Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

20. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 24. April 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

20. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode                         Dienstag, 24. April 2007

Dauer der Sitzung

Dienstag, 24. April 2007: 9.02 – 20.17 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Ein­bringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuerge­setz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Um­satzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwal­tungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsge­setz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzie­rungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universitätsge­setz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen, das Altlas­tensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 104/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet wird (141/A)

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Opfer der anti-homosexuellen Sonderstrafgesetze amnestiert, rehabilitiert und entschädigt werden (Amnestie-, Re­habilitierungs- und Entschädigungsgesetz AREG) (151/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuerge­setz 1988 – EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, geändert wird (173/A)

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Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 2

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      16

Ordnungsrufe .............................................................................................  138, 151

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 260/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .........................................      18

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung        173

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner ...................................................................................................    173

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ...............................................................    176

Anton Gaál ...............................................................................................................    179

Walter Murauer ........................................................................................................    180

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................    181

Dr. Peter Fichtenbauer ...........................................................................................    183

Sigisbert Dolinschek ..............................................................................................    184

Antrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung 260/AB – Ablehnung .....  185, 185

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ...........................................................................      18

Unterbrechung der Sitzung .....................................................................................    129

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................  16, 205, 212, 216

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Dritter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ...................................................      17

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Finanzen betreffend Zensur der Akten für den Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (692/J) ....................................    129

Begründung: Dr. Peter Pilz ......................................................................................    133

Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer .......................................................................    138

Debatte:

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................    142

Dr. Johannes Jarolim (tatsächliche Berichtigung) .................................................    143

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................    143

Dr. Josef Cap ...........................................................................................................    146

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .............................................................................    149

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ............................................................................    151

Herbert Scheibner ...................................................................................................    153

Mag. Werner Kogler ................................................................................................    156

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................    159


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 3

Mag. Peter Michael Ikrath ......................................................................................    161

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) ..............................................    163

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................    163

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................    165

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................    167

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................    168

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................    171

Dr. Johannes Jarolim .............................................................................................    172

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (43 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbrin­gungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuerge­setz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsge­setz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihil­fengesetz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorga­nisation der Bundessporteinrichtungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Um­weltförderungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bun­desbahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007) (67 d.B.) ................      18

2. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (68 d.B.) .............................................................................................      19

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bruno Rossmann ...........................................................................................      19

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................      21

Alois Gradauer ........................................................................................................      24

Kai Jan Krainer ........................................................................................................      26

Ing. Peter Westenthaler ..........................................................................................      30

Maria Rauch-Kallat .................................................................................................      41

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................      43

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................      45

Bernhard Themessl ................................................................................................      46

Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer .......................................................................      48

Gabriele Tamandl ....................................................................................................      52

Josef Bucher ................................................................................................  53, 99

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................      56

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................      57

Jakob Auer ..............................................................................................................      59

Barbara Rosenkranz ...............................................................................................      61

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................      63

Ursula Haubner .......................................................................................................      64

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................      66

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................      70

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................      72

Kurt Eder ..................................................................................................................      74

Sigisbert Dolinschek ..............................................................................................      75


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 4

Edeltraud Lentsch ..................................................................................................      76

Dieter Brosz .............................................................................................................      77

Dr. Sabine Oberhauser ...........................................................................................      80

Herbert Scheibner ...................................................................................................      81

Franz Eßl ..................................................................................................................      88

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      89

Josef Broukal ..........................................................................................................      92

Dr. Kurt Grünewald (tatsächliche Berichtigung) .....................................................      93

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................      93

Peter Haubner .........................................................................................................      95

Lutz Weinzinger ......................................................................................................      96

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................      98

Dr. Peter Sonnberger ..............................................................................................    102

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................    103

Adolfine Herta Mikesch ..........................................................................................    104

Marianne Hagenhofer .............................................................................................    105

Barbara Riener ........................................................................................................    106

Rainer Wimmer .......................................................................................................    107

Dorothea Schittenhelm ..........................................................................................    108

Sylvia Rinner ...........................................................................................................    110

Franz Glaser ............................................................................................................    111

Gerhard Steier .........................................................................................................    112

Mag. Andreas Schieder ..........................................................................................    113

Franz Kirchgatterer .................................................................................................    114

Ing. Erwin Kaipel .....................................................................................................    115

Josef Muchitsch ......................................................................................................    116

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................    117

Sigisbert Dolinschek (tatsächliche Berichtigung) ..................................................    118

Karl Öllinger ............................................................................................................    118

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend gemäß Arti­kel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung ..................  35, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend jährliche Erhöhung der SchülerInnen- und Studienbeihilfen – Ab­lehnung ................................................................................................  79, 121, 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Durchführung einer Steuerreform im Jahr 2008 mit dem Ziel einer Entlastung des Mittelstandes – Ablehnung .......................................  84, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einführung der Pendlerbeihilfe in Form eines kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrages mit Negativsteuerwirkung – Ablehnung ..............  100, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzcontrolling der Universitäten – An­nahme (E 17) .............................................................................................  109, 121

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 67 und 68 d.B. .........................................    119

3. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 104/A(E) der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte (73 d.B.) ...................................................    122


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Erwin Hornek ...........................................................................................................    122

Dietmar Keck ...........................................................................................................    123

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................    124

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ............................................................................    125

Veit Schalle ..............................................................................................................    126

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ................................................................................    127

Petra Bayr ................................................................................................................    186

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ........................................................................    186

Christoph Kainz ......................................................................................................    188

Gerhard Steier .........................................................................................................    189

Katharina Pfeffer .....................................................................................................    190

Walter Schopf ..........................................................................................................    190

Peter Stauber ...........................................................................................................    191

Josef Muchitsch ......................................................................................................    192

Karl Dobnigg ...........................................................................................................    192

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 73 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte (E 18) .....    193

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die bedingte Entlas­sung aus dem Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet wird (141/A) ..............    193

Redner/Rednerinnen:

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................................    194

Otto Pendl ................................................................................................................    196

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................    197

Heinz-Christian Strache .........................................................................................    198

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................    201

Gerhard Köfer ..........................................................................................................    203

Dr. Robert Aspöck ..................................................................................................    204

Zuweisung des Antrages 141/A an den Justizausschuss ........................................    205

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Opfer der anti-homo­sexuellen Sonderstrafgesetze amnestiert, rehabilitiert und entschädigt werden (Amnestie-, Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetz AREG) (151/A) .............    205

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek ...............................................................................................    205

Dr. Johannes Jarolim .............................................................................................    208

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................    209

Dr. Peter Fichtenbauer ...........................................................................................    210

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................    211

Zuweisung des Antrages 151/A an den Justizausschuss ........................................    212

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Ein­kommensteuergesetz 1988 – EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, geändert wird (173/A) ......................................................................................................................    212

Redner/Rednerinnen:

Lutz Weinzinger ......................................................................................................    212

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    212


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 6

Dr. Johann Georg Schelling ..................................................................................    213

Theresia Haidlmayr .................................................................................................    214

Sigisbert Dolinschek ..............................................................................................    215

Zuweisung des Antrages 173/A an den Finanzausschuss ......................................    216

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ...............................................................................................      16

64: Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowe­nien und der Slowakischen Republik zu dem Übereinkommen über die Beseiti­gung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen ver­bundenen Unternehmen samt Protokoll

65: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinarge­setz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001 und das Militärauszeichnungsge­setz 2002 geändert werden

66: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird

69: Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Ge­meinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen

72: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur vierten Wiederauffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 4)

Berichte ....................................................................................................................      17

III-48: Bericht, Reihe Bund 2007/4; Band 1 – WIEDERVORLAGE; Rechnungshof

III-49: Bericht, Reihe Bund 2007/4; Band 2 – WIEDERVORLAGE; Rechnungshof

III-50: Bericht, Reihe Bund 2007/4; Band 4 – WIEDERVORLAGE; Rechnungshof

III-51: Bericht, Reihe Bund 2007/4; Band 3 – WIEDERVORLAGE; Rechnungshof

III-52: Bericht, Reihe Bund 2007/5; Rechnungshof

III-53: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bun­desbedienstetenschutzes im Jahr 2003/2004, 2005 und den Fünfjahresbe­richt 2000–2004; BM f. Wirtschaft und Arbeit

III-54: Bericht betreffend das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jah­re 2006 bis 2010; BM f. Finanzen

III-56: Österreichischer Baukulturreport 2006; BM f. Unterricht, Kunst und Kultur sowie BM f. Wirtschaft und Arbeit

Anträge der Abgeordneten

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Neuausschreibung der Staatskontenführung (190/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 7

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Totalreform des Öko­stromgesetzes (191/A)(E)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition und Streubomben (192/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Unterstützung eines „informativen Informationsprojektes“ zur Agro-Gentechnik (626/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Unterstützung eines „innovativen Informationsprojektes“ zur Agro-Gentechnik (627/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Unterstützung eines „innovativen Infor­mationsprojektes“ zur Agro-Gentechnik (628/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Unterstützung des „innovativen Informationsprojek­tes“ zur Agro-Gentechnik (629/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Unterstützung eines „innovativen Informa­tionsprojektes“ zur Agro-Gentechnik (630/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Sicherheit von Reisepässen – Biometrische Merkmale – Schutz vor Klonen und (Ver-)Fälschungen“ (631/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend chemische Kampfstoffe in Containern aus Übersee (632/J)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Befangenheit und Nebengeschäfte eines Konkursrichters (633/J)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rechtswidrige Versicherung eines Konkursrichters (634/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend ArbeitnehmerInnenschutz (635/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Schwarzarbeit (636/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beschäftigung (637/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beschäftigung (638/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Beschäftigung (639/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 8

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Beschäftigung (640/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Beschäftigung älterer Menschen (641/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend „RASFF-Meldungen – Schnellwarnsystem für Le­bensmittel und Futtermittel“ (642/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schwarzarbeit (643/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend ArbeitnehmerInnenschutz (644/J)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Situation der Bäuerinnen in Österreich (645/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Gesundheitspolitik (646/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Pensionen und Schwerarbeit (647/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Schwarzarbeit (648/J)

Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Diensthundestaffel „Steiermark-Nord“ (649/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend ArbeitnehmerInnenschutz (650/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend ArbeitnehmerInnenschutz (651/J)

Edeltraud Lentsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend angekündigtes Frauenförderungsprogramm im Bundesbereich (652/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend mögliche fahrlässige Vorgangsweise des Ministerialrats Mag. Edwin Wall im Zusammenhang mit der Draken-Nachfolgebeschaffung (653/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die unerlaubte Geschenkannahme durch „Air-Chief“ Generalmajor Erich Wolf (654/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend „Strafen nach dem LMSVG“ (655/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Fluggastentschädigung nach der VO (EG) Nr. 261/2004 – Schlichtungsstelle in Österreich – Beschwerden von Fluggästen“ (656/J)

Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend verbotenes Glücksspiel in Niederösterreich (657/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 9

Michael Ehmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend SPK-Graz Infrastruktur und bauliche Maßnahmen (658/J)

Michael Ehmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Taxi-Sitzkontaktsystem (659/J)

Michael Ehmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Taxi-Sitzkontaktsystem (660/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Position des österreichischen Weltbank-Vertreters zu Rücktrittsforderung an Präsident Wolfowitz (661/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Nahrungsergänzungsmittel/Gefälschte Arzneimittel – Doping & Gesundheits­gefährdung – Gerichtliche Verfahren 2006“ (662/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Nahrungsergänzungsmittel/Gefälschte Arzneimittel – Doping & Gesundheits­gefährdung – Sicherheitspolitische Ermittlungen im Jahre 2006“ (663/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend „Sicherheit im Bezirk Mistelbach nach Erweiterung der Schengengren­zen“ (664/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Integrationsvereinbarung in Österreich“ (665/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtliche Finanzstrafverfahren im Jahr 2006“ (666/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die „Sizilianischen Geschäfte“ des Wiener Staatsoperndirektors (667/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einbruchsdiebstähle und der damit einhergehenden Anfallshäufigkeit in den angeführten Gemeinden (668/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Diskriminierung und Rechtsbruch durch BAWAG/PSK – so einfach ist das nicht! (669/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend Gewährleistung von PatientInnenrechten und Ver­fassungskonformität in der Substitutionstherapie (670/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Hilfe für Traumatisierte, im Speziellen der Kürzung der Förderung für den Verein ASPIS, Forschungs- und Beratungszentrum für Opfer von Gewalt (671/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ein­gliederung der Behindertenplanstellen in den allgemeinen Stellenplan des Bundes­dienstes (672/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend Streichung der Mitversicherung für Angehörige mit Behinderung (673/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 10

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Zeugniserlass für SchülerInnen in Sonderschulen (674/J)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend City-Shuttle-Garnituren im Fernverkehr als „Schoko-Expreß“ (675/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend fehlende Möglichkeiten zum Holztransport auf der Schiene (676/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Neben­beschäftigungen (677/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Nebenbeschäftigungen (678/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Nebenbeschäftigungen (679/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Nebenbeschäftigungen (680/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Nebenbeschäftigungen (681/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Nebenbeschäftigungen (682/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nebenbeschäftigungen (683/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Nebenbeschäftigungen (684/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Kon­sumentenschutz betreffend Nebenbeschäftigungen (685/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Nebenbeschäftigungen (686/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Nebenbeschäftigungen (687/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Nebenbeschäftigungen (688/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Nebenbeschäftigungen (689/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Strafrechtliches Entschädigungsgesetz – Vollziehung im Jahr 2006 – Zahlen und Fakten“ (690/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend betreffend „Lebensmitteluntersuchungen auf Pflanzenschutz­mitteln (Pestizide) – Ergebnisse – Risikobewertung im Jahr 2006“ (691/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 11

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Zensur der Akten für den Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (692/J)

Sonja Ablinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Lehrlingsfreifahrt bei geblocktem Berufschulbesuch (693/J)

Sonja Ablinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Gehalts- und Ausbildungsupgrade für Lehrerinnen für Werkerziehung (694/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Aufsicht über Sozialversicherungs­träger AUVA – Amputation als Unfallheilbehandlung (695/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Militärspital Schwaz (696/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ungefilterte Entlüftung der Abgase des Plabutschtunnels (697/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ungefilterte Entlüftung der Abgase des Pla­butschtunnels (698/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend aktuellen Stand der Planung des zweiten Süd­gürtels in Graz (699/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Umsetzung steuerlicher Vorteile für Bio- und Erdgas als Kfz-Treibstoff (700/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung steuerlicher Vorteile für Bio- und Erdgas als Kfz-Treibstoff (701/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend verbotenes Glücksspiel in Niederösterreich (657/J) (Zu 657/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (302/AB zu 310/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (303/AB zu 294/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen (304/AB zu 298/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (305/AB zu 309/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 12

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (306/AB zu 344/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (307/AB zu 315/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (308/AB zu 307/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (309/AB zu 299/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard The­messl, Kolleginnen und Kollegen (310/AB zu 462/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Veit Schalle, Kolleginnen und Kollegen (311/AB zu 324/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (312/AB zu 318/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (313/AB zu 319/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (314/AB zu 330/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (315/AB zu 341/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (316/AB zu 359/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (317/AB zu 353/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (318/AB zu 320/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (319/AB zu 317/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Be­cher, Kolleginnen und Kollegen (320/AB zu 323/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (321/AB zu 344/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (322/AB zu 403/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (323/AB zu 415/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (324/AB zu 332/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 13

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Barbara Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (325/AB zu 381/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (326/AB zu 418/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (327/AB zu 328/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (328/AB zu 322/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (329/AB zu 327/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (330/AB zu 361/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (331/AB zu 408/J)

der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (332/AB zu 326/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (333/AB zu 392/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (334/AB zu 350/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (335/AB zu 325/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kai Jan Krainer, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Werner Kogler, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (336/AB zu 372/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (337/AB zu 366/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria The­resia Fekter, Kolleginnen und Kollegen (338/AB zu 355/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (339/AB zu 348/J)

der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (340/AB zu 343/J)

der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (341/AB zu 402/J)

der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (342/AB zu 414/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (343/AB zu 331/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 14

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (344/AB zu 365/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (345/AB zu 360/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (346/AB zu 362/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (347/AB zu 369/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (348/AB zu 471/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (349/AB zu 335/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (350/AB zu 336/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (351/AB zu 337/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (352/AB zu 339/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (353/AB zu 356/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen (354/AB zu 354/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (355/AB zu 334/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (356/AB zu 333/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kollegin­nen und Kollegen (357/AB zu 342/J)

der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (358/AB zu 342/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kollegin­nen und Kollegen (359/AB zu 370/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (360/AB zu 385/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (361/AB zu 345/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen (362/AB zu 367/J)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (363/AB zu 351/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 15

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (364/AB zu 338/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (365/AB zu 352/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (366/AB zu 358/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (367/AB zu 364/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (368/AB zu 346/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (369/AB zu 363/J)

*****

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (4/ABPR zu 2/JPR)


09.02.31


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 16

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die 20. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 17. Sitzung vom 29. März 2007 sowie der 18. und 19. Sit­zung vom 30. März 2007 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstan­det geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Hlavac, Mandak, Mag. Weinzinger, Ing. Hofer, Neubauer, Mag. Stadler.

09.02.51Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 626/J bis 691/J; Zurückziehung: 657/J;

2. Anfragebeantwortungen: 302/AB bis 369/AB;

Anfragebeantwortung (Präsidentin des Nationalrates): 4/ABPR;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001 und das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert wer­den (65 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (66 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur vierten Wieder­auffüllung des Globalen Umweltfazilität-Treuhandfonds (GEF 4) (72 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Un­garn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowa­kischen Republik zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteue­rung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen samt Protokoll (64 d.B.);


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 17

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2007/4; Band 1 – WIEDERVORLAGE (III-48 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2007/4; Band 2 – WIEDERVORLAGE (III-49 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2007/4; Band 4 – WIEDERVORLAGE (III-50 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2007/4; Band 3 – WIEDERVORLAGE (III-51 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2007/5 (III-52 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen (69 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeits­inspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 2003/2004, 2005 und den Fünfjahresbericht 2000–2004 (III-53 d.B.);

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend das Österreichische Stabilitäts­programm für die Jahre 2006 bis 2010 (III-54 d.B.);

Kulturausschuss:

Österreichischer Baukulturreport 2006 vorgelegt von der Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur sowie dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (III-56 d.B.).

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters gebe ich bekannt, dass der Dritte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Klub der Grünen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 692/J der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zensur der Akten für den Untersu­chungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen dringlich zu be­handeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 18

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 260/AB


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich ebenfalls mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 260/AB der Anfrage 254/J der Abgeordne­ten Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankündigung des Bundesminis­ters für Landesverteidigung, einen Ausstieg aus dem Eurofightervertrag anzustreben, durch den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Prä­sidialkonferenz ist eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ in Aussicht genommen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 116 Minuten, Grüne sowie FPÖ je 92 Minuten und BZÖ 64 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, ja einstimmig angenommen.

09.05.211. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (43 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsge­setz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatz­steuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgaben­verwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durch­führungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bun­desfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebens­mittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltför­derungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bundes­bahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007) (67 d.B.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 19

2. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (68 d.B.)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur Debatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


9.07.07

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Nicht alles, was in diesem Budgetbegleitgesetz enthalten ist, wird von den Grünen grundsätzlich abgelehnt. Ich erwähne etwa den Versuch, die sogenannten Karussell-Geschäfte in der Umsatzsteuer im Bereich des Schrotthandels und des Alteisens durch das sogenannte Reverse Charge abzustellen, das heißt den Übergang der Steuerschuld vom Leistungserbringer auf den Leistungsempfänger.

Oder ich erwähne die Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes, nach der die Bera­tungsleistungen der Bundesfinanzierungsagentur auch den anderen Gebietskörper­schaften – Ländern, Gemeinden – sowie den ausgegliederten Unternehmungen bereit­gestellt werden sollen. Und wenn das noch verknüpft wird mit einem Transparenz­schub über das, was diese Bundesfinanzierungsagentur tut, dann wird es dem Hohen Haus auch irgendwann einmal möglich sein, das zu verstehen, was im Kapitel 58 bei der Finanzierung der Finanzschuld enthalten ist.

Ich erwähne weiters die Neuregelung der Wertpapierdeckung für die Pensionsrückstel­lung nach Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof. Das ist grundsätzlich positiv zu beurteilen. Problematisch ist aber, dass der Gewinnzuschlag bei fehlender Wertpa­pierdeckung von 60 auf 30 Prozent des nicht vorhandenen Wertpapierbestandes redu­ziert werden soll. Das senkt die Kosten der Unterdeckung, reduziert die Sanktionierung bei Fehlverhalten und macht das Gesetz, diese Gesetzesänderung, insgesamt weniger bissig. Längerfristige Unterdeckungen sollten jedenfalls vermieden werden, da sie ein Risiko für die Pensionsberechtigten darstellen. Bei wirtschaftlichen Problemen des Un­ternehmens ist ja nicht nur der Job weg, sondern auch die Betriebspension. Und das sollte wohl jedenfalls verhindert werden. (Beifall bei den Grünen.)

Aber das Kernstück dieses Budgetbegleitgesetzes ist die Mineralölsteuererhöhung, die, so die Bundesregierung, eine Sicherstellung für die Erreichung des nationalen Kyoto-Zieles sein soll. Zu diesem Zweck wird die Mineralölsteuer um 3 Cent pro Liter für Benzin beziehungsweise 5 Cent pro Liter für den Diesel erhöht. Das macht in Summe immerhin 440 Millionen € aus.

Wofür werden diese 440 Millionen € verwendet? – Zunächst einmal gibt es eine Pau­schalvorsorge für die Infrastrukturunternehmen ÖBB und ASFINAG: 60 beziehungs­weise 120 Millionen €. Aber wie die Aufteilung dieser Mittel auf die ÖBB und auf die ASFINAG erfolgen soll, das wissen wir bis heute nicht. Jedenfalls ist anzunehmen, dass der größere Teil davon als Eigenkapitaldeckungsmittel für die ASFINAG zur Ver­fügung gestellt werden wird.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 20

Zweiter Punkt: Die Finanzierung des Klimaschutzfonds. Lange haben wir die Finanzie­rungsmittel im Budget gesucht, bis wir – na ja, fündig geworden sind wir nicht. Es gab vergangene Woche, am Freitag, im Budgetausschuss einen Abänderungsantrag, eine bundesfinanzgesetzliche Ermächtigung, wonach 50 Millionen heuer und 150 Millionen im kommenden Jahr für den Klimaschutzfonds zur Verfügung gestellt werden sollen. – Und ein Teil der Mittel aus der Mineralölsteuer, nämlich jener Teil, der den Ländern und Gemeinden zufließt, soll dem öffentlichen Personennahverkehr zugeführt werden.

Das ist grundsätzlich alles ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleibt natürlich eine Reihe von Problemen bestehen:

Es wird sich – erstens – das nationale Kyoto-Ziel mit dieser Maßnahme allein wohl nicht erreichen lassen. Dazu müssten schon noch zusätzliche und andere Maßnahmen ergriffen werden.

Zweitens: Das Problem des „Tank-Tourismus“ bleibt weiterhin bestehen. Bestehen bleibt auch, und das ist klimapolitisch kontraproduktiv, die Spreizung zwischen Diesel auf der einen Seite und Benzin auf der anderen Seite.

Völlig unzureichend scheint mir auch zu sein, dass die Zurverfügungstellung der Mittel an Länder und Gemeinden für den öffentlichen Personennahverkehr lediglich im Rah­men einer politischen Vereinbarung festgelegt wurde. Sinnvoller wäre gewesen, das im Finanzausgleichsgesetz festzulegen und gleichzeitig zu beschließen, dass Evaluierun­gen diesbezüglich stattzufinden haben, denn nur dann kann sichergestellt werden, dass diese Mittel auch tatsächlich in den öffentlichen Personennahverkehr fließen.

Schließlich und endlich – und das ist wohl das größte Problem dieser Mineralölsteuer­erhöhung –: Der soziale Ausgleich ist unzureichend. Dies auch dann, wenn gestern Abend noch ein Abänderungsantrag eingebracht wurde, der eine Erhöhung der Nega­tivsteuer von 110 € im Jahr auf 200 € im Jahr vorsieht.

Warum ist das unzureichend? – Das ist deshalb unzureichend, weil das nur ein erster Schritt in diese Richtung der Abgeltung für Niedrigeinkommensbezieherinnen und -be­zieher sein kann, macht doch allein diese Erhöhung der Mineralölsteuer nach Berech­nungen der Arbeiterkammer Niederösterreich bei einer Wegstrecke von 45 km eine monatliche Mehrbelastung von 10,56 € aus; mal zwölf ergibt das 127 € pro Jahr – und die Erhöhung der Negativsteuer macht lediglich 90 € im Jahr aus, deckt also diese Mehrbelastungen für die Pendlerinnen und Pendler lediglich zu gut zwei Dritteln ab.

Da hat man also Zugang zu einer eher kleinlichen Regelung gesucht, während man in anderen Bereichen, nämlich dann, wenn es um die Millionenerben geht, überaus groß­zügig ist. Ich erinnere daran, dass die Regierungsparteien sich mehr oder weniger dar­in einig sind, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer auslaufen soll.

Ein weiteres Problem besteht aber im Zusammenhang mit der Pendlerpauschale darin, dass es weiterhin keine Versuche gibt, eine Gleichstellung zwischen den BenützerIn­nen des öffentlichen Verkehrs auf der einen Seite und der PKWs auf der anderen Seite herbeizuführen.

Ich komme zum nächsten Bereich, der Normverbrauchsabgabe. Hier haben wir es mit einer Änderung zu tun, die steuerlich korrektes Verhalten fördern soll. Hier werden Steuerschlupflöcher geschlossen. Das ist insgesamt positiv, aber es wird eine Chance vertan, die NoVA einer Ökologisierung zuzuführen. Die Chance für eine Neugestaltung der NoVA wird schlicht vergeben, nämlich in der Richtung, dass man den Deckel weg­fallen lassen könnte, der jene großen, verbrauchsstarken Autos, die sogenannten SUV, die heute wie die Schwammerl aus dem Boden schießen, so sehr begünstigt.


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Das Zweite ist, dass man durch eine progressive Gestaltung des Tarifes hätte versu­chen können, einen Anreiz für die Kaufentscheidung hinsichtlich der Größe des PKWs zu schaffen. Insgesamt also eine vertane Chance!

Das Budgetbegleitgesetz enthält aber auch eine Reihe von Maßnahmen, wo sich Lobbys durchgesetzt haben, etwa im Rahmen der Körperschaftsteuer. Da war im Mi­nisterialentwurf geplant, die Fremdfinanzierungszinsen im Zusammenhang mit Gewinn­ausschüttungen für nicht abzugsfähig zu erklären. Aber das ist offensichtlich den inter­venierenden Lobbys zum Opfer gefallen.

Ein zweiter Bereich betrifft die Reform des Bundeshaushaltsgesetzes. Hier hat sich die Regierung vorgenommen, die Kosten aus Rechtsvorschriften für Unternehmen bis zum Jahr 2010 um 25 Prozent zu senken, und dementsprechend sollen nach diesem Ge­setzentwurf für neue rechtsetzende Maßnahmen die Folgekosten für Unternehmen be­wertet werden.

Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, die Folgekosten von Gesetzen zu mini­mieren. Wenn aber damit Hoffnungen verknüpft werden, dass das ein Wachstums­träger sein kann, so kann ich nur sagen: Das ist wohl eine große Illusion. Und wenn ich sehe, dass dafür im Bundesministerium für Finanzen eine eigene Abteilung eingerich­tet wurde, die, ich weiß nicht, sechs, sieben oder acht Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat, so denke ich mir: Wo bleibt hier die Verwaltungskosteneinsparung im öffentlichen Dienst?

Und noch bunter wird es, wenn ich daran denke, dass für dieses Projekt eine eigene Internetseite eingerichtet wurde, www.verwaltungskostensenken.at, initiiert durch das Bundesministerium für Finanzen, zusammen mit zehn anderen Ressorts. Und als Partner auf dieser Internetseite sind prominent vertreten – na, wer? – Die Wirtschafts­kammer Österreich und die Industriellenvereinigung! Da kommen doch böse Gedanken hoch, wenn man hört: Internetseite und Industriellenvereinigung. (Abg. Dr. Stummvoll: Ganz böse Gedanken!) Aber Spaß beiseite, Herr Bundesminister: Wie hoch sind denn die Kosten für die Einrichtung dieser Internetseite? Und wo sind denn die anderen Partner, etwa die Arbeitnehmervertretungen oder aber die Konsumentenschützer?

Folgendes ist im Zusammenhang mit diesem Projekt sicher: dass es zu einer Aushöh­lung von Bestimmungen kommen kann, die zulasten der Konsumentinnen und Konsu­menten geht, oder dass Standards gesenkt werden. Und das könnte beispielsweise auch den Umweltbereich betreffen. Hier wäre es doch wohl von Interesse, jedenfalls auch die anderen Stakeholder in diesen Prozess mit einzubeziehen.

Wenn hier ein „Reförmchen“ im Rahmen dieser Haushaltsrechtsänderung angespro­chen wird, so frage ich Sie, Herr Bundesminister für Finanzen: Wo bleibt denn die eigentliche Reform des Haushaltsrechtes, die wohl deutlich wichtiger wäre als dieses Projekt „verwaltungskostensenken.at“? – Ein Vorschlag ist bereits in der vergangenen Legislaturperiode dem Hohen Haus zugeführt worden, mit hehren Zielen, etwa dem Übergang von einer inputorientierten zu einer outputorientierten Budgetierung oder zu einer mittelfristigen Finanzrahmenplanung.

Wo, Herr Finanzminister, bleibt dieses Projekt? – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

9.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.


9.19.06

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Budgetbe­gleitgesetz 2007 beschließen wir die legistische Grundlage in vielen Bereichen für ein


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erfolgreiches Doppelbudget 2007/2008, ein Doppelbudget, das eine Finanzpolitik fort­setzt mit der Doppelstrategie: einerseits Stabilität im Staatshaushalt, andererseits mas­sive Investitionen in die Zukunft. Das war in den letzten Jahren schon die Basis für eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung und auch für mehr Beschäftigung in Österreich. – Eine Politik für Wachstum und Beschäftigung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben hier, und das haben einige Oppositionsredner auch im Budgetausschuss anerkannt, ein echtes Budgetbegleitgesetz, wo wirklich nur Maßnahmen drinnen sind, die im engsten Zusammenhang mit diesem Doppelbudget stehen. Ich möchte mich vor allem auf den Steuerteil konzentrieren.

Ich möchte als Erstes auf die Erhöhung der Mineralölsteuer eingehen, was auch mein Vorredner gemacht hat. In diesem Bereich hat es zweifellos Irritationen gegeben, meine Damen und Herren, und zwar deshalb, weil im Regierungsprogramm bekannt­lich steht: 1 Cent auf Benzin, 3 Cent auf Diesel – und jetzt kommen 3 Cent auf Benzin und 5 Cent auf Diesel.

Das ist leicht aufzuklären: Im Regierungsprogramm steht ausdrücklich, dass diese Maßnahme – 1 Cent und 3 Cent – für jenes massive Ausbauprogramm im Bereich Straße und Schiene dient, das in der Geschichte der Zweiten Republik das größte Aus­bauprogramm im Bereich Infrastruktur ist. Und zusätzlich kommt jetzt noch die große Herausforderung der Menschheit, der Klimaschutz, dazu.

Was die Infrastruktur betrifft, meine Damen und Herren, bin ich wirklich sehr froh, dass wir diesen massiven Vorstoß in Richtung Zukunftsinvestitionen unternehmen. Ich habe selbst – das war noch in der Zeit, als ich selbst im Finanzministerium als Staatssekre­tär war – oft kritisiert, dass wir im Budget zu wenig für die Zukunft investieren.

Ich meine, es ist wahnsinnig wichtig, in diese Infrastruktur zu investieren. Ich sage das nicht zuletzt auch als Mandatar einer ländlichen Region, weil ich weiß, dass die Ver­kehrspolitik, also Ausbau von Straße und Schiene, das wichtigste Instrument der Regionalpolitik ist. Da gilt der simple bäuerliche Grundsatz: Die Hendl rennen dort hin, wo du die Körner hinstreust! Und wo du keine gescheite Straßenverbindung, keine ge­scheite Bahnverbindung hast, wird es kaum Betriebe geben, werden sich keine neuen Betriebe ansiedeln. Betriebe bedeuten immer: Arbeitsplätze, Einkommenschancen und letztlich soziale Sicherheit.

Das heißt: Ein bekennendes Ja zu diesem massiven Ausbau der Infrastruktur Straße und Schiene, aber letztlich auch Breitbandoffensive.

Meine Damen und Herren! Der Klimaschutz als zweite Herausforderung im Rahmen dieser MöSt-Erhöhung. – Hinsichtlich des Klimaschutzes muss man sagen: Im Moment ist die Bewusstseinslage für Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes wahrscheinlich so gut wie noch nie. Ich glaube, das, was in den letzten Jahren, in den letzten Monaten an Klimaveränderung passiert ist, hat das Interesse an der Klimaschutzpolitik enorm erhöht. Und wenn wir jetzt erste Schritte mit diesem Beitrag von 50 Millionen im Bud­get 2007 und 150 Millionen im Budget 2008 setzen und wenn wir am 25. Mai im Minis­terrat die Regierungsvorlage Klimafonds beschließen werden, dann ist das geradezu ein historischer Zeitpunkt, weil wir damit ein deutliches Signal setzen, auch internatio­nal, dass uns bewusst ist, dass wir eine unglaublich große Verantwortung für unsere Kinder, für unsere Enkelkinder im Bereich des Klimaschutzes haben.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir mit Sepp Pröll einen Minister haben, der als Lebensminister natürlich der klassische Klimaschutzminister sein muss. Dies ist wirk­lich eine Herausforderung für ihn, und wir sind aufgerufen, ihn dabei zu unterstützen.


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Ich freue mich, dass breiter Konsens darüber besteht, im Bereich Klimaschutz offensiv zu werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage ganz offen: Ich kenne die Regierungsvorlage zum Klimafonds noch nicht, aber ich erwarte mir schon, dass darin auch entsprechende Incentives in Richtung Innovation enthalten sind. Für mich ist der Schlüssel zum Klimaschutz die Innovation.

Ich erinnere daran, dass erst vor Kurzem – es war, glaube ich, Anfang März – in der „FAZ“ Professor Lucas von der Akademie der Wissenschaften in Berlin gemeint hat, dass ohne Wohlstandsverlust das Energiesparpotenzial rund 50 Prozent beträgt. Daran sieht man, welche Herausforderung wir hier vor uns haben.

Um nur einige Beispiele zu nennen: Es ist wahrscheinlich noch viel zu wenig bekannt aus dem Bereich Lichtlösungen, dass eine traditionelle Glühlampe 95 Prozent Wärme und 5 Prozent Licht erzeugt. Allein mit modernen Energiesparlampen könnten wir unglaubliche Energiesparpotenziale nutzen. Ich erwarte mir, dass hier schon auch In­centives für weitere Forschung, Entwicklung und Innovationen im Bereich Klimaschutz getätigt werden können.

Oder die Frage Wärme, Hausdämmung, Renovierung, Isolierung, hier haben wir auch Überlegungen – und die werden wir, wenn wir die Steuerreform 2009 verhandeln, ein­bringen – in Richtung steuerliche Incentives, um die Wärmedämmung im Wohnbau zu fördern. Wir haben hier unglaubliche Reserven im Bereich Energiesparen.

Noch ein Vergleich, den ich unlängst gelesen habe: Wenn in der EU in alle TV-Geräte Elektro-Spar-Chips eingebaut würden, würde das allein drei kalorische Kraftwerke er­sparen!

Meine Damen und Herren, unglaubliche Reserven, die wir im Bereich Klimaschutz haben! Daher ist es richtig und notwendig, dass wir einen Teil der MöSt-Erhöhung auch für Maßnahmen zum Klimaschutz verwenden und den Klimafonds demnächst hier beschließen, noch vor dem Sommer. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Pfeffer.)

Die zweite steuerliche Maßnahme, meine Damen und Herren, auf die ich eingehen möchte, wo man darüber streiten kann, ob man das machen soll oder nicht – ich weiß, es gibt da unterschiedliche Meinungen –, ist diese kleine Änderung beim nicht entnom­menen Gewinn, nämlich dass die Nachversteuerung zu jenem Steuersatz erfolgt, der auch bei der Inanspruchnahme gegolten hat.

Ich weiß, da gibt es verschiedene Meinungen, wir stimmen hier zu, und ich sage ganz offen, ich neige jener Meinung zu, die sagt, dass der nicht entnommene Gewinn – so ehrlich muss man sein – nicht das gebracht hat, was wir uns seinerzeit bei der Steuer­reform 2004/2005 erwartet haben. Aber es hat jetzt keinen Sinn, hier herumzudoktern, sondern ich erwarte und bin selbst mit Experten daran, hier ein neues Konzept einer modernen Unternehmensbesteuerung zu entwickeln, eine Unternehmensbesteuerung, die vor allem aufhört mit jener an sich unsinnigen Grundlage, wonach wir heute eine rechtsformabhängige Ertragsbesteuerung haben.

Wir wollen eine moderne Unternehmensbesteuerung mit einer rechtsformneutralen Be­steuerung. Es kann ja nicht wahr sein, dass meine Steuerleistung, wenn ich erfolgreich bin, wenn ich Ertrag habe, davon abhängt, ob ich zum Beispiel ein Einzelunternehmer oder eine GesmbH bin. In diesem Bereich haben wir auch noch eine gewaltige Her­ausforderung vor uns.

Ich bin froh darüber, dass wir mit unserem Finanzminister Willi Molterer einen Finanz­minister haben, der diese Herausforderung sieht, der uns ermuntert hat, in diese Rich­tung tätig zu werden. Ich freue mich schon auf die Diskussion über die Steuerreform, wobei wir aber wissen müssen – und ich bekenne mich dazu –: Für diese Steuerreform


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müssen wir in den nächsten zwei, drei Jahren erst den Spielraum schaffen, denn eine Steuerreform, die wir auf Schulden finanzieren, wäre für mich keine Steuerreform, die ich gutheißen könnte.

In diesem Sinne herzlichen Dank, Herr Finanzminister, für dieses Budgetbegleitgesetz, herzlichen Dank auch für alle aufmunternden Zurufe, in Richtung Klimaschutz, in Rich­tung Energiesparen, aber auch in Richtung moderne Unternehmensbesteuerung tätig zu werden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Gradauer. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte.


9.27.09

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Präsidentin! Meiner Ansicht nach ist die Budgetsituation schon etwas deprimierend, denn ich muss feststellen: Was immer die Opposition dazu einbringt, ändern wird sich wohl nichts!

Zweitens: Der schon bisher falsche Weg in der Budgetpolitik wird leider Gottes fortge­setzt.

Ich blende etwas zurück. Was haben die Koalitionspartner, speziell die SPÖ, vor der Wahl nicht alles versprochen? – Abschaffung der Studiengebühren, Abbestellung der Eurofighter, jeder Steuerzahler wird einen Vorteil von 500 € Steuerentlastung bekom­men, also mehr Geld in der Geldtasche haben, die Lohnnebenkosten werden gesenkt. Vor allem aber war keine Rede davon, dass Steuererhöhungen anstehen.

Die Bevölkerung weiß es in der Zwischenzeit ohnedies, längst weiß sie es: Verspro­chen – nicht gehalten! Mich wundert es wirklich nicht, dass die Leute sauer auf die Politik sind.

Die SPÖ war es, die in der Wahlauseinandersetzung die soziale Kälte der letzten Re­gierung stark kritisiert hat. Aber ich frage: Wo bleibt denn jetzt die soziale Wärme unter Bundeskanzler Gusenbauer?

Die rot-schwarze Bundesregierung versteht es hervorragend, den Bürgern tief in die Taschen zu greifen. Mich erinnert das an alte großkoalitionäre Zeiten; das zeigen schon jetzt die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge, die Erhöhung der Mine­ralölsteuer – ich werde dann noch genauer darauf eingehen –, die geplante Abschaf­fung des Absetzbetrages für nicht entnommene Gewinne, die bereits angekündigte Verteuerung der Autobahnvignette und so weiter.

Offensichtlich ist auch die Erbschafts- und Schenkungssteuer noch nicht ganz vom Tisch, sie ist nämlich noch budgetiert, obwohl vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Wir von den Freiheitlichen fordern noch einmal und dringend die sofortige Abschaffung die­ser beiden ungerechten Steuern.

Und wer letztlich die Pflegekosten zu bezahlen hat, wird sich noch herausstellen. – Ich befürchte, es werden die Betroffenen selbst sein.

Zum Budgetbegleitgesetz. – Gleich vorweg: Wir Freiheitlichen sind gegen dieses Ge­setz, denn es ist die Vorstufe zu einem falsch gesetzten Budget.

Zum Bundesmuseen-Gesetz: Die Reaktionen vonseiten der Kunst sagen alles: Unzu­friedenheit auf der ganzen Linie! – Auch da wurde viel mehr versprochen, als jetzt Geld zur Verfügung gestellt wird.

Speziell zur Mineralölsteuer: Ich glaube, das ist im Moment der größte Sündenfall die­ser neuen Bundesregierung. Schon jetzt – ohne die Erhöhung! – zahlen die Autofahrer


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jährlich 3,7 Milliarden € an Mineralölsteuer. Was mich dabei besonders aufregt, ist, dass jeder Autofahrer darauf noch zusätzlich 20 Prozent Mehrwertsteuer berappen muss. Also wir alle zahlen Steuer für die Steuer – und das finde ich total ungerecht.

Wenn man alle Abgaben, die im Straßenverkehr kassiert werden, berücksichtigt, wer­den es ab 1. Juli dieses Jahres 11,8 Milliarden € sein, die die Autofahrer zu berappen haben.

Die angekündigte Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Cent beziehungsweise 5 Cent bei Diesel zeigt einmal mehr, dass für die Regierung die Autofahrer die Melkkuh dieser Nation darstellen. Es ist eine Erhöhung der Mineralölsteuer von 16,6 Prozent bei Diesel und 7,2 Prozent bei Benzin vorgesehen.

Sie erinnern sich: Im Jahre 1987 wurde die Zweckbindung der Mineralölsteuer für Stra­ßenbau und Straßenerhaltung aufgehoben. Seither dient diese Steuer nur noch zum Stopfen von Budgetlöchern – anstatt von Asphaltlöchern! Die Mineralölsteuer muss wieder zur Gänze zur Finanzierung der Infrastruktur verwendet werden!

Der ÖAMTC hat vor Kurzem eine Statistik herausgegeben, wie viel der Betrieb eines Autos im Vergleich 1999 zu 2007 kostet. Es wurde ein VW Golf mit einer durchschnitt­lichen Leistung von 15 000 Jahreskilometern und einem Verbrauch von 7 Litern auf 100 Kilometer untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass beim benzinbetriebenen Fahrzeug die Kosten von 1 007 € auf 1 439 € gestiegen sind und beim Dieselfahrzeug von 737 € auf 1 211 €. Demnach eine Steigerung von 43 Prozent beim Benzinauto und von 64 Prozent beim Dieselauto.

Es sind demnach durch die jetzige Mineralölsteuererhöhung und durch die anderen Erhöhungen aus der Vergangenheit netto fast 500 € mehr an Betriebskosten für ein solches Fahrzeug zu bezahlen. Das ist ein direkter Griff in die Geldtaschen der Öster­reicher!

Dass der Herr Finanzminister Geld braucht, ist verständlich, es fragt sich aber: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? – Es gibt eine klare Antwort darauf: Sparen sollte das Ziel dieser Regierung sein, und zwar an der richtigen Stelle, nämlich bei sich selbst! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich mache einen kleinen Schwenk zur Gemeinde Wien, hier zeigt sich die „soziale Wärme“, die von dieser von der SP geführten Gemeinde ausgeht: Die Parkgebühren werden um 50 Prozent erhöht, gleichzeitig die Gültigkeit dieser Kurzparkzonen von 20 auf 22 Uhr ausgedehnt. Die Fahrscheine für die öffentlichen Verkehrsmittel werden verteuert, der Preis für Strom und Gas um 17 Prozent erhöht, die Gebühren für die Müllabfuhr um 19 Prozent, die Abwassergebühren um 28 Prozent und der Kulturförder­beitrag um 34 Prozent. Das ist die „soziale Wärme“ der SPÖ!

Ich hoffe, dass sich die Wiener und Wienerinnen das auf Dauer nicht gefallen lassen und diese Abkassierer nicht mehr wählen. (Abg. Parnigoni: ... Bundesbudget!) – Ich komme darauf zu sprechen.

Die Gerichtsgebührenerhöhung zum Beispiel. Für die Unterschriften-Beglaubigung sind im neuen Gesetz in zwei Stufen Erhöhungen vorgesehen: von 2 € auf 3 € und von 4 € auf 11 €. Das bedeutet eine Gebührenerhöhung von 50 beziehungsweise 175 Prozent. Und das trifft einfache Menschen, die Beglaubigungen im Gerichtsgebäude machen müssen, weil sie keinen Notar an ihrer Seite haben.

Ein weiterer Grund dafür, dass wir dieses Budgetbegleitgesetz ablehnen, ist die Neu­einführung einer Rückbuchungsgebühr von 6 €. Bei einem fehlgeschlagenen Versuch für eine Abbuchung werden von der P.S.K. 6 € eingehoben. Gleichzeitig wird die bisher schon bestehende Einhebungsgebühr von 7 € auf 8 € erhöht. – Es wird gnadenlos ab­kassiert!


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Dazu eine Bemerkung: Bekanntlich ist die BAWAG P.S.K. die Hausbank dieser Repub­lik. Die Exklusivität stärkt natürlich die Bankseite; das ist fast ein Freibrief für Gebüh­renerhöhungen. Eine Neuausschreibung des Bundeszahlungsverkehrs könnte hier Wunder wirken. Jede unter Konkurrenzdruck agierende Bank hätte für den Großkun­den Staat im Falle der Abbuchungsgelder eine Sonderregelung zur Seite, nämlich bis zu 0 € Gebühren. Ich denke, die Steuerzahler würde das sehr freuen.

Alle Leistungen für den Bund müssen in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren vergeben werden, warum nicht auch die Führung der Staatskonten? Es gibt sicherlich österreichische Banken, die gleich gut wirtschaften können wie die BAWAG; daran dürfte nach dem Karibik-Desaster der BAWAG kein Zweifel bestehen! Wir haben des­halb einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht.

Noch ein Letztes zum Budgetbegleitgesetz: Bei der Mutwillensstrafe wird der Grenzbe­trag von 290 auf 400 € erhöht, das ist eine Erhöhung um 38 Prozent und ist mit nichts zu rechtfertigen. Da tun wir einfach nicht mit! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen sind nämlich der Meinung, dass es der falsche Weg ist, allein über die Einnahmenseite den Staatshaushalt zu finanzieren. Vielmehr sollten endlich Maß­nahmen gesetzt werden, um die großen Einsparungspotenziale zu nützen, wie zum Beispiel im Bereich der Verwaltung, vor allem aber durch eine tief greifende Staats­reform, die Doppelgleisigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vermeidet.

Ich bleibe dabei: Laut Ergebnis des Konvents sind bis zu 3 Milliarden € jährlich an Ver­waltungskosten einzusparen. Ich habe vor Kurzem beim Rechnungshof nachgefragt: Diese Zahl ist in keinster Weise in Frage gestellt worden.

Nicht Steuern erhöhen oder neue Steuern einführen, sondern Steuern senken und vor allem solche Steuern abschaffen, die weniger bringen, als der Verwaltungsaufwand ausmacht, wie es zum Beispiel bei der Erbschaftssteuer der Fall ist. Das ist die Forde­rung der Freiheitlichen Partei. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.


9.39.08

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollege Gradauer, wie absurd dieser Vorwurf des Abkassierens in Richtung Stadt Wien oder SPÖ ist, lässt sich am besten an dem Beispiel, das Sie selbst gebracht haben, nämlich Parkgebühr, belegen. Stimmt, die wird um 50 Prozent erhöht – das erste Mal seit 20 Jahren, seit 20 Jahren! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist sehr viel! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wissen Sie, was in den 20 Jahren passiert ist? – Die Inflation beträgt über 70 Prozent, während die Parkgebühren in Wien in diesen 20 Jahren gesunken sind. Wissen Sie, wieso? – Weil die Stadt Wien, als der Euro eingeführt wurde, etwas ganz anderes ge­macht hat als Sie, die Sie in der Bundesregierung gesessen sind. In Wien wurde die Euro-Einführung nicht dafür herangezogen, Gebühren zu erhöhen, sondern dort wurde abgerundet. In Wirklichkeit ist nämlich die Parkgebühr in den letzten 20 Jahren gesun­ken. Jetzt wird sie entsprechend der Hälfte der Inflationsrate angehoben. (Ruf: Abkas­sierer!) Wenn das soziale Kälte ist, dann kaufe ich mir gerne einen Anorak; da wird mir allerdings ziemlich heiß werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit den Budgetbegleitgesetzen zu den Budgets 2007 und 2008 machen wir jetzt Fol­gendes: dass wir wirklich ernsthaft nur Finanzgesetze und Budgetbegleitgesetze be­schließen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall, wurde auch zu Recht kritisiert. Die Bundesregierung geht hier einen anderen Weg, nämlich das Budgetbe­gleitgesetz seinem Namen entsprechend ernst zu nehmen. Wir beschließen hier eine


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Reihe von Gesetzen: Erhöhung der Schülerbeihilfe – von wegen „soziale Kälte“ – um 15 Prozent und eine Reihe von anderen Maßnahmen im Bereich Umsatzsteuer, Ein­kommensteuer.

Hervorheben möchte ich einen Bereich, den meine Vorredner auch schon als den Kernbereich anerkannt haben, nämlich die Frage der Erhöhung der Mineralölsteuer und damit verbunden die Dotierung des Klimaschutzfonds. Erstens einmal ist es so, dass dieser Klimaschutzfonds verursachergerecht finanziert wird. Einer der Hauptver­ursacher und vor allem Verursacher des vermehrten Aufkommens des Klimakillers CO2 ist der PKW-Verkehr, ist der LKW-Verkehr. Deswegen ist es der richtige Weg, den Kli­maschutzfonds auch über die Mineralölsteuer verursachergerecht zu finanzieren.

Das Zweite, weil vor allem in den letzten Jahren immer über Nachhaltigkeit gesprochen wurde, ist, dass diese Maßnahme ernsthaft und wirklich die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt. Es gibt drei Säulen der Nachhaltigkeit. Zumindest eine Säule ist in der Vergan­genheit immer wieder erfüllt worden, nämlich die wirtschaftliche Frage, ab und zu die ökologische Frage, während die soziale Frage in den letzten Jahren aus der Frage der Nachhaltigkeit ausgeblendet war. Und diese Maßnahme erfüllt alle drei. Erstens die wirtschaftliche Säule, weil wir es hiermit schaffen, innovative Unternehmen in Öster­reich dabei zu unterstützen, neue Produkte, neue Technologien zu entwickeln und her­zustellen und einfach auch Marktchancen zu bekommen, auch später im Export, also weit über die österreichischen Grenzen hinauswirkend.

Die zweite Säule, die ökologische Säule hat genauso positive Effekte, weil es uns da­mit gelingt, erstens einmal kurzfristig einen kleinen Beitrag zum Kyoto-Ziel zu errei­chen. Der wird nicht allzu groß sein, denn die Produkte und die Technologieförderun­gen, die durch diesen Klimafonds entwickelt werden, werden für Kyoto 1 eine geringere Auswirkung haben, aber durch die Erhöhung der MöSt erwarten wir uns bereits eine Reduktion des Tanktourismus und damit zumindest auch kurzfristig positive Effekte für die Klimapolitik, aber mittel- und langfristig vor allem sehr große Effekte.

Was, glaube ich, auch wesentlich ist, ist, dass wir nicht nur kurzfristige Effekte, sondern auch mittel- und langfristige Effekte erreichen wollen – und das nicht nur auf Österreich beschränkt. In Wirklichkeit wollen wir einen potentiell sehr positiven Beitrag zur Klima­politik weit über die Grenzen hinaus durch die Entwicklung neuer Technologien leisten.

Auch die dritte Säule, die in der Vergangenheit leider völlig ausgeblendet wurde aus der Diskussion, wird erfüllt, indem nämlich die Kosten hier sozial abgefedert werden, und das durch zwei Maßnahmen: einerseits durch die Erhöhung der Pendlerpau­schale – von wegen „soziale Kälte“ – um 10 Prozent. Aber auch für all jene, die so wenig verdienen, dass sie keine Einkommensteuer zahlen, wird jetzt die Negativsteuer­wirkung im Einkommensteuergesetz fast verdoppelt, das heißt, statt 110 € weniger an Sozialversicherungsbeiträgen zu zahlen, bis zu 200 € weniger an Sozialversicherungs­beiträgen – von wegen „soziale Kälte“! Auch für die untersten Einkommen gibt es also etwas Neues, was es in den letzten Jahren sehr wenig oder gar nicht gegeben hat, nämlich eine Maßnahme in diese Richtung, und das ist gut. Das ist eine gemeinsame Maßnahme dieser Bundesregierung, wo ich mich bei allen, die daran beteiligt waren, auch bedanken möchte, ob das im Finanzministerium ist, im Bundeskanzleramt et ce­tera. Ich halte das für eine ganz wesentliche Maßnahme, dass wir auch in diesem un­tersten Einkommensbereich etwas machen, denn erst durch diese Maßnahme wird das richtig nachhaltig, weil die soziale Säule hier eben genauso betont ist.

Ich darf damit auch einen Abänderungsantrag einbringen, der bereits vom Kollegen Rossmann angekündigt wurde, und zwar ist es der Abänderungsantrag Jakob Auer, Jan Krainer zum Budgetbegleitgesetz 2007 mit einer Reihe von Änderungen. Ich darf darüber kurz einreferieren.


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Das Erste ist, dass im Einkommensteuergesetz die Negativwirkung der Einkommen­steuer von 110 € auf 200 € erhöht wird, also quasi eine negativ wirkende Pendlerpau­schale. Diese gilt für die Jahre 2008, 2009, weil wir ja sowieso für 2010 an einer Steu­erreform arbeiten, wo es auch um strukturelle Fragen geht und dies auch zu klären ist.

Das Zweite, was hier geändert wird, ist eine redaktionelle Veränderung im Körper­schaftsteuergesetz, also ein redaktionelles Versehen. Im Gebührengesetz werden auch leistungsschutzrechtliche Nutzungsverträge gebührenbefreit sein und nicht nur urheberrechtliche Lizenzverträge im engeren Sinn. Dann wird weiters in der Ziffer 4 eine redaktionelle Änderung gemacht beim Bundeshaushaltsgesetz, und bei der Zif­fer 5 ist auch etwas nicht Unwichtiges. Da geht es darum, dass, wenn die Eltern ge­trennt leben und Unterhaltsverfahren da sind, nicht das Kind darunter leiden soll, indem keine Schülerbeihilfe ausbezahlt wird, sondern sehr unbürokratisch trotzdem die Schü­lerbeihilfe gewährt werden soll, auch wenn ein Elternteil, der unterhaltspflichtig ist, nicht seinen Leistungen nachkommt.

Insofern glaube ich, dass das Budgetbegleitgesetz vor allem auch hier im Kern etwas sehr Positives ist, und ersuche alle um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Jakob Auer, Jan Krai­ner, Kolleginnen und Kollegen ausreichend unterstützt ist und ordnungsgemäß einge­bracht wurde. Aufgrund des Umfanges dieses Abänderungsantrages werde ich diesen gemäß § 53 Abs. 4 vervielfältigen und verteilen lassen. Dieser Antrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Ge­richtliche Einbringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quel­lensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Ab­gabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durch­führungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bun­desfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebensmit­telsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorgani­sationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtun­gen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Budget­begleitgesetz 2007), in der Fassung des Ausschussberichtes (67 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1) Art. 3 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

a) In Art. 3 wird nach der Z 13 folgende Z 13a eingefügt:

„13a. In § 33 wird folgender Abs. 9 eingefügt:

„(9) Steht ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b oder c zu, erhöht sich der Betrag von höchstens 110 Euro gemäß Abs. 8 auf höchstens 200 Euro jährlich (Pend­lerzuschlag).““


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b) In Art. 3 wird in Z 25 folgende lit. f angefügt:

„f) Z 139 lautet:

„139. § 33 Abs. 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2007 ist erst­mals bei der Veranlagung des Kalenderjahres 2008 und letztmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2009 anzuwenden.““

2) Art. 5 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

In Art. 5 lautet die Z 8:

„8. In § 26c wird folgende Z 12 angefügt:

„12. § 7 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I xxx/2007 ist erstmals für die Veranlagung des Jahres 2007 anzuwenden.““

3) Art. 8 (Änderung des Gebührengesetzes 1957) wird wie folgt geändert:

In Art. 8 lautet die Z 5:

„5. § 33 Tarifpost 5 Abs. 4 Z 2 lautet:

„2. Urheberrechtliche und leistungsschutzrechtliche Nutzungsverträge sowie Patent-, Marken- und Musterlizenzverträge;““

4) Im Artikel 15 (Änderung des Bundeshaushaltsgesetzes) Z 1 lautet der Verweis im § 14a Abs. 1 „Richtlinien gemäß Abs. 3“ anstatt „Richtlinien gemäß Abs. 2“.

5) Art. 19 (Änderung des Schülerbeihilfengesetzes 1983) wird wie folgt geändert:

a) In Art 19 wird nach Z 12 folgende Z 12a eingefügt:

 „12a. § 12 Abs. 7 lautet:

„(7) Sofern die leiblichen Eltern (Wahleltern) nicht in Wohngemeinschaft leben und ein Elternteil (Wahlelternteil) auf Grund eines Exekutionstitels gegenüber dem Schüler zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist, entfällt auf Antrag die Berücksichtigung seines Ein­kommens gemäß Abs. 6 und ist bezüglich dieser Unterhaltsleistung Abs. 5 Z 2 anzu­wenden. Einer Unterhaltsleistung im Sinne des ersten Satzes sind ein Vorschuss auf Grund des Unterhaltsvorschussgesetzes sowie ein Antrag auf Festsetzung der Unter­haltsleistung gleich zu halten.““

b) In Art 19 hat in Z 27(§ 26 Abs. 10) die Z 2 des Abs. 10 zu lauten:

„2. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1a, § 10 Abs. 1a, § 11 Abs. 2, § 11a Abs. 1, § 12 Abs. 2 bis 10 sowie § 20a treten mit 1. September 2007 in Kraft,“

Begründung

Zu Z 1 lit. a und b (Art. 3, Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988, § 33 Abs. 9 und § 124b Z 139 EstG 1988):

Um jenen ArbeitnehmerInnen, die unter die Besteuerungsgrenze fallen und von der Er­höhung der Pendlerpauschalien nicht profitieren, ebenfalls eine Abgeltung im Hinblick auf die Erhöhung der Mineralölsteuersätze zu gewähren, soll ein Pendlerzuschlag auf § 33 Abs. 8 EstG 1988 gewährt werden. Der Höchstbetrag von derzeit 110 Euro soll demnach auf maximal 200 Euro angehoben werden. Der Pendlerzuschlag gilt jedoch nur für jene ArbeitnehmerInnen, die grundsätzlich Anspruch auf das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b oder c EstG 1988 haben.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 30

Zu Z 2 (Art. 5, Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988, § 26c Z 12 KStG 1988):

Beseitigung eines Redaktionsversehens;

Zu Z 3 (Art. 8, Änderung des Gebührengesetzes 1957, § 33 TP 5 Abs. 4 Z 2 GebG 1957):

Auch leistungsschutzrechtliche Nutzungsverträge sollen gebührenbefreit sein, nicht nur urheberrechtliche Lizenzverträge im engeren Sinn.

Zu Z 4:

Redaktionelle Berichtigung.

Zu Z 5 lit. a:

Die Änderung bedeutet vor allem eine kostensparende Verwaltungsvereinfachung so­wohl für die Gerichte, die mit vielfach aussichtslosen Anträgen beschäftigt wurden, als auch für die Beihilfenbehörden, die bisher zusätzliche Nachweise anfordern mussten, bzw. die Härten der bisherigen Regelung mit Hilfe von außerordentlichen Unterstützun­gen gem. § 20a SchBG 1983 in eigenen Verfahren ausgeglichen haben.

Für die Beihilfenberechnung musste bei getrennt lebenden (Wahl)Eltern alle drei Jahre vom Kind oder (meist) der Kindesmutter eine Neufestsetzung des Unterhaltes bei Gericht beantragt werden und dazu ein Verfahren durchgeführt werden. Das war oft nicht nur objektiv z.B. wegen des unbekannten Aufenthaltes des Unterhaltspflichtigen schwierig sondern vor allem für die Kinder in einer schon angespannten Trennungs­situation zusätzlich belastend. Die Unterhaltszahlungen in einer die Beihilfe mindern­den Höhe machen ohnehin insgesamt weniger als ein Viertel aller Fälle aus und jedes dieser Verfahren kostete ein Vielfaches von dem, was allenfalls in wenigen Einzelfällen an geringeren Beihilfen eingespart wurde.

Zu Z 5 lit. b:

Die vorgesehene Änderung regelt das In-Kraft-Treten mit Beginn des folgenden Schul­jahres 2007/08.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubob­mann Ing. Westenthaler. Wunschredezeit: 12 Minuten. – Bitte.


9.46.48

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Krainer, Sie ha­ben hier den Anorak angezogen und meinen, es gibt keine soziale Kälte in Wien.

Nur zwei Zahlen, damit Sie es auch wissen: In den letzten 13 Jahren hat es in Wien bei der roten Stadtregierung unter sozialistischer Führung vier Mal eine Erhöhung der Ta­rife der öffentlichen Verkehrsmittel gegeben! Vier Mal! Insgesamt hat es in den letzten 13 Jahren eine Erhöhung von 56 Prozent beim Einzelfahrschein und 43 Prozent bei der Jahreskarte gegeben. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Herr Kollege Krainer! Und jetzt gehen Sie nach Wien, setzen Sie sich in die Tramway und erklären Sie dort Mindestrentnern, Menschen, die es sich nicht leisten können, aber auch Autofahrern, die Sie zum Umsteigen bringen wollen, diese Teuerung bei den Tarifen der Verkehrs­mittel! Das ist Abkassieren, sozialdemokratisches Abkassieren in Wien, Herr Kollege Krainer, und das meinen wir! (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 31

Die Budgetbegleitgesetze stellen ja ein umfassendes Paket dar. Sie sind Auswuchs auch des Konflikts, des schwelenden, schweren Konflikts zwischen den beiden großen Parteien. Es wird ja andauernd nur gestritten. Pausenlos, täglich werden Unfreundlich­keiten ausgerichtet. Da kann natürlich nichts weitergehen, das verstehe ich auch.

Österreich wird schlechtgestritten im wahrsten Sinne des Wortes, und als Ergebnis kommt nichts anderes heraus als phantasielose Belastungen, Steuererhöhungen und Abzocke, wie es selten noch der Fall war bei diesen Budgetbegleitgesetzen. Wo Schul­den sind und Streit, ist das Elend auch nicht weit. Man sieht, dass zwischen den bei­den Koalitionsparteien offenbar Elend herrscht, weil sie nicht zusammenfinden, aber dafür sind sie dann vereint, wenn es darum geht, bei den Menschen abzukassieren.

Herr Finanzminister, erklären Sie das einmal den Menschen, dass wir heute Steuerer­höhungen, Abgabenerhöhungen, Belastungen beschließen sollen, während Sie gleich­zeitig allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres, Jänner und Februar, wieder 540 Millionen € an Steuermehreinnahmen verbuchen können! Wenn man das auf die Budgetzeit des Doppelbudgets rechnet, können wir davon ausgehen, dass wir über 5 Milliarden € an Steuermehreinnahmen haben werden. Aber Sie gehen trotz sprudeln­der Steuermehreinnahmen, trotz des Fleißes der Österreicherinnen und Österreicher, die Steuern zahlen, her und erhöhen noch deren Steuern und Abgaben, kassieren, doppelt, dreifach, um ja Ihr Ziel 2010 zu erreichen, nämlich die selbst finanzierte Steu­erreform, die sich die Menschen dann bis dorthin selbst finanziert haben. Das ist unge­recht.

Daher sagen wir, Herr Minister: Jetzt brauchen wir eine Steuerreform, jetzt müssen wir runter mit den Steuern, jetzt brauchen wir eine Entlastung der Menschen, damit der Konjunkturmotor nicht zu stottern anfängt, sondern weiterläuft. Deswegen stimmen wir Ihnen nicht zu, wenn Sie heute etwa hergehen, die Mineralölsteuer erhöhen und 2 Mil­lionen Pendler voll treffen. Von den 2 Millionen Pendlern sind 60 Prozent auf das Auto angewiesen. Wenn ich heute von Oberwart nach Wien pendeln muss, zahle ich bis zu 240 € mehr im Jahr aufgrund Ihrer Mineralölsteuererhöhung. Ist das gerecht für die Familien? Ist das gerecht für Arbeitnehmer, die sich das eh nicht leisten können? – Ich glaube, nein.

Dass Sie das doppelt und dreifach erhöhen, ist eine besondere Chuzpe, und dass Sie sich dann auch noch das grüne Mäntelchen umhängen bei der Mineralölsteuer, das ist ja überhaupt eine interessante Sache. Darauf haben Sie offensichtlich nur gewartet.

Aber auch die Gebührenerhöhungen, die stattfinden! Herr Minister Molterer, da haben Sie uns noch in einer Anfragebeantwortung auf eine Anfrage des Herrn Abgeordneten Bucher vom März wortwörtlich mitgeteilt:

„Die Gebühren nach dem Gebührengesetz sind nicht von der Valorisierung betroffen.“

Heute beschließen wir es! Heute beschließen wir die Gebührenvalorisierung nach dem Gebührengesetz, für Pässe, für alles Mögliche, was der Mensch an Dokumenten, an Unterlagen braucht. Alles wird erhöht. Die Vignettengebühr wird erhöht. Es ist unglaub­lich, was Sie für eine Belastungswelle auf die Menschen hier zurollen lassen.

Aber Sie schaffen weiter Posten, auch Alibi, Klimafonds, wunderbar. Da sind wir dafür, auch für die Dotierung. Aber wenn man sich nicht einigt, schafft man gleich zwei: einen roten und einen schwarzen. Da wird Geld beim Fenster rausgehaut. Da machen wir es.

Deswegen sind wir der Meinung, dass diese sogenannte Streithansel-Koalition in Wirk­lichkeit nichts zustande bringt, auch keine Vorlagen ins Parlament bringt. Es muss sogar der Ersatztag im Mai abgesagt werden, weil nichts da ist. Sie bringen gar nichts herein. Sie einigen sich auf nichts – aber Sie einigen sich auf Belastungen, auf un-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 32

soziale Belastungen, die wir schlicht und einfach hier ablehnen müssen und ablehnen werden.

Was die Autofahrer betrifft: Sie werden die Autofahrer wahrscheinlich noch mehr belas­ten. CO2-Steuer wird kommen, was weiß ich noch alles. Aber, Herr Minister, ich sage Ihnen etwas: Zu den Wahlzellen kommt man auch zu Fuß. So weit sind die nicht weg. Da können Sie die Autofahrer noch so viel belasten. Die werden sich merken, was Sie ihnen heute antun, und dann in der Wahlzelle das nächste Mal auch entsprechend ihre Stimme abgeben. Davon bin ich überzeugt. (Beifall beim BZÖ.)

Aber es sind auch sehr viele familienpolitische Gesetze betroffen von diesem heutigen Paket, die Familienpolitik. Die Familienministerin, die freundlicherweise anwesend ist, ist ja auch ungefähr hundert Tage im Amt. Gestern waren Sie ja beim „Standard“-Chat, Frau Ministerin, und da hat Sie ein Leser gefragt:

„stimmt es dass sie in der naechsten staffel von ,dancing stars‘ antreten wollen?“

Und Sie haben darauf geantwortet: „Bin heute“ – also gestern – „im Metropol bei einer Benefizveranstaltung ... wo ich die Gräfin Mariza gebe, in Abhängigkeit des Publikums­echos können wir uns über diese Frage zu einem späteren Zeitpunkt unterhalten.“ – Sie haben es offengelassen. (Zwischenrufe der Abg. Steibl sowie weiterer Abgeordne­ter der ÖVP.)

Mich würde interessieren, Frau Ministerin: War es ein Publikumserfolg?, denn dann hätten wir die Chance, dass Sie vielleicht anheuern beim Metropol, im Theater als Schauspielerin, als Gräfin Mariza, und uns hier erspart bleiben. Das wäre vielleicht eine gute Sache, Frau Ministerin. (Beifall beim BZÖ.) Ich hoffe, es war ein Publikums­erfolg, denn Ihre Bilanz in den letzten Wochen und Monaten ist Chaos, Pleiten, Pech und Pannen, eine Familienpolitik, die in die völlig falsche Richtung geht. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das Kindergeld, das wir gemeinsam mit der ÖVP beschlossen haben, ist ein politischer Meilenstein, ist ein Meilenstein, ein Erfolg, der eigentlich herausragt aus der Regie­rungsarbeit der letzten Jahre. Und was passiert jetzt? – Jetzt wird eine Zuverdienst­grenze im Nachhinein abkassiert, abgezockt von Familien, die sich bisher darauf ver­lassen konnten, dass das nicht der Fall ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und was ist mit dem Kollegen Amon? Wo ist er? Ich gehe davon aus, dass er heraus­kommt und auch seine Meinung sagt, denn er hat schon öffentlich kundgetan, dass er für die gänzliche Abschaffung der Zuverdienstgrenze ist. Oder auch die Frauenvertre­terinnen in der ÖVP! Schaffen wir gemeinsam diese Zuverdienstgrenze ab! Jedes Kind ist gleich viel wert! Das haben wir von Ihnen auch gehört. Daher muss diese unge­rechte, leistungshemmende, leistungsfeindliche Zuverdienstgrenze weg! Aber jetzt nicht abkassieren beginnen, Frau Ministerin! Lassen Sie die Finger von den Familien und kassieren Sie nicht dort ab, wo Sie nicht kassieren dürfen! Das ist unser Anliegen. Das wollen wir von Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

2001 haben wir 76 674 Karenzgeldbezieher gehabt. 2007 haben wir 162 384 Kinder­geldbezieher. Ein Riesenerfolg! Erstmals ist im März dieses Jahres sogar die Anzahl der Männer darunter auf über 6 000 gestiegen. Auch das ist ein Erfolg, immer wieder von den Frauenpolitikerinnen auch eingemahnt, dass sich auch die Männer, auch die, die vielleicht im Mittelstand sind, die vielleicht ein bisschen besser verdienen, trotzdem letztlich der Kinderbetreuung widmen.

Sie machen das alles rückgängig. Sie wollen allen, die das jetzt letztlich nicht bezahlen mussten, durch die Einkassierung, durch die nachträgliche Einkassierung eine Belas­tung auferlegen. Sie sagen, das sind Mehrkosten von 300 Millionen €. Wir sagen, allein 100 Millionen € kostet der Verwaltungsaufwand bei der Zuverdienstgrenze. Daher weg


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 33

damit und nicht hier Ihre Vorgangsweise! Das ist keine Vorgangsweise, die im Sinne einer guten, zukunftsträchtigen Familienpolitik ist.

Aber das entspricht ja auch Ihrem Familienbild, Frau Kollegin Kdolsky. Sie haben halt offensichtlich ein anderes Verhältnis zu Familien und Kindern. Das sei Ihnen unbenom­men. Aber wenn Sie in der Öffentlichkeit stehen und dann darüber philosophieren, dass Sie lieber Tante sind, denn dann kann man die kleinen Quälgeister wieder zu­rückgeben, und dass Sie sich gestört fühlen im Flugzeug und in Luxusrestaurants, wenn Kinder schreien, dann ist das diskreditierend! (Zwischenrufe der Abg. Steibl.) Das ist keine Ansage für eine zukunftsträchtige Familienpolitik.

Wir brauchen ein Klima für Familien, für Kinder. Und Sie haben als Familienministerin die Verpflichtung, sich an die Spitze einer solchen Bewegung für Kinder, für Familien zu stellen – und nicht dagegen, Frau Ministerin! (Beifall beim BZÖ.)

Übrigens, da einige von der ÖVP gerade so herschauen: Da gibt es eine Dame, die Frau Sissi Potzinger vom ÖVP-Familienbund. Wissen Sie, was die gesagt hat zu den beiden Zitaten, die ich jetzt gerade erwähnt habe? – Mit solchen Aussagen ist Kdolsky inhaltlich völlig inkompetent!

Da gebe ich Ihrer Familienvertreterin von der ÖVP völlig recht. Das ist so, und des­wegen kritisieren wir das auch so.

Der dritte Kritikpunkt, einer der wesentlichsten Kritikpunkte, ist der parteipolitische Missbrauch von Schulkindern zur Selbstdarstellung, Ihre Kondom-Aktion in der Hegel­gasse in Wien. Erstens einmal sind Sie da viel zu spät dran, weil die Kinder und Schü­lerInnen sehr wohl wissen, was mit Kondomen zu tun ist und wie man die gebraucht. Sie brauchen die Ministerin nicht dafür, dass sie das erklärt. Aber Sie gehen hin und wollen mit 14-, 15-jährigen Kindern parteipolitische Aktionen starten, in allen Zeitungen auf Fotos abgebildet sein. Und dann kommt der Höhepunkt. Wenn dann die Kritik kommt von den Eltern, die sich das nicht gefallen lassen, wissen Sie, was dann die Ministerin sagt? – Die Ministerin sagt: Die Veröffentlichungen von diesen Fotos liegen nicht im Verantwortungsbereich des Ministeriums. – Das heißt, die Journalisten sind schuld, dass sie zufälligerweise bei der Schule vorbeigekommen sind und die Minis­terin gefilmt und fotografiert haben. – Sie haben ja die Journalisten eingeladen! Sie haben die Schüler tatsächlich missbraucht und dafür den Elternprotest geerntet.

Ich zitiere Ihnen Ihren Koalitionspartner, der dazu Folgendes gesagt hat, nämlich SPÖ-Geschäftsführer Kalina:

„,Es wird Zeit, dass sich die Gesundheits- und Familienministerin auf ihre Arbeit be­sinnt und von Showeinlagen à la Kondomverteilung Abstand nimmt.‘ Anstatt sich mit den anstehenden Aufgaben ihres Ressorts im Sinne des Koalitionsabkommens zu be­schäftigen, belästige Kdolsky SchülerInnen, ohne Rücksprache und Zustimmung der Eltern, mit parteipolitischen Publicity-Aktionen. Vizekanzler Molterer möge Kdolsky an ihre wesentlichen Aufgaben ... erinnern. Denn“ – so sagt Kalina wortwörtlich –: „,Die Ministerin droht zum Pausenclown der Regierung zu werden.‘“

Gratuliere! Das ist die liebliche Bezeichnung des Koalitionspartners für die Arbeit Ihrer Familienministerin. Wenn es eines Beweises dafür bedurft hat, dass Sie eine neue ÖVP machen wollen, dann sage ich Ihnen, die alte war besser, denn die war profes­sioneller. Diese neue ÖVP, die Sie hier verkörpern, mit Chaos und mit Verwirrtheit ist keine, wie ich meine, für die Zukunft.

Aber es ist auch so, dass Sie etwa mit Verboten, mit Entmündigungspolitik fortfahren – Rauchverbot, generelles Rauchverbot, Entmündigung der Unternehmer, der Wirte, der Gastwirte, zentrale Bevormundungs- und Verbotspolitik, Eingriff in die Freiheit. Ich sage: Hören Sie endlich auf mit der Hatz gegen die Gastwirte! Hören Sie auf, die Un-


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ternehmen ihrer unternehmerischen Freiheit zu berauben! Lassen Sie hier Meinungs­freiheit und Gedankenfreiheit zu! Es soll sich doch jeder selbst entscheiden können, wie er das macht, wie er das gestaltet in seinen Restaurants! Da brauchen wir keine Ministerin. 70 Prozent der Menschen sind gegen ein generelles Rauchverbot. Und des­wegen sind wir auch dagegen. Das ist kein neuer Weg, Frau Ministerin. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie sagen immer, Sie wollen in allen Bereichen neue Wege gehen. Frau Ministerin, ich unterstütze das, Hauptsache, Sie gehen. Auch wenn es neue Wege sind, Hauptsache, Sie gehen. Ob das bei den Krankenversicherungsbeiträgen ist, wo wir heute die Erhö­hung beschließen, 150 Millionen € – der Hauptanteil übrigens von den Arbeitnehmen, 3,95 Prozent, zu finanzieren –, oder bei den Medikamenten, wo wir heute mit der Än­derung des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes eine reale Verteuerung der Medikamente beschließen werden, wo plötzlich eine neue Abgabe auf eine Medi­kamentenpackung, auf jede Medikamentenpackung kommen wird. Schreiben Sie drauf, so wie das bei den Zigaretten der Fall ist, Frau Ministerin, immer dann, wenn Sie die Medikamente verteuern, bei jedem Packerl: „Achtung, diese Ministerin kann Ihre Gesundheit gefährden.“ Dann ist wenigstens eine Wahrheit auch drauf auf dem Pa­ckerl, dann sind die Menschen auch entsprechend gewarnt.

Wir wollen, dass Sie runterfahren mit der Mehrwertsteuer auf Medikamente. Wir sind ein Hochsteuerland bei den Medikamenten und liegen an zweiter Stelle. Nur Dänemark ist vor uns mit 25 Prozent. Wir haben 20 Prozent Mehrwertsteuer. Und im EU-Schnitt haben wir 10 Prozent. Das Essen im Luxusrestaurant wird mit 10 Prozent besteuert, aber die Medikamente, die sich die Menschen nicht leisten können, werden mit 20 Pro­zent besteuert. Da hätten Sie eine Verantwortung, aber das lehnen Sie ab, weil Sie keine Entlastung für die Menschen wollen.

Bei der Krankenkassenreform jeden Tag etwas anderes! Im Management Club sagen Sie, die Krankenkassen werden zusammengelegt. Wir haben uns schon gefreut. Ich habe mir gedacht: Ein Lichtblick, endlich einmal eine gute Idee! – Zwei Tage später: Umfaller, war nicht so gemeint.

Bei den Spitalsambulanzen, da sprechen Sie von der Abschaffung. Dann kommen die Ärzte, dann kommt die Diskussion. Einige Tage später können Sie sich nicht mehr daran erinnern. – Keine Abschaffung der Spitalsambulanzen.

Frau Ministerin Kdolsky, ich sage Ihnen wirklich, Sie wären die Idealbesetzung – der Josef Cap kennt das – für „Mitten im Achten“: Keine Fans, kurz vor der Absetzung, aber täglich im ORF. – Das ist Ihre Rolle, die Sie derzeit spielen.

Ich sage deshalb – „Gräfin Mariza“ in allen Ehren! –: Das wäre vielleicht eine gute Rolle, denn das Neueste, was Sie jetzt auf den Tisch legen, ist die 68. ASVG-Novelle, wo Sie beginnen, die Ärzte zu verstaatlichen. Das ist ja unglaublich, was da passiert, liebe ÖVP! Wisst ihr, was da drinnen steht? Da ist ein Weisungsrecht der Ministerin auf direkte Vertragsbeziehungen zwischen Ärzten und den Sozialversicherungen enthal­ten. Da gibt es schon einen Aufschrei der Ärzte, die ein Ende der Selbstverwaltung und eine Verstaatlichung der Ärzteschaft sehen. – Das wollen wir nicht, Frau Minister! Das ist der falsche Weg.

Resümee: Wir glauben, Sie sind inhaltlich überfordert. Sie sind politisch wirklich chao­tisch unterwegs. Sie machen eine unsoziale Belastungspolitik. Sie entmündigen die Menschen mit einer Verbotspolitik, und Sie wollen offenbar den staatlichen Einfluss, wenn es um Ihre Weisungen geht, verstärken.

Frau Ministerin, deswegen bringen wir jetzt folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen ver­sagt.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß schon, der Antrag wird wahrschein­lich aufgrund großkoalitionärer Einigkeit – da halten wir ja zusammen, da gibt es ja Sideletter! – keine Mehrheit finden.

Ich sage Ihnen aber, Frau Ministerin, nicht nur das BZÖ spricht Ihnen heute das Miss­trauen aus – nein: Österreichs Kinder sprechen Ihnen heute das Misstrauen aus! Ös­terreichs Familien sprechen Ihnen heute das Misstrauen aus! Österreichs Patientinnen und Patienten sprechen Ihnen heute das Misstrauen aus! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Österreichs Ärztinnen und Ärzte sprechen Ihnen heute das Misstrauen aus! Und Öster­reichs Pensionisten und jene Menschen, die sich die teuren Medikamente und die Gesundheit in dem Land nicht mehr leisten können, sprechen Ihnen heute das Miss­trauen aus!

Ich glaube, das Maß ist voll, Frau Ministerin Kdolsky! Treten Sie ab! – Damit würden Sie Österreich einen Dienst erweisen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger. – Vizekanzler Mag. Molterer: Peinlich, peinlich, peinlich!)

10.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvor­lage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gericht­liche Einbringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quel­lensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Ab­gabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG- Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebens­mittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorgani­sationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtun­gen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Budget­begleitgesetz 2007) (43 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (67 d.B.)


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Knapp mehr als 100 Tage nach ihrem Amtsantritt als Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend hat ÖVP-Ministerin Dr. Andrea Kdolsky eindeutig unter Beweis ge­stellt, dass sie mit ihren Aufgaben in der Führung dieses zentralen Ressorts völlig überfordert ist. Kdolsky hat mangelndes Einfühlungsvermögen im Bereich ihrer Kern­aufgaben durch Untätigkeit und unsoziale Politik in ihrer Amtsführung ergänzt und da­mit als Bundesministerin versagt. Ihre Politik ist geprägt durch Belastungen für Steuer­zahler, Beitragszahler sowie Patienten und besteht aus widersprüchlich-chaotischen Ankündigungen im Gesundheits- und im Familienbereich. Darüber hinaus hat Bundes­ministerin Kdolsky durch ihre Aussagen Kinder und Familien diskreditiert und so von Amtsantritt an für massive Empörung gesorgt.

Ihre medialen Auftritte zur versuchten „Imagepolitur“ haben diese Situation in uner­träglichem Ausmaß verschlimmert. Zwar gilt sie bei einigen „Zeitgeistmedien“ als „libe­rale Ikone“ der „neuen ÖVP“, versteckt aber in Wahrheit hinter der „unbekümmerten Art alles zu sagen, was sie sich denkt“ die Unfähigkeit zur sachlichen Beurteilung komple­xer Sachverhalte, die einer strukturierten und ruhigen Bearbeitung und Entscheidung ihrerseits bedürften. Mit wenigen Worten: ein kompletter Mangel an seriöser Politik.

Der letzte parteipolitisch motivierte Auftritt an einer Wiener Schule, bei dem sie an Minderjährige unter 14 Jahren Kondome verteilt hat, war extrem indiskutabel. Er hat darüber hinaus viele verärgert, die unter gewissen Vorzeichen vielleicht noch bereit waren, ruhig über die Sache zu diskutieren. Es ging ihr aber offensichtlich nicht um die Sache – Aufklärung und Schutz Minderjähriger – sondern nur um einen medialen Gag. Denn zu allem Überfluss waren ihre „Titelbild-Photos“ mit Kindern offensichtlich nicht von deren Eltern autorisiert, was zu einer Prüfung durch den Wiener Stadtschulrat ge­führt hat.

Damit wurde ein absoluter Tabubruch begangen, der einen parteipolitischen Miss­brauch ihrer Stellung als Bundesministerin bedeutet und den der Nationalrat nicht dul­den kann.

Mit dieser Fehlleistung hat sich Frau Bundesministerin Kdolsky endgültig untragbar ge­macht. Ihr sollte daher vom Nationalrat das Vertrauen entzogen werden.

Folgende Fehlverhalten von Bundesministerin Kdolsky waren in knapp 100 Tagen zu verzeichnen:

1. Verweigerung der Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld

2. Ankündigung der Rückforderung von Kindergeld-Zahlungen

3. Fortgesetzte Diskreditierung von Kindern und Familien

4. Parteipolitischer Missbrauch von Schulkindern zur Selbstdarstellung

5. Forderung nach einem generellen gesetzlichen Rauchverbot

6. Belastungspolitik durch Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge

7. Verweigerung der Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente

8. Belastungskurs durch die Erhöhung der Medikamentenkosten

9. Verwirrung um die Krankenkassenreform

10. Chaoskurs bei den Spitalsambulanzen

11. Verstaatlichung der Ärzte

1. Verweigerung der Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld

Bundesministerin Kdolsky will an der Zuverdienstgrenze festhalten, obwohl sie arbeits- und leistungsfeindlich sowie realitätsfern ist und eine positive Entwicklung bei der Ver­einbarkeit von Familie und Beruf für viele Menschen verhindert.


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Dabei sollte eigentlich die oberste Maxime lauten: Jedes Kind muss gleich viel wert sein! Die Aufhebung der Zuverdienstgrenze wäre auch ein deutliches familienpoliti­sches Signal in Richtung mehr Wahlfreiheit und ein Anreiz für die – besser verdienen­den – Väter, in Karenz zu gehen. Eine völlige und auch rückwirkende Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld wäre daher dringend erforderlich und eine massive Verbesserung!

Die geschätzten Mehrkosten von 250 bis 300 Mio. Euro (lt. Ministerin Kdolsky) durch eine Aufhebung der Zuverdienstgrenze könnten bereits durch den deutlich geringeren Verwaltungsaufwand weitgehend eingespart werden. Selbst ÖVP-Familienlandesrätin Mikl-Leitner (NÖ) sprach hier zuletzt von einem Einsparungsvolumen von 100 Mio. Euro (Quelle: „Niederösterreichische Nachrichten“, 16. April 2007).

Als Familienministerin trägt Kdolsky hier die politische Hauptverantwortung!

2. Ankündigung der Rückforderung von Kindergeld-Zahlungen

Bundesministerin Kdolsky weigert sich nicht nur, die Zuverdienstgrenze beim Kinder­betreuungsgeld abzuschaffen, sondern lässt sogar rückwirkend die Bezieher auf Über­schreitungen prüfen, was Bundesminister Haupt ablehnte.

Dadurch drohen vielen Familien erhebliche Rückzahlungen. Durch die zusätzliche An­kündigung einer künftig lückenlosen Kontrolle der Zuverdienstgrenze verunsichert sie weiterhin viele Familien, die Kinderbetreuungsgeld beziehen. Direkt von einer Rückfor­derung betroffen wären laut einer Studie des Instituts für Familienforschung rund ein Prozent der Kindergeldbezieherinnen („Kurier“, 27. März 2007).

Dieser kontraproduktive Schritt stellt für viele Familien eine beträchtliche finanzielle Be­drohung dar. Darüber hinaus wird ein enormer zusätzlicher Verwaltungsaufwand ge­schaffen. Wenn Familien bestraft statt gefördert werden ist das der falsche Weg in der Familienpolitik!

3. Fortgesetzte Diskreditierung von Kindern und Familien

Eine Familienministerin, die bereits bei ihrer Angelobung ihr offensichtlich gestörtes persönliches Verhältnis zu Kindern und Familien in inakzeptablen Aussagen bekräftigt, ist untragbar und für dieses Regierungsamt völlig ungeeignet. Kdolsky ist als Familien­ministerin schon deshalb rücktrittsreif. Sie diskreditiert Kinder und Familien. Eine Fami­lienministerin, die von Kindern als lästige Elemente einer Gesellschaft schreibt und Kinder als störend in Luxuslokalen oder auf Langstreckenflügen bezeichnet, ist fehl am Platz! Dass in der Wertigkeit ein ungestörtes Essen im Nobellokal für die neue Fami­lienministerin wichtiger ist als Familienfreundlichkeit und sie selbst die Vorteile des Lebens als Tante preist („weil man die Kinder irgendwann wieder zurückgeben kann“) und bezweifelt, dass sie mit Kindern ein ebenso schönes Leben hätte rundet das Bild im Negativen ab.

Im Gegensatz dazu hatte sich die vorige Bundesregierung darum bemüht, dass Kinder wieder selbstverständlich zum Leben gehören müssen und als Bereicherung statt als Negativfaktor gesehen werden. Denn zu einer Stabilisierung und Verstärkung des posi­tiven Geburtentrends kann es nur kommen, wenn ein entsprechendes Umdenken statt­findet; hierfür hat gerade die Politik ihren Beitrag zu leisten.

4. Parteipolitischer Missbrauch von Schulkindern zur Selbstdarstellung

Ein weiteres Fehlverhalten von Kdolsky stellt die Instrumentalisierung von Schulkindern dar, die ihr vorwiegend zur persönlichen, politisch-medialen Selbstdarstellung gedient haben: Die Kondom-Verteilaktion von Gesundheitsministerin Kdolsky am Gymnasium Hegelgasse in Wien-Innere Stadt am 22. März 2007 wurde in beinahe allen österreichi­schen Medien transportiert. Hierbei wurde Bildmaterial verwendet, auf welchem min-


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derjährige Schüler ohne Zustimmung der Eltern abgebildet waren. Laut Ö1-„Morgen­journal“ vom 13. April 2007 sehen Eltern ihre Kinder für parteipolitische Zwecke miss­braucht und haben deshalb rechtliche Schritte eingeleitet. Die Eltern kritisieren, dass sie ohne Rücksprache oder Zustimmung für eine äußerst fragwürdige politische Wer­bung missbraucht wurden, so das „Ö1-Morgenjournal“. Dieser parteipolitische Miss­brauch von Schülerinnen und Schülern ist scharf zu verurteilen und nachhaltig abzu­lehnen.

Die Bundesministerin rechtfertigt sich, indem sie verlautbaren lässt: „Die Veröffentli­chung von Film- und Fotomaterial liege nicht im Verantwortungsbereich des Ministe­riums“ (APA, 13. April 2007).

Faktum ist, dass Kdolsky Journalisten und Fotografen zu diesem Termin selbst einge­laden hat (OTS-Aviso vom 21. März 2007). Selbstverständlich musste ihr klar sein, dass für eine Veröffentlichung von Fotos von Minderjährigen die Zustimmung der Er­ziehungsberechtigten benötigt wird.

Weiters hat Kdolsky mit dem medialen Missbrauch der Schülerinnen und Schüler gegen die Bestimmungen des Wiener Stadtschulrates verstoßen und sich damit als Ministerin klar disqualifiziert.

5. Forderung nach einem generellen gesetzlichen Rauchverbot

Mit ihren widersprüchlichen Plänen für oder doch gegen ein generelles gesetzliches Rauchverbot in heimischen Gastronomiebetrieben, präsentiert sich Kdolsky als Ver­fechterin einer zentralistischen Bevormundungs- und Verbotspolitik. Sie greift damit in die persönliche Freiheit und die unternehmerische Freiheit im Gastgewerbe ein und ordnet den grundsätzlich richtigen und notwendigen Schutz der Nichtraucher einer par­teiideologischen Politik unter.

Eine überparteiliche und unabhängigen Anti-Verbotskampagne „Ohne Verbot geht’s auch“ wurde mit 19.034 Unterschriften unterstützt und am 8. März 2007 an National­ratspräsidentin Prammer übergeben.

Die Regierung sollte daher eine Anti-Rauch Kampagne starten, um zu verhindern, dass Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. Das Prinzip von Freiheit und Verantwortung statt Verbot und Entmündigung sollte aber weiterhin gelten. Eine klare Kennzeichnung, ob es sich um ein Nichtraucherlokal, ein Raucherlokal, oder eine Mischform handelt, sollte geschaffen werden. Jeder Gastronom muss selbst entscheiden können, welche Art von Lokal er betreibt. Der Gast kann dann bewusst entscheiden, welches Lokal er besucht.

6. Belastungspolitik durch Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge

Zur Finanzierung des Gesundheitssystems hat die SPÖ/ÖVP-Koalition im Regie­rungsprogramm die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 0,15 Prozent vereinbart. Diese soll spätestens 2008 kommen, wird aber aller Voraussicht nach noch heuer umgesetzt. Mit dieser Beitragserhöhung werden die Versicherten jährlich mit 150 Mio. Euro zusätzlich belastet.

Gesundheitsministerin Kdolsky verteidigt aber diese Mehrbelastung als „moderate Erhöhung“ und notwendig (Ö1-„Morgenjournal“, 24. Februar 2007).

Sie geht damit den falschen Weg in der Gesundheitspolitik und steht für Mehrbelastun­gen und Einsparungen zu Lasten der Österreicherinnen und Österreicher! Einsparun­gen im Gesundheitssystems sind dagegen noch nicht absehbar.

Im Gegensatz dazu wurden bei der Gesundheitsreform 2004 zur Finanzierung des Gesundheitssystems vor allem Einsparungen in Höhe von 400 Mio. Euro vereinbart.


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Auch eine Streichung des Krankenversicherungsbeitrages für das 13. und 14. Monats­gehalt sollte endlich vorgenommen werden. Denn wer nur 12 Monate im Jahr krank werden kann, soll auch nur für 12 Monate Krankenversicherungsbeiträge bezahlen!

