmus oder ein Auslandspraktikum sind möglich.
Alles das sind also Möglichkeiten, insbesondere für die Jungen, aber
auch für die Älteren, die wir uns, glaube ich, gar nicht mehr
wegdenken können.
Ja, die EU ist als Friedensprojekt entstanden –
weil vorhin auch davon
die Rede war –: In Europa haben wir seit dem Zweiten Weltkrieg
innerhalb der EU keinen Krieg, und es wird uns schmerzlich bewusst, wie wichtig
das
ist und dass wir alle dafür kämpfen müssen.
Ich möchte aber den Fokus auf die wirtschaftlichen
Aspekte lenken, so wie das ja auch in der Dringlichen Anfrage an den Herrn
Minister der Fall war,
und möchte Folgendes sagen: Wir alle profitieren von Europa. Alle
europäischen Länder profitieren auch wirtschaftlich von Europa, und
auch wir in Österreich tun das ganz massiv. Es hilft, eine
gemeinsame Strategie zu haben: Das hilft in
jedem Unternehmen, das hilft uns auch in Europa. Der Green Deal bringt
uns alle voran. Wir schaffen Resilienz auch in Bezug auf Lieferketten,
zumindest ist das unser gemeinsames Ziel, das müssen wir stärken, und
auch, Forschungsschwerpunkte innerhalb Europas zu definieren und
Lieferketten damit abzubilden. Forschung und Entwicklung gemeinsam zu
entwickeln, macht absolut Sinn.
Die NEOS haben es ausgerechnet – vielen Dank dafür! –: Unsere Beiträge an die EU kommen vielfach zurück, 33-fach war die Berechnung, also das ist ja unglaublich, wenn man diese Zahl nennt. Der Return on Investment, wenn man es wirtschaftlich benennt, ist 33.
Wir haben viele exportorientierte Unternehmen, über 60 000 allein in Österreich, und jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich ist direkt oder indirekt von diesen Exporten abhängig.
Ich möchte nicht vom BIP reden, aber vom Einkommen. In ganz Europa steigt das Einkommen jährlich um mehr als 800 Euro, in Österreich steigt das Einkommen jedes Österreichers beziehungsweise jedes Menschen hier im Land
um mehr als 1 500 Euro pro Jahr allein durch die Mitgliedschaft bei der Europäischen Union, also das ist wirklich viel wert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Eine kurze Anmerkung zu den
ausländischen Direktinvestitionen, weil auch das in der Anfrage ein Thema war:
Ja, wir haben viele ausländische Direktinvestitionen, also
Unternehmen, die bei uns investieren. Das ist auch grundsätzlich gut
so, aber wir wollen schon kontrollieren, wer das ist. Das hat
sich gegenüber der Situation von vor dem EU-Beitritt verfünffacht,
also 7 Milliarden Euro im Jahr. Das ist wirklich viel Geld, aber
gleichzeitig wollen
wir sichergehen, dass wir nicht wichtige Infrastruktur an ausländische
Interessen verkaufen – ich sage nur: Häfen nach China.
Häfen haben wir nicht,
aber es könnte der Flughafen sein. Also da müssen wir hinschauen und
zumindest kontrollieren.
Zur Energieversorgung, ein
wichtiger Punkt, der, glaube ich, noch gar nicht zur Sprache gekommen ist: Es
gibt eine Beistandspflicht in Europa, und die
besagt, dass wir in Europa eine gewisse Versicherung in Bezug auf die Energieversorgung
haben. Diese Beistandspflicht garantiert das.
Übrigens: Die Schweiz hat
das nicht, die macht sich da gerade ziemlich
Sorgen und versucht, sich anders abzusichern.
Wenn jemand sagt –
und ich entnehme das sehr wohl implizit den Äußerungen ‑,
wenn also beispielsweise ein Spitzenkandidat sagt: Wir wollen uns von
der EU Zug um Zug wegentwickeln!, dann heißt das weniger EU. Das bedeutet
aber auch, dass wir damit unsere Sicherheit, unsere Freiheit, unseren
Frieden und unseren Wohlstand untergraben. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch:
Das bedeutet einfach nur
mehr Österreich!)
Da brauche ich nur den Brexit zu
erwähnen: Man sieht, was in Großbritannien los ist, und das Gleiche
würde in Österreich passieren, und das noch verschärft, weil
wir ein Binnenland sind. (Abg. Belakowitsch: Was ist dort
los? Beschreiben Sie einmal, was dort los ist!)
Wir sind bereits stark positioniert, das
möchte ich schon sagen, auch innerhalb Europas. Wir sind gut in Bezug auf
grüne Resilienz, grüne Transformation.
Wir sind auf Platz eins in Europa, was zum Beispiel Biolandwirtschaft,
öffentliche Infrastruktur bezüglich öffentliche Verkehrsmittel,
Anteil der Erneuerbaren betrifft. Da sind wir wirklich gut. Auch im
Bereich Forschung und Entwicklung sind wir ganz gut, insbesondere auch
wenn es um das Umsetzen in
konkrete Produkte geht. In diesen beiden Bereichen liegen wir auf Platz drei in
Europa. Ich glaube also, darauf können wir stolz sein.
Wo wir allerdings noch aufholen müssen,
das ist im Bereich der Frauen, gerade bei Forschung und Entwicklung, bei den
Patenten. Da sind wir auf dem
letzten Rang in Europa: Frauenanteil beim Patentieren. Da ist noch viel
Potenzial nicht ausgeschöpft.
In dem Sinn plädiere ich dafür, dass
wir unsere Stärken stärken. Das ist
auch ein betriebswirtschaftlicher Grundsatz. Stärken stärken macht
Sinn, Stärken im Sinne von Umwelttransformation, grünen Technologien,
Ausbildung
von Fachkräften und Forschung und Entwicklung stärken.
Ich würde sagen, mit Ihrer Stimme können Sie in Europa mitbestimmen – für unsere gemeinsame gute Zukunft. (Beifall bei den Grünen.)
16.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau
Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Ja, Sie haben jetzt viele Reden gehört. Ich will jetzt versuchen, das ein bisschen auf das Wesentliche zu verknappen, worum es in den nächsten Wochen und Monaten geht.
Europa steht vor einem Scheideweg, und Sie
haben jetzt viele unterschiedliche Optionen gehört. Ich glaube, am Ende
des Tages sind es drei Optionen,
drei Wege, die hier vorgeschlagen wurden.
Da gibt es erstens jene, die wollen die Europäische Union zerstören, die wollen sie rückabwickeln. Manche von ihnen sagen: schneller, manche sagen: langsamer, aber sie wollen dieses Projekt kaputtmachen.
Dann gibt es jene, die würden am liebsten alles so belassen, wie es ist. Das sind insbesondere jene, ich würde sagen, Bürokraten, die da teilweise schon seit zehn, 20 Jahren in den Gremien sitzen.
Und dann gibt es jene, die sich trauen zu sagen: Ja, wir wollen mehr Europa, ja, wir wollen die Europäische Union zu den vereinigten Staaten von Europa weiterbauen!, und da zähle ich uns dazu.
Ich würde gern kurz auf diese
unterschiedlichen Sichtweisen eingehen, beginnend mit jenen, die am liebsten
alles so lassen möchten, wie es ist. Das sind insbesondere jene
Abgeordneten so um die 50, 60, die vielleicht teilweise
schon länger im Europäischen Parlament sitzen, vertreten sind, als
ich
auf der Welt bin, und die der Meinung sind: Wenn wir so weitermachen wie
bisher, wenn wir uns selbstzufrieden auf dem ausruhen, was wir
geschafft haben, dann wird alles gut bleiben. Und das halte ich für fatal.
Ich halte es für falsch, weil sie dadurch erst jenen den Weg bereiten, die
eben die Europäische Union von innen heraus zerstören wollen.
Man kann sie ja auch benennen: Das ist
insbesondere dieser Sektor hier (in Richtung FPÖ weisend), der
die Europäische Union zerstören will: die FPÖ
oder, wie wir sie auch immer wieder nennen, die Freunde Putins in Österreich,
der verlängerte Arm von Wladimir Putin in Österreich. Sie haben ein
ganz
klares Ziel – manche sagen es klarer und manche schwurbeln ein bissel herum –: Ihr Ziel ist am Ende des Tages der Öxit, der Austritt Österreichs aus der Europäischen Union.
Jetzt sagen Sie das, weil Sie glauben, dass
das bei einem Teil Ihrer Wählerschaft gut ankommt, aber Sie sagen nicht
dazu, was da im Gesamtpackage dabei
ist. Das bedeutet nämlich auch für Ihre Wählerinnen und
Wähler Grenzkontrollen an allen Landesgrenzen, inklusive Staus
für die Pendlerinnen und Pendler in den Grenzregionen.
(Abg. Belakowitsch: Reden Sie vom Deutschen Eck?) Das bedeutet einen
Wirtschaftseinbruch für Österreich. 750 000 Jobs sind
durch einen Öxit gefährdet. Das bedeutet, dass die Kapitalmärkte
so wie in Großbritannien einbrechen würden. Das bedeutet, dass Sie
Erasmus,
den Studierendenaustausch, abschaffen wollen. Das bedeutet auch, dass Reisen
ein Luxusprogramm wird, dass Reisen nicht mehr für alle zugänglich
und
so einfach sein wird, weil zum Beispiel das Roaming, das durch die Europäische
Union abgeschafft wird, dann wieder 4, 5 Euro die Minute kosten wird.
Das wollen Sie dann auch.
Das Dramatischste ist, glaube ich: Ein
Öxit würde dazu führen, zumindest mittelfristig, dass die
Konflikte, die es zwischen Staaten gibt – und das ist
das Natürlichste auf der Welt –, nicht mehr am Verhandlungstisch
in Brüssel ausgetragen werden, sondern mittelfristig zu militärischen
Konflikten in
Europa werden. Das sollten Sie Ihren Wählerinnen und Wählern auch
sagen, dass Sie das wollen, wenn Sie einen Öxit, einen Austritt Österreichs
aus
der Europäischen Union wollen. (Beifall bei den NEOS sowie bei
Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Und wir wollen das komplette Gegenteil von
dem, was Sie wollen, das
komplette Gegenteil. Wir trauen uns zu sagen: Wenn wir in Europa Frieden,
Sicherheit und Wohlstand sichern wollen, dann brauchen wir mehr Europäische
Union in den wichtigen Fragen, insbesondere in der Verteidigungs- und
Außenpolitik. Wir brauchen die vereinigten Staaten von Europa. Wir
brauchen auch eine effizientere Entscheidungsfindung in Europa. Ja, wir
brauchen
auch eine fünfte Säule in der Europäischen Union, nämlich
gerade
in der Bildungspolitik, und auch im europäischen Budget brauchen wir eine
neue Zielsetzung, eine neue Schwerpunktsetzung, nämlich eine Zukunftsquote
von 25 Prozent für die wichtigen Zukunftsfragen.
Wir wollen die Europäische Union vertiefen, weil wir
der Überzeugung sind, dass wir stark machen sollten, was uns stark macht,
und deswegen hat man
auch am 9. Juni die Möglichkeit, für die vereinigten Staaten von
Europa zu stimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den
NEOS. – Abg. Belakowitsch:
Bedeutet Abschaffung Österreichs!)
16.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.
Abgeordneter
Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau
Staatssekretärin! Eingangs meiner Worte darf ich
im Namen von Abgeordnetem Saxinger die Vertreter der Firma Efi sehr herzlich
begrüßen (allgemeiner Beifall) und im Namen meiner Kollegin
Agnes
Totter die VP-Frauen aus Sankt Stefan im Rosental mit ihrer Obfrau Waltraud
Rauch: Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Meine geschätzten Damen und Herren hier
im Haus und jene, die die
Sitzung vor den Bildschirmen verfolgen! Diese Dringliche Anfrage hat
natürlich einen wirtschaftlichen Schwerpunkt, weil die Europäische
Union ja auch
aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegründet wurde. Es ging damals
darum, mit wirtschaftlichen Mitteln Frieden in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu garantieren
und zu gewährleisten. So gesehen ist diese Europäische Union
natürlich mehr als ein Freihandelsabkommen, mehr als Zollfreiheit, nämlich
auch ein politisches Projekt.
Bei diesem politischen Projekt waren die Sicherung von Frieden und die Sicherheit in Europa ein ganz zentrales Anliegen. Diese Sicherheit und auch der
Frieden sind bedrohter denn
je – nicht innerhalb der Europäischen Union, da war dieses
Projekt immer erfolgreich, aber an unserer Grenze findet wieder
Krieg statt und Terrorismus bedroht uns auch im Inneren.
Die Antworten auf diese Bedrohungen von den
verschiedenen Fraktionen hier im Haus sind doch sehr unterschiedlich, und es
hat vier Redner der
NEOS gebraucht, bis der letzte wenigstens den Mut gehabt hat, die vereinigten
Staaten von Europa hier zu benennen. Vorher wurde davon gar nicht
mehr gesprochen. Das ist der Zugang der NEOS zur Europäischen Union.
Ich sage ganz offen: Die Vereinigten Staaten
von Amerika würde es nicht geben, wenn Amerika so organisiert und
strukturiert wäre wie Europa, und deshalb halten wir das auch
nicht für das richtige Modell – offensichtlich auch nicht die
NEOS, sonst hätte es nicht vier Redner gebraucht, bis es sich der
letzte noch zu sagen getraut hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber das, was die FPÖ hier geboten hat,
war ein Offenbarungseid. Deutlicher und ultimativer, als es die Frau
Spitzenkandidatin der Freiheitlichen für
das Europäische Parlament (Abg. Belakowitsch: „Frau
Spitzenkandidatin?“) gesagt hat, nämlich dass sie aus der Europäischen
Union austreten will, kann
man es nicht mehr sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei
der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das passt genau
in Ihre - -, das ist Ihre Methode ... der Unwahrheiten! –
Zwischenruf der Abg. Steger.)
Die Europäische Union
zerstört Wohlstand, zerstört Wettbewerbsfähigkeit, zerstört
unsere Wirtschaft (Abg. Kassegger: Wenn Sie hundertmal die
Unwahrheiten sagen, wird es deshalb auch nicht wahr! – Abg. Belakowitsch:
Das wird euch die Wahl nicht mehr retten!), zerstört, zerstört,
zerstört. – Das
ist Ihr Zugang zur Europäischen Union. Wenn Herr Kollege Kassegger sagt,
die Europäische Union ist ja nicht Europa (Abg. Belakowitsch: Richtig!