7. Verweigerung der Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente

Immer mehr Menschen müssen ihre Medikamente in der Apotheke selbst bezahlen, da die Krankenkassen in vielen Fällen die Kosten für die modernsten, innovativsten Therapie nicht mehr übernehmen.

Dabei leisten die österreichischen Patienten ohnehin einen großen privaten Anteil für die Finanzierung des Gesundheitswesens (Rezeptgebühr, Spitalsgebühren, private Gesundheitsvorsorge usw.). Die österreichischen Patienten müssen daher dringend entlastet werden!

Als wesentliche Maßnahme zur Entlastung von Patienten und Gesundheitssystem wäre eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Medikamente von 20 Prozent auf 10 Prozent sinnvoll.

In vielen europäischen Ländern gibt es für Medikamente einen ermäßigten Mehrwert­steuersatz, in einigen Ländern sogar eine Steuerbefreiung. Dies ist aber in Österreich nicht so. Hier wird Patienten beim Kauf von Medikamenten eine Mehrwertsteuer von 20 Prozent verrechnet. Damit liegt Österreich bei der Höhe der Mehrwertsteuer auf Medikamente im europäischen Spitzenfeld und nimmt im europäischen Vergleich mit der 20-prozentigen Mehrwertsteuer auf Medikamente hinter Dänemark (mit 25 Prozent) den zweiten Platz ein. Alle anderen Staaten Europas haben einen niedrigeren Mehr­wertsteuersatz auf Arzneimittel. Der EU-Durchschnitt liegt bei 10 Prozent Mehrwert­steuer.

In Österreich sind lebensnotwendige Güter mit einem ermäßigten Steuersatz versehen. Daher gilt für Lebensmittel eine begünstigte Mehrwertsteuer von 10 Prozent. Auch Bücher, Zeitschriften und Mieten unterliegen dieser Ermäßigung, Medikamente jedoch nicht. Unverständlich ist, dass für ein Essen im Luxusrestaurant 10 Prozent Mehr­wertsteuer verrechnet werden, die Bevölkerung aber für Medikamente 20 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen muss! Somit fällt für den Kauf von Arzneimitteln (rezeptfreie sowie rezeptpflichtige) insgesamt ein jährliches Mehrwertsteuervolumen von rd. 600 Mio. Euro an. Eine Halbierung der Mehrwertsteuer von 20 auf 10 Prozent würde daher eine Entlastung in der Höhe von 300 Mio. Euro bringen. Den Patienten selbst würden durch eine Senkung der Medikamentenbesteuerung rd. 100 Mio. Euro mehr zur Verfügung stehen, weitere 200 Mio. Euro kämen den Krankenversicherungsträgern zugute.

Im Regierungsprogramm ist aber eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes im Inter­esse der Patienten und Beitragszahler nicht vorgesehen.

8. Belastungskurs durch die Erhöhung der Medikamentenkosten

Österreichs Gesundheitssystem ist, gesichert durch die Maßnahmen der letzten Bun­desregierung, eines der besten der Welt. Gesundheitsministerin Kdolsky fährt nun einen Zickzack-Kurs zwischen massiven Belastungen (Erhöhung der Krankenversiche­rungsbeiträge) auf der einen Seite und bloßen Ankündigungen auf der anderen.

Erst vor kurzem wurde im Budgetausschuss ein Antrag von SPÖ und ÖVP zum Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz eingebracht, der eine reale Verteuerung von Medikamenten bedeutet. Statt Einsparungen im Verwaltungsbereich zu erzielen gehen SPÖ und ÖVP wieder einmal den einfacheren Weg zu Lasten der kranken Men­schen. Gerade sozial Schwache und vor allem die ältere Generation sind hier beson-


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ders betroffen. Für diese Maßnahme ist Kdolsky als Gesundheitsministerin politisch verantwortlich!

9. Verwirrung um die Krankenkassenreform

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky peilt die Zusammenlegung der Gebietskran­kenkassen an. Das hat sie bei einer Podiumsdiskussion im „Managementclub“ verkün­det (APA, 12. April 2007). Kdolsky gab an, kurz vor einer Einigung mit den Sozial­versicherungsträgern zu stehen. Dazu gebe es ein Treffen der Sozialpartner – dieses hat aber nicht stattgefunden (APA, 12. April 2007).

Am 15. April erfolgt von Kdolsky ein „Umfaller“: Zum derzeitigen Zeitpunkt könne sie sich „keine Zentralisierung vorstellen“, so die Ministerin im ORF-„Morgenjournal“.

Gerade im Gesundheitsbereich ist die Stabilität und das Vertrauen der Menschen in eine sichere und effiziente Versorgung unverzichtbar. Kdolsky riskiert dieses Vertrauen mit ihren widersprüchlichen medialen Aussagen mutwillig und ist auch deshalb reif für eine Ablöse.

10. Chaoskurs bei den Spitalsambulanzen

Die Ambulanzen leisten hervorragende Arbeit in der Gesundheitsversorgung der Ös­terreicherinnen und Österreicher. Unbestritten ist jedoch, dass bestimmte Behandlun­gen nicht immer von Spitalsambulanzen durchgeführt werden müssen, sondern auch teilweise von Hausärzten ebenso gut geleistet werden können.

Eine stärkere Förderung der praktischen Ärzte wäre notwendig, um die Ambulanzen zu entlasten.

Kdolsky will die Ambulanzen abschaffen und die Ärzte ohne Ausgleich massiv belas­ten, ja sogar zum 24-Stunden-Dienst an sieben Tagen pro Woche verpflichten. Kdolsky verkündet zuerst (am 26. Februar 2007 in den „Salzburger Nachrichten“) die Absicht, die Ambulanzen bis auf Notfall- und Spezialambulanzen abzuschaffen. Dann verkündet sie – am selben Tag in einer Aussendung –, dass es keine Schließung geben werde. Worauf sie am 26. März (im ORF-Radio) erklärt, Ärzte-Bereitschaften statt Spitals­ambulanzen haben zu wollen.

Als Reaktionen darauf meinten der Hausärztevertreter Christian Euler: „Kdolsky soll sich ein Kondom überstülpen, damit keine falschen Äußerungen herauskommen“ („Der Standard“, 28. März 2007) und der Wiener Ärztekammer-Präsident, Walter Dorner: „Die Pläne der Ministerin sind bestenfalls sehr unbedacht und voreilig geäußert“ („Der Standard“, 28. März 2007).

11. Verstaatlichung der Ärzte

Die geplante 68. ASVG-Novelle sieht vor, dass Kompetenzen vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger an das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend übergehen und der Hauptverband künftig auf Weisung des Gesundheitsminis­teriums Verordnungen erlassen darf, die direkt in schon bestehende Vertragsbeziehun­gen zwischen Ärzten und Sozialversicherungen eingreifen.

Das ist ein erster Schritt in Richtung Aushebelung der Selbstverwaltung de facto Ver­staatlichung der Ärzteschaft.

Aufgrund all dieser Missstände sollte der Nationalrat Frau Bundesminister Dr. Andrea Kdolsky das Vertrauen versagen; die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nach­stehenden


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Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

Wien, am 23. April 2007

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rauch-Kallat. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.02.17

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Westenthaler, Herr Klubobmann, ich glaube, Sie überschätzen sich ein wenig, wenn Sie meinen (Abg. Eder: Maßlos!) – oder auch maßlos! –, dass, weil das BZÖ – übrigens in einer äußerst menschenver­achtenden Diktion aus der gestrigen Presseaussendung – meint, Frau Bundesminis­terin Kdolsky das Misstrauen aussprechen zu können, sich dem ganz Österreich an­schließen würde. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lieber Herr Westenthaler, wenn Sie meinen, dass Sie hier elf gute Gründe anführen, um das Misstrauen auszusprechen – ich würde meinen, es sind ziemlich dumme, aber um keinen Ordnungsruf zu riskieren, würde ich sagen, wenig intelligente Gründe –, dann werde ich versuchen, Ihnen zehn gute Gründe zu nennen, Frau Bundesministerin Kdolsky das volle Vertrauen auszusprechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Zuverdienstgrenze!)

Bleiben wir gleich bei Ihrer Zuverdienstgrenze. Zuerst einmal: Die Zuverdienstgrenze ist nicht von Frau Bundesministerin Kdolsky eingeführt worden, sondern lag ursprüng­lich in der SPÖ-Zeit bei der Mindestgrenze von 4 000 € im Jahr. (Abg. Ing. Westen­thaler: Sie kassiert’s!) Wir sind jetzt bei 14 600 € im Jahr und werden diese Zuver­dienstgrenze – und das wird Frau Bundesministerin Kdolsky tun! – auf über 16 000 € anheben und valorisieren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Ho­sek.)

Das heißt, das ist ein wirklich guter Grund, der Frau Bundesministerin das Vertrauen auszusprechen. Und was die Kontrolle dieser Zuverdienstgrenze, die wir in unserer Regierungszeit erhöht haben, anlangt, so würde ich einmal meinen: Ich glaube, wenn Österreich sich und seine Gesetze nicht ernst nimmt, dann dürften wir uns in die Riege der Bananenrepubliken einordnen. Das wollen wir auf keinen Fall! Wir nehmen das ernst. Und wir wollen nicht, dass die, die sich an das Gesetz halten, die Dummen sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn sich Frau Bundesministerin Kdolsky jetzt dieses Problems annimmt, dann be­deutet das, dass sie sich an das Gesetz hält. Ich möchte nicht über die Weisung, die Herr Bundesminister Haupt gegeben hat, dass das gar nicht kontrolliert werden darf, diskutieren, über die Frage, wie rechtskonform diese Weisung war.

Frau Bundesministerin Kdolsky spricht Dinge offen an – damit bin ich beim dritten guten Grund. Sie spricht davon, welchen Reichtum Kinder bedeuten können, aber sie spricht auch davon, dass Kinder – auch für ihre Eltern, auch für ihre Großeltern – bis­weilen eine Belastung sein können. Ich weiß, wovon ich rede. Mein zweites Enkelkind ist sechs Wochen alt. Wir alle lieben es heiß. Aber wenn es drei Stunden durchschreit, dann kann das eine Belastung sein! (Abg. Ing. Westenthaler: Dann wollen Sie es aber


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auch nicht weggeben!) – Na, selbstverständlich nicht! Davon hat ja auch Frau Bundes­ministerin Kdolsky nicht gesprochen. Wir müssen aber den Eltern helfen! Wir müssen sie unterstützen und wir müssen auch das Klima schaffen – und das tut Frau Bundes­ministerin Kdolsky! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Frau Bundesministerin spricht Dinge offen an. Wenn Sie von den Kondomen re­den, sage ich Ihnen: Es ging um AIDS-Vorsorge, nicht um Parteipolitik. Es geht darum, jungen Menschen klarzumachen, wie gefährlich es sein kann. Eine Sache, die vor 20 Jahren noch alle Menschen in der Öffentlichkeit bewegt hat, ist in Vergessenheit geraten. Sie ist deswegen aber leider nicht erledigt. Wir müssen junge Menschen auch darüber aufklären, welche Gefahren drohen. Das tut Frau Bundesministerin Kdolsky – und sie tut es in einer Art und Weise, wie es bei den jungen Menschen ankommt, und dann ist es auch richtig. Und daher sprechen wir ihr auch das Vertrauen aus. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Bei den Eltern ist das nicht so gut angekom­men!)

Herr Abgeordneter Westenthaler, zum Rauchverbot: Ich verstehe ja nicht, warum das BZÖ die Nichtraucher nicht schützen will. Ich verstehe das schlicht und einfach nicht. Ich denke, es wäre dringend notwendig, auch hier festzuhalten, dass Frau Bundes­ministerin Kdolsky überhaupt nicht von einem generellen Rauchverbot gesprochen hat, ganz genauso wenig, wie ich das getan habe – ganz im Gegenteil! (Abg. Ing. Westen­thaler: Jeden Tag etwas anderes!) Wir haben immer für die Wahlfreiheit gesprochen, aber für den größtmöglichen Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher. Dazu be­kennen wir uns auch weiterhin – und das tut die Frau Bundesministerin ganz genauso. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht überhaupt nicht um die Bevormundung der Wirte. (Abg. Ing. Westenthaler: Die sehen das aber so!) Wir haben das gemeinsam mit den Wirten gemacht, und auch Frau Bundesministerin Kdolsky macht das gemeinsam mit der Gastronomie. Sie wird sicher einen Weg finden, mit dem alle Österreicher gut umgehen können.

Die Krankenversicherungsbeiträge: Herr Klubobmann Westenthaler, wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt. Wir haben mit diesem Gesundheitssystem auch schlicht und einfach erreicht, dass die Österreicherinnen und Österreicher alle jene Leistungen bekommen, die sie brauchen. Und das sind sehr viele. Gott sei Dank wer­den es immer mehr, weil die Medizin fortschreitet. Das kostet auch Geld, das hat sei­nen Preis. Wir wollen, dass dieses Gesundheitssystem erhalten bleibt. Die Hälfte des Geldes wird Frau Bundesministerin Kdolsky durch Einsparungen aufbringen, die ande­re Hälfte wird durch eine sehr moderate Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge abgedeckt. Ich bin überzeugt, dass die Österreicherinnen und Österreicher das gerne zahlen, wenn sie wissen, dass sie damit auch das beste Gesundheitssystem der Welt erhalten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Beitrag, den wir in diesem Zusatzantrag haben, Herr Klubobmann Westenthaler, ist schlicht und einfach ein Beitrag, der sicherstellt, dass die Medikamente auch in Zu­kunft sicher sind. Darf ich Ihnen etwas sagen? – Als ich vor etwas mehr als vier Jahren Ministerin wurde, habe ich eine Situation vorgefunden, wo die Medikamente nicht ausreichend kontrolliert wurden. Es ist uns gelungen, mit der PharmMed Austria eine Institution zu schaffen, dass Zulassungen schneller bewerkstelligt werden und die Überprüfung der Medikamente auch entsprechend sichergestellt ist. Das wird jedem Österreicher und jeder Österreicherin sicher einen Cent wert sein, damit sie sichere Medikamente haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Die teuersten Medikamente in der EU!)

Was die Verstaatlichung der Ärzte anlangt, Herr Westenthaler: Ich kenne keine Grup­pe, die sich verstaatlichen lässt, aber die Letzten sind sicher die Ärzte. (Abg. Ing. Wes-


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tenthaler: Deswegen wehren sie sich ja!) Das, was Frau Bundesministerin Kdolsky tut, ist die Fortsetzung der Gesundheitsreform, die wir im Übrigen mit der Schaffung der Landesgesundheitsplattformen gemeinsam beschlossen haben, Herr Westenthaler! Es war die Idee Ihres Kollegen Schweitzer, die Landesgesundheitsplattformen so zu nen­nen – wir wollten sie etwas anders nennen. Es ist damit auch die Verlagerung vom Spi­tal in den niedergelassenen Bereich vorgesehen – eine Verbesserung für die Patientin­nen und Patienten.

Das sind zehn gute Gründe, Herr Klubobmann Westenthaler, Frau Bundesministerin Kdolsky das Vertrauen auszusprechen. Sie hat vor mehr als hundert Tagen ein riesi­ges und ein schwieriges Ministerium übernommen – höchst unterschiedlich sind die Interessenlagen der verschiedenen Gruppen im Gesundheitsbereich. Das weiß nie­mand besser als ich.

Frau Bundesministerin Kdolsky hat diese Herausforderung sehr engagiert und mit Verve angenommen. Wir sind überzeugt, dass sie die vielfältigen Aufgaben dieses Ressorts auch hervorragend meistern wird. Daher spricht meine Fraktion unserer Mi­nisterin das volle Vertrauen aus. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenecker zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.10.41

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Hohes Haus! Zurück zur Causa prima dieser Woche, zum Budget: Ein Teil des Budgetbegleitgesetzes betrifft die Änderung des Altlastensanierungsgesetzes. Diese Änderung ermöglicht, dass die Altlastenbeiträge für Sofortmaßnahmen in der Alt­lastensanierung weiterhin verwendet werden können, was wir für gut, klug und unter­stützungswürdig halten. Dabei sollten wir nicht vernachlässigen, dass es hier einen großen Nachhol- und Handlungsbedarf gibt. Es gibt zahlreiche Altlasten – aufgelas­sene Deponien, Betriebsstandorte –, die zu sanieren sind, die Schäden für das Grund­wasser und für die Bodenqualität verursachen. Dennoch sind die Mittel zu wenig, um hier zügiger voranzuschreiten, wie es eigentlich die Experten und Expertinnen empfeh­len. Es gibt einen Sanierungsbedarf von über 2 500 Standorten, und wahrscheinlich kommen noch mehr dazu – ein großer Handlungsbedarf!

Herr Vizekanzler und Finanzminister, wenn Sie von der viel gepriesenen Zukunftsorien­tierung dieses Budgets reden, dann ist natürlich die Frage, wo Sie denn da hinschau­en, wenn Sie zum Klimaschutz schauen. In Bezug auf den Klimaschutz und auch Teile des Umweltschutzes sind dieses Budgetbegleitgesetz und dieses Budget eine sehr große Enttäuschung. Österreich ist Klimaschutz-Schlusslicht, die Politik lebt in den letz­ten Wochen, Monaten und Jahren von Lippenbekenntnissen, Seifenblasenproduktio­nen und leeren Versprechungen. Weitergehen tut sehr wenig.

Die jüngste Diskussion über den Allokationsplan beweist, dass dieses fehlende En­gagement in der Klimaschutzpolitik zu einer unberechenbaren Politik und damit auch zu wirtschaftlichen Problemen führt. Genau das gilt es zu verhindern! Wenn Sie Aus­gaben für JI/CDM-Projekte für die nächsten beiden Jahre von über 100 Millionen € vorsehen – für diejenigen, die in der Umweltpolitik und der Klimaschutzpolitik der Ver­gangenheit nachhängen: in Zahlen 1,4 Milliarden Schilling –, dann ist das einfach et­was, was wir in Österreich verlieren. Wir tun da nichts für die heimische Wertschöpfung und wir tun nichts für die heimischen Arbeitsplätze.


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Da gilt es ganz klar zu sagen, worum es da geht: Mit diesen Geldern werden Wind­parks, Wasserkraftanlagen in Neuseeland oder China gebaut. Es wird keiner hier erklä­ren können, warum es notwendig ist, dass wir das Geld dort investieren und nicht hier in Österreich, um das voranzubringen.

Den Klimaschutzfonds dieses Jahr mit 50 Millionen € auszustatten, kann man als Be­ginn betrachten. (Vizekanzler Mag. Molterer: 650 Millionen Schilling!) – Herr Vizekanz­ler, gut gerechnet! Dennoch: Es ist zu wenig. Herr Vizekanzler, das ist so, als wenn Sie, um wirklich einen großen Schritt zu machen und tatsächlich Wasser auf die Müh­len zu treiben, damit etwas vorangeht, vor Ihren Äckern und Feldern in Sierning auf dem Bauernhof stehen und bei dieser Dürre – wahrscheinlich auch wieder eine Folge des Klimawandels! – mit zwei Zehn-Liter-Gießkannen der Dürre Herr werden wollen. Das wird nicht gehen, und genauso wenig wird es mit diesem Fonds gehen – mit die­ser mageren Ausstattung auch für die nächsten Jahre.

Wir brauchen einen Energiewendefonds – ausgestattet gut und satt mit 200 Millionen € pro Jahr und durchgehend für zwei Perioden –, um die Forschung zu forcieren, um die Haushalte zu mobilisieren, dass sie auf energieeffiziente Geräte umsteigen, um ent­sprechende Schwerpunkte setzen zu können und nicht nur oberflächlich Kosmetik be­treiben zu können.

Der Klima-Gipfel vor zwei Wochen: Gut inszeniert, mit vielen Expertinnen und Exper­ten, mit Vertretern der verschiedensten politischen Ebenen – auch aus den Bundeslän­dern –, mit den Vertretern aus den Sozialpartnern, die alle beschworen haben, etwas zu tun, dass sofort gehandelt werden muss, denn Klimaschutz hat keine Zeit.

Herr Grillitsch, wenn es so ist, dann fragen wir uns natürlich: Warum zeigt sich das nicht im Budget? Warum zeigt sich das nicht in den Budgetbegleitgesetzen? Die Fol­gen sind mager bis null, außer dass Minister Pröll jede Woche treuherzig verspricht, die Maßnahmen zu kontrollieren, die passieren, außer dass Bundeskanzler Gusen­bauer ankündigt, nächstes Jahr um diese Zeit werde es wieder diesen Gipfel geben.

Gebraucht werden außer Ankündigungen und Versprechungen tatsächlich Budgetmit­tel und entsprechende Gesetze, die das ermöglichen: so zum Beispiel eine ökosoziale Steuerreform, die sich an den CO2-Emissionen orientiert und bei der gleichzeitig be­dacht wird, dass die Arbeitskosten entlastet werden müssen.

Gebraucht wird auch ein Steueranreizmodell zur Sanierung der Altbauten. Von 1945 bis 1980 haben wir einen enormen Altbaubestand, dessen Renovierung ansteht, wo enorme Einsparpotenziale bestehen und auch die Möglichkeit auf viele Arbeitsplätze. Selbstverständlich braucht es auch eine konkrete Maßnahme zur Vorziehung des Finanzausgleiches, um eben eine Reform der Wohnbauförderung nach den Klima­schutzzielen zu erreichen.

Herr Grillitsch, weil Sie so fleißig den Klimaschutz und die erneuerbaren Energien be­schwören: Wir werden eine entsprechende Initiative setzen – Sie können sich uns an­schließen –, die Totalreform des Ökostromgesetzes voranzutreiben, die erneuerbaren Energien in diesem Land zu stärken, um hier wirklich einen Schritt zu setzen.

Herr Vizekanzler, Sie haben in Ihrer Budgetrede gesagt: Dieses Budget ist Generatio­nen-fit und Zukunfts-fit – in allen Punkten. Und Sie haben gesagt: Wir wollen Öster­reich zur Nummer eins in der EU machen. Da fragt sich natürlich schon: Wie, glauben Sie, ist es möglich, beim Klimaschutz tatsächlich diese Ziele zu erreichen? Denn wir werden mit diesem Programm weder die Nummer eins werden, noch sind wir in dieser Form Zukunfts- und Generationen-fit. Dieses Ziel Klimaschutz, Umweltpolitik ist in die­ser Form sowohl in den Begleitgesetzen als auch im Budget selbst sehr dürftig be­handelt worden. Es wirkt so, als wäre der Klimaschutz eine lästige Aufgabe für diese


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Regierung, statt dass Sie hergehen und sagen: Wir haben große Herausforderungen und genauso auch große Chancen – und genau die packen wir an. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Jawohl!)

10.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bauer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.18.25

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Geschätzte Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Frau Bundesminister! Ich möchte zwei Bemerkungen machen: zum einen zum BZÖ, das meint, schwere Konflikte zwischen den Koalitionspartnern zu orten, und zum anderen zu den Freiheitlichen, die meinen, dass eine falsche Budgetpolitik betrieben wird.

Nun glaube ich, dass es Faktum ist, dass wir nach Jahren der konjunkturellen Stagna­tion mit Wachstumsraten von 1 bis 2 Prozent nun eine konjunkturelle Wachstumsphase haben, die zwischen 2,5 und 3 Prozent liegt, und ein Budget vor uns liegen haben, das in zwei Richtungen diskutiert wird: dass es nämlich gut konsolidiert ist und in der Rich­tung – darauf können wir stolz sein! –, dass dieses Budget besser im Ergebnis sein wird, als der Voranschlag vorsieht.

Wir kennen ja die Argumente: Auf der einen Seite redet man von einem falschen Bud­get, auf der anderen Seite redet man davon, wie man die Überschüsse aus der besse­ren Wirtschaftsentwicklung, die heute schon erwartet werden dürfen – nämlich von rund 700 bis 800 Millionen €! –, sinnvoll und wirkungsvoll in der österreichischen Volks­wirtschaft einsetzen kann. Man muss sich also entscheiden, ob das Budget falsch ist oder ob man darüber diskutiert, wie man die Überschüsse gut und wirkungsvoll für Ar­beitsplätze und anderes mehr einsetzen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, ich sehe das Budget so, dass es eine gute Grundlage ist, in der wichtige Weichenstellungen für die österreichische Volkswirtschaft vorzuneh­men sind, Weichenstellungen in Richtung mehr Beschäftigung, mehr Technologieinten­sität, mehr Umweltqualität und Standortqualität und vor allem – eine ganz massive For­derung! – besserer Einkommensentwicklung, besonders für die unteren Einkommen. Denn mit einem Ergebnis von minus 19 Prozent beim unteren Fünftel der Einkom­mensbezieher, beim zweiten Fünftel von 11 Prozent, kann wahrlich nicht davon ge­sprochen werden, dass man der sozialpolitischen Verantwortung gerecht wird und zweitens – was mir sehr wesentlich erscheint – die langfristige Absicherung der Kon­junktur aus der Inlandsnachfrage gesichert wird. Diese ist heute noch robust, aber wir wollen auch nach 2012 eine starke Konjunktur, die nicht nur vom Export getragen wird, sondern selbstverständlich auch von der Inlandsnachfrage zunehmend abgesichert wird. – Und das ist die Politik, die wir brauchen! Geschätzte Damen und Herren, es gibt einen massiven Veränderungsbedarf – das ist ganz unbestritten –, und wir sollten da­her erkennen, dass es zurzeit mehr Veränderungsbedarf als Konsolidierungsbedarf gibt.

Auf der Ebene der nationalen Politik müssen die strukturellen Defizite abgebaut wer­den in Form der Verwaltungsreform, der Verbesserung der Technologie und der Inves­titionsdefizite. Extreme Defizite gibt es auch im Bereich der Betreuungskomponente sowohl für ältere als auch für jüngere Menschen.

Was mich aber besonders freut, ist, dass dieses Budgetbegleitgesetz beziehungsweise die davon umfassten Gesetze solche sind, die tatsächlich diesen Namen verdienen und unmittelbar budgetrelevant sind.


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Ich glaube, dass auch die Frage, die von meinem Vorredner Krainer eingebracht wur­de, sehr wichtig ist – ich beziehe mich auf die Pendlerpauschale. Ich halte sie in einem Land, in dem so viel Mobilität auf dem Arbeitsmarkt notwendig ist, für immens wichtig. Ich begrüße es, dass man nicht nur generell die Anhebung um 10 Prozent vorgenom­men hat, sondern dass man nun auch durch die Anhebung der Negativsteuer von 110 € auf 200 € erreicht hat, dass auch jene eine Förderung bekommen, die ein Ein­kommen unter der Besteuerungsgrenze haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte es auch für eine der ganz zentralen Forderungen, dass man in Zukunft im Zuge der Steuerreform noch bessere Voraussetzungen in diesem Bereich schafft, denn die Österreicherinnen und Österreicher können ohne Pendeln in der Arbeitswelt nicht auskommen. Es ist vor allem für den ländlichen Raum, also für jene, die nicht in den Zentren leben, unabdingbar, dass sie einen Ausgleichsmechanismus vorfinden, der ihnen eine entsprechende Verbesserung gewährleistet.

In diesem Sinne ist das Budgetbegleitgesetz ein Paket von Gesetzen, die als wichtige Ergänzung zum Gesamtbudget anzusehen sind und eine hervorragende positive Wir­kung haben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter The­messl zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.23.08

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn ich meinen Vorrednern von den Regierungsparteien so zuhöre, dann habe ich fast das Gefühl, dass diese von einem ganz anderen Budget oder einem anderen Budgetbegleitgesetz sprechen, als wir sie hier vorliegen haben, denn so eine Lobhudelei über ein Budgetbegleitgesetz zu betreiben und es als positiven Vorspann und als positive Grundlage für ein ausgezeich­netes Doppelbudget zu sehen, ist doch ein bisschen weit hergeholt.

Wir haben es hier mit einer Grundlage dafür zu tun, dass wir ein Doppelbudget be­schließen, das geprägt ist von neuerlichen Belastungen (Ruf bei der ÖVP: Gar nicht!), einem Angriff oder Rachefeldzug auf den Mittelstand, einem Angriffsversuch auf alle Klein- und Mittelbetriebe in diesem Land – und das, meine Damen und Herren, wird sich rächen!

Herr Finanzminister, ich weiß nicht: Kennen Sie die Einnahmen in Ihrem Budget nicht? (Vizekanzler Mag. Molterer: Besser als Sie jedenfalls!) In den ersten zwei Monaten des neuen Jahres haben wir bereits Mehreinnahmen von über einer halben Milliarde €! Was allerdings zurückhängt – und das vergessen Sie immer dazuzusagen –, das sind natürlich die Einnahmen bei der Umsatzsteuer, wo ein Einbruch zu verzeichnen ist, weil die Kaufkraft in unserem Land nicht anspringt. Und warum springt sie nicht an? – Weil wir Wirtschaftspolitik nicht so gut machen wie Vorzeigeländer in der EU, wie das Dänemark, Holland, Irland, Schweden und etliche andere mehr sind. Mein Vorredner Dr. Hannes Bauer hat gesagt, wir befinden uns bei einem Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 3 Prozent. Das ist ja zugegebenermaßen nicht schlecht, aber Tatsache ist, dass die guten Länder in Europa, die uns eigentlich als Vorbild dienen müssten, von einem Wirtschaftswachstum von 4 bis 5 Prozent sprechen und dadurch auch Budgetüber­schüsse erzielen können, zum Großteil bis zu 4 und mehr Prozent des Bruttoinlands­produktes – und wir machen nach wie vor Schulden!

Wenn Herr Stummvoll sagt, es sei unverantwortlich, jetzt eine Steuerreform anzuden­ken und diese auf Schulden aufzubauen, dann frage ich mich: Was ist dann das Bud­get, das hier vorliegt?! – Sie machen ein Budget ohne Steuerreform – es sind auch


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keine Ansätze dazu erkennbar –, und Sie machen trotzdem Schulden! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben im heurigen Jahr Schulden von 4 Milliarden € zusätzlich. Wenn Sie die ausgelagerten Bereiche noch dazunehmen, dann kommen wir auf einen Schulden­stand im heurigen Jahr von 7 Milliarden €; und wenn Sie das nächste Jahr noch dazu­nehmen, dann von 10 Milliarden €. Herr Finanzminister, bei einem Schuldenstand von 168 Milliarden €, der jetzt vorliegt, hinzugerechnet noch die ausgelagerten Schulden – ASFINAG und etliche andere Betriebe – von über 30 Milliarden €, die ab dem Jahr 2012 ja dann in das offizielle Budget hineingenommen werden müssen, liegen wir jetzt bereits bei einem Schuldenstand von über 200 Milliarden €. Meine Damen und Herren, das ist das Dreifache des Jahresbudgets dieses Staates! – Das ist eine verant­wortungslose Budgetpolitik, die hier betrieben wird, und vor allen Dingen ist das verant­wortungslos gegenüber der Wirtschaft! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie ruinieren, Sie starten einen Angriff auf alle Klein- und Mittelbetriebe. Wir haben nach wie vor die fünfthöchste Steuerbelastung in der EU! Wir haben einen Höchststeu­ersatz von 50 Prozent!

Wissen Sie, dass 2 Millionen Österreicher keine Steuern zahlen? – Das ist sehr positiv. Sie wissen aber auch – oder sagen nicht dazu –, dass über zwei Millionen Österreicher 38 Prozent und mehr Steuern zahlen, dass eine Million Österreicher 43,5 Prozent Steuern zahlen und dass immerhin noch über 200 000 Österreicher 50 Prozent Steu­ern zahlen. Und dafür tun Sie gar nichts! – Sie gefährden unseren Mittelstand. Sie gefährden die Wirtschaft, die für die Steuereinnahmen hauptsächlich und ursprünglich verantwortlich ist.

Wissen Sie, die Klein- und Mittelbetriebe beschäftigen in Österreich 1,7 Millionen Ar­beitnehmer. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft – und Sie höhlen dieses mit Ihrer verantwortungslosen Budgetpolitik ganz schlicht und einfach aus!

Das kann so nicht angehen. Und da Sie schon jetzt, in Zeiten, in denen die Wirtschaft floriert, nicht imstande sind, an eine Steuerreform zu denken, zitiere ich jetzt Dr. Mar­terbauer – den Sie ja aus dem im Zuge der Budgetdebatte abgehaltenen Budgethea­ring kennen –, der gesagt hat, jetzt eine Prognose über das Wirtschaftswachstum 2008 zu erstellen, wäre schon verantwortungslos. – Sie vertrösten alle Österreicher, Sie ver­trösten die österreichische Wirtschaft auf eine Steuerreform im Jahr 2010. Da sage ich Ihnen eines: Wenn Sie jetzt das Jahr 2010 ansprechen, dann ist das doppelt verant­wortungslos, wenn Sie davon ausgehen und sagen, das Wirtschaftswachstum wird dann schon so viel hergeben, dass eine Steuerreform Platz hat. – Das spielt es nicht! Was glauben Sie, wie schnell sich ein Wirtschaftswachstum ändern kann! Ich erinnere nur an das Jahr 2001, über Nacht hat sich das geändert.

Das ist verantwortungslose Politik! Sie müssten jetzt, und zwar jetzt sofort, eine Steuer­reform in Angriff nehmen, damit diese zumindest im Jahr 2008 greift. Ich gebe Ihnen schon recht, dass eine Vorlaufzeit für eine vernünftige Steuerreform natürlich auch vor­handen sein muss, aber wenn Sie jetzt nicht anfangen, dann frage ich mich: Wann wollen Sie das machen? – Wenn Sie jetzt die Österreicher und die Wirtschaft auf das Jahr 2010 vertrösten und wenn wir uns die ersten 100 Tage Ihrer Regierung anschau­en, wo Sie so gut wie nichts gemacht haben – es ist in der heutigen Sitzung nicht ein­mal eine Regierungsvorlage auf dem Tapet (Vizekanzler Mag. Molterer: Ja was haben wir denn dann heute?) –, dann denke ich mir, Sie werden ja vor dem Jahr 2009 gar nicht anfangen! Das wird nichts anderes sein als ein Steuerzuckerl.

Jetzt komme ich noch auf die Pendlerpauschale zu sprechen. Wissen Sie, was die Pendlerpauschale betrifft, so hat Kollege Krainer hier am Rednerpult gemeint, eine Erhöhung der Parkgebühren in Wien um 50 Prozent, das sei ja nicht viel, das sei ja an


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und für sich ein lächerlicher Betrag. Dazu muss ich schon Folgendes festhalten: Bei der Pendlerpauschale ist hier angedacht, eine 10-prozentige Erhöhung vorzunehmen. Herr Kollege Krainer! Wenn 50 Prozent nicht viel sind, dann sind 10 Prozent einfach ein Witz! (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, in urbanen Gebieten, in Städten ist es schon möglich, auf öffentliche Ver­kehrsmittel umzusteigen, aber im ländlichen Bereich – und offensichtlich kennen meine Kollegen auf Seite der Grünen Österreich nicht – ist es schlicht und einfach ein Unding, als Pendler mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu kommen, nämlich in einem vernünftigen Zeitrahmen. Meine Damen und Herren! Die Anhebung der Mineralöl­steuer, die massive Belastung des Frächtergewerbes – diese Kosten werden umge­legt, die zahlt der kleine Bürger alle mit, weil sich die Lebensmittel verteuern, weil die Transportkosten steigen und, und, und. Das ist verantwortungslos bis ins Detail!

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, denken Sie um! Nehmen Sie sich ein Herz, seien Sie nicht so feige, nehmen Sie sich den Mut und beginnen Sie jetzt mit einer Steuerreform, damit wir im Jahr 2008 den hoffentlich anhaltenden Wirt­schaftsaufschwung auch für unseren Staat positiv nutzen können! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Vizekanzler Mag. Molterer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.


10.30.01

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Bevor ich auf das Budgetbegleitgesetz eingehe, Herr Kol­lege Westenthaler, nur einige Sätze zu dem, was Sie hier von sich gegeben haben – denn eine „parlamentarische Rede“ würde ich das qua Definition noch nicht nennen –: Sie überschätzen sich etwas! (Abg. Ing. Westenthaler: Oberlehrer auf der Regierungs­bank!) Herr Kollege Westenthaler, Sie überschätzen sich etwas – ich würde sagen, Sie überschätzen sich maßlos! (Abg. Ing. Westenthaler: Als Regierungsmitglied den Ab­geordneten sagen, was eine Rede ist und was keine ist!) Wenn Sie hier hergehen und sagen, Sie reden für alle Kinder (Abg. Ing. Westenthaler: „Pater Willi“!), dann über­schätzen Sie sich nicht nur, sondern Sie haben ein völlig falsches Politikverständnis: Die Kinder haben eine eigene Stimme – sie brauchen Westenthaler nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt kommt die Predigt des „Pater Willi“!)

Herr Kollege Westenthaler, Sie gehen hier heraus und sagen, Sie reden für alle El­tern. – Ich sage Ihnen: Die Eltern brauchen Westenthaler nicht (Abg. Ing. Westentha­ler: Sie protestieren auch so! Das ist mir klar!), denn sie haben eine eigene Stimme.

Sie haben gesagt, Sie reden für alle Ärzte. – Herr Kollege Westenthaler, die Ärzte brauchen Ihre Stimme nicht, denn sie haben eine eigene Stimme und eine eigene Mei­nung!

Und, Herr Kollege Westenthaler, Sie gehen her und sagen, Sie reden für alle Patien­ten. – Auch da sage ich Ihnen: Die Patienten brauchen Sie nicht, denn sie haben ihre eigene Stimme und brauchen Westenthaler nicht! – Erster Punkt. (Abg. Ing. Westen­thaler: Und die Frau Kdolsky brauchen sie gar nicht!)

Zweiter Punkt: Ich glaube, dass Sie sich nicht nur überschätzen, sondern ich glaube, dass Sie sich verschätzen, und zwar ziemlich gewaltig. Es ist interessant, dass Sie Kollegin Kdolsky das Misstrauen aussprechen, aber interessanterweise zeigen alle Umfragen, dass die Österreicherinnen und Österreicher Andrea Kdolsky vertrauen! (Abg. Ing. Westenthaler: Bis auf euren Parteitag!) Sie liegen schlicht und einfach


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daneben, Herr Kollege Westenthaler! (Beifall bei der ÖVP.) – Aber damit habe ich kein Problem, wenn dieser Schuss nach hinten losgeht, Herr Kollege Westenthaler. (Abg. Ing. Westenthaler: 85 Prozent der eigenen Leute, das ist nicht viel!)

Dritter Punkt: Ich würde sagen, gehen Sie etwas in sich, denn Sie haben mit dieser Er­klärung, die Sie hier abgegeben haben, eigentlich jeden Respekt im Umgang mit Men­schen vermissen lassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo denn?) Und ich erwarte auch im politischen Streit und in der politischen Auseinandersetzung ein Mindestmaß an Respekt im Umgang mit Menschen, Herr Kollege Westenthaler. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Darauf lege ich Wert. Das ist einfach ein notwen­diges Element von demokratischer Kultur.

Und jetzt frage ich Sie: Wogegen sprechen Sie das Misstrauen aus? – Sprechen Sie wirklich das Misstrauen aus gegen Hausverstand und Vernunft, wenn es um die Frage des Schutzes der Nichtraucher geht? Da ist eine Lösung in Diskussion mit Hausver­stand und Vernunft, auch in den Wirtshäusern in Österreich. – Wenn Sie eine beson­dere Erfahrung mit Wirtshäusern in Österreich haben, dann ist das Ihr persönliches Problem, Herr Kollege Westenthaler. Ich sage Ihnen aber ganz trocken: Hausverstand und Vernunft ist hier zu Hause, bei Andrea Kdolsky! Das verdient Vertrauen, Herr Kol­lege Westenthaler! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Westenthaler, Sie sprechen Misstrauen aus, wenn sich jemand um die Sicherung des besten Gesundheitssystems der Welt kümmert. – Da sage ich Ihnen schon, das verdient Vertrauen, wenn jemand den Mut hat zu sagen: Jawohl, da sind wir auch bereit, eine geringfügige Anhebung der KV-Beiträge zu diskutieren, am Ende des Tages auch zu entscheiden, wenn gleichzeitig gespart wird im System, dort wo Sparen möglich ist. – Das verdient Vertrauen, Herr Kollege Westenthaler, und das hat unsere Andrea Kdolsky! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Westenthaler, Sie sprechen Misstrauen aus, wenn sich jemand um die gesundheitlichen Risken bei jungen Menschen kümmert? – Da sage ich Ihnen, das verdient Vertrauen und Unterstützung! Wenn jemand den Mut hat, auch diese Diskus­sion offen anzusprechen, dann bin ich dankbar dafür! (Abg. Ing. Westenthaler: Das sehen aber die Eltern ganz anders! Die beklagen sich!) Die jungen Menschen in die­sem Land sind froh, dass jemand da ist, der sich auch um diese sensiblen und manch­mal schwierigen Fragen kümmert. – Das verdient Vertrauen, Herr Kollege Westentha­ler – und keineswegs Misstrauen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und, Herr Kollege Westenthaler, Sie sprechen jemandem das Misstrauen aus – oder wollen dies tun; es wird ja beim Wollen bleiben, wie oft bei Ihnen –, der sich um die Einhaltung der Gesetze kümmert? – Was ist denn das für eine Haltung eines Parla­mentariers?! Eigentlich habe ich mir gedacht, das Parlament ist unter anderem dazu da, zu prüfen, ob die Minister sich in ihrer Tätigkeit an die Gesetze halten. – Nichts an­deres macht Andrea Kdolsky: Sie hält sich an die Gesetze. (Abg. Ing. Westenthaler: Abkassieren, billiges Abkassieren ist das, sonst gar nichts!)

Das verdient nach Ihrer Diktion Misstrauen?! (Abg. Ing. Westenthaler: Billiges Abkas­sieren bei den Familien!) Welches Signal geben Sie denn? (Abg. Ing. Westenthaler: Es lebe der Minister Haupt!) – Ein Minister, eine Ministerin, der/die sich an Gesetze hält, verdient Vertrauen, weil das das Selbstverständlichste der Welt ist, Herr Kollege Westenthaler! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, da gibt es kritische Diskussionen über die Zukunftsperspektive auch in unserem Sozialversicherungssystem. – Na Gott sei Dank führt diese Diskussion jemand! Sie werden ja doch nicht plötzlich alles und jedes einzementieren, was da war. Ich kenne Sie nicht mehr! Früher waren Sie doch noch kreativ und mutig, wenn es um Reformvor-


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schläge gegangen ist. (Abg. Steibl: Das ist schon lange her!) Heute, Herr Kollege Westenthaler, sprechen Sie einer Persönlichkeit, die diesen Mut aufbringt, das Miss­trauen aus. Was ist denn mit Ihnen passiert? (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Hat Sie plötzlich irgendwie die Feigheit erwischt? Da sage ich Ihnen: Nein, jemand, der den Mut hat, auch kritische Dinge anzusprechen, der verdient Vertrauen! (Abg. Ing. Westenthaler: Zwischenfrage: Kann sie selber auch sprechen, oder sind Sie jetzt der Anwalt von ihr?) Andrea Kdolsky hat dieses Vertrauen, sie macht tolle Arbeit!

Probieren Sie es öfter! (Abg. Ing. Westenthaler: Kann sie selber auch sprechen?) Herr Kollege Westenthaler, probieren Sie es öfter (Abg. Ing. Westenthaler: „Mund zu“ – sitzt daneben und schaut zu, anstatt sich zu Wort zu melden!) – ich würde sagen, es wird die Reputation und das Ansehen der Andrea Kdolsky erhöhen. (Abg. Ing. Westen­thaler: Sie soll sich einmal zu Wort melden!) Jeder Misstrauensantrag, den Sie stellen, geht für Sie nach hinten los und hilft unserer Andrea Kdolsky in ihrer Arbeit. (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie der Sprachlehrer?)

Danke dafür, dass Sie auch mit diesem Antrag der Arbeit von Andrea Kdolsky wirk­lichen Rückenwind geben. (Abg. Ing. Westenthaler: Rhetoriklehrer ist das!) Sie hätte es nicht gebraucht, aber wir nehmen es durchaus, so wie wir es verstehen (Abg. Ing. Westenthaler: Kann sie selber auch sprechen? Sind Sie der Pressesprecher?), nämlich als Auftrag, in der Öffentlichkeit Vertrauen für Andrea Kdolsky auszuspre­chen. – Genau das tun wir, Herr Kollege Westenthaler! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Budgetbegleitgesetz. – Erstens einmal: Vielen Kritikern sei gesagt, dass wir mit dem Budget durchaus richtig liegen. Ich habe das auch schon bei der Budgetrede und bei der Debatte dazu gesagt. Wir sind ja in einer eigenwilligen Situation: Die eine Kritik sagt, es ist zu viel, die andere Kritik sagt, es ist zu wenig. In so einer Situation, würde ich sagen, wo eine Oppositionspartei sagt, es wird zu wenig ausgegeben, die andere Oppositionspartei sagt, es wird zu viel ausgegeben, ist das eigentlich eine Bestätigung: Wir liegen richtig! Unser Budgetkurs, meine Damen und Herren, stimmt: der sparsame Umgang mit dem Steuer-Euro auf der einen Seite, Investieren auf der anderen Seite. Dass wir die Defizite geringer ausfallen lassen, als noch während der Regierungsver­handlungen geplant, zeigt, dass wir richtig reagieren; und dass wir den Schuldenstand insgesamt abbauen, das ist etwas, was wir auch im Interesse der jungen Menschen in diesem Lande – und viele von ihnen sind heute anwesend – einfach aus unserer Ver­antwortung heraus entsprechend umsetzen werden und umsetzen müssen.

Herr Kollege Themessl, Sie treten allen Ernstes hier ans Rednerpult und sagen, es gibt keine Regierungsvorlage?! – Dann frage ich Sie: Warum haben Sie dann überhaupt das Wort ergriffen? – Das ist eine Regierungsvorlage, über die wir heute diskutieren, nämlich das Budgetbegleitgesetz! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) – Also zumindest dieses müssten Sie wissen, wenn Sie sich mit den Themen hier beschäftigen. (Abg. Dr. Stummvoll: Er wird es noch lernen!)

Ich glaube, Sie waren – wenn ich mich richtig erinnere – im Budgetausschuss beim Budgethearing, und interessanterweise haben uns dort die Experten Folgendes ge­sagt: Erstens, es ist selbstverständlich, dass es Prognosen gibt, die über ein Jahr hin­ausgehen. Das Wifo prognostiziert 2007, 2008, das Wifo hat sogar eine mittelfristige Prognose in der Konjunkturperspektive bis zum Jahr 2011. – Also die Kritik, dass es Prognosen über den Tag hinaus gibt, die verstehe ich überhaupt nicht! Was wollen Sie dann? Wollen Sie, dass wir uns nur mit dem Heute beschäftigen? – Nein, wir beschäf­tigen uns mit dem Morgen! Und das ist der Unterschied: Vielleicht beschäftigen Sie sich zu viel mit dem Gestern, Herr Kollege Themessl! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Zweite Sache, Steuerreform. – Interessant: Alle Experten im Budgethearing haben uns recht gegeben mit dem Budget – im Detail die eine oder andere Kritik; nun, das ist kein Problem – in folgender Frage: dass es grundsätzlich richtig ist, antizyklisch vorzu­gehen. Wir haben jetzt eine sehr gute Konjunktursituation, sind stolz darauf! Ich würde wirklich auch von Ihnen die Beachtung der Grundsätze wirtschaftspolitischer Vernunft erwarten, die nämlich besagt: In guten Zeiten müssen wir im Budget vorsorgen, müs­sen wir sparen, damit wir dann, wenn die Konjunktur etwas flacher wird, richtig reagie­ren können und dann mit einer Steuerentlastung den Konjunkturmotor unterstützen. – Das ist unsere Politik: Das Richtige zur rechten Zeit tun! Und das haben übrigens alle Experten im Hearing auch entsprechend dargestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage des Budgetbegleitgesetzes. – Es ist schon viel gesagt worden: Die Senkung der Verwaltungskosten, die Steuerfreiheit der Zuschüsse für die Altersteilzeit – eine wichtige Perspektive auch im Sinne der Offensiven auf dem Arbeitsmarkt –, die For­schungsquote, die Konzentration auf Europa und auf den EWR-Raum und auf Öster­reich, die Wertpapierdeckung für die Pensionsrückstellungen – eine wichtige Frage in der Sozialpolitik –, die Frage der Transparenz im Umsatzsteuerbereich – Reverse Charge wurde angesprochen –, alles sinnvolle Maßnahmen!

Jetzt auch ein offenes Wort zur Frage Mineralölsteuer. – Ja, es stimmt, wir haben uns bei der Mineralölsteuer für eine Erhöhung entschieden, und zwar über das Ausmaß hinaus, das wir ursprünglich im Regierungsübereinkommen festgelegt haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Abzocke ist das!) Dazu bekennen wir uns, Herr Kollege Westen­thaler, und wenn Ihnen dazu nicht mehr einfällt, dann sitzen Sie auf dem richtigen Platz. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Frage der Mineralölsteuer, Herr Kollege Westenthaler, müssen Sie doch Fol­gendes sehen: Wir können nicht einerseits die Klimastrategie, die Herausforderungen aus der Klimapolitik diskutieren, aber dann, wenn es konkret wird, sagen: Aber das nicht! Ich frage Sie: Was sonst? Es gibt wenige Elemente wie die Mineralölsteuer, die so verbrauchsorientiert ist – jeder getankte Liter ist ein gefahrener Liter – und daher auch das richtige Signal in Richtung Klimaentwicklung gibt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Klima-Schmäh!)

Weil wir mit dem Geld auch etwas Sinnvolles – nicht im Sinne der Budgetkonsolidie­rung, sondern strategisch – machen, haben wir erstens festgelegt: Mit dem Geld wird teilweise auch die ASFINAG unterstützt und somit die Investitionsmöglichkeit in den Straßenbau gewahrt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Das hilft den Autofahrern in diesem Land, dazu sind wir auch verpflichtet.

Zweiter Punkt: Einen Teil der Mineralölsteuererhöhung, nämlich den, den die Länder erwarten, wollen wir in den öffentlichen Personennahverkehr geben, damit wir auch über diese Investition den Klimaschutz unterstützen, dass es für die Menschen leichter ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Drittens: Mit den Einnahmen – das müssen die Menschen auch wissen, was mit dem Geld geschieht; ich stehe Rede und Antwort – finanzieren wir das wirklich innovative und moderne Instrument des Klimafonds.

Manchmal bei Diskussionen habe ich den Eindruck – und ich sage das auch heute wie­der –, irgendwie sind wir mit dem Euro, was die Dimensionen und die Wirkung betrifft, noch nicht so ganz vertraut. Im heurigen Jahr: 50 Millionen €; 50 Millionen € sind um­gerechnet 650 Millionen Schilling. – Wenn Sie sich hier herstellen und sagen: 650 Mil­lionen Schilling zusätzlich in die Forschung sind nichts!, dann möchte ich dazu sagen – und bitte, Frau Kollegin Lichtenecker, sagen Sie das auch, denken Sie das mit –: Das ist Geld, das vom Steuerzahler bezahlt wird, daher müssen wir sorgsam damit um-


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gehen und es richtig einsetzen. Im nächsten Jahr, 2008, stehen 150 Millionen € zur Verfügung. Damit wir auch hier wissen, wovon wir reden: 150 Millionen € sind 2 Mil­liarden Schilling zusätzlich für Forschung und Entwicklung.

Daher sage ich Ihnen sehr offen: Jawohl, wir bekennen uns zu dieser Erhöhung der Mi­neralölsteuer, weil sie einerseits ökologisch richtig wirkt (Abg. Ing. Westenthaler: Was planen Sie als Nächstes mit der Mineralölsteuer?) und weil wir mit dem Geld, Herr Kol­lege Westenthaler, sinnvolle Zukunftsinvestitionen unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass wir selbstverständlich auch die soziale Dimension hochhalten, zeigt sich darin, dass wir die Pendlerpauschale um 10 Prozent anheben (Abg. Ing. Westenthaler: Al­mosen!); das Pendlerpauschale, um grammatikalisch korrekt zu sein. Ich weiß nicht, wer von den Oppositionsrednern gemeint hat, das sei die einzige Anhebung, aber da ist offensichtlich vergessen worden: Wir haben in den letzten Jahren das Pendlerpau­schale einmal um 10 Prozent, einmal um 15 Prozent angehoben – und jetzt wiederum um 10 Prozent. Und weil wir wissen, dass die, die keine Steuer bezahlen, durch das Pendlerpauschale nicht berücksichtigt würden, haben wir uns selbstverständlich im Sinne dieser sozialen Verantwortung dazu entschlossen, heute diesen Abänderungs­antrag vorzulegen, dass auch jene, die keine Einkommen- respektive Lohnsteuer be­zahlen, mit dem Pendlerzuschlag eine entsprechend notwendige und richtige Abfede­rung erhalten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Genau so macht man es, meine Damen und Herren: Verantwortung übernehmen und sozial handeln. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort; 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.44.45

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Bevor ich mich mit meinem Debattenbeitrag meinen Vorrednern teilweise an­schließe, mich aber auch teilweise von deren Wortspenden distanziere, möchte ich zu­nächst einmal dem Herrn Finanzminister gratulieren, und zwar nicht nur zu seinem hervorragenden Budget – das haben wir schon in der ersten Lesung getan und werden das auch im Folgenden tun –, sondern auch – er hat es am Ende seiner Ausführungen angesprochen – zum Pendlerzuschlag in der Höhe von 90 € für jene, die von der neuerlichen 10-prozentigen Erhöhung der Pendlerpauschale nicht profitieren können, weil sie eben keine Steuer bezahlen.

Viele meiner Vorredner haben heute eher negativ argumentiert: dass wir nichts ge­macht hätten, dass wir jetzt keine Steuerreform machen. – Ich kann Ihnen sagen, wir haben sehr viel getan. Wir haben eine Steuerreform gemacht, mit der wir besonders niedrige Einkommen entlastet haben. Und wer es immer noch nicht weiß: Wir haben 2,55 Millionen Steuerpflichtige in Österreich, die überhaupt keine Steuer bezahlen. Ich weiß wirklich nicht, was man hier immer wieder zu bekritteln hat. Das ist ein Erfolg, und das ist ein Erfolg der letzten Bundesregierung gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte schon auf eine Differenzierung Wert legen: Wir haben mit diesen 90 € nicht die Negativsteuer erhöht, sondern wir haben einen Pendlerzuschlag geschaffen, den wir auch schon bei der letzten Steuerreform für die Kinder von Alleinverdienerfamilien oder AlleinerzieherInnen, gestaffelt von einem bis zu drei oder mehr Kindern, geschaf­fen haben. Auch das war ein Zuschlag und keine Erhöhung der Negativsteuer.

Herr Kollege Themessl, Sie haben gemeint, wir machen keine Steuerreform und wir höhlen die Betriebe aus, wie Sie so schön betont haben. – Ich frage mich, ob Sie, als


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Sie in das Hohe Haus gewählt worden sind, von Ihren Kollegen nicht aufgeklärt worden sind darüber, was wir in den letzten Jahren alles für Unternehmer getan haben. Ich kann Ihnen da ein paar Dinge aufzählen.

Einer Ihrer Vorredner hat auch gemeint, wir wollen jetzt die begünstigte Besteuerung der nicht entnommenen Gewinne abschaffen. – Das wollen wir überhaupt nicht. Im Ge­genteil! Im Budgetbegleitgesetz ist mit der Nachversteuerung eine Maßnahme vorge­sehen, die bereits jetzt schon im Erlasswege geregelt war und die überhaupt keine Neuerung darstellt. Wir haben bei der letzten Steuerreform und mit all den Wachstums- und Standortpaketen eine Reihe von Maßnahmen für Unternehmer gesetzt – wir blei­ben dabei, begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne – wir bleiben da­bei, 10-prozentiger Freibetrag für Einnahmen-Ausgaben-Rechner für nicht investierte Gewinne bis zu einem Betrag von 100 000 €. Wir haben die Körperschaftsteuer von 34 Prozent auf 25 Prozent gesenkt. – Ich weiß nicht, wieso Sie glauben, dass wir nichts für Unternehmer getan hätten.

Wenn Sie meinen, wir sollten jetzt, stante pede, eine Steuerreform machen, dann mei­ne ich, dass wir uns sehr wohl sehr gut darauf vorbereiten. Wir leben in der Gegenwart, aber wir denken immer wieder auch an die Zukunft. Wir zeigen das mit unserem Bud­get, aber wir zeigen das natürlich auch mit unseren Maßnahmen. Wir diskutieren sehr intensiv über eine zukünftige Steuerreform, und dazu bedarf es natürlich vieler Überle­gungen. Einerseits – wir haben es im Budgetausschuss schon gehört – wird überlegt, dass die Maßnahmen der letzten Steuerreform evaluiert werden, dass man einmal sieht, wie sich einzelne Maßnahmen ausgewirkt haben. Und auf der anderen Seite müssen wir uns natürlich überlegen: Womit erreichen wir die nötige Treffsicherheit?

Mein Kollege Günter Stummvoll hat heute schon beispielsweise eine rechtsformneu­trale Besteuerung angesprochen, und ich sage Ihnen, neben einer rechtsformneutralen Besteuerung werden wir auch eine Form der Familienbesteuerung brauchen, um die Familien in diesem Land wirklich zu entlasten. Die Familien sind teilweise oder größ­tenteils der Mittelstand, sie erhalten unser System, sie sind auch jene, die sich für Kin­der entscheiden. Wir reden ja immer davon, wir müssen den Familien Mut geben, dass sie sich für Kinder entscheiden. – Wir tun das, wir sind die Familienpartei! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher werden wir bei einer zukünftigen Steuerreform auch Maßnahmen dafür finden, davon bin ich überzeugt. Unser Finanzminister und Vizekanzler Wilhelm Molterer ist ein Garant dafür.

Zum Schluss noch zu Herrn Kollegem Themessl: Sie haben gesagt, wir haben so viele Schulden und so weiter. Ich darf in Erinnerung rufen: Wir zahlen jährlich 7 Milliarden € lediglich für die Zinsen der Schulden der Vorjahre, und das sind nicht die letzten sieben Jahre, sondern das sind die Jahre davor. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Herr Abgeordneter Bucher zu Wort ge­meldet; Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.50.11

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Liebe Kolle­gen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Budgetbegleitgesetze sind ja immer auch ein Ausdruck der Reformfreudigkeit und des Tatendrangs einer Regierung, und es kommt nicht nur auf die Fülle, sondern auch auf den Inhalt dieser Budgetbegleitgesetze an. Es wurde schon mehrfach kritisiert, dass uns heuer zum ersten Mal eine überschaubare Fülle und ein überschaubarer In­halt von Budgetbegleitgesetzen zur Diskussion vorliegen. Ich sage dazu: Eine Regie-


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rung, die gestaltet, eine Regierung, die nicht verwaltet, legt Budgetbegleitgesetze in größerem Umfang vor, eine Regierung, die es als Auftrag und Inhalt sieht, aus Öster­reich einen modernen Staat zu schmieden und den erfolgreichen Weg der letzten acht Jahre fortzusetzen, ist tatenfreudiger, kreativer und ideenreicher.

Das vermisse ich in diesen Budgetbegleitgesetzen, weil sie im Grunde genommen nur die Tarife anpassen, valorisieren, die Steuern, die Abgaben erhöhen. Das kann nicht der erfolgreiche und vielversprechende Weg sein, der von ÖVP und BZÖ im Jahr 2000 eingeschlagen wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Daher verstehe ich nicht, Herr Vizekanzler, wenn Sie sagen, dass beim Budgethearing die Experten unisono der Meinung waren: zuerst konsolidieren, zuerst den Staatshaus­halt sanieren und sparen, um sich dann eine Steuerreform leisten zu können. Da sind wir bei der falschen Veranstaltung gewesen. Wir haben zwei Experten gehabt, die uns ganz klar den Weg zur Entlastung gewiesen haben, die gesagt haben: Entlasten wir die Steuerzahler in Österreich! Erst wenn wir entlasten, die Steuern herabsetzen, geht es mit dem Wachstum bergauf.

Das ist auch der Weg, dem wir uns verpflichtet fühlen. Sie werden sich erinnern, in un­zähligen Diskussionen und wirklich kritischen Auseinandersetzungen mit dem Staats­haushalt, mit den Steuerreformen der letzten Jahre, waren wir immer derselben An­sicht, nämlich dass wir die Steuerzahler entlasten müssen, dass wir den Staat schlan­ker gestalten müssen, damit wir wettbewerbsfähiger bleiben, damit wir Arbeitsplätze schaffen, damit wir Kosten einsparen, die wir später dem Bürger wieder zurückgeben können.

Das ist alles nicht ersichtlich in diesen Budgetbegleitgesetzen. Ganz im Gegenteil, Sie setzen die Mineralölsteuer nach oben. Wenn Sie bedenken, dass Sie in nächster Zukunft 54 Millionen € mehr an Mineralölsteuer kassieren und über die 10-prozentige Erhöhung des Pendlerpauschales nur 20 Millionen € zurückgeben, so machen Sie noch immer ein gutes Geschäft, indem Ihnen 34 Millionen € bleiben. – Das ist doch nicht fair und gerecht, wenn man weiß, dass heute ein Pendler von Oberwart nach Wien mit 240 € pro Jahr mehr belastet wird.

Deshalb verstehe ich auch nicht, dass Sie hergehen und sagen: Wir erhöhen die Nega­tivsteuer von 110 € auf 200 €. Das ist ja noch immer ein Riesenverlust für den Pendler aus Oberwart, der durch diese Erhöhung der Mineralölsteuer 40 € pro Jahr zusätzlich zahlt, und das ist nicht fair.

Wir wissen – das ist bestätigt –, dass 2,55 Millionen Österreicher, Arbeitnehmer, keine Steuern mehr zahlen. Das ist richtig, sie zahlen keine Steuern. Aber was haben die von dieser Erhöhung des Pendlerpauschales um 10 Prozent, wenn sie nicht in den Genuss dieser Erhöhung kommen, ihre Kosten nicht abgedeckt bekommen? Wir haben da ein Gegenmodell, und das dürfen wir auch in Form eines Entschließungsantrages heute vorstellen.

Wir stellen uns einen Pendlerbetrag vor, eine Abgeltung für die Pendlermehrbelas­tung – eine Art wie das Kindergeld – für jene Pendler, die einfach mit ihren Kosten nicht zurande kommen, und zwar in der Größe der kilometermäßigen Abgabe, mit 0,376 € pro gefahrenem Kilometer, gedeckelt auf 60 Kilometer pro Tag. Das ist eine echte Abgeltung für die Mehrbelastung der Pendler und führt dazu, dass die Pendler nicht zur Kasse gebeten werden und dass es nicht zu einer Aushöhlung des ländlichen Raumes kommt. Das wäre eine echte Beihilfe für die Pendler in unserem Land, die extrem belastet sind.

Überlegen Sie dabei auch – weil auch vonseiten der bürgerlichen Partei ÖVP immer wieder gesagt wird: Uns ist der ländliche Raum sehr viel wert, uns sind die Menschen


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im ländlichen Raum sehr kostbar und wertvoll, und es geht darum, dass wir den länd­lichen Raum erhalten, gerade auch die Landwirtschaft, das Kleingewerbe, den Mittel­stand im ländlichen Raum! –: Was würde uns das mehr kosten, wenn wir den länd­lichen Raum aushöhlen durch diese Mehrbelastung der Pendler?

Wir haben 1,5 Millionen Pendler in Österreich. (Abg. Dr. Moser: Über 2!) Von diesen 1,5 Millionen Pendlern sind 600 000 an ihren eigenen PKW gebunden. 600 000 müs­sen mit dem PKW zur Arbeit fahren. Nehmen Sie sich doch dieser Größe an und be­rücksichtigen Sie in Ihren Überlegungen, was das für diese Pendler bedeutet. Mit der 10 Prozent-Pendlerpauschale werden Sie diesen Schmerz nicht beheben, den diese Pendler zu erleiden haben.

Schließen Sie sich unserem Vorschlag an, nämlich eine Pendlerbeihilfe zur Verfügung zu stellen, die endlich den Pendlern mehr Geld zur Verfügung stellt, als das mit diesem Pendlerpauschale gemacht werden kann. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus ist es nicht nur eine Kernfor­derung des BZÖ und der FPÖ, wenn wir von einer Steuerreform, vor allem von einem Vorziehen der Steuerreform sprechen. Auch zwei Experten im Budgethearing haben sich dazu bekannt.

Ziehen wir nur die kritischen Stellungnahmen der Wirtschaftskammervertreter oder der ÖGB-Vertreter heran. Da hat es beim ÖGB einen Bundeskongress gegeben. Erinnern Sie sich, die ÖGB-Vertreter hier in der SPÖ-Fraktion! Sie haben doch beschlossen, dass die Steuerreform auf 2008 vorgezogen werden soll. Oder haben wir uns da ver­hört? Oder haben die Journalisten schlecht recherchiert? Sie wollen eine Steuerreform vorziehen, vor 2010, genauso wie wir das für richtig erachten, genauso wie die Wirt­schaftskammer das für richtig erachtet. Wenn Sie Ihren Organisationen verpflichtet sind, Ihren Mitgliedern verpflichtet sind, dann schließen Sie sich doch unserem Vor­schlag an – in Form eines Entschließungsantrages, den wir heute einbringen –, einen Vorzieheffekt der Steuerreform zu erreichen.

Wir sind überzeugt davon, dass zwei wichtige Kernbereiche im Steuersystem verändert werden müssen, nämlich die Ungleichgewichtung der Unternehmensbesteuerung, eine Kernforderung auch des Wirtschaftsbundes. Es ist nicht einzusehen, dass Unterneh­men in Österreich unterschiedlich hohe Steuern zahlen. Wir sagen, dass es über den Weg, über den Bypass der Rechtsformneutralität in Österreich gelingen muss, dass alle Unternehmen, egal ob Land- oder Forstwirt oder Gewerbebetrieb, einheitlich 25 Prozent Steuern zahlen. Das ist möglich, das ist auch finanzierbar, wie wir gesehen haben über die letzte KöSt-Senkung. Das führt zu mehr Wachstum, das führt auch dazu, dass wir wettbewerbsfähiger werden.

Oder: die längst schon fällige Tarifanpassung im Lohn- und Einkommensteuerbereich. Hier sagen wir, dass man erst ab einem Einkommen von 84 000 € brutto in die 50-pro­zentige Besteuerung hineinfallen soll und nicht ab 51 000 € Einkommen pro Jahr. Das wäre endlich einmal die Kaltstellung der kalten Progression. Wir haben ja seit 1988, bald sind es 20 Jahre, in diesem Bereich nichts unternommen. Eine dringende Tarif­anpassung ist erforderlich und notwendig. Das müssen wir endlich machen, damit wir den leistungsorientierten Mittelstand entlasten.

Den leistungsorientierten Mittelstand, von dem auch immer die Rede ist, von allen Par­teien, den haben wir in den letzten Jahren vernachlässigt. Der gehört endlich einmal entlastet, denn das Geld, das der Mittelstand vom Staat zurückerhält, geht direkt in den Konsum. Mehr Konsum steigert das Wachstum, steigert die Beschäftigung in unserem Land und sichert den sozialen Wohlstand.


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Das muss unser Interesse sein, meine sehr geehrten Damen und Herren (Beifall beim BZÖ), diesem Weg der Entlastung fühlen wir uns verpflichtet – und nicht dem Weg der Verwaltung unseres Staates, wie er in diesem Budgetbegleitgesetz zum Ausdruck kommt, das wir nicht unterstützen werden. – Danke sehr. (Beifall beim BZÖ.)

10.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Bucher, nur zur Klarstellung: Sie haben zwar von Entschließungsanträgen gesprochen, aber sie nicht eingebracht. (Abg. Bucher nickt.) – Okay.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


11.00.05

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Bundesministerin Kdolsky – ent­schuldigen Sie bitte, ich war jetzt so auf das Budget eingestellt. Wir diskutieren heute ein Budget – ein erstes Budget dieser neuen Bundesregierung –, und sehr viele haben große Bedenken gehabt, dass diese Bundesregierung in ihren Disharmonien, die es anfänglich gegeben hat, auch ein vernünftiges Budget zustande bringt. Herr Kollege Bucher kritisiert im Augenblick, dass die Menge der Budgetbegleitgesetze und der Um­fang und das Volumen dieser Budgetbegleitgesetze zu gering sind, und deutet darauf hin beziehungsweise vermutet, dass aufgrund dieser Tatsache zu wenig Dynamik in dieser Bundesregierung ist. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Ich stelle fest, meine Damen und Herren, diese beiden Herren, M. und M., die für die Finanzpolitik unseres Landes zuständig sind, haben ein sehr gutes, detailliert ausge­arbeitetes Budget vorgelegt. Es ist von einer Qualität, die dazu geführt hat, dass die Budgetbegleitgesetze, das heißt, die Interventionen während der Budgetverhandlun­gen nur in diesem geringen Umfang notwendig gewesen sind. Ich bin wirklich sehr zufrieden mit diesem Budgetansatz, wie wir ihn heute diskutieren.

Steuern sind zum Steuern da, das ist vollkommen klar. Man kann sehr schwer öko­logische Maßnahmen vom Staat fordern und gleichzeitig gegen Steuererhöhungen sein, mit denen man steuern oder regulieren kann. Das heißt, die MöSt-Frage ist nicht die Frage: Ist es die Henne oder ist es das Ei? Es ist einfach notwendig, wenn man zusätzlich in Klimaschutzmaßnahmen in Österreich investiert, auch zusätzliche Gelder zu akquirieren. So gesehen ist das eine vernünftige und sehr intelligente Methode, For­schungspolitik, Klimapolitik, Technologiepolitik zu machen, und ich bin überzeugt, dass es sogenannte Doppeldividenden geben wird, weil dieses Geld nicht nur dem Klima­schutz in Österreich nützt, sondern auch der Forschung und Technologie in Österreich einen großen Sprung nach vorne gewähren wird.

In diesem Sinne glaube ich auch noch ansprechen zu müssen, dass die für 2010 in Aussicht gestellte Steuerreform eine oder überhaupt die erste Steuerreform in der Zweiten Republik ist, die sich die Menschen selbst erarbeitet und verdient haben. Das heißt, wir werden diese Steuerreform zu einem Zeitpunkt durchführen, der gewährleis­tet, dass nach dieser Steuerreform nicht automatisch wieder schwere Budgetverluste damit verbunden sind.

In diesem Sinne: Ich glaube, wir haben ein vernünftiges Doppelbudget für die Jah­re 2007/2008. Wir wissen natürlich, die Situation am Markt ist sehr gut, die Konjunktur in ganz Europa boomt, wir partizipieren davon, aber trotzdem oder gerade deshalb: ein richtiger Ansatz für diese Jahre. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.03



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Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.


11.03.26

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Gesundheitsministerin! Frau Bildungsministerin! Werter Herr Staatssekre­tär! Leider ist der Herr Vizekanzler nicht mehr da; eigentlich sollte man mit dem Herrn Vizekanzler und Finanzminister hier weiter argumentativ fortgehen können. Ich nehme ihn wirklich beim Wort. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich nehme ihn völlig beim Wort (Abg. Grillitsch: Sie vertrauen dem Finanzminister?), denn im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der sich gerade bei Budgetdebatten sehr stark in NLP-Formulierungen gebadet hat, hat Molterer argumentiert.

Ich gehe jetzt auf diese Argumentation ein. Argument eins war: Schuldenstand abbau­en. – Meine Damen und Herren, lesen Sie genau das Begleitheft, den Budgetbericht, und schauen Sie nach bei der Tabelle 21! Dort sehen Sie, wo der Schuldenstand durch Ihre Regierung in dieser Periode massiv erhöht wird – Stichwort Infrastruktur. Der Herr Vizekanzler und Finanzminister negiert den Schuldenberg, den er uns bis 2010 in der Infrastruktur anhäuft (Beifall bei den Grünen), in der Infrastruktur Straße vor allem, die völlig kontraproduktiv ist zum Aspekt des Klimaschutzes. Ich würde ja gerne mit dem Herrn Vizekanzler und Finanzminister über den Klimaschutz und auch über den Klima­schutzfonds diskutieren, aber er ist nicht mehr hier. (Abg. Grillitsch: So viel ist noch nie gemacht worden für den Klimaschutz wie jetzt!) Ich sage eindeutig: Molterer baut Schulden auf statt Schulden ab. Er schaue nach in seinem eigenen Budgetbericht auf Seite 101!

Argument Nummer zwei: Der Herr Vizekanzler und Finanzminister hat gesagt, wesent­lich sei ihm Forschung, Innovation. – Jetzt schaue ich mir an, wo die Milliarden hin­gehen. Frau Ministerin, wir haben ja schon öfter diskutiert, Sie für Bildung, schauen Sie sich eine Wifo-Studie an! Ich habe diese heute ausgehoben: Wifo-Weißbuch, Modell­simulation zu dem Wifo-Weißbuch „Wachstum und Beschäftigung“. Lesen Sie noch einmal nach!

Öffentliche Investition in Forschung und Entwicklung – Herr Kollege Stummvoll ist auch nicht mehr da, auch er hat heute der Innovation das Wort geredet – ist langfristig sinn­voll, mittel- und langfristig sinnvoll, genauso wie Investition in den Bildungsbereich, at­testiert das Wifo mit einer Simulation und Modellberechnungen. Wo wird aber inves­tiert? – 10 Milliarden in den Infrastrukturbereich, davon der überwiegende Teil in die Straße.

Lesen Sie nach, was das Wifo in der Simulationsrechnung über diesen Investitionssek­tor genau feststellt und auch kritisch anmerkt – ich darf der Genauigkeit halber zitie­ren –: Wachstumsraten in Infrastrukturinvestitionen haben keinen dauerhaften Wachs­tumseffekt, sondern steigern langfristig lediglich das Niveau des BIP gegenüber der Basislösung. – Zitatende.

Das ist es! Und Herr Vizekanzler Finanzminister Molterer stellt sich hin und sagt: Keine Schulden, und wir investieren dort, wo es volkswirtschaftlich am sinnvollsten ist. – Beides kann ich widerlegen, beides dank der verschiedenen fachlichen Gutachten. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.)

Nun zu einem anderen Diskussionsthema, das heute sehr stark im Mittelpunkt steht, auch vom Herrn Finanzminister angesprochen: die Erhöhung der Mineralölsteuer. Der Finanzminister hat darauf hingewiesen, das nütze dem Klima. Er hat auch darauf hingewiesen, das nütze der ASFINAG. Jetzt frage ich, Herr Finanzminister: Was tut die ASFINAG für den Klimaschutz? Erzählen Sie mir, dass der Autobahnbau, dass die Nord Autobahn, dass die Lobau Autobahn (Abg. Grillitsch: Die S 36 nicht vergessen!),


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dass verschiedene Autobahnprojekte –Traisental et cetera – klimafördernd sind?! Nein, genau das Gegenteil ist der Fall! (Abg. Grillitsch: Das stimmt ja nicht!) Wir wissen, der Verkehr ist Klimakiller Nummer eins. Investition in den Autobahnbau ist Klimakiller-In­vestition! Das ist Klimakiller-Investition, und das macht der Herr Minister mit der MöSt.

Außerdem, hat er gesagt, wird der Länderanteil für den öffentlichen Verkehr verwen­det. – Sein Wort in Gottes Ohr, sein Wort in das Ohr des Herrn Landeshauptmannes Pühringer, Voves et cetera. Das schaue ich mir dann an, denn der Herr Finanzminister hat im Budgetausschuss immer gesagt, es werde eine politische Vereinbarung über diese Verwendung des MöSt-Anteils der Länder geben. Und wir wissen, was politische Vereinbarungen wert sind: null Komma Josef, nichts, die sind für die Würscht’! Wenn nicht gesetzliche Vorgaben gelten, wenn nicht vertragliche Vereinbarungen mit wirk­lichem Gültigkeitscharakter geschlossen werden, nützt das gar nichts. Die Länder wer­den das MöSt-Geld als Körberlgeld fürs Budget betrachten. Sie sind ja in Budgetnöten. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Das, was wir wollen – Klimaschutz, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Angebot an die PendlerInnen, verbesserte Busverbindungen, Taktverkehre, Zugverbindungen, besse­res Wagenmaterial, bessere Fahrpläne, günstigere Tarife –, all das, was ich brauche, um den Klimaschutz im Verkehrsbereich voranzutreiben, was ich brauche, damit die Menschen umsteigen, was ich brauche, damit die Menschen nicht mehr das Pendler­pauschale im Sinne der Unterstützung der Autofahrer benötigen, ist nicht gewährleis­tet. Das steht auf tönernen Füßen, das ist Wort in Gottes Ohr, das ist mehr oder weniger Nebelwerfen hier im Nationalrat. Das glauben wir Ihnen nicht, Herr Vizekanzler und Finanzminister!

Jetzt noch ganz konkret zur Diskussion Belastung der PendlerInnen. – Ja, die sind be­lastet, aber ich frage Sie: Wodurch? Durch Ungerechtigkeiten, massive Ungerechtig­keiten, die Sie heute mit der Anhebung des Negativsteuersatzes um 90 Millionen nicht wettmachen! Menschen, die schlecht verdienen, die wenig verdienen, die besonders lange zur Arbeit fahren müssen, öfter aus dem ländlichen Raum, Herr Kollege Gril­litsch, die steigen schlecht aus bei dieser Pendlerpauschallösung.

Wir brauchen – im Gegensatz zu dieser mickrigen Erhöhung von 90 Millionen Sockel­betrag bei der Negativsteuer – eine totale Umgestaltung. Ja, ich bin dafür: Weg mit der Pendlerpauschale, her mit einem gerechten Mobilitätsgeld! Wir brauchen ein Mobili­tätsgeld für die Menschen, die die öffentlichen Verkehrsmittel verwenden.

Schauen Sie es sich an, wie ungerecht die Pendlerpauschale ist! Sie brauchen nur nachzuschauen: ÖV-Pendler kriegen erst dann Geld, wenn sie über 20 km pendeln. Der PKW-Pendler kriegt schon dann Geld, wenn er nur über 2 km pendelt. Das ist doch klimaschutzmäßig und auch verkehrspolitisch ein totaler Irrsinn! Das verlängern Sie weiter.

Wenn ich mit ÖV über 20 km fahre, dann bekomme ich im Jahr genau 495 €. Das kön­nen Sie in der Steuergesetzgebung nachlesen. Wenn ich mit dem Auto über 20 km pendle, dann bekomme ich pro Jahr 1 071 €. Bitte, das ist mehr als das Doppelte. Und dann sagen Sie noch, Sie tun etwas für den Klimaschutz.

Sie bestrafen die Pendlerin oder den Pendler, der/die öffentliche Verkehrsmittel ver­wendet, und Sie belohnen die Pendlerin oder den Pendler, der/die mit dem Auto unter­wegs ist. Und das ist genau der Zwiespalt, der sich durch verschiedenste Sachbe­reiche zieht, wenn man das Kriterium des Klimaschutzes anwendet, zum Beispiel bei der Pendlerpauschale. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Wir Grünen sind für eine gerechte Lösung, nämlich für ein allgemeines Mobilitätsgeld, wo endlich jene Menschen, die ÖV benützen, gleichberechtigt behandelt werden und


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wo endlich – und das ist für mich das Allerwichtigste! – der öffentliche Verkehr mit MöSt-Mitteln ausgebaut wird, und zwar massiv ausgebaut wird, nicht um Peanuts, son­dern mindestens um 100 bis 200 Millionen pro Jahr. Das ist eine Investitionsnotwen­digkeit beim ÖV, und das braucht man meines Erachtens nicht bei der ASFINAG zu tun, denn das geht dort in die falsche Richtung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gril­litsch: Wer soll dann die Straßen bauen?)

Abschließend: Der Herr Finanzminister und Vizekanzler hat davon gesprochen, dass er auf jeden Fall Verantwortung übernimmt und gleichzeitig sozial handelt. Das war sozu­sagen seine Schluss-Devise. Ich konnte allein am Beispiel der Pendlerpauschale deut­lich beweisen, dass weder verantwortungsvoll noch sozial gehandelt wird. (Abg. Gril­litsch: Beides: öko-sozial! Ökosoziales Budget!) Ich glaube, da müssen wir den Re­formhebel massiv ansetzen, gerade in der Diskussion der ökosozialen Steuerreform, wo wir nämlich die ganze Kfz-Besteuerungsebene auf neue Beine stellen müssen, wo wir Gerechtigkeit durch Ökobonusgeld brauchen und wo wir endlich den Menschen das geben müssen, was sie angesichts des Klimawandels, angesichts steigender Energie­preise wirklich brauchen: ein Recht auf sanfte und solare Mobilität! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


11.13.06

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen Ministerinnen! Hohes Haus! Das Budgetbegleitgesetz 2007 bietet die Chance und die Möglichkeit, eine grundsätzliche Debatte über die in Zahlen gegossene Politik dieser Bundesregierung, die sie zu betreiben beabsichtigt – und das ist dieses Budget –, zu führen.

Zuerst möchte ich aber diese Gelegenheit wahrnehmen, mich bei allen herzlich zu be­danken für die sehr faire und konstruktive Diskussion im Budgetausschuss: bei allen Kolleginnen und Kollegen, gleich welcher Fraktion, vor allem aber bei meinen Stellver­tretern Weinzinger, Ing. Gartlehner und Dr. Sonnberger, aber genauso auch bei den Damen und Herren des Rechtspolitischen Dienstes und auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klubs. Es war tatsächlich eine sehr sachliche, sehr konstruktive und durchaus interessante Debatte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Kollegen Westenthaler, der heute meinte, er müsste unserer Bundesministerin Kdolsky das Misstrauen seiner Fraktion aussprechen: Er war ja, wie wir wissen, in den letzten vier Jahren nicht im Parlament und weiß es vielleicht nicht, daher sei es ihm gesagt: Angesichts der Performance so mancher seiner Kolle­ginnen und Kollegen hier haben wir allen Grund, stolz auf unsere Bundesministerin zu sein, meine Damen und Herren vom BZÖ! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines sei klar festgehalten: Das österreichische Gesundheitssystem ist eines der bes­ten der Welt. Und wenn man es nicht glaubt, dann sollte man sich erkundigen. Ich bin überzeugt davon, dass unsere neue Bundesministerin hier weiterhin hervorragende Ar­beit leisten wird. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Durchaus interessant war der konstruktive Beitrag der Kollegin Lichtenecker zur Altlas­tensanierung; dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist so: Es ist durchaus positiv!

Wenn man interessiert zugehört hat, so muss man sagen: Auch der Beitrag des Kolle­gen Bucher war an und für sich sehr konstruktiv. Mir ist daran nur eines aufgefallen: Er hat mit keiner einzigen Silbe seinen Klubobmann Westenthaler verteidigt, der durchaus


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das eine oder andere – zu Recht, meine ich – von unserem Vizekanzler hat einstecken müssen. Auch da tun sich offensichtlich Gräben auf.

Nun komme ich zum Budgetbegleitgesetz, meine Damen und Herren, und möchte zu­nächst einmal sagen: Ich freue mich auch über den, wie ich meine, sehr kritischen Beitrag des Kollegen Rossmann, der hier meinte, man hätte das Budgetbegleitgesetz wesentlich unfangreicher sozusagen konstruieren müssen, man hätte mehr Chancen wahrnehmen sollen. – Interessant!

2003 waren Sie, Kollege Rossmann, noch nicht Abgeordneter, damals waren Sie Ex­perte bei den Grünen, und wenn ich mir Ihre Beiträge, die Sie damals als Experte – und ich bestreite nicht, dass Sie einer sind – lieferten, in Erinnerung rufe, so fällt mir ein, dass Sie damals massive Kritik an dem Umfang des Budgetbegleitgesetzes – 96 Gesetze waren damals davon umfasst, sofern ich es noch richtig im Kopf habe – geübt haben. Wir hatten damals massive Kritik einzustecken, wo es hieß, was denn nicht alles in dieses Gesetz hineinverpackt worden wäre. Interessant, kann ich da nur sagen, denn diesmal ist es ein direkter Vergleich, denn diesmal sind es in direktem Zusammenhang mit den Budgetauswirkungen stehende Unterlagen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.)

Herr Kollege Rossmann sagte auch noch, man hätte lange im Budget gesucht, bis man den Klimafonds gefunden hätte. – Ja, da hat er recht, aber es hätte auch genügt, den Ausführungen in den Budgetberatungen zuzuhören. Es wurde nämlich deutlich darauf hingewiesen, dass es hierzu einen Abänderungsantrag geben wird. Herr Kollege Ross­mann, Sie haben das zeitgerecht erfahren. Tun Sie nicht so, als ob das nicht gesagt worden wäre!

Meine Damen und Herren, ich meine, dass dieser Klimafonds durchaus die richtige Richtung vorzeigt. Natürlich kann man darüber streiten, ob es nicht vielleicht noch mehr sein sollte. Unbestritten, gar keine Frage! Aber wenn die einen beklagen, dass die Erhöhung der MöSt zu viel ist, den anderen dieser Schritt zu wenig ist, so wird die goldene Mitte schon stimmen. Offensichtlich ist es beim Klimaschutz so wie beim Stra­ßenbau in den Gemeinden: Jeder ist dafür, außer es betrifft ihn selber! Dann sagt er: Macht es bei den anderen! (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade was den Klimaschutz betrifft, ist Ihre Fraktion, Herr Kollege Rossmann, nicht so glaubwürdig. Wissen Sie, meine Gemeinde ist die Nachbargemeinde von Lambach, und dort gab es einmal ein schönes Wasserkraftwerk. Es ist gar nicht so lange her. Rufen Sie sich in Erinnerung oder erkundigen Sie sich zumindest über das Verhalten Ihrer Fraktion im Zusammenhang mit diesem Wasserkraftwerk! Dann werden Sie se­hen, wie glaubwürdig Sie sind. – Werden Sie glaubwürdiger! (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht wäre auch einmal an alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses die Frage zu stellen, wie denn das eigene Haus oder die eigene Wohnung beheizt wird, mit wel­cher Energieform. Das wäre eine durchaus interessante Sache! Dann könnten Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, hier vom Klimaschutz mehr erzählen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Sie sollten nicht immer nur reden von den nachwachsenden Energieformen, aber sel­ber auf andere Energiebereiche greifen. Ich würde mir wünschen, dass die Glaubwür­digkeit im eigenen Haus begänne. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek.) – Frau Kollegin Glawischnig, Sie haben sich auch nicht ausgezeichnet im Zu­sammenhang mit dem Kraftwerk Lambach! Das sei Ihnen auch einmal deutlich in Erinnerung gebracht!


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Meine Damen und Herren, ich freue mich über dieses Budgetbegleitgesetz und finde es durchaus interessant. Es sind schon einige Aspekte angesprochen und im Detail von meinen Kolleginnen und Kollegen dargestellt worden.

Ich darf mich an dieser Stelle bedanken beim ehemaligen Bundeskanzler und jetzigen Klubobmann Dr. Schüssel und bei unserem Bundesminister Pröll, die in Brüssel Sen­sationelles im Zusammenhang mit dem ländlichen Raum erreicht haben. Hier seien erwähnt: die Chancen der Bäuerinnen und Bauern, die Chancen der LEADER-Projekte für die Regionen, auch die Chance, jeden Euro in Brüssel durch die nationale Absiche­rung abzuholen. Das ist besonders lobenswert und sei deutlich erwähnt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie schon, meine Damen und Herren, das eine oder das andere kritisieren, dann würde ich Sie bitten: Vergleichen Sie das Wachstum in Europa, in der Eurozone! Ver­gleichen Sie die Inflation international! Vergleichen Sie die Arbeitslosigkeit Österreichs mit jener der anderen EU-Staaten! Vergleichen Sie auch die Schaffung neuer Arbeits­plätze in Österreich! Vergleichen Sie vor allem auch die Steuersätze in Österreich mit jenen in Deutschland! Vergleichen Sie auch das Wirtschaftswachstum in Österreich, den Erfolg der Börse Österreichs und vieler anderer Bereiche! Das ist zugegebener­maßen auch ein Erbe und eine Auswirkung einer sehr positiven und guten Politik der letzten Jahre. Die wollen wir weiterhin fortsetzen! – Herzlichen Dank. (Beifall und Bra­vorufe bei der ÖVP.)

11.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosen­kranz. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


11.20.21

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegt, Frau Bundesminis­terin Kdolsky, gegen Sie ein Misstrauensantrag vor, und ich werde daher versuchen, darzustellen, inwieweit Sie aus familienpolitischer Sicht unser Vertrauen verdienen.

Was hat man bis jetzt, in diesen ersten 100 Tagen der Regierung, von Ihnen gese­hen? – Es war wenig an unmittelbarer politischer Arbeit, obwohl dieses Ressort eigent­lich verlangen würde, dass ein Familienminister, der bestellt wird, sofort mit seiner Arbeit beginnt, Konzepte auf den Tisch legt, sich der Dringlichkeit und Priorität dieses Faches bewusst ist. Man hat aber das Übliche erlebt. Das war in der Budgetdebatte vor allem eine Sache: Es müssen jetzt endlich Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige geschaffen werden. Mehr hat man eigentlich vom Inhalt her familienpoli­tisch von Ihnen noch nicht zu sehen bekommen.

Frau Ministerin Kdolsky, Sie haben sich vor allem auf eine Politik des Sich-Darstellens konzentriert. Sie haben da einen gewissen Unterhaltungswert in die Politik gebracht. Der Herr Vizekanzler hat Sie mit den Worten verteidigt, Sie hätten mit Hausverstand und Vernunft agiert, und hat sich da auch auf Ihre Tätigkeit bezogen, gesundheitliche Risken bei jungen Menschen zu vermeiden.

Herr Vizekanzler, Sie dürften damit die Kondomaktion gemeint haben. Ich sage Ihnen: Das war nicht Hausverstand und Vernunft, sondern das war einfach unerträglich und peinlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Das war eine Anbiederung an junge Menschen, wie sie mir als Mensch mittleren Alters eigentlich schon sehr zuwider ist. Die Reaktion meiner eigenen Kinder war: Um Gottes willen, hoffentlich passiert uns so etwas in der Schule nicht!

Und gar so vom Tisch wischen würde ich das denn doch nicht, dass Eltern dagegen protestieren, dass ihre Kinder mit Politikern auftreten müssen. (Ruf bei der ÖVP: Ein


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Elternteil!) Mich ärgert das auch sehr, wenn es hie und da passiert. Ich halte es für eine unzumutbare Vereinnahmung von Kindern in der Schule.

Würden Sie es wünschen, dass ich mit Ihren Kindern in einer der Schulen, wo Ihre Kin­der sind, fotografiert werde? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich nehme davon Abstand, aber Sie machen es! Und man protestiert! (Ruf bei der SPÖ: Da ist ja ein Unterschied!) Ach, da ist ein Unterschied? Das ist ja wirklich ganz interessant! Das ist ja unglaub­lich! – Also ich finde, dass man darauf verzichten sollte, in den Schulen Parteipropa­ganda zu machen. Sie tun sich leicht, wenn Sie sagen, dass ein Elternteil protestiert. Glauben Sie mir, es ist vielen sehr zuwider. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Ministerin Kdolsky, der Herr Vizekanzler hat auch gesagt, Sie seien mutig.

Herr Vizekanzler, haben Sie damit vielleicht gemeint, dass Frau Bundesministerin Kdolsky sich jetzt auch solchen Themen öffnet wie einer gleichgeschlechtlichen Part­nerschaft, die rechtlich registriert ist? Ich sage Ihnen: Das ist nicht mutig! Das ist die totale Hinwendung zu dem und das endgültige totale Angepasstsein an das, was man Zeitgeist nennt! Und es ist übrigens das alte bürgerliche Leiden: Sie haben eine Mords­freude damit, wenn Sie endlich dort angekommen sind, wo die Linke Sie seit 1968 ha­ben will! (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit des Vizekanzlers Mag. Molterer. – Vizekanzler Mag. Molterer: Frau Rosenkranz, täuschen Sie sich nicht!)

Nein, ich täusche mich nicht, ich beobachte das. Es ist, glaube ich, auch ein Unter­schied zwischen uns und Ihnen: Sie sind sehr gekonnt und sehr geübt im Beherrschen des sogenannten Handwerkszeugs der Macht. Das machen Sie gut. Es ist Ihnen aller­dings völlig egal, welche Inhalte Sie vertreten – und da täuschen Sie sich!

Wenn der scheidende Parteiobmann, Klubobmann Schüssel auf Ihrem Parteitag ge­sagt hat: Es ist uns leider nicht gelungen, klarzumachen, dass wir eine Familienpartei sind!, dann muss ich sagen: Welch ein Missverständnis! Das ist keine Sache des schlechten Verkaufs, da sind Sie perfekt. Ich kenne das aus Niederösterreich. Sie in­vestieren grandiose Summen – übrigens auch aus öffentlichen Mitteln –, und Sie ha­ben da gute Werbeberater, überhaupt keine Frage, aber es ist keine Sache des Ver­kaufs, sondern Sie sind nicht die Familienpartei! Sie sind es längst nicht mehr! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Die FPÖ ist es nicht!)

Das gilt gerade auch in der Frage der homosexuellen Partnerschaften. Ich prophezeie Ihnen und warne Sie: Mit der Argumentation, dass Sie das einerseits nicht wollen, weil die Ehe eine exklusive Stellung haben soll, dass Sie aber andererseits Diskriminierun­gen vermeiden wollen, sind Sie schon auf der schiefen Bahn!

So redlich muss man sein: Wenn keine Diskriminierungen, dann keine Diskriminierun­gen! Da sind Sie auch dann schlecht aufgestellt, wenn es darum geht, zum Beispiel das Adoptionsrecht zuzuerkennen. Es gibt dann kein Argument dagegen, denn: Keine Diskriminierungen sind keine Diskriminierungen! Manchmal muss man den Mut ha­ben – der, wie bekannt ist, nicht unbedingt die erste bürgerliche Tugend ist –, die Dinge im Grundsatz zu diskutieren. (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind keine bürgerliche Partei!)

Wir halten fest: Die Ehe, die auf Kinder ausgerichtet ist, ist deswegen, weil sie auf Kin­der ausgerichtet ist, in einer privilegierten Stellung zu erhalten! (Beifall bei der FPÖ.)

Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften leisten genau das nicht! Die beiden Dinge sind in keiner Weise gleich oder auch nur vergleichbar, und eine unterschied­liche Behandlung ist deswegen nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig. – Nur so kommen Sie durch! Sie werden es nicht wagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Hausverstand und Vernunft für einen Familienminister hätten geheißen, endlich die demografische Alarmsituation zur Kenntnis zu nehmen. Mutig wäre es gewesen, jene


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Wissenschafter zusammenzurufen, die sagen, wie man die Sache beenden kann, wie man eine Trendwende erreichen kann und dass man vor allem das demografische Pro­blem nur dann lösen kann, wenn man die Familien stärkt.

Hausverstand und Vernunft hätten geheißen, dass man klar sieht, dass sich die Fami­lien im reichen Österreich nach wie vor zwischen Kindern oder Teilhabe am Wohlstand entscheiden müssen. Bei Arbeiterfamilien fällt das Pro-Kopf-Einkommen mit dem zwei­ten Kind unter die Armutsgrenze, bei Angestellten-Familien ist das beim dritten Kind der Fall. Mutig wäre es gewesen, zu sagen: Wir widmen die zusätzlichen Steuerein­nahmen, die aufgrund der Konjunktur erzielt worden sind, einer massiven Steuerentlas­tung der Familien! Wir sehen das Familiensplitting jetzt als erstes und prioritäres Ziel! (Beifall bei der FPÖ.)

Hausverstand und Vernunft hätten geheißen, dass man auf die Aussagen und die Wünsche der Eltern Rücksicht nimmt, die sagen: Unserer kleinsten Kinder betreuen wir am liebsten in der Familie!

Mutig wäre es gewesen, sich den Anforderungen der Wirtschaft, die natürlich die Ver­fügbarkeit der jungen Mütter für den Arbeitsmarkt will, und den Anforderungen, die Ihr Koalitionspartner an Sie stellt, der aus ideologischen Gründen hier eine feministische Ansicht vertritt, entgegenzustellen und zu sagen: Nein, für uns ist erstens das Kindes­wohl und zweitens der Wunsch der jungen Eltern der wichtigste Punkt, nach dem wir unsere Familienpolitik ausrichten!

Sie haben all das nicht gemacht! Das Familienressort ist ein Schlüsselressort – und wir sind nicht der Ansicht, dass Sie die Richtige dafür sind! (Beifall bei der FPÖ.)

11.27


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


11.27.56

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr, sehr geschätzte Ministerinnen! Geschätzte Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! In aller Kürze, Frau Kollegin Rosenkranz: Dass Sie eine völlig andere Wertehaltung in der Familienpolitik haben, ist eine Frage der Demokratie. Das steht Ihnen zu (Abg. Ro­senkranz: Danke! – Abg. Strache: Danke! Großzügig!), und zwar so, wie es uns zu­steht, eine andere zu haben. Was Ihnen nicht zusteht – was auch Ihnen nicht zusteht, Herr Parteivorsitzender der FPÖ – ist, dass Frau erst dann oder ausschließlich dann oder nur dann zählt, wenn Sie den Beweis erbracht hat, ein Kind auf die Welt gesetzt zu haben. (Abg. Strache: Nein! Sie müssen doch diesen Frauen eine freie Wahlent­scheidung geben!) Frau hat Anrecht auf Eigenständigkeit und freie Wahl. (Beifall bei der SPÖ.)

Was der Frau Kollegin Rosenkranz überhaupt nicht zusteht, das ist, Frau ohne Kind zu diskriminieren. – Das steht Ihnen nicht zu, auch nicht in einer Demokratie! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Ein wenig mehr Sachlichkeit, weniger Feminis­mus!)

Zur Frage unter dem Kürzel „Kondom-Aktion“: Wie und in welcher Form, ist die eine Sache, das muss jeder und jede für sich selbst entscheiden. Ich erinnere an die Aufre­gung, die vor vielen Jahren der Gesundheitsminister Ausserwinkler mit seiner Aufklä­rungskampagne für Kondome und Prävention gegen AIDS erregt hat, und ich muss sagen: Ich halte jede solche Erregung und Aufregung für wichtig, weil Sie einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und zur Auseinandersetzung leistet. (Abg. Dr. Graf: Aber den Ausserwinkler habt ihr in die Wüste geschickt! Warum habt ihr ihn in die Wüste ge­schickt! Ihr habt ihn selbst abgesägt! Das ist eine Drohung: das Schicksal von Ausser-


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winkler!) Ich stehe für Prävention statt Tabuisierung, so wie Sie es versuchen, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Budgetbegleitgesetz: Im Gegensatz zum Kollegen Bucher beziehungsweise zum BZÖ und zur FPÖ finde ich es hervorragend, dass in diesem Budgetbegleitgesetz ausschließlich legistische Maßnahmen vorgesehen sind, die tatsächlich etwas mit dem Budget zu tun haben. – Das ist das Positive!

Kollege Bucher sehnt sich nach den Zeiten seines Kollegen und Freundes Grasser zurück, wo man im Budgetbegleitgesetz in Bausch und Bogen alles verpackt, verdeckt, versteckt hat, was eigentlich in Wirklichkeit nicht dazugehört.

Nicht positiv finde ich – aber das ist eine Aufgabe für die Zukunft –, dass es weder im Budgetbegleitgesetz noch im Budget Mittel und Maßnahmen für den Bundesbeitrag zur Schaffung von flächendeckenden und bedarfsorientierten Kinderbetreuungseinrichtun­gen gibt. Gut hingegen finde ich die Tatsache, dass es mit der Novellierung des Schü­lerbeihilfengesetzes inklusive der Mittel für die Studienförderung ein Plus von 28,8 Pro­zent verglichen mit dem Budget 2006 gibt. Das ist ein wichtiger Pfeiler für einen neuen Weg, auf dem die österreichische Jugend mehr und gerechtere Chancen im Bereich ihrer Ausbildung hat.

Bedauerlich finde ich, dass es Kritik gab an einem sehr mutigen Ansatz der Bildungs- und Kunstministerin, die nämlich bereit ist – und das ist auch als Teil in dem Bud­getbegleitgesetz verankert –, Verantwortung, ganz präzise Verantwortung für Kunst- und Kulturbudgets zu tragen. Ich nenne es Transparenz und Verantwortung, die fest­machbar ist, andere haben in der Vergangenheit ziemlich viel vernebelt, haben nicht für Transparenz gesorgt, und man konnte sich damit nicht einmal auseinandersetzen.

Ein zweiter Bereich: Ich würde diese Vorgangsweise der Kunstministerin beispielhaft sehen, und zwar insbesondere für den Wirtschaftsbereich und den Tourismusbereich. Da gibt es eine Vielfalt und Vielzahl von Förderungen und Subventionen, aber die Mehrheit der betroffenen Anspruchsberechtigten und Nichtinanspruchnehmer beklagt sich zu Recht, dass diese Förderstrukturen in Wirklichkeit ziemlich nebulos sind oder – charmant gesagt – sehr oft im Dunkeln liegen. Da Transparenz an den Tag zu legen, wäre förderlich, auch für die Inanspruchnahme durch Klein- und Mittelbetriebe.

Meiner politischen Kultur entspricht es – keine Zeit mehr –, die Kritik, die ich das letzte Mal beim Budgetbegleitgesetz angebracht habe, mit dem zu vergleichen, was heute daliegt. Ich sehe mit dem Budgetbegleitgesetz und dem Budget deutliche Ansätze für eine Perspektive, in der soziale Gerechtigkeit, sozialer Ausgleich und vor allem wieder der Mensch im Mittelpunkt stehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.32


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haub­ner zu Wort. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


11.32.46

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mi­nisterinnen und Minister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist altbekannt, dass das Budget eine in Zahlen gegossene Politik ist, und wie mein Kollege Bucher schon gesagt hat, ist dieses Budget, ist diese Politik eine, die mehr verwaltet als gestaltet. Das Budget wird getragen von einer Regierung, die in den ersten hundert Tagen viel geredet hat, sehr unterschiedlich geredet hat, sich immer wieder uneinig gewesen ist und wenig Konkretes getan hat (Abg. Mag. Trunk: Reden Sie von sich?), mit Aus­nahme von massiven Belastungen auf der einen Seite bis zu bloßen Ankündigungen auf der anderen Seite. (Abg. Mag. Trunk: Reden Sie von der Regierung, der Sie ange­hört haben? – Abg. Strache – in Richtung der Abg. Mag. Trunk –: Wo sind die Regie-


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rungsvorlagen heute? Es gibt keine! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Strache – in Richtung SPÖ –: Na super! Hundert Tage Regierung und keine Regierungsvorlagen!)

Dieses Budget, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine Mogelpackung, bei der die Hauptverlierer die Steuerzahlerinnen und die Steuerzahler in Österreich sind. Die Steuereinnahmen – es wurde schon ein paar Mal erwähnt – steigen durch ein gu­tes Wirtschaftswachstum eklatant an, doch die Mehreinnahmen werden nicht an die Steuerzahler weitergegeben, sondern kurz vor der Wahl verspricht man lediglich einen kleinen Nachlass. Diese Regierung mit diesem Budget arbeitet nach dem Motto: Belastung jetzt, Entlastung später!

Belastung jetzt, so heißt es auch für das Gesundheitssystem. Und wenn der Herr Vize­kanzler sagt, dass die Österreicher gerne zusätzlich zahlen, dann frage ich mich, wen er gefragt hat, denn ich höre nichts davon, dass die Österreicher erfreut sind, dass sie in Zukunft 0,15 Prozent Krankenversicherungsbeitragserhöhung hinzunehmen haben werden, bevor überhaupt alle Einsparungspotentiale bei der Strukturreform ausge­schöpft sind, wie etwa weitere Zusammenlegungen der Sozialversicherungsanstalten sowie Abbau von Doppelgleisigkeiten und Schnittstellenproblemen.

Hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Gesundheitsministe­rin, hat Sie anscheinend wieder der Mut verlassen, denn Steuererhöhung, Versiche­rungsbeitragserhöhung ist sicher der einfachere Weg, der komplizierte Weg wäre, die Probleme intern zu lösen.

Im Gegensatz dazu hat die alte Regierung damals eine Einsparung von 400 Millionen € mit den Sozialversicherungsträgern vereinbart. Ich frage mich: Was ist bis dahin ge­schehen? Und wie werden Sie weitergehen?

Oder: die Verteuerung der Medikamentenkosten. – Warum gibt es hier nicht eine Hal­bierung der Mehrwertsteuer, denn Medikamente, Arzneimittel sind für viele Menschen lebensnotwendige Güter?

Damit dieses Gesundheitssystem auch das beste der Welt bleibt, würde ich mir wün­schen, sehr geehrte Frau Gesundheitsministerin, dass Sie dort investieren, dass Sie dort Ihre Energien einsetzen und nicht in sehr plakativen Aktionen wie bei der schon mehrmals angesprochenen Kondomverteilung in den Schulen.

Ich sehe hier einen wichtigen Auftrag für die Schulen zur Aufklärung, zur Sexualkunde, das ist unbestritten, nur glaube ich, dass man wissen muss, wo man die Schwelle überschreitet, wo es zu einem massiven Eingriff auch in die Elternrechte kommt. Und das sollte man auch als Politikerin und als Ministerin bedenken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Menschen erwarten sich von der Politik Vertrauen und nicht täglich neue Verunsicherungen, wie das bei der Pflege der Fall ist. Es gibt verschiedene 24-Stunden-Betreuungsmodelle mit unterschiedlichen Kosten, mit unterschiedlichen Terminen, mit unterschiedlicher Art der Umsetzung, mit unterschied­lichen Empfehlungen der Länder. Ein Gesamtkonzept für die Pflege ist weit und breit nicht sichtbar, und Budgetmittel werden nur zur Verfügung gestellt, wenn sich Länder und Gemeinden beteiligen.

Was ist das für eine Sozialpolitik, die die Pflege auf den Sankt-Nimmerleins-Tag ver­schiebt? Und was ist das für eine Sozialpolitik, die die dringend notwendigen Pflege­gelderhöhungen budgetär für 2007 und 2008 nicht vorsieht?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher er­warten sich von der Politik aber auch Rahmenbedingungen, damit die Familie in ihrer ganzen Vielfalt lebbar, leistbar ist. Die bisherige Linie der Regierung, der Politik – und hier hat das BZÖ einen maßgeblichen Anteil – war immer die, dass Kinder eine Berei-


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cherung im Leben sind, dass wir alles tun müssen, damit wir die Familien stärken, dass wir uns überlegen müssen, wie wir die Familien in finanzieller Hinsicht, in sozialrecht­licher Hinsicht stärken können.

Das war der Mainstream der Politik in den letzten Jahren, doch jetzt habe ich, wenn ich so die Diskussionen der letzten Wochen betrachte, sehr stark den Eindruck, dass man den Familien das Leben eigentlich schwer macht und dass man überlegt und diskutiert, wie man Kinder verhindert. Thema: Abtreibung auf Krankenschein, Thema: Pille da­nach auf Krankenschein.

Hier, sehr geehrte Frau Ministerin, hätte ich mir ein ganz klares Wort von Ihnen erwar­tet, dass Sie hier als Familienministerin den Weg vorgeben und sagen: Wir müssen alles tun, damit Mut und Freude für Kinder auch in Zukunft gegeben sind.

Es setzt sich ja, wie Sie wissen, immer mehr die Meinung – nicht nur in Ihrer eigenen Partei, sondern auch bei Experten – durch, dass eine echte Flexibilisierung des Kinder­betreuungsgeldes nur heißen kann, die Zuverdienstgrenze abzuschaffen. Das Argu­ment der Nichtleistbarkeit kann ich bei diesen sprudelnden Steuereinnahmen einfach nicht gelten lassen, denn letztendlich ist jede Investition in Familien, die zufrieden sind, die Kinder erziehen, die Alte betreuen, eine starke Basis für die Gesellschaft, für den Wirtschaftsstandort, und wir erhalten x-fach zurück, was wir dort investieren.

Daher hätte ich mir auch hier Ihren Mut erwartet, Ihren Mut und Ihr unkonventionelles Verhalten, das Sie ja schon sehr oft unter Beweis gestellt haben. Hier hätte ich mir auch Ihren Mut erwartet, dass Sie gesagt hätten: Streichen wir die Zuverdienstgrenze im Nachhinein – ähnlich wie es die vergangene Regierung beim Kinderzuschuss zum Karenzgeld gemacht hat – und entscheiden wir uns im Sinne der Familien! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das BZÖ hat kein Vertrauen in dieses Bud­get, das BZÖ hat kein Vertrauen in diese Regierung, weil Entlastungen für die Bürge­rinnen und Bürger in weite Ferne gerückt sind.

Wir werden dieser großkoalitionären Belastungs- und Verbotspolitik unsere Ideen mit einer starken Familienorientierung, mit einer starken Orientierung im sozialen Bereich entgegensetzen als eine sehr lösungsorientierte, sehr verantwortungsvolle Opposition in diesem Haus, die in der Vergangenheit als Regierungspartei wichtige, positive Wei­chenstellungen vorgenommen hat, von denen viele Menschen in Österreich heute noch profitieren. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

11.41


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


11.41.00

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! – Herr Klubobmann Westenthaler, ich darf hier in aller Kürze versuchen, die Punkte, die Sie vorgebracht haben, auf sachlicher Ebene entsprechend zu entkräften, respektive Ihnen vielleicht die eine oder andere In­formation auch aus meinem Ressort beziehungsweise aus meinem Ministerium mittei­len.

Zur Weigerung der Abschaffung der Zuverdienstgrenze: Ja, das Kinderbetreuungsgeld mit seiner Zuverdienstgrenze wurde unter dem damals zuständigen Bundesminister Haupt im Jahr 2001 auch mit den Stimmen des BZÖ, vormals ein Teil der FPÖ, be­schlossen. Im Gegensatz zur alten Karenzgeldregelung ist es dadurch zu einer immen­sen Erhöhung der Zuverdienstmöglichkeit, früher an der Geringfügigkeitsgrenze, ge­kommen. Das hat vor allem nicht nur zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit von


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Beruf und Familie geführt, sondern das hat auch einen effektiven Beitrag gegen die Armutsgefährdung gebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

In einem Statusbericht des Österreichischen Institutes für Familie 2003 wurde gesagt, dass die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes den Anteil der über der Geringfügig­keitsgrenze Beschäftigten Bezieherinnen verdoppelt hat. Es wird aber auch gesagt – und da komme ich jetzt zur Abschaffung –, dass eine echte Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung, die wir uns wünschen, nur durch eine Zuverdienstgrenze gewähr­leistet ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Genau umgekehrt!) Ohne Zuverdienstgrenze wür­den Väter weiter, trotz Vollbeschäftigung, eine Geldleistung ohne jegliche tatsächliche Betreuungsleistung erhalten, Mütter würden noch länger nicht auf den Arbeitsmarkt gehen können (Abg. Strache: Das sollen sich doch die Familien ausmachen!), und wir haben dementsprechend auch den Experten Rechnung getragen.

Zu den Verwaltungskosten möchte ich nur noch sagen: Es handelt sich nicht um 100 Millionen €, sondern um 11 Millionen €.

Bezüglich der Rückforderung der Kindergeldzahlung möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht um Bestrafung geht, sondern darum, den gesetzeskonformen Zustand wiederherzustellen. Die Abstandnahme von der Rückforderung widerspräche dem Le­galitätsprinzip und wäre daher rechtswidrig. Eine eventuelle Rückforderung trifft auch niemanden aus heiterem Himmel, denn jeder Antragsteller, jede Antragstellerin wusste zum Zeitpunkt des Antrages, dass die Zuverdienstgrenze einzuhalten ist. Eine rückwir­kende Abschaffung wäre nicht nur das falsche Signal an den Bürger an sich, es haben auch schon Eltern, die sich an diese Grenzen gehalten haben, für diesen Fall Scha­denersatzforderungen gegenüber der Republik angekündigt.

Bezug nehmend auf die mir gegenüber immer wieder gemachten Missbrauchsvor­würfe – die ich weit von mir weise, denn jeder, der sich in diesem Bereich ein bisschen beschäftigt, weiß, dass Missbrauch etwas anderes und etwas Schreckliches bedeu-
tet –: Es handelte sich um keine parteipolitische Veranstaltung, ich habe in meiner Verantwortlichkeit als Ärztin und als Gesundheitsministerin erschreckende Zahlen über die Ausbreitung von durch Geschlechtsverkehr übertragbaren Erkrankungen in Öster­reich auf meinen Schreibtisch erhalten. Ich sage nur: Vor zwei Jahren hatten wir null Syphilis-Fälle in Österreich, wir haben heuer bereits über 600 – in Deutschland sind es 20 000 –, die Prognose liegt bei 2 500. (Abg. Ing. Westenthaler: Besonders bei den Vierzehnjährigen!)

Es ist meine Aufgabe, entsprechend bei Fünfzehn- bis Sechzehnjährigen, die mit mir sehr gerne diskutiert haben, diese Aufklärung zu leisten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neugebauer: Verantwortung ist gefragt!) Und die Reaktionen hier im Hohen Hause zeigen mir, dass diese Aufklärung weiter notwendig ist, denn es muss jemanden ge­ben, der fachpolitisch und sachpolitisch diese Themen anspricht. (Abg. Ing. Westen­thaler: Die Reaktionen der Eltern sollten Ihnen wichtig sein!)

Die Forderung nach einem generellen gesetzlichen Rauchverbot ist von mir nie gekom­men. Ganz im Gegenteil: Ich habe mich immer dafür ausgesprochen, dass jene im Regierungsübereinkommen festgelegten Bereiche des Nichtraucherschutzes und der getrennten Räumlichkeiten zwischen Nichtrauchern und Rauchern in der Gastronomie umgesetzt werden. Wir haben dazu eine freiwillige Selbstbeschränkung der Gastrono­mie überprüft und werden hier am Freitag in einer Pressekonferenz die entsprechen­den Zahlen bekanntgeben.

Tatsache ist, dass ich die Erste war, die das spanische Modell für Restaurationsbe­triebe unter 75 Quadratmetern in die österreichische Diskussion gebracht habe, wo es eine freiwillige Bestimmung des jeweiligen Gastronomen gibt, ob er ein Nichtraucher- oder ein Raucherlokal betreiben will.


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Herr Klubobmann, es ist eine gesellschaftspolitisch unterschiedliche Diskussion. Hätte ich den Gesamtnichtraucherschutz wirklich gefordert, hätte sich die andere Seite dage­gen gewehrt. Mir geht es hier nicht um Raucher oder Nichtraucher, wir sind hier gegen jede Form der Diskriminierung, aber wir sind für den Nichtraucherschutz – und das in enger Zusammenarbeit mit der Gastronomie. (Beifall bei der ÖVP.)

Belastungspolitik durch Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge: Wer so argu­mentiert, versteht in meinen Augen das österreichische Sozialsystem nicht, denn die Beiträge, die ein Versicherter zahlt, errechnen sich aus der individuellen Beitragsgrund­lage, dem Arbeitsverdienst. 7,5 Prozent davon sind der Beitragssatz. Das ergibt für jeden einen individuell unterschiedlich hohen KV-Beitrag, je nach Höhe des Arbeitsver­dienstes und daher sozial ausgewogen.

Wenn nun der KV-Beitragssatz um 0,15 Prozentpunkte angehoben wird, bedeutet das zum Beispiel bei einem Versicherten mit 1 000 € Bruttolohn eine monatliche Erhöhung um einen Euro und 50 Cent, wovon nur ein Teil vom Arbeitnehmer und der andere Teil vom Arbeitgeber zu zahlen ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Es ist aber doch eine Erhö­hung!)

Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass Sie davon gesprochen haben, dass es heute im Budgetbegleitgesetz ist. Es ist nicht im Budgetbegleitgesetz, weil wir es nicht eingebracht haben, weil mit dieser Erhöhung um 0,15 Prozent die Vorlage von genau jenen Vorschlägen durch die Sozialpartner vereinbart war, die zur effizienten Erbrin­gung von weiteren 150 Millionen € führen. Und wir sind gerade dabei, darüber zu spre­chen.

Zum Thema Mehrwertsteuer und Medikamente möchte ich auch einmal sagen, dass dieses Thema angesichts von Unkenntnis der gesetzlichen Regelung provokant falsch interpretiert und diskutiert wird. Tatsache ist: Wir haben in Österreich einen hohen Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel, aber für die Finanzierung der Sozialversicherung ist das sekundär, da durch das Gesundheits- und Sozialbereichsbeihilfengesetz die Aufwendungen für die Mehrwertsteuer, wie hoch diese auch immer sind, vom Finanz­ministerium ersetzt werden.

Für die Patientinnen und Patienten, auf die Sie, Herr Klubobmann, immer wieder hin­weisen, die über die Sozialversicherung die Kosten für die Medikamente ersetzt be­kommen (Abg. Ing. Westenthaler: Aber doch nicht alles!), ist die Höhe, vor allem bei den rezeptpflichtigen Medikamenten, nicht erheblich, da lediglich die Rezeptgebühr zu zahlen ist.

Bezüglich eines Vigilanz-Cents und einer Erhöhung der Rezeptgebühr sind wir nicht ganz im Gegensatz, es ist sogar eine Deckelung dieser Rezeptgebühr im Regierungs­übereinkommen vorgesehen.

Warum ist da ein Vigilanz-Cent notwendig? Ein Vigilanz-Cent ist, wie die Frau Bun­desministerin außer Dienst bereits erwähnt hat, notwendig, um Medikamentensicher­heit – sicher, gesund – auch entsprechend zu garantieren, und ich denke, dass wir hier gemeinsam in einem Übereinkommen im Ministerrat dafür gesorgt haben, dass es nicht der einzelne Konsument ist, sondern dass im Falle der Nichteinbringbarkeit die Industrie und die Hersteller hier darauf hingewiesen werden. Sie haben diesen Zusatz, der hier dabei ist, offensichtlich überlesen.

Zu den Themen Krankenkassenreform und Spitalsambulanzen: Ich denke, das es hier nie eine Verwirrung gegeben hat, denn es war sehr klar, dass es immer um eine Har­monisierung der Leistungen ging, wobei die Diskussion darum geht, dass wir erst ein­mal Leistungskataloge entwickeln. Tatsache ist, dass das ein Vorhaben dieser Re-


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gierung ist und ich daher absichtlich auch 2009 als ein Ziel gesehen habe und die Gespräche mit allen gemeinsam jetzt stattfinden.

Was darüber hinaus ist: Man wird ja auch in der Politik ab und zu modern und fort­schrittlich denken können, ohne dass man sofort dafür kritisiert wird.

Tatsache ist, dass der Chaoskurs bei Spitalsambulanzen definitiv nie in dieser Form stattgefunden hat, weil wir nie davon gesprochen haben, die Spitalsambulanzen abzu­schaffen, es ging ja sogar darum, die Spitalsambulanzen im Spezialambulanzenbe­reich zu stärken.

Es ging darum, Leistungsverschiebungen in den extramuralen Bereich umzusetzen, was aus betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gründen hervorragend ist, aber vor allem die wohnortnahe Versorgung der Patientinnen und Patienten garantiert, was letztendlich dem Patienten die beste Qualität direkt vor Ort gibt und dem nieder­gelassenen Arzt die Möglichkeit eröffnet, seine Position aufzuwerten. Immer damit vergesellschaftet war die Aussage, dass einer Leistung Geld folgt und dass natürlich die Finanzierung des niedergelassenen Bereichs dadurch auch garantiert sein muss. Eine Steuerung von Finanzierung und Planung aus regional einer Hand ist die einzige Chance, hier wirklich ein flächendeckendes Gesundheitssystem weiter aufzubauen, zu verbessern und zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur 68. ASVG-Novelle darf ich sagen, dass diese gerade in Begutachtung war, dem­nächst in den Ministerrat eingebracht wird und, wie gesagt, noch nicht eingebracht ist. Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass nach einer Begutachtung die Stellungnahmen durchgearbeitet werden und nach deren Einarbeitung eine Lösung mit dem Koalitions­partner verhandelt und es danach in den Ministerrat eingebracht wird.

Es ist richtig, dass in diesem Begutachtungsentwurf eine Weisungsbindung vorgese­hen war – dies aber aus einem guten Grund: Diese Änderung ist nämlich auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshof notwendig. Der Verfassungsgerichts­hof hat die Weisungsbindung ausdrücklich als einzige Lösungsmöglichkeit vorgeschla­gen. Zum jetzigen Zeitpunkt sitzen Vertreter der Österreichischen Ärztekammer mit meinen Experten aus dem Ministerium zusammen und arbeiten diese Punkte für einen Vorschlag für den Ministerrat aus.

Wenn man mir sagt, es sei in 100 Tagen nichts passiert, so darf ich Ihnen zum Schluss Folgendes sagen:

Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes: Die Begutachtungsfrist ist mit 20. April abge­laufen, das geht am 2. Mai in den Ministerratsvortrag.

Tiertransportgesetz: Die Begutachtung endet in der ersten Maiwoche.

Gewebesicherheitsgesetz: Das ist seit 23. April in Begutachtung. Es gibt erstmals klare Regelungen in Österreich für Aufbringung, Lagerung und Verarbeitung von menschli­chen Zellen und Geweben.

Zuverdienstgrenze: die Weisung, dass das wieder Sicherheit für die Rechtsstruktur der Familien und für die Rechtssicherheit der Familien bringt. Es gibt die Einladung, in Ge­meinsamkeit mit dem zuständigen, von dieser Querschnittmaterie betroffenen Minister, zu einem Treffen Mitte Mai bezüglich Kinderbetreuung und daran anschließend, noch vor dem Sommer, Gespräche mit den Vertretern der Länder.

Nichtraucherschutz: Die freiwillige Evaluierung ist abgeschlossen, es wurde kontrolliert. Die Ergebnisse werden am Freitag präsentiert. Eine entsprechende Vorbereitung einer Gesetzesänderung des Tabakgesetzes ist in Vorarbeitung.


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Elektronischer Gesundheitsakt: Am 4. Mai werden die Beschlüsse für die nächsten Schritte der Realisierung umgesetzt.

Deckelung der Rezeptgebühren: Der Hauptverband hat bereits sieben Lösungsvarian­ten ausgearbeitet, die derzeit – bis Ende nächster oder übernächster Woche – noch auf ihre Kostenqualität hin überprüft werden: 0,15 Prozentpunkte Beitragsanhebung plus 150 Millionen € Effizienzsteigerungspaket. Die finanzielle Absicherung der Kran­kenkassen steht vor dem Abschluss durch die Sozialpartner.

Ich denke, dass hier einiges an Arbeit in meinem Ressort – auch dank der guten Unter­stützung aller damit Verbundenen – passiert ist.

Herr Klubobmann Westenthaler, lassen Sie mich noch etwas Persönliches sagen: Ich werde mich hier nicht einer Diskussion stellen, ob ich kinderlieb bin oder nicht (Abg. Ing. Westenthaler: Sollten Sie aber! Sie sind Familienministerin!), weil ich nicht glau­be, dass das in diesen Räumlichkeiten Platz hat. Aber etwas werde ich Ihnen sagen: Ich habe gerne mitgemacht bei einer Benefizveranstaltung für die CliniClowns, für kranke Kinder (Abg. Ing. Westenthaler: Da waren Sie nicht die Einzige, die mitge­macht hat!), damit sie lachen und damit wir ihnen die Möglichkeit geben, diesbezüglich weiterzumachen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

11.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maier. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


11.54.33

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Da­men und Herren hier im Hohen Haus! Ich möchte Frau Bundesministerin Kdolsky zu diesen Ihren Klarstellungen gratulieren. Man muss ja froh sein, dass es Typen wie Peter Westenthaler gibt, sonst könnte man nicht jetzt schon diese Klarstellungen treffen, wie Sie, Frau Ministerin, sie getroffen haben. Ich glaube auch, dass man dem Herrn Klubobmann – er ist ja leider hinausgegangen – nachrufen sollte: Genau das ist der Stil, der abgewählt wird! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Eine Politik der Unterstellungen, eine Politik der Feststellun­gen, die an der Realität vorbeiführen, eine Politik von Behauptungen, die unreal sind – da kann ich nur sagen: Wenn das der Stil ist, halte ich das für ungeheuerlich! Und angesichts der Beantwortung durch die Frau Bundesministerin wäre es an der Zeit, dass er seinen Klub einberuft und nachfragt, ob er die Dringliche nicht zurückziehen sollte. Es ist eine Schande, dass diese Dringliche überhaupt eingebracht wurde. Die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin hat auch gezeigt, welchen Irrweg diese Partei geht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, natürlich gilt es, angesichts der Debatte rund um die Bud­getbegleitgesetze, auch ein wenig zu analysieren, wie denn diese 100 Tage dieser Re­gierung waren. Wir haben ja vor kurzem eine Reihe von Pressekonferenzen erlebt, im Rahmen welcher diese 100 Tage beschrieben wurden. Ich habe die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers dazu gelesen, und der hat davon gesprochen: Diese 100 Tage waren gute 100 Tage!

Ich habe mir gedacht – und es interessiert mich –: Wie misst denn dieser Mann diese Tage und womit vergleicht er diese Tage? Wahrscheinlich vergleicht er einmal den Komfort am Ballhausplatz mit der Löwelstraße – kann ja sein, wird wahrscheinlich bes­ser sein.

Oder aber auch die Frage zwischen Oppositionsarbeit und Regierungsarbeit. Aber wis­sen Sie, wenn er da von guten 100 Tagen spricht, weiß ich nicht genau, ob er alle


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100 Tage noch in Erinnerung hat. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass die sozial­demokratische Regierungsfraktion irgendwann im März eine eigene Klausur einberufen hat. Das war eigentlich nur ein Beitrag zur Steigerung der Orientierungslosigkeit dieser Gruppe. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Auch zur Regierungsklausur, die dann in Oberösterreich stattgefunden hat, Herr Kol­lege Marizzi – und ich sehe ja in der Funktion des Herrn Bundeskanzlers den obersten Koordinator der Regierung –, ist zu sagen: Hätte der Herr Vizekanzler nicht wenige Tage vorher das Doppelbudget fertig ausgearbeitet, hätte es bei dieser Regierungs­klausur nichts gegeben außer der Botschaft, dass die Regierung mit den Bundesbah­nen fährt. Also, wenn das alles ist, was der Herr Bundeskanzler in seiner Koordinati­onsaufgabe zu bieten hat, wird das für die nächsten 100 Tage – oder wie lange jetzt immer in die Zukunft projiziert wird – ein bisschen zu wenig sein. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Marizzi.)

Ich erinnere aber auch daran, Herr Marizzi, dass der Herr Bundeskanzler nach Brüssel aufgebrochen ist, um dort seinen Antrittsbesuch bei der Kommission zu absolvieren. Hingekommen ist er als Herr Gusenbauer; zurückgekommen ist er als „Herr Barolo“. Das haben wir ja wirklich nicht notwendig gehabt, dass der Bundeskanzler Österreichs in einer Pressekonferenz über den EU-Kommissionspräsidenten als „Herr Barolo“ spricht! (Abg. Strache: Jetzt glänzen Sie mit Niveau!) Das kann einen Zusammenhang haben, steht aber sicherlich nicht im Zusammenhang mit dem Antrittsbesuch des öster­reichischen Regierungschefs bei der Europäischen Kommission! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich glaube aber auch, meine Damen und Herren (Abg. Strache: Da geniert sich sogar der Vizekanzler hinter Ihnen!), es ist auch ganz schwierig, wenn man nach Brüssel kommt und dann gefragt wird: Was habt denn ihr jetzt da für einen? – Mir war und ist ja der Herr Gusenbauer insbesondere aus seiner Zeit als Oppositionsführer sehr sympa­thisch, daher habe ich ihn auch in Schutz genommen. Es kann natürlich einige Fehler geben, da haben Sie völlig Recht! Aber in Zukunft sollte man ein bisschen aufpassen, wie man auf außenpolitischem Terrain, aber auch im Inland agiert.

Im Inland zum Beispiel zu sagen, dass der mögliche Deal – jetzt schaut es ja ein biss­chen anders aus – bei Böhler-Uddeholm ... Also, da herzugehen und zu sagen (Zwi­schenruf des Abg. Brosz. – Abg. Mag. Rossmann: Budgetbegleitgesetz ist auf der Tagesordnung!): Das ist eine Katastrophe!, halte ich – ich habe es hier ohnehin schon einmal gesagt – für eine Katastrophe. Das sollten Sie übrigens auch so sehen, Herr Marizzi. Sie könnten auch darüber sagen: Das war eine Katastrophe, was Dr. Gusen­bauer da gesagt hat!

Lassen Sie mich aber ganz kurz noch – viel Redezeit habe ich ja nicht mehr – auf etwas hinweisen, hochinteressant! Ich lade Sie ein: Schauen Sie sich die Prognosen in Deutschland an! Seit es dort eine Bundesregierung unter Beteiligung der CDU/CSU gibt, gibt es nicht nur Wachstum, sondern die Prognosen wurden sogar, weiter in die Zukunft projizierend, auf 2,7 Prozent angehoben. Der Schluss lässt doch zu, dass Rot-Grün dort ein Chaos hinterlassen hat, und nur durch den Eintritt der CDU/CSU in die Regierung kam es zu diesem Umschwung. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Jetzt brauchen wir nur zu fragen: Was würde es bedeuten, würde die SPÖ mit Ihnen (in Richtung Grüne) oder ohne Sie regieren und hätte nicht die Möglichkeit, einen so starken Mann wie Finanzminister Willi Molterer in den Reihen der Regierung zu haben? Das sähe ähnlich aus, wie es die Sozialdemokratie in Wien vorzeigt.

Es wurde ja heute schon darauf hingewiesen, ... (Abg. Brosz: Darf der reden, was er will? – Abg. Mag. Rossmann: Zum Budgetbegleitgesetz einen Satz noch!) – Hören
Sie mir zu! Sie sollten eigentlich dagegen ankämpfen, dass in Wien diese Politik ge-


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macht wird, wo die Fahrscheinpreise dermaßen erhöht werden, dass die Senioren mit 9,6 Prozent belastet werden. Das ist die Politik der Wiener Sozialdemokratie, und die Grünen schweigen dazu. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Sie regen sich auf, dass ich das hier sage. Kommen Sie heraus und bekämpfen Sie das genauso! – Das wäre an sich der Beitrag, den ich von Ihnen erwarten würde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Beim Pensionistenpreisindex habt ihr auch keine Anpassung gemacht!)

Lassen Sie mich jetzt auch ein Wort zur Gruppenbesteuerung sagen. Das ist ein Bestandteil des Programms dieser Bundesregierung und auch einer künftigen Steuer­reform. Wissen Sie, Sie, aber auch die Sozialdemokratie, haben die Gruppenbesteue­rung bekämpft. (Abg. Brosz: Kennen Sie das Wort „Tagesordnung“? ... jetzt abge­schafft!) Gott sei Dank hat der nicht mehr im Amt befindliche Wirtschafts- und Finanz­stadtrat in Wien eine Anfrage beantwortet und darauf hingewiesen, dass die Ansied­lung ausländischer Unternehmen dank der Gruppenbesteuerung möglich war. (Abg. Brosz: Das steht im Budgetbegleitgesetz? ... Geschäftsordnungsreform? Da kann man dann sagen, was man will? – Rufe bei den Grünen: Wir reden irgendetwas! – Abg. Mag. Rossmann: Beweise, Beweise!)

Lassen Sie mich also nur noch abschließend sagen: Ich lade Herrn Staatssekretär Matznetter ein, das bei der Gruppenbesteuerung ähnlich zu sehen, wie es auch sein Kollege Sepp Rieder in Wien gesehen hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


12.01.28

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Nach diesem bunten Potpourri von allem Möglichen des Kollegen Maier möchte ich wieder zu den Budgetbegleitgesetzen zurückkommen und mich darauf konzentrieren. – Das Budgetbegleitgesetz, das vor allem mit Kunst zu tun hat, ist das Bundestheaterorganisationsgesetz, und da gibt es eine Erhöhung der Basisabgeltung von 5 Millionen €.

Meine Damen und Herren! Diese Erhöhung wird begründet mit steigenden Lohnkosten, und tatsächlich steigen ja die Lohnkosten, seitdem es die Basisabgeltung gibt, durch die Biennalsprünge kontinuierlich, ohne dass das sozusagen rückvergütet wird. Aber – und das wird dabei wirklich übersehen – diese Lohnkosten steigen auch in allen ande­ren kulturellen Institutionen, auch in allen anderen Theatern, und da wird nichts abge­golten.

Ich habe erst vor kurzem mit dem Direktor des Volkstheaters gesprochen, und dieser hat mir mitgeteilt, dass eine Hauptdarstellerin, die jeden Abend im Volkstheater spielt, im Monat brutto 1 500 € verdient. – Und für diese Theater wird überhaupt nicht vorge­sorgt und für alle anderen Institutionen auch nicht.

Ich denke, dass in budgetär schwierigen Zeiten – und das Kulturbudget ist zurzeit ein­deutig ein schwieriges; das heißt, wir haben für die Kultur sehr wenig Geld – im Sinne eines sozialen Ausgleichs und im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit doch zunächst einmal die Schwächeren versorgt werden sollten, und dann erst jene, die ohnehin schon etwas haben. – Sie haben nicht genug, das ist schon richtig, aber sie haben jedenfalls eine bessere Absicherung durch die Ausgliederung und durch die Vollrechts­fähigkeit als jene, die nichts dazuverdienen können.

Das Gleiche haben wir jetzt beim anderen Budgetbegleitgesetz, bei jenem zu den Bundesmuseen. Die Bundesmuseen, meine Damen und Herren, sind ein Fass ohne


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Boden, das wissen wir, seitdem es die Bundesmuseen gibt. Nicht zuletzt deswegen gibt es ja auch die Basisabgeltung, nicht zuletzt deswegen sind sie ja ausgegliedert worden: damit nicht Jahr für Jahr steigender Bedarf angemeldet werden kann. – Und genau das ist seit der Ausgliederung passiert: Wir haben jedes Jahr das gleiche Ge­jammer und wir haben jedes Jahr auch Sonderbudgetierungen zusätzlich zur Basis­abgeltung, die eigentlich in die Basisabgeltung hineingerechnet werden müssten.

Wir brauchen uns nur einen Aspekt anzuschauen: Im Zusammenhang mit der Sicher­heit wird Jahr für Jahr ein zusätzlicher Betrag von 5 Millionen € ausgegeben, auch in den kommenden zwei Jahren. – Und da frage ich mich, ob nicht auf Grund des Bun­desmuseen-Gesetzes die Sicherheitskosten durch die Basisabgeltung ohnehin ver­pflichtend gedeckt sein müssten. Genau genommen könnte man diese Sonderzahlun­gen, die mehr oder weniger konstant geleistet werden, in die Basisabgeltung hinein­rechnen, und wenn man sich dann das Budget ansieht, ist es für die Bundesmuseen deutlich gestiegen.

Ich glaube, dass bei den Bundesmuseen überhaupt etwas ganz anderes notwendig wäre, nämlich eine Neuorientierung der Sammlungen und auch der Ausstellungskon­zepte – da würde der Bund ganz anders sparen können! Das ist eine einmalige not­wendige Regulierungsausgabe, aber danach würden diese ständig steigenden Forde­rungen der Museumsdirektoren nicht mehr relevant sein und schlagend werden.

Und auch bei diesem Gesetz frage ich mich: Was ist mit den Kleineren, mit denen in den Bundesländern zum Beispiel?, die haben ja auch einen Mehrbedarf, und denen wird er nicht abgegolten! – Es werden ständig die repräsentativen „großen Tanker“ budgetiert und finanziert, und die „beweglichen Boote“ können schauen, wo sie blei­ben.

Außerdem – nur als Randbemerkung zum Bundesmuseen-Gesetz –: Eigentlich hätte der Rechnungshof empfohlen, dass es so etwas wie ein Vier-Augen-Prinzip zwischen dem geschäftsführenden Direktor/der Direktorin und der künstlerischen Leitung geben sollte. Das wurde bei dieser Gelegenheit nicht repariert, wir haben also ähnliche Ver­hältnisse wie vorher.

Ich muss schon zugeben, dass die Rahmenzielvereinbarung ein Schritt in die richtige Richtung ist, allerdings wissen wir nicht genau, was dieses Gesetz bewirken soll, was eine Rahmenzielvereinbarung im Zusammenhang mit den Museen überhaupt sein soll, und wir wissen vor allen Dingen nicht, was passiert, wenn sich Museumsdirektoren an diese Rahmenzielvereinbarung nicht halten. Das fehlt jetzt in diesem Gesetz. Und selbst dann, wenn das innerhalb der Rahmenzielvereinbarung sozusagen verordnet werden würde, ist es doch nicht im Gesetzesrang. – Ich glaube, da könnte noch mehr reformiert werden, als das bisher geschehen ist: Das jetzt sind nur so etwas wie Ver­bände und Pflästerchen auf Wunden, die eigentlich längst genäht werden müssten.

Die dritte Gesetzesänderung im Zusammenhang mit der Kunst betrifft das Einkommen­steuergesetz: Sie wissen, nach einem EuGH-Urteil sollen ausländische Künstlerinnen und Künstler – zumindest solche aus EU-Staaten –, die in Österreich arbeiten, die Be­triebsausgaben genauso absetzen dürfen wie die inländischen. Die Bundesregierung macht jetzt Folgendes, sie sagt: Na gut, dann sollen sie aber auch mehr Steuer zah­len! – Genau genommen ist es so, dass sie wählen können: Entweder sie akzeptieren diese Ungerechtigkeit, zahlen weiterhin 20 Prozent und können nichts absetzen, oder sie setzen ab und zahlen dann 35 Prozent. Das ist meiner Meinung nach eine zynische Regelung.

Da könnte man sagen: Na gut, die ausländischen Künstler und Künstlerinnen kommen nach Österreich, die sollen eben zahlen!, aber in Wirklichkeit ist es doch so, dass kein


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Künstler/keine Künstlerin darauf schaut, wie viel Prozent Steuern zu zahlen sind, son­dern die wollen eine Nettogage auf die Hand, und die ist immer konstant.

Diesen Mehrbedarf zahlen natürlich wiederum die Institutionen, die brauchen dann mehr aus dem Kulturbudget, und der Staat gibt das Geld von einer Tasche in die an­dere – wenn er es überhaupt macht. Aber wir sehen ja anhand des Kulturbudgets, dass das Budget gerade für die Institutionen, die sehr oft mit ausländischen Künstlern und Künstlerinnen zusammenarbeiten, nicht erhöht wurde. Was bleibt denen anderes übrig, als dass sie auf ausländische Gäste verzichten? – Und das ist dann die Politik, die man in Sonntagsreden als kulturellen Austausch bezeichnet.

Ich glaube, hier wäre mehr Weitsichtigkeit in diese Richtung wünschenswert. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

12.08


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


12.08.22

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte eigentlich zum Budget­begleitgesetz, zum Bereich Energie und CO2-Steuer einiges anmerken, aber es nützt nichts: Kollege Maier hat mich herausgefordert, doch einige Anmerkungen zu seinen Ausführungen zu machen, die mich eher leicht irritiert haben (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Das sollten Sie dem Cap sagen!), denn ich hatte den Eindruck, es ist ihm nicht ganz bekannt, dass wir gemeinsam in einer Koalition arbeiten (Abg. Dr. Brinek: Wo ist der Herr Cap?), und eine Reihe deiner Vorredner hat das auch bereits in ihren Rede­beiträgen bewiesen. (Abg. Dr. Brinek: Weiß das der Herr Cap auch?) – Aber von einer Fraktion, deren Motto „Hände falten, Goschen halten“ lautet, kann man sich eben nicht viel mehr erwarten, das ist leider so.

Und daher glaube ich, dass es klüger wäre, wenn man in einer Koalition – ich sage das nur einmal so – zu Sachthemen gute Positionen bezöge, auch kritische Positionen be­zöge. Aber diese ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn jemand einmal einen Versprecher hat ... – Bitte, es melde sich einer, der sich noch nie versprochen hat! So ist es ja nicht, das kann man jetzt so oder so aufbau­schen. Ich halte nichts davon! (Abg. Dr. Brinek: Beim Cap sind es ... Versprecher!)

Ich glaube nur, lieber Ferry Maier, mein Wahlkreiskollege, wenn man so argumentiert und sich hier so herstellt, wundert es mich nicht, dass in meinem Bezirk die Freiheit­liche Partei wieder zweitstärkste Partei und die ÖVP drittstärkste Partei geworden ist. – Das tut mir wirklich leid für Floridsdorf!

Und ich glaube, es wäre gescheiter, anders zu argumentieren! Vielleicht gelingt es dann, das Mandat, das du im Wahlkreis verloren hast, wieder zurückzuholen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Dort ist es nämlich dann aus mit der Hetz, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wäre es gescheiter, wenn man sich die Dinge ein bisschen überlegter ansehen würde!

Kommen wir aber jetzt zu wichtigeren Dingen: zum Budgetbegleitgesetz! Ich darf sa­gen, dass gerade Budgetbegleitgesetze im Rahmen der Budgetbildung unseres Staa­tes immer sehr wichtig waren und sind. Auch dieses Mal ist es ein ganz wichtiger Abschnitt unserer Debatte im Rahmen der gesamten Budgetdiskussion, die ja noch die ganze Woche dauern wird. Und hier ist ein ganz spezieller Teil natürlich auch – und das ist heute schon sehr viel diskutiert worden – die Mineralölsteuer, die – und das möchte ich noch einmal deutlich sagen – nicht in das Budget einfließt, sondern – und das hat ja der Herr Finanzminister und Vizekanzler auch schon ausgeführt – für ganz


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bestimmte Zweckbindungen vorgesehen ist, wie Investitionen bei der ASFINAG, Inves­titionen in den Nahverkehr in den Ländern oder Gelder zur Förderung im Rahmen des Klimaschutzfonds.

Aber da das alles – und das wissen wir alle sehr genau – noch lange nicht ausreicht, um das Klimaschutzziel – nämlich die 13 Prozent – zu erreichen – da sind wir noch sehr weit weg –, gibt es auch eine Reihe anderer Maßnahmen, die notwendig sind, hier rasch getroffen zu werden. Da ist es meines Erachtens so, meine sehr geehrten Da­men und Herren, dass man jede Maßnahme ergreifen muss, um dieses Ziel zu errei­chen. Und da gibt es zum Beispiel – und das möchte ich einmal deutlich sagen – auch Gespräche auf Regierungsebene, weil wir ganz einfach als Realität, als Fakt, in Öster­reich noch rund 900 000 Einzelölofenheizungen haben, die zu einem beachtlichen Teil – zu über 45 Prozent – Brenner eingebaut haben, die älter als 15 oder 20 Jahre sind. Und wenn man hier vernünftige … (Abg. Grillitsch: Biomasse!) – Ja, auch Bio­masse. Ich habe ja gesagt, man soll alle Maßnahmen setzen.

Nur: Wenn diese Haushalte ihre Anlagen, ihre Kessel, die sie eingebaut haben, nicht bereit sind, auf Biomasse umzustellen, sollte man zumindest dahin gehend ein weite­res Angebot machen, dass man auch schwefelfreies Ofenheizöl anbietet und schwefel­haltiges Ofenheizöl etwas höher besteuert. Wenn man das tut und den Anreiz schafft, dann haben wir sogar eine Zusatzeinnahme. Die Konsumenten können jederzeit auch das schwefelfreie Heizöl kaufen, zu gleichen Preisen wie jetzt, nur: Wenn man impor­tiertes schwefelhaltiges Öl kauft, zahlt man eben mehr dafür.

Wenn man das umstellt und geschickt macht, würde das Ganze eine Einsparung von in etwa einer Million Tonnen CO2 bringen. Das macht viel mehr aus als Glühbirnen, die hier heute schon erwähnt wurden. Man soll alles tun, aber diese Einsparung von einer Million Tonnen CO2 – das würde ich bitten – sollte man auch gemeinsam machen. Da fällt den Bio-Heizungsanlagen an Markt oder sonst etwas überhaupt nichts weg, son­dern alles zusammen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.13


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


12.13.23

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frauen Bundesministerinnen! Heute ist die ganze Damenriege auf der Minister­bank. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ist ja nichts Negatives, ich sehe das ja auch positiv, keine Frage. Und ich stelle auch fest, dass keine der Damen in der vorherigen Regierung war. (Abg. Mag. Wurm: Sie schon!) Sie setzen sich sozusagen an den gedeckten Tisch, den wir von 2000 bis 2006 aufbereitet haben. (Abg. Broukal: Sie ma­chen das sicher besser!) – Ja, Herr Kollege, Sie lachen, aber die Zahlen der Hochkon­junktur, die ausgezeichneten Wirtschaftsdaten und das Wirtschaftswachstum sprechen ja für sich. Und die Steuereinnahmen sprudeln jetzt nur so heraus; diese Vorausset­zungen, diese Vorarbeiten sind eben in den Jahren 2000 bis 2006 getätigt worden. Wir haben sozusagen gut gesät. Wir wollen aber auch eines haben, dass diese Ernte, die wir gesät haben, auch gerecht verteilt wird.

Also, auf der einen Seite – das habe ich schon gesagt – setzt sich die SPÖ-Riege so­zusagen an den gedeckten Tisch, die VP-Riege mauert bei den Ausgaben so wie in der Vergangenheit auch. Ich erinnere nur – und das war heute schon in Diskussion – an die Verweigerung der Frau Bundesminister. Bei der Abschaffung der Zuverdienst­grenze beim Kinderbetreuungsgeld wird weiterhin gemauert. Frau Bundesminister, ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht, dass Sie daran festhalten, denn das ist


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arbeits- und leistungsfeindlich, realitätsfern und einer positiven Entwicklung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegenläufig, was eigentlich viele Menschen daran hindert, wieder in den Beruf einzusteigen. Und es wäre eine Signalwirkung in die Rich­tung, dass gut verdienende Väter ebenfalls mehr Zeit für die Kinderbetreuung aufwen­den würden. Es wäre eine enorme Verbesserung.

Ich erinnere auch daran, dass auch die Vorgängerregierung im Jahr 2004 – vor dem Jahr 2000 gab es ja noch das Karenzgeld – den Kinderzuschuss, den es vor 2000 gab, noch zu Zeiten der SP-/VP-Regierung, also zu Zeiten der damaligen großen Koalition, nie kontrolliert hat und dass die Bundesregierung 2004 den Beschluss gefasst hat, keine Rückforderung zu stellen, weil auch nie kontrolliert wurde.

Genauso könnte man jetzt ja auch vorgehen. Sie würden die Familien diesbezüglich entlasten und nicht verunsichern, denn in Wirklichkeit bringt das finanziell nichts. Es sind Mehrkosten von 250 bis 300 Millionen € zu erwarten, von denen aber der größte Teil durch den hohen bürokratischen Aufwand wiederum aufgeht. – So viel mal dazu.

Das Nächste ist natürlich, dass beim Kinderbetreuungsgeld im Gegensatz zum Karenz­geld, das eine Familienleistung und keine Versicherungsleistung ist … Und bei den Familienleistungen ist das ja so wie beim Pflegegeld: Da gibt es keine Obergrenze und keinen Einkommensunterschied, das ist für alle gleich. Und eines möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben, Frau Bundesminister: Jedes Kind sollte uns gleich viel wert sein! (Beifall des Abg. Schalle. – Abg. Lentsch: Großer Applaus!)

Geschätzte Damen und Herren! Weniger Leistung, mehr Belastungen, das zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Budgetbegleitgesetz für 2007/2008, überhaupt durch das gesamte Budget. Statt einer Steuerreform wird der Mittelstand weiterhin be­lastet und nicht entlastet, die Bevölkerung geschröpft, die Länder und Gemeinden zur Kasse gebeten. Bestes Beispiel: die Stadt Wien. Das ist heute und beim letzten Mal schon gesagt worden: Parkgebührenerhöhung um 50 Prozent, die öffentlichen Ver­kehrsmittel werden um 12 Prozent teurer. Die Mineralölsteuer, wenn sie nicht direkt in das Budget einfließt. Aber die Zweckbindung!

Herr Kollege Eder, das versteht schon jeder. Aber da sind auch die Länder und die Gemeinden wiederum gefordert, diese Erhöhungen durchzuführen, und zahlen müssen das der Pendler und der Konsument. Die Mineralölsteuererhöhung belastet 1,5 Millio­nen Pendler, so viele haben wir in Österreich, oder 600 000, das sind immerhin 60 Pro­zent der pendelnden Bevölkerung, die auf das Auto angewiesen ist.

Vor allem der ländliche Raum wird gnadenlos ausgebeutet. Die ländliche Bevölke­rung – das wird immer wieder verlangt, es wird von Mobilität geredet. Ja, wo bleibt denn hier die Mobilität, meine Damen und Herren, wenn die Mineralölsteuer erhöht und die Steuer von der Steuer mit der Mehrwertsteuer ebenfalls noch eingehoben wird? So kann es nicht gehen! Auf jeden Fall sollte man sich für diese Leute etwas einfallen lassen und auf jeden Fall statt der Pendlerpauschale auch den Verkehrsabsetzbetrag – die Umstellung auf eine kilometerabhängige Pendlerbeihilfe mit Negativsteuer – ein­richten. Ein diesbezüglicher Antrag von uns liegt vor. Der wird noch im Zuge dieser De­batte eingebracht werden. (Beifall des Abg. Schalle.)

12.18


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


12.18.22

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Budgets für 2007 und für 2008 kommen eigentlich mit relativ wenig Budgetbegleitgesetzen aus, und das


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ist zunächst schon einmal eine sehr gute Sache. Budgetpolitik muss langfristig wirken, und sie muss, wie unser Finanzminister so schön sagt, „enkeltauglich“ sein, denn Bür­gerInnen und Unternehmer müssen sich darauf verlassen können, dass es nicht jedes Jahr neue Spielregeln gibt. Der Budgetkurs der letzten Jahre war ja ein sehr solider, daher muss nicht sehr viel verändert werden.

Lassen Sie mich aber trotzdem auf einige wenige Punkte eingehen! Als Burgenländerin freue ich mich ganz besonders darüber, dass die Pendlerpauschale um 10 Prozent er­höht wird. Diese Erhöhung tritt schon mit 1. Juli 2007 in Kraft. Viele meiner Landsleute werden sich darüber freuen, weil leider Gottes noch immer sehr viele Burgenländerin­nen und Burgenländer täglich aus ihrem Bundesland zu ihrem Arbeitsplatz pendeln müssen. Die Erhöhung ist auch deswegen so wichtig, weil die Mineralölsteuer steigt. Aber auch daran führt kein Weg vorbei, geschätzte Damen und Herren, weil wir damit den Tanktourismus und natürlich auch unsere CO2-Bilanz entlasten wollen.

Mit der Erhöhung der Pendlerpauschale haben wir jedenfalls einen guten Weg gefun­den, das auszugleichen.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Studienförderung. Da hat Bun­desminister Hahn eigentlich sehr, sehr rasch gehandelt. Während noch SPÖ-nahe Stu­denten demonstriert haben, hat der Wissenschaftsminister die Stipendien erhöht und auch ausgeweitet. 2007 wurden die Studienförderungen um 3,9 Millionen € gegenüber 2006 erhöht, und 2008 kommen noch einmal 2 Millionen € dazu.

Auch auf der Schulebene, also bei den Schul-, Heim- und Fahrtbeihilfen wird es eine Erhöhung geben: insgesamt bis 2008 um 12 Millionen mehr als 2006. Das wird zwar die Jusos nicht vom Demonstrieren abhalten, geschätzte Damen und Herren, aber wer sich diese Zahlen anschaut, der muss zugeben, dass jeder in Österreich – wirklich jeder in Österreich! –, der nur in irgendeiner Form dazu fähig ist, ein Studium machen kann.

Alles in allem unterstreichen die Budgetbegleitgesetze, dass wir den Weg der letzten Jahre weitergehen. Es wird gespart, aber nicht kaputtgespart, so wie uns das perma­nent in den letzten Jahren von Ihrer Seite vorgeworfen wurde. Es werden da und dort Ausgaben zurückgenommen, wir gehen aber trotzdem nicht vom Gas weg, besonders dort, wo es um die Zukunft geht: Bildung, Forschung und Sicherheit.

Wenn wir diese Richtung weiter beibehalten, dann werden wir auch unser Budgetziel, das von unserem Finanzminister angepeilt wurde, nämlich ein Nulldefizit, im Jahr 2010 erreichen und eine weitere Steuerreform für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer und für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.22


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


12.22.25

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Teil dieses Budgetbegleitgesetzes ist die Anhebung der SchülerInnen-Beihilfen. Das schaut auf den ersten Blick sehr erfreulich aus, ist es letztlich auch, weil es doch eine be­trächtliche Anhebung vor allem im Jahr 2008 mit sich bringen wird. Ich habe auch näher nachgelesen in den Erläuterungen des Budgetbegleitgesetzes und habe festge­stellt: Dort relativiert die Regierungsvorlage selbst die doch relativ groß angekündigte Maßnahme, denn darin steht nämlich wörtlich, dass das Ganze dazu dient, die Wert­entwicklung der letzten Jahre auszugleichen, weil nämlich die letzte Anpassung 1999 stattgefunden hat und seitdem die SchülerInnen-Beihilfen auf dem gleichen Niveau geblieben sind.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 78

Wie gesagt, ich will das durchaus auch würdigen, und es ist sinnvoll, dass die Beihilfen jetzt angehoben werden. Was mir allerdings schon aufgefallen ist, das ist Folgendes: Gleichzeitig gibt es im Budgetbegleitgesetz, aufbauend auf dem Regierungsüberein­kommen, die Vereinbarung, dass die Gebühren in den nächsten Jahren jährlich ange­hoben werden sollen – die Gebühren wohlgemerkt! Mit einer Ermächtigungsverord­nung soll Jahr für Jahr der Gebührensatz auf Basis der Inflationsrate angepasst wer­den.

Da habe ich mir gedacht, wenn man jetzt die Gebühren jährlich anhebt, dann wäre wohl auch die logische Konsequenz, dass man die Beihilfen jährlich anhebt, denn das scheint doch etwas ungleich gewichtet zu sein, dass man zwar bei den Einnahmen jährlich die Inflation berücksichtigt und die Gebühren erhöht, nicht aber bei den Beihil­fen, wo jetzt möglicherweise wieder die nächsten acht Jahre keine Erhöhung stattfin­det.

Wo ist der Herr „Soziale Wärme“-Krainer? Jetzt ist er gerade nicht da. Wenn man von sozialer Wärme spricht, dann sollte man wohl auch berücksichtigen, dass man auch die Beihilfen entsprechend anpasst.

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Budgeterstellung der nächsten Jahre eine jährliche Anpassung der SchülerInnen- und Studienbeihilfen mindestens im Aus­maß der Inflationsrate vorzusehen.

*****

Wir wollen das natürlich für alle Beihilfen, allerdings ist nur bei diesen beiden Teilen ein Zusammenhang zum Budgetbegleitgesetz gegeben. Ich nehme an, dass es, wenn man schon hineinschreibt, die Gebühren werden jährlich erhöht, auch auf Zustimmung stoßen wird, das auch bei den Beihilfen zu machen. Wir haben geschrieben: „mindes­tens im Ausmaß der Inflationsrate“, aber es kann natürlich auch mehr sein, jedoch die­se Wertsicherung sollte zumindest enthalten sein.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch kurz auf die seit gestern losgebrochene De­batte über die Frage einer gemeinsamen Schule in Österreich, insbesondere in Kärn­ten und da in Klagenfurt und Villach, eingehen. Manchmal passieren in der Politik Dinge, wo man sich denkt, so wenig, wie man befürchten könnte, wird wohl doch nicht gemeint sein, und ich habe das gestern einigermaßen positiv kommentiert, denn das, was zunächst im „Kurier“ gestanden ist, hat vermuten lassen, hier geht es um eine Mo­dellregion, wo zumindest in großen Teilen Kärntens versucht wird, eine gemeinsame Schule – sei es über Schulversuch; so klar war das nicht – einzuführen. Angesichts der jahrelangen Weigerung der ÖVP, darüber sinnvoll zu diskutieren, halte ich den Schritt, Modellregionen im Bundesländer-Format zu schaffen, für einen durchaus gangbaren Weg.

Ich habe mir zwar gedacht, strategisch kann man darüber diskutieren, ob es besonders klug ist, das mit dem Herrn Haider zu machen, wenn man weiß, dass auf der anderen Seite gerade in der Steiermark, auch wenn man sich die Aussagen von Frau Edlinger-Ploder gestern in der „ZiB 2“ vor Augen führt, eine qualitativ wirklich hochwertige De­batte über eine gemeinsame Schule geführt wird. Sie hat als ÖVP-Vertreterin kritisiert, dass dieses Modell deshalb schlecht sei, weil es eben nicht eine gemeinsame Schule für alle SchülerInnen sei, sondern neben anderen Schultypen ein zusätzlicher Schultyp dazukommt.


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Seit gestern ist mir nach und nach das Heu heruntergefallen, denn es wurde dann klar, es geht nicht um Kärnten, sondern es geht um Klagenfurt und Villach; das war die erste Information. Da habe ich mir gedacht, das ist schon eine kleine Modellregion, aber als Region könnte man es noch definieren. Die nächste Information war, es geht nicht um Klagenfurt und Villach, sondern es geht um zwei Schulen in Klagenfurt und Villach, wo genau das Problem besteht, das es völlig sinnlos ist, über eine gemein­same Schule zu diskutieren, weil das nämlich ein neuer Schultyp werden soll, der neben AHS und neben Hauptschule besteht.

Wir haben das mit dem Kollegen Niederwieser jahrelang diskutiert, dass dieses in eini­gen deutschen Bundesländern angewandte Modell zu keiner Verbesserung des Schul­systems geführt hat, nein, das Gegenteil ist der Fall: Die Selektion ist verstärkt worden, es ist sozusagen noch ein Schultyp hineingeschoben worden.

Mittlerweile ist der Stand, glaube ich, so, dass es gar nicht mehr um die gesamten Schulen geht, sondern darum, dass Klassen aus diesen Schulen eine gemeinsame Klasse – müsste das jetzt eher heißen, denn gemeinsame Schule wäre falsch, wenn es nicht die ganze Schule betrifft – bilden. Also das wird schön langsam eher kaba­rettistisch.

Der Punkt ist, um wieder zum Ernst der Sache zurückzukommen: Sie spielen da schon etwas mit dem Feuer, Frau Ministerin, möchte ich Ihnen sagen. Die Idee einer gemein­samen Schule haben wir jahrelang verteidigt, und ich stehe nach wie vor dazu. Alle Er­fahrungen im internationalen Bereich zeigen, dass gemeinsame Schulmodelle, gerade was den sozialen Aspekt betrifft, deutlich besser funktionieren können als unser Schul­modell. Allerdings gibt es dafür Voraussetzungen, das heißt, die individuelle Förderung ist dort ganz groß geschrieben. Wenn die Förderlehrer in den Schulen nicht mit den SchülerInnen arbeiten, die Lerndefizitschwierigkeiten haben, und das in der Schule nicht ausgeglichen wird, wird das sehr schwer funktionieren.

Der Kernpunkt ist der soziale Ausgleich, und der kann in diesem Modell, das Sie jetzt als gemeinsame Schule bezeichnen, in Kärnten nicht funktionieren, denn es umfasst nur einen Teil der SchülerInnen und nicht alle. Der Kern dieser Überlegung ist ja, es gibt ein gemeinsames Dach, wo individuell gefördert wird. Dieses gemeinsame Dach besteht aber bei Ihnen nicht. Das, was ich Ihnen da schon vorhalten muss, ist, dass das doch eine relativ populistische Ansage war, und die Gefahr, die darin besteht, ist, dass das Modell einer gemeinsamen Schule desavouiert wird. Und da möchten wir uns schon dagegen verwahren, dass man jetzt quasi nur das Türschild austauscht – damit hat die Frau Gehrer auch gute Erfahrungen gehabt, ich glaube, die pädagogischen Akademien haben flächendeckend neue Schilder bekommen und heißen jetzt Hoch­schulen und sind bei Ihnen im Ressort angesiedelt –, dass man das Gleiche jetzt mit den Schulen macht und einfach „Gemeinsame Schule“ auf das Türschild schreibt. Das wird mit Sicherheit nicht ausreichend sein, um dieses wichtige Projekt der Schulent­wicklung in Österreich voranzutreiben. (Beifall bei den Grünen.)

12.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Herrn Kollegem Brosz einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Grünewald, Zwerschitz, Freundinnen und Freunde betreffend jährliche Erhöhung der SchülerInnen- und Studienbeihilfen,


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eingebracht im Zuge der Debatte über

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (43 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuer­gesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Ge­bührengesetz 1957, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabege­setz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG- Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Familienlasten­ausgleichsgesetz 1967, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neu­organisation der Bundessporteinrichtungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Um­weltförderungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bundes­bahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007) (67 d.B.)

Im Budgetbegleitgesetz 2007 werden erstmals seit 1999 die SchülerInnenbeihilfen wertangepasst. Auch bei den Studienbeihilfen kommt es zu Erhöhungen und somit zum Ausgleich des Wertverlustes durch die Inflationsentwicklung der letzten Jahre.

Im Regierungsübereinkommen wurde vereinbart, dass die Gebühren hinkünftig jährlich im Ausmaß der Inflationsrate angehoben werden sollen. Eine entsprechende Verord­nungsermächtigung ist im Budgetbegeleitgesetz enthalten. Eine jährliche Erhöhung der Beihilfen im Ausmaß der Inflationsrate ist aber nicht vorgesehen. Diese Ungleichbe­handlung ist aus sozialpolitischer Sicht ungerecht und belastet vor allem jene zusätz­lich, die auf Grund geringerer Einkommen einen Anspruch auf Beihilfen haben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Budgeterstellung der nächsten Jahre eine jährliche Anpassung der SchülerInnen- und Studienbeihilfen mindestens im Aus­maß der Inflationsrate vorzusehen.

*****


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeord­nete.


12.29.06

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schüle­rinnen und Schüler auf der Galerie! Sehr geehrtes Hohes Haus! Prinzipiell habe ich gedacht, dass ich hier antreten werde, um die zum Teil unqualifizierten Äußerungen des Herrn Klubobmannes Westenthaler, die gegenüber der Ministerin Kdolsky gefallen sind, richtigzustellen. Allerdings muss ich gestehen, dass die Ausführungen des Herrn Dr. Maier mich schon dazu veranlasst haben, zu fragen (Abg. Dolinschek: Die waren viel ärger!), ob der Versprecher unseres Herrn Bundeskanzlers, nämlich „Barolo“ statt „Barroso“, nicht vielleicht ein bisschen harmloser ist als das, was im Rahmen der soge­nannten Frühstücksaffäre vorgefallen ist, wo der damalige Bundeskanzler hochrangige


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Personen des öffentlichen Lebens mit einschlägigen Wörtern bedacht hat. Ich würde gerne wissen, ob diese beiden Dinge wirklich gleichzusetzen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Sachlich möchte ich mich vor allem mit einem Teil des Misstrauensantrages des BZÖ gegen die Ministerin, nämlich mit der Frage des sogenannten Vigilanz-Cents, ausein­andersetzen, denn ich habe selten so viele uninformierte und falsche Meldungen in letzter Zeit gehört wie in dieser Frage.

Es ist keine Frage, dass in Zeiten des Internethandels und in Zeiten des In-Verkehr-Bringens von zum Teil gefährlichen, gefälschten Medikamenten es ganz dringend not­wendig ist, dass die Medikamentensicherheit überprüft wird. Und in Zeiten der Budget­knappheit ist es auch ganz klar, dass man versucht, das Budget des Ministeriums mög­lichst gering zu halten, jedoch die Kosten, die dafür anfallen, möglichst nicht auf die Konsumenten abzuwälzen. Und genau das ist hier geschehen und nicht das, wie es in dem Misstrauensantrag erwähnt wird, dass Patientinnen und Patienten mit Zusatzüber­prüfungskosten belastet werden.

Was ist passiert? – Die ÖVP hat uns leider sehr spät mit einem Vorschlag zur Finan­zierung der Medikamentensicherheit konfrontiert. Der Vorschlag hat so gelautet, dass 3 Cent pro Packung aufgeschlagen werden könnten. Und der Lösungsvorschlag wurde uns auch gleich mitpräsentiert: dass, wenn es über die Rezeptgebühr läuft, das über die Sozialversicherung bezahlt wird, dass, wenn die Medikamente „over the counter“, das heißt direkt an den Patienten, verkauft werden, der Patient oder vielleicht auch die Apotheken diese Kosten tragen sollten.

Da wir in das Regierungsübereinkommen hineingenommen haben, dass wir auf keinen Fall eine Ausweitung der Selbstbehalte wollen, sondern, ganz im Gegenteil, eine De­ckelung der Rezeptgebühren auf 2 Prozent des Nettoeinkommens, ist es für uns völlig klar, dass wir zu diesem Vorschlag nur nein sagen können. Und auf Grund von ganz zähen Verhandlungen ist es uns dann gelungen, dass die Gesetzesänderung, so wie sie Ihnen jetzt vorliegt, eine Verordnungsermächtigung der Ministerin vorsieht, dass sie im Rahmen des kompletten Pharmapaketes mit der Pharmaindustrie ausmachen muss, dass der sogenannte Vigilanz-Cent – und es ist nicht 1 Cent, sondern es können jetzt bis zu 2 Cent sein, nicht 3 Cent wie vorher – von der Pharmaindustrie getragen wird, sodass es nicht so ist, dass er an Patientinnen und Patienten weitergegeben wird.

Stimmen Sie diesem Antrag zu, und es ist sicher, dass es nicht passiert! Eine etwaige anzudenkende Gesetzesänderung, die die Ministerin ermächtigen würde, genau das nicht mehr zu machen, sondern sich das Geld von Patientinnen und Patienten zu holen, müsste erst eingebracht werden. Und ich garantiere Ihnen, dass wir, die SPÖ, genauso wie wir jetzt in der Gesetzeswerdung darauf geachtet haben, dass Patientin­nen und Patienten nicht belastet werden, eine solche Änderung auf jeden Fall wieder abschlägig behandeln würden. (Beifall bei der SPÖ.)

12.32


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Scheibner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.


12.32.32

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Diskussionen über Budgetbegleitgesetze wa­ren in den vergangenen Jahren immer wieder auch Diskussionen über grundlegende Reformen und grundlegende Maßnahmen, die eine Bundesregierung gerade im Hin­blick auch auf die budgetären Rahmenbedingungen festgelegt und geschaffen hat.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 82

Ich habe schon mehrfach hier darauf hingewiesen, dass bei dieser Regierung alles ein bisschen anders ist – nicht ganz unverständlich, denn wo keine großen Ziele, keine großen Reformen sind, dort können auch keine großen Beschlüsse gefasst werden. Worauf man sich aber geeinigt hat, sind Steuererhöhungen, sind Abgabenerhöhungen, wo man sagt, das ist jetzt für die Budgetsanierung notwendig, obwohl, wie wir gehört haben, die Steuerquelle fließt und sprudelt wie nie zuvor, und irgendwann am Ende der Legislaturperiode 2010 wird es dann eine steuerliche Entlastung geben.

Das hat schon Sinn gemacht, meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Herr Vizekanzler, Sie waren ja damals auch maßgeblich daran beteiligt, als wir die Pro­bleme, die uns SPÖ-Finanzminister hinterlassen haben, sanieren mussten, durchaus auch – leider – unter Zuhilfenahme von Steuermitteln und Geldern, die uns die Bevöl­kerung zur Verfügung gestellt hat. Aber wir haben das Budget saniert und haben da­mals auch gesagt, wenn diese Sanierung gelingt, dann gibt es auch eine Sanierungs­dividende im Zuge einer steuerlichen Entlastung. Und wir haben dieses Versprechen auch eingehalten: 2004/2005 die größte steuerliche Entlastung, die es in der Geschich­te der Zweiten Republik gegeben hat. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb, weil wir die Kaufkraft dadurch gestärkt haben, weil wir durch die Entlastung der Unternehmun­gen auch dafür gesorgt haben, dass wieder investiert wird, dass es in Österreich mehr Beschäftigung gibt, gibt es jetzt auch mehr Steuereinnahmen.

Das heißt, wir haben ein Budget oder einen Staatshaushalt übergeben, der es eigent­lich nicht notwendig macht, dass man jetzt wieder in die Taschen der Steuerzahler greift, unter dem Vorwand, man müsse irgendwelche Klimafonds stützen und auffetten oder irgendwelche Budgetsanierungsmaßnahmen setzen. Nein, es wäre jetzt die Chance gegeben gewesen, dass man die steuerliche Entlastung Schritt für Schritt wei­ter fortsetzt. Wir wissen nämlich genau, dass das nicht von heute auf morgen geht, das Ziel zu erreichen, das wir uns gesetzt haben, nämlich bis zum Jahr 2010 die Steuer- und Abgabenquote auf 38 Prozent zu senken, nach dem Motto: Der Staat soll nur so viel an Steuereinnahmen nehmen, wie wirklich notwendig und auch wirklich zumutbar ist, vor allem dem leistungsbereiten Mittelstand zumutbar ist, der der Hauptträger unse­res Sozialsystems über die Steuereinnahmen ist.

Deshalb hätten wir uns erwartet, Herr Finanzminister, dass man diese positiven An­sätze aus der letzten Legislaturperiode weiterführt. Nicht die Steuern erhöhen, nicht die Abgaben erhöhen, sondern den Steuerzahler und die Bevölkerung weiter entlasten, das hätten wir uns von Ihnen und von dieser Bundesregierung gewünscht! Leider ver­geblich, man geht zurück zur alten Politik der großen Koalition: Wir holen uns das Geld vom Steuerzahler, und niemand weiß, wofür es dann verwendet wird, und versprechen eine Steuerreform zu einem Zeitpunkt in weiter Ferne, wo man ohnehin schon weiß – und jeder Debattenbeitrag von einem Regierungsfraktionskollegen zeigt es ja –, dass diese Regierung nicht mehr lange Bestand haben wird, denn es glaubt doch ange­sichts dieser Streitereien, dieser Unstimmigkeiten, wie Sie hier jede Minute zutage tre­ten, niemand mehr, dass diese Koalition vier Jahre halten kann.

Das heißt, die Einnahmen holen Sie sich jetzt, die Entlastung versprechen Sie für spä­ter, wissen aber, dass Sie dieses Versprechen gar nicht werden einlösen können.

Wir wollen diesen Weg der steuerlichen Entlastung weitergehen, so wie wir es uns auch vorgenommen haben, in Richtung Flat-Tax, faire Steuern, Vereinheitlichung der Steuertarife, Absenkung der Steuertarife, Anhebung der Grenzen für den Höchst­steuersatz. Auch das muss man einmal klar und deutlich sagen, da geht es nicht um die Superreichen, sondern da geht es auch um den Mittelstand. Allein wenn man die Valorisierung dieses Steuersatzes hernehmen würde, müsste dieser bei etwa 70 000 € im Jahr liegen – derzeit liegt er bei etwas mehr als 50 000.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 83

Weiters geht es uns darum, vor allem die mittelständische Wirtschaft weiter zu entlas­ten, vor allem auch von Bürokratie, von Statistik und anderen Dingen, die nicht mehr notwendig sind.

In diesem Sinne haben wir auch einen sehr umfangreichen Entschließungsantrag vor­bereitet, der all das umfasst. Herr Finanzminister, Sie werden die Inhalte kennen, denn wir haben das in vielen Verhandlungsrunden auch mit Ihnen durchdiskutiert. Ich habe damals in manchen Bereichen oder in vielen Bereichen durchaus Verständnis gefun­den, und wir haben es uns doch vorgenommen gehabt, Schritt für Schritt diese weite­ren Entlastungsmaßnahmen umzusetzen. Ich weiß nicht, warum Sie in diesem Fall dem Koalitionspartner SPÖ anscheinend – Sie werden ja nicht Ihre Meinung geändert haben – nachgegeben haben und jetzt wieder Belastungen statt Entlastungen verord­nen.

In diesem Sinne bringe ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher und Kollegen ... (Abg. Parnigoni: Wir werden Ihre Politik nicht fortsetzen, Herr Kollege Scheibner!) – Ja, das ist ja das Problem, lieber Kollege Parnigoni, dass ihr dieses Sys­tem nicht umsetzt, sondern ihr geht wieder den ideologischen Schritt in die Vergan­genheit zurück, wo man sagt, man muss den Leuten das Geld wieder wegnehmen und es dann umverteilen (Beifall beim BZÖ), und wo der Staat und vor allem die Partei dann darüber entscheiden, wer welche Geldmittel bekommt, damit man die Menschen wieder in die Abhängigkeit bringt. Danke für den Zwischenruf, Kollege Parnigoni! (Abg. Parnigoni: Wir wollen nicht, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer!)

Da unterscheiden wir uns, auch grundsatzpolitisch – Gott sei Dank! –, und darauf bin ich stolz, denn ich möchte, dass die Bevölkerung möglichst viel von dem Geld, das sie sich selbst erwirtschaftet hat, behalten kann und selbst darüber entscheiden kann, wo­für sie es ausgibt. Ich möchte, dass wir die Kaufkraft stärken, die Unternehmen stär­ken, damit Arbeitsplätze geschaffen werden, und über diesen Umweg die steuerlichen Einnahmen erhöhen, so wie wir das in der letzten Legislaturperiode gemacht haben. (Abg. Parnigoni: Die sozialen Aspekte sind Ihnen völlig egal, so wie immer!)

Der Sozialstaat wird nur dadurch finanzierbar sein, wenn die Unternehmungen für Ar­beitsplätze sorgen, und er wird nur dadurch finanzierbar sein, wenn über die erhöhte Kaufkraft die Umsatzsteuereinnahmen erhöht werden – und nicht so, wie Sie das wollen: Leistung abschöpfen, Gelder abschöpfen, alles über den Staat herein und dann über die Partei wieder verteilen. (Abg. Parnigoni: Weniger Privat, mehr Staat ist ange­sagt!) Dieses System hat überall, wo es durchgesetzt worden ist, Schiffbruch erlitten, auch in Österreich in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Sinne, Herr Kollege Parnigoni, bringe ich – noch überzeugter, als ich das vor fünf Minuten gemacht hätte – folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Scheibner und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, unter den aktuellen konjunkturellen Gegebenheiten sowie den stark steigenden Einnahmen des Bundes im Jahr 2008 eine Steuerreform mit dem Ziel einer Entlastung des Mittelstandes vorzunehmen.

*****


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 84

Herr Kollege Parnigoni, stimmen Sie zu! Dann hätten Sie etwas Gutes für unser Land gemacht! (Beifall beim BZÖ.)

12.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Scheibner und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1.) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (43 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteu­ergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralöl­steuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG- Amtshilfegesetz, das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Le­bensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheater­organisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessportein­richtungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Bud­getbegleitgesetz 2007) (67 d.B.),

betreffend der Durchführung einer Steuerreform im Jahr 2008 mit dem Ziel einer Ent­lastung des Mittelstandes.

Das für das Jahr 2007 erwartete Wirtschaftswachstum von 2,9 – 3,0% bestätigt die nach wie vor gute Konjunkturlage der österreichischen Volkswirtschaft. Mit 3,2 Prozent hatte die österreichische Wirtschaft 2006 das höchste Wachstum seit 2000 verzeich­net. Auch das weitere Absinken der Arbeitslosenquote (nach Eurostat) von 4,7% in 2006 auf heuer 4,2 und 4,1% im Jahr 2008 zeugt von dieser positiven Entwicklung der Österreichischen Wirtschaft.

Grund für die anhaltend gute Konjunkturentwicklung sind laut Wirtschaftsforschern vor allem starke Investitionen und ein reger Konsum was wiederum die Folge der 2004/05 umgesetzten Steuerreform ist, welche sich nun voll auswirkt.

Für das Jahr 2008 wird von einem Wachstum von 2,6% ausgegangen was auf eine geringe Verlangsamung der Konjunkturentwicklung hindeutet.

Trotz dieser hervorragenden Ausgangslage wird der Zuwachs der Realeinkommen relativ bescheiden ausfallen. Dies ist bereits auf die Auswirkungen der zusätzlichen Steuerlasten der Bundesregierung zurückzuführen. Das Wifo geht von Zuwächsen um 0,9 Prozent heuer und 0,7 Prozent 2008 aus. Ein halbes Prozent davon wird durch zusätzliche Steuerlasten aufgefressen - bleibt für die Arbeitnehmer in der Börse real netto nur 0,4 Prozent mehr Lohn heuer und 0,2 Prozent 2008.

Die Eckpunkte zum Doppelbudget zeigen für heuer ein gesamtstaatliches Defizit (inklu­sive Länder, Gemeinden und Sozialversicherung) von 0,91 Prozent des Bruttoinlands­produktes, das 2008 auf 0,73 Prozent sinken soll.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 85

Dies ist aber angesichts des starken Wirtschaftswachstums und des bereits seinen Zenit überschrittenen Konjunkturzyklus nicht über zu bewerten. Oder wie es Wifo und IHS bezeichnen: dieses österreichische Defizit stellt einen "Sündenfall" wider eines wie im Regierungsprogramm vorgenommenen „ausgeglichenen Haushalt über den Kon­junkturzyklus“ dar und hätte "bei entsprechender Sparsamkeit" noch geringer ausfallen können. Auch die angedachte Steuerreform wird trotz dieser (in der 23.GP nicht wie­derkehrenden) optimalen Ausgangslage nicht vorgezogen und die Chance einer der­zeit möglichen strukturellen Staats- und Verwaltungsreform wird fahrlässig ungenutzt gelassen.

Der Bund alleine betrachtet rechnet 2007 mit Einnahmen von 65,7 und Ausgaben von 69,6 Mrd. Euro und kommt auf ein Defizit von 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (3,9 Mrd. Euro). Im Jahr 2008 steigen die Einnahmen (+1,2 Mrd. €) gegenüber den Ausgaben (+300 Mio. €) überproportional stark an (auf 66,9 bzw. 69,9 Mrd. Euro), das Defizit sinkt auf 1,2 Prozent des BIP (drei Mrd. Euro). Dies ist keine Ausgabenseitige sondern eine Einnahmenseitige (Sozialversicherungsbeiträgen, Mineralölsteuer, Ge­bührenerhöhungen) Budgetkonsolidierung!

Zusammenfassend ist fest zu halten, daß unter den aktuellen konjunkturellen Gege­benheiten sowie den stark steigenden Einahmen des Bundes im Jahr 2008 eine Steu­erreform mit dem Ziel einer Entlastung des Mittelstandes nach folgendem Steuermodell vor zu nehmen ist:

„DAMIT SICH LEISTUNG WIEDER LOHNT, ENTLASTUNG DES MITTELSTANDES!“

Seit 1988 wird in Österreich versucht das Steuersystem zu reformieren bzw. zu moder­nisieren mit dem Ziel, die im internationalen Vergleich relativ hohe Abgabenquote zu senken. Es sollte dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft gestärkt werden, gleichzeitig sollten aber auch mittel- und langfristige Wachstums- und Arbeits­platzschaffungseffekte erzielt werden. Weitere Zielsetzungen waren, dass Familien und Kleinstverdiener spürbar entlastet bzw. begünstigt werden.

Bei den ersten beiden größeren Steuerreformen 1988 und 1993/1994 wurden der ein­heitliche Körperschaftsteuersatz mit 30 % sowie die Kapitalertragsteuer mit 10 % und 25 % eingeführt. Des weiteren wurden die Vermögens- und Gewerbesteuer abge­schafft, die Möglichkeit der Gründung von Privatstiftungen geschaffen und der maxi­male Einkommensteuersatz von 62 % auf 50 % abgesenkt.

Mit den Steuerreformen 2004/2005 wurden nunmehr der Körperschaftsteuersatz von 34 % auf 25 % gesenkt, die Gruppenbesteuerung für Kapitalgesellschaften eingeführt und teilweise die Möglichkeit geschaffen, dass Unternehmen, die nicht der Körper­schaftsteuer unterliegen, nicht entnommene Gewinne mit dem halben Einkommen­steuersatz besteuern können.

Durch diese Reformen wurden vor allem die Bezieher von Kapitaleinkünften sowie Ka­pitalgesellschaften und Konzerne, sowie Kleinstverdiener und Familien begünstigt. Die Begünstigungen für den Mittelstand hielten sich in Grenzen, da der Einkommen­steuersatz mit 50 % international (USA 41,6 %; Deutschland 47,5 %; EU (15) 47,8 %; Slowakei 19 %; Tschechien 32 % usw.) betrachtet nach wie vor im oberen Bereich an­gesiedelt ist und die begünstigte Besteuerung von nicht entnommenen Gewinnen nicht für alle Unternehmen (Einnahmen-Ausgaben-Rechner, Freiberufler) anwendbar ist.

„WARUM EINE STRUKTURELLE STEUERSENKUNGS-REFORM „FLAT-TAX“ ZUR ENTLASTUNG DES MITTELSTANDES NOTWENDIG IST!“

Die mit 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen Reformschritte im Einkommen- und Körper­schaftssteuerrecht waren erst der Anfang weit reichender Reformen. Die tariflichen Veränderungen und der Wegfall des Allgemeinen Absetzbetrages, sind ein erster


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Schritt in Richtung flachere und einfachere Steuerermittlung. Jetzt sind tiefgreifendere, strukturelle Reformen grundlegender Art, insbesondere der Bemessungsgrundlagen gefordert.

Volkswirtschaftliche Impulse können nur von klaren, übersichtlichen und schlanken Steuergesetzen ausgehen. Die nächste Steuerreform muss daher eine Reform an den Strukturen und am Tarif sein. Komplizierte Steuergesetze werden vom Bürger nicht verstanden, gemieden und reizen zur Hinterziehung. Andererseits werden volkswirt­schaftlich gewollte und wertvolle Begünstigungen nicht in Anspruch genommen.

Neue volkswirtschaftliche Verhältnisse in der EU und die Globalisierung fordern Maß­nahmen zur internationalen Steuerkonkurrenzierung. Die neuen Mitgliedsländer setzen auf das Flat-Tax Modell.

Niedrigere Steuersätze vermeiden Umgehungshandlungen. Hohe Steuersätze hinge­gen reizen zur Aufsplitterung und bloßen Teilerfassung der Bemessungsgrundlage, zur Aufschiebung der Steuerlast und fordern Hinterziehungstatbestände heraus. Hohe Steuersätze sind Inflationstreiber.

Unterschiedliche Steuersätze für einzelne Einkunftsarten verlocken zum Wechsel in eine steuerbegünstigte Rechtsformen. Ein steuerlich motivierter Wechsel in eine an­dere Rechtsform hebt nicht die Wirtschaftlichkeit sondern die Bürokratie und verursacht Kosten.

Gesetze und Richtlinien sind übersichtlich zu gestalten und auf die praktische Hand­habung abzustellen. Dies gilt auch für die Gesetzessprache, die Steuerfestsetzung, die Steuereinforderung und die Erkenntnis der Rechtssprechung. (300 Mio. € zuviel be­zahlte Steuern pro Jahr)

Nur über die Ausgabendisziplin einer konsequenten Haushaltspolitik werden die Ein­sparungseffekte von ca. 2 Mrd. € über die Verwaltungsreform zu erzielen sein.

Die Kleinverdiener und Familienerhalter wurden spürbar entlastet. Der Mittelstand d.h. die Klein- und Mittelbetriebe sowie Leistungsbezieher konnten kaum profitieren. 

Hinzu kommt noch, dass z.B. durch die Schaffung der Privatstiftung bzw. Einführung des 25%igen Kapitalertragsteuersatzes, der sich bei den Privatstiftungen noch um 50 % auf 12,5 % halbiert, optimale Steuerbedingungen für jene geschaffen wurden, die zu den so genannten „Reichen“ zählen, weil sie über umfangreiche Kapitaleinkünfte verfügen und diese in Österreich günstiger besteuert werden als in so manchen Nach­barstaaten wie z.B. Deutschland, Schweiz.

ZIELSETZUNG:

Ziel ist es, ein einfaches und gerechtes, verlässliches und Vertrauen schaffendes, ver­ständliches und anwenderfreundliches, dauerhaftes und planungssicheres EU-kompa­tibles Struktur- und Tarifsystem zu schaffen.

Es geht nicht darum, Bürokratiehürden aufzubauen, sondern eine gerechte, das heißt einheitliche Besteuerung zu gewährleisten. Keine Sammelgesetzte und Schachtelge­setzte.

Es geht nicht darum, Ausnahmen zuzulassen, sondern diese gegen niedrigere Steuer­sätze abzutauschen.

1. Flat-Tax:

Wir halten es für notwendig, dass den Menschen und den Betrieben netto mehr in der Kassa bleibt! So sorgen wir dafür, dass sich Leistung wieder lohnt, stärken die Kaufkraft der Bürger und sorgen für Investitions- und Innovationskraft der Wirtschaft.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 87

Grundlegend gilt für unsere Steuerpolitik ein ausgeglichener Haushalt über den Kon­junkturzyklus, geringe Defizitduldung für Arbeitsplatz schaffende Wachstumsinvestitio­nen des Staates und restriktive Einsparungen in der Bürokratie. Senkung der Steuer- und Abgabenquote bis 2010 auf 38% um gegenüber den europäischen Mitbewerber­ländern, als Wirtschafts- und Arbeitsstandort konkurrenzfähig zu bleiben.

Verschiebung der betragsmäßigen Anwendungsgrenze beim Einkommensteuertarif: Aus unserer Sicht wäre es zweckmäßig die monatliche Betragsgrenze, ab welcher der Spitzensteuersatz zur Anwendung kommt, von € 4.250,-- auf zumindest € 7.000,-- erhöhen, somit kommt der Spitzensteuersatz erst ab einem Jahreseinkommen von € 84.000,-- zur Anwendung (bisher 51.000). Anstelle der beiden mittleren Steuersätze (23 % bzw. 33,5 %) soll nur mehr ein Steuersatz Anwendung finden. So könnte es in Zukunft bei der Einkommensteuer anstelle der bisherigen drei Steuersätze nur mehr zwei Steuersätze geben, wobei gleichzeitig die Anwendbarkeit des Spitzensteuersat­zes betragsmäßig nach oben verschoben werden sollte (€ 84.000,--). Mit dieser Maß­nahme nähern wir uns auch bei den unselbständigen Einkünften dem Flat-Tax-Modell.