Stimmt
auch!): Ja, aus Europa wollen Sie nicht austreten, das nehmen wir
jetzt zur Kenntnis, aber aus der Europäischen Union sehr wohl. (Abg. Kassegger:
Sie haben mir nicht zugehört! – Abg. Belakowitsch:
Er will nicht zuhören!)
Die Freiheitliche Partei ist die Partei Freunde Putins für den
Öxit, so heißt das in dieser Debatte, meine geschätzten Damen
und Herren! (Beifall bei der ÖVP
sowie der Abg. Ernst-Dziedzic.)
Ich kann Ihnen sagen, warum ich
zu diesem Schluss komme: Ihr Spitzenkandidat, Herr Vilimsky (Abg. Belakowitsch:
Ah, jetzt sind wir doch beim Spitzenkandidaten!), sagt, die
Sicherung der Souveränität und der Unabhängigkeit
Österreichs ist ihm in der Europäischen Union ein Anliegen. Also die
Freiheitlichen
glauben, wir müssen die Souveränität und Sicherheit
Österreichs gegen die EU verteidigen. Ich darf Ihnen sagen, kopieren
und kapieren, Frau Kollegin
Steger: Sie haben nichts kopiert, aber auch nichts kapiert, denn es geht
darum - - (Abg. Belakowitsch: Sehr freundlich! Sehr
wertschätzend!) – Ja, sehr freundlich! Ich gebe
das zurück, was hier von der Freiheitlichen Partei gekommen ist. (Abg. Belakowitsch:
Sehr wertschätzend, ja!) – Ja, eh sehr wertschätzend,
man könnte es noch anders ausdrücken. (Abg. Kassegger:
Haben Sie
jetzt geschlafen, die letzte halbe Stunde? – Zwischenruf der Abg. Steger. –
Abg. Belakowitsch: ... glaubt Ihnen eh keiner mehr etwas, egal,
selbst wenn Sie
die Wahrheit einmal sagen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich
sage Ihnen aber noch etwas dazu: Der, der die Unabhängigkeit und
Souveränität Österreichs
bedroht, ist Ihr Freund Putin, um den geht es. (Präsidentin
Bures übernimmt den Vorsitz.)
Zum Abschluss: Auch die Sozialdemokraten werden sich mit
ihrem Vorsitzenden ins Einvernehmen setzen müssen und vor allem
klären müssen, ob jetzt
die Europäische Union tatsächlich ein aggressives
Angriffsbündnis ist, schlimmer als die Nato oder nicht, denn das wurde vor
noch nicht so langer Zeit,
vor wenigen Jahren, 2020, gesagt. Wenn man Babler und EU googelt, dann kommt
das sehr schnell heraus. Wenn man jetzt sagt: Na ja, er meint es ja nicht so,
dann sehen Sie, wenn Sie ein bisschen weiter zurückgehen, er hat noch
ganz andere Dinge gesagt. Sie werden in diesem Zusammenhang auch
Ihr Verhältnis zum Linksextremismus und damit verbunden dem Antisemitismus
klären müssen, denn lesen Sie einmal nach, auf welchen Intifada-Demonstrationen Ihr Vorsitzender war. Das ist mit dem europäischen Gedanken nicht vereinbar. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir stehen für ein Europa, das schützt. Wir wollen
mit mehr Personal
für Frontex die Außengrenze schützen (Abg. Amesbauer:
Ha!), die Infrastruktur verstärken und die grenzüberschreitende
Arbeit der Polizei vorantreiben.
(Abg. Amesbauer: Ihr schützt ja nicht einmal die Innengrenzen!
Da stehen ein paar Polizisten und schauen!)
Präsidentin
Doris Bures: Sie müssen jetzt zum
Schlusssatz kommen,
Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (fortsetzend): Dann komme ich zum Schlusssatz: Wir wollen keine Festung Europa, sondern eine Partnerschaft in Europa. Ein Europa, aber besser, und deshalb: Österreichische Volkspartei. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)
17.02
Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Rudolf Silvan das Wort. – Bitte.
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vorab einige Gruppen begrüßen:
Im Namen der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger die Mitarbeiter von Fokus Mensch aus Oberösterreich. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Im Namen von Jörg Leichtfried den Lions Club aus Bruck an der Mur. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Und im Namen der Abgeordneten Petra Oberrauner die SPÖ Friesach. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall. – Zwischenruf des Abg. Lindner. – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)
Kollege Kassegger hat eingangs in seiner Rede gesagt, die
europäischen Staaten haben sich früher, als sie autonom und
souverän waren, gegenseitig konkurriert und gegenseitig
aufgeschaukelt, sind dadurch immer besser geworden, und alle wichtigen
Innovationen vor einigen Hundert Jahren sind aus Europa gekommen. –
Damit vergessen wir aber auch, dass zwei Weltkriege in Europa entstanden sind
und das europäische Projekt deswegen so wichtig für
uns ist.
Ich möchte sagen – und ich glaube, wir sind
uns da alle einig –, dass die österreichische Wirtschaft
massiv vom EU-Beitritt profitiert hat. Es war auch so,
dass seit dem EU-Beitritt viele Firmen extrem expandiert haben und Weltmarktführer
geworden sind.
Ich nenne nur ein paar Beispiele: zum Beispiel die Firma
Doka aus Amstetten mit ihren Hightechschalungen für komplexe
Betonierarbeiten – für Brücken, Tunnelbau, Wolkenkratzer,
unterwegs von Dubai bis Kanada, von Norwegen bis Südafrika mit insgesamt
2 500 Beschäftigten in Amstetten und 10 000 Beschäftigen
weltweit, erst entstanden durch den EU-Beitritt; die Voest
in Donawitz, Kapfenberg, Zeltweg, rund
4 000 Beschäftige – Produktion von
Hochleistungseisenbahnschienen, Hochleistungsweichen, die in der
ganzen Welt nachgefragt sind, durch ein neuartiges Verfahren; der Maschinenbauer
Plasser & Theurer – liefert in 100 Ländern und
hat rund 3 000 Facharbeiter:innen. Ich könnte die Liste noch
fortsetzen, noch weiterführen.
Jetzt haben wir sehr viel von der Wirtschaft und vom
Wohlstand gesprochen, und ich glaube – ich habe so ein
bisschen den Eindruck –, dass
einige Fraktionen hier vom Wohlstand der oberen 10 Prozent reden. Wir Sozialdemokraten
reden vom Wohlstand aller europäischen Bürgerinnen
und Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)
Neben der Wirtschaftsunion
braucht es auch eine Stärkung der Sozialunion, Herr Bundesminister! (Abg.
Belakowitsch: Der ist schon lange nicht mehr da! Da
gibt es keinen Bundesminister mehr!) Es trägt nicht zum Vertrauen der
Bürger:innen in die EU bei, dass die österreichische
Bundesregierung die Deklaration zur Zukunft sozialer Rechte
nicht unterschrieben hat. Es ist auch so, dass das wegen der ÖVP passiert
ist. Es ist keine vertrauensbildende Maßnahme, dass die
ÖVP, die auch einen EU-Kommissar stellt, nämlich Johannes Hahn, die
41-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich fordert. All das stärkt das Vertrauen der
Österreicherinnen und Österreicher in die Europäische Union nicht.
Wir brauchen wirksame Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping,
liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am
gleichen Ort sollte ein Motto in der
gesamten Europäischen Union sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir brauchen den vollen
Sozialversicherungsschutz für entsendete Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer. Es kann nicht sein, dass 2024 europäische Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer ausgebeutet werden. Wir brauchen die Umsetzung der
Lohntransparenzrichtlinie, um endlich die Lohnschere
zwischen Männern und Frauen zu schließen. So nebenbei an alle
Männer: Wir sollten es nicht mehr zulassen, dass unsere Partnerinnen,
unsere Schwestern, unsere Töchter am Arbeitsmarkt permanent
ausgebeutet und benachteiligt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
An die FPÖ, die ja in
mehrerlei Hinsicht immer die Europäische Union stark kritisiert: Es
gibt einiges zu kritisieren, aber bei der FPÖ hat man immer den Eindruck,
da geht es um irgendetwas anderes. Wenn die Europäische Union immer
so schlimm ist, warum haben Sie dann im Europäischen Parlament gegen angemessene Mindestlöhne gestimmt? (Abg.
Steger: Weil das nicht Kompetenz der Europäischen
Union sein soll!) Warum haben Sie gegen höhere Löhne
und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege gestimmt? Warum haben Sie gegen
bessere Arbeitsbedingungen bei den Essenslieferanten gestimmt,
wenn alles so schlimm ist? (Abg. Steger: Weil das nicht Kompetenz der
EU sein soll!) Warum haben Sie gegen Mindestkonzernsteuern von
20 Prozent gestimmt? (Abg. Steger: Weil das nicht
Kompetenz der EU sein soll!) Weil Sie keine
Lösungen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Sie brauchen die Probleme! Das ist Ihr Programm. (Beifall bei der SPÖ.)
Und dieses Nichtreden über den Öxit ist sehr
verdächtig. Wir kennen ja die Rhetorik von 2016 und noch davor, als
es um den Brexit gegangen ist, und da
frage ich mich immer: Wo sind jetzt Nigel Farage und Boris Johnson? Die haben
ja damals den Engländerinnen und Engländern in Großbritannien
versprochen, dass sie 350 Millionen pro Woche in die englische
Wirtschaft investieren werden, anstatt das Geld nach Brüssel zu zahlen.
Wir wissen mittlerweile
alle, wie es jetzt in Großbritannien aussieht. Die haben wesentlich mehr
Probleme und hätten gern unsere Probleme. Sehr viele wären gerne
wieder bei
der Europäischen Union. Als Gewerkschafter sage ich immer: Gemeinsam sind
wir stark! Deswegen: Europe first. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ.)
17.08
Präsidentin
Doris Bures: Nächster Redner: Herr
Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte. (Abg. Leichtfried –
in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Hauser –:
Hören wir jetzt was zur WHO? – Ruf bei der SPÖ: Wo ist das
Taferl? – Abg. Leichtfried: Und ein Taferl
dabei! – Abg. Hauser: Ich werde
dich nicht enttäuschen! – Abg. Leichtfried: Danke! –
Zwischenruf des Abg. Kollross.)
Abgeordneter
Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau
Präsidentin! Kolleginnen
und Kollegen! Zuhörerinnen und Zuhörer! Und vor allem noch zu
später Stunde, geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es
ist ja eigentlich
üblich, dass man am Ende einer Legislaturperiode Bilanz zieht. Die
Legislaturperiode der Europäischen Union geht zu Ende, am
9. Juni gibt es Neuwahlen, und die Legislaturperiode des
österreichischen Parlaments geht zu Ende, Ende September gibt es
Neuwahlen. Üblicherweise geht die Regierung
her und legt eine stolze Bilanz. Sie kann es nicht, geschätzte Damen und
Herren!
Bitte, denken Sie einmal darüber nach, wie diese Bilanz
ausschaut! Ich
habe mir nur eine kurze Liste der Nichtbilanz notiert: Diese
österreichische Bun-
desregierung hat es in dieser Periode geschafft,
bei sprudelnden Steuereinnahmen eine Neuverschuldung von
106 Milliarden Euro zuwege zu bringen. Das ist ein massiver Rucksack auf
Kosten der Jugend, auf Kosten unserer Generationen, et cetera.
106 Milliarden Euro Neuverschuldung!
(Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben einen Rekord an Konkursen, die Inflation ist nach wie vor eine der höchsten in Europa. Die Kreditzinsen sind so hoch, dass sich Menschen, normale Bürger, die ehrlich arbeiten, keine Wohnung mehr leisten können, an einen Hausbau schon lange nicht mehr denken können. Aufgrund dessen stagniert die Bauwirtschaft.
Die Wirtschaft stagniert grundsätzlich. Energieintensive Betriebe – das ist erschreckend –, führende Betriebe in Europa verlassen Europa, weil sie sich die Energiepreise in Europa nicht mehr leisten können. Das ist erschreckend! Es werden aufgrund der Politik, die die EU und auch die österreichische Bundesregierung gemacht haben, Hunderttausende bestens bezahlte Arbeitsplätze vernichtet. Landwirte protestieren europaweit, weil sie Angst um ihre Existenzen haben – dazu komme ich noch –; sie werden also nicht unterstützt.
Die Europäische Union hat in Summe massiv an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, weil Sie die vollkommen falschen Rahmenbedingungen gesetzt haben. Sie haben Energie unleistbar gemacht! Damit haben Sie die Konkurrenzsituation für unsere Betriebe am internationalen Markt massiv verschlechtert. Sie zerstören Arbeitsplätze sonder Zahl. Es ist eine Katastrophe! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Deine Rede ist eine Katastrophe, sonst gar nichts!)
Unsere immerwährende Neutralität wird
stündlich gefährdet! Sie sind ohne Not dem Sky Shield beigetreten:
4 Milliarden Euro – Geld, das wir dringend in Österreich
für soziale Zwecke benötigen würden, für Bildung, zur Unterstützung
all jener Menschen, die sich das tägliche Leben nicht mehr leisten
können.
Es werden täglich mehr. Jüngst wurde eine Armutsstudie in
Österreich präsentiert: 1,3 Millionen Menschen können
sich das tägliche Leben kaum mehr
leisten. Sie haben nicht mehr das Geld, um gesunde Lebensmittel zu kaufen. Da
nutzt auch der Vorschlag von Bundeskanzler Nehammer, dass sie Burger
essen sollen, wenig bis gar nichts – das ist eher ironisch gemeint.
Wir haben bedauerlicherweise keinen Frieden. Geschätzte
Damen und Herren, erklärt einmal den Zuhörern, den Menschen draußen,
wieso die Europäische Union keine aktive Friedensbemühungen
setzt. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) Wo sind diese? Der
Premierminister der Slowakei, auf den gestern
ein abscheuliches Attentat verübt wurde, hat eine richtige Feststellung gemacht.
Er hat Folgendes festgestellt: Man kann diesen Krieg in der Ukraine mit
Waffen und mit Waffenlieferungen nicht stoppen. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.)
Da hat er vollkommen recht, das ist der Punkt. Kommt endlich
in die Gänge und schaut einmal, dass endlich Frieden in Europa ist, dass
der Krieg mit Waffengewalt nicht eskaliert und wir alle um unsere zukünftige Existenz
zittern müssen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Es gibt allerdings auch einen Rekord, nämlich einen Rekord an illegaler Zuwanderung. Das habt ihr mit eurer Politik auch verursacht. Jetzt geht die ÖVP her und sagt uns, was sie jetzt alles besser machen will. Erklärt es uns bitte: Derzeit habt ihr es mit 37,8 Prozent Zustimmung geschafft, all diese Reformen, die ihr der Bevölkerung versprecht, nicht umzusetzen. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.) Wie wollt ihr das zukünftig mit 20 Prozent schaffen? Das fragen wir uns. Es werden sich auch viele Zuhörerinnen und Zuhörer zu Recht diese Frage stellen: Wie wollt ihr das schaffen? (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist eine Latte von Aufzählungen, die bei Weitem
nicht vollständig ist, die eine absolut negative Bilanz darstellt.
Deswegen wundert euch doch nicht,
dass die Menschen zu Recht vielfach verzweifelt sind und sagen: Bitte, helft
uns aus dieser Misere heraus! Nur ein Bundeskanzler Herbert Kickl kann doch
die Lösung sein, der sich gegen dieses System wirklich tapfer und mutig
aufstellt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der
ÖVP. – Abg. Leichtfried: Die Redezeit ist aus!)
Eine Frage, geschätzte Damen und Herren, jetzt auch an die NEOS gerichtet – nicht nur an die NEOS, auch an die ÖVP und die Grünen gerichtet –: Beantwortet bitte einmal die Frage, wieso ihr die Feststellung trefft (eine Tafel, auf der ein Artikel aus „Die Presse“ mit der Schlagzeile „Meinl-Reisinger am Parteitag: ‚Es gibt kein Zurück zur Normalität‘“ zu sehen ist, in die Höhe haltend), so wie das die NEOS beim Parteitag gemacht haben: „Es gibt kein Zurück zur Normalität“! (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen. – Abg. Meinl-Reisinger: Na, die Zeitenwende! Wir leben in der Zeit unserer Kinder, nicht die Kinder in unserer Zeit! Russland hat die Ukraine angegriffen! Der Klimawandel ist Realität!)
Ex-Bundeskanzler Kurz war der Erste, der festgestellt hat: Wir brauchen eine neue Normalität. Die Grünen sind bei diesen Fragen immer viel normativer, die Grüne Jugend - -
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun bitte den Schlusssatz formulieren! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Abgeordneter
Mag. Gerald Hauser (fortsetzend):
... festgestellt, dass es die alte Normalität nicht mehr geben darf. (Abg.
Meinl-Reisinger: Geh bitte! Erkennen Sie doch an, dass
sich die Zeiten geändert haben!) Geschätzte Damen und Herren, wir
als Freiheitliche Partei stehen auf eurer Seite. (Ruf bei der
ÖVP: Zurück in die Steinzeit!) Wir stehen für die
Normalität, für die alte Normalität. Dafür setzen wir
uns ein. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ. –
Abg. Leichtfried: Was ist mit der WHO?)
17.15
Präsidentin Doris Bures: Mir liegt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Herrn Abgeordneten Stocker vor. – Bitte.
*****
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin, Sie haben mich vorhin aufgefordert, den Schlusssatz zu formulieren:
Ich habe auf meinem Bildschirm
noch 5 Minuten Restredezeit. Ich bitte, das
zu überprüfen und aufzuklären.
17.15
*****
Präsidentin
Doris Bures: Gibt es eine weitere
Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Ich nehme es nicht
an, denn die anderen Klubs können
keinen Beitrag dazu leisten, aber ich kann das natürlich, da ich die
Redezeit hier am Bildschirm habe.
Ich mache Sie darauf aufmerksam, Herr Abgeordneter Stocker,
dass Sie gesprochen haben, während ich gerade die Übergabe mit
Präsident Sobotka hatte, und Ihre Redezeit am Bildschirm gar nicht
eingestellt war, obwohl
Sie schon gesprochen haben, als ich übernommen habe. Es stimmt, dann ist mir
der Irrtum mit Ihrer freiwilligen Redezeit von 5 Minuten und –
wie wir das
in der nächsten Debatte haben werden – den in der
Geschäftsordnung festgelegten 5 Minuten Redezeit passiert. Das
heißt, es steht Ihnen frei, sich
für weitere 5 Minuten innerhalb der Restredezeit Ihrer Fraktion noch
zu Wort zu melden. (Abg. Stocker: Eine Entschuldigung wäre nett
gewesen!)
Jetzt gelangt Abgeordneter Bernhard zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Sie haben jetzt gerade eine Rede von einem freiheitlichen Politiker gehört, der gesagt hat, es ist eine katastrophale Bilanz, die er innerhalb der Europäischen Union sieht. Das liegt vielleicht daran, dass er ganz viele Dinge nicht weiß oder auch nicht sieht.
Wenn man wirklich auf die Europäische Union, auf die Integration Österreichs in die Europäische Union schaut, dann sieht man beispielsweise, dass unsere
Exportquote seit dem Eintritt in die Union von genau 33,6 auf 55,9 Prozent
gestiegen ist. Das heißt, der Exportanteil –
hauptsächlich innerhalb der Europäischen Union – an
unserem BIP hat sich vereineinhalbfacht. Wenn man darauf schaut, wie viele
Unternehmen heute am Export in Österreich beteiligt
sind: Das sind 65 000 Unternehmen. Das heißt, jedes zehnte
Unternehmen in Österreich hat auch direkt Anteil am Export
hauptsächlich in die Europäische Union.
Wenn wir darauf schauen, was
jeder Bürger und jede Bürgerin für diese Mitgliedschaft,
für diesen wirtschaftlichen Erfolg bezahlt, dann sind das im Jahr
114 Euro. 114 Euro für einen sehr großen
Erfolg – das haben meine Vorredner und Vorrednerinnen auch
schon gesagt –, für 675 000 zusätzliche Jobs in
Österreich, für eine starke Exportwirtschaft, für offene Grenzen
im Inneren, für ein Ende der Zölle, für ein Mehr
an Bildung von der Lehre
bis zum Studium.
Wenn wir uns jetzt anschauen,
ob das eine positive oder eine negative Bilanz ist: Aus wirtschaftlicher Sicht
kann man nur sagen, dass es ein Riesenerfolg ist,
der ohne die Europäische Union keinesfalls gelungen wäre. (Beifall
bei den NEOS.)
Die Argumente der Freiheitlichen, aber auch der ÖVP zu all dem
Schlechten,
was die Europäische Union bringen soll: Für die grüne
Inflation, wie es von der Freiheitlichen Partei genannt wird, oder für die
maßlose Bürokratie, die Unternehmen bremst und das Wirtschaftswachstum
verlangsamt, wie das die ÖVP auch sagt, ist die Europäische Union
tatsächlich nur eingeschränkt verantwortlich. Warum haben wir eine
Inflation von über 4 Prozent und Dänemark unter den
gleichen europäischen Rahmenbedingungen eine Inflation von 0,8 Prozent?
(Abg. Kassegger: Ach so! Also für die Bürokratie, ESG und
EU-Taxonomie ist die EU nur eingeschränkt verantwortlich!?)
Warum hat Deutschland eine
Inflation von 2,4 Prozent oder Frankreich
von 2,5 Prozent unter den gleichen Rahmenbedingungen, mit dem gleichen
Green Deal, auch mit den gleichen klimapolitischen Rahmenbedingungen? Warum wächst die Wirtschaft innerhalb der Eurozone und auch innerhalb der EU-Mitgliedstaaten insgesamt deutlich schneller als in Österreich?
Das liegt daran, dass wir in
Österreich unsere Aufgaben nicht ausreichend machen, dass wir eine
österreichische Bürokratie aufgebaut haben,
die die Wirtschaft bremst. Das ist die Verantwortung der ÖVP, der
FPÖ, der SPÖ und der Grünen, die in den letzten Jahren regiert
haben und die
die österreichischen Betriebe in Europa gebremst haben. Nicht Brüssel
war das! (Beifall bei den NEOS.)
Kollege Shetty hat schon
richtig gesagt, es gibt drei Antworten auf
Europa: ein Hinaus in einen Wohlstandsverlust, wie das die Freiheitliche Partei
vorschlägt, ein Herumwurschteln wie teilweise bisher, was vor allem
von ÖVP, SPÖ und Grünen vorgeschlagen wird, oder ein klares
Nachvorne. Aus einer unternehmerischen Perspektive gibt es nur ein Nachvorne,
weil
es, wenn Sie stehenbleiben und versuchen, alles so zu bewahren, wie es war
– oder wie die FPÖ sagen würde: ein Zurück zur alten
Normalität –,
während alles andere nach vorne strebt, automatisch ein Zurück ist. (Beifall
bei den NEOS.)
Was wir als NEOS daher wollen, ist ein Mehr an Binnenmarkt,
damit
es mehr unternehmerische Freiheit, mehr Jobs und mehr Entwicklungsmöglichkeit
für jeden Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin in Europa gibt. Wir
wollen eine Energieunion, damit Strom in Zukunft billiger wird und die Energiepreise
nicht mehr explodieren, weder für Unternehmen noch für private
Haushalte. Wir wollen einen Binnenmarkt für den Kapitalmarkt, damit in
jeder einzelnen österreichischen Stadt und in ganz Europa ein Mehr an
Investitionen und Innovationen möglich wird. Wir wollen auch
einen wertebasierten Freihandel, ein Mehr an Handel, weil wir nämlich
daran glauben, dass wir
mit Handel mehr Frieden schaffen können als mit Handelskriegen.
Auch das ist ein Europa,
das wir wollen. Es sind die vereinigten Staaten von Europa, die wir
wollen, und darum bitten wir um Ihre Unterstützung. –
Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kassegger: Deswegen
Sanktionen ..., und deswegen noch mehr Sanktionen!)
17.21
Präsidentin
Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete
Eva Maria Holzleitner
zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc
(SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr
geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die NEOS nicht
nachvollziehen, wenn Kollege Bernhard sagt, wir als SPÖ wollen bewahren,
wie es ist. Gerade das hat unsere Arbeit im Europaparlament nämlich nicht
gezeigt, weil wir vorangegangen sind. Kolleginnen und Kollegen wie Andreas
Schieder und Evelyn Regner haben die Entgelttransparenz, Women
on Boards – also Quoten in Vorstands- und
Aufsichtsratspositionen – und ein Lieferkettengesetz verhandelt. (Beifall
bei der SPÖ.)
Also: Wir wollen sehr wohl nach
vorne, sehr wohl eine progressive Union, sehr wohl auch in Richtung einer
Sozialunion, in der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch wirklich gute
Rahmenbedingungen vorfinden. Da geht es uns sehr wohl um Paketboten, um
Essenslieferant:innen, um Praktikantinnen
und Praktikanten – und es war ehrlicherweise ein guter Schritt, dass
im Europaparlament selbst unbezahlte Praktika abgeschafft worden sind,
liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)
Klarerweise wollen wir auch nicht am selben Standort
bleiben, sondern nach vorne gehen, indem wir eine Wirtschaftsunion schaffen, in
der internationale Konzerne im Vergleich zum Würstelstandl da
vorne bei der U-Bahn-Station oder dem kleinen Gasthaus auch den Beitrag
leisten, den sie
leisten müssen. Das findet sich aktuell in der Europäischen Union
noch nicht so
wieder. Deshalb wollen wir mit ganz konstruktiven
Vorschlägen in Richtung einer sozialeren, einer demokratischen
Union nach vorne gehen – einer demokratischen Union, die vor allem
auch solidarisch ist und gemeinsam
an Lösungen in außen-, sicherheits- und migrationspolitischen Fragen
arbeitet. Wir wollen einfach nicht, dass sich wenige Länder, wie zum
Beispiel Ungarn mit Viktor Orbán, zwar sehr viel Geld aus
der Europäischen Union herausziehen, aber sich dann letzten Endes
überhaupt nicht konstruktiv an irgendeiner Lösung für
diesen Kontinent beteiligen. Diese Verzwergung,
diese Verkleinerung lehnen wir ab. (Beifall bei der SPÖ.)
Klar ist: In einer demokratischen Union ist die
Rechtsstaatlichkeit der Rahmen, an dem sich die Politik zu orientieren hat.
Rechtsstaatlichkeit ist ein
hohes Gut für die Bürgerinnen und Bürger und ehrlicherweise auch
ein Rahmen für die Politik.
Europa steht vor großen Herausforderungen. Das haben
wir nicht nur in
den letzten Jahren gesehen – Corona, Krieg in Europa, Klimakrise.
China und die USA und andere Großstaaten ziehen an den Ländern der
Europäischen
Union vorbei. Das wollen wir nicht mehr, dass Europa zurückfällt.
Auch da braucht es ganz klar Investitionen hier am Standort. Wir haben das als
SPÖ auch ganz klar dargelegt: Europe first statt Made in China. Da geht
es, wie Kollegin Greiner auch schon angesprochen hat, um Medikamentenproduktion,
um die Produktion von Solarpanelen, damit wir die grüne Wende in Europa
auch schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)
Da geht es um die ganz wichtige Daseinsvorsorge, um
kritische Güter, damit diese Daseinsvorsorge und damit die
Souveränität erhalten werden
kann. Nicht Protektionismus, sondern – ganz klar –
Souveränität ist die Antwort, die wir liefern wollen, damit
Arbeitsplätze erhalten und modernisiert
werden können, Umweltstandards und Menschenrechtsstandards eingehalten
werden können, Lieferketten kurz gehalten werden können und bei
öffentlichen Ausschreibungen natürlich europäische Bieterinnen
und Bieter bevorzugt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Europe first statt Made in China, das heißt: Wirtschaftsstandort
sichern, Industrie unterstützen, Arbeitsplätze der Zukunft und
grüne Wende. Dafür
stehen wir, und das heißt für uns auch ganz klar, dass ein
Freihandelsabkommen wie Mercosur ohne jegliche Sanktionen auch tatsächlich
abzulehnen ist,
liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist selbstverständlich. Ohne wirkliche
Standards, ohne Sanktionen, wenn Menschenrechts- oder Kinderrechtsstandards nicht
eingehalten werden, ist ein derartiges Freihandelsabkommen einfach abzulehnen.
Deshalb ist aber wiederum das Lieferkettengesetz wichtig.
Wir wollen
nicht, dass Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie im Supermarkt eine Tafel
Schokolade kaufen, nicht wissen, ob ausbeuterische Kinderarbeit
bei der Kakaoproduktion dahintersteckt oder nicht. Das muss garantiert werden.
Wer sich zum Beispiel eine Tafel Schokolade oder auch einen Teppich im
Geschäft kauft, der muss davon ausgehen können, dass keine
ausbeuterische Kinderarbeit in diesem Produkt steckt und dass Umweltstandards
eingehalten worden sind. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb
ist ein schlagkräftiges Lieferkettengesetz ein europäisches
Gebot der Stunde.