2. Einheitliche Unternehmensbesteuerung:

Der Mittelstand als Rückgrad der Wirtschaft muss wieder Motor des Wachstums wer­den. Mit den Konjunktur- und Wachstumspaketen wurden bereits wirksame Investi­tionsanreize geschaffen, die jedoch nur zeitlich begrenzt waren. Damit neue Arbeits­plätze entstehen, muss die Investitionsfähigkeit und –bereitschaft kleiner und mittlerer Unternehmen gezielt und auf Dauer gestärkt werden.

Zusammenfassung der bisher drei betrieblichen Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Selbständige Arbeit, Gewerbebetrieb) zu einer Einkunftsart für Unternehmen im Einkommensteuergesetz: Das österreichische Einkommensteuerrecht sieht im Moment von den insgesamt sieben Einkunftsarten drei Einkunftsarten vor, welche die Besteuerung der betrieblichen Einkünfte regeln. Diese Dreiteilung gibt es im Körperschaftsteuerrecht nicht, da im Körperschaftsteuerrecht die Einkünfte (Bauern, Gewerbebetriebe und Freiberufler) gleich behandelt werden. Wir wollen 3 Einkunfts­arten durch die Einführung des Überbegriffes “Business Tax“ zusammenfassen und diese übersichtlicher und einfacher regeln.

Intelligente Pauschalierungsmöglichkeit für Kleinstunternehmen: Kleinstunternehmen, mit nur ein bzw. maximal zwei Mitarbeiter sollen die Möglichkeit bekommen, über einen jährlichen Mindeststeuerbetrag in der Höhe der Mindest-KÖST von € 1.750,00 pau­schal besteuert zu werden. Gerade für Neugründer können so Verwaltungskosten, Auf­zeichnungen, Steuerberaterhonorare etc. eingespart werden um mehr Geld für Neuan­schaffungen zu erhalten.

AfA-Reform: Die Abschreibungsdauer soll nicht wie z.B. bisher auf 33,3 Jahre (Ge­bäude) angesetzt werden, sondern sich nach der Finanzierungsdauer richten. Dadurch schaffen wir realistische Abschreibungssätze und vermeiden unechte Gewinnversteue­rung. Sofortige Abschreibung von Investitionen gerade bei „kurzlebigen“ Wirtschaftsgü­tern wie PC Hard- und Software. Derzeit sind Wirtschaftsgüter wie PCs etc. auf einen Zeitraum von 4 Jahren abzuschreiben. Im Interesse der Unternehmen sollte in diesen Bereichen eine sofortige Abschreibung ermöglicht werden.

Finanzierung über Bürokratiebefreiung:

Durch eine Flut an Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften und einen EU-Richtlinienge­flecht werden Bürger und die Wirtschaft tagtäglich mit hohem Aufwand belastet. Unser Vorsatz lautet:

„Soviel Staat wie nötig und soviel Freiheit wie möglich“.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 88

Es ist notwendig, dass wir unseren Staat entscheidungsfreudiger und schneller ma­chen, damit wirtschaftliche Dynamik und unternehmerische Initiative den dringend nöti­gen Freiraum erhalten. Die Beweislast muss künftig der haben, der neue Vorschriften fordert, nicht mehr der, der sie vereinfachen und abschaffen will.

Behördengänge sollen künftig von zuhause oder dem Büro möglich sein: Eine „Bürger­karte“ mit modernster Technologie samt Zahlungsfunktion, soll eine rasche Erfüllung der gewünschten Dienste durch die Behörden sicherstellen.

Beseitigung von einseitigen Belastungen der Betriebe mit statistischen Auflagen: Die Versorgung der Statistik Austria mit aktuellen Unternehmensdaten ist für die betreffen­den Betriebe mit einem hohen zeitlichen und administrativen Aufwand verbunden. Wir fordern daher eine Verringerung der statistischen Auflagen, Entlastung der auskunfts­pflichtigen Betriebe durch verpflichtendes jährliches Wechseln der Betriebe.

Streichung von Betriebsanlagengenehmigungen für Kleinstbetriebe: Festlegung von Betriebsanlagen über Verordnungsermächtigung der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generatio­nen, für die keine Betriebsanlagengenehmigungen erforderlich sind.

Abschaffung des „Golden Plating“: Mindest- bzw. Schwellenwerte und Richtwerte der EU sollen nicht laufend von Österreich zusätzlich angehoben und überboten werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, unter den aktuellen konjunkturellen Gegebenheiten sowie den stark steigenden Einahmen des Bundes im Jahr 2008 eine Steuerreform mit dem Ziel einer Entlastung des Mittelstandes vorzunehmen.

*****


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.40.19

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir be­schließen heute das Budgetbegleitgesetz. Das bringt Änderungen in einigen Gesetzes­materien mit sich.

Aber ein Budgetbegleitgesetz ist eben nur ein Begleitgesetz zu einem Budget – und da darf ich durchaus auch darauf aufmerksam machen, dass wir ein Budget für 2007 und 2008 vorliegen haben, das von einer nachhaltigen Art und Weise geprägt ist und auch auf einer guten Arbeit in der Vergangenheit aufbaut. Eine solide Budgetpolitik der letzten Jahre kommt uns jetzt zugute und hat auch die Möglichkeit eröffnet für langfris­tige Ziele, die da heißen: ausgeglichener Haushalt, Reduktion der Schulden und inves­tive Maßnahmen, die die Wirtschaft in Schwung halten sollen.

Ein weiterer Auftrag ist natürlich auch mitverpackt, nämlich trotz sinkender Arbeitslosig­keit das Augenmerk auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zu richten. Ich darf dem Finanzminister – Ihnen, geschätzter Herr Vizekanzler Molterer! – recht herzlich dafür danken, dass Sie dieses Budget in weniger als hundert Tagen ausverhandelt und vor­gelegt haben.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 89

Im Begleitgesetz sind natürlich einige Materien enthalten, die abgeändert werden. Ich darf erstens auf das Mineralölsteuergesetz eingehen, die Anpassung der Steuersätze für Benzin und Gasöl entsprechend dem Regierungsübereinkommen und in Umset­zung der Klimaschutzstrategie, mit 3 Cent Anhebung beim Benzin und 5 Cent Anhe­bung beim Diesel ab 1. Juli 2007.

Meine geschätzten Damen und Herren, ich weiß, dass das nicht angenehm ist. Aber ich glaube, es ist tragbar, und es ist auch sinnvoll, weil das Geld sinnvoll eingesetzt wird: erstens für den Straßenbau, zweitens für den öffentlichen Personenverkehr, wei­ters auch in einem sehr erheblichen Ausmaß für den Klimafonds und damit für Umwelt­schutzmaßnahmen. Da hat es einige Diskussionen und Aufregung seitens derjenigen gegeben, die oft sehr viel fordern, aber auf der anderen Seite wieder viele vernünftige Dinge verhindern wollen. Ich sage dazu: andere fordern, und wir handeln entspre­chend!

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Preispolitik der Mineralölwirtschaft ein­gehen und durchaus kritisch Folgendes bemerken. Als ich heute in der Früh von Tams­weg nach Wien gefahren bin, bin ich auch an Tankstellen vorbeigekommen und habe gesehen, dass die billigste Tankstelle, ein Diskonter, 87,9 Cent für den Diesel verlangt, die Regel-Tankstelle 94,5 Cent. Letztendlich spielen sich bei uns im Lungau die Preise zwischen 1,035 € und 1,085 € ab.

Das heißt, wir haben da einen Unterschied von 20 Cent, und insofern halte ich es durchaus für verkraftbar, wenn für vernünftige Maßnahmen die Mineralölsteuer um 3 Cent beziehungsweise 5 Cent angehoben wird. Ich fordere auch die Mineralölwirt­schaft auf, auf das nötige Maß abzusenken, damit nicht andere über Gebühr belastet werden.

Es werden folgerichtig auch andere Gesetze mit dem Budgetbegleitgesetz geändert. Das betrifft das Einkommensteuergesetz. Die Pendlerpauschalen sollen noch einmal um 10 Prozent angehoben werden und, um den gestiegenen Treibstoffpreisen und da­mit den erhöhten Belastungen der Pendler entgegenzuwirken. Das soll gleichzeitig mit dem Vorgenannten am 1. Juli 2007 in Kraft treten. Ich darf vermerken, dass die Pend­lerpauschale in den vergangenen Jahren, seit 1. Jänner 2004, bereits um 15 Prozent und nachfolgend noch einmal um 10 Prozent erhöht worden ist und so eine Entlastung von bis zu 571 € pro Pendler geschaffen worden ist.

Es gäbe noch andere Dinge zu sagen, aber die Zeit ist zu knapp bemessen. Insgesamt darf ich feststellen, dass die Änderungen der einzelnen Rechtsmaterien, die wir mit die­sem Budgetbegleitgesetz beschließen, das gelungene und solide Doppelbudget 2007 und 2008 abrunden und eine Veränderung zum Wohle der Österreicherinnen und Ös­terreicher ergeben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.


12.45.08

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Werte Frau Ministerinnen! Hohes Haus! Zuerst nur einen Satz zum Kollegen Westenthaler und seiner Definition von Rücktrittsreife: Ich glaube, man sollte mit „Rücktrittsreife“ dann vorsichtig sein, wenn man weder bei Wahlen noch in Sachfragen wirklich an- und auftrittsreif ist. – Das wäre alles. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 90

Ich fange jetzt vielleicht ein bisschen atypisch an und erinnere Sie an Folgendes (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Professor, bleiben Sie bei Ihren Leisten!): Wir alle haben hier, als wir ins Parlament gekommen sind, einmal Treue zur Republik, ihren Gesetzen und der Verfassung gelobt. (Abg. Ing. Westenthaler: ... heute noch bei der Dringlichen!) Treue zu Gesetzen setzt aber voraus, dass man Gesetze liest (Abg. Ing. Westen­thaler: Dass Grüne ...!), sie lesen kann und sich mit ihnen vertraut macht.

Vielleicht für das Publikum: Es sind uns vor wenigen Wochen 4 000 Seiten an – unter Gänsefüßchen – „Budgetgesetzen“, Budgetdaten geliefert worden, über die wir hier nun in wenigen Stunden debattieren oder Beschlüsse fassen sollten. Ich frage Sie jetzt: Ehrlich, wer hat diese 4 000 Seiten gelesen? Wer hat sie sinnvoll gefunden? Wer hat Widersprüche entdeckt? – Wenn sie treu, redlich und ehrlich sind, mögen sich jetzt alle diejenigen erheben, die sagen: Ja, das habe ich getan!

Da alle sitzen bleiben, frage ich ... (Abg. Scheibner: Wegen Ihnen stehen wir nicht auf, Herr Kollege!) Sie brauchen wegen mir nicht aufzustehen (Abg. Ing. Westenthaler: Zahlt sich nicht aus!), Sie brauchen sich aber auch nicht niederzulegen. – Daher frage ich mich: Wie sollen solche Debatten stattfinden?

Mein Verdacht ist schon ein bisschen derjenige, dass Budgetbegleitgesetze vielfach dazu benutzt werden, im allgemeinen Aufruhr der 4 000 Seiten dem Parlament noch etwas unterzujubeln, was man gerne übersieht. Das hat Tradition, und ich frage mich, warum Änderungen des Universitätsgesetzes unbedingt bei den Begleitgesetzen statt­finden müssen, ohne dass sie das Licht der Tagesordnung des betreffenden Aus­schusses erblicken. (Beifall bei den Grünen.)

Wir reden jetzt auch über die Bundesgesundheitsagentur oder die Ernährungssicher­heitsagentur und ihre Finanzierung. Dies wird wahrscheinlich, soweit ich das sehe, nicht das Licht des Gesundheitsausschusses erblicken, sondern man wird jetzt darüber abstimmen, und dann wird man sehen, was weiter passiert. Man entzieht also gewisse Belange des Parlaments einfach der Aufmerksamkeit und der Behandlung. Es ist ein bisschen Husch-Pfusch mit der Hoffnung, dass das alles glatt durchgeht.

Wenn Sie jetzt sagen, das sei so, weil es mit dem Budget zu tun hat, dann frage ich Sie: Warum brauchen wir dann im Parlament überhaupt so viele Ausschüsse? – Es
hat doch alles mit dem Budget zu tun! Schreiben Sie auf Ihre Homepage „www.Verwaltungskostenvereinfachung oder -reduktion.at“: ein Budgetausschuss; man spart sich Personal, man spart sich Bürokratie, und wir reden nur noch über das Geld. – Das kann es nicht sein!

Zu den Universitäten: Die Universitäten sollen nun dem Finanzressort erneut berichts­pflichtig werden, und das Finanzressort wird den Universitäten Planungs- und Con­trolling-Instrumente offerieren, nach denen sie zu handeln haben. Ich erinnere mich wieder an Bruno Rossmann, „www.Verwaltungskostensenkung.at“, denn die Universi­täten haben so etwas schon! Haben Sie vergessen, dass Universitäten evaluiert wer­den sollten – aber auch evaluiert über die Folgekosten der von Ihnen gewünschten und vollzogenen Ausgliederung, evaluiert über die Mehrkosten der Loslösung der Medizin sozusagen von ihren Heimatuniversitäten?

Die Universitäten müssen Leistungspläne erstellen. Sie müssen Entwicklungspläne er­stellen und darüber mit dem Ressort verhandeln. Sie sind gegenüber Minister Hahn, dem Wissenschaftsminister, berichtspflichtig. Sie haben Universitätsräten ihre Budgets zur Bewilligung vorzulegen. Warum entsenden Sie hier nicht einen Beamten des Fi­nanzministeriums? – Der wäre vielleicht besser als irgendein anderer, der im Universi­tätsrat drinsitzt.


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Die Universitäten machen jetzt alles doppelt: Sie verhandeln Leistungsverträge, erstel­len eine Wissensbilanz. Wenn Sie im Ministerium anrufen und fragen: Bitte, Herr Minis­terialbeamter, sagen Sie mir, was gehört zur Wissensbilanz?, bekommen die Herren der Universitäten die Antwort: Das müssen doch Sie wissen!

Sollte man den Hebel nicht da ansetzen und den Universitäten ein mühsames, büro­kratisches neues Verwaltungsinstrument nicht aufbürden, das Mehrkosten verursacht für etwas, was man auch billiger haben kann? – Diese Frage möchte ich ganz klar stel­len.

Es wird alles verdoppelt – alles verdoppelt! –, was Universitäten bezüglich der Budgets und ihrer Pläne machen müssen. Wenn das Sinn macht, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

Jetzt komme ich kurz auf die Agenturfinanzierung zu sprechen. Im Gemeinschaftsrecht der EU steht ganz klar, dass Arzneimittelsicherheit eine hoheitliche Aufgabe, sozusa­gen Aufgabe des Nationalstaates ist. Jetzt kann ich sagen: Okay, wir haben knappe Budgets – das gilt für alle Staaten –, wir gliedern aus! Im Ministerium gebe ich Res­sourcen ab, mache Budget- und Planstellenkosmetik: Alles gehört in eine Agentur. Ruft man im Ministerium an, heißt es: ich vermittle Sie gleich weiter, und dann meldet sich die Agentur. Also fragen Sie nicht das Ministerium, sondern fragen Sie die ÄrztInnen und ApothekerInnen und die Agenturen.

Ich halte das für keine glückliche Lösung, vor allem dann nicht, wenn Betroffene diese Agentur auch noch finanzieren müssen. Es finanzieren schon Patienten über ihren Krankenanstaltenaufenthaltsbeitrag mit 10 € medizinische Behandlungsschäden, die ihnen in Krankenanstalten erwachsen. Das ist ungefähr damit vergleichbar: Vizekanz­ler Molterer fährt mit dem Zug nach Hause nach Oberösterreich, zahlt für das Ticket 30 €, und dann heißt es: 10 € Aufschlag. Er sagt: Ich fahre nicht Business-Klasse! Dar­aufhin heißt es: Das ist der Risikokostenbeitrag, vielleicht schläft gerade der Zugführer, vielleicht ist eine Ampel falsch geschaltet oder eine Weiche falsch gestellt!

So kann es nicht gehen! Ich bin nicht der Verteidiger der Pharmaindustrie, aber die Pharmaindustrie ... (Vizekanzler Mag. Molterer: Ach so, was haben Sie denn für eine Aufgabe?) Was ich für eine Aufgabe habe? – Die staatlichen Interessen so zu verteidi­gen, dass sie wahrgenommen werden. Das heißt, dass der Staat auch manche Dinge finanzieren muss, und es kann nicht so sein – bitte, Herr Vizekanzler, sonst lassen Sie unser Verteidigungsbudget von der Rüstungsindustrie finanzieren! Das wäre ungefähr dasselbe. Und dieses Beispiel ist kein schlechtes, wenn auch ein gefährliches, das Sie geben.

Es braucht Hunderte erforschter Moleküle, davon geht nicht einmal ein Promille in den klinischen Versuch. Die Pharmaindustrie zahlt das Zehnfache an Gebühren für die Zulassung eines Medikamentes. Zu wissen, wie ein Medikament sich auf dem Markt bewährt und welches Risiko ein Medikament erst später zeigt, wäre schon die Aufgabe des Ressorts, und dieses sollte auch mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden.

Man kann darüber diskutieren; aber worüber man nicht diskutieren kann, ist, dass so etwas nicht mit der Opposition besprochen wird, dass so etwas nicht mit dem Gesund­heitsausschuss besprochen wird, sondern einfach über den Budgetausschuss abge­handelt und enderledigt wird. Solche Enderledigungen fördern nicht die Demokratie, nicht den Parlamentarismus und auch nicht Transparenz und breite Mitsprache aller Beteiligten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


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12.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brou­kal. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.52.47

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen Ministerinnen auf der Regierungsbank! – Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky, wer in die Politik geht, der muss von vielem Abschied nehmen, auch zum Beispiel von den ganz normalen Gesetzen der bürgerlichen Höflichkeit. Es ist bestimmt ein sehr schwerer Mo­ment, wenn man, so wie Sie, auf ein sehr erfolgreiches Berufsleben zurückblickt und sich dann von jemand, der seinen Beruf – wie heißt es so schön in den Zeitungen? – im Alter von 23 Jahren als Handy- und Taschlträger eines Politikers begonnen hat und etwa bei dieser beruflichen Qualifikation stehen geblieben ist, so herrotzen lassen muss.

Auf der anderen Seite, Frau Ministerin, ist es natürlich so, dass Sie in Ihrer neuen Funktion auch Möglichkeiten haben, die Sie früher nicht hatten. Der Kaufpreis dafür, mit der Respektlosigkeit umgehen zu müssen, ist also, dass man andererseits auch eine größere Wirksamkeit entfalten kann. Es möge immer so sein, dass Ihnen der Teil Wirksamkeit bedeutender und wichtiger erscheint als der Ärger über die Respektlosig­keit! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Neugebauer: Schön gesagt!)

Kurt Grünewald, wenn ich daran denke, wie viele vergebliche Versuche wir seit Wo­chen unternehmen, uns auf einen Termin des Wissenschaftsausschusses zu einigen, dann muss ich sagen, es genügt nicht, hier zu sagen: „Ich will Ausschüsse!“, sondern: „Sire, geben Sie Termine!“, müsste ich mit Schiller fast sagen. Endlich, ja bitte! (Abg. Sburny: ... vorgeschlagen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Frau Sburny, kennen Sie den Mailverkehr? (Abg. Sburny: Ja, natürlich!) Sie kennen seinen Mailverkehr – gut, das freut mich, ist in Ordnung. Aber dann werden Sie doch sehen, wie es nicht gelingt! (Abg. Sburny: Wir informieren uns wechselseitig, im Ge­gensatz zur SPÖ!) Ja, okay, gut. An mir liegt es jedenfalls nicht, mit mir können Sie jeden Tag Termine machen. (Abg. Dr. Graf: Aber dann sagen Sie doch, wer blockiert, bitte!) Okay, aber er gehört jedenfalls auch zu denen, daher braucht er nicht herunter­zugehen und zu sagen: Es gibt keine Termine! Ich hätte auch gerne mehr Termine, an mir liegt es nicht. (Abg. Dr. Grünewald: Gegen die Verfassung, habe ich gesagt!)

Wir haben heute eine ganz kleine Änderungen des Universitätsgesetzes: Die Univer­sitäten sollen Zahlen, die sie bisher ein Mal im Jahr an das Finanzministerium abzu­liefern hatten, über den Weg des Wissenschaftsministeriums jetzt alle drei Monate ab­liefern. Es handelt sich um 20 Zahlen, die in den Universitäten, so sie eine auch nur einigermaßen den Namen verdienende Buchhaltung und ein einigermaßen den Namen verdienendes Rechnungswesen haben (Abg. Dr. Brinek: Die haben sie!) – was sie ja haben –, sozusagen automatisch anfallen. Was neu ist, ist, dass sie jetzt nicht einmal im Jahr, sondern alle vier Monate zu melden sind.

Da könnte man, wenn man Verdacht hat – und so ein Verdacht ist gegenüber einer Finanzverwaltung, halten zu Gnaden, immer angemessen –, jetzt sagen: Da wird eine Leine enger gezogen! Um diesen Verdacht auszuräumen, haben Kollegin Brinek und ich einen Entschließungsantrag vorbereitet, der sicher auch die Zustimmung des Ab­geordneten Grünewald finden wird und in dem wir ausdrücklich festhalten, dass der Nationalrat nicht wünscht, dass aus Kontrolle Bevormundung wird.

Die Universitäten sollen, so wie jetzt, den Anspruch darauf haben, jeden Monat ein Zwölftel ihres Budgets zu bekommen. Das Finanzministerium soll nicht die Möglichkeit haben, zu sagen: Jetzt sind wir euch durch das Controlling draufgekommen, ihr habt Geld auf der Kante, verbraucht doch einmal das! – Das wäre gegen den Geist der Autonomie und findet daher auch nicht statt. (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Bri­nek. – Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe mit der zuständigen Beamtin im Finanzministerium ausgemacht, dass diese Zahlen auch uns zur Verfügung stehen werden. Wir werden uns dann, wenn zum ers­ten Mal diese Zahlen zwischen den Universitäten und dem Ministerium ausgetauscht werden, alle selbst davon überzeugen können, ob das zumutbar oder unzumutbar ist, ob dadurch sozusagen alle Betriebsgeheimnisse der Universitäten offen liegen oder ob es nur einfach der Versuch der Staatsverwaltung ist, dies genauer zu überprüfen.

Dafür hat sie ein Motiv, dass auch ich anerkennen muss, nämlich das Motiv, dass die Finanzen der Universitäten Maastricht-relevant sind. Es ist nicht unwichtig, ob die Universitäten Geld haben, wie viel Geld sie haben, wie sie es verbucht haben, ob sie es angelegt haben. Das alles kann uns am Jahresende, wenn es um die Maastricht-Kriterien geht, ein Hackl ins Kreuz hauen.

Diesen Entschließungsantrag wird Kollegin Schittenhelm später noch im Detail vorstel­len. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. – (In Richtung Bundesministerin Dr. Kdols­ky:) Nochmals alles Gute! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.57


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: den zu berichtigenden Sachverhalt dem richtigen Sachverhalt gegenüberstellen, und das in 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.57.27

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Kollege Broukal hat be­hauptet, ich hätte gesagt, es gäbe keine Termine für den Wissenschaftsausschuss.

Tatsache ist, dass ich gesagt habe: Ich kritisiere, dass diese Themen nicht in den Wis­senschafts- und Gesundheitsausschuss kommen. Von Terminen war nicht die Rede! (Beifall bei den Grünen.)

12.57


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.58.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Vorneweg möchte ich noch einmal be­kräftigen, was meine Kolleginnen und Kollegen schon gemeint haben, nämlich dass dieser Misstrauensantrag gegen Sie, Frau Bundesministerin Kdolsky, mehr als ent­behrlich ist. Ich glaube, es ist dies eigentlich auch eine Fehlverwendung eines wichti­gen parlamentarischen Instruments, das hier in dieser Form überhaupt nicht ange­bracht ist.

Wenn Sie (in Richtung BZÖ) Kritik vorzubringen haben, äußern Sie diese konkret! Wir werden es tun. Die Frau Ministerin ist hundert Tage im Amt, ich möchte ihr auch keine „überzogenen“ Rosen streuen, aber ich denke, wir haben eine Diskussionsbasis. Diese sollten wir nutzen, bei konkreten Anliegen unsere Meinungen austauschen und die Kri­tik dort anbringen, wo sie wirklich notwendig und erforderlich ist.

Vielleicht eines nun zu den Budgetbegleitgesetzen, die schließlich so etwas wie die Schienen des Gesamtbudgets sein könnten, nämlich die Eckpunkte, die auch neue Perspektiven sichtbar machen könnten. Könnten, sage ich – das ist genau unser Problem: Wir sehen leider diese neuen Schienen nicht. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Wir können sie nicht in diesem Maße wahrnehmen, wie sie erforderlich sind, nämlich erforderlich auch im Sinne einiger notwendiger Kursänderungen, eben im Bereich des


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Klimaschutzes, im Bereich der Schulen und Universitäten, aber auch bei Infrastruktur-, Pflege- oder Kinderbetreuungsmaßnahmen. Das wäre ja zu erwarten gewesen. Aber es gibt keine Hinweise darauf, wo dieser Klimafonds sein soll, keinen klaren Versuch, die Strategie für eine Klimaschutzoffensive auch wirklich umzusetzen.

Stattdessen Ankauf von Emissionszertifikaten, stattdessen – ja, das auch° – eigentlich eine Schlechterstellung im Bereich der Pendlerregelung. Ich möchte schon ein Wort dazu sagen, Kollege Bucher. Gerade wenn man sich den ländlichen Raum ansieht, sollte man bedenken, dass dort der öffentliche Verkehr für viele, viele Menschen, nicht nur für die Schülerinnern und Schüler, die tagtäglich zu den Schulen kommen, eine der ganz wichtigen Herausforderungen ist.

Das wäre die Aufgabe, die Aufgabe nämlich, den öffentlichen Verkehr auch im ländli­chen Raum zu stärken, denn die Anhebung der Pendlerpauschale führt nur dazu, dass jene Menschen, die keine Lohnsteuer zahlen, auch keinen Vorteil von dieser Anhebung haben. Und das ist einfach eine soziale Schieflage, die müssen Sie wahrnehmen, und das können wir nicht positiv bewerten.

Ich möchte aber jetzt in meinen Ausführungen auf einige Punkte eingehen, Frau Bun­desministerin, die Sie zu verantworten haben, nämlich Änderungen im Bereich des Le­bensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes. Hier geht es an sich um einige Anpassungen, und das sind Regelungen für gemeinschaftliche Anlagen in der Wasser­versorgung. Das können wir insofern auch positiv sehen, als es darum geht, Mindest­qualitätsstandards und Untersuchungspflichten zu regeln. Ja, aber, Frau Bundesminis­terin, es sind hier wieder Ausnahmen vorgesehen, nämlich Ausnahmen im Bereich fa­miliärer Verbände.

Da sage ich Ihnen: Bei einer Versorgung im Familienverband ist es genauso wichtig, dass eine Qualitätsuntersuchung vorliegt, denn gerade da passiert es immer wieder, dass Menschen Wasser trinken, das kontaminiert ist, und die Menschen oft über Jahre nicht wissen, was Sache ist, bis sie draufkommen: Oje, unser Brunnen ist ja eigentlich nicht verkehrstauglich im Hinblick auf die Wasserqualität. Da wäre es also sinnvoller, nicht eine Ausnahme zu machen, sondern einen anderen Untersuchungsrhythmus vor­zusehen, aber auf jeden Fall sicherzustellen, dass diese Verwender von Wasser aus eigenen Anlagen im Familienverband auch eine Qualitätssicherung nachweisen kön­nen, und zwar im eigenen Interesse und zum Schutz ihrer Gesundheit. Das hätten wir uns erwartet.

Ein Punkt, Frau Bundesministerin, ist wirklich völlig im Nebel und im Dunkeln geblie­ben, nämlich der Punkt über die Sicherstellung der Einnahmen der öffentlichen Hand für die Kontrolltätigkeit im Bereich der Schlachttier- und Fleischuntersuchung. Frau Bundesministerin! Die Erläuterungen im Text und auch die Reaktion auf unsere Nach­fragen im Ministerium – wir haben bis heute keine Antwort erhalten – sind für uns schon sehr, sehr eigenartig, weil im Bereich dieser Kontrolltätigkeit in Zukunft Gebüh­ren eingehoben werden sollen. Ja, Gebühren! Und gleichzeitig wird in den Erläuterun­gen beschrieben, dass in Zukunft 330 000 Betriebe davon erfasst sind. Bezug genom­men wird auf die Kontrollanforderung laut der entsprechenden EU-Gesetzgebung.

Sie sprechen von 190 000 Landwirtschaftsbetrieben, die hier in Zukunft involviert sind, und unsere Frage ist ganz konkret: Welche landwirtschaftlichen Betriebe sollen dieser Kontrolle unterworfen werden, und welche Kontrolltätigkeiten sind das konkret? Wir ha­ben dazu leider bis heute keine Antworten bekommen, und daher können wir auch die­sen Punkt zweifellos nicht mittragen. Sie haben nämlich auch eine Verordnungser­mächtigung für die Bewertung von Betrieben nach einzelnen Risikogruppen, und auch dazu gibt es in den Gesetzeserläuterungen keine Hinweise, welche Risikogruppen das


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sind und nach welchen Kriterien die bewertet werden. Und: Wie sieht dann das Pro­cedere in der Praxis aus?

Abschließend, Frau Bundesministerin, möchte ich Ihnen in einem Punkt etwas ans Herz legen, nämlich im Bereich der gentechnikfreien Lebensmittel. Das hätte ich mir erwartet, dass im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz auch eine klare Positionierung für Labeling von gentechnikfreien Lebensmitteln, für die Offensive von gentechnikfreien Lebensmitteln enthalten ist, dass das auch im Gesetz drinnen ist, dass das auch kommt und von Ihrem Ressort unterstützt wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie über aktuelle Studien in Frankreich informie­ren, die zeigen, dass das Konstrukt MON 863, ein gentechnisch veränderter Mais, in einem Fütterungsversuch massive Auswirkungen auf Ratten gezeigt hat. Und ich er­suche Sie ernsthaft, hier in einem der nächsten, wesentlichen, internen Entscheidungs­diskurse in Ihrem Ministerium ein Importverbot für dieses Konstrukt auszusprechen, denn das ist ein Erfordernis der Zeit und steht absolut auf der Tagesordnung. – Danke schön, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

13.04


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Haubner. Sie haben sich 4 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.04.49

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Hohes Haus! Die Verhandlungen zum Budget 2007 und 2008 hat die neue Regierung rasch und konsequent über die Bühne gebracht, denn das Budget ist die Grundlage für die Politik, die in einem Land gemacht wird. Hier können wir auf die Erfolge der letzten sieben Jahre aufbauen, und wenn wir uns das anschauen, dann können wir sehen, dass wir die höchsten Beschäftigtenzahlen innerhalb der EU haben, dass wir eine der niedrigsten Arbeitslosenraten im internationalen Vergleich haben und dass wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben und dass wir eines der sichersten Länder der Erde sind und dass wir ein Wirtschaftswachstum von rund 3 Pro­zent haben.

Wir haben eine Budgetsituation, die uns sehr optimistisch stimmt, die wir gemeinsam mit den Österreicherinnen und Österreichern erarbeitet haben. Unsere Hauptzielrich­tung heißt Stärkung des Wirtschaftsstandortes, und die zweite, genauso wichtige Ziel­setzung heißt Vollbeschäftigung. Und hiefür gilt es, jede gemeinsame Anstrengung zu unternehmen, und hier können wir auf Dauer nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen, und deshalb muss das prioritäre Ziel auch ein ausgeglichenes Budget über den Kon­junkturzyklus hinweg sein.

Sorgsam haushalten, richtig investieren, und investiert wird vor allem in die Bereiche der Zukunft: Bildung, Forschung und Infrastruktur und auch in den Sportbereich. Als Sportsprecher freut es mich natürlich ganz besonders, dass auch der Sport eine wei­tere Steigerung der finanziellen Unterstützung erfährt, und so werden wir auch im Bud­getbegleitgesetz ein Kapitel beschließen, das so etwas wie eine kleine österreichische Erfolgsgeschichte ist, die unsere Bundessport- und Freizeitzentren betrifft. Im Jah­re 1999 wurden diese Bundessportzentren ausgegliedert, und die betreffende Gesell­schaft arbeitet seit diesem Zeitpunkt äußerst erfolgreich unter der umsichtigen Führung von Michael Sulzbacher.

Die Bundessportzentren in der Blattgasse, am Faaker See, in Maria Alm, Obertraun, auf Schloss Schielleiten und in der Südstadt haben im Jahre 2005 fast 200 000 Näch­tigungen aufzuweisen gehabt, und besonders erfreulich ist es, dass dieses Angebot zu


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50 Prozent von Jugendlichen in Anspruch genommen wird. Und jetzt, mit diesem neu­en Budgetbegleitgesetz, kehrt das ÖSV-Sportzentrum Kitzsteinhorn wieder in die Bun­dessportzentren AG zurück, und es ist besonders erfreulich, dass dadurch auch die finanzielle Bedeckung der Bundessporteinrichtungen in diesem Jahr um 80 000 € und im nächsten Jahr um 170 000 € erhöht wird.

Die Bundessporteinrichtungen sind ein wesentlicher Teil der erfolgreichen Sportpolitik der letzten Jahre. Mit der Erhöhung der besonderen Bundessportförderung haben wir auch hier ein ganz klares Zeichen gesetzt für mehr Bewegung und mehr Gesundheit in Österreich, denn dort, wo mehr Bewegung ist, ist mehr Gesundheit, und wo mehr Ge­sundheit ist, trägt das natürlich auch positiv zum Budget bei.

Österreich ist ein absolutes Sportland, und dies zeigt sich auch eindrucksvoll darin, dass es im Jahre 2007 über 100 Millionen € für den Sport ausgibt. Die Erhöhung der Spitzensportförderung um 2 Millionen €, die weitere Dotation für die Fußballeuropa­meisterschaft 2007 und 2008 mit 48 Millionen € und, für mich als Salzburger natürlich besonders erfreulich, die Sonderdotation für die Bewerbung um die Olympischen Win­terspiele 2014 in der Höhe von 1,6 Millionen €.

Wenn man all den Studien Glauben schenken darf – und ich bin davon überzeugt, dass der Tenor richtig ist –, dann kann man sagen, dass diese Sportgroßveranstaltun­gen auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Vor allem geht aus diesen Studien her­vor, dass sie sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch für den Arbeitsmarkt die rich­tigen Impulse setzen. In dieser Hinsicht freue ich mich nicht nur auf die Fußball­europameisterschaft 2008, sondern denke, dass wir mit diesen wirtschaftspolitischen Maßnahmen auch die richtigen Impulse für die Zukunft setzen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.08


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Abgeordneter.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lutz Weinzinger. 7 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.09.05

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Budgetbegleitgesetze, Herr Abge­ordneter Dr. Grünewald – er ist leider nicht hier, aber Sie werden es ihm ausrichten (Abg. Dr. Niederwieser: Wer denn, wer soll es ihm denn sagen?) –, natürlich habe auch ich die Budgetbegleitgesetze nicht in ihrer Gesamtheit gelesen, selbstverständ­lich. Sie haben in Ihrem Beitrag etwas vorweggenommen, das auch ich ansprechen wollte, nämlich dass hier Rechtsbestimmungen unter Umgehung der normalen Ge­setzwerdung unterschoben werden, und das nicht zu knapp. Nun kann man dazu ste­hen, wo man jeweils sitzt, nämlich auf der einen Seite als Regierungsangehörige be­ziehungsweise als Angehörige jener Parteien, die die Regierung bilden, steht man natürlich positiv dazu. Und man lobt sie über den grünen Klee. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Aber auf der anderen Seite, seitens der Opposition verwirft man alles, denn es kann ja nicht gut sein, was nicht gut sein darf. (Abg. Dr. Niederwieser: Das werden Sie uns vormachen!)

Wir alle wissen, da ist sowohl etwas Gutes drinnen, da sind aber auch Dinge drinnen, die durchaus wehtun, ich denke hier an die Mineralölsteuer, die Mineralölsteuerabga­be, von der wir ja heute schon ausreichend gehört haben, und natürlich sind auch Sa­chen drinnen, die notwendig sind, die sein müssen und die auch dem, der sie schreibt, wehtun, denn Bösartigkeiten werden ja nicht gemacht um der Bösartigkeit willen, son­dern weil es notwendig ist, aber einige Sachen tun tatsächlich weh.


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Die Mineralölsteuer auf 3 Cent beziehungsweise auf 5 Cent aufzustocken, das tut weh, denn wir müssen uns über eines klar sein: Wer braucht das Mineralöl, wer braucht Benzin und Diesel in überwiegendem Maße? – Die braucht der Pendler, und x-mal wurde auch hier heute schon davon gesprochen, dass es leider nicht geht, dass man mit dem öffentlichen Verkehrsmittel in die Arbeit fährt. Und wer in die Arbeit fährt und das öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen kann, der braucht seinen PKW, und wenn er für seinen PKW Treibstoff kauft, dann bezahlt er den Treibstoff plus die darauf lie­gende Mehrwertsteuer, und die Mehrwertsteuer wird nach all den Steuern, die auf Treibstoff liegen, eingehoben. Sie wird erst zum Schluss ermittelt, also 20 Prozent drauf!

Ein Pendler, ein Arbeiter, der aus dem Mühlviertel zur Voest fährt, 30, 40 oder 50 Kilo­meter pro Tag hin und zurück, kann die Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer in Abzug bringen, also zahlt er noch mehr. Und wenn Sie jetzt eine Pendlerpauschale zur Verfü­gung stellen und diese auch noch erhöhen, dann muss ich Ihnen sagen – und das wurde Ihnen heute x-mal vorgerechnet –, dass das bei weitem nicht ausreicht, bei wei­tem nicht.

Meine Damen und Herren, da hat man eine Bösartigkeit ausgeübt, um Geld einzu­nehmen, und dann sagt man: Das verwenden wir ja für unsere Klimaschutzvorsorgen verschiedenster Art! – Ich nehme Ihnen das nicht ab, und Sie wissen ganz genau, dass Ihnen das niemand abnimmt, aber wir werden ja sehen, was herauskommt.

Etliche Änderungen von Rechtsbestimmungen, die hier durchgeführt wurden, sind An­passungen nach dem Verbraucherpreisindex. Nun, dazu stehe ich, ich halte es für rich­tig, dass man alles, was bei uns in Zahlen festgelegt wird, dem Verbraucherpreisindex anpasst, dass man das entsprechend valorisiert, aber das sollte nicht nur für Belas­tungsgesetze gelten, das sollte nicht nur für Steuern und Abgaben gelten, sondern das müsste auch auf der anderen Seite dafür gelten, was wir dem Bürger, dem bedürftigen Bürger oder dem, dem es zusteht, zur Verfügung stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir begannen doch unsere Gesetzgebungsperiode, indem wir versucht haben – damals noch im koalitionsfreien Raum –, die eine oder andere Valorisierung durchzu­führen, das eine oder andere sozial verträgliche Gesetz einzubringen. Erinnern Sie sich noch an die Angelegenheit mit der Steigerung, mit der Erhöhung der Pensionen? 1,6 Prozent sind dann herausgekommen. Nach dem Verbraucherpreisindex für Pensio­nisten hätten es 1,9 Prozent sein müssen, aber das kam nicht. Erinnern Sie sich wei­ters, dass wir beantragt haben, gefleht haben, vorgerechnet haben, wie viele Verluste die Gepflegten haben? (Abg. Dr. Niederwieser: Gefleht?!) Nichts war es damit!

Wir haben verlangt: Valorisieren wir das Pflegegeld! – Wir haben es nicht valorisiert. Das Pflegegeld, das ganz klar und eindeutig so ermittelt wurde: Wie viel kostete eine Pflegeleistung damals, als es eingeführt wurde, und wie viel kostet die Pflege heute?, das wurde nicht entsprechend valorisiert, da wurde nach Jahren nur ein kleiner Teil angehoben, aber noch lange nicht der Geldwertverlust ausgeglichen.

Meine Damen und Herren, was wir auf der einen Seite an Abgaben valorisieren, müs­sen wir auf der anderen Seite auch an Leistungen und Sozialleistungen valorisieren.

Etwas, was nicht direkt dazu passt – aber im Zuge dieser Debatte heute wurden ja schon einige Sachen gebracht, die nicht dazugepasst haben –, ist der Entschließungs­antrag betreffend die Neuausschreibung der Staatskontenführung, den wir eingebracht haben.

Meine Damen und Herren! Unsere Postsparkasse kam zur BAWAG, und die Postspar­kasse hat früher alle oder fast alle Geldgeschäfte des Bundes, der Regierung durchge-


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führt. Jetzt gehört die Postsparkasse mit der BAWAG durch höchst unglückliche und bedenkliche Umstände einem Fonds, der sich lustigerweise Cerberus nennt.

Ich hatte am Sonntag das Vergnügen, vor dem Michaelertor zu stehen und diese wun­derbaren Skulpturen zu betrachten. Bei einer davon sieht man, wie Herkules den Zer­berus aus der Unterwelt herausholt und bezwingt. Das hat man vor 200 Jahren ge­macht; vielleicht könnte man heute auch wiederum in diese Richtung etwas tun und zumindest unsere Staatsgeschäfte, die Geldgeschäfte des Staates nicht über Cerberus abwickeln. Bitte, diesen Entschließungsantrag positiv zu beurteilen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. Sie haben sich 4 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Niederwieser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Vorgeschrieben habe ich das bekommen!)


13.16.42

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich habe vergeblich darauf gewar­tet, dass Kollege Weinzinger sein Versprechen wahrmacht und beispielsweise über die Erhöhung der Schülerbeihilfe redet, weil er ja gemeint hat, man solle das vielleicht einmal umdrehen. Herr Abgeordneter, Sie haben sich dann trotzdem auf das Jammern konzentriert, und daher wurde es erfreulicherweise mir überlassen, über die Schüler­beihilfe zu sprechen.

Zunächst möchte ich aber doch einen Satz zu den Ausführungen des Kollegen Brosz sagen, der zu den Schulmodellen, Schulversuchsmodellen gemeint hat, er sei ent­täuscht darüber, was in diesem Bereich geschieht. Ich meine, dass wir inhaltlich so weit klar sind, was eine Gesamtschule ist. Eine Gesamtschule ist eine gemeinsame Schultype für Kinder von 6 bis 14 oder 15 Jahren.

Die Versuche, die jetzt gestartet werden, basieren aber genauso auf dem Koalitionsab­kommen, in dem ja drinnen steht, dass wir im Bereich der inneren Differenzierung neue Modelle ausprobieren wollen, weil es ja damit noch wenig Erfahrung gibt, sei das jetzt in der Hauptschule mit Alternativen zu den Leistungsgruppen, die sich ja nicht sehr bewährt haben, oder eben in der AHS-Unterstufe. Das heißt, das sind Modelle, die durchaus Sinn machen, aber es ist natürlich übertrieben, zu sagen, dass wir jetzt die Gesamtschule einführen. Da muss man, glaube ich, durchaus auf dem Boden der Realität bleiben, und da gebe ich Ihnen, Herr Abgeordneter, schon recht.

Sensationell im Verhältnis zu dem, was bisherige Bundesregierungen gemacht haben, ist die Erhöhung bei den Schülerbeihilfen. Sie wurden ja seit sieben Jahren, seit 1999 nicht erhöht, und wenn heute die Abgeordneten von FPÖ und BZÖ hier an das Red­nerpult gegangen sind und gesagt haben, was man da alles machen sollte und könnte und so weiter, dann frage ich Sie, Frau Kollegin Haubner beispielsweise: Wieso haben Sie sich nie dafür eingesetzt, dass die Schülerbeihilfe erhöht wird, wenn Ihnen die Fa­milie so ein wichtiges Anliegen gewesen ist? Fünf Jahre FPÖ-Regierungsbeteiligung, zwei Jahre BZÖ-Regierungsbeteiligung, keine Erhöhung der Schülerbeihilfe, null Erhö­hungen bei den Schülerbeihilfen. Jetzt brauchen Sie also nicht herauszugehen, um uns zu belehren, was wir da hätten tun sollen. Hätten Sie das in Ihrer Zeit in der Regierung doch selbst gemacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt rund 3 000 Familien zusätzlich, die durch diese Erhöhung Schülerbeihilfen be­kommen werden, und das sind nach allen Berechnungen 15 Prozent. Das ist der exakte Ausgleich dessen, was an Inflationsrate seither eingetreten ist. Es werden alle


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Aspekte erhöht, die Berechnungsgrundlage: die zumutbare Unterhaltsleistung, die Frei­beträge und die Beihilfe als solche. Es ist also eine durchgehende Erhöhung, sodass in Einzelfällen nach unseren Erfahrungen sogar noch etwas mehr herauskommen kann. Und ich denke, dass das ein Maßstab auch für das Studienförderungsgesetz ist, des­sen Beschlussfassung demnächst ansteht, dass wir das also auch ganz klar abgelten, so wie bei den Schülerinnen und Schülern.

Im Abänderungsantrag Auer/Krainer ist dieses Gesetz auch noch einmal erwähnt. Da geht es um eine deutliche Verwaltungsvereinfachung und Erleichterung für die Kinder aus getrennt lebenden Familien, die bisher alle drei Jahre gezwungen waren, vom Ge­richt her einen Bescheid einzufordern, damit die tatsächliche Unterhaltsleistung eben so ist, wie sie ist. In ungefähr 2 000 Fällen musste das in regelmäßigen Abständen gemacht werden, und in ungefähr 15 bis 20 Fällen ist tatsächlich eine Veränderung von ein paar hundert Euro herausgekommen.

Wenn man das nachrechnet, so wird deutlich, dass der Verwaltungsaufwand in diesem Zusammenhang das Hundertfache von dem beträgt, was der Staat sich hier erspart hat, abgesehen davon, dass es zum Teil auch psychisch sehr schwierig war, den Kin­dern das zuzumuten. Auch das wird jetzt geändert.

Ein rundum gelungenes Gesetz also, diese Novelle zum Schülerbeihilfengesetz. Ich danke auch der Bundesregierung und der Frau Ministerin Schmied, die das so gut vor­bereitet hat. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.21


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.21.24

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Vertreter der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur, meine Ausführungen kom­plettierend und gemäß dem Versprechen, einen Entschließungsantrag einzubringen, zu unserem Vorschlag der Einführung einer Pendlerbeihilfe den Entschließungsantrag kurz in seinen Grundzügen verlesen – erläutert ist er schon, und ich glaube, dass ich zum Inhalt nicht mehr viel zu sagen brauche.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Scheibner, Dolinschek und Kollegen be­treffend Einführung der Pendlerbeihilfe in Form eines kilometerabhängigen Pendlerab­setzbetrages mit Negativsteuerwirkung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat rechtzeitig eine Regierungsvorlage im Sinne der Einführung einer Pendlerbeihilfe zuzuleiten, sodass ein Inkrafttreten mit 1. 1. 2008 sichergestellt ist.

*****

Wir sind davon überzeugt, dass dieser Entschließungsantrag dazu führen würde, die Mehrbelastungen der Pendler abzugelten, die angesichts der Treibstofferhöhung evi­dent sind, und dadurch eine effektive Bekämpfung der Aushöhlung des ländlichen Rau­mes zu ermöglichen. (Beifall beim BZÖ.)

13.22



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 100

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Antrag des Herrn Abgeordneten Bucher ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Scheibner, Dolinschek und Kollegen,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1.) Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (43 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichts­gebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Einkommensteuerge­setz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Um­gründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabga­benordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundeshaushalts­gesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bun­destheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bun­dessporteinrichtungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007) (67 d.B.)

betreffend Einführung der Pendlerbeihilfe in Form eines kilometerabhängigen Pendler­absetzbetrages mit Negativsteuerwirkung

Von den rund 1,5 Mio. pendelnden Arbeitnehmer/innen in Österreich sind allein 600.000 auf das Auto angewiesen. Die von der Bundesregierung beschlossene Mine­ralölsteuer-Erhöhung für Benzin (plus 3 Cent) und Diesel (plus 5 Cent) bedeutet für die Pendler/innen eine jährliche Mehrbelastung von 56 Millionen Euro und trifft da vor allem die unteren Einkommensbezieher/innen.

Eine geplante 10-prozentige Erhöhung des Pendlerpauschales würde nur ca. 20 Millio­nen Euro an Steuerersparnis bringen und jenem Teil (rund ein Drittel) der österreichi­schen Arbeitnehmer/innen welche derzeit keine Lohnsteuer bezahlen (Einkommen unter 1.130 Euro) überhaupt nichts nützen und ist daher aus sozialgerechten Gesichts­punkten abzulehnen.

Davon betroffen sind jedenfalls 40 % aller beschäftigten Frauen, nämlich die, die in Teilzeit arbeiten.

Ein neues System zur Entlastung der Pendler/innen ist notwendig.

Es ist daher notwendig als Ersatz für die Pendlerpauschale und des Verkehrsabsetzbe­trags die Pendlerbeihilfe in Form eines kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrag mit Negativsteuerwirkung ein zu führen. Nur so kommt die steuerliche Entlastung allen Pendlern zu Gute, weil entweder der Arbeitnehmer um diesem Betrag weniger Lohn­steuer zahlt, oder wenn er keine Steuer bezahlt, diesen als Negativsteuer direkt be­kommt. Wenn notwendig sollte dafür auch die bestehende Begrenzung der Negativ­steuer angepasst werden.

Damit würden vor allem die bis jetzt benachteiligten Bezieher kleinerer Einkommen stark entlastet werden und in Form einer Negativsteuergutschrift profitieren.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 101

Diese Pendlerbeihilfe gilt für alle Arbeitnehmer/innen und wird pro konkret zurückgeleg­ten Arbeitswegkilometer gewährt.

D.h. tatsächlich zurückgelegte Kilometer Arbeitsweg (Krankenstände, Urlaub, Feiertag, werden nicht gezählt).

Die Pendlerbeihilfe wird auf eine noch festzulegende maximale Kilometeranzahl be­schränkt um einen eventuellen Missbrauch (Angabe täglicher Fahrten obwohl Wochen­pendler) vorzubeugen.

Die Pendlerbeihilfe soll lohnverrechnerisch vom Arbeitgeber berücksichtigt und monat­lich einkommenserhöhend wirksam werden.

Die Kosten der Pendlerbeihilfe wird vom Finanzminister so veranschlagt, daß zumin­dest die derzeitigen Ausgaben für Pendlerpauschale und Verkehrsabsetzbetrag darin aufgehen. Plus die rund 60 Mio. € als Folge der Mehrbelastung aus der Mineralöl­steuererhöhung.

Die konkrete Höhe des Arbeitsweggeld/Kilometer kann dann nach einer empirischen Erhebung der jährlichen Arbeitswegkilometer der österreichischen Arbeitnehmer/innen exakt ermittelt werden.

Vorteile:

Sozial gerecht

Besserstellung unterer Einkommensbezieher aufgrund der Negativsteuer

Flexibilisierung der Arbeitnehmer

Aufwertung des Wohnens im ländlichen Raum

Wahlfreiheit der Verkehrsmittel

Stärkerer Anreiz zur Forderung und Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (aufgrund der bisherigen Differenzierung, große kleine Pendlerpauschale, kam es zu finanziellen Vorteilen bei nicht vorhanden sein von öffentlichen Verkehrsmitteln)

Einfachere Verwaltung

Transparente Berechnung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat rechtzeitig eine Regierungsvorlage im Sinne der Einführung einer Pendlerbeihilfe zuzuleiten, sodass ein Inkrafttreten mit 01.01.2008 sichergestellt ist.

Wien, am 24.04.2007

*****


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 102

13.22.55

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich darf mit einem Zitat von August von Platen beginnen:

„Hohle Gefäße geben mehr Klang als gefüllte. Ein Schwätzer ist meist ein hohler Kopf.“

Im Sinne Arik Brauers gilt er für jene, die sich betroffen fühlen oder betroffen fühlen sollten.

Ein Satz direkt an den Kollegen Westenthaler: Humanität besteht darin, dass nie ein Mensch einem Zweck geopfert wird, meinte einst Albert Schweitzer.

Ihre Wortmeldung, Herr Kollege Westenthaler, Frau Ministerin Kdolsky betreffend war respektlos. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber jetzt zum Budget selbst. – Die Phönizier haben das Geld erfunden, aber warum so wenig?, meinte einst Nestroy. Dem Finanzminister geht es ähnlich: Er hat viele, viele Wünsche, aber man muss schauen, dass das Budget ausgeglichen ist. Wir haben wieder erreicht – unser Finanzminister hat hier wirklich ein gutes Budget verhandelt –, dass es Primärüberschüsse gibt. Was heißt das? – Dass sich die Einnahmen und die Ausgaben die Waage halten, beziehungsweise: Wenn die Einnahmen größer sind, dann gibt es einen Primärüberschuss. Aber hier werden – und das muss man dazu­sagen – die Schulden von früher, die Altschulden, abgezogen.

Es liegt also ein verantwortungsbewusst erstelltes Budget vor, weil in einer Zeit, wo es eine gute Konjunktur gibt, letztendlich darauf geachtet wird, schon zu sparen für Zeiten, wo die Konjunktur eben nicht so gut läuft.

Ganz kurz zu Studienbeiträgen und Studienförderung.

Die Studienbeiträge machen zirka 6 Prozent der Gesamtkosten aus und betragen der­zeit zirka 130 Millionen €, wobei die Universitäten direkt von diesen Studienbeiträgen profitieren. Der Studienbeitrag pro Monat beträgt zirka 60 €. Ein Kindergartenplatz in Wien zum Beispiel kostet  mit Vollverpflegung 308 €; das nur als Vergleich dazu. Und wenn man weiß, dass sich die Gesamtstudiendauer durchschnittlich verkürzt hat und die Zahl der Studienanfänger nicht geringer geworden ist, dann kann man durchaus auch diese Einführung der Studienbeiträge rechtfertigen, vor allem unter dem Aspekt, dass auch die Stipendien wesentlich verbessert wurden.

Zwischen 2000 und 2006 wurde der Bezieherkreis von 34 000 auf 48 000 Studenten erhöht. Weiters wurde der Betrag, der da zur Verfügung gestellt wird, von 114 Millionen auf 180 Millionen € zwischen 2000 und 2006 erhöht.

Ab Herbst 2007 wird es da eine Erhöhung um 12 Prozent geben, wobei zirka 308 € an durchschnittlicher Studienbeihilfe gewährt werden; früher waren das 275 €. Die höchst­mögliche Studienförderung wird 679 € statt bisher 606 € betragen. Jeder dritte Fach­hochschulstudent beziehungsweise jeder fünfte an einer Universität Studierende erhält eine Studienbeihilfe.

Ab Herbst 2008 wird auch die Erweiterung des Bezieherkreises angestrebt. Mir ist es vor allem ein Anliegen, an die Familien zu denken, wo zwei Kinder studieren – das sind 11,7 Prozent der Familien – und wo drei und mehr Kinder studieren – das sind 0,5 Pro­zent der Familien. Hier könnten wir durchaus wieder eine Erhöhung der Absetzbeträge, die ja schon einmal erfolgt ist, überlegen.

Ein letzter Gedanke noch: Ich wünsche mir eine Erhöhung der Leistungsstipendien; sie betragen derzeit 3 Prozent der gesamten Studienförderung. Das würde auch eine Be­zieherkreiserweiterung bedeuten, weil derzeit viele, die eigentlich den entsprechenden


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 103

Erfolg haben, die entsprechenden Werte erreichen, durch den Rost fallen. Es wäre eine gute Sache, würde man auch die Leistungsstipendien anheben. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.27.27

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mei­ne Damen auf der Regierungsbank! Gestatten Sie mir vorweg einen Satz zur Vergan­genheit, weil Kollege Scheibner – er ist jetzt nicht da – ja die Politik des BZÖ so gelobt hat: 2000 angetreten, den Haushalt ausgabenseitig zu sanieren – bis „Knittelfeld“ 58 Steuer- und Gebührenerhöhungen! Und zum Budgetdefizit: Im Jahre 1999 133 Mil­liarden € – im Jahr 2006 159 Milliarden €!

Damit genug zur Vergangenheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Doppelbudget 2007/2008 ist ein ausge­wogenes, antizyklisches Budget mit Nachhaltigkeit – so die Experten beim Budgethea­ring. Mit diesem Budget wurde ein neuer Weg eingeschlagen. Manche werden das vielleicht anders sehen – das ist auch durchaus legitim. Fest steht jedenfalls, dass wieder in die Zukunft investiert wird und dabei die Konsolidierung nicht außer Acht ge­lassen wird. Es gibt wieder mehr Geld für Infrastruktur, für Bildung, Wissenschaft und Forschung, für den Klimaschutz, um nur einige Bereiche anzusprechen.

Über weite Strecken zeigt dieses Budget auch eine sozialdemokratische Handschrift, und darauf sind wir sehr stolz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun ein paar Anmerkungen zur viel zitierten Mineralölsteuererhöhung, die für die Finanzierung der Infrastrukturoffensive, aber auch für den Klimaschutzfonds gedacht ist. – Schritte in die richtige Richtung, ein starker ökologischer Ansatz und eine Steuerungsmaßnahme, weil es dann heißt: weg vom PKW, hin zu Bahn und Bus. Das heißt: weg von der Straße, mehr auf die Schiene. Das bedeutet aber auch, dass wir mehr Maßnahmen für die Förderung des öffentlichen Personenverkehrs brauchen. Und da müssen wir die Bundesländer in die Pflicht neh­men in der Weise, dass sie die zweckgebundenen Mittel auch tatsächlich so verwen­den.

Natürlich hat diese Medaille eine Kehrseite, aber auch dazu muss man stehen. Wie hätten wir sonst die Infrastrukturoffensive und den Klimafonds finanziert? Die Kehrseite ist: Treibstoff wird teurer, und das trifft nicht nur den Tank-Tourismus, sondern auch jene Österreicherinnen und Österreicher, die den PKW täglich für die Fahrt zur Ausbil­dungsstätte oder zur Arbeit benötigen. Das trifft jene, die den PKW unbedingt benützen müssen, weil kein öffentliches Personennahverkehrsmittel zur Verfügung steht. Es tut mir persönlich sehr weh, dass das so ist.

Als erste Entlastungsschritte wurden das Pendlerpauschale um 10 Prozent angehoben und der Pendlerzuschlag mit dem heute eingebrachten Abänderungsantrag beschlos­sen. Gleichzeitig muss man nochmals sagen: Der Nahverkehr ist zu attraktivieren. – Frau Kollegin Moser ist jetzt nicht da. Ich kann ihr versprechen, sie hat in mir einen Verbündeten. Fangen wir damit an, darauf zu achten, dass die Länder die zugewiese­nen Mittel auch tatsächlich für den ÖPNV verwenden!

Das Doppelbudget wurde aufgrund der Wirtschaftsdaten vom Dezember 2006 erstellt. Mittlerweile wurden die Wachstumsprognosen von sehr vielen Instituten und Wirt­schaftsforschern nach oben revidiert. Das bedeutet, dass die Einnahmen höher sind


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und die Ausgaben wegen zum Beispiel verringerter Arbeitslosigkeit geringer ausfallen. Experten schätzen einen Spielraum zwischen 500 und 800 Millionen €, der da entsteht.

Professor Walther hat im Budgethearing gemeint, dass diese Zahlen nicht sofort neue Begehrlichkeiten wecken sollen, denn gerade in Zeiten guter Konjunktur gilt es, den Konsolidierungskurs nicht außer Acht zu lassen. Da gibt es keinen Zweifel. Und ein konsolidiertes Budget ist nicht nur ein Verdienst des Finanzministers, sondern ein Ver­dienst der gesamten Bundesregierung.

Die Frage ist, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form dieses Geld in die österrei­chische Volkswirtschaft im Wege einer Steuerentlastung zurückfließen kann und wird. Wir müssen auf die Konjunktur Rücksicht nehmen und uns den notwendigen Spielraum erarbeiten. Und wir müssen auch – und da sind sich auch die Experten einig – die In­landsnachfrage stärken, denn das Wirtschaftswachstum lebt momentan in erster Linie vom Export. Mehr Inlandsnachfrage bedeutet höhere Umsätze. Höhere Umsätze be­deuten mehr Arbeitsplätze. Und mehr Arbeitsplätze bedeuten weniger Ausgaben für die Arbeitslosigkeit. Das erhöht den Spielraum im Budget, und das ist gut so.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kreativität und Augenmaß sind gefragt, wenn es darum geht, die Wirtschaft zu stützen, die gute Konjunktur auszunützen und für schlechtere Konjunkturzeiten vorzusorgen. Ich meine, wenn es den Menschen in unse­rem Land gut geht und sie sich etwas leisten können, dann geht es auch der Wirtschaft gut. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.32


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Sie haben sich 4 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte.


13.32.11

Abgeordnete Adolfine Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rahmen der Budgetbegleitgesetze wird auch eine Änderung des Bundesgesetzes über die Neu­organisation der Bundessporteinrichtungen vorgenommen. Aufgrund der Übernahme des Bundessportheimes Kitzsteinhorn soll der Zuschuss an die Bundessporteinrichtun­gen GesmbH zum Ausgleich für ermäßigte Tarife erhöht werden. Ich nutze daher heute die Gelegenheit, die Bedeutung der Bundessporteinrichtungen hervorzuheben. Diese stellen primär ein hervorragendes Angebot für Verbände, Vereine und Schulen dar. Aber auch andere Sportinteressierte haben die Möglichkeit, die Bundessport- und Frei­zeitzentren zu nutzen.

Wenn man sich die hohe Auslastung der Bundessporteinrichtungen ansieht, muss man feststellen, dass hier ein sehr wertvoller Beitrag zur Förderung des Spitzensports, aber natürlich auch für den Breitensport geleistet wird. Die Vollbelegstage stiegen auf 244,2 Tage. Der Anteil der förderungswürdigen Sportler – dabei handelt es sich etwa um die Olympia- oder Nationalkader-Angehörigen oder die Auswahlmannschaften der Dachverbände – liegt bei den Gesamtnutzern bei 77,2 Prozent.

Ganz besonders erfreulich ist es, dass die Bundessporteinrichtungen fast zur Hälfte den jugendlichen Sportlerinnen und Sportlern und damit im großen Ausmaß der Jugendsportförderung zur Verfügung stehen. Neben dem Angebot für Schulen und Schulveranstaltungen stehen die Bundessporteinrichtungen aber auch für den Senio­rensport zur Verfügung.

In unserer Gesellschaft kämpfen wir mit den immer gravierender werdenden Folgen des Bewegungsmangels. Es ist unsere Aufgabe, nach Gegenkonzepten zu suchen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sport und die Motivation zu mehr Bewegung


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 105

sind mitunter die besten Antworten auf all die Probleme, die auf Bewegungsarmut zu­rückzuführen sind.

Ich erinnere daran, dass 10 Prozent der österreichischen Kinder im schulpflichtigen Al­ter zu dick sind und 5 Prozent sogar akut fettleibig. Die Freude an regelmäßiger Bewe­gung wieder zu wecken ist hier von ganz entscheidender Bedeutung. Wenn Kinder und Jugendliche regelmäßig Sport betreiben, wirkt das auch präventiv in Bezug auf Lang­zeitschäden wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ich denke aber auch an das enorme Einsparungspotential im Gesundheitsbereich, das durch eine Steigerung der sportlichen Aktivitäten von Herrn und Frau Österreicher ganz allgemein erhöht werden könnte. Die Bundessport- und Freizeitzentren sind hier nicht zu unterschätzende Verbündete. Sie unterstützen unsere Spitzenathleten in der Vorbereitung, und die Erfolge unserer Spitzensportler sind ein großer Motivationsfaktor für die Menschen und damit für den Breitensport.

Abschließend möchte ich herausstreichen, dass jeder Euro, der in Sport investiert wird, 3 € im Gesundheitsbereich erspart. In diesem Sinne muss es unser Ziel sein, den er­folgreichen Weg der letzten Jahre fortzusetzen und den Sport auch in Zukunft tatkräftig zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.35


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Sie hat sich ebenfalls 4 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte.


13.35.44

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Gale­rie! Wir debattieren heute über ein Budgetbegleitgesetz, das sich aus meiner Sicht sehr angenehm und sehr positiv von den vorangegangenen sechs Budgetbegleitgesetzen abhebt. Warum sage ich das?

Ich sage es insofern, weil dieses Budgetbegleitgesetz fast ausschließlich Gesetze no­velliert, die eben Budgetrelevanz haben und die nicht irgendwelche Systemverän­derungen ohne Begutachtungsfrist mit sich ziehen; in der Vergangenheit war das Ge­genteil der Fall. Daher freut es mich ganz besonders, wenn ich im Budgetbegleitgesetz insofern eine Novellierung finde, als das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz so festgeschrieben wird, dass das Budget für die aktive Arbeitsmarktpolitik, also für Qualifikationen der Menschen, die keine Arbeit haben, oder für Menschen, die wieder in den Arbeitsmarkt eintreten wollen, auf derselben Höhe für 2007 und 2008 fortge­schrieben wird, wie es 2006 war, nämlich bei 806 Millionen €, und das bei sinkender Arbeitslosigkeit.

Dieses Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz garantiert, dass wir Fachkräfte, die wir dringend brauchen, ausbilden können. Ich möchte dazu nur ein Beispiel bringen: Wir haben in der Region Braunau für 89 Personen, die sich dafür interessiert haben – ar­beitslose Personen –, Altenfachbetreuer-, Pflegehilfeausbildung und Diplomausbildung zu machen, diese Möglichkeit. Wir werden das mit 2. Mai starten, und die nächste Gruppe startet im September. Das ist sehr wohl ein Ansatz, der den Menschen zugute kommt, etwas, das die Menschen auch freut, weil sie tatsächlich eine qualitative Aus­bildung für die Zukunft erhalten können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben auch die Möglichkeit, jene Jugendli­chen, die bei den Unternehmen keinen Lehrplatz bekommen, über dieses Ausbildungs­sicherungsgesetz, also über die Garantie, über Lehrwerkstätten zu jungen Fachleuten


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 106

heranzubilden. Das heißt, für junge Menschen gibt es eine Perspektive, eine Perspek­tive in Richtung Ausbildung und nicht, wie wir es in den letzten Jahren hatten, eine Perspektive in Richtung Arbeitslosigkeit.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Alleine darüber sprechen zu können, ist erfreu­lich, denn hier geht es um positive Investitionen in die Zukunft – für unsere Menschen, für unser Land, und letztlich ist das auch im Sinne unseres gesamten Steueraufkom­mens. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.39


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Frau Abgeordnete.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. Auch sie will 4 Minuten sprechen. – Bitte.


13.39.12

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssek­retärin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Es bedarf oft schriller Töne in unserer schnelllebigen und reizüberfluteten Zeit, um Gehör zu finden, aber, Herr Klub­obmann Westenthaler – und ich bitte die Kollegin Haubner, ihm das auch auszurich­ten –, dieser persönlich verletzende Stil hat auch in der härtesten Auseinandersetzung in der Politik nichts verloren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich werde es bei dieser Aussage bewenden lassen. Ich hätte zwar auch gern einiges in diesem Zusammenhang gesagt, aber das ist nicht der Stil der ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

Doch nun zum Budgetbegleitgesetz. In diesem Budgetbegleitgesetz ist auch eine No­vellierung zum Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz enthalten, und darin wird bestimmt, dass Säuglingsanfangsnahrung nicht vor Meldung ans Gesund­heitsministerium in Verkehr gebracht werden darf – ein wesentlicher Punkt aus einer EU-Richtlinie des vergangenen Jahres, der mit dieser Novelle umgesetzt wird.

Klargestellt wird weiters, dass das Inverkehrbringen von Wasser ebenso den Eigen­gebrauch aus einer privaten Gemeinschaftsanlage umfasst, sofern dies nicht nur im familiären Rahmen betrieben wird.

Der nächste Punkt in der vorliegenden Novelle betrifft die Kontrollen und das Risiko­management im Bereich der Lebensmittel. Die EU-Verordnung, die mit dem Lebens­mittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz 2005 umgesetzt wurde, gibt den Mit­gliedstaaten die Möglichkeit einer Gebühreneinhebung für diese routinemäßigen Unter­suchungen. Diese Möglichkeit soll nunmehr ab Jänner 2009 genutzt werden. Ausge­nommen davon sind die Untersuchungen bei den Primärprodukten, da für diese bereits Gebühren entrichtet werden.

Um die Sicherheit der Lebensmittel zu gewährleisten, wurde im Lebensmittelsicher­heits- und Verbraucherschutzgesetz der Aufbau eines Risikomanagements im Rahmen des mehrjährigen integrierten Kontrollplans verpflichtend festgeschrieben. Zuständig dafür ist die AGES mit einem Basisbudget von 55 Millionen €, der natürlich auch die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Einen Teil davon trägt der Bund, einen Teil tragen die Länder über die Personalkosten der Kon­trollorgane, und künftig wird ein Teil als Kostenbeitrag von den Unternehmen selbst ge­tragen.

Mit der Einstufung der betroffenen Unternehmen in Risikogruppen wird nicht nur das mit dem Betrieb verbundene Risiko nach Größe, Umsatz und Kundenfrequenz des Be­triebes bewertet, sondern es besteht auch die Möglichkeit, durch sorgfältiges Arbeiten das Risiko zu verringern. Das bedeutet einen Bonus und eine niedrigere Risikogruppe


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für kleinere Betriebe bis hin zur Kostenfreistellung. – Genaueres wird über eine Verord­nung des Gesundheitsministeriums geregelt werden.

Durch die Vorlaufzeit bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmung von rund eineinhalb Jahren besteht die Möglichkeit, nicht nur ein modernes EDV-Verwaltungssystem auf die Beine zu stellen, sondern auch die Kooperation mit den Landesuntersuchungs­anstalten genauer zu regeln. Diesbezüglich ist im Gesetz verankert, dass die Kosten der im Rahmen dieses Gesetzes vorgesehenen Untersuchung zu ersetzen sind.

Der zeitliche Spielraum lässt es darüber hinaus auch zu, die Verwaltungsabläufe effi­zient zu gestalten – das heißt: Wer hebt am effizientesten diese Gebühren ein? –, ebenso können neue Erfahrungen aus der Praxis einfließen.

Auch in diesem Bereich des Budgetbegleitgesetzes ist das mutige und ambitionierte Ziel unseres ÖVP-Finanzministers und Vizekanzlers Wilhelm Molterer erkennbar, die Lebensmittel und somit die Lebensqualität nachhaltig zu sichern und Österreich in eine gute Zukunft zu führen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wimmer zu Wort. Auch er hat sich 4 Minuten vorgenommen. – Bitte.


13.43.25

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir beschließen heute mit dem Budgetbegleit­gesetz, würde ich sagen, die Voraussetzungen für das Doppelbudget 2007 und 2008. Dieses Budgetbegleitgesetz ist ja im Wesentlichen die Grundlage einer erfolgreichen Budgetpolitik für die nächsten zwei Jahre.

Es ist heute von der Opposition schon sehr viel Kritik hier eingeflossen, zum Beispiel auch was die Erhöhung der Mineralölsteuer betrifft. Vor allem die Kritik der Grünen hat mich schon ein bisschen überrascht, weil ja allein durch diese Maßnahme, eben die Erhöhung der Mineralölsteuer, in Zukunft eben 440 Millionen € mehr zur Verfügung stehen werden – davon werden direkt 120 Millionen €, wie heute schon angeführt, in Schiene und Straße investiert (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann), und das war auch lange Zeit – zumindest habe ich das immer so verstanden – eine Forderung der Grünen.

Vor allem für den Klimaschutz – der zweite Punkt – werden wir in Zukunft sehr viel mehr Mittel aufwenden müssen als bisher. Daher sind auch aus dieser Maßnahme Mittel für den Klimaschutz vorgesehen. Wir wissen, dass das Kyoto-Ziel nicht erreicht werden kann, aber ich glaube trotzdem, dass das ein sehr, sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Uns war es sehr wichtig, dass diese Erhöhung der Mineralölsteuer sozial abgefedert wird, erstens durch die Erhöhung der Pendlerpauschale (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann) – wie wir wissen, wird die Pendlerpauschale um 10 Prozent angeho­ben – und zweitens durch die Erhöhung der Negativsteuer von 110 € auf 200 €; dazu ist ja heute schon ein Abänderungsantrag Krainer, Auer eingebracht worden.

Es hat mich daher ein bisschen überrascht, dass das BZÖ noch einmal einen Ent­schließungsantrag in diese Richtung eingebracht hat. Entweder haben Sie, meine Da­men und Herren vom BZÖ, unseren Antrag nicht gehört, nicht mitbekommen oder Sie gehen davon aus – ich zumindest tue das –, dass Sie dann unserem Antrag folgen werden, denn wir als Regierungsfraktion werden entscheiden, werden diese Maß­nahme setzen, das BZÖ jedoch möchte nur eine Entschließung fassen, das ist uns zu


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wenig. Ich gehe davon aus, dass dieser Antrag heute beschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte sagen: Das verstehe ich unter sozialer Ausgewogenheit! Das war für uns Sozialdemokraten ein großes Anliegen und konnte gemeinsam mit unserem Regie­rungspartner umgesetzt werden.

Stärker als bisher erwartet wird die österreichische Wirtschaft heuer und im nächsten Jahr wachsen. Die beiden großen Institute Wifo und IHS haben für heuer ja bis zu 3 Prozent Wachstum vorausgesagt. Österreich findet sich unter den fünf besten Län­dern Europas. Für uns ist es wichtig, dass diese positive Wirtschaftsentwicklung auch den Menschen zugutekommen muss. Die Menschen müssen von der guten Konjunktur etwas spüren, und dazu wird die gesamte Budgetpolitik in den nächsten zwei Jahren viel beitragen.

Es wird große Investitionen geben, vor allem in die Zukunftsbereiche, wie Beschäfti­gung – die Arbeitslosigkeit ist deutlich gesunken und wird weiter deutlich sinken. Ich denke an die Investitionen im Bereich Bildung, an die Trendwende im Sozialbereich und auch an die Investitionen, die heute schon angesprochen wurden, in die Infrastruk­tur.

Dieses Budgetbegleitgesetz schafft die Voraussetzung für ein zukunftsorientiertes Bud­get für die nächsten zwei Jahre, und daher fordern wir Sie auf, auch die Opposition, diesem Budgetbegleitgesetz zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

13.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schittenhelm. Sie hat sich 4 Minuten vorgenommen. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


13.47.56

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Im § 12 Abs. 1 bis 11 des Universitätsgesetzes 2002 ist die Finanzierung der Universitäten des Bundes gere­gelt. Wir alle wissen, dass wir mit diesem Universitätsgesetz 2002 jene Autonomie ge­schaffen haben, die notwendig ist, damit sich unsere Universitäten im Wettbewerb der europäischen Hochschulen nicht nur messen können, sondern auch vorne mit dabei sein können.

Wir haben mit dem Universitätsgesetz 2002 einen Schwerpunkt gesetzt und diesen in der Folge auch kompetent verarbeitet und umgesetzt. Das ist allerdings, das wissen wir auch, nur bei weitgehender Autonomie und bei klar definierten Rahmenbedingun­gen zwischen der Politik und den Universitäten möglich. Und genau das ist auch in den letzten Jahren gelungen.

Natürlich, die Voraussetzungen waren klar und waren vorgegeben: das Zusammenfüh­ren von Entscheidung und Verantwortung, der optimale Einsatz der Ressourcen, die qualitative Mitsprache und natürlich – das Fundament für all diese Bereiche – ein ge­sichertes Globalbudget bei eigenständiger Finanzgebarung durch die Universitäten, durch die Verantwortungsträger in diesen Einrichtungen, und das damit verbundene neue Kostenbewusstsein. Es hat enorme positive Effekte gebracht, und es wurde mit dem damaligen Universitätsgesetz auch die bestmögliche Finanzierungsbasis geschaf­fen, die nun von unserem Vizekanzler Finanzminister Willi Molterer fortgeschrieben, ja noch erweitert und ergänzt wird.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 109

Meine Damen und Herren! Noch nie haben so viele junge Menschen an Österreichs Universitäten studiert, noch nie hatten wir so viele Absolventinnen und Absolventen an den Hochschulen, noch nie war die Studienzeit so kurz wie jetzt, noch nie konnten die jungen Menschen so rasch und effizient in das Wirtschaftsleben, in den Arbeitsmarkt einsteigen, wo wir sie dringend brauchen. Dieses Universitätsgesetz trägt bereits Früchte! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich gesagt habe, dass unser Finanzminister diesen Weg fortschreibt, dann ist das ganz einfach und klar erklärt: Sie kennen das Doppelbudget, die österreichischen Universitäten werden für den Leistungszeitraum 2007 bis 2009 um 525 Millionen € mehr erhalten! Hiezu kommen noch einmal 500 Millionen für die Generalsanierungs­offensive für die Gebäude der Universitäten!

Hier klinkt sich auch das Budgetbegleitgesetz 2007 ein: Mit der Einführung des Beteili­gungscontrollings gemäß § 15 BHG werden die Universitäten vierteljährlich die not­wendigen Daten an das Bundesministerium für Finanzen melden, nicht zuletzt, um im Hinblick auf die Maastricht-Kriterien konsequent handeln zu können. Aber davon unbe­einflusst soll auch weiterhin die Liquidität der Universitäten sichergestellt sein. Das heißt, im Wesentlichen soll die Jahreszwölftel-Regelung beibehalten bleiben. Ein allfäl­liges Abgehen davon soll selbstverständlich nur im Einvernehmen mit den Universitä­ten möglich sein.

Ich darf daher in diesem Zusammenhang den Entschließungsantrag einbringen, den Kollege Broukal schon angesprochen hat, damit diese Praxis auch in Hinkunft sicher­gestellt ist:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzcon­trolling der Universitäten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung sowie der Bundesminister für Finanzen werden ersucht, sicherzustellen, dass die aktuelle Form der monatlichen Mittelzuweisung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gemäß § 12 Universitätsgesetz 2002 weiterhin gewährleistet ist und ein allfälliges Abgehen von diesem Modus im Sinne der Autonomie der Universitäten ausschließlich im Einver­nehmen mit der jeweiligen Universität erfolgen kann.“

*****

Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.52


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der von Frau Kollegin Schittenhelm ein­gebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unter­stützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzcon­trolling der Universitäten, eingebracht im Rahmen der Debatte zum BBG 07 (67 d.B.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 110

Im § 12 Abs. 1 bis 11, Universitätsgesetz 2002 ist die Finanzierung der Universitäten des Bundes geregelt.

In Abs. 11 heißt es:

„Die Zuteilungen der Mittel erfolgen monatlich aliquot. Die monatlichen Zuweisungen können entsprechend den universitären Erfordernissen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Globalbudgets verändert werden“.

Mit der Einführung des Beteiligungscontrollings gemäß §15 BHG werden die Universi­täten vierteljährlich die notwendigen Daten an das Bundesministerium für Finanzen melden, nicht zuletzt, um im Hinblick auf die Maastrichtkriterien konsequent handeln zu können. Allerdings ist die monatliche Mitteilzuweisung für die laufende Liquidität der Universitäten im Sinne ihrer Autonomie unabdingbar. Auch ein allfälliges Abgehen von diesem Modus sollte in Zukunft nur auf Wunsch der Universität zulässig sein.

Aus den genannten Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bun­desminister für Wissenschaft und Forschung und an den Bundesminister für Finanzen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung sowie der Bundesminister für Finanzen werden ersucht, sicherzustellen, dass die aktuelle Form der monatlichen Mittelzuweisung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gemäß § 12 Universitätsgesetz 2002 weiterhin gewährleistet ist und ein allfälliges Abgehen von diesem Modus im Sinne der Autonomie der Universitäten ausschließlich im Einver­nehmen mit der jeweiligen Universität erfolgen kann.“

*****


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rinner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


13.52.12

Abgeordnete Sylvia Rinner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Damen und Herren! Die Budgets für die Jahre 2007 und 2008 spiegeln den neuen Weg der Bundesregierung wider.

Diese Regierung hat ein schweres Erbe ihrer Vorgängerin übernommen. Wurden bis zuletzt wesentliche Teile des Staatshaushaltes wie Stiefkinder behandelt (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek), so gelingt es nun, diese Altlasten und Belastungen zugunsten der Bevölkerung zu sanieren.

Es gibt mehr Geld für die Bereiche Bildung und Soziales und endlich wieder eine aktive Arbeitsmarktpolitik. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Höhere Förderungen sind auch für Infrastruktur, Forschung und Entwicklung, Wissen­schaft, Kultur und Sport vorgesehen.

Eine zentrale Rolle nimmt der Umweltschutz ein. Es wird alles unternommen, um das nationale Kyoto-Ziel zu erreichen.

Zur Förderung einer aktiven Klimapolitik wird im Budgetbegleitgesetz 2007 eine Erhö­hung der Mineralölsteuer für Benzin um 3 Cent und für Diesel um 5 Cent pro Liter be-


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schlossen. Das ist sicher keine unumstrittene Entscheidung. Man darf dabei nicht auf die Menschen vergessen, die ihr Auto nicht zum Spaß benützen, sondern jeden Tag weite Strecken auf sich nehmen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Um diesen Belastungen entgegenzuwirken, wird das Pendlerpauschale zeitgleich um 10 Prozent angehoben, ein weiterer Impuls wird durch die Zweckwidmung der Mehreinnahmen für den Klimaschutz gesetzt. Die Länder und Gemeinden haben mehr Geld zur Förderung des Personennahverkehrs zur Verfügung, was auch einem größeren Kreis der Bevöl­kerung zugutekommt.

Auch der Faktor Arbeit muss weiter entlastet werden. Das Abgabenaufkommen von den Vermögenssteuern, wie Grunderwerbsteuer, Schenkungs- und Erbschaftssteuer, liegt in der EU im Durchschnitt bei 5 Prozent, in Österreich aber nur bei 1 Prozent.

Die derzeitige Konsumschwäche der österreichischen Bevölkerung ist darauf zurück­zuführen, dass Einkommensentwicklung und Einkommensverteilung immer weiter aus­einanderklaffen. Derzeit müssen Bezieher niedriger Einkommen von 10 € zwangsweise rund 8 € wieder ausgeben, die Bezieher höherer Einkommen geben zwischen 4 € und 6 € wieder aus. Diese Zahlen zeigen uns, dass wir noch mehr dafür sorgen müssen, dass die unteren Einkommensschichten mehr Geld zur Verfügung haben. (Beifall
des Abg. Reheis.)

Die fehlende Steuergerechtigkeit zwischen Vermögen und unselbständiger Arbeit wird daher noch ein Thema für die kommende Steuerreform sein.

Durch die Vorsorge dieser Budgets entsteht im Zusammenhang mit der positiven Kon­junkturentwicklung ein größerer Spielraum, der nun verstärkt für Zukunftsinvestitionen eingesetzt werden kann.

Im Gegensatz zu den Sparbudgets und Belastungen der letzten Jahre für die Österrei­cherinnen und Österreicher werden nun Zukunftsbudgets beschlossen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.55


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. Er hat sich 4 Minuten vorgenommen. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.


13.55.39

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekre­tärin! Meine Damen und Herren! Die Erhöhungen der Mineralölsteuer – bei Benzin um 3 Cent und bei Diesel um 5 Cent pro Liter – sind durchaus moderat, und dadurch, dass sie zweckgewidmet sind, sind sie auch wichtig für den Ausbau der Infrastruktur und für den Bereich des Klimaschutzes.

Dazusagen muss man in diesem Zusammenhang immer auch, dass wir mit diesem Preisniveau noch immer um einiges unter dem Preisniveau unserer Nachbarländer sind.

Ein paar Mal wurde heute schon zu Recht gesagt, dass diese Erhöhung natürlich für die Pendler eine Belastung darstellt und dass man versucht hat, mit der Erhöhung der Pendlerpauschale dieser Belastung entgegenzuwirken. Es freut mich ganz besonders, dass es jetzt noch gelungen ist, mit einem Abänderungsantrag sicherzustellen, dass gerade für jene, die relativ wenig verdienen, gewährleistet ist, dass sie ebenfalls dieses Pendlerpauschale möglichst ausnützen können. Letztlich ist das auch ein wichtiger Beitrag für die Mobilität unserer Bürger gerade im ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 112

Ein Teil der Erhöhung der Mineralölsteuer ist explizit für den Klimaschutz gedacht. Ich möchte dazu sagen, dass dieses Thema endlich auch ein Top-Thema geworden ist, wo wirklich jeder die Notwendigkeit einsieht, hier starke Maßnahmen zu setzen.

Innerhalb dieses Klimaschutzes spielt der Bereich der erneuerbaren Energien eine we­sentliche Rolle. Ich denke, dass man ohne Weiteres sagen kann, dass gerade in diesem Bereich mit der ökosozialen Marktwirtschaft eine Vision der Österreichischen Volkspartei Wirklichkeit geworden ist. Denn die Minister Riegler, Fischler, Molterer und jetzt Pröll haben wirklich kräftige Marksteine gesetzt, um im Bereich der erneuerbaren Energie tatsächlich konkrete Taten zu setzen – und nicht nur darüber zu reden.

Ich meine, dass der Klimaschutz bei unserem Umweltminister Sepp Pröll in allerbesten Händen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, aber nicht nur der Bund, sondern auch viele Länder und Kommunen leisten im Bereich der erneuerbaren Energie wirklich Großartiges. Ich darf nur ganz kurz das Beispiel meines Bezirksvorortes Güssing nennen, wo vor 15 Jahren ein ÖVP-Bürgermeister und ein Techniker mit der Fernwärmeversorgung der Stadt begonnen haben.

Heute stehen in Güssing nicht nur mehrere Nah- und Fernwärmeanlagen, heute ste­hen in Güssing drei Biomasse-Kraftwerke, eine Vergasungsanlage, bald eine Ver­ölungsanlage – alles auf der Basis von Biomasse – und Gott sei Dank auch ein For­schungsinstitut, das wirklich qualifizierte Arbeitskräfte ebenfalls beschäftigen kann.

Nicht nur das, es ist dadurch auch gelungen, mehrere Millionen Euro an zusätzlicher Wertschöpfung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft zu erreichen. In den letzten Jahren kommt hinzu, dass man auch versucht, den Bereich Tourismus mit zu integrie­ren und zusätzlich Wertschöpfung zu lukrieren.

Zusammenfassend – das ist, glaube ich, die positive Nachricht gerade auch für peri­phere ländliche Regionen –: Es wurden in den letzten Jahren mehr als 1 000 Arbeits­plätze durch diesen Impuls geschaffen. Es werden, wenn es gut geht, in den nächsten beiden Jahren weitere 500 Arbeitsplätze geschaffen werden, sodass erneuerbare Energie in vielen Bereichen und für uns alle, gerade aber für den ländlichen Raum ein Hoffnungsträger ist, den wir nicht genug unterstützen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. Er hat sich 3 Minuten vorgenommen. – Bitte.


14.00.01

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Ge­schätzte Damen und Herren! Aus umweltpolitischer Sicht – da kann ich mich an mei­nen Vorredner anhängen – haben sowohl die Budgets 2007 als auch 2008 genauso wie das Budgetbegleitgesetz Signalwirkung. Sehr wesentliche Änderungen im Budget­begleitgesetz 2007 betreffen den Klimaschutz, so zum Beispiel, wie schon mehrmals erwähnt, die Erhöhung der Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel, aber auch die Er­höhung der Mittel für das JI/CDM-Programm. In diesen Teilen sind der Regierungs­schwerpunkt Klimaschutz und die Sicherstellung der Erreichung des nationalen Kyoto­ziels in Zahlen abgebildet.

Die Einnahmen aus der vorgesehenen Anpassung der Steuersätze für Benzin um 3 Cent und Diesel um 5 Cent ab 1. Juli sollen neben der Verbesserung des Klima­schutzes auch zur Finanzierung einer Infrastrukturoffensive herangezogen werden. Mit 11 Milliarden € für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen. Ein hoher Anteil des Volumens der projek-


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tierten Bauvorhaben bis 2020 wird nämlich in den Ausbau der Schiene investiert, ins­gesamt 22,3 Milliarden €, exklusive der Sonderfinanzierung des Brenner-Basistunnels.

Die Erhöhung der Mineralölsteuer trifft allerdings auch viele PendlerInnen, die es sich nicht immer aussuchen können, ob sie mit dem öffentlichen Verkehrsmittel oder mit dem PKW zur Arbeit fahren. 600 000 PendlerInnen sind in Österreich täglich auf das Auto angewiesen, davon allein 24 000 BurgenländerInnen, die derzeit täglich oder wö­chentlich nach Wien fahren müssen. Diese Menschen werden durch die MöSt-Er­höhung belastet, was wir mit dem neuen Pendlerzuschlag zu kompensieren versucht haben. Bis gestern am Abend hat es schlecht dabei ausgeschaut. Heute gibt es hier einen Abänderungsantrag, den wir mehr als begrüßen.

Geschätzte Damen und Herren, die eingangs angesprochene Erhöhung der Dotierung für den Zukauf von Emissionsreduktionen in anderen Industriestaaten oder in Entwick­lungsländern ist sehr differenziert zu beurteilen. Grundsätzlich mittelfristig, aber auch volkswirtschaftlich gesehen ist die verstärkte Fokussierung auf JI/CDM-Projekte der falsche Weg, weil auf diese Weise kaum österreichische Wertschöpfung generiert wird und weil wir unsere Bemühungen verstärken müssen, Emissionen im Inland zu erzie­len. Im Sinne des Klimaschutzes wird in den nächsten Jahren hier deutlich zugelegt werden.

Geschätzte Damen und Herren! Wir müssen – und darin sind wir uns einig – nach kreativen Lösungen suchen und diese auch vollwertig entwickeln, wobei eines Gültig­keit hat: Vieles ist denkbar, nur eines nicht, nämlich dass wir auf dem Niveau der Ver­gangenheit verharren. Wir müssen hier gemeinsam trachten, es zu verbessern und es besser zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.03


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Mag. Schieder. Sie haben sich, Herr Abgeordneter, 3 Minuten vorgenom­men. – Bitte.


14.03.15

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel und Benzin ist nicht nur eine Maßnahme, die mehr Einnahmen bringt, sondern auch und vor allem eine Maßnahme, die auch Einnahmen bringt, die sinnvoll verwendet werden, nämlich für mehr Umweltschutz und auch als Beitrag, als Steuerungsmaßnahme zur Erreichung des Kyoto-Ziels.

Ziel ist es aber auch, dass jene MöSt-Anteile, die den Ländern hier unverschuldet zugute kommen, auch für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt, in der Region eingesetzt werden. Und um das sicherzustellen und um den Druck auch zu erhöhen, gibt es auch eine politische Vereinbarung mit den Ländern und den Gemein­den, die getroffen wurde, dass eben diese Mehreinnahmen für den Klimaschutz einge­setzt werden können.

Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs – auch eingehend auf die Debatte von heute in der Früh – zeigt ja auch, dass das bei guter Qualität von den Menschen sehr stark angenommen wird. Und weil wir heute in der Früh auch über Wien zum Bei­spiel gesprochen haben, so darf ich sagen, dass es in der Stadt Wien seit Jahren stei­gende Fahrgastzahlen gibt. Das wurde auch dadurch erreicht, dass es ein verdichte­teres Netz gibt, mehr Linien, neue Linien, neue Züge, sowohl auf der Straßenbahn als auch im U-Bahn-Bereich neue Züge und rollendes Material, aber auch dichtere Inter­valle und längere Betriebszeiten, sowohl früher als auch später in der Nacht. Und wenn


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man das Angebot solchermaßen verbessert, dann steigen eben auch die Fahrgastzah­len.

In diesem Zusammenhang ist dann auch eine moderate Fahrpreiserhöhung nicht nur verträglich, sondern den Wienerinnen und Wienern auch durchaus einsichtig. Und wir werden auch im nächsten Jahr wieder steigende Fahrgastzahlen verzeichnen können und damit auch beweisen können, dass das, was hier von Seiten des BZÖ gesagt wurde, sicherlich nicht richtig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite wichtige Punkt, der mit diesen Mehreinnahmen auch finanziert wird, ist die Erhöhung der Pendlerpauschale, die ein großer Erfolg ist, die zur Entlastung der Pend­lerinnen und Pendler beiträgt und somit quasi die MöSt-Erhöhung für sie nicht so schlagend macht. Aber – und das ist das Wichtige – es gibt auch eine Einkommens­gruppe, die so wenig verdient, dass sie keine Steuer zahlt und daher nicht in den Vor­teil der Erhöhung der Pendlerpauschale gekommen wäre. Daher bin ich sehr froh, dass es heute mit dem Antrag auch gelungen ist oder gelingen wird, den Pendlerzuschlag von 110 € auf 200 €, also um 90 €, zu erhöhen und hiermit vor allem auch Beziehern niedrigster Einkommen die Chance zu geben, in den Genuss dieses Zuschlages zu kommen.