Am Ende möchte ich auch noch einen Aspekt einbringen,
der für uns wirklich sehr, sehr wichtig ist: Europa beziehungsweise die
Europäische Union
muss natürlich den Blick weiten und die Hand in Richtung Westbalkan
ausstrecken. Die Länder des Westbalkans brauchen klare
Beitrittsperspektiven,
und das muss auch nach einer Wahl zur Europäischen Union ganz klar angegangen
werden. Wenn wir als Europäische Union den Ländern nicht tatsächlich nachhaltige
Beitrittsperspektiven geben, dann werden andere vor Ort am Westbalkan
eingreifen. Für uns ist klar: Der Westbalkan gehört zur Europäischen Union
mit dazu. (Beifall bei der SPÖ.)
17.27
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Martin Litschauer zu Wort. – Bitte.
17.27
Abgeordneter
Ing. Martin Litschauer (Grüne):
Sehr geehrte Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuschauer und
Zuschauerinnen! Wir haben jetzt
schon etwas zu einigen Themen gehört; ich greife vielleicht eines auf, das
vor einiger Zeit, am Anfang, schon diskutiert wurde: der Verbrennungsmotor,
der für mich ein sehr bezeichnendes Beispiel ist. Es wird darüber
gesprochen, dass 2035 das Ende des Verbrennungsmotors sein wird –
und ich glaube,
das ergibt sich technisch schon. (Abg. Michael Hammer: Ein bissl ein
Diesel muss schon sein, oder?!) Manche glauben an eine Evaluierung 2026,
dass das irgendetwas ändern wird. Ich sage Ihnen aber heute schon: Das
Physikbuch, das heute gilt, wird auch 2026 gelten, und der Wirkungsgrad spricht
eindeutig
gegen diese Technologie.
Manche wollen das nicht wahrhaben und behindern eigentlich
die Innovationskraft von Europa. Deswegen greife ich das als Beispiel
heraus. Während
in China bereits die ersten Fabriken für Verbrennungsautos, die vor
fünf Jahren errichtet worden sind, wieder geschlossen werden, weil diese
Autos mittlerweile nicht mehr verkäuflich sind (Zwischenrufe bei
ÖVP und FPÖ
sowie des Abg. Kollross) und das kein Markt mehr ist, will man in
Europa zwanghaft an dieser Technologie festhalten und behindert die
Innovationskraft
im Bereich der Elektromobilität, weil sich diese Firmen nicht darauf
konzentrieren.
Währenddessen gibt es in China Weiterentwicklungen. Da
gibt es mittlerweile Natriumbatterien – ohne Kobalt, ohne
Lithium –, mit denen auch schon
Autos in China fahren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Matznetter.)
Warum haben wir das in Europa nicht? – Ich sage es Ihnen: weil
die Autoindustrie zurückhaltend ist, weil die Menschen am
Verbrennungsmotor festhalten wollen und keiner die Elektroautos fertigentwickelt.
Wir verlieren Jahr für Jahr, Tag für Tag Boden, und
das können wir uns nicht
leisten. (Beifall bei den Grünen.) Wir brauchen diese
Innovationskraft, denn
China überholt uns im Bereich der Elektromobilität, im Bereich der
Fotovoltaikerzeugung, im Bereich des Windkraftausbaus. In allen diesen
wichtigen Bereichen der Energiewende und Transformation ist China mittlerweile
Vorreiter, und wir tun momentan gerade alles, damit die uns noch weiter
abhängen. Das können wir uns tatsächlich überhaupt nicht
leisten.
(Beifall bei den Grünen.)
Wir brauchen ein Europa, das zusammenarbeitet und Innovation
ermöglicht. Wir können natürlich nicht zuschauen, wenn in China
die Sozialstandards nach
unten geschraubt werden und Fotovoltaikpanele unter Bedingungen
erzeugt werden, die nicht menschenwürdig sind. Da bin ich voll
d’accord. Ich denke, da sind auch Strafzölle und Ähnliches
anzudenken, denn das
macht keinen Sinn.
Wir müssen aber diese Innovationskraft zurück nach
Europa holen, für alle diese Technologien, die wir brauchen, für
grünen Stahl. Deswegen unterstützen
wir ja auch die Voest mit Elektroöfen und Co. Europa lebt von dieser
Innovation, und Österreich leistet da auch einen großen Beitrag. Das
Klimaticket ist
einmalig in Europa. Wir sind da mit so einer Lösung Vorzeigeregierung
gewesen. Für den Klimabonus gilt das Gleiche. Deutschland fleht: Warum
haben
wir noch immer keine Lösung?
Das EAG, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, ist das erste
Gesetz in der EU, das 100 Prozent Ökostrom vorsieht, und das bis
2030 – mit der EU-Kommission ausverhandelt, umgesetzt. (Beifall
bei Abgeordneten der Grünen.) Das war eine Innovation, auf die alle
noch schauen werden, denn jetzt merken
sie, wir brauchen genau diese Ziele. Wir haben als Erste die EU-Kommission dazu
gebracht, das umzusetzen.
Das Ganze wirkt auch. Wir sehen, Fotovoltaik wird ausgebaut.
Erstmalig überhaupt in diesem Jahrhundert ist Österreich wieder
Stromexporteur. Das ist nicht vom Himmel gefallen. 2 Terawattstunden
wurden heuer schon
exportiert. Ja, da hat ein bisschen die Wetterlage bei der Wasserkraft beigetragen,
aber auch die Fotovoltaik.
Wir müssen aber auch unabhängig von diesem
russischen Gas werden. Vor allem ihr (in Richtung FPÖ) wollt nicht,
dass wir davon unabhängig werden. Da
wird blockiert, dass wir beim Grüngas weiterkommen. Das ist eine Frage der
Versorgungssicherheit. Wollen wir darauf warten, dass die Pipelines
aus Russland endgültig abgedreht werden und wir ohne Lösungen
dastehen?! Wie lange wollt ihr die Lösung für das Grüngas jetzt
noch aufhalten?
(Abg. Kassegger: Da wird der Strom sicher billiger werden!) Das
frage ich hier in die Runde in diesen Sektor (in Richtung SPÖ),
aber auch in diesen Sektor (in
Richtung FPÖ).
Nur, weil die Landwirte nichts verdienen sollen? Dann
beschwert ihr euch wieder darüber, dass die so schlecht verdienen. Wo
liegt das Problem? Wir
könnten dieses Grüngasprojekt schon lange umsetzen. Das ist auch ein
Teil der Energiewende.
Ihr wollt eine Festung errichten und merkt nicht, dass diese
Festung
dann nicht versorgt wird. Wie geht es denn der Schweiz? (Abg. Belakowitsch:
Gut!) Wenn im Krisenfall nämlich der Solidaritätsmechanismus
ausgelöst
wird, dann versorgen sich die EU-Staaten untereinander. Das gilt aber dann
nicht für die Schweiz. (Abg. Belakowitsch: Da wird das Licht
ausgehen in der Schweiz! – Abg. Kassegger: Ich glaube, die
Schweiz schafft das auch so!)
Man redet über einen Öxit und andere Dinge,
darüber, dass wir aussteigen, damit dann die Solidarität nicht
gegeben ist, sodass die Energieversorgung nicht mehr gewährleistet ist.
Das ist das, was ihr anstrebt: eine Festung Österreich, indem
ihr so wie im Waldviertel Windräder verhindert, indem ihr so wie im
Weinviertel Fotovoltaikanlagen verhindert. Was ihr bauen wollt, ist nur
ein dunkles Verlies. Zur Energieversorgung tragt ihr nämlich nichts bei. (Beifall
bei Abgeordneten der Grünen.) Das ist sicher nicht die Zukunft
für Österreich
und das ist nicht die Zukunft für das Europa, das wir uns vorstellen.
Wir haben die Aufgabe, die Transformation hinzubekommen.
Daran wird ganz intensiv gearbeitet, zumindest in unseren Fraktionen. In eurer (in
Richtung
FPÖ) wird blockiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Abg. Amesbauer: Das war der Schlusssatz? Da fehlt was!)
17.33
Präsidentin Doris Bures: Zur Dringlichen Anfrage liegt mir nun keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe diese Debatte.
Kurze Debatte: „Verbreitung von Unwahrheiten im Kampf gegen die Teuerung – heiße Luft der Regierung senkte bisher keinen einzigen Preis.“
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft mit der Ordnungszahl 17250/AB.
Die erwähnte Anfragebeantwortung ist ja bereits verteilt worden, daher erübrigt sich die Verlesung durch die Schriftführung.
Wir gehen gleich in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam: Erstredner, Einbringer: 10 Minuten Redezeit; Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll dann 10 Minuten nicht überschreiten; in der Folge ist die Redezeit auf 5 Minuten beschränkt.
Herr Abgeordneter Philip Kucher, Sie gelangen zur Einleitung dieser Anfragebesprechung jetzt zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter
Philip Kucher (SPÖ): Frau
Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Litschauer,
wenn die Grünen im Kampf gegen die Teuerung nur ansatzweise so
kämpferisch gewesen wären wie du jetzt im Kampf für die
großen Agrarkonzerne, dann hätten sich die Österreicherinnen
und Österreicher in den letzten Jahren schon einiges erspart. (Beifall
bei der SPÖ.) Diesen Kampfgeist hätte ich mir schon
in den letzten Monaten gewünscht.
Der Grund dafür, dass wir
in Österreich so schlecht durch die Teuerungskrise gekommen sind, ist aber
nicht nur, dass die Regierung nichts getan hat.
Mir ist heute, als ich ein bisschen die Äußerungen seitens der
Regierung nachgelesen habe, klar geworden, dass ihr die Probleme oft gar
nicht gesehen
habt.
Der Erste war Werner Kogler.
Wir erinnern uns alle, wie die SPÖ gewarnt und gesagt hat: Freunde, wir
werden bei der Teuerung gegensteuern müssen!
Wir werden etwas tun müssen! – Damals ist Werner Kogler
ausgeritten – wir wissen ja seit der letzten Woche, dass der
manchmal durchaus auch
eine ordentliche Wortwahl an den Tag legt; die geht eher in Richtung jener von
Herbert Kickl, aber okay – und hat gesagt: Was die SPÖ rund um
die
Teuerung fordert, das entspricht einer Teuerungshysterie!
Dann gab es in Österreich
einen Sozialminister, Johannes Rauch, der der Bevölkerung
ausgerichtet hat, wir beklagen uns alle auf einem sehr hohen
Niveau, man solle nicht so tun, als würde die Bevölkerung Armut
leiden müssen.
Die andere Seite waren die
ÖVP-Kolleginnen und -Kollegen, bei denen
man das Gefühl hat, dass die oft vielleicht gar nicht aus dem Parlament
hinauskommen und gar nicht mehr im Supermarkt mit Menschen reden. Die
haben uns allen dann monatelang erklärt, was Österreich für eine
supertolle Kaufkraft hat und wie toll wir durch die Krise gekommen sind.
Über den Batzen Schulden,
den ihr angerichtet habt, über das Budgetdefizit, das ihr ja auch
mitverantworten müsstet, wollt ihr natürlich nicht mehr reden.
Wir reden auch nicht mehr darüber, dass wir 18 Monate in Folge die
höchste Inflation in ganz Westeuropa gehabt haben, weil in allen
Bereichen nichts
passiert ist. Also habt ihr euch plötzlich herausgeredet und gesagt: Es
gibt eine supertolle Kaufkraft! Dass die Menschen jetzt im Supermarkt ein
bisschen
mehr zahlen müssen, ist ja kein Problem! Wir haben diese supertolle
Kaufkraft!
Ihr habt aber vergessen, zu sagen, dass zwar das verfügbare Haushaltseinkommen gestiegen ist, dass aber natürlich auch die Kosten deutlich höher
sind, nämlich die Kosten für die
Haushalte. Die Versicherung, das Heizen,
das Wohnen: All das ist in Österreich deutlich teurer geworden.
Natürlich ist die breite Masse der Bevölkerung durch das Nichthandeln
der Regierung
doppelt und dreifach zur Kasse gebeten worden.
Der größte Fehler ist aus meiner Sicht in dem
Bereich passiert, der die Lebensmittel in Österreich betrifft. Da haben
wir uns immer wieder hingestellt, auch auf Basis vieler, vieler Gespräche
nicht nur mit den betroffenen
Menschen in Österreich, die gespürt haben, dass die Lebensmittel
deutlich teurer geworden sind, sondern auch auf Basis zahlreicher
Konsumerhebungen. Da haben wir immer wieder gesagt, man kann doch nicht
zuschauen,
dass sich die Menschen die Lebensmittel des täglichen Bedarfs einfach
nicht mehr leisten können.
Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, haben gesagt:
Nehmen wir
uns doch ein Vorbild an anderen Staaten! Versuchen wir zum Beispiel, die
Mehrwertsteuer auszusetzen und bei den Gütern des täglichen
Bedarfs zu senken! – Das ist in Österreich nicht passiert.
Andere Staaten haben gehandelt, wir in Österreich haben nichts getan. Die
Regierung wollte
nichts tun. Dann haben wir vorgeschlagen: Sorgen wir mit einer
schlagkräftigen Antiteuerungskommission dafür, dass niedrige Preise
an die Menschen weitergegeben werden! – Auch in diesem Bereich ist
nichts passiert. Man hat einfach zugesehen, dass sich immer mehr Menschen den
täglichen
Einkauf nicht mehr leisten können.
Dann ist irgendwann der Sozialminister munter geworden,
nachdem die SPÖ Druck gemacht hat, und hat gesagt: Na ja, wir werden uns
das schon
anschauen müssen! Man kann das Ganze nicht mehr mit der Inflation
erklären, sondern da läuft etwas falsch! – Dann haben die
Grünen sich monatelang
mit der ÖVP über die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde
gestritten. Plötzlich haben wir dann – schwarz auf
weiß – die Zahlen in Österreich
gehabt: Ja, die Menschen in Österreich zahlen jedes Jahr
1 000 Euro mehr für Supermarkteinkäufe als die Deutschen.
Jetzt könnte man meinen, dass der Wirtschaftsminister
daraufhin gesagt
hat, jetzt wird er munter, da muss man durchgreifen. Das Erste, was er gesagt
hat, war: Na, wir greifen nicht in den Markt ein! Das wird sich schon
selber irgendwie reparieren!
Er hat aber eine super Idee gehabt – das ist ein
Jahr her –: Wir machen jetzt eine Handyapp! – Die
Handyapp vom Herrn Minister hat bedeutet, dass es
dann eine Preisvergleichsapp gibt, bei der man nachschauen kann. Die Preise
bleiben weiter hoch, es bleibt weiter teuer, aber die Leute wissen dann
zumindest, wo es teuer ist. Das war die Idee vom Herrn Minister. (Heiterkeit
und Beifall bei der SPÖ.)