Ich möchte auch erwähnen, dass dieser Pendlerzuschlag nicht einmal im Koalitions­übereinkommen vorgesehen ist, dass es eine soziale Maßnahme ist, die diese Regie­rung auf Grund einer parlamentarischen Initiative zusätzlich getroffen hat. Und das macht den Erfolg meiner Ansicht nach sogar noch größer. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesem erhöhten Pendlerzuschlag setzt die Bundesregierung, eigentlich nicht die Bundesregierung, sondern das Parlament einen weiteren wichtigen Schritt zur Armuts­bekämpfung. Neben der Anhebung der Mindestpensionen über die Armutsgrenze von 726 €, neben der Anhebung des Mindestlohnes auf 1 000 €, neben der abschlagsfreien Pension von 40 beziehungsweise 45 Jahren Versicherungszeiten ist nun dieser er­höhte Pendlerzuschlag eben auch eine jener Maßnahmen, die zeigt, dass diese Regie­rung und diese parlamentarische Mehrheit die Armutsbekämpfung ernst nehmen. Es ist eine gute Handschrift, weil es eine rote Handschrift ist. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Abgeordneter zu Wort ge­langt Herr Abgeordneter Kirchgatterer. 3 Minuten Redezeit haben Sie sich vorgenom­men, Herr Abgeordneter. – Bitte.


14.07.11

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsident! Werte Bundesregierung! Hohes Haus! Nach Abschluss der Ausschussberatungen und zu Beginn dieser Plenar­woche möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums für ihre positive Arbeit danken (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), ebenso den Vorsitzführenden in den Budgetunterausschusssitzungen für die Debatten und Fragen aller Fraktionen. Sie haben beigetragen zur Vorbereitung der zweiten Lesung des Voranschlages und zu diesen Tagesordnungspunkten.

Viele Österreicherinnen und Österreicher erwarten, dass die Staatsausgaben zukunfts­orientiert sind, den Aufgaben von heute und morgen gerecht werden. Viele erwarten zu Recht, dass die Mittel effizient eingesetzt werden und der technologische Fortschritt in der Verwaltung immer mehr Einzug hält. Und vor allem erwarten viele einen sozial ge­rechten Staat, sozial gerecht, weil der Zusammenhalt in der Gesellschaft ein hoher Wert ist, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein Grundpfeiler unserer Politik.


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Kundenorientierung, mehr Effizienz, verbesserte Dienstleistungen beim Gerichtsgebüh­rengesetz, die Reduzierung der Verwaltungskosten durch das Familienlastenaus­gleichsgesetz, die Valorisierung durch das Schülerbeihilfengesetz, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz – man könnte die Liste aus dem Budgetbegleitgesetz weiterführen – sind erfreuliche Maßnahmen.

Die Menschen in unserem Land, insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, die Klein- und Mittelbetriebe, die die größte Steuerlast tragen, haben mit der Sozi­aldemokratie und mit Staatssekretär Christoph Matznetter einen verlässlichen, konse­quenten und soliden Partner im Hinblick auf mehr Zukunftsorientierung, mehr Effizienz und mehr soziale Gerechtigkeit und die Vorbereitungen einer Steuerreform, die mehr Steuergerechtigkeit bringen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zum Schluss und halte es für angebracht, allen, die mit ihrer Arbeit, mit ihren Leistungen das Steueraufkommen erwirtschaftet haben, Arbeitern, Arbeiterinnen, den Selbständigen, Generaldirektorinnen und Generaldirektoren in gleicher Weise und gleichermaßen meine Wertschätzung auszusprechen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.09


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Sie haben sich, Herr Abgeordneter, 3 Minuten Redezeit vor­genommen. – Bitte.


14.10.29

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Infrastruktur ist ein Schwerpunktthema dieser Budgetvorlage, und das auch mit gutem Recht, weil moder­ne Infrastruktur die Voraussetzung für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Österreich bedeutet.

Die Verkehrswege in ihrer Gesamtheit, Schiene, Straße, Flüsse, Luftfahrt und Tele­kommunikation, sind die Lebensadern unserer modernen Gesellschaft. Sie verbinden die Menschen und sie verbinden Österreich mit den entscheidenden Zukunftsmärkten. Daher hat sich moderne Verkehrspolitik an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen, am Verkehrsbedarf der Wirtschaft, an den Zielen des Umweltschutzes und am Schutz von Leben und Gesundheit zu orientieren, denn nur so wird es möglich sein, die Le­bensqualität der Menschen in Österreich zu steigern.

Das Verkehrsbudget mit den Begleitgesetzen wird, denke ich, diesen Herausforderun­gen gerecht werden. Daher haben wir eine Situation wie noch nie zuvor. Noch nie wur­de so viel Geld in Infrastruktur, Schiene und Straße investiert. Verglichen mit unseren Nachbarn investieren wir umgerechnet dreimal so viel.

Damit wird es auch gelingen, die Standortqualität für die Wirtschaft zu sichern, Wachs­tum zu verstärken und die Arbeitslosigkeit zu senken. Ein herzeigbares gemeinsames Projekt zur erfolgreichen Zukunftssicherung, ein Projekt mit sozialdemokratischen, mit sozialen, mit ökologischen Grundsätzen.

Natürlich sind die Befindlichkeiten verschieden. Für die Opposition ist es natürlich im­mer zu wenig und zu langsam. Auch ich hätte mir mehr für meinen Wahlkreis ge­wünscht, aber demgegenüber steht natürlich die Verantwortung der Regierung und auch die Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeit im Interesse der Steuerzahler. Daher wird die Arbeit auch nach Prioritäten und vor allem konzeptuell auszurichten sein. Und ich denke, dass diese Budgetvorlage diesen Überlegungen auch gerecht wird.

Der Wermutstropfen MöSt ist schon mehrfach angesprochen worden. Da geht es nicht darum, die Pendler zu schröpfen. Nein, das ist eine notwendige Lenkungsmaßnahme.


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Und die Herausforderung wird sein, die Mittel auch planmäßig für Infrastruktur, für Per­sonennahverkehr und für Umweltschutz einzusetzen.

Wenn das gelingt, dann werden auch die Länder, Regionen und Gemeinden profitie­ren. Und das wird zumindest mittelfristig auch ein Beitrag dazu sein, die Situation für die Pendler zu verbessern beziehungsweise die Zahl der Pendler zu reduzieren.

Entlastung wurde angesprochen – natürlich auch in dieser Frage zu wenig. Wir werden uns gerade in der Pendlerfrage auch bemühen, dass die Situation für diese in Zukunft noch weiter verbessert wird.

Zusammengefasst: Trotz aller oppositioneller Kritik denke ich, dass dieses Doppelbud­get neue Qualitäten bringt und damit auch mehr Fairness für die Menschen in Öster­reich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Abgeordneter.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Muchitsch. Sie haben sich, Herr Abgeordneter, 3 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte.


14.14.30

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Staatssekretärinnen! Sehr geehrter Bundesminister! Wenn man in diesem Land Veränderungen für die Menschen erwirken und schaffen will, benötigt man dafür auch gesetzliche Grundlagen.

Mit dem Vorliegen des Budgetbegleitgesetzes 2007 und vor allem unter der sozial­demokratischen Führung der neuen Bundesregierung wird wieder und endlich seit dem Jahr 2000 eine neue faire und soziale Zeit in unserem Land einbegleitet. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen einen Auszug beziehungsweise einen Entwurf eines Bundesgesetzes näherbringen, und zwar ist dies der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird. Es wurde beschlossen, dem Nationalrat einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum Ge­sundheits- und Ernährungssicherungsgesetz zum Gegenstand hat. Damit soll eine Möglichkeit eröffnet werden, die sich aus den Anforderungen an eine effektive Arznei­mittelüberwachung ergebenden finanziellen Belastungen zu minimieren und mittels Verordnung eine Abgabe pro abgegebener Arzneispezialität einzuführen, und zwar zur Schaffung von sicheren Medikamenten.

Wenn heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Opposition von „sozialer Kälte“ gesprochen hat, dann vor allem wohl in Richtung einer Oppositionspartei: Diese soziale Kälte hat seit 2000 bis zum 11. Jänner 2007 in unserem Land stattgefunden.

Mit dem Budget 2007/2008 unter der Führung der SPÖ sind erste Schritte und klare Zeichen für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in unserem Land gesetzt worden. Nur einige Beispiele: Die geplante Erhöhung beim Kindergeld, die Er­höhung der Schulbeihilfen und der Pendlerpauschale, die geplante 2 Prozent-Rege­lung bei den Rezeptgebühren, bei den Selbstbehalten und nicht zuletzt die Anhebung der Mindestpensionen. Allein durch die Erhöhung der Mindestpensionen ist es gelun­gen, 150 000 Frauen über die Armutsgrenze zu bekommen. Das sind Maßnahmen, die man herzeigen kann.

Natürlich werden wir alle täglich draußen von den Menschen gefragt: Darf es ein biss­chen mehr sein? Gerade deshalb brauchen wir dieses Budgetbegleitgesetz 2007, um wieder eine soziale, faire Umverteilung in diesem Land einzuleiten, um Maßnahmen, um gesetzliche Grundlagen für sichere Medikamente, für zusätzliche Investitionen in


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der Umweltförderung, in der Altlastensanierung, im Bereich Ausbau der Infrastruktur bei Straße und Schiene finanzieren zu können.

Genau deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir alle diesem Bud­getbegleitgesetz 2007 die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.17


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Abgeordneter.

Wir haben jetzt noch einen Redner. Ich bitte noch um ein bisschen Ruhe und Aufmerk­samkeit, denn das war jetzt akustisch schon sehr, sehr schwer verständlich.

Herr Abgeordneter Obernosterer, Sie sind der letzte Redner in dieser Debatte. – Bitte.


14.17.52

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Minister und Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das Budget 2007/2008 ist ein faires Budget, ein faires Budget für alle und ein zukunfts­weisendes Budget für dieses Land.

Etwas muss man auch sagen: Dass natürlich in der Debatte von den Regierungspar­teien und von den Oppositionsparteien unterschiedlich argumentiert wird, ist im Sinne der Sache.

Aber ich möchte auf die Ausführungen von Klubobmann Westenthaler ganz kurz ein­gehen und überhaupt auf das BZÖ, und zwar auf Ihre Kritikpunkte, die ich einfach nicht so stehen lassen kann.

Zum Punkt „Pendlerpauschale“: Es gibt eine Erhöhung, sie wird massiv kritisiert. Ich denke, nur dort, wo das BZÖ noch etwas zum Reden hat, und zwar im Land Kärnten, wurde die Pendlerpauschale im Jahre 2004 abgeschafft, und erst im Jahr 2006 wurde sie auf Antrag der ÖVP wieder beschlossen. (Beifall und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zur Kritik hinsichtlich Kleingewerbeförderung und Tourismus und dazu, dass man dem Kleingewerbe überhaupt zu wenig unter die Arme greift: Ich möchte nicht auf die letz­ten sieben Jahre zurückschauen, sondern hier nur aufzeigen, was das BZÖ in Kärnten gemacht hat.

Gerade im Tourismus ist es im letzten Jahr zu einer Erhöhung gekommen: 100 Prozent der Fremdenverkehrsabgabe, 100 Prozent der Nächtigungsabgabe, und um zwischen 40 und 60 Prozent ist die Fremdenverkehrsabgabe erhöht worden. Das hat geheißen, dass für Urlaub auf dem Bauernhof, für Privatzimmervermieter und für den Kleinge­werbebereich die Abgabenquote in diesem Bereich um bis zu 10 Prozent im Tourismus erhöht wurde.

Folgendes muss ich auch noch dazusagen, wenn man schon vom Budget und den Ab­gaben spricht: Unser Finanzminister und diese Regierung schauen, dass unsere Ju­gend ein ordentliches Budget hat. In Kärnten wird nicht einmal mehr der Stabilitätspakt erfüllt. Bitte kehrt vor der eigenen Haustüre beziehungsweise macht vor der eigenen Haustüre Ordnung, bevor Ihr mit solchen Worten auffahrt! (Beifall bei der ÖVP.)

Was überhaupt nicht zu verstehen ist und was so weit unter die Gürtellinie geht, dass es schon fast zu den Fußsohlen reicht, ist der heutige Misstrauensantrag. Unsere Ge­sundheitsministerin setzt sich mit der Zielgruppe schwerpunktmäßig auseinander, die unsere Zukunft ist, und zwar mit unserer Jugend. Wir kennen diese Problematik, und ich gratuliere Ihnen Frau Ministerin, dass Sie sich die Zeit nehmen, den Mut haben, hinauszugehen und unsere Jugend aufzuklären.


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Und was die Fotos betrifft, die dort gemacht werden: Es ist mir fremd, dass bei Auftrit­ten von Ministerinnen und Ministern keine Fotografen und kein Fernsehteam mehr da­bei sein darf. Wenn wir schon sehen, dass vom BZÖ die Kinder verurteilt werden, dann möchte ich euch zeigen, wie das BZÖ arbeitet: mit Babys! (Der Redner hält besagte Fotos in die Höhe.) – Und das ist zu verurteilen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.21


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort gemeldet. Sie kennen die gesetzlichen Bestimmungen, Herr Abgeordneter. – Bitte.


14.21.31

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich berichtige tatsächlich, dass es nicht stimmt, was Herr Abgeordnete Obernosterer in seinem Debattenbeitrag gesagt hat, dass
die Fahrtkosten, die Pendlerpauschale in Kärnten abgeschafft wurde. (Zwischenruf
des Abg. Obernosterer.)

Tatsache ist, dass die Pendlerpauschale auf Fahrtkostenzuschüsse umstrukturiert und wesentlich erhöht wurde. Offensichtlich hat der Kollege keine Ahnung davon. Es ist in Kärnten auf eine kilometerabhängige Fahrtkostenbeihilfe für ArbeitnehmerInnen umge­stellt worden, die die Pendlerinnen und Pendler tatsächlich entlastet. (Abg. Steibl: Das ist eine Rede, das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Hier gibt es auch noch das Papier dazu, Herr Kollege. (Beifall beim BZÖ. – Unruhe im Saal. – Präsidentin Dr. Gla­wischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen.)

14.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als vorläufig letzter Redner vor der Ab­stimmung ist Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte.


14.22.31

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin, danke, dass Sie mir noch das Wort erteilt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich spreche nicht zum Budgetbegleitgesetz, sondern zum Misstrauensantrag, der anlässlich der Debatte zum Budgetbegleitgesetz gegen die Frau Bundesministerin Kdolsky eingebracht wurde.

Herr Klubobmann Westenthaler hat den Antrag begründet mit folgenden Worten: Chaos, Pleiten, Pech und Pannen. Wenn ich diesen Satz höre, dann fällt mir zumindest im ersten Moment nicht die Frau Bundesministerin ein, sondern das BZÖ-Ministerteam in der letzten Legislaturperiode. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Wenn es mög­lich wäre, dann würden wir gerne nachträglich diesen Misstrauensantrag gegen das BZÖ-Ministerteam einbringen. (Heiterkeit bei den Grünen.) Das hätte sich diesen Miss­trauensantrag zurecht verdient.

Ich sage Ihnen eines, Herr Klubobmann Westenthaler: Ich spreche hier gegen diesen Misstrauensantrag, nicht weil wir Grüne in allen Punkten einer Meinung mit der Frau Bundesministerin sind – mit Sicherheit nicht! Die Frage des Fotografierens an den Schulen ist eine höchst sensible Frage. Sie ist auch eindeutig geregelt. Egal, ob das – und das geht an die Adresse des ÖVP-Abgeordneten – auch das BZÖ mit Babys ge­macht hat, wenn es nicht zulässig ist, dann ist es nicht zulässig, und das gilt dann, egal für welche Partei. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie, Frau Bundesministerin Kdolsky, haben im Zusammenhang mit Ihrer Argumenta­tion zum Misstrauensantrag gesagt – und das vermutlich aus dem Grund, um das zu rechtfertigen –: Sie müssen als Bundesministerin wegen der stark steigenden Zahl von venerischen oder Geschlechtskrankheiten handeln, die in Österreich auftreten. – Ja,


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das ist ein Anliegen, Frau Bundesministerin. Das teilen wir auch. Dann, Frau Bun­desministerin, wäre es notwendig – und vielleicht haben Sie diese Schritte auch schon eingeleitet –, dass wir uns endlich mit einer besseren sozialrechtlichen oder mit einer sozialrechtlichen Absicherung von Personen, die im Prostitutionsgewerbe tätig sind, beschäftigen. Das wäre notwendig und eine richtige Antwort – und vielleicht, Frau Bun­desministerin, können Sie dazu auch Stellung nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind auch – um es ganz offen zu sagen – mit Ihnen in der Frage der Pille danach, die Sie nicht rezeptfrei verordnen oder freigeben wollen, nicht einer Meinung. Wir sind auch nicht einer Meinung mit Ihnen, Frau Bundesministerin, in der Frage der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare. (Abg. Steibl: Das macht ja nichts!) Weil Sie hier medizinische Gründe geltend machen, sage ich Ihnen, Frau Bundesministerin: Die medizinischen Gründe sind mit Sicherheit nicht ausreichend und erklären gar nichts. Sie haben es damit gerechtfertigt, dass in diesen Beziehungen die Männer und die Frauen fehlen. Wir wissen doch aus eindeutigen sozialwissenschaftlichen Untersu­chungen, dass zwischen dem Geschlecht und der Geschlechterrolle ein großer Unter­schied ist. Es gibt einen männlichen Teil und eine weiblichen Teil. Warum soll das nicht auch in homosexuellen Partnerschaften – wie es ja auch anderswo möglich ist und gelebt wird und auch in Österreich gelebt wird – möglich sein, dass diese Kinder erzie­hen? (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Ich halte das für sinnvoll.

Aber egal, welche Differenzen wir mit Ihnen haben, Frau Bundesministerin: Sie sind meiner Ansicht nach und nach Ansicht des grünen Klubs nicht ausreichend, um einen Misstrauensantrag in dieser Stunde zu rechtfertigen. Wir haben inhaltliche Differenzen mit Ihnen, und ich hoffe, Frau Bundesministerin, dass wir die Gelegenheit haben wer­den, auch darüber zu diskutieren.

Wenn aber Sie, Herr Klubobmann Westenthaler ... (Abg. Ing. Westenthaler: Bussi, Bussi!) – „Bussi, Bussi“ können Sie sich sparen! Wenn Sie davon sprechen, dass die Frau Bundesministerin oder diese Bundesregierung bei der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld abzockt, dann frage ich mich schon: Was haben denn Ihre Minister gemacht in den Jahren, wo Sie das Kinderbetreuungsgeld zur Administrierung gehabt haben? Wo waren denn Ihre Minister, die entsprechend tätig geworden wä­ren? – Nichts haben Sie gemacht, also werfen Sie es bitte nicht anderen vor! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Noch eines, Herr Klubobmann Westenthaler: Ihre Minister, die waren es, die jede Eva­luierung des Kinderbetreuungsgeldes verheimlicht haben, die die Evaluierung der Zu­verdienstgrenze unterbunden haben! Da hätten wir die Möglichkeit gehabt, auf Grund von Fakten zu urteilen. Werfen Sie das, wenn Sie das jemandem vorwerfen, nicht der Frau Bundesministerin in diesem Fall vor, sondern werfen Sie es Ihren eigenen Minis­tern und Ministerinnen vor! Chaos, Pleiten, Pech und Pannen: Das sind Begriffe, die untrennbar mit dem BZÖ verbunden bleiben, und daran werden auch Ihre verzweifel­ten Versuche, jetzt hier mit einem Misstrauensantrag vorstellig zu werden, nichts än­dern! Das ist das Markenzeichen des BZÖ. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Budgetbegleitge­setz 2007 in Ziffer 67 der Beilagen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 120

Hierzu haben die Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner hat der Abgeordnete Mag. Rossmann ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt. Ich werde über die vom Verlangen über getrennte Abstimmung und über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes der Reihe nach abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 und 2 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. –Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Weiters hat Herr Abgeordneter Mag. Rossmann getrennte Abstimmung über Artikel 3 verlangt.

Jene Damen und Herren, die für Artikel 3 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abge­ordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen stimmen, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 4 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 5 in der Fassung des Aus­schussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit geschehen.

Wir kommen jetzt zur getrennten Abstimmung über die Artikel 6, 7, 12, 13, 14 und 16 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die dafür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 19 in der Fassung des Aus­schussberichtes unter Berücksichtung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsan­trages der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zur getrennten Abstimmung stehen weiters die Artikel 21, 22, 23, 24, 26 und 27 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die hierfür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 8 und Artikel 15.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 121

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenom­men, und somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP und SPÖ, da sich Abg. Ing. Westenthaler bereits von seinem Sitzplatz erhoben hat) betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundes­ministerin für Gesundheit, Familie und Jugend gemäß Artikel 74 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Ver­fassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich dies hiermit ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Erhöhung der SchülerIn­nen- und Studiengebühren. (s. Korrektur von Präsidentin Dr. Glawischnig S 123.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. (Vizekanzler Mag. Molterer: Studiengebühren? Interessant! Brosz beantragt die Erhöhung der Studiengebühren! Ich finde das sehr gut! – Allge­meine Heiterkeit.) – Ich bitte um Ruhe! Für diese Verkürzung kann ich jetzt nichts. (Hei­terkeit des Vizekanzlers Mag. Molterer.)

Herr Vizekanzler, ich bitte Sie ein bisschen um Ruhe! Ich kann sonst nicht weiterlesen, wenn sie vor mir dauernd lachen. – Danke. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zu Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung einer Steuerreform im Jahr 2008 mit dem Ziel einer Entlastung des Mittelstandes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung der Pendlerbeihilfe in Form eines kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrages mit Negativsteuerwirkung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Broukal, Dr. Brinek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzcontrolling der Universitäten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 17.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 122

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in Ziffer 68 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.34.563. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 104/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfuhr- und Han­delsverbot für Robbenprodukte (73 d.B.)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.35.21

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ein Vizekanzler hat mit der Tatsache, dass in dieser kurzen Zeit ein Doppelbudget unter Dach und Fach gebracht wurde, einfach leicht lachen. Dazu gratuliere ich unserem Herrn Vizekanzler. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir diskutieren heute einen Antrag, über den weithin Einigkeit besteht. Fünf Fraktionen fordern gemeinsam die Bundesregierung auf, den Import, die Be- und Verarbeitung und das In-Verkehr-Bringen von Robbenproduk­ten in Österreich zu unterbinden und sich auf der europäischen Ebene für ein gemein­schaftsweites gültiges Einfuhr- und Handelsverbot mit Produkten aller Robbenarten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln einzusetzen.

Der Hintergrund ist klar. Es gibt kein zwingendes Interesse an Robbenprodukten – weder an deren Fleisch, noch an deren Fellen. Daher besteht kein vernünftiger Grund, um Jahr für Jahr Hunderttausende Tiere zu töten.

Bei der Robbenjagd machen sich die Robbenjäger die Tatsache zunutze, dass viele Robben zur Fortpflanzungszeit in Kolonien leben. Vor allem auf Inseln hatten die Rob­ben vor den Menschen kaum Feinde zu fürchten, was die Tiere besonders zutraulich macht. Die Jagd auf Robben gehört zur traditionellen Lebensweise der Ureinwohner, der Inuit und dient in diesen Fall weitgehend der Selbstversorgung. Zentrum der Rob­benjagd ist heute die Nordküste Kanadas, wo Robben zur Gewinnung von Fellen und Öl getötet werden. Im Jahr 2006 hat Kanada die Jagd auf 325 000 Robben erlaubt. Die Quote für 2007 liegt bei 270 000 Tieren.

Angesichts der Überfischung des Atlantiks durch Hochseeflotten stehen die Fischer der Robbenjagd positiv gegenüber, weil sie daraus ein ökonomisches Standbein erblicken können. Auf das Wachstum des Robbenbestandes wird seitens der Jäger hingewie­sen. Das kanadische Fischereiministerium schätzt den Bestand auf zirka 5,8 Millionen Tiere. Zu den Hauptabnahmeländer der Robbenfelle gehören China und Russland.


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Die alljährliche Robbenjagd an Kanadas Ostküste hat sich mittlerweile zu einem PR-Krieg entwickelt: Auf der einen Seite protestieren die Tierschützer medienwirksam gegen die Jagd, und zwar mit Bildern, wo die Jäger blutüberströmte Robben mittels Hakapik Richtung Boot schleifen: Bilder, die erschüttern, Bilder, die den Menschen unter die Haut gehen, und auf der anderen Seite stehen die Einwohner Neufundlands, die auf ihre jahrhundertealte Tradition verweisen und darauf, dass die Robbenjagd für viele Fischer eine überlebensnotwendige Einnahmequelle darstellt, ohne welche sie zur Abwanderung aus ihren Dörfern gezwungen wären, die kaum andere wirtschaft­liche Perspektiven bieten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht aber dabei auch um sehr viel Geld. Die rege Nachfrage reicher Russen und Chinesen beschert den Jägern Rekordpreise. Im Jahr 2006 brachte ein Robbenfell zirka 70 € – mehr als zehn Mal so viel wie Anfang der neunziger Jahre. Allein Neufundland exportierte im vergangen Jahr Robbenpro­dukte für 36 Millionen €.

Um sehr viel Geld geht es auch auf Seiten der NGOs, die ihrem Namen in diesem Zusammenhang nicht gerecht werden. Fotos von niedlichen Gesichtern junger Robben lösten eine nie zuvor geahnte Spendenflut aus. Mehrere internationale Tierschutzorga­nisationen sind in diesem Zusammenhang sehr reich geworden. Die zehn größten von ihnen nehmen allein in den Vereinigten Staaten – vorsichtig geschätzt – jährlich zirka 150 Millionen Dollar ein, ein Vielfaches dessen, was die Robbenjäger erwirtschaften können.

Diese Zahlen sollen nicht vom Kernthema ablenken, diese Hintergrundinformation macht aber zum Teil verständlicher, warum dieser Konflikt so vehement ausgetragen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrag ent­sprechen wir dem überwiegenden Teil der österreichischen Bevölkerung. Harmoni­sierte europäische Lösungen wären im Hinblick auf den freien Warenverkehr allerdings besser geeignet als diese nationale Maßnahme. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

14.40


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Abgeordneter.

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, muss ich eine Korrektur vornehmen: Auf Grund eines Schreibfehlers im Croquis gab es eine falsche Bezeichnung eines Entschließungsantrages. Der Antragsteller wünscht eine Richtigstellung.

Das tue ich hiermit: Der Entschließungsantrag „betreffend jährliche Erhöhung der SchülerInnen- und Studienbeihilfen“, hat es gelautet. (Abg. Dr. Fekter: Das haben wir uns gedacht! Aber abgestimmt haben Sie etwas ganz anderes!) – Im Amtlichen Protokoll ist es aber richtig vermerkt.

*****

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.


14.40.42

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wenn Sie in diesen Tagen von der Robbenjagd gehört haben, dann werden das vermutlich Berichte von den Hunderten Robbenjägern sein, die im Eismeer eingeschlossen sind, die sich durch Eisberge, tiefste Kälte, Stürme und die Kraft des Meeres in höchster Lebensgefahr befinden. Das ist tragisch, und es ist den Robbenjägern zu wünschen, dass diese Gefahr ohne Schäden an ihnen vorübergeht.


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Aber in diesem Jahr, meine Damen und Herren, hat sich die Bedrohung damit erstmals umgekehrt. Bisher waren es die Robbenjäger, die Tod und Massaker in die Eismeere gebracht haben. Jedes Jahr um diese Zeit fahren sie mit ihren Eisbrecherbooten in die Siedlungsgebiete der Robben, um sie dort zu jagen und wirklich auf das Bestialischste zu töten. Hunderttausende Robben, die nicht älter als 12 bis 13 Wochen sind, werden umgebracht – mit Holzprügeln, mit selbstgebauten Nagelbrettern, mit riesigen Eis­pickeln. Nur um es zu verdeutlichen, worum es dabei geht, habe ich, Kollege Hornek, auch Bilder mitgebracht, und ich werde Ihnen, meine Damen und Herren, diese Bilder zeigen.

Diese Robbenbabys, meine Damen und Herren (der Redner hält ein Bild in die Höhe und platziert es sodann vor sich auf dem Rednerpult), sind betroffen. Das ist eine Sattelrobbe, etwa 12 Wochen alt, ein liebliches Tier – kein Fluchttier –, das keine Men­schen scheut und sie auch nicht fürchtet.

Und das, meine Damen und Herren (der Redner platziert ein weiteres Bild auf dem Rednerpult) – weil man ja immer sagt, das seien werbewirksame Maßnahmen der NGOs –, passiert mit diesen Robben nach der Schlächterei der Robbenjäger: Es ist wirklich ein Schlachtfeld! – Und ich möchte Sie auch informieren, wofür das Ganze ge­schieht: für Pelze und für Pillen.

Meine Damen und Herren, für einige Dosen dieser Pillen, nämlich genau für vier Dosen dieser Pillen, die übrigens auch aus Pflanzen oder aus Fischen gewonnen werden kön­nen, muss eine Sattelrobbe getötet werden. (Der Redner zeigt ein drittes Bild.) Für vier Dosen dieser Pillen muss eine dieser Sattelrobben getötet werden. Und für ein Fell, das dem betroffenen Tier bei vollem Bewusstsein abgezogen wird – und wir wissen, dass knapp 50 Prozent dieser Tiere, der Robben, lebend gehäutet werden –, erhalten die Robbenjäger oft nicht mehr als 50 bis 70 Dollar.

Wer hier wirklich Geld verdient – Kollege Hornek hat das schon gesagt –, das ist die Industrie, die mit diesen Produkten Milliarden umsetzt und die auch vor Manipulationen nicht zurückschreckt. Wir haben erst vorige Woche eine Delegation von Kanadiern hier zu Besuch gehabt, die uns einreden wollten, dass die Robbenjagd ja Artenschutz dar­stelle und dass das Abschlachten der Robbenbabys kontrolliert sei. Aber ich kann nur eines sagen: Das Abschlachten der Robben ist nicht nur bestialisch und widerspricht allen Vorstellungen von Tierschutz, sondern es ist auch gesetzwidrig.

Wenn wir heute diesem Fünf-Parteien-Antrag zustimmen, dann reihen wir uns damit in die Reihe von USA, Mexiko, Italien, Kroatien und Belgien, die bereits Einfuhrverbote erlassen haben, sowie auch von Deutschland ein. Auch die EU hat im Jahre 2006 eine Resolution verfasst, in der alle Mitgliedstaaten aufgefordert werden, Handelsverbote für Robbenprodukte zu erlassen.

Ich möchte Ihnen allen, meine Damen und Herren Abgeordneten, recht herzlich dafür danken, dass Sie heute diesem Antrag zustimmen, und ich freue mich, dass wir es ge­meinsam geschafft haben, auch etwas für den Tierschutz in Österreich zu tun, und dass wir hier einen großen Schritt weitergekommen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.43


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Herr Abgeordneter.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.43.48

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Jedes Jahr um diese Zeit be-


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findet sich die Robbenjagd mitten im Hochaktivismus. Die Robbenjagd beginnt Anfang April, und heuer sind wiederum über 270 000 Robben zum Töten freigegeben wor­den – noch dazu, wo die Robbenreproduktion durchaus schon bedroht ist, und das durch den Klimawandel. Damit sich Robben gut fortpflanzen können, braucht es ein dichtes, kompaktes Packeis, das in dieser Form zu der Zeit, wenn sie geboren werden und aufwachsen, nicht mehr gegeben ist. Selbst Regierungswissenschafter kritisieren schon die hohe Zahl der Tötungen, die die Geburtenraten bereits bei weitem über­schreiten. Zudem sind diese Tötungsraten unter Berücksichtigung der Dunkelziffer noch viel höher, als offiziell bekannt ist.

Mit „Jagd“ hat das wenig zu tun. De facto ist es ein Massaker, das an diesen Tieren an­gerichtet wird. Hier werden viele Standards im Tierschutz verletzt. Wir wissen, die Robben werden qualvoll zu Tode gebracht, es wird ihnen das Fell teilweise schon dann abgezogen, wenn sie noch nicht einmal tot sind. Insofern muss hier ein klarer Schritt gesetzt werden. Zum Beispiel hat auch das Fischereiministerium in Kanada bekannt gegeben, dass über 75 Prozent der neugeborenen Robben im St. Lorenz-Strom auf Grund der Wetterbedingungen umkommen.

Entgegen den Ausführungen von vorhin ist schon zu betonen, dass diese kommerzielle Robbenjagd nichts damit zu tun hat, dass es so ein gewichtiger Wirtschaftszweig wäre – sie macht knapp 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Neufundland aus –, geschweige denn, dass Kanada auf diese Fleisch-, Fett- und Fellressourcen angewie­sen wäre – das alles existiert ja im Übermaß. Vielmehr jagen die indigenen Völker und die Inuit, die mit dieser Jagd betraut sind – aber das hat nichts mit dem zu tun, worum es im vorliegenden Antrag geht –, für sich, für ihr Überleben, zu ganz anderen Zeiten und an ganz anderen Plätzen.

Was in dem anderen Bereich vonstatten geht, ist etwas, was zutiefst abzulehnen ist. Und, meine Damen und Herren, Tierschutz, Tierrechte haben etwas mit Respekt und Wertschätzung gegenüber den anderen Lebewesen zu tun und sind ein wichtiger Bau­stein der Menschlichkeit. Und genau dem wollen wir auch Rechnung tragen im Re­spekt gegenüber der Tierwelt.

Insofern ist es gut, dass es heute hier, gemeinsam von allen Parteien getragen, zu die­sem Import- und Handelsverbot von Robbenprodukten kommt und des Weiteren auch der Minister aufgefordert wird, entsprechende Aktivitäten auch auf EU-Ebene einzu­bringen, um zu erreichen, dass es ein „menschliches“, ein tatsächlich auch langfristiges Überleben der Robben in dieser Form geben wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Haimbuchner zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie haben sich auch 7 Minuten Redezeit vorgenommen. – Bitte.


14.47.59

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Seit vielen Jahren kennen wir aus diversen Medienberichten die zutiefst abschreckenden Tötungsmetho­den der Robbenjäger. Zweifelsohne misst sich der Zivilisierungsgrad einer Gesellschaft auch daran, wie sie mit Tieren umgeht. Dies beinhaltet natürlich auch die Art der Tö­tung. Wir Freiheitlichen lehnen es zutiefst ab, dass jedes Jahr Hunderttausende Tiere auf grausamste Art und Weise abgeschlachtet werden, und zwar auf dem Altar des internationalen Kapitalismus. Ich habe schon zu Beginn erwähnt, dass die Abschlach­tungsmaschinerie der Jäger jedes Jahr durch umfangreiches Bildmaterial dokumentiert


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wird und zu einer Entrüstungswelle weltweit führt. Die Häutung der Robben teilweise bei vollem Bewusstsein schockiert nicht nur Tierschützer, sondern jeden Menschen, der Ehrfurcht vor der Schöpfung hat.

Selbstverständlich darf man diese Abschlachtungsmaschinerie der Robbenjäger nicht unterstützen. Ich weiß zwar, ehrlich gesagt, nicht, welche Robbenprodukte in Öster­reich gehandelt werden, mir ist da nichts bekannt, aber sicherlich ist auch eine präven­tive Verhinderung des Handels sinnvoll, keine Frage.

Ein paar kritische Fragen an die Grünen hätte ich jedoch, um ein bisschen einem tier­schutzrechtlichen Populismus Einhalt zu gebieten, denn die Frage ist, ob die Sattel­robben und Klappmützenrobben vom Washingtoner Artenschutzabkommen überhaupt betroffen sind oder ob die Population der Robben vor allem dadurch gefährdet ist, dass der industrielle Fischfang, der noch dazu von der EU gefördert wird, zu einer Entzie­hung der Lebensgrundlage der Robben führt. In diesem Zusammenhang müssten auch die Grünen ihre Stellung zur EU einmal grundsätzlich überdenken. (Beifall bei der FPÖ.)

Die FPÖ fordert daher, dass bei bilateralen und internationalen Gesprächen darauf hin­gewirkt wird, weiterhin für eine Verbesserung des Tierschutzbestandes bei der Tötung von Tieren einzutreten. Wir fordern, auf den Abschluss international verbindlicher Re­gelungen über tierschutzgerechte Tötungs- und Fangmethoden hinzuwirken.

Von den Grünen würde ich mir aber erwarten, dass sie sich nicht nur für Robbenarten in der Arktis einsetzen, sondern auch für das ungeborene menschliche Leben, anstatt eine Tötung auf Krankenschein zu fordern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitliche treten sehr wohl für den Tierschutz, für die Achtung der Schöpfung ein, aber im Vordergrund steht für uns noch immer das menschliche Leben. Dabei kann es keinen Unterschied geben zwischen ungeborenem und geborenem Leben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Brosz: Gegen die Abtreibung, generell? – Abg. Dr. Haim­buchner – auf dem Weg zurück zu seinem Sitzplatz –: Ich schon, ...! – Abg. Öllinger: Die Freiheitlichen gegen die Fristenlösung! – Abg. Strache: Gegen kostenlose Abtrei­bung! – Seine Meinung, ...!)

14.50


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schalle. Er hat sich eine Redezeit von 5 Minuten vorgenommen. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.51.06

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich zu dem Antrag der Grünen zum Thema Einfuhrverbot für Robbenprodukte Stellung nehmen. Es ist ein Antrag, der im Umweltausschuss, ergänzt durch eine exakte Formulierung, zu einem Fünf-Parteien-Antrag geworden ist, also die Zustim­mung aller gefunden hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenngleich Österreich nicht gerade jenes Land ist, in dem Robbenprodukte gehandelt werden, so macht es doch nachdenklich, dass die EU von Fachleuten immer noch als der größte Markt für Robbenprodukte ein­gestuft wird. Ich will gar nicht auf die Grausamkeiten der Robbentötung eingehen, son­dern ich bin der Überzeugung, dass die Wirtschaftlichkeit für das grausame Tun nicht mehr gegeben ist. Selbst in jenen Ländern, in denen Robbenjagd stattfindet, hat man sich bereits dagegen ausgesprochen.


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Somit fordere ich die Bundesregierung auf, sich auf Ebene der EU für ein gemein­schaftsweit gültiges Einfuhr- und Handelsverbot mit Produkten aller Robbenarten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln einzusetzen.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir aber nun, dass ich in meinem Debatten­beitrag zu einem Thema Stellung nehme, das uns Menschen in ureigenem Sinn betrifft. Meine Damen und Herren, ich übertreibe nicht: Wir sitzen alle auf einer Zeitbombe namens Temelín! Ich frage mich, wie sorglos diese Bundesregierung mit diesem The­ma noch weiter umgehen will. Faktum ist, dass man kein Atomgegner sein muss, um die Gefährlichkeit von Temelín bemessen zu können, denn schon der einfache Haus­verstand sagt einem, dass bei den andauernden Störfällen von Grund auf etwas nicht stimmen kann. Weit über hundert Störfälle beweisen, dass östliche und westliche Technologie, wie sie in Temelín bestehen, nicht kompatibel sind. Die Situation heute, nach sechs Jahren, ist so, dass das Problem durch die Westinghouse-Modernisierung offensichtlich nicht gelöst, sondern, im Gegenteil, ganz massiv verschärft wurde. (Ruf: Robben!)

Die amerikanischen Brennstabbündel verformen sich während des Betriebes und drü­cken auf die Führungsrohre der Kontrollstäbe, wodurch Letztere im freien Einfallen – besonders wichtig bei Notabschaltungen! – behindert werden. Die zunehmende Ver­schlechterung der Situation veranlasste die tschechische Aufsichtsbehörde, vorzu­schreiben, dass die Reaktoren monatlich abgefahren werden müssen, um Kontrollstab­falltests durchführen zu können. (Abg. Pfeffer: Wir sind bei den Robben!)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Abgeordneter, ich verstehe Ihr En­gagement, aber ich muss Sie trotzdem bitten, wieder zur Sache zu kommen! Ein, zwei Minuten sind in Ordnung, aber es muss sonst zum vorliegenden Antrag gesprochen werden!

Bitte, setzen Sie fort.


Abgeordneter Veit Schalle (fortsetzend): Diese Situation betrifft uns alle. Ich glaube, alle Wissenschafter weisen auf die Problematik Temelín hin. Wir stehen, wenn dort etwas passiert, wirklich vor einer Kernschmelze, und was da passiert, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Der Super-GAU ist eigentlich vorprogrammiert – wir haben das in Tschernobyl gesehen.

Ich glaube, es genügt nicht, wenn Herr Gusenbauer nach Temelín fährt und nicht ein­mal den Umweltminister mitnimmt, um das Problem Temelín zu lösen. Ich denke, hier müssen wir alles daransetzen und den Tschechen entgegenkommen, auch die EU um Hilfe bitten, dass wir Temelín abschalten können. Das geht aber nur, wenn wir alle zu­sammensteuern, um das Problem Temelín für Österreich und für die Tschechen und auch für die Deutschen zu lösen. – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Keck: Das war die falsche Rede!)

14.55


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler. Sie hat sich eine Redezeit von 4 Minuten vorge­nommen. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.55.25

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen Staatssekretärinnen! Hohes Haus! Auch wir Schwarzen sind für die Robben (Beifall bei ÖVP und SPÖ und Bravorufe bei der SPÖ) – Kollege Hornek hat das ja auch schon ausführlich dargelegt –, und ich habe Ihnen dazu eine kleine Robbe mitgebracht, wie sie letzte Woche vor dem Parla­ment verteilt wurde. (Die Rednerin hält eine kleine Robbe aus weißem Plüsch in die Höhe.) Ich stelle sie hier auf das Rednerpult, damit wir alle daran erinnert werden, wie


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 128

wichtig uns die Robben sein sollten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt wird es dann schon peinlich!)

Aber nun zum Ernst der Sache: Ich bin sehr froh, dass im Umweltausschuss letzte Woche ein einstimmiger Entschließungsantrag verabschiedet wurde, mit dem der Im­port, die Verarbeitung und das In-Verkehr-Bringen von Robbenprodukten in Österreich unterbunden wird. Weiters werden wir uns auch für ein EU-weites Einfuhr- und Han­delsverbot aussprechen und starkmachen.

Warum wir das tun? – Nun, weil eine seit 1983 bestehende EU-Richtlinie, welche die Einfuhr von Jungtierfellen untersagt, einfach nicht mehr ausreicht. Wie im vorliegenden Antrag ausgeführt und heute auch schon mehrfach aufgezeigt, geht es einerseits um den Erhalt der Robbenpopulation, die neuerdings auch durch den Klimawandel gefähr­det ist, andererseits auch um die brutalen Tötungsmethoden, denen jährlich an die 300 000 junge Sattelrobben zum Opfer fallen.

Dieser Argumentation kann ich mich nur aus tiefstem Herzen und voller Überzeugung anschließen, zumal es ja auch zahlreiche Informationskampagnen dazu gegeben hat und wir viele Medienberichte in der ganzen Welt vorfinden, die uns eindringlich vor Augen führen, was mit diesen Tieren Schlimmes passiert. Ich verfolge das persönlich nun auch schon einige Jahre, zumal ich Verwandtschaft in Kanada habe, und auch dort finden sich immer mehr engagierte Menschen, die sich Gott sei Dank vehement gegen das brutale Abschlachten der Robben einsetzen und begreifen, dass damit eine wichtige Maßnahme für den Klimaschutz gesetzt werden wird.

Es ist heute ein sehr positives Zeichen, dass dieser Antrag hier im Parlament behan­delt wird. Unser Umweltminister Josef Pröll ist darüber hinaus auch auf EU-Ebene sehr intensiv bemüht, dieses Handelsverbot auch auf Katzen- und Hundefelle auszuweiten. Dem kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen, zumal ich selbst auch „Katzenmutter“ bin. (Ruf: Katzenmutter?) – Ja! (Abg. Rosenkranz: Katzenmutter?!)

Noch eine Grundsatzfrage – Kollege Keck, glaube ich, hat das auch schon aufge­zeigt –: Wer braucht heute wirklich Robbenprodukte? Fallen Ihnen hier welche ein, die Sie für Ihr tägliches Leben brauchen? – Mir ist spontan dazu eigentlich nichts eingefal­len. Und da Robbenprodukte in Österreich ohnehin keine große Rolle spielen, können wir alle gut mit der Entscheidung leben und brauchen keine Robbenprodukte mehr in unser Land bringen zu lassen.

Einziger Wermutstropfen – Kollege Hornek hat das schon ausgeführt – ist der Gedanke an die indigene Bevölkerung Kanadas, und hier sollten wir schauen, dass wir diesen Menschen damit nicht ihre Lebensgrundlage entziehen. Die Robben sind uns wichtig und wir unterstützen daher diesen Antrag, wir dürfen aber bei all der Emotionalität dieses Themas nicht auf diese Menschen vergessen, und daher sind wir alle und die NGOs und die internationale Staatengemeinschaft gefordert.

Abschließend freue ich mich, dass wir heute mit dem vorliegenden Fünf-Parteien-An­trag gemeinsam etwas für den österreichischen Tierschutz machen können. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Danke, Frau Abgeordnete.

Frau Abgeordnete Bayr, wollen Sie noch eine Minute sprechen, oder sollen wir unter­brechen? – Dann würde ich vorschlagen: Bevor wir zum Aufruf der Dringlichen Anfrage gelangen, unterbreche ich die Sitzung für eine Minute, und wir setzen dann um 15 Uhr fort.

*****


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(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

15.01.50Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Finanzen betreffend Zensur der Akten für den Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (692/J)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die un­terbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 692/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am 4. April 2007 hat das BM für Finanzen auf Verlangen dem Untersuchungs­ausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (Eurofighter-Unter­suchungsausschuss) eine Kopie eines ausgewählten Teils des Steueraktes des EADS/Eurofighter-Lobbyisten Erhard Steininger übermittelt. Darin ist ein wesentlicher Teil der Informationen geschwärzt. Ein Großteil der Kontenblätter wurde dem Aus­schuss überhaupt vorenthalten.

Der Bundesminister für Finanzen beansprucht für sich das Recht, alle Unterlagen, die er dem Untersuchungsausschuss übermittelt, davor zensurieren zu lassen. Dabei be­ruft er sich auf eine Stellungnahme der Finanzprokuratur vom 20. März 2007. Hier heißt es:

„Von der Finanzverwaltung sind sohin jene Akten bzw. Aktenteile von der Aktenvorlage auszunehmen, die mit dem Beschaffungsvorgang der Eurofighter-Kampfjets nichts zu tun haben können. Sollte die Trennung der einzelnen Aktenteile faktisch nicht möglich sein, so wäre das Amtsgeheimnis durch Schwärzungen auf dem entsprechenden Ak­tenteil zu wahren.“

Dem gegenüber gibt es eine klare Rechtsmeinung des Untersuchungsausschusses, die dem BM für Finanzen am 19. März 2007 sowie am 11. April 2007 mitgeteilt wurde:

„Art. 53 Abs. 3 B-VG regelt unmissverständlich, dass alle öffentlichen Ämter auf Ver­langen ihre Akten dem Untersuchungsausschuss vorzulegen haben. Die Frage, ob ein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben ist, kann abschließend ausschließlich vom Untersuchungsausschuss selbst beurteilt werden, zumal aus­schließlich diesem alle mit dem Beschaffungsvorgang Eurofighter zusammenhängen­den Akten sowie die Aussagen der Auskunftspersonen in den öffentlichen und nicht­öffentlichen Sitzungen bekannt sind. Aufgrund der Vertraulichkeit der Akten und der Aussagen der Auskunftspersonen in den nichtöffentlichen Teilen der Sitzungen können dem BMF nicht alle Informationen und Schlussfolgerungen übermittelt werden, die einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand eindeutig belegen. Daher ist die Frage, ob ein Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand besteht, vom Untersuchungsausschuss und nicht vom BMF zu prüfen.“

Sie wird durch die Stellungnahme des Verfahrensanwalts im Untersuchungsaus­schuss, Generalprokurator i.R. Dr. Gottfried Strasser ebenso gestützt wie durch die Ex­pertise des Verfassungsexperten Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 130

Im Kern geht es um eine Frage: Soll jene Behörde, die eigene Akten zur Verfügung stellt und die der Kontrolle durch den Ausschuss unterliegt, oder der Untersuchungs­ausschuss bestimmen, welche Unterlagen diesem zur Verfügung zu stellen sind. Kann das kontrollierte Ministerium letztlich über den Umfang, in dem es vom Nationalrat kon­trolliert wird, selbst entscheiden?

Neben dieser grundsätzlichen gibt es auch eine konkrete Erwägung: Letztlich können nur die mit der Sachmaterie vertrauten Mitglieder des Ausschusses entscheiden, ob insbesondere Zahlungen, die durch Steuerakte dokumentiert sind, in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen.

Nun hat eine Überprüfung des geschwärzten Steuerakts ergeben, dass in zumindest vier Fällen nachweislich in unzweifelbarem Zusammenhang mit dem Untersuchungs­gegenstand stehende Inhalte im Steuerakt „Steininger“ geschwärzt wurden:

1. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002“, S. 1, ist bei den Ausgaben die Zeile „Honorar Communications“ über rund 6,4 Mio Euro nicht ausge­schwärzt. Die korrespondierende Zeile bei den Einnahmen „801 Spesenersatz“ ist aber geschwärzt. Im Akt findet sich an späterer Stelle ein Detailblatt dieses Kontos, aller­dings nur für Jänner bis September 2002. Die insgesamt vom Finanzamt dem Unter­suchungsgegenstand zugeordneten, und daher nicht geschwärzten Einnahmen decken nicht die dem Untersuchungsgegenstand zugewiesenen und nachgewiesenen Ausga­ben. Daher muss man davon ausgehen, dass weitere Einnahmen – die geschwärzt bzw. nicht übermittelt wurden, von Seiten EADS vorliegen.

2. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002“, S. 1. ist die Zeile unter der Zeile „591 Honorar P & P Consulting“ geschwärzt. Das Konto dieser ge­schwärzten Zeile ist mit „592“ erkennbar. Im Akt findet sich an anderer Stelle das Detailblatt des Kontos „592“, diesmal aber ungeschwärzt. Es trägt den Titel „Honorar Creativ Promotion“ und enthält eine Buchungszeile. Diese Zahlung an die Firma des Ehepaars Wolf ist eindeutig vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Die Klärung, ob diese Zahlung ursächlich mit dem Beschaffungsvorgang zusammenhängt oder nicht, ist eine der Aufgaben des Ausschusses.

3. Die Einnahmen des Jahres 2002 sind fast zur Gänze, möglicherweise auch zur Gänze unmittelbar und mittelbar auf EADS zurück zu führen. Die Einnahmen der Jah­re 2003 und 2004 sind zur Gänze auf EADS und im Zusammenhang damit entstan­dene Umsatzsteuerguthaben zurück zu führen. Daher wäre anzunehmen, dass auch die überwiegende Mehrzahl der Ausgaben auf diese Geschäftsbeziehung zurück zu führen ist. Trotzdem sind fast alle Ausgaben für Werbeaufwand, Reisespesen etc aus­geschwärzt.

4. Dem Steuerakt sind zwar etliche Eingangs- und Ausgangsrechnungen beigefügt, aber wesentliche, für die Arbeit des Untersuchungsausschusses bedeutsame Rech­nungen fehlen. So fehlt etwa die Eingangsrechnung für Hortobagy Consulting & Ma­nagement KFT im Zusammenhang mit der Steininger-Zahlung an Airpower ebenso wie die Ausgangsrechnungen mit den Nummern 3, 4, 5 und 7 aus 2003 und sämtliche Rechnungen aus 2004 an EADS.

Zumindest in diesen Fällen hat das BM für Finanzen die gesetzlichen Bestimmungen aus der Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse ebenso verletzt wie die Kontrollrechte des Nationalrats, wie sie sich aus der Bundesverfassung ergeben.

Im Zusammenhang mit der Übermittlung der Steuerakte hat der Untersuchungsaus­schuss dem BM für Finanzen einen entgegenkommenden Vorschlag unterbreitet: Der Obmann des Ausschusses sollte gemeinsam mit dem Verfahrensanwalt in die Akten Einsicht nehmen und dann dem BM für Finanzen beschreiben, welche Teile der Akten


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dem Ausschuss auf Grund eines fehlenden Zusammenhangs mit dem Untersuchungs­gegenstand nicht zu übermitteln sind. Das BM für Finanzen hat darauf am 17. April 2007 per email geantwortet:

„Nach Rücksprache mit dem Herrn Präsidenten der Finanzprokuratur und dem Büro des Herrn Vizekanzlers muss ich Ihnen mitteilen, dass die von Ihnen vorgeschlagene Vorgangsweise (Vorsichtung der ungeschwärzten Steuerakten durch Sie und den Ver­fahrensanwalt im BMF) leider auch keine Lösung darstellt.“

Da der Nationalrat nicht dulden kann, dass ein Mitglied der Bundesregierung die Kon­trollbefugnisse des Nationalrats in unzulässiger Weise beschneidet, richten die unter­fertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1. Können Sie ausschließen, dass durch die Schwärzungen, die vor Übermittlung von Steuerakten an den Untersuchungsausschuss durch Beamte des BM für Finanzen durchgeführt wurden, Aktenteile betroffen sind, deren Übermittlung durch den Unter­suchungsauftrag gedeckt ist?

2. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002“, S. 1, ist im Steuerakt „Steininger“ bei den Ausgaben die Zeile „Honorar Communications“ über rund 6,4 Mio Euro nicht geschwärzt. Die korrespondierende Zeile bei den Einnahmen „801 Spesenersatz“ ist aber geschwärzt. Warum ist diese Zeile geschwärzt worden?

3. Im Akt findet sich an späterer Stelle ein Detailblatt dieses Kontos, allerdings nur für Jänner bis September 2002. Die insgesamt vom Finanzamt dem Untersuchungsgegen­stand zugeordneten und daher nicht geschwärzten Einnahmen decken nicht die dem Untersuchungsgegenstand zugewiesenen und nachgewiesenen Ausgaben. Daher muss davon ausgegangen werden, dass weitere Einnahmen – die geschwärzt bzw. nicht übermittelt wurden, von Seiten EADS vorliegen. Warum wurden dem Untersu­chungsausschuss diese Unterlagen vorenthalten?

4. Auf dem Blatt mit der Bezeichnung „Erfolgsrechnung Brutto 2002“, S. 1, ist die Zeile unter der Zeile „591 Honorar P & P Consulting“ geschwärzt. Das Konto dieser ge­schwärzten Zeile ist mit „592“ erkennbar. Im Akt findet sich an anderer Stelle das Detailblatt des Kontos „592“, diesmal aber ungeschwärzt. Es trägt den Titel „Honorar Creativ Promotion“ und enthält eine Buchungszeile. Diese Zahlung an die Firma des Ehepaars Wolf ist eindeutig vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Warum ist diese Zahlung geschwärzt worden?

5. Die Einnahmen des Jahres 2002 sind fast zur Gänze, möglicherweise auch zur Gänze unmittelbar und mittelbar auf EADS zurück zu führen. Die Einnahmen der Jah­re 2003 und 2004 sind zur Gänze auf EADS und im Zusammenhang damit entstan­dene Umsatzsteuerguthaben zurück zu führen. Daher wäre anzunehmen, dass auch die überwiegende Mehrzahl der Ausgaben auf diese Geschäftsbeziehung zurück zu führen ist. Trotzdem sind fast alle Ausgaben für Werbeaufwand, Reisespesen etc. aus­geschwärzt. Warum werden dem Untersuchungsausschuss diese Informationen vor­enthalten?

6. Dem Steuerakt sind zwar etliche Eingangs- und Ausgangsrechnungen beigefügt, aber wesentliche, für die Arbeit des Untersuchungsausschusses bedeutsame Rech­nungen fehlen. So fehlt etwa die Eingangsrechnung für Hortobagy Consulting & Ma­nagement KFT im Zusammenhang mit der Steininger-Zahlung an Airpower ebenso wie die Ausgangsrechnungen mit den Nummern 3, 4, 5 und 7 aus 2003 und sämtliche


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Rechnungen aus 2004 an EADS. Warum werden dem Ausschuss diese Rechnungen vorenthalten?

7. Die in den Fragen 1 bis 4 beschriebenen Schwärzungen haben auch auf Basis der Rechtsmeinung des BM für Finanzen keine gesetzliche Grundlage. Welcher Beamte hat diese Schwärzungen durchgeführt?

8. Wer trägt für diese ungesetzlichen Schwärzungen die politische Verantwortung?

9. Wenn sich das BM für Finanzen anmaßt, die Grenzen des Untersuchungsgegen­stands gegenüber dem Nationalrat selbst festzusetzen, ist neben der – fehlenden – ge­setzlichen Grundlage detaillierte Sachkenntnis im Beschaffungsvorgang „Eurofighter“ dafür Voraussetzung. Wie haben Sie sicher gestellt, dass die Beamten, die in Ihrem Auftrag Akten schwärzen, mit allen damit notwendigen sachlichen Details vertraut sind?

10. Verfügen die Beamten über Listen aller Personen und Firmen, die jemals mit dem Beschaffungsvorgang in Zusammenhang gestanden sind?

11. Wie können Beamte des Bundesministeriums für Finanzen beurteilen, ob sich in den Akten Zahlungen an Beamte des Bundesministeriums für Landesverteidigung fin­den?

12. Wie können Beamte des Bundesministeriums für Finanzen beurteilen, ob sich in den Akten Zahlungen an Personen aus dem Bereich der seinerzeitigen Regierungspar­teien FPÖ/BZÖ und ÖVP befinden?

13. Sollten die damit befassten Beamten des Bundesministeriums für Finanzen nicht über die in den vorangegangenen Fragen erwähnten Kenntnisse verfügen: Nach wel­chen sachlichen Kriterien nehmen sie die Schwärzungen vor?

14. Warum hindern Sie den Untersuchungsausschuss, über Steuerakten mögliche wei­tere Hinweise auf verbotene Geschenkannahme bzw. illegale Parteienfinanzierung zu verfolgen?

15. Wer hat Mag. Gerhard Wallner im Namen des Büros des Vizekanzlers am 16. bzw. 17. April 2007 darüber informiert, dass der Vorschlag des Untersuchungsausschusses zur Einsicht in den ungeschwärzten Akt abgelehnt wird?

16. Haben Sie selbst diese Entscheidung getroffen?

17. Werden Sie auch die weiteren angeforderten Steuerakte

a) der Firmen, an denen GenMjr Wolf bzw. dessen Ehefrau beteiligt ist

b) der Rumpold-Firmen, welche noch nicht übermittelt worden sind

c) des Steininger-Kompagnons Plattner

d) der EADS/Eurofighter-Lobbyistin Keglevich

e) des EADS/Eurofighter-Lobbyisten Bergner

f) des Eurofighter-Werbers Ott

nach dem Vorbild des Steininger-Akts zensurieren lassen?

18. Was hat die Partei, deren Obmann Sie seit Kurzem sind, von den Untersuchungen im Auftrag des Nationalrats zu befürchten?

19. Wenn nach Ansicht der führenden Rechtsexperten der Bundesminister für Landes­verteidigung entsprechend den Verhaltensregeln des Kaufvertrags einen Rücktritt vom Kaufvertrag vorschlägt, werden Sie dann auf alle Behinderungen des Ministers verzich­ten?


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20. Sind Sie bereit, an Stelle der Interessen von EADS die Interessen der Republik Ös­terreich zu vertreten?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Pilz –: Eine Dringliche an sich selber ist ein bisschen schwer!)


15.02.26

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat von nicht allerhöchster, aber doch hoher Stelle, und das Zitat lautet:

„Ich erwarte jetzt volle Transparenz und Aufklärung.“

Dieses Zitat stammt vom 11. April 2007 (Abg. Dr. Fekter: Aber unter Einhaltung ...!) und ist von Vizekanzler Molterer. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Vizekanzler Mag. Molterer: Richtig! Getroffen! Das Einzige, wo der Pilz recht hat!)

Der Herr Magister hinter mir (in Richtung Vizekanzler Mag. Molterer) erwartet jetzt volle Transparenz und Aufklärung. Die Frage ist, wie er das erwartet, aber die noch wich­tigere Frage ist, was er selbst dazu beiträgt. – Regelmäßig wendet sich der Untersu­chungsausschuss mit sogenannten Beweisbeschlüssen an den Finanzminister und er­sucht um die Übermittlung von Steuerakten. Heute hat es wieder einen Brief aus dem Finanzministerium gegeben, in dem wir ersucht werden, zu begründen, welcher Zu­sammenhang zwischen Generalmajor Wolf und der Causa Eurofighter bestünde, denn nur dann, wenn wir gegenüber dem Finanzministerium begründen, dass hier ein Zu­sammenhang besteht, können uns die Steuerakte übermittelt werden.

Ich fasse zusammen: Der Finanzminister kennt den Zusammenhang zwischen Gene­ralmajor Wolf und der Causa Eurofighter nicht, er kennt den Zusammenhang zwischen Steininger und Eurofighter nicht, er kennt den Zusammenhang zwischen allen anderen Lobbyisten und Eurofighter nicht – aber er maßt sich an, in Unkenntnis aller Zusam­menhänge (Abg. Dr. Fekter: Gemäß der Verfassung!), in Unkenntnis aller Fakten, in Unkenntnis aller Personen, wie er uns in einem Schreiben nach dem anderen doku­mentiert, die Akten so zu schwärzen, bis sie ausschauen wie ein Parteiprogramm der Österreichischen Volkspartei. Ich habe noch nie einen Akt gesehen, der derart aus­schaut. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, wer von Ihnen kennt Akte dieser Art? (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, um zu zeigen, dass darin beinahe der ganze Text geschwärzt wurde.) 43 Buchungszeilen des Herrn Steininger – eine einzige bleibt erhalten, nach­dem der Minister seinen schwarzen Filzstift zum Einsatz gebracht hat: 1 822,25 €, Buf­fet Golf-Turnier Bundesheer/EADS.

Aber was steht in den anderen 42 Zeilen? Wir wissen, das sind Werbeausgaben, Wer­beaufwendungen des Herrn Steininger, das heißt berufliche Aufwendungen. Er hat zu diesem Zeitpunkt praktisch nur Geld von EADS erhalten. Er hat also seine Tätigkeit de facto nur für EADS ausgeübt. Seine Aufwendungen können daher nur – so sie be­rufliche Aufwendungen waren – Aufwendungen im Auftrag und im Dienste von EADS gewesen sein.


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Und das hier (neuerlich ein Schriftstück in die Höhe haltend) ist nicht nur ein Konto­blatt. Da ist das nächste, da sind die nächsten – wir können das so durchgehen: schwarz, schwärzer, noch schwärzer, ein Akt, wie diesem Haus in dieser Form noch kein einziger zugeleitet worden ist. (Abg. Dr. Graf: Oja, im Bankenausschuss perma­nent!)

Jetzt stellt sich nicht nur die Frage: Ist das zuträglich für die Arbeit des Untersuchungs­ausschusses?, sondern auch: Darf das der Finanzminister? – Der Finanzminister be­hauptet: Ja, ich darf schwärzen, was ich für richtig halte.

Ich habe mich an die Präsidentin des Nationalrates gewandt, und die Frau Präsidentin hat ein Gutachten des Rechts- und Legislativdienstes in Auftrag gegeben. – Herr Mag. Molterer, ich an Ihrer Stelle würde mir dieses Gutachten, das eine sehr klare Position des Parlaments feststellt, sehr zu Herzen nehmen, denn das Parlament, die Juristen des Hauses, stellen unmissverständlich fest, dass keine einzige dieser Schwärzungen eine gesetzliche Basis hat. (Abg. Dr. Fekter: Aber selbstverständlich, Herr Pilz! Das ist verfassungskonform!)

Wenn Ihnen das zu wenig ist: Wir legen eine Stellungnahme von Universitätsprofessor Heinz Mayer vor, der wörtlich erklärt: „Vor dem Hintergrund ...“ (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, so ist die Situation in diesem Haus: Wir spre­chen von Verfassungsrecht – Antwort: höhnisches Gelächter vonseiten der Österreichi­schen Volkspartei. Das ist die Art und Weise, in der mit der Bundesverfassung von­seiten der Österreichischen Volkspartei seit Jahren umgegangen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Für Sie ist unter Bundeskanzler Schüssel – bedauerlicherweise – der ständige und vorsätzliche Verfassungsbruch zu einem ganz normalen Mittel der Politik geworden. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Genau an diesem Punkt sind wir. (Abg. Dr. Schüssel: Frau Präsidentin, „vorsätzlicher Verfassungs­bruch“, ist das kein Ordnungsruf?) Und da ist es wichtig (Abg. Dr. Schüssel: Ist das ein Ordnungsruf oder nicht?), dass einer der bedeutendsten Verfassungsrechtler die­ser Republik, Mayer, feststellt – ich zitiere und bemerke die Nervosität vonseiten der ÖVP; aber im Zuge der Ausschussarbeit wird sich diese berechtigte Nervosität weiter steigern –:

„Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen verfassungsrechtlichen Überlegungen, ist im vorliegenden Zusammenhang festzustellen, dass der Steuerakt ,Steininger‘ unter an­derem in Form von Kontoblättern vorgelegt wurde. Dabei wurde der überwiegende Teil der Werbeausgaben unkenntlich gemacht.

Diese Vorgangsweise ist unzulässig.“

Das stellt Universitätsprofessor Heinz Mayer unmissverständlich fest. (Abg. Dr. Schüs­sel: „Vorsätzlicher Verfassungsbruch“! – Die unterste Liga, tiefer geht es nicht mehr!)

Universitätsprofessor Dr. Bernd-Christian Funk hat uns erst vor einer Stunde seine Stellungnahme, sein Gutachten übersandt. Darin heißt es – ich zitiere –:

„Das System der einschlägigen Regeln und Grundsätze des Geschäftsordnungsrechts lässt ein klares Gesamtbild erkennen: Die Entscheidung darüber, welche Informationen angefordert werden, ist ausschließlich in die Hand des Ausschusses gelegt. Verlangt der Ausschuss die Vorlage bestimmter Akten, so sind die vorlagepflichtigen Ämter ver­pflichtet, diesem Auftrag nachzukommen. Eine Prüfung oder Auswahl unter den Ge­sichtspunkten der Relevanz oder der Wahrung der Amtsverschwiegenheit steht den vorlageverpflichteten Ämtern nicht zu.“ (Abg. Dr. Schüssel: Ziehen Sie diesen Vorwurf zurück, Herr Abgeordneter, ja oder nein?)


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Und weiters: „Die Beurteilung der Relevanz von Informationen liegt ausschließlich beim Ausschuss selbst. Eine Vorauswahl durch die Finanzverwaltung ist angesichts der Untersuchungs- und Aufklärungszusammenhänge unzulässig. Prinzipiell könnte jede in den angeforderten Steuerakten enthaltene Information Hinweise auf Vorgänge enthal­ten, die für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages von Bedeutung sein könnten.“

Funk schließt: „Wie aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, ist die Vorgangs­weise der Finanzverwaltung (Vorlage von Steuerakten mit unkenntlich gemachten Textteilen) in der konkreten Situation nicht rechtskonform.“ (Abg. Dr. Schüssel: Ziehen Sie jetzt diesen Vorwurf zurück?)

Das ist vollkommen eindeutig und vollkommen klar. (Abg. Dr. Fekter: Entschuldigen Sie sich!) Und eines, Herr Dr. Schüssel, in Ihr politisches Tagebuch: Die Zeiten, in denen Sie diktieren können, was im österreichischen Parlament passiert, diese Zeiten sind zum Glück vorbei! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hornek: Sie sind verurteilt, Herr Pilz! – Abg. Dr. Schüssel: Ziehen Sie das jetzt zurück oder nicht?)

Ihre gesamte politische Macht gegenüber dem Untersuchungsausschuss (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter) ist nichts anderes als Störversuche, als Behinderungsversuche, die bis jetzt unwirksam geblieben sind. Sie müssen jetzt einmal zur Kenntnis nehmen: Sie haben es mit einem neuen Parlament zu tun! (Abg. Dr. Schüssel: Wir haben es mit einem alten Pilz zu tun!) Sie haben es mit einem Parlament zu tun, das nicht mehr von der ÖVP an der kurzen Leine geführt werden kann! Sie haben kein Regierungspar­lament, das auf Knopfdruck das tut, was Bundeskanzler Schüssel Klubobmann Molte­rer aufgetragen hat. (Abg. Dr. Schüssel: Halten Sie jetzt den Vorwurf aufrecht oder nicht?) Nur dadurch, dass es zum Rollentausch gekommen ist, sind die alten Verhält­nisse nicht für die Zukunft garantiert. Wir haben neue Verhältnisse. Wir haben parla­mentarische Untersuchungen, wir haben ein kontrollierendes Parlament, und wir haben ein Parlament, das sieht, wie ein Kanzler bei einem einfachen Kanzlerfrühstück eine Entscheidung getroffen hat, von der wir im Lichte der Erkenntnisse des Untersu­chungsausschusses heute wissen, dass sie niemals in dieser Form hätte getroffen werden dürfen. (Vizekanzler Mag. Molterer: Falsch!)

Herr Mag. Molterer! Nachdem diese Zensurmaßnahmen im Steininger-Akt eindeutig rechts- und verfassungswidrig sind (Vizekanzler Mag. Molterer: Falsch!), lautet die Frage, die sich uns jetzt stellt: Warum tun Sie das? Was verbirgt sich hinter diesen Zeilen? (Abg. Dr. Fekter: Gutachten Mayer genau lesen!) Was ist hier zu befürchten? Was haben Sie hier sachlich und politisch zu verbergen? (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Gibt es hier weitere Hinweise auf Militärs? Gibt es hier Hinweise auf weitere Zahlungen? Gibt es hier Hinweise auf Zuwendungen in politische Bereiche?

Die Frage, die sich immer mehr stellt, ist: Wenn auf der einen Seite das Parlament, die Mehrheit des Untersuchungsausschusses und alle führenden Juristen dieser Republik eine klare und verfassungskonforme Rechtsmeinung formulieren, warum steht die Ös­terreichische Volkspartei immer auf der anderen Seite? (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind noch nie auf der Seite des Rechts gestanden?) Warum vertritt die Österreichische Volkspartei in der Frage der parlamentarischen Untersuchung der Affäre Eurofighter in keinem einzigen Fall die Interessen der Republik, sondern ausschließlich die Interes­sen zweier Firmen, nämlich die von EADS und von Eurofighter? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Welche Motive hat die Österreichische Volkspartei?

Jetzt sage ich Ihnen etwas zu einem Urteil, von dem ich heute aus der APA erfahren habe und das meinem Anwalt noch nicht zugestellt ist: Selbstverständlich (Abg. Hor­nek: Sie sind ein Wiederholungstäter!) werde ich mich – wie andere Mitglieder des Un­tersuchungsausschusses – nicht daran hindern lassen, auch weiterhin alles Nötige


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über die Scheinrechnungen der Firmen des Ehepaars Rumpold zu veröffentlichen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Schüssel.) Selbstverständlich, wenn das Gericht an der Form Anstoß nimmt, dann werden wir eine andere und in der Sache schärfere Form finden. Ich werde anstelle dieser Rechnungen Wort für Wort die Rechnungen aus den Protokollen des Untersuchungsausschusses auf meine Website stellen. Und wir wer­den garantieren, dass kein einziger Zensurversuch (Abg. Dr. Stummvoll: Dann wird er wieder verurteilt!), sei es von den Anwälten des Ehepaars Rumpold, sei es von der Spitze der Österreichischen Volkspartei her (Zwischenrufe bei der ÖVP), in diesem Hause und in dieser Causa Eurofighter erfolgreich sein kann und wird.

Jetzt kommt Vizekanzler Molterer und sagt: Ja, bitte schön, stellen Sie doch genauere Fragen. Stellen Sie mir weitere Fragen, dann werden wir die eine oder andere Zeile zugänglich machen. – Herr Vizekanzler, wir spielen nicht Quartett, wir spielen nicht lus­tiges Zeilenraten, indem wir raten, ob etwas in dieser oder jener Zeile sein könnte, und wenn wir die richtige Frage stellen, dann sagen Sie: Okay, ihr könnt in die eine oder andere Zeile reinschauen. (Abg. Öllinger: Schifferl versenken ist das!) – Es geht um ein grundsätzliches Recht auf Aufklärung. Es geht um das Recht des Parlaments. Es geht um ein Recht der Republik Österreich. Es geht um ein Recht der Bürgerinnen und Bürger, das durch keinen Minister dieser Bundesregierung geschmälert werden darf.

Herr Mag. Molterer, die politische Frage, die sich Ihnen jetzt stellt, ist die Frage, ob Sie den Kurs Ihres Vorgängers Wolfgang Schüssel fortsetzen wollen oder fortsetzen müs­sen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Sie haben als neugewählter ÖVP-Obmann eine politische Chance. Sie wissen, dass in der Sache die Causa Eurofighter für die Österreichische Volkspartei politisch verloren ist. Sie kennen die Beweise, die der Un­tersuchungsausschuss zutage gebracht hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie kennen die Protokolle und die Erklärungen der Universitätsprofessoren Aicher, Kletecka, Mayer, die ganz genau erklärt haben, dass eigentlich alles auf dem Tisch liegt, um einen sofortigen Rücktritt aus dem Eurofighter-Kaufvertrag zu ermöglichen. (Abg. Hor­nek: Was hindert Sie vor Ihrem Rücktritt?)

Sie wissen, dass die Causa für die Partei Eurofighter und ÖVP im Großen und Ganzen verloren ist. Herr Vizekanzler, die Frage an Sie ist: Sind Sie in der Lage und bereit, die­sen Kurs zu ändern und mit uns und diesem Haus gemeinsam zu versuchen, weiteren Schaden von der Republik Österreich abzuwenden? Es geht nicht um Kleinigkeiten, es geht um 2 Milliarden €! Wir stehen kurz davor, diese 2 Milliarden € aus dem Bundes­budget für ganz andere Investitionen in die Zukunft Österreichs zu retten. Wir können 2 Milliarden € retten für Klimaschutz, für Bildungspolitik, für die Finanzierung von Grundsicherung, für all das, das Sie beschwören, aber nicht finanzieren können. (Abg. Dr. Stummvoll: Sicherheit brauchen wir nicht!)

Wir haben eine einmalige politische Chance, denn Chancen und Investitionen in die Zukunft brauchen Geld. Ganz selten hat eine Bundesregierung die Chance, durch einen Brief nach Bayern 2 Milliarden € an Geld, das ganz anders und besser investiert werden kann, für die Republik zu sichern. Ich frage Sie: Warum ist die Österreichische Volkspartei bis heute nicht bereit, diese Chance beim Schopf zu ergreifen, endlich eine Kehrtwende durchzuführen, endlich der Realität Rechnung zu tragen und endlich den Ausstieg aus dem Eurofighter-Kaufvertrag als Chance zu betrachten? (Abg. Mag. Ku­kacka: Sie wiederholen sich!)

Trotzdem, ich komme zurück zum Kern und Ausgangsthema. Das österreichische Par­lament hat zu klären, ob es sich ständige Gesetzes- und Verfassungsverletzungen durch den Finanzminister gefallen lässt oder nicht. (Abg. Dr. Fekter: Verurteilt ist nur der Pilz!)


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Wenn der Finanzminister heute herausgeht und erklärt, das Steuergeheimnis umfasse mehr als die Amtsverschwiegenheit, dann widerspricht ihm sogar seine eigene Finanz­prokuratur. Herr Mag. Molterer, auch das – bevor Sie einen weiteren rechtlichen Fehler machen – werde ich hier zitieren. Die Finanzprokuratur erklärt:

Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht – also das Steuergeheimnis – baut auf der in Artikel 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz normierten Amtsverschwiegenheit auf. Der Gesetzesvorbehalt in Artikel 20 Abs. 3 B-VG ermächtigt nach Ansicht des Ver­fassungsgerichtshofes den einfachen Gesetzgeber nur zu Einschränkungen, nicht je­doch zu Erweiterungen der Verschwiegenheitspflicht. In verfassungskonformer Ausle­gung des § 48a Bundesabgabenordnung unterliegen sohin Umstände, die nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegen, auch nicht der abgabenrechtlichen Geheimhal­tungspflicht. – Zitatende.

Wenn Sie versuchen – und ich weiß, dass das Ihr letzter juristischer Versuch ist, der letzte juristische Winkelzug, den Sie heute öffentlich vorhaben –, zu erklären, dass das Steuergeheimnis mehr ist als die Amtsverschwiegenheit, dann widersprechen Sie hier nicht nur dem Verfassungsgerichtshof, nicht nur der geltenden Judikatur, sondern auch den Juristen Ihres eigenen Hauses. (Abg. Dr. Fekter: Die herrschende Lehre der Uni­versitätsprofessoren! Die haben eine andere Position als Sie!)

Es ist schon richtig, dass es für uns sehr wichtig ist, die Persönlichkeitsrechte von Men­schen (Abg. Dr. Fekter: Das ist Ihnen wurscht, weil Sie sind verurteilt!), deren Daten und deren Tätigkeiten untersucht werden, zu schützen, aber das Interesse an Aufklä­rung durch die Republik und im Interesse der Republik Österreich wirkt schwerer als bestimmte, sehr wichtige Rechte. Der österreichische Nationalrat als Gesetzgeber hat die Aufgabe, darauf zu achten, dass sich alle in dieser Republik, insbesondere die Mit­glieder der Bundesregierung, nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Bundes­verfassung halten.

Herr Mag. Molterer, Sie haben in den letzten Tagen und Wochen bewiesen, dass Sie im Interesse Ihrer Partei bereit sind, sich über die österreichische Bundesverfassung hinwegzusetzen. (Abg. Dr. Schüssel: Na wirklich nicht! Ungeheuer! Das ist eine Zumutung, was Sie hier sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das Geschrei der Österreichischen Volkspartei hat auch im Untersuchungsausschuss die Aufklärung nicht behindern können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unge­heuerlich!) Ich betrachte die Zunahme der Lautstärke vonseiten der Österreichischen Volkspartei als klare Bestätigung dafür, dass wir mit unserer Aufklärung auf dem rich­tigen Weg sind. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, wenn Ihre Lautstärke bei parlamentarischen Debatten der Maßstab für den Erfolg parlamentarischer Kon­trolle ist, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie in den nächsten Wochen noch sehr oft Gelegenheit haben werden, sehr, sehr laut zu werden. Ich garantiere Ihnen auch noch etwas: Es wird Ihnen nichts nützen! Wir werden unserem Aufklärungsauftrag nachkom­men, wir werden alle Fakten, die uns zugänglich sind, auf den Tisch legen. Wir werden unsere Schlüsse ziehen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Wir werden unsere Emp­fehlungen abgeben. Und wir werden, so hoffe ich, als Nebenprodukt unserer parlamen­tarischen Tätigkeit auch dazu kommen, dass wir einen Finanzminister dazu bringen, sich wieder – wie es sich gehört – an die österreichische Bundesverfassung zu hal­ten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pilz, ich habe nichts gegen spitze Formulierungen und Debatten, aber der Vorwurf des Verfassungsbruches, noch dazu des vorsätzlichen Verfassungsbruches, hat meines Erachtens in diesem Haus


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nichts verloren, und daher erteile ich Ihnen diesbezüglich einen Ordnungsruf. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Beantwortung der Anfrage ist Herr Bundesminister Mag. Molterer zu Wort gemel­det. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.


15.22.41

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie, die Abgeordneten des Nationalrates haben dem Untersuchungsausschuss einen sehr klaren Auftrag – einen Untersuchungsauftrag – gegeben. Diesen Auftrag hat der Untersuchungsausschuss zu erfüllen; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist für mich daher ganz klar, dass der Untersuchungsausschuss meine Unterstützung im Rahmen dieses Auftrages hat, aber selbstverständlich auch die Unterstützung des von mir geführten Bundesministeriums für Finanzen. (Ruf bei der ÖVP: So ist es!)

Dieses Bundesministerium und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, meine Damen und Herren, kennen den Untersuchungsauftrag und stellen nach bestem Wissen und Gewissen und unter strikter Einhaltung aller Gesetze die vom Ausschuss verlangten Unterlagen zur Verfügung. Das möchte ich eingangs ganz klar und unmissverständlich feststellen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Bundesministerium für Finanzen hat dem Ausschuss alle Unterlagen übermittelt, die angefordert worden sind und vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind. (Zwi­schenruf bei den Grünen.) Herr Kollege Pilz, wenn Sie Ihre Angriffe politisch gegen mich richten, dann ist das okay, dann ist das ein klarer Beweis dafür, welche Absicht Sie haben. Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass etwa die APA heute nicht schreibt, dass es eine Dringliche Anfrage gibt, sondern eine „dringliche Attacke“ der Grünen gegen Molterer. Damit ist das Ziel sehr klar.

Die APA schreibt auch, dass Sie den Feldzug gegen Wilhelm Molterer offensichtlich fortführen. – Gut, das können Sie. Aber, meine Damen und Herren, in der Sache erhe­ben Sie ungerechtfertigte Vorwürfe gegen die Beamtinnen und Beamten meines Hau­ses, und diese ungerechtfertigten Vorwürfe weise ich in aller Schärfe und in aller Klar­heit zurück, Herr Dr. Pilz! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses genießen mein volles Vertrauen – und ich weiß mich in diesem vollen Vertrauen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses gegenüber auch im vollen Einvernehmen mit dem Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen.

Meine Damen und Herren, ebenso wie zur Unterstützung des Untersuchungsaus­schusses sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses bei dieser Aufgabe dem Steuergeheimnis verpflichtet, das nur in Ausnahmefällen durchbrochen werden kann. Das erwarten sich die Bürgerinnen und Bürger des Landes, die Unternehmer, und das erwarten sie sich zu Recht, weil das ein fundamentales Bürgerrecht ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Einhaltung dieses fundamentalen Bürgerrechtes ist mir gleich wichtig wie die Un­terstützung der Arbeit des Untersuchungsausschusses. Ich habe eigentlich erwartet, meine Damen und Herren, dass gerade die Einhaltung der Bürgerrechte die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Fraktionen dieses Hauses genießt. (Abg. Öllinger: Ja!) Üblicher­weise höre ich das von Ihnen ja in ganz besonderer Art und Weise.

Die Bereitstellung von Unterlagen, Herr Kollege Pilz, für den Untersuchungsausschuss und der Schutz des Steuergeheimnisses der Bürgerinnen und Bürger sind gleichran­gige Zielsetzungen. (Abg. Dr. Pilz: Nein!) Ob das Steuergeheimnis durchbrochen wird, hat die Behörde bei ihrer Arbeit selbständig zu beurteilen – nicht Sie. Ich zitiere Ihnen


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dann auch Gutachten, Herr Kollege Pilz, die diese Rechtsauffassung sehr, sehr klar und nachdrücklich unterstützen. Sie nicht, Herr Dr. Pilz, sondern die angefragte Be­hörde muss diese Entscheidungen treffen. (Abg. Dr. Pilz: Falsch!) Das sagt – ich zitie­re Ihnen das sehr gerne – die Finanzprokuratur in einem an Sie gerichteten Schreiben (Abg. Dr. Fekter: Richtig!), und das sagt auch Professor Heinz Mayer, der in einem Gutachten, in der Publikation „Untersuchungsausschüsse und Rechtsstaat“ Folgendes festhält (Abg. Dr. Stummvoll: Alle Entscheidungen trifft der Pilz! Pilz entscheidet alles!):

„... so zeigt sich, dass eine Pflicht aller öffentlichen Ämter zur Vorlage ihrer Akten nur angenommen werden kann, wenn und soweit diese Akten einen Inhalt haben, der sich auf die Kompetenz des Ausschusses, der ihre Vorlagen verlangt, bezieht. Nur soweit die Ausschusskompetenz reicht, wird das Verlangen rechtswirksam und löst eine Vor­lagepflicht aus. Ein Verlangen um Aktenvorlagen, das die Ausschusskompetenz trans­zendiert, ist – mangels Fehlerkalküls – absolut nichtig und begründet keine Vorlage­pflicht der untersuchten Behörde.“ (Abg. Öllinger: Ja!) „Ob ein Ausschussersuchen eine Pflicht zur Aktenvorlage begründet oder absolut nichtig ist, hat die ersuchte Be­hörde zu prüfen. Kommt diese zum Ergebnis, dass das Ersuchen eines Ausschusses dessen Kompetenz überschreitet, sei es, dass der Nationalratsbeschluss wegen Feh­lerhaftigkeit zumindest teilweise nichtig ist, sei es, dass der Ausschuss seine ihm ver­fassungsrechtlich einwandfrei eingeräumte Kompetenz verlässt, so ist das Ersuchen abzulehnen. Damit kann auch der Fall eintreten,“ – Herr Kollege Pilz – „dass Akten nur zum Teil vorgelegt werden dürfen.“ – Zitatende. – Ich zitiere ausschließlich Universi­tätsprofessor DDr. Heinz Mayer.

Die Finanzprokuratur, Herr Dr. Pilz, hat Ihnen gegenüber festgestellt – und auch hier zitiere ich –:

„Ob und in welchem Umfang Akten einem Untersuchungsausschuss vorzulegen sind, bestimmt sich nach dem Umfang des Gegenstandes, dem die parlamentarische Unter­suchung dient. Dieser wird einzig und alleine durch den Beschluss des Nationalrates auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses umschrieben. Nur in jenem Umfang, in dem Akten oder Aktenbestandteile in einen Zusammenhang mit dem im Einset­zungsbeschluss bekannt gemachten Untersuchungsgegenstand gebracht werden kön­nen, dürfen diese dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden. Anderenfalls wür­de von jener Person, die die Übermittlung veranlasst hat, nicht nur in verfassungsrecht­lich gewährleistete Rechte, wie das Recht auf Datenschutz, sondern insbesondere auch in das Recht auf Wahrung der Abgabenverschwiegenheit eingegriffen und das Amtsgeheimnis verletzt werden.“ – Zitatende; Gutachten der Finanzprokuratur der Re­publik Österreich.

Meine Damen und Herren, ich sage daher als Finanzminister: So wie im Bankenaus­schuss das Bankgeheimnis gilt, so muss im Eurofighter-Ausschuss das Steuergeheim­nis gelten.

Ich werde es als Finanzminister nicht zulassen, dass fundamentale Rechte der Bürger verletzt werden, und ich werde es auch nicht zulassen, dass durch rechtlich nicht ge­deckte Vorgangsweisen die Republik Österreich schadenersatzpflichtig wird. Ich halte mich an die Gesetze der Republik und an die Verfassung. Alles andere weise ich als Unterstellung zurück, Herr Dr. Pilz! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Wie verantwortungsvoll im Übrigen mit den Gesetzen im Rahmen einer Untersuchung umgegangen werden muss, hat heute auch ein Urteil des Wiener Straflandesgerichtes gezeigt. Es betrifft Ihre Tätigkeit, Herr Kollege Pilz. Ausgerechnet Sie als Ausschuss­vorsitzender (Abg. Dr. Fekter: Verurteilt!) wurden verurteilt (Abg. Dr. Stummvoll: Eine Schande!), mit der Veröffentlichung von Steuerunterlagen aus dem Ausschuss gegen


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die Gesetze verstoßen zu haben. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Eine Schande!) Der Ordnung halber füge ich hinzu: Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig! Das gehört korrekterweise dazugesagt.

Interessant: Das Gericht hat befunden, dass Sie den Tatbestand der Verletzung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht erfüllt haben, da Sie Unterlagen, die dem Ausschuss vertraulich für seine Arbeit zur Verfügung gestellt wurden, auf Ihrer Home­page veröffentlicht haben, Herr Dr. Pilz. (Neuerliche Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Ungeheuerlich!)

Sehr geehrter Herr Dr. Pilz, die Erfüllung des parlamentarischen Untersuchungsauftra­ges verlangt selbstverständlich Transparenz, selbstverständlich Professionalität und die strikte Einhaltung der Gesetze, um nicht selbst zum Ziel von Angriffen zu werden. Das Finanzministerium und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfüllen diese Vor­aussetzungen genauso wie der Bundesminister für Finanzen. Ich fordere Sie auf: Tun auch Sie es! Halten Sie sich an die Gesetze, Herr Dr. Pilz! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kukacka – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Legen Sie den Vorsitz nieder!)

Nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 6:

Zu diesen Fragen möchte ich zusammenfassend festhalten, dass seitens meines Res­sorts alle ordnungsgemäß und rechtmäßig angeforderten Unterlagen übermittelt wur­den.

Lassen Sie mich weiters kurz den Vorgang der Aktenübermittlung an den Untersu­chungsausschuss – das ist wichtig! – auch für die Öffentlichkeit darlegen!

Mein Ressort hat nach Eingang eines konkreten Beweisantrages auf Aktenübermitt­lung unter Beachtung des Untersuchungsgegenstandes und der örtlichen Zuständigkeit dieses Ersuchen an das betreffende Finanzamt weiterzuleiten. Vom zuständigen Fi­nanzamt ist sodann mit größtmöglicher Sorgfalt unter Bedachtnahme auf die recht­lichen Rahmenbedingungen eigenverantwortlich zu entscheiden, welche Akten bezie­hungsweise Aktenteile einen Bezug zum Untersuchungsgegenstand haben. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind mit einem Gutachten der Finanzprokuratur den Finanzämtern zur Kenntnis gebracht worden.

Danach werden die entsprechenden Aktenteile an den Untersuchungsausschuss über­mittelt. Ich muss ausdrücklich festhalten, dass die Beurteilung, ob das Steuergeheimnis zu wahren ist, weil Aktenteile nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind, dem einzelnen Beamten obliegt.

Ich kann daher feststellen, dass ich als Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen zwar für den organisatorischen Rahmen verantwortlich bin, ich aber in die konkreten Aktenanforderungen und -übermittlungen nicht eingreife und daher auch nicht involviert bin. Aber ich möchte Ihnen ganz klar sagen, Herr Dr. Pilz und meine Damen und Her­ren des Hohen Hauses: Ich stehe voll und ganz hinter den Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern in den Finanzämtern und im Ministerium. Und ich weise auch aus diesem Grund Ihre Vorwürfe zurück. (Beifall bei der ÖVP.)

Da die Vorlage von Unterlagen aus den Steuerakten sich am Untersuchungsgegen­stand und an den Beweisanträgen orientiert hat und an nichts anderem, ist davon aus­zugehen, dass durch diese sogenannten Schwärzungen, wie Sie es bezeichnen, keine Aktenbestandteile betroffen sind, deren Übermittlung vom Untersuchungsausschuss rechtmäßig angefordert wurde. Es steht dem Untersuchungsausschuss selbstverständ­lich frei, dem Bundesministerium für Finanzen nach Hervorkommen neuer Beweiser­gebnisse durch Ergänzung des Beweisantrages bis dato nicht bekannte Anhaltspunkte


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 141

für einen Zusammenhang von Teilen des Steueraktes mit dem Untersuchungsgegen­stand bekannt zu geben.

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass ein Steuerakt nicht das gesamte Rech­nungswesen eines geprüften Unternehmens umfasst. Somit kann ein Steuerakt auch nicht alle Belege enthalten.

Zu den Fragen 7, 8 und 9:

Ihre Behauptungen sind einfach unrichtig. Ich habe zur Klärung der Rahmenbedingun­gen für die Vorlage von Verwaltungsakten an den Untersuchungsausschuss auch die Finanzprokuratur mit einer rechtlichen Stellungnahme beauftragt. Diese rechtliche Be­urteilung bildet die Grundlage dafür, in welchem Umfang die Abgabenbehörden Akten­inhalte dem Ausschuss vorzulegen haben.

Vonseiten des Bundesministeriums für Finanzen wurde allen konkret formulierten Be­weisanträgen des Untersuchungsausschusses entsprochen. Das Bundesministerium für Finanzen hat sich selbst um eine Konkretisierung der Beweisanträge bemüht und ist von sich aus an den Untersuchungsausschuss herangetreten, Herr Dr. Pilz.

Zur Frage 10:

Die Beamtinnen und Beamten verfügen nicht über derartige Listen. Es liegt am Unter­suchungsausschuss, den Beamten all jene Informationen zur Verfügung zu stellen, die nötig sind, um einen Zusammenhang des Beweisantrages zum Untersuchungsgegen­stand herzustellen. (Abg. Dr. Pilz: Das wäre ein Bruch der Vertraulichkeit!) Das Bun­desministerium für Finanzen ist jederzeit bereit, konkreten Beweisanträgen aufgrund des Wissensstandes des Untersuchungsausschusses nachzukommen. (Abg. Dr. Pilz, den Vogel zeigend: Das ist ja verrückt! – Abg. Mag. Hakl: Ordnungsruf! „Verrückt“ hat er gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege Pilz, ich lege Wert darauf, dass Sie den Beamtinnen und Beamten des Bundesministeriums für Finanzen und dessen Führung – das heißt, meiner Person – jedenfalls zugestehen, dass wir uns an die Gesetze halten, und ich weise daher Aus­sprüche – Frau Präsidentin, ich bitte, das zu prüfen – wie beispielsweise, Beamte seien verrückt, in aller Klarheit zurück. – Herr Dr. Pilz, so macht man das nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu den Fragen 11, 12 und 13:

Wenn den zuständigen Beamten der Zusammenhang zwischen dem Untersuchungs­gegenstand und dem konkreten Beweisantrag beziehungsweise dem Steuerakt vom Untersuchungsausschuss ausreichend klar dargelegt wird, dann kann nach Sichtung des Steueraktes eine entsprechende Information selbstverständlich übermittelt werden.