Der Herr Minister hat gesagt, nachdem er monatelang
geprüft und beobachtet hat, so eine Handyapp braucht natürlich Zeit,
das dauert monatelang.
Spannend war, dass ein junger Programmierer in Österreich das Ganze
innerhalb von ein paar Stunden zustande gebracht hat; er hat wortwörtlich
gesagt:
„Es ist eine Frotzelei, so zu tun, als wäre das eine
Mondlandung“, so eine Handyapp zu programmieren.
Der war in einer Woche in der Lage, eine Handyapp zu
erstellen. Der Herr Wirtschaftsminister hat monatelang mit dem gesamten
Ministerium geprüft, und im Herbst hat er dann gesagt: Na ja, wir haben
noch immer keine Lösung!
Das ist sehr kompliziert, was der junge Programmierer in einer Woche geschafft
hat! – Er braucht noch ein bisschen Zeit.
Vor Weihnachten, nachdem die Preise im Supermarkt ja weiter
hoch geblieben sind, hat er gesagt, na ja, er hat noch immer keine App, aber
einen Plan,
und der Plan ist jetzt auf dem Weg zu den Grünen in die Koordination. Da
haben wir uns gedacht, das muss ja dort irgendwo aufgetaucht sein. Dann meldet
sich Sigi Maurer zu Wort und sagt, dieser Plan ist nie eingetroffen.
Jetzt weiß ich nicht, ob das per E-Mail oder mit der
Schneckenpost an diese Koordination
zugestellt worden ist. Wenn man aber sozusagen eine Schnecke
aus dem Wirtschaftsministerium mit dem Brief, mit diesem tollen Plan des
Wirtschaftsministers, losschickt, sollte die ja innerhalb von einem halben
Jahr auch im Grünen Klub eingetroffen sein. (Heiterkeit und Beifall bei
der SPÖ.)
Also ich frage wirklich, wie es sein kann, dass der tolle
Plan in Summe ein
Jahr lang auf der Reise war und nichts weitergegangen ist.
Dann haben wir den Minister damit konfrontiert, warum noch
immer keine Handyapp fertig ist und warum wir in Österreich keine
Lösung haben. Er ist dann draufgekommen und hat gesagt: Na diese Handyapp
wird nicht viel bringen,
das gibt es eh schon privat, jetzt brauchen wir keine Handyapp mehr! Das
heißt, wir wissen, dass die Preise in Österreich über Jahre
hinweg hoch sind, der Minister attestiert selbst, dass internationale
Großhändler in Wahrheit viel zu hohe Preise verlangen und die
Menschen an der Supermarktkasse
draufzahlen.
Glaubt aber irgendjemand hier im Saal dass da von der
Bundesregierung eine Lösung präsentiert wird? – Bis heute
wissen wir, dass sich die Pensionistinnen und Pensionisten, die
Leute, die einkaufen gehen, die Lebensmittel oft nicht mehr leisten
können. Die Leute sind verzweifelt, sie kleben dann
die 50-Prozent-Pickerl drauf, damit sie sich die Lebensmittel überhaupt
noch leisten können. Pensionistinnen und Pensionisten sagen es mir im persönlichen Gespräch.
Das sind dann diese Schilderungen, die es einfach perfekt beschreiben: Die
Witwe, die alleine zu Hause lebt, sagt, für sie ist es
noch schwerer, denn sie kauft nicht die Familienpackung Toastbrot, denn das
schimmelt ihr weg, sie kauft nicht 3 Kilo Zwiebel, denn die schimmeln
ihr weg, sondern sie geht zum Regal und klaubt dort halt drei Stück
Zwiebel zum Kochen raus und kauft so Lebensmittel ein. Natürlich ist das
teurer, die
kleine Packung ist deutlich teurer als die Großpackung. (Zwischenruf der Abg. Reiter.)
Das sind Beispiele aus dem täglichen Leben von Leuten,
die verzweifelt sind. Wir alle hier im Saal verdienen ordentlich, niemand kann
sich da beschweren,
aber viele Menschen sind tagtäglich verzweifelt. Wir haben eine Regierung,
die Koordination spielt, die Schneckenpost spielt und in diesem Bereich aber
nichts macht.
Deswegen möchte ich hier in dieser Runde noch einmal
vorschlagen: Herr Bundesminister, erstens darf ich Sie bitten, dass Sie
aufklären, was mit dieser Koordination passiert ist. Hat Frau Maurer
diesen Zettel verschlampt?
Sie werden das ja wohl hoffentlich per E-Mail geschickt haben! Wo ist denn
diese Koordination hingewandert? Warum dauert es bei Ihnen monatelang, irgendetwas
zu prüfen, zu planen, zu untersuchen, wenn ein
junger Programmierer das innerhalb einer Woche schafft? Das sind doch Dinge, an
denen man sieht, wie Sie die Menschen ganz real im Stich lassen.
Wenn Sie es selbst bestätigen, wenn auch der
Sozialminister es bestätigt, dass die Menschen an der Supermarktkasse
draufzahlen, die Lebensmittel in Österreich deutlich teurer sind, was ist
denn dann die ganz konkrete Ableitung daraus? Die Bundesregierung wird ja nicht
für das Ankündigen gezahlt,
sondern dafür, dass sie die Lebensumstände der Bevölkerung
konkret verbessert. Alle anderen europäischen Länder haben es
geschafft. Die haben
es geschafft, Wohnen leistbar zu halten, die haben es im Energiebereich geschafft,
dagegenzuhalten und zu schauen, dass Energie leistbar bleibt, die haben
überhaupt dafür gesorgt, dass gewisse Kosten gar nicht erst
entstehen. In Österreich hat man in allen Bereichen zugesehen. Wir haben
massive Übergewinne im Bereich der Energiekonzerne verzeichnet. Da
hat man nicht
einmal abgeschöpft.
Andere waren intelligent genug und haben versucht, die
Inflation zu bekämpfen. Wir haben
milliardenschwere Übergewinne im Bereich der Bankwirtschaft
verzeichnet – ich habe es gestern schon gesagt –:
14 Milliarden Euro. Kollege Hörl ist seitdem nicht mehr da,
wahrscheinlich ist er auf der Suche, wie
man 290 Prozent Gewinn in einem Jahr in einem kleinen Betrieb vor Ort in
Tirol erklären kann. Ich weiß
nicht, welche Seilbahn 290 Prozent Gewinn macht,
um das auch in der Sprache von Herrn Hörl zu erklären. (Abg. Reiter: Das ist unverschämt!) Sie aber schauen in dieser Frage zu.
Man kann ja niemandem erklären, dass jemand
290 Prozent Gewinn
macht, die Pensionistin aber keine Zinsen für ihr Geld am Sparbuch
kriegt – das haben die Franzosen besser geregelt –, und
dass wir Hunderttausende Häuslbauer, Mittelstandsfamilien in
Österreich haben, die sich ihre Kredite nicht mehr leisten können.
Dieses Zuschauen, dieses Nichtstun, diese Schneckenpost, dieses
Sich-irgendwie-gegenseitig-Konsultieren-und-Blockieren, das hat uns in diese
Situation gebracht und dazu geführt, dass viel zu wenig
passiert ist.
Deswegen darf ich noch
einmal sagen: Kollege Litschauer, wenn Sie schon kämpferische Reden
halten und sich lautstark zu Wort melden, darf ich bitten, dass Sie das
zuallererst im Grünen Klub machen – vielleicht sind Sie dann
in der Lage, diese Preisvergleichsapp irgendwie aufzuspüren –
und
dann vielleicht in Richtung Koalitionspartner: dass die einmal munter werden
und dafür sorgen, dass das Leben in Österreich leistbar bleibt.
(Beifall bei der SPÖ.)
17.43
Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Herrn Bundesminister Martin Kocher das Wort. – Bitte, Herr Minister.
Bundesminister
für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau
Staatssekretärin! Sehr geehrte Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr
geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die Inflation ist tatsächlich ein
Phänomen, das tiefgreifende Auswirkungen auf das
Leben jedes Einzelnen hat. Das haben wir in den letzten Jahren in ganz Europa
gesehen.
Wir wissen, woher die Inflation kommt: von den gestiegenen Energiepreisen. Es haben auch die Nachwirkungen von Lieferengpässen infolge der
ersten Phase der Pandemie und andere Effekte,
zum Beispiel das hohe Wachstum, das 2022 noch in Österreich und in einigen
anderen europäischen Ländern aufgrund der Nachholeffekte zu
verzeichnen war, dazu
beigetragen.
Ich glaube aber, wir müssen ehrlich sein: Wenn einige den Eindruck vermitteln, dass man Preisanstiege einfach durch staatliche Preisobergrenzen wegdefinieren, beseitigen kann, dann ist das ein fahrlässiges Argument. (Abg. Kucher: Aha!) Das ist deshalb ein fahrlässiges Argument, weil jede Preisobergrenze natürlich Nebeneffekte hat. Wir haben es ja gesehen, unterschiedliche Staaten haben unterschiedliche Lösungen gefunden. Ungarn hat Preisobergrenzen bei Sprit eingeführt. Was ist passiert? (Abg. Belakowitsch: Alle Österreicher sind ...!) – Man hat keinen Sprit bekommen, man hat eine Inflationsrate von über 20 Prozent gehabt und die Leute sind mit ihren Autos in Schlangen vor den Tankstellen gestanden. – Das bringt nichts, deswegen ist es abgeschafft worden.
Spanien wird immer wieder als Paradebespiel gebracht. Dort
wurden Preisobergrenzen bei einigen Energieträgern eingeführt, die
Differenz zum Marktpreis wurde subventioniert. Was ist passiert? –
Das Budgetdefizit ist massiv angestiegen, massiv angestiegen (Abg.
Belakowitsch: Bei uns auch, Herr Minister, bei uns auch! –
Zwischenruf bei der SPÖ), bei Weitem
mehr als in Österreich in der letzten Zeit.
Schauen wir uns die Inflationszahlen an, die letzten
Inflationsraten aus dem April 2024: Österreich, harmonisierter
Verbraucherpreisindex: 3,4 Prozent; Spanien, harmonisierter
Verbraucherpreisindex: 3,4 Prozent. Also langfristig wurde kein
Effekt erzielt, aber viel Geld verbrannt. (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Inflationsbekämpfung erfolgt vor allem durch die
Geldpolitik auf europäischer Ebene. Die Bundesregierung kann in ganz
spezifischen Bereichen zusätzliche Maßnahmen setzen –
dazu komme ich gleich – und natürlich
auch – und das war der Hauptfokus – alles dafür tun,
dass die Kaufkraft gesichert ist – und das ist gelungen. Alle
Studien zeigen uns, dass die Maßnahmen, die es gegeben
hat – ich wiederhole sie nicht alle –, dazu geführt
haben, dass die Kaufkraft der Haushalte in Österreich gesichert
wurde, im
unteren Einkommensbereich sogar im Durchschnitt überkompensiert wurde. (Beifall
bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das heißt nicht, dass es nicht auch in diesen
Bereichen viele Menschen gibt, die Schwierigkeiten gehabt haben, aber auch da
hat die Bundesregierung
durch ganz spezifische Maßnahmen – ich sage Wohnschirm oder
zum Beispiel durch die Indexierung der Sozialleistungen – dagegen
gearbeitet, um
möglichst vielen Menschen die Ergebnisse dieser Kaufkraftsicherungen auch
zukommen zu lassen. Darüber hinaus kann die Bundesregierung natürlich
ganz spezifische Maßnahmen wie ein Einfrieren der Gebühren oder zum
Beispiel Maßnahmen im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus
setzen – alles das
ist passiert.
Wo stehen wir? – Wir stehen derzeit bei einer
Inflationsrate von 3,5 Prozent nach nationaler Berechnung, der
harmonisierte Verbraucherpreisindex
bei 3,4 Prozent – das ist die Schnellschätzung für
April. Das ist immer noch zu hoch, aber es ist der geringste Wert seit
September 2021 (Abg. Belakowitsch: Ja und?) und
schon bei Weitem niedriger als im Jänner 2022, vor dem Eintreten des
Ereignisses – nämlich des russischen Angriffskriegs auf
die Ukraine –, das dazu geführt hat, dass die Energiepreise auf
der ganzen Welt gestiegen sind (Abg. Belakowitsch: Die sind schon vorher
gestiegen, Herr
Minister!) und damit die Inflation ausgelöst worden ist. (Abg. Wöginger:
Und dann noch einmal!)
In vielen Bereichen ist es so, dass wir mittlerweile bei den
Preisentwicklungen unter dem europäischen Durchschnitt sind. Der
Inflationsdruck, der noch existiert, kommt derzeit vor allem aus dem
Dienstleistungssektor – das ist
so, der ist personalintensiver –, da ist noch ein Inflationsdruck
da. Es braucht also weiterhin Maßnahmen.
Bei den Erzeugerpreisen gibt es Rückgänge, und das
sieht man auch klarerweise bei den Verbraucherpreisen, das zeigt sich jetzt
schon. Man darf nicht
ganz vergessen, auch einen historischen Vergleich zu ziehen, das möchte
ich auch noch kurz machen (Abg. Belakowitsch: Das ist ganz wichtig!):
1973
hat ein ähnlicher Schock, nämlich ein Angriffskrieg der arabischen
Staaten auf Israel, zu einem Preisanstieg bei Erdöl und damit auch zur
Inflation
geführt. Damals hat es fünf oder sogar sechs Jahre lang Inflationsraten
über 5 Prozent gegeben. (Abg. Belakowitsch: Wir haben aber
über 10 Prozent
gehabt! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) 1972 –
schon davor –: 6,4 Prozent; 1973: 7,6 Prozent; 1974:
9,5 Prozent, und so weiter und so weiter.
Damals gab es zwei Jahre mit einer Rezession, damals gab es
eine sozialdemokratische, sozialistische Alleinregierung, die noch dazu die
Geldpolitik mitbestimmen konnte. Trotzdem ist es ihr nicht gelungen, die
Inflationsrate unter 5 Prozent zu bringen. Das zeigt, dass es
für eine Bundesregierung nicht so einfach ist, das zeigt, dass es ein
Zusammenspiel aus Geldpolitik – in dem Fall
europäisch – und weiteren Maßnahmen geben muss, die man
setzt, um die Inflation auch national nach unten zu bringen
und möglichst viel Transparenz bei der Preisentwicklung zu schaffen.
Damit kommen wir zu den Lebensmittelpreisen: Auch da ist es
wichtig, redlich zu sein. Die Lebensmittelpreisentwicklung war in
Österreich tatsächlich höher
als die durchschnittliche Preisentwicklung, allerdings war sie in Österreich –
im Vergleich mit der Europäischen Union – im unteren Drittel.
Das heißt, in
anderen europäischen Ländern sind die Preisanstiege bei Lebensmitteln
noch viel höher als in Österreich gewesen.
Man muss sich also immer mit den anderen vergleichen. So zu
tun, als ob es so wäre, dass Österreich bei den Lebensmittelpreisen
in den letzten Jahren besonders starke Anstiege hätte, ist falsch; es ist
aber richtig, dass Österreichs Preisniveau höher ist als das anderer
Länder. Das ist seit Jahrzehnten so,
dafür kann die jetzige Bundesregierung nichts, dafür gibt es
belegbare Gründe. Da können wir jetzt lange diskutieren, da gibt es
Forschung dazu. Das
wäre jetzt etwas, wo wir sehr - - (Abg. Kucher: Es
geht ja ums Tun!) – Ja, natürlich kann man da auch etwas
tun (Ruf bei der SPÖ: Ja! – Abg. Greiner: Das
wäre schön!), und wir kommen auch gleich dazu, was man da tun
kann. – So.
Jetzt kommen wir zum Thema Preistransparenz: Ja,
Preistransparenz
ist ein wichtiges Mittel, um Wettbewerb zu befördern und zu erreichen,
dass Preise nicht so stark steigen. Allerdings ist es auch so, dass es nicht so
klar ist, wie die Effekte sind – ich komme gleich dazu. Wir haben
eine sehr lange – das stimmt tatsächlich –
Diskussion mit den führenden Wettbewerbsökonominnen und
-ökonomen geführt. Warum? – Weil Preistransparenz im
schlimmsten Fall, wenn sie nämlich vollständig ist, auch dazu
führen kann, dass sich die Anbieter besser abstimmen können und damit
die Konsumentinnen und Konsumenten noch schlechter dastehen. (Abg. Stöger: Preistransparenz
führt zu - -? Das ist spannend!) – So.
Wir haben nach dieser Diskussion Folgendes vorgeschlagen,
und es ist mir sehr wichtig, dass wir das ganz klar machen. Wir haben nie
vorgeschlagen –
das habe ich sicher nie gesagt, das kann man auch nachweisen –, dass
wir eine eigene Handyapp entwickeln würden. Warum sollten wir das tun? Das
haben andere besser gemacht, die können das auch tun. (Abg. Matznetter:
Kaufhaus Österreich!) Was aber andere derzeit nicht machen
können – und das ist der entscheidende Faktor –: Sie
können nicht darauf vertrauen, dass
die Daten, die sie teilweise aus dem Internet abgreifen, immer zuverlässig
sind und aktuell sind. Jede Maßnahme, die wir setzen wollen, um die Preistransparenz zu
verbessern, muss natürlich sicherstellen, dass die Datengrundlage gut
ist. – So.
Also kam der Vorschlag aus diesen Diskussionen – auch auf Basis einer Branchenuntersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde –, dass wir eine rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass die Anbieter – in dem Fall große Supermärkte – aktuelle Preise bereitstellen müssen und dass Appbetreiberinnen und -betreiber diese Daten in Echtzeit verwenden können.
So, jetzt kommen wir noch zu einem essenziellen Punkt, der
mir sehr
wichtig ist, weil ich glaube, dass das nicht ganz verstanden wird: Wir haben
solch eine Preistransparenz beim Spritpreisrechner. Den betreut das Bundesministerium
für Arbeit und Wirtschaft. Das funktioniert sehr gut, viele benutzen
diesen Spritpreisrechner. Das ist relativ einfach, weil Sprit, Treibstoff
ein homogenes Gut ist: Ob ich den bei der Tankstelle A oder bei der
Tankstelle B kaufe – die Qualität ist sehr ähnlich.
(Abg. Matznetter: Das ist bei Manner-Schnitten ...!) Bei
Lebensmitteln, bei Grundnahrungsmitteln habe ich keine homogenen
Güter, es spielt eine große Rolle, welche Qualität das Gut hat,
wo
es herkommt, welche Siegel damit verbunden sind. Das heißt, es ist nicht
ganz so einfach.
Natürlich kann ich
sagen: Ich stelle Preistransparenz her!, aber was passiert,
wenn ich einfach Preistransparenz herstelle? – Dann werden die
Produzentinnen und Produzenten der hochqualitativen österreichischen
Lebensmittel, die österreichischen Bäuerinnen und Bauern
benachteiligt und billige ausländische Anbieter bevorzugt. Ich glaube, das
wäre nicht im Interesse von irgendjemandem in diesem Saal. (Beifall
bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz. – Ruf bei der
ÖVP: Philip! Philip!)
Es braucht also eine Grundlage, wo die Daten bereitgestellt
werden, wo registrierte Appanbieterinnen, Appentwicklerinnen und -entwickler
diese Daten verwenden können – übrigens auch
wissenschaftliche Einrichtungen; das
haben wir vorgeschlagen – und wo die Daten möglichst aktuell
verfügbar sind. Davon profitieren die Konsumentinnen und Konsumenten.
All diese Punkte stehen derzeit zur Diskussion. (Abg. Kucher:
Seit zwei
Jahren! Seit zwei Jahren! – Ruf bei der ÖVP: Philip, das ist
ein Profi!) Das ist ein Vorschlag, der die schwierige Kombination auf der
einen Seite von Wettbewerb mit Preistransparenz und auf der anderen Seite von
fairen Bedingungen
für die österreichischen Lebensmittelproduzentinnen und -produzenten,
für viele kleine Bäuerinnen und Bauern gut kombiniert, und ich denke,
dass dieser geplante rechtliche Rahmen auch gelingen kann.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass alle notwendigen und vor allem auch sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Inflation weiter zurückzudrängen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Prammer und Schwarz. – Abg. Kucher: Gerade wo die Praxis gekommen wäre, hat er aufgehört!)
17.54
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete
Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP):
Zunächst begrüße
ich die Schülerinnen und Schüler der HAK Tamsweg mit ihrem Professor
Blinzer im Namen von Franz Eßl. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr
Minister! Sehr geehrte Frau Staatsekretärin! Transparenz: Sie (in
Richtung Bundesminister Kocher)
haben gesagt: gut, wichtig; fairer Wettbewerb: gut und wichtig. Wir haben ja
auch die Mittel der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde
massiv aufgestockt – ich glaube, das steht ohnehin für sich.
Nur: Jetzt eine neue Plattform oder noch eine App zu entwickeln, halte ich
für grotesk. Es gibt
am Markt wahnsinnig viele Preisvergleichapps, die auch sehr gut funktionieren,
also ich glaube eigentlich nicht, dass es sinnvoll ist, wenn der Staat noch
einmal etwas macht, was es ohnehin schon gibt.
Unser Herr Minister hat ausführlich dargelegt, wie
Teuerungsraten zustande kommen – das ist in der gesamten Eurozone
so –, ich glaube aber, wir
haben in Österreich schon ein Extrabeispiel (Abg. Belakowitsch –
erheitert –: Haben wir!), wir haben nämlich sehr viele
Hilfen – Antiteuerungsbonus, Klimabonus und wie sie alle
hießen – ausgeschüttet. (Neuerlicher Zwischenruf der
Abg. Belakowitsch.)
Jetzt weiß jeder: Ich höchstpersönlich war
nie ein Fan dieser Gelder, weil
diese die Staatsverschuldung - -
ah, weil die natürlich die Inflation antreiben.
(Abg. Belakowitsch:
Oh! Eh! – Ruf: Kein Fan, aber ...! – Ruf bei der
SPÖ: Auch
die Staatsverschuldung! – Abg. Belakowitsch: Sie haben sicher
dagegen gestimmt, oder?) Frau Belakowitsch hat es ja auch gesagt. Das ist
auch immer schon
meine Meinung gewesen, ja. Das ist natürlich inflationstreibend, hat aber
in dem Fall geholfen.
Es ist jetzt irgendwie paradox, sich dann darüber
aufzuregen, denn Sie
waren ja diejenigen, die massiv viel eingefordert haben. Sie haben ja hier
immer geschrien: Wir müssen den Menschen helfen, wir müssen alle
retten! (Rufe
bei der SPÖ: Ja! – Ruf bei der SPÖ: Das schreien wir immer
noch! – Abg. Belakowitsch: Wir wollen keine Einmalzahlungen
ab jetzt? ..., Frau Kollegin Cincelli!) Jetzt regen Sie sich genau
darüber auf, weil das natürlich ein massiver Inflationstreiber war. (Beifall
bei der ÖVP. – Abg. Kucher: Aber was liegt denn konkret
vor? – Abg. Belakowitsch: ... Klimabonus ...!)
Ich plädiere aber jetzt schon an alle – ich
möchte das bitte gleich festhalten; jetzt haben wir dann den Wahlkampf vor uns –, dass wir dann nicht
wieder aus
einem populistischen Impuls heraus über den Sommer Einmalzahlungs-,
Gießkannenmaßnahmen beschließen (Abg. Belakowitsch:
Das habt ja ihr gemacht! Das habt ja ihr gemacht,
bitte! – Zwischenrufe bei der SPÖ), weil wieder jemandem
einfällt: Damit könnte man ein paar Leute ködern! Diese
populistischen Maßnahmen – und die fordern Sie (in Richtung
SPÖ) massiv ein: Sie haben das immer eingefordert – sind
Inflationstreiber.
Ich plädiere auch in meinen eigenen Reihen dafür.
Ich glaube, wir sollten das nicht machen. Wir sollten die Verantwortung
übernehmen und sagen:
Wir machen so etwas jetzt nicht!, und zwar alle gemeinsam. Das wäre mein
Wunsch an Sie alle. (Ruf bei der SPÖ: Das ist unglaublich!) –
So. (Abg. Belakowitsch: Ich glaube, ich bin im falschen Film! Wie
lebt es sich in dieser Parallelwelt, Frau Kollegin?)
Jetzt kurz zu den Unterschieden zwischen Deutschland und Österreich – ich glaube, das ist sehr wichtig. Sie vergleichen das. Die Lebensmittelketten
funktionieren ganz anders:
Deutschland hat ein komplett anderes System. Da gibt es viele Unterschiede.
Erstens einmal die Lebensmittelmarktdichte:
In Österreich haben wir die meisten Lebensmittelmärkte auf die
Fläche – in jedem Tal, in jeder Stadt, an jeder Ecke gibt es
einen. Zweitens: Es gibt
in Deutschland wesentlich höhere Quadratmeterzahlen, das heißt, die Logistik
dahinter funktioniert auch ganz anders. Das macht es billiger.
Drittens: andere
Mehrwertsteuersätze. Wir haben höhere Mehrwertsteuersätze
(Abg. Belakowitsch: Warum haben wir die nicht gesenkt?), und zwar
auch im
Non-Food-Bereich, muss man sagen, nicht nur beim Essen. Wir haben einfach
andere Sätze. (Abg. Belakowitsch: Ja!) Mein vierter
Punkt – und das ist
ein Problem, Philip; wir haben es vorhin kurz andiskutiert, und das ist meiner
Meinung nach etwas, das man sich anschauen muss – betrifft die Zwischenhändler.
Die deutschen Produzenten liefern nicht direkt nach Österreich. Es gibt
Zwischenhändler, die natürlich dabei mitschneiden, und das
müsste man sich EU-rechtlich, europarechtlich anschauen.
Fünftens – und
jetzt kommt das Hauptproblem –, der Haupttreiber, das sind die hohen
Löhne bei uns. (Abg. Herr: Geh bitte! – Ah-Rufe bei
der SPÖ. – Abg.
Stöger: Das ist jetzt ...!) Die Inflation ist
dienstleistungsgetrieben, sie ist lohnbasiert. (Abg. Greiner: Die
hohen Mieten! Die hohen Mieten! – Zwischenruf
des Abg. Lindner.) – Schauen Sie, ich kann Ihnen den
Beweis antreten, Herr Lindner, weil Sie sich so aufregen. (Ruf: Ja, bitte!) –
Ja.
Warum kommen denn die Mitarbeiter aus den Grenzregionen nach
Österreich und pendeln ein? – Sie pendeln ein, nehmen teilweise
weite Strecken in
Kauf und arbeiten in Österreich, weil sie natürlich viel mehr
verdienen, weil wir alles unter KV-Regelung haben. (Zwischenruf des Abg. Lindner.)
Dort
kriegen sie im Handel großteils Mindestlohn, bei unserem KV im Handel sind
die Löhne die letzten zwei Jahre um 15 Prozent gestiegen. (Ruf bei
der SPÖ:
Na und?) Das müssen wir einmal hereinbringen!
In Deutschland arbeitet man großteils für ein
Mindestgehalt, da gibt es kein
13. und 14. Gehalt und dort und da eine Absicherung. Die pendeln ein
nach Österreich; fragen Sie einmal in der Grenzregion! Die pendeln ein,
und das ist das größte Problem, das wir haben. Ja, es ist leider
Faktum.
Das hat das Ganze angetrieben, und wenn Sie dann noch eine
32-Stunden-Woche wollen – die Stunde wird immer mehr wert;
über die Stunde kommt
dann Druck hinein –, na was passiert dann? (Abg. Lindner: ...
die Leute schnallen es nicht!) – Dann steigt die Inflation noch
mehr. Das muss man schon einmal
auch so aussprechen, wie es ist, ja? – Gut.
Seit Herbst/Winter stagnieren die Preise. Da jetzt noch eine
Maßnahme zu ergreifen, wie irgendeine App zu bauen, halte ich
für völlig abstrus. Das
brauchen wir nicht.
Hören Sie generell auf, den Menschen zu vermitteln, dass alle so arm wären! Heute in der Früh hat Herr Drobits eine Aussage getätigt, bei der ich mir gedacht habe: Wie kann man diese Begrifflichkeit verwenden? – „Wir brauchen eine Gesellschaft, in der nicht die Gierigen mehr werden,“ wir müssen den Menschen mehr geben, „damit sie überleben können“ – überleben! Die Begrifflichkeit „überleben“, ist das Ihr Ernst? Als ob irgendjemand bei uns eines Hungertodes sterben würde! Überleben?! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Niemand in Österreich stirbt an Unterernährung, im
Gegenteil: Der Body-Mass-Index steigt Jahr für Jahr. Niemand stirbt hier,
es geht den Menschen gut.
(Abg. Kucher: Aber erzählen Sie das den Pensionistinnen und
Pensionisten, die dort stehen und - -! Das ist ein
Wahnsinn! – Abg. Belakowitsch: Bitte wiederholen!