Zur Frage 14:

Gehen Sie davon aus, dass ich als Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen mich im Rahmen der Gesetze bewege und meine Handlungen aufgrund der rechtlichen Vor­gaben setze. Der Untersuchungsausschuss hat gerade aus den von Ihnen als zensu­riert bezeichneten Akten jene Informationen erlangt, die nun die politische Diskussion bestimmen.

Zu den Fragen 15 und 16:

Auch hier ist festzuhalten, dass im konkreten Einzelfall jeder Beamte selbst zu beur­teilen hat, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Steuer- und Amtsgeheimnisses vorliegen. Der genannte Beamte hat unter Bedachtnahme auf die Rechtsauffassung der Finanzprokuratur die Rechtsmeinung vertreten, dass auch die Einsichtnahme durch einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses nur dann


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möglich wäre, wenn der konkrete Bezug zum Untersuchungsgegenstand vom Aus­schuss in der konkreten Beweisanforderung dargelegt wird. (Abg. Dr. Pilz: Das ist falsch!) Dem Vorschlag des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses konnte da­her aus rechtlichen Gründen nicht nähergetreten werden. Darüber hat er, nämlich der Beamte, mein Kabinett informiert, welches diese Rechtsauffassung, diese Rechtsmei­nung zur Kenntnis genommen hat.

Zur Frage 17:

Auch dazu gilt, was ich schon mehrfach gesagt habe: Die angeforderten Steuerakten werden nach Maßgabe des Untersuchungsgegenstandes und konkreter Beweisan­träge, so wie dies rechtlich vorgesehen ist, dem Ausschuss übermittelt werden.

Zur Frage 18:

Hier ist die Antwort sehr kurz, und sie lautet: Nichts!

Zu den Fragen 19 und 20:

Als Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen ist es für mich eine Selbstverständ­lichkeit, die Interessen der Republik Österreich und die des österreichischen Steuer­zahlers zu vertreten, aber selbstverständlich auch den verfassungsgesetzlichen Auf­trag zur Sicherung des österreichischen Luftraumes wahrzunehmen.

Das haben wir auch im Regierungsübereinkommen festgehalten und dabei in diesem Übereinkommen auch noch einmal festgestellt, dass die Republik Österreich selbstver­ständlich zu den von ihr geschlossenen Verträgen steht.

Daher abschließend, Herr Kollege Pilz: Ich halte mich an die Gesetze, ich halte mich an die Verfassung, denn für mich gibt es einen einzigen Maßstab, und das ist der Rechtsstaat Österreich! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich werde mir bezüglich eines Zwischenrufes das Stenographische Protokoll kommen lassen, weil ich anderes gehört habe, als mir hier zugerufen wurde, um da auch Klarheit zu haben, und dann darüber befinden.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Bevor der Erstredner zu Wort kommt, gibt es zwei tatsächliche Berichtigungen.

Zunächst kommt zu einer tatsächlichen Berichtigung Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: 2 Minuten Redezeit; zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachver­halt. – Bitte. (Abg. Mag. Donnerbauer: Der Pilz muss den Vorsitz zurücklegen!)


15.41.58

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vizekanzler, Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung behauptet, Ab­geordneter Pilz hätte zwischengerufen, Beamte seien verrückt. (Vizekanzler Mag. Mol­terer: So habe ich das gehört!) – Das ist unrichtig!

Abgeordneter Pilz hat in seinem Zwischenruf gesagt: Das ist ja verrückt!, und hat die­sen seinen Zwischenruf ausdrücklich auf Ihre Rechtsmeinung bezogen (ironische Hei­terkeit und heftige Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), wonach der Untersuchungsausschuss Ihrem Ministerium zu melden


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habe. Und das geht wirklich nicht, weil der Untersuchungsausschuss vertraulich ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Noch ärger!)

15.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Öllinger, das ist keine tat­sächliche Berichtigung gewesen!

Die Klarstellung bezüglich des Zwischenrufes wird gemacht werden, wenn ich das Ste­nographische Protokoll vorliegen haben werde. Vorwürfe und Unterstellungen wie „ver­rückt“ sollen in diesem Haus nicht verwendet werden.

Als Nächster hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung Herr Abgeordneter Dr. Ja­rolim zu Wort gemeldet. Redezeit: 2 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die be­treffenden Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Mag. Kukacka – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Distanzieren Sie sich vom Pilz!)


15.43.24

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Vizekanzler Molterer hat unter Ver­weis auf eine Publikation von Herrn Professor Mayer vorhin ausgeführt, dass nach An­sicht von Herrn Professor Mayer eine Schwärzung der Daten aus dem Steuerakt recht­mäßig wäre. (Abg. Dr. Fekter: Ja! Richtig!)

Ich berichtige tatsächlich: Herr Professor Mayer hat ausdrücklich – und daher ist die Information vonseiten der Frau Kollegin Fekter falsch – über Befragung in der letzten Sitzung des Ausschusses darauf hingewiesen, dass das im gegenständlichen Fall nicht so ist (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt ja nicht!), und hat wortwörtlich – ich darf aus dem Protokoll zitieren ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Darf ich bitte ...

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jarolim, das ist tatsächlich keine tatsächliche Berichtigung, weil es nicht darum geht, dass hier zwei Zitate gegen­übergestellt werden können. Herr Abgeordneter, es tut mir leid! (Abg. Dr. Jarolim – bei der Regierungsbank stehend in Richtung Präsidentin Mag. Prammer –: Es geht um die Frage der Authentizität eines Zitates!) Ja, aber das ist keine tatsächliche Berichtigung! (Rufe bei der ÖVP – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim, der noch immer bei der Regie­rungsbank steht und mit Vizekanzler Mag. Molterer spricht –: Niedersetzen! – Abg. Dr. Fekter – ebenfalls in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Sie als Jurist kennen sich überhaupt nicht aus!)

Als Erster kommt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort. 10 Minuten Rede­zeit. – Bitte, Herr Klubobmann. (Anhaltende Rufe bei der ÖVP in Richtung des Abg. Dr. Jarolim, der nach wie vor bei der Regierungsbank steht und mit Vizekanzler Mag. Molterer spricht: Jarolim, niedersetzen! – Abg. Mag. Kukacka – in Richtung des Abg. Dr. Van der Bellen –: Herr Klubobmann, distanzieren Sie sich vom Pilz!)


15.44.52

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Meine Damen und Herren! Das war eine ganz originelle Anfragebeantwortung des Herrn Vizekanzlers, nämlich buchstäblich keine einzige Frage zu beantworten. (Abg. Dr. Stummvoll: Da haben Sie nicht aufgepasst!) Wenn das der Stil ist! Aber das entspricht dem Stil des Finanzministeriums – offenbar dem neuen Stil, muss ich sa­gen –, auf Anfragen des Untersuchungsausschusses zu reagieren.

Meine Damen und Herren von der ÖVP, wie stellen Sie sich das vor: Es gibt einen Untersuchungsausschuss, der hat einen bestimmten Untersuchungsauftrag, und dieser Untersuchungsausschuss hat das verfassungsmäßige Recht, Akten von Ämtern und


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Behörden einzufordern. (Vizekanzler Mag. Molterer: Genau! – Abg. Dr. Fekter: Aber nicht ...!) Aber Sie sagen sinngemäß: Ja, dieses Recht hat er, aber was übermittelt wird, in welchem Umfang, in welcher Detailliertheit, das entscheiden immer noch wir, nämlich das Finanzministerium!?

Wie stellen Sie sich vor, dass Kontrolle unter solchen Umständen funktionieren kann: Die kontrollierte Behörde hat das Recht – Ihrer Meinung nach, Frau Kollegin Fekter unter anderen, die Sie rechtskundig sind, wie Sie behaupten (Abg. Dr. Fekter: Arti­kel 53!); auch das Finanzministerium könnte dazugehören, Sie wissen ja gar nicht, wel­che Zahlungen geflossen sind –, selbst zu entscheiden, welche Unterlagen, welche Ak­ten hergegeben werden und welche nicht!? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fek­ter.) Frau Kollegin Fekter, Sie müssen den Heinz Mayer missverstanden haben!

Herr Vizekanzler Molterer, ich meine, man kann Heinz Mayer sicherlich vieles vorwer­fen, so wie vielen von uns auch, aber auf den Kopf gefallen ist er nicht. Heinz Mayer sagt ganz klar: Es gibt eine Befugnis der Behörde im Rahmen dieses Auskunftsbe­gehrens, nämlich zu prüfen, ob der Antrag auf Ausfolgung der Akten im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes erfolgt. (Abg. Dr. Fekter: Ganz richtig!) Das ja!

Also wenn zum Beispiel – ich fantasiere jetzt –, sagen wir, der Bankenaufsichts-Unter­suchungsausschuss auf die Idee käme, den Akt Steininger anzufordern, dann würde man wahrscheinlich sagen: Na Moment, im Zusammenhang mit dem Untersuchungs­ausschuss über die Finanzmarktaufsicht und die Banken steht das wohl nicht! – Damit endet die Berechtigung der Behörde auch schon. Alles andere würde ja bedeuten, dass die Behörde, die Auskunftspflichten hat, Informationspflichten hat, selbst ent­scheiden kann, was der Untersuchungsausschuss zu prüfen hat und was er nicht zu prüfen hat.

Lesen Sie Heinz Mayer! (Abg. Dr. Fekter: Lesen Sie die Ziffer 4 vor!) Schauen Sie, wenn Sie schon die allgemeinen Ausführungen nicht verstehen, dann wenigstens die zu dem konkreten Fall Steininger. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Le­sen Sie die Ziffer 4 vor!) Der überwiegende Teil der Werbungskosten, der Werbeaus­gaben von Herrn Steininger wurde unkenntlich gemacht. Diese Vorgangsweise ist un­zulässig! (Abg. Dr. Fekter: Lesen Sie die Ziffer 4 vor!)

Verstehen Sie Deutsch, Frau Kollegin Fekter? Vier Worte: „Diese Vorgangsweise ist unzulässig!“ (Beifall bei den Grünen. – Rufe der Empörung bei der ÖVP.) „Unzulässig“ ist ein anderer Ausdruck für rechtswidrig, für „nicht rechtskonform“. Das sind die Worte, die Herr Professor Bernd-Christian Funk in seinem Schlusssatz verwendet. (Abg. Dr. Fekter: Die Ziffer 4 relativiert das! Und dazu schweigen Sie!)

Einen Schlusssatz werden auch Sie noch verstehen, Frau Kollegin Fekter. Ich zitiere aus seinem fünfseitigen Gutachten:

„Wie aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, ist die Vorgangsweise der Fi­nanzverwaltung (Vorlage von Steuerakten mit unkenntlich gemachten Textteilen) in der konkreten Situation nicht rechtskonform.“

Wie nennen Sie das jetzt? – Sie haben sich vorhin so echauffiert durch Zwischenrufe aller Art, angefangen vom Klubobmann Schüssel bis zur Kollegin Fekter (Abg. Dr. Schüssel: Mit Recht!), das sei verfassungskonform und die Klassifizierung vom Kollegen Pilz als vorsätzlicher Verfassungsbruch sei unerhört.

Gut, nennen wir das anders! Woran stoßen Sie sich jetzt: Stoßen Sie sich am Wort „vorsätzlich“ oder stoßen Sie sich am Wort „Verfassungsbruch“ oder an beidem? (Abg. Dr. Schüssel: An beidem!) Und wie nennen Sie es, wenn die Verfassung nicht einge­halten wird? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Wurde eingehalten!)


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Nennen Sie es dann halt nicht „Verfassungsbruch“.

Unserer Meinung nach und nach Meinung der anerkanntesten Verfassungsjuristen die­ses Landes ist diese Vorgangsweise des Finanzministeriums, nach irgendwelchen, aber jedenfalls eigenen Kriterien zu schwärzen, zu schwärzen, zu schwärzen, das heißt, dem Untersuchungsausschuss Informationen vorzuenthalten, eben nicht verfas­sungskonform.

Ehrlich gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, das geht Sie auch an. Irgendwann fragt man sich, was der Bundeskanzler zu dieser Vorgangsweise zu sagen hat. Das ist keine Auseinandersetzung mit der grünen Fraktion, die hier geführt wird, da geht es um grundlegende Rechte des Parlaments, darum, ob wir unsere Kontroll­rechte hier einhalten können oder nicht. (Abg. Mag. Donnerbauer: Der Pilz hat nichts davon gehört! Sonst wäre er nicht verurteilt!)

Bis jetzt ist mir nichts darüber bekannt, dass der Bundeskanzler in dieser Form etwas gesagt hat. Das ist nicht nur eine Rechtsfrage. Aber ich muss schon dazu sagen: Der Hausverstand, meine Damen und Herren, sagt einem nichts anderes, als was unsere anerkanntesten Verfassungsjuristen sagen. Der Hausverstand sagt einem, es gibt einen vom Parlament beauftragten Untersuchungsausschuss, dieser hat aufgrund von Aktenvorlagen, von Informationen aller Art zu untersuchen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Der Pilz darf die Vertraulichkeit brechen?! Er hat nicht das Recht, die Vertraulichkeit zu brechen!)

Wie soll er denn untersuchen, wenn die zu Untersuchenden das Recht hätten ... Und da meine ich jetzt den Finanzminister, ich nehme ausdrücklich nicht die Beamtinnen und Beamten des Finanzministeriums ins Visier, das ist vollkommen lächerlich. Sie als Vizekanzler und Finanzminister sind zuständig, die Beamten können wohl nicht ent­scheiden, was an Akten herausgegeben werden kann oder nicht.

Das Nächste wird sein, dass das Verteidigungsministerium genauso vorgeht. (Abg. Mag. Donnerbauer: Sagen Sie etwas zum Vertraulichkeitsbruch!) Der Untersuchungs­ausschuss fordert Akten vom Verteidigungsministerium an, der Verteidigungsminister gibt die Akten her (Abg. Ing. Westenthaler: Der gibt es auch nicht her!) – und schwärzt Seite für Seite.

Im Bankenausschuss dasselbe. Kollege Graf hat mir gerade Akten gezeigt, die genau­so ausschauen. Das nennen Sie verfassungskonforme Durchführung eines Untersu­chungsauftrages durch das Parlament? – Da zuckt Herr Klubobmann Schüssel mit den Schultern, da kann man eben nichts machen? (Abg. Mag. Kukacka: Das bestimmen Sie nicht, Herr Professor! – Abg. Dr. Stummvoll: Nicht so überheblich sein!)

Herr Kollege Schüssel, es gibt tatsächlich bestimmte Dinge, auch in einem Steuerakt, Stichwort „Bürgerrechte“ und dergleichen, die den Untersuchungsausschuss nichts an­gehen. (Vizekanzler Mag. Molterer: Genau!) Das gibt es, Kollegin Fekter! Ja, aber was? – Sicher nicht die Betriebsausgaben einer Person, die im Rahmen des Euro­fighter-Ankaufs im dringenden Verdacht steht, sich – sagen wir es einmal so – an Sachen beteiligt zu haben, die nicht mit rechten Dingen zugegangen sind. Die Be­triebsausgaben sind grundsätzlich relevant. (Abg. Dr. Fekter: Aber sicher! Die Dienst­nehmerdaten sind geschwärzt! )

Wenn dort stünde, „außergewöhnliche Belastung“ § 34 Einkommensteuergesetz, schwierige Zahnreparatur, hat Zehntausende von Euro gekostet, wird im Rahmen des Einkommensteuerrechts geltend gemacht – das geht den Untersuchungsausschuss nichts an. Das wird ihn auch nicht wahnsinnig interessieren, auch wenn man vielleicht die Vermutung haben könnte, das kommt vom Zähneknirschen im Rahmen dieser Lob-


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byismustätigkeit. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: „Sehr lustig“!)

Ich muss schon sagen, Herr Vizekanzler Molterer, der Eindruck, den Sie hier erwe­cken, ist, es obliegt der Willkür der ... (Vizekanzler Mag. Molterer: Nicht der Willkür! – Abg. Dr. Stummvoll: Rechtsstaat!) – Herr Finanzminister Molterer, Herr Vizekanzler, Herr Parteiobmann der ÖVP! Wollen Sie mir als durchschnittlich begabtem Menschen tatsächlich weismachen, dass irgendjemand im Finanzministerium, irgendjemand von Haus aus weiß, wenn er sieht, Buchungszeile XY, Ziffer sowieso, Betrag das und das (Abg. Dr. Fekter: Ja sicher! Weil er so ... des Kontos weiß!), und da steht irgendein Name, das ist die Firma Meier GesmbH, die Firma Hinterpoldler GesmbH, die Firma ir­gendwas – da steht doch in der Regel nicht „Wolf“, da steht nicht „Cap“ oder „Van der Bellen“. Diese Namen würde der Beamte kennen oder müsste sie kennen. Bestenfalls weiß er im Nachhinein aus der Zeitung, was der Untersuchungsausschuss schon auf­gedeckt hat, aber doch nicht im Vorhinein!

Das widerspricht doch jeder Lebenserfahrung. Jeder Beamte muss überfordert sein, wenn er aufgefordert wird, beauftragt wird vom Minister, nehme ich an, vom Sektions­chef – von wem denn sonst? –, Schwärzungen vorzunehmen. Und da sage ich: nach seiner Willkür. Das kann nicht sein!

Die Verantwortung für solche Informationen, sie geheim zu halten, sie öffentlich zu ma­chen, sie teilweise öffentlich zu machen, liegt bei einer Institution allein, und die trägt dafür die volle Verantwortung – und eine hohe Verantwortung –, und das ist der Un­tersuchungsausschuss. (Abg. Dr. Fekter: Nein, laut Verfassung ...! – Vizekanzler Mag. Molterer: Strafrechtlich ... verurteilt!) Und da ist niemand strafrechtlich verurteilt worden. (Beifall bei den Grünen.)

Erstens ist dieses Urteil nicht rechtskräftig, gegen das wir selbstverständlich berufen werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Die Hoffnung stirbt zuletzt!) Zweitens ist es kein straf­rechtliches Urteil, sondern ein medienrechtliches Urteil, das zufällig ... (Abg. Dr. Fek­ter: Weil er das unter dem Deckmantel der Immunität macht, Herr Professor!) – Bitte schön, aus formalen Gründen: Kollege Pilz hat Dinge auf seine Homepage gestellt, die vielleicht nicht wortwörtlich dem Protokoll zu entnehmen sind. So hat das Gericht geur­teilt. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Zurücktreten soll er!)

In Zukunft werden wir das eben wortwörtlich hineinstellen. Wem ist damit gedient? Der Firma Rumpold? Stellen Sie sich echt in den ...? Machen Sie die Rückendeckung der Firma Rumpold? Sie, die ÖVP? (Beifall bei den Grünen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Dazu erwarte ich mir auch eine Stellungnahme vonseiten der SPÖ. Reihen Sie sich ein?! (Abg. Dr. Fekter: Wenn Pilz einen Funken Anstand hat, soll er zurücktreten!)

Jetzt habe ich den Entschließungsantrag vergessen, aber das wird meine Kollegin spä­ter noch machen. – Danke, Frau Präsidentin. (Beifall bei den Grünen.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.


15.55.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich finde, dass die Kontrollrechte des Parlaments ein ureigenstes Recht sind, das es zu schützen gilt und wofür man alles tun muss, damit das Parlament das auch machen kann. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Fekter.)


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Mich stört ein wenig (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter– Sie sind genau die Richtige mit dem Zwischenruf –, wie mit diesen Kontrollrechten und wie mit diesen Untersu­chungsausschüssen umgegangen wird. (Abg. Dr. Fekter: Uns auch! – Abg. Mag. Ku­kacka: Vom Pilz!)

Frau Kollegin Fekter, Sie tragen da hohe Verantwortung. Wenn Sie sich für eine Strate­gie hergeben, die im Endeffekt so aussehen könnte, dass man diese Arbeit der Unter­suchungsausschüsse einfach schlechtmacht, dass man versucht, zu skandalisieren, dass man versucht, hier so zu tun, als ob ein Untersuchungsausschuss etwas wäre, das es am besten nicht geben sollte (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter) – auf dieser Seite stehen wir nicht. Das möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Schauen Sie, es ist doch nicht das erste Mal, dass es im Parlament einen Untersu­chungsausschuss gibt. Es ist auch nicht das erste Mal, dass es Untersuchungsaus­schüsse in einer großen Koalition gibt, bei denen man sozusagen Berührungspunkte hat, und dass letztendlich hier die Kontrollarbeit getätigt wird. – Das ist einmal etwas ganz Wichtiges.

Ich habe auch den Eindruck, dass diese Strategie deswegen gefahren wird, weil es Einzelne gibt – und da scheint Frau Abgeordnete Fekter dazuzugehören –, die gar nicht erst wollen, dass wir im Geschäftsordnungsausschuss dahin gehend in eine kon­struktive Phase kommen, dass Untersuchungsausschüsse als Minderheitsrecht einge­setzt werden können. Diese Strategie scheint es zu geben. Deswegen geht man hier mit diesem Untersuchungsausschuss so um. Leider ist das so!

Ich möchte noch einen weiteren Punkt erwähnen; der geht jetzt auf die Sache selbst ein. Verfahrensanwalt Strasser sagt im „Kurier“, es könnte auch nicht die Lösung sein, einfach Teile der Akten durchzustreichen ... Dazu Strasser – wörtliches Zitat –: „Das ist wie Blei am Fuß des Ausschusses.“

Wenn ich mich richtig erinnere, ist das Ihr Verfahrensanwalt. Und wenn ich mich richtig erinnere, ist das nicht irgendjemand, sondern jemand, der eine ganz wichtige Aufgabe zum Funktionieren dieses Ausschusses zu erfüllen hat. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist der Verfahrensanwalt des Ausschusses! Einstimmig gewählt!)

Und was er weiters im „Kurier“ hinzufügt, ist (Abg. Mag. Kukacka: Das ist Ihr Verfah­rensanwalt!): Er plädiert dafür, dass das Ministerium in Zukunft begründet, warum ge­wisse Passagen nicht dem Ausschuss übergeben werden.

Das ist ein interessanter Gedanke, weil ich mich jetzt ein bisschen an die Rede des Klubobmannes Van der Bellen erinnere, der hier teilweise die Unterschiede, wo man sagt, da kann geschwärzt werden, angesprochen hat. Mich interessiert auch nicht, wenn jemand gerade seine dritten Zähne durchfinanziert hat, aber was mich interes­siert, sind allenfalls eben diese Betriebsausgaben, die Sie vorhin angesprochen haben.

Da ist schon die Frage zu stellen – wenn hier geschwärzt wird und wenn sich das häuft –: Was wurde warum geschwärzt, Herr Finanzminister? – Das ist, glaube ich, eine Frage, die durchaus legitim ist, hier einmal eingebracht zu werden. Ich sage nicht, dass Sie das hier sagen sollen, aber es wäre zum Beispiel eine Möglichkeit, dass der Verfahrensanwalt zu Ihnen in Ihr Ministerium kommt, mit oder ohne Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, und dass er Einblick in die nicht geschwärzten Akten hat. Warum soll das nicht möglich sein?

Ich denke, dass das, bitte, hier die Aufgabe von allen – auch von Ihnen als Finanz­minister, aber auch die des Untersuchungsausschusses – erleichtern und auch verbes­sern würde. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, der einer Antwort harrt. Bitte, Herr Finanzminis­ter, sagen Sie uns nur, ja, Sie sind bereit, das zu ermöglichen, oder eben nicht. Aber dann sagen Sie auch: Warum nicht?! – Diese Frage ist legitim und sollte in dem Zu­sammenhang klar gestellt werden.

Der Beweis, dass die Texte und Formulierungen, wenn man die Akten anfordert, rechtskonform sein sollen – no na, darüber brauchen wir nicht extra zu diskutieren. Das ist klar.

Was mir aber in dem Zusammenhang wichtig erscheint, auch darin, was wir in unseren Diskussionen immer wieder ins Zentrum der Überlegungen gestellt haben, ist nicht nur die Frage der Schwärzungen selbst – das geht aus dem Gutachten von DDr. Heinz Mayer, aus dem heute schon mehrfach zitiert wurde, wohl sehr deutlich hervor.

Dr. Heinz Mayer sagt – ich zitiere:

„Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Steuerakt ,Steininger‘ dem Ausschuss vollständig und ohne Unkenntlichmachungen vorzulegen ist.“ (Abg. Dr. Fekter: Absatz 4 vorle­sen!) – Auch für Sie, Frau Abgeordnete Fekter, noch einmal:

Dr. Mayer sagt: „Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Steuerakt ,Steininger‘ dem Aus­schuss vollständig und ohne Unkenntlichmachungen vorzulegen ist.“ (Abg. Dr. Fekter: Absatz 4 vorlesen!) „Eine Ausnahme könnte allenfalls dann Platz greifen, wenn der Steuerakt Aktenstücke enthält, die offensichtlich in keinem wie immer gearteten Zu­sammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen können.“ (Abg. Dr. Fekter: Genau!) – Dazu bekennen wir uns.

Wo liegt da das Problem? (Abg. Dr. Fekter: Eh nicht! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Fekter und Strache.) – Ja! Das ist ein richtiger Standpunkt, und es ist das, wo wir eigentlich – ich komme mir hier schon wie ein Mediator vor – alle miteinander einer Meinung sein könnten.

Ich will die Durchfinanzierung der dritten Zähne, die Kosten dafür, nicht wissen, son­dern ich will das wissen, was Klubobmann Van der Bellen als Beispiel angesprochen hat. Und ich glaube, dass es auch im Interesse der ÖVP-Vertreter im Untersuchungs­ausschuss ist, das zu wissen, oder, Frau Abgeordnete Fekter? – Jetzt schweigen Sie. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) – Das wäre doch wirklich im Zentrum der Überle­gungen, und genau das soll es sein.

Ich ersuche Sie daher, das zu überprüfen, Herr Finanzminister: diesen Gedanken des Verfahrensanwaltes genauso wie das, was Heinz Mayer sagt, der das endlich genau definiert. Und nach dieser Definition soll dann der Vertreter des Finanzministeriums mit dem Verfahrensanwalt – mit dem oder ohne den Vorsitzenden des Untersuchungsaus­schusses – überprüfen, ob das in jedem einzelnen Fall auch stimmt.

Ich glaube, das wäre es dann, dann bräuchten wir uns hier im Plenum nicht mehr zu treffen! Die ganze Diskussion gehört ja sowieso primär in den Untersuchungsaus­schuss (Abg. Lentsch: Ja, eh!), aber dann bräuchten wir uns hier auch nicht mehr zu treffen.

Entstanden ist das Ganze, weil es hier offensichtlich Unschärfen gibt. Okay, aber die kann man doch wirklich beheben, Herr Finanzminister: Ein Wort von Ihnen genügt, und das Ganze kann, glaube ich, mit diesem Prozedere geklärt werden. – Daher bin ich der Meinung, es sollte sich auch dieses Plenum in diese Richtung ausdrücken, und ich glaube, dass wir hier alles tun sollten, damit in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dieses Parlament bemüht sich, den Untersuchungsauftrag, den Prüfauftrag gewissen­haft zu erfüllen.


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Hier geht es um Milliarden von Euro an Steuergeldern, hier geht es um die größte An­schaffung in der Zweiten Republik, seit 1945. All das, wovor wir gewarnt haben, all das, worauf wir hingewiesen haben, hat sich dank der Arbeit des Untersuchungsausschus­ses als wahr herausgestellt. Und ich bin daher daran interessiert ... (Abg. Murauer: Was hat sich als wahr herausgestellt?) – Weil es die größte Verschwendung von Steu­ergeld seit 1945 ist, wenn Sie es genau wissen wollen, Herr Abgeordneter Murauer! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Geben Sie einmal kurz den Steuerknüppel aus der Hand und diskutieren Sie einmal in aller Ruhe!

Davon rücken wir nicht ab! Das ist unsere Meinung – Koalition hin, Koalition her –, da­zu bekennen wir uns, und das werden wir immer wieder sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 9 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.


16.03.15

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Kollege Cap, wenn Sie sich hier herausstellen und seine Wichtigkeit als Instrument und den Prüfauftrag des Ausschusses hervorhe­ben, warum hat dann gerade Ihr Minister Darabos das Koziol-Gutachten nicht „heraus­gerückt“, obwohl es einen einstimmigen Beschluss gab? (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Gut so, genau!)

Es ist in Wissenschaft und Lehre unbestritten – unbestritten!, nur Herr Pilz hat eine an­dere Meinung –, dass die ersuchte Behörde nur jene Akten übermitteln darf, die vom Prüfauftrag umfasst sind. Das Koziol-Gutachten war auf alle Fälle davon umfasst, und das hat Darabos nicht „herausgerückt“. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Dr. Van der Bellen: Aber die nur vollstreckende ...!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil hier von den Schwärzungen die Rede ist: Aufgrund der Unterlagen, die wir haben, darf die Behörde diese Dinge nicht über­mitteln! Sie unterliegen dem Amtsgeheimnis und bei einem Steuerakt auch dem Steu­ergeheimnis und dem Datenschutz (Abg. Dr. Van der Bellen: Nein!), wenn es unbe­teiligte Dritte betrifft, die geschützt werden müssen, und es nicht vom Prüfauftrag um­fasst ist.

Also, ich habe hier ein Datenblatt, da sind beispielsweise die Kontonummern ange­führt. Ich habe die Handelsakademie besucht, ich kann Buchhaltung, ich kann auch eine Bilanz lesen. (Abg. Dr. Stummvoll: Pilz kann das nicht!) Das scheint aber Herr Pilz nicht zu können, und, Herr Professor, von Ihnen hätte ich es erwartet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Soll ich Buchhaltung studieren?)

Sie hätten wissen müssen, dass sich hinter den Kontonummern 600, 620 et cetera bis 690 die Dienstnehmerdaten verbergen, nämlich Löhne, Gehälter, Aufwendungen für Abfertigungen, lohnabhängige Abgaben (Abg. Dr. Stummvoll: Da wollen die Grünen hineinschauen! – Abg. Ing. Westenthaler: Schnüffel, schnüffel!), gehaltsabhängige So­zialabgaben, freiwillige Sozialabgaben, Krankenversicherungsbeiträge et cetera. Und genau das ist geschwärzt! (Abg. Ing. Westenthaler: Da soll geschnüffelt werden!) Und darin wollen Sie schnüffeln: bei Dienstnehmerdaten?! – Das halte ich für ungeheuer­lich! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass in einem Steuerakt unter den Betriebsausgaben – und Dienstnehmerdaten sind Betriebsausgaben – auch Dinge sein können, die Sie nichts angehen, Herr Pilz, die uns nichts angehen, wo wir eben nicht schnüffeln dürfen! Das steht so in der Verfassung, und das hat auch Herr Mayer – euer Haus- und Hofschrei-


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ber, Herr Professor Mayer (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP) – genau so publiziert. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Darmann.)

Professor Mayer hat gemeinsam mit anderen Verfassungsrechtlern eine Publikation verfasst mit dem Titel „Untersuchungsausschüsse und Rechtsstaat“. (Die Rednerin hält ein Exemplar des erwähnten Buches in die Höhe.) Darin ist ganz klar die herrschende Lehrmeinung angeführt, dass nämlich die ersuchte Behörde – und nur diese! – zu prü­fen hat, ob sie etwas „herausrücken“ darf oder nicht. (Abg. Dr. Van der Bellen: Kon­trolle existiert nicht für Sie! Kontrolle ist ein Fremdwort, Frau Fekter!) – Nein, Herr Pro­fessor!

Allein aufgrund der Verurteilung von Herrn Pilz ist es gut, dass die Verfassung das kon­kret so vorsieht. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Dr. Van der Bellen: Blödsinn!)

Herr Pilz erlaubt sich unter dem Deckmantel der Immunität alles und jedes (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie vielleicht nicht? – Zwischenrufe bei der ÖVP), verletzt Gesetze nach der Reihe. Die Beamten können diese Gesetzesverletzung nicht begehen, ohne der Amtshaftung zu unterliegen und schadenersatzpflichtig zu werden. (Abg. Dr. Van der Bellen: Unerträglich ist das!) Daher schützt diese Bestimmung die Beamten davor, Amtshaftungs- oder Schadenersatzklagen befürchten zu müssen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Unsinn!)

Herr Abgeordneter Pilz erlaubt sich unter dem Deckmantel der Immunität alles. (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie auch!) Wenn er einen Funken Anstand hätte, dann würde er den Vorsitz im Untersuchungsausschuss zurücklegen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Die Advokatin der Scheinheiligkeit! – Weitere Zwischenrufe.)

Es ist eine Ungeheuerlichkeit – es ist eine Ungeheuerlichkeit! –, dass wir derzeit einen Untersuchungsausschuss-Vorsitzenden haben, der wegen Verletzung von Gesetzen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss rechtlich verurteilt ist (Rufe und Gegenrufe zwischen den Grünen und der ÖVP) – zugegebenermaßen nicht rechtskräf­tig, aber wenn er Anstand hätte, dann würde er zurücktreten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Ja, „sicher“!)

Es ist ein klassischer Unvereinbarkeitsgrund, dass er derzeit ein Verfahren „am Hals hat“, das beweist, dass er sich nicht an Gesetze hält. (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie werden uns nicht vorschreiben, was Anstand ist!) – Herr Professor, zumindest die Ver­fassung müsste man einhalten, und die Verfassung besagt in § 53, dass die unter­suchte Behörde die Akten zu prüfen hat. (Abg. Dr. Van der Bellen: Eben nicht!) – Ja natürlich!

Ihr habt ja bei Herrn Mayer ein Gutachten bestellt (die Rednerin hält erwähntes Gut­achten in die Höhe), und in Ziffer 4 sagt dieser dezidiert – er bleibt bei der vorherr­schenden Lehrmeinung: Herr Mayer widerspricht sich ja nicht selbst, er bleibt dabei (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist eine Ehrenbeleidigung! Wiederholen Sie das in der Öffentlichkeit und ...! Feigheit ist das!) –, eine Ausnahme könnte sein, wenn in Steuer­akten Daten sind, die nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben. Und Dienstnehmerdaten haben mit Sicherheit nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun, und daher wurden sie geschwärzt. (Abg. Heinisch-Hosek: Schreien Sie nicht so! – Zwischenruf des Abg. Öllinger.) – Herr Öllinger, Sie kennen sich mit Sicherheit nicht aus, wie das bei uns im Untersuchungsausschuss diskutiert wird. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Daher ist es rechtens, wenn sich die Beamten des Finanzamtes ansehen, was etwas mit dem Untersuchungsauftrag zu tun hat (Abg. Mag. Kogler: Scheinheilig! Das ist eine Spezialität von ihr!), das übermitteln sie, und wenn es nichts mit dem Untersu­chungsauftrag zu tun hat, dann schwärzen sie es zum Schutz unbeteiligter Dritter.


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Es ist für mich schon erschreckend, wie die Grünen den Datenschutz über Bord wer­fen, wie sie die Rechtsordnung inklusive der Verfassung insgesamt über Bord werfen, nur damit sie eine populistische Ansage haben, dass sie den Finanzminister und Vize­kanzler anpatzen können. Wie der Herr Professor sich hier herausstellt und nur Halb­wahrheiten verbreitet (Abg. Öllinger: Hallo!), das ist in Wirklichkeit für mich das Empö­rende. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn der Herr Professor hätte vom Mayer-Gutachten ohne Weiteres auch die Ziffer 4 vorlesen können, so wie Kollege Cap es dann doch noch getan und damit die Kurve gekratzt hat. Aber, Herr Kollege Cap, die Kurve haben Sie nicht gekriegt, als Darabos uns das Koziol-Gutachten verheimlicht hat. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall beim BZÖ.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Fekter, ich habe nach der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Pilz gesagt, ich habe nichts gegen spitze Formulie­rungen, allerdings etwas dagegen, wenn Grenzen überschritten werden. So, wie ich vorhin den Ordnungsruf bezüglich „Verfassungsbruch“ erteilt habe, erteile ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf bezüglich der Unterstellung des Bruches der Rechtsord­nung. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja die Wahrheit, was sie gesagt hat!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja die Wahrheit, was sie gesagt hat! Sie hat den Wahrheitsbeweis angetreten! Er ist ja wirklich verurteilt!)


16.11.27

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Hohes Haus! Verehrte Damen und Herren von der ÖVP, regen Sie sich nicht so auf! Sie würden es ja auch verteidigen, wenn die alte Regierung einen Doppelde­cker angeschafft hätte. – Auf Sie, Frau Kollegin Fekter, werde ich später noch einmal zu sprechen kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin als Abgeordneter dieses Hohen Hauses zutiefst entsetzt über das Vorgehen des Bundesministers für Finanzen, dass uns derartige Akten vorgelegt werden. (Der Redner hält Akten in die Höhe.) Es handelt sich dabei um eine Zensur wie zu Zeiten Metternichs. Da fühlen Sie sich offensichtlich wohl bei Metternich. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Die Begründungen, welche seitens des Bundesministeriums dazu erfolgen, sind ja hanebüchen (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie Anwalt oder nicht?): Dem BMF sei bis dato nicht bekannt, mit welcher Begründung diese Akten angefordert werden, insbesondere, in welchem Zu­sammenhang diese Anforderung mit dem Untersuchungsgegenstand steht.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, haben Sie Ihr Ministerium beziehungsweise Ihre Beamten nicht unter Kontrolle? Lesen Ihre Beamten keine Zeitungen, dass sie nicht wissen, welche Rolle der Waffenlobbyist Steininger bei der Draken-Nachfolge gespielt hat? Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Steininger ist nicht irgendein Mus­termaier aus Attnang-Puchheim, nicht irgendein Bürger, der brav seine Steuern zahlt, sondern die Schlüsselfigur in der Causa Eurofighter! (Abg. Murauer: Geh!) Herr Stei­ninger ging im BMLV aus und ein. Er kannte die wichtigsten Personen; Sie wahrschein­lich auch alle. Herr Steininger ist der Trauzeuge des damaligen Kommandanten der Luftstreitkräfte, des jetzigen Air-Chief Wolf. Herr Steininger hat Frau Wolf den Gefallen getan, dass er ihr 87 600 € überwiesen hat, um ihre Firma vor dem Bankrott zu retten! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 152

Meine Damen und Herren, beim Steuerakt des Herrn Steininger handelt es sich nicht um irgendeinen Steuerakt, sondern um den Akt jenes Mannes, der sich im Ausschuss der Aussage verweigert hat, dem nach wie vor eine Beugestrafe droht, der sich mona­telang vor dem Untersuchungsausschuss in Thailand versteckt! Der Steuerakt dieser Schlüsselfigur und von Air-Chief Wolf wird dem Ausschuss vorenthalten! (Abg. Kainz: Schreien Sie nicht so!)

Herr Bundesminister, sehen Sie sich diese Akten einmal an, sehen Sie sich das an! (Der Redner hält abermals Akten in die Höhe.) Was soll ein Untersuchungsausschuss da untersuchen?! Vielleicht, mit welchem Edding-Stift das geschwärzt worden ist? (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Kainz: Schreien Sie nicht so!) Das sage ich Ihnen, Herr Bun­desminister: Als Abgeordneter, als Vertreter des Souveräns hier in diesem Hause fühle ich mich zutiefst hinters Licht geführt! Ich fühle mich betrogen, das sage ich Ihnen ganz offen und ehrlich. Und: Die Argumentation des BMF ist scheinheilig und juristisch nicht nachvollziehbar! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Beim Steuerakt Rumpold, Frau Kollegin Fekter, hat es keine Schwärzungen gegeben. Ja, war das nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand? Warum hat man da keine Schwärzungen vorgenommen? Vielleicht weil Herr Rumpold früher, vor vielen Jahren einmal für die FPÖ gearbeitet hat? Ist das der Grund, meine Damen und Herren? Diese Vorgangsweise, Herr Bundesminister, haben Sie bis dato nicht erklären können. Mich und vor allem die Bevölkerung würde einmal schwer interessieren, wel­che Namen sich hinter diesen Schwärzungen überhaupt verstecken. (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, haben Sie Sorgen, dass sich dahinter Personen verstecken, die mit der ÖVP in Verbindung gebracht werden könnten? Warum weigern Sie sich so vehement, dem Souverän diese Akten zur Kenntnis zu bringen?

Ich merke immer wieder: Wenn es bei der ÖVP ein bisschen anstrengender wird – wenn sozusagen die Hälse lauter werden –, weiß ich, dass ich richtig liege, meine Da­men und Herren. (Abg. Mag. Kukacka: Rumpelstilzchen!)

In diesem Zusammenhang muss ich aber trotzdem auch die SPÖ in die Haftung neh­men, denn SPÖ-Finanzstaatssekretär Matznetter unterstützt diese Aktion des Herrn Vizekanzlers. Das kann es doch bitte nicht sein! Haben Sie denn nicht auch Interesse daran, dass uns im Untersuchungsausschuss die Akten vollständig zur Kenntnis ge­bracht werden, und zwar ungeschwärzt? Fakt ist, dass der Ausschuss dem Kern der Sache sehr, sehr nahegekommen ist. Der Waffenlobbyist Steininger ist der Schlüssel­mann in dieser Causa – und die ÖVP wird nun sehr, sehr nervös.

Herr Vizekanzler, außerdem: Wenn Sie Herrn Universitätsprofessor Dr. Heinz Mayer zitieren und Ihre Argumentation darauf stützen, dann sollten Sie das neue Schreiben von Professor Dr. Heinz Mayer aufmerksam durchlesen. Denn hier steht es eindeutig:

„Von derartigen Fällen abgesehen besteht keine Befugnis der Behörde, die Vorlage von Aktenbestandteilen zu verweigern. Dies gilt insbesondere für Betriebsausgaben, die Herr Steininger im fraglichen Zeitraum getätigt hat; diese sind dem Ausschuss lü­ckenlos vorzulegen.“ – Betonung auf lückenlos, meine sehr geehrten Damen und Her­ren! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kainz – auf die Besuchergalerie weisend –: Die gehen weg!)

Frau Kollegin Fekter, wenn Sie die Verfassung zitieren – Artikel 53 B-VG –, dann zitie­ren Sie ihn bitte einmal richtig! Dort steht:

„Die Gerichte und alle anderen Behörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Aus­schüsse um Beweiserhebungen Folge zu leisten; alle öffentlichen Ämter haben auf Verlangen ihre Akten vorzulegen.“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 153

Das ist nicht irgendein Wunsch ans Christkind, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, sondern das ist eine Verpflichtung! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kainz: Der „Sou­verän“!)

Einerseits verweigert man die Übermittlung von brauchbaren und schlüssigen Steuer­akten und andererseits übernimmt man die Rechtsmeinung von der Eurofighter GmbH, Steininger sei nur ein EADS-Mann gewesen. Also, es war schon sehr auffällig, als letz­ten Freitag die ÖVP im Ausschuss die Eurofighter GmbH reinwaschen wollte und am selben Tag Herr Aloysius Rauen eine Pressekonferenz gab, übrigens von Frau Kegle­vich organisiert, die auch im Zusammenhang mit der Beschaffung tätig war. Und dort hat man schon diese Rückzugslinie formuliert.

Befindet sich in den geschwärzten Teilen des Steininger-Aktes die eindeutige Verbin­dung zwischen Steininger und der Eurofighter GmbH? Warum wird der Rumpold-Steu­erakt unzensiert übermittelt? Hat die ÖVP etwas zu verbergen? Und dann, bitte: Was hat die ÖVP zu verbergen? – Das würde uns interessieren. Und ich werde Ihnen auch noch gerne ein bisschen juristische Nachhilfe erteilen, denn offensichtlich kennen Sie den Artikel 148b der Bundesverfassung nicht – ich zitiere –:

„Alle Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden haben die Volksanwaltschaft bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Amtsverschwiegenheit besteht nicht gegenüber der Volksanwaltschaft.“

Wir haben alle einmal gelernt – Frau Kollegin Fekter, Sie haben Jus studiert –, was die Volksanwaltschaft ist. Die Volksanwaltschaft ist ein Hilfsorgan des Nationalrates. (Abg. Mag. Kukacka: Wir sind nicht bei der Volksanwaltschaft!) Das heißt also, dass das Hilfsorgan des Nationalrates Akteneinsicht nehmen darf, aber der Nationalrat selbst, die Abgeordneten dürfen das nicht!? – Das ist doch hanebüchen! Seien Sie mir bitte nicht böse, da würden Sie auf der Universität vielleicht einen Ordnungsruf von einem Universitätsprofessor bekommen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas. Wenn Sie Herrn Universitätsprofessor Mayer zitieren, dann zitieren Sie ihn richtig, nicht mit veralteter Literatur, denn das haben wir auch auf der Universität gelernt: Man soll immer die aktuelle Literatur zitieren. Ansonsten heißt es, wie wir wissen: Nicht genügend, setzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden uns aber sicherlich nicht daran hindern lassen, diesen Beschaffungsvor­gang bis ins Detail zu überprüfen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn dazu sind wir unserem Volk, unserer Heimat und unseren Bürgern gegenüber im Sinne der Transparenz verpflichtet. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Das sind eh eure Parteigänger! Lauter ehemalige FPÖ-ler!)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


16.20.08

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist volle Aufklärung notwendig, und der Unter­suchungsausschuss soll aufklären. Herr Kollege Öllinger! Im Untersuchungsausschuss soll aufgeklärt werden, es soll ein Vorgang untersucht werden, es sollen aber nicht vor­gefasste Beschuldigungen aufgewertet und versucht werden, krampfhaft eine Bestäti­gung dafür zu finden!

Meine Damen und Herren, ich glaube, das Wichtigste dabei ist: Bei aller Notwendigkeit der Aufklärung werden Sie alle, die Abgeordneten der Republik Österreich, und auch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses, nicht in der Lage sein, die Bürger‑ und


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Menschenrechte – gegenüber wem auch immer – auszuschalten! Das sollte man nicht außer Acht lassen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Herr Kollege Kogler, wie oft haben wir hier im Hohen Haus diskutiert, wenn es darum gegangen ist, sogar noch Rechtsbrecher ... (Abg. Mag. Kogler: So hören Sie doch auf!) Nein, ich höre nicht auf! Ich kann mich sehr gut erinnern!

Wir haben diskutiert, als es um Rasterfahndungen, um Schleierfahndungen oder um Telefonüberwachungen gegen Verbrecher und um den Lauschangriff gegangen ist. Da waren die Grünen hier die Ersten, die gesagt haben, dass Menschenrechte nicht miss­achtet werden dürfen, dass Staatsbürgerrechte wichtig sind und nicht missachtet wer­den dürfen und dass das Sicherheitsinteresse der Bürger nicht über die Einzelinteres­sen der Menschenrechte solcher Verdächtiger und Straftäter gestellt werden darf. – Das waren Ihre Worte hier im Hohen Haus! Offenbar sind Ihnen die Rechte jedes Dro­gendealers wichtiger als die Rechte einer unbescholtenen Auskunftsperson in einem Untersuchungsausschuss! Das soll hier auch einmal geklärt werden. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Genau darum geht es. Selbstverständlich muss, wenn rechtswidrig gehandelt wurde, aufgeklärt werden. (Abg. Mag. Kogler: Herr Kollege! Wer hat noch kassiert?) Herr Kollege, wenn es strafrechtliche Handlungen gegeben hat, dann gibt es in einem Rechtsstaat eine Instanz dafür, die das zu beurteilen und auch entsprechend abzuurteilen hat: Das sind nicht Sie, das sind nicht wir hier, und das ist auch nicht der Untersuchungsausschuss, sondern das sind die Gerichte der Re­publik Österreich! Diese allein haben über Schuld und Nichtschuld von Staatsbürgern und von Menschen in diesem Land zu entscheiden, und sonst niemand! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Legen Sie Ihre Partei­spenden offen!)

Herr Kollege Kogler, ich sage Ihnen ganz offen: Es gibt zum Schutz dieser unbeschol­tenen Staatsbürger Vertraulichkeitsbestimmungen. Selbstverständlich kann der Unter­suchungsausschuss entsprechende Unterlagen anfordern, aber unter dem Gebot der Vertraulichkeit, Herr Kollege Haimbuchner! Und weil die Rechtsordnung wahrscheinlich der Einhaltung der Vertraulichkeit durch Politiker und Abgeordnete nicht allzu viel Ver­trauen schenkt, hat man die Notwendigkeit der Schaffung etwa der Volksanwaltschaft oder des Rechnungshofes als Organe des Parlaments erkannt. Auf diese Weise kann man diesen Institutionen und nicht jedem einzelnen Abgeordneten das Recht der vol­len Akteneinsicht gewähren. Die Schaffung dieser Institutionen hatte wohl auch einen rechtspolitischen Grund. Ihre Vergleiche sind deshalb etwas weit hergeholt!

Die Vertraulichkeit, Herr Kollege, die zum Schutz der Privatsphäre und der Geschäfts­interessen von unbescholtenen Staatsbürgern geboten ist, ist ja völlig ausgeschaltet! Es wird offensichtlich als selbstverständlich angenommen, dass angeforderte Akten wenige Stunden nach deren Einlangen schon bei den Zeitungen sind! – Ich schaue jetzt ganz streng etwa in die Richtung des Kollegen Kräuter. Auch Journalisten sagen, dass jetzt alles Mögliche aus diesen Akten zu den Journalisten kommt.

Frau Präsidentin! Ich verstehe nicht ganz, warum man einen Ordnungsruf bekommen kann, wenn man hier Entscheidungen von Gerichten zitiert. – Ich lese das jetzt aus der APA vor, damit ich nicht auch einen Ordnungsruf bekomme:

„Pilz verletzte ,abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht‘“. Das „Wiener Straflandesge­richt“ sagt: Die „Veröffentlichung von Rechnungen aus dem Steuerakt ... war rechts­widrig“. – Ich glaube, das darf man sehr wohl zitieren!


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Herr Kollege Van der Bellen, es stimmt schon: Das ist nur eine medienrechtliche Fra­ge. – Jetzt gehen wir aber ins Strafrecht. Sie kennen § 310 Strafgesetzbuch: „Verlet­zung des Amtsgeheimnisses“. Darin geht es darum, dass, wenn ein Beamter oder ehe­maliger Beamter vertrauliche Informationen beziehungsweise Geheimnisse verwertet oder offenbart, er mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren – bis zu drei Jahren! – zu bestrafen ist.

Herr Kollege Van der Bellen, da gibt es einen Abs. 2: „Ebenso ist zu bestrafen, wer als Mitglied eines Ausschusses gemäß Art. 53 B-VG“ – das ist der Untersuchungsaus­schuss – ... (Abg. Dr. Van der Bellen: Für einen Untersuchungsausschuss gelten andere Regeln, das wissen Sie doch, Herr Scheibner!) Das weiß ich. – Ich wiederhole Abs. 2:

„Ebenso ist zu bestrafen, wer als Mitglied eines Ausschusses gemäß Art. 53 B-VG ... oder als zur Anwesenheit bei“ diesen „Verhandlungen Berechtigter ein ihm in vertrau­licher Sitzung zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart oder verwertet, dessen Of­fenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen.“

Nun sagt das eine Gericht, dass Geheimnisse verletzt wurden. § 310 Strafgesetzbuch, Herr Kollege Van der Bellen, ist hier relevant! Für das, was hier regelmäßig passiert und was Sie anscheinend überhaupt nicht interessiert, dass nämlich private Daten ver­öffentlicht werden, ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorgesehen. Und was geschieht, wenn sich der Herr Ausschussvorsitzende Pilz dann noch in der Zeitung mit dem Steuerakt fotografieren lässt? (Abg. Dr. Van der Bellen: Es ist ohnedies alles ge­schwärzt!) Egal, ob geschwärzt oder nicht! Sie sehen ja, dass nicht alles geschwärzt ist! Handelt es sich dabei nicht um das Weitergeben von vertraulichen Informationen? Und geht es dabei nur um diese eine Seite?

Meine Damen und Herren, darum geht es uns: In Österreich gibt es leider eine Politjus­tiz, aber nicht eine Justiz, die politisch urteilt. Die Justiz urteilt korrekt. Allerdings gibt es in diesem Land Politiker, die sich Justizaufgaben anmaßen, und das sind in erster Linie Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, aber auch von der Sozialdemo­kratie! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn es um Ihre Angelegenheiten geht, dann ist all das nicht so tragisch. Wenn Herr Darabos, der ein Verwaltungsorgan ist und verpflichtet ist, dem Ausschuss alle Unterla­gen herauszugeben, ein Gutachten, das ihm anscheinend nicht passt, nicht herausgibt, dann ist das überhaupt kein Problem. Das gilt als selbstverständlich, denn Sie werden ja nicht Ihre Verhandlungspositionen schwächen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Wieso gibt er das nicht in vertraulicher Sitzung heraus? Dieses Gutachten wird doch wohl von keinem Ihrer Abgeordneten dann unter Verletzung der Geheimnispflicht her­ausgegeben werden! Oder haben Sie da auch kein Vertrauen? Warum gibt Minister Darabos dieses Gutachten dem Untersuchungsausschuss nicht, wenn Sie für umfas­sende Aufklärung sind? Das verstehe ich nicht! Sagen Sie das doch einmal! Das haben Sie eigentlich nicht gesagt! Ich bin wirklich gespannt, was Sie dazu sagen!

Der Herr Minister braucht so etwas also nicht herauszugeben. Aber wenn es hier um die Daten von privaten Menschen geht, dann wird agitiert und Druck ausgeübt, und es werden entsprechende Vorwürfe gemacht. Sie sollten sich bei Gelegenheit schon ein­mal überlegen, ob Sie immer mit derselben Messlatte arbeiten!

Ich sage es noch einmal: Wenn es klare Vorwürfe gibt, dass es in diesem Zusammen­hang strafrechtlich relevante Delikte gegeben hat, dann soll es sofort einen Bericht an die Justiz geben. Das ist die Aufgabe des Untersuchungsausschusses. (Abg. Dr. Van der Bellen: Da muss man erst einmal recherchieren!) Richtig, Herr Kollege Van der


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Bellen! Aber solange die Vorwürfe nicht bestätigt sind, haben die Auskunftspersonen und sämtliche betroffenen Personen alle Menschenrechte und Staatsbürgerrechte so wie Sie, so wie ich und wir alle hier. Diese Rechte haben Sie auch als Politiker zu respektieren, auch wenn das vielleicht Ihren politischen Zielen zuwiderläuft!

Darum geht es: Ein Untersuchungsausschuss und parteipolitisch motivierte Aktionen dürfen nicht den Rechtsstaat außer Kraft setzen. Untersuchung ja, Aufklärung ja, die Inquisition lassen wir aber in den Geschichtsbüchern! (Beifall beim BZÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Kogler! Wo ist der Antragsteller? Ist er schon wieder bei Gericht?)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.28.52

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Man braucht zunächst eine gewisse Zeit, um den Unfug zusammenzuräumen, der hier ausgebreitet wurde. Man wird sich nicht allem widmen können, aber ich beginne einmal beim Grundprinzip.

Herr Kollege Scheibner, vor allem auch Frau Kollegin Fekter, ich sage Ihnen, nachdem ich einzelnen Rednern von den ehemaligen Regierungsparteien, also von Schwarz-Orange, zugehört habe, die hier offensichtlich aus guten – oder, in Klammern: schlech­ten – Gründen verzweifelt im Abwehrkampf stecken: Es gibt kein Menschenrecht für Finanzminister, Akten zu schwärzen, insbesondere dann, wenn der massive Verdacht auf Bestechung vorliegt. – Ist das so weit einmal nachvollziehbar?

Es liegt der massive Verdacht vor, dass es hier zu unzulässigen Geldzuwendungen ge­kommen ist. Und jetzt ist das noch gar nicht der Vorwurf als solcher, sondern es geht darum, dass dieses Haus hier mit Mehrheit – daran sollten Sie sich auch erinnern! – einen Auftrag an uns beschlossen hat. Es soll nicht behauptet werden, dass es so war, diese Sache wurde aber ausdrücklich mit einem Beweisauftrag versehen, der auf einem hier beschlossenen Antrag fußt, diesen Zahlungen nachzugehen. Nichts ande­res ist es. Ich meine, es ist wirklich primitive Nebelwerferei, hier mit Menschenrechten herumzufuchteln! Das ist wirklich ein absurder Vorgang, und es ist schade um jede Protokollzeile, die Sie damit verbrauchen! (Beifall bei den Grünen.)

So etwas Ähnliches spielt sich im Ausschuss auch dann ab, wenn sich die ÖVP dort – übrigens sehr wortreich – beteiligt. Aber es wird halt nichts nützen. Das Einzige, was wir lernen, ist, dass der Scheinheiligenschein offensichtlich zum neuen Parteiabzei­chen der ÖVP avanciert ist, und leider wurden Sie, Herr Vizekanzler, diesem Verdacht und diesem Ruf mit Ihrer Beantwortung heute hier auch gerecht. (Abg. Morak: Herr Kogler, was machen wir jetzt mit dem Koziol-Gutachten? Gibt es dazu eine Antwort oder nicht?)

Keine Sorge, zum Koziol-Gutachten kommen wir noch! Da müssen wir noch ein paar Klarstellungen vornehmen. Sie haben völlig recht!

Zunächst geht es aber noch um eine andere Klarstellung: Wir halten es nicht nur für unzulässig, sondern für völlig infam, dass man hier Herrn Professor Mayer als Haus‑ und Hofgutachter von irgendjemandem beurteilt. Das ist unter jeder Kritik! Es soll zu­mindest auch vermerkt werden, dass dieser plumpen Unterstellung – das ist die harm­loseste Bezeichnung, die mir dafür einfällt – hier wenigstens einmal widersprochen wird.

Im Übrigen wäre es viel sinnvoller, wenn wir die unsinnige Praxis der Ordnungsruferei schon pflegen, diese nicht unbedingt dann auszupacken, wenn es gegen uns selbst


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geht, sondern sinnvollerweise nur dann, wenn es um Unbeteiligte beziehungsweise solche geht, die sich hier nicht wehren können. Das wäre ordnungsrufwürdig. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bedanke mich nochmals für den Zwischenruf betreffend das Koziol-Gutachten, auf den ich jetzt eingehe, bevor wir uns dem Herrn Bundesminister und seiner Anfragebe­antwortung zuwenden. Der Ausschuss hat einstimmig die Herausgabe der Gutachten beziehungsweise Teilgutachten beantragt. Die Ausschussmeinung ist völlig klar: Es handelt sich hiebei um Unterlagen, die im Zuge der Bundesvollziehung erstellt wurden. Seien Sie doch nicht kindisch: Herr Minister Darabos hat nicht eine Nachtkästchen-Lektüre geordert, weil er von diesem Thema nicht mehr genug bekommen kann! Er hat dieses Gutachten nicht als Privatperson angefordert, um sich irgendwie daran zu delektieren, sondern um – wie wir jedenfalls hoffen – diesen Beschaffungsvorgang auch im Nachhinein so zu bewerten, dass daraus eine politische Haltung gestärkt wer­den kann. Wir hoffen jedenfalls noch auf diese politische Haltung Ihrerseits! Konkret geht es jetzt aber darum, dass natürlich völlig unbestritten ist, jedenfalls aus meiner Sicht, dass für das Parlament völlig unbestritten sein muss, dass diese Unterlagen zu übermitteln sind. Einen Privatminister werden auch Sie nicht erfinden! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Missethon.)

Wir kommen jetzt zur wirklichen Sache: Immerhin liegt eine Dringliche Anfrage vor, die der Herr Vizekanzler – unter Anführungszeichen – „beantwortet“ hat, und ich möchte jetzt in einem Punkt noch einmal auf Mayer zurückkommen: Ich weiß nicht, woher Frau Kollegin Fekter – jetzt flüchtet sie gerade – die Courage nimmt, sich auf Mayer zu beru­fen, denn dieser schreibt – es ist zwar schon zitiert worden, aber man muss es einfach noch einmal sagen – unter Punkt 3, genau gemessen an dem vorgelegten und ihm übermittelten Sachverhalt: „Diese Vorgangsweise ist unzulässig.“

Wenn Sie dauernd auf Abs. 4 rekurrieren, dann braucht man nur hinzuzufügen, dass es in diesem um allfällige Aufwendungen geht, über die der Ausschuss nicht unbedingt Kenntnis erlangen muss, die privateste Dinge wie Krankheiten betreffen und die allen­falls als Sonderausgabe steuerlich abgesetzt werden können. Dieses Beispiel hat er gebracht, und wir bringen dieses hier gerne auch noch einmal. Ich verstehe Kollegen Van der Bellen, dass er zunächst darauf verzichtet hat, das anzuführen, weil man ja nicht glauben mag, dass es ÖVP-Abgeordnete gibt, die immer noch vorgeben, dem Analphabetismus zu frönen, und zwar immer dann, wenn es ihnen passt. Jetzt ist es allerdings offensichtlich notwendig, hier zu Leseübungen aufzurufen, damit das auch im Protokoll verankert ist.

Nächster Punkt: Herr Vizekanzler, in jenem Akt, um den es hier geht, geht es nicht um privateste Details. Das können Sie Ihrer Unterlage entnehmen, die Sie und Ihre Mit­arbeiter heute übermittelt bekommen haben, und umso unverzeihlicher ist Ihre Beant­wortung! Es findet sich sogar in der Begründung unserer Anfrage, dass es in diesen Akten – und das muss man sich jetzt einmal auf der Zunge zergehen lassen – eben nicht um privateste Details geht, Frau Kollegin Fekter, sondern zum Beispiel um Konto­nummern, die geschwärzt sind, hinsichtlich welcher wir aber aus anderen Zusammen­hängen schließen konnten, dass es sich um Honorare für die „Creativ Promotion“ han­delt. – Dabei denken Sie sich nichts? Wenn diese Schwärzung verhüllt, dass es sich um Zahlungen in die Sphäre der ganz unmittelbar Beteiligten handelt, haben Sie noch – unter Anführungszeichen – die „Courage“, sich hier hinzustellen und zu sagen: Das ist alles richtig und gerecht. – Dazu sage ich: Das kann nicht sein!

Jetzt komme ich zu Ihrer Antwort, die sinngemäß so gelautet hat, Herr Vizekanzler, dass dann davon auszugehen ist, dass richtig übermittelt wurde, wenn geschwärzt ist. – Das kann es doch nicht sein! Sie können doch nicht, weil Sie Ihren Beamten ein so weitgehendes Vertrauen entgegenbringen, die Logik daraus ableiten, dass etwas,


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weil es geschwärzt ist, offensichtlich nicht Untersuchungsgegenstand ist. Und da sind wir genau beim Kern des Problems: Es muss der Ausschuss selbst zumindest eine Mit­sprachemöglichkeit darüber haben, was nun zum Untersuchungsgegenstand gehört oder nicht, sonst führt sich nämlich das ganze U-Ausschussverfahren ad absurdum. Das müssen doch auch Sie, wenn Sie ein bisschen ehrlich sind, nachvollziehen kön­nen! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist jetzt gerade ein bisschen ruhig geworden, aber ich möchte Sie schon einladen, das mit zu beantworten! Gerne würden wir eine weitere Wortmeldung Ihrerseits, Herr Vizekanzler, zur Beantwortung dieser Frage in Kauf nehmen, denn das haben wir von Ihnen noch nicht gehört! Sie haben noch nichts dazu gesagt, dass wir Sie beziehungs­weise Ihre Beamten – wir kommen noch zu Ihrer Verantwortung! – dabei ertappt haben, dass Passagen geschwärzt wurden, die eindeutig in die Sphäre des Untersu­chungsgegenstandes führen, und zwar unmittelbar in den Kern der jetzigen Erhebun­gen. Das gilt etwa für den Fall, dass die „Creativ Promotion“ im Steuerakt vermerkt ist und einfach darüber geschwärzt wurde.

Wenn Sie im Hinblick darauf noch Ihre Behauptungen aufrechterhalten wollen, dann weiß ich, wozu ich Ihnen gratulieren soll: Zu einer aufrichtigen Haltung wohl nicht mehr! Sie verkaufen sich aber gerne als Aufrichtiger. Dann nehmen Sie doch, bitte schön, jetzt einen Anlauf, diesem Bild gerecht zu werden! Es geht meines Erachtens einfach nicht an, wie Sie sich hier verhalten und einfach abseilen, indem Sie gleich von Anfang weg so tun, als ob die Beamten des Ministeriums etwas gemacht hätten, womit Sie nichts zu tun haben. Wenn Ihnen zur Kenntnis gebracht wird, was sich bei dieser Schwärzungsorgie abgespielt hat, dann können Sie sich nicht darauf berufen, dass das nur die Beamten waren. Vielmehr müssen Sie selbst hier die Linie vorgeben und für maximale Transparenz sorgen, so wie Sie und Ihre Vorgänger, auch auf Verteidigungs­ministerseite, das immer behauptet haben!

Es liegt einem ja noch grauenvoll im Ohr, dass bei dem, was wir bis jetzt hier zutage gefördert haben, alles sauber, alles korrekt und alles transparent sei. Das ist das Thema des ganzen Untersuchungsausschusses, und es passt ins Bild, wie Sie sich hier verhalten: Sie müssen etwas zu verbergen haben, denn sonst kann es ja wohl nicht sein, dass Sie hier eine derartige Boykott-, Abwürge- und angedrohte Zudreh­aktion veranstalten, genauso übrigens wie im Bankenausschuss!

Es ist doch ganz einfach und passt ins Bild: Seit Jahren versuchen Sie, wo Sie nur können, das Parlament mit Ihrer Mehrheit an diesen Aufklärungen zu behindern, und zwar schon im Rechnungshofausschuss: Alle Fragen waren auf dem Tisch, und alles wurde abgedreht. (Abg. Brosz legt ein Schriftstück auf das Rednerpult.) – Vielen Dank, Herr Kollege Brosz, aber wir haben uns darauf verständigt, dass den Antrag die Nach­rednerin oder der Nachredner einbringt!

Jetzt, da die Mehrheit zumindest vorübergehend etwas ermöglicht hat, betreiben Sie nichts anderes als die konsequente Fortsetzung Ihrer parteipolitischen Linie. Eines geht aber nicht, Herr Vizekanzler: Dass Sie das Amt des Finanzministers dazu miss­brauchen, das Parlament am Aufklären zu hindern! Das geht nicht, und das betreiben Sie, und das haben Sie in Ihrer Antwort auch ausgedrückt. (Beifall bei den Grünen.)

Da Sie, Herr Vizekanzler Molterer, jetzt Parteichef sind, sollten Sie sich lieber anderen Dingen zuwenden: für die freiwillige Offenlegung der Parteikassen sorgen und dazu beitragen, dass das hier Gesetzesstandard wird. Dazu laden wir auch alle immer wie­der ein. Etwas stinkt nämlich bei dieser Beschaffung, das war von Anfang weg klar, und wenn Wolf und der Lobbyist Steiniger die engsten Freunde sind und unmittelbar in der Vergabekommission die wichtigste Rolle gespielt haben, dann müssten selbst die Müdesten munter werden. Das wollen Sie aber nicht. Sie …

16.39



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 159

Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordne­ter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Kogler.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 7 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.39.26

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Da­men und Herren! Ich möchte es ein bisschen ruhiger anlegen als Frau Kollegin Fekter und an die stille Zeit erinnern. Die ÖVP wollte eigentlich bis Weihnachten den Unter­suchungsausschuss beenden, und dann wollten alle mit Kollegem Missethon einander die Hände reichen und unter dem Lichterbaum singen: Vier Mal hat der Rechnungshof geprüft – alles in Ordnung! Und nach Silvester sollte ein sauberes, korrektes und trans­parentes Jahr 2007 beginnen.

Aber das hat es halt nicht gespielt, und es schaut jetzt eben so aus, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! – Die Öffentlichkeit vermutet zu Recht Schmutz unter dieser Schwärzung, und das wird aufgeklärt werden. Das ist ganz klar und eindeutig. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist sehr interessant: Herr Dr. Schüssel hat ja am 13. Februar noch im Untersu­chungsausschuss gemeint:

„Mein Interesse als Bundeskanzler und Regierungschef war, dass wir endlich einmal zusammenbringen, dass eine Beschaffung transparent und objektiv durchgeführt wird – mit guten Gegengeschäften! Und das ist, glaube ich, bei diesem Fall erstklassig gelungen.“

Also, ein bisschen später klingt das schon anders. Vor einigen Tagen, am 20.4.2007, heißt es:

„ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel ist für die ‚rückhaltlose Aufklärung‘ der Vor­gänge um den Eurofighter-Vertrag.“

Über diese Unterstützung freuen wir uns. Ich hätte ja gehofft, dass Herr Dr. Schüssel vielleicht auch selbst das Wort ergreift (Abg. Dr. Jarolim: Wir auch!), aber immerhin: Das ist eine Unterstützung, und ich hoffe, dass Dr. Schüssel auf den Finanzminister einwirkt, was die „rückhaltlose Aufklärung“ betrifft.

Kollege Missethon! Nicht nur der Klubobmann und der Finanzminister haben eine Ver­antwortung, sondern auch der Innenminister. Das muss man schon dazusagen. Als er noch Verteidigungsminister war – am 3. Jänner –, hat Günther Platter Folgendes ge­sagt:

„Es ist mir völlig unverständlich, warum Abgeordneter Kräuter Behauptungen aufstellt, die wiederholt widerlegt worden sind.“ Das sei eine Hetzkampagne. Und weiter: „Ich stehe unmissverständlich voll und ganz hinter Generalmajor Erich Wolf und weise die Vorwürfe gegen ihn auf das Schärfste zurück. Wolf genießt mein volles Vertrauen.“

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Es wäre wirklich an der Zeit, dass sich da auch der Herr Innenminister einmal eindeutig äußert. Wir werden ja am 7. Mai bereits Gelegenheit haben, etwas dazu zu hören, und da werden wir auch über die Lizenzen sprechen. – Platter habe korrekt, richtig und rechtzeitig gehandelt und seinen Job erle­digt: Das ist natürlich blanker Unfug.

Tatsache ist – und das ist nicht geschwärzt –, dass 12 Monate vor Lieferung des ersten Flugzeuges die Lizenzen hätten hier sein müssen. (Abg. Eßl: Was ist mit dem Gusen­bauer? Welche Berater hat Gusenbauer gehabt?)


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Aber ich appelliere auch an den Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Der hat auch eine Verantwortung, der war bei dem ominösen Frühstück auch dabei. Mit ihm werden wir noch über die Gegengeschäfte reden. (Abg. Strache: Die Listen wollen wir einmal sehen! Endlich einmal die Listen transparent machen! Die Listen der Gegengeschäf­te! Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Das Paradegegengeschäft mit FACC, wo ja selbst EADS von Beginn an schon gesagt hat, das ist schon vierzig Tage vor dem Stichtag erledigt gewesen, ist ja inzwischen auch zerbröselt, denn niemand anderer als der Co-Eigentümer ...  (Ruf bei der ÖVP: ... Androsch! Abg. Scheibner: Ja, wirklich, aber wie oft der interveniert hat, möchten wir nicht wissen! Abg. Ing. Westenthaler: Wissen Sie, wie oft der interveniert hat?)

Aber entschuldigen Sie, meine Herren, Hannes Androsch ist ja der Co-Eigentümer des Flugzeugzulieferers FACC, und wer sollte es denn wissen außer ihm? Und er sagt, die Gegengeschäfte mit FACC seien nur zum Pool dazugerechnet worden.

Androsch: „Mit uns sind ja Gegengeschäfte nicht vereinbart worden. Das waren ganz normale bilaterale Geschäfte.“ (Abg. Scheibner: Fragen Sie einmal den Herrn And­rosch unter Wahrheitspflicht!)

Und jetzt kommt es, denn jetzt erhebt sich dann die Frage: Was hat die Peter Ott GmbH eigentlich gemacht? Was hat die Frau Keglevich eigentlich gemacht, wenn nicht einmal das FACC-Geschäft ein Gegengeschäft ist? Was hat Klaus-Dieter Bergner gemacht? – Darum haben wir diese Akten natürlich angefordert, weil wir das ja wissen wollen, und jetzt hoffen wir natürlich, dass die vom Finanzministerium nicht geschwärzt kommen. Das ist ja, glaube ich, logisch, klar und einfach.

Für Frau Fekter hätte ich nur – sie ist jetzt geflüchtet (Abg. Lentsch: Vor Ihnen sicher nicht!) – eine einzige, aber nicht unwichtige Sache: Sie bestreitet ja öffentlich – in Sit­zungen, überall, wo sie nur kann –, dass Herr Steininger an Vertragsverhandlungen für Eurofighter teilgenommen hat. Es lässt sie bisher auch völlig unbeeindruckt, dass es ja ein Dokument gibt, wo nachnominiert wird und von Eurofighter an die Republik ge­schrieben wird:

An den Vertragsverhandlungen am Dienstag, dem 30. Juli 2002, nehmen zusätzlich teil: Herr Steininger, Herr Plattner und Herr Aldag. – Zitatende.

Das weiß Frau Fekter natürlich, dass hier ganz klar Herr Steininger als Vertragsver­handler nominiert worden ist.

Was sie aber vielleicht nicht weiß – oder nicht wissen will, man sollte ihr das vielleicht bringen, Kollege Missethon –: Am 1. März 2007, in der 23. Sitzung des Untersuchungs­ausschusses findet sich auf Seite 148 des Protokolls Folgendes:

Da fragt Abgeordneter Stadler Herrn Edwin Wall, den Chefverhandler der Republik Ös­terreich:

„Haben Sie mit dem Herrn Erhard P. Steininger abseits der Verhandlungen oder in den Verhandlungen Kontakte gehabt?“

Und Herr Mag. Edwin Wall antwortet: „In den Verhandlungen.“

Ich glaube, klarer, als dass der Chefverhandler der Republik Österreich bestätigt, dass Herr Steininger verhandelt hat, kann es gar nicht ausgedrückt werden, und das wird noch ganz große Relevanz haben!

Da Herr Scheibner heute so auf dem Aufklärungstrip war, möchte ich ihm schon Fol­gendes vorlesen:


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Er sagt da in der „Kleinen Zeitung“, Steininger sei überhaupt erst nach der Typenent­scheidung als Vertreter von EADS ins Spiel gekommen.

Also, Herr Scheibner, Sie werden ja wohl den Vertrag von Steininger und Rumpold – dem mit Ihnen befreundeten Ehepaar – vom 27.3.2002 kennen!

Wenn Sie in einer Zeitung behaupten, Steininger sei später dazugekommen: Da ist der Gegenbeweis! (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Und weil Herr Westenthaler auch noch etwas zwischenruft: In der „Wiener Zeitung“ vom 31.5.2006 sagen Sie in einem Interview, natürlich hätten Sie Fehler gemacht. – Das ist im Jahr 2006! Wovon Sie derzeit leben, fragt die „Wiener Zeitung“. Westen­thaler: „Ich werde sozialversichert sein, und zwar zu sehr geringfügigen Bezügen. Das wird über die Werbeagentur Rumpolds laufen.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist falsch! Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Also wenn die Rumpolds zu Ihnen, Herr Westenthaler, einigermaßen so großzügig wa­ren, wie zu sich selbst, dann brauchen wir uns um Sie keine Sorgen zu machen! (Bei­fall bei der SPÖ.  Abg. Ing. Westenthaler: Das ist leider falsch!)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.


16.46.06

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Professor Van der Bellen, ich bin eigentlich schwer verstört darüber, in welcher Form Sie jetzt hier ein Gerichtsurteil bagatellisiert haben (Abg. Mag. Kogler: Der Antragsteller ...!) – ein Gerichtsurteil, das deswegen so wesentlich ist, weil es jetzt nachweist, dass in einem Höchstmaß Ver­trauen, das in Ausschüsse zu setzen ist, gebrochen wurde, und zwar vom Ausschuss­vorsitzenden, Kollegem Pilz von Ihrer Partei.

Wenn man sich die Website anschaut – und das kann jeder tun, denn es ist dort noch immer alles zu finden –, dann stellt man – wenn es einem um Datenschutz und um das Steuergeheimnis ernst ist – mit großem Schrecken fest, dass da Rechnungen eins zu eins abgebildet werden, die für jedermann nachvollziehbar sind, Rechnungen, die Dritte betreffen, die mit dem Verfahren überhaupt nichts zu tun haben, Herr Profes­sor Van der Bellen! (Abg. Mag. Kogler: Sie sind im Ausschuss diskutiert worden!)

Das bedeutet, dass Sie heute – was mich wirklich erschreckt! – das Bürgerrecht auf den Schutz der Privatsphäre, das Bürgerrecht auf den Schutz auch des eigenen per­sönlichen Geldlebens so relativiert haben – das Recht, das wir in einem Bankgeheim­nis abgebildet haben, das immerhin Verfassungsrang besitzt, das wir im Grundrecht auf Datenschutz abgebildet haben, das immerhin Verfassungsrang besitzt, das wir in der einfachen gesetzlichen Umformung dann als Steuergeheimnis nach § 48a Bundes­abgabenordnung als Gesetzgeber gestaltet haben.

Wir haben das gestaltet, Kolleginnen und Kollegen auch von der grünen Fraktion, auch von der freiheitlichen Fraktion! Wir haben es gestaltet, und wir haben eine Pflicht den Österreicherinnen und Österreichern gegenüber, das, was wir hier selbst als Gesetz­geber gestalten, auch ernst zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben die Pflicht, das nicht nur deshalb, weil wir glauben, uns parteipolitisch profi­lieren zu müssen – wie Kollege Pilz, der das persönlich seit Jahr und Tag tut und auf einem Persönlichkeitstrip ist –, über Bord zu werfen und das Vertrauen der Österrei­cher, dass wir unsere eigenen Gesetze ernst nehmen, dass wir ihre Privatsphäre ach-


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ten, mit Füßen zu treten, Herr Professor! (Abg. Dr. Van der Bellen: Sind Sie jetzt an einer Aufklärung interessiert oder nicht?)

Ich sage Ihnen: Das mag Ihre Partei tun, das mögen die Freiheitlichen tun: Wir werden uns mit letzter Konsequenz dagegenstellen. (Abg. Dr. Van der Bellen: „Mit letzter Kon­sequenz“, was heißt das?)

Was mich als Nächstes völlig fassungslos gemacht hat: Sie finden keine kritischen Worte dazu, dass ein Ausschussvorsitzender Ihrer Partei schamlos geheime Doku­mente auf seine Website stellt und am 19. April in der „Zeit im Bild 2“ mit solchen Dokumenten in die Kamera wachelt! (Abg. Dr. Van der Bellen: „Schamlos“? Hat er ja nicht! Das ist alles öffentlich, nur nicht in dieser Form!)

Ich sage Ihnen: Ein Glück, dass da die Beamten ihre Pflicht getan haben und das aus­geschwärzt haben, was Dritte dann in ein Verfahren gezogen hätte, mit dem sie nichts zu tun haben. – Das ist unsere Pflicht! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Van der Bellen: So wird jedenfalls der Eurofighter-Beschaffungsvorgang nicht aufgeklärt werden!)

Und ich sage Ihnen noch etwas, Herr Professor! (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie sind an einer Aufklärung völlig desinteressiert!) – Hören Sie bitte zu, es kann nur nützlich sein! (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie haben mir keine Sekunde zugehört!)

Ich sage Ihnen noch etwas: Wenn wir – wie Sie das getan haben – die Beamten, die ihre Pflicht tun, nicht schützen ... (Abg. Sburny: Der Minister versteckt sich ja hinter den Beamten!) Es ist nicht so, dass der Beamte das Recht hat zu entscheiden, nein,
er hat die Pflicht zu entscheiden! (Zwischenrufe bei den Grünen. Abg. Sburny:
Der Minister ist verantwortlich, nicht die Beamten sind verantwortlich! 
Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Die Exekutive ist an den Legalitätsgrundsatz gebunden und ist daher dazu verpflichtet! (Abg. Sburny: Gibt es jetzt eine Ministerverantwortlichkeit oder eine Beamtenverant­wortlichkeit? Entschuldigen Sie, aber das ist ein Schwachsinn, was Sie da sagen!) Ich sage Ihnen noch etwas – auch daran ist Ihre Fraktion beteiligt –: Wenn wir das Bank­geheimnis, das keinen Durchbrechungstatbestand für einen parlamentarischen Unter­suchungsausschuss darstellt – oder? Geben Sie mir da recht? (Abg. Sburny: Das ist ein fürchterlicher Unsinn, was Sie da sagen! Das ist reine Hetze, was Sie betreiben!)

Das Bankgeheimnis stellt keinen Durchbrechungstatbestand dar. Das ist im Gesetz so geregelt, und das wurde so auch ausreichend begutachtet. (Abg. Mag. Kogler: Das Bankgeheimnis ...!) Wenn Sie dann in Ausschüssen Mitarbeiter der Finanzmarktauf­sicht und der Nationalbank vorladen, um sie zu befragen, und sie dann stundenlang unter Druck setzen (Abg. Dr. Van der Bellen: Ich?), immer mit der Absicht, dass die dann in diesen Ausschüssen genau das, was zu wahren unsere Pflicht ist, brechen, dann ist das ein Skandal! (Abg. Dr. Van der Bellen: Ich habe nichts gebrochen!)

Das ist ein Missbrauch des Instrumentes Untersuchungsausschuss, und ich sage Ihnen: Wir als ÖVP werden uns vor die Bürger und vor ihre berechtigten Schutzinteres­sen stellen. Wir nehmen das ernst. Wir werden den Behörden den Rücken decken, dass sie rechtskonform handeln, und wir werden in den Ausschüssen alles daranset­zen, dass die Interessen – die berechtigten Schutzinteressen! – dritter Personen auch wirklich gewahrt bleiben. (Abg. Dr. Van der Bellen: ... schwärzen lassen! Schwärzen, schwärzen, schwärzen! Sie sind nicht dazu da, den Behörden den Rücken zu decken! Sie sind Parlamentarier!)

Es ist traurig, dass die Grünen das offensichtlich für einen Bettel, um ein bisschen poli­tisches Kleingeld zu schlagen, über Bord werfen. (Abg. Mag. Kogler: Für wen lobbyie­ren Sie eigentlich? Legen Sie Ihre Verhältnisse offen! Lobbyist!)


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Wir werden den Weg nicht gehen, und es wird uns niemand von Ihnen auch nur einen Augenblick darin beirren oder gar davon abbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. – Herr Klubobmann, Sie ken­nen die Bestimmungen. 2 Minuten. – Bitte.


16.52.24

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Der Herr Abgeord­nete der SPÖ Kräuter hat hier unter Bezugnahme auf ein Zeitungszitat behauptet, ich sei im Jahr 2006 bei der Werbeagentur des Herrn Gernot Rumpold beschäftigt gewe­sen. – Das ist die Unwahrheit!

Nur, damit es auch im Protokoll steht: Ich war natürlich nicht bei der Werbeagentur von Rumpold beschäftigt. (Abg. Strache: Das haben aber Sie unter Zitat gesagt, dass Sie finanziert werden vom Unternehmen Rumpold!) Ich war drei Monate lang bei der Orange Werbeagentur GmbH beschäftigt, die mit der von Herrn Rumpold nichts zu tun hat.

Bitte behaupten Sie hier keine Unwahrheiten! (Beifall beim BZÖ.)

16.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann zu Wort. 8 Minuten Wunschredezeit. Ich darf darauf aufmerksam ma­chen, dass das die gesamte Restredezeit ist. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.53.14

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Vorweg möchte ich einmal sagen: Ich werde auch versuchen, etwas Emotion herauszunehmen, um sachlich Informationen transportie­ren zu können; hier wurde heute schon so gepeitscht.

Ich kann es mir aber nicht verkneifen, etwas zu Herrn Jarolim zu sagen, der jetzt gera­de nicht anwesend ist: Er hat Herrn Universitätsprofessor Dr. Mayer ins Spiel gebracht und wollte seine Aussage in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses aus dem Protokoll zitieren.

Ich kann aber dazu gleich sagen: Es ging um eine Frage, die ich ihm gestellt habe, hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnisses bezüglich der Not­wendigkeit der Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss einerseits und des Schutzes der Persönlichkeitsrechte Dritter – also von Privatpersonen – andererseits, wozu er mir mitgeteilt hat – und das wird auch im Protokoll nachzulesen sein –, dass es hierfür nicht wirklich eine Auflösung gibt. Da gibt es eindeutig ein Spannungsverhält­nis; das ist keine Frage.

Ich muss aber auch sagen, dass die Grünen heute wirklich Nerv zeigen, wenn sie eine Dringliche Anfrage bezüglich des Vorgehens der Finanzbehörde bei der Aktenübermitt­lung an den Untersuchungsausschuss stellen und behaupten, dass dieses rechtswidrig sei.

Ich rufe Ihnen nämlich – das möchte ich noch einmal tun, auch wenn ein Teil heute schon zitiert wurde – noch einmal die wesentlichen Punkte eines Gutachtens der Fi­nanzprokuratur in Erinnerung:

Jede ersuchte Behörde hat sich freilich zunächst zu vergewissern, ob der Ausschuss im Rahmen seiner Befugnis handelt, da nur diesfalls eine Verpflichtung der untersuch­ten Organe ausgelöst wird.


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Von der Finanzverwaltung sind sohin jene Akten beziehungsweise Aktenteile von der Aktenvorlage auszunehmen, die mit dem Beschaffungsvorgang der Eurofighter Kampf­jets nichts zu tun haben können.

Sollte die Trennung der einzelnen Aktenteile faktisch nicht möglich sein, so wäre das Amtsgeheimnis durch Schwärzungen auf dem entsprechenden Aktenteil zu wahren.

Die Nichtbeachtung dieses Umstandes würde letztlich zu einer Verletzung der abga­benrechtlichen Geheimhaltungspflicht führen, die wiederum geeignet wäre, Amtshaf­tungsansprüche gegen die Republik Österreich auszulösen, insbesondere, wenn dem Abgabenschuldner durch die nicht gerechtfertigte Bekanntwerdung von Geschäfts- und Betriebsdaten in der Öffentlichkeit ein Schaden erwächst.

Zu guter Letzt – und das ist jetzt gerade im Zusammenhang mit den heutigen Informa­tionen aus der APA sehr interessant! –: Insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die vertrauliche Behandlung von Akteninhalten in der Vergangenheit oftmals nicht voll­ständig gewahrt werden konnte, ist ein sorgfältiges Vorgehen geboten. – Zitatende.

Im Zusammenhang mit dieser Vertraulichkeit – oder nicht gewahrten Vertraulichkeit – hat uns dann heute eine Meldung der APA ereilt, in der der Öffentlichkeit die Entschei­dung des Wiener Straflandesgerichts zur Kenntnis gebracht wurde, dass einer Klage gegen den Ausschussvorsitzenden Pilz auf Unterlassung der Veröffentlichung vertrau­licher Informationen aus Steuerakten von österreichischen Bürgern auf seiner Home­page stattgegeben wurde.

Bei aller objektiver Aufklärungsnotwendigkeit aller Fragen in diesem Ausschuss ist es gerade bei der Tätigkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses absolu­te Notwendigkeit, im rechtlich einwandfreien Rahmen zu agieren und nicht – wie der Ausschussvorsitzende Pilz – mit so etwas in Verbindung gebracht zu werden und prak­tisch auch schon durch das Gericht in erster Instanz verurteilt zu werden.

Durch solches Agieren – speziell durch den Ausschussvorsitzenden und auch diverse andere Ausschussmitglieder – wird nämlich wirklich die Glaubwürdigkeit dieses Gremi­ums schwerstens verletzt.

Ich muss sagen, die weitere Vorsitzführung durch den Abgeordneten Pilz wird im Aus­schuss wirklich ein Diskussionspunkt in der nahen Zukunft sein müssen.

In diesem Zusammenhang frage ich aber auch Herrn Pilz – er ist jetzt nicht da –, ob er als Ausschussvorsitzender seinen Ankündigungen nachgekommen ist, die er mir und auch dem Ausschuss gegenüber kundgetan hat, den ständigen Vertraulichkeitsverlet­zungen durch den Untersuchungsausschuss einen Riegel vorschieben zu wollen, in­dem er auch ein persönliches Gespräch mit der Präsidentin Mag. Prammer führt. Jetzt ist sie ja da. Vielleicht kann er dann beantworten, ob er diesen Ankündigungen nachge­kommen ist und wie er sich im Lichte der heutigen Informationen der strafrechtlichen Verurteilung selbst unter Kontrolle bringen will. (Abg. Brosz: Wieso „strafrechtliche Verurteilung“? Einstweilige Verfügung!)

Aber nun zurück zu den geschwärzten Akten: Aus unserer Sicht muss ich schon fest­stellen, dass eine Beeinträchtigung der Arbeit im Ausschuss durch die übermittelten Akten nicht gegeben war, denn wenn die übermittelten Akten beziehungsweise die Schwärzungen wirklich so fragwürdig gewesen wären und den Akten praktisch regel­mäßig jegliche Information genommen worden wäre, wie wäre es dann möglich gewe­sen, die Zahlungen Steininger-Wolf aufzudecken, die Zahlungen Steininger-Rumpold aufzudecken und darüber zu diskutieren?

Es sind Zahlungen geflossen, wir haben sie den Akten entnommen, und da kann wohl keiner kommen und sagen, es werde so geschwärzt, dass kein Mensch weiß, was da


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vorgefallen ist. – Das heißt, aus unserer Sicht hat der Steuerakt Steininger wirklich alles hergegeben.

Folgendes möchte ich noch unterstreichend wiederholen: Die von der Finanzprokuratur bei der Übermittlung der Steuerakten aufgestellte Befürchtung der Missachtung der Vertraulichkeit dieser hochsensiblen Unterlagen wurde durch das Agieren des Aus­schussvorsitzenden – und wenn man Medienberichten glauben darf, auch durch das Agieren des SPÖ-Kollegen Kräuter – bestätigt.

Ich habe hier – und das darf ich vorzeigen – zwei Seiten aus „NEWS“, Nummer 15 aus 2007, wo auf einer Seite wirklich Eins-zu-eins-Kopien aus einem Steuerakt zu sehen sind, und auf der anderen Seite steht:

„Günther Kräuter. Der SPÖ-Abgeordnete brachte die Causa Wolf aufs Tapet.“

Das heißt, wenn schon so offiziell vertrauliche Unterlagen an die Medien gespielt wer­den, muss das wirklich Konsequenzen haben, und dafür hätte an sich der Ausschuss­vorsitzende zu sorgen! (Beifall beim BZÖ.)

Kurz ansprechen möchte ich noch, bevor meine Redezeit leider zu Ende geht, die andere Seite, die es zu kritisieren gilt, nämlich die Nicht-Übermittlung des angeforder­ten – nämlich mit einstimmigem Beschluss des Untersuchungsausschusses angefor­derten! – Teilrechtsgutachtens des Herrn Dr. Koziol, welches der Bundesminister für Landesverteidigung hat anfertigen lassen.

In diesem Fall gibt es wirklich keine Ausrede vonseiten des Landesverteidigungsmi­nisters! Immer wenn er mit seiner Begründung kommt, es gibt keine Deckung durch den Untersuchungsgegenstand, und wenn er sagt, dass er es uns deswegen nicht übermitteln kann, ist das lachhaft. Denn wenn eine Expertise über Zahlungen im Zu­sammenhang mit der Beschaffung vorliegt und wir als einen Punkt im Einsetzungsbe­schluss des Untersuchungsausschusses angeführt haben, dass die Kosten eines Aus­stiegs aus dem Eurofighter-Vertrag zu beleuchten sind, dann ist wohl klar, dass gerade diese Expertise wesentlich für unsere Ausschussarbeit ist.

Auch ein weiterer Punkt, den Herr Minister Darabos immer wieder anführt, ist verfas­sungsrechtlich nicht gedeckt, auch wenn man es ihm menschlich zugute halten kann, dass er Herrn Dr. Koziol als Gutachter versprochen haben will, das Gutachten nicht vor seinem Endgutachten an die Öffentlichkeit zu bringen. Das mag alles sein, durch die Verfassung ist das aber nicht gedeckt. Der Ausschuss hat ein Recht, diese Informatio­nen zu erhalten, um wirklich seiner Aufklärungsarbeit nachkommen zu können.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal von unserer Seite festhalten: Wir wollen eine Aufklärung, aber Recht und vor allem das Recht der Bürger muss Recht bleiben! – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nur zur Klarstellung und zur Information: Ich habe mich vorhin in der Zeittabelle geirrt, das BZÖ hat sehr wohl noch eine Restrede­zeit; damit hier kein Missverständnis aufkommt.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort. 7 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte.