Bitte wiederholen!) Hören Sie auf, ständig allen zu
erklären, dass dieses Land ein Wahnsinn ist! Wir leben in einem
wohlhabenden Land, in dem es den
Menschen gut geht, Philip. (Abg. Greiner: ... über die Mieten,
über die Lebensmittelpreise, über hohen ...! – Abg. Herr:
Die Ernährungsarmut liegt bei 12 Prozent
laut Statistik Austria! 12 Prozent! – Weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ.) – So. Ja, alles gut. (Präsidentin Bures
gibt das Glockenzeichen.)
Zu meinem letzten Satz – ich möchte noch
ganz kurz etwas sagen –,
apropos Transparenz: Martin Kocher, ich fand es wahnsinnig gut, dass du auch
proaktiv hinausgegangen bist und gesagt hast, dass du dich für diesen Job
als Gouverneur der Nationalbank bewirbst, dass du da auch offen bist. (Abg. Greiner:
Die Zeit ist um! Die 5 Minuten sind um!) Aus meiner Sicht ist es
großartig, wenn ein Fachexperte mit fundiertem Wissen im Bereich der
Wirtschaftspolitik, im Bereich der Währungspolitik, ein fundierter
Fachexperte - - (Zwischenruf
der Abg. Belakowitsch.)
Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren, Frau Abgeordnete!
Abgeordnete
Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA
(fortsetzend): Schlusssatz:
Wenn er sagt: Ich bewerbe mich um so einen Job!, ist das gerade jetzt ein
Signal, dass es auch eine berufliche nach einer politischen Karriere geben
darf. –
Das ist für viele in diesem Haus wichtig. (Abg. Herr: Ja, gerade
jetzt, weil ihr in der nächsten Regierung nicht seids, oder was?) –
Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
18.00
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete
Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau
Präsidentin! Werter
Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollegin Jeitler-Cincelli,
es ist wirklich unfassbar, Sie leben anscheinend in einer rosaroten
Wolke – ganz ehrlich! (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ. –
Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie behaupten hier, dass die
Löhne Inflationstreiber wären. Zusammengefasst bedeutet das, die
Leute sollen einfach nichts verdienen, aber mehr hackeln.
(Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Das ist nämlich das, was Sie
einfordern. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist unerträglich und
dagegen lehnen wir uns mit aller Vehemenz auf. (Zwischenruf der
Abg. Kirchbaumer.) Der Inflationstreiber schlechthin
ist das teure
Wohnen, dagegen haben Sie bis jetzt auch nichts unternommen, und die
Leute wissen auch nicht mehr, wie sie sich die eigenen vier Wände
überhaupt leisten können. (Beifall bei der SPÖ. –
Zwischenruf der
Abg. Jeitler-Cincelli.)
Jetzt aber zu Ihnen, Herr Bundesminister: Sie haben
10 Minuten nicht geantwortet beziehungsweise 10 Minuten
erläutert, was alles nicht funktioniert (Abg. Hanger:
Du hast es nicht verstanden, offensichtlich!) – 10 Minuten,
lang und breit. Was ist eigentlich passiert beziehungsweise was tun
Sie – ehrlich! –, was machen Sie? (Abg. Höfinger:
Das ist ein Wahnsinn, kein
Land ...!) Wir erkennen ganz einfach nichts. Ich würde wirklich
darum bitten, einfach einmal hinzuhören, hinzufühlen (Abg. Hanger:
Wirtschaftspolitik kannst du nicht hineinschreiben ...!), wie es
vielen Leuten in Österreich geht. (Beifall bei
der SPÖ.)
Ich frage Sie, Herr Minister: Ist das Brot, ist die Milch,
ist die Butter billiger geworden? Merken Sie, dass irgendein anderes
Grundnahrungsmittel billiger geworden ist? Sie werden nichts merken können
und auch nichts erkennen, weil es nicht billiger geworden ist, sondern ganz im
Gegenteil. Ich frage Sie
wirklich (Abg. Hanger: Marxismus wirdʼs lösen!): Was
haben Sie als Bundesregierung außer Ankündigungspolitik
gemacht? (Abg. Holzleitner: Was sagt der
ÖAAB eigentlich zu der Lohnpolitik der ÖVP?) – Nichts.
Sie haben nichts gegen die explodierten Lebensmittelpreise gemacht. (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir haben als SPÖ bereits im Herbst 2021,
möchte ich sagen, erste Anträge im Kampf gegen die Teuerung
gestellt – 2021! 2023 sind Sie dann draufgekommen, dass
man vielleicht irgendwann eine Lebensmittelpreiskonferenz benötigt,
dass man sich einmal darüber unterhält, dass man Lebensmittelpreise
beobachtet und anschaut. Durch Anschauen und Beobachten passiert
aber nichts. Unsere Anträge zur Senkung der Preise der Lebensmittel haben
Sie abgeschmettert, weggeschoben – offen gesprochen –,
sehr belächelt und
damit auch die Sorgen von vielen belächelt. Sie haben nichts gemacht. In
Bezug auf die App oder die Datenbank, die Sie angekündigt haben, ist auch
nichts passiert. Das ist ehrlich gesagt ein bisschen peinlich für ein
Ministerium und höchst unprofessionell. Ich weiß auch nicht, woran
es scheitert.
Klappt es einfach nicht, will man es ganz einfach nicht, gibt es keine Einigung
zwischen ÖVP und Grünen? (Abg. Kollross: Sie können es
nicht!) Wir haben darauf keine Antworten.
Das Zweite ist: Von dem hat niemand etwas, kein Kind, keine
Frau, kein Mann. Es hat niemand etwas davon, wenn man nur überlegt,
überlegt, überlegt
und in Bälde was auch immer in Begutachtung schickt oder nicht in Begutachtung
schickt. Das ist wirklich das Dramatischste.
Kollege Kucher hat es erzählt oder erwähnt
(Abg. Schmuckenschlager:
Ja, der erzählt viel!): Wir zahlen in Österreich im Jahr
1 000 Euro mehr für Lebensmittel als die Deutschen –
1 000 Euro mehr, das ist gewaltig! Wissen Sie eigentlich, was
1 000 Euro mehr für Lebensmittel zum Beispiel für eine
Alleinerzieherin bedeuten, wissen Sie das? (Beifall bei der SPÖ.) Wissen
Sie, was 1 000 Euro mehr für Lebensmittel für einen
Pensionisten bedeuten, der
nicht Häuser an Pension hat? Wissen Sie, was 1 000 Euro zum
Beispiel für eine Studentin bedeuten, die sie mehr für Lebensmittel
ausgeben muss? – Das bedeutet ganz klar, Ängste zu haben, zum
Beispiel das eigene Kind nicht mehr versorgen zu können. 12 Prozent
Ernährungsarmut – das haben wir
gerade gehört – ist nicht irgendetwas Lächerliches, wie
Kollegin Jeitler-Cincelli vorhin gesagt hat, sondern das ist ein
Faktum – und das in Österreich.
(Beifall bei der SPÖ.)
Für einen Pensionisten bedeutet das zum Beispiel, das
Enkerl nicht mehr unterstützen zu können. Das ist auch ein schiaches
Gefühl, oder? In diese Rolle können sich vielleicht manche
hineinversetzen. Für die Studentin bedeutet
das womöglich, länger studieren zu müssen, weil sie mehr
arbeiten muss, weil sie sich das Studium sonst nicht leisten kann. Es
ärgert uns als SPÖ, dass Sie
das alles nicht sehen, dass Sie Lebensrealitäten von Menschen ganz einfach
seit Jahren ignorieren und nicht sehen.
Wir alle sind in einer privilegierten Rolle, das sind wir.
Wir kennen das
Gefühl nicht, jeden Cent zweimal umdrehen zu müssen (Abg. Schmuckenschlager:
Das wissen Sie auch nicht!), aber wir müssen zuhören, wir
müssen die Empathie an den Tag legen, wir müssen
verstehen und handeln – das
ist unser Job, das ist Ihr Job, werte Bundesregierung. (Beifall bei der
SPÖ.)
Einen Satz noch, weil ich es so unerhört finde: Es
gibt jetzt endlich eine Einigung auf Länderebene, was die
Kindergrundsicherung anbelangt. Die Kindergrundsicherung bekämpft
ganz klar Kinderarmut. 378 000 Kinder und Jugendliche in
Österreich sind von Armut betroffen. Was macht Familienministerin Raab? –
Sie sagt, das braucht es nicht, wir haben eh die Sozialhilfe! (Abg. Heinisch-Hosek:
Wie die Jeitler-Cincelli!) – Aus welcher privilegierten
Rolle heraus nimmt sie Kindern das Recht auf ihre Grundsicherung? Ich
würde Sie wirklich bitten, werte ÖVP, endlich einzulenken und
Kinderarmut
umfassend zu bekämpfen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
18.05
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete
Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau
Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte
Damen und Herren vor den Bildschirmgeräten! Zunächst einmal zu Ihnen
Herr Bundesminister: Sie
haben keine App angekündigt, sondern gesagt: Möglicherweise
könnte es eine App sein!, und Sie haben eine Onlineplattform angekündigt.
Gehen wir die ganze Geschichte
einmal ein bisschen chronologisch an: Es war nach den vielen, vielen
Massenlockdowns, die völlig überschießend
und völlig unnötig waren (Zwischenruf des Abg. Kollross),
als sich eine Teuerung anbahnte, und zwar schon im Herbst 2021. Im
Herbst 2021, nämlich
genau am 14. September 2021, haben wir den ersten Antrag gestellt,
dass man etwas in Bezug auf die Preisentwicklung bei der Energie machen muss.
Im Übrigen ist die Energie der Preistreiber, Herr Bundesminister, Frau
Jeitler-Cincelli, auch wenn Sie das nicht verstehen wollen oder können.
Die
Energie war natürlich der Preistreiber Nummer eins.
Die Entwicklungen sind dann durch den Krieg in der Ukraine beschleunigt worden, da gebe ich Ihnen schon recht, Herr Bundesminister, aber das war viele Monate später – nahezu ein halbes Jahr, nachdem wir den ersten Antrag eingebracht haben.
Was hat die Bundesregierung in
diesem Herbst 2021 und zu Jahresbeginn 2022 gemacht? – Sie hat
eine CO2-Steuer eingeführt. Auf die steigenden Energiepreise
hat diese Bundesregierung die CO2-Steuer draufgesetzt, und Sie stellen
sich heute her und sagen: Ja, die Spanier haben die Energiepreise
auch erhöht und haben das dann über das Budget ausgeglichen! –
Was hat denn die Bundesregierung gemacht? – Herr Bundesminister, Sie
zahlen einen Klimabonus aus. Der hat 1,4 Milliarden Euro gekostet, aber
nur 800 Millionen Euro Mehreinnahmen haben Sie durch die CO2-Steuer.
Das ist doch
bitte schön der vollkommen falsche Weg, den Sie da gewählt haben. Sie
haben damit unser Budgetdefizit selbstverständlich noch weiter befeuert,
anstatt
diese CO2-Bepreisung einfach wegzulassen. Dazu waren Sie aber
einfach nicht bereit. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben es einfach
nicht verstanden, den
Eindruck muss man wirklich gewinnen.
Kollegin Baumgartner von der ÖVP hat noch im
November 2022 hier herinnen gesagt (Abg. Schmuckenschlager: Frauensolidarität,
jawoll!): Manche haben
den Eindruck, es wird alles teurer, aber das ist nur deshalb, weil die
Opposition den Menschen einredet, dass es teurer wird! – Die
Wahrnehmung in der
ÖVP ist gewesen, die Opposition redet die Teuerung ein. Das ist ein
Wahnsinn, wenn das die Wahrnehmungen sind! (Abg. Baumgartner: Da
haben Sie aber
nicht gescheit zugehört bei meiner Rede ...!) – Regen
Sie sich nicht auf, Sie können es ja noch nachschauen! Das Video findet
man ja zum Glück noch.
Vizekanzler Kogler hat gesagt, das ist eine
Teuerungshysterie. Der Bundespräsident hat gesagt, die Leute sollen
die Zähne zusammenbeißen. All das
war im Jahr 2022, dem Jahr mit den höchsten Inflationsraten. Sie von
der Bundesregierung haben zugeschaut und Einmalzahlungen
ausgeschüttet, die
diese Inflation weiter befeuert haben, sonst haben Sie nichts getan. Sie haben
gesagt: Das geht alles nicht und um Gottes willen Eingriffe in den Markt
sind ganz, ganz furchtbar, denn dann geht die Welt unter!
Herr Bundesminister hätten Sie nur in die Schweiz
geschaut, denn dort gibt es nämlich Preisbindungen für ganz, ganz
viele Dinge. Sie haben aber etwas Interessantes gesagt, nämlich
dass die Mehrwertsteuersätze unterschiedlich sind, weshalb man die Preise
nicht vergleichen kann. Da ist genau des
Pudels Kern: Sie als Bundesregierung hätten nämlich die
Mehrwertsteuer auf die Lebensmittel senken können. Sie hätten sie
auch aussetzen können; Sie
hätten die Mehrwertsteuer auf Treibstoffe, auf Benzin, auf die Energie,
auf Strom aussetzen können; Sie hätten die Mineralölsteuer
aussetzen können. Das alles hätten Sie machen
können – haben Sie aber nicht.
Sie haben die Inflation durchlaufen lassen und sich gedacht:
Wir, die österreichische Bundesregierung, sind so super, wir sitzen das
aus und unsere Leute werden das schon irgendwie machen! –
Irgendjemand von der
ÖVP, wie Kollegin Jeitler-Cincelli, sagt, die Leute in Österreich
können sich alles leisten, die sind gar nicht arm. Ich weiß ja nicht
genau, wann Sie zuletzt in
einem Supermarkt waren, aber wenn Sie sich einmal in der Früh, so um
7.40 Uhr, da machen viele Supermärkte auf, hinstellen und schauen,
wohin die Leute zuerst laufen, dann sehen Sie, sie laufen zu den 3-Euro-Kistln
voll mit Gemüse, zu den Regalen, wo die Produkte mit den
Minus-50-Prozent-Pickerln
sind. Das finden Sie in Ordnung? – Gut, wenn Sie das so wollen, ist
alles verständlich.
Ich finde das beschämend in einem der reichsten
Länder der Welt
(Beifall bei Abgeordneten der FPÖ), dass Menschen es sich nicht
leisten können, die Lebensmittel zu kaufen, die sie wollen, sondern dass
sie zu verbilligter
Ware greifen müssen. Das ist beschämend! Und Sie sagen auch noch: Das
ist eh in Ordnung, die können sich eh alles kaufen, sollen sie halt die
billigen Lebensmittel kaufen! Sie agieren natürlich im Geist des Herrn
Nehammer, der gesagt hat, es sei nicht gesund, aber für die Armen werde es
reichen.