17.02.09

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Herr Vizekanzler! Ich wollte mich eigentlich nicht mehr mit der tatsächlichen Berichtigung des Herrn Ing. Westenthaler, die keine war, auseinandersetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sicher war es eine! Das war eine klassische sogar!) Ja, „klassisch“ in Ihrem Sinn. Ich möchte nur, damit es auch im Protokoll steht, sagen, was Sie tat-


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sächlich gesagt haben, und zwar ist das in der „Wiener Zeitung“, Nummer 105 vom 31. Mai 2006, Ressort Inland, zu lesen:

Frage: Wovon leben Sie derzeit? – Westenthaler: „Ich werde sozialversichert sein, und zwar zu sehr geringfügigen Bezügen. Das wird über die Werbeagentur Rumpolds lau­fen.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Ist es aber nicht!)

Also was soll dann Ihre tatsächliche Berichtigung? (Abg. Ing. Westenthaler: Weil es nicht gelaufen ist!) Dann müssen Sie sich mit der Zeitung auseinandersetzen und nicht mit dem Parlament hier! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das habe ich gemacht! – Abg. Ing. Westenthaler macht in Richtung des Redners die sogenannte Scheibenwischerbewegung.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute schon wirklich „tolle“ An­sätze gehört, wie es denn so in diesem Untersuchungsausschuss zugeht. Und wenn Frau Fekter heute gemeint hat, dass da jemand schnüffeln will: Sehr geehrte Frau Kollegin Fekter! Ich glaube, schnüffeln hat eigentlich mit der Arbeit unseres Untersu­chungsausschusses nichts zu tun (Ruf bei der ÖVP: Pilz!), denn ich für meinen Teil und, soweit ich das auch für die sozialdemokratischen Abgeordneten im Ausschuss sagen kann, wir bemühen uns tatsächlich und ehrlich, dem Prüfauftrag gerecht zu werden, und haben keine Lust, da irgendwo herumzuschnüffeln! Das würde ich schon ganz entschieden zurückweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Fekter hat uns gesagt, Sie hätte die Handelsakademie gemacht und von der Buchhaltung eine Ahnung, und dann gemeint, wir würden nur deswegen diese Akten sehen wollen, weil in der Klasse 5 beziehungs­weise in der Klasse 6 die Lohndaten enthalten sind. Ja, haben Sie sich diese Unterlage nicht angeschaut? Wenn Sie Daten über Dienstnehmer haben wollen, dann brauchen Sie die Lohnverrechnung oder die Unterlagen für die Krankenkasse, aber doch bitte nicht einen Steuerakt, wo alles nur in Summen drinnen steht!

Frau Kollegin, wäre es nicht möglich, wenn man sich diesen Akt anschauen würde, auch die Lohnverrechnungsakte, dass man da drinnen Namen findet, die ganz einfach auf der Lohnliste stehen und die plötzlich in Zusammenhang stehen mit der Anschaf­fung der Eurofighter? Und das dürfen wir nicht anschauen, das dürfen wir nicht unter­suchen?! Das sehe ich nicht ein! Das sehe ich bitte überhaupt nicht ein! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Ich erinnere an den Vorschlag des Klubobmannes Cap, der gemeint hat: Warum neh­men wir nicht unseren Verfahrensanwalt, vor dem wir alle Hochachtung haben, nehme ich einmal an – ich höre nichts anderes im Ausschuss –, und bitten ihn, dass er sich diese Akten mit den Beamten des Finanzministeriums ansieht? Und wenn der dann kommt und sagt, das brauchen wir nicht, dann ist es gut; und wenn er sagt, diese Daten wollen wir, dann wollen wir sie auch haben, um unserem Untersuchungsauftrag gerecht zu werden. Das ist doch gar nicht so schwierig! Wo liegt hier das Problem? (Abg. Dr. Fekter: ... Koziol-Gutachten ...!)

Wir diskutieren zurzeit etwas anderes, Frau Kollegin. Ich glaube, es kommt dann noch eine Debatte, wo Sie dann wieder den „Koziol“ hereinrufen können. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt wieder den Vorsitz.)

Übrigens: Die Klasse 5 ist auch ganz interessant im Kontenrahmen: Da geht es um die Subunternehmer. Da geht es um Leistungen, die zugekauft werden. Also, Frau Kolle­gin, wenn Sie wirklich in der Buchhaltung so gut sind, dann wissen Sie ganz genau, dass man unter diesen Klassen alles Mögliche verstecken kann. Und das zu kontrollie­ren muss doch möglich sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Aha! Können Sie


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uns da Tipps geben?) – Die Tipps würde ich mir gerne von Ihnen holen. Ich habe Buchhaltung nicht nur gehört, ich habe es 25 Jahre lang unterrichtet!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich las in einer Presseaussendung des Herrn Finanzministers und des Staatssekretärs, dass sie der APA gegenüber festgestellt ha­ben, dass das Bundesministerium für Finanzen alle berechtigten Aktenanforderungen bei den derzeit laufenden Untersuchungsausschüssen umgehend erfüllt habe.

Jetzt glaube ich das natürlich aufs Wort, nur, das Problem, meine sehr geehrten Da­men und Herren, liegt in der Frage der Berechtigung. Wer sagt denn, dass es berech­tigt ist, diesen Akt anzuschauen? Wer sagt denn das? – Herr Bundesminister für Finan­zen, Sie kommen da nicht vor, es ist immer nur die Rede vom Büro und vom Ministe­rium. Wer ist denn das, der uns Parlamentariern, uns im Untersuchungsausschuss sagt, das dürfen wir und das dürfen wir nicht? Ich glaube, das sollten wir zunächst ein­mal abklären, wer denn eigentlich berechtigt ist, diese Bewertung vorzunehmen.

Da heute immer wieder gesagt wurde, die Bürgerrechte müssen geschützt werden – Herr Ikrath und auch Herr Finanzminister Molterer haben das gesagt –, und das Steu­ergeheimnis ist so wichtig, und der Datenschutz ist so wichtig: Stimmt, absolut! Nur: Hat nicht auch der Bürger, dessen Rechte wir hier schützen, vorgeben zu schützen, das Recht zu erfahren, ob bei der Beschaffung, bei der größten Beschaffung der Zwei­ten Republik mit weit mehr als 2 Milliarden € alles korrekt über die Bühne gegangen ist, alles korrekt dargestellt worden ist und es hier nicht zu irgendwelchen Zahlungen ge­kommen ist?!

Interessanterweise, meine Damen und Herren, diese Zahlung Steininger an Wolf be­ziehungsweise an Frau Wolf, das ist genau der Akt, um den es geht, in dem viele, viele Zeilen geschwärzt sind. (Abg. Dr. Fekter: Der war aber nicht geschwärzt! Sonst wüss­ten wir es ja nicht, Herr Bürgermeister!) Ja, bitte, warum denn jetzt plötzlich? Der ganz normale Bürger denkt sich: Ja, warum denn? Warum darf denn das nicht offengelegt werden?

Ich bitte Sie wirklich, im Interesse unseres Prüfauftrages so vorzugehen, dass wir tatsächlich sagen können: Ja, das war korrekt!, oder: Nein, das war nicht sauber!, und dann sind die Konsequenzen zu tragen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.09


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; 5 Minuten Restredezeit der Frak­tion. – Bitte, Sie sind am Wort.


17.09.38

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Es ist ja ganz klar: Steuergeheimnis: gerne, ja; Rechtsstaat: gerne, ja; Bürgerrechte: ja; Datenschutz: ja – aber bitte auch bei der Han­dyüberwachung! Wo ich deutlich nein sage, ist bei Vertuschung, bei Schwärzung, bei sozusagen Nebelwerfen. Da ist von uns jetzt aufgezeigt worden, es wurden von Ihren Beamten oder von der Ihnen untergeordneten Beamtenschaft auf einmal die Filzstifte herausgeholt, nicht bei Rumpold, jetzt bei Steininger. Erklären Sie mir das! Warum gilt all das, was Sie vorhin gesagt haben – Steuergeheimnis, Rechtsstaat, Bürgerrechte, Datenschutz – nicht bei Rumpold, warum muss jetzt auf einmal bei Steininger dieses ganze Register gezogen werden?

Noch dazu, wo es bei Steininger klar wird, dass die Schwärzungen dort vorgenommen worden sind, wo EADS im Hintergrund steht. Nur bei EADS-Angelegenheiten wurde bis jetzt teilweise ungerechtfertigterweise gestrichen, zeigen uns genaue Untersuchun­gen. In unserer Anfrage wird ja deutlich dokumentiert: „Honorar Communications“, rund


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6,4 Millionen € – nicht geschwärzt. Und auf einmal weiter unten bei Einnahmen „Spe­senersatz“ wird geschwärzt!

Ein zweites Beispiel erspare ich Ihnen aus Zeitgründen. Hier ist die Grundfrage: Wie können Beamtinnen und Beamte überhaupt wissen, was sie schwärzen sollen und was nicht, wenn Sie es ihnen nicht dezidiert gesagt haben, dass sie dort schwärzen sollen, wo Verdachtsmomente im Raum stehen, dass Geldflüsse in Richtung vielleicht auch Parteien unterwegs waren?

Nur so, Herr Finanzminister, kann ich mir erklären, dass Sie heute derartig mauern und uns im Parlament, uns im Untersuchungsausschuss die Kontrollrechte massiv ein­schwärzen. Das geht nicht, das ist ein Skandal, da müssen Sie endlich uns gegenüber einmal die Rechtsstaatlichkeit, die Rechtssetzung des Parlaments voranstellen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.


17.12.00

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Die Thematik ist eine pro­blematische, seit die beiden Untersuchungsausschüsse eingesetzt wurden. Ein kleiner historischer Abriss: Es gab in dieser Republik inklusive der beiden, die derzeit laufen, 16 Untersuchungsausschüsse. Neun davon wurden auf Betreiben der ÖVP eingesetzt, acht davon wurden auf Betreiben der SPÖ eingesetzt – manchmal war es ein gemein­sames Betreiben –, sechs davon auf Betreiben der Freiheitlichen Partei und jetzt der zweite auch auf Betreiben der Grünen, und das zum Teil immer mit wechselnden Mehrheiten.

Es gab eigentlich noch nie ein derart veritables Problem hinsichtlich der Aktenbeischaf­fung generell von den einzelnen Ministerien, aber auch nachgelagerten Dienststellen und im Besonderen auch von den ausgegliederten Behörden. In Wirklichkeit leben wir in einem Spannungsfeld, in einem Spannungsfeld zwischen Amtsverständnis der Be­hörden auf der einen Seite – und da zähle ich, wenn ich jetzt den Bankenausschuss hernehme, auch die belehnten Behörden Oesterreichische Nationalbank und Finanz­marktaufsicht hinzu – und Selbstverständnis der Abgeordneten auf der anderen Seite. Ein wirkliches Spannungsfeld, wo jetzt einiges aneinanderprallt.

Das Zweite ist natürlich der Punkt Vertrauen und Vertraulichkeit, der je nach politischer Lage der einzelnen Abgeordneten oder nach Lager, wenn man das so nennen will, unterschiedlich ausgelegt wird. Wir sind ordentlich vorgegangen, wir haben gemeinsam beschlossen, alle fünf Parteien, die nicht vertraulichen Protokolle mittels Kommuniqués zu veröffentlichen. Daher ist auch nachzulesen, wie sich zum Teil das Amtsverständnis von Beamten darstellt. Beamte haben uns im Bankenausschuss gesagt: Wenn man dem Parlament Unterlagen übermittelt, geraten sie zu leicht in die Öffentlichkeit, und daher hat man sich gedacht, man übermittelt diese oder jene Unterlage nicht. – Aus den Ministerien werden auch Unterlagen den Medien übermittelt! Wir dürfen uns ein derartiges Selbstverständnis in diesem Zusammenhang gar nicht gefallen lassen!

Das Vertrauen in die Behörden ist seitens der Parlamentarier und wahrscheinlich auch seitens derjenigen, die dem Ressort vorstehen, nicht wirklich groß. Ich werde Ihnen das hier anhand einiger Beispiele darlegen.

Wieso sollen wir als Abgeordnete, die einen Untersuchungsauftrag haben – und wir wurden mit Mehrheit dieses Parlaments eingesetzt –, Vertrauen gegenüber Behörden


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oder Organen haben, die uns Schreiben wie das folgende senden? Ich zitiere eines stellvertretend für manch andere Behörden, eines aus der Justiz.

Ich habe am 6. März 2007 ein böses Schreiben bekommen, weil ich damals in einem Interview gesagt habe, die Justizbehörden, insbesondere die Landesgerichte, übermit­teln uns die entsprechenden Unterlagen nicht, deren Vorlage wir beschlossen und ab­verlangt haben – und das ist unser gutes Recht! Beschlossen wurde die Aktenbei­schaffung am 17. November 2006, und am 6. März 2007 bekomme ich dann ein Schreiben vom Gerichtshofpräsidenten, in dem er mir mitteilt: Erst mit 1. Februar sind wir vom Justizministerium verständigt worden, dass wir Unterlagen vorzulegen haben! (Abg. Strache: Das ist ungeheuerlich!)

Das ist ungeheuerlich, wenn das Justizministerium in dem Fall – aber es gab das Glei­che auch im Finanzministerium – drei Monate braucht, um eine Behörde zu verständi­gen, in dem Fall die Justizverwaltungsbehörde vor Ort, dass sie Unterlagen vorzulegen hat! (Abg. Strache: Das nennt man bremsen!)

Wenn uns dieser Gerichtshofpräsident von Salzburg – das ist nachzulesen, wir haben ja die Protokolle der öffentlichen Sitzungen veröffentlicht –, dann das Schreiben bei­legt, aus dem hervorgeht, wann er es tatsächlich bekommen hat – und das ist nicht unter Faksimile, denn das ist ein persönlicher Brief an mich, er beschwert sich ja bei mir –, und er sagt, unverzüglich haben wir alle Unterlagen vorgelegt, dann glaube ich ihm primär einmal.

Wenn wir dann aber im Ausschuss den Beschluss fassen, dass wir eine Vollständig­keitserklärung der einzelnen Ressorts haben wollen, und dann Folgendes passiert, nämlich dass am 9. März – obwohl mir am 6. März persönlich geschrieben wird, wir ha­ben am 8. Februar vorgelegt, und man sich darüber beschwert, dass ich etwas ande­res sage –, mitgeteilt wird: Das Landesgericht Salzburg hat heute um 15.30 Uhr – heute, den 9. März, also nach dem Schreiben, wo er sich beschwert, wie ich so etwas sagen kann! – im Wege des BMJ zirka 2,5 Laufmeter Originalakten übermittelt, warum soll ich dann einer Behörde noch glauben, wenn sie mir bösartige Briefe schreibt, wenn wir permanent Unterlagen abverlangen und wir diese nicht bekommen?

Das Gleiche passiert auch bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde, die uns auch be­stätigt hat, alle Unterlagen übermittelt zu haben. Ich kann Ihnen ein Schreiben vom 12. April 2007 zeigen, das an unseren Ausschuss ergangen ist, was also erst wenige Tage her ist, in dem uns mitgeteilt wird: Wir haben noch 74 Aktenordner, die wir Ihnen übermitteln, teilen Ihnen aber gleichzeitig mit, dass das noch nicht alles ist, aber un­sere Ressourcen so knapp sind. Wir haben dann mit ihnen vereinbart, dass sie die Unterlagen schicken, wenn sie kopiert und fertig sind. Das ist vonseiten der Behörden eigentlich nicht vertrauenswürdig.

Andere Behörden kommen und sagen, wir haben alle Akten vorgelegt. Und jetzt be­gehe ich wirklich einen eklatanten Vertrauensbruch, denn diese Unterlagen, die ich hier habe, sind nur mir unter der Faksimile „F“, vertraulich, also Freiheitliche Partei, zugäng­lich und daher nachvollziehbar, und ich gebe Ihnen diese Akten, Herr Bundesminister, das ist aus Ihrem Wirkungsbereich. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Wenn mir dann Akten in der Sache BAWAG übermittelt werden, die wir abverlangt haben, und diese inklusive der Grußformel nur aus Schwärzungen bestehen, nur aus Schwärzungen von der ersten bis zur letzten Seite – sogar die Unterschrift des Beam­ten, der diesen Aktenvermerk gemacht hat, am Schluss ist versucht worden unkennt­lich zu machen, ja sogar die Grußformel ist ausgeschwärzt worden! –, glauben Sie dann wirklich, dass man am Ende einer derartigen Behörde gegenüber Vertrauen ha­ben kann, dass sie uns die wesentlichen Unterlagen, die zur Aufklärung und zu dem


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Untersuchungsausschuss …?! (Vizekanzler Mag. Molterer: Das haben Sie ja selber beschlossen, Herr Kollege Graf!)

Das haben wir nicht beschlossen! (Vizekanzler Mag. Molterer: Das Bankgeheimnis zu wahren, das haben Sie ja selber beschlossen!) Ja, wir haben beschlossen, das Bank­geheimnis zu wahren, und die Geschäftsordnung und die Verfahrensordnung geben das auch her.

Ich sage Ihnen, es ist ungefähr so wie bei der Zeugenaussage: Wenn man einen be­rechtigten Grund hat – und dazu gehört es, wenn man sich auf ein Geheimnis beruft, Bankgeheimnis, Steuergeheimnis, Geschäftsgeheimnis –, dann hat man – und so steht es in der Geschäftsordnung oder in der Verfahrensordnung; ich verweise auf Zögernitz, der Ihnen nicht unbekannt ist – glaubhaft zu machen, dass das nicht den Untersu­chungsgegenstand tangiert und dass diese Berufungsgründe auch zu Recht angeführt werden. Das hat man glaubhaft zu machen, und das kann man nicht umdrehen, indem man sagt: Macht glaubhaft, dass diese Unterlagen überhaupt in einem Zusammenhang damit stehen!

Umgekehrt ist es! Das Selbstverständnis des Parlamentariers muss sein: Schicke mir alle wesentlichen Unterlagen und mache glaubhaft, warum uns manche Unterlagen nicht zustehen! Dann können wir mit dem Verfahrensanwalt prüfen – so steht es ge­regelt –, ob wir dieser Glaubhaftmachung vertrauen oder auch nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie drehen es um! – Und Sie stellen sich hierher und sagen, Sie vertrauen Ihren Beam­ten. Dann frage ich Sie, Herr Bundesminister: Warum haben nicht Sie die Vollständig­keitserklärung, die wir abverlangt haben, unterschrieben, sondern haben Ihre Beamten vorgeschickt? Vertrauen Sie da Ihren eigenen Beamten nicht?

Eines sage ich Ihnen nämlich schon: Die Vollständigkeitserklärung wirkt jetzt! Sollte etwas hervorkommen, das uns vorenthalten wurde, dann bewegen wir uns ganz ein­deutig im § 302, Amtsmissbrauch – da werden Sie mir zustimmen –, sollte so etwas hervorkommen. Es ist daher sehr wichtig, zu vertrauen, aber man muss es auch bis zur obersten Spitze durchziehen. Sie haben das zum Teil nicht getan, Sie vertreten dann die Meinungen.

Wenn wir im Ausschuss hören – veröffentlichtes Protokoll, daher kein Geheimnisverrat oder sonst irgendetwas, in der 18. Sitzung, Seite 40 folgende, und in der 20. Sitzung, Seite 40 folgende –, dass man sich laut Auskunft der bei der Finanzmarktaufsicht und bei der Nationalbank für die Aktenbeischaffung Zuständigen im Vorfeld, schon im No­vember, mit der Finanzprokuratur und ähnlichen Institutionen getroffen hat und dort be­schlossen hat, welche Unterlagen man uns nicht vorlegt (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen), dann ist das ein Missbrauch des Amtsverständnisses ge­genüber dem Parlament! Nicht anders ist das zu werten. (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Bitte den Schlusssatz, Herr Kollege!


Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Es ist das Selbstverständnis der Parlamentarier, dass wir uns auch im Rahmen der vielen Aus­gliederungen Anfrage-, Interpellationsrechte und Ähnliches wieder zurückerkämpfen müssen! (Beifall bei der FPÖ.)

17.22


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. 3 Minuten Restredezeit der Fraktion. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Mag. Donner­bauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Pilz –: Treten Sie zurück als Vorsitzender des Ausschusses!)



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 171

17.22.33

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt einen seit jetzt sechs Monaten, glaube ich, geäußerten Wunsch vonseiten der Ös­terreichischen Volkspartei (Abg. Mag. Donnerbauer: Legen Sie Ihren Vorsitz zurück!), der aus mehreren Teilen besteht: Der Ausschuss solle seine Arbeit einstellen, der Vor­sitzende solle zurücktreten, der Fraktionsführer der SPÖ solle zurücktreten, der Frak­tionsführer der FPÖ solle zurücktreten, der Ausschuss solle seine Tätigkeit einstellen und so weiter. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Ich kann Ihnen versichern – jetzt als Vorsitzender des Ausschusses –: Ich halte es für ausgeschlossen, dass auch in diesem Fall den Wünschen der ÖVP nachgekommen wird. – Das ist das Erste.

Das Zweite ist eine ganz konkrete Befürchtung. Es war am Anfang dieser Debatte nicht klar, ob Herr Vizekanzler und Finanzminister Molterer dem Parlament nicht doch signa­lisiert: Ja, wir nehmen eure Wünsche, eure rechtlichen Vorstellungen und die Feststel­lungen der wichtigsten Verfassungsjuristen der Republik – inklusive der Juristen dieses Hauses – ernst (Abg. Mag. Donnerbauer: Legen Sie den Vorsitz zurück!), wir werden uns in Zukunft bei der Aktenübermittlung an diesen Prinzipien orientieren, und wir su­chen mit dem Ausschuss, oder mit beiden Ausschüssen, ein klärendes Gespräch. Das Mindeste wäre doch das Angebot eines klärenden Gesprächs mit den Ausschüssen seitens des Finanzministers gewesen.

Nichts davon! Das Einzige, was wir vom Finanzminister erwarten können, ist eine Extra-Zuteilung von schwarzen Filzstiften an seine Beamten. Das ist nach dieser De­batte klar. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es kommen die Akte Wolf, es kommen zusätz­liche Akte Rumpold (Abg. Ing. Westenthaler: Die Akte Edlinger!), es kommen Akte an­derer Rüstungslobbyisten und ‑lobbyistinnen wie Plattner, wie Keglevich und, und, und, bis hin zur Schlüsselperson Bergner aus dem Bereich EADS selbst. (Ruf bei der ÖVP: Edlinger!) Diese Akte, so meint der Finanzminister, darf er auch seitenweise schwär­zen lassen.

Deswegen war es wichtig, dass heute das Gespräch mit der Frau Präsidentin des Nationalrates stattgefunden hat. Deshalb war es wichtig, dass jetzt die Frau Präsiden­tin gegenüber dem Herrn Bundesminister für Finanzen tätig wird.

Ich glaube, dass es nicht dabei bleiben kann; ich glaube, dass jetzt irgendwann die Stunde des Bundeskanzlers kommt. Wenn er es mit der Unterstützung des Parlaments und auch seiner eigenen Partei ernst meint, dann muss er irgendwann hergehen und sagen: Nicht mein Stellvertreter entscheidet darüber, was im Namen dieser Bundes­regierung gegenüber dem Parlament passiert! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), son­dern da muss endlich einmal der Bundeskanzler sagen: Wenn es zur Unterstützung des Parlaments, zur Klärung und zur Vertretung der Interessen der Republik Österreich notwendig ist, dann habe auch ich etwas dazu zu sagen!

Deshalb auch meine letzte Aufforderung: Herr Bundeskanzler Dr. Gusenbauer! Stellen Sie endlich klar, auf welcher Seite Sie stehen (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen), auf der Seite von Parlament und Rechtsstaat oder auf der Seite der Österreichischen Volkspartei! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Er steht nicht, er ist umgefallen!)

17.25


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ja­rolim. 4 Minuten Redezeit, das ist auch die Restredezeit der Fraktion. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Fekter: Oje!)



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 172

17.26.10

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte eingangs meiner Rede das, was ich in der tat­sächlichen Berichtigung nicht unterbringen konnte, jetzt noch einmal ausdrücklich dar­legen, weil Kollegin Fekter doch schon über geraume Zeit hinweg eigentlich Rechts­meinungen vorgebracht hat, die von den Gutachtern (Abg. Dr. Fekter: Die herrschende Lehre!), denen sie zugeordnet werden, mehrfach entgegnet worden sind, als unrichtig dargestellt worden sind. (Abg. Dr. Fekter: Nachlesen, Herr Jarolim! Nachlesen!)

Frau Kollegin Fekter, es ist irgendwie peinlich, wenn Sie jemanden zitieren mit etwas, von dem der Betreffende von sich aus mehrfach sagt, dass er es nicht gesagt hat, wenn er sich hier nicht wehren kann und von Ihnen mit dieser Meinung vereinnahmt wird. Ich glaube, dass das gerade in einer derart wichtigen Angelegenheit unmöglich ist!

Herr Finanzminister, lassen Sie mich sagen, wir respektieren hier wirklich alle Ihre Ver­suche, den rechtsstaatlich korrekten Weg zu gehen. Aber mit Beratungen wie jener durch Kollegin Fekter wird das leider Gottes nicht möglich sein. Ich respektiere auch, dass Sie hier nicht zuständig waren, sondern das Ganze eigentlich unter dem ehemali­gen Bundeskanzler Dr. Schüssel gelaufen ist, und wundere mich darüber, dass dieser sich heute hier nicht zu Wort gemeldet (Abg. Strache: Wo Molterer draufsteht, ist Schüssel drinnen!) und einmal seine Sicht der Dinge dargelegt hat. Das möchte ich bei der Gelegenheit anmerken.

Meine Damen und Herren, worum es hier eigentlich geht, ist ein extremer Skandal, und der muss aufgeklärt werden! Es kann doch schon jeder Außenstehende begreifen, dass die Aufklärung eines Skandals nicht mit durch und durch geschwärzten Unterla­gen erfolgen kann.

Frau Kollegin Fekter, ich möchte nur Folgendes sagen, damit hier Professor Mayer nicht dauernd falsch zitiert wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Meine Damen und Her­ren von der ÖVP, ich würde Sie wirklich ersuchen: Ich bemühe mich hier, diese Dinge sachlich durchzuargumentieren und ein klein wenig Licht dort ins Dunkel zu bringen, wo Kollegin Fekter Ihnen offensichtlich etwas Falsches mitgeteilt hat. Lassen Sie mich bitte nur kurz das verlesen, was ich vorhin sagen wollte.

Professor Mayer ist in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses von Kollegin Fekter auch mit dieser Rechtsmeinung – oder mit dieser Unrechtsmeinung –, die sie heute hier dargestellt hat, konfrontiert worden. Frau Abgeordnete Fekter hat zu ihm ge­sagt: Herr Professor Mayer, ich halte Ihnen etwas aus einem Buch vor. – Er hat dann gesagt: Frau Abgeordnete, ich muss Ihnen sagen, wir müssen schon unterscheiden, welchen Sachverhalt wir hier zu beurteilen haben, und Sie können diese Schlussfolge­rung nicht ziehen.

Dann hat er ausdrücklich gesagt: Man muss – im gegenständlichen Fall, also diesem Fall zugeordnet – Betriebseinnahmen – nämlich seine Betriebseinnahmen, das waren also die des Betroffenen Steininger –, „Betriebseinnahmen und -ausgaben“ „wohl zur Gänze als vom Untersuchungsauftrag gedeckt ansehen ..., denn sonst würde ja die ersuchte Behörde“, nämlich das Finanzministerium, „sozusagen die Arbeit des Aus­schusses vorwegnehmen“.

Meine Damen und Herren, ich glaube, man kann es nicht klarer sagen: Mayer sagt, es darf nicht geschwärzt werden, weil durch die Schwärzung der Untersuchungsauftrag gefährdet wird!

Herr Bundesminister für Finanzen, ich darf Sie hier wirklich ersuchen: Das ist jetzt nicht eine Attacke gegen Sie, sondern das ist die gängige Rechtsmeinung. Das ist auch die


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Meinung des Sachverständigen, auf den sich Kollegin Fekter bezieht. Ich meine, dass wir hier ganz einfach nur die Rechtsmeinungen, die bestehen, so, wie sie bestehen, anwenden sollten – demnach gibt es die Schwärzung nicht! –, und wir sollten nicht den Versuch unternehmen, Professoren zu missbrauchen und ihnen Worte in den Mund zu legen, gegen die sie sich ja schon ausdrücklich gewehrt haben.

Ich glaube, das sind wir der Wissenschaft schuldig, das sind wir uns selbst schuldig, und das sind wir dem Auftrag des Souveräns schuldig, hier Untersuchungen durchzuführen, die letztlich aufklären, was sogar Ihr eigener ehemaliger Bundes-
kanzler gefordert hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie
des Abg. Dr. Graf.)

17.30


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.30.20Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 260/AB


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung mit der Ord­nungszahl 260/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Ich ersuche nunmehr Herrn Abgeordneten Scheibner als Antragsteller des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.


17.31.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir haben am 16. Jänner dieses Jahres eine Anfrage an den Herrn Vertei­digungsminister eingebracht und eine ganze Reihe von Fragen zu der heute auch bei der Dringlichen Anfrage schon behandelten Causa gestellt, allerdings was die Grund­sätze anlangt, die Aufrechterhaltung einer verfassungsgesetzlichen Aufgabe, nämlich die Überwachung unseres Luftraumes.

Dies geschah vor allem vor dem Hintergrund, dass der Verteidigungsminister es als seine wichtigste Aufgabe erachtet hat – und das auch in seinen ersten Stellungnah­men so dargestellt hat –, aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen. Da ist es für uns als Abgeordnete natürlich interessant und wichtig gewesen, welche Schritte er zu die­sem Zeitpunkt schon gesetzt hatte und welche Alternativen dann vorgesehen sind, wenn es ihm gelingt, dieses sein wichtigstes oder einziges Vorhaben umzusetzen, um diese verfassungsgesetzlich gebotene Aufgabe der Luftraumüberwachung auch ohne Eurofighter abzudecken. Wir haben auch eine ganze Reihe von anderen Fragen ge­stellt, etwa im Hinblick auf die SAAB 105, den Black Hawk oder das Hubschrauber-Up­grading. Aber der Kern war diese Frage der Gespräche mit EADS und auch die Frage der Alternativen.


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Das war wirklich unser Begehren, denn ich glaube, dass wir als Abgeordnete der Re­publik Österreich und vor allem als jene Abgeordneten, denen die Sicherheit des Lan­des am Herzen liegt, schon auch den zuständigen Minister fragen wollen und fragen müssen, wie es denn mit der Sicherheitspolitik in Zukunft weitergehen soll, denn – Par­teipolitik hin oder her – es kann ganz einfach nicht sein, dass ein Minister, der ein Res­sort übernimmt, nämlich ein Ressort, das sich im Kern mit der Sicherheit des Landes zu beschäftigen hat, nur darüber nachdenkt, wie er denn parteipolitisch ein Wahlver­sprechen seiner eigenen Partei umsetzen kann.

Da hätten wir uns erwartet, dass wir auf diese Fragen – sie waren nicht bösartig, son­dern ganz normal gestellt – auch eine entsprechende Antwort bekommen. Und ich kann mich an die Zeit erinnern – das ist noch nicht so lange her –, in der die SPÖ in Opposition war, da hatten wir hier sehr, sehr viele Anfragebesprechungen und auch in der Präsidiale viele Diskussionen darüber, dass die SPÖ kritisiert hat, dass Minister von der ÖVP oder vom BZÖ – oder vorher von der FPÖ – nicht ausreichend und um­fassend auf Anfragen von Abgeordneten geantwortet hatten. Da war von Missachtung des Parlaments die Rede, von Gesetzesbruch und von Geschäftsordnungsbruch.

Es hat darüber intensive Debatten gegeben – Sie erinnern sich sicher noch daran –, und dann hat man sich darauf geeinigt, dass man gesagt hat: Gut, aus der Geschäfts­ordnung geht hervor, dass man den Minister klarerweise nicht für den Inhalt einer Beantwortung kritisieren kann, aber der Minister ist jedenfalls im Sinne des Interpel­lationsrechtes der Abgeordneten verpflichtet, auf Fragen eine Antwort zu geben, nicht irgendwelche Ausflüchte zu suchen und zu sagen, dass er aus diesen und jenen Grün­den, mit ganz wenigen Ausnahmen, die Beantwortung verweigert. (Abg. Mag. Donner­bauer: ... dem Ergebnis nicht vorzugreifen!)

Jetzt kann man auch nach vielen Jahren im Parlament eine gewisse Naivität behalten und meinen, dass die Dinge, die vorher in der Opposition angekündigt wurden, auch dann, wenn man in der Regierung ist, umgesetzt werden. Und ich kann mich daran er­innern – Kollege Cap kommt soeben herein –, dass ich gesagt habe: Ich werde ihn an seine Versprechen erinnern!

Er ist hier gestanden und hat gesagt: Sie werden sehen, wir werden mit der Opposition anders umgehen als Sie – dabei hat er auf uns gezeigt – das gemacht haben (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Donnerbauer), denn das Interpellationsrecht ist eines der wichtigsten Rechte des Parlaments! Ich verspreche es Ihnen, und Sie können mich beim Wort nehmen, wir werden diese Rechte achten! – Ende des Cap-Zitats, hier vom Rednerpult aus. (Abg. Mag. Donnerbauer: Darabos hat auch so ähnlich geredet!)

Ja, Kollege Darabos – jetzt der Herr Minister – war auch lange Zeit Abgeordneter, und man könnte sich vorstellen, dass auch er nach dieser Kritik, die er damals in der Oppo­sition sicherlich auch selbst geäußert hat, es jetzt anders macht und auf Fragen von Abgeordneten, die seriös und sachlich gestellt sind, auch die entsprechenden umfas­senden Antworten gibt. Aber was macht Herr Minister Darabos? – Er gibt hier eine Antwort zu den Fragen 1 bis 5 und 24 und 25 unserer Anfrage, also genau zu den Punkten: Was passiert denn jetzt mit dem Eurofighter? Gab es schon Gespräche?, denn damals hat es geheißen, dass der Minister schon Gespräche geführt hat – Ver­treter von EADS haben gesagt, dass es noch keine Gespräche gegeben hat, wir woll­ten daher Aufklärung –, indem er nur lapidar sagt, dass zur Umsetzung des Regie­rungsprogramms in seinem Ressort eine Task Force Luftraumüberwachungsflugzeuge eingerichtet worden ist, dass diese Task Force eine gesamtheitliche Projektkontrolle für die Luftraumüberwachung et cetera und über die Prüfung der Ausstiegsvarianten über­prüfen soll und er diesen Ergebnissen nicht vorgreifen möchte und deshalb um Ver­ständnis dafür ersucht, dass er diese Fragen nicht beantwortet.


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Herr Minister! Wo sind die Versprechen Ihres Klubobmannes und auch Ihre eigenen, dass man auf Fragen von Abgeordneten die entsprechenden Antworten gibt?

Die Task Force ist schön und gut, nur bedauere ich die Mitglieder dieser Task Force, weil man Angehörige des österreichischen Bundesheeres (Abg. Murauer: ... abschaf­fen!) und des Bundesministeriums für Landesverteidigung in Wirklichkeit mit der Ab­schaffung zumindest eines Bereichs beauftragt, nachdem man sonst eigentlich in der gesamten Geschichte der Republik Minister gehabt hat, die versucht haben, für das österreichische Bundesheer etwas zu erstreiten, etwas zu bekommen! Und jetzt haben wir das erste Mal einen Minister, der seine eigenen Beamten zwingt, etwas wegzuge­ben, was man schon hat! Das ist ja etwas ganz Außergewöhnliches.

Zurück zur Anfragebeantwortung: Wir wollten eigentlich nur wissen, ob es schon Ge­spräche gab. Da kann man nicht sagen, dass das Ihre Verhandlungsposition schmä­lert, sondern das ist eine Frage, die ganz einfach mit einem Ja oder Nein zu beantwor­ten ist – wenn wir als Abgeordnete der Republik das von Ihnen wissen wollen!

Ich erinnere an das Interpellationsrecht, Herr Minister, Artikel 52 Abs. 1 B-VG:

„Der Nationalrat und der Bundesrat sind befugt, die Geschäftsführung der Bundesre­gierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen sowie ihren Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Entschließungen Ausdruck zu geben.“ – Artikel 52 Abs. 1 B-VG.

Herr Minister, Sie sind auf diese österreichische Bundesverfassung vereidigt worden, und deshalb haben Sie sich auch an diese österreichische Bundesverfassung zu halten, ganz egal, ob das jetzt Ihren parteipolitischen Intentionen entspricht oder nicht! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das geschieht genau vor diesem Hintergrund, Herr Minister – auch vor diesem Hinter­grund! –, aber auch vor dem Hintergrund, dass Sie als Verteidigungsminister alles tun, um eine wichtige Aufgabe Ihres Ressorts in Zukunft nicht mehr erfüllen zu können, nämlich die Luftraumüberwachung, auch vor dem Hintergrund, dass wir Klagen aus dem Ministerium hören, dass alles gestoppt ist und dass im Verteidigungsministerium nichts mehr passiert!

Wo sind denn Ihre Initiativen etwa im Hinblick auf Sicherheitsstandards für die EURO 2008? Wo sind die Initiativen Ihres Ministeriums und von Ihnen persönlich, wenn es etwa um die Mitwirkung und um die Weiterentwicklung der Europäischen Si­cherheits- und Verteidigungspolitik geht? Wo sind denn Ihre Initiativen für die Umset­zung der Heeresreform? Wo sind Ihre Initiativen für die Verbesserung des Geräts?

Jetzt höre ich – wir werden wahrscheinlich auch darauf keine Antwort bekommen, und wahrscheinlich wissen Sie es gar nicht, weil Sie das alles nicht interessiert, Sie interessiert ja nur der parteipolitische Auftrag –, dass man die M109 – Sie wissen, das ist die Panzerhaubitze, die modernisiert worden ist, auf europaweiten Standard ge­bracht worden ist, wobei man Ersatzteile für das gesamte Spektrum, für die gesamte Anzahl angeschafft hat – jetzt verschrotten oder zum Schrottpreis verkaufen möchte, zum Schaden des Bundesheeres, zum Schaden der Republik Österreich!

Das alles sind doch Dinge, Herr Minister, die in Ihrem Verantwortungsbereich liegen, womit Sie der Republik Österreich und den Sicherheitsinteressen massiven Schaden zufügen! (Zwischenruf des Abg. Schopf. – Abg. Faul: Wir sind geklagt worden!)

Ja, das entspricht Ihrem Niveau, Herr Kollege. Das entspricht Ihrem Niveau! Sie sollten sich nicht hinter Ihrer parteipolitischen Brille verstecken und mit unflätigen Zwischenru­fen hier herunterrufen, das zeigt ja, wohin Sie gekommen sind. Eine Regierungspartei,


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die für die Sicherheit des Landes verantwortlich sein sollte und sich dann hinter unfläti­gen Zwischenrufen und Herunterrufen versteckt! Sonst wissen Sie nichts mehr! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Minister, vor diesem Hintergrund haben wir auch angekündigt, wenn sich das nicht rasch ändert – ja, Sie bringen nicht einmal eine tatsächliche Berichtigung zustan­de –, dass wir dann mit Misstrauensanträgen und mit Ministeranklagen darauf reagie­ren werden. Wir werden aber darauf bestehen, so wie wir es jetzt verlangen, dass Sie zumindest einem grundlegenden Recht von Abgeordneten entsprechen und auf sach­liche Fragen auch entsprechend umfassende und sachliche Antworten geben. Sie ha­ben jetzt noch die Chance, das zu korrigieren. Ich bin sehr gespannt, ob Sie diese Chance wahrnehmen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

17.41


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu einer Stellungnahme von der Regierungs­bank aus hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.


17.41.18

Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Ing. Westenthaler: Der Zivi-Minister!) Herr Kollege Westenthaler, ich werde versuchen, die Emotion herauszunehmen. Mein Vorvorgänger ist sehr emotional, das verstehe ich, da er dann in der letzten Regierung diese Funk­tion nicht mehr ausüben durfte, die er so gerne ausgeübt hat. Ich sage in aller Kürze ... (Abg. Scheibner: Im Gegensatz zu Ihnen! – Abg. Ing. Westenthaler: Er hat seinen Wehrdienst abgeleistet – im Gegensatz zu Ihnen!)

Herr Abgeordneter Scheibner! Sie haben mich gebeten, die Anfrage zu beantworten. Ich werde das auch tun. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir haben eine andere politische Haltung in dieser Frage, das ist richtig. Ich stehe zur Luftraumüberwachung, ich habe mit Herrn Kollegen Platter, mit Ihrem Nachfolger und meinem Vorgänger ausverhan­delt: Eine Luftraumüberwachung ist in Österreich zu gewährleisten, und dazu steht die Sozialdemokratie wie die gesamte Regierung! Das habe ich ausverhandelt, und meine Unterschrift steht auch unter diesem Regierungsprogramm. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis und sagen Sie nicht, die SPÖ sei gegen die Luftraumüberwachung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt eine Menge anderer Initiativen meiner Amtsführung, beispielsweise: Sechs Mo­nate Wehrdienst sind genug! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Das haben wir schon!) Dazu stehen wir, auch wenn die ÖVP lacht. Ich hoffe, sie wird es hier im Par­lament mitbeschließen. (Abg. Scheibner: Das gibt es schon! – Abg. Ing. Westentha­ler: Er hat einfach keine Ahnung!) Das ist ebenfalls im Regierungsübereinkommen schriftlich festgelegt, und zwar so festgelegt, dass es eine gesetzliche Initiative gibt, Herr Kollege Murauer. Ich nehme an, Sie werden das auch mit beschließen.

Ich stehe zur Umsetzung der ÖBH-Reform 2010. (Abg. Scheibner: Das gibt es schon!) Das gibt es nicht gesetzlich, Herr Kollege Scheibner, das wissen Sie ganz genau. (Abg. Amon: Das ist nicht wahr!) Ich stehe zur Umsetzung der Bundesheerre­form 2010, die mit den Stimmen aller im Parlament vertretenen Parteien beschlossen wurde. Wir werden diese Reform vorantreiben. Sie wurde in den letzten Monaten, auch auf Grund des Wahlkampfes, nicht in der Intensität vorangetrieben, wie sie vorange­trieben werden muss.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich verstehe Ihre Aufregung nicht, denn jede einzelne Fra­ge, die Sie mir gestellt haben, habe ich beantwortet, und ich bin auch ganz gerne bereit, das hier noch einmal zu dokumentieren und zu manifestieren. Diese Anfrage ist


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wenige Tage nach meinem Amtsantritt vom BZÖ an mich gerichtet worden, und ich habe nach bestem Wissen und Gewissen rasch geantwortet, soweit das den politi­schen Intentionen und Kriterien auch gerecht werden kann. (Abg. Scheibner: März!)

Die ersten fünf Fragen, die Sie hier gestellt haben, betreffen die Thematik meiner Ver­handlungen mit der Eurofighter GmbH, und ich darf Ihnen dazu mitteilen, dass die Bun­desregierung am 30. Oktober 2006, also im Vorjahr, durch einen Entschließungsantrag hier im Nationalrat dazu aufgefordert wurde, alle Schritte zu setzen, um den Vertrag betreffend die Beschaffung der Eurofighter kostengünstig aufzulösen. Das wurde mehr­heitlich hier im Parlament beschlossen. Ob Sie dabei waren oder nicht, ist sozusagen nicht relevant. Es ist einfach eine Tatsache, dass das ein Auftrag des Parlaments war, und diesem Auftrag komme ich in meiner Amtsführung auch nach.

Ich habe daher sofort nach meinem Amtsantritt Gespräche und Verhandlungen mit EADS und Eurofighter aufgenommen, und diese Gespräche finden seither laufend, in unregelmäßigen Abständen statt. Mein Hauptansprechpartner dabei ist – auch das ist ja bekannt – Eurofighter-Chef Aloysius Rauen. Und das ist die Beantwortung der Fra­ge 1. (Abg. Ing. Westenthaler: Der weiß nur nichts davon!)

Zu den Fragen 2 bis 5, in denen es um mögliche Alternativen zu den Eurofightern und den etwaigen Beschaffungsvorgängen geht, möchte ich sagen: Ich begrüße es, dass mir offensichtlich mittlerweile auch das BZÖ zutraut, aus diesem Eurofightervertrag auszusteigen, und deswegen bereits über Alternativen informiert werden möchte. Ich halte fest, dass die österreichische Luftraumüberwachung, die Überwachung des öster­reichischen Luftraums bis zum 30. Juni 2008 – aber das wissen Sie, Herr Kollege Scheibner – in jedem Fall maßgeblich von den derzeit im Einsatz stehenden 12 F-5-Fliegern überwacht wird, die wir von der Schweiz geleast haben.

Wir haben einige große Events in Österreich gehabt, beispielsweise die Überwachung des Lateinamerika-Forums oder auch – nicht in Österreich direkt, aber in Davos – das Weltwirtschaftsforum, für das wir natürlich in Vorarlberg und Tirol auch dafür sorgen mussten, dass der Luftraum dort überwacht wird, und das haben diese zwölf, Herr Kol­lege Scheibner – ich betone das Wort „zwölf“ –, F-5-Flieger hervorragend für Öster­reich gewährleistet. (Abg. Scheibner: Wie war das in der Nacht?)

Ich kann Ihnen versichern, dass es in jedem Fall eine effektive und kostengünstige Lö­sung geben wird, sollten wir aus der Eurofightervertrag aussteigen können. Ich ersuche aber um Verständnis dafür – und das bleibt aufrecht –, dass ich diesbezüglich vor Ende der Verhandlungen mit Eurofighter nicht konkreter werden kann, da das weitere Vorgehen natürlich maßgeblich vom Ergebnis dieser Verhandlungen abhängig ist, aber die Österreicher und Österreicherinnen können ruhig schlafen: Der Luftraum ist überwacht und wird mit den F-5 der Schweiz auch bestmöglich überwacht.

Zur Frage 6 möchte ich festhalten, dass mir von einem Zusammenhang der bereits er­folgten Eurofighter-Stückzahlreduktion von 24 auf 18 mit dem Projekt „Advanced Euro­pean Joint Fighter Training Center“ nichts bekannt ist. Zurzeit wird bei diesem Projekt an einem Memorandum of Understanding für die Phase bis zur Vergabe eines inte­grierten und europäischen Trainingssystems gearbeitet.

Zu den Fragen 7 und 8 – und ich hoffe, Sie nehmen das so zur Kenntnis, dass ich die Fragen wirklich einzeln beantworte – möchte ich sagen, dass ich Ihnen mitteilen kann, dass gegenwärtig in Ägypten 41 Alpha Jets sowie im Kamerun 4 Alpha Jets im Einsatz sind.

Die Frage 9 beantworte ich, wie Sie es von mir eingefordert haben, mit einem schlich­ten Nein.


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Zu den Fragen 10 bis 19 möchte ich sagen – das sind die Fragen bezüglich der SAAB 105 –: Natürlich ist mir bekannt, dass die SAAB 105 ein unterschallschneller Trainer ist. Entsprechend wurden und werden diese Flugzeuge im Bereich ihres Ge­schwindigkeitsspektrums im Unterschallbereich eingesetzt. Eine Verlängerung ihrer Nutzungsdauer ist derzeit in der Planungsphase, und es geht um die Nutzung dieser SAAB 105 zur Aus-, Fort- und Weiterbildung bis in das Jahr 2020, wie das auch in der öffentlichen Diskussion mehrmals von mir angesprochen worden ist.

Gegenwärtig geht es um die Einholung von Informationen zur technischen Realisier­barkeit, um Festlegungen zur Ausrüstung sowie um die Ermittlung des Zeit- und Bud­getbedarfs im Rahmen eines Request of Information, und ich werde Sie, wenn diese Verhandlungen einen weiteren Fortschritt nehmen, auch gerne über den Fortgang die­ser Verhandlungen informieren. Ziel ist jedenfalls – und das ist, glaube ich, auch in Ih­rem Sinne –, dass die SAAB 105 hinsichtlich ihrer möglichen Nutzung in Richtung 2020 weiterhin für Aus-, Fortbildungs- und Weiterbildungszwecke eingesetzt werden können.

Ihre Bedenken bezüglich der Verbindung des Midlife Updates mit der Anschaffung neu­er Abfangjäger kann ich insofern zerstreuen, als eine Modifikation der SAAB 105 je­denfalls notwendig ist, um sie mittelfristig weiter betreiben zu können und nicht ver­schrotten zu müssen. Die Beschaffung wurde – auch das ist allgemein bekannt – be­reits im Jahr 1970 durchgeführt, und eine technische Aufwertung muss, um sie weiter zu nutzen, natürlich jetzt erfolgen.

Auf Ihre Fragen bezüglich der Zahl der Flugstunden der Eurofighter-Piloten auf der SAAB 105 im Falle einer Reduzierung der Zahl der Eurofighter auf 16, 14 oder 12 Stück, wie das in der Anfrage zutage kommt, teile ich Ihnen mit, dass im Falle einer Reduzierung eine umfangreiche neue Gesamtbeurteilung des Ausbildungs- und Ein­satzkonzeptes stattfinden wird. Entsprechend ist eine Beantwortung dieser Fragen – da kann ich leider nichts Besseres sagen – erst nach dem Abschluss meiner Verhand­lungen mit Eurofighter möglich.

Hinsichtlich Ihrer Fragen, die in Richtung Kostenersparnis bei der Herabsetzung der Eurofighterstückzahl gehen, die Sie ja nicht betreiben wollen, die aber durchaus ein Verhandlungsziel ist, sage ich Ihnen, dass diese Thematik neben dem Ausstiegsszena­rio gerade intensiv mit Eurofighter verhandelt wird, und Sie und auch die Kollegen von der ÖVP, die ein bisschen hämisch gelächelt haben, können gerne Herrn Aloysius Rauen fragen, ob es diese Verhandlungen gibt. Es gibt sie natürlich!

Ich habe eine Taskforce eingesetzt, die das Ausstiegsszenario prüft. Ich habe eine Dreiergruppe eingesetzt, die die Verhandlungen mit Eurofighter und EADS führt, und ich lasse mir hier auch nichts vorwerfen. Ich möchte die österreichischen Steuerzahle­rinnen und Steuerzahler von unnötigen Ausgaben befreien, und da lasse ich mich auch nicht mit Anfragebeantwortungen einschüchtern. (Abg. Amon: Auf Kosten der Landes­verteidigung! Auf Kosten der Sicherheit!)

Abschließend sage ich ganz unpolemisch zu Ihrer Frage 28, die da lautet, ob ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann, dass Luftfahrzeuge bewaffnet sind – diese Frage müsste ich gar nicht beantworten, ich beantworte sie aber trotzdem gerne –, ein ganz einfaches Ja.

Ich werde in den nächsten Wochen darum kämpfen, dass die österreichischen Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler eine Verbilligung dieses Vertrags auch sichtbar vor Augen geführt bekommen werden, egal, unter welchen Druck Sie mich parlamenta­risch setzen wollen, unter welchen Druck mich Eurofighter und EADS setzen möchten. (Abg. Scheibner: Eine parlamentarische Anfrage ist eine Einschüchterung! – Abg. Mag. Donnerbauer: Wenn das schon Druck ist!)


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Ich habe die Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet, und zwar alle 28, wie sie von Ihnen gestellt worden sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Unglaublich! Eine parlamentarische Anfrage als Druckausübung!)

17.51


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die Redezeit der nunmehr zu Wort kommenden Abgeordneten beträgt gemäß der Geschäftsordnung 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte, Herr Kollege.


17.51.13

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Scheibner, sicher liegt uns die Sicherheit am Herzen, das haben wir in den vergangenen Jahren unserer Zusammenarbeit ja auch bestätigt und bewiesen, und auch in diesem Bereich stehen wir Sozialdemokraten für Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Vertrauen; das möchte ich vorausschicken. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir wären für dich als Minister gewesen!)

Die Sozialdemokraten haben immer wieder darauf hingewiesen, dass sich Sicherheits­politik nicht für Parteipolitik eignet. (Abg. Dr. Mitterlehner: Sehr positiv!) Das haben wir gesagt, auch in der Opposition, und daran halten wir auch heute hier als Regierungs­partei fest. (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen reicht nicht! Das muss man auch umset­zen!)

Eines muss auch der Wahrheit die Ehre gebend gesagt werden: Diese Eurofighter-Be­schaffung hat natürlich nichts mit Luftraumüberwachung zu tun. Dazu, meine Damen und Herren, benötigt man keine Luxuskampfjets, die schwer zu finanzieren sind. Die brauchen wir nicht, nicht in Österreich und auch nicht in Europa. Auch die heutige Anfragebeantwortung und die Dringliche Anfrage davor bestätigen, dass der einzige Ausweg aus diesem Eurofighter-Debakel nach wie vor der schnellstmögliche Ausstieg ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit jedem neuen Detail rund um diesen Eurofighter-Deal wird das Ausmaß ja immer wieder deutlich, und es bestätigt sich mehr denn je, wie fahrlässig hier die vormalige Bundesregierung mit schwer verdientem Steuergeld umgegangen ist, meine Damen und Herren. Wir haben von Anfang an gesagt, dass diese Eurofighter-Beschaffung ein Fass ohne Boden ist, und haben dabei immer wieder, und das schon vor Jahren, den sofortigen Ausstieg verlangt, aber diesem unserem Verlangen sind Sie nicht nachge­kommen.

Wenn Sie sich zurückerinnern: Der Rechnungshofausschuss hat in seinen Ausführun­gen, bei seiner Prüfung, die wesentlichen Punkte der SPÖ-Kritik vollinhaltlich bestätigt, meine Damen und Herren. Denn: Wir wissen, dass hier Muss-Forderungen nicht erfüllt oder in Soll-Forderungen umgeändert worden sind. Das Pflichtenheft wurde nachträg­lich zugunsten von EADS geändert und zum Nachteil der Republik Österreich und zum Nachteil der österreichischen Steuerzahler. Und auch das bisherige Ergebnis im Unter­suchungsausschuss – das müssen auch die Kollegen von der ÖVP hier bestätigen – zeigt die Richtigkeit der SPÖ-Positionen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es handelt sich hier um die teuerste Fehlentscheidung einer Bundesregierung in der Zweiten Republik, eine Entscheidung, die gegen die Mehrheit der österreichischen Be­völkerung gefällt worden ist. Umfragen bestätigen, dass mehr als 80 Prozent der Öster­reicherinnen und Österreicher gegen diese sündteure Beschaffung dieser Kampfbom­ber sind, meine Damen und Herren. Die Vorgangsweise der vorherigen Bundesregie­rung im Zusammenhang mit dieser Beschaffung ist wirklich unfassbar!


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Daher verstehe ich eines nicht, Kollege Scheibner: Das, was heute hier von eurer Seite geschieht, ist für mich ein reines Ablenkungsmanöver, und das kommt gerade von je­ner Partei, die hier Mitverantwortung trägt. Diese Beschaffung trägt die Handschrift der ÖVP, trägt im besonderen Maße die Handschrift des früheren Bundeskanzlers Schüs­sel und wird von euch hier mitzuverantworten sein, meine Damen und Herren, denn Sie setzen mit dieser Beschaffung – das wissen Sie längst – die falschen Prioritäten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben da ganz andere Schwerpunktsetzungen: Wir gehen von einem umfassen­den Sicherheitsbegriff aus, der wohl den militärischen Bereich mit einschließt, aber weit darüber hinausgeht. Uns geht es bei unserer Politik in dieser Bundesregierung auch um sichere Arbeitsplätze, um sichere Gesundheitsvorsorge, um sichere Pensionen letztlich. Das sind unsere Initiativen, und wir stehen für eine effiziente Sicherheitspolitik, wir stehen für eine effiziente, glaubwürdige Politik im umfassenden Sinne für alle Ös­terreicherinnen und Österreicher.

Sie haben mit dieser Eurofighter-Beschaffung die mit Abstand teuerste Variante ge­wählt, ohne ein Finanzierungskonzept vorzulegen. Diese Einkaufspolitik findet nach wie vor nicht unsere Zustimmung, meine Damen und Herren. Und noch einmal sei es gesagt: Die einzige Chance, aus diesem Debakel herauszukommen, ist der sofortige Ausstieg. Und wir werden dieses Ziel weiterhin im Ausschuss verfolgen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.56


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mur­auer. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.56.13

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Landesverteidigungsminister, darf ich Ihnen vorweg mitteilen, dass die sechs Monate Grundwehrdienst auf Grund einer Verordnung bereits durchgeführt wer­den. Und das Gesetz, das wir beschlossen haben – Sie waren nicht dabei, also Sie ha­ben dagegengestimmt –, tritt mit 1. Jänner kommenden Jahres in Kraft, und wir können das selbstverständlich, Toni Gaál, auch noch ein paarmal beschließen, wenn Ihnen dabei leichter ist. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Wenn Sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass wir auch bei internationalen Ver­anstaltungen im benachbarten Ausland verpflichtet sind und man von uns erwartet, dass der Luftraum überwacht wird, und Sie einige Male wiederholt haben, dass Sie die Veranstaltung in Davos mit zwölf F-5 gesichert haben – mit zwölf, das haben Sie einige Male gesagt –, dann erwarte ich von Ihnen als dem Verteidigungsminister, dass Sie auch für einen zweiten Vorfall gerüstet sind. Wenn sie zur Sicherheit für Davos zwölf Flieger gebraucht haben und wenn ein zweiter Vorfall passiert wäre, dann muss ich Ihnen sagen: Dann wünsche ich Ihnen und uns alles Gute, denn dann haben wir dem nichts mehr entgegenzusetzen! Also von wegen, wie viele Flugzeuge wir brau­chen, und wenn ein Vorfall ist, dann haben wir schon mit zwölf Fliegern genug.

Mir ist es egal – Herr Bundesminister, Sie haben die Verantwortung! –, ob wir in Zu­kunft 18, 12 oder 9 Flugzeuge bestellen oder für jedes Bundesland einen Eurofighter. Was Ihnen vorschwebt, weiß ich nicht! Sie sind verantwortlich für die Sicherheit unse­res Landes, Sie sind verantwortlich dafür, dass der Luftraum unseres Landes gesichert ist. Wir haben uns im Regierungsübereinkommen darauf geeinigt, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie dafür die notwendigen Schritte setzen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Dass Sie wenig Freude haben mit Informationen, das konnten wir schon während der Zeit, die Sie jetzt Minister sind, feststellen. Ich möchte gar nicht an den Verteidigungs­ausschuss erinnern oder an die Diskussion über das Budget.

Herr Bundesminister! Was ist mit dem Rechtsgutachten? Sie haben angekündigt: Jetzt kommt das Rechtsgutachten!, und haben gesagt, dieses Rechtsgutachen werde Sie entsprechend unterstützen, auszusteigen. Ihr ganz besonderes Ziel ist es, auszustei­gen.

Der Minister steigt aus einem Vertrag aus, den die Republik vor seiner Amtszeit verein­bart hat – aus einem Vertrag, der Gültigkeit hat, einem Vertrag, auf den sich beide Partner verlassen können müssen. Ihr erstes Bestreben ist es, diesen Vertrag zu stor­nieren, und davon gehen Sie nicht ab, und das wird unterstützt von Ihrem Verteidi­gungssprecher. Also das ist unverständlich!

Und jetzt kommt das Rechtsgutachten, und zwar das Rechtsgutachten, dass Sie an­kündigen, von dem sagen Sie: Dem Parlament, also bitte, da bin ich mir nicht sicher, was damit passiert, dazu kann ich nichts sagen, und ich kann es auch dem Unter­suchungsausschuss nicht zur Verfügung stellen, weil ich mir da nicht sicher bin! Das haben aber, glaube ich, nicht Sie gesagt, sondern das hat der Herr Bundeskanzler gesagt. Da ist man sich also nicht sicher, Herr Kollege, ob das dann nicht schon wieder hinausgeht. Die Abgeordneten haben also kein Recht, dieses Rechtsgutachen zu beur­teilen, weil der Herr Minister sagt: Da sind wir noch nicht so weit, da haben wir noch eine Task Force, und wenn es notwendig ist, noch eine Task-Gruppe!

Herr Bundesminister, in der vorhergehenden Debatte wurde lautstark betont: Wir brau­chen das! Der Nationalrat, die Abgeordneten haben das Recht, dass man erfährt, was sich in Gutachten verbirgt, in Erkenntnissen, in Vorlagen des Finanzministers! – Und jetzt, bei diesem Gutachten, spielt das keine Rolle?!

Herr Bundesminister, abschließend – leider Gottes habe ich zu wenig Zeit, aber wir werden ja in den nächsten Tagen noch einige Male darüber reden können –: Welche Verhandlungen haben Sie geführt, wenn Sie tatsächlich die Zahl der Flugzeuge redu­zieren, diese stornieren könnten – was ich ohnedies nicht glaube –? Was ist Ihre Kon­sequenz daraus? Welche Verträge? Wen laden Sie ein? Bestellen Sie Flugzeuge ohne Ausschreibung? Werden Sie Eurofighter wieder einladen? Was tun Sie, wenn die Euro­fighter wieder an erster Stelle liegen, weil es die beste Kosten-Nutzen-Bewertung für Eurofighter gibt? Werden Sie dann in zweiter Lesung die Eurofighter nehmen? Und wie schaut Ihre Sicherheitspolitik aus, wenn Sie sagen: Wir steigen in erster Linie aus, und was danach ist, geht niemanden etwas an, da ist die Task Force zuständig!?

Herr Bundesminister, Sie sind für die Sicherheit Österreichs zuständig – und das er­warten wir von Ihnen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.01


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie schon zurückgetreten, Herr Kollege Pilz? – Ruf: Höchste Zeit!)


18.01.45

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die sachliche Frage des Abgeordneten Kukacka eine sachliche Antwort: Selbstver­ständlich wird der Eurofighter-Untersuchungsausschuss so, wie das Parlament ihn beauftragt hat, und so, wie die Organe des Ausschusses gewählt worden sind, seinen Auftrag zu Ende führen, auch wenn das für die Österreichische Volkspartei eine große Belastung darstellt. Mir liegt die ... (Abg. Mag. Kukacka: Sie als Vorsitzender sind eine


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Belastung! Sie sind ja verurteilt! Der Ausschuss ist okay, aber Sie als Vorsitzender sind untragbar!)

Zum Koziol-Gutachten: Herr Bundesminister Darabos, der Untersuchungsminister hat einen einstimmigen Beschluss gefasst, das Koziol-Gutachten oder der vorliegende Teil des Gutachtens ist dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen. Sie haben, was Ihr Recht ist, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag und dem Untersuchungsge­genstand bestritten. Ich bin nicht der Einzige in diesem Ausschuss, sondern teile hier die Rechtsmeinung auch der Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, dass Sie in dieser Frage nicht recht haben. Sie sind verpflichtet, aus sachlichen und rechtlichen Gründen dem Untersuchungsausschuss dieses Teilgutachten zur Verfügung zu stellen!

Aber stellen wir uns jetzt vor, hier wäre nicht nach der Methode Darabos, sondern nach der Methode ÖVP vorgegangen worden. Dann kann man sich ungefähr ausmalen, was passiert wäre: Ein ÖVP-Minister hätte gesagt: Na ja, das ist schon vom Untersu­chungsgegenstand umfasst, ich werde euch das Gutachten schicken, aber nur die Teile, die mir passen, aber den Teil, wo drinnen steht, dass man möglicherweise aus­steigen kann, werden wir einmal schwärzen! (Abg. Mag. Kukacka: ... den Rechts­schutz nicht verletzen!) Dann ist da ein Teil, wo die Existenz von Eurofightern akzep­tiert wird, dass solche Flugzeuge im Ausland gebaut werden, das lassen wir! Und dann wird auf Rechte des Ausschusses hingewiesen, das streichen wir wieder durch!

So hätte es unter einem ÖVP-Minister ausgeschaut! – Ich bin ja aus meiner ganzen Geschichte alles andere als ein tiefer Freund aller Sitten und Gebräuche der öster­reichischen Sozialdemokratie, aber wir können im vorliegenden Fall froh sein, dass kein Mitglied der Österreichischen Volkspartei das Verteidigungsressort führt. (Abg. Mag. Kukacka: Sie waren immer ein Gegner der Landesverteidigung!)

So oder so, der Konflikt bleibt uns nicht erspart. Wir werden den Konflikt mit dem Ver­teidigungsminister, was ich persönlich bedauere, als Untersuchungsausschuss weiter­führen müssen, weil wir dazu verpflichtet sind. (Abg. Mag. Kukacka: Sie waren immer gegen die Landesverteidigung!) Was das Koziol-Gutachten angeht, so habe ich per­sönlich nach letztem Freitag, dem Tag, an dem uns einige Professoren, von Aicher über Mayer bis Kletecka, sehr detailliert geschildert haben, dass es wahrscheinlich gar keine rechtliche und sachliche Alternative zur Vertragskündigung gibt, den Eindruck, dass das geplante Ausschuss-Gutachten von der Qualität her wesentlich mehr erwar­ten lässt als das Koziol-Gutachten, erstens schon aus dem einfachen Grund, weil einer seiner Hauptautoren auch einer der Verfasser der Verhaltensregeln des Vertrags sein wird, und zweitens, weil hier nicht nur ein Zivilrechtler, sondern Zivilrechtler, Vertrags­rechtler, Verfassungsrechtler und möglicherweise auch Vertreter und Vertreterinnen anderer rechtlicher Disziplinen urteilen werden.

Wir werden dann darüber reden müssen, ob das Koziol-Gutachten eine vernünftige Er­gänzung des Ausschuss-Gutachtens sein kann, aber das wird der Ausschuss zu einem späteren Zeitpunkt zu beurteilen haben.

Letzte Bemerkung dazu: Obwohl im Grunde rechtlich eine vergleichbare Situation herrscht, handelt es sich bei dem, was der Finanzminister dem Parlament zumutet, um eine völlig andere politische Qualität. Es ist völlig inakzeptabel, dass ein Minister gegen Geist und Buchstaben der Verfassung sich anmaßt, zum Zensor des Parlaments wer­den zu können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist der entscheidende Punkt: Kein Minister, welcher Regierung auch immer, hat das Recht, den österreichischen Nationalrat zu zensurieren! Kein Minister hat das Recht, den Buchstaben und den Geist der Bundesverfassung zu ignorieren und sich selbst zum Herrn des Verfahrens zu machen! Kein Minister dieser Republik hat das


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Recht, selbst zu entscheiden, welche Informationen dem Ausschuss gegeben wer­den – und welche verheimlicht und vertuscht werden.

Wie gesagt, das ist der Punkt, um den es geht (Beifall bei den Grünen): dass es einen Minister in der Bundesregierung gibt, der der Meinung ist, dass für ihn die Verfassung nicht gilt. Es liegt am Hohen Haus, damit Schluss zu machen! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Ein Ausschussobmann, der verurteilt ist!)

18.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.07.15

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist, sagen wir, jeder Grund ein guter Grund, in diesem Haus über Belange der Landesverteidigung zu sprechen, weil die Landesverteidigung ohnedies das Stiefkind dieser Republik ist, und zwar unabhängig davon, welche Farbenlehre gerade für den jeweiligen Bundeskanzler oder den jeweili­gen Bundesminister in Anspruch zu nehmen ist.

Ich darf sehr allgemein, aber doch sehr einleuchtend zum Ausdruck bringen, dass die Wertstellung eines bestimmten Kapitels der Verwaltung sehr stark widergespiegelt wird durch die Budgetposition, die diesem Verwaltungsbereich zugeordnet wird, und seit Jahrzehnten ist das Bundesheer Schlusslicht der Aufmerksamkeit dieser Republik.

Zweitens ist daran zu erinnern, dass in der Nachbeschaffungsfrage der Draken so wie auch in anderen europäischen Ländern ein gewisser Stau eingetreten ist – das betrifft die Finnen genauso wie die Schweizer zum Beispiel – und dass der Nachbeschaf­fungsbeschluss unter der Regierung Klima gefasst worden ist, und zwar im Jahr 1999. Ich füge hinzu: ebenfalls verspätet.

Der Nachbeschaffungsbeschluss hat völlig eindeutig auf Nachbeschaffung von Flug­zeugen, Abfangjägern der Generation 4, gelautet.

So. Und jetzt sind wir bei der Typenfrage, und ich erspare es mir dezidiert, auf die Typenfrage einzugehen, weil grundsätzlich die vitalen Fragen, die damit zusammen­hängen, typenunabhängig zu behandeln sind.

Zur Frage des Vorlegens des Koziol-Gutachtens erlaube ich mir den verfassungsrecht­lichen Hinweis, dass die Beschaffung dieses Gutachtens Teil der allgemeinen Ver­waltung des Bundesministeriums für Landesverteidigung geworden ist und ich daher rechtlich keine Grundlage sehe, gemäß den Bestimmungen der Verfassung und der Verfahrensordnung das Gutachten dem Parlament zuzuleiten.

Aber das ist nicht der Hauptpunkt. Ein weiterer Punkt ist, dass es im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Debatte natürlich nicht nur um die Eurofighter-Frage geht, son­dern die Eurofighter-Frage auch missbraucht wird, um von substanziellen Erfordernis­sen der Landesverteidigung grundsätzlich abzulenken.

Selbstverständlich ist es so, dass so ein schönes, plakatives Darstellungsgebiet leicht auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit konsumieren kann, aber im Bereich der Verantwortung für Landesverteidigung können wir nicht dabei haltmachen. Es wird unter anderem unrichtigerweise behauptet, dass mit dem gegenwärtigen Leasingver­hältnis der F-5, Schweiz, die Luftraumüberwachung bis 2008 sichergestellt ist. Das ist wohl so, aber damit ist die Luftraumsicherung – und von der Luftraumverteidigungsfä­higkeit spreche ich hier gar nicht; aber die Sicherung ist die Vorstufe der Verteidigung – in gar keiner Weise apostrophiert. Ganz im Gegenteil: F-5 ist nicht nachtkampffähig und nicht schlechtwetterkampffähig, sodass die F-5 zum Fotografieren bei Tag, bei


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gutem Wetter langt, aber den verfassungsmäßigen Inhaltsvorgaben ist damit nicht Ge­nüge getan. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich verweise auch darauf, dass die F-5 in der Schweiz auch einem anderen taktischen Konzept dient.

Nächster Punkt und abschließend: Morgen bei der Budgetdebatte werden wir die sons­tigen Belange, die es im Zusammenhang mit der Landesverteidigung noch zu beach­ten gibt, zu besprechen haben. Ich lade aber nur dazu ein, dass es einer seriösen Ver­waltung dieses Ministeriums extrem dienlich wäre, nicht wegen des Eurofighters alle Aspekte der dringenden Erfordernisse der Landesverteidigung außer Acht zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolin­schek. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.12.18

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Bundesminister, wir alle wissen, dass Sie lieber Innenminister gewor­den wären als Landesverteidigungsminister, aber jetzt sind Sie eben Landesverteidi­gungsminister und seit 100 Tagen im Amt, und wenn man 100 Tage im Amt ist, sollte man doch wissen, wenn man sich zu sechs Monaten Wehrdienst bekennt, dass das bereits per Verordnung beschlossen worden ist und im § 20 Wehrgesetz auch drinnen steht und mit 1. Jänner 2008 in Kraft tritt. – Das einmal dazu.

Dass Sie sich zur Luftraumüberwachung bekennen, kann ich Ihnen wirklich nur teilwei­se abnehmen, denn Sie sagen ja, dass bis zum Jahr 2008 die Luftraumüberwachung mit den F-5 durchgeführt wird, die von den Schweizern geleast worden sind.

Herr Verteidigungsminister, wie wir wissen, ist das mit den F-5 eine Notlösung. Wie wir gerade von meinem Vorredner gehört haben, ist dieses Flugzeug ja praktisch nur für einen Schönwetterflug und zum Fotografieren bei Tageslicht, bei Schönwetter geeig­net, aber für sonst nichts. Also ist es eine Notlösung. Um eine richtige Lösung zu pla­nen, ist eine längere Vorlaufzeit notwendig. Wie Sie das nach dem Jahr 2008 bewerk­stelligen wollen, ist mir nach wie vor ein Rätsel.

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben bereits vor Ihrer Angelobung angekündigt, dass Sie alles unternehmen werden, um aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen. Sie werden auch im „NEWS“ vom 11. Jänner 2007 zitiert, wo es sinngemäß heißt: Ziel der Sozialdemokratie ist es, im Wahlkampf bereits vorgegeben, aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen oder die Kosten um 500 bis 600 Millionen € zu reduzieren. Das wäre das zweite Ziel, und der Tausch von den Fliegern zu anderen Luftraumüberwa­chungskörpern ebenfalls.

Das haben Sie zu diesem Bereich gesagt. Sie haben vorhin in Ihrer Beantwortung lediglich jene Fragen wieder beantwortet, die Sie davor auch beantwortet haben. Und zu den Fragen 1 bis 5 muss ich nochmals sagen: Die Schweizer F-5 sind eine Not­lösung, mehr nicht!

Herr Bundesminister, so kann es jedenfalls nicht weitergehen!

Herr Bundesminister, bezüglich Ihrer Aussagen über die Gespräche mit EADS oder mit der Eurofighter GmbH ist nach wie vor einiges offen. Die Informationen dazu fehlen uns nach wie vor. Sehr dubios ist vor allem die Geschichte, die im heutigen „Kurier“ steht, auf Seite 3, wo Herr Abgeordneter Einem zitiert wird, und da heißt es sinn­gemäß: Der Ausschuss hat schon einiges zutage gefördert, einiges muss noch zutage gefördert werden, und die Summen, die bisher bekannt wurden, entsprechen also


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keineswegs den international üblichen Höhen bei Waffengeschäften. Der übliche Schmiergeldsatz liegt bei 3 Prozent; das sind 16 Millionen €.

Herr Abgeordneter, Sie sagen, wenn der Ausschuss weitersucht, dann müsste noch einiges zu finden sein. – Sie kennen sich anscheinend in Waffengeschäften sehr gut aus, bei Schmiergeldern und so weiter! (Abg. Reheis: Was soll das heißen? Was soll diese Unterstellung?!) Wissen Sie, was auf Grund solcher Aussagen bei der Bevölke­rung übrig bleibt, Herr Kollege? Wissen Sie, was da übrig bleibt? – Dass alle Politiker in Österreich korrupt sind und Schmiergelder nehmen. Das bleibt übrig bei solchen Aussagen! Aber Sie müssen sich ja gut auskennen, wenn Sie genau wissen, dass man drei Prozent kassiert! Ja, was soll denn das? Das ist ja ein Wahnsinn! (Abg. Parni­goni: Sigisbert, du musst große Angst haben, weil du so aufgeregt bist! Sigisbert, leg deinen Steuerakt offen!)

Das ist das Spiegelbild der Sozialdemokratie hier herinnen! Das ist doppelbödig. So kann es doch wohl nicht sein!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt nicht mehr besonders viel Zeit, denn meine Redezeit ist ja begrenzt. Aber das ist schon aufklärungsbedürftig, und der ganze Zusammenhang mit Herrn Bundesminister Darabos ebenfalls. Ich bringe daher folgen­den Antrag ein:

Den Antrag des Abgeordneten Dolinschek – das bin ich, ja (lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ) – auf Nichtkenntnisnahme der schriftlichen Anfragebeantwortung 260/AB, die nicht vollständig erfolgt ist.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Beantwortung 260/AB der Anfrage 254/J der Abgeordneten Dolinschek, Darmann und Kollegen betreffend die Ankündigung des Bundesministers für Landesverteidigung, einen Ausstieg aus dem Eurofightervertrag anzustreben, wird nicht zur Kenntnis ge­nommen.

*****

Wenn Sie auch dieser Meinung sind – und das sollten Sie sich jetzt gründlich überle­gen –, dann stimmen auch Sie dieser Nichtkenntnisnahme zu! (Beifall beim BZÖ.)

18.16


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben eingebrachte Antrag des Abgeord­neten Dolinschek, der Nationalrat möge die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis nehmen, steht mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für deren Nichtkenntnisnahme ausspre­chen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

18.17.31Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme die Verhandlungen über den 3. Punkt der Tagesordnung wieder auf.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 186

Zum Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.


18.17.41

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Ich erinnere daran: Wir waren bei der Diskussion rund um die Robben. Unter anderem kann man ja am Umgang mit schwächeren Lebewesen messen, wie weit der Grad der Menschlichkeit einer Gesellschaft fortgeschritten ist. Ich denke mir, das grausame Abschlachten von Robben – wir haben schon Fotos diesbezüglich gesehen, wir haben schon sehr ein­dringliche Schilderungen diesbezüglich gehört – stellt manchen Teilen der Gesellschaft kein besonders gutes Zeugnis bezüglich Humanität aus. Umso wichtiger finde ich es, dass wir in Österreich Schritte setzen, und umso feiner finde ich es, dass wir hier einen Fünf-Parteien-Antrag beschließen werden.

Ich will nun hinzufügen, dass die rücksichtslose Ausbeutung und die Verschmutzung der Meere alle maritimen Öko-Systeme extrem bedrohen. Die industrielle Übernutzung zum Beispiel durch Fischerei, durch Öl- und Gasförderung, durch Sand- und Kiesab­bau, durch Schiffsverkehr, durch Überdüngung, durch Verschmutzung, durch seismi­sche Tests, aber auch durch Aquakulturen, führt zu einer Versauerung, zu einer gerin­geren Möglichkeit der CO2-Aufnahme durch die Ozeane und zu einem Artensterben im Meer. Die zerstörerischen Fischereimethoden, zum Beispiel mit Grundschleppnetzen, sind Maßnahmen, die schon lange verboten gehören. Und die Fischereiquoten, die wir haben, die wir auch innerhalb der Europäischen Union haben, sind für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane in jedem Fall viel zu hoch. Hinzu kommt noch, dass diese Quoten oft nicht eingehalten und überschritten werden.

Die Ozeane sind weitgehend leergefischt, und es gibt überwiegend unfaire Fischerei­abkommen zwischen armen und reichen Ländern. Die FAO, die Welternährungsorgani­sation der UNO, konstatiert zum Beispiel, dass 70 Prozent der wirtschaftlich relevanten Fanggründe entweder komplett ausgebeutet oder überfischt oder bereits erschöpft sind.

Auch wenn Österreich ein Binnenland ist, ist es wirklich an der Zeit, in der Diskussion rund um die Fischereirechte auch offensiv mitzumischen nach den Leitlinien, dass wir nachhaltige Fangmethoden wollen, die dem Vorsorgeprinzip folgen, dass wir das Kon­zept der Meeresschutzgebiete durchaus seriös diskutieren und ihm unter Umständen auch nahetreten sollten, dass wir negative soziale und wirtschaftliche Auswirkungen der Fischerei verhindern müssen und dass die Ernährungssouveränität jener Völker, die vom Fischfang abhängig sind, zu schützen ist.

Ich denke, das Ziel kann nur eine vorsorgende Meerespolitik sein, damit die Ozeane auch in Zukunft als Nahrungsquelle für die Menschen dienen und gleichzeitig auch als artenreicher und gesunder Lebensraum für Fische, Meeressäuger, Vögel, Robben und viele andere Lebewesen. In diesem Sinne begrüße ich die Fünf-Parteien-Einigung zum Schutz der Robben noch einmal sehr. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.20.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Die Freiheitliche Partei wird dem ge­meinsamen Antrag natürlich zustimmen, weil es dadurch möglich sein wird, unnötiges Tierleid zu vermeiden. Ich möchte aber noch auf ein paar allgemeine Informationen eingehen, die in der heutigen Diskussion etwas zu kurz gekommen sind, und zwar auf


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 187

die Sichtweise der Staaten Kanada und Norwegen, die natürlich hier im Parlament auch schon beleuchtet worden ist.

Die kanadische Regierung hat ja die Jagd auf über eine Million Robben innerhalb von drei Jahren freigegeben – das ergibt pro Jahr ungefähr 350 000 Tiere, die bejagt wer­den –, hat das aber für das Jahr 2007 auf 270 000 reduziert mit der Argumentation, es gäbe zu wenig Packeis, sodass die Vermehrung der Tiere ohnehin schon gefährdet sei.

Das kanadische Fischereiministerium rechtfertigt die Robbenjagd mit dem Vorwand, das bringe ein zusätzliches Einkommen für die ostkanadische Bevölkerung und das Bejagen der Robben verhindere auch, dass die Kabeljaubestände weiterhin gefährdet seien.

Man spricht auch davon, dass diese Tierart der Robben überhaupt nicht gefährdet sei, dass nach dem Stand der Wissenschaft ohnehin ein Höchstbestand seit 200 Jahren zu verzeichnen sei und man ohnehin mit jährlichen Jagdquoten ganz genau auf die Pro­bleme bei der Jagd auf die Robben eingehe.

Tatsächlich sehen viele Fischer in vielen Teilen der Welt die Robben als ihre natür­lichen Konkurrenten und fordern daher eine Dezimierung der Bestände.

In Norwegen gibt es nach Auskunft der norwegischen Regierung ein sogenanntes in­taktes Ressourcen-Management. Sie spricht sogar von acht Millionen Sattelrobben und Klappmützen, die im Nordatlantik leben würden, und spricht auch davon, dass es keine Gefährdung für diese Tiere gebe. Sie gibt sogar Subventionen an diese Robbenjäger und begründet das mit steigendem Interesse an Produkten wie Fleisch, Speck und Robbentran für medizinische Zwecke.

Die Gesetzgebung und die Kontrolle, die diesbezüglich in Norwegen gegeben sind, seien sehr gut und detailliert, um auch zu gewährleisten, dass wirklich bei vorgegebe­nen Quoten, Tötungsmethoden, obligatorischem Training für Robbenjäger und so wei­ter alles eingehalten wird.

Soweit also die Argumentation Norwegens und Kanadas. – Nun vielleicht einen Blick auf die Südhalbkugel.

Auch auf der Südhalbkugel gibt es Populationen von Robben – ich verweise ganz kurz auf Namibia –, wir sollten also auch auf diese Gebiete kurz eingehen. Auch dort gibt es natürlich die Probleme mit der unkontrollierten Bejagung, wo ein Rückgang des Be­stands von 1,5 Millionen Robben, Pelzrobben, auf unter 500 000 zu verzeichnen ist.

Das wahre Problem ist von Frau Kollegin Bayr nun angesprochen worden, auch ich möchte darauf hinweisen, dass nämlich der Handel allein mit diesen Produkten nicht das Problem darstellt. Der Handel ist vielleicht ein kleiner Teil dieses Lösungsansatzes, aber das große Problem stellen in Wirklichkeit die Fischereiflotten dar und damit natür­lich auch die EU-Fangflotten.

Ich möchte dazu eine Zahl nennen, Frau Kollegin Bayr, und zwar eine Zahl, die einen wirklich erschrecken lässt: Die Weltfangmenge von 1952 mit 20 Millionen Tonnen Fisch pro Jahr ging heuer auf 80 Millionen Tonnen hinauf; dazu kommen noch diese 30 Mil­lionen Tonnen ungewollten Beifangs an Meerestieren, und dazu gehören auch die Robben. Das heißt, diese Tiere – 30 Millionen Tonnen! – werden als Beifang tot wieder in das Meer geworfen, wodurch natürlich auch die Populationen geschwächt werden, und das ist auch ein Problem, das leider Gottes in diesem Gesamtantrag nicht behan­delt worden ist. Aber ich kann es nicht ändern oder Sie dazu bringen, es besser zu machen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 188

Die Fischereiindustrie müsste also auch in der EU unter die Lupe genommen werden, man müsste schauen, was da zu tun wäre.

Das Argument von vorhin, dass die Fischerei für Kanada und für die USA ein notwen­diges Einkommen darstelle, ist natürlich auch weit hergeholt. Tatsache ist, dass 30 000 konventionelle Fischer an der Ostküste von Kanada und auch in den USA durch diese Überfischung ihre Arbeit verloren haben.

Vielleicht noch ein kurzer Vergleich zu den ökonomischen Werten der Robbenjagd. Die Robbenjagd macht pro Jahr ungefähr 15 Millionen € aus. Im Verhältnis dazu macht allein der Beitrag, den deutsche Urlauber im Bereich des Tourismus in Kanada lassen, weit über 250 Millionen € aus. Das ist dem natürlich entgegenzuhalten. Die Argumente, dass die Robbenjagd so viel für Kanada und Norwegen bedeuten würde, sind nicht wahr.

Der internationale Tierschutzverband, International Fund for Animal Welfare, hat des­wegen auch sehr gut daran getan, diese Dinge zu beleuchten; sie sind ja heute auch schon von den Kollegen hier behandelt worden.

Ein wichtiger Punkt, was wir in Österreich wirklich tun sollten, ist Folgendes: Ein Ein­fuhrverbot nach Österreich bringt ja nicht viel. Ich persönlich kenne keine aus Robben hergestellten Produkte, die bei uns in Österreich verwendet werden. Auch ein Handels- und Einfuhrverbot in und nach Europa bringt nicht viel. Nachweislich sind die Produkte, die von der Robbenjagd herrühren, gerade in Abnehmerländern wie Russland und China sehr gefragt. Das heißt, man müsste dort ansetzen, um wirklich nachhaltig etwas zu ändern.

Auch die WTO hat natürlich Möglichkeiten, wenn wir keine gesamteuropäische Lösung finden, hier einzuschreiten.

Es wäre gut, auch ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zu schließen, um bei der Robbenjagd, Bejagung, Befischung wirklich etwas zu erreichen.

Was sind aber in Österreich lösbare Probleme? – Es gibt natürlich in Österreich Pro­bleme, deren Lösung wir wirklich hier angehen können, und die FPÖ ist eine Partei, die sich für den Tierschutz stark macht. Ich denke an Tierschutzmöglichkeiten beim Tier­transport, ich denke aber auch an die Schächtung und daran, dass gerade im Bereich der Schächtung einiges getan werden könnte – zuerst den Hals aufschneiden und dann betäuben, das sind nicht unbedingt Methoden, die einem mitteleuropäischen Staat zur Ehre gereichen. Wir könnten wirklich überlegen, auch das Tierschutzgesetz in diese Richtung zu ändern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.27


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kainz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.27.32

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich bin froh darüber, dass wir heute einen Fünf-Parteien-Antrag beschließen, der das Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenpro­dukte betrifft.

Wir haben uns in der Sitzung des Umweltausschusses am vergangenen Freitag damit eingehend auseinandergesetzt und diesen Fünf-Parteien-Antrag dort auch vorberaten.

Viele meiner Vorredner sind auf die Details eingegangen, trotzdem möchte ich meine kurze Rede dazu nützen, Ihnen auch noch ein paar Fakten zu diesem Antrag zur Kenntnis bringen.


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Jährlich werden an der Ostküste Kanadas 270 000 Tiere erlegt. Bedingt dadurch, dass die Robbenjäger heuer im Packeis eingeschlossen waren, wird man zum Glück nicht auf diese hohe Zahl an getöteten Tiere kommen. Aber die Bilder sind uns bekannt, nämlich dass Robbenkadaver auf weißem Eis liegen, dass dort Blutlachen zu sehen sind und dass Männer mit Knüppeln auf treuherzig blickende Robbenbabys einschla­gen und diese töten. Viele Tiere leben noch beim Abziehen der Felle. 98 Prozent der erlegten Robben sind zwischen zwei Wochen und drei Monaten alt.

All diese brutalen Fakten sind auch in verschiedenen tierärztlichen Berichten niederge­schrieben, wo man zum Schluss kommt, dass die kommerzielle Robbenjagd in Kanada erhebliches und untragbares Leid zur Folge hat.

Ein zweiter Aspekt ist zurzeit auch sehr aktuell, nämlich dass auf Grund des Klimawan­dels die Robbenbabys nicht das notwendige Packeis haben, wodurch auch, da sie nach der Geburt nicht schwimmen können, Tausende zu Tode kommen.

Wir setzen mit dem heutigen Beschluss, denke ich, einen weiteren Schritt und eine weitere Maßnahme, die dazu beiträgt, die Vorreiterrolle Österreichs im Tierschutz ins­gesamt zu festigen. Österreich hat durch das Bundestierschutzgesetz, das mit 1. Jän­ner 2005 in Kraft getreten ist, dem Tierschutz klar den Vorrang gegeben. Es ist aber auch notwendig, dass trotz des noch so strengen Tierschutzes ein Miteinander und ein Nebeneinander zwischen Mensch und Tier möglich sind. Das gilt vor allem auch im Zusammenhang mit den Einwohnern, mit den Inuit, die ja auch von der Robbenjagd leben.

Ich freue mich, dass alle Parteien im Hohen Haus diesem heutigen Antrag zustimmen und dass wir mit diesem Antrag beziehungsweise mit dieser Beschlussfassung wieder eine weitere Vorreiterrolle in Europa zum Wohl der Tiere einnehmen und sozusagen beschließen werden. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.30


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.30.32

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Grundsatzentscheidung zwischen Unterstützung modischer Eitelkeiten einiger weniger versus blutiges Tierleid sollte doch eigentlich recht leicht fallen. Wir sind uns Gott sei Dank einig geworden. Daher setzen wir heute eine Entschließung um, wodurch der Handel mit Robbenpro­dukten in Österreich unterbunden werden soll. Damit liegen wir auch international im Trend. Deutschland, Luxemburg, Belgien, Frankreich und England haben ähnliche Ini­tiativen gesetzt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Bilder und Berichte über die grausame kom­merzielle Robbenjagd sorgen seit Jahren für Empörung. Gejagt werden vor allem Jungtiere, und die Jagdpraxis ist nach wie vor barbarisch. Bilder von erschlagenen Robben, Bilder von Jungrobben, denen das Fell bei lebendigem Leib abgezogen wird, schockieren die Öffentlichkeit. Kommerzielle Robbenjagden finden aber unter diesen Bedingungen nicht nur in Kanada, sondern auch in Norwegen, Nordrussland und in Namibia statt.

Meine geschätzten Damen und Herren, sieht man von der traditionellen und auch er­laubten Jagd der Inuit ab, ist die kommerzielle Robbenjagd durch nichts zu begründen. Sie ist überflüssig. Es besteht kein zwingendes Interesse an Robbenprodukten, weder an Fleisch noch an Fellen. Es ist daher auch kein vernünftiger Grund vorhanden, jähr-


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lich Hunderttausende Tiere auf die grausamste Art und Weise zu töten, außer – und das habe ich eingangs erwähnt – offensichtlich, um die Modetorheiten einiger weniger in Europa und Asien zu befriedigen. Denn dort, das wissen wir, liegen die Hauptabsatz­märkte dieser Produkte.

Generelle Handelsverbote sind der beste Weg, um dem Schlachten Einhalt zu gebie­ten. Das hat sich in der Vergangenheit auch anhand der europäischen Jungrobben­richtlinie 1983 gezeigt. Auf EU-Ebene – und ich betone: auf EU-Ebene – sind daher künftig Aktivitäten zu verstärken, damit diese Richtlinie greift. Zusätzlich zum EU-wei­ten Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte brauchen wir auch noch effiziente Kontrollmechanismen, nämlich eine spezielle Kennzeichnungspflicht für in Kleidungs­stücken verarbeitete Robbenfelle, damit das Leid der Robben künftig der Vergangen­heit angehört. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.33.31

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, man muss nur warten können und Geduld haben. Die Natur richtet sich einiges selbst. Wie wir aus den Medien erfahren haben, sind viele Schiffe der Robbenjäger im Eis stecken geblieben. Einerseits ein Sieg der Gerechtigkeit gegen das sinnlose Abschlachten dieser wehr­losen Meeressäugetiere. Andererseits haben nun diese Robbenjäger am eigenen Leib verspürt, was es heißt, Angst um sein Leben zu haben. Und vielleicht trägt dies dazu bei, aus den geretteten Jägern wieder Menschen zu machen.

Meine Damen und Herren! Mehr als 300 000 junge Sattelrobben, schätzungsweise rund ein Drittel aller in diesem Jahr geborenen Jungen, werden von den Jägern brutal getötet, noch bevor sie drei Monate alt werden. Die kanadische Robbenjagd ist die weltweit größte Jagd auf Meeressäuger, die heute noch stattfindet. Sie ist inakzep­tabel, grausam und gehört verboten. Ich erspare Ihnen Einzelheiten über den Vorgang der Tötung dieser Jungtiere. Von humaner Tötung, wie von der kanadischen Regierung behauptet wird, kann keine Rede sein. Untersuchungen haben ergeben, dass 42 Pro­zent der Tiere noch lebten und vermutlich noch bei Bewusstsein waren, als sie gehäu­tet wurden.

Daher, meine Damen und Herren, müssen wir der grausamen Tötung gegensteuern, um diese Massaker zu beenden. Der beste Weg wäre natürlich, wenn möglichst viele Länder ein internationales Handelsverbot für Robbenprodukte erließen. Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Daher ist es vorbildhaft, dass wir heute im Parlament die­sen Fünfparteienantrag beschließen. Ein Dankeschön an den Herrn Bundesminister und an Sie alle, denen der Tierschutz am Herzen liegt. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

18.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Schopf zum Wort. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


18.35.38

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch mir persönlich ist dieser Antrag besonders wichtig, und ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass wir als Fraktion auch sehr erfreut sind, dass voraussichtlich alle Parteien diesem Antrag die Zustimmung geben werden. Es ist immer wieder erbärmlich, in Aufzeichnungen und vor allem in Dokumen-


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tationen im Fernsehen ansehen zu müssen, wie Robbenbabys getötet und geschlach­tet werden.

Meine Damen und Herren! Im 18. und 19. Jahrhundert hat man ja leider massiv mit der Schlachtung begonnen. Es waren zuerst Seebären, und man ging dann über zu an­deren Robbenarten. Mittlerweile ist man leider gezielt unterwegs, Robbenbabys zu schlachten. Vor allem in Kanada wird das sehr oft mit dem Argument begründet, man muss diese Maßnahme setzen, um die Fischbestände zu schützen. Das ist natürlich ein Unsinn, das ist ein Irrsinn. Tatsache ist, dass Fischbestände tatsächlich in Gefahr sind, aber sicher nicht durch diese Robben, sondern vor allem durch die Hochseeflot­ten der Industriestaaten.

Meine Damen und Herren! Neu ist – und das ist auch nicht uninteressant –, dass mitt­lerweile die amerikanische Marine versucht, Robben, insbesondere Seelöwen zu dres­sieren und dann letztendlich auch in der militärischen Planung einzusetzen, mit dem Ziel, Seeminen aufzuspüren.

Meine Damen und Herren, einige Fakten und Zahlen wurden ja schon genannt. Im letzten Jahr wurden allein in Kanada 325 000 Jungtiere geschlachtet, in diesem Jahr bereits über 250 000. Informationen zufolge werden die Produkte nicht nur von einigen anderen Staaten, sondern vor allem auch von der Republik Österreich importiert. Es gibt Firmen, die sich mit diesen Themen und mit diesen Produkten vor allem im Well­nessbereich beschäftigen. Wir wissen ja, dass es genügend gute Ersatzstoffe gibt. Da­her brauchen wir keinen Import. Es muss mit dieser grauslichen Maßnahme, mit dieser Tötung endlich Schluss gemacht werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stau­ber. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.38.28

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Es gibt in diesem Hause immer wie­der kontroversielle Debatten, je nach Parteibrille so oder so. Aber heute ist es sehr positiv, dass bei diesem Punkt alle Redner hier einen gemeinsamen Standpunkt vertre­ten, und zwar den tiefster Ablehnung gegen dieses Robbentöten.

Es ist auch sehr schön – und Frau Kollegin Eder-Gitschthaler hat das erwähnt –, dass auch die Schwarzen für die Robben sind. (Ruf bei der ÖVP: Na, na!) Wortwörtlich hier zitiert worden.

Wer die Bilder des grausamen Robbenschlachtens vor Augen hat, kann aber wohl kei­nen Augenblick daran zweifeln, dass das im vorliegenden Antrag geforderte Importver­bot entsprechender Robbenprodukte einfach ein Gebot der Menschlichkeit ist und nicht nur ein Akt eines politischen Goodwill.

Tiere bei lebendigem Leibe zu häuten, um damit kommerzielle Interessen der westli­chen Zivilisation zu befriedigen, ist einfach widerwärtig. Betroffen macht mich in diesem Zusammenhang aber vor allem die höchst fragwürdige, ja eigentlich inhumane Argu­mentation des offiziellen Kanada. Denn wenn die kanadische Botschafterin in Öster­reich allen Ernstes davon spricht, dass die Robben in Kanada rasch und vor allem human getötet werden, so werde wohl nicht nur ich als Sozialdemokrat bei dieser Tat­sache rot werden und rot sehen.

Keine Frage, es gibt weltweit immer wieder lokale Bräuche, Riten und Traditionen, die mit einem humanistischen Weltbild nur sehr schwer in Einklang zu bringen sind und den Grundsätzen des modernen Tierschutzes widersprechen.


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Dass aber aus ausschließlich kommerziellen Gründen Tiere in großem Stil grausam getötet werden, darf keinesfalls so hingenommen werden, weder bei den Robben noch bei anderen Tieren.

Wir haben heute sehr viel von Verboten und Gesetzen gesprochen, aber ich denke, dass das allein nicht ausreichen wird, sondern man muss auch die Konsumentinnen und Konsumenten in aller Welt darauf aufmerksam machen und sensibilisieren, damit sie mit ihrem Konsumverhalten dazu beitragen können, diesem Robbenschlachten endlich ein Ende zu setzen.

Leider wird unser Antrag das Tierleid nicht von heute auf morgen stoppen können. Er ist aber mit Sicherheit ein klares Signal dafür, dass Österreich nicht alle perversen Auswüchse der globalen Kommerzialisierung mitmacht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.41


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mu­chitsch. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.41.17

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Das Thema schockiert, das Thema sensibilisiert uns, und es ist auch ein Thema, das über Parteigrenzen hinweg eint.

Heute gilt es, einen Schritt national zu setzen, um diesem Wahnsinn entgegenzuwir­ken. Es muss aber, wie schon angekündigt, unser Ziel sein, europaweit initiativ zu wer­den. Vielleicht gelingt es uns, über Europa, über die Europäische Union auch weltweit Bewusstsein zu bilden.

Ich danke daher allen Abgeordneten, die diesen Antrag eingebracht haben, allen politi­schen Parteien, allen politischen Parteien auch für ihre klaren Stellungnahmen, für ihre Aktionen, ob das die Grünen waren mit ihrer Aktion am 19. April, ob es die Presseaus­sendungen der Freiheitlichen waren, ob es die SPÖ war mit ihrem Jungabgeordneten Jörg Leichtfried, der auch angekündigt hat, in der EU versuchen zu wollen zu errei­chen, dass die EU-Regierungen eine gemeinsame Linie einschlagen, oder ob es unser Umweltminister Josef Pröll ist, der versprochen hat, das Robbenimportverbot auch in der EU engagiert zu vertreten. Danke noch einmal an alle Parteien.

Abschließend habe ich persönlich noch einen großen Wunsch: dass solche Bilder, wie wir sie heute bereits gesehen haben, von unseren Fernsehschirmen verschwinden. Diese Bilder des brutalen Abschlachtens sollten keinen Platz in der Medienwelt haben. Ich glaube, wir alle hier in diesem Raum wollen unseren Kindern diese blutigen Bilder, dieses blutige Tierleid nicht erklären müssen. Daher mein Dank an alle Parteien für diese Initiative. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Ebenfalls 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.


18.43.18

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Alle meine Vorrednerin­nen und Vorredner haben bereits sehr eindrucksvoll auf die Grausamkeiten der Rob­benjagd hingewiesen und ihre Abscheu ausgedrückt. Ich kann mich ihren Ausführun­gen vollinhaltlich anschließen.


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Diese Robbenjagd ist schon aus Tierschutzgründen bedenklich und gefährdet mittler­weile auch den Erhalt der Robbenpopulation insgesamt. Noch dazu gibt es für dieses systematische und gigantische Robbenjagen kein zwingendes ökonomisches Inter­esse, da es für alle Robbenprodukte mittlerweile entsprechende Ersatzprodukte gibt.

Ich möchte hier meinen besonderen Dank vor allem den Umweltschutz- und Tier­schutzaktivistinnen und ‑aktivisten aussprechen, die sich seit Jahren unermüdlich ge­gen die blutigen Praktiken des industriellen Robbenschlachtens engagieren. Durch diese Proteste haben sie die Weltöffentlichkeit immer wieder auf dieses sinnlose und entsetzliche Abschlachten aufmerksam gemacht.

Weiters danke ich aus aktuellem Anlass dem Internationalen Tierschutzfonds, der letzte Woche vor dem Parlament die Protestkundgebung „Robben in Not – Handelsver­bot“ durchführte. Ich bedanke mich auch sehr herzlich bei allen Parlamentsparteien, sowohl im Umweltausschuss als auch hier im Plenum, dass es zu einer einstimmigen Beschlussfassung gekommen ist beziehungsweise heute kommt. Damit setzen wir alle gemeinsam ein sehr deutliches Zeichen und zeigen, dass wir gewillt und fähig sind, doch, wenn auch nur hin und wieder, an einem gemeinsamen Strang zu ziehen.

Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Wir können es einfach nicht hinnehmen, dass einige Länder wie Kanada oder Norwegen zum Beispiel jedes Frühjahr das Töten von Hunderttausenden Robben zulassen. Dagegen braucht es von uns und von Europa eine deutlichere Sprache und ein entschiedenes Handeln. Diese – unter Anführungs­zeichen – „blutigen Produkte“ dürfen wir nicht mehr über unsere Grenzen lassen.

Ich bin davon überzeugt, dass diese Bundesregierung alle notwendigen Schritte und Maßnahmen rasch und entschieden setzen wird, damit der Import, die Verarbeitung und der Vertrieb von Robbenprodukten in Österreich wirkungsvoll unterbunden wer­den. Besonders wichtig ist es, meine ich, auch, dass wir in Brüssel entschieden dafür auftreten, dass in der gesamten EU ein gültiges Einfuhr- und Handelsverbot mit Pro­dukten aller Robbenarten beschlossen wird. Seitens der SPÖ wird unsere Bundesre­gierung dabei natürlich jede erdenkliche Unterstützung bekommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.45


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte alle Damen und Herren, Platz zu nehmen, denn wir kommen zur Abstim­mung.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 73 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 18.)

18.46.334. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug im Strafgesetzbuch ausgeweitet wird (141/A)


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Stoisits. 7 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.47.05

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, poštovane dame i gos­podo! Sehr geehrter Herr Präsident! (Abg. Dr. Lichtenecker: Dobar dan!) Ich habe na­türlich insgeheim gehofft, dass Frau Ministerin Berger auch zu diesen ersten Lesungen kommen wird, denn es gibt auch noch … (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) – Rudi, ich bin so ruhig, und er ruft irgendwie dazwischen.

Ich habe insgeheim gehofft, dass die Frau Bundesministerin nicht nur zu dieser ersten Lesung kommen wird, sondern es kommen auch noch andere erste Lesungen, weil das in den letzten Jahren, zumindest in den letzten 15 Jahren eine Übung gewesen ist, die ihre Vorgänger und ihre Vorgängerin, Frau Mag. Gastinger, auch so gepflogen haben. Minister Michalek, Böhmdorfer und dann Frau Mag. Gastinger sind, weil es ja nicht allzu häufig ist, dass es erste Lesungen aus Vorlagen des Justizbereiches gibt, in der Regel gekommen. Kann sein, dass sie im Ausland ist, ich weiß es nicht. Ich nehme es ihr ja nicht übel. Ich habe ja nur gesagt, ich habe insgeheim gehofft. Aber im We­sentlichen wendet sich meine Rede nicht an die Frau Ministerin, die ja im Großen und Ganzen mit den Überlegungen der Grünen übereinstimmt, sondern meine Ausführun­gen wenden sich in erster Linie an die Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates. Jene, die in der letzten Legislaturperiode schon Mitglieder des Nationalrates waren, haben sich ja damit schon auseinandergesetzt, in dem Fall auch zwangsläufig, weil es schon einmal eine erste Lesung über einen Antrag der Grünen zu dieser Materie gab.

Wir haben auch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Justizausschusses, im Jus­tizausschuss im Juli oder Ende Juni letzten Jahres über den Initiativantrag der Grünen bezüglich bedingter Entlassung diskutiert. Wenn Sie sich erinnern, vor allem die Kolle­gen von den damaligen Regierungsparteien, ÖVP und BZF-Mixtur, Sie haben diesen Antrag abgelehnt, und zwar mit Argumenten, die zum Teil mehr als diskussionswürdig sind, mit Argumenten, die jetzt von der Frau Ministerin bereits aufgegriffen wurden, und zwar in ihrem Bemühen, sich der Problematik der überfüllten Gefängnisse in Österreich zu stellen.

Erste Lesungen haben es so an sich, dass nicht alle in Jubel ausbrechen über das, was eine Fraktion vorschlägt. Das ist nur allzu verständlich. Erste Lesungen haben den Zweck, dass die Diskussion über thematische Inhalte eingeleitet wird.

Ich möchte daher kurz erläutern, worum es in unserem Antrag geht:

Mit Stichtag 28.2.2007 gab es in Österreichs Justizanstalten einen Belag – so heißt das, das sind diese technischen Ausdrücke – von 9 039 Häftlingen, davon ein bisschen über 2 000 in Untersuchungshaft. Diese Zahl ist österreichischer Rekord. So viele Häft­linge gab es in Österreichs Justizanstalten noch nie zuvor, nicht einmal zum Zeitpunkt vor den Reformen in den siebziger und achtziger Jahren. Der signifikante Anstieg war in den Jahren ab 2001, denn zwischen 1988 und 2001 war die Belagszahl in den Ge­fängnissen immer rund um 7 000 – ein bisschen darunter, ein bisschen darüber. Seit dem Jahr 2001 hat sich diese Zahl um über 2 000 Häftlinge insgesamt erhöht.

Österreichs Gefängnisse sind nicht nur ausgelastet und voll belegt – wie es in der Fachsprache heißt –, sie sind überbelegt. Das kann man am Beispiel der Justizanstalt Josefstadt sehen. Und das ist eine wirklich ernst zu nehmende Tatsache, weil überbe­legte Gefängnisse schlicht und einfach gefährlich sind – nicht nur für die Insassen, das auch, aber vor allem auch für die Umgebung, sprich auch für die Allgemeinheit, weil sich das Aggressionspotential und die Gefahren, die sich dadurch ergeben, einfach po­tenzieren.


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Eine Haftanstalt gilt in der Regel bei 85 bis 90 Prozent Belegung als voll belegt. Die Justizanstalt Josefstadt wäre bei einer Belegung von 990 Häftlingen zu 100 Prozent belegt, sie hatte aber zum Stichtag der Einbringung dieses Initiativantrages eine Be­lagszahl von 1 186 Häftlingen. Das ist also mehr als eine eindeutige Überbelegung. – Das ist ein Aspekt.

Der zweite Aspekt, warum auch auf legistischer Ebene etwas gegen überbelegte „Häf’n“ getan werden muss, ist die Tatsache, dass sich das Verhältnis – und da wird sicher Otto Pendl noch darüber sprechen, wenn er zu Wort gemeldet ist – zwischen Bediensteten in Justizanstalten und Häftlingen radikal fehlentwickelt hat: nämlich von einem Verhältnis 2 : 1 früher zu einem Verhältnis von fast 3 : 1 heute. Da kann doch etwas nicht stimmen! Auch wenn ich jetzt in Betracht ziehe – und das werden wir mor­gen hier noch einmal diskutieren –, dass sich Personal durch dieses neue Budget jetzt erhöhen wird, ist das nur ein schwaches Mittel, um das, was über Jahre an Fehlstand aufgebaut wurde, abzubauen.

Zweite wichtige Information an die Kolleginnen und Kollegen, warum eine Initiative zu einer neuen gesetzlichen Regelung der bedingten Entlassung: In Österreich werden 20 Prozent der Häftlinge bedingt entlassen. Im Vergleich dazu – und man kann jetzt nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, sondern Systeme, die eine ähnliche Rechtslage, Rechtskultur und Rechtstradition haben, wie Deutschland und die Schweiz –, nämlich zu den 20 Prozent in Österreich möchte ich Ihnen die Zahl in Deutschland nennen: nämlich 50 Prozent bedingte Entlassungen, und in der Schweiz: 92 Prozent bedingte Entlassungen.

Das ist nämlich deshalb auch wichtig zu wissen, damit nicht hier so eine Mär aufgebaut wird, dass jene, die sich für mehr bedingte Entlassung einsetzen, etwa Unsicherheit in der Bevölkerung oder weniger Sicherheit in der Bevölkerung riskieren. Bei 92 Prozent bedingter Entlassung in der Schweiz müsste das ja bedeuten, dass jeder Schweizer zusammenzuckt, wenn er aus dem Haustor tritt, wenn 92 Prozent der Leute, die in Ge­fängnissen sind, bedingt entlassen werden. Jetzt muss man wissen, dass Menschen, die zu weniger als drei Monaten Gefängnisstrafe verurteilt werden oder teilbedingt ver­urteilt werden, ja gar nicht unter die jetzige Regelung der bedingten Entlassung fallen.

Mein und unser Hauptargument für eine neue gesetzliche Regelung ist aber folgendes: Jemandem, der seine Strafe bis zum letzten Tag absitzt – und das sind, wie Sie hören, 80 Prozent der Häftlinge in Österreich –, kann kein Gericht der Welt, oder kein Gericht Österreichs in dem Fall, irgendeine Art von Auflage oder irgendetwas, irgendeine Art von – sagen wir es jetzt im weitesten Sinn – Überwachung auf den Weg mitgeben, denn er hat seine Strafe abgesessen. Das halte ich – und das sage ich aus tiefer Über­zeugung – für falsch.

Denn: Häftlinge – und wenn sie die schwersten Verbrechen begangen haben –, die am Ende ihrer sozusagen Häftlingskarriere auf freien Fuß gesetzt werden, haben ihre Stra­fe abgebüßt und stehen allein und im Nichts da. Das ist in meinen Augen weder für die Gesellschaft gut, noch ist es gut für das einzelne Individuum, nämlich den ehemaligen Gefangenen, der davon betroffen ist.

Darum ist eines der Hauptargumente für eine Neuregelung der bedingten Entlassung – die da lauten würde: bedingte Entlassung nach zwei Dritteln der abgesessenen Strafe grundsätzlich für alle, ohne Berücksichtigung der Generalprävention; die gibt es näm­lich in Deutschland und in der Schweiz auch nicht – bei Verbüßen von zwei Dritteln der Strafe: Möglichkeiten, Auflagen zu erteilen, auch zu haben. Ausnahmen von diesem Prinzip sollte es nur für jene geben, die eine erhöhte Rückfallgefahr zu schweren Ge­walttaten oder gemeingefährlichen Delikten haben.


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Ausnahmen bestätigen aber in diesem Fall die Regel. Die Regel sollte die bedingte Entlassung sein. Selbst in diesen Fällen, wo es schwerwiegende Gründe gibt, nach zwei Dritteln nicht zu entlassen, sollte das Gesetz so gestaltet sein, dass auch bei be­sonderen Risikogruppen bedingte Entlassung spätestens nach fünf Sechsteln der Stra­fe zu erfolgen hat, damit Hilfe und Unterstützung durch Bewährungshilfe und ähnliche Einrichtungen geleistet werden können und in dem Fall bei Erteilung der Auflagen auch geleistet werden müssen. Nur besonders schwerwiegende Gründe können bewirken, dass von dieser bedingten Entlassung abgesehen wird.

Meine Damen und Herren – das rote Licht hier blinkt schon nicht mehr nur, es leuchtet bereits, und ich will den KollegInnen von den Grünen, die noch zu anderen ersten Le­sungen sprechen, die Zeit nicht wegsprechen –: Das sind im Wesentlichen skizziert die Rahmenbedingungen des Initiativantrages der Grünen. Ich freue mich schon auf die Diskussion heute und auf die Diskussion im Justizausschuss, der folgen wird, denn glauben Sie mir – oder vertrauen Sie mir! –: In der Schweiz und in Deutschland ist die Gesellschaft im Allgemeinen und die Politik insbesondere mit Regelungen der beding­ten Entlassung ohne Generalprävention, mit bedingter Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe gut gefahren.

Ich würde mir wünschen, dass wir in Österreich auf einen Mittelwert zwischen der Schweiz und Deutschland kommen – also sagen wir rund um 60 Prozent, wenn es im einen Fall 92 Prozent und im anderen 50 Prozent sind. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

18.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.58.17

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Her­ren! Hohes Haus! Ich freue mich, dass wir in den letzten Wochen und Monaten auch im Budgetausschuss doch so viel Engagement für den Strafvollzug gehabt haben. Ich darf mich bei dir, liebe Kollegin Stoisits, dafür bedanken, dass das wieder auf der Tagesord­nung ist. Ich möchte alle einladen, einmal nachzudenken, welche Perspektive Insassen haben, wenn es keine Chance auf bedingte Entlassung gibt. Nicht nur im internationa­len und europäischen Vergleich ist es notwendig, sondern: Was glaubt ihr, wie es bei uns in den Anstalten aussehen würde, wenn man einem Insassen nicht irgendeine Chance – nicht einmal eine theoretische – mit auf den Weg geben kann? (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich glaube, wir haben derzeit – Kollegin Stoisits hat das ausgeführt – die schwierigste Situation überhaupt in der Geschichte des österreichischen Strafvollzuges. Das ist überhaupt keine Frage. Ich lade einmal alle ein, die oft so locker und teilweise populis­tisch argumentieren: Schaut euch einmal an, wie es in den österreichischen Vollzugs­anstalten ausschaut! Da wäre viel zu diskutieren. Ich hoffe, dass wir auf die Initiativen der Bundesregierung und der Frau Justizministerin auch im Interesse der Humanität zählen können. Und, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen: Vergessen wir nicht, es sind unsere öffentlich Bediensteten, die für uns da und für die Österreicherin­nen und Österreicher den Kopf hinhalten! Denen sollte man wenigstens danken und auch helfen! – Das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage aber, liebe Terezija, wir müssen auf eines aufpassen: Wir müssen, wenn wir über die bedingte Entlassung diskutieren – da teile ich voll deine Meinung, deinen An­satz –, auch den Ablauf der jetzigen bedingten Entlassung überdenken.


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Es hat sich als nicht zweckmäßig erwiesen, dass die Anstaltsleiter mit ihrem Team über die vorläufig bedingte Entlassung entscheiden, Insassen in den sogenannten Ent­lassungsvollzug gekommen sind und dann ganz woanders, nämlich vom Vollzugs­gericht, eine Entscheidung darüber getroffen worden ist, ob der Häftling entlassen wird oder nicht.

Ich habe das seinerzeit schon, vor Jahren, als das eingeführt wurde, gesagt: Da ist es mir lieber, über die vorläufig bedingte Entlassung entscheidet auch das Gericht, oder wir kommen zu einer neuen Regelung, denn sonst ist das nicht im Interesse des Insas­sen. Und ich weiß, was für eine schwierige Situation dabei auf unsere Kollegen zu­kommt, das immer im Vorfeld entscheiden zu müssen, nicht wissend, was das Gericht dann geraume Zeit später wirklich macht.

Ich bin wirklich interessiert daran, dass wir diese so wichtige Thematik im Interesse – das sage ich ganz offen! – der Sicherheit auch unserer Republik diskutieren. Ich sage beim Strafvollzug immer, es gibt eine innere und eine äußere Sicherheit. Mit äußerer Sicherheit meine ich unsere Bürgerinnen und Bürger.

Wenn wir uns die Struktur unserer Anstalten ansehen – und die Frau Ministerin hat es erst im Budgetausschuss gesagt, dass wir nicht einmal mehr das Personal haben, dass wir gesichert Hafträume öffnen können –, dann zeigt sich, wie schwierig die der­zeitige Situation ist. Und ich glaube, nur mit dem Einsperren, liebe Kolleginnen und Kollegen – ohne Perspektive, ohne die Insassen zu beschäftigen, ohne vielleicht die Therapie- und Sozialbereiche mit bearbeiten zu können –, ist auch das viele Geld, das für den Strafvollzug ausgegeben wird, vielleicht nicht richtig eingesetzt.

Ich freue mich auf eine konstruktive Debatte im Justizausschuss und hoffe, dass wir gute Vorschläge nicht nur erarbeiten, sondern auch umsetzen werden können. – Dan­ke schön. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

19.01


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.


19.02.09

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion, glaube ich, ist richtig und wichtig zu führen – auch über eine Reform der bedingten Entlassungen.

Ich kann dir, liebe Terezija, liebe Frau Kollegin, auch recht geben, dass die Haftzahlen, die Belagszahlen gestiegen sind – und zwar durchaus in einem erklecklichen Ausmaß. Ich glaube aber, man sollte sich zuerst auch die Ursachen vornehmen und nicht sozu­sagen sofort Maßnahmen daran anknüpfen. Ursachen können einerseits auch sein – und das glaube ich auch –, dass einfach bessere Aufklärung stattfindet, dass effizienter verfolgt wird und dass daher natürlich dann auch auf der anderen Seite bei den Be­lagszahlen in den Justizanstalten eine entsprechende Steigerung gegeben ist.

Zuerst – so glaube ich – ist es einmal ein Erfolg auch des Innenministers bei der Auf­klärung, bei der Verfolgung von Straftätern und natürlich vor allem ein Erfolg der Kolle­ginnen und Kollegen unserer Exekutive, die Tag und Nacht unterwegs sind, um Straf­tätern das Handwerk zu legen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt, die gestiegenen Häftlingszahlen sind natürlich ein Problem, aber grundsätzlich einmal auch eine Lösung für ein ande­res, vorgelagertes Problem. Das ist meiner Meinung nach ein bisschen falsch an dem Ansatz der Grünen, der Kollegin Stoisits, immer zu sagen: „Häfentüren“ auf, dann sind die Belagszahlen niedriger! – Das, glaube ich, kann nicht die allein seligmachende Ant-


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wort auf dieses Problem sein. Das muss man auch in dieser Diskussion berücksichti­gen.

Eine Antwort kann sein – und ich glaube, die geben wir im Budget für die Jahre 2007 und 2008, das wir in den nächsten Tagen diskutieren –: Mehr Geld, mehr Personal auch für die Justizanstalten. 150 Wachebeamte mehr im Jahr 2007, über 12 Prozent, fast 13 Prozent mehr Budget im Bereich der Justizanstalten im Jahr 2007 ist eine wich­tige und richtige Antwort auf größere und gestiegene Häftlingszahlen. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich ist auch, wie schon zu Beginn gesagt, die Diskussion über das Instrument der bedingten Entlassung insgesamt wichtig. Wir werden diese Diskussion auch gerne im Justizausschuss gemeinsam führen, aber es ist uns bei dieser Diskussion schon auch wichtig, gewisse Eckpunkte von Beginn an zu betonen.

Ich hielte es für ein falsches Signal, hier eine quasi Automatik einzuführen: bedingte Entlassung, gesetzlich vorgeschrieben nach einer bestimmten Dauer. Ich glaube, das wäre die falsche Antwort. Die Verhängung von Strafen und auch die Verhängung teil­bedingter Strafen und derzeit auch die bedingte Strafnachsicht eines Teiles der Strafe soll Sache unabhängiger Richter sein. Das sollen auch weiterhin die entscheiden, und hier soll keine Automatik vorgegeben sein. Man darf nicht übersehen, das könnte auch zur Konsequenz haben, dass die Gerichte, wenn sie wissen, dass nach zwei Dritteln der Dauer jedenfalls bedingt entlassen wird, einfach auch das Strafausmaß so anpas­sen, dass sie sagen, die Strafe soll einmal so lang sein, um sicherzustellen, dass eine gewisse Dauer auch wirklich abgesessen wird. – Das wollen wir, glaube ich, nicht, son­dern es soll eine Antwort sein, die flexibel im Einzelfall von den Gerichten gegeben wird.

Was mich zuletzt noch ein bisschen gestört hat, liebe Frau Kollegin Stoisits, war natür­lich auch dieser Vergleich. Den Vergleich mit Deutschland und der Schweiz bei den be­dingten Entlassungen isoliert zu betrachten, ist meiner Meinung nach falsch und greift zu kurz. Wenn man vergleicht, dann müsste man auch sehen, wie die teilbedingten Strafen im Vergleich der verschiedenen Länder verhängt werden, und letztlich auch, wie sich die Aufklärungsraten und die Kriminalität insgesamt in den verschiedenen Ländern entwickelt haben und entwickeln. Ich glaube, nur ein Gesamtvergleich kann hier ein realistisches Bild geben, um eine Lösung zu bieten.

Abschließend: Wir werden diese Diskussion gerne führen. Ich bin gespannt auf eine konstruktive Diskussion, und ich bin überzeugt, dass es natürlich auch Verbesserun­gen im System der bedingten Entlassungen geben wird, die wir auch dann gemeinsam umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP.)

19.06


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Strache. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.


19.06.35

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Forderung nach frühzeitiger Entlassung von Kriminellen ist gerade in Zeiten wie diesen durchaus eine, angesichts deren sich viele Bürger in Österreich berechtigterweise an den Kopf greifen. Stark steigende Kriminali­tätszahlen, eine unglaubliche Entwicklung im Kriminalitätsbereich, wo wir in manchen Bereichen – in Wien zum Beispiel – plus 30 Prozent beim Straßenraub erleben müs­sen, wo Bürger einfach Angst haben, auf die Straße zu gehen, und damit rechnen müssen, dass die Chance durchaus eine sehr hohe ist, einmal selbst Opfer werden zu können.


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Wir erleben in Wien eine Steigerung des Raubes an Banken und Postfilialen von 30 Prozent. Wir erleben in Wien eine Situation, wo täglich in 450 Wohnungen eingebro­chen wird – also unglaubliche Zahlen! Und dann geht man her und sagt: Wir haben steigende Kriminalität, daher haben wir überfüllte Haftanstalten – und deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, das Problem steigender Verbrechen, steigender Kriminalität mit mehr Häftlingen dahin gehend zu lösen, dass wir diese frühzeitig entlassen.

Was ist denn das für ein Ansatz? Was ist denn das für eine Sicherheitspolitik? Wie kann denn da der Bürger überhaupt noch Verständnis dafür aufbringen, wenn man sol­che abstrusen Ideen hat?

Man sollte dafür Sorge tragen, dass wir ausreichend Hafträume sicherstellen, dass wir in ausreichend Hafträume, in ausreichend Personal investieren, das heute letztlich auch darunter leidet, weil es auch in diesem Bereich, im Bereich des Strafvollzuges nicht ausreichend Beamte gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber nein, man macht den Vorstoß in Sachen Verringerung der Häftlingszahl, in Rich­tung frühzeitiger bedingter Entlassung. Und wenn man sich dann die Zahlen anschaut, dann sieht man: Im Jahr 2005 wurden 45 691 Personen in Österreich verurteilt. 22 402 Personen davon waren vorbestraft, sprich keine Unbekannten, keine Täter, die das erste Mal eine Tat begangen haben und überführt worden sind – nein, Vorbestraf­te! Wir haben darüber hinaus 11 533 Personen, die verurteilt worden sind, die sogar mehr als drei Vorstrafen gehabt haben – also durchaus Täter, wo man klar erkennt: Das sind keine Ersttäter, das sind Täter, die immer wieder Verbrechen begehen. Und da wollen Sie der Bevölkerung weismachen, wenn man die frühzeitig entlässt, dass das zu mehr Sicherheit beitragen kann? – Mit Sicherheit nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gegenteil wird der Fall sein: Die werden früher die Möglichkeit haben, im Bereich Einbruch, Überfall und Sonstiges wieder tätig zu werden. Und das ist genau diese negative Signalwirkung: Wenn heute Verbrecher und Tätergruppen wissen, dass sie eigentlich nicht wirklich Großartiges zu befürchten haben, und wenn sie wissen, dass sie nach Verbüßung von zumindest der Hälfte ihrer Haftstrafe, die sie erhalten haben, vielleicht mit einer bedingten Entlassung rechnen können, dann ist das ja, bitte, fast eine Einladung für die organisierte Kriminalität, die sich das ausrechnen kann.

Das ist einfach unverantwortlich, wenn man so vorgeht! Von 7 136 Personen, die zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurden, waren 6 055 vorbestraft! Allein an­hand dieser Vergleichssumme sieht man, wovon wir hier reden. Ich habe manchmal den Eindruck, dass manche, die hier Forderungen aufstellen, so wie die Abgeordnete Stoisits, nicht wissen, wovon sie sprechen! Oder – noch viel schlimmer –: Wenn Abge­ordnete Stoisits weiß, wovon sie spricht, dann handelt sie eigentlich noch viel unver­antwortlicher – und das ist etwas, wo wir zu Recht sagen, damit eignet sie sich auf gar keinen Fall als Volksanwältin. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Jahr 2006 hat es 13 000 Haftantritte gegeben. 4 857 Personen hatten zumindest schon eine Haftstrafe hinter sich. – Alle diese Zahlen zeigen auf, worum es geht: Wir haben in den letzten Jahren eine Einsparung im Strafvollzug erleben müssen, und jetzt geht man her und versucht – anstatt dort Investitionsmaßnahmen zu setzen –, genau im falschen Bereich Vorschläge zu machen. Das muss man einfach verurteilen!

Und wenn Frau Ministerin Berger in einem Interview erklärt, die abgeschlossenen Bud­get- und Personalverhandlungen brächten nur kleine Beiträge zur Entspannung, wir müssten letztlich schauen, dass wir mit den Häftlingszahlen herunterkommen, dann kann das doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, sondern ist in Wirklichkeit hane­büchen. Und wenn man sich anschaut, was das für Pläne sind – Ausweitung der be­dingten Entlassung, Hausarrest statt kurzer Haftstrafen und U-Haft, leichtere Umwand­lung von Freiheitsstrafen in Geldstrafen, Änderung des Tatbestandes der Gewerbs-


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mäßigkeit und eine Änderung des Amnestiegesetzes –, dann muss man sagen, das ist sicherlich nicht das, was sich die Bürger in unserem Land vorstellen.

Deshalb kann man für diese Pläne nicht eintreten. Man kann nur dagegen eintreten, wenn man für Sicherheit steht. Und wenn man Sicherheit – und das ist ein Recht der Bürger! – auch gewährleisten will für die Bürger in unserem Land, dann muss man dafür Sorge tragen, dass Kriminelle auch damit rechnen müssen, dass sie harte Haft­strafen mitbekommen und dass sie diese in der Regel auch bis zum Ende abzusitzen haben, damit Verbrechen eben kein Vergnügen ist und damit Verbrechen auch nicht mit einer vorzeitigen Entlassung belohnt wird.

Das ist unser Ansatz. Unser Ansatz ist es, die Bevölkerung zu schützen und endlich auch im Bereich der Haftanstalten dafür Sorge zu tragen, ausreichend Hafträume si­cherzustellen, ausreichend Personal auszubilden und anzustellen, damit es eben nicht zu solch unverantwortlichen Zuständen wie heute kommt.

Ich habe mir erst vor Kurzem wieder eine Haftanstalt angesehen, nämlich in Simme­ring. Es war ja hochinteressant, das auch zu erleben. Es gibt natürlich auch durchaus innerhalb der Haftanstalten einen strengeren Vollzug und einen gelockerten Vollzug, und natürlich macht der gelockerte Vollzug Sinn. Der ist ja sinnvoll – aber in der Haft­anstalt sollte er vonstatten gehen, kontrolliert soll er vonstatten gehen! Es kann ja, bitte, wirklich nicht der Ansatz sein, dass man das so handhabt, wie heute hier auch von einigen zum Besten gegeben wurde, dass man einfach zu vorzeitiger Entlassung übergeht.

Natürlich sollte man auch nicht vergessen, dass fast schon 50 Prozent aller Häftlinge in Österreich Nichtösterreicher sind! Auch das sollte man nicht vergessen!

Wenn man schon diese Zahlen hat, dann sollte man doch auch den Gedanken fortset­zen, der einmal durchaus vernünftigerweise von einem ehemaligen Justizminister an­gedacht wurde, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass ausländische Kriminelle, wenn sie bei uns verurteilt werden, dann in ihrem Heimatland die Haftstrafe abzusitzen haben – und letztlich unser Staat und unsere Steuerzahler sich einiges ersparen und diese aus­ländischen Häftlinge dann bei sich zu Hause in der Heimat ihre Haftstrafe abbüßen müssen, was natürlich auch für ihre weitere Entwicklung von Vorteil ist, weil sie Zugang zu ihren Familien haben, beziehungsweise ihre Familien zu ihnen Zugang haben, und das im Interesse aller Betroffenen sicherlich vernünftig wäre. – Solche Dinge sollte man andenken!

Wenn ich dann hier höre oder feststellen muss, dass man hier auch festgehalten hat, dass man in Zukunft Sozialarbeiter und Psychologen stärker für eine bedingte vorzei­tige Entlassung einbinden will, dann ist das aus Sicht der Freiheitlichen absolut abzu­lehnen, denn das ist sicherlich nicht der Bereich, der so etwas zu entscheiden hat. Das muss eine Frage der Gerichte, und ausschließlich eine Frage der unabhängigen Gerichte in Österreich bleiben und darf nicht eine Frage von Sozialarbeitern und Psy­chologen werden, die dann da vielleicht irgendwelche privaten Meinungen zum Besten geben oder vertreten.

Wir von der Freiheitlichen Partei halten abschließend fest, dass man generell, wenn man das Budget bewertet, eines feststellen muss: Radikal falsche Budgetentwicklun­gen im Sicherheitsbereich – nicht nur im Bereich des Strafvollzuges, sondern generell. Seit dem Jahre 1997 bis heute haben wir in Österreich 3 000 Exekutivbeamte weniger, obwohl man gewusst hat, es kommt zu einer Osterweiterung, obwohl man gewusst hat, es kommt dadurch zwangsläufig zu mehr Kriminalität. Anstatt mehr Exekutivbeamte anzustellen, hat man auch dort einen Kahlschlag vorgenommen und eingespart. Und dieses Budget setzt dort weiter fort: Weiter Personaleinsparungen, weiter Einsparun­gen bei den Überstunden! – Das ist genau der Punkt, und in diesem Bereich spielt die


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ÖVP gemeinsam mit der Sozialdemokratie leider Gottes mit. Unsicherheit wird ge­schaffen, und ich sage: Wenn Sie so weitertun, dann werden wir in Österreich bald amerikanische Verhältnisse haben – und das wollen wir mit Sicherheit nicht, und dage­gen werden wir antreten. (Beifall bei der FPÖ.)

19.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner ist Herr Abgeordne­ter Mag. Darmann zu Wort gemeldet. Er hat sich eine Redezeit von 5 Minuten vorge­nommen. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.16.26

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätztes Hohes Haus – oder was davon jetzt noch übrig ist! In der Debatte um die Ausweitung der bedingten Haft im Zuge des Haftentlastungspaketes der Frau Bundesministerin Berger war es nur eine Frage der Zeit, dass vonseiten der grünen Kollegen ein die Ministerin unterstützender Schrei nach offenen Gefängnissen durch die erlauchten Hallen dieses Hohen Hauses hallen wird. Ich hatte ja vor gar nicht allzu langer Zeit bereits das Ver­gnügen, mit der geschätzten Kollegin Stoisits eine kurze Diskussion in der „ZiB“ führen zu dürfen, eben genau zu diesem Thema. Sie weiß Bescheid. – Bitte korrigiere mich, wenn ich da jetzt in einer Kernaussage, die du damals vertreten hast und heute hier im Großen und Ganzen wiederholt hast, falsch liege.

Kollegin Stoisits, deine Kernaussage war damals wie heute: Du hast dir im Zusammen­hang mit der Unterbringung Sorgen um die Sicherheit der Häftlinge gemacht – auf­grund der schlimmen Unterbringungszustände. Du bist mir auch damals ins Wort gefal­len, als ich dann unsere Seite vertreten und gesagt habe, für uns ist eher die Sicherheit der Bevölkerung wichtig und nicht unbedingt – doch auch, aber nicht vordergründig – die Sicherheit der Insassen.

Bis zu einem gewissen Grad hätte ich dir damals in unserer Diskussion nämlich wirk­lich auch recht geben können: eben darin, dass es wirklich – und das ist unser Grund­gedanke, der uns eint – etwas zu verändern gibt in den Haftanstalten, nämlich was die Unterbringungsformen zurzeit betrifft, und zwar im Speziellen im Hinblick darauf, dass die Gefängnisse maßlos überfüllt sind.

Aber, wie gesagt, nur dieser Grundgedanke eint uns. Der Weg jedoch, den wir dann gehen, um das Ziel einer Verbesserung der Zustände in den Haftanstalten zu errei­chen, ist ein wirklich anderer zwischen Grün und Orange.

Mittlerweile ist uns ja allen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, bekannt, welch erschreckend hohe Häftlingszahlen in den österreichischen Haftanstalten vorherr­schen. Wir haben es heute schon einmal gehört: 8 650 Haftplätze; seit diesem Jahr konstant über 9 100 Häftlinge. 15 Prozent an Reserve wären notwendig. Wir haben also schon jetzt um 1 300 Häftlinge zu viel, und bei einer Entwicklung wie in den letzten Monaten – es hat diese auch in den letzten Jahren gegeben – wird bis zum Jahr 2008 wohl ein Häftlingsüberschuss von 2 500 gegenüber den 8 650 Haftplätzen zu verzeich­nen sein – also wirklich ein hoher Überschuss, der irgendwie in den Griff zu bekommen sein wird, aber sicherlich nicht mit diesen Bestrebungen, die Häftlinge einfach auf freien Fuß zu setzen.

Unser Ansatz, jener des BZÖ, ist nicht der der Grünen – das ist klar – und der Justiz­ministerin, quer durch den Gemüsegarten die Kriminellen aus den Zellen zu holen, um dann wieder gemütliche Zellen zu haben, und gleichzeitig damit die Bevölkerung zu ge­fährden. Wenn es aufgrund der sprunghaft gestiegenen Kriminalitätszahlen im Jänner, Februar, März dieses Jahres, und der Häftlingszahlen an sich, in den Zellen zu eng


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geworden ist, müssen wir, nicht zuletzt um für die Zukunft gerüstet zu sein, Geld in die Hand nehmen und für weitere Hafträume in Zukunft sorgen.

Nochmals: Der Trend – bis 2008 rund 2 500 Häftlinge mehr als vorhandene Haftplätze. Und wenn die neue Haftanstalt in Wien gerade einmal 350 Haftplätze abdecken wird, und dies auch erst im Jahr 2009/2010, dann frage ich mich schon: Wo ist der Rest? – Wenn die Entwicklung so weitergeht und ein Projekt einer Haftanstalt in seiner Umset­zung mehrere Jahre dauert, dann müssen diese Projekte wirklich jetzt in Angriff ge­nommen werden.

Hinzu kommt dann noch unsere Forderung nach zusätzlichen Planstellen für die Jus­tizwachebeamten. Wir haben jetzt im Jahr 2007 ein Hoch, das gebe ich ja zu, aber wenn wir dann das Jahr 2008 mit den Zahlen aus dem Jahr 2005 vergleichen, dann haben wir im Jahr 2008 gerade einmal 14 Justizwachebeamte mehr ausgewiesen als im Jahr 2005 – und bei diesen steigenden Kriminalitäts- und Häftlingszahlen ist das wirklich zu wenig. Das heißt, auch hier gehört Geld in die Hand genommen.

Zu den Forderungen der Grünen im Detail ist festzuhalten, dass die generelle Absicht, Verurteilte nach zwei Dritteln der verbüßten Freiheitsstrafe wieder bedingt zu entlas­sen, ja selbst lebenslang verurteilte Straftäter nach 15 Jahren zu entlassen, und dies nur mit der Begründung einer Krise im Strafvollzug, von unserer Seite, vonseiten des BZÖ absolut keine Unterstützung finden wird.

Zum § 46 Abs. 2 StGB des Entwurfes der Grünen frage ich die Kollegen von den Grü­nen, wie das jetzt ganz genau gemeint ist. In Ihrem Entwurf steht:

„Hat ein Rechtsbrecher zwei Drittel der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg fest­gesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, es sei denn, dass besondere Gründe befürchten lassen, der Rechtsbrecher werde in Freiheit schwere Gewaltverbrechen oder gemeingefährliche Verbrechen begehen.“

Die gleiche Formulierung ist übrigens dann auch im § 46 Abs. 3 und auch im § 46 Abs. 5 zu finden.

Ich frage: Wie ist das mit dem „schwer“ gemeint? Ab welcher Schwere ist nach Ansicht der Grünen die Entlassung eines Gewaltverbrechers dann der Bevölkerung nicht mehr zumutbar? Was ist mit leichten Gewaltverbrechen? Solche Straftäter sind sehr wohl zu entlassen, wenn dann ein leichtes Gewaltverbrechen zu befürchten ist? – Also das kann es wirklich nicht sein!

Deswegen sind wir vom BZÖ gegen diese von den Grünen geplante Automatik für diese bedingten Entlassungen, sehr wohl aber für eine Fortführung der richterlichen Einzelfallentscheidung. Wir vom BZÖ sind auch für die Fortführung von Versuchen mit den Fußfesseln und gemeinnütziger Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe – das kann uns nämlich im Zusammenhang mit den überfüllten Gefängnissen wirklich helfen. Und wir vom BZÖ sind – und das, bitte, Terezija Stoisits, für dich als Information – für eine menschenrechtskonforme Überarbeitung der Entlassung in Richtung der Möglichkeit, auch über nicht bedingt entlassbare Häftlinge diverse Kontrollmaßnahmen und Aufla­gen verhängen zu können.

Das heißt, darüber können wir diskutieren. Über den von euch eingebrachten Antrag, so wie er hier vorliegt, werden wir in dieser Form wohl eher nicht diskutieren können. – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: „Eher nicht“?)

19.22



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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köfer. Er hat sich eine Redezeit von 3 Minuten vorgenommen. – Bitte, Sie sind am Wort.


19.23.00

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Dieses sensible Thema hätte sich vermutlich mehr Anwesenheit verdient. Es ist aber trotzdem niemandem hier im Haus verborgen geblieben, dass sich der österreichische Strafvollzug in einer Krise befindet. Wir haben von Frau Kollegin Stoisits schon gehört, dass es im Jahre 1989 noch einen historischen Tiefstand an Insassen, nämlich in etwa 6 000, gegeben hat und dieser sich ab 2001 dramatisch erhöht hat. Wir können heu­te – und das haben wir heute auch mehrfach gehört –, mit Stand März 2007, als exakte Zahl 9 093 Menschen, die sich in Österreich in Gefängnissen befinden, registrieren. Der Grund dafür sind einerseits sicherheitspopulistische Parolen und andererseits aber auch der Rückbau des österreichischen Sozialstaates. (Abg. Strache: Dass wir eine so hohe Häftlingszahl haben, ist eine Rückführung auf populistische Parolen?!) – Doch! (Abg. Strache: Sie erkennen nicht, dass es mehr Verbrechen gibt? Das wollen Sie in Abrede stellen?)

Kollege Strache, das ist einerseits. Und andererseits habe ich aber gesagt, dass der Rückbau des österreichischen Sozialstaates und die mangelnde Integration von Rand­gruppen ebenfalls ein Grund dafür sein werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man die internationale Gefangenenrate vergleicht, so kann man feststellen, dass in den USA derzeit pro 100 000 Einwohner 738 Häftlinge in Anstalten verwahrt werden. Wie schaut es in Europa aus? – In Finnland sind es aktuell 75, in der Schweiz sind es 83, in der Bundesrepublik Deutschland noch immer 93, und in Österreich haben wir eine Rekordmarke von 105 Inhaftierten auf 100 000 österreichische Einwohner er­reicht.

An der Linzer Universität gibt es führende Strafrechtsexperten, die dafür eintreten, dass vorzeitige Haftentlassungen begründet sein sollen – und das mit der Begründung, das entstehende Risiko von Rückfällen sei vertretbar. Aber die Herren Wissenschaftler stellen auch fest, dass vorzeitig bedingt entlassene Straftäter weniger häufig rückfällig werden. Sie sehen aber die Ursache dessen in erster Linie in der richtigen Auswahl dieser Straftäter durch die Gerichte. (Abg. Strache: Jack Unterweger zum Beispiel! – Abg. Grillitsch: Den kennt er nicht!) – Ich komme aus diesem Metier. (Abg. Grillitsch: Vom Unterweger?!) Jack Unterweger!

Eine derartige Beurteilung vom Lehrstuhl und von den Wissenschaftlern aus ist zwar legitim, bleibt aber problematisch. Und eines, glaube ich, bleibt bei allen hier im Haus unbestritten: Bei Gewalt- und Sexualstraftätern müssen andere, strengere Maßstäbe angewendet werden, als das bei Tätern von Eigentumsdelikten der Fall ist.

Natürlich hat jede Partei im Parlament einen anderen Zugang zu dieser Problematik: Da will einerseits das BZÖ noch mehr Gefängnisse in Form ausgebauter Kasernen realisieren, und die Fraktion der Grünen will mit ihrem Antrag den § 46 StGB deutlich zugunsten von Häftlingen verändern. – Für uns Sozialdemokraten gibt es in dieser Frage kein Schwarz oder Weiß, sondern wir sind wieder einmal bemüht, auch in dieser Angelegenheit, mit gesundem Augenmaß und mit einem Höchstmaß an Verantwortung zu agieren.

Geschätzte Damen und Herren! Es gilt vielmehr zu klären – und diesen Ansatz finde ich gut –, ob Strafgefangene vorzeitig und bei guter Führung und besten Voraussetzun­gen nicht die Chance erhalten sollen, in ihr Leben zurückzukehren. Es sind das ja meist keine Einzelschicksale, die eine Haft nach sich zieht, sondern zu Hause warten


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Männer und Frauen, zu Hause sind die Kinder und die Eltern – Menschen, für die sich ihr Leben mit der Verurteilung des Angehörigen vollständig verändert hat.

Da kommt aber auch reflexartig die Antwort der Kritiker zur vorzeitigen Entlassung: Ja, das hätte sich der Straftäter doch viel früher überlegen müssen! – Da haben Sie recht, nur: In vielen Fällen zwingen heute wirtschaftliche und vor allem soziale Verhältnisse jemanden zu einer Tat, die er unter normalen Umständen nicht gemacht hätte. Und es macht auch einen Unterschied, ob jemand mit einer Spielzeugpistole bewaffnet oder mit einem scharf geladenen Revolver eine Bank betritt. – Das Gesetz erkennt darin kaum mehr einen merkbaren Unterschied.

Unsere Richter urteilen und verurteilen meist mit Gefühl und mit Kompetenz, wobei sie nach Punkt und Beistrich die geltenden Gesetze anwenden. Aber wir, die Abgeordne­ten dieses Hauses, sind für die geltenden Gesetze verantwortlich, und wir können uns vor dieser Verantwortung auch nicht drücken. Daher bleibt uns allen nur zu wünschen, dass sich unsere gemeinsamen, gut gemeinten Entscheidungen speziell in dieser Fra­ge auf die Betroffenen und die Gesellschaft positiv auswirken. Aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass jeder richterliche Irrtum in dieser Frage fatale Folgen für so manchen Bürger nach sich ziehen kann. Möge daher unser Glaube an das Gute im Menschen in dieser Frage nicht sehr oft enttäuscht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Aspöck. Er hat sich eine Redezeit von 7 Minuten vorgenom­men. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.28.14

Abgeordneter Dr. Robert Aspöck (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich kann eigentlich nahtlos an die Ausführungen meines Klubobmannes anschließen. Zunächst aber ein kleiner Vorspann: Ich habe mir bei der Vorbereitung dieses Themas – weil ich ja die Argumente, die da zu erwarten waren, eben schon so, wie sie vorgebracht wurden, erwartet habe und diese auch im Antrag gestanden sind – eigentlich schon eine Frage gestellt: Sind wir in unserer Ge­sellschaft schon so weit, dass man völlig abstruse Gedanken haben muss, um Schicki­micki sein zu können? (Ruf bei der ÖVP: Das geht so auch!)

Das ist ehrlich die Frage, denn: Die Gefängnisse sind voll wie nie, und das bei einer katastrophalen Aufklärungsquote (Abg. Strache: So ist es! 37 Prozent Aufklärungs­quote haben wir!) seitens unserer Exekutive, die natürlich – das sei betont – überhaupt nichts dafür kann, die seit Jahren ausgehungert wurde. Und trotzdem sind die „Häfen“ fürchterlich überfüllt!

Jetzt kommt das Paradoxon: Unsere Gefängnisse sind überfüllt – jetzt schicken wir die Gauner nach Hause und lassen sie eben frei herumlaufen! – Das ist das Paradoxon in dieser Gesellschaft, Herr Kollege. (Ruf: Die Verbrecher laufen frei herum, weil die Ver­brechen nicht aufgeklärt werden! – Abg. Strache: Das ist der Hintergrund!) Das ist der Hintergrund. Schicken wir sie nach Hause! (Weiterer Zwischenruf.) – Auch darauf kom­me ich noch zu sprechen, Frau Kollegin.

Auf eine solche Situation kann man verschieden reagieren, wie zum Beispiel die Grü­nen mit diesem Antrag von Kollegin Stoisits dies gemacht haben. Sie schreiben zwin­gend vor, dass nach zwei Dritteln Haftverbüßung der Häftling nach Hause zu schicken ist. Somit steht eigentlich schon fest: Bekommt er drei Jahre, braucht er nur zwei Jahre abzusitzen; nur in ganz besonderen Ausnahmefällen sollte das anders sein.

Sollte solches Gesetz werden, meine Damen und Herren – und jetzt ganz ernst –, dann hat das folgende Konsequenzen, und zwar logische Konsequenzen: Es laufen,


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das habe ich schon gesagt, logischerweise mehr Gauner auf freiem Fuß in unserer Ge­sellschaft herum.

Zweite Konsequenz: Wir bräuchten zumindest eine wesentlich verstärkte und nicht ausgehungerte Exekutive, um die Menschen in unserem Lande vor diesen frei herum­laufenden Gesetzesbrechern zu schützen, denn darauf wird immer wieder vergessen bei diesen modernen Strafrechtsdiskussionen: Es geht nicht in erster Linie um den Tä­terschutz – es geht um den Opferschutz, um den Schutz der Bevölkerung! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Schalle.)

Dritte Konsequenz: Ein solches Gesetz würde mit seinen zwingenden gesetzlichen Be­stimmungen auch die Unabhängigkeit der Rechtsprechung untergraben. Der Herr Kol­lege von der ÖVP hat es kurz angeschnitten: Wie sollten denn die Richter darauf re­agieren? – Na ja, die einen sagen: Ich möchte drei Jahre, drei Jahre sollen drei Jahre sein, daher muss ich viereinhalb Jahre geben. Oder, der andere sagt: Ich beuge mich diesem Diktat. – Nein, meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass man hier den Richtern irgendwo ins Handwerk pfuschen sollte. Man sollte genau diesen Bereich der freien und unabhängigen Rechtsprechung überlassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein solches System mit zwingenden Bestimmungen über vorzeitige Entlassung würde unser geltendes System des Strafrechtes, wie Sie aus diesen Ausführungen gesehen haben, meine Damen und Herren, eigentlich schon überhaupt in Frage stellen.

Es hat seinen guten Grund und ist auch bewährte Tradition, dass der Gesetzgeber in unserer Republik Strafrahmen vorgibt und unabhängige Gerichte anhand des Einzelfal­les über das tatsächliche Strafmaß entscheiden – und nicht die Politik! (Beifall bei der FPÖ.)

All die aufgezählten Punkte, meine Damen und Herren, sind inakzeptabel. Man kann doch nicht nur deswegen, weil der Platz im Gefängnis knapp wird, die Strafrahmen zwingend herunterreduzieren oder die Strafen überhaupt mehr oder weniger abschaf­fen. Dieser Traum, verehrte Frau Kollegin von der ÖVP, wurde in dieser Republik be­reits einmal geträumt, und in Anbetracht der Realitäten wurde er auch endgültig ausge­träumt. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Schalle.)

19.33


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 141/A dem Justizausschuss zu.

19.33.445. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Opfer der anti-homosexuel­len Sonderstrafgesetze amnestiert, rehabilitiert und entschädigt werden (Amnes­tie-, Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetz AREG) (151/A)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen damit zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Lunacek. Ich erteile es ihr hiermit. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.


19.34.16

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Thema beschäftigt uns schon seit Jahren auch hier in diesem Hohen Haus,


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nämlich die Diskriminierung von lesbischen Frauen und schwulen Männern. Manche von Ihnen, die noch nicht so lange in diesem Hohen Haus sind, haben vielleicht – und auch in der Öffentlichkeit ist das nicht mehr präsent – schon vergessen, dass es bis 2002 in diesem Land die strafrechtliche Verfolgung von schwulen Männern für sexuelle Handlungen, die bei heterosexuellen Männern und Frauen und bei lesbischen Frauen nicht strafbar waren, gab, nämlich für Beziehungen, sexuelle Handlungen mit 14- bis 18-Jährigen. Wie gesagt, das galt für schwule Männer, aber nicht für heterosexuelle Männer und Frauen und nicht für lesbische Frauen.

Im Jahr 2002 haben zuerst der Europäische Menschenrechtsgerichtshof und dann auch der österreichische Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz als menschenrechts­widrig und diskriminierend aufgehoben. Seither gibt es zum Glück in diesem Land keine nur homosexuelle Menschen strafrechrechtlich verfolgende und diskriminierende Gesetze.

Tatsache ist, dass wir in Bezug auf jene Männer, die – viele von ihnen – menschen­rechtswidrig im Gefängnis gesessen sind, die zum Beispiel ihre Existenz verloren ha­ben, die den Job verloren haben, weil das aufkam, die dann vielleicht nicht so gravie­rende Dinge, aber dennoch das Leben beeinflussende und bedrückende Dinge wie den Führerschein verloren haben, die Gewerbeberechtigung und diverse andere Din­ge, abgesehen davon, dass sie im Gefängnis gesessen sind, der Meinung sind, dass es nötig ist, hier auch ein Gesetz zu beschließen, das sowohl die Rehabilitierung dieser Menschen als auch finanzielle Entschädigungen für erlittenes Leid durch diese men­schenrechtswidrigen Gesetze vorsieht.

Es gab in Österreich bis 1971, fortgesetzt seit Beginn der Zweiten Republik, das Total­verbot für erwachsene lesbische Frauen und schwule Männer, diese Beziehungen zu leben. Mehrere Tausend, schätzungsweise an die 15 000, sind von 1945 bis 1971 zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Diese Personen haben nie auch nur irgendeine Entschuldigung der Republik erfahren, haben nie so etwas wie eine Rehabilitation er­fahren oder auch tatsächlich Entschädigungsleistungen erhalten. Wenn ich von Reha­bilitation spreche, so geht es zum Beispiel darum, dass sie durch den erlittenen Frei­heitsentzug Anrechnungszeiten für die Pension verloren haben und ihnen das nie wie­dergegeben wurde.

Das sind einige der Beispiele dafür, dass wir diesen Gesetzesantrag eingebracht ha­ben, den wir AREG nennen, also Amnestie-, Rehabilitierungs- und Entschädigungsge­setz.

Dieser Gesetzesantrag enthält zu Beginn auch eine allgemeine Verurteilung jeder Form von Diskriminierung, Anfeindung und Gewalt gegen homo- und bisexuelle Frauen und Männer, und er enthält auch einen Passus, der festhält, dass der Nationalrat be­dauert, dass homo- und bisexuelle Frauen und Männer in der Vergangenheit schweren Verfolgungen ausgesetzt waren und auch heute noch mit Diskriminierungen konfron­tiert werden.

Ein zweiter Punkt, der sozusagen als Einleitung in diesem Gesetz steht, ist, dass wir damit sagen würden, dass der Nationalrat auch bedauert, dass das Sonderstrafgesetz, das eben lesbische und schwule Handlungen unter Erwachsenen unter Strafe gesetzt hat, laut dem Strafgesetz von 1852 – lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: von 1852! –, auch zu Beginn der Zweiten Republik in Kraft geblieben ist und bis 1971 Bestand der Gesetzgebung eines freien Österreich war, wodurch, wie gesagt, mehrere tausend Bürgerinnen und Bürger in ihrer Menschenwürde verletzt worden sind. Unse­rer Ansicht nach bedürfen diese der Rehabilitation und der Entschädigung, und diese offizielle Anerkennung muss auch ausgesprochen werden.


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Was § 209 StGB betrifft, der eben vor fünf Jahren aufgehoben wurde, hat amnesty in­ternational zu jener Zeit, als es noch Gefangene auf Grund dieser Regelung gab, diese auch als Gewissensgefangene adoptiert und im Jahresbericht 2005 auch die Rehabili­tation und Entschädigung aller Opfer des § 209 StGB gefordert. Amnesty internatio­nal – eine durchaus angesehene Organisation, wenn so manche von Ihnen vielleicht mir nicht abnehmen, dass es da tatsächlich Menschenrechtsverletzungen gab.

Was wollen wir nun mit diesem Gesetz? – Wie schon gesagt, zum einen eine Entschul­digung der Republik, ein Bedauern, dass es diese Verletzungen gegeben hat, aber zum anderen auch ganz konkrete Maßnahmen.

Lassen Sie mich zuerst noch einmal ausführen, was hier der Hintergrund ist, was der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon entschieden hat. Dieser hat Öster­reich wegen der jahrelangen strafrechtlichen Verfolgung von homo- und bisexuellen Männern auf Grund des § 209 in der Vergangenheit mehrfach zu hohen Entschädi­gungszahlungen verurteilt. Im Jahr 2003 waren es zwei Verurteilungen, im Jahr 2005 drei Verurteilungen und im Jahr 2006 eine Verurteilung. Insgesamt machen diese Ent­schädigungssummen, die die Republik auf Grund des nicht vorhandenen Entschädi­gungsgesetzes zahlen musste, ungefähr 200 000 € aus. Es ist also keine Lappalie – warum und mit welchen Beträgen diese Menschen entschädigt wurden.

Ein Punkt, der dies auch klarmachen soll, ist folgender: Manche dieser Personen wur­den nicht nur wegen des § 209 verurteilt, sondern auch wegen anderer – damaliger – Gesetzesübertretungen. Der Antrag sieht klar vor, dass Menschen, die wegen eines im Strafausmaß strengeren und immer noch gültigen Gesetzes verurteilt wurden, nicht eine Entschädigung erhalten, sondern das Recht bekommen sollen, eine Aufrollung des Verfahrens zu betreiben. Es soll ein neues Verfahren begonnen werden, weil der Faktor der homosexuellen Strafhandlung nicht mehr dabei ist und dadurch auch die Chance gegeben ist, dass das Urteil milder ausfällt.

Ein Punkt, der auch wichtig ist: Es hat in der Vergangenheit – angeregt durch den frü­heren Nationalratspräsidenten und jetzigen Bundespräsidenten Fischer und durch die ehemalige Justizministerin Gastinger – eine Tilgung von Verurteilungen auf Grund des § 209 StGB gegeben. Das ist richtig und gut, aber ein Problem dabei ist immer noch, dass eine Tilgung allein die nachteiligen Rechtswirkungen und sämtliche Urteilsfolgen nicht beseitigt. Das heißt, was notwendig ist, ist nicht nur die Tilgung, sondern die tat­sächliche Aufhebung dieser Urteile. Warum? – Es ist so, dass die Tilgung zwar be­stehen kann, aber wenn das Urteil nicht aufgehoben ist, dann kann dies in anderen Rechtsbereichen außerhalb des Strafrechts weiterhin herangezogen werden und ver­schärfend dazukommen, zum Beispiel beim Führerscheinentzug, zum Beispiel, wenn es um das Fremdenrecht geht oder auch wenn es um die Verleihung der Staatsbürger­schaft geht. Es kann also heute noch wirksam sein, obwohl es dieses Gesetz nicht mehr gibt und obwohl klar ist, dass dieses Gesetz menschenrechtswidrig war. Deswe­gen fordern wir nicht nur die Tilgung, sondern auch eine Aufhebung dieser Verurteilun­gen.

Ein weiterer Bereich ist, dass bei manchen Gewalttaten, wenn sie im homosexuellen Zusammenhang begangen worden sind, sehr viel höhere Strafausmaße gegeben sind als bei heterosexuellen Gewalthandlungen. Hier verlangen wir, dass auch diese Ver­fahren neu aufgerollt werden können und die homosexuellen Täter so behandelt wer­den wie heterosexuelle Täter.

Zum Punkt der finanziellen Entschädigung: Es gibt in der österreichischen Rechtsord­nung keine generelle Bestimmung für Entschädigungen für Schäden, die durch gesetz­geberisches Unrecht entstanden sind. Deshalb lehnen wir uns hier an die Entschei­dungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an und fordern eben ent-


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sprechende Entschädigungen, wie sie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof geurteilt hat.

Personen, die wegen eines zumindest gleich schweren anderen Delikts verurteilt wer­den, sollen keinen Anspruch auf Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchti­gungen durch die Verurteilungen haben, sehr wohl aber einen Anspruch auf Entschä­digung für jenen Teil des Entzugs der persönlichen Freiheit, bei dem es um Vermö­gensschäden gegangen ist, zum Beispiel den Verlust des Arbeitsplatzes.

Wir haben versucht, sehr differenziert zu bewerten und darzustellen, dass im Bereich der Verurteilung auf Grund von Homosexualität ein Teil des Strafrechts Unrecht war, dass aber Verurteilungen anderer Gewalttaten damit natürlich nicht aufgehoben wer­den sollen – ganz klar.

Ich ersuche Sie, diesen Gesetzentwurf genau zu studieren und dazu beizutragen, dass Opfer von unrechtmäßigen und menschenrechtswidrigen Gesetzen zwar spät, aber dennoch eine Entschädigung und Rehabilitierung erfahren. Ich denke, diese Menschen haben sich das verdient durch all das Ungemach und das Leid, das sie erfahren ha­ben. Ich hoffe, es gibt dazu Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


19.45.41

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin Lunacek, die SPÖ unterstützt diese Initiative. Wir sind auch der Mei­nung, dass wir uns mit diesem Thema Sonderstrafrecht und den Verurteilungen aus­einandersetzen müssen. Die Frage ist, wie man damit am besten umgeht, weil die Frage einer Amnestie das eine, die Aufhebung der Tatbestände – rückwirkend – etwas anderes ist. Wenn man allerdings auf die Geschichte des § 209 StGB zurückblickt, der menschenrechtswidrig war, worauf über viele Jahre im Land auch hingewiesen worden ist, und der dann eigentlich erst nach vielen Jahren abgeschafft wurde – in Europa mehr oder weniger nahezu einzigartig –, dann sieht man auch, mit welcher Beharrlich­keit man hier rechnen muss und wie wichtig es ist, entsprechend früh tätig zu sein.

Natürlich ist es auch inakzeptabel, dass Verurteilungen wegen eines Sonderstrafgeset­zes, das rechtswidrig und menschenrechtswidrig war, nach wie vor im Sinne einer Vor­strafe angerechnet werden. Hier muss eine Änderung stattfinden. Ich möchte auch auf die Bemühung von Bundespräsident Fischer im Jahr 2005 verweisen, der den Versuch unternommen hat, gnadenweise Tilgungen vorzuschlagen. Tilgungen sind eben Tilgun­gen. Diese bedeuten, die Strafe wird nachträglich ausgesetzt, aber das Delikt als sol­ches gilt als begangen. Wenn man sich die Delikte ansieht oder die Qualifikationen, so ist ja genau dort der Ansatz: Es hätte solche Straftatbestände überhaupt nie geben dürfen.

Vielleicht nur ganz kurz einen Hinweis auf die Technik. Wenn wir sagen: Der National­rat bedauert!, dann, Frau Kollegin, muss man, glaube ich, einerseits sagen, dass nicht nur der Nationalrat, sondern wahrscheinlich auch der Bundesrat dieses Gesetz be­schließen wird. Den Umstand „Bedauern“ – ich sage das jetzt als Rechtspositivist – in das Gesetz hineinzuschreiben, damit tue ich mir ein bisschen schwer, weil ich der Mei­nung bin, dass das, was der jeweiligen Norm zugrunde liegt und was da die Motivation und das Auslösende sind, im Gesetzestext nicht stehen sollte, sondern sehr wohl in den Erläuternden Bemerkungen und in den sonstigen Materialien. Insofern würde ich


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 209

meinen, dass wir hier konsequenterweise auch die Gesetzestechnik beibehalten wer­den.

Wir unterstützen jedenfalls diese Initiative, und ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


19.48.26

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich glaube, vorangestellt zu dieser Debatte kann man schon sagen – und davon gehe ich jetzt ein­mal grundsätzlich aus –, dass alle Parteien, die im Hohen Haus vertreten sind, sich ge­gen jede Art von Diskriminierung von homo- oder bisexuellen Menschen aussprechen. Das ist weder etwas Abnormales noch Krankhaftes, noch etwas, das es zu behandeln gilt, sondern vielmehr ist es die Realität, wobei ich davon ausgehe, dass sich alle Par­teien zu dieser bekennen. – Das einmal vorangestellt.

Eine zweite Bemerkung, bevor ich auf den Antrag an sich eingehe: Ich glaube, es ist ja auch bewusst so formuliert – so habe ich auch Frau Kollegin Lunacek verstanden –, dass die Verbrechen, die vor dem Jahr 1945 homosexuell gesinnten Menschen ange­tan wurden, nicht in den Antrag miteinbezogen worden sind, weil auch wir davon aus­gehen, dass jede Ermordung, jede Demütigung, jede Folterung Homosexueller wäh­rend der NS-Zeit abzulehnen und aufs Schärfste zu verurteilen ist.

Das, was Frau Kollegin Lunacek heute aber vorstellt mit ihrem Antrag, ist etwas, das die ÖVP zwar in der Sache für richtig und unterstützenswert hält. Womit wir aber ein Problem haben, ist die Formulierung dahin gehend, dass Sie sich für eine Art General­amnestie aussprechen.

§ 209 StGB, der im Sommer 2005 gefallen ist, beziehungsweise die Tatbestände, die auch begnadigt worden sind, sind ja zum Unterschied nicht als Generalamnestie pas­siert, sondern vielmehr sind hier Einzelprüfungsverfahren beschlossen worden bezie­hungsweise haben wir uns darauf geeinigt, das so vonstatten gehen zu lassen. Ich glaube, dass das der sinnvollere Weg wäre, auch in diesem Fall die weiteren Schritte zu setzen.

Eines muss man auch noch dazusagen, was nämlich die gelebte Praxis betrifft: dass es – und so sieht es ja das geltende Recht in Österreich auch vor – derzeit gelebte Praxis ist, hier keine Generalamnestien vorzunehmen. Die österreichische Rechtsord­nung kennt auch keine generellen Bestimmungen für Entschädigungen von Schäden, die durch gesetzgeberisches Unrecht entstanden sind. Dieses Gesetz, so wie Sie es hier vorgeschlagen haben, wäre eigentlich ein Bruch mit der bisherigen Praxis. Ich glaube deshalb, dass man im Sinne der Sache die Diskussion weiterführen sollte, aber den Prozess, wie man Menschen entgegenkommen kann, um zu ihrer Entschuldigung beziehungsweise zu ihrer Entschädigung zu kommen, anders gestalten sollte und eventuell auch im Ausschuss noch einmal eine diesbezügliche Diskussion führen sollte.

Zu hinterfragen wären auch die Kosten, die damit verbunden sind. Sie schreiben ja hier, dass der Steuerzahler/die Steuerzahlerin dafür zu 100 Prozent aufzukommen hat. Da stellt sich die Frage, ob das aus Sicht des Parlaments auch tatsächlich gerechtfer­tigt ist. Diese zwei Punkte würden wir ersuchen noch einmal zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.52



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 210

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. 7 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das war jetzt eine angenehme Abwechslung!)


19.52.15

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Kollege Jarolim, wenn Sie erlau­ben, ich habe eine andere Position rechtstheoretischer Art. Die Tilgung ist nicht eine provisorische Befreiung ... (Abg. Neugebauer: Warum muss Jarolim das erlauben?) – Ich bin ein höflicher Mensch. Das ist eine rein semantische Ausdrucksform meiner skeptischen Beurteilung seiner Äußerungen, aber das ist eine Stilfrage.

„Tilgen“ heißt vollständige Beseitigung der Rechtsfolgen, die durch urteilsmäßigen Spruch judiziert worden sind. Insofern ist also der Vorgang der Tilgung nichts Tadelns­wertes, und Tilgung zielt auf die Beseitigung eines Urteiles ab. Das ist nicht wirklich diskutierbar. (Abg. Mag. Lunacek: Es ist zu wenig!)

Jetzt sind wir bei der zielgerichteten Absicht einer Generalamnestie, wie das von der Vertreterin der ÖVP genannt worden ist. Da muss ich schon auch sagen: Eine blanke Generalamnestie von Tathandlungen, die zu einem Urteil geführt haben, die durchaus von der Begehungsform gewisse Mischformen gehabt haben mögen, über die wir heute aber überhaupt nichts mehr wissen – zum Beispiel, ob Zwang oder Ausnutzung eines Vorgesetzten- oder Untergebenenverhältnisses bestanden haben mag –, würde wieder andere diskriminieren, die zu Recht wegen ähnlicher – und zwar gar nicht auf homosexueller Ebene begangener – Handlungen verurteilt worden sind. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Der Punkt ist: Wir sind äußerst skeptisch, eine solche Generalamnestie ins Auge zu fassen. Es gibt überhaupt keinen Einwand dagegen, Formen der Diskriminierung, deren Vermeidung heute einen unstrittigen Bestandteil der Rechtskultur darstellt, auch gesetzlich in Angriff zu nehmen und zu beseitigen. Es ist aber sehr davor zu warnen, aufgrund geänderter gesellschaftlicher Verhältnisse eine rückwärtsgerichtete Korrektur, noch dazu mit Entschädigungszahlungen, ins Auge zu fassen. Strafrecht ist jeweils die aktuelle – und ich füge hinzu: auf demokratisch legitime Weise zustande gekommene – gesetzliche Strukturierung. Dass dies von Fall zu Fall, von Zeit zu Zeit eine Änderung erfährt, ist eine Sache.

Ein Beispiel: Jahre, Jahrzehnte, also sehr lang, war der Tatbestand der fahrlässigen Krida einer, der wie das Amen im Gebet über Leute, die wirtschaftlich verunglückt sind, hereingebrochen ist. Da gab es sehr formalisierte Tatbestände, bei denen ein Verurteil­ter gar nichts dafür konnte; wenn er zum Beispiel seine Buchhaltung delegiert hat und es Teil des Tatbestandskatalogs war, dass die Buchhaltung nicht gestimmt hat. Dieser Tatbestand ist abgeschafft worden. Die fahrlässige Krida als solche gibt es nicht mehr. Es ist die grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen an deren Stelle getreten. Wenn ich diesen Ansatz konsequent fortdenke, dann müssten alle, die jemals wegen fahrlässiger Krida verurteilt worden sind, jetzt antreten können und sagen: Mo­ment, wie kommen wir dazu, diskriminiert zu werden? – Auch wir fordern General­amnestie, Entschädigung und so weiter und so fort.

Zusammengefasst: Es ist wohl richtig, dass man Antidiskriminierungsmaßnahmen zu Recht realisieren sollte. Es ist absolut abzulehnen – was auch Jarolim gesagt hat –, dass man allgemeine Dinge, die abseits des positivistischen Rechtstextes irgendwo Eingang finden sollten, auch nur andenken sollte. Das ist so ähnlich wie der liebe Gott in der Verfassung.

Der uns vorliegende Entwurf wird wahrscheinlich nicht geeignet sein, unsere Zustim­mung im Justizausschuss zu erlangen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.57



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 211

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten; Restredezeit der Frak­tion: 9 Minuten. – Bitte.


19.57.16

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! – Wir werden noch ziemlich die gleichen sein wie vorhin. Ich darf den Kollegen von den Grünen zu ihrer Anfrage zur Kenntnis bringen, dass der vorliegende Antrag bereits in der letzten Gesetzgebungsperiode praktisch (Abg. Dr. Cap – in Bezug auf das Rednerpult –: Etwas tiefer!) – hört man mich schlecht? Das kann doch nicht wahr sein! (Abg. Dr. Cap: Es ist zu hoch!) – textgleich eingebracht, im Ausschuss be­handelt und von allen Fraktionen – bis auf die Grünen – abgelehnt wurde. Nun hat man zwar schon herausgehört, dass die SPÖ diesen Antrag nunmehr unterstützen wird, aber, wie gesagt, es hat diesen Antrag schon einmal gegeben.

Ich möchte aber auch gleich voranstellen, dass ich den ersten Satz des ersten Absat­zes Ihres § 1 voll und ganz persönlich unterschreiben kann, der da lautet: „§ 1. (1) Der Nationalrat verurteilt jede Form der Diskriminierung, Anfeindung und Gewalt gegen homo- und bisexuelle Frauen und Männer.“

Ich glaube, es wird den meisten, vielleicht sogar – wünschenswert wäre es – allen hier in diesem Raum auch so gehen, dass sie das unterschreiben können.

Aber nun zum Antrag im Generellen. – Wie gesagt, bereits im September 2005 haben Sie einen Antrag nach § 27 Geschäftsordnungsgesetz betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Opfer der antihomosexuellen Sonderstrafgesetze amnestiert, rehabilitiert und entschädigt werden, eingebracht. Dieser begünstigt, wie der heutige, alle Verurtei­lungen nach dem Totalverbot der Homosexualität und dem aufgehobenen § 209 StGB bezüglich des Schutzalters – egal, ob die Straftaten heute noch nach den Nachfolgebe­stimmungen § 207b StGB strafbar sind. Aus diesem Grund wurde er damals auch von uns abgelehnt.

Im Detail hätten die Grünen damit nicht nur Personen, die sich unter Erwachsenen homosexuell betätigt haben – also das Totalverbot betreffend – oder als Erwachsene eine sexuelle Beziehung zu einem Jugendlichen hatten – bezüglich des Schutzalters jetzt –, begünstigt, sondern auch Personen, die nach § 207b StGB die mangelnde Reife oder die Zwangslage einer Person unter 16 Jahren für sexuelle Handlungen aus­genützt oder eine Person unter 18 Jahren für geschlechtliche Handlungen bezahlt ha­ben; also zum Beispiel Kunden eines Strichjungen.

Eben diese Personen, diese letztgenannten zwei Gruppen von Personen, würden nach Ihrem Gesetzentwurf folgende Begünstigungen erhalten: eine Verurteilung dieser Dis­kriminierung durch den Nationalrat, den Ausdruck des Bedauerns für das Aufrecht­erhalten der auf gleichgeschlechtliche Handlungen gerichteten Strafbestimmungen sei­tens des Nationalrates, die Tilgung der Verurteilungen und Schadenersatz für alle Ver­urteilungen und sonstigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Maßnahmen, zumindest aber eine Entschädigung von 15 000 € für die persönliche Beeinträchtigung durch die Verurteilung und von rund 200 € pro Hafttag.

Diese Belobigung kann von unserer Seite, vom BZÖ, gerade in Bezug auf die zwei letztgenannten Gruppen, die im § 207 b StGB genannt sind, sicherlich nicht mitgetra­gen werden, und es wird daher diesbezüglich keine Zustimmung von uns geben. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.00



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 212

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 151/A dem Justizausschuss zu.

20.00.446. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteu­ergesetz 1988 – EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, geändert wird (173/A)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Das Wort erhält als Erster der Antragsteller, Herr Abgeordneter Weinzinger. – Bitte.


20.01.06

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Geschätzte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag geht es ganz schlicht darum, dass Behinderte ihre Bei­träge zu Behindertenverbänden, zu ihren Interessenverbänden, zu jenen Verbänden, die für sie notwendig sind – lebensnotwendig zum Teil –, auch im Rahmen der Sonder­ausgaben absetzen können.

Wir machen einiges für Behinderte, das ist unsere Pflicht, und zwar geben wir Behin­derten, soweit es die finanziellen Möglichkeiten unserer staatlichen Gemeinschaft er­lauben, gewisse Vorteile. Doch ausreichend können diese nie sein. Behindert ist man entweder von Geburt an oder wird man durch Krankheiten und Unfälle, und wer behin­dert ist, der hat unglaubliche Nachteile und braucht Hilfe. Und diese Hilfe findet er in einem ganz großen Ausmaß bei den Behindertenverbänden.

Seit über 20 Jahren fordern Behindertenverbände und Einzelpersonen eine steuerliche Begünstigung für Mitgliedsbeiträge an Behindertenverbände. Dieser unser Antrag zielt darauf ab, dass im Rahmen der Sonderausgaben die Beiträge an Behindertenver­bände als zusätzliche Sonderausgaben anerkannt werden.

Es ist keine großartige Sache. Es beschädigt sozusagen unseren Staatshaushalt nicht übermäßig, aber es ist für den Einzelnen ein echter Vorteil, ein steuerlicher Vorteil, den er nutzen kann.

Wir glauben, dieser Antrag, der nun schon seit zwei Jahrzehnten immer wieder einge­bracht wird, könnte jetzt – nicht zuletzt aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Lage – akzeptiert und angenommen werden. Wir könnten dadurch so manchem Behinderten einen wenn auch nicht gigantischen, so doch immerhin spürbaren Vorteil zukommen lassen, und unser Staatshaushalt wäre sozusagen in keiner Weise gefährdet. Ich bitte daher, diesen Antrag im zuständigen Ausschuss entsprechend zu beraten und positiv zu behandeln und dann in zweiter und dritter Lesung anzunehmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.03


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


20.03.46

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf in gebotener Kürze zu dem vorliegen­den Antrag in erster Lesung seitens meiner Fraktion sprechen. Den Inhalt unterstützen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 213

wir, dass wir hier nämlich einen Platz im Rahmen der Einkommensteuer finden, wo man Mitgliedsbeiträge et cetera bei Behinderteneinrichtungen steuerlich absetzbar ma­chen kann. Die Frage ist allerdings, ob dafür der § 18, Sonderausgaben, geeignet ist, ob da nicht der § 16 vernünftiger wäre, wo es um Werbungskosten geht.

Wir werden das als Koalitionspartei in die Verhandlungen über die Steuerreform mit­nehmen, wo es, wie ich meine, gut angesiedelt ist und wo man sich dann technisch an­schaut, mit welchen Einschränkungen et cetera man das machen kann. Wir werden dieses Ansinnen im Rahmen der Steuerreformdiskussion behandeln und nach einer vernünftigen Lösung suchen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.04


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Schelling. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.


20.05.00

Abgeordneter Dr. Johann Georg Schelling (ÖVP): Hohes Haus! Vorerst eine Vorbe­merkung: Es werden ja fast täglich solche Wünsche an den Finanzminister herange­tragen, ob sie nun groß oder klein sind. Alle wollen Verbesserungen. Wir wollen das natürlich auch. Aber der Finanzminister ist meines Erachtens gut beraten, wenn er in Anbetracht einer geplanten und, wie mein Vorredner gesagt hat, großen Steuerre­form 2010 diese Wünsche zwar zur Kenntnis nimmt, aber sie dann doch in ein großes Ganzes einbettet und nicht durch unzählige, täglich herangetragene Detailmaßnahmen die Spielräume so verkleinert, dass wir dann tatsächlich keine Spielräume mehr haben.

Bezug nehmend auf den nun konkret vorliegenden Antrag ist aus der Sicht meiner Fraktion vorerst festzuhalten, dass es grundsätzlich im Steuerrecht bereits eine Ab­setzbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen für Behinderte gibt. Es ist aus meiner Sicht weiters darauf hinzuweisen, dass, wie auch der Antragsteller gesagt hat, im Um­feld für die Behinderten Gott sei Dank sehr viel gemacht wurde. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die „Behindertenmilliarde“.

Wir bekennen uns natürlich dazu, dass über das Erreichte hinaus weitere Verbesse­rungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen nicht nur diskutiert, sondern auch umgesetzt werden müssen. Aber aus steuerpolitischer Sicht kann man eigentlich die­sem Antrag nicht wirklich folgen.

Zum einen gibt es den Hinweis auf die Steuerreform 2010, der schon öfter gefallen ist, aber zum anderen gilt es, wie auch mein Vorredner schon gesagt hat, die Frage zu klären, wo man das eigentlich anhängt. Der § 18 scheint da nicht wirklich dafür geeig­net zu sein. Es wäre vermutlich besser, wenn man das in § 16 Abs. 1 Ziffer 3 bei den Werbungskosten anhängen würde. Dazu sei aber gesagt, dass es im Rahmen dieser Bestimmung ja schon heute für freiwillige Mitgliedschaften bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen eine Absetzmöglichkeit gibt.

Nun wurde zu Recht gesagt, dass behinderte Menschen eine Interessenvertretung oder eine Organisation, die sie unterstützt, brauchen. Es stimmt natürlich, dass ein Werbungskostenabzug für Mitgliedsbeiträge nur dann möglich ist, wenn es auch eine Erwerbstätigkeit gibt. Aber auch das löst der vorliegende Antrag nicht. Die Forderung nach einer steuerlichen Berücksichtigung ist daher zwar legitim, aber nicht ganz ver­ständlich und meiner Meinung nach auch rechtlich bedenklich, enthält doch der vorlie­gende Antrag die Einschränkung, dass nur behinderten Menschen ein Sonderausga­benabzug eingeräumt werden soll. Wir meinen, dass Mitgliedsbeiträge von nicht behin­derten Menschen zu Behinderteneinrichtungen ebenfalls abzugsfähig sein sollten. Das gilt natürlich sowohl für Angehörige als auch für Steuerpflichtige, die sich für Angele­genheiten von Menschen mit besonderen Bedürfnissen besonders engagieren; für sie


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sollte daher dieser Abzug der Mitgliedsbeiträge nicht ausgeschlossen werden. Auch aus diesem Grund erscheint es uns sinnvoll, das in ein großes Ganzes und damit in die nächste Steuerreform einzubetten.

Es erschiene auch sinnvoll – entgegen dem Antrag, wie schon erwähnt –, die Formulie­rung des § 16 Abs. 1 Ziffer 3 lit. b anzupassen und die Formulierung in § 18 Abs. 1 Ziffer 8 zu ergänzen.

Namens meiner Fraktion darf ich daher festhalten, dass wir dem Antrag in der vorlie­genden Form nicht zustimmen werden. Ich darf aber gleichzeitig anbieten, dass wir dieses Thema für die Steuerreform 2010 in Evidenz nehmen und bereits jetzt begin­nen, darüber mit dem Bundesminister für Finanzen Gespräche zu führen. Ich glaube, wir brauchen eine tragfähige und eine saubere gesetzliche Regelung, eine Regelung mit klaren Richtlinien über die Abzugsfähigkeit dieser Sonderausgaben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.08


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Restredezeit der Fraktion: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeord­nete.


20.08.48

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Weinzinger, so billig werden Sie bei behinder­ten Menschen nicht davonkommen – das sage ich Ihnen gleich einmal –, denn: Wenn Sie nur wollen, dass Mitgliedsbeiträge von Menschen mit Behinderungen an ihre eige­nen Organisationen steuerlich absetzbar sind, dann sage ich Ihnen: Das bringt den Be­hinderten gar nichts! Ich werde es Ihnen begründen. Ich kenne mich im Steuerrecht ein bisschen aus, und deshalb kann ich Ihnen das auch sagen.

Stellen Sie sich vor, an einen typischen Behindertenverein zahlen die behinderten Mit­glieder – Sie wollen es ja nur auf die behinderten Mitglieder reduzieren – Beiträge in der Höhe von zwischen 12 € und 36 € im Jahr. Ein Großteil dieser Menschen verdient so wenig, dass sie das steuerlich gar nicht absetzen können, weil sie ein Einkommen haben, das nicht besteuert werden kann. Das heißt, diese Gruppe von Menschen würde diesen Betrag sowieso brutto für netto selbst zahlen. Und die andere Gruppe, die vielleicht ein etwas höheres Einkommen hat, würde von diesem Mitgliedsbeitrag maximal 9 € bis 12 € im Jahr refundiert bekommen.

Wenn man das über die außergewöhnliche Belastung macht, wie es jetzt von der ÖVP vorgeschlagen wird (Abg. Tamandl: Werbungskosten!), dann sind es nicht mehr 9 €, sondern nur mehr 2,60 € unter dem Strich, weil ab 6 Prozent dann dieses Einkommen, das über die Belastungsgrenze hinausgeht, absetzbar wäre. Davon haben behinderte Menschen nichts!

Menschen mit Behinderungen brauchen – dazu haben die Grünen bereits einen Ent­schließungsantrag eingebracht – eine Maßnahme, mit der Steuerfreibeträge, die seit 1988 – seit 1988 wohlgemerkt! – nicht mehr angehoben worden sind, entsprechend angehoben werden und wo gleichzeitig jenem Personenkreis, der kein versteuerbares Einkommen hat, diese Beträge als Negativsteuer ausbezahlt werden. Das wäre eine tatsächliche Verbesserung! Aber 2,60 €, bitte glauben Sie es mir, das ist absolut zu wenig, und 9 € oder 12 € auch.

Herr Weinzinger, Sie haben gesagt, das sei eine Forderung, die behinderte Menschen seit 20 Jahren erheben. Ich bin jetzt schon seit 27 Jahren in der österreichischen Behindertenbewegung tätig, aber diese Forderung ist mir noch nicht untergekommen,


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weil auch Menschen mit Behinderungen rechnen können und nicht etwas fordern, wo ihnen unter dem Strich 2,60 € bleiben. (Beifall bei den Grünen.)

Menschen mit Behinderungen können, wie gesagt, sehr wohl rechnen und stellen ge­nau dieselben Forderungen, die andere Personengruppen auch für sich in Anspruch nehmen. In diesem Fall ist das die Erhöhung der generellen Freibeträge plus die Nega­tivsteuer für jenen Personenkreis, der das steuerlich nicht absetzen kann. Aber mit 2,60 € bis 9 € – sorry, mit diesem Betrag können Sie uns ganz sicher nicht abspeisen! (Beifall bei den Grünen.)

20.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Restredezeit der Fraktion: 5 Minuten. Herr Abgeordneter, Sie wollen 4 Minuten sprechen. – Bitte.


20.12.58

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Man kann jetzt darüber diskutieren, in welcher Form man den Menschen mit Behinderungen entgegenkommt. Die Trägerorganisationen, Projekt­träger, Verbände, Vereine treten seit Jahren dafür ein, dass es eine steuerliche Absetz­barkeit von privaten Spenden in diesem Bereich gibt. Für uns stellt sich natürlich die Frage: Wo zieht man die Grenze? Welche Deckelung und so weiter soll es geben?

Grundsätzlich muss ich aber eines sagen: Es ist im Finanzministerium schon seit zwei Perioden eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die prüft, wie man diese Absetzbarkeit ma­chen kann (Abg. Öllinger: Da prüft man schon lange!), und es wäre sehr, sehr vielen Vereinen und Trägerorganisationen, Herr Kollege Öllinger, geholfen, wenn private Spenden auch absetzbar wären. Natürlich müssen diese Vereine, Trägerorganisatio­nen und Verbände der Rechnungshofprüfung unterliegen. Das ist keine Frage, das muss schon sein, Kontrolle muss sein, aber es wäre wichtig, dass diese Vereine auch über private Spendengelder finanziert würden.

Das andere Thema, das Frau Kollegin Haidlmayr angesprochen hat, ist uns natürlich auch bekannt. Wir wissen, dass die Freibeträge schon seit zirka 20 Jahren (Abg. Haidlmayr: Seit 1988!), schon seit 1988 nicht angehoben worden sind. Jeder Sozial­sprecher beziehungsweise Behindertensprecher hat ja das Schreiben vom Behinder­tenverband erhalten, wo drinsteht, dass man endlich einmal die Freibeträge anheben soll. Menschen, die auch ein Kraftfahrzeug haben, kommen, wo jetzt noch die Mineral­ölsteuer angehoben werden wird, mit der Pendlerpauschale von 10 Prozent nicht aus, da sie natürlich einen erhöhten Aufwand für ihr behindertengerechtes Fahrzeug haben. Das ist das eine: dass das angehoben werden muss.

Auf der anderen Seite muss man natürlich auch Maßnahmen setzen, dass es eine steuerliche Absetzbarkeit für Sozialausgaben gibt. Es ist nur die Frage, in welcher Form. Natürlich auch in Form einer Negativsteuer. Aber vor allem sollen auch jene Menschen, die nicht behindert sind, aber für soziale Zwecke spenden, diese ihre Spen­de auch steuerlich absetzen können. Dann wäre vielen geholfen. (Abg. Haidlmayr – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Lesen Sie sich das durch!)

Ich weiß, Frau Kollegin Haidlmayr, dass sämtliche Fraktionen hier im Hohen Haus An­träge dahin gehend eingebracht haben, aber ich weiß auch, wie mühsam es ist, in der Regierung mit dem jeweiligen Finanzminister das Ganze zu verhandeln und das auch drüberzubringen. Das ist eben die andere Seite der Medaille.

Aber nichtsdestotrotz, alle, die mit Behinderten zu tun haben oder mit Behindertenver­bänden zu tun gehabt haben, wissen, wie viel es geschlagen hat. Natürlich müssen wir weiterhin daran arbeiten. Aber ich bin zuversichtlich – denn steter Tropfen höhlt den


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 216

Stein –, dass wir auch hier gemeinsam etwas weiterbringen werden. (Beifall beim BZÖ.)

20.15


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 173/A dem Finanzausschuss zu.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 25. April 2007, 9 Uhr, mit folgender Tagesordnung ein:

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (39 der Beilagen): Bun­desgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2007 (Bundes­finanzgesetz 2007 – BFG 2007) samt Anlagen (70 der Beilagen)

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (40 der Beilagen): Bun­desgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2008 (Bundes­finanzgesetz 2008 – BFG 2008) samt Anlagen (71 der Beilagen)

Zur Beratung kommen: Oberste Organe, Bundeskanzleramt, Frauen und Sport, Lan­desverteidigung und Justiz.

In dieser Sitzung findet weder eine Aktuelle Stunde noch eine Fragestunde statt.

20.16.46Einlauf


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich gebe noch bekannt, dass in der heu­tigen Sitzung die Selbständigen Anträge 190/A bis 192/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 692/J bis 701/J eingelangt.

*****

Bevor ich die Sitzung schließe, gebe ich bekannt, dass unmittelbar nach Schluss die­ser Sitzung der Rechnungshofausschuss im Lokal VI seine Sitzung abhält.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.17.04Schluss der Sitzung: 20.17 Uhr

 

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