Kauft halt einen Hamburger! – Das ist das, was Sie von der
Österreichischen Volkspartei vermitteln. (Beifall bei der FPÖ.)
Ihnen sind die Leute draußen
egal, die tatsächlich nicht wissen, wie sie den Einkauf stemmen sollen,
vor allem wenn sie eine Familie haben, wenn sie mehrere Kinder haben. Das
finden
Sie lustig, Sie lachen dazu! Passt! (Abg. Schmuckenschlager: Nein!
Ihre Darbietung ist lächerlich! Ihre Darbietung ist lächerlich!)
Damit die Österreicherinnen und Österreicher
wissen: Von der Österreichischen Volkspartei werden Sie keine
Hilfe erwarten können. Die delektieren sich auch noch daran, die erfreuen
sich daran, wenn Sie ein Problem damit
haben, Ihren Kindern ein Schulbrot zu kaufen oder möglicherweise eine
gesunde Ernährung anzubieten. – Das ist die
Österreichische Volkspartei. Sie sollten
sich schämen! (Beifall bei der
FPÖ. – Abg. Hörl: Du redest einen Blödsinn!
Das ist entsetzlich, was du daherredest!)
18.11
Präsidentin
Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter
Jakob Schwarz. – Bitte.
Abgeordneter
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne):
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin!
Hohes Haus! Zuseherinnen und Zuseher! Weil die Geschichte auch nach zwei Jahren
Teuerung immer
noch nicht besser wird: Der Regierung war die Inflation nicht wurscht, sondern
die Regierung hat die Inflation bekämpft, zumindest die Auswirkungen
der Inflation, und das auch erfolgreich, wie man sieht. Wie vom Budgetdienst
und von vielen anderen Stellen festgehalten worden ist, ist die Kaufkraft
erhalten worden, auch im Vergleich zu vielen anderen Euroländern,
und das heißt, insbesondere auch Menschen mit geringem Einkommen
können
sich auch bei gestiegenen Preisen immer noch die Lebensmittel und
auch andere Güter leisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)
Das ist zum Teil über Einmalzahlungen erfolgt, aber
auch diese Einmalzahlungen haben eine sachliche Begründung,
weil: Mittelfristig haben ja dann die Pensionserhöhungen, die
Kollektivvertragsverhandlungen, Lohnanpassungen, die Erhöhung
der Ausgleichszulage für die Sozialhilfe und so weiter gegriffen und
damit strukturell die Einkommen erhöht. (Abg. Belakowitsch:
Ja, eineinhalb Jahre später!) In der Anfangsphase, als die Inflation
schneller gestiegen ist als diese Anpassungen, waren die Einmalzahlungen aber
wichtig, um schnell Hilfe zu leisten, bevor dann eben die Einkommen aus anderen
Gründen entsprechend ansteigen.
Bei den Lebensmitteln ist es auch so, dass man
natürlich nicht nur weggeschaut hat. Ich verstehe die Sorge um die
Lebensmittelpreise sehr gut, und ich
möchte auch festhalten, dass auch wir Grüne sehr genau darauf achten,
wie sich Lebensmittelpreise entwickeln, weil es gerade für Leute, die
geringe
Einkommen haben, eine Rolle spielt, ob das 5, 6, 7 oder wie viel Prozent auch
immer sind, um die die Lebensmittelpreise ansteigen, aber trotzdem habe ich den
Eindruck, wenn ich Ihre Anfrage durchlese, dass das nicht nur aus Sorge
um Menschen, die sich die Lebensmittel nicht leisten können, kritisiert
wird, sondern dass da schon auch Stimmung gemacht wird.
Beispielsweise erwecken Sie da den Eindruck, im
Mai 2023 sei die Inflation doppelt so stark gestiegen wie in der Eurozone,
mehr als dreimal so stark wie in Deutschland. Das ist einfach nicht wahr! Das
war im Mai nicht wahr und
das ist auch jetzt nicht wahr. Wir haben die Situation, dass wir beim
harmonisierten Verbraucherpreis bei Lebensmitteln in Österreich im
Jahr 2023 bei 10,8 Prozent liegen. In Deutschland sind es
12,9 Prozent, und soweit ich das beurteilen kann, sind 10,8 nicht dreimal
so viel wie 12,9 Prozent. Ebenso verhält es sich auch mit der
Eurozone. Die hat im Schnitt 11,9 Prozent Inflation
gehabt, und das ist auch mehr als in Österreich. Das hat der Minister auch
schon festgehalten: Wir haben bei den Lebensmitteln eine niedrigere Inflation
als im Euroschnitt und auch als in Deutschland. Daher finde ich, wenn man das
wirklich ernst nimmt und wenn man die Sorgen entsprechend ernst
nimmt, dann darf man sich da nicht in so eine Stimmungsmache begeben.
(Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Es stellt sich natürlich trotzdem die Frage, warum die
Lebensmittelpreise in Österreich höher sind als beispielsweise in
Deutschland. Auch da zeigt sich, dass die Preise halt schon vor der Krise um
10 Prozent höher waren. Die BWB,
die Bundeswettbewerbsbehörde, hat das auch genau untersucht und kommt zum
Schluss, dass sich nicht einmal – was ich hier vermutet
hätte – der Lebensmittelhandel, der Einzelhandel aufgrund des
Oligopols quasi große Margen rausreißt, sondern dass
tatsächlich die Lebensmittelhersteller, insbesondere die
größeren internationalen Konzerne, zwischen den verschiedenen
Märkten in Europa differenzieren und in Deutschland einfach günstiger verkaufen
als in Österreich. (Abg. Kucher: Aber was passiert? Was ist die
Antwort?) Das hat etwas mit der Größe Österreichs zu
tun (Abg. Kucher: Also
tun wir nichts?!), aber es hat nichts mit der Inflationsbekämpfung zu
tun. Das ist ein ganz anderes Thema. (Abg. Kucher: Also nichts tun!)
Dementsprechend
wird auch ein Preiseingriff nicht die Lösung sein.
Was hat die BWB stattdessen vorgeschlagen?– Die haben
vorgeschlagen, dass man bei der Preistransparenz etwas macht (Abg. Kucher:
Also doch?!) und
die Vergleichbarkeit von den verschiedenen Lebensmittelpreisen entsprechend
erhöht. Der Entwurf dieses Gesetzes, auf den wir etwas länger
gewartet
haben, als das am Anfang nach den Antworten des Herrn Ministers
den Anschein gemacht hat, ist jetzt bei uns in der Koordinierung
tatsächlich angekommen, und wir sind dabei, das auch entsprechend zu
bearbeiten. (Beifall und Bravoruf des Abg. Kucher. – Abg. Herr:
Na super! – Abg. Bernhard: Schneckenpost! – Abg.
Matznetter: Die Schneckenpost hat funktioniert!) Ja, aber das ist ja
schon einmal eine gute Nachricht.
Jetzt die letzte Frage: Was ist jetzt wirklich entscheidend
für die höhere
Inflation in Österreich?, denn man muss ja schon zugeben, wir haben jetzt
eine
Phase, in der wir tatsächlich schon auf dem gleichen Niveau sind wie
Spanien – das große Vorbild der SPÖ –, das
viel mehr öffentliches Geld eingesetzt hat, um die gleiche Inflation
wie wir zustande zu bringen, und ein
höheres Defizit hat, aber die Inflation liegt dort jetzt auch bei
3,4 Prozent. Was aber ist sozusagen der Unterschied zur
Eurozone? – Das sind die höheren Energiepreise, weil wir zum
einen eine höhere Abhängigkeit von russischem Gas haben. Das
heißt, die Antwort ist: Raus aus russischem Gas! Das machen
wir, indem wir die erneuerbaren Energieträger massiv ausbauen. Antwort Nummer
eins lautet also: nicht nur zuschauen, sondern tun – und wir tun
das!
Antwort Nummer zwei: weil die Energieversorger die
Großhandelspreise zu langsam weitergeben. Auch da schauen wir aber nicht
nur zu, sondern wir haben bereits im Mai Transparenzmaßnahmen gesetzt,
die dazu führen, dass Konsumentinnen und Konsumenten leichter
wechseln können und damit auch einen Beitrag dazu leisten können,
dass die Preise sinken. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Letzter Punkt insbesondere für die SPÖ: Einer der
Gründe für die
höhere Inflation sind schon die höheren Lohnabschlüsse. (Präsidentin
Bures gibt das Glockenzeichen.) Aber das ist doch eine gute
Nachricht, ich finde das
doch großartig! Wir haben eine hohe Kollektivvertragsabdeckung, die
Gewerkschaft hat hohe Löhne verhandelt, darüber sollte man sich
doch freuen.
Auch wenn das zu einer höheren Inflation beiträgt – es
trägt auch wesentlich zu höherer Kaufkraft bei.
Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren, Herr Abgeordneter!
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (fortsetzend): Ich komme schon zum Schlusssatz.
Letzter Punkt, letzte Falschmeldung: In Ihrer Headline sagen Sie, die Regierung senkte keinen einzigen Preis. Auch das, wissen wir, ist einfach falsch.
Strompreisbremse, Mietpreisbremse, Energieabgabenreduktion, wir haben verschiedene Maßnahmen - -
18.16
Präsidentin Doris Bures: Letzter Satz, nicht letzter Punkt, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP für den das Redner:innenpult verlassenden Abg. Schwarz.)
Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter
Michael Bernhard (NEOS): Frau
Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich bin tatsächlich ein bisschen
enttäuscht von Ihrer Antwort, Herr Minister,
weil wir wissen, dass Sie wesentlich mehr hätten sagen können.
Natürlich ist es so, dass die Inflation und der Anstieg
der Preise bei den Lebensmitteln nur die halbe Wahrheit sind. Wenn man auf die
Gesamtsituation schaut, war das ja ein Konzert an Teuerung. Das hat sich von
einer Inflation,
die durch die Energiepreise, dann durch die Lebensmittelpreise, durch
die erhöhten Wohnkosten angestiegen ist, dann tief in die Mittelschicht
hineingefressen, was den Kostendruck betroffen hat, und dass die Kaufkraft
eine
Zeit lang gestärkt worden ist, war eine Momentaufnahme.
Diese Stärkung der Kaufkraft ist auf dem Rücken
der Wettbewerbsfähigkeit ausgetragen worden – das wissen Sie
auch, Herr Minister –, denn wenn
wir in Österreich zwei Jahre hintereinander massive Steigerungen bei den
Gehältern und Löhnen haben, die ja keinen echten Zuwachs
für die Menschen, die arbeiten, bedeuten, sondern nur einen
Ausgleich der höheren Kosten, dann passiert das bei einer
exportorientierten Wirtschaft auf dem Rücken
der Wettbewerbsfähigkeit. Sie riskieren mit kurzfristigen, wirklich
kurzfristigen populistischen Maßnahmen und nicht klugen ökonomischen
Maßnahmen
die wirtschaftliche Zukunft Österreichs. Das ist auch das, was Sie heute
Philip Kucher und der SPÖ in Wirklichkeit hätten antworten
müssen.
Ein zweiter Punkt, der aus
meiner Sicht überhaupt nicht diskutiert worden ist, ist die Frage, warum
die Lebensmittelpreise so hoch sind. Das hängt auch damit zusammen, dass
sich die Marktkonzentration im Wesentlichen auf vier Konzerne
beschränkt – und auch das wissen Sie, Herr
Minister – und dass sich, wenn
es zu wenig Wettbewerb gibt, natürlich auch höhere Preise am Markt
durchsetzen lassen. Auch da müsste man sich
überlegen – man kann jetzt nicht
einfach alles aufbrechen –: Wie schaffen wir es in Österreich,
dass mehr Wettbewerb entsteht, dass mehr Anbieter im Lebensmittelbereich
mitwirken können? Auch das wäre einer klugen
Wirtschaftspolitik durchaus zumutbar.
Aus unserer Sicht ist die Milch
jetzt schon vergossen. Wir haben die
Situation einer überdurchschnittlichen Inflation, wir haben die Situation,
dass unsere Arbeitsstückkosten mittlerweile deutlich über jenen von
anderen europäischen Staaten liegen. Jetzt ist die Frage: Wie können
wir das lösen? Die hohen Lebensmittelpreise treffen – von der
SPÖ oft zitiert – die Mindestpensionistin, aber auch jede
Jungfamilie, jede alleinstehende Person, die Mittelschicht, sie treffen
sehr, sehr viele Menschen in Österreich. Wir müssen
uns überlegen, wie wir inflationsreduzierende Maßnahmen schaffen
können – das, was die ÖVP und die Grünen in der
Vergangenheit nicht geschafft
haben.
Unsere Klubobfrau Beate
Meinl-Reisinger hat ja unser Konzept, unsere Mission 40 Prozent,
vorgestellt, nämlich: den politischen Anspruch, die Steuer-
und Abgabenlast insgesamt auf unter 40 Prozent zu drücken. Das
wäre insgesamt eine Reduktion von knapp 10 Prozent. Wir wollen
das über verschiedenste Maßnahmen erreichen.
Gelingt der NEOS-Plan zur Reduktion der Abgaben- und
Steuerlast, bedeutet das auch – und das ist
ausgerechnet – eine Minderung der Inflation um 1,7 Prozent.
Würde man also unsere vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen,
würden wir mittelfristig wiederum auf ein vergleichbares Niveau kommen,
wie es andere mittel- und westeuropäische Staaten haben.
Es gibt unterschiedliche Wege,
wie man hinkommt, die Sozialdemokratie schlägt einen komplett anderen Weg
vor als wir NEOS. Das Einzige, was man jedenfalls nicht tun
sollte – und das ist das, was die ÖVP und die Grünen in
den letzten Jahren viel zu lang getan haben –, ist, zuzuschauen, zu
hoffen, dass es von alleine besser wird, und ein paar Geldgeschenke zu
verteilen, denn
das ist das, was ganz offensichtlich überhaupt nicht funktioniert hat.
Damit möchte ich heute auch schon enden. – Herr Minister, Sie hätten heute wesentlich mehr sagen können. Wir erwarten in der Zeit, in der Sie noch Minister sind, Vorschläge, wie Sie diesen großen Problemen ernsthaft begegnen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
18.21
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 4049/A(E) bis 4074/A eingebracht worden sind.
*****
Die nächste
Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige
Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für
18.21 Uhr – das ist
gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 18.21 Uhr
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Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien |