Stenographisches Protokoll
816. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 20. Dezember 2012
816. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 20. Dezember 2012
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 20. Dezember 2012: 9.00 – 23.44 Uhr
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Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 50
1. Punkt: Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG)
2. Punkt: Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2011
3. Punkt: Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2011
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert werden
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden
6. Punkt: Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Art. 23e B-VG betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Karenzurlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012)
8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Über-
einkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert werden (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 – KindNamRÄG 2013)
9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert werden
10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012)
11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unternehmer im Kraftfahrzeugsektor getroffen werden (Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz – KraSchG)
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden (Grundbuchsgebührennovelle – GGN)
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013)
14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird
15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird (Sprengmittelgesetz-Novelle 2012)
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird
17. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung
18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), geändert wird
19. Punkt: Bericht über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2011)
20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit
dem die Organisation
auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird
(Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 –
ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird
21. Punkt: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2011
22. Punkt: Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft (Mittelstandsbericht 2012)
23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird
24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden
25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeit-und-
Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 – SRÄG 2012)
26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (Pensionsfonds-Überleitungsgesetz – PF-ÜG)
27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden
28. Punkt: Sozialbericht 2011–2012
29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlassen wird und die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012)
30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das
Börsegesetz 1989, das Bankwesengesetz
und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 für die Zwecke der Verordnung
(EU) Nr. 1031/2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf und
sonstige Aspek-
te der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der
Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit
Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft geändert werden
31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird
32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird
33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird
34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird
35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird
36. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung Jerseys über den Informationsaustausch in Steuersachen
37. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und Rumänien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. März 2005 in Bukarest unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll
38. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird
39. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Prüfungstaxengesetz Schulen – Pädagogische Hochschulen und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden
40. Punkt: Kulturbericht 2011 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
41. Punkt: Ernährungshilfe-Übereinkommen
42. Punkt: Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden
43. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Büchersammlung Esterházy an die Republik Österreich
44. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförderungsgesetz 1992 geändert werden
45. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG)
46. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012)
47. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 geändert werden
48. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tiermaterialiengesetz geändert wird (Tiermaterialiengesetz-Novelle 2012)
49. Punkt: Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes
50. Punkt: Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das 1. Halbjahr 2013
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Inhalt
Bundesrat
Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Mandatsverzicht des Bundesrates Stefan Zangerl sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat .................................... 19
Angelobung des Bundesrates Stefan Posch ............................................................. 20
Schlussansprache des Präsidenten Georg Keuschnigg ......................................... 20
Schreiben der Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer betreffend Beschluss des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 betreffend die Geschäftsordnung dieses Ausschusses ...... 41
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Turkmenistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen durch den Herrn Bundespräsidenten ........................................................ 45
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Agentur für das Be-
triebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch den Herrn Bundespräsidenten .............................................................................................. 47
Vorschlag der Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz gemäß § 41 Abs. 3 GO-BR, die Tagesordnung um das Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e B-VG betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV.GP sowie 8881 d.B.) zu ergänzen – Annahme ............................ 50, 50
Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschussberichtes 8881/BR d.B. gemäß § 44 (3) GO-BR .................................................................................................. 50
50. Punkt: Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das 1. Halbjahr 2013 ............................................................................................................ 254
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 19
Aktuelle Stunde (19.)
Thema: „Europäische Perspektiven: Nächste gemeinsame Schritte für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Frieden“ ................................................................................................. 23
Redner/Rednerinnen:
Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 24
Dr. Angelika Winzig ...................................................................................................... 26
Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 28
Bundeskanzler Werner Faymann ........................................................................ 31, 40
Marco Schreuder .......................................................................................................... 34
Stefan Schennach ........................................................................................................ 35
Edgar Mayer .................................................................................................................. 37
Gerd Krusche ............................................................................................................... 38
Bundesregierung
Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .............................................................. 49
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 50
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 50
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 41
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) (2008 d.B. und 2057 d.B. sowie 8829/BR d.B. und 8833/BR d.B.) ........................................................ 51
Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 51
2. Punkt: Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2011 (III-475-BR/2012 d.B. sowie 8834/BR d.B.) ................................................... 51
Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 51
3. Punkt: Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2011 (III-476-BR/2012 d.B. sowie 8835/BR d.B.) ................................................................................................................. 51
Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 51
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche ............................................................................................................... 52
Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 54
Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................... 56
Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 57
Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 59
Christoph Kainz ............................................................................................................ 61
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 63
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, den Bericht III-475-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 63
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, den Bericht III-476-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ........................................................................................................................... 64
4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert werden (2130/A und 2063 d.B. sowie 8836/BR d.B.) 64
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 64
Redner/Rednerinnen:
Ana Blatnik .................................................................................................................... 64
Mag. Christian Jachs ................................................................................................... 65
Marco Schreuder .......................................................................................................... 66
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 67
5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (2136/A und 2058 d.B. sowie 8837/BR d.B.) 68
Berichterstatter: Josef Saller ........................................................................................ 68
Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................................................. 68
6. Punkt: Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Art. 23e B-VG betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV. GP sowie 8881 d.B.) ....................................... 69
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ........................................................................ 69
Redner/Rednerinnen:
Edgar Mayer .................................................................................................................. 69
Stefan Schennach ................................................................................................. 71, 75
Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 73
Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 73
Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 74
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, die dem schriftlichen Ausschussbericht 8881/BR d.B. beigedruckte Entschließung betreffend Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Art. 23e B-VG betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV. GP) (E 238-BR/2012) ........................ 76
7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Karenzurlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012) (2003 d.B. und 2052 d.B. sowie 8830/BR d.B. und 8838/BR d.B.) ................................................................................................................. 76
Berichterstatter: Dr. Magnus Brunner, LL.M .............................................................. 76
Redner/Rednerinnen:
Hermann Brückl .................................................................................................... 76, 85
Ana Blatnik ............................................................................................................. 78, 84
Marco Schreuder .......................................................................................................... 79
Christoph Kainz ............................................................................................................ 81
Johann Ertl .................................................................................................................... 82
Efgani Dönmez, PMM .................................................................................................. 84
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................ 85
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 88
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert werden (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 – KindNamRÄG 2013) (2004 d.B. und 2087 d.B. sowie 8845/BR d.B.) 88
Berichterstatter: Christian Füller .................................................................................. 88
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth ....................................................................................................... 88
Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................... 90
Marco Schreuder .......................................................................................................... 92
Inge Posch-Gruska ....................................................................................................... 94
Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .......................................................... 96, 100
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 100
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 101
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (1991 d.B. und 2089 d.B. sowie 8846/BR d.B.) 101
Berichterstatter: Christian Füller ................................................................................ 101
Redner/Rednerinnen:
Cornelia Michalke ....................................................................................................... 101
Franz Wenger .............................................................................................................. 102
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 104
Inge Posch-Gruska ..................................................................................................... 104
Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 105
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 108
Gemeinsame Beratung über
10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012) (1804 d.B. und 2035 d.B. sowie 8847/BR d.B.) .................................................................................... 108
Berichterstatter: Christian Füller ................................................................................ 108
11. Punkt:
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unternehmer
im Kraftfahrzeugsektor getroffen werden
(Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz – KraSchG) (1990 d.B. und
2094 d.B. sowie 8848/BR d.B.) .................................................................................... 108
Berichterstatter: Christian Füller ................................................................................ 108
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Kerschbaum ..................................................................................... 108, 111
Franz Perhab ............................................................................................................... 109
Ing. Maurice Androsch .............................................................................................. 110
Dr. Magnus Brunner, LL.M ....................................................................................... 111
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112
12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden (Grundbuchsgebührennovelle – GGN) (1984 d.B. und 2036 d.B. sowie 8849/BR d.B.) ................................................. 112
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 112
Redner/Rednerinnen:
Hermann Brückl ......................................................................................................... 112
Mag. Klaus Fürlinger ................................................................................................. 114
Mag. Gerald Klug ....................................................................................................... 116
Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 117
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 119
13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013) (2005 d.B. und 2037 d.B. sowie 8850/BR d.B.) ......... 119
Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 119
Redner/Rednerinnen:
Josef Steinkogler ....................................................................................................... 120
Monika Kemperle ....................................................................................................... 120
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 121
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird (1907 d.B. und 2042 d.B. sowie 8825/BR d.B. und 8839/BR d.B.) ....................................................................... 121
Berichterstatter: Christoph Kainz ............................................................................... 121
Redner/Rednerinnen:
Marco Schreuder ........................................................................................................ 122
Friedrich Reisinger .................................................................................................... 123
Monika Kemperle ....................................................................................................... 124
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 125
Gemeinsame Beratung über
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird (Sprengmittelgesetz-Novelle 2012) (1810 d.B. und 2044 d.B. sowie 8840/BR d.B.) ............................................................................................................... 125
Berichterstatter: Christoph Kainz ............................................................................... 125
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (2045 d.B. sowie 8841/BR d.B.) ........................... 125
Berichterstatter: Christoph Kainz ............................................................................... 125
Redner/Rednerinnen:
Kurt Strohmayer-Dangl ............................................................................................. 125
Ewald Lindinger ......................................................................................................... 126
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 127
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 16, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 127
17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung (1958 d.B. und 2046 d.B. sowie 8842/BR d.B.) 127
Berichterstatter: Günther Köberl ................................................................................ 128
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche ............................................................................................................. 128
Josef Saller ................................................................................................................. 129
Elisabeth Reich ........................................................................................................... 130
Efgani Dönmez, PMM ....................................................................................... 131, 134
Monika Mühlwerth ..................................................................................................... 133
Cornelia Michalke ....................................................................................................... 135
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 136
18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), geändert wird (1701/A und 2048 d.B. sowie 8843/BR d.B.) ........................................ 136
Berichterstatter: Kurt Strohmayer-Dangl .................................................................. 136
Redner:
Marco Schreuder ........................................................................................................ 136
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 137
19. Punkt: Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2011) (III-467-BR/2012 d.B. sowie 8844/BR d.B.) ...................................................................... 137
Berichterstatter: Kurt Strohmayer-Dangl .................................................................. 137
Redner/Rednerinnen:
Johann Ertl .................................................................................................................. 137
Franz Perhab ............................................................................................................... 139
Ewald Lindinger ......................................................................................................... 140
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 142
Friedrich Hensler ........................................................................................................ 143
Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ....................................................... 145
Monika Mühlwerth ..................................................................................................... 147
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-467-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 148
20. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf
dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird
(Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 –
ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird
(2067 d.B. sowie 8878/BR d.B.) ............................................................................................................... 148
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ...................................................................... 148
Redner/Rednerinnen:
Dr. Magnus Brunner, LL.M ....................................................................................... 149
Klaus Konrad .............................................................................................................. 150
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 150
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............................................... 151
21. Punkt: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2011 (III-464-BR/2012 d.B. sowie 8879/BR d.B.) .............................................................................. 151
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ...................................................................... 151
Redner/Rednerinnen:
Franz Perhab ............................................................................................................... 151
Mag. Susanne Kurz .................................................................................................... 153
Peter Mitterer .............................................................................................................. 154
Marco Schreuder ........................................................................................................ 156
Anneliese Junker ........................................................................................................ 157
Klaus Konrad .............................................................................................................. 158
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 160
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-464-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 162
22. Punkt: Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft (Mittelstandsbericht 2012) (III-477-BR/2012 d.B. sowie 8880/BR d.B.) ....................... 162
Berichterstatterin: Dr. Angelika Winzig ...................................................................... 163
Redner/Rednerinnen:
Mag. Reinhard Pisec, BA .......................................................................................... 163
Anneliese Junker ........................................................................................................ 166
Klaus Konrad .............................................................................................................. 167
Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 168
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 170
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-477-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 172
23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. November 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1908 d.B. und 1963 d.B. sowie 8851/BR d.B.) ............................................................................................................................. 172
Berichterstatter: Ferdinand Tiefnig ............................................................................ 173
Redner/Rednerinnen:
Mag. Bettina Rausch .................................................................................................. 173
Inge Posch-Gruska ..................................................................................................... 174
Cornelia Michalke ....................................................................................................... 176
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 176
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 177
24. Punkt: Beschluss
des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993
geändert werden (1983 d.B. und 2024 d.B. sowie
8854/BR d.B.) ............................... 178
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................. 178
Redner/Rednerinnen:
Monika Kemperle ....................................................................................................... 178
Edgar Mayer ................................................................................................................ 180
Franz Pirolt .................................................................................................................. 180
Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 181
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 182
25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 – SRÄG 2012) (2000 d.B. und 2028 d.B. sowie 8826/BR d.B. und 8855/BR d.B.) ........ 182
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................. 182
Redner/Rednerinnen:
Franz Pirolt .................................................................................................................. 182
Mag. Gerald Klug ....................................................................................................... 184
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 185
Josef Steinkogler ....................................................................................................... 186
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 187
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 188
26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (Pensionsfonds-Überleitungsgesetz – PF-ÜG) (1992 d.B. und 2033 d.B. sowie 8827/BR d.B. und 8856/BR d.B.) ............................................................................................................... 188
Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................. 188
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 189
27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden (2012 d.B. und 2034 d.B. sowie 8857/BR d.B.) ............................................................................................................................. 189
Berichterstatterin: Monika Kemperle ......................................................................... 189
Redner/Rednerinnen:
Mag. Gerald Klug ....................................................................................................... 189
Edgar Mayer ................................................................................................................ 190
Franz Pirolt .................................................................................................................. 191
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 191
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 192
28. Punkt: Sozialbericht 2011–2012 (III-478-BR/2012 d.B. sowie 8858/BR d.B.) 192
Berichterstatterin: Monika Kemperle ......................................................................... 192
Redner/Rednerinnen:
Franz Pirolt .................................................................................................................. 192
Reinhard Todt ............................................................................................................. 195
Mag. Christian Jachs ................................................................................................. 197
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 199
Inge Posch-Gruska ..................................................................................................... 200
Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 202
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, den Bericht III-478-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 204
Gemeinsame Beratung über
29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlassen wird und die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012) (2007 d.B. und 2049 d.B. sowie 8859/BR d.B.) ................................... 204
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 205
30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Bankwesengesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf und sonstige Aspekte der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft geändert werden (2006 d.B. und 2050 d.B. sowie 8860/BR d.B.) .................................................................................... 204
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 205
31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird (1987 d.B. und 2051 d.B. sowie 8861/BR d.B.) 204
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 205
32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (2002 d.B. und 2095 d.B. sowie 8862/BR d.B.) ........................................................... 204
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 205
33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird (2144/A und 2096 d.B. sowie 8863/BR d.B.) ............................................................................................................................. 205
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 205
34. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (2097 d.B. sowie 8864/BR d.B.) .................. 205
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 205
Redner/Rednerinnen:
Mag. Reinhard Pisec, BA .......................................................................................... 206
Elisabeth Greiderer .................................................................................................... 209
Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 210
Ewald Lindinger ......................................................................................................... 211
Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 212
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 29, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 215
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 30, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 215
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 31, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 215
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 32, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 216
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 33, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 216
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 34, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 216
Gemeinsame Beratung über
35. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird (2096/A und 2098 d.B. sowie 8828/BR d.B. und 8865/BR d.B.) ....................................................................... 216
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 216
36. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung Jerseys über den Informationsaustausch in Steuersachen (1916 d.B. und 2100 d.B. sowie 8866/BR d.B.) ................................... 216
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 216
37. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend Protokoll zwischen der Republik Österreich und Rumänien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. März 2005 in Bukarest unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1934 d.B. und 2101 d.B. sowie 8867/BR d.B.) .................................................................................... 216
Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 216
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Greiderer .................................................................................................... 217
Ewald Lindinger ......................................................................................................... 218
Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 219
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 35, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 219
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 36, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .............. 219
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 37, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .............. 219
38. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird (1988 d.B. und 2020 d.B. sowie 8871/BR d.B.) .... 220
Berichterstatter: Johann Schweigkofler .................................................................... 220
Redner/Rednerinnen:
Monika Mühlwerth ..................................................................................................... 220
Elisabeth Grimling ..................................................................................................... 222
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 222
Günther Köberl ........................................................................................................... 223
Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 225
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 226
39. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Prüfungstaxengesetz Schulen – Pädagogische Hochschulen und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (1989 d.B. und 2021 d.B. sowie 8872/BR d.B.) .................................................................................... 226
Berichterstatter: Johann Schweigkofler .................................................................... 227
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 227
40. Punkt: Kulturbericht 2011 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-469-BR/2012 d.B. sowie 8873/BR d.B.) .................................................................................................... 227
Berichterstatter: Johann Schweigkofler .................................................................... 227
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Grimling ..................................................................................................... 227
Günther Köberl ........................................................................................................... 228
Marco Schreuder ........................................................................................................ 229
Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 230
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-469-BR/2012 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 231
41. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend Ernährungshilfe-Übereinkommen (2017 d.B. und 2074 d.B. sowie 8868/BR d.B.) ........................................................... 231
Berichterstatterin: Mag. Bettina Rausch .................................................................... 232
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 232
42. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden (1996 d.B. und 2072 d.B. sowie 8869/BR d.B.) .................................................................................................... 232
Berichterstatterin: Elisabeth Greiderer ...................................................................... 232
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 233
43. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Büchersammlung Esterházy an die Republik Österreich (1997 d.B. und 2073 d.B. sowie 8870/BR d.B.) ............................................................................................................................. 233
Berichterstatterin: Elisabeth Greiderer ...................................................................... 233
Redner/Rednerinnen:
Walter Temmel ........................................................................................................... 233
Stefan Schennach ...................................................................................................... 234
Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ....................................................................... 236
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 236
44. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförderungsgesetz 1992 geändert werden (2011 d.B. und 2078 d.B. sowie 8852/BR d.B.) .................................................................................................... 236
Berichterstatter: Mag. Klaus Fürlinger ...................................................................... 236
Redner/Rednerinnen:
Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 237
Mag. Bettina Rausch .................................................................................................. 238
Monika Kemperle ....................................................................................................... 239
Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 240
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 241
45. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2016 d.B. und 2080 d.B. sowie 8831/BR d.B. und 8853/BR d.B.) ....................................................................................................................................... 241
Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................. 241
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche ............................................................................................................. 242
Martin Preineder ......................................................................................................... 242
Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 242
Mag. Josef Taucher .................................................................................................... 243
Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 244
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 246
46. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) (2001 d.B. und 2102 d.B. sowie 8832/BR d.B. und 8874/BR d.B.) ............................................................................................................... 246
Berichterstatter: Friedrich Reisinger ......................................................................... 246
Redner/Rednerinnen:
Monika Kemperle ....................................................................................................... 247
Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 248
Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 249
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 250
47. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 geändert werden (2010 d.B. und 2103 d.B. sowie 8875/BR d.B.) ........................................................................................................ 250
Berichterstatter: Friedrich Reisinger ......................................................................... 250
Redner/Rednerinnen:
Gerd Krusche ............................................................................................................. 250
Johanna Köberl .......................................................................................................... 251
Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 251
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 252
Gemeinsame Beratung über
48. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiermaterialiengesetz geändert wird (Tiermaterialiengesetz-Novelle 2012) (2013 d.B. und 2105 d.B. sowie 8876/BR d.B.) ............................................................................................................... 252
Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................. 252
49. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes (2014 d.B. und 2106 d.B. sowie 8877/BR d.B.) ........................................................... 252
Berichterstatter: Friedrich Hensler ............................................................................. 252
Redner/Rednerinnen:
Mag. Josef Taucher .................................................................................................... 253
Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 253
Franz Pirolt .................................................................................................................. 253
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 48, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 254
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 49, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 254
Eingebracht wurden
Anfragen der Bundesräte
Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend: ORF-Journalist als KP-Agent mit österreichischen Steurgeldern bezahlt (2935/J-BR/2012)
Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend beherrschenden Trust der Eurofighter-Schmiergeldaffäre (2936/J-BR/2012)
Anfragebeantwortungen
der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Angelika Winzig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neubau des Bahnhofes Attnang-Puchheim (2707/AB-BR/2012 zu 2917/J-BR/2012)
des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Bundesräte Josef Saller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungen für den ASKÖ, Landesverband Salzburg (2708/AB-BR/2012 zu 2920/J-BR/2012)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung der Medienvielfalt und Pressefreiheit in Österreich (2709/AB-BR/2012 zu 2918/J-BR/2012)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Magnus Brunner, LL.M, Edgar Mayer, Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der derzeit geltenden Schwellenwerte-Verordnung (2710/AB-BR/2012 zu 2922/J-BR/2012)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichische Teilnahme am EU-Projekt „Clean IT“ (2711/AB-BR/2012 zu 2924/J-BR/2012)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktivitäten „kreuz.net“ (2712/AB-BR/2012 zu 2925/J-BR/2012)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kosten Website-Relaunch und Wartung (2713/AB-BR/2012 zu 2926/J-BR/2012)
des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bundesräte Werner Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend den geplanten Schotter- und Quarzsandabbau in der Gemeinde 4785 Freinberg (2714/AB-BR/2012 zu 2930/J-BR/2012)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichische Teilnahme am Projekt „Indect“ (2715/AB-BR/2012 zu 2927/J-BR/2012)
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Präsident Georg Keuschnigg: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hoher Bundesrat! Ich eröffne die 816. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 815. Sitzung des Bundesrates vom 29. November 2012 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.
Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Adelheid Ebner, Sonja Zwazl und Hans-Jörg Jenewein.
Präsident Georg Keuschnigg: Eingelangt ist ein Schreiben des Tiroler Landtages betreffend Mandatsverzicht eines Mitgliedes und die Wahl eines Ersatzmitgliedes des Bundesrates.
Hinsichtlich des Wortlauts dieses Schreibens verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:
Schreiben des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Mandatsverzicht sowie Wahl eines Ersatzmitgliedes:
„Landtagspräsident
DDr. Herwig van Staa
Herrn
Präsidenten des Bundesrates Telefon 0512/508-3000
Georg Keuschnigg Fax 0512/508-3005
Bruckner Straße 6/3 herwig.vanstaa@tirol.gv.at
1040 Wien
per email voraus:
bundesratskanzlei@parlament.gv.at
georg.keuschnigg@parlament.gv.at
Innsbruck, 12.12.2012
Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Georg,
im Zuge der heutigen Sitzung des Tiroler Landtages wurde nach dem Verzicht von Stefan Zangerl auf sein Bundesratsmandat Herr Wilhelm Zöhrer zum Ersatzmitglied des Bundesrates gewählt.
Die entsprechende Verzichtserklärung sowie das schriftliche Wahlergebnis liegen diesem Schreiben bei.
Mit besten Grüßen
Anlage“
„Stefan Zangerl
Meilstraße 15
6170 Zirl
An den Präsidenten des Tiroler Landtages
Herrn DDr. Herwig van Staa
Landhaus
6020 INNSBRUCK Zirl, am 10. Dezember 2012
Betreff: Verzicht auf das Mandat eines Bundesrates
Sehr geehrter Herr Präsident!
Gemäß Art. 43 Abs. 4 der Tiroler Landesordnung in Verbindung mit § 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Tiroler Landtages erlaube ich mir mitzuteilen, dass ich mit sofortiger Wirkung auf mein Mandat als Mitglied des Bundesrates verzichte.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Zangerl“
„WAHLERGEBNIS
Herr Wilhelm Zöhrer wird zum Ersatzmitglied des Bundesrates gewählt.
Es wird beurkundet, dass der Tiroler Landtag diese Wahl in seiner Sitzung vom 12. Dezember 2012 mit der verfassungsmäßigen Mehrheit durchgeführt hat.
Der Landtagspräsident
(DDr. Herwig van Staa)“
*****
In diesem Fall rückt das Ersatzmitglied des ausgeschiedenen Bundesrates nach.
Präsident Georg Keuschnigg: Das neue Mitglied des Bundesrates ist im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.
Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.
Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.
Schriftführer Josef Saller: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“
Stefan Posch (ohne Fraktionszugehörigkeit, Tirol): Ich gelobe.
Präsident Georg Keuschnigg: Ich begrüße das neue Mitglied des Bundesrates sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)
Ich begrüße den Herrn Bundeskanzler sehr herzlich hier bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
9.04
Präsident Georg Keuschnigg: Hoher Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehschirmen! Am Schluss der Präsidentschaft des Bundeslandes Tirol darf ich Ihnen einen kurzen Rückblick geben und versuchen, die politische Situation im Land und insbesondere hier in der Länderkammer kurz zu beleuchten.
Der Bundesrat ist, wie gesagt, die Länderkammer, und es ist für unser Selbstverständnis ganz wesentlich, dass wir uns der Kernaufgabe dieses Parlamentes, nämlich
der Mitwirkung der Bundesländer an der Bundesgesetzgebung, immer von Neuem stellen und sie in zeitgemäßer Form ausüben und weiterentwickeln.
Die Bundesländer stehen gerade in den letzten Tagen in der öffentlichen Auslage. Die Anlässe, die zu vorgezogenen Neuwahlen in Kärnten und in Salzburg geführt haben, sind tatsächlich kein Ruhmesblatt. Trotzdem sind das Länder-Bashing und die Kritik am Föderalismus, wie sie derzeit in vielen Zeitungen betrieben werden, keinesfalls gerechtfertigt. Auf jeder Ebene gibt es politisches Fehlverhalten, das im Anlassfall aufzuklären, abzustellen und zu korrigieren ist. Wir haben aber – und das sei laut und deutlich gesagt – hervorragend geführte Bundesländer, und es gibt keinen Grund, in die Rechte dieser Länder einzugreifen.
Ich tue mich in dieser Diskussion als Tiroler besonders leicht. Unser Land hat derzeit weniger als 300 Millionen € Schulden, bilanziert nach den Jahren der Krise wieder ausgeglichen und zahlt bereits Schulden zurück. (Bundesrat Todt: Ihr habt nichts verzockt, oder wie?) Unser Land hat aber mehr als das Zehnfache dessen, was es an Schulden hat, an Eigentumswerten. Dem Land Tirol gehören die Tiroler Wasserkraft AG, die Tiroler Hypothekenanstalt und die Wohnbaudarlehen zu jeweils 100 Prozent!
Wodurch wäre es zu rechtfertigen, in die Rechte unseres Bundeslandes einzugreifen?
Die Föderalismuskritik, die derzeit so modern ist, ist einäugig, wie sie einäugiger nicht sein könnte. Es gibt eine unheilige Allianz der Zentralisten dieses Landes mit den großen österreichischen Tagesmedien, die aus der Perspektive des 1. oder des 19. Wiener Gemeindebezirkes in das Land schauen und über Sinn und Unsinn der Gesetzgebung in den Bundesländern schwadronieren.
Wo bleibt, frage ich, in der österreichischen Diskussion der Subsidiaritätsgrundsatz, um den wir auf europäischer Ebene so lange gekämpft haben und auf den wir so stolz sind? Wir prüfen im Europaausschuss des Bundesrates jede EU-Vorlage zu Recht dahin gehend, ob wir diese Materie selbst besser regeln können oder ob eine europäische Regelung vorteilhafter erscheint.
Wir sind stolz auf das Recht, das wir seit dem Vertrag von Lissabon haben! Aber warum soll das innerösterreichisch nicht auch gelten? Warum soll das, was in Europa hui ist, in Österreich plötzlich pfui sein?
Ich bin dafür, dass der Föderalismus immer wieder neu gedacht wird. Ich habe daher im September zu einer Föderalismuskonferenz in Innsbruck eingeladen. Diese Konferenz ist eine gemeinsame Plattform der Landtagspräsidentenkonferenz, des Bundesrates und des Institutes für Föderalismus. Ich freue mich darüber, dass sich aus dieser Plattform so etwas wie eine neue föderale Drehscheibe mit dem Ziel, zu vernetzen, abzustimmen und zu koordinieren, entwickelt.
Föderalismus darf kein Gezerre um Zuständigkeiten sein, kein Raufen um Macht und Einfluss, er muss aber die sinnvolle Mitwirkung der Länder und Regionen an der Bundesgesetzgebung sicherstellen. Er muss die ausgewogene Teilhabe aller Regionen an der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes gewährleisten.
Die Bürgerinnen und Bürger interessieren sich schon lange nicht mehr für unsere internen Diskussionen. Sie haben es immer mit der öffentlichen Hand zu tun, ob sie nun Bund, Land oder Gemeinde heißt. Es gibt auch kein Bundesgeld, kein Landesgeld und kein Gemeindegeld. Es gibt immer nur das Steuergeld, das möglichst sinnvoll auszugeben ist.
In diesem Sinne habe ich mich während meiner Präsidentschaft auch bemüht, einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Bundesrates zu leisten. Ich habe in einer umfangreichen Sommertour die Landeshauptleute und die Landtagspräsidenten besucht, um auszuloten, ob eine gemeinsame Position der Länder zur Reform des Bundesrates erzielbar ist. Und das ist auch gelungen, sie wurde erzielt.
Am 12. Oktober haben die Landtagspräsidenten und am 24. Oktober die Landeshauptleute jeweils einstimmig eine gemeinsame Verhandlungsposition zur Reform des Bundesrates beschlossen.
Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich beim Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Landeshauptmann Platter, bei der damaligen Vorsitzenden der Landtagspräsidentenkonferenz und nunmehrigen Landesrätin Bernadette Mennel aus Vorarlberg, aber auch, weil das schon länger zurückgeht, beim Präsidenten des oberösterreichischen Landtages Friedl Bernhofer und beim Direktor des Institutes für Föderalismus sehr herzlich für ihren Einsatz in dieser Sache bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Sie alle haben dazu beigetragen, dass es erstmals in den vielen Jahren der Diskussion eine mit uns, dem Bundesrat, abgestimmte einheitliche Position der Bundesländer zur Reform der Länderkammer gibt. Es ist Schluss mit den Zwischenrufen, mit den undurchdachten Einzelvorschlägen und mit vielen Besserwissereien, die wir immer wieder erlebt haben.
Wir, der Bundesrat, wir bewegen uns. Wir wollen eine Reform, und wir werden um diese Reform auch kämpfen!
Das Angebot, das in diesem gemeinsam beschlossenen Papier steht, lautet, dass die Zahl der bundesratspflichtigen Materien reduziert wird, dass wir uns auf die Kernkompetenzen – das sind die Gesetzgebung, die Vollziehung und die Finanzen der Bundesländer – konzentrieren, dass wir für diese Materien ein Einspruchsrecht mit einem Vermittlungsverfahren dahinter bekommen und dass wir – und das ist besonders wichtig – ein frühzeitiges Stellungnahmerecht während der laufenden Erarbeitung der Gesetze im Nationalrat erhalten.
Bei diesem Punkt möchte ich kurz verweilen. Das Recht der frühzeitigen Stellungnahmemöglichkeit soll Blockaden möglichst verhindern. Wir brauchen in Österreich keinen Blockadeföderalismus, sondern einen Verhandlungsföderalismus, wie er unserer Gesprächskultur entspricht. Die entscheidende Frage muss immer die Nutzwirkung unserer Kammer für die Bevölkerung, für das politische System in Österreich sein.
Wir haben ein sinnvolles Angebot entwickelt, wir haben dafür die einstimmige Unterstützung der Landtagspräsidenten und der Landeshauptleute, und jetzt sollen wir uns – und darum dürfen wir Sie, Herr Bundeskanzler, mit einem gewissen Nachdruck ersuchen – an den Verhandlungstisch setzen und Nägel mit Köpfen machen. Die Grundlagen dafür sind geschaffen. Ich würde glauben, dass bei gutem Willen in kurzer Zeit ein Gesamtergebnis erzielbar sein könnte. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)
Inhaltlich habe ich mich in meiner Präsidentschaft mit dem neuen Phänomen der Verstädterung versus der Ausdünnung vieler Regionen befasst. Dieses Phänomen ist global feststellbar und lässt sich auch in Österreich in harten Zahlen darstellen. Und wir brauchen in vielerlei Hinsicht Antworten. Wir brauchen die Antworten im Bildungssystem. Wir brauchen die Antworten bei den Verkehrssystemen. Wir brauchen die Antworten bei den Arbeitsplätzen, bei der Wertschöpfung. Machen wir eine Politik, dass die Arbeitsplätze zu den Menschen kommen und nicht die Menschen zu den Arbeitsplätzen kommen müssen!
Der Bundesrat ist geradezu prädestiniert, Anwalt der Regionen zu sein, und wir sollten nicht zuschauen, wie es demografisch weitergeht. Wir sollten die Verstädterung mit allen Problemen, die sie auch aufwirft, nicht zulassen. Das Ziel muss sein, gleichwertige Lebensbedingungen zu gewährleisten, unabhängig davon, wo eine Bürgerin oder ein Bürger in Österreich wohnt. Wir lassen keine Region zurück.
Wir haben zu diesem Schwerpunkt einige Veranstaltungen gemacht. Wir haben bereits im Juli ein Hearing zum Thema „Land ohne Ärzte“ gemacht, das von hoher medialer Aufmerksamkeit begleitet wurde. Wir haben am 10. Oktober eine Enquete hier im Bundesrat veranstaltet; das Stenographische Protokoll dieser Veranstaltung wird bereits vielfach im Lande nachgefragt. Das heißt, unsere Veranstaltung hat den richtigen Punkt getroffen. Dieses Protokoll ist in der Zwischenzeit fertiggestellt und kann im Internet von jedermann heruntergeladen werden.
Die hohe Einschaltquote, die ORF III mit dieser Enquete erzielt hat, zeigt auch, wie sehr die Bürgerinnen und Bürger bei diesem Thema dran sind, wie sehr es von Sorge begleitet wird.
Ich werde auch nach meinem Vorsitz an dieser Frage dranbleiben und für ausgewogene, gleichwertige Lebensbedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger in Österreich kämpfen.
Ich möchte abschließend einen herzlichen Dank abstatten an alle, die mich bei der Vorsitzführung während meiner Präsidentschaft unterstützt haben. Ich bedanke mich sehr herzlich bei der Präsidiale des Bundesrates. Ich glaube, wir haben eine harmonische Arbeit hingelegt in diesem halben Jahr. Herzlichen Dank allen Fraktionsvorsitzenden, den Vizepräsidenten für diese Unterstützung.
Ich bedanke mich sehr herzlich beim Bundesratsdienst, bei Frau Dr. Bachmann als Leiterin dieses Dienstes, bei Frau Doris Fritz, die mich bei meiner Arbeit intensivst begleitet hat – liebe Doris, herzlichen Dank! – und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesratsdienst, bei den ReferentInnen und so weiter. Herzlichen Dank!
Ich glaube, wir haben ein forderndes halbes Jahr gehabt, aber die Arbeit wurde professionellst abgewickelt, und ich kann nur sagen, wir haben da ein hohes Niveau. Vielen herzlichen Dank!
Ein Danke auch meinen persönlichen Mitarbeitern. Wir haben diese Präsidentschaft auch in einem Facebook-Auftritt dokumentiert, einfach um dieses Amt, um diese Arbeit im Bundesrat transparent zu machen. Wer sich dafür interessiert, kann das gerne unter „Tiroler Präsidentschaft“ aufrufen.
Ich danke Ihnen allen und sage nach sechs Monaten Tiroler Präsidentschaft: Wir sind im Bundesrat so stark, so stark wir handeln. Niemand wird uns aufhalten, unsere Pflicht für die Länder und Regionen und für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu erfüllen. – Vielen herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)
9.17
Präsident Georg Keuschnigg: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde zum Thema
„Europäische Perspektiven:
Nächste gemeinsame Schritte
für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Frieden“
mit Herrn Bundeskanzler Werner Faymann, den ich noch einmal herzlich begrüße. (Allgemeiner Beifall.)
In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt:
Zunächst kommt je ein Redner/eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt.
Sodann folgt die Stellungnahme des Herrn Bundeskanzlers, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll.
Danach folgt eine Rednerin/ein Redner der Bundesräte ohne Fraktion und dann je ein Redner/eine Rednerin der Fraktionen mit jeweils einer fünfminütigen Redezeit.
Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme des Herrn Bundeskanzlers erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.
Als Erster gelangt Herr Bundesrat Mag. Klug zu Wort. – Bitte.
9.18
Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Österreich hat als Mitgliedsland in der Europäischen Union von dieser Mitgliedschaft erheblich profitiert. Allein das Wirtschaftswachstum im Inland, das durch diese Mitgliedschaft untermauert wurde, ist fünfmal größer als jener Beitrag, den wir netto ins EU-Budget einzahlen.
Die Europäische Union sichert uns einen riesigen Binnenmarkt für unsere Produkte. Sie stabilisiert und demokratisiert unsere östlichen und südlichen Nachbarn. Sie sorgt für europaweite Mindeststandards im Bereich der Umweltpolitik und in den Sozialfragen.
Wenn wir all diese positiven Faktoren berücksichtigen, wird es ganz deutlich: Der Gewinn, den wir durch Europa haben, ist selbst in der Krise unverzichtbar für unseren Wohlstand.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine an sich
pragmatische Einleitung im Sinne ei-
ner Kernbotschaft, die sich insbesondere an den oppositionellen rechten Rand
rich-
tet. Wer diese großen Zusammenhänge nicht erkennt oder nicht
erkennen will, hat schon ganz grundsätzlich den Anspruch verwirkt, in
unserem Land maßgebliche politische Verantwortung zu
übernehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der
Bundesrätin Mühlwerth.)
Europa muss gleichzeitig eine Reihe von Herausforderungen schultern: Innerhalb der Europäischen Union müssen die Folgen der Wirtschafts-, aber auch der Finanzkrise überwunden und die gemeinsame Währungsunion zukunftsfähig gemacht werden. Die Haushalte müssen konsolidiert werden, Arbeit und Beschäftigung muss geschaffen werden. Außerdem müssen wir im Wettbewerb gegenüber den USA und gegenüber China und anderen Wirtschaftsregionen bestehen und zu stabilen und friedlichen Entwicklungen unserer Nachbarregionen in Osteuropa und im Mittelmeerraum beitragen.
Mittlerweile ist auch in Europa allen klar, dass Sparen allein nicht aus der Krise führt. Vielmehr braucht es eine Kombination von intelligenter Budgetkonsolidierung und Investitionen für Wachstum und Beschäftigung. Das haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von Anfang der Krise an immer wieder betont. Ich bin froh, dass wir uns nunmehr durchgesetzt und jetzt einen Pakt für Wachstum und Beschäftigung beschlossen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fokus liegt jetzt ganz klar auf Wachstum und Beschäftigung. Das ist nicht zuletzt auch das Verdienst unseres Bundeskanzlers und vor dem Hintergrund der europäischen konservativen Mehrheitsverhältnisse ein beachtlicher Erfolg. (Beifall bei der SPÖ.)
In Österreich verfolgen wir schon seit Längerem erfolgreich eine Politik der nachhaltigen Einsparungen, der zukunftsorientierten Investitionen und einer gerechten Steuerpolitik. Wir sollten uns besonders dafür einsetzen, dass im Bereich der Europäischen Union die Forschung, die Entwicklung, aber auch die Bildung gestärkt werden. Das Gleiche gilt für transeuropäische Infrastrukturprojekte und nachhaltige Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen. Schließlich ist es Verkehrsministerin Bures gelungen, dass vier der transeuropäischen Verkehrsachsen durch Österreich führen und der Brenner-
Basistunnel, der Semmering-Basistunnel und der Koralmtunnel zum großen Teil aus EU-Mitteln finanziert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich als steirischer Bundesrat möchte die Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, mich auch darüber zu freuen, dass in der jüngeren Vergangenheit der zuständige EU-Ausschuss des Europäischen Parlamentes grünes Licht gegeben hat für die maßgebliche und anteilige Finanzierung im Bereich des Koralmtunnels – immerhin bis zu 1,7 Milliarden € – und des Semmering-Basistunnels – immerhin bis zu 3,3 Milliarden €. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
All dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, verblasst jedoch, wenn wir es in Europa nicht schaffen, die insbesondere in den südlichen Ländern exorbitant und unerträglich hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Österreich ist dabei ein Vorreiter. Wir haben im Bereich der europäischen Staaten eine sehr, sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Wir können in diesem Zusammenhang ein Vorbild sein. Wir brauchen jedoch europaweit eine Jugendgarantie nach österreichischem Vorbild, um allen Jugendlichen in Europa versprechen zu können: Spätestens vier Monate nach einer einschlägigen Ausbildung gibt es für euch ein Beschäftigungsverhältnis!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße daher auch den Vorschlag des Bundeskanzlers – ein äußerst interessanter Ansatz –, dass alle Mitgliedsländer zum Beispiel auf ihre Rabatte verzichten. Das mag dahingesagt sein, zusammengerechnet bedeutet das 9 Milliarden € – und wir wären in der Lage, in Europa einer Million jugendlichen Arbeitslosen eine Ausbildung oder ein Beschäftigungsverhältnis zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich am Thema Griechenland keinesfalls vorbeischwindeln. Wir haben den Griechen einerseits aus Solidarität geholfen. Wenn das zu wenig war, aus Eigeninteresse. Griechenland wurde durch den Zusammenhalt in der Gemeinschaft vor der Insolvenz bewahrt. In der Euro-Zone hätte dies einen maßgeblichen Dominoeffekt ausgelöst: Fällt ein Mitgliedsland, fallen mehrere. Es ist nicht auszuschließen, dass alle gefallen wären.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat errechnet, dass der Zusammenbruch der Euro-Zone eine Krise ausgelöst hätte, die doppelt so schlimm gewesen wäre wie jene im Jahr 2008 und 2009. Wir würden 11 Prozent unserer Wirtschaftsleistung verlieren, 140 000 Österreicherinnen und Österreicher hätten unmittelbar ihren Job verloren.
Klar ist aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Griechenland einen eigenen Beitrag leisten muss. Insbesondere ist Griechenland dafür verantwortlich, dass es ein funktionierendes Steuersystem aufbaut und dem Kampf gegen Sozialbetrug eine wichtige Priorität einräumt. Denn die Kredite, die wir den Griechen gegeben haben, die Haftungen, die wir übernommen haben, sind keine Geschenke. Mag sein, dass Griechenland gerade deshalb alle drei bis vier Monate wieder in der öffentlichen Diskussion ist: weil klar ist, dass die Europäische Union auch darauf schaut, dass dementsprechende Fortschritte erzielt und Zusagen eingehalten werden.
Ich würde mir aber wünschen, dass die Europäische Union diese Hartnäckigkeit auch an den Tag legt, um Druck auf die Schweiz und andere Staaten auszuüben, endlich die Daten von vermeintlichen griechischen Steuerbetrügern herauszugeben. Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, lässt sich feststellen, dass sich der Euroraum stabilisiert hat. Es liegt noch einiges vor uns, aber es geht in die richtige Richtung.
An dieser Stelle möchte ich noch besonders hervorheben, dass die Grundlage für ein kontrolliertes Wachstum auch besser regulierte und kontrollierte Finanzmärkte darstellen. Nur mit mehr Stabilität im Finanzmarkt kann langfristig Wachstum und Vertrauen ermöglicht werden. In diesem Zusammenhang mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es sicher nicht sein kann, dass die breite Masse die Kosten für die Krise auf
Dauer trägt, während auf den Finanzmärkten noch munter weiterspekuliert wird. Ein zentraler Baustein dabei ist sicherlich einerseits die gemeinsame Bankenaufsicht, aber auch die Bankenunion.
Darüber hinaus ist eine positive Botschaft zweifelsohne die Finanztransaktionssteuer, die in der öffentlichen Debatte beinahe untergegangen wäre. Aber der Weg ist nun endlich frei. Wir können einen Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit für alle interessierten Staaten auch im Steuerbereich ebnen. Damit werden endlich all diejenigen verantwortungsvoll zur Lösung der Krise beitragen, die letztlich einen maßgeblichen Beitrag zum Auslösen der Krise geleistet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich werde ich an dieser Stelle anmerken, dass die Realisierung – mittlerweile sind zwölf Staaten dabei – dieser Finanztransaktionssteuer ein beachtlicher Erfolg unseres Bundeskanzlers ist, der auch zeigt, dass es sich trotz großer Widerstände – er war ganz zu Beginn alleine! – lohnt, für ein gemeinsames, tolles politisches Ziel zu kämpfen! (Beifall bei der SPÖ.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz zum Schluss erlauben Sie mir noch, etwas zur Gemeinsamen Agrarpolitik zu sagen. Sie werden sich wahrscheinlich wundern, dass ein sozialdemokratischer Bundesrat jetzt auch noch etwas zur Gemeinsamen Agrarpolitik sagt. (Bundesrat Hensler: Das ist gut!) Aber klar ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anforderungen, die insbesondere aus der Sphäre des Bauernbundes an den Bundeskanzler gekommen sind, waren auch nicht ohne. Es kommt zur großen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischer Ebene, und man richtet dem Bundeskanzler aus: Na, fahre nur nach Brüssel, aber mit weniger darfst du nicht nach Hause kommen! (Bundesrat Hensler: Das hat der Schultes nicht gesagt!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Gemeinsamen Agrarpolitik möchte ich Folgendes anmerken: Es mag sein, dass das alles ein bisschen kompliziert ist, in der ersten Säule hundertprozentige Finanzierung, in der zweiten Säule Kofinanzierung. Fest steht, die Vorgaben aus Brüssel haben für die österreichischen Bauern eine erhebliche Kürzung bedeutet. Fakt ist auch, insbesondere in der zweiten Säule – wo es um die Kofinanzierungsprojekte geht – hatten wir inklusive Kofinanzierung letztlich mit einer Vorgabe von immerhin rund 700 Millionen € aus Brüssel zu kämpfen. Und unserem Bundeskanzler ist es gerade in der zweiten Säule mit nachhaltigen Verhandlungen – Bergbauern, Biobauern, Entwicklungen im ländlichen Raum – gelungen, dies auf über eine Milliarde für Österreich hinaufzuverhandeln, 300 Millionen € mehr. (Beifall bei der SPÖ.) Liebe Kolleginnen und Kollegen, über 300 Millionen mehr, und der Applaus des Bauernbundes war sehr, sehr leise. (Bundesrat Hensler: Aber wirklich nicht, Herr Kollege!)
Ich laufe nicht Gefahr, Mitglied des Bauernbundes zu werden, aber eines steht fest: Wir haben den österreichischen Biobauern für die kommenden Jahre eine tolle Grundlage gelegt. Wir haben den österreichischen Bergbauern eine tolle Grundlage gelegt. Und wir haben allen neun Bundesländern eine tolle Grundlage für die Entwicklung im ländlichen Raum gelegt. Das muss nicht das Bauernthema alleine sein. Da reden wir über Breitband-Internetinitiativen, da reden wir über den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. – Eine tolle Basis für die Zukunft. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ich gratuliere auch zu diesem Erfolg. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
9.32
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Dr. Winzig. – Bitte.
9.32
Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu Herrn Kollegen Klug werde ich mich auf meine Kernkompetenz beschränken, die Wirtschaft, denn ich sage immer: Schuster, bleib bei deinen Leisten! (Heiterkeit bei der ÖVP.)
2012 hat Österreich erfolgreich um Wachstum gekämpft, Europa gegen die Rezession. Wer jedoch die Europäische Union infrage stellt beziehungsweise verneint, verweigert auch die globale Realität. Seit Maastricht 1991/92 hat sich die Welt entscheidend verändert: die Befreiung der osteuropäischen Staaten, der phänomenale Aufstieg von China, Indien und Brasilien. Seither sind fast alle Staaten miteinander vernetzt, und die globalen Finanzmärkte haben noch immer eine unkontrollierte Macht.
Andererseits überaltern die europäischen Nationen. Bis 1950 waren die Europäer über zwei Jahrhunderte lang über 20 Prozent der Weltbevölkerung. Während die Weltbevölkerung bis Mitte des Jahrhunderts von sieben Milliarden auf neun Milliarden steigen wird, wird der Anteil der europäischen Länder auf 7 Prozent der Weltbevölkerung sinken. Dramatisch ist natürlich, dass auch unser Anteil am globalen Sozialprodukt von 30 auf 10 Prozent schrumpft. Das heißt, jeder einzelne Staat, jede einzelne Nation wird 2050 nur noch einen Bruchteil von einem Prozent an der Weltbevölkerung ausmachen. Das heißt, Europa muss stärker zusammenwachsen. Wir brauchen eine funktionierende Wirtschafts- und Währungsunion, um den globalen Herausforderungen durch andere Kontinente, aber auch den globalen Herausforderungen eines nach wie vor ungeregelten Weltfinanzsystems entgegenzuwirken.
Der Europäische Rat hat Mitte 2010 die EU-Wachstums- und Beschäftigungsstrategie beschlossen – „Europa 2020-Strategie“ –, eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Es wurden fünf quantitative Ziele festgelegt, die natürlich nur durch die Umsetzung in den Staaten erfüllt werden können. Österreich hat sich in diesem Bereich sehr ambitionierte Ziele gesetzt: zunächst einmal bei der Erhöhung der Beschäftigungsquote in der Altersgruppe von 20 bis 64 Jahren. Da ist schon einiges geschehen, wir haben es gehört: Kollege Klug hat auf die Jugendbeschäftigung hingewiesen. Wir sind überhaupt Beschäftigungs-Europameister. Auch die Beschäftigung im Alter haben wir im Reformpaket mit der Abschaffung der Invaliditätspension unter 50 Jahren, aber auch mit der Anhebung des faktischen Pensionsalters festgelegt und hier auch die Voraussetzung für die Erreichung dieser Ziele beschlossen.
Auch die Forschungs- und Entwicklungsquote von 3 Prozent haben wir schon fast erreicht, mit 2,8 Prozent. Jetzt gilt es, den privaten Sektor noch stärker einzubinden.
Eine große Herausforderung wird das „20-20-20-Klimaziel“ bilden. Da müssen wir sehr vorsichtig vorgehen, denn auch unsere industriellen Leitbetriebe brauchen eine Chance für eine Entfaltung in Österreich, denn sonst wandern sie ab, nicht nur in andere europäische Länder, sondern nach Übersee.
Die Verbesserung des Bildungsniveaus durch die Verringerung der Schulabbrecherquote sowie die Erhöhung des Anteils von Schulabschlüssen an höheren Schulen ist aus Sicht der Wirtschaft ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Voraussetzung dafür ist ein nach Leistungsvermögen und Leistungsbereitschaft differenziertes Bildungssystem, das aber auch Mut zur Elite beinhaltet, denn wir brauchen Eliten für Wissenschaft, für Forschung, für die Wirtschaft, aber auch für die Politik.
Auch bei dem EU-Ziel der Förderung der sozialen Eingliederung, insbesondere durch Armutsverminderung, ist Österreich mit einer Sozialquote von 33 Prozent Spitzenreiter.
Ich hoffe, dass die Transparenzdatenbank aufzeigen wird, ob die Mittel genügend effizient verteilt sind oder ob wir auch da noch nachbessern müssen.
Da Haushaltsdefizite und übermäßige Schuldenstände der EU-Mitgliedstaaten keine solide Grundlage für Wachstum und stabile Arbeitsplätze sein können, muss die Konsolidierung des Staatshaushaltes im Mittelpunkt stehen.
Haupttriebkräfte von Wachstum sind wettbewerbsfähige Unternehmen aller Größenklassen. Die EU-Kommission legt auch einen Schwerpunkt auf die KMUs, denn sie
sagt, der Wohlstand der EU wird in Zukunft entscheidend davon abhängen, ob wir imstande sind, das Wachstums- und Innovationspotenzial kleinerer und mittlerer Unternehmen zu nutzen. Dies benötigt ein Umfeld in Österreich, das innovative Ideen und Unternehmensgründungen begünstigt. Und der erste Grundsatz im „Small Business Act“ fordert ja die Schaffung eines Umfeldes, in dem sich unternehmerische Initiative lohnt und in dem sich Unternehmen im Familienbesitz entfalten können.
In der letzten Regierungsklausur in Laxenburg ist dank des Einsatzes unseres Vizekanzlers ein Arbeits- und Unternehmerpaket beschlossen worden, das Maßnahmen zur sozialen Absicherung von Unternehmerinnen und Unternehmern vorsieht, weiters die Förderung von Gründern und Jungunternehmern sowie Weiterbildungsmöglichkeiten, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Aber auch die Verlängerung der Schwellenwerte-Verordnung und die Betriebsanlagengenehmigungsvereinfachung sind wichtige Impulse für die regionale Wirtschaft.
Aber reichen diese Schritte, um Wachstum und Beschäftigung in Österreich zu sichern? – Es fehlen sicherlich noch entscheidende Schritte in Bezug auf die Verwaltungsreform – ich glaube, hier ist Oberösterreich ein Vorbild, aber auch Institutionen wie die Wirtschaftskammer Österreich –, denn wir brauchen Luft zum Atmen, Raum für Investitionen in Bildung und Forschung.
Es fehlt nach wie vor die Bereitschaft zur Arbeitszeitflexibilisierung. Und außerdem brauchen wir noch ein leistungsorientierteres Steuersystem.
Solange das Damoklesschwert „Neue Steuern“ über unserem Wirtschaftsstandort schwebt, sind Innovationen und Arbeitsplätze gefährdet. Und selbst KMUs, die bereits im Export sind, haben die Möglichkeit, sich ins Ausland abzusetzen. Im schlimmsten Fall wandern die Betriebe ab und die Arbeitslosen bleiben. Das wollen wir alle miteinander nicht. Wir wollen ein starkes Österreich, eine starke österreichische Volkswirtschaft in einem starken Europa.
Ich bin eine überzeugte Europäerin, leide aber nicht an Realitätsverlust. Mir ist es schon bewusst, dass sich auch die Europäische Union in einem ständigen Weiterentwicklungsprozess befinden muss.
Herr Bundeskanzler, es freut mich, dass Sie sich auch verstärkt zu Europa bekennen, und ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Einsatz für Österreich im Europäischen Rat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
9.39
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte. (Bundesrat Mayer: Jetzt gibt es eine EU-Lobeshymne wieder! – Bundesrätin Mühlwerth – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es muss ja ein Gegengewicht geben!)
9.40
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Vorab: Wie die künftige Zusammensetzung des Nationalrates beziehungsweise einer Regierung sein wird, welchen maßgeblichen politischen Einfluss wer nach der Nationalratswahl haben wird, entscheidet Gott sei Dank noch der Wähler – und nicht die SPÖ und schon gar nicht Herr Kollege Klug. Und das ist auch gut so. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn wir uns den Titel dieser heutigen Aktuellen Stunde anschauen: „Europäische Perspektiven“ – Wohlstand, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsplätze, sozialer Frieden? –, dann muss man sich schon fragen: Welche europäischen Perspektiven denn? – Wenn wir uns anschauen, wie der derzeitige Stand der Dinge ist, dann müssen wir feststellen, dass wir in der EU die höchste Jugendarbeitslosigkeit haben – ein Thema, das
jetzt schon von beiden Vorrednern angesprochen worden ist –, nämlich in Spanien mit über 50 Prozent, in Griechenland sieht es nicht viel besser aus, und in Italien und Portugal ist es auch sehr schlimm. Das ist eine Perspektive, die für die Jugendlichen, die keine Arbeitsplätze, keine Ausbildungsplätze haben, keine ist. Und das sind nicht nur Niedrigqualifizierte! Und das ist ja die besondere Tragödie daran: dass es da auch um Jugendliche geht, die durchaus auch einen Universitätsabschluss haben. Das Wirtschaftswachstum ist auch mager.
Ja, Österreich steht in diesem Punkt gut da, Gott sei Dank! Das hängt, muss man sagen, auch damit zusammen, dass wir das duale Ausbildungssystem haben, ein wirkliches Erfolgsmodell über Jahrzehnte – es ist ja nicht erst jetzt eingeführt worden. Aber auch da kann man sich nicht zurücklehnen und sagen: Toll, wie gut geht es uns! Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen! (Bundesrat Mag. Klug: Das hat keiner gesagt!) – Das kann uns auch treffen.
Und gerade dann, wenn zwei Regierungsparteien immer so euphorisch sind, wenn es um die Europäische Union geht, und nahezu kritiklos alles annehmen, was da passiert, braucht es ein Gegengewicht in Gestalt der FPÖ, die sagt: Na, wir sehen das aber sehr kritisch! – Ja, vielleicht sehen wir manchmal die Dinge auch etwas zu kritisch, das kann ja sein (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP), aber es ist ein wichtiges Gegengewicht, damit man einmal eine realistische Sicht der Dinge bekommt und nicht immer nur herumschwafelt, wie toll alles ist. Also das ist schon gut so.
Wir sehen nämlich den sozialen Frieden der Länder durchaus gefährdet, einerseits durch eine hohe Jugendarbeitslosigkeit – denn die Jungen werden nicht stillhalten und sich damit zufriedengeben, dass sie irgendein Arbeitslosengeld oder sonstige Transferleistungen bekommen, sondern die wollen arbeiten, die wollen eine Ausbildung haben und dann einen Arbeitsplatz, möglichst mit einem Gehalt, von dem sie auch leben können. Und es gibt ja schon Demonstrationen in Madrid, es gab Demonstrationen in Lissabon, es gab Demonstrationen in London. Nur wird darüber in unseren Medien kaum etwas berichtet. (Bundesrat Stadler: Geh, geh, geh!) Sehr wenig! Viel weniger, als es den tatsächlichen Ereignissen entspricht! Von den Demonstrationen in London gab es eine Berichterstattung, von jenen in Madrid teilweise, aber von Lissabon hat man gar nichts gehört. – Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der den europäischen Frieden gefährden kann.
Aber auch im Zusammenhang mit den Transferzahlungen, die natürlich vom Norden nach dem Süden erfolgen, hat es ja schon Spannungen gegeben. Und die Griechen, die ja sehr viel Geld bekommen – wo keiner weiß, ob es wirklich etwas nützen wird, wo keiner weiß, wo es wirklich versickert (Ruf: Die Banken!) –, haben ja auch schon Deutschland die Schuld gegeben an ihrem Desaster, weil die Deutschen so viel exportieren. Das alles sind keine Dinge, die dazu angetan sind, einen sozialen Frieden oder einen Frieden in der Europäischen Union zu sichern. Das alles kann uns nicht unberührt lassen, und da kann man nicht so tun, als ob es das alles eigentlich nicht gäbe.
Es ist aber auch wichtig, wie es uns Österreichern geht, denn auch wir sind Teil der Europäischen Union, und die Frage: Wie geht es denn eigentlich im eigenen Land? ist nicht ganz unerheblich. Schauen wir es uns an!
233 Milliarden € Schulden – das sind 75 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung –, das ist auch nicht so toll, wie man es immer darstellt. Da haben wir noch nicht geredet von den öffentlichen Haftungen, von den Garantien, für die der Steuerzahler geradesteht. (Bundesrat Todt: Wie viel sind es in Kärnten?) – Der Herr Präsident hat ja in seiner Antrittsrede gesagt: Das alles ist Geld des Steuerzahlers, und im Notfall muss der Steuerzahler geradestehen. – Da geht es um Garantien und Haftungen für die ÖBB, für die ASFINAG, auch für die BIG und für viele andere ausgegliederte Unternehmen (Bundesrat Mag. Klug: Hypo Kärnten!) – Kommunalkredit zum Beispiel –, das sind
rund 30 Milliarden €. (Bundesrat Todt: 18 Milliarden €, Kärnten, nicht?) – Ach so, bei den eigenen, da schieben wir es dann lieber weg? Das ist ja wieder typisch. (Bundesrat Todt: Wer regiert denn dort?)
Laut Eurostat-Studie beträgt der Anteil an Haftungen und Garantien rund 100 Milliarden € – 100 Milliarden! –, heimische Experten reden sogar von 160 Milliarden €. 100 wären ja schon genug. Das heißt, die Lage in Österreich ist weiß Gott nicht so rosig, wie sie immer dargestellt wird. Und so weit weg von anderen Ländern sind wir damit auch wieder nicht. Aber Sparen ist ja hier jetzt nicht gerade das oberste Ziel. Es wird zwar viel davon geredet, aber Haushaltsdisziplin ist wirklich nicht auf der Prioritätenliste ganz oben. (Bundesrat Mag. Klug: Ach so?) Wir werden es ja sehen vor der Wahl – wir haben es ja schon gesehen bei der Pendlerpauschale –, wo dann wieder die Zuckerln verteilt werden. (Bundesrat Stadler: Sind Sie dagegen? Sind Sie gegen die Pendler?)
Wenn wir uns anschauen, wie viel wir an Haftungen eingegangen sind, dann sollten wir uns auch einmal vor Augen halten, was man mit diesem Geld alles machen könnte: Kindergärten bauen, die Schulden modernisieren, Schulen umbauen – die in Wien ja zum Teil in einem nicht so guten Zustand sind –, Infrastrukturmaßnahmen setzen, um Arbeitsplätze zu schaffen, Steuerreformen für die Menschen, zumal doch der Mittelstand schon sehr viel an Steuern zahlen muss. Das machen Sie alles nicht. Stattdessen sitzen wir auf einem Schuldenberg, den wir kaum abtragen können, und sind daher nicht um so viel besser als zum Beispiel Italien oder Portugal.
Aber dass Haushaltsdisziplin nicht gerade die Sache der Bundesregierung – der SPÖ noch viel weniger – ist, haben wir schon gesehen an der Inseratenaffäre, wo man sich eine geneigte Berichterstattung gekauft hat. Dazu kommen noch die Haftungen, die wir im Rahmen des ESM eingegangen sind, wo im Ernstfall – wenn alles zusammenbricht – 80 Milliarden € für Österreich schlagend werden. Also das sind Summen, die man sich ja kaum noch vorstellen kann. Kaum jemand kann sich vorstellen, wie viel das wirklich ist.
Was sich die Österreicher aber schon vorstellen können, ist, was für sie übrig bleibt. Denn: Bei all den Haftungen, die wir im Rahmen der EU eingegangen sind, hören wir ja dann immer wieder, dass für die Österreicher kein Geld da ist. Also bei uns muss gespart werden. Dabei haben wir auch eine Million Menschen, die an der Armutsgrenze schrammen. Wir haben über 300 000 Menschen, die Vollzeit arbeiten und trotzdem mit ihrem Geld nicht auskommen können, weil sie zu wenig verdienen. Und das ist dann der Moment, wo die Österreicher, wo der österreichische Volksmund sagt: Das ist zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig!
Das sind Dinge, auf die wir schauen müssen: wie es den eigenen Leuten geht! Man darf nicht immer nur alle anderen sehen und sagen: Na ja, die eigenen Leute müssen da halt jetzt in den sauren Apfel beißen!, sondern man muss zuerst auf die eigenen Leute schauen.
Und was ist die Antwort der SPÖ auf Haushaltsdefizit, Schulden et cetera? – „Eat the rich!“, sagt man im englischsprachigen Raum, also die Vermögensteuer.
Dazu möchte ich Ihnen nur ein Beispiel geben: Großbritannien hat das nämlich gemacht. Großbritannien hat zwei Jahre lang eine Vermögensteuer eingehoben. Und was ist dabei herausgekommen? – Der Produktionsstandort ist unattraktiv geworden. (Bundesrat Mag. Klug: Wegen der Vermögensteuer? – Bundesrat Stadler: Das haben Sie verwechselt!) Die Leute, die wirklich Geld gehabt haben, haben es außer Landes gebracht. Durch die mangelnde Attraktivität des Produktionsstandorts – das sind Tatsachen, Herr Kollege Klug, aber ich weiß, das ist etwas, was Sie nie akzeptieren wollen – sind die Unternehmen gegangen. Daher hat es weniger Arbeitsplätze gegeben, daher
gab es natürlich auch mehr Arbeitslose – und mit Ende 2012 endet dieses Experiment der Vermögensteuer für die Reichen. Es hat sich einfach nicht bewährt. Vielleicht lernen Sie einmal aus den Beispielen von anderen – wobei die Hoffnung bei mir da nur sehr gering ist, denn für lernfähig halte ich Sie wirklich nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Das heißt, Herr Bundeskanzler – das müssen Sie sich gefallen lassen –: In Ihrer Amtsperiode haben Sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Man denke an die Affären in Ihren eigenen Reihen, wie eben die Inseratenaffäre, den U-Ausschuss, wo Sie nicht aussagen wollten und sich hinter Ihrer Fraktion versteckt haben und gesagt haben: Ich würde ja eh aussagen, wenn die SPÖ mich vorladen würde!, aber leider hat die das nicht getan. Jetzt haben wir die neue Affäre in Salzburg, wo 340 Millionen € verzockt worden sind. (Bundesrat Mag. Klug: Bei „Affären“ wäre ich ruhig!) Dazu kommt noch, dass sich Salzburg vom Bund 1,7 Milliarden € ausgeborgt hat, wovon 500 Millionen, also eine halbe Milliarde € verschwunden ist, wobei keiner weiß, wo diese ist. (Bundesrat Mag. Klug: Scheuch! – Bundesrat Stadler: Da ist gestern ein Urteil gefallen!)
Dafür nicken Sie dann in Brüssel alles ab, was halt so daherkommt, ohne dass eine wirkliche österreichische Position erkennbar ist. (Bundesrat Mag. Klug: „Unser Geld für unsere Leut’“, gell?) Und das in Brüssel, das seine Finger in alle Lebensbereiche hineinsteckt – was wir ja nicht wollen! Hier wäre eine österreichische Haltung, vertreten von Ihrer Person, Herr Bundeskanzler, mehr als gefragt, nur sehen wir davon weit und breit nichts. Bewertet wird das von den Österreicherinnen und Österreichern am Wahltag, und Sie werden das Ergebnis präsentiert bekommen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Zuerst in Kärnten!)
9.49
Präsident Georg Keuschnigg: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet ist Herr Bundeskanzler Faymann. Ich erteile ihm das Wort. Die Redezeit ist mit 10 Minuten vereinbart. – Bitte.
9.50
Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren des Bundesrates! Europapolitik hat natürlich viele Facetten, aber eine wesentliche ist durch die Überreichung des Nobelpreises, den die Europäische Union und damit alle Bürgerinnen und Bürger Europas erhalten haben, doch klar zum Ausdruck gekommen: Das ist das friedliche Zusammenleben. Und tatsächlich ist das friedliche Zusammenleben nicht so etwas wie eine Garantie, da braucht man nicht nur in die Geschichte zurückzugehen, sondern man braucht sich nur vor Augen zu halten: Überall in der Welt, wo soziale Gegensätze zu stark sind, wo religiöse, soziale Gegensätze mit Gewalt ausgetragen werden, wo die Demokratie und die Freiheit zu schwach und das gemeinsame Zusammenleben nicht stark genug ausgeprägt sind, die Spielregeln der Demokratie nicht ernst genommen werden, dort gibt es jeden Tag und jede Stunde Auseinandersetzungen, die mit Gewalt ausgetragen werden, und in der Regel völlig unschuldige Menschen als Opfer.
Daher ist dieser Zusammenhalt in Europa ein so entscheidender. Und dieser Zusammenhalt in Europa kann nur hergestellt werden, indem wir in Europa gemeinsam vorgehen, auch in schwierigeren Zeiten, in denen die Finanzmarktkrise sehr viel an Mitteln vernichtet hat – Mittel, die wir dringend benötigt hätten, um Armut zu bekämpfen, um die Wirtschaft voranzubringen, um den Wettbewerbsstandort Europa im internationalen Wettbewerb zu verbessern –, in denen wir unheimlich hohe Mittel einsetzen müssen zur Rekapitalisierung von Banken, von Finanzmärkten, die wir aber deshalb einsetzen müssen, weil das ja die Grundlage der Sparer, der Kleinbetriebe, der Mittelbetriebe, der Industrie ist; das ist ja der Kreislauf, der notwendig ist für den Einzelnen genauso wie für die Wirtschaft und damit für alle. – Wir hätten diese Mittel besser angelegt in Bildung, in Ausbildung und in Beschäftigung.
Und das alleine zeigt ja schon, dass ein Land alleine nicht in der Lage ist, gerade bei Finanzmärkten Regelungen vorzunehmen, die mithelfen, dass nicht so viel Geld investiert werden muss in die Rekapitalisierung von Banken, in Konjunkturprogramme, die nach dieser größten Finanzmarktkrise in der Zweiten Republik auch Österreich erhebliche Mittel gekostet haben. Österreich alleine ist nicht in der Lage, diese Antworten ausreichend zu geben und diese Konsequenzen ausreichend zu ziehen. Wir haben in Österreich eine Bankenaufsicht, aber wir benötigen eine europäische Bankenaufsicht, schon aus einem einfachen Grund: weil ja viele dieser Institute in ganz Europa tätig sind, in anderen Mitgliedsländern tätig sind. So wurde etwa vereinbart – um einen wichtigen Beschluss heranzuziehen, der im letzten Europäischen Rat und im ECOFIN getroffen wurde –, dass Institute, die in mehr als drei Ländern aktiv sind, auch von dieser gemeinsamen Bankenaufsicht betroffen sind.
Es gibt in vielen Bereichen einen Handlungsbedarf, wobei etwa die Finanztransaktionssteuer, wenn sie von einem Land alleine eingeführt wird, ja lediglich zu einer Art Börsenumsatzsteuer wird, aber nicht die Finanztransaktionen, die natürlich weit darüber hinausgehen und mit denen wir auch jene meinen, die abseits der Börse stattfinden, die so erheblich überhandgenommen haben, regelt.
Es ist überhaupt so, dass wir in der Finanz- und Finanzmarktkrise gemeinsam erfahren mussten, dass im Vergleich zwischen der Realwirtschaft und dem, was sich an den Finanzmärkten darüber hinaus gebildet hat, die Realwirtschaft in den Hintergrund gedrängt wurde. Wir wissen aber, dass man nur mit der Hände Arbeit, mit Service, mit Leistung etwas verdienen kann und dass alleine diese Wetten, die es gibt, diese Derivate und all die Verselbständigung auf den Finanzmärkten in der ganzen Welt dazu führen, dass dann, wenn es schiefgeht – etwa die Immobilienblase oder anderes, also wenn etwas, das ganz unnatürlich weit weg von der Realwirtschaft aufgebaut wird, dann zerplatzt –, meist nicht diejenigen zahlen, die vorher viel verdient haben, sondern die Falschen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die, die eigentlich gar nichts dafür können, weil sie auch vorher diese Entscheidungen gar nicht getroffen haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
Deshalb ist es ja so wichtig, dass dieses Europa gemeinsam Maßnahmen setzt und gemeinsam Konsequenzen zieht und gemeinsam versucht – egal ob Südeuropa oder die neuen Mitgliedsländer –, hier auch gemeinsame Lösungen für die Zukunft zu finden. Und das ist wahrlich nicht einfach. Die Wirtschaft in den südeuropäischen Ländern unterscheidet sich maßgeblich von der Wirtschaft etwa bei uns oder in Deutschland, aber auch die Wirtschaft und die sozialen Voraussetzungen in den neuen Mitgliedsländern. Ich war vor Kurzen etwa in Rumänien: Dort gibt es Mindestpensionen von 80 € im Monat! – Da gibt es also einen riesigen Unterschied und ein großes Gefälle im Lebensstandard, in der Wettbewerbsfähigkeit, im Standort, in den Steuersystemen, also in all jenen Bereichen, wo wir eigentlich, insbesondere dort, wo sogar eine gemeinsame Währung besteht – und es sind mehr als 350 Millionen Menschen in Europa, die eine gemeinsame Währung haben –, eine Annäherung, eine Koordination und eine Gemeinsamkeit erreichen müssen, im Interesse der nächsten Generationen.
Man braucht sich ja nur die hohe Jugendarbeitslosigkeit vor Augen zu führen. Beseitigt man die hohe Jugendarbeitslosigkeit, so wie uns das manche vorschlagen, indem man einzelne Länder aus der Eurozone hinausschmeißt? Was passiert denn in Italien, in Spanien, in Griechenland, in irgendeinem dieser Ländern, wenn wir morgen die Entscheidung treffen würden, die sind bei der Eurozone nicht mehr erwünscht, sondern die werden wir einfach los? – Was ja gar nicht geht, und worüber ich auch froh bin, dass das nicht funktioniert.
Aber was wäre, wenn wir diese Eurozone zerreißen? – In all diesen Ländern würden natürlich Banken am ersten Tag so sehr in Schwierigkeiten kommen, dass die Bank-
filialen zusperrten, die Sparer vor der Tür stünden und kein Geld mehr erhielten. Die Klein- und Mittelbetriebe wären die Ersten, die überhaupt nicht weiterarbeiten können, und die Industrie würde versuchen, sich in anderen Teilen der Welt Standorte zu suchen, weil Europa kein sicherer Markt mehr und vor allem kein sicherer Standort mehr für sie wäre. Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut wären die Folge, wenn man bewusst und böswillig die Eurozone zerreißen würde. Und deshalb sind wir da so entschieden dagegen. Und daher muss ich sagen, wenn es der FPÖ dann leidtut, dass genau das eben nicht passiert: Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in Europa wäre mit Ihrer Politik die doppelte! – Und das ist die Schande an Ihren Argumenten. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
Da stellen Sie sich – genauso wie der Herr Kickl, der anscheinend für alle in Ihrer Fraktion die Reden schreibt – her und beweinen den sozialen Zusammenhalt in Europa! – Der würde zerrissen durch eine Vorgangsweise, durch die die Eurozone auseinandergerissen wird, durch die diese Europäische Union ruiniert wird! Der würde zerrissen werden, und das wäre dann tatsächlich eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Sie wissen sehr genau, dass diese aggressive Gegnerschaft zur Europäischen Union eine einzige Folge hätte: eine Aggression, die in diesen Ländern ja entstehen müsste, weil junge Leute das Gefühl haben, da gibt es ein paar, die haben uns im Stich gelassen in einer schwierigen Zeit nach einer Finanzmarktkrise – für die übrigens die Arbeiter Griechenlands und die Arbeiter in Italien auch nichts können –; in einer schwierigen Zeit, in der die jungen Leute keine Arbeit finden, haben sich die Verantwortlichen nicht zusammengesetzt, wie man das in einer Demokratie und in einer Gesellschaft des Friedens erwartet, und miteinander ihre Hausaufgaben gemacht, um diese Europäische Union wieder aufzubauen, sondern sie haben politisch versucht, sich in dieser Situation auseinanderzudividieren. Das wäre der schwerste Fehler, den wir unseren Kindern und Enkelkindern antun könnten! Und deshalb bin ich da so entschlossen dagegen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Ich möchte als Letztes alles unterstreichen, was gesagt wurde zur Wirtschaft, zum Wirtschaftsstandort. Auch die Frau Kollegin hat sehr zu Recht auch auf die Vorteile hingewiesen, die Österreich durch diese gemeinsame Wirtschaft hat, die im Export ganz klar nachzurechnen sind, in den Arbeitsplätzen der Exportwirtschaft in Europa ganz klar nachzurechnen sind, die aber auch nachzurechnen sind bei der österreichischen Wirtschaft, die ja in vielen Kohäsionsländern mit Kohäsionsfonds tätig ist.
Wer baut denn viele der Straßen, Brücken und Anlagen im Energiebereich? – Das geschieht ganz stark mit Bundesländer-Beteiligung, es gibt in den Bundesländern viele starke Unternehmungen unseres Landes. Das heißt: Es geht nicht nur darum, dass wir nachrechnen, was wir im Bereich der Nettozahler überweisen und was wir zurückbekommen, sondern wir sind auch daran zu messen, was wir von den vielen Mitteln, die wir als Beiträge in Form unseres schwer verdienten Steuergeldes leisten, in der Weise zurückerhalten, dass unsere Wirtschaft sehr erfolgreich in diesen Ländern tätig ist.
Lassen Sie mich darum zum Schluss in einer Länderkammer beziehungsweise in einer Vertretung der Regionen sagen, dass ich deshalb so überzeugt davon bin, dass der ländliche Raum in unserer Verhandlungsposition eine wichtige Rolle zu spielen hatte, weil dieses Europa eben auch dadurch gekennzeichnet ist, dass es nicht nur urbane Räume und Städte gibt, sondern weil es in diesem Europa – wie man in Österreich sieht – auch wichtig ist, dass wir bewusst den ländlichen Raum wesentlich mehr unterstützen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
Das war und bleibt für mich als Bundeskanzler in den Verhandlungen eine wichtige Aufgabe. Das Augenmerk liegt hiebei insbesondere etwa auf den Regionen der Bergbauern, die unter ganz schwierigen Bedingungen arbeiten, und auf den Regionen un-
serer Landwirte, von denen der Großteil ohnehin bereits im Nebenerwerb tätig ist, weil sich das Einkommen aus der Landwirtschaft oft zum Leben gar nicht ausgeht. Viele haben in die biologische Landwirtschaft investiert, also in ein Stück nachhaltige Zukunft, und wir glauben, dass die Welt von morgen mit nachhaltigen Lebensmitteln gebaut werden sollte. Daher bin ich überzeugt davon, dass das ein richtiger Weg ist.
Europa benötigt viel Wettbewerbsfähigkeit, es braucht eine starke Industrie sowie Kleinbetriebe und Mittelbetriebe. Keinesfalls vergessen werden darf aber auf den ländlichen Raum und auf die Regionen, denn das macht nun einmal das Besondere Österreichs aus. – In diesem Sinne wünsche ich natürlich auch Ihrer Arbeit viel Erfolg. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)
10.02
Präsident Georg Keuschnigg: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.
Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
10.02
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident, guten Morgen! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Guten Morgen, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Frau Mühlwerth, ich möchte Ihnen wirklich „gratulieren“: Wir haben hier heute eine spannende Diskussion zum Thema Europa, und Sie haben jetzt eindeutig und sehr beeindruckend bewiesen, wie man eine solche Diskussion in den absoluten Provinzialismus hinabziehen kann. Vielen Dank dafür! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)
Ich finde es wichtig, dass wir in diesem Bundesrat sehr viel und sehr oft über europäische Themen diskutieren. Ich könnte manche Reden, die ich schon gehalten habe, heute eins zu eins wieder halten. Ich halte es für sehr wichtig, dass in dieser Kammer sehr intensiv über Europa gesprochen wird. Ich finde das auch deswegen so wichtig, weil die Europäische Union und die Zukunft der Europäischen Union derzeit zur Diskussion stehen beziehungsweise quasi zur Disposition stehen und verschiedene Kräfte mit verschiedenen Lösungen kämpfen, und zwar im demokratischen Sinn kämpfen.
Die einen, zum Beispiel in unserem Land die Freiheitliche Partei, setzen stärker auf Nationalismus. Sie wollen nicht, dass Europa zusammenarbeitet, sie würden sich am liebsten wieder isolieren. Und es gibt auch das genaue Gegenteil, nämlich viele politische Kräfte, aber auch Experten und Expertinnen, die sagen, dass sich Europa à la longue zu einem Bundesstaat entwickeln müssen wird. – Das sind sozusagen die zwei Pole in dieser Diskussion.
Erlauben Sie mir, da wir ja in einer föderalen Kammer sind, zumindest die Anmerkung, dass es sehr interessant ist, dass dieselben Kräfte, die sich zum Beispiel jetzt bei dem Finanzdesaster in Salzburg dagegen wehren, dass man sich in die Finanzen einmischt, genau dieselben Kräfte sind, die am liebsten hätten, dass die Europäische Kommission Griechenlands Finanzen übernimmt. – Das ist eine Unlogik, die ich nicht nachvollziehen kann!
An etwas muss man immer wieder erinnern: Das Wissen über Volkswirtschaft ist sozusagen nicht unbedingt ein Massenphänomen in diesem Land. Unser Wirtschaftssystem funktioniert aber nun einmal so: Staaten, die viel exportieren, zum Beispiel nördliche EU-Staaten in südliche EU-Staaten, werden innerhalb der Europäischen Union stets auf Kosten anderer Staaten sehr viel reicher sein. So ist das! Wir haben uns vor Jahren – ich nicht, aber wir als Europäer und Europäerinnen beziehungsweise Politiker und Politikerinnen – vor Jahren dafür entschieden, dass wir eine Währungsunion
schaffen. Jetzt haben wir diese Währungsunion, und manche Staaten wie zum Beispiel Deutschland haben einen Export-Überschuss gegenüber den südlichen Staaten von 50 Milliarden €. So hat zum Beispiel Griechenland viele Rüstungsgüter in Deutschland gekauft, und Deutschland hat davon profitiert.
Jetzt müssen wir als Europäer und Europäerinnen ganz genau darüber nachdenken: Wollen wir diese Ungleichheit ausgleichen, ja oder nein? – So einfach ist im Grunde genommen die Frage! Die Antworten scheinen immer so kompliziert zu sein, aber die Frage, die am Schluss bleibt, lautet tatsächlich: Wollen wir ein solidarisches gemeinsames Europa, oder wollen wir uns so verhalten wie die Freiheitliche Partei, die zwar die Jugendarbeitslosigkeit bejammert und beweint, aber keine einzige Lösung bietet, außer zu sagen: Wir müssen uns isolieren! (Bundesrat Kneifel: Aber die Steuereinhebung in Griechenland darf man auch nicht vergessen!) Keine Frage! Ich bin kein Verteidiger der griechischen Regierung, davon können Sie ausgehen!
Man muss aber auch dazu sagen: Eine gemeinsame Währung ist historisch einzigartig. Wir reden sehr oft von Dominostein-Effekten und dergleichen. Aber de facto gab es das in der Menschheitsgeschichte seit dem römischen Dinar nicht mehr, zumindest in Europa. Das heißt: Wir können viel darüber diskutieren und theoretisieren, welche Folgen was hat, aber wir wissen es nicht. Wir wissen aber sehr wohl, welche Gefahren es gibt, und die Gefahrenquellen müssen ausgemerzt werden.
Etwas macht mir aber auch Sorgen, und zwar auch in der heutigen Diskussion. So hat zum Beispiel Ratspräsident Van Rompuy ein Papier vorgelegt, in dem von einer echten Wirtschafts- und Währungsunion die Rede ist. Im Hinblick darauf frage ich mich schon, auch als überzeugter Europäer – ich bin ja gebürtiger Niederländer, wohne hier und fahre oft nach Rumänien, und da habe ich schon eine ein bisschen europäische Perspektive –: Wollen wir Europa wirklich nur als Wirtschaftsunion und Währungsunion definieren, und that’s it!, oder gehen wir auch einmal so weit, zu sagen: Europa muss auch eine Union sein, die gemeinsam gegen den Klimawandel vorgeht, die gemeinsam in neue Technologien und in die Bekämpfung des Klimawandels investiert, die gemeinsam für Beschäftigung arbeitet und eine Sozialunion ist, die in Bildung investiert, und eine Bildungsunion und letztlich eine Union der Demokratie ist.
Der Demokratieabbau ist eine der größten Gefahren, die ich derzeit in Europa sehe. Ich meine, es lohnt sich, für ein Gemeinsames Europa der Menschenrechte und der Bürgerrechte zu kämpfen. Das sollte uns allen ein Anliegen sein! Bitte schauen wir nicht immer nur auf die Wirtschaft! Europa ist mehr als eine Währung! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
10.08
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
10.08
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundeskanzler! Ich möchte einen Zwischenruf aufgreifen, den Kollege Kneifel gemacht hat. Er hat gesagt, dass die Steuereinnahmen dort schon ein bisschen in Ordnung kommen müssen. – Wer zahlt denn in Griechenland keine Steuer? Es sind dies die Superreichen, die ihr Geld ohne Verantwortung gegenüber ihrem eigenen Land in Sicherheit gebracht haben. (Bundesrat Kneifel: Gar keiner zahlt dort Steuer!)
Diesbezüglich sind wir einer Meinung. Was aber verhindert die ÖVP? – Eine Erbschaftssteuer für die Superreichen in Österreich! Ich würde mir hingegen wünschen, dass wir endlich auch hier zu einer sozialen Gerechtigkeit kommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)
Es ist immer wieder verwunderlich und leider Gottes eine Tatsache, dass es in Europa, das jetzt sicherlich verunsichert ist, immer wieder diese Brandstifter gibt, die versuchen, mit ein bisschen Nationalismus auf diese Verunsicherung mit einer antieuropäischen Grundhaltung zu agieren und die Menschen für dumm zu verkaufen.
Wir müssen heute sagen: Gott sei Dank waren wir in dieser Krise Mitglied der Europäischen Union! Gott sei Dank waren wir Mitglied der Eurozone! Wir hätten diese letzten Jahre als nationalistisches Österreich mit dem Schilling in dieser Form nicht überstanden. Nur die Gemeinschaft der europäischen Länder konnte diese Krise gemeinsam bewältigen.
Der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, dass Europa den Friedensnobelpreis bekommen hat. – Herr Bundeskanzler, der Vorsitzende des Komitees ist ein gewisser Herr Jagland, der Generalsekretär des Europarates, und der Europarat hat sich in den letzten Jahren – Kollege Mayer kann das bestätigen – ganz intensiv mit den Auswirkungen der Krise im sozialen Bereich und in der sozialen Schieflage befasst. Der Menschenrechtskommissar sagt, dass eine übertriebene Steuerpolitik heutzutage bereits Menschenrechte vorenthält und dass wir genau das brauchen, was auch Sie angesprochen haben, wofür wir jetzt zum Beispiel auch endlich durch den neuen französischen Präsidenten Unterstützung bekommen, nämlich Investitionen.
Ein älterer pensionierter Industrieller aus Kanada meint, dass ein Staat so funktioniert wie eine Firma oder wie ein privates Konto. – Genau so funktioniert ein Staat nicht! Dann, wenn eine Rezession droht, muss investiert werden, muss gegengelenkt und gegengesteuert werden, um Arbeitsplätze und Nachfrage zu schaffen.
Vor allem etwas darf es dabei nicht geben, und das steht heute auch ein bisschen in Diskussion: Für diese Krise in Europa dürfen nicht die jungen Menschen zahlen! Derzeit ist es aber leider so! Derzeit zahlen die jungen Menschen für die Bankenkrise und für die Wirtschaftskrise. Dazu darf es letzten Endes aber nicht kommen. Deshalb ist es zum Beispiel so wichtig, dass der Rat jetzt die Limassol-Erklärung im Rahmen der zypriotischen Präsidentschaft gemacht hat.
Es soll 5 Milliarden € zur Schaffung von Arbeitsplätzen ganz gezielt im südlichen Raum geben. Europa verliert nämlich, wenn die jungen Menschen nicht mehr an Europa glauben. Das Einzige, was wir ihnen mitgeben können, ist, dass sie an dieses friedliche Europa und dieses gemeinsame Europa, das gleichsam wie eine Familie in Solidarität zusammensteht, glauben. Aber dazu brauchen junge Menschen auch eine Perspektive, und diese Perspektive heißt Beschäftigung. Jeder, der mit der Ausbildung fertig ist, will sich in eine Gesellschaft einbringen und nicht beschäftigungslos herumhängen. Deshalb ist es so wichtig, dass diese ersten 100 Milliarden €, die nun für Nachfrage und Investition bereits zur Verfügung gestellt werden, zu einem ganz spezifischen Anteil zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt werden.
Als sich mein Fraktionsvorsitzender Klug bei unserem Bundeskanzler als dem Erfinder der Transaktionssteuer bedankt hat, da gab es so ein seltsames Lachen. Es gibt hier aber Zeitzeugen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, darunter auch Ihren konservativen Premierminister, dass in jeder Ratssitzung immer einer lästig war, und der hieß Werner Faymann! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Ja genau!)
Irgendwann konnte der Lästige auch Frau Merkel überzeugen, und nun kämpft Österreich mit Deutschland gemeinsam. Und wenn Frau Merkel im Leben manchmal halt ein bisschen schneller wäre, dann hätte Griechenland ganz Europa nicht so viel gekostet. Die Verzögerung, die Frau Merkel in der Griechenlandhilfe auf Grund regionaler Landtagswahlen herbeigeführt hat, hat uns allen in Europa nämlich Milliarden gekostet! Hätte sie schneller und früher auf den Vorschlag betreffend die Schöpfung einer Transaktionssteuer durch Werner Faymann gehört, dann wären wir heute schon viel weiter. So hat es eben etwas länger gedauert.
In diesem Sinne, Herr Bundeskanzler: Tun wir miteinander alles, was möglich ist, um diese Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, Jobs zu kreieren und das duale Ausbildungssystem in ganz Europa zu verbreiten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)
10.15
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.
10.15
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Mühlwerth, ich kann es mir jetzt ersparen, auf die Kritik eurerseits einzugehen. Der Herr Bundeskanzler hat euch hier schon die Ohren langgezogen – wie man bei uns in Vorarlberg sagt –, und das ist auch richtig, denn was wäre Österreich ohne den Euro und ohne in dieser EU-Solidargemeinschaft zu sein? – Wir würden ähnlich dastehen wir andere Staaten, weil wir wahrscheinlich auch irgendwie unter die Spekulationsopfer gefallen wären. Und das ist nur eine Facette, warum Österreich gut daran tut, EU-Themen hier zu besprechen, für die EU zu sein und in dieser großen Solidargemeinschaft zu leben. Das ist unter dem Strich der Sukkus, Frau Kollegin Mühlwerth! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) – Es ist einfach so. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein Satz noch zum Kollegen Schennach: Die lobenden Worte habe ich natürlich sehr gerne gehört. Zur Finanztransaktionssteuer muss man allerdings sagen: Der Herr Bundeskanzler hat sich wirklich dafür eingesetzt, das stimmt schon, aber die ÖVP war per se auch dafür. Wir waren auch dafür, also war auch die österreichische Regierung für diese Finanztransaktionssteuer. Das muss man in aller Form erwähnen. Und Frau Kollegin Merkel ist manchmal schneller, als du glaubst, das möchte ich nur sagen! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte zur Wirtschafts- und Währungsunion etwas sagen. Der Rat hat sich am 13. und 14. Dezember damit auseinandergesetzt, einen Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion zu finden und hat auch Schritte formuliert, wie man das Ganze umsetzen kann. Basis dafür war ein von der Kommission vorgelegtes Konzept, und damit geht auch die vertiefte Integration, beruhend auf stärkerer Solidarität einher. Dieser Prozess wird mit Vollendung, Stärkung und Umsetzung der neuen besseren wirtschaftspolitischen Steuerung sowie mit der Annahme des einheitlichen Aufsichtsmechanismus und der neuen Regeln für die Sanierung und Abwicklung sowie die Einlagensicherung beginnen.
Einige andere wichtige Fragen wie die Koordinierung nationaler Reformen, die soziale Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion, die Durchführbarkeit und Modalitäten von gegenseitigen vereinbarten Verträgen, für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum, Solidaritätsmechanismen sowie Maßnahmen zur Förderung und Vertiefung des Binnenmarktes werden beim nächsten Rat im Juni eingehend geprüft werden.
Der Rat hat sich auch über das europäische Semester 2013 auf Grundlage des Jahreswachstumsberichtes der Kommission unterhalten und hat beschlossen, dass die Weiterentwicklung der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU einzuleiten ist.
Kurz zum Stabilitäts- und Wachstumspakt. Dieser ist weiterhin nicht abgeschlossen. Nach der Annahme des sogenannten Sixpack im vergangenen Jahr wurde die Umsetzung des Fiskalpaktes und die Annahme des sogenannten Twopack im Rat beschlossen. Deshalb ist es auch wichtig, die Implementierung dieser Maßnahmenpakete zu vollenden.
Ich möchte auch noch kurz auf den Beschäftigungspakt für Jugendliche eingehen. Darüber haben auch schon Kollege Klug und auch Kollegin Mühlwerth erfreulicher- und
richtigerweise gesprochen. Die Krise hat seit 2008 besondere Auswirkungen auch auf die Jugendbeschäftigung, und das ist ein großes Drama und Desaster innerhalb der EU. Die Jugendarbeitslosenrate lag etwa bei 22,7 Prozent im dritten Quartal und ist somit doppelt so hoch wie die Erwachsenenarbeitslosenrate.
Wir haben gehört, dass in manchen Ländern wie Spanien und auch Griechenland die Arbeitslosenrate der Jugendlichen über 50 Prozent beträgt. Das heißt, wir verlieren auch eine ganze Generation von Jugendlichen, die ohne Arbeit und Beschäftigung sind. Das hat natürlich negative Effekte, und zwar vermittelt dieses höhere Risiko betreffend Arbeitslosigkeit Exklusion, Armut und Gesundheitsprobleme. Wenn Jugendliche zuerst keine Arbeit und dann doch Arbeit finden, dann häufig sehr kurzfristig: 42 Prozent der jungen Beschäftigten arbeiten in temporären Anstellungen. Frühschulabgänger sind eine Hochrisikogruppe, 54 Prozent davon finden keine Beschäftigung.
Es ist also wichtig – und da unterstreiche ich auch das, was der Kollege Schennach und der Herr Bundeskanzler gesagt haben –, dass wir jeden Euro, den wir auftreiben können, in zusätzliche Beschäftigung für Jugendliche investieren. Das ist gut angelegtes Geld, denn Österreich steht im Rahmen der Jugendbeschäftigung und der Beschäftigung generell gut da.
Kollege Klug hat ja den Herrn Bundeskanzler so sehr gelobt – das bringe ich natürlich in dieser Dimension nicht zusammen. (Bundesrat Mag. Klug: Probier es einmal!) Ich beziehe es nicht nur auf den Bundeskanzler, sondern auf die Regierung: Die österreichische Bundesregierung hat da hervorragende Arbeit geleistet. Das gilt es oft zu unterstreichen, und unser duales Lehrlingsausbildungssystem ist in der Wachstumsstrategie „Europa 2020“ auch als Best-Practice-Modell angeführt. Das gilt es, immer wieder zu unterstreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
Abschließender letzter Satz. Herr Bundeskanzler, die Forderung von Eurobonds teile ich nicht, denn ich denke, mit einer raschen Schuldenvergemeinschaftung bekommen wir ja auch noch mehr Druck, und ich denke betreffend diese Vergemeinschaftung der Schulden, da müssten wir zuerst andere Instrumente finden. Es muss mehr Kontrolle aufgebaut werden, und dann wird man auch in irgendeiner Form einmal darüber reden können.
Wir haben Konsolidierungspakete bis 2016, wir haben unser Budget in Ordnung gebracht, ich würde deshalb also nicht raten, dass wir dem österreichischen Steuerzahler hier noch mehr zumuten – ohne dass ich da das berühmte alemannische Herzflimmern bekomme, wenn ich an mehr Schulden denke. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
10.21
Präsident Georg Keuschnigg: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Krusche zu Wort gemeldet. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug: Na ja, schauen wir, ob es etwas genutzt hat! – Bundesrat Krusche – auf dem Weg zum Rednerpult –: Du wirst mir nicht helfen!)
10.21
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Liebe Kollegen! Zuseher zu Hause! Dieses heutige Thema ist ja geradezu auf Sie zugeschnitten. Es ist so ein „Wasch-mir-den-Pelz-aber-mach-mich-nicht-nass“-Thema. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.) Und es ist auch aus folgendem Grund auf Sie zugeschnitten: Nicht, weil Sie so ein großartiger EU-Politiker sind, sondern weil es sich bestens dazu eignet, Plattitüden und hohle Phrasen zu verbreiten (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) und sich hinter der EU zu verstecken. (Bundesrat Mag. Klug: Anständig bleiben!)
Herr Bundeskanzler! Bezeichnend war ja, dass das Einzige – das Einzige! –, wo Sie offensichtlich Emotionen zeigen, die Ausgrenzung der FPÖ ist. Und da muss ich schon fragen (Beifall bei der FPÖ – Zwischenrufe bei der SPÖ): Ist das Ihre europäische Perspektive, sind das die nächsten Schritte (Bundesrat Schreuder: Sie haben nichts verstanden, nichts! – Bundesrat Mag. Klug: Nichts verstanden!), dass jene, die nicht mit Ihnen einer Meinung sind, dass jene, die Kritik – und zwar berechtigte Kritik! – aufs Tapet bringen, ausgegrenzt werden? – Na dann gute Nacht, EU, wenn das die Zukunftspolitik sein sollte! – Das ist ein undemokratisches Verhalten.
Wir stellen uns vor, dass die nächsten Schritte in der EU auch Schritte in Richtung mehr direkte Demokratie und eben nicht Ausgrenzung – noch dazu mit falschen Argumenten – sind. Sie sprechen von einer aggressiven Anti-EU-Politik. Wir haben uns immer zu dieser Europäischen Union bekannt (ironische Heiterkeit bei der ÖVP – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder), aber wir kritisieren die derzeitige Form und den Weg, wie sich diese Europäische Union weiterentwickelt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Das ist jetzt ganz etwas Neues!)
Auch die anderen Redner haben eigentlich meine Erwartungen erfüllt, nämlich vonseiten der SPÖ eine Lobhudelei über die EU und die eigene, Ihre Arbeit in der EU. Sie haben sich sogar dazu aufgerafft, sich hier plötzlich als Landwirtschaftsexperte zu betätigen (Bundesrat Mag. Klug: Das stimmt nicht! Sie haben nicht zugehört!), und die 300 Millionen für die Bauern, Herr Klug, wurden als großer Erfolg gefeiert. (Bundesrat Mag. Klug: In der ersten Säule 700!) – Ja, für den ländlichen Raum.
Ich sage, das könnten die Salzburger locker alleine bezahlen, wenn sie nicht 340 Millionen verzockt hätten! Da bräuchten wir gar keine EU dazu! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Mag. Kurz: Das werden wir erst einmal sehen, was da übrig bleibt!)
Der soziale Friede ist zwar schon von sehr vielen Rednern angesprochen worden und es ist hier auch mit Allgemeinplätzen reagiert worden. – Man muss etwas gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit tun. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Das ist eine Zeitbombe! Aber nicht nur das, es gibt auch noch andere Zeitbomben, die von niemandem – von niemandem! – angesprochen worden sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Das ist nämlich die hemmungslose Zuwanderung in diese EU – Thema Frontex. Dazu, wie das gestärkt werden kann, wie verhindert werden kann, dass diese soziale Zeitbombe Zuwanderung immer schärfer wird und schlussendlich auch platzt, hat niemand etwas gesagt. (Zwischenruf des Bundesrates Füller.)
Und deshalb glaube ich – ohne dass ich mir Provinzialismus vorwerfen lasse (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug) –, wir sollten zuerst einmal die Hausaufgaben im eigenen Land machen (Bundesrätin Mag. Kurz: In Kärnten zum Beispiel! – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) – sprich: Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Kaufkraft und eine entsprechende Bildungspolitik, die jetzt am besten Weg dorthin ist, dass die letzten guten Dinge, die es bei uns gibt, auf dem Altar der Ideologie geopfert werden (Bundesrätin Mag. Kurz: Na bitte, was ist denn das für eine Diktion hier?) und eigentlich das Prinzip, dass Bildung in erster Linie fit für den Job machen soll, vernachlässigt wird.
Und betreffend die groß gefeierte Bankenaufsicht, die auch Sie sich auf Ihre Fahnen heften, bin ich neugierig, was dabei herauskommt. Hier gibt es einen großen Konflikt in der Umsetzung, denn wie der Spagat dieser Trennung zwischen Geldpolitik auf der einen Seite und Aufsicht auf der anderen Seite, wahrgenommen durch die EZB, gelöst werden soll, ohne dass es zu langwierigen Vertragsänderungen in der EU kommt, das kann uns noch keiner sagen.
Eigentlich bin ich grundsätzlich von den nächsten Schritten für ein gemeinsames Europa und zur Bekämpfung der Lösung (Bundesrätin Mag. Kurz: „Bekämpfung der Lösung“? Das gibt es überhaupt nicht!), die Sie hier getan haben, enttäuscht. Ich habe
diesbezüglich nichts gehört. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mag. Klug – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Bundesrat Krusche –: Frohe Weihnachten!)
10.27
Präsident Georg Keuschnigg: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme ist Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. – Bitte.
10.27
Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Kollege! Weil Sie das Wort „undemokratisch“ verwendet haben ... (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) – Nein, nein, ich setzte mich mit allem, was mir zur Verfügung steht, dafür ein, dass Sie Ihre Meinung genauso sagen dürfen wie ich die meine, dass Sie dasselbe Recht dazu haben, aber gegen antieuropäische Hetze werde ich mich immer deutlich zur Wehr setzen. Das ist Teil der Demokratie, Herr Kollege. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: ... bezeichnen alles, was Ihnen nicht passt, als Hetze!)
Ich wollte gerne noch etwas zu Vorarlberg sagen, weil ich ja auch oft in Vorarlberg bin und viele Vorarlberger Betriebe kenne. Vorarlberg ist auch ein Beispiel dafür, dass viele Industriebetriebe in der ganzen Welt aktiv sind, aber ausgehend vom Standort Europa. Ich bin ja einmal im Jahr bei den größten Leitbetrieben in Vorarlberg, und tatsächlich hat der Westen Österreichs gerade für die duale Ausbildung einen besonderen Stellenwert: Sogar stärker als in großen Teilen des Ostens Österreichs ist die duale Ausbildung für die Lehrlinge und die Facharbeiterausbildung auch in der Bevölkerung sehr hoch anerkannt. Also das ist durchaus ein gutes Beispiel dafür, dass wir diese duale Ausbildung, die wir in ganz Europa bräuchten, hier in Österreich als Vorbild zeigen können.
Wir können also nicht nur in die Europäische Union gehen und sagen, was alles getan werden müsste, sondern wir können sagen: Seht her, was wir jungen Leuten mit der Ausbildungsgarantie ermöglichen! Aber die Ausbildungsgarantie mit einer überbetrieblichen Lehrwerkstatt ist eine Ergänzung zum eigentlichen Ziel, nämlich dass junge Leute im Betrieb ausgebildet werden. Das ist ein Beispiel für Europa, und da bin ich halt stolz als österreichischer Bundeskanzler, dass wir solch vorbildliche Betriebe in Österreich haben und wir darauf verweisen können.
So hat zum Beispiel der Premierminister Irlands – Irland hat die nächste Präsidentschaft – seine Rede im Europäischen Rat begonnen mit:
Ein Vorbild für mich ist Österreich, wo 16-Jährige nicht auf der Straße stehen, weil sie jederzeit einen Ausbildungsplatz bekommen können.
Seien wir stolz auf die Stärken unseres Landes! Sagen wir, dass wir viel gemeinsam zu tun haben! Seien wir stolz auf das gute und friedliche Zusammenleben in Europa, wo wir besonders viele Schwachstellen beheben müssen – von der Steuereinhebung bis zur Rechtsstaatlichkeit, von der Betrugsbekämpfung bis zu vielen, vielen anderen Punkten –, aber gehen wir es mit Engagement an!
In diesem Sinne bedanke ich mich für die Diskussion. Ich wünsche Ihnen persönlich schöne Weihnachtsfeiertage und alles Gute im Neuen Jahr! (Allgemeiner Beifall.)
10.29
Präsident Georg Keuschnigg: Herr Bundeskanzler, herzlichen Dank, dass Sie in der Aktuellen Stunde hier waren.
Auch ich darf Ihnen – im Namen aller Mitglieder des Bundesrates – frohe Weihnachten, gesegnete Weihnachten, einen guten Rutsch ins Neue Jahr, Gesundheit und Wohlergehen wünschen. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Einlauf und Zuweisungen
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz (den Vorsitz übernehmend): Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2707/AB bis 2715/AB beziehungsweise
jener Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend
die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit Turkmenistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen sowie
die Aufnahme von Verhandlungen über ein Amtssitzabkommen mit der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und
jenes Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich am 20. Dezember 2012 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bei gleichzeitiger Wahrnehmung seiner Angelegenheiten im Bundesrat gemäß Artikel 73 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz im Bundesrat durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle sowie
des Schreibens der Frau
Nationalratspräsidentin, mit dem der Beschluss betreffend Geschäftsordnung
des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des
Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 vom
5. Dezem-
ber 2012, mit gleichzeitigem Ersuchen um Weiterleitung an das Bundeskanzleramt
zur Kundmachung im Bundesgesetzblatt, übermittelt wird,
verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:
Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 18)
*****
Beschluss des ständigen gemeinsamen Ausschusses, Weiterleitung an das Bundeskanzleramt zur Kundmachung im Bundesgesetzblatt gemäß § 9 Abs. 9 F-VG 1948:
Beschluss des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 vom 5. Dezember 2012 betreffend Geschäftsordnung des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948
„REPUBLIK ÖSTERREICH
Nationalrat
Mag. Barbara Prammer Die Präsidentin
Wien, 2012 12 17
An den
Herrn Präsidenten des Bundesrates
Ich beehre mich, in der Anlage den Beschluss des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 vom 05. Dezember 2012 betreffend
Geschäftsordnung des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948
zu übermitteln, und darf damit das Ersuchen verbinden, diesen Beschluss an das Bundeskanzleramt zur Kundmachung im Bundesgesetzblatt gemäß § 9 Abs. 9 F-VG 1948 weiterzuleiten.
Die Präsidentin des Nationalrates
Anlage
(2-fach)
Dr. Karl Renner-Ring 3
A-1017 Wien, Parlament
Tel. +43 1 401 10-2201
Fax+43 1 401 10-2309
barbara.prammer@parlament.gv.at
DVR: 0050369“
„Geschäftsordnung des ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948“
Inhaltsverzeichnis:
§ 1 Zusammensetzung
§ 2 Pflichten der Ausschussmitglieder
§ 3 Erlöschen des Ausschussmandates
§ 4 Neuwahl von Mitgliedern oder des Ausschusses
§ 5 Wahl des Vorsitzes und Vorsitzführung
§ 6 Wahl der Vorsitzendenstellvertreter und Schriftführer
§ 7 Aufgaben des Vorsitzes
§ 8 Aufgaben der Schriftführer
§ 9 Einberufung und Konstituierung des Ausschusses
§ 10 Beschlusserfordemisse
§ 11 Verhandlungsgegenstand
§ 12 Teilnahmerecht und Vertraulichkeit
§ 13 Teilnahme der Mitglieder der Bundesregierung und Landesregierungen § 14 Sachverständige und Auskunftspersonen § 15 Entscheidungsfrist § 16 Vertretung nach außen
§ 17 Anwendungsbereich der Geschäftsordnung des Nationalrates
§ 18 Änderung der Geschäftsordnung
§ 19 Kundmachung sowie In-Kraft-Treten
Zusammensetzung
§ 1. Der Ausschuss besteht aus 26 Mitgliedern, von denen je die Hälfte vom Nationalrat und vom Bundesrat nach den für die Wahl von Ausschüssen nach ihrer Geschäftsordnung geltenden Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt wird. Für jedes Mitglied des Ausschusses wird in gleicher Art ein Ersatzmitglied gewählt. Der Bundesrat muss aus jedem Land ein Mitglied und ein Ersatzmitglied entsenden. (§ 9 Abs. 6 F-VG 1948 idF BGBl. I Nr. 51/2012)
Pflichten der Ausschussmitglieder
§ 2. Die Ausschussmitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen und Arbeiten des Ausschusses teilzunehmen.
Erlöschen des Ausschussmandates
§ 3. Das Ausschussmandat erlischt, wenn das Mitglied es zurücklegt, aus der Körperschaft, die es entsendet hat, ausscheidet oder von ihr abberufen wird.
Neuwahl von Mitgliedern oder des Ausschusses
§ 4. (1) Scheidet ein Mitglied aus dem Ausschuss aus, so ist von der das Mitglied entsendenden Körperschaft ein neues Mitglied nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu wählen und in den Ausschuss zu entsenden.
(2) Wenn jedoch die Hälfte oder mehr als die Hälfte aller vom Nationalrat und Bundesrat gewählten Mitglieder ausscheiden, ist eine Neuwahl des genannten Ausschusses durchzufuhren.
Wahl des Vorsitzes und Vorsitzführung
§ 5. (1) Die vom Nationalrat und die vom Bundesrat gewählten Mitglieder wählen je einen Vorsitzenden, die abwechselnd den Vorsitz führen. (§ 9 Abs. 6 F-VG 1948 idF BGBl. 1 Nr. 51/2012).
Der Wechsel im Vorsitz vollzieht sich halbjährlich. Das erste Halbjahr führt der vom Nationalrat gewählte Vorsitzende den Vorsitz.
Im Fall einer vorübergehenden Verhinderung vertreten sich die beiden Vorsitzenden gegenseitig.
Sind beide Vorsitzende verhindert an der Sitzung teilzunehmen, führt einer der vom Ausschuss zu wählenden zwei Vorsitzendenstellvertreter den Vorsitz. Sind auch diese verhindert, übernimmt das älteste Mitglied des Ausschusses den Vorsitz.
Wahl der Vorsitzendenstellvertreter und Schriftführer
§ 6. Der Ausschuss wählt aus seiner Mitte nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zwei Vorsitzendenstellvertreter und zwei Schriftführer, von denen je einer den vom Nationalrat und den vom Bundesrat entsandten Mitgliedern angehören muss. Die Vorsitzendenstellvertreter sind nur zur Vertretung des Vorsitzenden bei der Führung der Sitzung befugt.
Aufgaben des Vorsitzes
§ 7. Der Vorsitzende wacht darüber, dass die dem Ausschuss obliegenden Aufgaben fristgerecht erfüllt und Verhandlungen unter Vermeidung jedes unnötigen Aufschubes durchgeführt werden. Er handhabt die Geschäftsordnung.
Aufgaben der Schriftführer
§ 8. Die Schriftführer haben den Vorsitzenden bei der Erfüllung seiner Obliegenheiten, insbesondere bei Ermittlung der Ergebnisse bei den Abstimmungen, zu unterstützen. Die Protokollfiihrung wird durch Bedienstete der Parlamentsdirektion besorgt; die Ausschüsse können beschließen, einen Schriftführer mit der Führung des Protokolls zu betrauen.
Einberufung und Konstituierung des Ausschusses
§ 9. (1) Der Vorsitzende hat nach Einlangen eines Einspruches der Bundesregierung nach § 9 Abs. 5 F-VG 1948 den Ausschuss innerhalb einer Woche zu einer Sitzung einzuberufen (§ 9 Abs. 7 F-VG 1948).
(2) Nach Ablauf dieser Frist obliegt die Einberufung zu dieser, aber auch zu allen weiteren Sitzungen dem Präsidenten des Nationalrates (§ 9 Abs. 7 F-VG 1948). Für die Sitzungen betraut der Präsident in solchen Fällen einen der gewählten Vorsitzenden bzw. Stellvertreter mit dem Vorsitz. Dem Präsidenten des Nationalrates obliegt auch die erste Einberufung zum Zwecke der Konstituierung des Ausschusses.
Beschlusserfordernisse
§ 10. (1) Der Ausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Ist weniger als die Hälfte der Mitglieder anwesend, ist eine neuerliche Sitzung so einzuberufen, dass der Ausschuss innerhalb von zwei Wochen Zusammentritt. In diesem Fall ist der Ausschuss beschlussfähig, wenn mindestens neun Mitglieder anwesend sind.
(2) Der Ausschuss fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende stimmt mit. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.
Verhandlungsgegenstand
§11. Gegenstand der Verhandlungen des Ausschusses sind Einsprüche der Bundesregierung gegen einen wiederholten Beschluss eines Landtages im Sinne des § 9 F-VG 1948.
Teilnahmerecht und Vertraulichkeit
§ 12 (1) An den Sitzungen des Ausschusses können außer den gewählten Mitgliedern noch die Ersatzmitglieder als Zuhörer teilnehmen. Der Ausschuss kann mit Stimmenmehrheit jedoch beschließen, dass auch andere Mitglieder des Nationalrates und Bundesrates als Zuhörer anwesend sein können. Der Präsident des Nationalrates sowie der Vorsitzende des Bundesrates sind jedenfalls berechtigt, den Verhandlungen mit beratender Stimme beizuwohnen.
(2). Der Ausschuss kann mit Stimmenmehrheit beschließen, dass und inwieweit seine Verhandlungen vertraulich sind.
Teilnahme der Mitglieder der Bundesregierung und Landesregierungen
§ 13. Die Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierungen sowie die von ihnen entsandten Vertreter sind berechtigt, an den Beratungen teilzunehmen. Sie müssen auf ihr Verlangen jedes Mal gehört werden. Der Ausschuss kann die Anwesenheit der Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierungen verlangen.
Sachverständige und Auskunftspersonen
§ 14. Der Ausschuss hat in sinngemäßer Anwendung des § 40 der Geschäftsordnung des Nationalrates das Recht, durch den Präsidenten des Nationalrates Sachverständige oder andere Auskunftspersonen zur mündlichen oder schriftlichen Äußerung einzuladen.
Entscheidungsfrist
§ 15. Der Ausschuss hat seine Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach dem in § 9 Abs. 1 bezeichneten Tag zu treffen. Der Gesetzesbeschluss darf nur kundgemacht werden, wenn der Ausschuss nicht innerhalb dieser Frist entscheidet, dass der Einspruch der Bundesregierung aufrecht bleibt. (§ 9 Abs. 10 F-VG 1948 idF BGBl. I Nr. 51/2012)
Vertretung nach außen
§ 16. (1) Die Vertretung des Ausschusses nach außen obliegt dem Präsidenten des Nationalrates.
(2) Der Ausschuss bedient sich bei der Durchführung seiner Aufgaben der Parlamentsdirektion.
Anwendungsbereich der Geschäftsordnung des Nationalrates
§ 17. In allen Fällen, die durch
die vorstehende Geschäftsordnung nicht geregelt sind, sind die für
die Ausschüsse des Nationalrates geltenden Bestimmungen des Bundesgesetzes
über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsge-
setz 1975) in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden.
Änderung der Geschäftsordnung
§ 18. Eine Änderung dieser Geschäftsordnung kann nur in Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Ausschusses mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.
Kundmachung sowie In-Kraft-Treten
§ 19. Die Kundmachung dieser Geschäftsordnung und ihrer Änderungen erfolgt durch den Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt. Diese Geschäftsordnung tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“
*****
Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:
„Der Generalsekretär
für auswärtige Angelegenheiten
Dr. Johannes Kyrle
Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Georg KEUSCHNIGG 22. November 2012
Parlament, Karl Renner Ring 1-3
1017 WIEN GZ: BMeiA-TM.8.33.02/0001-I.2a/2012
Sehr geehrter Herr Präsident!
Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom
13. November 2012 (Pkt. 9 des Beschl.Prot. Nr. 165) der Herr Bundespräsident am 16. November 2012 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Turkmenistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.
Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.
Mit meinen besten Grüßen
Beilage“
„Bundesministerium für europäische
und internationale Angelegenheiten
BMeiA-TM.3.19.25/0005-Ill.3a/2012
Abkommen zwischen der Republik Österreich
und Turkmenistan über die Förderung
und den Schutz von Investitionen;
Verhandlungen
Vortrag an den Ministerrat
Österreich ist bestrebt, Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen mit anderen Staaten abzuschließen. Ziel dieser Abkommen ist es vor allem, österreichische Firmen bei ihren Investitionsbemühungen im Ausland zu unterstützen und günstige Voraussetzungen für die Bewältigung der dabei allenfalls entstehenden Risiken herzustellen. Bei diesen Verhandlungen ist aber auch auf die Möglichkeit, dass Investitionen in umgekehrter Richtung getätigt werden, Bedacht zu nehmen.
Neben den wirtschaftlichen Aspekten sind ausländische Direktinvestitionen aber auch für die Entwicklungszusammenarbeit von Bedeutung, weil sie Entwicklungs- und Schwellenländer an das Weltwirtschaftssystem heranführen und die Grundlage für eine sinnvolle Einbindung des privaten Sektors schaffen. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon ist die Zuständigkeit zum Abschluss von Abkommen über Direktinvestitionen auf die EU übergegangen. Art. 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) schuf per 1. Dezember 2009 eine neue Unionskompetenz für ausländische Direktinvestitionen. Es ist jedoch den EU- Mitgliedstaaten weiter möglich - sofern es kein entsprechendes Abkommen auf EU Ebene gibt - bilaterale Investitionsschutzabkommen abzuschließen. Es gilt daher für Österreich, den derzeitigen Vertragsbestand zu bereinigen und Verhandlungsprozesse abzuschließen, beziehungsweise Neuverhandlungen dort zu beginnen, wo eine Vertiefung der in wechselseitigem Interesse gelegenen bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ebenso wie die Verfolgung konkreter Anliegen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit geboten erscheint.
Turkmenistan befindet sich auf der interministeriellen und unter Miteinbeziehung der Sozialpartner akkordierten Liste von Staaten, mit welchen bevorzugt Verhandlungen über ein neues Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen aufzunehmen wären. Derzeit gibt es mit Turkmenistan eine pragmatische Weiteranwendung des alten Investitionsschutz-Abkommens mit der vormaligen UdSSR.
Am 1. Dezember 2011 fand eine Konsultationsrunde auf Expertenebene für ein neues bilaterales Abkommen in Wien statt. Es ist vorgesehen, Verhandlungen noch vor Ende 2012 in Ashgabat aufzunehmen.
Der österreichischen Verhandlungsdelegation werden Vertreter des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundesministeriums für
Wirtschaft, Familie und Jugend, des Bundesministeriums für Finanzen und der Wirtschaftskammer Österreich angehören.
Die mit der Entsendung der Mitglieder der Verhandlungsdelegation verbundenen Kosten werden vom jeweiligen Ressort getragen und finden im Ausgabenrahmen des Bundesfinanzrahmengesetzes ihre Bedeckung. Ebenso werden die finanziellen Auswirkungen des abzuschließenden Abkommens vom jeweils zuständigen Ressort innerhalb der zur Verfügung stehenden Mittel bedeckt.
Das geplante Abkommen wird gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend sein und daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 B-VG bedürfen.
Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.
Im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Finanzen und dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend stelle ich den
Antrag,
die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, Gesandten Dr. Michael Postl und im Falle seiner Verhinderung Gesandten Mag. Marian Wrba zur Leitung der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Turkmenistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen zu bevollmächtigen.
Wien, am 7. November 2012
SPINDELEGGER m.p.“
*****
„Der Generalsekretär
für auswärtige Angelegenheiten
Dr. Johannes Kyrle
Herrn
Präsidenten des Bundesrates
Georg KEUSCHNIGG 05. Dezember 2012
Parlament, Karl Renner Ring 1-3
1017 WIEN GZ: BMeiA-EU.8.33.02/0023-I.2a/2012
Sehr geehrter Herr Präsident!
Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 20. November 2012 (Pkt. 8 des Beschl.Prot. Nr. 166) der Herr Bundespräsident am 22. November 2012 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.
Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.
Mit meinen besten Grüßen
Beilage“
„Bundesministerium für europäische
und internationale Angelegenheiten
BMeiA-EU.8.19.12/0014-I.2/2012
Amtssitzabkommen zwischen der Republik
Österreich und der Europäischen Agentur für das
Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts;
Verhandlungen
Vortrag an den Ministerrat
Die Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (im weiteren: IT-Agentur) legt als Sitz der IT-Agentur Tallin (Estland) fest. Gleichzeitig wird gemäß Art. 10 Abs. 4 ein Back-up-System, das den Betrieb eines IT-Großsystems beim Ausfall eines solchen Systems sicherstellen kann, in Sankt Johann im Pongau eingerichtet. Die IT-Agentur wird ihre Tätigkeit am 1. Dezember 2012 aufnehmen.
Für die Back-up Stelle der IT-Agentur in St. Johann im Pongau ist nun ein Amtssitzabkommen zu schließen. Gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung kann die IT- Agentur Abkommen über ihren Sitz und die Back-up Standorte selbst schließen. In Art. 22 der Verordnung ist der Abschluss von Sitzabkommen vorgesehen.
Inhaltlich soll sich dieses Abkommen an den
Abkommen mit ähnlichen internationalen Organisationen orientieren. Es wird
insofern von den sonstigen österreichischen Amtssitzabkommen
abweichen, als auf EU-Agenturen bereits das Protokoll über die Vorrechte
und Befreiungen der Europäischen Union (ABI. Nr. C 326 vom 26.10.2012, S. 266)
und die Durchführungsmodalitäten zum Protokoll über die
Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften zwischen
der österreichischen Bundesregierung und der Kommission der
Europäischen Gemeinschaften (BGBl. III Nr. 24/2000) anzuwenden sind
und das zu verhandelnde Amtssitzabkommen nur ergänzende Regelungen
enthalten wird (vergleichbar dem Amtssitzabkommen zwischen der Repu-
blik Österreich und der Agentur der Europäischen Union für
Grundrechte, BGBl. III
Nr. 10/2011).
Das Abkommen wird daher voraussichtlich Regelungen über den Amtssitzbereich, Abgaben und Gebühren für Rechtsgeschäfte, Einreise und Aufenthalt, Hilfe und Zusammenarbeit im Falle des teilweisen oder vollständigen Ausfalls des Zentralsystems, Sicherheit, Fernmeldeverkehr und öffentliche Leistungen im Amtssitzbereich enthalten. In der Ausgestaltung der Bestimmungen wird berücksichtigt werden, dass sich die Back-up-Stelle auf militärischem Gebiet befinden wird.
Für die Verhandlungen über das Abkommen wird die nachstehende österreichische Delegation in Aussicht genommen:
Gesandter MMag. Gregor Schusterschitz Bundesministerium für europäische und
Delegationsleiter internationale Angelegenheiten
Botschafter Dr. Erwin Kubesch Bundesministerium für europäische und
internationale Angelegenheiten
LR MMag. Ulrike Köhler Bundesministerium für europäische und
internationale Angelegenheiten
Der Delegation werden die erforderlichen Berater aus dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport beigezogen werden.
Die mit der Verhandlung dieses Abkommens verbundenen Kosten finden ihre Bedeckung in den Budgetansätzen des entsendenden Ressorts. Das künftige Abkommen wird voraussichtlich keine finanziellen Auswirkungen haben; sofern es dennoch zu solchen kommen sollte, werden sie aus den dem jeweils zuständigen Ressort zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt. Finanzielle Aspekte der Unterbringung und allenfalls erforderlicher Dienstleistungen werden in einer separaten Vereinbarung des Bundeskanzleramts mit der IT-Agentur zu einem späteren Zeitpunkt geregelt
Das Abkommen wird gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter haben und daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat unterliegen.
Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Aufnahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.
Im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, der Bundesministerin für Inneres und dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport stelle ich daher den
Antrag,
die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, die Mitglieder der österreichischen Delegation in der oben angeführten Zusammensetzung zu Verhandlungen über ein Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu bevollmächtigen.
Wien, am 14. November 2012
SPINDELEGGER m.p.“
*****
Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:
„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH
Mag. Stephan LEITNER
MINISTERRATSDIENST Geschäftszahl: 350.200/0155-I/4/12
Abteilungsmail:
An den Sachbearbeiterin: Martina KASTLER
Präsidenten des Bundesrates Pers. eMail: martina.kastler@bka.gv.at
Telefon: 01/531 15 20/2264
Parlament
1017 Wien Datum: 5. Dezember 2012
Sehr geehrter Herr Präsident!
Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.Ing. Nikolaus BERLAKOVICH am 10. Dezember, 17. Dezember und 20. Dezember 2012 in Brüssel aufhalten wird. Seine Angelegenheiten im Bundesrat gemäß Art. 73 Abs. 3 B-VG lässt er am 20. Dezember 2012 durch Bundesminister Dr. Karlheinz TÖCHTERLE wahrnehmen.
Mit freundlichen Grüßen“
*****
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weiters gebe ich bekannt, dass das Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos am 19. und 20. Dezember 2012 im Libanon bei gleichzeitiger Beauftragung der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek mit seiner Vertretung eingelangt ist.
Ergänzung der Tagesordnung und
Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist
Vizepräsidentin
Mag. Susanne Kurz: Ich
schlage vor, die Tagesordnung gemäß
§ 41 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates um das
Vorhaben im Rahmen
der Europäischen Union gemäß Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz
betreffend KOM (2011) 897 endgültiger Vorschlag für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die
Konzessionsvergabe zu ergänzen.
Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Vorschlag ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Ich werde daher die Tagesordnung um das genannte Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union ergänzen und als 6. Tagesordnungspunkt in Verhandlung nehmen. Dadurch werden die nachfolgenden Tagesordnungspunkte umgereiht.
*****
Weiters schlage ich vor, hinsichtlich des Ausschussberichtes 8881/BR d.B. über das Vorhaben über die Konzessionsvergabe gemäß § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates von der 24-stündigen Aufliegefrist abzusehen.
Hiezu ist ebenfalls eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Vorschlag, von der 24-stündigen Aufliegefrist für den gegenständlichen Ausschussbericht Abstand zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. – Ich höre, es war doch einstimmig, wiewohl ich es so nicht gesehen habe.
*****
Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.
Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände und das Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz betreffend die Konzessionsvergabe sowie die Wahl der beiden VizepräsidentInnen, der SchriftführerInnen und der OrdnerInnen für das erste Halbjahr 2013 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.
Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Behandlung der Tagesordnung
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 3, 10 und 11, 15 und 16, 29 bis 34, 35 bis 37 sowie 48 und 49 jeweils unter einem durchzuführen.
Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.
Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, begrüße ich den Herrn Staatssekretär bei uns im Bundesrat sehr herzlich. Herzlich willkommen, Herr Dr. Ostermayer!
Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.
Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012
betreffend ein Bundesge-
setz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz
– BVwGG) (2008 d.B. und 2057 d.B. sowie 8829/BR d.B. und
8833/BR d.B.)
2. Punkt
Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2011 (III-475-BR/2012 d.B. sowie 8834/BR d.B.)
3. Punkt
Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2011 (III-476-BR/2012 d.B. sowie 8835/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatter zu den Punkten 1 bis 3 ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. Bitte um die Berichte.
Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2011.
Auch hier liegt der Bericht in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlagen am 18. Dezember 2012 den Antrag, die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichthofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2011 zur Kenntnis zu nehmen.
Zum dritten Ausschussbericht, jenem des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2011.
Auch hier liegt der Bericht in schriftlicher Form vor und ich darf gleich zur Antragstellung kommen.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 den Antrag, den Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2011 zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.
10.37
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Zu diesen drei Tagesordnungspunkten, die wir unter einem debattieren, gleich eines vorweg: Den ersten beiden werden wir unsere Zustimmung erteilen; ich werde mich daher in meinem Beitrag dem Bericht des Asylgerichtshofes, dem wir nicht zustimmen werden, widmen.
Das Erste, das einem auffällt, wenn man den Bericht anschaut, ist gleich auf der ersten Seite, dass 24 Prozent der erstinstanzlichen Entscheidungen durch den Asylgerichtshof aufgehoben wurden. Schaut man bei den Berichten aus den Vorjahren, stellt man fest, dass das 2010 17 Prozent waren und 2009 19 Prozent. 2008, wo das höher war, ist vielleicht nicht repräsentativ, weil das nur ein Rumpfhalbjahr war, wo ja erst mit 1. Juli dieser Asylgerichtshof tätig geworden ist.
Ich hätte eigentlich eher erwartet, dass diese Zahl der Aufhebung erstinstanzlicher Urteile zurückgeht – vielleicht in der Annahme, dass die Bundesasylsenate eigentlich dann die Rechtsprechung kennenlernen und das zu einer Verminderung führen wird. Dem ist nicht so, und leider gibt es auch keine Aussage dazu, warum das so ist.
Es wäre daher für zukünftige Berichte durchaus anzuregen, dass man statistisches Material, Vergleichsgrafiken mit den Vorjahren beilegt, dass man also erkennen kann, ob es da einen Trend gibt, ob es da eine Tendenz gibt – das zumindest bei den wichtigsten Punkten und Daten. So ist die Arbeit relativ mühsam, weil eine Bewertung, ein Vergleich mit den Vorjahren, nicht so einfach ist.
Weiters wäre es natürlich sehr hilfreich, wenn sich dieser Bericht über rein statistische Zahlen – wie viele Verfahren abgewickelt wurden, wie viele abgelehnt wurden, welche Entscheidungen getroffen wurden – hinaus auch etwas mehr mit den Inhalten beschäftigen würde, sprich also: Aussagen darüber trifft, warum beispielsweise erstinstanzliche Beschlüsse aufgehoben wurden.
Man würde sehen, ob es da eine Häufung gibt, wie die Entwicklung ist. Und dann könnte man vielleicht die Frage beantworten, warum die Anerkennungsrate von Flüchtlingen, von Asylwerbern in Österreich über dem EU-Durchschnitt liegt. Sind es die bestehenden Gesetze, ist es die Rechtsprechungspraxis? Diese Berichte sollten ja nicht nur für die Ablage dienen und schönes statistisches Material bieten – von den 30 Seiten machen 15 Seiten die Statistiken aus, und auf den restlichen 15 Seiten stehen Mitarbeiterschulungen und sonst etwas, das besucht wurde.
Ich glaube, dass eine solch vertiefte Berichterstattung zu Entscheidungen des Asylgerichtshofes und zum Asylwesen durchaus angebracht und notwendig wäre, schließlich
sagt auch Eurostat, dass wir in der Europäischen Union an sechster Stelle sind, was die Asylwerber betrifft – auf die Einwohnerzahl bezogen –, und das interessanterweise, obwohl wir keine EU-Außengrenze haben. Und die Anerkennungsrate liegt, wie gesagt, auch über dem Durchschnitt.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung erscheint gerade eine solch vertiefte Betrachtung sehr angebracht, denn schließlich hatten wir bis Oktober gegenüber dem Vorjahr – bei gleich langem Vergleichszeitraum – bei der Zahl der Asylwerber eine Steigerung von 23 Prozent und allein im Oktober des heurigen Jahren gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres eine Steigerung um 35 Prozent. Die Spitzenreiter der Herkunftsländer der Asylwerber sind auch da die üblichen: aus Afghanistan 3 497, Russland 2 542 (Bundesrat Konrad: Russland?) – die Russen sind zum überwiegenden Teil Tschetschenen –, Pakistan und Syrien, das natürlich eine stark steigende Tendenz aufweist, und zwar mit auch schon 752 Flüchtlingen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Anerkennungsrate bei den Syrern bei 81 Prozent liegt, bei den Afghanen auch noch bei immerhin 39 Prozent.
Es sei aber schon die Frage erlaubt: Kommen die alle mit dem Flugzeug zu uns? Was ist eigentlich mit dem Dublin-Abkommen? – Dazu findet man außer der Zahl, über wie viele entschieden wurde, in diesem Bericht nichts.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Situation in naher Zukunft bessern wird. Ich glaube, die derzeitige politische Lage im Nahen Osten, in Nordafrika verheißt nicht unbedingt etwas Gutes und lässt einen weiteren Anstieg erwarten. Daher sehe ich da dringenden Handlungsbedarf.
Nicht zuletzt spielt in diesem Zusammenhang – wir werden das ja heute wahrscheinlich noch bei der Diskussion um den Sicherheitsbericht hören – die Kriminalität eine sehr große Rolle. In den letzten fünf Jahren sind allein 40 000 Tatverdächtige Asylwerber gewesen. Und unter den kriminell gewordenen Asylwerbern waren wieder die Afghanen und Russen im Spitzenfeld, und gerade bei diesen haben wir eine sehr hohe Anerkennungsrate.
Ich möchte hier nicht über die Problematik der Unterbringung diskutieren, auch nicht über die Kosten, dazu haben wir noch bei einem anderen Tagesordnungspunkt Gelegenheit.
Meine Damen und Herren! Asyl bedeutet Schutz vor Verfolgung – und das Ganze auf Zeit. Aber dieser klassische Asylwerber, dessen Rechte wir in keiner Weise beschneiden wollen (Bundesrat Mag. Klug: Wer ist denn das?), hat mittlerweile in Österreich schon Seltenheitswert. Österreich ist ja ein Magnet für Wirtschaftsflüchtlinge geworden. Asyl ist mittlerweile schon gleichbedeutend mit Einwanderung in den Sozialstaat.
Man sollte klar sehen und erkennen, dass es auf der einen Seite Gutredner gibt, die all diese Probleme nicht wahrhaben wollen, und auf der anderen Seite das Empfinden der Öffentlichkeit, die öffentliche Meinung, wo schon die Gefahr besteht, dass auch jene Flüchtlinge, die wirklich Flüchtlinge sind, die den Asylantenstatus verdienen, sozusagen mit all jenen in einen Topf geworfen werden, die sich nicht so wohlverhalten in unserem Land, dass sie mit vorverurteilt werden.
Wenn man das Asylrecht stärken möchte, muss man ganz rigoros mit jenen Kräften verfahren, die eigentlich das Ganze konterkarieren, das heißt, man muss sie umgehend abschieben, darf ihnen keinen Asylstatus geben, denn die fügen der ganzen Idee des Asyls Schaden zu. (Beifall bei der FPÖ.)
Dieser Bericht sollte neben vielen anderen Berichten die nötigen Unterlagen dafür liefern, eine Beurteilung treffen zu können, die richtigen Maßnahmen für die Zukunft ableiten zu können, um das Problem Asyl zu lösen, aber das tut dieser Bericht leider
nicht. Deswegen können wir ihm in der vorliegenden Form nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
10.46
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.
10.46
Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich bei diesen drei zusammengefassten Tagesordnungspunkten für die sozialdemokratische Bundesratsfraktion mit einer allgemeinen Bemerkung einsteigen: Für die sozialdemokratische Bundesratsfraktion weise ich den politischen Unterton meines Vorredners von der FPÖ, der da lautete, wieder einmal einen Versuch zu starten, alle Asylwerber als Kriminelle hinzustellen (Bundesrätin Mühlwerth: Genau das hat er nicht getan!), auf das Schärfste zurück. (Bundesrätin Mühlwerth: Genau das Gegenteil hat er gesagt! – Bundesrätin Posch-Gruska: Na sicher hat er es getan! – Bundesrätin Mühlwerth: Genau das Gegenteil! Ist ja nicht zum ersten Mal! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit dem Bundesverwaltungsgerichtshof schaffen wir heute unter dem ersten Tagesordnungspunkt sozusagen einen weiteren Meilenstein einer Verwaltungsstrukturreform. Auf Basis des letzten getätigten Schrittes, nämlich der Installierung der neun Landesverwaltungsgerichtshöfe, setzen wir jetzt mit der Installierung des Bundesverwaltungsgerichtshofes einen weiteren Meilenstein. Wir setzen damit einen maßgeblichen Schritt im Bereich der größten Strukturreform der Zweiten Republik, auch wenn dies häufig unterbelichtet bleibt.
Keinesfalls möchte ich eine organisationsrechtliche Strukturreform mit einer materiell-rechtlichen verwechseln, wie das zum Teil mein Vorredner gemacht hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Bereich des Bundesverwaltungsgerichtshofes heute an sich recht unspektakuläre organisationsrechtliche Schritte zu beschließen – unspektakulär meines Erachtens allerdings deshalb, weil wir letztlich auf die hervorragende Arbeit, die seit der Installierung des Asylgerichtshofes getätigt wurde, aufbauen.
Ich sage in diesem Zusammenhang, wir bauen auf die Erfahrungswerte eines neuen Gerichtshofes auf, der mit Herrn Präsidenten Perl eine Erfolgsgeschichte darstellt. Ich sage in diesem Zusammenhang, Stichwort ISO-Zertifizierung, Personalsenate, modernste gerichtsorganisatorische Arbeitsabläufe im Innenverhältnis – alles Erfahrungswerte, die bei der Vorbereitung der Installierung des Bundesverwaltungsgerichtshofes natürlich sehr gerne herangezogen wurden und die letztlich bei der heutigen Beschlussfassung Beachtung finden.
Gestatten Sie mir zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3, also den Tätigkeitsberichten für das Jahr 2011 des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes auf der einen Seite und des Asylgerichtshofes auf der anderen Seite, kurz einige allgemeine Bemerkungen.
Ich danke im Namen der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion für die Erstellung und Übermittlung dieser Berichte. Es liegt im Wesentlichen an uns, die richtigen politischen Schlüsse daraus zu ziehen, und zwar im Bereich des Verwaltungsrechts, gegebenenfalls natürlich auch des Verfassungsrechts, aber natürlich auch die Schlüsse, ob wir damals, 2007, 2008, im Bereich des Asylgerichtshofes und des neuen Instanzenzuges tatsächlich die richtigen Schritte gesetzt haben.
Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang auch dafür – und das haben wir gerne gemeinschaftlich im Verfassungsausschuss diskutiert –, dass in bewährter Form die
Frau Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes Bierlein anwesend war, der Herr Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofes Thienel und auch der Herr Präsident des Asylgerichtshofes Perl, die uns alle drei mit hoher Kompetenz und einem Informationsgehalt, der seinesgleichen sucht, für Diskussionen zur Verfügung gestanden sind. Mein ausdrücklicher Dank gilt diesen drei Personen. Das hat zum wiederholten Male sehr gut funktioniert. Es liegt an den Bundesrätinnen und Bundesräten, diesen Informationspool auch in geeigneter Weise zu nutzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine der schönsten Eigenschaften der Politikerinnen und Politiker besteht darin, eine gewisse Erwartungshaltung zu erfüllen. Und diese Erwartungshaltung möchte ich sehr gerne erfüllen, nämlich wenn der eine oder andere Bundesrat erwartet hat, dass ich im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes zur durchschnittlichen Verfahrensdauer zwei Sätze sage.
Ich habe das schon im Ausschuss und auch in meiner kritischen Analyse zum Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2010 angemerkt, in der wir eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 23 Monaten zur Kenntnis nehmen mussten. Im Tätigkeitsbericht 2011 tritt deutlich zutage, dass auch in diesem Bereich Anstrengungen unternommen wurden, die doch beachtlich längere Verfahrensdauer zu verkürzen, der Schnitt liegt jetzt bei rund 20 Monaten. Ich verhehle nicht, dass man durch die verfassungsmäßigen, legistischen Maßnahmen im Sommer 2011 dem Verfassungsgerichtshof auch verfassungsrechtlich entgegengekommen ist, aber ich meine, dass die Schritte in die richtige Richtung gehen.
Setzen wir den Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes jenem des Verwaltungsgerichtshofes gegenüber und betrachten wir mit einem Auge die durchschnittliche Verfahrensdauer – ich möchte nicht, dass zwischen diesen beiden Gerichtshöfen ein sportlicher Wettbewerb entsteht –, so möchte ich doch in diesem Zusammenhang hervorheben, dass wir auch heute hier sehr wohlwollend zur Kenntnis nehmen – wir haben das auch schon im Ausschuss gemacht –, dass wir im Verfassungsgerichtshof mit einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von rund acht Monaten eine Verfahrensdauer erreicht haben, mit der wir politisch meines Erachtens sehr zufrieden sein können.
Und damit wir nicht zu allgemein bleiben, möchte ich auch das zweite Auge schärfen, weil wir natürlich aus dem Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes sehr wohl wissen, dass sich rund 60 Prozent der neuen Fälle auf Asylangelegenheiten beziehen; das ist eine logische Konsequenz aus den Veränderungen der letzten Jahre. Und gerade in diesem sehr sensiblen Bereich haben wir eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 60 Tagen, ohne dass die Materien durchgewunken werden, und das spricht an sich wohl auch für eine hohe Qualität.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Ich darf mich im Namen der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion bei allen nichtrichterlichen und auch richterlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an allen drei Gerichtshöfen, Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof und auch Asylgerichtshof, für ihre sehr verantwortungsvolle Tätigkeit bedanken.
Ich bedanke mich auch dafür, dass es weitere Bemühungen gibt, dem Rechtsuchenden innerhalb einer angemessenen Frist mit einer hohen Qualität der inhaltlichen Entscheidung den Zugang zum Recht zu ermöglichen.
In diesem Sinne werden wir naturgemäß und gerne zu Tagesordnungspunkt 1 unsere Zustimmung geben und die Berichte der Tagesordnungspunkte 2 und 3 gerne zur Kenntnis nehmen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
10.53
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.
10.54
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich danke dem Kollegen Klug dafür, dass er den Fokus in dieser Diskussion wieder auf den richtigen Punkt gerichtet hat, nämlich nicht auf eine Asyl- und Ausländerdebatte, sondern auf einen Meilenstein einer Strukturreform, einer Verwaltungsreform, einer Gerichtsreform.
Es wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Österreich sehr, sehr viele Sondergerichte, verschiedenste Instanzen – nach Themen oder anderen Dingen – eingerichtet: Sonderbehörden, Gerichte mit eigenen Verfahren, ein Wust, eine Unzahl an verschiedenen Ebenen. Da waren welche mit vielen Berechtigungen dabei, wie die Unabhängigen Verwaltungssenate oder der Unabhängige Finanzsenat, und es gab eigene Instanzen für Vergabe, auch für das Thema Asyl natürlich. Und diese vielen, vielen Sonderbehörden, diese vielen teilweise gerichtsähnlichen Einrichtungen werden mit dieser Reform zusammengeführt, bekommen eine einheitliche Organisationsstruktur, die dann aus neun Landesverwaltungsgerichten, einem Bundesfinanzgericht und einem Bundesverwaltungsgericht besteht.
Es ist das, glauben Sie mir – das kann ich auch als Rechtsanwender in der Praxis, in meinem Beruf sagen –, eine echte Strukturreform, eine echte Erleichterung und ein toller Startschuss auch für eine Entwicklung, die wir jetzt in diesem Bereich gehen, denn wir wissen, wir haben natürlich noch die Verfahrensrechte zu bearbeiten. Auch die Vereinheitlichung der Verfahrensrechte ist eine sehr große Aufgabe, aber ich bin fest davon überzeugt, dass auch das möglich sein muss, da diese Reform im Nationalrat einstimmig beschlossen wurde und auch heute hier, glaube ich, einstimmig beschlossen wird.
Aus der Sicht des Bundesrates ist auch, finde ich, die Tatsache eine Erwähnung wert, dass das Bundesverwaltungsgericht auch Außenstellen schaffen wird, in Linz, Graz und Innsbruck. Im Zusammenhang mit so mancher Gerichtsreform haben wir ja schon die Diskussion geführt, dass sich die eine oder andere Region unterrepräsentiert fühlt, aber es ist ein gutes Zeichen, dass dieses Bundesverwaltungsgericht allenfalls auch zum Rechtshilfesuchenden kommt und nicht nur der Rechtshilfesuchende zum Gericht eilen muss.
Beim Lesen der Nationalratsprotokolle haben mich, Herr Staatssekretär, das gebe ich offen zu, fast vorweihnachtliche Glücksgefühle ergriffen, als ich festgestellt habe, dass der Abgeordnete Fichtenbauer, ein FPÖ-Abgeordneter, die Worte „legistische Exzellenz“ verwendet hat. (Heiterkeit. – Staatssekretär Dr. Ostermayer: Genau!) Aus dem Munde eines FPÖ-Abgeordneten zu einem Vorhaben dieser Bundesregierung (Bundesrat Mayer: Beachtenswert!) – das habe ich hoch beachtenswert gefunden.
Er hat natürlich recht – das ist keine Kritik an der Freiheitlichen Partei. (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Sachlich vollkommen korrekt!) – Vollkommen korrekt. (Bundesrat Krusche: Wir sagen immer nur die Wahrheit!) Er hat hundertprozentig recht.
Frau Kollegin Mühlwerth hat schon gesagt, sie sieht die Dinge kritisch-distanziert. Und wenn sich eine kritisch-distanziert sehende Partei in solchen Worten des Lobes ergießt, ist das natürlich schon etwas Besonderes. (Bundesrätin Mühlwerth: Das eine schließt ja das andere nicht aus! Ihr kennt immer nur schwarz/weiß, entweder kritisch oder unkritisch!)
Frau Kollegin Mühlwerth, ich kenne mehr Schwarz als Weiß, das gebe ich zu. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich nehme ja einerseits Ihre Kritik dankbar auf, andererseits sage ich, wenn ein Abgeordneter Ihrer Partei Worte wie „legistische Exzellenz“ in den Mund nimmt, bin ich tief beeindruckt, aber er hat recht. Und es ist ja, um es auf den Punkt zu bringen, etwas Besonderes, eine besondere Leistung der Politik, dass vier Fraktionen in eine Richtung arbeiten – daran sieht man, was geschehen kann, wenn alle an der
richtigen Seite des Seils ziehen –, da können wir auch große Dinge bewegen, und das ist das Besondere an dieser Reform, die aus der Sicht des Bundesrates föderal ist und eine echte große Struktur- und Verwaltungsreform darstellt.
Ich hoffe, dass das mindestens so laut und so oft lobend erwähnt wird wie jene Kritik, dass die Politik zu wenig tut. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
10.58
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
10.58
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen zu Hause! Mein Vorredner, Kollege Fürlinger, hat schon sehr viel zum Bundesverwaltungsgericht gesagt. Ich möchte ganz kurz die diesbezügliche Positionierung der Grünen beziehungsweise die Errungenschaften, die wir in Verhandlungen erreicht haben, erwähnen.
Die Grünen haben sich für ein ExpertInnen-Hearing im Parlament eingesetzt und zu der Regierungsvorlage konkrete Änderungswünsche geäußert. Nach intensiven Verhandlungen haben wir zum Beispiel erreicht, dass die UVP-Prüfung von den Landesverwaltungsgerichten zum Bundesverwaltungsgericht gehievt wird, damit es ein bundeseinheitliches Vollzugswesen gibt, auch eine bessere Auslastung und Qualifizierung, wenn das in einem Bundessenat konzentriert ist. Diese Zuständigkeit wurde bis zum Inkrafttreten der Verfassungsnovelle am 1. Jänner 2014 im Verfassungsrang festgeschrieben, um sicherzustellen, dass auch eine andere Regierungsmehrheit nach den Nationalratswahlen 2013 daran gebunden ist.
Weiters haben wir erreicht, dass es keine Einschränkung des Zugangs zum Verwaltungsgerichtshof außer bei kleinen Verwaltungsstrafen gibt. Auch für Bescheide für geringe Leistungen in Geld oder Geldeswert bleibt der Zugang zum Verwaltungsgerichtshof offen. Die vorgesehene Einschränkung in der Regierungsvorlage wurde auf eine Intervention der Grünen hin gestrichen.
Bei Verwaltungsstrafen wurde die ursprünglich vorgesehene Erhöhung der Schwelle von 750 € auf 2 000 € auf Intervention der Grünen hin auf 1 500 € reduziert. Der de facto Instanzenzug an den Universitäten war auch eine Forderung der Grünen wie auch die Forderung der Unabhängigkeit der Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen, die Förderung eines leistbaren, effizienten und breiten Rechtsschutzes sowie die Wachsamkeit bei Regelungen, die nicht zur Verwaltungsgerichtsbarkeit gehören.
Wir werden dem ersten Tagesordnungspunkt sowie allen anderen unsere Zustimmung erteilen.
Zum zweiten Tagesordnungspunkt, zum Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes, möchte ich anmerken, dass auf den Seiten 41 und 42 am 31. Dezember 2011 noch offene Fälle angeführt wurden. Das ist dann nach unterschiedlichen Bereichen aufgegliedert, so zum Beispiel Beschwerden nach Artikel 144, hierzu gibt es 826 offene Verfahren; bei Urteilsbeschwerden nach Artikel 144a gibt es 454 offene Verfahren. Insgesamt gibt es, wie mein Vorredner schon ausgeführt hat, 1 393 offene Verfahren.
Auf Seite 44 ist die durchschnittliche Verfahrensdauer mit insgesamt 229 Tagen angegeben. Mein Wunsch oder Appell ist, dass im Bericht des Verfassungsgerichtshofes auch eine Empfehlung an die Politik abgegeben wird, ob Personal benötigt wird und wie sich eine eventuelle Neuaufnahme auf die unterschiedlichen Bereiche und auf die Verfahrensdauer auswirken würde, denn dann könnte man abschätzen, ob zusätzliches Personal gebraucht wird oder nicht. Wenn ich mir allerdings diese Zahlen ansehe,
muss ich sagen, liegt die Annahme doch sehr nahe, dass man personell sicher eine Aufstockung benötigen würde, um die Verfahrensdauer zu verkürzen und auch die Qualität zu heben.
Zum dritten Tagesordnungspunkt, zum Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes, möchte ich Folgendes anmerken: Ich werde dem Bericht meine Zustimmung erteilen, aber ich möchte auch kritisch vermerken, dass einige Dinge nicht im Bericht enthalten sind. Einige Fälle der letzten Wochen zeigen, dass russischstämmige Staatsbürger in die Hände eines Ramsan Kadyrow abgeschoben werden, dem Kettenhund Russlands, und in Wladimir Putins Macht, und dass diese Leute dann in einem Gulag verschwinden und man nicht mehr weiß, was mit ihnen geschehen ist, oder dass Familienangehörige verfolgt werden. Das ist doch etwas, das uns zu denken geben sollte, und unterstreicht, dass hier mit äußerster Sensibilität vorgegangen werden muss.
Auf die Argumente, die Kollege Krusche angeführt hat – er hat Kriminalität und Asylwerber gleichgesetzt, so ähnlich war zumindest der Kontext seines Redebeitrages –, möchte ich bei diesem Tagesordnungspunkt gar nicht näher eingehen, sondern darauf werden wir beim Sicherheitsbericht noch zu sprechen kommen. Ich werde dann versuchen, diese Argumente mit sachlichen Argumenten zu entkräften, was zwar vielleicht eher nicht auf fruchtbaren Boden fallen wird, aber ich will den Versuch dennoch wagen.
84 Prozent der Asylbeschwerden wurden abgewiesen, 15 Prozent der Beschwerden wurde stattgegeben, ein Rest an Altverfahren ist immer noch vorhanden. Ich kann mich noch sehr gut an die Diskussionen im Ausschuss und auch hier im Plenum vor einem und sogar noch vor zwei Jahren erinnern, als ich hier vorne gestanden bin und gesagt habe: Leute, mit den Ressourcen, die wir da zur Verfügung haben, werden wir es sehr, sehr schwer schaffen, diesen Rucksack mit Altfällen abzubauen. Das löste sehr großes Gelächter aus seitens der SPÖ, auch seitens mancher von der ÖVP. Kollege Kainz stimmte da sehr lautstark mit ein.
Ich möchte nur daran erinnern, dass das, was ich damals angemerkt habe, tatsächlich eingetreten ist: Wir haben nach wie vor einen Rucksack, zwar nicht mehr in der Größenordnung von damals, aber nichtsdestotrotz stehen hinter diesen Fällen Einzelschicksale. Und Jahre und Jahrzehnte auf ein Urteil zu warten und in einem luftleeren Raum zu hängen, ist weder für die Betroffenen angenehm noch für die Behörden und die Menschen, die in diesem System arbeiten. 230 Fälle, die sich primär auf 230 Familien beschränken, 500 Einzelfälle, die eigentlich schon 2011 hätten abgebaut werden sollen; von allen seit Gründung des Asylgerichtshofes neu anhängig gewordenen Verfahren konnten 70 Prozent abgeschlossen werden, 80 Prozent davon innerhalb eines Jahres, es gibt also zirka 30 Prozent Rückstand.
Ein weiterer Punkt ist die Verfahrensbeschleunigung, wobei der Präsident des Asylgerichtshofes sehr oft davon spricht, dass das auf Kosten der Qualität geht. Wenn man sich ansieht, dass im Jahr 2010 13 Mal Entscheidungen des Asylgerichtshofes vom VfGH aufgehoben worden sind, 2011 32 Mal und dass sehr viele mit der Rückmeldung gekommen sind, dass zum Beispiel keine Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen stattgefunden hat oder es zu einer völligen Außerachtlassung des Parteivorbringens, einer gehäuften Verkennung der Rechtslage oder zu verfassungswidrigen Interessenabwägungen kommt, dann, muss ich sagen, bezweifle ich etwas die Qualität, die da so hochgepriesen wird.
Schaut man sich den Bericht der Volksanwaltschaft von 2011 an, dann sieht man eine Verdreißigfachung der Beschwerden aufgrund einer langen Verfahrensdauer beim Asylgerichtshof. 2009 waren es noch 24 Beschwerden, 2010 schon 222 Beschwerden, 2011 waren es 717 Beschwerden. Und die Volksanwaltschaft stellte 2010 fest, dass die Rechtsmittelverfahren mehrere Jahre unerledigt bleiben. Zumeist wurden in diesen Fällen keine Verfahrensschritte gesetzt. Angesichts dessen ist auch fraglich, wieso der
Chef des Asylgerichtshofes trotz des offensichtlichen Rückstandes keinerlei Personalaufstockung fordert. Das ist auch eine Frage, die sich mir stellt, denn letztendlich können wir, wenn wir Kosten sparen möchten, das unter anderem dadurch erreichen, dass wir die Verfahrensdauer verkürzen.
Nichtsdestotrotz nehme ich den Bericht zur Kenntnis, weil er vollständig ist. Das hat natürlich nichts mit der Asylpolitik, die generell gefahren wird, zu tun. Mit dieser bin ich zum Teil zufrieden. Wir werden allen drei Tagesordnungspunkten unsere Zustimmung erteilen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
11.07
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte.
11.07
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich beginne damit, dass ich kurz auf die Ausführungen des Herrn Bundesrates Krusche eingehe.
Es gibt Lebensrealitäten, die wir alle oder die meisten – ich nehme an, alle – nicht wollen. Dazu gehören Armut, Krankheit, Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit bis hin zum Krieg.
Es hilft aber nichts, dass wir, wenn diese Lebensrealitäten in Statistiken aufgezeigt werden, diese Statistiken ablehnen, sondern wir sind gefordert, etwas dagegen zu unternehmen. Wir sind gefordert, gegen Arbeitslosigkeit zu kämpfen, gegen Armut anzukämpfen, gegen Krankheit anzukämpfen. Herr Bundesminister Stöger, Frau Finanzministerin Fekter und die Länder haben gerade eine Artikel-15a-Vereinbarung betreffend das Gesundheitswesen geschlossen. Wir sind also aufgefordert, nicht Statistiken, die die Lebensrealitäten abbilden, abzulehnen, sondern etwas gegen Lebensrealitäten, die wir nicht wollen, zu tun. Wir sind aufgefordert, Solidarität zu üben.
Ich möchte – das ist jetzt vielleicht überraschend für einen Sozialdemokraten – ein Zitat von Kardinal Schönborn aus einer heutigen Pressemitteilung bringen. Ich habe es mitgenommen, weil es so beeindruckend ist:
„Wir stehen an einer Weggabelung: Bringen wir die Solidarität auf, zusammen zu bleiben? Oder betreibt man billiges politisches Kleingeldmachen mit neuen Nationalismen, neuem Schüren von alten Vorurteilen? Dann gehen wir in eine Richtung, die es schon gegeben hat, nämlich zwischen den beiden Weltkriegen. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.“
Ich glaube, das sagt viel. Gerade vor den Weihnachtsfeiertagen ist es eine sehr beeindruckende Aussage.
Der Asylgerichtshof hat wie die beiden anderen Gerichte, nämlich der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof, einen Tätigkeitsbericht vorgelegt, natürlich in konsolidierter Form, denn würde jedes einzelne Verfahren sozusagen im Detail dargestellt werden, wäre das ein Papierwust, den niemand akzeptieren könnte und der wohl auch sofort in die Ablage marschieren würde.
Trotzdem bildet er sozusagen all das, wie ich meine, in sehr umfangreicher und sehr detaillierter Form ab, was der Asylgerichtshof in diesem Jahr, für den er den Bericht gelegt hat, gemacht hat, indem auch einzelne Sachverhaltstypen zusammengefasst sind. Dass der Asylgerichtshof in sehr guter Form organisiert ist, ist, glaube ich, sowohl im Nationalrat als auch hier schon mehrfach besprochen und auch anerkannt worden.
Den riesengroßen Rucksack an Altfällen, den er bei seiner Gründung 2008 übernommen hat, hat er in sehr vorbildlicher Art und Weise abgearbeitet. Dass es im Einzelfall
Entscheidungen geben mag, die einen nicht glücklich machen, sei jedem hier zugestanden. Der Asylgerichtshof handelt, und dafür ist wirklich Herr Präsident Perl, der schon erwähnt wurde, ein Garant. Der Asylgerichtshof ist nach bestem Wissen und Gewissen sehr gut organisiert und arbeitet schlicht und einfach auf Basis der rechtlichen Grundlagen. Wie gut er funktioniert, sieht man auch daran, dass es eine extrem niedrige Zahl an Aufhebungen beim Verfassungsgerichtshof gibt. Das ist, wie ich meine, der beste Beweis. Also ich glaube, eigentlich sollten wir diese Gelegenheit zum Anlass nehmen, den Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten, und insbesondere dem Präsidenten dafür zu danken.
Damit komme ich schon zum sozusagen politisch zukunftsweisenden Punkt, nämlich zur Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wir haben ja nach 26 Jahren des Scheiterns einstimmig eine Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit beschlossen, indem wir festgelegt haben, dass es ein Bundesverwaltungsgericht, ein Bundesfinanzgericht und neun Landesverwaltungsgerichte geben soll mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung, der Rechtsvereinheitlichung und eines starken Anstiegs der Rechtsstaatlichkeit.
Jetzt sind wir, nachdem wir das Verfassungsgesetz beschlossen haben, beim Organisationsrecht. Ich muss sagen, ich habe mich auch sehr über die lobenden Worte von Herrn Nationalratsabgeordneten Dr. Fichtenbauer gefreut, da ich ihn auch als sehr profunden Kenner der Materie und als sehr engagierten Verhandler in der Sache erlebt habe, und zwar sowohl als wir das Verfassungsrecht als auch während wir das Organisationsrecht verhandelt und beschlossen haben. Das tut schon gut.
Der Dank gebührt natürlich allen, die im Vorfeld ganz intensiv daran mitgewirkt haben, Dr. Hesse und dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, meinem Kollegen Dr. Klingenbrunner, Dr. Segala im Büro des Vizekanzlers, insbesondere auch dem Präsidenten Perl, der ja mittlerweile auch als Präsident des künftigen Bundesverwaltungsgerichtes bestellt wurde, und allen Kolleginnen und Kollegen, die dort mitarbeiten. Diese haben momentan sozusagen eine Doppelaufgabe. Sie haben einerseits die laufende Arbeit im Asylgerichtshof zu erledigen, die Verfahren möglichst zügig durchzuführen und andererseits gleichzeitig die Neuordnung, die neue Organisation dieses Bundesverwaltungsgerichtes vorzubereiten, das dann, wenn es am 1. Jänner 2014 seine Tätigkeit aufnehmen wird, das größte Gericht Österreichs sein wird, mit ungefähr 450 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, und die Aufgabe haben wird, jährlich etwa 33 000 Fälle zu behandeln, zu bearbeiten und hoffentlich dann auch abzuschließen.
Der nächste Schritt, der jetzt vor uns liegt – im Verfassungsausschuss ist er schon beschlossen –, ist das Verfahrensrecht, das wir ergänzend zum Organisationsrecht zu beschließen haben. Parallel dazu haben wir mehr als hundert Materiengesetze in den verschiedensten Ministerien zu ändern. Ich habe vorgestern in der Ministerratssitzung auch gebeten, dass alle Minister, Ministerinnen darauf schauen, dass wir das rechtzeitig vorbereiten und beschließen. Also das Ziel ist, dass es im Februar, März im Ministerrat und dann in der Folge im März, April im Parlament beschlossen wird.
Wir haben gemeinsam mit der Bundesimmobiliengesellschaft für das neue Gericht ein Gebäude angemietet, das jetzt noch adaptiert werden soll, weil ja sozusagen im Sinne der Effizienz dann alle Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen, die quasi im Hauptgebäude arbeiten, an einer Stelle arbeiten sollen. Es wird daneben drei Außenstellen analog zu den Oberlandesgerichtssprengeln geben. Also wir sind momentan im Zeitplan.
Die Materiengesetze sind noch ein spannender Punkt, bei dem wir auch entsprechend darauf schauen, dass das rechtzeitig durchgeführt wird. Und dann geht es daran, einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus jenen Abteilungen in den Ministerien, in denen bisher diese Tätigkeiten erbracht wurden, in das Bundesverwaltungsgericht zu transferieren und auch entsprechende Neuaufnahmen durchzuführen. Insgesamt bin
ich sehr guter Hoffnung, dass wir den Zeitplan, der sehr ambitioniert ist – den wir uns ja selbst miteinander gesteckt haben –, den 1. Jänner 2014, einhalten werden.
Ich danke jetzt schon allen, die dann auch zustimmen werden. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
11.16
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.
11.16
Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Tagesordnungspunkt 1 hat mein Kollege Mag. Klaus Fürlinger schon ausführlich Stellung genommen.
Die Tagesordnungspunkte 2 und 3, die Tätigkeitsberichte der drei Gerichtshöfe, des Verfassungs-, des Verwaltungs- und des Asylgerichtshofes, werden in einem verhandelt. Natürlich wird die Bundesratsfraktion der Österreichischen Volkspartei zustimmen. Sie nimmt diese drei Berichte sehr wohlwollend zur Kenntnis, verbunden mit dem Dank an die Präsidentinnen und Präsidenten der drei Gerichtshöfe, aber auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei Gerichtshöfe, die zweifellos besonders engagiert und hervorragend arbeiten.
Ich möchte hier dennoch auf einige Details und Aspekte eingehen und darf mich zu Beginn mit dem Verwaltungsgerichtshof beschäftigen und kurz drei Medienberichte zitieren.
Gemeinde Rum in Tirol:
„Ausschuss beschließt Gang vor das Höchstgericht
Gemeinde möchte UVP“ – Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren – „nun vor dem Verwaltungsgerichtshof erzwingen.
,Auch wenn die gesetzliche Regelung gegen uns spricht, werden wir vor dem Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof Beschwerde einlegen. Uns geht es hier um ein Feststellungsverfahren ‘, betont der Amtsleiter der Marktgemeinde Rum“.
Oder:
„Kabelkämpfer geben nicht auf
Eugendorf und Koppl wollen bis zur letzten Instanz für eine Teilverkabelung der 380 kV-Leitung kämpfen.
,Wir gehen sicher durch alle Instanzen bis zum Verwaltungsgerichtshof‘, stellt etwa Bgm. Rupert Reischl aus Koppl klar.“
Oder ein ganz anderer Bericht, eine ganz andere Thematik, jetzt im Sinne der reich gedeckten Gabentische zu Weihnachten besonders aktuell, nämlich:
„Sieg der Gerechtigkeit
Der Verwaltungsgerichtshof bestätigt: Hummer mit gefesselten Scheren im kahlen Aquarium zusammengepfercht lebend aufzubewahren, ist Tierquälerei!“
Und da schreibt die Presse: „Das Urteil ist richtungsweisend!“
Somit kann ich nur alle Österreicherinnen und Österreicher dazu einladen, für den Gabentisch in den kommenden Tagen Produkte aus der heimischen Landwirtschaft zu kaufen. Dann ist dieses Thema auch vom Tisch.
Aber was zeigen diese drei Berichte? – Sie zeigen, wie breit die Palette des Verwaltungsgerichtshofes bei Entscheidungen ist und was letztendlich die Bürger bewegt.
Die Bürger sehnen sich natürlich nach Rechtssicherheit. Voraussetzung sind zum einen die Gesetze, aber vor allem auch die Gerichte und die außerordentlichen Rechtsmittel. Und der Oberste Gerichtshof und die Höchstgerichte genießen zu Recht einen hohen Stellenwert und großes Vertrauen.
Der Verwaltungs- und der Verfassungsgerichtshof sind Höchstgerichte und unverzichtbare Instanzen.
Die österreichische Bundesverfassung kennt drei Staatsfunktionen: Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Und der Verwaltungsgerichtshof befasst sich mit Fragen des Apothekenwesens, des Arbeitnehmerschutzes, des Baurechts, der Sozialversicherung, des Steuerrechts bis hin zum Zivildienst. Ich hoffe, es wird auch nach dem 20. Jänner Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes sein, sich mit dem Thema Zivildienst zu beschäftigen. Hier nur ein kleiner Sidestep für die bevorstehende Bürgerbefragung, denn ich glaube, dass der Zivildienst nicht nur beim Verfassungsgerichtshof gut aufgehoben ist, sondern dass der Zivildienst eine unverzichtbare Einrichtung des Sozialstaates Österreich ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Dazu nur eine Zahl aus meiner Heimat: In der Bezirksstelle des Roten Kreuzes in Baden sind 24 Zivildiener beschäftigt. Wir wissen, dass 70 bis 80 Prozent dieser hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem natürlich Mitarbeiter im Zivildienstbereich (Bundesrätin Posch-Gruska: Wie passt das mit dem Tagesordnungspunkt zusammen?) – Das passt schon zusammen, weil der Zivildienst den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof beschäftigt, deswegen passt das, glaube ich, hervorragend zusammen. Ich denke, es ist Aufgabe der Politik, Verhandlungsgegenstände hier an diesem Rednerpult so darzustellen, dass man draußen weiß, wovon man spricht, und das zu tun versuche ich gerade. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir wissen, wie gesagt, dass 70 Prozent bis 80 Prozent der Zivildienstleistenden drei bis vier Jahre länger an einer Rot-Kreuz-Dienststelle Dienst versehen. Deswegen hoffe ich, dass der Verwaltungsgerichtshof auch weiterhin damit beschäftigt sein wird. Von den finanziellen Aspekten bei Abschaffung des Zivildienstes möchte ich gar nicht reden. Allein in meiner Heimatgemeinde Pfaffstätten würde der derzeit bei 28 000 € liegende Rettungsdienst-Beitrag laut Hochrechnung auf zirka 140 000 € steigen.
Zurück zum eigentlichen Bericht: Im Berichtsjahr wurden insgesamt 8 238 Rechtssachen bearbeitet und natürlich auch einiges aus früheren Jahren aufgearbeitet. Es ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr zu vermerken. Es wurden von insgesamt 1 925 Beschwerdesachen mit aufschiebender Wirkung 69 Fälle zuerkannt.
Ich denke, ein Beispiel dafür, dass man auch in der täglichen Arbeit in den österreichischen Gemeinden mit den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes sehr gut umgehen und arbeiten kann, ist ein Erkenntnis vom 9. November 2011 betreffend das Baurecht, in dem eindeutig festgestellt wird, dass der Lärm in Kindergärten und auf den dazu gehörenden Flächen im Freien zulässig ist und daher letztendlich keine Einschränkung darstellt.
Das sind zwei Beispiele aus der Praxis, die aufzeigen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht nur hervorragende Arbeit leistet und Rechtsprechungen durchführt, sondern dass man daraus auch in der täglichen Arbeit etwas mitnehmen kann. Das heißt, wir kauen Rechtsfälle nicht immer wieder, sondern wir beziehen uns auch in der täglichen Arbeit letztendlich auf die entsprechenden Erkenntnisse.
Ähnliches gilt für den Verfassungsgerichtshof, der auch eines der drei Höchstgerichte darstellt und Hüter der Verfassung ist. Auch für diesen sind die Aufgaben ganz klar definiert, etwa die Anfechtung von Wahlen, Volksbegehren und Volksabstimmungen. Genauso interessant ist, dass der Verfassungsgerichtshof als einzige Einrichtung in der Republik bereits erworbene Mandate wieder entziehen kann wegen zum Beispiel län-
gerer Nichtanwesenheit hier im Parlament. Aber das trifft ja auf die Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates und auch des Nationalrates zum Glück nicht zu, weil wir alle versuchen, unseren Aufgaben sehr engagiert nachzukommen.
Vielleicht noch zwei, drei Eckzahlen, aus denen man sehr schön ableiten kann, mit welch großer Menge auch dieser Gerichtshof zu tun hat und wie er versucht, die Quantität zu bewältigen und in einer sehr, sehr hohen Qualität abzuarbeiten. 4 400 neu anhängig gewordene Verfahren sowie 2 606 aus den Vorjahren übernommene Verfahren stehen insgesamt 5 613 abgelaufenen Verfahren gegenüber. Die durchschnittliche Verfahrensdauer beträgt acht Monate, die Zahl der Erledigungen ist im Steigen begriffen – insofern eine wirkliche Erfolgsbilanz, die der Verfassungsgerichtshof hier legt. Wir nehmen diesen Bericht natürlich gerne zur Kenntnis.
Ich komme auf den dritten Gerichtshof, nämlich den Asylgerichtshof zu sprechen. Auch mit diesem Bericht haben sich meine Vorredner aus den unterschiedlichen politischen Grundlagen heraus bereits intensiv beschäftigt. Ich glaube, ich brauche nicht zu erwähnen – erwähne es aber natürlich immer wieder –, dass Österreich auf seine Asyltradition zu Recht stolz sein kann. Ich denke, dass wir den Asylsuchenden gegenüber verpflichtet sind, ihnen ein ordnungsgemäßes, gutes, verlässliches Asylverfahren zu gewährleisten.
Mit der Installierung des Asylgerichtshofes im Dezember 2007 und mit der Inbetriebnahme mit Juli 2008 sind wir wirklich einen guten Schritt weitergekommen, um auch schnellere Verfahren durchzuführen, die Verfahren auf das erstinstanzliche Verfahren aufzubauen. Deshalb nehmen wir natürlich auch diesen Bericht zur Kenntnis.
Ich möchte aber die Asylgerichtshof-Diskussion nicht beenden, ohne auch einen Satz zur Situation in Traiskirchen zu sagen, weil das meine unmittelbare Nachbargemeinde ist. Ich denke, dass die Ergebnisse des Asylgipfels ein sehr gutes Ergebnis sind, dass die Last, die wir in diesem Bezirk und in der Stadt Traiskirchen tragen, jetzt auf alle Bundesländer aufgeteilt ist und dass das Traiskirchen auch wirklich entlastet hat.
Das ist auch ein Schritt, der aufzeigt, dass die Zusammenarbeit unter den Bundesländern – auch wenn Landeshauptmann Erwin Pröll den richtigen Anstoß gegeben und Dynamik in diesen Prozess gebracht hat – sehr, sehr gut ist. Ich hoffe, dass diese Entlastung weiterhin aufrecht bleibt.
In diesem Sinne nehmen wir alle drei Berichte der Gerichtshöfe gerne zur Kenntnis. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
11.25
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung über den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates beziehungsweise die gegenständlichen Berichte erfolgt getrennt.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesverwaltungsgerichtsgesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun gelangen wir zur Abstimmung über die Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2011.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, die gegenständlichen Berichte zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Tätigkeitsbericht des Asylgerichtshofes für das Jahr 2011.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert werden (2130/A und 2063 d.B. sowie 8836/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.
11.28
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin, gospa president! Herr Staatssekretär, gospod državni sekretar! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Drage gledálke in gledálci doma! Erlauben Sie mir, dass ich gerade bei diesem Tagesordnungspunkt ein dunkles Kapitel in unserer Geschichte unseres Landes anspreche, weil gerade deswegen dieser und diverse andere Fonds installiert worden sind. Das Unrecht, die Angst, das Leid, die Demütigungen, die die Menschen damals ertragen mussten, sind für jemanden wie mich, die später geboren worden ist, nicht nachvollziehbar und auch nicht verständlich.
Ich glaube, es ist sehr wichtig: Wir müssen hinschauen, wir müssen erzählen lassen und wir müssen auch weitererzählen, auch wenn es schmerzt und uns betroffen macht. Ich glaube auch, wir dürfen nicht ausweichen, sondern müssen uns der Vergangenheit stellen und das Wissen darüber weitertragen, denn die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte muss Gedenken, aber auch Mahnung sein, muss Lernprozess sein und muss uns Orientierung für die Zukunft geben, eine Orientierung in eine offene Welt, in der Demokratie und Grundrechte oberstes Gebot sein sollen.
Wir müssen aus der Geschichte lernen, dass das, was passiert ist, nicht mehr passiert. So fängt mein Vater immer an zu erzählen – mit einer gebrochenen Stimme, weil er das, was er ertragen musste, noch nicht aufgearbeitet hat. Meine Familie ist eine von diesen 300 Familien, die im April vor 70 Jahren Haus und Hof verlassen mussten und
ins Lager deportiert wurden. Erbarmen gab es keines, Rücksicht wurde nicht genommen, nicht auf alte Menschen, nicht auf Kinder und nicht auf kranke Menschen. Diese Menschen wurden verfolgt und deportiert, weil sie aufrecht waren und weil sie sich nicht verdrehen lassen wollten. Sie zählten sich zur slowenischen Volksgruppe und widersetzten sich der brutalen Germanisierung durch die Nationalsozialisten. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Grundhaltung möchte ich meinen tiefen Respekt aussprechen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Das Sich-Befassen mit der Geschichte ist oft ein Prozess, der sehr langsam vor sich geht. Österreich hat eine besondere Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus. Durch die Einrichtung der diversen Fonds, insbesondere des Entschädigungsfonds, ist Bewegung, ist ein Umdenken erkennbar. Ich glaube, es ist wichtig und richtig, dass dieser Entschädigungsfonds eingerichtet worden ist. Mit Hilfe dieses Entschädigungsfonds, durch den 210 Millionen US-Dollar zur Verfügung stehen, wird versucht, das Unrecht an den Opfern des Nationalsozialismus, und zwar – und das betone ich – als symbolische Geste und niemals als Entschädigung beziehungsweise als Ausgleich, aufzuarbeiten.
Es sind 20 720 Anträge auf Entschädigung beim Antragskomitee eingelangt, davon werden noch zirka 1 990 Anträge bearbeitet. Die Schiedsinstanz, die für Naturalrestitutionen zuständig und im Fonds eingerichtet worden ist, hat von insgesamt 2 251 eingegangenen Anträgen noch 750 in Bearbeitung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Novelle zum Entschädigungsfondsgesetz werden die rechtlichen Voraussetzungen für die Beendigung der Arbeit des Entschädigungsfonds geschaffen. Der Fonds soll seine Arbeit Ende 2015 beenden und die Schiedsinstanz ihre im Jahr 2018. Danach soll ein Schlussbericht erstellt werden, der detailliert und transparent sein sollte und dem Hauptausschuss des Nationalrates zur Kenntnis gebracht werden soll.
Das Auflösen des Fonds, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedeutet aber nicht das Ende des Gedenkens, heißt nicht, aufzuhören zu mahnen, damit solch eine Zeit nicht mehr wiederkehrt.
Erlauben Sie mir, zum Schluss allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken. Sie haben eine tolle und eine, wie ich glaube, für die Opfer des Nationalsozialismus, aber auch für Österreich wichtige Arbeit geleistet.
(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)
Danke. Hvala lepa. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
11.35
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Jachs. – Bitte.
11.35
Bundesrat Mag. Christian Jachs (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sport würde man sagen: Das Ziel ist erreicht! Und tatsächlich liegt eine Rekordleistung hinter uns. Über 20 000 Anträge sind bearbeitet und fast 210 Millionen Dollar sind ausbezahlt.
Die Zahlungen aus dem Entschädigungsfonds sind mehr als eine Geste. Der Entschädigungsfonds ist ein moralisches Wahrzeichen, er ist Ausdruck unserer Bereitschaft, erstens Unrecht einzugestehen, zweitens Verantwortung für die Opfer zu übernehmen und drittens aus dem Leid und der Katastrophe des Nazi-Regimes die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fonds macht uns zu überzeugten Demokraten, mit diesem Fonds präsentieren wir der Welt unser Herz!
Im Jahr 2001 hat die österreichische Bundesregierung unter Wolfgang Schüssel die Basis für den Entschädigungsfonds gelegt, mit dem Washingtoner Abkommen wurde das Fundament für den Entschädigungsfonds gesetzt. Der amerikanische Chefverhandler Stuart Eizenstat hat damals gesagt, dass er das Washingtoner Abkommen als eine Wasserscheide in der neuen österreichischen Geschichte sieht.
Im „Standard“-Interview vom 6. September 2010 führte Stuart Eizenstat aus: „Österreich kann sehr stolz auf sich sein. Es ging bei diesen Verhandlungen nicht nur um Geld, sondern um die Beurteilung der eigenen Geschichte. () Die österreichischen Verhandler“ – unter der Regierung Schüssel – „waren unglaublich engagiert, es gab weniger Konflikte als mit Deutschland oder der Schweiz. ()
Die meisten Länder waren dagegen, und erst Österreichs Verhandler () brach das Eis. Dass es gerade Österreich war, beschämte die anderen.“
Zusammenfassend hält Stuart Eizenstat fest: „Historiker werden sagen, Österreich hat sehr viel getan.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden Novelle wird die Arbeit des Entschädigungsfonds beendet, die restlichen Mittel stehen aber weiterhin für das Gedenken, für die Versöhnung und für die Unterstützung der Opfer zur Verfügung. Das restliche Geld fließt in Sozialprojekte, in die Sanierung jüdischer Friedhöfe, in Schulprojekte und auch in die Neugestaltung des Österreich-Pavillons in der Gedenkstätte Auschwitz.
Österreich hat gelernt, und Österreich hat auch sehr viel getan. Das ist die Erfolgsbilanz, die positive Bilanz, die wir heute mit dem Entschädigungsfonds Österreich, unserer Geschichte und der Welt vorlegen können. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
11.39
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
11.39
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Die Einrichtung des Nationalfonds war historisch wichtig, enorm wichtig, hat gleichzeitig auch eine historische Logik, und ich glaube, diese historische Logik hier noch einmal festzuhalten ist ganz wichtig.
Manchmal bei Gedenkveranstaltungen wird gehandelt nach dem Motto: 1938 kamen die Nazis, und 1945 waren sie wieder weg!, so als ob es irgendwelche Außerirdischen gewesen wären, die gelandet sind, ihr Unwesen getrieben haben und dann wieder verschwunden sind. Das halte ich für einen hochproblematischen Umgang mit unserer Vergangenheit, weil ja das, worauf der Nationalsozialismus fußte, in einem erheblichen Ausmaß bereits vorhanden war – bei den unterschiedlichen Opfergruppen natürlich in unterschiedlicher Form – und auch danach nicht verschwand.
Der Antisemitismus ist in Wien bekannterweise von Dr. Karl Lueger salonfähig gemacht worden. Opfergruppen, die zwischen 1938 und 1945 in Konzentrationslager deportiert worden sind, wurden aufgrund von Paragrafen verurteilt, die es davor und auch danach zum Teil noch gab. Ich nehme zum Beispiel die Opfergruppe der Homosexuellen, die aufgrund des § 129 Abs. 1b verurteilt worden sind. Diesen Paragrafen hat es schon in der Monarchie und in der Ersten Republik gegeben, und es gab ihn im Nationalsozialismus, mit dem fürchterlichen Aspekt, dass auch Konzentrationslager drohten – das gab es davor und danach nicht –; diesen Paragrafen gab es in Österreich aber noch bis 1971, und das ist leider ein Faktum, das hierzulande sehr wenig bekannt ist. Es wurden auch in den späten vierziger Jahren und in den fünfziger Jahren noch Menschen aufgrund dieses Paragrafen ins Gefängnis geschickt, weil sie in der NS-Zeit dazu verurteilt worden sind – und nicht selten waren es dieselben Richter.
Die Aufarbeitung war natürlich geprägt von Verdrängung. Man hatte teilweise nach dem Krieg auch anderes zu tun, das möchte ich jetzt gar nicht einmal verurteilen, hatte zu tun mit Konzentration auf andere Aspekte, hatte zu tun mit Verdrängung, aber auch Verschweigen. Diese Verdrängung und dieses Verschweigen gab es nicht nur bei den Tätern und Täterinnen. Es gibt tolle Romane, in denen man nachlesen kann, wie zum Beispiel in jüdischen Familien das Leid, das Trauma, das man erfahren hat, nicht erzählt worden ist, weil man sich auf etwas anderes konzentrieren wollte, weil man neu aufbauen wollte und weil man sich nicht unbedingt an eine so schreckliche Zeit zurückerinnern wollte. Daher ist es auch kein Zufall, dass erst eine Generation beziehungsweise zwei Generationen später plötzlich Fragen gestellt worden sind.
Ich gehöre ja eigentlich zu dieser Generation, und ich kann mich noch genau erinnern, dass in unserer Schule der Nationalsozialismus überhaupt nicht besprochen worden ist; dann kam im Jahr 1986 die Kandidatur Kurt Waldheims, dann kam das Gedenkjahr 1988 – und plötzlich war es ein Thema. Ich hatte zum Glück sehr engagierte Lehrer und Lehrerinnen und einen super Schuldirektor in Bad Ischl, wo wir das sehr gut aufgearbeitet haben, und plötzlich stellten wir Fragen – nicht nur wir, viele Leute stellten Fragen.
Warum ist dieses Bild, das bei meiner Großmutter hing, jetzt eigentlich im Museum? Warum gehört dieses Zinshaus, das einmal einem Großonkel gehört hat, nicht mehr meinem Großonkel? Warum ist es eigentlich nicht mehr in der Familie? – Diese Fragen wurden vorher de facto nicht gestellt. Das meine ich mit der historischen Logik, dass durch die historische Logik eben zum Beispiel das Washingtoner Abkommen entstanden und aus dieser historischen Logik der Nationalfonds eingerichtet worden ist.
Nachdem der Nationalfonds so viele Jahre gearbeitet hat, beschließen wir heute – wie es im Juristenjargon etwas grauslich heißt – die Endabwicklung des Nationalfonds. Das ist für uns – und das möchte ich im Namen aller Grünen sagen – ein Anlass, uns beim Team rund um Hannah Lessing und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Nationalfonds wirklich herzlichst zu bedanken. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
Bei jedem Gesetz darf man auch etwas kritisch sehen, das ist bei diesem Gesetz auch so, wir werden aber zustimmen. Etwas, was wir durchaus kritisch sehen, sind die Verjährungsfristen. Es gibt Erfahrungen aus anderen Fonds, wo wir der Meinung sind, dass gerade in diesem Fall Verjährungen höchst problematisch sind.
Zu guter Letzt: Wir haben ja sehr viele Fonds in Österreich. Es gibt den Zukunftsfonds, den Nationalfonds, den Kunst-Restitutionsfonds, den Härteausgleichsfonds und so weiter. Es ist natürlich sehr oft so, dass irgendwann sehr viele Strukturen entstehen, die dann plötzlich so eine Macht des Faktischen darstellen, und wir sollten schon auch eine Diskussion darüber beginnen, ob gewisse Fonds und gewisse Strukturen nicht zusammenlegbar sind, wo man das Arbeiten an Erinnerung, die Arbeit des Gedenkens und so weiter verortet. Das ist eine Frage, die in diesem Initiativantrag, der im Nationalrat gestellt worden ist, noch nicht ausreichend beantwortet ist. Diese Diskussion müssen wir führen, aber alles in allem werden wir dem gerne zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)
11.45
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein
Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (2136/A und 2058 d.B. sowie 8837/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen nunmehr zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.
Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen daher zuerst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
6. Punkt
Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Art. 23e B-VG betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV. GP sowie 8881/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Dr. Angelika Winzig: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des EU-Ausschusses über das Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union gemäß Art. 23e Bundes-Verfassungsgesetz betreffend KOM (2011) 897 endgültiger Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe.
Der Bericht und der Entschließungsantrag liegen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:
Der EU-Ausschuss stellt nach Beratung des Vorhabens im Rahmen der Europäischen Union gemäß Artikel 23e B-VG am 19. Dezember 2012 den Antrag, der Bundesrat wolle die dem schriftlichen Ausschussbericht angeschlossene Entschließung annehmen.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.
11.49
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Konzessionsrichtlinie hat der EU-Ausschuss am 1. Februar 2012 einstimmig eine sogenannte Subsidiaritätsrüge nach Artikel 23e Bundes-Verfassungsgesetz erteilt. In dieser Rüge wurde auch betont, dass der Vorschlag insbesondere das Recht auf kommunale Selbstverwaltung unterlaufe, zu dessen Achtung sich die Europäische Kommission in den geltenden Verträgen entsprechend bekannt hat. Außerdem entsteht durch diesen Vorschlag ein Liberalisierungsdruck in Bereichen der Daseinsvorsorge, die nicht mit anderen Wirtschaftsbereichen vergleichbar sind.
Der EU-Ausschuss hat wie gesagt in dieser Angelegenheit seinen Auftrag, Richtlinien und Verordnungen der EU auf Subsidiaritätskriterien zu prüfen, im vollen Umfang und rechtzeitig – und das ist entscheidend – im Rahmen der Begutachtungsfrist von acht Wochen wahrgenommen. Wenn man diese Diskussion verfolgt, die jetzt durch Berichte im „Standard“ wieder aufgeflammt ist, wo geschrieben wird – ich lasse das unkommentiert –: „Wiener Rote gegen Brüsseler Privatisierungsversuche“, „Vorschlag der EU-Kommission bringt Wiener Rote auf die Palme, ein Bürgerbegehren dazu läuft“, dann muss man schon sagen, das ist ein Thema, das uns alle betrifft.
Wasser ist Leben, und ich denke, man kann sagen, dass wir uns parteiübergreifend für diese Materie, für diesen Bodenschatz, den es aus österreichischer Sicht auch zu verteidigen gilt, sehr, sehr intensiv einsetzen.
Wir sind aber dankbar, dass die Diskussion wieder angefacht wurde, weil der Bundesrat in dieser Materie sehr aktiv ist. Kommissar Michel Barnier hat sich in einem Antwortschreiben im „Standard“ unter dem Titel „Brüssel, Wien und der Kampf ums Wasser“ wiederum dazu geäußert.
Wir werden versuchen, Kommissar Michel Barnier auch in den EU-Ausschuss einzuladen, um eine direkte Stellungnahme zu bekommen, denn ich denke, der EU-Ausschuss hat in dieser Angelegenheit bisher sehr, sehr professionell – und da wird mir auch Kollege Schennach recht geben – gehandelt.
Wir haben schon im Februar festgestellt, dass eine Umsetzung des Vorschlages erhebliche Auswirkungen auf die Strukturen kommunaler Aufgabenerbringung – vor allem im Bereich der kommunalen Wasserwirtschaft – haben könnte. Gerade in Österreich ist es üblich, dass Angelegenheiten der Wasserversorgung von den Kommunen, von den Gemeinden, aber auch von Kooperationen und natürlich auch von Gemeindeverbänden wahrgenommen werden.
Der EU-Ausschuss hat auch die Befürchtung geäußert, dass die EU mit dem Richtlinienvorschlag ihren Plan, den Wasserbereich zumindest teilweise zu liberalisieren, weiter verfolgt. Für eine direkte Marktöffnung fehlt zwar nach wie vor der politische Wille in den Mitgliedstaaten und im Europäischen Parlament, genutzt wird daher das Instrument des Wettbewerbs und insbesondere des Vergaberechts. Schwerwiegende Verzerrungen des Binnenmarktes, wie auch immer wieder behauptet wird, sowie ein Mangel an Rechtssicherheit und eine Abschottung der Märkte werden von der Kommission in der Begründung des Rechtsaktes lediglich behauptet, aber nicht belegt.
Wir haben nach mehr als acht Monaten von der Europäischen Kommission ein Antwortschreiben auf unsere begründete Stellungnahme erhalten, unterzeichnet von Vizepräsidenten Šefcovic, das natürlich nicht zu unserer Zufriedenheit ausgefallen ist. Es gibt ein weiteres Schreiben der Europäischen Kommission an verschiedene NGOs, in dem einfach diese Befürchtungen noch einmal bestätigt werden und aus dem sich ergibt, dass es zu einer Privatisierung der Wasserversorgung kommen soll.
Aus diesem Grund hat sich der EU-Ausschuss am 30. Oktober neuerlich mit dieser Materie befasst und nochmals eine Stellungnahme nach Brüssel geschickt – eine Mitteilung, wie es richtig heißt –, um eine umfassende Überprüfung der tatsächlichen Notwendigkeit des Vorschlages sowie auf dessen Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung anzuregen.
Wir alle wissen, die Struktur der kommunalen Wasserversorgung in Österreich hat sich über viele Jahrzehnte bewährt und garantiert die zuverlässige Belieferung der österreichischen Bürgerinnen und Bürger mit hochwertigem und vor allem mit leistbarem Trinkwasser. Die Wasserqualität wird ständig überwacht und ist nachgewiesen flächendeckend sehr hoch. Eine Liberalisierung des Wassersektors, die die Wasserversorgung allein den Regeln des Marktes unterwirft und dem kommunalen Aufgabenbereich der Daseinsvorsorge entzieht, ist im Interesse des Allgemeinwohls und des Ressourcenschutzes entschieden abzulehnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätinnen Michalke und Kerschbaum.) – Ja, da kann man applaudieren!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe gesagt, Wasser ist Leben. Der Wassersektor ist auch durch Ortsnähe gekennzeichnet und eine klassische kommunale Aufgabe. So besteht zum Beispiel im Fall der Wasserversorgung bei einer bloßen Ausrichtung auf wirtschaftlichen Erfolg die Gefahr, dass der Ressourcenschutz, die Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie – und das ist auch ein ganz wichtiger Punkt – die Instandhaltung und Erneuerung der Leistungsnetze und Speicheranlagen in den Hintergrund treten.
Der Bundesrat lehnt die Pläne der Europäischen Kommission, die Trinkwasserversorgung in Europa für den Wettbewerb für Private zu öffnen, aus diesen Gründen ganz klar ab. Die sichere Bereitstellung von sauberem und leistbarem Trinkwasser hat eine herausragende Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit und ist daher eine kommunale Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge, die auch von der öffentlichen Hand bestens
erfüllt werden kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesräte Dönmez und Kerschbaum.) Da sind wir auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus Wien einer Meinung, die sich jetzt ganz klar dagegen ausgesprochen haben.
Der Bundesrat hat sich wie gesagt intensiv mit dieser Materie auseinandergesetzt, und wir fordern deshalb in diesem vorliegenden Entschließungsantrag die österreichische Bundesregierung auf, sich weiterhin intensiv – ich betone das bewusst – gegen eine Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Trinkwasserversorgung einzusetzen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei Bundesräten der FPÖ sowie der Bundesräte Dönmez und Kerschbaum.)
11.56
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
11.56
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir können es vielleicht mit einem Satz zusammenfassen: Wir alle als Bürger und Bürgerinnen einer Gemeinde sind es gewohnt, eine Wassergebühr zu bezahlen. Wenn aber statt der Wassergebühr ein Wasserpreis kommt, dann hat sich die Versorgung mit einer kommunalen Dienstleistung zu einem Handelsgut gewandelt.
Für eine kommunale Dienstleistung zahle ich nämlich eine Gebühr; wenn etwas auf dem freien Markt gehandelt wird, gibt es einen Preis – einen Preis, wie es ihn zum Beispiel für Strom gibt, wie es ihn für Erdöl oder für andere Handelsgüter gibt. Deshalb tritt der Bundesrat mittlerweile seit über einem Jahr so entschieden und auch geschlossen – da kann ich die Worte von Edgar Mayer nur unterstreichen –, gemeinsam mit dem Städtebund, gemeinsam mit dem Gemeindebund und auch den Ländern auf, um genau das abzuwehren.
Liebe Frau Kollegin Mühlwerth! Bei aller Wertschätzung für die EU bedarf es manchmal klarer Worte, etwa wenn es darum geht, in diesem neoliberalen Geist zu privatisieren, wo Privatisierung keinen Platz hat, nämlich dort, wo es um soziale Dienstleistungen geht, und dort, wo es um kommunale Grundversorgung geht.
Es hat sich jetzt am Thema Wasser entzündet, aber da ist die Kommission selbst schuld. Sie hat uns auf die Subsidiaritätsrüge des Bundesrates nämlich in vielen Punkten recht gegeben und eingelenkt, aber geschrieben: beim Wasser nicht. Der Vertreter der Kommission hat gestern bei uns im Ausschuss noch gesagt, es gehe nur um Transparenz. – Die Taten, die die Kommission derzeit setzt, zeigen bereits, dass das die Unwahrheit ist, etwa wenn die Kommission heute, in diesen Wochen die von der Krise geschüttelten Staaten Griechenland und Portugal zwingt – zwingt!, das ist keine Frage der freien Entscheidung mehr –, ihre privaten Trinkwasserversorgungen zu verkaufen, sie zwingt, das Wasser von Athen zu verkaufen, das Wasser von Saloniki zu verkaufen, die Águas de Portugal zu verkaufen.
Das zeigt, dass durch eine Verschleierung – dadurch, dass gesagt wird, es gehe um Transparenz, nur um Transparenz – in Wirklichkeit durch die Hintertüre diese Form der Privatisierung im kommunalen Dienstleistungssektor einziehen soll. Hier sagen wir entschieden: Aus, nein! Hier werden wir uns wehren, und wir haben das in den letzten Wochen und Monaten entschieden getan. Ich freue mich, dass mittlerweile auch andere sich diesem Protest anschließen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Was bedeutet denn die Konzessionierung künftig? – Die Konzessionierung bisher funktionierender Systeme auszuschreiben, bedeutet eigentlich, die Auftragsvergabe auch einzuschränken. Die Städte und Gemeinden in Österreich sind nach wie vor der wichtigste öffentliche, kommunale Dienstleister, und die Städte und Gemeinden in Öster-
reich sind die, die in erster Linie kommunale Nachfrage für die Klein- und Mittelbetriebe, dadurch zweitens Arbeitsplätze und drittens effiziente Maßnahmen gegen konjunkturelle Einbrüche schaffen. Diese Möglichkeiten will man den Gemeinden jetzt nehmen.
Kommissar Barnier sagt selbst, er muss mittlerweile zugeben, dass das Expertenteam, das ihn berät, aus Konzernetagen großer Konzerne stammt. Er selbst sagt wörtlich: Wenn Sie es so wollen, gebe ich Ihnen recht, unsere Expertengruppe könnte ausgeglichener besetzt sein. Das sagt der Kommissar selbst! Wer sitzt denn da drin? – Thames Water, Veolia, RWE und Gelsenwasser. Das sind Großkonzerne!
Wenn Sie sich das heute in Frankreich anschauen, wo ein Medienkonzern die Abwassersysteme aufkauft – aber nicht, um das Abwasser ordentlich für die Kommunen zu entsorgen, sondern um einen Abschreibungsposten zu haben, um andere Gewinne des Unternehmens gegenzurechnen! –, dann ist das etwas, was zeigt: Das kann einfach nicht gutgehen. Hier geht es um andere Interessen.
In diesem Geist – dieser Geist ist ja nicht neu, liebe Kollegen und Kolleginnen – wurden in den neunziger Jahren Trinkwassersysteme privatisiert. Grenoble – Barnier sollte es wissen, er kommt aus dieser Stadt – hat sein Trinkwassersystem verkauft. Es funktioniert nicht. Jetzt kauft die Stadt Grenoble es zurück und hat 170 Millionen € an Defizit durch den Rückkauf zu erleiden.
Die Stadt Berlin hat unter einer anderen Regierung als der derzeitigen ihr Trinkwasser verkauft und kauft derzeit mit enormen Verlusten zurück. 40 Kommunen, große Städte in Europa, kaufen derzeit ihr Wasser zurück. Genau in dem Moment kommt die Kommission und unterläuft das! Sie würde jetzt genau die Situation in Berlin unterlaufen.
Nehmen wir noch zwei andere Städte: London und Bordeaux. Verkauftes Trinkwasser! Die Trinkwasserqualität in London und in Bordeaux ist mittlerweile auf den Hund gekommen: verschmutzt, bakteriell verseucht, und die Hygiene nicht eingehalten.
Was bringt uns das? – Es gibt Studien, die sagen ... (Ruf: Gewinn!) Gewinn, genau: Es geht um die Gewinnmarge. Wenn Sie für 20 Jahre das Trinkwassersystem bekommen: Werden Sie in Leitungen investieren? Werden Sie in Netze investieren? – Sie werden schauen, dass Sie in den 20 Jahren den maximalen Preis herausholen. Aber Trinkwassersysteme oder Abwassersysteme sind langfristige Investitionen, langfristige Investitionen, die nur Kommunen in der entsprechenden Sorgfältigkeit machen können! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie demonstrativer Beifall des Bundesrates Dönmez.)
Deshalb gibt es ein paar Bereiche – und deshalb bin ich auch froh, dass Edgar Mayer hier nicht nur das Wasser angesprochen hat –, nämlich den kommunalen Wassersektor, den Abwassersektor, die Abfallbeseitigung, die Energie, die Rettungsdienste, die sozialen Dienstleistungen und das kommunale Verkehrswesen, wo sich der Spaß aufhört, dass man mit Freihandelsabkommen, mit Wettbewerbsrichtlinien, mit Konzessionsrichtlinien ständig versucht, die kommunale Selbstversorgung zu unterlaufen und einem Privatisierungsdruck zu unterwerfen, der der Bevölkerung nichts bringt. Ein paar werden verdienen, und das gesamte System leidet.
Hier sagen wir in aller Freundschaft und als Europäer: Das ist der falsche Weg. Dieser neoliberale Weg hat Europa schon in manche Krisen geführt, jetzt heißt es, eine Umkehr zu machen. Deshalb gehen wir auch in diese Auseinandersetzung. Da ist der Bundesrat Partner der Städte, der Gemeinden und der Bundesländer. Wir sind froh darüber, dass auch im internationalen Konzert – egal, ob es Abgeordnete von CSU, FDP, SPD oder Grünen sind – an einem Strang gezogen wird, zum Wohle unserer Bürger und Bürgerinnen und zur Garantie der sozialen Versorgung und der Daseinsvorsorge.
Deshalb danke ich dafür, dass wir auch heute, glaube ich, zu einer einstimmigen Beschlussfassung dieser Entschließung kommen, die unser Regierungsmitglied im Jän-
ner an diese Diskussion im Bundesrat und in Österreich auch in einer gewissen Weise politisch bindet. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
12.06
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
12.06
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon sehr viel zum Thema gesagt worden. Aber als Allererstes möchte ich mich einmal bei Edgar Mayer und Stefan Schennach bedanken, die dieses Thema vorangetrieben haben, auch im EU-Ausschuss, wo wir uns wirklich intensivst damit befasst haben und nicht nur eine Stellungnahme abgegeben haben, sondern das heute auch ins Plenum gebracht haben.
Zur Sache selbst ist schon sehr viel gesagt worden. Ich möchte vielleicht noch eines ganz kurz ergänzen. Zusätzlich zu diesem Liberalisierungsdruck, den wir jetzt auf europäischer Ebene zu spüren bekommen, gibt es auch noch den anderen Druck: Das ist der Spardruck der Gemeinden. Das ist genau ein Zusammenspiel von zwei Seiten, wodurch möglicherweise doch eine Gefahr bestünde, obwohl hier in Österreich, glaube ich, wirklich parteiübergreifend, aber auch in der Bevölkerung Konsens darüber herrscht, dass es Dinge gibt wie zum Beispiel die Wasserversorgung, aber auch Abwasser, Müll et cetera, die nicht in wirtschaftliche Bereiche ausgelagert werden sollen, sondern wo es wirklich darum geht, es in kommunaler Hand zu belassen, womit auch eine politische Verantwortung gesichert ist.
Das ist nämlich der große Unterschied: Wenn ich irgendeinen Betrieb habe, der meine Wasserversorgung sichern soll, und der – macht einen Schas, wollte ich jetzt sagen, aber das darf man, glaube ich, nicht – kümmert sich nicht so um die Ressourcen, wie wir das gerne hätten, dann hat das keine großartigen Auswirkungen. Dagegen: Gibt es eine politische Verantwortung, dann heißt das, dass man sich auch um die Ressourcen kümmern muss. Man muss sich darum kümmern, dass es auch in Zukunft sauberes Wasser zu trinken gibt.
Keine Frage, gerade in Korneuburg weiß ich, auch das mit der Überprüfung ist nicht immer so, wie wir es gern hätten, auch nicht in Österreich. Nichtsdestoweniger bin ich überzeugt davon, dass es in kommunaler Hand wahrlich viel besser ist, als wenn das ausgelagert würde in die freie Wirtschaft.
Ich möchte noch anmerken, dass es auch in Österreich Politiker gibt, die das vielleicht ein bisschen anders sehen und die auch darauf dringen, dass gerade diese Daseinsvorsorge zum Teil auch für den Wettbewerb geöffnet wird. Dazu möchte ich schon noch anmerken: Diese Politiker vertreten hier nicht das Volk, diese Politikerinnen und Politiker vertreten in erster Linie große Konzerne und sind der verlängerte Arm dieser großen Konzerne. (Bundesrat Mag. Himmer: Wer denn? – Bundesrat Saller: Sagen Sie einen!)
In diesem Fall möchte ich noch einmal betonen, ich freue mich darüber, dass wir im Bundesrat parteiübergreifend diese Entschließung beschließen. Wir stimmen natürlich zu. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
12.08
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Mag. Himmer. – Bitte.
12.09
Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus!
Ich habe ja ob des Umstandes, dass es ein gemeinsamer Antrag von allen Fraktionen ist, ein gutes Gefühl, dass nichts passieren wird, was das Wasser betrifft, dahin gehend, dass wir es verkaufen werden. Wir haben uns jetzt wechselseitig auch recht gut, glaube ich, überzeugt und sind uns hier in einer Materie sehr einig.
Ich wollte nur – ohne da missverstanden zu werden – eine kleine Anmerkung machen. Stefan Schennach hat natürlich völlig richtig gesagt, dass das bedeuten würde, dass dann das Wasser in Wien oder wo auch immer einen Preis statt einer Gebühr hätte. Nein, wir wollen das nicht, wir wollen das Wasser nicht privatisieren.
Ich möchte aber ganz generell anmerken, dass es in anderen Bereichen der Wirtschaft manchmal Preise gibt, die geringer als die Gebühren sind! Das ist also nicht grundsätzlich in allen Bereichen sozusagen etwas Böses. Gerade, wenn ich mir die Gemeinde Wien anschaue oder auch, lieber Küniglberg, den Österreichischen Rundfunk und so weiter, dann gibt es natürlich Gebühren, wo Preise manchmal günstiger wären. – Aber das nur nebenbei. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Außerdem möchte ich aus aktuellem Anlass diesen Tagesordnungspunkt nicht vorüberziehen lassen, ohne auf mein Bundesland Bezug zu nehmen. In meinem Bundesland Wien hat es ja, wie Sie vielleicht mitbekommen haben, eine breite Diskussion über die Parkraumbewirtschaftung gegeben, wo auch direkte Demokratie mit ins Spiel gebracht worden ist, überraschenderweise etwas zum Unmut der Grünen. Jetzt, nachdem die Bevölkerung in Wien eine sehr intensive Diskussion über die Parkraumbewirtschaftung geführt hat, darf sie über das Jahr 2028, über eine Olympiade abstimmen, ohne dass wir darüber schon viel diskutiert haben.
Aber wir dürfen auch darüber abstimmen, ob wir wollen, dass das Wasser privatisiert wird. Es ist natürlich eine sehr wichtige Sache, dass die Wiener Bevölkerung da gefragt wird. Wie gesagt, wir sind uns hier in fünf Parteien darüber einig, dass wir das Wasser nicht privatisieren wollen. In Wien hat die rot-grüne Stadtregierung eine Mehrheit; ich vermute, sie wissen auch gemeinsam, dass weder Rot noch Grün das Wasser privatisieren wollen. Die Opposition will das Wasser auch nicht privatisieren. Aber damit nichts passiert gegen die Regierungsmehrheit und von der Opposition, die eigentlich auch das Wasser nicht privatisieren will, befragen wir jetzt die Wiener Bevölkerung, ob das Wasser privatisiert werden soll.
Daher wollte ich aus gegebenem Anlass nur anmerken, dass es sich hier schon um eine kleine demokratiepolitische Absurdität handelt, die auch einmal festgehalten sein sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
12.12
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Bevor ich dem Herrn Staatssekretär das Wort erteile, darf ich Frau Ministerin Heinisch-Hosek ganz herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Herr Staatssekretär, bitte.
12.12
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesratsmitglieder! Liebe Schülerinnen und Schüler und Gäste! (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)
Lieber Harry Himmer – ich sehe ihn nicht, wollte ich sagen, aber er ist hinter mir –, ich habe gestern mit dem Klubobmann der ÖVP, dem Klubobmann der SPÖ, also Karlheinz Kopf und Josef Cap, der Frau Bundesministerin Mikl-Leitner und dem Staatssekretär Kurz über direkte Demokratie und den Ausbau von direkter Demokratie verhandelt. Wir hatten einen Verhandlungsprozess, der einige Monate gedauert hat, und
sind gestern zu einem guten Ergebnis gekommen. Vor allem waren wir uns alle darüber einig, dass wir direkte Demokratie, Volksbegehren, BürgerInnenanfragen ermöglichen wollen, stärken wollen, auch mit elektronischer Signatur und so weiter.
Was uns immer bevorstehen wird, wenn wir direkte Demokratie stärken, und vor allem, wenn wir sie anwenden, ist eine Diskussion über inhaltliche Fragestellungen. Da kann man trefflich streiten. Es gibt auch viele, die sagen, wir hätten selber über die Frage Berufsheer versus Wehrpflicht und so weiter entscheiden sollen. Nachdem wir in der Koalition keine gemeinsame Position gefunden haben, haben wir uns gemeinsam entschlossen, diese Frage den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich vorzulegen, so wie jetzt Wien einen Beschluss gefasst hat, entsprechende Fragen zu stellen. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber da gibt es ja eine gemeinsame Position!)
Aber ich möchte mich sowohl bei Stefan Schennach als auch bei Frau Kollegin Kerschbaum und bei Herrn Bundesrat Mayer von der ÖVP dafür bedanken, dass sie ganz klare Worte gegen die Privatisierung von Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge, insbesondere der Trinkwasserversorgung, gefunden und auch gesagt haben. Und ich möchte mich bei Ihnen allen bedanken für die doch weitgehend sachliche, angenehme Debatte, die hier stattgefunden hat und die in den vergangenen Monaten, im letzten Jahr hier stattgefunden hat. Vielen herzlichen Dank dafür!
Ich freue mich auch darüber, dass doch die Beschlüsse über einige Vorlagen, die uns betroffen haben, einstimmig gefasst wurden. Das ist, glaube ich, ein gutes Zeichen im Sinne von notwendiger Geschlossenheit in sehr krisenhaften Zeiten.
Ich möchte die Gelegenheit dazu nutzen, Ihnen allen frohe Festtage und auch persönlich alles Gute im kommenden Jahr zu wünschen! – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
12.15
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte, Herr Kollege.
12.15
Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Jetzt ist es ein bisschen schwierig, jetzt sitzen Sie hinten am Präsidententisch. Aber nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, und ich möchte als Wiener Mandatar diese Kritik eines anderen Wiener Mandatars, der offensichtlich nicht den Grund für diese Volksbefragung oder den Inhalt verstanden hat, hier doch schärfstens zurückweisen!
Wien ist federführend, Kollege Präsident Himmer, in diesem Widerstand gegen die Neoliberalisierung der Trinkwasserversorgung, federführend für alle anderen Gemeinden und Städte. Was damit zum Ausdruck kommt, ist, wie geschlossen in dieser Frage eine Bevölkerung hinter ihrer Landesregierung steht. Es wäre schön, Präsident Himmer, wenn Sie sich nicht in dieser Weise darüber lustig machen, sondern als Vertreter der Stadt Wien diese Volksbefragung genauso mittragen würden. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall des Bundesrates Schreuder.)
Denn man kann nicht einerseits hier in aller Überzeugung sagen, wie sehr man für diese Entschließung ist, die wir heute überparteilich unterstützen, und auf der anderen Seite es nicht mittragen, wenn es darum geht – wir haben vorhin schon gesagt, Kommissar Barnier lässt sich in erster Linie von Konzernetagen beraten –, jetzt einmal sichtbar zu machen, wie die Bevölkerungen das einschätzen. Das wird es auch in Berlin geben. Es wäre gut und es wäre wichtig, wenn viele die Chance dieser Volksbefragung nützen, um klarzumachen: Wir wollen keine Privatisierung der Trinkwasserversorgung! – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
12.17
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag des EU-Ausschusses auf Annahme der dem Ausschussbericht angeschlossenen Entschließung ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag auf die Fassung dieser Entschließung ist somit angenommen. (E 238/BR-2012.)
Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Karenzurlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012) (2003 d.B. und 2052 d.B. sowie 8830/BR d.B. und 8838/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. – Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Dr. Magnus Brunner, LL.M: Herr Präsident! Frau Bundesminister! (In Richtung des sich von SPÖ-Bundesrätinnen und Bundesräten verabschiedenden Staatssekretärs Dr. Ostermayer:) Auf Wiedersehen, Herr Staatssekretär! (Heiterkeit.) Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 betreffend eine Dienstrechts-Novelle 2012 liegt Ihnen schriftlich vor.
Ich darf daher den Antrag stellen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung. – Bevor wir in die Debatte eingehen, darf ich zur Debatte über diesen Tagesordnungspunkt sehr herzlich Frau Bundesminister Heinisch-Hosek begrüßen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesministerin Heinisch-Hosek: Ich bin schon begrüßt worden!) Sie sind schon begrüßt worden, aha. Also: Herzlich willkommen! (Ruf bei der SPÖ: Doppelt hält besser!)
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.
12.19
Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt gleich einmal vorausschicken, dass der öffentliche Dienst in Österreich funktioniert. Er funktioniert deswegen, weil trotz vieler Widerstände, aber mit viel Einsatz und mit viel persönlichem Engagement die Bediensteten mittlerweile schon eine fast perfektionierte Improvisationskunst entwickelt haben, die ihresgleichen sucht. Deswegen funktioniert der öffentliche Dienst in Österreich. – Das sei vorweg einmal gesagt.
Zur Beschlussfassung der vorliegenden Dienstrechts-Novelle aber darf ich sagen: Wir Freiheitliche lehnen diese Novelle ab. Ich darf auch kurz auf die wesentlichen Punkte unseres Abstimmungsverhaltens eingehen.
Da ist zunächst einmal der Wunsch nach einem eigenständigen Dienstrecht für die einzelnen Berufssparten im öffentlichen Dienst. Es ist nichts Neues, wenn ich sage, dass die Arbeit eines Lehrers völlig anders zu bewerten ist als die Arbeit als Polizist, und der Richterberuf ist nicht vergleichbar mit der Tätigkeit eines Berufsoffiziers im österreichischen Bundesheer. Es gibt seit Jahren Diskussionen über Dienstrechte – Exekutivdienstrecht, Lehrerdienstrecht. Diese Dienstrechts-Novelle bietet das wieder einmal nicht, man ist wieder einmal säumig, und das ist sicherlich einer der Gründe, warum wir diese Novelle ablehnen.
Ein weiterer Punkt, den wir sehr kritisch betrachten, ist der § 312a Strafgesetzbuch, der mit dieser Dienstrechts-Novelle beschlossen werden soll und den man hier sozusagen angehängt hat. Ich darf vorausschicken, dass wir Freiheitliche genauso, wie ich es jedem hier im Saal und jedem demokratisch gesinnten Menschen zubillige, Folter und Gewalt als Druckmittel zur Wahrheitsfindung generell ablehnen. Wie die Formulierung dieses § 312a gefasst ist, ist sie derart unkonkret und schwammig, dass die Gefahr von Beschwerden und vor allem des Entstehens von Denunziantentum sehr, sehr groß ist.
An einem Beispiel aufgezeigt, und vielleicht auch zur Erklärung: Der mögliche Täter ist nach diesem Paragraphen der Beamte, der Amtsträger. Als Beispiel nehme ich einen Strafrichter, der in der Verhandlung zum Beschuldigten sagt: Herr Beschuldigter, geben Sie es doch zu, denn dann bekommen Sie nicht vier, sondern nur zwei Monate. Wenn sich der Beschuldigte dann auf diesen Paragraphen beruft, ist dann der Richter seinen Job los? Das wäre wirklich nicht gerecht, und das kann es ja wohl auch nicht sein. Das Gleiche gilt für die Polizei, gilt für Polizisten bei einer Vernehmung. Auch das wäre so ein Fall.
In diesem Zusammenhang darf ich auch noch erwähnen, dass man den wichtigsten Milderungsgrund in unserer Strafgesetzgebung, nämlich das reumütige Geständnis, dann abschaffen müsste, denn das wäre doch nur konsequent, wenn man das machen würde. Das würde die Rechtsordnung, unser Rechtssystem jedoch vermutlich auf den Kopf stellen.
Diese Bestimmung ist also aus unserer Sicht unkonkret, sie ist schwammig, sie ist offensichtlich auch den österreichischen Rechtsverhältnissen nicht angepasst, und sie öffnet, wie ich schon gesagt habe, dem Denunziantentum Tür und Tor. Und genau dadurch wird sie natürlich zu einer großen Verunsicherung gerade beim Dienstpersonal der Polizei, der Exekutive und auch im Bereich der Justiz führen. Es geht uns nicht darum, dass man jene, die tatsächlich Gewalt anwenden, laufen lässt. Die gehören ausnahmslos bestraft! Es geht jedoch um die Tausenden von Polizisten, von Staatsanwälten, von Richtern, von Bediensteten aller Bereiche, die tagtäglich mit der Durchsetzung von staatlicher Zwangsgewalt befasst sind, die tagtäglich hoheitliche Verwaltungsakte setzen müssen, die die Rechtsprechung ausüben. Sie werden verunsichert sein. Das ist für uns einer der Hauptgründe, warum wir diese Dienstrechts-Novelle ablehnen.
Und eines noch, Frau Minister, auf einen Punkt möchte ich noch eingehen. (Bundesrat Kainz: Nach deiner Rede werden sie auf alle Fälle verunsichert sein!) – Wir werden dann ohnehin noch hören, was ihr dazu sagt.
Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen, Frau Bundesminister, auf den sogenannten Papa-Monat. Die Regelung, dass man die Frist für die Antragstellung von zwei Monaten auf eine Woche vor dem Geburtstermin verkürzt, ist für uns durchaus akzeptabel. Das kann man so machen. Was wir jedoch als nicht praktikabel ansehen, ist die
Tatsache, dass man auch den Passus herausgenommen hat, dass keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen dürfen. Das halte ich denn doch für weniger praktikabel. Ich stelle mir vor, ein Beamter geht zu seinem Vorgesetzten und sagt: Du, ich bin ab Montag dann einmal für vier Wochen weg. – Ich glaube, dass das in der Praxis doch zu Schwierigkeiten führen wird. Diese Regelung ist insgesamt durchaus akzeptabel, aber vielleicht hätte man diesen Passus doch eher stehen lassen sollen.
In Summe aber, geschätzte Damen und Herren, lehnen wir diese Dienstrechts-Novelle aus den von mir genannten Gründen ab, weil dieser § 312a, Herr Kollege, zu einer Verunsicherung innerhalb der Polizei und innerhalb der Justiz führen wird. Ich kann Ihnen das aus der Praxis berichten. Vor zwei Wochen sind wir unsere Polizeidienststellen abgefahren, haben mit den Leuten gesprochen, und die haben uns genau das bestätigt, was ich Ihnen hier gesagt habe. Es wird zu Verunsicherung führen! Wir Freiheitliche lehnen diesen Punkt jedenfalls ab. (Beifall bei der FPÖ.)
12.24
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Blatnik. – Bitte.
12.25
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Frau Bundesminister! Gospa zvezna ministrica! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Drage gledálke in gledálci doma! Zum Unterschied von der FPÖ werden wir dieser Novelle selbstverständlich und sehr gerne zustimmen. Sie umfasst sehr viele Punkte, sehr viele positive Punkte. Ich möchte vorweg dir, liebe Frau Bundesministerin, und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Mühe und Arbeit recht herzlich danken.
Es war wichtig und richtig, dass Verschärfungen bei Sexualdelikten und bei Folter in diese Novelle aufgenommen worden sind. Es war wichtig und richtig, dass der Begriff „Folter“ in diese Novelle aufgenommen worden ist. Konkret heißt es: Wer rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs, wegen Vergewaltigung oder anderer Sexualstraftaten verurteilt wird, muss künftig den Bundesdienst verlassen. Das Dienstverhältnis wird unabhängig vom Strafausmaß automatisch aufgelöst. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist richtig und wichtig!
Der zweite Punkt, auf den ich kurz eingehen möchte, betrifft eine langjährige SPÖ-Forderung, nämlich die Freistellung. Das ist für mich wirklich ein ganz großer, massiver Meilenstein. Es geht um die Ausdehnung des Anspruchs auf Pflegeurlaub. Jetzt können sich auch Eltern, die in getrennten Haushalten wohnen, wenn ein eigenes Kind krank ist, wirklich gemeinsam um dieses Kind kümmern. Auch wenn ein bis zu zehn Jahre altes Kind ins Krankenhaus kommt, haben die Eltern Anspruch auf Pflegefreistellung. Es geht also um eine Ausweitung der Pflegefreistellung auf Patchwork-Familien, aber auch auf eingetragene Partner und Partnerinnen. Und das ist wirklich ein Meilenstein.
Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist für die SPÖ-Frauen, aber eigentlich für die SPÖ insgesamt ein ganz wichtiger Punkt, nämlich der Papa-Monat. Es geht um die partnerschaftliche Kindererziehung, und die Forderung nach partnerschaftlicher Kindererziehung ist wirklich eine langjährige Forderung der SPÖ-Frauen. Dieser Papa-Monat, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Meilenstein für eine partnerschaftliche Kindererziehung, denn dadurch bekommen die Väter die Chance und die Möglichkeit, nach der Geburt eines Kindes einen Monat zu Hause zu bleiben. Das ist nicht nur für die Mutter wichtig, sondern es ist auch für die Entwicklung der Kinder wichtig und für den Vater positiv. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Kainz.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider ist dieser Papa-Monat, diese vier Wochen, unbezahlt, und ich wünsche mir jetzt gerade vor Weihnachten einen bezahlten Papa-
Monat. (Beifall bei SPÖ und Grünen.) Und dies, weil es wirklich auch Familien gibt, in denen es sich die Eltern nicht leisten können, diesen Papa-Monat in Anspruch zu nehmen. (Ruf bei der ÖVP: Wenige!) Einige!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Papa-Monat im Bundesdienst ist ein Erfolgsmodell. Ich bin mir sicher, das ist ein Vorbild für die Privatwirtschaft. Ich würde mir wünschen, dass dieser Papa-Monat nicht nur für den öffentlichen Bundesdienst gilt, sondern selbstverständlich auch für die Privatwirtschaft.
In dieser Novelle geht es auch, was der Vorredner von der FPÖ bereits erwähnt hat, um den Entfall der Antragsfrist von zwei Monaten, was wir selbstverständlich befürworten. Jetzt reicht die Meldung eine Woche vor der Geburt. Das ist vor allem deswegen so positiv, weil es ja auch um Frühgeburten geht, und bei Frühgeburten ist das wirklich eine Verbesserung.
Der nächste Punkt, den die FPÖ auch kritisiert hat: Es handelt sich um einen unbedingten Rechtsanspruch, dem keine Erwägungen dienstlicher oder betrieblicher Natur entgegengestellt werden können, und das ist gut so und positiv.
Zusammenfassend, liebe Kolleginnen und Kollegen: Beim Papa-Monat freut mich, dass es eine Veränderung geben wird, dass der Papa-Monat in Zukunft auch noch eine Woche vorher beantragt werden kann und in jedem Fall gewährt werden muss.
Wir werden dieser Novelle, wie schon anfangs gesagt, zustimmen. Ich möchte, da es jetzt um den öffentlichen Dienst geht, die Gelegenheit nützen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Parlament recht herzlich für ihre Arbeit zu danken.
(Bundesrätin Blatnik setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)
Danke. Hvala lepa. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
12.31
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächster Redner: Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
12.31
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Dass bei einem Anti-Folterparagraphen in Österreich kein Grundkonsens herrscht, bestürzt mich. Ehrlich! Österreich ist 1987 dem Anti-Folter-Abkommen der Vereinten Nationen beigetreten und wurde 1999 und 2005 gerügt, dass das nicht umgesetzt worden ist. Es hat auch der Europarat Österreich deswegen gerügt, weil das nicht umgesetzt worden ist. Im Nationalrat gab es eine getrennte Abstimmung, da haben wir dafür gestimmt; das gibt es jetzt hier im Bundesrat nicht. Wir würden natürlich diesem Anti-Folter-Paragraphen zustimmen, weil wir denken, das sollte in dieser Republik eigentlich Grundkonsens sein. Dass dem nicht so ist, muss ich mit großem Bedauern – Freiheitliche Partei! – zur Kenntnis nehmen.
Ich kann allerdings auch den Ausführungen meiner Vorrednerin nicht ganz folgen, die meinte, dass dieses Gesetz ein Meilenstein wäre, zumal es für eingetragene Partner und Partnerinnen alles andere als ein Meilenstein ist. Ganz im Gegenteil!
Jetzt möchte ich einmal auf die verschiedenen Punkte eingehen. Wie immer ist es natürlich in der Opposition so, dass man, wenn man ein Gesetz vorliegen hat, viel Gutes sieht, dass man viel Kritisierenswertes sieht, das eine gegen das andere abwägen und dann zu einer Entscheidung kommen muss, auf Schwarz-Weiß reduziert, auf Plus oder Minus, dagegen – dafür. So eindeutig ist es natürlich oft nicht. Könnte man über jeden Paragraphen einzeln abstimmen, dann gäbe es sehr vieles , dem wir zustimmen könnten. Das sei vorausgeschickt. Nach Abwägung aller Dinge werden wir diese Dienstrechts-Novelle ablehnen.
Einer der Gründe – das hat meine Vorrednerin richtigerweise so gesagt – ist: Wir sind sehr froh, dass der Papa-Monat da drinnen steht, aber wir sind sehr traurig darüber, dass er unbezahlt ist. Wir wollen eindeutig einen Papa-Monat, der mit vollen Bezügen bezahlt wird. (Bundesrat Perhab: Und wer soll das bezahlen?) Die öffentliche Hand, ja, selbstverständlich.
Die Fortsetzung der Diskriminierung für die eingetragenen Partnerinnen und Partner möchte ich hier schon noch einmal erläutern. Wir haben von Anfang an gesagt, als das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz zum 1. Jänner 2010 in Kraft getreten ist, dass dieses Konstrukt ein Fehlkonstrukt ist, dass es ein Fehler ist, nicht einfach die Ehe aufzumachen für Lesben und Schwule oder aber die eingetragene Partnerschaft auch heterosexuellen Paaren zur Verfügung zu stellen. Indem man zwei verschiedene Rechtsinstitute und sozusagen zwei Ghettogesetze schafft – das eine ist für die Homosexuellen, das andere für die Heterosexuellen –, schafft man prinzipiell Ungleichheit. Gleichbehandlung kann nicht ein bisschen stattfinden, es gibt sie ganz oder gar nicht. Dieses Gesetz ist also eine Fortschreibung der Ungleichbehandlung.
Für eingetragene Partnerinnen und Partner nach diesem Gesetz gibt es eine erschwerte Familien-Hospizkarenz – Sterbebegleitung ist keine Kleinigkeit, das betrifft Menschen persönlich – für im Sterben liegende Stiefkinder, keine Arbeitszeitreduktion oder Karenz zur Betreuung von Stiefkindern. Es gibt einen erschwerten Pflegeurlaub für die Stiefkinder. Es gibt keine Abfertigung bei gemeinsamer Adoption eines Kindes, weil die Adoption nach wie vor verboten ist, keine Kinderzulage für betreute Kinder des oder der verstorbenen PartnerIn bei der Witwer- oder Witwenpension. Es gibt keine Zulage zur Waisenpension des Stiefkindes bei Ableben des eingetragenen Partners. Es gibt keine Anrechnung von Kindererziehungszeiten des verstorbenen eingetragenen Partners. Es gibt keinen Zuschuss für eingetragene Partner von öffentlich Bediensteten, die bei Versetzung des Bediensteten ins Ausland im Interesse des Stiefkindes im Inland bleiben. – Das sind Ungleichbehandlungen! Diese werden in diesem Gesetz fortgeschrieben, und dagegen sind wir.
Weitere Kritikpunkte: Wir halten es für problematisch, dass das Verwaltungsgericht nicht die gleiche Wertigkeit bekommt wie die ordentliche Gerichtsbarkeit. Weiters halten wir die aufgezählten Straftatbestände für problematisch, bei deren Begehung ein Amtsverlust droht, weil dort nur einzelne Straftaten genannt werden. Wir finden es richtig, dass zum Beispiel bei Kindesmissbrauch ein Lehrer, eine Lehrerin kein Lehrer oder keine Lehrerin mehr sein kann. Warum aber ein Lehrer nach wie vor Lehrer sein darf, wenn er seine Familie zu Hause verprügelt, ist mir ein Rätsel.
Schon als wir über den Nationalfonds diskutiert haben, gab es ein Problem, das ich doch für erheblich halte. Ich habe die historische Entwicklung zum § 129 Abs. 1b heute schon referiert, den es schon in der k.u.k. Zeit gab und dann bis 1971, der Homosexualität generell verboten hatte. Als dieser Paragraph im Jahre 1971 gestrichen wurde, wurden Ersatzparagraphen geschaffen, um die Diskriminierung in anderer Form weiterzuschreiben – zumindest war nicht mehr das Totalverbot gegeben. Als dann der allerletzte Paragraph, der sozusagen noch ein Erbe dieser Verfolgungsgeschichte war, vor zehneinhalb Jahren vom Verfassungsgerichtshof und dann auch vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof abgeschafft wurde, nämlich der § 209, wurde ein Ersatzparagraph geschaffen, das war der § 207b. Dieser betrifft Straftaten, für die es schon längst andere Paragraphen gab. Wir haben sozusagen Parallelstrukturen im Strafgesetzbuch, was ein Problem ist.
Wir haben sehr viele Anfragen an alle Justizministerinnen und -minister – gab es Minister? – gestellt: An wen richtet sich dieser Paragraph? Wer wird noch aufgrund dieses Paragraphen verurteilt? Und viele Jahre lang hatten wir Prozentsätze von 38 bis 100 Prozent, dass sich dieser Paragraph ausschließlich gegen homosexuelle Männer
richtet. Das ist sozusagen gerichtliche Praxis. Das ist immer noch das letzte Überbleibsel dieser Diskriminierungen. Und die SPÖ hat 2002 dagegen gestimmt, gegen den § 207b und unterschrieben, dass sie den abschaffen will – so wie wir. Heute steht hier drinnen, dass Amtsverlust deswegen droht, obwohl dieser Paragraph wirklich fast ausschließlich gegen Homosexuelle gerichtet ist.
Leider haben wir die aktuellen Daten nicht. Die früheren JustizministerInnen haben uns diese immer gegeben. Dann haben wir Frau Justizministerin Karl gefragt, wie das in den letzten Jahren praktiziert wurde. Wie sind die aktuellen Daten? Da hat sie gesagt: Das kann ich nicht beantworten. So viele Jahre, das ist zu viel Aufwand. Ein halbes Jahr ginge ja. – Dann habe ich ein halbes Jahr angefragt, und sie gibt mir die Antwort nicht mehr, weil es zu viel Aufwand sei. Früher wurde das anstandslos beantwortet. – Das sei hier auch noch angemerkt, das finde ich ausgesprochen problematisch. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
12.39
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Nächster Redner: Herr Bundesrat Kainz. – Bitte.
12.39
Bundesrat Christoph Kainz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese Beamtendienstrechtsnovelle ist ein Sammelgesetz. Viele Punkte sind darin geregelt. Meine Vorredner sind darauf schon eingegangen.
Grundsätzlich denke ich, schon auch im Namen aller hier anwesenden Bundesratskolleginnen und -kollegen und auch namens aller Parteien feststellen zu dürfen, dass Österreich sich glücklich schätzen kann wegen des öffentlichen Dienstes, so wie wir ihn haben, weil er die Basis darstellt für unseren Sozialstaat, für unseren Sicherheitsstaat, für unseren Bürgerservicestaat und Österreich letztendlich zu dem macht, wie wir es wollen und wie es die Bürgerinnen und Bürger auch kennen. Wir haben ein sehr, sehr hohes Niveau, das die Grundlagen unserer Gesellschaft darstellt, auch für den Wirtschaftsstandort Österreich. Ich meine, dass wir alle daran interessiert sind, möglichst effiziente Verfahrensabläufe zu haben, sehr bürgernah zu agieren und letztendlich als Dienstleister auch für unsere Bürgerinnen und Bürger da zu sein. Ich denke, dass es Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll auf den Punkt bringt, wenn er seine niederösterreichische Landesverwaltung unter das Motto „Näher zum Bürger, schneller zur Sache“ stellt, denn gerade auch mit unseren Bezirkshauptmannschaften ist es möglich, dass die Bürger sehr nahe vor Ort ein Servicezentrum haben, wobei schnelle Verfahrensabläufe letztendlich auch eine hohe Qualität in der Verwaltung darstellen.
Ich möchte nur auf ein paar Punkte dieser Beamtendienstrechtsnovelle eingehen, nämlich auch bewusst mit dem sogenannten Frühkarenzurlaub beginnend, dem Papa-Monat. Ja, ich meine, es ist richtig, diese Frist zu verkürzen, denn ich glaube, dass der öffentliche Dienst und der Staat in diesem Falle als Dienstgeber auch gewisse Vorbildwirkung für andere Bereiche haben sollten. Deswegen ist es meiner Ansicht nach richtig, dass wir diesen Schritt gehen, und zwar auch in Bezug auf die Ausweitung der Pflegefreistellung, weil wir auch hier Verantwortung gegenüber unseren Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern haben und einen Weg vorbereiten und vorangehen sollten, auf dem uns vielleicht dann letztendlich auch andere folgen, natürlich nur, wenn der Gesetzgeber das auch in diesem Fall will. Wichtig ist auch die Verbesserung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.
Ein Punkt, der, glaube ich, auch sehr wichtig ist, weil es hier um das Vertrauen der Bürger in den öffentlichen Dienst geht, weil es hier auch um das Ansehen des öffentlichen Dienstes an sich geht, ist die Auflösung des Dienstverhältnisses bei schwerwiegenden Delikten wie sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung, Folter. Da sind wir uns, wie ich
meine, einig, dass das zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung und auch notwendig ist.
Ich denke auch, dass der Weg, der zur Erreichung dieses Pakets beschritten wurde, ein sehr vernünftiger Weg in sozialpartnerschaftlicher Qualität war. Die Frau Bundesminister hat hier gemeinsam mit den Sozialpartnern einen sehr konstruktiven Weg gewählt, und ich möchte diesen heutigen Gesetzesbeschluss zum Anlass nehmen, um wirklich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst danke zu sagen. Ich bin selbst auch Beamter – karenziert bei Entfall der Bezüge – der Niederösterreichischen Landesregierung und denke, dass Anlass besteht, Dank zu sagen an alle Beamtinnen und Beamten in der öffentlichen Verwaltung, im Bereich der Sicherheit, auch der Kinderbetreuung von der Kindergartenpädagogin bis zum Hochschulprofessor, letztendlich allen, die im öffentlichen Dienst tätig sind, weil der öffentliche Dienst schon auch in gewisser Hinsicht ein interessantes Spannungsfeld zu bewältigen hat. Da ist einerseits die Qualitätsanforderung, der Anspruch an eine hohe Qualität der Dienstleistung, er soll andererseits sehr bürgernah agieren, zum Dritten aber sehr rasch zu Entscheidungen kommen. Ich denke, dass wir das in Österreich sehr, sehr vernünftig regeln. Deswegen stimmen wir gerne zu.
Ich möchte es aber auch nicht verabsäumen, geschätzte Frau Bundesminister, dir, weil du ja im Nachbarbezirk zu Hause bist und wir einander auch persönlich kennen, zu deinem Geburtstag, den du vor einigen Tagen gefeiert hast, sehr, sehr herzlich zu gratulieren. Bleib gesund! In diesem Sinne alles Gute! Wir stimmen gerne zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
12.43
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ertl. – Bitte, Herr Kollege.
12.44
Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Warum überrascht sie mich nicht, diese neue Gesetzesnovelle, die Sie sich hier einfallen haben lassen? Es ist doch ein starkes Stück, dass das Innenministerium und das Justizministerium in Personalunion mit der Frau Beamtenministerin unkontrolliert auf Polizei und Justiz einprügeln können. (Bundesrat Todt: Wie war das?) Sie, meine Damen und Herren, werden heute einer vorverurteilenden Verschärfung des Disziplinarrechtes zustimmen. Ebenso werden Sie dem neuen § 312a Strafgesetzbuch, dem Folterparagraphen, zustimmen. Diese undefinierten und undefinierbaren Formulierungen stellen mit der vorgesehenen zwangsweisen Suspendierung eine überschießende und unverhältnismäßige Verschärfung des Dienstrechtes der Beamten dar.
Auf den Gedanken, Kollege Kainz, hinter den Beamten zu stehen, kommen Sie leider nicht. (Bundesrat Kainz: Ich glaube, dass die Kolleginnen und Kollegen froh sind, dass nicht Sie hinter ihnen stehen!) Besonders betroffen sind Polizei- und Justizbeamte. Diese sind jetzt nicht nur einem verstärkten Beschwerde- und Denunziantentum ausgesetzt oder ausgeliefert, nein, sie werden auch noch mit unangemessenen dienstrechtlichen Konsequenzen konfrontiert.
Meine Damen und Herren! Gewalt- und Sexualstraftäter haben bei uns nichts verloren, aber genauso wenig hat bei uns eine behördliche Vorverurteilung verloren! – Nicht in einem demokratischen Staat, wie es Österreich ist! (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Es wird niemand vorverurteilt!) Auf Zuruf eines vermeintlich Geschädigten – das hat der Kollege (Bundesrat Brückl – da der Redner zögert –: Brückl!) Brückl schon gesagt; danke – wird in Zukunft ein unschuldiger Beamter sofort suspendiert, ohne dass vorher objektiv ermittelt wird. (Bundesrat Kainz: Das gibt es ja jetzt schon!) Es ist eine
sofortige Suspendierung vorgesehen, nur weil dem Täter zum Beispiel mitgeteilt wurde, im Falle eines Geständnisses wird seine Strafe milder ausfallen. Dieser Straftäter beschwert sich dann, dass er unter Druck gesetzt worden ist, und dann treten sofort diese verschärften Disziplinarmaßnahmen in Kraft. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.)
Mit diesem Dienstrecht wird eine Pro-Täter-Politik betrieben. Diese Bestimmungen sind fern jeder Realität und treffen vor allem Polizeibeamte und Justizbeamte. Diese verfehlte Politik führt geradewegs zu umgekehrten Problemen, wie wir sie zurzeit haben, nämlich hin zu den Straftätern und weg von den Exekutivbeamten.
Diese Dienstrechtsnovelle ist keine moderne Änderung, wie wir sie natürlich brauchen würden, nein, sie ist ein Schritt zurück. Genauso die Aussage von Ihnen, Frau Minister – ich zitiere –: „Die Verschärfungen des Amtsverlusts im neuen Beamtendienstrecht wurden gemeinsam mit der Gewerkschaft beschlossen.“
Die Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten hat den Verschlechterungen nicht nur zugestimmt, sondern an diesen Verschlechterungen auch aktiv mitgearbeitet. Was sind das für Standesvertreter?
Aber genauso haben die Sicherheitssprecher von SPÖ und ÖVP, die Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und sogar Polizisten im Parlament gegen Polizisten, gegen Beamte, gegen Polizeibeamte gestimmt wie zum Beispiel der Loipensprecher Neugebauer, Renate Csörgits, Hannes Fazekas und Rudolf Plessl.
Dass Polizeibeamte immer häufiger im Rahmen ihrer Einsätze ihr Leben aufs Spiel setzen müssen und dieses dann auch verlieren, wie die Kollegen auf der Ostautobahn, ist wohl unbestritten. Aber was tun diese Legislative und die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst? – Sie trampeln auf jenen herum, von denen sie Schutz und Einsatz fordern.
Noch ein paar Worte zum § 312a. Was davon zu halten ist, beschreibt sehr ausführlich eine Stellungnahme des ALES der Universität Wien, das ist das Forschungszentrum für Polizei- und Justizwissenschaften. Daraus geht hervor, dass die Damen und Herren dieser Legislative klüger und schlauer sind als anerkannte Rechtsexperten, denn diese Rechtsexperten wurden weder zu Rate gezogen noch in die Debatte mit einbezogen. ÖVP und SPÖ haben freihändig und eigenwillig entschieden. Und genauso sieht er auch aus, dieser Folterparagraph.
Meinungen in den Medien von weiteren Rechtsexperten schlagen in dieselbe Kerbe: Ein unreifes Stückwerk von Laien. Bei den Machern dieses § 312a ist man der Meinung, dass Folter nur von Beamtinnen und Beamten von Polizei und Justiz begangen werden kann. Zivilpersonen ist diese Form von Gewaltanwendung juristisch nicht möglich, da dieser § 312a Strafgesetzbuch auf Zivilpersonen nicht anwendbar ist. Dabei begegnet uns Folter immer und überall im Leben: in den Schulen, mobbende Kinder, Jugendliche, in den Haushalten durch häusliche Gewalt, im Rotlichtmilieu durch prügelnde Zuhälter. (Bundesrat Kainz: Also bitte, da sollten Sie definieren, was Sie unter Folter verstehen!) Das könnte man weiter ausführen. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Genau! Definieren Sie „Folter“!)
Was ist denn Folter an sich? – Folter ist eine Erpressung durch körperliche und seelische Gewaltanwendung. Mir persönlich ist in fast 39 Jahren Polizeidienst kein einziger Fall nachgewiesener Folter untergekommen, und ich behaupte, dass es unter der Zivilbevölkerung weit mehr Fälle an Folterungen gibt, als es in den im § 312a gemeinten Kreisen je gegeben hat. Fälle wie Fritzl in Amstetten oder der Fall Kampusch – das sind echte Folterungen.
Abschließend darf ich Ihnen noch mitteilen, was diese Regierung für unsere Polizisten bei den Gehaltsverhandlungen übriggehabt hat. Metallgewerbe: 3,4 Prozent, Handel: 2,98 Prozent (Bundesrat Kainz: Das ist von der AUF! Machen Sie da Werbung für die
AUF?), Pensionisten: 1,8 Prozent, Politiker: 1,8 Prozent – unter die Politiker fällt auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, der eine Gehaltserhöhung von 249 € bekommt –, EU-Beamte: 6,6 Prozent. Und jener Personenkreis, der für Ihre Sicherheit sorgen muss, der Sie beschützen muss, bekommt 0 Prozent. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
12.51
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
12.51
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! – Kollege Ertl! Ich glaube, gerade du als Exekutivbeamter mit mehrjähriger Erfahrung solltest – wie wir alle – größtmögliches Interesse daran haben, dass die Spreu vom Weizen getrennt wird. Überall, wo Menschen tätig sind, gibt es welche, die engagiert sind, die ihren Dienst nach Vorschrift machen, es gibt welche, die sich voll reinhauen und mehr als Dienst nach Vorschrift machen, und dann gibt es einige wenige schwarze Schafe. Und wenn du dich da herstellst und behauptest, es hat während deiner 30- oder 35-jährigen Dienstzeit noch nie einen Folterskandal gegeben, dann stellt sich für mich die Frage: Liest du nicht ab und zu Zeitungen oder blendest du etwas ganz bewusst aus?
Ich habe einen Zwischenruf gemacht, den du nicht aufgegriffen hast, denn spätestens bei diesem Zwischenruf müsste dir aufgefallen sein, dass es doch einen Folterskandal gegeben hat und dass es nicht im Interesse der Politik und der Exekutive sein kann, dass man über diese Typen – ich sage ganz bewusst „Typen“, nicht Polizisten und Polizistinnen – die schützende Hand hält. Mit einer derartigen Argumentationsweise bietest du eine riesengroße Angriffsfläche, die meiner Meinung nach nicht notwendig wäre.
Da ist ein von der Abschiebung betroffener Asylwerber in
eine Lagerhalle gezerrt worden. Den haben sie mit dem Auto bewusst
angefahren und haben ihn dann zusammengedroschen in dem Wissen, dass er eh
den Löffel abgegeben hat – jetzt sage ich es einmal ganz
brutal, wie es war –, und haben ihn dann ins Krankenhaus gebracht.
Zum Glück oder zum Pech – je nachdem, wie man es
sieht – hat er das überlebt, und dann ist diese Schweinerei
zutage gekommen. Und was war dann die Moral von der ganzen
Geschichte? – Die Polizisten sind nach einer gewissen Zeit wieder
eingestellt worden, dann hat es massive Diskussionen gegeben, ob das sein kann,
und erst
nach jahrelangen Verfahren sind dann, glaube ich, zwei davon aus dem Dienst
ausgeschieden.
Es hat also einen Folterskandal gegeben, und es gibt nach wie vor welche. Dort, wo Menschen tätig sind, passieren Fehler. Und das ist ein riesengroßer Fehler. Die Aufgabe der Polizisten und Polizistinnen und der Politik muss es allerdings sein, die einen von den anderen zu trennen. Wenn man alle gleich behandelt, ist jenen, die dann zu Unrecht kritisiert werden, auch nicht geholfen. Und gerade von dir als Polizisten würde ich mir erwarten, dass du das ein bisschen differenzierter siehst. – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
12.54
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zum zweiten Mal hat sich Frau Bundesrätin Blatnik gemeldet. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.
12.54
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Frau Bundesministerin! Gospa zvezna ministrica! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wider-
spreche dem Herrn Kollegen Ertl, wenn er von Folter in der Schule spricht. Als Lehrerin muss ich mich davon wirklich distanzieren. Eine Folter in der Schule – bitte, als Lehrerin muss ich dem wirklich widersprechen. (Bundesrat Ertl: Denken Sie an die Kinderheime!)
Ich widerspreche, wenn Herr Kollege Ertl von Vorverurteilung spricht. Diese Bestimmung gilt für rechtskräftig Verurteilte. Ich kann aber etwas sagen: Eine Vorverurteilung ist in Kärnten passiert, wo Asylwerber und Asylwerberinnen tatsächlich auf die Saualm transportiert worden sind. Da ist eine Vorverurteilung geschehen. – Danke. Hvala. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
12.55
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. – Bitte, Herr Kollege.
12.55
Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! – Herr Schreuder, vor einigen Sitzungen haben Sie sich hier heraußen hingestellt und haben uns Freiheitliche als Kellernazis beschimpft. Heute stellen Sie sich hier her und unterstellen mir und uns, dass wir Gewalt und Folterung nicht ablehnen würden. Hätten Sie mir zugehört, hätten Sie gehört, dass ich zweimal ausdrücklich betont habe, dass wir das auf das Schärfste ablehnen. Ich empfinde das als Frechheit und als persönliche Beleidigung mir selbst gegenüber.
Wenn Sie mir intellektuell nicht folgen können, dann melden Sie sich einfach nicht und schweigen Sie! (Beifall bei der FPÖ.)
12.56
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesminister Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Minister.
12.56
Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, die eher aufgeheizte Stimmung wieder ein bisschen zu kalmieren. Diese Dienstrechtsnovelle als Ganzes wird, zum ersten Mal seit ich Bundesministerin bin, ohne Gehaltsabschluss – das möchte ich betonen – vorgelegt, und ich möchte mich bei dieser Gelegenheit wirklich auch sehr bei den über 130 000 öffentlich Bediensteten des Bundes bedanken, die – ich habe es ja mit den Sozialpartnern verhandelt – hier auch mitgehen, weil wir damit als öffentlicher Dienst einen großen Beitrag auch zum Konsolidierungspaket geleistet haben.
Der Anlass, mit dieser Dienstrechtsnovelle den automatischen Amtsverlust einzuführen, waren allerdings gar nicht so sehr Fälle aus der letzten Zeit, weil die Fälle, die hier angesprochen wurden, auch von Rednern und Rednerinnen, zum Teil sechs Jahre zurückliegen und zum Teil noch immer nicht fertig verhandelt waren. Ich glaube, dass es schon hoch an der Zeit war, hier einmal ganz klar und deutlich zu sagen, dass wir einfach Deliktskataloge erstellen, wo wir unter keinen Umständen wollen, dass, wenn hier Verbrechen – und so darf man sie nennen – passieren, Verhandlungen sich so ziehen, dass gerade einmal unter dem Strafmaß verurteilt wird, das zu einem Amtsverlust führen würde. Das war ja sehr oft der Fall. Dadurch war es sehr schwierig, mit den Disziplinarkommissionen, mit der Disziplinaroberkommission auch Rechtssicherheit für die Beamten und Beamtinnen, die vielleicht betroffen gewesen sind, zu bekommen.
Daher war es, glaube ich, eine gute Entscheidung – und da bin ich bei Ihnen allen, wenn Sie sagen, wir wollen nicht, dass schwarze Schafe, wir wollen nicht, dass Se-
xualstraftäter, wir wollen nicht, dass Folterer bei uns im öffentlichen Dienst sind. Wir haben hier sehr klar – nicht schwammig, sondern ich finde, sehr klar – eingegrenzt, wer davon betroffen ist. Das geschieht zum Schutze – das wurde heute auch schon von dir, Kollege Kainz, gesagt – aller anderen, damit man einfach klar und deutlich sagen kann, wer passt hier nicht mehr ins System, wer soll dieses System automatisch verlassen müssen.
Ich weiß, Amtsverluste werden ja so auch ausgesprochen, es geht ja nur darum, dass wir es auf einen Deliktskatalog eingegrenzt haben. Dass ein prügelnder Beamter, der seine Familie zu Hause verprügelt und rechtskräftig verurteilt wird, auch einem Amtsverlust unterliegt, davon gehe ich schon aus. Hier geht es nur um den automatischen Amtsverlust bei den Sexualstrafdelikten und bei Folter, die wir eingegrenzt haben, wo wir aufgrund der wirklich heftigen Vorfälle gemeint haben, hier gehört jetzt einmal auch vom Dienstgeber her ordentlich etwas ausgesagt in Bezug auf das Dienstrecht.
Wir haben uns zum Anti-Folter-Paragraphen hingewendet, den wir 1 : 1 übersetzt haben. Ich glaube schon auch, dass Foltern auf keinen Fall mit Mobbing in der Schule oder anderen Delikten verglichen werden darf und dass Foltern vom Recht her nur von Menschen möglich ist, die im öffentlichen Dienst an anderen dieses Delikt verüben. Für alle anderen Delikte im privaten Bereich hat man ja Benennungen – Nötigung, Vergewaltigung und andere Gewalttaten.
Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir haben mit sehr vielen Expertinnen und Experten die Lage besprochen, und letztendlich ist es uns mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gelungen, dass wir den strafrechtlichen Bestimmungen dienstrechtliche Bestimmungen folgen lassen, die eindeutig sind und in Zukunft keine Verzögerungen mehr darstellen. Im Übrigen wird es ab 2014 ohnedies so sein, dass wir die Disziplinaroberkommission, die wir mit dieser Dienstrechtsnovelle auflösen, nicht mehr brauchen werden, weil die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch diese Fälle direkt behandeln wird.
Dabei ist es auch wichtig, mit einem Missverständnis aufzuräumen: Erst wenn Anklage durch die Staatsanwaltschaft erhoben ist, kommt es zur automatischen Suspendierung. In vielen Fällen – das wissen Sie genauso gut wie ich – ist jetzt auch schon vorher suspendiert worden, man hat nicht auf die Staatsanwaltschaft gewartet. Das heißt, die Suspendierung wird dann ausgesprochen, wenn Grund genug da ist, anzunehmen, dass jemand Verfehlungen begangen hat, und nicht erst wenn der Staatsanwalt, die Staatsanwältin Anklage erhebt. (Ruf bei der FPÖ: Aber leider wird das schon häufig zu früh ausgesprochen!) Ich glaube, dass das eine Ergänzung dessen ist und nicht Vorschub für irgendetwas. Es ist gut so, dass wir das im öffentlichen Dienst so handhaben, dass, wenn Verfehlungen da sind, Suspendierungen ausgesprochen werden, wenn es nicht mehr tragbar ist, dieses Dienstverhältnis aufrechtzuerhalten, bis es zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommt – im Hinblick auf die Opfer, wenn man so will. Auch der automatische Amtsverlust gilt nur nach einer Verurteilung, und zwar in Zukunft unabhängig von der Höhe der Verurteilung. Das haben wir geändert, dazu stehe ich, und das finde ich auch gut so.
Der Papa-Monat und die Verbesserungen wurden positiv angesprochen. Das teile ich voll und ganz und werde nach wie vor dafür eintreten, dass wir ihn auch in der Privatwirtschaft bekommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.) Durch das Kinderbetreuungsgeldgesetz können wir ganz sichergehen, dass dieser Papa-Monat, diese Frühkarenz ausfinanziert wäre. Wir könnten dann auch im öffentlichen Dienst den Vätern die Kinderbetreuungsgeldvariante bezahlen.
Wir haben viele Vereinfachungen und technische Anpassungen in dieser Dienstrechtsnovelle vorgenommen.
Ich möchte noch kurz zu § 207b Stellung nehmen, weil mich das auch ganz besonders betrifft, weil ich möchte, dass niemand benachteiligt wird. Wir haben die Daten dem Sicherheitsbericht 2012 entnommen, wo § 207a und 207b in Bezug auf die Anzeigen in der Kriminalstatistik ausgewertet wurden. Da zeigt sich in den letzten Jahren, die angeschaut wurden, dass sich die Verurteilungspraxis verändert hat. Ältere Männer mit ganz jungen Frauen oder sogar Mädchen wurden öfter verurteilt als ältere Männer mit unter 16-jährigen Burschen.
Wir stehen jetzt vor der großen Herausforderung – das möchte ich vorab einmal ankündigen –, dass wir durch eine EU-Richtlinie angewiesen sind, genau diesen Paragraphen betreffend das Schutzalter der Minderjährigen auf 18 Jahre anzuheben. Wir haben die Kinderrechte in der Verfassung verankert. Jetzt ist die große Frage: Kinderrechte versus 207b, wer darf wen schützen? Das ist ein Paragraph, der nur bei Verurteilung, wenn Unzucht mit Minderjährigen begangen wird, zum Tragen kommt. Bei Freiwilligkeit haben wir ohnehin auf 16 Jahre beiderlei Geschlechts angehoben. Da müssen wir uns noch Gedanken machen, wie wir das im Sinne aller hinbekommen. Ich möchte nur vorweg gesagt haben, dass das ansteht und in der nächsten StGB-Novelle von Kollegin Karl, die ohnehin im Anschluss kommen wird, ein Thema sein wird. Das war nur ein Ausflug, um ein bisschen darauf eingehen zu können, wie sich der § 207b von der Verurteilungspraxis her entwickelt hat und was noch an Veränderungen ansteht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen für die gute und konstruktive Zusammenarbeit danken, auch wenn es ein bisschen heißer hergegangen ist. Ich glaube trotzdem, dass das, was wir in der Dienstrechtsnovelle beschließen, im Sinne aller öffentlich Bediensteten ist. Wir konnten noch nie etwas gegen die öffentlich Bediensteten beschließen, denn jede Dienstrechtsnovelle wird selbstverständlich mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vorverhandelt und soll immer konsensual sein. Es ist eigentlich noch nie vorgekommen, dass wir gegen die Gewerkschaft eine Novelle beschlossen haben. Vielleicht gab es im Vorfeld das eine oder andere Mal einzelne Punkte, die sich dann auch als deeskalierend erwiesen haben. Bei dieser Dienstrechtsnovelle war das nicht der Fall, das sage ich gleich dazu.
Ich stehe nicht an, über weitere Verbesserungen im Sinne gleichgeschlechtlicher Paare, was den öffentlichen Dienst betrifft, nachzudenken – Dr. Alberer sitzt jetzt hier – und anzudenken, ob wir das in eine nächste Novelle bringen können.
Abschließend lassen Sie mich sagen, dass es eine positive Novelle ist. Es ist ein Lohnverzicht dagewesen, insofern wir keine Gehaltserhöhung beschlossen haben. Wir haben bei schweren Gewaltverbrechen durch den automatischen Amtsverlust gute Lösungen und auch positive Dinge wie den Papa-Monat, den unbedingten Rechtsanspruch – da stehe ich total dafür – und viele Verbesserungen im Shared-Services-Bereich und so weiter.
Daher kann ich alles in allem nur sagen: Dankeschön für die Zusammenarbeit hier im Bundesrat, aber auch Dankeschön allen öffentlich Bediensteten, die sich sehr vorbildlich in Krisensituationen verhalten. Das möchte ich zum Abschluss noch zum Ausdruck bringen: Wirtschafts- und Finanzkrise, wir sind ein stabiler Faktor in dieser Republik. Wir – wenn ich das „Wir“ so sagen darf –, der öffentliche Dienst, für den ich verantwortlich zeichnen darf, haben uns als krisensicher erwiesen. Ich glaube, das wird nicht nur in Zeiten wie diesen so sein, sondern auch in Zukunft. Wir entwickeln uns ständig weiter und schauen, dass unsere Bediensteten, deren Zahl ja nicht größer, sondern geringer wird, alle Möglichkeiten und Mittel zur Verfügung haben, ihre Arbeit gut zu machen und das Service an der Bürgerin und am Bürger auch weiterhin so gut aufrechtzuerhalten. – Vielen herzlichen Dank und schöne Feiertage! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
13.07
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember
2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, das
Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspflegergesetz, das
Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des
Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die
zivilrechtlichen Aspekte internationa-
ler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert
werden (Kindschafts- und
Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 –
KindNamRÄG 2013) (2004 d.B. und 2087 d.B. sowie
8845/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Füller. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Christian Füller: Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen, Kolleginnen und Kollegen, in schriftlicher Form vor.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung und darf zur Debatte über diesen Tagesordnungspunkt Frau Bundesminister Dr. Beatrix Karl sehr herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte, Frau Kollegin.
13.09
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Wir haben hier eine Regierungsvorlage, über die in wesentlichen Punkten sehr lange verhandelt worden ist, genau genommen seit dem Jahr 2009.
Sie beinhaltet zum einen das Namensrechts-Änderungsgesetz, eine Änderung des Namensrechtes, womit einem Wunsch vieler Österreicherinnen und Österreicher entsprochen worden ist, die es nie ganz verstanden haben, dass zum Beispiel gemeinsame Kinder nicht einen gemeinsamen Doppelnamen tragen können. Die Möglichkeit, dass einerseits Kinder einen Doppelnamen tragen dürfen und andererseits auch Eltern und Kinder einen gemeinsamen Doppelnamen tragen können, ist geschaffen worden. Ich finde, es ist völlig in Ordnung, dass man damit dem Wunsch einer großen Mehrheit entsprochen hat.
Der zweite Teil – meiner Auffassung nach der wichtigere Teil – behandelt die Frage der Obsorgeregelung. Darüber unterhalten wir uns ja wirklich schon lange, und ich glaube, über diesen Teil ist besonders lange verhandelt worden. Das war ja auch zwischen den Regierungsparteien immer ein bisschen strittig. Die einen waren für die gemeinsame Obsorge – so wie wir auch seit Jahren – und die andere Seite war weniger dafür, sie hat da immer eine große Gefahr gesehen. Aber man hat sich auf etwas einigen können.
Das finde ich zu einem Teil wirklich gut. Auch wenn wir dieses Gesetz ablehnen werden, heißt das nicht, dass wir sagen: Alles an diesem Gesetz ist schlecht, alles ist furchtbar. Nein, es gibt durchaus gute Teile in diesem Gesetz, zum Beispiel die Aufhebung der Ungleichbehandlung lediger Väter und lediger Mütter. Das war uns auch schon lange ein Anliegen, wir haben dazu auch vor allem im Nationalrat viele Anträge gestellt. Das finde ich gut so.
Ich finde es gut, dass eine gemeinsame Obsorge unehelicher Eltern beim Standesamt beantragt werden kann, denn die Tatsache, dass man nicht verheiratet ist, bedingt ja nicht, dass man nicht gemeinsam für ein gemeinsames Kind sorgen kann. Auch gut ist, dass ledige Väter ein alleiniges Obsorgerecht beantragen können, so es Gründe gibt, warum es der Mutter nicht zugesprochen werden sollte. Allerdings – und das bleibt – bleibt das Kind ohne Einigung bei der Mutter. Das finde ich auch völlig in Ordnung.
Der wesentliche Grund, warum wir es ablehnen, ist, dass unserer Intention, die wir immer hatten, nämlich dass diese gemeinsame Obsorge generell im Gesetz verankert wird, nicht Rechnung getragen worden ist. Ich glaube zu wissen, warum: Der Kompromiss wäre nicht zustande gekommen, weil die Positionen zu weit auseinander waren. Diese generelle Verankerung einer gemeinsamen Obsorge im Gesetz war uns wirklich ein Anliegen. Alleinige Obsorge gibt es nach wie vor dann, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, also wenn man sich nicht einigen kann.
Wir hatten ja auch ein sehr interessantes Hearing zu diesem Thema, wo sehr viele Experten geladen waren. Da hat es natürlich auch unterschiedliche Meinungen gegeben, wie das eben so ist, und das soll ja auch so sein. Das belebt die Demokratie und vielleicht überlegt dann der eine oder andere, ob nicht ein anderer in bestimmten Punkten doch auch recht haben könnte. Es haben eben auch deutsche Experten über sehr positive Erfahrungen gesprochen, was die gemeinsame Obsorge anbelangt. Daher haben wir das nicht ganz verstanden oder – sagen wir so – daher sind wir traurig, dass unserem Wunsch nicht Rechnung getragen wurde, dass sie generell im Gesetz verankert wird.
Zur Abkühlphase von sechs Monaten, die jetzt verordnet wird: Ich weiß, einige meiner Kollegen im Nationalrat haben das sehr kritisch gesehen. Ich denke mir, dass sie schon ein bisschen bringen wird. Ich hoffe zumindest, dass eine Deeskalation zwischen den Ehepartnern stattfinden kann. Meistens ist es ja so, dass bei einer Scheidung alles aufgeheizt ist. Die Emotionen schießen ins Kraut und übers Ziel hinaus, und eigentlich möchte man in dieser Phase nur dem anderen irgendwie wehtun. Meistens verwendet man das Kind dafür – das Unschuldigste, das am wenigsten dafür kann, das das überhaupt nicht versteht, beide Eltern liebt und eigentlich möchte, dass alles so bleibt, wie es ist. Dann gibt es ein Herumgezerre um die Kinder, was dem Kind sicherlich nicht guttut. Daher glaube ich, dass so eine Abkühlphase durchaus etwas bringen kann.
Damit sind wir auch schon beim Kindeswohl. Erstmalig ist ja auch im Gesetz definiert, was wir unter Kindeswohl verstehen. Den Begriff hat es immer gegeben, aber niemand hat genau gewusst oder jeder hat andere Vorstellungen davon gehabt, was das Kindeswohl eigentlich ist. Es ist auch richtig so, das Hauptaugenmerk darauf zu legen.
90 Prozent aller Scheidungen sind ja relativ unproblematisch. 10 Prozent sind die, die wir dann mit dem Namen „Rosenkrieg“ bezeichnen, wo es wirklich hart auf hart geht. Es ist natürlich entsetzlich, wenn die Kinder diejenigen sind, auf deren Rücken das letzten Endes ausgetragen wird.
Es bleiben auch noch einige Fragen offen. Was noch offen bleibt, ist die Frage, ob den Vätern dann auch wirklich Gerechtigkeit widerfahren wird. Wir haben leider in der Vergangenheit schon öfter erlebt, dass die Väter hinten angestanden sind. Wir reden nicht von jenen Vätern – die es natürlich auch gibt –, die sich ihrer Verantwortung entziehen und eigentlich mit den Kindern gar nichts mehr zu tun haben wollen, sich nicht darum kümmern, den Kontakt nicht suchen, aber wenn es um eine Rechtsstreitigkeit geht, das Kind sehr wohl auch als Waffe einsetzen. Das ist, glaube ich, wirklich eine Minderheit. Die Mehrheit der Väter möchte auch bei einem Trennungsverfahren weiterhin den Kontakt zu den Kindern behalten. Da hat es leider schon sehr viele traurige Situationen gegeben, wo das für die Väter nicht so selbstverständlich war, weil die Mütter versucht haben, mit dem Kind als Druckmittel die Väter fernzuhalten, weil sie mit ihnen eine offene Rechnung hatten. Daher ist es wirklich wichtig, dass darauf Bedacht genommen wird und immer daran gedacht wird, dass Kinder nicht nur Mütter, sondern auch Väter haben.
Was auf jeden Fall wichtig ist, ist, dass die Verfahren schneller werden. Das ist im Gesetz drinnen, und Sie haben bei Ihrer Rede im Nationalrat ja gesagt, dass es 93 Planstellen mehr geben wird. Hoffen wir, dass das ausreicht. Es wäre schon wesentlich, dass die Verfahren schneller abgewickelt werden, um diese Kontaktrechte regeln zu können und möglich zu machen.
Was ich bedauerlich finde, ist, dass ein neues Unterhaltsrecht nicht gleich mitverhandelt worden ist. Ich denke, wenn man drei Jahre über ein Gesetz verhandelt, hätte man vielleicht das Unterhaltsrecht gleich mit hineinnehmen sollen. Das ist auch eine offene Baustelle, über die wir uns schon oft unterhalten haben.
Das heißt also: Nach meinem Dafürhalten sind durchaus gute Ansätze und gute Sachen in diesem Gesetz drinnen. Es bleiben aber einige Fragen noch offen. Die gemeinsame Obsorge als Regelfall habe ich schon angesprochen, und das ist einer der Gründe, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
13.17
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.
13.17
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich danke zunächst einmal Kollegin Mühlwerth für die objektiven Ausführungen zu diesem Thema.
Ich füge hinzu, dass wir die gemeinsame Obsorge Gott sei Dank immer noch in der Mehrzahl der Fälle haben, nämlich wenn zumindest einmal geheiratet worden ist. Dass es bei den Unverheirateten nicht geschieht, hat vielleicht die Wurzel im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, das ja noch immer anordnet, dass die Ehe als Zweck die Gründung einer Familie und das Kinderkriegen hat. Vielleicht muss man dort bei der Wurzel des Gesetzes einmal ansetzen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das war ja okay, aber die Zeiten haben sich geändert!) – Richtig, die Zeiten haben sich geändert.
Wir haben mit diesem Gesetz, glaube ich, einen Boden betreten, der für die Politik unheimlich schwierig ist. Erstens einmal, weil wir idealerweise etwas regeln sollen, das alles andere als ideal ist. Es ist nämlich eine Partnerschaft in die Brüche gegangen. Zum Zweiten marschieren wir mit staatlicher Ordnung ins Familienleben hinein. Das
heißt, wir müssen tatsächlich Menschen, die zumindest einer hohen emotionalen Belastung ausgesetzt sind, vorschreiben, was sie zu tun haben und wo Kinder hinzugehen haben. Das ist, wenn man sich das in der Praxis anschaut, ein unheimlich schwieriges Gebiet.
Was wir bisher in diesem Bereich gehabt haben, waren mengenweise Emotionen und unheimlich lange Verfahren. Wenn um Kinder gestritten worden ist, dann hat ein Gutachter den anderen gejagt. Dann hat es Monate gedauert, bis man die Gutachten bekommen hat. Dann hat es Monate gedauert, bis man einen Termin zur Erörterung des Gutachtens bekommen hat. Die ganze Situation ist in dieser Zeit nur noch viel weiter eskaliert, es ist ja dadurch nicht besser geworden.
In diesem Punkt setzt diese Gesetzesnovelle andere und bessere Maßstäbe. Zum einen glaube ich, dass der Ausbau der Familiengerichtshilfe einmal grundsätzlich eine Vorstufe darstellt, bei der wir gröbste Emotionen abfangen können und wir sondieren können, ob es denn Möglichkeiten abseits des Gerichtes gibt. – Das ist Teil eins.
Teil zwei – und das ist sicher auch ein Punkt, den ich hier hereinbringen will –: Ich habe darüber gelesen, und Kollege Schreuder wird uns das nachher, nehme ich an, wortgewaltig ausführen, dass die Grünen gesagt haben, wir brauchen noch eine Schlichtungsstelle. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
Herr Steinhauser hat gesagt, er hat den Journalisten irgendein Modell einer Schlichtungsstelle vorgestellt, und die waren alle begeistert. Es wäre schön gewesen, wenn er das auch den Richtern und Anwälten vorgestellt hätte – ich weiß nicht, ob er da die gleichen Begeisterungstürme geerntet hätte.
Zur Schlichtungsstelle sage ich jetzt präventiv, sozusagen antizipierend auf Ihre Rede, Herr Kollege, erstens: Familiengerichtshilfe. – Wenn wir das ausbauen, dann wird das vielleicht so etwas Ähnliches werden.
Du kommst ums Gericht nicht herum. Wo vorher nichts hilft, braucht man in der Geschichte irgendwann einen Richterspruch. Das ist zwar tief bedauerlich, aber es ist so. Jetzt möchte ich auch eine Lanze für unsere Richterinnen und Richter in diesem Bereich brechen, und das ist eine persönliche Berufserfahrung von mir: Die sind mittlerweile perfekt geschult, diese Dinge in fast mediatorischer Art und Weise hinzubekommen!
Wenn man überhaupt dort landet, ist es schon sehr schwer, sich dem Mediationsversuch einer Richterin/eines Richters zu entziehen. Dort sitzen meist ein paar vernünftige Leute am Tisch. Auch Anwälte sind nicht nur böse, kämpferische Naturen, sondern ab und an durchaus bemüht, den Klienten zu einem ordentlichen Erfolg – und der Erfolg in diesem Fall ist nicht eins zu null, denn das gibt es nicht – zu verhelfen.
Wir alle wissen – darüber brauchen wir nicht zu reden, das ist oft genug gesagt worden –, es gibt einen Einzigen, der leidet. Wenn ich mich mit einem Partner so weit zerstritten habe, dass ich ihm nicht mehr in die Augen sehen kann, dann ist es mir wurscht, ob ich ihn sehe oder nicht. Aber das Problem ist: Wo ist das Kind? Sehe ich das Kind? Habe ich das Kind? Und: Was hat das Kind? Daher ist die Überschrift der Novelle, nämlich „Kindeswohl“, grundsätzlich richtig.
Bei den Richtern gibt es mittlerweile exzellente Familienrechtsexperten, die sehr darauf geschult sind, Einigungen herbeizuführen. Da habe ich großes Vertrauen. Es ist ihnen jetzt auch die Möglichkeit der Verfahrensverkürzung in die Hand gegeben worden. Es ist den Richtern zu Recht das eine oder andere Mittel einer Anordnung mitgegeben worden, also dass sie Familienberatung anordnen können und all diese Dinge, zum Teil auch Familienberatung, die nicht bei Gericht ist – es gibt da mittlerweile schon sehr viele Institutionen.
Man muss fast ein bisschen aufpassen, dass diese Sozialinstitutionen nicht überhandnehmen: Wenn man zu einer Verhandlung geht, und dann ist da der Anwalt des Kindes und Hilfen bei Obsorge- und Jugend-Fragen, dann kann es passieren, dass der Gerichtssaal einmal zu klein wird, wenn man sich mit seinen Klienten und dem Richter dort treffen will und alle möglichen Begleitpersonen auch dabei sind. Aber wenn das eine Struktur bekommt, so hat das seine Richtigkeit, und wenn es einen Streit vermeiden kann, hat es das auch.
Es ist, glaube ich, auch der Beginn eines Weges, wo die Politik sich einstellen musste auf diesen Nicht-Idealzustand der Gesellschaft, und zwar vielleicht – sage ich einmal vorsichtig – ein bisschen nachhinkend, aber doch, und jetzt sehr entschieden.
Ich weiß noch nicht, ob es gut ist, dass man sich nicht eingehender damit beschäftigt hat, dass Kinder mit dem die Obsorge habenden, mit dem Aufenthalt habenden Elternteil unendlich weit wegziehen können, ohne dass sich einer dagegen wehren kann, ich halte das auch aus Sicht des Kindes für ein Thema, das man noch einmal wird besprechen müssen, ich glaube aber auch, dass wir in diesem Bereich grundsätzlich am Anfang einer Rechtsentwicklung stehen, die sicher nicht aufhören wird.
Man muss jetzt einmal beobachten, was aus diesem sehr, sehr positiven Ansatz gemacht wird: wie er sich weiterentwickelt, wie die Gerichte ihn annehmen, wie die Menschen, die davon betroffen sind, ihn annehmen. Das ist ein Weg, den wir scharf beobachten müssen, und vielleicht wird man auch da oder dort nachschärfen müssen, aber ich glaube, dass der Ansatz einmal gut ist, dass der Familienrichter, wenn er denn eingeschaltet werden muss, verschiedene Möglichkeiten hat, einen Streit zu schlichten.
In diesem Sinn sind diese Obsorgeregelung und die vielen anderen Gesetzesänderungen grundsätzlich positiv. Es ist ein Anfang gemacht, von dem ich glaube, dass er uns, nämlich allen rechtspflegenden Personen und allen in rechtlichen Berufen, helfen wird, die eine oder andere Streitigkeit nicht eskalieren zu lassen, und jenen, die tatsächlich ein Gericht brauchen, zu jenen entsprechend kurzen, prägnanten und fundierten Verfahren zu verhelfen, die sie benötigen, damit in dieser Sache Lösungen in den Konflikten gefunden werden können. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)
13.24
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schreuder zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.
13.24
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es ist eine Premiere im Bundesrat, dass ich eine Antwort bekommen habe, bevor ich eine Rede halte. Das fand ich sehr originell, aber Sie haben das richtig erkannt: Ja natürlich werde ich jetzt ein Plädoyer für die Schlichtungsstelle halten.
Kein Zweifel, die Grünen und ich, wir sind davon überzeugt, dass es bei der Schlichtungsstelle keine Frage ist, ob sie kommt, sondern wann. Ich gebe das wirklich offen zu. Ich bin davon überzeugt, dass sie irgendwann einmal kommen wird, weil es einfach eine vernünftige Lösung ist. Man heiratet ja auch nicht vor Gericht. (Bundesrat Mag. Fürlinger: Auch nicht in der Schlichtungsstelle! – Allgemeine Heiterkeit.) – Manchmal sind die Schwiegereltern mehr Schlichtungsstelle, als sie glauben. (Bundesrat Mayer: Dann überlegst du’s dir vorher! – Neuerliche allgemeine Heiterkeit.) – Dann überlegt man es sich vielleicht noch einmal, ja. – Aber jetzt im Ernst.
Ein Gericht ist aus unserer Sicht ein Ort, wo sozusagen die allerletzte Möglichkeit eines Spruches passieren soll, wenn keine Einigung passieren kann. Wir sind davon überzeugt, dass eine Einigung auf anderen Wegen möglich ist eben durch so eine Schlichtungsstelle.
In Deutschland – ich habe das in dem Zwischenruf ja schon gesagt –, gibt es das, und 90 Prozent der Fragenstellungen, der Streitigkeiten oder was auch immer, wenn es darum geht, wie man eine Obsorge regelt, werden vorab mediativ in einer Schlichtungsstelle erledigt und nicht vor Gericht. Nur 10 Prozent kommen dann schlussendlich vor Gericht.
Ja, manchmal ist auch das notwendig. Das ist so. Wenn alles so zerrüttet ist, dass auch eine Mediation nichts mehr bringt, dass gar keine Einigung zustande kommen kann, dann wird ein Gericht notwendig sein. Aber wir sind davon überzeugt, dass das anders geht.
Es gibt ja, und das möchte ich der Frau Ministerin auch zugutehalten – wie heißt das jetzt so schön? (der Redner blättert in seinen Unterlagen) – die Familiengerichtshilfe. Ich muss immer nachschauen. Bei der Familiengerichtshilfe ist sozusagen die Idee der Schlichtungsstelle aufgenommen, ohne dass es eine Schlichtungsstelle ist. Aber das bleibt bei Gericht, das heißt, man muss nach wie vor zu Gericht gehen.
Sie jammern ja selber sehr oft, dass es einen Personalmangel gibt, dass die Gerichte wahnsinnig viel Arbeit haben, dass Richterinnen und Richter quasi im Akkord Dinge erledigen müssen. Eine Schlichtungsstelle wäre auch eine Möglichkeit gewesen, da zu entlasten, wenn nur noch 10 Prozent solcher Streitigkeiten, wie es in Deutschland der Fall ist, vor Gericht kämen.
Ich möchte allerdings noch einen anderen Aspekt aus diesem Familienrechtspaket aufgreifen. Ich werde heute dreimal – beziehungsweise habe ich es einmal schon getan, und ich werde es jetzt noch zweimal machen – auf die unterschiedliche Behandlung von eingetragener Partnerschaft und Ehe eingehen. Ich mache das heute bewusst so deutlich, und zwar nicht nur, weil ich 2010 einer der großen Wortführer und Demonstranten war, die gegen ein eigenes Ghettogesetz für Lesben und Schwule waren, sondern weil ich immer gesagt habe: Wir brauchen dieselben Rechtsgrundlagen, die für alle gleich gelten, weil es Gleichbehandlung nicht nur ein bisschen geben kann, sondern nur ganz oder gar nicht.
Hier haben wir das wieder, wobei – das ist ja auch etwas Positives; damit kann ich gleich mit etwas Positivem beginnen – dieser Gesetzentwurf auch tatsächlich eine Verbesserung für eingetragene Partner und Partnerinnen vorsieht, nämlich bei Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens, bei der Vertretung der Partnerin oder des Partners, der oder die aus welchen Gründen auch immer verhindert ist. Da geht es zum Beispiel um Entschuldigungen für die Schule, darum, dass das Kind zur Oma gegeben wird, die aufpasst, da geht es zum Beispiel um das Abholen vom Kindergarten, zum Beispiel um nicht so schwerwiegende medizinische Eingriffen.
Bei diesen alltäglichen Erledigungen kann jetzt der eingetragene Partner oder die eingetragene Partnerin den Partner beziehungsweise die Partnerin vertreten, allerdings nicht das Kind. Das bleibt rechtlich in Österreich ausschließlich bei der Ehe und gilt nicht für eingetragene Partner und Partnerinnen. Und was wir von Anfang an gesagt haben, nämlich dass die zwei verschiedenen Gesetzesmaterien bei allen Novellen, die dann in all den Jahren folgen werden, Ungleichbehandlungen beinhalten werden und dass das zu Megaproblemen führen wird, zu komplizierten Konstrukten, bewahrheitet sich einmal mehr.
Gleichzeitig begrüßen wir ausdrücklich die Liberalisierung im Namensrecht. Das ist heute nämlich noch gar nicht angesprochen worden – oder habe ich es überhört? Nun gut, wir begrüßen also ausdrücklich die Liberalisierung im Namensrecht und finden sie gut. Aber auch hier – leider, leider! – gibt es für Ehepartner und Ehepartnerinnen jetzt viel mehr Möglichkeiten, Doppelnamen, Einzelnamen, wie auch immer sie sich das wünschen, zu führen, bei eingetragenen Partnern und Partnerinnen gilt das – Sie werden erraten haben – nicht.
Nur ein Teil einer Partnerschaft darf einen Doppelnamen tragen, der andere Partner beziehungsweise die andere Partnerin darf das nicht. Auch das ist eine nicht zu erklärende Ungleichbehandlung, die ausschließlich als Schikane anzusehen ist. Warum? Können Sie mir vielleicht sagen, warum es diese Ungleichbehandlung gibt? Ich würde Sie bitten, mir das zu erklären, denn ich verstehe es de facto nicht.
Die ÖVP verstehe ich in dieser Frage schon lange nicht, und ich finde es auch sehr schade, dass die SPÖ sich da nicht stärker durchsetzen kann. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
13.29
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Posch-Gruska zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.
13.30
Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In Österreich hat sich die Familienstruktur grundlegend geändert. Wir haben das Idealbild der Familie nicht mehr. Wir haben Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, AlleinerzieherInnen und Lebensgemeinschaften.
Ich möchte sogar sagen, dass das Idealbild der Familie mit Vater, Mutter, Hund, Haus, samstags Straßenkehren Druck auf die Familien ausübt. Daher ist es für mich besonders begrüßenswert, dass wir mit diesem Gesetz einen Schritt in die richtige Richtung machen, um wirklich zu zeigen, dass wir dazu stehen, dass es auch andere Formen der Lebensgemeinschaft gibt.
Es ist heute schon gesagt worden: Es geht um 10 Prozent der Scheidungen; 90 Prozent werden einvernehmlich geschieden. Diese 10 Prozent sind, in Zahlen ausgedrückt, zirka 2 000 Scheidungen, die es gibt, aber diese 2 000 Paare, diese 2 000 oder mehr Kinder brauchen unsere Hilfe.
In Österreich ist es schon seit 2001 möglich, die gemeinsame Obsorge zu beantragen. Das machen auch schon sehr viele Familien, und ich glaube, dass für diese Familien – bei diesen 90 Prozent, nämlich den einvernehmlichen Scheidungen, wird, glaube ich, in mehr als 50 Prozent der Fälle die gemeinsame Obsorge beantragt – die gemeinsame Obsorge etwas sehr Positives ist.
Ich bin sehr, sehr froh darüber, dass die gemeinsame Obsorge keine Zwangsobsorge geworden ist, denn – auch wenn von der FPÖ betont wird, wie wichtig das Kindeswohl ist –, es hätte den Familien geschadet, wenn es eine gemeinsame Zwangsobsorge gegeben hätte. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.)
Es ist – auch das ist heute schon gesagt worden – das Kindeswohl erstmals im Gesetz definiert. Das Wohl des Kindes ist nicht nur als Fürsorge definiert, sondern es ist auch – und das freut mich natürlich sehr – als Wertschätzung, Akzeptanz des Kindes und auch als Berücksichtigung der Meinung des Kindes definiert.
Ganz klar ist, dass die Eltern Verantwortung tragen. Eine Elternschaft ist nicht kündbar. Eltern tragen die Verantwortung, und es muss für die Kinder selbstverständlich sein, dass sie sich darauf verlassen können. Wir brauchen da mehr Unterstützungen für die Kinder, das ist richtig. (Präsident Keuschnigg übernimmt wieder den Vorsitz.)
Die Familiengerichte sind schon angesprochen worden. Dazu gibt es jetzt schon Pilotprojekte, und das wird auf ganz Österreich ausgedehnt. Ich kenne diese Pilotprojekte nur vom Nachlesen, kenne leider keines aus der Praxis.
Diese sechsmonatige Abkühlphase oder Probephase ist ganz sicher etwas sehr Wichtiges.
Die 93 Planstellen, die schon angesprochen wurden, gelten für das ganze Justizministerium, nur ein Teil betrifft den Bereich Familien.
Was mir noch wichtig ist: Es wird Schulungen geben, und diese Schiedsgerichtsstelle, die angesprochen wurde, wo jetzt eben die Familiengerichtshilfe ist, wird nicht von den Richtern ausgefüllt, sondern von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und Psychologinnen und Psychologen. (Bundesrat Dönmez: Und MediatorInnen!) Das ist für mich noch wichtig, denn das ist für mich dann auch leichter zu vertreten.
Es ist ganz wichtig, dass die Stelle dieser Familiengerichtshilfe nicht von den Richtern ausgefüllt wird, sondern von Psychologinnen und Psychologen, und dass dann sehr gut und vor allem schnell Hilfe gegeben wird.
Es sollte wirklich – die Kollegin Mühlwerth hat es angeschnitten – keine Ungerechtigkeit geben, weder gegenüber den Vätern noch gegenüber den Müttern. Ich sage das, weil Sie so herausgestrichen haben, dass die Väter so ungerecht behandelt werden. Auch Mütter werden sehr oft ungerecht behandelt und stehen alleine da. Das Wichtige ist bei diesem Gesetz die Gemeinsamkeit: dass für die Kinder, für das Wohl der Kinder Vater und Mutter da sind, dass sie sich gut vertreten fühlen und professionelle Unterstützung bekommen, dass also kein Geschlechterkrieg geführt wird.
Dieses Thema wird ja sehr emotional diskutiert. Jeder von uns herinnen kennt einen Fall, wo es bei der Scheidung bei einem Rosenkrieg zu Szenen gekommen ist, wo ein Kind leiden musste. Das wissen wir alle, das kennen wir. Ich glaube daher, dass das eine ganz wichtige Sache ist, wenn wir wirklich bei diesem Gesetz bleiben.
Den Kinderbeistand gibt es in Österreich seit 1. Juli 2010. Der Kinderbeistand ist für mich eine ganz wichtige Einrichtung. Ich glaube nur, dass es da mehr Information bedarf, dass er besser eingesetzt werden muss, dass er aber auch einer besseren Ausstattung mit Ressourcen bedarf. Ich glaube, dass der Kinderbeistand in solchen Scheidungsverfahren etwas ganz Wichtiges ist, und ich würde mir da wirklich mehr Info wünschen.
Ich bin als Kinderfreunde-Funktionärin auch mit den Themen Elternbildung und Besuchsbegleitung betraut. Dazu möchte ich anmerken, dass die Besuchsbegleitung – das habe ich beim letzten Mal schon gesagt – eine wirklich hilfreiche Institution ist, dass sie zurzeit aber keine Lösungen aufzeigen kann.
Die Besuchsbegleitung wird von Bundesminister Hundstorfer bezahlt beziehungsweise finanziell unterstützt. Wir betreiben auch diese Besuchsbegleitung. Diese ist nötig bei Konflikten, wenn Mutter und Vater überhaupt nicht mehr miteinander sprechen können. Dann bringt beispielsweise die Mutter das Kind, 10 Minuten später kommt der Vater zur Besuchsbegleitung und verbringt mit dem Kind den Nachmittag. Das heißt, die Elternteile sehen einander nicht.
Das ist eine sehr gute und sehr wichtige Einrichtung, und ich stehe zu dieser Einrichtung, ich glaube aber, dass wir mit dieser Familiengerichtshilfe jetzt einen Schritt weiter gehen können, um wirklich zu Lösungen zu kommen. Da würde ich mir wünschen, dass die Erfahrungen dieser Besuchsbegleiterinnen und Besuchsbegleiter auch mit einfließen würden, dass man sich das auch anhört.
Die Elternbildung habe ich erwähnt.
Die Schlichtungsstelle habe ich ebenfalls schon erwähnt. – Auch mir tut es sehr leid, dass es sie jetzt noch nicht gibt. Ich bin aber davon überzeugt – und es hat mich sehr gefreut, dass auch Kollege Schreuder das gesagt hat –, dass die Frage nur mehr lautet, wann sie kommen wird. Es ist ein Hoffnungsschimmer, und ich hoffe auch.
Mediation und Besuchsvermittler haben wir schon erwähnt.
Was für mich noch sehr, sehr wichtig ist, ist, dass es keine gemeinsame Obsorge gibt, wenn es Gewalt in der Familie gibt, und zwar gilt das nicht nur bei Gewalt gegen das
Kind, sondern auch bei Gewalt gegen die Frau. – Wenn es Gewalt in der Familie gibt, wird es keine gemeinsame Obsorge geben! Ich glaube, dass das sehr, sehr wichtig ist, weil einige Familien leider davon betroffen sind.
Ich habe mir auch das Stichwort Namensrecht aufgeschrieben, aber dazu brauche ich nicht mehr allzu viel zu sagen, weil Kollege Schreuder schon sehr viel gesagt hat. Ich wünsche mir nur beim Namensrecht, dass wir, wenn es geändert wird, auch bei den Lesben oder Schwulen diesen Bindestrich möglich machen, weil ich glaube, dass sogar (Bundesrat Schreuder: Ist schon aufgehoben worden!) – Ist schon aufgehoben worden? Super! Gut, dann hat sich das erledigt. Danke, ein Wunsch erfüllt, so kurz vor Weihnachten, das ist schön!
Für die Evaluierung wünsche ich mir, dass wir wirklich effektiv daran arbeiten. Ich glaube, dass wir da einen Schritt in die richtige Richtung machen und ganz sicherlich 2017 bei der Evaluierung auch weitere Schritte zum Wohle des Kindes setzen können. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
13.38
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.
13.38
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Es wurde bereits angesprochen, dass sich die Zeiten geändert haben und dass sich damit natürlich auch die familiären Strukturen geändert haben. Es war mir völlig klar, als ich vor etwas mehr als eineinhalb Jahren mein Amt als Justizministerin angetreten habe, dass für mich die Schaffung eines modernen Familienrechts, eines modernen Kindschaftsrechts und Namensrechts ganz große Priorität haben wird.
Deshalb war es mir auch immer wichtig, in diesem Bereich Akzente zu setzen, denn eines ist klar: Wenn sich die Eltern nicht mehr einigen können, dann sind es meistens die Kinder, die die Leidtragenden sind, und es sind die Kinder, die sehr häufig Opfer dieser Beziehungskonflikte sind. Da muss man einmal Abhilfe schaffen, da muss man vor allem die Kinder ganz besonders unterstützen.
Um all den Herausforderungen, die sich hier in diesem Bereich ergeben, auch gerecht werden zu können, war mir von Anfang an wichtig, dass es sich um ein umfassendes Paket handelt und dass es nicht bloß darum gehen kann, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und das Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte umzusetzen. Das wäre meines Erachtens viel zu kurz gegriffen. Deshalb habe ich auch ein umfassendes Familienrechtspaket auf den Tisch gelegt, das Ihnen heute zur Beschlussfassung vorliegt.
Ich möchte mich auch ausdrücklich noch einmal bei meiner Regierungskollegin Gabriele Heinisch-Hosek bedanken für die sehr konstruktiven Gespräche, die wir geführt haben. Es ist uns gemeinsam gelungen, da wirklich einen großen Wurf zu präsentieren, nämlich einen großen Wurf in dem Sinn, dass es sich eben, wie ich bereits gesagt habe, um ein modernes Familienrecht handelt, und zwar um ein Familienrecht, das das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt, denn das ist für mich einfach der Kernpunkt des Familienrechtes.
Deshalb betone ich auch immer, dass es hier nicht um ein Vätergesetz oder um ein Müttergesetz geht, sondern dass das Kind und das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen. Das war auch der Fokus bei dieser Gesetzesreform.
Es ist bereits von mehreren Rednern angesprochen worden, dass wir das Kindeswohl erstmals ausführlich definiert haben. Diese ausführliche Definition des Kindeswohls halte
ich für ganz, ganz wichtig, weil sie eine ganz zentrale Entscheidungsgrundlage für die Familienrichterinnen und Familienrichter darstellt.
Insgesamt ist es mir sehr stark darum gegangen, die Verfahren zu beschleunigen. Auch darauf wurde hingewiesen. Ich habe immer wieder von Betroffenen, die eine solche Auseinandersetzung erlebt haben, gehört, dass sie es als ganz schlimm empfunden haben, dass die Verfahren ihrer Meinung nach zu lange gedauert haben. Ich habe immer wieder gehört, dass es dann zu einer Entfremdung zwischen einem Elternteil und dem Kind kam. Deshalb war es mir ganz wichtig, Akzente zu setzen, um die Verfahren tatsächlich beschleunigen zu können. Das bedeutet für mich, zuallererst zu versuchen, möglichst rasch zu einer gütlichen Einigung, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
Es war mehrfach von Schlichtungseinrichtungen die Rede und die Rede davon, dass man die Konflikte ja nicht nur durch einen Richter bewältigen kann. Das stimmt schon. Es geht ja um Beziehungskonflikte, bei denen es wichtig ist, dass sich zum Beispiel Psychologen im Rahmen der Familiengerichtshilfe damit beschäftigen. Das ist der Sinn und Zweck der Familiengerichtshilfe. Dort sind Psychologen und Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Pädagogen und Pädagoginnen tätig. Es entscheidet nicht ein Richter oder eine Richterin, sondern zuerst sind die Familiengerichtshelferinnen am Zug, und die Familiengerichtshelfer und -helferinnen haben die Funktion, zu versuchen, soweit wie möglich eine rasche Einigung zwischen den Eltern zu erzielen.
Dort, wo das nicht funktioniert, muss es dann natürlich ein Gerichtsverfahren geben, das muss dann durchgezogen werden. Aber auch dabei haben die Familiengerichtshelfer und -helferinnen eine wichtige Funktion, da die Psychologen und Psychologinnen gutachtensähnliche Stellungnahmen abgeben können. Auch das führt zu einer Beschleunigung der Verfahren.
Die Beschleunigung der Verfahren soll auch dadurch bewirkt werden, dass wir mehr Möglichkeiten von vorläufigen Entscheidungen vorgesehen haben, damit man nicht mehr so lange auf endgültige Entscheidungen warten muss. Daher soll auch die Möglichkeit von verstärkten vorläufigen Entscheidungen bestehen.
Außerdem haben wir vorgesehen, dass die Familienrichter und Familienrichterinnen verpflichtende Maßnahmen anordnen können, wie zum Beispiel das verpflichtende Erstgespräch mit einem Mediator oder einer Mediatorin oder den Besuch einer Schlichtungsstelle. Diese Möglichkeiten sind in diesem Paket auch ausdrücklich vorgesehen.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang Folgendes – das möchte ich insbesondere erwähnen, weil Frau Bundesrätin Posch-Gruska auf die Besuchsbegleitung hingewiesen hat –: Wir sehen in diesem Familienrechtspaket auch das Modell eines Besuchsmittlers vor. Der Besuchsmittler hat die Funktion, den Eltern dabei zu helfen, das Besuchsrecht, das in Zukunft Kontaktrecht heißen wird – darauf gehe ich noch ein –, in der Praxis auch wirklich umzusetzen.
Häufig scheitert die Wahrnehmung des Kontaktrechtes daran, dass die Eltern – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, dieses in der Praxis auch tatsächlich umzusetzen und zu leben. Der Besuchsmittler soll den Eltern dabei helfen, dieses Kontaktrecht im Alltag auch wirklich wahrzunehmen.
All das soll, wie gesagt, helfen, Verfahren zu beschleunigen und beim Kontaktrecht auch das umzusetzen, was vereinbart worden ist.
Der zweite Punkt, der mir sehr wichtig war, ist, für die Kinder so weit wie möglich Kontinuität zu wahren, und zwar Kontinuität sowohl im Hinblick auf die Obsorge als auch im Hinblick auf das Kontaktrecht.
In Bezug auf die Obsorge stellte sich als große Neuerung dar, dass künftig auch im Bereich von streitigen Trennungen, streitigen Scheidungen die Möglichkeit bestehen wird, dass der Familienrichter/die Familienrichterin beiden Eltern die gemeinsame Obsorge auferlegt. Im Moment ist es ja so, dass im Falle von streitigen Scheidungen nur entweder der Vater oder die Mutter mit der alleinigen Obsorge betraut werden kann. Künftig besteht quasi als dritte Entscheidungsmöglichkeit für den Richter/die Richterin die Möglichkeit, beide Elternteile mit der gemeinsamen Obsorge zu betrauen. Das halte ich für einen sehr wichtigen Punkt, weil ich der Meinung bin, dass es für das Kind in der Regel am besten ist, wenn beide Elternteile – Vater und Mutter – mit der Obsorge betraut sind.
Natürlich wird es Fälle geben, in denen das nicht die beste Lösung ist. Es war bereits von Gewaltfällen die Rede. Wo Gewalt im Spiel ist, wird natürlich die alleinige Obsorge des anderen Elternteils die sinnvollere Lösung sein. Das ist völlig klar. Aber darüber entscheidet dann ein Richter/eine Richterin. Ich halte es jedenfalls für sehr gut, dass hier nunmehr diese zusätzliche Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge besteht, und bin überzeugt davon, dass das künftig dazu führen wird, dass die gemeinsame Obsorge zum Regelfall wird.
Der Richter/die Richterin hat in solchen streitigen Fällen die Möglichkeit, sofern es nicht dem Wohl des Kindes widerspricht, die sechsmonatige „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung“ anzuordnen. Das läuft folgendermaßen ab: Wenn sich die Eltern nicht über die Obsorge einig werden können, dann kann diese sechsmonatige „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung“ eintreten. Dabei bleibt die momentan geltende Obsorgeregelung aufrecht, und es werden beide Elternteile damit betraut, Verantwortung für das Kind zu übernehmen.
Beide Elternteile müssen – und das ist der springende Punkt – Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind wahrnehmen. Beide Elternteile müssen ihre Verantwortung wahrnehmen. Am Ende dieser Phase hat dann der Richter/die Richterin eine sehr gute Grundlage, zu entscheiden, wie es mit der Obsorge weitergehen soll. Hat sich gezeigt, dass es die Eltern gut schaffen, gemeinsam Verantwortung für das Kind zu übernehmen, dann wird es natürlich am sinnvollsten sein, auf gemeinsame Obsorge für beide Elternteile zu entscheiden. Wenn sich allerdings gezeigt hat, dass ein Elternteil nicht bereit ist, seine Pflichten wahrzunehmen, vielleicht nur Rechte haben will, aber keine Pflichten, dann wird das nicht gehen, und das wird ihm dann bei der Obsorgeentscheidung negativ ausgelegt werden – völlig klar!
Sie sehen, wir sind wirklich sehr bemüht, eine gute Entscheidungsgrundlage für die Richterinnen und Richter zu schaffen. Auch hier kann natürlich die Familiengerichtshilfe einbezogen werden – völlig klar!
Bezüglich der Obsorge möchte ich auch noch kurz die Situation der unehelichen Väter erwähnen. Ich habe ja bereits erwähnt, dass es ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gab und dass Österreich verurteilt worden ist, weil uneheliche Väter im Vergleich zu den Müttern diskriminiert wurden, weil sie gegen den Willen der Mutter keine Möglichkeit hatten, die Obsorge überhaupt zu beantragen.
Künftig haben auch uneheliche Väter ein Antragsrecht – auch gegen den Willen der Mutter. Es liegt dann wieder an einem unabhängigen Richter/einer Richterin, zu entscheiden: Was ist tatsächlich die beste Lösung für das Kind? Was entspricht dem Kindeswohl am beste: Ist es die alleinige Obsorge eines der beiden Elternteile, oder ist es die gemeinsame Obsorge? – Diese Entscheidung kann künftig auch ein unehelicher Vater gegen den Willen der Mutter an das Gericht herantragen.
In diesem Zusammenhang ist auch noch eine bürokratische Erleichterung zu erwähnen: Künftig kann im Falle eines unehelichen Kindes die gemeinsame Obsorge nicht
nur bei Gericht beantragt werden, wie es heute der Fall ist, sondern auch beim Standesamt, zum Beispiel gleich mit dem Vaterschaftsanerkenntnis miterledigt werden. Es müssen dabei natürlich beide Elternteile – Vater und Mutter – die gemeinsame Obsorge wollen und dies beim Standesamt bekanntgeben.
Ein weiterer Punkt ist – ich habe es bereits angesprochen – die Kontinuität beim Besuchsrecht. Künftig soll das Besuchsrecht „Kontaktrecht“ heißen, und zwar „Kontaktrecht“ deshalb, weil ich nicht will, dass ein Elternteil nur ein bloßer Besucher seines Kindes ist. Das ist zu wenig. Es soll jeder Elternteil ein Recht auf Kontakt mit seinem Kind haben – wie gesagt, klarerweise immer nur so weit, wie das dem Wohl des Kindes entspricht. Es soll auch viel klarer zum Ausdruck kommen, dass damit Rechte und Pflichten verbunden sind, und die Durchsetzbarkeit soll erleichtert werden – auf den Besuchsmittler habe ich ja bereits hingewiesen.
Weiters gab es auch Änderungen im Namensrecht; auch das wurde bereits erwähnt. Auch da haben wir für flexiblere Regelungen gesorgt. Auch das war ein Wunsch, der immer wieder geäußert worden war. Da haben wir gesehen: Die Gesetzeslage entspricht nicht mehr den Wünschen von Familien, da ist mehr Flexibilität gewünscht. Und diesen Wünschen sind wir nachgekommen.
Ich glaube, insgesamt haben wir ein Paket vorliegen, das tatsächlich ein modernes Familienrecht darstellt, das tatsächlich den neuen familiären Strukturen besser entspricht und das auch für mehr Gerechtigkeit im familiären Bereich sorgt.
Eines ist auch klar: Wir werden nicht alle Konflikte, die es im familiären Bereich gibt, mit rechtlichen Regelungen oder mit einem Urteilsspruch befriedigend lösen können. Aber soweit das möglich ist, wollen wir Chancen und Möglichkeiten ergreifen, um das zu tun. Dabei ist natürlich auch wichtig, dass wir nicht nur die entsprechenden rechtlichen Regelungen schaffen, sondern auch das notwendige Personal zur Verfügung stellen. Auch das wurde ja bereits angesprochen. Hier kann ich bestätigen, dass es mehr Personal geben wird. Das heißt, dass 20 zusätzliche Familienrichter/Familienrichterinnen zur Verfügung stehen werden. Wir werden die Familienrichter und Familienrichterinnen natürlich auch entsprechend schulen. Auch darauf wurde bereits hingewiesen.
Auch die Familiengerichtshilfe wird ausgebaut. Das ist mir auch ganz wichtig. Das Pilotprojekt an den vier Standorten, die wir derzeit haben, funktioniert sehr gut. Ich habe mich auch vor Ort an zwei Standorten schon davon überzeugt und habe bisher nur Positives gehört.
Wir beginnen ab 1. Jänner 2013, die Familiengerichtshilfe flächendeckend auszubauen, beginnend in den Ballungsräumen, also zuerst in den Landeshauptstädten und dann Schritt für Schritt flächendeckend. Das sollte uns bis Ende 2014 gelingen, da sollten wir dann wirklich damit fertig sein. Das geht deshalb nur in Etappen, weil wir auch weiterhin auf entsprechend qualifiziertes Personal zurückgreifen wollen. Uns ist es eben wichtig, dass es sich um gut ausgebildete Personen handelt, uns ist es wichtig, dass es sich um Personen handelt, die schon Erfahrung in der Arbeit mit Kindern haben. Wir haben da ein sehr strenges Aufnahmeverfahren, das ich auch beibehalten möchte, weil es da um die Qualität geht. Insgesamt haben wir mit dem Familienrecht einen sehr sensiblen Bereich, und da kann es nur um Qualität gehen, und deswegen müssen wir uns auch die Zeit nehmen, den Ausbau qualitätsvoll vorzunehmen.
Ich glaube, uns ist da ein großer Wurf gelungen. Jetzt geht es um die Umsetzung, und ich bin überzeugt davon, dass die Familienrichter und Familienrichterinnen dieses moderne, neue Familienrecht sehr gut in der Praxis umsetzen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
13.51
Präsident Georg Keuschnigg: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.
Herr Bundesrat Dönmez gelangt nun zu Wort. – Bitte.
13.51
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Mein Kollege Schreuder hat eine Frage aufgeworfen, die Sie nicht beantwortet haben, und zwar was das Namensrecht bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften betrifft; da würde ich Sie um eine Antwort ersuchen.
Nachdem ich selber Mediator bin und in der Liste des OBDS als eingetragener Mediator aufscheine, würde es mich sehr interessieren, inwieweit die Familienrichter- und -richterinnen, die in einem wirklich höchst sensiblen Feld tätig sind, auch über eine Mediationsausbildung verfügen. Denn: Wenn Sie ansprechen, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass Menschen in diesem Bereich tätig sind, die eine hohe Ausbildung haben, eine gute Qualität haben, dann gilt für mich genau in diesem Bereich das Erfordernis einer Kombination zwischen einem abgeschlossenen juristischen Studium mit Berufserfahrung und einer Mediationsausbildung, weil ich sehe, wie wichtig es ist, dass da nicht nur Richtersprüche gefällt werden, sondern Schritte bereits vorher gesetzt werden, die einen mediativen Charakter haben.
Die Menschen legen die Verantwortung in die Hand des Richters/der Richterin, und die sollen dann darüber entscheiden. Und dann haben sie eigentlich überhaupt keinen Einfluss mehr auf den Ausgang des Verfahrens. Wenn sie aber selber am Mediationsverfahren teilnehmen, haben sie bis zum Abschluss des Mediationsverfahrens nach wie vor Einfluss auf den Ausgang des Mediationsverfahrens. Und da ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, dass verstärkt nicht nur SozialarbeiterInnen und PsychologInnen zum Einsatz kommen, sondern auch Menschen, die eine Mediationsausbildung, einen Studienabschluss haben, nicht irgendeinen Schnellsiederkurs irgendwo, sondern wirklich ein Studium abgeschlossen haben.
Mich würde es interessieren, wie viele es unter den Familienrichterinnen und -richtern, die jetzt schon tätig sind beziehungsweise neu aufgenommen werden, gibt, die in Kombination das Studium zum Mediator haben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Posch-Gruska.)
13.54
Präsident Georg Keuschnigg: Frau Bundesministerin, bitte.
13.54
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Zum Namensrecht: Gegenstand der nun vorliegenden Regierungsvorlage waren die namensrechtlichen Änderungen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch. Darüber hinaus waren Änderungen des Namensrechts kein Thema bei dieser Reform. (Bundesrat Schreuder: Das ist die Antwort?) – Ja, wir haben die namensrechtlichen Änderungen im ABGB vorgenommen, und das haben Sie ohnehin vor sich liegen. (Bundesrat Schreuder: Das ist ja unglaublich! – Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das passt schon!) Was ist da unglaublich? (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
Wie gesagt, ich spreche jetzt über dieses Familienrechtspaket, das eben auch einen Teil enthält, der sich mit dem Namensrecht beschäftigt und somit den namensrechtlichen Änderungen im ABGB. Das war eben Thema dieses Familienrechtspakets und der hierin enthaltenen namensrechtlichen Regelungen.
Nun zur Mediation: Wir haben vorgesehen – ich habe es bereits angesprochen –, dass künftig Familienrichter und Familienrichterinnen auch ein Erstgespräch betreffend Mediation anordnen können. Wenn sie der Meinung sind, dass hier eine Mediation zielführend ist, sollen sie in Zukunft eben auch die Möglichkeit haben, Mediation anzuord-
nen. Wir werden natürlich beobachten, wie das in Anspruch genommen wird und wie sich das entwickeln wird. Ich gebe Ihnen schon recht, dass es gerade bei der Mediation wichtig ist, dass entsprechend qualifizierte Personen, Personen eben mit einer entsprechenden Ausbildung diese Mediationen im Familienbereich vornehmen, weil es sich, wie ich vorhin bereits angesprochen habe, um einen sehr sensiblen Bereich handelt.
Aber was ich Ihnen nur empfehlen kann, ist, dass Sie sich wirklich einmal an einem der vier bereits bestehenden Standorte der Familiengerichtshilfe anschauen, wie die dort arbeiten. Das ist wirklich spannend, die leisten sehr gute Arbeit. Es gibt einen Standort in Wien, einen Standort in Leoben, in Amstetten und in Innsbruck. Die Erfahrungen, die dort bisher gesammelt wurden, sind wirklich sehr interessant. Uns ist es natürlich auch wichtig, dass die Qualität, die wir dort aufgebaut haben, auch beim Ausbau der weiteren Standorte sehr wohl mitberücksichtigt und auch beibehalten wird. Also wir wollen hier wirklich höchste Qualität im Bereich der Familiengerichtshilfe, denn es soll ja tatsächlich eine Unterstützung der Familienrichter und Familienrichterinnen sein, und es soll ja auch den betroffenen Eltern und Kindern geholfen werden. Das steht im Vordergrund, und dazu stehen wir natürlich. (Beifall bei der ÖVP.)
13.57
Präsident Georg Keuschnigg: Es liegt mir dazu keine Wortmeldung mehr vor.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (1991 d.B. und 2089 d.B. sowie 8846/BR d.B.)
Präsident Georg Keuschnigg: Wir kommen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Füller. Ich bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatter Christian Füller: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert werden.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verlesung.
Ich komme sogleich zum Antrag.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Georg Keuschnigg: Ich danke für den Bericht.
Wir treten in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte.
13.58
Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhö-
rerinnen und Zuhörer! Bei diesem Strafvollzugsgesetz geht es unter anderem auch um die Haftvariante der Fußfessel. Ich möchte mich eigentlich auf dieses Thema beschränken, und zwar geht es um die Hafterleichterung in Form der Fußfessel bei Sexualstraftätern, die ich ganz dezidiert ablehne.
Es wurden zwar Nachbesserungen im Gesetzestext vollzogen. Diese Nachbesserungen ermöglichen aber nach wie vor die Fußfessel für Sexualstraftäter, die es ihnen erlaubt, weiterhin sozusagen auf freiem Fuß zu leben, anstatt dass sie hinter Gitter kommen.
Ich bin der Meinung, dass wir ein Rechtssystem brauchen, das sicherstellt, dass in solchen Fällen Gefängnisstrafen nicht durch Fußfesseln ersetzt werden können. Ich möchte ein klares Bekenntnis dazu, dass in Österreich Opferschutz vor Täterschutz gilt.
Ich glaube, Sie haben sicher auch Verständnis dafür, dass es da in der Bevölkerung einen großen Aufschrei gibt, denn die Bevölkerung hat für solche Hafterleichterungen keinerlei Verständnis. Und vor allem empfinde ich es den vergewaltigten Opfern gegenüber fast als Hohn oder als einen Schlag in deren Gesicht, wenn man solchen Tätern Hafterleichterungen in Form von Fußfesseln gewährt, denn ein Opfer bleibt in so einem Fall ein Leben lang ein Opfer. Wir von der FPÖ akzeptieren keine solchen Schwachstellen im Gesetz.
Es wurde auch die Verfassung als ein Hinderungsgrund für eine Ausnahmeregelung bei den Fußfesseln herangezogen. – Das Gegenteil ist der Fall: Der Verfassungsgerichtshof hat nachgewiesen, dass die Verfassung keinen Hinderungsgrund darstellt.
Mittlerweile weiß auch jeder, dass leider Gottes bei diesen Sexualstraftätern ein sehr hohes Rückfallpotenzial besteht. Diese Straftäter begehen ihre Taten rücksichtslos, indem sie lediglich ihre eigene Lust befriedigen wollen, den Opfern Schmerzen zufügen, die ihnen egal sind. Wir fordern schlicht und einfach, dass bei solchen Delikten eine Fußfessel in Zukunft gänzlich aus dem Gesetz auszuschließen ist. Wer sich an Kindern und Frauen vergeht, gehört hinter Gitter und nicht sozusagen auf freien Fuß. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch auf eine Entschließung der Vorarlberger Landesregierung hinweisen, die erfreulicherweise einstimmig angenommen wurde und die da lautet, dass „diese Verschärfungen in bestimmten Fällen (etwa bei einer möglichen Gefährdung von Minderjährigen, in Fällen häuslicher Gewalt bzw. bei Sexualdelikten) nicht ausreichend" erscheinen, so wie das im Moment im Gesetz vorgesehen ist.
Außerdem besagt diese Entschließung: „Aus Sicht des Landes Vorarlberg darf ein Strafvollzug durch elektronisch überwachten Hausarrest bei einem Strafvollzug aufgrund strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung Unmündiger generell nicht in Betracht kommen () Es wird daher gefordert, dass die Anordnung des elektronisch überwachten Hausarrestes () im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen – ausgeschlossen wird.“
Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Chance sollten wir wahrnehmen, dieses Gesetz noch einmal überdenken und ihm heute keine Zustimmung erteilen. (Beifall bei der FPÖ.)
14.02
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Wenger. – Bitte.
14.02
Bundesrat Franz Wenger (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Umstellung auf die Anforderungen der Gesellschaft – das ist ein Thema, das uns vom vorigen Tagesordnungspunkt zum jet-
zigen Tagesordnungspunkt begleitet, denn es geht darum, auch auf Umstellungen, auf die Anforderungen der Gesellschaft dementsprechend zu reagieren.
Demzufolge findet, wie gesagt, der vorhergehende Tagesordnungspunkt hier nahezu seine Fortsetzung. Denn: Mit den vorliegenden Gesetzen wird auch eine Rechtsgrundlage für eine Neuentwicklung im Strafvollzug geschaffen. Bestehende Regelungen im Strafvollzug wurden in wesentlichen Bereichen angepasst an die aktuellen Fragen und Problembereiche in der Gesellschaft, die es zu lösen galt. Nämlich: Bereiche, die unterschiedlich emotional diskutiert wurden und die trotz der getroffenen Lösung – wie wir aus dem Redebeitrag meiner Vorrednerin ja heraushören konnten – auch weiterhin emotional diskutiert werden und auch weiterhin zu diskutieren sein werden.
Ein wesentlicher Punkt war aber trotz alledem in der bisherigen Diskussion, dass im Begutachtungsverfahren auf erhobene Bedenken massiv und ausreichend, umfassend eingegangen und auch entsprechend auf solche Bedenken reagiert wurde.
Ein Gesetzespaket mit vielen Inhalten: Der Bereich der Auslandseinsätze von Angehörigen des Justizressorts oder auch Angehörigen aus der Gerichtsbarkeit war neu zu regeln, vor allem in diese Richtung, dass eben auch Angehörige des Justizressorts, aus der Gerichtsbarkeit und dem Strafvollzug die Unterstützung einer funktionierenden Justiz in Krisengebieten sichern sollen.
Änderungen in der Bewährungshilfe, bezogen auf die Entschädigung ehrenamtlicher Bewährungshelfer: ein kleiner, aber sehr wichtiger Bereich in diesem Verfahren. Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen flexible Einsatzmöglichkeiten von Bewährungshelfern in der Bewährungshilfe erzielt werden.
Ein großer Bereich war auch die Videoüberwachung in den Anstalten unter Beachtung des Datenschutzes. Hier wurde sehr stark auf den Datenschutz eingegangen – ein Thema, das natürlich auch dem Thema Sicherheit entsprechend Rechnung trägt, und auch Rechnung getragen hat. Die Videoüberwachung erhöht sicherlich das Sicherheitsgefühl, sei es das der Bediensteten, sei es das der Besucher oder jener, die auch nur zeitweise in den Anstalten arbeiten. Gleichzeitig erhöht sich aber auch die Bewegungsfreiheit der Insassen, und die Leitungen der Anstalten werden demnach ermächtigt, die Videoüberwachung zum Einsatz zu bringen. Sie müssen es aber nicht. – Das ist ein ganz wichtiger Bereich.
Der Bereich des elektronisch überwachten Hausarrests wurde von der Kollegin Michalke bereits angeführt und ausführlich erläutert. – Meine Ansicht ist natürlich nicht die deinige, aber das war schon ein Bereich, der in jüngster Zeit Thema einer ausführlichen medialen Berichterstattung war und natürlich auch deshalb sehr, sehr emotional diskutiert wurde.
Es ist nun einmal Tatsache, dass diese Möglichkeit bereits seit 1. September 2010 besteht und diese Möglichkeit nun wesentlich verschärft wurde. Jetzt daraus zu schließen, dass Täterschutz vor Opferschutz geht, finde ich schon ein wenig gewagt, da es genau jene emotionelle Komponente ist, die der Lösung wahrscheinlich nicht näherkommen wird. Und die vorliegenden Änderungen in der Strafprozessordnung und im Strafvollzug zielen vor allen Dingen auf eine Verschärfung der Bewilligungsvoraussetzung für den elektronisch überwachten Hausarrest ab.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist also nicht ungefährlich, die Diskussion vorrangig dahin gehend zu führen, gesellschaftliche Entwicklungen und Phänomene hauptsächlich über die strafrechtliche Komponente zu klären oder in den Griff zu bekommen. Ich glaube, die Politik und die Gesellschaft werden sich vermehrt die Frage stellen müssen, was denn zu tun ist, um solche Phänomene überhaupt zu verhindern.
Insgesamt wird die ÖVP dem Paket die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)
14.08
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
14.08
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne,
Oberösterreich): Hohes Präsidium!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir
werden dieser Gesetzesvorlage auch nicht unsere Zustimmung erteilen, aber mit
anderen Hintergründen und Argumenten, als sie die FPÖ
vorgebracht hat. (Zwischenruf des Bundesra-
tes Perhab.)
Die Bewilligungsvoraussetzung und das Verfahren über den Vollzug einer Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests sollen als Reaktion auf einen in den Medien heftig kritisierten Fall abgeändert werden. Bei Sexualdelinquenten soll es zukünftig zusätzliche Voraussetzungen geben, damit elektronische Überwachung gewährt werden kann.
Wurde der Täter wegen bestimmter Sexualdelikte verurteilt, so muss er die Hälfte der Freiheitsstrafe, mindestens jedoch drei Monate verbüßt haben, bevor der elektronisch überwachte Hausarrest überhaupt in Betracht kommt. Darüber hinaus muss in allen Fällen einer Verurteilung wegen eines Sexualdeliktes oder eines sexual motivierten Gewaltdeliktes eine qualifizierte, günstige Prognose gegeben sein, dass der Rechtsbrecher den elektronisch überwachten Hausarrest nicht missbrauchen werde. Darüber hinaus soll den Opfern in diesen Fällen ein Anhörungsrecht eingeräumt werden.
Während die rechten Parteien eben generellen Ausschluss von Sexualstraftätern bei der Vollzugsform der elektronischen Überwachung einfordern, üben Strafrechtsprofessoren, Rechtsanwaltskammer oder Richtervereinigung heftige Kritik an dieser Novelle, und auch verfassungsrechtliche Bedenken sind aus unserer Sicht gegeben.
Der Anlassfall darf aus unserer Sicht nicht verharmlost werden, da gibt es überhaupt keine Diskussion. Und wir wissen, dass es Handlungsbedarf gibt. Wir sind aber auch überzeugt, dass die hastige Änderung des Sexualstrafrechts durch die Justizministerin weder zur Wiedergutmachung an den Opfern beiträgt noch zu einem Mehr an Sicherheit führt. Im Gegenteil: Es ist damit zu rechnen, dass der erste Sexualstraftäter, dem die Fußfesseln verwehrt werden, versuchen wird, die vorliegende Novelle beim VfGH wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aufzuheben. Und dann stehen wir nach einem Jahr oder länger wieder an dem Punkt, wo wir jetzt sind.
Genau aus diesen Gründen werden wir dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung nicht erteilen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
14.11
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Bundesrätin Posch-Gruska. – Bitte.
14.11
Bundesrätin Inge Posch-Gruska (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit zwei Jahren gibt es in Österreich die Möglichkeit der Fußfesseln. Zirka 1 100 Personen hatten diese Fußfesseln schon, derzeit sind es 200, und von diesen 1 100 Personen waren 20 Sexualstraftäter. – So viel zu den Fakten und Zahlen, die ich mir herausgesucht habe.
Ich bin prinzipiell der Meinung, dass es eine Anlassgesetzgebung ist und dass wir das wahrscheinlich besser überlegen hätten sollen. Ich glaube aber, dass dieser Schritt mit den Verschärfungen, die jetzt darin enthalten sind, schon wichtig und richtig ist. Im Fall Salzburg – der ja in den Medien war und überall bekannt wurde – war es so, dass die-
ser Vergewaltiger ja noch keinen einzigen Tag im Gefängnis war. Mit dieser Neuregelung ist es so, dass ein Sexualstraftäter nur dann die Fußfessel bekommen kann, wenn er zumindest die Hälfte seiner Strafe schon im Gefängnis abgesessen hat. Hier ist ganz sicherlich ein Fehler passiert, das ist aber jetzt mit diesem Gesetz geändert worden.
Es ist auch so, dass es mit diesem Gesetz jetzt die Möglichkeit gibt, dass die Opfer von Sexualstraftaten ein Äußerungsrecht haben. Ich glaube, dass das auch sehr, sehr wichtig ist. Und es ist nicht nur das Äußerungsrecht verankert, sondern auch eine kostenlose Prozessbegleitung. Das heißt, sie werden auch gestützt, wenn sie darüber reden wollen. Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt ist, damit wir hier auch für die Opfer etwas tun.
Die neue GPS-Fußfessel wird auch so ausgestattet sein, dass man wirklich zu 100 Prozent sagen kann, wo sich der Täter oder die Täterin befindet, und dass hier wirklich alle Auflagen, die gegeben wurden, eingehalten werden. Daher glaube ich, dass dieser Schritt mit diesen Verschärfungen wichtig und auch richtig ist.
Was ich sehr wohl bekrittle, ist, dass wir jetzt schon in Österreich einen Strafrahmen haben, mit dem wir eigentlich die Sexualstrafdelikte bei Weitem mehr bestrafen könnten, als es zurzeit passiert. Es ist so, dass in Österreich bei Vermögensdelikten wesentlich härtere oder längere Strafen als bei Sexualdelikten ausgesprochen werden. Ich bin der Meinung, dass, wenn dieses Strafausmaß nicht ausgenutzt wird, damit auch gleichzeitig von den Richterinnen und Richtern mittransportiert wird, dass dies eigentlich gar keine so schlimme Tat war – also eine Verharmlosung dieser Sexualstraftat. Und ich denke, dass hier schon längst etwas hätte passieren können und dieser Unterschied sehr wohl aufgehoben hätte werden können.
Zu bedenken ist aber auch, und das hat der Kollege vorhin schon gesagt: Wir haben ein gesellschaftliches Problem. Die Sexualstraftäter sind ein gesellschaftliches Problem, und wir werden dieses Problem nicht nur alleine im Strafrecht lösen können. Es braucht hier ganz sicherlich auch therapeutische Möglichkeiten. Man wird sich auch intensiver mit der Situation der Opfer auseinandersetzen müssen. Diese Frau in Salzburg – ich habe über diesen Fall nur in den Medien gelesen, das heißt, ich habe keinen Kontakt zu dieser Frau – hat sich in erster Linie darüber beklagt, dass der Täter überhaupt keine Einsicht gezeigt hat, eine Straftat begangen zu haben, und dass diese Schadensrückzahlungen an sie überhaupt nicht oder sehr, sehr spät geflossen sind. Wenn ich hinhöre, was die Opfer zu sagen haben, denke ich, dass wir jetzt mit diesem Schritt, diese Fußfessel – das habe ich schon alles gesagt – nach der Hälfte des Strafausmaßes herzugeben, wahrscheinlich den richtigen Weg gehen.
Frau Ministerin, Sie haben ja über die Medien angekündigt, dass 2015 überhaupt eine Veränderung, Verbesserung erfolgen soll. Ich glaube, dass es vorher eine intensive Diskussion über das Strafgesetzbuch geben sollte und wir uns hier wirklich effektiv einbringen und schauen sollten, dass das ein gutes Ergebnis und keine Anlassgesetzgebung mehr wird.
Aber meine Fraktion wird diesem Gesetz natürlich zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
14.15
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.
14.15
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klar ist: Der Umgang mit Sexualstraftätern
löst natürlich immer sehr emotionale Debatten aus, und das erschwert natürlich sehr häufig auch eine rationale Debatte.
Wie viele von Ihnen bin ich aber natürlich auch der Meinung, dass dem besonderen Unrecht solcher Taten angesichts der durch sie verursachten besonderen seelischen Verletzungen in den geltenden Strafrahmen noch nicht das richtige Gewicht beigemessen wird. Ich habe daher vor, Ihnen schon zu Beginn des kommenden Jahres eine Reform des Strafgesetzbuches vorzulegen, wo auch auf diese Aspekte Rücksicht genommen wird. Und zwar soll etwa die Strafuntergrenze bei Vergewaltigung von nunmehr sechs Monaten auf ein Jahr verdoppelt werden. Außerdem wird der Strafrahmen bei der qualifizierten geschlechtlichen Nötigung von bisher einem bis zu zehn Jahren auf fünf bis 15 Jahre erhöht.
Schließlich wird es auch Änderungen beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträchtigten Personen geben. Hier gilt im Moment ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Hier möchte ich eine Angleichung an den Tatbestand der Vergewaltigung vornehmen, das heißt, bei der Grundstrafdrohung einen Strafrahmen in der Höhe von einem bis zehn Jahren vorsehen. Ich glaube, dass damit ein ganz wichtiges Signal in Richtung einer stärkeren Berücksichtigung opferbezogener Faktoren im Rahmen der Strafzumessung gesetzt wird.
Und wenn wir schon von Strafen reden – es wurde auch von einer Rednerin angesprochen –: Da geht es auch immer um die Strafenrelation. Ich werde immer wieder darauf angesprochen, dass die Strafenrelation zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben nicht stimme und dass man da etwas ändern müsse. – Hier bin ich wirklich gegen einen Schnellschuss, da ich glaube, dass man sich das sehr fundiert ansehen muss. Ich werde daher im kommenden Jahr eine Expertengruppe einsetzen, die sich unter anderem auch mit dieser Frage beschäftigen soll.
Es geht mir um eine große Reform des Strafgesetzbuches, aber einer der zentralen Punkte wird natürlich auch sein: Wie schaut es mit dieser Strafenrelation wirklich aus? Haben wir da tatsächlich ein Problem? Und wenn ja, wie sollen wir dieses Problem lösen?
Aber das möchte ich wirklich von Experten anschauen lassen, von ihnen ergebnisoffen diskutieren lassen und einmal abwarten, was dann von ihnen empfohlen wird. Das Ganze wird unter „StGB 2015“ laufen. Das deshalb, weil ich bis 2015 diese Modernisierung des Strafgesetzbuches fertig haben will. Das ist der 40. Geburtstag des Strafgesetzbuches, da soll ein runderneuertes StGB am Tisch liegen. Wie gesagt, es geht da nicht nur um diese Strafenrelation, es geht vor allem etwa auch darum, ob die Gesamtsystematik noch passt. Denn wir erleben es ja immer wieder, dass im Strafgesetzbuch punktuelle Änderungen gemacht werden. Und ich glaube, es ist nach 40 Jahren einmal an der Zeit zu schauen, ob das noch hinten und vorne zusammenpasst, ob das noch ein stimmiges Bild ist, das unser StGB bietet. – Das soll alles überprüft werden.
Nun komme ich aber gleich zur heutigen StVG-Novelle, um die es ja eigentlich geht. Und die fügt sich in dieses Bild, das ich bereits angesprochen habe. Es geht um Rechtsbrecher, die sich schwere Sexualdelikte zu Schulden kommen haben lassen. Bei Rechtsbrechern, die wegen schweren Sexualdelikten verurteilt wurden, wird in Zukunft gelten, dass sie sich die Haftstrafe nicht mehr mit einer Fußfessel ersparen können, sondern es wird eben vorgesehen, dass sie zumindest die Hälfte ihrer Haft in einer Justizanstalt verbüßen müssen und erst dann die Fußfessel beantragen können.
Nun wurde teilweise moniert, dass doch ein gänzlicher Ausschluss der Sexualstraftäter von der Gewährung der sogenannten Fußfessel die sinnvollere Variante wäre. Der Meinung bin ich nicht, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wenn der Sexual-
straftäter am Ende seiner Haft die Fußfessel gewährt bekommt, dann kann ja auch stärker kontrolliert werden: Wie verhält er sich in Freiheit?, und man kann ihm Auflagen erteilen. Es kann ihm etwa die Auflage erteilt werden, dass er eine Therapie absolvieren muss. Und es wurde ja von einer Rednerin bereits darauf hingewiesen, dass es ja nicht nur darum geht, hier ein rechtliches Problem zu lösen, sondern dass wir mit Sexualstraftätern natürlich auch therapeutische Wege gehen müssen. Und hier ist es natürlich von großem Interesse, dass ein Sexualstraftäter wirklich auch eine Therapie in Anspruch nimmt, und diese Auflage kann ihm erteilt werden, wenn er die Fußfessel gewährt bekommt. Es kann ihm auch die Auflage der Schadenswiedergutmachung erteilt werden et cetera. Und ganz generell wird er eben kontrolliert, wenn er die Fußfessel gewährt bekommen hat. Die Betreuung übernimmt Neustart, und das funktioniert sehr gut, damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht.
Ich nehme gleich einen weiteren Punkt dieses Maßnahmenpakets vorweg: Die Sexualstraftäter bekommen, wenn sie eben eine Fußfessel gewährt bekommen, eine mit GPS versehene Fußfessel. Das hat den Vorteil, dass sie damit besser kontrollierbar sind, und es können dann auch bestimmte Bereiche quasi gesperrt werden, indem dann eben ein Alarm losgeht, wenn sie sich zum Beispiel der Wohnung oder dem Arbeitsplatz des Opfers nähern.
All diese Kontrollen sind eben nur möglich, wenn ich die Fußfessel gewähre, und nicht, wenn der Täter bis zum letzten Tag in der Justizanstalt bleibt. Und deswegen halte ich diese Lösung, wie sie Ihnen vorliegt, für eine sehr gute.
Für alle sonstigen strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität oder Selbstbestimmung oder sexuell motivierten Gewaltdelikte darf die Fußfessel nur dann gewährt werden, wenn aus besonderen Gründen Gewähr dafür geboten ist, dass der Verurteilte den elektronisch überwachten Hausarrest nicht missbrauchen wird. Also diese Hürde ist noch eingezogen worden.
Außerdem war mir natürlich auch die Opfersicht sehr wichtig, und ich habe viele Gespräche mit Opferschutzeinrichtungen geführt und habe mit ihnen darüber gesprochen, wie man die Opfer noch besser unterstützen kann. Wir haben in Österreich im Strafrecht bereits sehr weitgehende Opferrechte, aber meine Frage war eben: Was können wir noch mehr zum Schutz der Opfer und für die Hilfe für die Opfer tun? – Diesbezüglich sehen wir nun in diesem Paket auch vor, dass die Opfer ein Äußerungsrecht eingeräumt bekommen, sofern sie das natürlich wollen. Wenn ein Opfer sagt, es möchte mit dem Fall nichts mehr zu tun haben, es möchte damit nicht mehr konfrontiert werden, dann gibt es natürlich keine Pflicht zur Äußerung. Es ist vielmehr ein Äußerungsrecht, von dem Opfer Gebrauch machen können, wenn sie das wollen. Also im Zuge der Entscheidung, ob eine Fußfessel gewährt werden soll, ja oder nein, hat eben dann das Opfer dieses Äußerungsrecht.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass auch ein Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung besteht, und das halte ich auch für sehr, sehr wichtig.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz generell festhalten, dass wir mit der sogenannten Fußfessel, also dem elektronisch überwachten Hausarrest, insgesamt sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Es hat ja nach den ersten zwei Jahren eine Evaluierung gegeben. Die Evaluierung ist sehr positiv ausgefallen, also das Modell bewährt sich sehr gut. Wir sehen nur jetzt eben, dass wir in diesem einen Bereich nachbessern müssen, dass hier eine Änderung notwendig war. Aber ich glaube, das Entscheidende ist, dass wir nun eine Korrektur dieses Modells vornehmen, ohne dass das Gesamtsystem infrage gestellt wird, denn das Gesamtsystem ist ein sehr gutes und hat sich in der Praxis wirklich sehr gut bewährt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)
14.23
Präsident Georg Keuschnigg: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.
Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit der Fall. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012) (1804 d.B. und 2035 d.B. sowie 8847/BR d.B.)
11. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unternehmer im Kraftfahrzeugsektor getroffen werden (Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz – KraSchG) (1990 d.B. und 2094 d.B. sowie 8848/BR d.B.)
Präsident Georg Keuschnigg: Wir gelangen damit zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatter zu den Punkten 10 und 11 ist Herr Bundesrat Füller. Ich ersuche um die Berichte.
Berichterstatter Christian Füller: Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden, und – der zweite Bericht – über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unternehmer im Kraftfahrzeugsektor getroffen werden.
Beide Berichte liegen in schriftlicher Form vor.
Beide Beschlüsse wurden vom Justizausschuss am 18. Dezember in Verhandlung genommen. Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlagen jeweils den Antrag, gegen die beiden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einwand zu erheben.
Präsident Georg Keuschnigg: Vielen Dank für den Bericht.
Wir treten in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
14.25
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich sind wir zu Recht prinzipiell einmal stolz auf unseren hohen Anteil an kleinen und mittleren Unternehmen. Und wenn wir heute über das Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz reden, dann geht es dabei vor allem um Unternehmen, die doch eher größere Konzerne sind beziehungsweise unter denen auch marktbestimmende Unter-
nehmen sind. Gerade in diesem Bereich – bei den Energieversorgern gibt es zum Beispiel nicht die große Auswahl – kann es natürlich auch besonders leicht vorkommen, dass es zu einem Marktmissbrauch kommt, weil der Kunde und die Kundin sich einfach nicht so leicht dagegen wehren können, wenn drei, vier Unternehmungen so ein bisschen miteinander reden und vielleicht die Preise in einer Form ausgestalten, die zu Lasten der Kunden und Kundinnen geht.
Und ein zweiter Grund, warum dieses Gesetz so wichtig ist, ist eben in erster Linie auch Transparenz, und das hat auch ein bisschen was mit Bekämpfung der Korruption zu tun.
Prinzipiell würden wir natürlich dieser Änderung gerne zustimmen. Ein Problem haben wir allerdings, das ist der Wegfall des § 5a des Kartellgesetzes. Da geht es darum, dass es für Energieversorgungsunternehmen zu einer Sonderregelung hätte kommen sollen, die besagt hätte: Wenn ein EVU einerseits erhöhte Entgelte verlangen oder andererseits Geschäftsbedingungen festlegen möchte, die im Widerspruch zu jenen anderer, vergleichbarer Unternehmen stehen, dann müsste dieses EVU eben nachweisen und beweisen, dass es dafür einen Grund gibt. Es würde sozusagen eine Beweislastumkehr erfolgen: Nicht mehr der Kunde müsste sagen, du böses Unternehmen hast mich da über den Tisch gezogen, sondern umgekehrt, es müsste das Unternehmen beweisen, dass es gerechtfertigt ist, hier andere Preise und andere Geschäftsbedingungen vorzulegen.
Es war ursprünglich einmal vorgesehen, dass das in diesem Gesetz drinnen sein sollte, aber es ist jetzt leider mit einem Abänderungsantrag wieder herausgenommen worden. Aus unserer Sicht ist das schade. Es funktioniert in Deutschland, soviel ich weiß.
Ein weiterer Punkt, warum wir nicht ganz zufrieden sind mit dieser Gesetzesänderungsvorlage, ist die Ausgestaltung der Bundeswettbewerbsbehörde. Da geht es darum, dass es, wenn man jetzt zum Beispiel mit Tschechien vergleicht, in Tschechien 153 Mitarbeiter gibt, in Österreich hingegen 30. Wenn man jetzt bedenkt, dass diese Länder ungefähr gleich groß sind, so weiß ich nicht, ob es in Tschechien so viel mehr Aufgaben für die Bundeswettbewerbsbehörde gibt. Offenbar ist eben bei uns im Vergleich zu anderen Ländern die Ausstattung nicht so genial. Wenn man sagt, es soll eine Behörde geben, die in diesem Bereich überwacht und streng überwacht, dann muss man natürlich auch eine dementsprechende Mittel- und Mitarbeiterausstattung vorsehen. Das ist bei uns leider so nicht der Fall.
Wir würden uns freuen, wenn in diesen Bereichen, einerseits bei den Elektrizitätsversorgungsunternehmen und andererseits auch bei der Ausstattung der Bundeswettbewerbsbehörde, vielleicht bei der nächsten Novelle die Best-Practice-Modelle von anderen Ländern genauer angeschaut und auch in Österreich umgesetzt werden. Dann werden wir künftig zustimmen – heute können wir es leider nicht tun.
14.28
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.
14.28
Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, dass die Grünen auch bei diesem Gesetz irgendein Haar in der Suppe finden, ist ja nicht ganz so überraschend, vor allem nicht in Bezug auf die Energieversorgungsunternehmen in Österreich. Aber ich glaube, diese Gesetzesnovelle, die ja auf dem Kartellgesetz 2005 fußt, ist doch ein Schritt in die richtige Richtung. Es steht im Regierungsprogramm, dass wir das nach dem Vorbild der EU umsetzen wollen. Es ist aber natürlich auch ein ständiger Spagat, würde ich sagen, zwischen Liberalisierungstendenzen, die wir ja vor allem in den EVUs durchgesetzt haben – ich erwähne Unbundling, Netzfreigabe beziehungsweise Netz-
durchlässigkeit, also rein technische Fragen, die auch dazu geführt haben, dass der Strompreis in Österreich relativ stabil ist, wenn man sich den Zehnjahresvergleich ansieht. Das ist etwas, was ja immer eine Forderung auch der Politik ist, dass für den Konsumenten ein berechenbarer Strompreis besteht.
Das ist nicht überall so – ich denke nur an die doch mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche ÖMV, wo wir null Einfluss haben auf die Preisbildung, obwohl sie ein staatsnahes Unternehmen ist. Wir haben dort keine Chance. Bei der Stromwirtschaft, glaube ich, haben wir mehr Chancen als Konsumenten, aber auch über die E-Control, auf eine faire Preisbildung einzuwirken. Und ich weiß doch, wovon ich spreche, denn ich bin Gesellschafter einer privaten EVU mit 5 000 Kunden, und ich weiß inzwischen, was für einen Aufwand wir haben, die Preise zu dokumentieren, die Preisbildung zu dokumentieren und immer Berichte an die E-Control abzuliefern. Jeder, der heute eine Stromrechnung ins Haus bekommt, weiß, dass man ohne Einlesen diese Stromrechnung nicht transparent oder logisch verfolgen kann. Das ist, glaube ich, auch unbestritten.
Ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg. Entscheidend ist meiner Meinung nach, dass es Verbesserungen im Wettbewerbsrecht geben wird. Im Wettbewerbsgesetz werden die Befugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde gegenüber den Unternehmen, die im Verdacht stehen, Kartellabsprachen zu tätigen, wesentlich erweitert, und wir geben der Bundeswettbewerbsbehörde noch schärfere Zähne zur Bekämpfung von etwaigen Kartellbildungen.
Weil vor allem in der Nationalratsdebatte zu diesem Tagesordnungspunkt gleich wieder das Wort „Korruption“ gefallen ist in Bezug auf diese Herausnahme der Bestimmung über die Beweislastumkehr für die Energieversorger: Ich weise dies zurück. Ich denke, auch viele Landesenergieversorger stehen mehrheitlich noch – Gott sei Dank – im Besitz der Länder, wenn auch nicht alle, und ich denke, dass wir da weit entfernt sind von mafiösen Entwicklungen wie in anderen Staaten dieses Kontinents.
Selbstverständlich stimmen wir vonseiten unserer Fraktion diesem ersten Schritt zu und hoffen auf weitere. (Beifall bei der ÖVP.)
14.31
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Androsch. – Bitte.
14.31
Bundesrat Ing. Maurice Androsch (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, man muss hervorstreichen, dass diese Novellierung vor allem zwei Ziele verfolgt. Das ist zum einen die Stärkung der Effizienz des Kartellgesetzes und zum anderen im Wesentlichen auch eine Verbesserung der Befugnisse der Bundeswettbewerbsbehörde. Das sind maßgebliche Ziele, die erreicht werden sollen. So ist im Kartellgesetz unter anderem die Anpassung an ein deutsches Modell vorgesehen, es ist als Anpassung an das Kartellrecht im Sinne der Europäischen Union gedacht, aber es ist im Kartellgesetz auch ein wichtiger Punkt zu finden, den ich gerne hervorstreichen möchte: Das ist mehr Transparenz dadurch, dass die Beschlüsse der Kartellbehörde jetzt auch öffentlich zu machen sind, das heißt, dass sie für jedermann einsehbar sind.
Eines der wesentlichen Dinge, die man auch hervorstreichen soll: Trotz der Debatte über die Beweisumkehr ist es ja auch so, dass die Energieversorgungsunternehmen deswegen nicht ausgeschlossen sind aus diesem System und nicht ausgeschlossen sind aus dem Wettbewerbsgesetz und dem Kartellgesetz, sondern sich diesem vielmehr unterwerfen müssen. Sie sind auch verpflichtet, dementsprechend Auskunft zu geben und mitzuwirken an diesem Verfahren, wenn es zu einem entsprechenden Verfahren kommt.
Aber einer der wichtigsten Punkte, den ich noch anmerken muss, scheint mir zu sein, dass mit dem Recht auf Auskunftsverlangen mittels Bescheiden und durch die Möglichkeit, wenn es da zu unrichtigen oder falschen oder nur teilweise richtigen Aussagen oder Übergaben von Unterlagen kommt, auch das entsprechende Verwaltungsstrafverfahren anzuhängen, die Bundeswettbewerbsbehörde noch schlagkräftiger wird.
Ein Punkt, der mich, auch als ehemaliges Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, besonders freut, ist, dass, wenn in diesem Zusammenhang Ermittlungen geführt werden und diese Organe eingesetzt werden, zukünftig auch die Beschlagnahme von IT-Daten, die Beschlagnahme von Dokumenten, die Sicherung von diesen Dokumenten und all diesen Dingen genauer geregelt und besser gestaltet ist.
In diesem Sinne wird es natürlich angesichts all der Thematiken, die es in Zukunft noch zu diskutieren geben wird – Gesetze werden ja immer angepasst, werden laufend angepasst, deshalb sind wir auch in diesem Hause tätig –, in Zukunft noch Verbesserungen geben. Unsere Fraktion wird jedenfalls auch diesem Gesetz die Zustimmung erteilen, denn wir betrachten es als wichtig.
Zum Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz möchte ich noch sagen, dass es eine wesentliche Verbesserung darstellt. Wir haben ja jetzt nach dem Verlust der entsprechenden Verordnung auf der europäischen Ebene, in der Europäischen Union quasi ein Loch gehabt, das zu einer Unsicherheit der entsprechenden Kfz-Handelsbetriebe oder -Werkstätten geführt hat. Mit dieser Nachfolgeregelung haben wir diese Unsicherheit, so glaube ich, entsprechend eindämmen können und ausgemerzt, und so können wir Tausenden gerade unserer kleineren und mittleren Unternehmen in Zukunft mehr Rechtssicherheit geben, und das ist uns sehr wichtig. Daher wird unsere Fraktion auch zu dieser Novelle ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)
14.35
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Brunner. – Bitte.
14.35
Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich kann das leider nicht so stehen lassen. Zwei, drei Sätze zum Thema Energieversorger muss man mir zugestehen.
Seit dem Jahre 2000 gibt es einen liberalisierten Strommarkt in Österreich, und in diesen zwölf Jahren haben sich die Energieversorger in Österreich dramatisch verändert. Sie sind ganz anders aufgestellt als noch vor zwölf, dreizehn Jahren, um einiges besser! Und mit dieser geplanten Beweislastumkehr – die Gott sei Dank nunmehr vom Tisch ist – wären wir wieder einige Schritte zurückgefallen, nämlich in eine staatliche Preisregelung, wo wir jetzt doch in den letzten Jahren mit viel Einsatz den freien Wettbewerb auch im Strommarkt, im Energiemarkt insgesamt eingeführt haben. Das widerspricht dem freien Wettbewerb und wäre einzigartig in der freien Wirtschaft! (Beifall bei der ÖVP.)
14.36
Präsident Georg Keuschnigg: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
14.36
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich sage nur einen Satz dazu: Natürlich gibt es Liberalisierung auch in diesem Bereich, keine Frage, aber wenn man sich anschaut, wie die Kundenstruktur so ist, so ist es nicht wirklich zu hundert Prozent liberalisiert. Es gibt einen Unterschied – in der Preisgestaltung et cetera –, ob ich meinen Strom einkaufe – da wechsle ich eher weniger leicht den Anbieter –,
oder ob ich ein anderes Produkt einkaufe, wo ich sehr viel mehr relativ kurzfristig den Anbieter wechsle.
14.37
Präsident Georg Keuschnigg: Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit der Fall. Der Antrag ist angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist mit Stimmeneinhelligkeit der Fall. Der Antrag ist angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden (Grundbuchsgebührennovelle – GGN) (1984 d.B. und 2036 d.B. sowie 8849/BR d.B.)
Präsident Georg Keuschnigg: Wir kommen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Stefan Schennach: Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden, die sogenannte Grundbuchsgebührennovelle.
Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Georg Keuschnigg: Vielen Dank für den Bericht.
Wir treten in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. – Bitte.
14.39
Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis mitgeteilt, dass die Notwendigkeit zur Änderung der Grundbuchsgebühren gegeben ist, und daher liegt uns jetzt ein bereits vom Nationalrat beschlossenes Gesetz vor, gegen das wir hier im Bundesrat keinen Einspruch erheben sollen. Geschätzte Damen und Herren, damit bin ich schon bei meinem ersten Kritikpunkt – „Kritikpunkt“ heißt auch, dass wir diesem Gesetz als Freiheitliche nicht zustimmen werden.
Erster Kritikpunkt: Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Holzinger hat uns in einer Pressemitteilung vom vergangenen Dienstag wissen lassen, dass auch die jüngst reparierte Grundbucheintragungsgebühr – also das, was wir hier und jetzt beschließen sollen, wogegen wir keinen Einspruch erheben sollen – wieder vor dem Verfassungsgerichtshof landen könnte. Also wir haben das noch nicht einmal beschlossen, und der Herr Präsident des Verfassungsgerichtshofes lässt uns wissen, dass das vermutlich sowieso nicht halten wird. (Bundesrat Mag. Klug: Das hat er nicht gesagt! – Ruf bei der ÖVP: Das hat er nicht gesagt!) – ORF.at: Bitte nachzulesen! Dort können Sie nachschauen: Genau so steht es drinnen. (Bundesrat Mag. Klug: Außerdem ist er nicht das Gericht!)
Zweiter Kritikpunkt: Durch dieses Gesetz wird die sogenannte Selbstberechnung abgeschafft, sie wird wegfallen. Kurz zur Erklärung: Selbstberechnung hieß, dass bislang die Gerichtsgebühr gemeinsam mit der Steuererklärung für die Grunderwerbsteuer von Notaren, von Rechtsanwälten und von Vertragserrichtern berechnet wurde. Diese haben dann diese Gebühr von den Parteien eingehoben und an das zuständige Finanzamt überwiesen. Gerichte hatten damit keinen Aufwand. Ihre Arbeit beschränkte sich wirklich nur darauf, dass man das sozusagen nachvollzogen hat.
Jetzt aber fällt diese Selbstberechnung weg, und das bedeutet dann in Wirklichkeit, dass die Kostenbeamten ..., dass man hier ... (der Redner zögert – Bundesrat Mag. Klug: Na?) – ja, jetzt hat es mich –, dass die Haftung ohnehin bei den Vertragserrichtern gelegen ist. Diese Selbstberechnung fällt jetzt weg. Ich würde sagen, das trifft so jeden zweiten anhängigen Akt – sollten es mehr sein, sollten es weniger sein, lasse ich mich gerne korrigieren, aber ich denke, das ist realistisch. Diese Selbstberechnung fällt jetzt also weg, und das bedeutet mit Sicherheit einen Mehraufwand für das Personal, bedeutet einen Mehraufwand an Kosten und damit auch eine längere Verfahrensdauer.
Es heißt zwar aus dem Ministerium, Frau Minister, wir glauben nicht, dass das so sein wird, aber seien wir uns ehrlich: In Wirklichkeit kommt es zu einer Mehrarbeit und damit einhergehend einfach auch zu einer Kostensteigerung. Da heißt es im § 26 Abs. 2 GGN folgendermaßen:
„Die Partei hat den Wert des einzutragenden Rechts (...) eingangs der Eingabe zu beziffern, die zur Ermittlung des Werts notwendigen Angaben zu machen und diese durch Vorlage geeigneter Unterlagen zur Prüfung der Plausibilität zu bescheinigen.“
Das heißt, in Wirklichkeit wird jetzt der Kostenbeamte zu einer Art Sachverständigen für Liegenschaftsbewertungen, denn etwas anderes kann das nicht sein. Die Pauschalgebühr berechnet sich anhand des Werts, und der Kostenbeamte, auch wenn er sie zumindest nicht errechnen muss – das wird auch der Fall sein –, so muss er zumindest die Plausibilität prüfen und errechnen. Und dann kann er das, was im Vertrag drinnen steht, glauben oder auch nicht.
Wie er die Plausibilität prüft, ist fraglich; ich bringe Ihnen ein Beispiel: 5. Wiener Gemeindebezirk, Altbau, 80 Quadratmeter, 3. Stock, ohne Lift. Was wird die Wohnung wert sein? 22. Wiener Gemeindebezirk, Neubau, 60 Quadratmeter, vielleicht mit einem Gartenanteil. Was wird die Wohnung wert sein? – Das kann ein Kostenbeamter nicht wissen, dazu ist er nicht ausgebildet, und dazu fehlt ihm einfach auch die Erfahrung.
Aber – und das ist unser Kritikpunkt diesbezüglich – da verlässt man sich ganz einfach wieder auf das Improvisationsgeschick der Beamten und auch auf deren persönlichen Einsatz und hofft, dass das dann schon irgendwie funktionieren wird. Das kritisieren wir! (Beifall bei der FPÖ.)
Dritter Kritikpunkt: Es handelt sich hier um eine Pauschalgebühr und keine Steuer. Wir wissen, mit der Gebühr soll der tatsächliche Aufwand abgegolten werden. Eine Grundbuchgebühr in einer Größenordnung von etwa 1 500 € ist nichts Außergewöhnliches
bei 1,1 Prozent des Werts des eingetragenen Rechts. Dem gegenüber steht dann der Aufwand in keiner Relation, denn die 1 500 € im Verhältnis zu in Wirklichkeit einer halben Stunde Arbeit, das steht in keiner Relation, und wir wissen, ein Grundbuchrechtspfleger erledigt im Jahr 2 800 bis 3 000 Tagebuchzahlen.
Da besteht also ein Missverhältnis, und das beweisen auch die Zahlen, die hier vorliegen, nämlich dass Österreich bei der Justiz beziehungsweise bei den Gerichten einen Finanzierungsgrad von 110 Prozent aufweist, und im Europadurchschnitt liegt dieser bei 22 Prozent. Diese Zahlen sprechen also eine eindeutige Sprache: Man hebt hier unter dem Vorwand, eine Gebühr einzuheben, in Wirklichkeit ja doch eine Steuer ein, und diese Steuer soll jetzt auch noch erhöht werden.
Da frage ich mich überhaupt, ob es notwendig ist, dass man diese Änderung jetzt auch mit einer Gebührenerhöhung einhergehen lässt. Wieso überlegt man sich nicht ganz einfach ein völlig anderes System? (Bundesrat Mag. Klug: Das ist nicht der Kernpunkt!) Im Firmenbuch bildet auch nicht das Stammkapital oder das Grundkapital, das eingetragen wird, die Bemessungsgrundlage. Also ich denke, man sollte hier doch überlegen, ob man nicht eine Systemumstellung vornimmt.
Abschließend, geschätzte Damen und Herren, Frau Minister, zusammengefasst: Dieses Gesetz wird keinen Bestand haben, das lässt uns der Verfassungsgerichtshof durch seinen Präsidenten wissen. Die Selbstberechnung aus dem Gesetz herauszunehmen ist ein Fehler. Der Einsatz an Kosten und Personal wird steigen, und Kostenbeamte bei Gericht, das sage ich noch einmal, sind keine Sachverständigen für Liegenschaftsbewertungen. Und ich denke, man sollte da grundsätzlich eine Systemumstellung andenken, eine andere Art der Gebührenberechnung einführen. – Wir werden dieses Gesetz hier ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)
14.45
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.
14.45
Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Den einen oder anderen Kritikpunkt, den mein Vorredner gebracht hat, wird man teilen können, ich glaube aber – das muss ich auch dazusagen – betreffend die Kritik, die der Verfassungsgerichtshof zuletzt an der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer getätigt hat, nicht, dass er damit gemeint hat, dass er die sachliche Differenzierung der Familie aufheben wird. Das ist zwar, wie Sie richtig sagen, auf ORF.at gestanden, aber das hat Präsident Holzinger nicht gesagt.
Der Herr Präsident hat gesagt – und das hat auch der Verfassungsgerichtshof judiziert, auch in dem bereits auf der Homepage veröffentlichen Erkenntnis –, dass die unsachliche Differenzierung zwischen entgeltlichem und unentgeltlichem Erwerb wegzufallen hat. (Zwischenrufe der Bundesräte Mag. Klug und Brückl.) Das ist, kurz gesagt, der Succus – weiter vertiefen will ich das jetzt nicht, weil wir hier natürlich keine Jus-Vorlesung machen, sondern weil wir hier über die Grundbuchsgebührennovelle reden.
Daher heißt das nicht, dass wir mit dem, was wir heute beschließen, sehenden Auges in das aufgeklappte Messer des Verfassungsgerichtshofes hineinlaufen, das tun wir nicht. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ich möchte aber schon eines anmerken – Frau Kollegin Mühlwerth, ich rutsche jetzt kurz mit meinen Ausführungen sicher in Ihre Richtung, Sie werden also hoffentlich begeistert nicken, wenn ich Ihnen Folgendes sage –: Natürlich werde ich als Anwalt schon ab und an von folgendem Problem geplagt, wenn ein jüngeres Paar zu mir kommt und Eigentum schaffen und sich ein Einfamilienhaus kaufen will.
Ein Reihenhaus in keiner übermäßig prächtigen Lage, sage ich, ist heute mit etwa 300 000 € zu finanzieren. Wenn mich das Paar fragt, was es denn für Nebenkosten gibt, muss ich ihm Folgendes sagen: Na ja, da sind zunächst einmal 3,5 Prozent Grunderwerbsteuer – das sind 10 500 € –, dann gibt es 1,1 Prozent Eintragungsgebühr – das sind noch einmal 3 300 €; damit marschiere ich schon Richtung 14 000 € bis 15 000 € –, und wenn ihr Pech habt und ihr müsst auch noch ein Pfandrecht eintragen, weil die Bank eben sagt, dass sie auch ein bisschen Sicherheit haben will für die 100 000 € bis 150 000 €, die ihr fremdfinanzieren wollt, dann kommen noch einmal 1,2 Prozent dazu.
Ich spreche daher hier schon die Warnung aus, dass wir das Beschaffen von Wohnraum, wenn sich einer für Eigentum entscheidet, nicht in dieser Weise unbotmäßig verteuern dürfen. Und ich sage auch eines dazu: Wenn man sich das prozentuell anschaut – und ich bewege mich jetzt bei 300 000 €; das ist nichts, was sich nur irgendwelche Superreichen leisten können –, dann belasten wir Wohnraumbeschaffung und Eigentumserwerb in einer Art und Weise, wie ich es nicht für richtig halte.
Kollege Brückl, ich pflichte Ihnen auch in dem Punkt bei, dass es eine schwierige Sache ist, die Gebühr prozentuell zu bemessen. Wir haben richtigerweise in einer guten Zusammenarbeit zwischen Justiz, Finanzbehörden, aber auch den Gerichten mit dem elektronischen Rechtsverkehr, mit FinanzOnline etwas geschaffen, das wirklich eine große Hilfe in der Abwicklung ist und von dem ich auch glaube, dass sich die Republik selber sehr, sehr viel Geld erspart, weil sie gewisse Tätigkeiten – sage ich jetzt einmal salopp – ausgelagert hat auch an die Schriftenverfasser, an die Notare, an die Rechtsanwälte.
Da sollten wir schon vorsichtig sein, dass wir keinen gegenteiligen Effekt auslösen, dass wir also mit FinanzOnline wieder aufhören, weil es natürlich Verfahrensdauern mit sich bringt, die nicht gut sind. Wir sollten also ein Auge darauf haben, dass dieses System weiter gut funktioniert.
Ich habe denjenigen, die bei mir die Berechnung haben wollten, denen ich sagen sollte, wie viel es kostet, nicht dazugesagt, dass es hier herinnen Bundesräte gibt, die der Meinung sind, dass man das noch ein bisschen höher besteuern sollte. – Das habe ich nicht getan, weil ich glaube, dass, wenn ich Grunderwerb versteuere, an und für sich 13 000 € bis 15 000 € genug sind, Herr Kollege Schennach, wenn ich so an die ersten Tagesordnungspunkte und die Erfindung neuer Steuern denke. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.) Ich habe das nicht dazugesagt, denn es reicht ohnehin, wenn man es mit 15 000 € belastet.
Dass es nicht noch teurer wird – und vor allem nicht teurer wird im unentgeltlichen Erwerb für Familien und für kleine Unternehmen –, das ist etwas ganz Entscheidendes und das ist der positive Succus dieser Gesetzesvorlage, darum habe ich auch kein Problem, dem zuzustimmen. Trotzdem muss ich sagen, man könnte einmal eine Vision ins Auge fassen – aber das betrifft jetzt auch nicht nur Sie, Frau Ministerin –, hier im Zuge der Reparatur bis Mai 2014 in der Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage – das ist also nicht unmittelbarer Fachbereich der Justiz – umzudenken. Aufgetragen worden ist, dass man dort versuchen sollte, systematisch vorzugehen und vielleicht einmal einen anderen Ansatzpunkt anzudenken – und es gibt andere, als Einheitswerte anzuheben; es gibt durchaus fantasievollere Lösungen in diesem Bereich. – Das sollten wir, glaube ich, gemeinsam versuchen.
Dieser Gesetzentwurf ist insofern richtig, als er – und das ist jetzt auch noch ein Punkt –, wie ich glaube, nicht jeden zweiten Akt betreffen wird, sondern mehr Akte betreffen wird. Er wird die Familien, die übergeben, betreffen, und er wird die Unternehmen, die übergeben, betreffen. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist der Punkt! – Zwischenruf des Bundesrates Brückl.) Und wir haben die, die es am Schlimmsten treffen wür-
de – die es wirklich am Schlimmsten treffen würde! –, hier herausgebracht. Dafür ist auch Ihnen zu danken, Frau Ministerin, dass das in einer, wie ich glaube, geordneten Diskussion auch unter dem Fraktionen des Hauses gut über die Bühne gegangen ist und dass man diese Ausnahmen aus Sicht der Wirtschaft, aber auch aus Sicht der Familien richtigerweise hineingebracht hat.
Das war das Entscheidende, darum stimmen wir diesen Entwurf auch zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)
14.51
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.
14.51
Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wofür der Verfassungsgerichtshof heute herhalten muss! Es versucht eben jede politische Fraktion in diesem Haus, so ihre eigenen Schlüsse aus der Reparatur eines Gesetzes zu ziehen, und insofern reihe ich mich in den Reigen nahtlos ein und werde daher versuchen, aus dem Blickwinkel der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion die Frage der Bemessungsgrundlage im Bereich des Grunderwerbsteuergesetzes zu beleuchten.
Ich verstehe schon, Herr Mag. Fürlinger, dass man sich im anwaltlichen Geschäft natürlich mit ein paar Prozenten hinsichtlich der etwaigen Nebenkosten auseinandersetzt, dass man ein Gefühl bekommt, was denn sozusagen ein Eigentumserwerb kostet, aber im Zusammenhang mit der vorliegenden Reparatur haben wir seitens der sozialdemokratischen Fraktion naturgemäß einen anderen inhaltlichen Zugang.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle – und da teilen wir sozusagen die Einschätzung sowohl der Freiheitlichen als auch der ÖVP-Fraktion – hat im Wesentlichen ihre Ursache in einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, und insofern wurde diese Reparatur auch notwendig. In seiner diesbezüglichen Entscheidung hat der Gerichtshof die Anknüpfung des Gerichtsgebührengesetzes an die Bemessungsgrundlage des Grunderwerbsteuergesetzes für die Zwecke der Berechnung der Eintragungsgebühr im Grundbuch für verfassungswidrig erklärt. Das war einmal der erste Anknüpfungspunkt.
Der VfGH hat ausgesprochen, dass die maßgeblichen Bestimmungen mit Ablauf des 31. Dezember 2012 aufgehoben werden müssen und damit die Anknüpfung an den Verkehrswert – die Anknüpfung an den Verkehrswert! – als Bemessungsgrundlage für die Grundbucheintragungsgebühren herbeigeführt werden soll. Verkehrswert! Kurz gesagt soll in diesem Zusammenhang eben nicht mehr der Einheitswert, sondern der Verkehrswert ausschlaggebend sein.
Der erste Begutachtungsentwurf, werte Kolleginnen und Kollegen, seitens des Bundesministeriums für Justiz wollte zwar diesem Spruch des Verfassungsgerichtshofes entgegenkommen, ist aber andererseits – das muss man auch ganz offen sagen – auf doch heftige politische Kritik gestoßen. Der Hauptpunkt der Kritik war – und jetzt kommt es! –, dass bei Schenkungen zum Beispiel von Eigentumswohnungen im Familienkreis die Ausnahmebestimmungen viel zu eng gezogen wurden und somit die meisten diesbezüglichen Fälle gar nicht mehr unter die Ausnahmebestimmungen gefallen wären. Das Justizministerium hat diesen Entwurf überarbeitet und den Ausnahmetatbestandskatalog erweitert. Ich bedanke mich ausdrücklich, dass in diesem Zusammenhang auch Vorschläge seitens der Arbeiterkammer und des ÖGB aufgenommen wurden.
Die Debatte darüber war aber noch immer nicht zu Ende. Es gab aus verfassungsrechtlichen Gründen noch immer Kritik, woraufhin – wiederum seitens des Justizministeriums, in einer engen Zusammenarbeit mit dem Verfassungsdienst des Bundeskanz-
leramts – insbesondere auch die Erläuterungen noch einmal nachgebessert wurden. Die heute von uns zu beschließende Fassung wurde vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts ausdrücklich als verfassungskonform bestätigt.
Wichtig für die politische Akzeptanz war, dass im § 26a Gerichtsgebührengesetz die sogenannten begünstigten Erwerbsvorgänge festgelegt worden sind, also die Abweichungen zu der im § 26 Gerichtsgebührengesetz vorgesehenen Anknüpfung an die Verkehrswerte. Es wurde festgelegt, dass als Bemessungsgrundlage bei diesen begünstigten Erwerbsvorgängen grundsätzlich der dreifache Einheitswert berücksichtigt werden soll, der typischerweise weit unter dem Wert des § 26 liegt.
Da sich aber die Einheitswerte im Laufe der Jahre sehr unterschiedlich entwickelt haben und sichergestellt werden soll, dass ohne regionale Unterschiede, Kollege Brückl – ohne regionale Unterschiede! – die Regelungen ihre begünstigende Wirkung entfalten, wurde vorgesehen, dass die Bemessungsgrundlage maximal 30 Prozent des Wertes gemäß § 26 ausmacht, also nach dem Wert des Verkehrswertes maximal 30 Prozent.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen Übertragungen im Familienkreis soll also die begünstigte Regelung gelten, während in Ziffer 2 die Übertragung von Liegenschaften in der gesellschaftsrechtlichen Konstellation anders geregelt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die vorliegende Novellierung war sozusagen keine leichte Geburt, das Kind kann sich aber sehen lassen. Es werden wirklich jene Lebenssachverhalte, bei denen in der Bevölkerung ein großes Bedürfnis nach Ausnahmeregelungen besteht, letztendlich berücksichtigt, und damit werden auch sozial verträgliche Regelungen eingeführt.
Man muss annehmen, dass die Debatte über größtmögliche Gerechtigkeit im Zusammenhang mit Einheitswerten und Verkehrswerten vermutlich auch noch in den nächsten Jahren nicht beendet wird – ich verweise in diesem Zusammenhang auf ein jüngeres Erkenntnis seitens des Verfassungsgerichtshofes –, wir haben aber mit der Deadline 31. Dezember 2012 hier wirklich eine Fassung vorliegen, der man guten Gewissens im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zustimmen kann.
Ich danke allen, die sehr bemüht und engagiert daran mitgearbeitet haben, dass letztlich doch eine politisch vernünftige Lösung herausgekommen ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
14.58
Präsident Georg Keuschnigg: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.
14.58
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Ursache für die vorliegende Gesetzesänderung ein Verfassungsgerichtshoferkenntnis ist. Und in diesem Verfassungsgerichtshoferkenntnis wurde die Grundbucheintragungsgebühr nicht der Höhe nach beanstandet, es wurde aber die Bemessungsgrundlage beanstandet. (Bundesrat Mag. Klug: Genau!)
Der Verfassungsgerichtshof hat moniert – das wurde bereits erwähnt –, dass eine unsachliche Differenzierung zwischen der Bemessungsgrundlage bei entgeltlichen und unentgeltlichen Liegenschaftsübertragungen stattfindet, weil man nach geltendem Recht bei den entgeltlichen Liegenschaftsübertragungen den Verkehrswert heranzieht, bei den unentgeltlichen Liegenschaftsübertragungen ist die Bemessungsgrundlage der Einheitswert beziehungsweise ein Vielfaches des Einheitswertes. Und da hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass diese Beträge zu sehr auseinanderklaffen.
Aber der Verfassungsgerichtshof hat ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass auch bei einer Änderung, die natürlich vorzunehmen ist, sehr wohl auch Ausnahmen beziehungsweise Erleichterungen möglich sind. Aber das geht natürlich immer nur, wenn eine entsprechende sachliche Rechtfertigung für solche Ausnahmen vorliegt. Das heißt, ich kann Ausnahmen von der Regel vorsehen, allerdings brauche ich dafür eine sachliche Rechtfertigung.
Ich beteilige mich zwar nicht gerne an „Was wäre, wenn“-Spielen, aber ich glaube, gerade da muss man sich schon die Frage stellen: Was wäre, wenn der Gesetzgeber nun nicht tätig werden würde? – Wenn der Gesetzgeber bis zum Ende des Jahres 2012, also bis zum 31. Dezember 2012, nicht tätig werden würde, dann hätten wir ab 1. Jänner 2013 die Situation, dass die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grundbucheintragungsgebühr bei allen Liegenschaftsübertragungen der Verkehrswert wäre. Gleichgültig, ob entgeltlich oder unentgeltlich, ob innerhalb der Familie oder außerhalb der Familie, es wäre immer der Verkehrswert die Bemessungsgrundlage. Und das ist natürlich etwas, das ich in dieser Art und Weise nie wollte. Ich habe immer gesagt, da müssen wir schneller sein, da müssen wir im Jahr 2012 noch eine entsprechende Änderung zustande bringen.
Die entscheidende Frage war natürlich: Wie setzen wir den Kreis der Begünstigten fest, inwiefern besteht noch die sachliche Rechtfertigung, die ich angesprochen habe, das heißt, inwiefern ist es verfassungskonform, wenn wir da Begünstigungen vorsehen? Das war natürlich der springende Punkt bei dieser Reform.
Ich glaube, wir waren uns immer darin einig, dass die Familie da natürlich sehr wohl zu begünstigen ist. Die Frage war dann immer, in welchem Umfang die Familie zu begünstigen ist. (Vizepräsidentin Mag. Kurz übernimmt den Vorsitz.)
Wir haben da eine sehr weite Begünstigung für Familien vorgesehen. Und es wurde von Herrn Bundesrat Klug bereits darauf hingewiesen, dass auch der Verfassungsdienst diesen Entwurf überprüft und für verfassungskonform befunden hat.
Wir haben jetzt den Kreis der begünstigten Familienmitglieder wirklich sehr weit gefasst. Das heißt, Übertragungen an den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, die Eltern, die Kinder, Wahl- und Pflegekinder sind von der höheren Gebühr ausgenommen, aber darüber hinaus auch Übertragungen an Großeltern, Enkel, Geschwister, Nichten, Neffen. Also das ist wirklich neu, dieser sehr weit gefasste Familienbegriff.
Es kommt bei diesen Übertragungen auch nicht mehr darauf an, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Nach geltendem Recht besteht eine Begünstigung nur für unentgeltliche Übertragungen. Wir sehen aber vor, dass künftig innerhalb der Familie nicht mehr zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen differenziert wird. Bei allen Übertragungen innerhalb der Familie gibt es die Begünstigung, also das Abstellen auf den dreifachen Einheitswert, maximal 30 Prozent des Verkehrswertes – und nicht das Abstellen auf den Verkehrswert.
Es wird auch nicht danach differenziert, ob jetzt innerhalb der Familie eine private Wohnung, ein privates Haus übertragen wird oder ein Unternehmen oder eine Landwirtschaft. Das ist völlig egal. Entscheidend ist immer der Kreis der Begünstigten, ob es sich also um eine Übertragung innerhalb der Familie handelt. Und ich denke, dass wir da eine wirklich sehr gute Lösung gefunden haben.
Ich möchte auch noch auf einige Äußerungen von Herrn Bundesrat Brückl zu sprechen kommen. Herr Bundesrat, Sie haben gesagt, es sei fraglich, wie Kostenbeamte die Plausibilität prüfen können, denn es geht – das haben Sie ausgeführt – um die Prüfung der Plausibilität der gemachten Angaben. Und eine Antwort auf diese Frage finden Sie, wenn Sie die Erläuterungen zum Gesetzestext lesen. Dort ist nämlich auch ausgeführt,
dass für die Darlegung der Plausibilität etwa auch der Immobilienpreisspiegel herangezogen werden kann. Das heißt, man braucht da nicht in allen Fällen ein Sachverständigengutachten, es reichen auch sonstige Unterlagen, wie eben zum Beispiel Immobilienpreisspiegel. Damit kann man die Plausibilität der Angaben sehr wohl begründen.
Außerdem sehen wir im vorliegenden Gesetzestext auch eine Verordnungsermächtigung für die Bundesministerin vor, um in dieser Verordnung auch noch näher auszuführen, wie eben die Kostenbeamten die Plausibilität zu überprüfen haben, was sie da alles beiziehen können. Das heißt, wir unterstützen da die Kostenbeamten sehr wohl und bieten ihnen ausreichend Hilfestellungen, damit sie innerhalb der gebotenen Zeit gute Ergebnisse erzielen können. Wir lassen da – entgegen Ihrer Aussage, Herr Bundesrat Brückl – die Kostenbeamten keineswegs allein, und wir werden sie natürlich auch entsprechend schulen. Ich bin überzeugt davon, dass die Kostenbeamten dieser neuen Aufgabe sehr gut nachkommen werden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
15.03
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einwand zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013) (2005 d.B. und 2037 d.B. sowie 8850/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Nun kommen wir zum 13. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Stefan Schennach: Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden – Versicherungsrechts-Änderungsgesetz.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, deshalb komme ich sogleich zur Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinkogler. – Bitte.
15.05
Bundesrat Josef Steinkogler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Das Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 sieht Folgendes vor: Wir sind vom Europäischen Gerichtshof verpflichtet worden, dass wir ab 21. Dezember – das ist ab morgen – gleiche Prämien für Männer und Frauen haben müssen – die sogenannte Unisex-Richtlinie.
In Österreich waren Frauen begünstigt, hatten aufgrund des niedrigeren Risikos und der höheren Lebenserwartung günstigere Prämien als Männer. Das gehört nun der Vergangenheit an. Ab sofort sind die Prämien für Männer und Frauen gleich. Dadurch werden die Prämien bei den Männern in Zukunft etwas günstiger sein und bei den Frauen natürlich etwas höher. Das ist aber alternativlos, die Unisex-Richtlinie muss ab morgen umgesetzt werden.
Weiters werden mit dieser Novelle die Behinderten besser gestellt. Die Behinderten hatten kaum eine Chance, bei österreichischen Versicherungen eine Versicherung abzuschließen. Sie wurden fast immer abgelehnt, oder es wurden so hohe Prämien vorgeschrieben, dass es uninteressant war.
Auch diesbezüglich gibt es jetzt eine Lösung. Behinderte müssen aufgrund ihres Gesundheitszustandes eingestuft werden und können nicht mehr von vornherein abgelehnt werden. Auch das ist eine sehr wichtige und richtige Entscheidung, damit die Versicherungsanstalten die Behinderten da nicht mehr diskriminieren können.
Außerdem sind auch noch einige technische Verbesserungen vorgesehen. Gerade im Zusammenhang mit Prämieneinzügen und der unseligen Zahlscheingebühr, die immer wieder herumgegeistert ist und zum Teil von Versicherungsanstalten verrechnet wurde, ist klargestellt, dass das in Zukunft nicht mehr möglich sein wird.
Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes ist diese Unisex-Richtlinie alternativlos, und wir können dieser Novelle mit gutem Gewissen zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
15.07
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.
15.08
Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätztes Präsidium! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Es ist bereits erwähnt worden, dass es zu einer Novellierung wegen einer Besserstellung kommt, und zwar aufgrund eines EuGH-Erkenntnisses zum Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz, Versicherungsvertragsgesetz et cetera. Es geht dabei letztendlich auch um eine Gleichstellung der Geschlechter im Versichertenvertragsrecht, sodass gleiche Prämien und Leistungen für Frauen und Männer gelten sollen.
Es wird natürlich zu beobachten sein, ob sich in Zukunft in der Versicherungswirtschaft diese Unisex-Regelung dahin gehend auswirkt, dass es generell zu Verteuerungen kommt, oder ob es zu einer Angleichung der Prämien in die andere Richtung kommt, dass die Prämien für die Männer günstiger werden. In diese Richtung könnte es auch gehen, es muss ja nicht immer eine Erhöhung stattfinden. Das wäre natürlich wünschenswert.
Gleichzeitig kommt es auch zu einer Änderung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes. Da geht es nicht nur darum, dass letztlich der Gesundheitszustand einer Person ausschlaggebend sein wird dafür, wie sich die Versicherungsverträge beziehungsweise die -prämien gestalten, sondern vor allem darum – und das ist wichtig –, dass die Verträge künftig nicht mehr aufgrund des Gesundheitszustandes abgelehnt oder gekündigt werden dürfen.
Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin oft genug für Menschen mit Behinderung beziehungsweise mit besonderen Bedürfnissen zu Versicherungen gegangen, um mit diesen zu verhandeln, dass bestimmte Leistungen erbracht werden, erbracht werden müssen, damit keine Ausnahmen oder negativen Darstellungen in Verträgen gegenüber diesen Menschen zum Tragen gekommen sind.
Sehr positiv ist auch, dass die Möglichkeit gegeben wird, dass die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und der Behindertenanwalt eine Klagebefugnis erhalten. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass es da auch unabhängige Bereiche gibt, die bei der Beurteilung mitsprechen können.
Grundsätzlich war diese Gesetzesänderung längst überfällig, und ich glaube, dass das auch ein guter Schritt in die richtige Richtung zur Gleichstellung ist. Herzlichen Dank. Meine Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
15.10
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Ich begrüße die Frau Innenministerin ganz herzlich bei uns im Bundesrat. Herzlich willkommen, Frau Ministerin! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird (1907 d.B. und 2042 d.B. sowie 8825/BR d.B. und 8839/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Kainz. Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Christoph Kainz: Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandswesen geändert wird.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; daher darf ich sogleich den Antrag stellen.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
15.12
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Es ist schade, dass die Frau Justizministerin schon gegangen ist, denn ich wollte ihr zum Personenstandsgesetz etwas sagen. Ich verlese trotzdem die Stellungnahme des Justizministeriums zu diesem Gesetz, die sehr interessant ist.
Es heißt: „Dass nun sämtliche Daten des Zentralen Personenstandsregisters () für die Zwecke der Sicherheitsverwaltung und Strafrechtspflege in einer nicht näher erläuterten ,Verknüpfungsanfrage‘ herangezogen werden sollen dürfen, ist ohne nähere Erklärung oder präzisere gesetzliche Regelung seitens des Bundesministeriums für Justiz nicht unterstützenswürdig.“ – Das steht in der Stellungnahme des Justizministeriums zu dem Gesetz, das wir nun beschließen.
Warum die Frau Justizministerin im Ministerrat dann zugestimmt hat, das weiß ich nicht. Ich werde sie jetzt auch nicht fragen können, sie ist nicht mehr hier, aber das zeigt doch relativ deutlich, welche Problematiken mit diesem Gesetz verbunden sind.
Es sind zwei Problematiken. Die erste Problematik sind der Datenschutz und die Sache mit der Abfrage der Daten.
Prinzipiell ist nichts dagegen einzuwenden, dass das Personenstandsregister auf eine elektronische Basis gestellt wird. Das ist prinzipiell in Ordnung. Wie immer – wir haben das ja sehr oft in den Debatten in diesem Haus – stellen sich aber, wenn Daten in eine Datenbank eingegeben werden, zwangsläufig die Fragen nach dem Datenschutz.
Mein Kollege vom Nationalrat, Albert Steinhauser, hat mir erzählt, dass sie im Ausschuss diskutiert hätten, dass zum Beispiel die illegale Abfrage der Daten erschwert werden wird, weil es Log Files gibt, und das auch kontrolliert werden würde, sollte es zu einem Datenmissbrauch kommen. Das ist begrüßenswert. Wir werden uns halt anschauen, wer das wann wie und wo kontrolliert – ich weiß nicht, wer es kontrolliert.
Aber der Hauptgrund dafür, dass wir dieses Gesetz in puncto Datenschutz ablehnen, ist eindeutig, dass die Polizei – und in diesem Gesetz wird nicht näher definiert, wer von der Polizei, einfach die Polizei – weitergehende Abfragemöglichkeiten des Personenstandsregisters erhält und eben auch solche Verknüpfungsanfragen stellen kann, was aus unserer Sicht nichts anderes bedeutet als Rasterfahndung durch die Hintertür.
Der zweite Grund dafür, dass wir dieses Gesetz ablehnen – jetzt komme ich zu dem Thema, das mich heute schon den ganzen Tag begleitet: eingetragene Partnerschaft, Teil drei; wir hatten es schon bei Frau Ministerin Heinisch-Hosek, wir hatten es bei Frau Ministerin Karl, jetzt habe ich es bei Ihnen auch –, ist: Dieses Personenstandsgesetz schreibt genau das fest, was wir von Anfang an kritisiert haben und warum es von Anfang an ein Konstruktfehler war, unterschiedliche Rechtsinstitute zu schaffen, eine Schublade für Heteros, eine Schublade für die Lesben und Schwulen.
Die fünf Diskriminierungen setzen sich in diesem Gesetz fort:
erstens: die Schließung der eingetragenen Partnerschaft vor einer Bezirksverwaltungsbehörde beziehungsweise einem Magistrat und nicht am Standesamt;
zweitens: die Schließung nur in den Amtsräumen – das hat dann ungefähr den Charme einer Hundeanmeldung oder einer Autoanmeldung –;
drittens: keine Trauzeugen, keine Trauzeuginnen, das heißt keine Feier, keine Zeremonie. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das habe ich überhaupt nicht erwähnt. (Bundesrat Hensler: Das sind Probleme! – Zwischenruf des Bundesrates Beer.)
Ja, das zeigt ja jetzt das wahre Gesicht der ÖVP! Wenn Sie lesbischen und schwulen Paaren keine Feier erlauben wollen, dann haben Sie ein Problem mit Lesben und Schwulen – und die Lesben und Schwulen haben ein Problem mit Ihrer Ansicht von
Menschenrechten. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Beer – in Richtung ÖVP –: In welchem Jahrhundert seid ihr eigentlich? Wir sind im 21. Jahrhundert!)
Bitte, ORF-Kameras, zeigt diesen Mann! Liebe Lesben und Schwule, schaut sie euch an!
Viertens: kein Jawort – ist nicht erlaubt. Bei der Eheschließung gibt es bekanntlich das Jawort. Bei einer eingetragenen Partnerschaft dürfen sie, wenn sie eingegangen wird, unterschreiben, da sind wir wieder beim Vergleich mit der Autoanmeldung, im Besenkammerl einer Bezirksverwaltungsbehörde.
Und fünftens: Eingetragene Partner und Partnerinnen verlieren ihren Familiennamen, dürfen sich ja nicht mehr Familie nennen, sondern haben dann nur noch einen Nachnamen.
Ich frage dasselbe Sie, Frau Ministerin, was ich schon Frau Justizministerin Karl gefragt habe: Nennen Sie mir eine sachliche Begründung, warum es diese Unterschiede gibt! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
15.18
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Reisinger. – Bitte.
15.18
Bundesrat Friedrich Reisinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Immer wieder wird zu Recht eine Vereinfachung in der Verwaltung gefordert, und diese wird auch sehr oft von jeder politischen Gruppierung versprochen. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz können wir zu Recht behaupten, dass wir dieser Forderung und diesem Versprechen nachkommen.
Die neue Form dieses Meldegesetzes bringt sowohl für die Verwaltung als auch für die Bürgerinnen und Bürger wesentliche Erleichterungen. Jeder, der schon einmal die Wohnsitzgemeinde gewechselt hat, weiß, dass es bisher notwendig war, sich zuerst bei der bisherigen Wohnsitzgemeinde abzumelden und sich danach auch in der neuen Wohnsitzgemeinde wieder anzumelden. Mehrere Behördenwege waren dafür notwendig und in der Folge auch für die Behörde ein aufwändiger postalischer Briefverkehr.
Viele Menschen, aber auch die zuständigen Behörden, in erster Linie die Gemeinden, haben sich gefragt, ob dieser Aufwand im digitalen Zeitalter noch notwendig ist. Ich bin daher sehr froh darüber, dass es mit diesem Gesetz gelungen ist, die Personenstandserfassung und in diesem Zusammenhang auch das Staatsbürgerschaftsregister auf moderne, zeitgemäße Beine zu stellen.
Das bedeutet, dass wir heute die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass ein zentral geführtes Datenregister erstellt und so den Menschen die Möglichkeit gegeben wird, bei jeder Personenstandsbehörde auch die entsprechenden Meldungen abzuwickeln.
Natürlich braucht es für die Sicherung derartiger Datenspeicher entsprechende Maßnahmen. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und ich weiß, dass das auch vorgesehen ist.
Vor kriminellen Handlungen ist man natürlich nie sicher. Da kann man sich nur bestmöglich schützen. Da sind höchste Sicherheitsstandards einzuziehen. Ich bin mir sicher, das ist auch so vorgesehen.
Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben, lautet ein altes Sprichwort. Da müssten wir viele Bereiche überdenken. Ich denke nur an den Bankenbereich, wo auch sehr, sehr
wichtige Daten elektronisch gespeichert sind. Und auch in diesem Fall ist es eine Selbstverständlichkeit.
Im Besonderen möchte ich auch noch erwähnen, dass durch diese Verwaltungsvereinfachung auf Sicht gesehen auch Kosten in der Verwaltung gespart werden. Natürlich gibt es Umstellungskosten und auch einen anfänglichen Mehraufwand durch die Nacherfassung der Daten. Ich sehe dies aber als eine gute und sinnvolle Investition in die Zukunft.
Sehr geehrte Damen und Herren! Meines Erachtens wird mit dieser Gesetzesänderung ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Verwaltungsreform gesetzt – einer Verwaltungsreform, der man nur zustimmen kann und zu der ich dir, Frau Bundesminister, vor allem auch ganz herzlich gratuliere. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
15.21
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.
15.21
Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Geschätztes Präsidium! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Der Gesetzentwurf, die Gesetzesvorlage, die heute zu beschließen ist, geht im Wesentlichen in Richtung einer Verwaltungsvereinfachung. Mein Vorredner hat bereits erwähnt, dass es diesbezüglich doch einige Umstellungen geben wird, die Verwaltungsvereinfachungen mit sich bringen werden. Das heißt, eine Reduktion des Aufwands, eine Effizienzsteigerung, Transparenz der Behördenaktivitäten und eine bessere Datenqualität sollen damit verbunden sein.
Es soll letztendlich auch der Bürger, die Bürgerin von einer effizienteren Verwaltung profitieren, und dies unabhängig vom Wohnort, weil unter Umständen nicht mehr drei Behörden zuständig sind, sondern die Möglichkeit besteht, bei einer Behörde Vorlagen, Urkunden et cetera abzurufen beziehungsweise diese zu erhalten.
So können zum Beispiel auch kleinere Unternehmen, Beherbergungsbetriebe davon profitieren, weil die Verpflichtung entfällt, die Gästeblätter in Papierform aufzubewahren. Die Aufbewahrungspflicht wird in diesem Fall wegfallen.
Der Datenschutz soll, wenn diesem Gesetz wirklich Genüge getan wird, strenger sein als im bisherigen Meldegesetz. Und die Protokollierung soll so erfolgen, dass jederzeit eine Abfrage möglich ist und nachvollzogen werden kann, wem Auskunft über die Daten gegeben wird.
Das heißt, das sind Vereinfachungen, die letztendlich notwendig waren und in diesem Gesetz vollzogen werden.
Da früher nur klerikale Einrichtungen ein Personenstandsregister führen durften und bereits mit dem kaiserlichen Patent vom 20. Februar 1784 eine Umstellung erfolgte, wird dies nun durch eine Verwaltungsvereinfachung fortgesetzt.
Meine Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage zustimmen. Eine persönliche Anmerkung sei mir noch gestattet. Ich möchte schon auch darauf hinweisen, dass es, gerade was das Namensrecht betrifft, sicher noch einiger Änderungen bedarf. Was den gleichgeschlechtlichen Bereich betrifft, muss ich dem Kollegen Schreuder zustimmen, dass das nach wie vor eine Diskriminierung ist, die behoben gehört. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
15.25
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einwand zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird (Sprengmittelgesetz-Novelle 2012) (1810 d.B. und 2044 d.B. sowie 8840/BR d.B.)
16. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (2045 d.B. sowie 8841/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir kommen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatter zu den Punkten 15 und 16 ist Herr Bundesrat Kainz. Bitte um die Berichte.
Berichterstatter Christoph Kainz: Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird.
Dieser Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Weiters erstatte ich den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. – Bitte.
15.26
Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute wieder einen Teil von Verwaltungsvereinfachung. Die Änderung des Waffengesetzes regelt nämlich die Befugnisse der zuständigen Behörden bei der Sicherung und Vernichtung von Kriegsmaterial.
Im Zweiten Weltkrieg wurden Unmengen von Bomben auf österreichisches Territorium abgeworfen, darunter eine Unzahl von Blindgängern, die mehr oder weniger konzen-
triert in gewissen Landesteilen zum Vorschein kommen. Schätzungen zufolge soll es noch 17 000 solcher Blindgänger geben. Nachrichtenmeldungen über derartige Funde hört man ja regelmäßig. Solche Funde gibt es bei größeren Baustellen, bei Feldarbeiten, bei Waldarbeiten und vielem anderen.
Jährlich werden zirka 30 derartige Bomben von Experten des Entminungsdienstes entschärft. Der Job, derartige Funde zu entschärfen, ist sicher einer der gefährlichsten. Mit diesen Tätigkeiten waren bis jetzt Spezialisten des Innenministeriums und des Landesverteidigungsministeriums betraut. Zukünftig sollen diese Aufgaben nur mehr von Experten des Verteidigungsministeriums erledigt werden. Damit ist eine klare Regelung hinsichtlich der Befugnisse getroffen worden.
Da bei derartigen Entschärfungsvorgängen eine Gefährdung der Bevölkerung nie auszuschließen ist, kann man auch künftig notwendiger- und vernünftigerweise Absperrmaßnahmen und Platzverbote bis hin zu Wegweisungen, bis die Gefährdungsfrage geklärt ist, verfügen.
Diese Änderung enthält allerdings leider Gottes – und da spreche ich als Bürgermeister einer Gemeinde – keine vernünftige Regelung, wer die Kosten derartiger Entschärfungen zu tragen hat, denn es kann nicht sein, dass Grundeigentümer oder Gemeinden diese Kosten tragen müssen, die absolut nichts dafür können, dass derartige Blindgänger auf ihren Grundstücken liegen.
Alles in allem ist, glaube ich, ganz besonders wichtig, dass die Entschärfung von derartigem Kriegsmaterial weiter höchst professionell und mit bestmöglicher Sicherheit erfolgen wird. Dafür kann man den Entschärfungsexperten nicht genug danken. Wir wünschen ihnen alles Gute für ihre Tätigkeit, denn der kleinste Fehler oder die kleinste Unachtsamkeit kann fürchterliche, ja tödliche Folgen haben.
Bei der Novelle des Sprengmittelgesetzes handelt es sich um eine EU-Anpassung, die eine Ausweitung von Ausnahmen der Kennzeichnungspflicht für zivile Sprengstoffe vorsieht. Bei der Lagerung verlangt das neue Gesetz durchgängige Bestandsaufzeichnungen, die zehn Jahre aufbewahrt werden müssen. Gleich bleiben, Gott sei Dank, die Voraussetzungen für die Herstellung von Schieß- und Sprengmitteln und auch die Verbote der Herstellung von Schieß- und Sprengmitteln für bestimmte Personengruppen. Die bewährten Sicherheitsregeln in einem sehr sensiblen Bereich bleiben jedoch ganz klar bestehen. Unser Sprengmittelgesetz wird ja nur ganz gering geändert.
Wir geben diesen beiden Gesetzesänderungen gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)
15.29
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte.
15.30
Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon vieles gesagt worden – und wir wissen auch, dass wir heute noch länger hier sind –, deshalb kurz zum Sprengmittelgesetz. Hier war es notwendig, eine Anpassung an die EU-Richtlinie durchzuführen, um auch die Nachverfolgung und Rückverfolgung von Explosivstoffen für zivile Zwecke zu regeln. Wir wissen, welch verheerende Auswirkungen Attentate oder Bombenlegungen gerade im zivilen Bereich haben können. Ein paar Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht wurden ebenfalls festgelegt.
Nun zum Waffengesetz, das ebenfalls in dieser Debatte behandelt wird. Hiebei ist im Zuge der Verwaltungsreform eine Änderung notwendig geworden, da die Zuständigkeit für den Entminungsdienst zum Bundesministerium für Landesverteidigung gekommen
ist und das Bundesministerium für Landesverteidigung in Zukunft für die Sicherstellung und das Entschärfen von Blindgängern und Bomben, die hier noch lagern, die Verantwortung trägt. Meistens lagern sie konzentriert in Gegenden wie Bahnhofsgebäuden, öffentlichen Gebäuden, alten Fabriksgeländen oder großen Flächen, die Ziele von Bombardierungen waren.
In diesem Gesetz ist auch geregelt, dass die Exekutive im Rahmen der Verwaltungsreform in diesem Fall auch ein Platzverbot erlassen kann und ein Wegweisungsrecht hat und das Gelände absperren kann, und zwar durch das Setzen von geeigneten Maßnahmen, etwa durch den Einsatz von Megaphonen, der Medien und so weiter.
Mein Kollege – es dürfte ein Bürgermeisteranliegen sein – hat schon davon gesprochen: Wer trägt die Kosten, wenn Bomben auf Grundstücken aufgefunden werden? Wenn sich das Grundstück in einer exponierten Lage befindet – ich kann mir vorstellen, dass an der Westbahn in einigen Gemeinden noch ein paar solcher Blindgänger lagern –, dann ist es höchst notwendig, dass man eine Kostenregelung auch zugunsten der Gemeinden trifft. Ich ersuche Sie, Frau Bundesministerin, vielleicht doch darauf zu achten, dass die Gemeinden nicht zusätzlich belastet werden beziehungsweise in Zukunft entlastet werden, indem die Kosten übernommen werden. Man kann jedenfalls nicht den Gemeinden und Grundbesitzern zumuten, dass sie die Kosten tragen.
Ich glaube, dass mit dem Gesetz klare Regelungen zur Sicherheit jener Personen, die in der Umgebung von solchen gefährdeten Plätzen wohnen, getroffen wurden, auch zur Sicherheit jener Menschen, die die Entschärfung der Minen und Bomben durchführen. Aus diesem Grund werden wir auch dieser Vereinfachung und klaren Regelung zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
15.33
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend eine Sprengmittelgesetz-Novelle 2012.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einwand zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung (1958 d.B. und 2046 d.B. sowie 8842/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Köberl. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Günther Köberl: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Antrag.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.
15.35
Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Land Steiermark hat in der Zeit vom 1. Jänner 2010 bis 31. Dezember 2011 insgesamt 35,4 Millionen € für die Grundversorgung aufgewendet. Mit Stand 20.9.2012 befinden sich in der Steiermark 2 529 Asylwerber in der Grundversorgung. Und jetzt soll es im Rahmen dieser Vereinbarung mit den Bundesländern zu einer Erhöhung kommen. Der wichtigste Punkt in Artikel 9 Ziffer 1 ist eine Erhöhung um 2 €, von 17 auf 19 €, das ist eine Erhöhung um 12 Prozent.
Wir haben heute schon gehört, wie die zuständige Ministerin die Beamten und die Beamtengewerkschaft gelobt hat, dass sie einer Nulllohnrunde zugestimmt haben. Wir haben auch gehört, dass die Pensionisten eine Erhöhung von 1,8 Prozent erhalten, also unter der Inflationsrate. Aber in diesem Fall sind wir wesentlich großzügiger.
Ich kann eigentlich nahtlos an das anknüpfen, was ich bereits zum Bericht des Asylgerichtshofes gesagt habe: Wir tun alles, um Österreich zu einem Eldorado für Scheinasylanten zu machen, für jene, die Asylmissbrauch betreiben, und zwar gezielten Asylmissbrauch. Denn warum, frage ich mich, kommen denn so viele ausgerechnet nach Österreich, über Italien, über Griechenland, über die Balkanroute, meistens mit Schlepperorganisationen, und zahlen dafür auch noch gutes Geld, damit sie in das Paradiesland Österreich kommen können.
Der Leiter des Flüchtlingslagers Traiskirchen hat gesagt, dass 90 Prozent der Asylwerber auf dem Landweg über sichere Drittstaaten kommen. Da frage ich mich schon: Reicht es denn noch nicht, dass schon für das Gefängnis, das in meiner unmittelbaren Nachbarschaft in Leoben angesiedelt ist, in Tschetschenien und Moldawien auf Internetplattformen Werbung betrieben wird, weil es dort so schön und so vorbildlich ist? (Bundesrat Perhab: Kann man da auch einen Urlaub buchen?) – So ungefähr, ja. Das ist Erholung für sehr viele, die mit kriminellen Absichten zu uns kommen.
Ich glaube, dass dieses Geld, das uns die Erhöhung der Mittel für die Grundversorgung kosten wird, besser angelegt wäre, wenn wir es für eine effiziente Bekämpfung von Schlepperbanden verwenden würden, wenn wir es dafür verwenden würden, dass Straftäter schneller abgeschoben werden und dass das Dublin-II-Abkommen endlich wirklich so vollzogen wird, wie es eigentlich vorgesehen ist. Ich bin ja schon gespannt, ob dann das neue Schubhaftzentrum, wenn es eröffnet ist – auch nicht weit, in Vordernberg in der Steiermark –, zu einer Verbesserung der Situation beitragen wird oder zu einer Verbilligung, wenn dann die Asylanten, die abgeschoben werden sollen, von
allen Bundesländern quer durch Österreich nach Vordernberg gekarrt werden und von dort dann wieder zu einem Flughafen oder sonst wohin abgeschoben werden.
Und wenn wir hier so viel von sozialer Gerechtigkeit und von Frieden sprechen, dann ist da, so meine ich, sehr viel falsch verstandene Humanität mit im Spiel.
Die Lücke zwischen medialem Gutmenschentum und dem – ich sage es einmal unter Anführungszeichen – „gesunden Volksempfinden“ ist relativ groß. Fragen Sie einmal die Bewohner von Mürzsteg, einem kleinen Ort im Mürztal mit einer überproportionalen Belastung durch ein Asylheim, durch die Unterbringung von Asylanten!
Man sollte sich auch die Leserbriefe in Zeitungen, teilweise sogar die Titelseiten, über Jugendliche, über Familien, die der muslimischen Religionsgemeinschaft angehören, anschauen, wenn es darum geht, wie schön es nicht sei, dass diesen jetzt endlich humanitäres Bleiberecht gewährt wird und sie Weihnachten in Österreich verbringen können. – Die Leserbriefe, die Meinung, die in der Bevölkerung wirklich herrscht, sprechen eine andere Sprache.
Ich erinnere mich auch an den Aufschrei, der durch den Blätterwald gerauscht ist, als Sie, Frau Bundesminister, den Vorschlag gemacht haben, weil es noch zu keiner zufriedenstellenden beziehungsweise vorübergehend zufriedenstellenden Einigung über die Unterbringung in den einzelnen Bundesländern gekommen ist, Containerdörfer aufzustellen. Das sei ja unmenschlich und nicht zumutbar. Ich frage mich, warum es dann für Hunderte Arbeiter auf Großbaustellen beispielsweise selbstverständlich und gang und gäbe ist, dass sie in Containerdörfern und in Containersiedlungen untergebracht sind.
Mit dieser falsch verstandenen Asylpolitik gefährden wir den sozialen Frieden in unserem Land.
Sie können sagen, dass das alles nicht stimmt – die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache! Wenn von 573 tatverdächtigen Afghanen 407 Asylwerber sind – vom 1. Jänner bis Juni 2012 –, so sind das Zahlen, die eine eindeutige Sprache sprechen, nämlich dass Missbrauch betrieben wird.
Wir sollten uns als Land Österreich profilieren und den Schutzbedürftigen jenen Schutz gewähren, den sie verdienen, aber nicht zu einem Paradies für Missbrauch werden. Deswegen werden wir dieser Erhöhung auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
15.42
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.
15.42
Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Asyl ist natürlich ein hoch sensibles Thema. Auf der einen Seite müssen wir die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen, auf der anderen Seite brauchen wir Unterkünfte und ausreichend finanzielle Mittel. Diese Gratwanderung ist natürlich nicht einfach.
Wir leben in einem Land, in dem man glücklicherweise in der Lage ist, auch anderen zu helfen. Wer Hilfe braucht, sie wirklich braucht, soll sie bekommen. Damit wir uns da nicht missverstehen, Herr Krusche: Natürlich ist jede Art von Missbrauch schärfstens abzulehnen und zu ahnden, es gibt aber auch Leute, die Zuflucht brauchen, wenn sie verfolgt werden. (Bundesrat Krusche: Habe ich immer gesagt!) In bestimmten Notlagen ist also auch Solidarität zu zeigen.
Wenn man sich die genaue Definition der Zielgruppe ansieht, so handelt es sich dabei um schutzbedürftige Fremde, und das können Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebe-
ne, aus rechtlichen und faktischen Gründen nicht abschiebbare Fremde ohne Aufenthaltsrecht sein. Zweck des Koordinationsrates ist die partnerschaftliche Lösung dieser Probleme. Seit 2004 gibt es diese partnerschaftliche Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, um die vorübergehende Grundversorgung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder zu regeln. Diese Grundversorgung, das wissen wir, umfasst Unterkunft, angemessene Verpflegung, Taschengeld, medizinische Betreuung, Krankenversorgung, eventuell notwendige Pflege, Information und Beratung.
Nach dem Zulassungsverfahren und der Versorgung in einer Bundesbetreuungsstelle werden die Asylwerber einem Bundesland zugewiesen. Es ist dann Aufgabe des jeweiligen Bundeslandes, für die Grundversorgung zu sorgen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit einmal einen Dank an die Quartiergeber aussprechen, die oft gegen den Willen der Bevölkerung handeln müssen. Das muss man auch einmal klar sagen.
Die Dauer der Gewährung der Grundversorgung richtet sich natürlich maßgeblich nach der Dauer und dem Ergebnis des Asylverfahrens und des allfälligen anschließenden fremdenpolizeilichen Verfahrens.
Man kann abschließend klar sagen, erstens ist jede Art von Missbrauch abzulehnen, gehört bestraft und ist zu ahnden, und zweitens ist Hilfe dort zu geben, wo Versorgung notwendig ist – weitestgehend sind natürlich auch die Sorgen der Bevölkerung zu berücksichtigen –, wofür natürlich auch die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stehen müssen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
15.46
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Reich. – Bitte.
15.46
Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Zur vorübergehenden Grundversorgung haben der Bund und die österreichischen Bundesländer eine Vereinbarung geschlossen, die – umschrieben – wie folgt lautet: Die Vertragspartner beschließen gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, Asylwerber, Asylberechtigte und Vertriebene.
Nach der Genfer Flüchtlingskonvention werden Menschen als Flüchtlinge anerkannt, die aufgrund von Rasse, Nationalität, politischer Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt werden. Auch im österreichischen Asylgesetz und im Fremdenrechtspaket wird dem Rechnung getragen.
Menschen, die ihre Heimat verlassen, tun dies in den wenigsten Fällen freiwillig oder grundlos. Sie haben meistens Schicksale hinter sich, die niemand von uns erleben und haben möchte. Wir, die wir das Glück haben, in einer gesicherten Umwelt und sogar in einem der reichsten Länder der Welt zu leben, dürfen niemals über das Schicksal anderer hinwegsehen.
Wir Österreicher bezeichnen uns gerne als Spendenweltmeister, aber wir haben auch in wirtschaftlich viel, viel schwierigeren Zeiten tatkräftig anderen geholfen, gleich, wie uns andere Staaten nach den Weltkriegen unterstützt haben. So, geschätzte Damen und Herren des Bundesrates, scheint es mir Verpflichtung und Verantwortung für den österreichischen Staat zu sein, Menschen in Not ohne Rücksicht auf ihr Herkommen zu unterstützen. Das wird durch diese Vereinbarung auch weiterhin gewährleistet.
Nun sollen die Kostenhöchstsätze bei der Unterbringung in organisierten Quartieren um 2 €, bei individueller Unterbringung unter anderem die Verpflegsätze für Minderjäh-
rige angehoben werden, da sie – wie Kollege Saller schon gesagt hat – seit 2004 gleich geblieben sind. Die Kostenaufteilung wird weiterhin im Verhältnis von 60 : 40 Prozent zwischen Bund und Ländern erfolgen.
Menschenwürdige Unterbringung gehört zu einem Grundrecht. Solidarität mit diesen hilfs- und schutzbedürftigen Menschen ist für mich als Sozialdemokratin selbstverständlich, daher wird meine Fraktion gerne dem Antrag auf Erhöhung der ausgewählten Kostenhöchstsätze in der Grundversorgung zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
15.49
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.
15.49
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Krusche! Den Kopf trägt man nicht nur zur Zierde mit sich herum und damit es oben nicht reinregnet, sondern auch, um sich Gedanken zu machen (Bundesrätin Mühlwerth: Das solltest du dir einmal zu Herzen nehmen!), und Augen hat man im Kopf, um hinzuschauen und nicht wegzuschauen, Ohren hat man, um nicht wegzuhören, sondern hinzuhören.
Ich bin jemand, der in diesem Bereich schon seit über zehn Jahren tätig ist, und ich kenne diese Thematik wirklich aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Da braucht mir niemand etwas zu erzählen. Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, hört mit dieser Phrasendrescherei auf, ich kann es nicht mehr hören: Der Missbrauch gehört abgestellt!, Wir müssen den Menschen helfen, denen geholfen werden muss! – Ja no na net, das ist eh klar, aber wenn man weiß, dass vor das Asylverfahren – die Frau Ministerin wird es bestätigen – ein Zulassungsverfahren geschaltet ist, bei dem Beamtinnen/Beamte des Erstaufnahmezentrums, die bestens geschult sind, darüber entscheiden, ob es asylrelevante Gründe gibt oder nicht, ob jemand zum Asylverfahren zugelassen wird oder nicht, dann hört bitte mit diesen nicht nachvollziehbaren Argumenten auf, denn das ist nicht nachvollziehbar! (Heiterkeit und Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.) Also wirklich, Entschuldigung, aber was soll das?
Kollege Krusche! Wenn du dich hier herstellst und sagst, die Beamten/Beamtinnen haben keine Erhöhung bekommen, aber die Asylwerber bekommen um 12,5 Prozent oder 12,8 Prozent mehr, dann ist das eine Milchmädchenrechnung, die hinten und vorne nicht zusammenpasst. Ich bin dafür, dass unsere Beamten/Beamtinnen super und gerecht entlohnt werden, aber das kann man nicht miteinander vergleichen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Seit Einführung der Grundversorgung, seit 2004, hat es keine Valorisierung gegeben. Ich habe selbst mehrere Jahre lang ein Flüchtlingsheim geleitet, in dem UMF untergebracht sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Dort liegen die Tagessätze bei 60 €. Jetzt werden sie um 2 € angehoben, macht 62 €. Wissen Sie, was eine durchschnittliche Einrichtung der Jugendwohlfahrt für einen Tagessatz hat? – 150 €, und das sind noch die unteren Tagessätze. Allein daran erkennt man schon die Wertigkeit, die man dem beimisst. (Bundesrat Krusche: Das ist genauso eine Milchmädchenrechnung!) – Nein, das ist keine Milchmädchenrechnung, das sind Fakten.
Ich verstehe, dass immer wieder (in Richtung FPÖ) gerade aus eurem Lager der Versuch gestartet wird, Kriminalität und Asyl zu vermischen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja weil es ja auch stimmt!) Es bestreitet ja niemand, dass das nicht nur lauter scheinheilige Engerl sind (Zwischenruf des Bundesrates Ertl), aber auf diesen Punkt werden wir in der Debatte über den Sicherheitsbericht noch zu sprechen kommen. Ich habe dazu auch eine Statistik mit, die eure Argumentation entkräften wird.
Wenn wir als Gesetzgeber es nicht schaffen, dass die Menschen, die zu uns kommen, innerhalb einer angemessenen Zeit eine Entscheidung erhalten, ob sie bleiben dürfen oder nicht, und diese Zeit ungenutzt verstreichen lassen, dann darf man dafür nicht diese Menschen kritisieren, sondern uns. (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) Wer hat etwas davon, wenn sie den ganzen Tag lang herumsitzen müssen und nicht arbeiten dürfen und auf der anderen Seite Zigtausende Saisonarbeitskräfte nach Österreich kommen und hier in der Landwirtschaft, in der Gastronomie arbeiten (Beifall bei Grünen und SPÖ) und die Wertschöpfung, das, was erwirtschaftet worden ist, dann wieder ins Ausland transferieren? Ist das ökonomisch klug? Ist das menschlich gesehen klug?
Noch einmal zu dieser Unterscheidung zwischen Gut- und Schlechtmenschen. Anscheinend sind die, die Sie verächtlich machen, die Gutmenschen, und alle anderen sind schlecht. Also wenn das Ihr Zugang ist, dann bin ich gerne ein dummer Gutmensch oder ein schlechter Gutmensch. Aber so einfach ist das Leben nicht, wie Sie das darstellen: das eine gegen das andere aufrechnen und Stimmung betreiben. (Bundesrätin Mühlwerth: Und so rosig, wie ihr das darstellt, auch nicht!)
Ich muss ehrlich sagen, wir haben es der Frau Innenministerin auch nicht leicht gemacht – und wir sind die Länderkammer – in der Frage der Unterbringung der Asylwerber. Warum habt ihr ein so überfülltes Asylerstaufnahmezentrum in Traiskirchen gehabt? – Weil sich in den Ländern und Regionen die Bürgermeister, unter anderen auch ÖVP-Bürgermeister, Bad Leonfelden, oder auch SPÖ-Bürgermeister, teilweise mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben, Asylanten aufzunehmen, mit dem Argument: Das ist ein Tourismusort, wir brauchen keine Ausländer – und wenn sie doch kommen, dann müssen sie Geld haben oder nur zum Arbeiten!
Das ist der christlichsoziale Zugang vor Weihnachten? – Super! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich rede nicht generalisierend, ich habe ganz konkret den Ort genannt, nämlich Bad Leonfelden, und der zweite war Altmünster. Wenn ihr also eine Angriffsfläche bietet, dann sind das genau diese zwei Bürgermeister, ihr könnt euch bei ihnen bedanken. Alle anderen in Oberösterreich haben ganz konstruktiv mit Herrn Landesrat Ackerl zusammengearbeitet, um Quartiere für Menschen zur Verfügung zu stellen. Es hat in Bad Leonfelden auch innerhalb kürzester Zeit einen Fackelzug gegeben, von Jugendlichen organisiert, die ein Zeichen dafür setzen wollten, dass es unter ihnen auch Menschen gibt, die sich für die Leute einsetzen und ihnen nicht die Tür vor der Nase zuknallen. Ich möchte an dieser Stelle nur an die Weihnachtsgeschichte von Maria und Josef erinnern; das passt vielleicht ein bisschen zur vorweihnachtlichen Stimmung. Ihnen wurde damals auch Unterkunft gegeben, wenn es auch nur ein Stall war.
Wir in Österreich haben eine gute Tradition, dass wir Menschen, die Hilfe brauchen, auch helfen. Diese Menschen werden dann wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich und insbesondere die oberösterreichische Wirtschaft ist zu 70 Prozent von Exporten abhängig. Was kann uns Besseres passieren, als dass wir Leute haben, die fremde Sprachen können, die fremde Kulturen kennen? Wenn sie dann noch eine gute Ausbildung bekommen, können sie eine Brückenfunktion zwischen den Ländern einnehmen, damit wir weitere Absatzmärkte haben. – Das ist Politik, das wäre eine Vision! (Bundesrat Krusche: Hoffnungsmarkt der Grünen Oberösterreichs!) – Nein, nicht Hoffnungsmarkt. Ja, unser Wohlstand wird im Ausland abgesichert, und es muss unser größtmögliches Interesse sein, das sozusagen auf Schiene zu bringen, anstatt nur so billige Polemik zu betreiben: Die Beamten bekommen weniger, und die Asylwerber bekommen wieder um 12,5 Prozent mehr. (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.)
Meiner Meinung nach ist das keine befriedigende Art und Weise, wie man Politik betreibt. Aber jeder (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) – Bitte?
(Bundesrätin Michalke: Ich glaube nicht, dass die Leute, die ihr eigenes Heimatland verlassen, weil sie dort so schlecht behandelt werden, also dass Österreich dann in diese Länder exportiert! Ich glaube, da hast du dich ein bisschen vertan!) Das würde einer längeren Diskussion bedürfen. Auf diese Frage würde ich schon auch gerne eingehen, aber das machen wir bei einem Kaffee. – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
15.57
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Klubvorsitzende. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)
15.57
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Herr Kollege Schreuder, Sie können jetzt ruhig stöhnen, aber es ist immer dasselbe mit euch: Ihr habt die rosarote Brille auf! Vielleicht sollte man umgekehrt auch einmal (Bundesrat Dönmez – seine Brille absetzend und darauf zeigend –: Die ist durchsichtig, glasklar!) Ich will nicht durch die rosarote Brille schauen, ich will durch eine Klarsichtbrille schauen, wie es wirklich ist. (Bundesrätin Kerschbaum: Habt ihr ihm zugehört?)
Für euch ist immer alles gut und alle sind schutzbedürftig. (Bundesrätin Kerschbaum: Du hast ihm nicht zugehört!) Es gibt so gut wie keinen Asylmissbrauch, die Asylwerber sind auch keinesfalls kriminell. (Bundesrätin Kerschbaum: Hast du gehört, was er gesagt hat?) Aber die Zahlen sprechen einfach eine andere Sprache. (Bundesrätin Kerschbaum: Hast du ihm zugehört?) – Bitte? (Bundesrätin Kerschbaum: Hast du ihm zugehört?) Natürlich habe ich ihm zugehört, aber am Ende kommt immer wieder raus: Es ist alles doch nicht so schlimm. Es gibt ein paar, die garstig sind, das bestreitet ihr nicht. Aber die Zahlen sind andere!
Aus einer Anfragebeantwortung – das sind keine Zahlen, die wir uns aus den Fingern saugen, sondern aus einer Anfragebeantwortung – geht hervor: Von 76 764 tatverdächtigen Fremden sind 7 601, das sind fast 10 Prozent, Asylwerber.
Von 573 Tatverdächtigen aus Afghanistan, die ja besonders betroffen sind, die zwischen Jänner und Juni 2012 ermittelt wurden, sind nicht weniger als 407 Asylwerber. Da kann man nicht so tun, als ob das nur Einzelfälle wären, die sich daneben verhalten, das sind 71 Prozent!
Algerien: 223 von 359, die tatverdächtig sind, sind Asylwerber.
Georgien: Von 225 sind es 122 – fast 50 Prozent.
Der Anteil der Asylwerber ist einfach auffallend hoch, und das sind eben nicht nur solche, die wirklich Schutz brauchen.
Mein Kollege Krusche hat heute schon zwei Mal gesagt, es redet kein Mensch davon, wir auch nicht, dass jene, die verfolgt werden, die vom Tode bedroht sind et cetera, die wirklich im Sinne des Asylgesetzes bei uns Schutz suchen, diesen nicht bekommen sollen, sie sollen ihn bekommen. Wir wissen aber alle – und, Efgani Dönmez, du weißt es doch eigentlich auch –, wie viele Scheinasylanten schon daheim von der Homepage herunterlesen, welche Gründe sie angeben müssen, damit sie die Chance haben, Asyl zu bekommen. Das wissen wir, und Fremdenpolizisten haben das auch schon bestätigt.
Es ist nicht so, dass die alle wirklich Schutz brauchen. Viele sind Wirtschaftsflüchtlinge, die natürlich gerne in den Sozialstaat Österreich einwandern. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die wollen wir nicht haben, dazu stehen wir auch, und daran ändert sich auch nichts.
Und bei den Mordtaten – damit wir darüber auch noch sprechen (Zwischenrufe der Bundesräte Grimling und Konrad) –, bei Tatverdächtigen, gegen die wegen Mordes ermittelt wird, sind elf von 32 Asylanten. – Seid mir nicht böse, da kann man nicht sagen, das sei alles nicht so arg und wir machen da Panik oder seien so böse zu den armen Asylanten.
Da haben wir wirklich ein Problem, dessen wir uns annehmen müssen, und es nützt uns nichts, wenn wir immer sagen, es sei alles nicht so schlimm. – Vielleicht nehmt auch ihr einmal die rosarote Brille ab und schaut den Tatsachen ein wenig mehr ins Auge, und vielleicht können wir uns dann annähern. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Kerschbaum: Es geht auch um die Grundversorgung!)
16.00
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: hauen sie uns raus! – Bundesrat Dönmez – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es war letztes Jahr auch kein Problem! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
16.00
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Kollegin Mühlwerth, dieses Hick-Hack-Spiel kennen wir alle schon, dafür bin ich auch schon lange genug in der Politik. (Bundesrätin Mühlwerth: Dann mach’s halt nicht!)
Ich werde jetzt etwas sagen, was ich hier noch nie gesagt habe: Als ich damals eines der Jugendwohnhäuser geleitet habe – da gab es die Clearingstellen noch nicht (Zwischenruf bei der ÖVP) –, waren von 16 Klienten/Klientinnen – das waren damals nur Klienten – 15 Georgier. Von den 15 Georgiern waren 14 im organisierten kriminellen Bereich tätig. Ich habe sie alle innerhalb kürzester Zeit aus meiner Einrichtung rausgenommen, bin mit einem nahen Polizeiwachzimmer eine enge Kooperation eingegangen und habe gesagt: Schaut euch diese Leute gut an!
Es ist aber nicht unsere Aufgabe, dass wir die Aufgaben der Polizei übernehmen. Wir müssen als Politiker die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Leute, die im Asylbereich tätig sind, ihre Aufgaben so gut und so schnell wie möglich und so qualitativ wie möglich erledigen können. Und all jene, von denen Sie sprechen – und da bin ich ja vollkommen bei Ihnen –, die will keiner haben. Für die, die kriminell sind, sind die Exekutive und die Judikatur zuständig. Das sind zwei unterschiedliche Sachen, das kann man ja nicht den Asylwerbern (Ruf bei der SPÖ: Umhängen!) in die Schuhe schieben und umhängen.
Es ist die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die Leute, die in diesem Bereich arbeiten, so zu gestalten, dass wir kurze Verfahren haben, dass jene, die Unterstützung brauchen, diese auch bekommen und dass man bei jenen, die sozusagen mit dem neuesten Handy herumlaufen oder Markenkleidung tragen, als Betreuer einmal nachfragen kann, was da eigentlich los ist.
Und damit sind wir beim nächsten Problem: Wie kann man bei einem Betreuungsschlüssel von 1 : 170 in der Erwachsenenbetreuung noch von einer Betreuung sprechen? Die Leute kommen gerade halt noch mit der Auszahlung des Betreuungsgeldes und so weiter zurecht.
Im Jugendwohnhaus haben wir einen viel, viel besseren Betreuungsschlüssel, da kommen auf einen Betreuer ungefähr acht bis neun Jugendliche. Wenn ich das aber wieder in Relation setze zu den Problemen, die diese Leute haben, und zu den Ressourcen, die in Einrichtungen verfügbar sind, in denen die Jugendwohlfahrt tätig ist, dann gibt es da auch wieder haushohe Unterschiede.
Darum: Wir als Politiker sind gefordert, die Rahmenbedingungen für die Menschen, die in diesen Systemen – sei es bei der Exekutive, bei der Justiz oder auch im Asylwe-
sen – tätig sind, so zu gestalten, dass sie gut, effizient, schnell und qualitativ arbeiten können.
Schuld haben aber nicht die Asylwerber (Bundesrätin Mühlwerth: Na die, die sich Asyl erschleichen, schon!), sondern wenn man einen Schuldigen suchen möchte, dann ist das meiner Meinung nach die Politik. Die Politik hat es jahre- und jahrzehntelang verabsäumt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, und aufgrund dessen haben wir so viele Altfälle und die daraus resultierenden Bleiberechtsdiskussionen und so weiter. – Wir könnten uns das alles ersparen, wenn wir ein bisschen vorausdenken, vorausschauen.
Und Sie sehen, Frau Kollegin: Ich habe keine rosa Brille, die ist glasklar. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)
16.04
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte.
16.04
Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Efgani, du hast ganz klar gebeten, man solle dir einen Fall nennen, in dem Asylwerber bei uns um Asyl ansuchen und im Prinzip schon vorher wissen, wo sie hinwollen und warum sie dort hinwollen. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)
Du weißt ganz genau, dass ich auch in einem System mitarbeite, wo ich zum Beispiel für Asylwerber dolmetsche, und ich kann hier nur eines sagen: Du hast in dem Fall recht, wo du bemängelst, dass diese alten Asylverfahren oder grundsätzlich Asylverfahren so lange auf eine Abwicklung warten, so lange nicht behandelt werden.
Ich möchte aber an dieser Stelle auch eine Lanze für die Polizei brechen – eine ganz große Lanze –, denn was die Beamtinnen und Beamten in diesen Befragungen, in diesen Situationen erleben, wie sie sich verhalten – ich kann dir sagen, da habe ich ab und zu einen Nervenflatterer, um nicht zu sagen, ich schmeiße alles hin. Ich bewundere diese Beamtinnen und Beamten, dass sie die Ruhe bewahren und nicht wirklich alles hinwerfen und sagen: Ich schließe hier ab, nehme die Person in Schubhaft und lasse sie dort erst einmal!, denn so geht es ab und zu bei diesen Befragungen ab.
Wenn ich dolmetsche, frage ich – kürzlich wieder, drei Asylwerber –: Wieso befindest du dich, auf dem Landweg kommend, hier in Österreich, obwohl du genau weißt, dass du laut Dublin-Abkommen im ersten sicheren Land um Asyl ansuchen musst?
Das wissen diese Menschen. Wenn ich vom Tode bedroht bin und von zu Hause weg muss – kein Mensch geht normalerweise gerne von zu Hause weg; auch wenn es nicht gut ist, ist das Zuhause immer noch besser als die Fremde –, dann bin ich froh, wenn ich meinen Fuß in ein Land setze, in dem ich erstmals sicher bin, und dann muss ich dort um Asyl ansuchen.
Vor zwei Wochen, drei Fälle: In einem Fall habe ich gefragt: Warum hast du nicht in Ungarn um Asyl angesucht? – Da wollte ich nicht hin, ich will nach Österreich. – Und warum willst du nach Österreich? – Weil ich weiß, wie ich dort versorgt werde. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.)
Das ist einfach nicht richtig, und das ist für mich nicht der Asylwerber, der tatsächlich Hilfe braucht, der tatsächlich auch unsere Unterstützung braucht und für den wir auch da sind, wenn er verfolgt wird.
Das sind schlicht und einfach Wirtschaftsflüchtlinge, die sich zu Hause offensichtlich einfach nicht mehr wohlfühlen, und solche werden wir in Zukunft noch viel mehr haben. Also es gibt solche Fälle zuhauf, und wir sollten da weder eine rosarote noch eine Klar-
sicht-, sondern überhaupt keine Brille brauchen, denn das ist einfach der Normalfall. (Beifall bei der FPÖ.)
16.08
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), geändert wird (1701/A und 2048 d.B. sowie 8843/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Damit kommen wir zum 18. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. – Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Kurt Strohmayer-Dangl: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden – Abzeichengesetz 1960 –, geändert wird.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.
16.09
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Ich mache es ganz kurz. – Es ist wahrscheinlich vielen von uns schon so ergangen: Wenn man auf Flohmärkten und in diversen Antiquariaten unterwegs war, wunderte man sich, welche grauslichen Sachen dort noch zu finden waren, nämlich NS-Devotionalien en masse – und offensichtlich war das ein recht gutes Geschäft.
Wir haben es vorhin schon in der Berichterstattung gehört, es ist ein Gesetz aus dem Jahr 1960, das wir heute novellieren, und das war ja genau das Problem: Die Strafrahmen waren immer noch so wie 1960. Das heißt, auch für einen Antiquitätenhändler, der nicht unbedingt Millionär ist, waren das einfach nur Portokassa-Strafen.
Warum ich mich zu Wort melde? – Ich möchte mich einfach bei meinem Kollegen Nationalratsabgeordnetem Albert Steinhauser bedanken, der sich sehr stark dafür eingesetzt hat, dass dieses Geschäft mit NS-Devotionalien stärker geahndet wird, auch zeitgemäß, mit entsprechenden Strafen. Ich möchte mich bei ihm bedanken, ich finde das sehr gut so. – Vielen Dank. (Beifall des Bundesrates Dönmez sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)
16.10
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2011) (III-467-BR/2012 d.B. sowie 8844/BR d.B.)
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies der Sicherheitsbericht 2011.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Strohmayer-Dangl. – Bitte um den Bericht.
Berichterstatter Kurt Strohmayer-Dangl: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich, den Sicherheitsbericht 2011.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 den Antrag, den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte.
16.11
Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Zum Sicherheitsbericht in nur wenigen Minuten Stellung zu nehmen, grenzt die Ausführung der Kritikpunkte natürlich massiv ein, daher möchte ich in aller Kürze die wichtigsten Themen aufgreifen.
Dieser Bericht ist ein Konvolut aus Zahlen und Statistiken, wobei das Resultat teilweise ungemein detaillierte Darstellungen der in Österreich vorkommenden Kriminalität und deren Entwicklung sind. In der Einleitung des Berichtes wird darauf hingewiesen, dass die von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten gesammelten Daten nur schwer miteinander vergleichbar sind. Das stellt die Wertigkeit der Zahlen damit in Frage, auch fehlen wichtige Daten und Auswertungen, wie zum Beispiel zur Fremdenkriminalität.
Erstens: 2011 wurden insgesamt 14 416 Asylanträge gestellt, was einen Zuwachs von 30,9 Prozent bedeutet. Im Bericht sind zwar die Herkunftsländer der Asylsuchenden angeführt, aber es gibt keine Statistik dazu, auf welchem Weg die Asylsuchenden in unser Land gekommen sind. Österreich ist von sogenannten Drittstaaten umgeben, und es ist davon auszugehen, dass die Asylsuchenden entweder mit dem Flugzeug oder illegal eingereist sind. Wären sie mit dem Flugzeug eingereist, könnte man die Reiseroute rückverfolgen.
Zweitens: Die Statistik zu den ermittelten Tatverdächtigen ist zwar nach Altersstrukturen, Geschlecht und sogar nach Täter-Opfer-Beziehung gegliedert, eine detaillierte Auswertung nach Nationalitäten wurde heuer jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Das gibt natürlich viel Raum für Spekulationen, warum das Innenministerium diese Daten nicht veröffentlichen möchte.
Einige Daten zur Kriminalität, die unser Land aus dem Ausland überschwemmt, sind im Sicherheitsbericht allerdings zusammenfassend angeführt. Zu erwähnen ist da besonders die organisierte Kriminalität, die einen enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht, wobei fast sämtliche Erscheinungsformen in Österreich vertreten sind. So kommen hauptsächlich aus den Ost- und Balkanländern jene Banden, die Diebstahls-, Einbruchs- und Raubdelikte begehen und Drogenhandel betreiben. Die Mitglieder von türkischen kriminellen Organisationen sind oftmals bereits österreichische Staatsbürger, ihr Hauptbetätigungsfeld ist im Suchtmittelhandel, Waffenhandel, in der Schlepperei und Schutzgelderpressung zu suchen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte noch auf das Thema illegale Einwanderung eingehen. Im Sicherheitsbericht wird von „illegaler Migration“ gesprochen – das ist ein Widerspruch in sich. Die neue Wortkombination weist zwar einerseits auf eine Einwanderung unter Verstoß gegen die Gesetze des Ziellandes hin, gleichzeitig wird jedoch eine dauerhafte Einwanderung in Aussicht gestellt.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, hat Österreich den Kampf gegen die illegale Zuwanderung sowie gegen internationale Schleppergruppierungen keineswegs unter Kontrolle. So wurden im Vorjahr 21 232 illegale Einwanderer aufgegriffen, was ein Plus von 26 Prozent darstellt. Zudem wurden 9 812 Personen erfasst, die von Schlepperorganisationen eingeschleust wurden, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 45 Prozent darstellt. Schätzungen gehen davon aus, dass in Österreich weit mehr als 100 000 Ausländer illegal beschäftigt sind. Im Beobachtungszeitraum wurden allein 11 132 rechtswidrig eingereiste und aufhältige Personen aufgegriffen, ein Plus von 16 Prozent.
In der Regierungserklärung vom 3. Dezember 2008 wurde vereinbart – ich zitiere –, dass die effiziente Außerlandesbringung „von illegal in Österreich Aufhältigen – dies betrifft vor allem straffällig Gewordene – () zu steigern ist. Dazu sollen die Fremdenpolizeibehörden personell aufgestockt werden und der Vollzug effizienter gestaltet werden.“
Drei Jahre später, 2011, sollen 750 zusätzliche Stellen bei der Fremdenpolizei bloß durch interne Umschichtungen besetzt werden. Und die Außerlandesbringung ist gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent zurückgegangen. – Das waren in der Regierungserklärung nichts als leere Versprechungen.
Die Gesamtzahl aller Straftaten wird mit beeindruckenden 540 007 angegeben, ohne Dunkelfeldzahlen. Allerdings – das muss man schon betonen – fehlt der Ausdruck „Dunkelziffern“ im Sicherheitsbericht; jetzt heißt es „Dunkelfeldzahlen“. Was aber die Opfer dieser Straftaten empfinden und oft erleiden müssen, ist im täterfreundlichen Österreich offensichtlich nicht von Interesse. Eine Kriminalstatistik sollte jedoch auch die Aufgabe haben, die aufgelisteten Straftaten jenen Maßnahmen gegenüberzustellen, die für die Opfer dieser Gewaltverbrechen gesetzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zum Kernpunkt der österreichischen Sicherheit, nämlich zur Situation der Polizeibeamten. Anders als in der bereits erwähnten Regierungserklärung angekündigt, verfügt die Polizeibehörde keineswegs über die effizienten Mittel, um die Kriminalität wirksam bekämpfen zu können. Ich möchte hier einige Beispiele nennen.
Speziell in den östlichen Zonen sind eindeutig zu wenige Beamte im Einsatz, der Nachwuchs kann diese Lücken nicht so schnell füllen, wie es notwendig wäre. Ich bin seit 39 Jahren im Polizeidienst und sehe seit meinen Anfängen die oft minderwertige Ausrüstung, die die Kollegen und Kolleginnen zur Verfügung haben. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Die ballistischen Westen zum Beispiel, welche den einfachen Streifenbeamten zur Verfügung stehen, sind zwar billig, jedoch sauschwer und können kaum eine ganze Außendienstperiode lang getragen werden. (Ruf bei der ÖVP: Du hältst eh was aus! – Heiterkeit.)
In diesem Sicherheitsbericht gibt es zum Beispiel auch keine Statistik, in welcher die verletzten oder gar getöteten Kollegen Berücksichtigung finden. Unsere Bundesregierung geht in der Sicherheitspolitik leider nach einer Loch-zu-Loch-auf-Methode vor, und daher findet dieser Sicherheitsbericht nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)
16.19
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Perhab zu Wort. – Bitte.
16.20
Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Kollegen Ertl zu sprechen, ist inzwischen schon fast so etwas wie eine Auszeichnung. Erstens einmal tut er sich mit seinen eigenen Zahlen immer sehr schwer. Du hast heute schon in einem deiner anderen Redebeiträge – als du das Taferl mitgehabt hast, vielleicht hast du es ohnehin noch – uns weismachen wollen, dass die Bezahlung der Polizisten unter dem österreichischen Durchschnitt liegt.
Heute gibt es einen veröffentlichten Rechnungshofbericht (Bundesrat Ertl: Gehaltserhöhung: 0 Prozent!), und ich lese, dass die Polizistinnen und Polizisten in Österreich im Durchschnitt ein Brutto-Jahresgehalt von 49 678 € haben und damit in Österreich an sechster Stelle der Einkommenspyramide liegen. (Bundesrat Ertl: Das musst du mir zeigen, Kollege!) Das ist gerecht, dazu stehe ich mit vollster Unterstützung. Es widerspricht aber deiner Veröffentlichung, dass die Polizei seitens der Regierung schlecht behandelt wird und sogar seitens des öffentlichen Dienstes an unterer Stelle der Skala wäre. Das ist schlichtweg falsch! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Noch mehr falsch ist – wenn das überhaupt möglich ist – deine Behauptung, die österreichischen Polizei- und Sicherheitswache-Institutionen wären in den letzten Jahren sachlich ausgehöhlt worden. Wenn du mit freiem Auge, du als aktiver Polizist – oder bist du kein aktiver Polizist mehr? – Ich weiß es nicht.
Aber in unseren Regionen kann ich nur feststellen: Die Wachstuben sind modernisiert worden. Das EDV-System ist automatisiert worden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die PKW-Situation hat sich schlagartig verbessert. Die Einsatzorganisation, die WEGA ist ausgerüstet worden, die COBRA ist hochgerüstet worden. (Bundesrat Ertl: ... Spezialeinheiten einsparen!) Wir haben eine toll ausgerüstete Polizei, und jene Beamten, die nicht Funktionäre der AUF sind, können das auch durchaus schätzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Ertl: Nur die am Land, die kleinen Posten! Dort gibt es keine Probleme! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich denke, an dieser Diskussion zeigt sich auch, wie falsch sie ist. Wenn man sich die Budgetentwicklung des Innenministeriums genauer ansieht: Von 2013 bis 2014 werden wir von 2,3 Milliarden € auf 2,5 Milliarden € gehen – eines der wenigen Ressorts, die in den nächsten Jahren mit realen Steigerungen rechnen können, auch dank der geschickten Verhandlungsführung unserer Ministerin.
Herr Kollege Ertl! Eines kann ich dir versichern: Österreich war in den letzten Jahren sicher, Österreich ist sicher, und Österreich wird auch in Zukunft sicher sein, wenn wir tolle Ministerien, tolle BeamtInnen und vor allem handlungsfähige Minister und Ministerinnen wie unsere Innenministerin haben. (Beifall bei der ÖVP.) Österreich wird auch morgen noch sicher sein, obwohl morgen bekanntlich wieder einmal ein Weltuntergang auf der Tagesordnung steht. (Bundesrätin Mühlwerth: Woanders, aber hier nicht! – Bundesrat Ertl: Vielleicht brauchst gar nicht mehr heimfahren! – Weitere Zwischenrufe.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun aber zum Sicherheitsbericht: Ich bedanke mich vor allem auch bei der Beamtenschaft des Ministeriums, die heute wieder vollzählig da ist. Ich bedanke mich an dieser Stelle auch für die wirklich immer perfekte Expertise im Innenausschuss und komme zu nur ein paar Zahlen, denn letzten Endes ist dieser Bericht derart umfangreich, dass sich, glaube ich, jeder in intensivem Studien damit befassen sollte, wenn ihm eigene Schlüsse vor Augen kommen sollen.
Ich denke daran, dass wir 2011 ungefähr 540 000 angezeigte strafbare Handlungen gehabt haben, inklusive jene im Straßenverkehr. Was aber erfreulich ist: Das ist eine ganz minimale Steigerung von 0,8 Prozent. Sehr erfreulich ist, dass wir die Aufklärungsquote grosso modo ebenfalls steigern konnten: 43,3 Prozent.
Was für mich auch signifikant ist, ist, dass sich pro 100 000 angezeigten strafbaren Handlungen das Stadt-Land-Gefälle ein bisschen niederschlägt, und zwar von 4 000 zum Beispiel in der Steiermark auf 11 000 in Wien, was natürlich etwas mit der Urbanisierung zu tun hat. Darüber müssen wir auch nachdenken (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), wenn wir dem Zentralismus und nicht dem Föderalismus das Wort reden. Das ist so, und ich denke, die Polizei und die Sicherheitsorgane sind hier weiter auf einem guten Weg.
Niemand, denke ich, glaubt daran, dass eine absolute Sicherheit, eine Gesellschaft absolut ohne Kriminalität überhaupt denkenswert ist. Es ist ein permanenter Prozess, ein permanenter Kampf, und die Behörden sind natürlich oft einen Schritt hinter der Kriminalität hinterher, weil es immer neue Formen der Kriminalität gibt.
Mich als Vertreter auch der Wirtschaft stört besonders dieser Boom im Internet-Betrug, der meiner Ansicht nach in der österreichischen Volkswirtschaft schon große Schäden anrichtet. Ich bitte Sie, Frau Ministerin, in Zukunft besonderes Augenmerk darauf zu legen. Es ist eine neue Form der Kriminalität. Betrüger benützen das Internet, um Opfer zu ködern und Waren anzubieten, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt, vor allem bei Kraftfahrzeugen. Wir alle kennen das, wir bekommen täglich irgendwelche Mails mit Angeboten. Die Server-Standorte dieser Mails sind meistens in Ländern, in denen es keine Rückverfolgung dieser Provider-Adressen gibt. Daher entsteht hier ein maßloser Schaden auch für unsere Bevölkerung, die natürlich oft schweres Bußgeld dafür bezahlt.
Wir haben in der Steiermark einen Fall mit zwei Pensionisten bei diesem Vorausgebührenbetrug gehabt, wie man ihn fachlich nennt. Da bekommt man ein Angebot, dass man, wenn man gewisse Summen einbezahlt, in sechs Monaten das Dreifache zurückbekommt. Das ist auch eine Art der Zockerei, würde ich sagen. In der Steiermark haben wir einen Fall gehabt, dass zwei Pensionisten zusammen, glaube ich, 300 000 € auf ein dubioses Konto eingezahlt haben, in der Hoffnung, dass sie 14 Tage später 600 000 € zurückbekommen. Sie tun mir nicht besonders leid, aber dieser Betrug, dieser Cyber-Betrug und Internet-Betrug steigt ständig an. Dem gilt es auch in Zukunft Rechnung zu tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für diesen Bericht, bedanke mich als Vorsitzender, als Obmann des Innenausschusses auch bei der Frau Ministerin für die gute Zusammenarbeit und wünsche ihr alles Gute zu Weihnachten, aber ein noch erfolgreicheres Jahr 2012! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
16.26
Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Lindinger. – Bitte.
16.27
Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Perhab hat gesagt, es ist eine
Auszeichnung, nach dem Kollegen Ertl zu reden. Ich glaube, nach dem Kollegen Perhab ist es auch eine Auszeichnung. 2013 hast du gemeint, gell! (Bundesrat Perhab: Ja! Aber Bericht von 2012! – Weitere Zwischenrufe.) Neues Jahr 2013!
Trotzdem möchte ich auf Kollegen Ertl eingehen, denn grundsätzlich alles negativ zu sehen ... Bei Statistiken muss man positiv herangehen, denn Statistiken sind nun einmal dazu da. Auch wenn negative Zahlen in Statistiken stehen, dann müssen sie nicht immer tatsächlich negativ sein. (Zwischenruf des Bundesrates Ertl.)
Wenn es heißt: mehr aufgegriffen, 26 Prozent sind mehr aufgegriffen worden an illegalen Einwanderern, dann finde ich es ja positiv, dass diese aufgegriffen worden sind, denn das heißt, dass die Exekutive gut unterwegs ist und die Aufklärungsquote beziehungsweise Aufgreifquote erhöht. (Bundesrat Ertl: Dann werden sie von der Grenze nach Traiskirchen transferiert!) Daher sehe ich auch diesen statistischen Punkt als positiv, dass die Exekutive hier sehr gut unterwegs ist.
Wie Asylwerber nach Österreich kommen? – Sicher nicht mit dem Flugzeug, mit einem First-Class-Ticket. Wir kennen diese klassische Art der illegalen Einwanderung oder der illegalen Grenzüberschreitungen. (Bundesrätin Mühlwerth: Dann fragt man sich aber, wie sie kommen!) Da gibt es ja Schlepper, die das organisieren. Daher sind auch die Zahlen in der Aufgreifquote sehr gut. Auch die Schlepper werden hier aufgegriffen und einem Strafverfahren zugeführt.
Geschätzte Damen und Herren! Wir sehen – ich habe mir auch diesen großartigen Sicherheitsbericht zu Gemüte geführt –, dass in der Gesamtstatistik – Kollege Ertl hat es schon gesagt – mit 0,8 Prozent nur eine leichte Steigerung zu verzeichnen ist. Wenn man dann noch den Straßenverkehr abzieht, ist es eine Steigerung von 0,6 Prozent.
Aber ich habe mir die Mühe gemacht, das sehr, sehr herunterzubrechen auf meinen Bezirk, den Bezirk Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich, und da sieht man, dass bei der Veränderung der Gesamtkriminalität gegenüber 2010 um minus 3,4 Prozent in den Zahlen die Kriminalität gesunken ist. Das zeugt davon, dass die Exekutive gut ausgestattet ist, dass sie in diesem Bereich gut arbeitet, denn wir hatten schon schlechtere Ergebnisse.
Das ist positiv zu sehen, denn die Exekutive arbeitet gut. Sie arbeitet auch gut mit anderen Institutionen und mit den Gemeinden zusammen. Es liegt aber auch an der Bevölkerung, ob sie aufmerksam ist, ob sie an der Aufklärung mitwirkt, ob sie nicht die Augen verschließt und auch mit der Exekutive mitarbeitet. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)
Wenn wir die Häufigkeitszahl der Gesamtkriminalität sehen, wiederum im Bezirk Kirchdorf, dann ist das auch um minus 3,2 Prozent gesunken. Geschätzte Damen und Herren, das zeigt, dass die Exekutive auch in den Regionen gut arbeitet und gut ausgestattet ist.
Aber ich nehme mich eines anderen Themas an; dieses wird nie gestreift. Das ist die Beratungstätigkeit, die Kriminalprävention und die Opferhilfe. Hier schätze ich die Exekutive so ein, dass sie zusammenarbeitet mit verschiedenen NGOs, mit Drogenpräventionsstellen, mit Arbeitsgruppen in den Kommunen. Wenn es hier in ganz Österreich im Jahr 2011 zu 45 900 Beratungen gekommen ist, dann zeigt das, dass die Exekutive nicht nur dazu da ist, Vergehen und Verbrechen aufzudecken, sondern auch präventiv vorzubeugen und mit der Bevölkerung zu arbeiten. Das ist besonders wichtig! Es sind in diesem Bereich 51 000 Beamte tätig gewesen. Insgesamt sind es 340 000 beratene Personen gewesen, die diese Beratung in Anspruch genommen haben.
Aber eine sehr beliebte Aktion ist auch die Fahrradcodierung vor Ort, die unsere Exekutive durchführt. (Zwischenruf des Bundesrates Dönmez.) Ja, das machen sie, oder Informationsmessen, Ausstellungen, wobei auch die Aussteller beraten werden. Es gibt
die Öffentlichkeitsarbeit, die mit den regionalen Medien durchgeführt wird, Schulungen, Seminare, aber auch die Telefonberatung, die hier durchgeführt wird. Ich weiß aus Erfahrung, dass sie auch, wenn jemand schon Opfer eines Einbruches geworden ist, jenen Personen Hilfe leisten und sie unterstützen, damit keine Angst für die Zukunft weiterwirkt. (Bundesrat Ertl: Aber wie ich zuletzt den Kollegen das gegeben habe ...!)
Ich weiß das zu schätzen, geschätzte Damen und Herren, und ich kann nur darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass wir unsere Exekutivbeamten bestmöglich ausstatten und unterstützen, denn sie machen Sonn-und Feiertagsdienst, sie machen Tag- und Nachtdienst, wo es Zeiten sind, die wir nicht so gewöhnt sind aufgrund der verschiedenen Berufe, und auch bei jeder Witterung. Das müssen wir anerkennen. Ich bedanke mich bei allen Exekutivbeamten und -beamtinnen, die draußen vor Ort Dienst machen, und nehme diesen Sicherheitsbericht zur Kenntnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez.)
16.33
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte, Herr Kollege.
16.33
Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Geschätzte Frau Ministerin! Auch ich möchte im Namen meiner Partei den Beamten und Beamtinnen, die den Sicherheitsbericht erstellt und daran mitgewirkt haben, meinen Dank aussprechen. Er ist sehr ausführlich, er ist sehr informativ.
Ich möchte aber auch das, was Kollege Ertl angesprochen hat, unterstreichen: Ich finde es schon wichtig, dass aus dem Bericht meiner Meinung nach auch hervorgehen sollte, wie viele verletzte PolizistInnen es in dem Zeitraum gegeben hat, oder sogar, wie viele getötete PolizistInnen, und vor allem, in welchem Bereich wie viele PolizistInnen eingesetzt worden sind.
Was mich auch noch interessieren würde, ist, wie viele Anzeigen beziehungsweise Beschwerden gegen BeamtInnen im Zuge ihrer Amtshandlungen erstattet wurden, auch mit einer Aufschlüsselung nach der Art der Beschwerde oder der Anzeige. Ich glaube, es ist auch interessant, wie viele von diesen Beschwerden oder Anzeigen eingestellt worden sind, wie viele davon einer Disziplinarkommission zugeführt wurden und in wie vielen Fällen es zu einer Intervention gekommen ist, bis hin zu Kündigungen. Ich glaube, es wäre im Sinne der Transparenz und im Interesse der Öffentlichkeit, auch das zu erfahren. Da kann ich also das, was Kollege Ertl gesagt hat, nochmals unterstreichen.
Was positiv hervorzuheben ist, ist die Strategie im Bereich Cyber-Crime. Wir wissen, dass es in diesem Bereich zu massiven Zunahmen gekommen ist. Dass wir hier auch eine Strategie fahren, die sozusagen die Beamten schult, ist absolut begrüßenswert.
Warum ich den Zwischenruf beim Kollegen Lindinger getätigt habe, möchte ich auch noch kurz erläutern. Es geht um die Fahrradcodierung. Ich habe bei der BPD in Linz angerufen, weil ich mir zwei neue Fahrräder gekauft habe. Ich weiß, damals wurden diese Fahrräder noch seitens der BPD codiert, und ich habe mein altes Fahrrad dort auch codieren lassen. Es ist dann in eine Datenbank eingespeist worden, und es ist sozusagen registriert. Es ist ein schönes Pickerl drauf: Finger weg, es ist registriert!
Beim neuen Fahrrad wollte ich das auch machen, und dann habe ich die Auskunft bekommen: Das wird nicht mehr getätigt, weil aufgrund versicherungstechnischer Fragen die Polizei das nicht mehr durchführt, da bei den neuen Fahrrädern teilweise schon ein Karbonrahmen und so weiter, unterschiedliche Mischformen verwendet werden, die sozusagen das Material brüchig machen. Daher machen sie das nicht mehr, sondern geben nur noch die Adressen der Fachwerkstätten weiter, die das machen und das dann eben eigens gravieren.
Der Nachteil ist meiner Meinung nach, dass dadurch die Daten nicht mehr zentral gespeichert werden und auch die Polizei keinen Zugriff mehr hat. Vor allem wissen wir, wie viele Fahrräder gestohlen werden: Es werden immer mehr, nicht weniger, und in diesem Bereich haben wir eine sehr, sehr geringe Aufklärungsquote. – So viel also zum Bericht.
Ich habe dem Kollegen Krusche bei den vorhergehenden Tagesordnungspunkten, zu denen ich mich zu Wort gemeldet habe, einige Male gesagt, dass ich zum Punkt der Asyl- und Ausländerkriminalität bei diesem Tagesordnungspunkt ganz kurz Stellung beziehen werde. Von den 36 461 gerichtlichen Verurteilungen des Jahres 2011 entfielen 24 836 auf Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft und 11 625 auf ausländische Staatsangehörige. Dies ergibt, gemessen an den Gesamt-Verurteilungszahlen des Berichtsjahres, einen Ausländeranteil von 31,9 Prozent. 2010 haben wir da noch 31,4 Prozent gehabt.
Nun muss man aber wissen, dass Österreich eine Gesamt-MigrantInnenzahl von knapp 19 Prozent vorweist. Das heißt, hier sind die Zahlen der Ausländer sehr überproportional, was den Rückschluss zulässt, dass sehr viele nach Österreich kommen, die Taten durchführen und dann eben versuchen, wieder abzuhauen, dass es aber nicht primär jene sind, die in Österreich ihren Hauptwohnsitz haben.
Laut Statistik des BMI im Jahre 2011 sind die meisten Tatverdächtigen aus Deutschland. Diese machen gerade einmal einen Anteil von 3,7 Prozent an den Tatverdächtigen in Österreich aus, danach gefolgt von Serbien, Rumänien, Türkei und Bosnien-Herzegowina. Das sind nicht gerade unsere klassischen AsylwerberInnenländer.
Wenn die FPÖ so tut, als wären die AsylwerberInnen die großen Straftäter beziehungsweise Tatverdächtigen, so muss ich sagen: Das ist unwahr! Die klassischen AsylwerberInnenländer kommen 2011 und auch im ersten Halbjahr 2012 nicht einmal unter den Top 5 der tatverdächtigen Länder vor, denn die Top 5 der Asylwerber-Herkunftsländer waren im Jahre 2012 Afghanistan, Russische Föderation, Pakistan, Syrien und Iran. Keines dieser Länder findet sich in der Gesamt-Kriminalitätsstatistik 2011 oder in der Kriminalitätsstatistik der ersten Jahreshälfte 2012 unter den Top 5. Unter den Top 5 im ersten Halbjahr 2012 sind nämlich Deutschland, Serbien, Rumänien, Tunesien und Bosnien-Herzegowina.
Unter den Top 10 der Gesamtkriminalität finden sich nur zwei der Top-10-Asylherkunftsländer. Das sind Nigeria und Algerien, aber auch hier auf dem hinteren Rang mit Platz 9 und Platz 10. – So viel sozusagen mit sachlichen Argumenten deinen Argumenten entgegengesetzt. (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.)
Im Großen und Ganzen noch einmal: Herzlichen Dank den Beamten und Beamtinnen für den tollen Sicherheitsbericht! Wir werden ihn natürlich zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)
16.39
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Hensler. – Bitte, Herr Kollege.
16.40
Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren an den Fernsehgeräten! Hoher Bundesrat! Wir haben heute den Sicherheitsbericht auf der Tagesordnung. Erlauben Sie mir, dass ich auf einige Argumente eingehe, die mich persönlich sehr bewegt haben. Wir haben sehr viele Zahlen, sehr viele Argumente gehört – Efgani Dönmez hat sehr treffend darauf hingewiesen –, berechtigte Argumente, die zweifelsohne in sehr vielen Bereichen überlegenswert sind. Erlauben Sie mir, Argumente zu bringen, die dem positiven Bereich angehören.
Jetzt möchte ich persönlich zu Kollegem Ertl etwas sagen. (Bundesrat Ertl: Jetzt sag etwas Positives!) Es ist wohl unbestritten: Man denkt darüber nach, in welcher Gesellschaft du lebst. Meines Wissens wohnst du ja in Schwechat, von meinem Wohnort 20, 25 Kilometer entfernt. Ich habe deine Argumente gehört, und, hoher Bundesrat, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe kein einziges Wort gehört, das positiv besetzt war; alles war negativ besetzt. (Bundesrätin Mühlwerth: Bei euch ist immer alles positiv – das gleicht sich aus!)
Und ich sage hier bewusst: Das ist auch Kultur in der Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren. Politik ist Dienst am Menschen, und es zeigt auch von Stärke, wenn man Argumente austauscht, wenn man aber auch positive Dinge erwähnt. Das zeichnet auch eine politische Kultur aus. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Ertl: Du hast noch nichts Positives gesagt!)
Ich habe in meiner politischen Tätigkeit – vielleicht spreche ich jetzt als einer, der nur mehr einige Monate die Ehre hat, in diesem Hohen Haus zu sein – den Grundgedanken ganz einfach immer darin gesehen, Argumente auszutauschen, Argumente ganz einfach zu präsentieren, aber dann auch das Positive hervorzuheben. Das ist Stärke, das ist Zeichen von Priorität. – Ich habe das bei deinen Worten nicht gehört.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Worte zum Sicherheitsbericht: Ich lebe, wie ich schon gesagt habe, nahe der ungarischen und slowakischen Grenze, ich wohne nahe von Bruck an der Leitha. Und es ist ganz einfach so, gerade in dieser Region gibt es immer wieder Diskussionen. Geschätzte Frau Bundesminister! Du weißt es. Die Diskussionen drehen sich um sehr viele Bereiche der Lebensqualität und des Umfelds der Menschen und Bürger dort.
Erlauben Sie mir, ein persönliches Wort zu sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Gehen Sie einmal mit offenen Augen durch unser Heimatland Österreich. Wir leben ja in einem wunderschönen Land, in einer wunderschönen Umgebung. Hier leben großartige Menschen. Und was ist das? – Erlauben Sie mir, dass ich das auf den Sicherheitsbericht herunterbreche. – Das ist unsere Heimat! Und was ist Heimat? – Heimat ist Liebe, Geborgenheit und Sicherheit.
Ja, das sind Argumente, die den Sicherheitsbericht einschließen sollen. (Rufe bei der FPÖ.) Ja, es ist ganz einfach wichtig, dass wir in diesem Bereich aktiv sind, dass wir auch darüber sprechen, aber dabei, wie ich bereits erwähnt habe, auch die positiven Seiten anführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Die Bürgerinnen und Bürger haben Vertrauen. Von zehn Bürgern sagen neun: Ja, wir leben in einem sicheren Land, Österreich gehört zu den sichersten Ländern der Welt!
Das ist ganz einfach: Vertrauen ist etwas, was die Demokratie braucht. Gerade in einer sehr schwierigen Zeit brauchen wir Vertrauen. Sicherheit heißt für mich, nicht polemisieren, Kollege Ertl, nein, heißt für mich, stolz sein auf das, was wir erreicht haben, positiv in die Zukunft schauen und sicherlich auch dankbar sein für die Sicherheitspolitik, geschätzte Frau Bundesminister, die wirklich von meiner Warte aus gesehen, von einem, der an der Grenze lebt, der weiß, wovon er spricht, in einer schwierigen Situation sehr viel erreicht hat. Und ich sage das, wenn ich so in den Saal blicke – Kollege Windholz aus dem Nationalrat kommt auch aus meiner Region, er wird es mir sicher bestätigen –: Es ist ganz einfach in diesem Bereich so!
Abschließend nochmals: Danke schön! Ich möchte auch seitens meiner Fraktion den Beamten, den Sicherheitsbeamten, die Tag für Tag hervorragende Arbeit für die Menschen und für die Bürger leisten, Danke schön sagen.
Danke schön auch für den Sicherheitsbericht. Er ist sehr übersichtlich, und ich möchte den Dank auch an unsere geschätzte Frau Bundesminister weitergeben. Wir, von mei-
ner Fraktion, und ich als Person Fritz Hensler werden sehr gerne dem Sicherheitsbericht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit der Bundesrätin Kemperle.)
16.46
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Frau Bundesminister Mikl-Leitner. – Bitte.
16.46
Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren des Bundesrates! Vor allem aber geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Es war für mich sehr spannend, meinen Vorrednern zuzuhören, und ich habe jetzt die Chance, vielleicht das eine oder andere zu ergänzen oder auch ins rechte Licht zu rücken.
Ich darf beginnen mit dem Redebeitrag des Herrn Bundesrats Ertl, bei dessen Ausführungen ich mich gefragt habe: Wo lebt er? In Bulgarien, Rumänien, Frankreich, England? Dabei weiß ich, er lebt in Österreich. Ich weiß, er lebt in Schwechat.
Sehr geehrter Herr Bundesrat! Entweder verstehen Sie den Sicherheitsbericht nicht, aber das will ich Ihnen nicht unterstellen und das kann ich auch nicht glauben. Deswegen muss ich Ihnen unterstellen, dass Sie gewisse Dinge einfach anders interpretieren.
Was ich Ihnen zugestehe, sehr geehrter Herr Bundesrat, sind Informationen, die Sie auch im Ausschuss bereits angefordert haben, wie eben die Statistik, wie es mit unseren verletzten und toten Polizistinnen und Polizisten ausschaut. Es wurde Ihnen bereits im Ausschuss versprochen, dass die Zahlen schriftlich nachgereicht werden. Ich habe sie hier auch bei mir. Zu Ihrer Information: Es wurden im Jahr 2011 1 947 Polizisten und Polizistinnen leicht verletzt. Schwer verletzt wurden 222. Getötet wurden leider vier – ein Polizist durch fremde Gewalt, alle anderen durch Verkehrsunfälle.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade wenn man den Sicherheitsbericht intensiv durchliest, wenn man sich damit beschäftigt, kann man sich der Ansage anschließen: Ja, wir können stolz sein, in einem sicheren Land zu leben, wir können stolz sein auf unsere Position in den verschiedenen Rankings, wir können stolz sein, dass wir im EU-weiten Vergleich auf Platz 3 und im weltweiten Vergleich auf Platz 6 liegen. Und wir können stolz sein, dass neun von zehn Österreicherinnen und Österreicher sagen, ja, sie fühlen sich sicher hier bei uns in der Republik. Und das ist wohl das beste Kompliment für die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten. Und deswegen finde ich es schade, wenn gerade Sie als Polizist die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten schlechtreden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)
Diese Positionierung auf Platz 6 und Platz 3 wollen wir natürlich zumindest beibehalten; wir wollen natürlich auch noch besser werden. Und wir werden alles dazu tun, um unsere Ziele weiterhin zu erreichen.
Wir im Innenressort haben eine ganz wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe, wenn es um die Bewältigung von Gefahren geht, wenn es um zentrale Sicherheitsfragen geht. Wir sind aber vor allem auch ganz zentrale Ansprechstelle, wenn es um die Gestaltung geordneter Migration geht, wenn es um die Bewältigung von Krisen und Katastrophen geht, wenn es um den Themenkomplex Cyber-Kriminalität geht. Man braucht sich ja nur den Sicherheitsbericht aus dem Jahr 2011 durchzuschauen oder einen Blick in die aktuelle Kriminalstatistik hineinzuwerfen, wo wir ganz klar, schwarz auf weiß sehen, dass die Polizei ihre Aufgabe bestens erledigt, dass wir in vielen Bereichen sogar besser geworden sind.
Wenn man sich die Kriminalitätsentwicklung der letzten Jahre ansieht, erhält man ein äußerst positives Bild, und dann sieht man auch, dass wir vor allem im Jahr 2011 einen Rückgang im Bereich der Gesamtkriminalität verzeichnen konnten, dass wir in Wien
den höchsten Rückgang verzeichnen konnten, einen Rückgang der Kriminalitätsrate um 3,2 Prozent, gefolgt von Kärnten mit einem 1,6-prozentigen Rückgang. Und dieser Rückgang, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich auf verschiedene Faktoren, auf verschiedene Maßnahmen zurückführen, und ich möchte hier einfach Wien herausgreifen, weil Wien natürlich immer wieder ein Hotspot ist.
Wie schaut es in Wien aus? Was ist uns in Wien gelungen? – In Wien haben wir nach wie vor die SOKO Ost und SOKO KFZ eingesetzt, wodurch es zu einem Rückgang der Einbruchskriminalität und bei Kfz-Diebstählen gekommen ist. Wir haben in Wien unsere Top-Teams eingeführt, die wirklich beste Tatortarbeit leisten. Beste Arbeit ist auch im Präventionsbereich beziehungsweise vor allem bei der Betreuung unserer Opfer geleistet worden.
Wir haben in Wien eine sogenannte Bereitschaftseinheit eingeführt, die in einigen Monaten 200 Bedienstete umfassen soll, um noch gezielter Schwerpunktaktionen setzen zu können.
Wir werden auch weiterhin die SOKOs im Einsatz haben. Auch hiezu darf ich Ihnen einige positive Zahlen nennen, eine Bilanz legen, was die SOKOs betrifft. Allein im Vorjahr konnten durch die SOKO Ost 281 Straftäter dingfest gemacht werden, konnten 2 200 verwaltungspolizeiliche Festnahmen vorgenommen werden und 576 Sicherstellungen erfolgen. Das Thema Kfz-Diebstähle ist immer wieder ein spezielles und aktuelles Thema, und auch für diesen Bereich können wir sagen, dass wir einen Rückgang zu verzeichnen hatten in den letzten Jahren, sogar einen Rückgang um beinahe 50 Prozent, aber auch einen Rückgang im letzten Jahr, 2011, im Ausmaß von 16 Prozent.
Die Einbrüche in Einfamilienhäuser, in Wohnungen befinden sich Gott sei Dank auf konstant niedrigem Niveau, und es ist sogar in den ersten drei Quartalen gelungen, einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Wir merken daran vor allem, dass unser Masterplan „Kampf der Einbruchskriminalität“ voll und ganz greift.
Auch die Aufklärungsrate ist zufriedenstellend. Das wurde heute schon angesprochen. Es ist uns gelungen, die Aufklärungsrate um 2 Prozent zu steigern, womit wir jetzt bei einer Aufklärungsquote von 43,2 Prozent liegen.
Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von einem Kollegen wurde der gesamte Bereich der Cyber-Kriminalität bereits angesprochen. Ja, es stimmt, dass Kriminelle immer mehr versuchen, über das Internet zu betrügen, kriminelle Handlungen zu setzen. Und es stimmt, dass wir in dem Bereich im Vergleich zum letzten Jahr sogar einen Anstieg von 200 Prozent zu verzeichnen haben. Es kommt daher auch nicht von ungefähr, dass wir uns diesem Themenfeld speziell widmen, dass wir da auch einen Schwerpunkt setzen. Wir haben unser Cyber-Kompetenzzentrum eingerichtet, für das wir 300 Internetpolizistinnen und -polizisten ausgebildet haben, die vor allem auch im präventiven Bereich Verantwortung tragen, in die Schulen gehen, um zu sensibilisieren und zu informieren, um bereits unsere Jungen vor Internetkriminalität zu schützen.
Wichtig ist uns natürlich nicht nur der Bereich der Kriminalitätsbekämpfung, sondern auch der gesamte Bereich der Prävention. Deswegen bin ich stolz darauf, dass es uns gelungen ist, allein im letzten Jahr über 340 000 Personen in diesem Bereich zu beraten.
Ein ganz wichtiges Thema, das mir persönlich wichtig ist, ist das Thema „Kampf dem Drogenhandel und der Drogenkriminalität“. Ich habe den Auftrag erteilt, eine Antidrogenstrategie zu entwickeln. Wir haben diese Strategie auch schon vorgestellt. Mir geht es vor allem um die jungen Menschen, weil wir wissen, dass sich der Drogenkonsum bei den Jugendlichen verdoppelt hat, vor allem bei den 14- bis 16-Jährigen. Deswegen müssen wir gerade in diesem Bereich mehr in die Prävention gehen, mehr in die The-
rapie und bei den Kontrolluntersuchungen einen Wandel vornehmen. Wir müssen einfach weg von der Harnuntersuchung hin zur Haaruntersuchung. Wir sind im Gespräch mit unserem Gesundheitsminister, um da auch wirklich den Umstieg zu schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein sehr emotionales Thema wurde bereits angesprochen, nämlich der Bereich Asyl und Fremdenwesen. Ja, es stimmt, es ist dies ein Thema, das permanent aktuell ist, ein Thema, das man sehr sensibel betrachten und mit dem man vor allem sehr sensibel umgehen muss. Es ist dies ein Themenfeld, auf dem wir Politiker gefordert sind, eine fachlich-sachliche Diskussion zu führen und in keiner Weise Emotionen oder Aktionismus zu schüren. Und auch an dieser Stelle noch einmal: Ich lehne sowohl den Aktionismus von Links ab, wie er derzeit bei der Votivkirche passiert, als auch die Hetze von Rechts. (Zwischenrufe bei Bundesräten der FPÖ.) Ich bin für beide Dinge in keinster Weise zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir hatten im letzten Jahr einen Anstieg bei den Asylanträgen im Ausmaß von 31 Prozent.
Ich bin dankbar, dass heute die Tariferhöhung betreffend die Grundversorgung beschlossen worden ist. Auch hiezu ein ganz klares Wort: Dieses Geld, diese Erhöhung geht nicht direkt an die Asylwerber beziehungsweise an jene, die betreut werden, sondern dieses Geld geht an jene, die Betreuungsplätze zur Verfügung stellen, das heißt an die Gastwirte, an die Privatunternehmen, die den Schutzsuchenden Hilfe und Unterstützung angedeihen lassen.
Und ein ganz klares Wort, ein ganz klares Dankeschön an alle Bundesländer, die ihren Beitrag geleistet haben, dass jetzt zu Weihnachten die Herbergssuche ein gutes Ende finden konnte. Jedes Bundesland ist seiner Verantwortung nachgekommen. Ich danke vor allem auch den Gemeinden, die ihre Türen und Tore aufgemacht haben, um Asylwerber unterzubringen, in denen also Menschlichkeit gelebt wird. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Dafür ein ganz großes und herzliches Dankeschön. Es ist einfach wichtig, den Schutzsuchenden Hilfe und Unterstützung angedeihen zu lassen. Ich stehe aber auch nicht an, ganz klar zu sagen, dass wir auch weiterhin aktiv sein werden, was die Schlepperkriminalität betrifft. Auch in diesem Bereich gilt es, hart weiterzuarbeiten, und aus diesem Grund gibt es auch ab Jänner 2013 die SOKO Süd und die SOKO Nord, um die Schlepper gerade an den neuralgischen Punkten direkt aufgreifen zu können.
In diesem Sinne: Wenn man sich den Sicherheitsbericht durchschaut, wenn man sich in unserem wunderschönen Land umschaut, dann weiß man: Wir haben eine äußerst hohe Lebensqualität. Jeder bei uns in der Republik kann sich sicher fühlen. Die Polizei tut alles dazu, mit vollem Engagement, mit voller Kraft. An dieser Stelle ein herzliches Danke an all unsere Polizistinnen und Polizisten, die 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr arbeiten. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.
Ich darf mich auch bei Ihnen bedanken für Ihre Arbeit im Bundesrat, für Ihre Arbeit draußen vor Ort und darf Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest wünschen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)
16.59
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Mühlwerth. – Bitte.
16.59
Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Ja, ich melde mich zur Geschäftsordnung.
Sehr geehrte Frau Minister, ich verwahre mich wirklich auf das Allerschärfste gegen Ihre Behauptung, dass wir Hetze betreiben. Wir haben Zahlen genannt, die aus dem Si-
cherheitsbericht sind und die aus einer Anfragebeantwortung von Ihnen sind. (Bundesrat Kainz: Das hat sie doch überhaupt nicht gesagt!) – Doch, die Frau Minister hat von Hetze gesprochen. (Bundesrat Kainz: Sie hat aber ganz klar von Rechts und Links gesprochen! – Die Rednerin in Richtung Regierungsbank:) Sie haben von Hetze gesprochen, das haben alle gehört. Das können wir im Protokoll nachlesen. Das weise ich wirklich auf das Schärfste zurück!
Zum Zweiten möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Hetze mittlerweile ein Straftatbestand ist. Also eigentlich müssten Sie uns klagen.
Zum Dritten sage ich Ihnen schon auch eines: Bei aller kontroversiellen Diskussion, Polemik von der Regierungsbank lässt man normalerweise auch nicht durchgehen. Auch das lehne ich ab. Ich darf auch Sie ersuchen, sich ein bisschen zurückzunehmen. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesräten von ÖVP und FPÖ.)
17.00
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Also ich halte fest, das war keine Geschäftsordnungsmeldung, sondern eine weitere Wortmeldung, um das einmal zu bereinigen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird (2067 d.B. sowie 8878/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Dr. Angelika Winzig: Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bringe den Bericht des
Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
5. Dezember 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt
wird, das ElWOG 2010, BGBl. I Nr. 110/2010.
Der Bericht liegt Ihnen vor. Ich komme daher zur Antragsstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Ich darf zur Debatte über diesen Tagesordnungspunkt sehr herzlich Herrn Bundesminister Mitterlehner begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. – Bitte, Herr Kollege.
17.02
Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Vom emotionalen Sicherheitsbericht wieder ein bisschen auf den Boden runter zum eher trockenen ElWOG, wobei auf den ersten Blick die Beschlussfassung vielleicht recht unspektakulär wirken mag, weil es um rein bilanztechnische Änderungen geht, aber wenn wir ein bisschen in die Tiefe gehen und das näher analysieren, dann geht es uns alle etwas an. Weil die Welt auch morgen, am 21. Dezember – Kollege Perhab hat das vorhin schon gesagt –, nicht untergehen wird, müssen wir uns für die Zukunft rüsten.
Die APG, der Übertragungsnetzbetreiber in Österreich, wird nun mit diesem ElWOG die Rechtssicherheit haben, die sie braucht, um die Projekte des Netzentwicklungsplanes auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten abarbeiten zu können.
Über 2 Milliarden € werden notwendig sein, um die technische Infrastruktur auf die Anforderungen, die auf uns zukommen, auf die Anforderungen bis ins Jahr 2030 zu adaptieren und so auch die Energiewende überhaupt auf den Weg bringen zu können. Dabei kommt es zu Modernisierungen, zu Adaptierungen, auch zu Neubauten von Umspannwerken, die notwendig sind, zum Neubau von Leitungen, auch im Hochspannungsbereich, aber auch zu Neustrukturierungen von energiewirtschaftlichen Systemlösungen in den Regionen.
Vor allem, wenn wir uns den Ökostromboom anschauen, den wir momentan haben und der im nächsten Jahr noch weiter anhalten wird, dann sind diese Investitionen in die Infrastruktur dringend notwendig, damit all die Windparks, all die Photovoltaikanlagen dann auch entsprechend in Betrieb gehen können, denn wenn keine stabilen Netze vorhanden sind, wird es Schwierigkeiten geben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)
Der Netzausbau hat aber auch eine europäische Dimension. Österreich hat ja hier auch einen sehr speziellen Status. Österreich hat mit über 17 Prozent die größten Pumpspeicherkapazitäten in ganz Europa, noch vor Italien, Deutschland und Spanien. Der Wind, der in Norddeutschland auch bläst, wenn der Kunde keinen Strom braucht, wird über die Leitungen in die heimischen Alpen geleitet und dort gepumpt. Nur so kann Energie gespeichert werden.
Denken wir an die Diskussionen, die vor allem auch in der Steiermark in den letzten 20 Jahren geführt worden sind, wenn es um den Bau von Hochspannungsleitungen ging. Das werden wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können. Salzburg wird hoffentlich nicht auch dasselbe Schicksal erleiden, wie es das in der Steiermark gegeben hat.
Wasser(kraft) zu predigen auf der einen Seite ist sicher gut, aber Wein zu trinken, wenn es um das Bewilligen von Leitungen geht – das wird es in Zukunft sicher nicht mehr spielen.
Mit dem heutigen Beschluss setzen wir den österreichischen Übertragungsnetzbetreiber in die Lage, die technischen Voraussetzungen auch für die Energiewende zu schaffen. Also ein auf den ersten Blick scheinbar unspektakuläres Gesetz hat doch für uns alle große Auswirkungen für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)
17.06
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Konrad. – Bitte, Herr Kollege.
17.06
Bundesrat Klaus Konrad (SPÖ, Steiermark): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause an den Bildschirmen! Kollege Brunner hat schon vieles gesagt zu diesem Thema, und da wir nach acht Stunden noch nicht bei der Mitte der Tagesordnung angekommen sind, werde ich mich kurz halten.
Die Unterstützung der Übertragungsnetzbetreiber ist hier eine eher technische; schwierig, sehr geehrte Damen und Herren, wird es bei der Unterstützung dieser Betreiber dann, wenn es um den Leitungsbau an sich geht. Das ist richtig. Ich komme aus der Oststeiermark. Wir haben ja vor nicht allzu langer Zeit eine 380-kV-Leitung bauen müssen, weil es um die Versorgungssicherheit geht, aber ich erinnere mich, wie schwierig dieser Prozess war.
Ich glaube, das kann jeder nachvollziehen, sehr geehrte Damen und Herren, denn niemand hat gerne eine 380-kV-Leitung unmittelbar in seiner Nähe. Wenn man in der Distanz lebt, dann ist es immer einfacher, zu sagen: Was regen sich die dort auf? Ich glaube, wenn es einen persönlich betreffen würde, hätte man auch keine Freude damit. Das ist klar.
Klar ist aber auch, sehr geehrte Damen und Herren, wenn der Strom schon aus der Steckdose kommen soll, dann muss er irgendwie dorthin gelangen. Wir brauchen diesen Leitungsausbau, und es freut mich, wenn ungeteilte Freude darüber herrscht, dass der Stromleitungsausbau dann, wenn es um Ökostrom-Anlagen geht, befürwortet wird. Wichtig ist aber, dass wir ihn immer zur Verfügung haben, denn er soll auch dazu dienen, dass wir die Wirtschaft bedienen, dass wir die Menschen, die in der Region leben, bedienen, dass Strom dort ist, wo er gebraucht wird.
Es wird immer schwieriger werden, dieses Spannungsfeld von Produktion und Abnehmern abzudecken. Wir brauchen einfach effiziente Leitungen, und wir brauchen Betriebe, die diese Leitungen errichten können. Deshalb ist auch unsere Unterstützung in diesem Bereich voll gegeben, und wir werden diesem Antrag natürlich gerne die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
17.08
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte, Herr Minister.
17.08
Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie gerade von den Vorrednern gesagt worden ist, geht es ja im Wesentlichen um bilanztechnische Verbesserungsmöglichkeiten für die Netzbetreiber. Das ist notwendig geworden, weil vorher einige Verordnungen verbessert worden sind und einige, die entsprechende Systemnutzungsentgelte zahlen sollten, diese nicht getätigt haben. Nunmehr kann man das bilanztechnisch anders steuern.
Als Resultat dieser Vorgangsweise kommt natürlich auch der Aspekt zum Tragen, dass man mit dem, was man bilanztechnisch tun kann, auch in einer besseren finanziellen Lage ist und so auch die notwendigen Infrastrukturinvestitionen durchführen kann.
Der Nationalrat hat das insofern positiv gesehen, als alle sechs vertretenen Parteien diesem Gesetz zugestimmt haben, und ich erhoffe oder erwarte mir Ähnliches auch hier. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
17.09
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
Ich stelle daher zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.
Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu geben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.
Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.
Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2011 (III-464-BR/2012 d.B. sowie 8879/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen somit zum 21. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Dr. Angelika Winzig: Der Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2011 liegt Ihnen vor. Ich komme daher zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 den Antrag, den Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2011 zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte, Herr Kollege.
17.11
Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben noch 58 Redner, und es ist heute der Vorabend des Weltuntergangs, daher werden wir uns bemühen, diesen Weltuntergang zu umgehen.
Herr Minister, ich entschuldige mich schon jetzt, dass ich nur drei Minuten sprechen werde zu einem wirklich umfassenden Bericht, der nichtsdestotrotz auch wieder ein Erfolgsbericht ist. Und weil wir im Dezember 2012 sind, prognostiziere ich schon, dass auch der Tourismusbericht 2012 an diese Erfolgsdaten hier nahtlos anschließen wird.
Trotzdem möchte ich mich kurz auf drei Punkte konzentrieren, und zwar als aktiver Unternehmer. Die wirtschaftliche Lage der Hotellerie in Österreich ist 2011 begünstigt gewesen. Durch die Entwicklung des internationalen Zinsniveaus ist es buchhalterisch gelungen, den Cashflow nach Zinsen positiver zu gestalten und vielleicht die Entschuldungsdauer ein bisschen zu verkürzen. Vor allem gilt dies für die Vier-, Fünf-Stern-Kategorie, nicht für die Drei-Stern-Hotellerie, sondern für die größeren Betriebe. Wir werden versuchen, dieses Programm der Betriebsgrößenoptimierung auch in Zukunft weiter zu betreiben. Das ist eine Grundvoraussetzung, um auf dem internationalen Tourismusmarkt bestehen zu können.
Die zweite aus meiner Sicht ganz wichtige Situation, wo Österreich Gott sei Dank wieder einmal Benchmark ist, ist die europäische Hotelklassifizierung Hotelstars Union. Inzwischen haben wir, glaube ich, zwölf europäische Länder dabei, womit wir versuchen wollen, in der nächsten Zukunft die Qualität für die Konsumenten sicherzustellen. Dort, wo vier Sterne draufsteht, soll in ganz Europa auch vier Sterne drinnen sein. Das ist unser Ziel. 70 Prozent des Inhaltes dieser Hotelklassifizierung stammen aus Österreich. In der Beziehung gilt österreichisches Know-how und auch österreichisches Niveau.
Dafür danke ich auch allen, die daran mitarbeiten. Auch die Frau Sektionschefin ist heute da. Danke auch für Ihre ständige Unterstützung und weitere Umsetzung der österreichischen Tourismusstrategie!
Das Dritte, meine sehr verehrten Damen und Herren: Der Tourismus und vor allem die Hotellerie in Österreich stehen nach wie vor im internationalen Wettbewerb, und wir müssen auf neue Rahmenbedingungen verstärkt eingehen. Eines dieser Probleme, die uns immer stärker betreffen, ist natürlich die Bewertung. Was für den Finanzmarkt die Ratingagentur ist, ist für den Tourismus die Bewertungsagentur HolidayCheck – Sie werden das alle kennen, Sie werden vereinzelt auch über Booking.com gebucht haben –, was zur Folge hat, dass wir einen internationalen Preisdruck haben, wo unsere Kosten nicht mehr refinanzierbar sind.
Ich denke, dem müssen wir uns entgegenstellen, indem wir eine gewisse Preisdisziplin beweisen und uns in der Qualität weiter so verbessern, damit wir auch auf diesem Gebiet Marktführer bleiben. Was die Qualität betrifft, was das Angebot betrifft und was vor allem die österreichische Gastlichkeit betrifft – all das ist nach wie vor ein Benchmark, der zu unseren Gunsten spricht.
Ich möchte heute auch nicht verhehlen, dass wir nach wie vor große Probleme auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes haben. Ich konnte vorige Woche Gott sei Dank mit Intervention auch der WKO, Sparte Tourismus, beim Sozialminister einen Kontingentnachtrag von 35 Drittstaatengenehmigungen für die Ski-WM in Schladming erreichen. Wir sind sehr dankbar dafür, denn das wird es den Betrieben zumindest erleichtern, die nächste hoffentlich gute Wintersaison zu überstehen
Zum Schluss: Ich glaube, wir werden mit der alpinen Skiweltmeisterschaft in Schladming ein weiteres Zeichen setzen, dass Österreich im Wintertourismus die Nummer eins ist.
Wir nehmen den Bericht gerne zur Kenntnis. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
17.15
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich darf zur Präzisierung erwähnen: Wir haben noch 61 offene Redner; ohne die Wortmeldungen von der Regierungsbank aus.
Zu Wort gelangt Frau Vizepräsidentin Mag. Kurz. – Bitte, Frau Kollegin.
17.15
Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Tourismussprecherin meiner Fraktion schicke ich voraus, dass wir natürlich den Bericht gerne zur Kenntnis nehmen. Auch ich möchte mich bedanken. Er ist wie immer sehr umfassend, sehr übersichtlich und auch sehr informativ. Wir können hier wirklich nachlesen, welche Stärken wir haben, aber auch, welche problematischen Entwicklungen es im Tourismus in Österreich noch gibt.
Das Jahr 2011 war ja ein durchaus erfreuliches Jahr. In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit erspare ich Ihnen Details mit Zahlen, aber ich möchte mich auf ein etwas anderes Thema konzentrieren als mein Vorredner. Er hat zwar angesprochen, dass die Situation der Beschäftigten im Tourismus eine unbefriedigende ist, dennoch müssen wir sagen, dass auch der Tourismus für den guten Beschäftigungsstand, der mit nur 4,4 Prozent Arbeitslosigkeit in Österreich herrscht, eine große Rolle spielt.
Die Frage ist allerdings, wie es den Beschäftigten im Tourismus eigentlich geht, denn das spielt ja auch immer eine Rolle, wenn die Tourismusbetriebe sich bemühen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.
Wir wissen, dass 5,6 Prozent aller unselbständig Beschäftigten im Tourismus arbeiten; davon sind zwei Drittel Frauen. Die Tourismusbranche ist also in Wirklichkeit überwiegend eine Frauenbranche. Man muss allerdings sagen, auch in dieser Branche sind die Führungskräfte überwiegend männlich. Wir wissen auch, dass gerade im Tourismus die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mehr als schwierig ist. Das liegt an den unregelmäßigen Arbeitszeiten, und es gibt natürlich noch ein paar andere Probleme. Es ist auch in Statistiken nachzulesen, dass die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten immer weiter abnimmt. In einer Befragung haben nur 27 Prozent der Beschäftigten angegeben, dass ihr Einkommen zum Beispiel existenzsichernd ist.
Einer meiner Vorredner hat heute schon den Einkommensbericht erwähnt. Auch da lässt sich nachlesen, dass die Beschäftigten im Tourismus die unterste Kategorie darstellen. Der Mittelwert beträgt nicht einmal 10 000 € im Jahr. Das ist eine durchaus erschreckende Größe. Es ist zwar jetzt seit 1. Dezember kollektivvertraglich festgelegt, dass die Beschäftigten 1 300 € brutto verdienen. Das ist ein erster Schritt, aber mit Sicherheit nicht der letzte Schritt. Da muss sicherlich noch etwas getan werden.
Mein Kollege Perhab hat schon darauf hingewiesen, wir reden jetzt eigentlich über den Bericht 2011, aber das Jahr 2012 ist ja auch schon beinahe vorbei, und auch hier zeichnen sich sehr, sehr positive Entwicklungen ab. Da ich aus Salzburg komme, einem ganz klassischen Tourismusland, möchte ich auch erwähnen, dass gerade in Salzburg der Tourismus sehr, sehr stark zugelegt hat. Wir haben die höchsten Zuwachsraten innerhalb der letzten fünf Jahre in Salzburg im Jahr 2012, wir haben sensationelle 8,4 Prozent Zuwachs in den vergangenen fünf Jahren, und wir gehen davon aus, dass dieses Tourismusjahr in Salzburg ein sehr positives sein wird.
Woran liegt das? – Es bemühen sich ja logischerweise alle Regionen um Touristen und Touristinnen und versuchen, ihre über eine Million Betten, die es in Österreich gibt, zu füllen. Es liegt vor allen Dingen auch daran, dass wir versuchen, immer mehr und mehr auf Ganzjahrestourismus umzustellen, verschiedene Programme zu fahren, über Almsommer, Bauernherbst, Wellness, Radfahren et cetera und so weiter. Diese Strategien gehen, so wie es ausschaut, mit Sicherheit auf. Im Ausschuss wurde mir gesagt, dass wir nicht damit zu rechnen brauchen, dass schon das Ende der Fahnenstange erreicht ist, sondern dass wir durchaus noch weitere Zuwachszahlen erwarten können, vor allen Dingen aus Märkten, die noch nicht so bei uns angekommen sind, wie wir das erhoffen, etwa der chinesische Markt, der russische Markt et cetera und so weiter.
Ein Problembereich, den ich noch ganz kurz ansprechen möchte, ist die Auslastungszahl. Sie ist ja sehr unterschiedlich in Österreich. Bei über einer Million Betten liegt sie
bei etwa 30 Prozent im Durchschnitt. Wien hat zum Beispiel im Sommer eine Auslastungszahl von 62 Prozent, also doppelt so viel als der österreichweite Durchschnitt.
Die höchste Angebotsdichte – weil wir in der Länderkammer sind, möchte ich doch ein paar dieser Details erwähnen – gibt es in Tirol. Da kommt auf fast jeden zweiten Einwohner ein Urlauberbett. Das ist schon eine sehr hohe Anzahl an Betten. In Salzburg kommt auf jeden dritten Einwohner ein Urlauberbett. Die Betten gilt es natürlich im Sommer bei der starken Konkurrenz, auf die Kollege Perhab schon hingewiesen hat, zu füllen.
Wir können mit der Entwicklung im vergangenen und auch in diesem Jahr zufrieden sein und sind es auch. Wir hoffen, dass nicht nur in Schladming sondern in allen Skiregionen Österreichs mit einem Rekordwinter zu rechnen ist. Das hoffen wir alle für die Wirtschaftssituation Österreichs. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
17.21
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster ist Kollege Mitterer zu Wort gemeldet. – Bitte.
17.21
Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich schicke schon voraus, dass der hervorragend aufbereitete Bericht zur Tourismus- und Freizeitwirtschaft 2011 in Österreich auch die Zustimmung der freiheitlichen Fraktion finden wird.
Es ist eine erfreuliche Entwicklung in einer sehr schwierigen Branche zu verzeichnen, und das, obwohl wir schon jahrelang in einer Wirtschafts- und Bankenkrise sind. Seit 2008 gibt es erfolgreiche Zahlen auch und vor allem im Bereich des Tourismus.
Man sollte im Tourismus nicht allein mit statistischen Zahlen herumwirtschaften, denn 126 Millionen Nächtigungen ist zwar eine stolze Zahl, aber das ist es nicht, was die Wirtschaft braucht. Die Wirtschaft braucht die daraus resultierenden Erträge. Die sind für die Wirtschaft wesentlich wichtiger als statistische Zahlen.
Wichtig für alle Österreicher ist, dass der Tourismus direkter und indirekter Beschäftigungsgeber ist, und zwar in der Größenordnung von über 600 000 Mitarbeitern. Vor allem erwirtschaftet die Tourismus- und Freizeitwirtschaft mit all ihren Facetten 14,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Deshalb – auch wenn wir heute in Zeitnot sind und noch viele Redner im Laufe dieser Tagesordnung zu Wort kommen werden – sollte man doch ein paar Sätze in diese Richtung verlieren können.
Diese erfolgreiche touristische Bilanz Österreichs
findet nicht wegen der Bundesregierung statt, sondern man muss sagen: trotz
dieser Bundesregierung. (Bundesrat Mag. Klug: Mit! Mit,
Peter!) – Trotz dieser Bundesregierung. Es ist erstaunlich, denn
die Tourismuswirtschaft – Kollege Perhab wird mir recht
geben – hätte schon einige offene Wünsche an die
Regierung, wie man dem Tourismus noch besser unter die Ar-
me greifen könnte. (Bundesrat Mag. Klug: Wer
nicht? – Bundesrätin Mag. Kurz: Wer nicht? Es ist
eh Weihnachten!)
Es ist zum Beispiel zu einer Verschlechterung bei den Anmeldevorschriften gekommen. (Bundesrat Mag. Klug: Verbesserung!) Die Barbewegungsverordnung hat nicht allen gutgetan. Weitere Punkte: die Ticketsteuer, die Abschaffung von Energiekostenrückvergütungen in einer Branche, die sehr viel Energie braucht – nicht, weil sie sie verschwendet, sondern weil sie, um Qualität bieten zu können, diese Energiekosten hat. (Bundesrat Mag. Klug: Jetzt ist Kerzenzeit!) Die Anpassung der Abschreibdauer ist immer schon eine Forderung von allen hier im Hause vertretenen Parteien, aber es geht nichts weiter. Auch die Manipulationsgebühr des AMS ist eine wirklich nicht geglückte Steuer, auch wenn der Saisontourismus teilweise nicht betroffen ist. Wenn man
jemanden nur sechs Monate beschäftigt, kommt sie nicht zur Anwendung. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.)
Aber es werden auch einige bestraft, die dem Ruf folgen, die Saisonen zu verlängern. In Kärnten sind zum Beispiel die meisten Betriebe zu Ostern bereits geöffnet, und wenn Ostern früh fällt, sind die sechs Monate im September zu Ende und nicht im Oktober. Wenn sie im Oktober aufhören, dann haben sie diese Manipulationsgebühr zu zahlen. Ich hoffe nicht, dass das dazu führt, dass der Betrieb zwei, drei Wochen früher zusperrt. Es gäbe also schon einige Dinge zu überlegen, um Verbesserungen für den Tourismus und die Tourismuswirtschaft zu erreichen.
Trotzdem ist Österreich – und das spiegelt der Bericht ja wider – Weltmeister. Nach Berechnungen der WTO liegt Österreich bei den Auslandseinnahmen pro Kopf mit 2 218 Dollar an der Weltspitze. Ich glaube, das ist ein Verdienst der österreichischen Tourismuswirtschaft, der Unternehmerinnen und Unternehmer, aber auch der Mitarbeiter.
Ich möchte noch kurz auf die Mitarbeiter-Situation eingehen. Ich habe in meinem Betrieb bis zur Übergabe die Lohnverrechnung für meine 18 Mitarbeiter immer selbst gemacht, um auch zu sehen, wie die Bewegungen und so weiter stattfinden. Deshalb kenne ich mich da sehr gut aus.
Es ist so, dass die Tourismuswirtschaft von 2008 bis 2011 um 10,5 Prozent an Mitarbeitern zugenommen hat, die übrige Wirtschaft in Österreich „nur“ – unter Anführungszeichen – um 2,4 Prozent. Das zeigt, dass Qualitätstourismus natürlich auch mitarbeiterintensiv ist, weil er ein Dienstleistungsbereich ist. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir die entsprechenden Mitarbeiter bekommen. Es wird immer schwieriger, sie zu finden.
Es ist so, dass die Öffnungszeiten und die Konsumationszeiten nicht die Tourismuswirtschaft vorgibt, sondern der Konsument, der Gast. Der bestimmt, wann er Leistungen von uns in Anspruch nehmen möchte. Die sind eben nicht immer ident mit den anderen Berufen. Deshalb ist es auch so schwierig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszubilden und sie auch in der Branche zu behalten.
Ich verwende jetzt noch einmal statistische Daten: Wir stellen fest, dass von den ausgebildeten Kräften – ob in der dualen Lehre oder in der Hotelfachschule, in den Kollegs und so weiter – mit dem 24. Lebensjahr nur mehr ein Viertel in unserer Branche, in der Tourismuswirtschaft in Österreich, ihren Arbeitsplatz hat. Das ist das Problem.
Da werden wir an den Arbeitszeiten nicht rütteln können. Wie gesagt, die bestimmt der Konsument. Wir werden nach wie vor Samstag, Sonntag arbeiten müssen, wir werden nach wie vor Weihnachten und Juli, August arbeiten müssen. Wir werden an den Wochenenden und auch am Abend arbeiten müssen.
Aber ich appelliere auch an die Medien, ein bisschen dazu beizutragen, auch positiv und nicht immer nur negativ über die Arbeitsbedingungen und über die Entlohnung im Tourismus zu berichten.
Kollege Perhab hat heute eine Zahl aus einer Tageszeitung zu den Löhnen der Polizei zitiert. Das ist mir nicht ins Auge gestochen. Mir ist etwas anderes ins Auge gestochen. Auf der gleichen Seite ist in dieser Tabelle an letzter Stelle der Kellner mit 8 000 € Jahreslohn, Bruttoeinkommen angeführt. (Bundesrat Mag. Klug: Zahlt ihnen mehr!) Ich hoffe, dass Kollege Perhab das nicht deshalb übersehen hat, weil er geglaubt hat, dass das stimmt, weil er seinen Mitarbeitern nicht mehr bezahlt als 8 000 € Lohn im Jahr. Das glaube ich nicht, aber mir ist das wirklich aufgefallen. Der Mindestlohn beträgt 1 300 €, das wären ja nur sechs Monatslöhne im Jahr.
So sollte man in den Medien nicht umgehen. Das führt dazu, dass wir letztlich weniger Arbeitskräfte bei uns haben. Die Unterbringung und so weiter – alles wird in den Me-
dien meistens negativ dargestellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wünsche mir von den Medien, dass sie auch einmal positiv schreiben, und dass diese positive Weiterentwicklung in Österreich auch mit Hilfe der Medien weitergeht.
Der Bericht 2011 steht eigentlich relativ früh zur Diskussion. Wenn man heute in der Wirtschaft steht, ist es trotzdem relativ spät. Wie meine Vorredner schon gesagt haben, haben wir bereits die Zahlen für das Jahr 2012 da. Sie sind Gott sei Dank auch sehr positiv, auch für Kärnten trotz dieser Unkenrufe, die es im Sommer gegeben hat, dass Kärnten von den Gästen nicht mehr als Urlaubsziel gewählt werden wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben festgestellt, dass wir Zuwachszahlen haben. Nicht die Regierung macht ja die Nächtigungszahlen, sondern das schöne Wetter, die fleißigen Menschen, die in dieser Branche arbeiten.
Ich wünsche mir auch eine erfolgreiche Wintersaison 2012/2013 und vor allem auch österreichische Erfolge bei der Ski-WM in (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ) – Schladming. Ich wollte schon einen Kärntner Ort sagen, aber es ist in Schladming. Ich gratuliere den Steirern! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Mag. Klug: Der Schluss war jetzt schwer in Ordnung!)
17.30
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster ist Herr Bundesrat Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.
17.30
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Tourismus ist an und für sich ein schönes Thema. Wer macht nicht gerne Urlaub? – Auch ich. Ich mache nicht nur in Österreich Urlaub. Ich gebe schon zu, ich fahre auch einmal woanders hin. Ich gehöre nicht zu diesen Politikern, die meinen, man muss immer patriotisch Urlaub machen. Die Welt ist interessant. Aber ich mache gerne in Österreich Urlaub, man trifft da mitunter auch zufällig Bundesratskollegen – er ist jetzt gar nicht da.
Das ist der erste Bericht, zu dem ich spreche. Herr Perhab hat gesagt, dass wir jetzt natürlich ein bisschen über die Berichte hinweghudeln, weil es noch so viele Sprecher und Sprecherinnen und so viele Tagesordnungspunkte gibt. Meine Bitte ans Präsidium: Könnte man Berichte vielleicht intensiver debattieren und diskutieren mit mehr Zeit, wenn es wenig Tagesordnungspunkte gibt? Dafür wäre ich Ihnen sehr, sehr dankbar. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Trotzdem reden wir natürlich über den Tourismus. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei der Sektionschefin und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Es ist ein ausgezeichneter Bericht. Er ist sehr detailliert. Ich finde es hervorragend, wie transparent mit den Zahlen umgegangen worden ist. Gerade Tourismus zu messen ist ja so schwer. Das wird transparent gemacht, indem gesagt wird: Was misst man? Die Nächtigungen, die Umsätze? Da gibt es verschiedene Parameter, man kann ja nicht alles messen. Das ist das Schwierige und Spannende zugleich am Tourismus. Wir finden, dass er in diesem Punkt wirklich ein Vorzeigebericht ist, so, wie wir uns alle Berichte wünschen würden.
Besonders freut uns als Grüne natürlich die ausgeweitete Darstellung zum Thema nachhaltiger Tourismus. Das ist uns natürlich ein großes Anliegen – Klima, Mobilität, Alpenkonvention. Diese Themen wurden sehr detailliert und interessant im Bericht ausgeführt.
Zwei Themenbereiche, die zuletzt noch nicht so einen Stellenwert hatten, aber einen größeren Stellenwert bekommen, haben stärkeren Niederschlag gefunden, nämlich der Gesundheitstourismus und der Kongresstourismus. Diese Bereiche werden sicher in Zukunft vor allem im städtischen Bereich – also der Kongresstourismus in dem Fall – eine große Rolle spielen.
Ich bin ja ein Wiener Bundesrat, deswegen muss ich natürlich auch über Städtetourismus sprechen. Ich habe zufällig heute mit Norbert Kettner telefoniert, dem Direktor von WienTourismus. Die Zahlen von 2012 sind ja äußerst erfreulich. Von Jänner bis Februar 2012 hatte Wien ein Plus von 7,4 Prozent. Wir erleben – und das zeigt sich auch im Bericht; ich kann natürlich noch nicht so genau abschätzen, wie es 2012 ausschaut –, dass gerade der Städtetourismus in Graz, Salzburg, Innsbruck, Wien und so weiter den stärksten Anstieg von allen Tourismusbereichen, die wir in Österreich haben, hat.
Das entspricht nicht ganz dem, was wir uns gedacht haben, als die Krise 2008 begann. Da haben alle gerätselt: So, was wird jetzt passieren? – Wahrscheinlich wird die Zahl der Fernreisen abnehmen und eher die Zahl der Buchungen in jene Reiseziele zunehmen, die man schnell mit dem Auto erreichen kann. Man kennt die Gegend. Vor allem bei den Deutschen habe ich mir gedacht: Sie haben dieselbe Sprache, man kann die Kosten auch durch die gemeinsame Währung leichter abschätzen.
Interessanterweise sind aber die Herkunftsländer der Touristen und Touristinnen mittlerweile doch ganz andere, als wir gedacht haben. Die Zahl der europäischen Touristen und Touristinnen, wie Niederländer oder Deutsche, geht ja leider zu einem erheblichen Teil zurück. Das ist auch im Bericht zu lesen – für 2012 weiß ich es nicht –, aber stark im Steigen sind die Schwellenländer. Das heißt, die Zukunft des österreichischen Tourismus liegt eindeutig in Russland, in Brasilien, in Indien und in China. Von dort kommen sehr viele Menschen, um sich Österreich anzuschauen.
Innerhalb Europas sind natürlich vor allem Länder wie Rumänien oder Bulgarien interessant, wo wir einen starken Anstieg haben, was ja auch ein interessantes Phänomen ist. Ich kann mich noch daran erinnern, dass, als die Visumpflicht damals abgeschafft worden ist, die FPÖ vor rumänischen Massen, die nach Österreich kommen, Angst gehabt hat. Sie kommen jetzt als Touristen und lassen Geld hier. Ich finde, das ist gut so. (Bundesrat Ertl: Die haben wir eh heute schon gehört, die Zahlen! Aber in einem anderen Zusammenhang!) – Ja, wir reden jetzt vom Tourismus, und es kommen auch Touristen aus Rumänien, Herr Kollege von der FPÖ.
Alles in allem wird der Städtetourismus eine ganz große Rolle im Tourismus in Österreich spielen müssen. Eines ist natürlich auch klar: Der Wettbewerb ist stärker geworden. Das Werben um den Touristen/die Touristin ist weltweit in einem starken Komplex und ich möchte in dem Fall, weil ich eben ein Wiener Bundesrat bin, mich auch ganz herzlich bei WienTourismus bedanken, wo man wirklich mit ausgezeichneten und völlig außergewöhnlichen Aktionen Werbung für Wien macht. Ich weiß nicht, ob Sie es kennen. Es gab – Sie können es sich einmal auf „YouTube“ anschauen – eine faszinierende 3-D-Projektion auf einem Hochhaus, um Werbung für Wien zu machen. Oder eine sehr subtile Aktion: In der U-Bahn von Bukarest hat man Kaffeeduft verbreitet, um für die Destination Wien zu werben. Das ist sicher eine zukunftsträchtige Art, Werbung zu machen.
Wenn wir Österreich so kreativ, so spannend und so schön, wie das Land nun einmal ist, präsentieren, dann kann man sich auf den Bericht 2012, 2013, 2014 und so weiter freuen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
17.36
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Junker zu Wort gemeldet. – Bitte.
17.37
Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Haben wir uns eigentlich schon einmal die Frage gestellt: Was wäre unser Land ohne Tourismus? – Wenn wir darüber nachdenken, was
das für Konsequenzen hätte, wird einem klar, dass zum Beispiel Tirol ohne Tourismus 43 000 Arbeitsplätze und ein Siebentel der Wirtschaftsleistung weniger hätte.
Wer die Augen aufmacht, der sieht, dass nach einer guten Saison in den Tourismusorten die Baukräne aufgestellt werden, weil in der Zeit, in der die Gäste weg sind, gebaut und investiert wird. Ein Gutteil der Bauwirtschaft mit all ihren Nebengewerben bezieht seine Aufträge direkt aus dem Tourismus und gibt so Tausenden Menschen Arbeit.
Ebenso verhält es sich mit dem Handel, der davon profitiert, dass entspannten Gästen die Geldtasche doch etwas lockerer sitzt – ganz zu schweigen vom Transportgewerbe, den heimischen Versicherern, den Produzenten von Freizeitartikeln und zahlreichen Dienstleistern, die sich rund um unsere hoch qualifizierten Tourismusangebote entwickelt haben.
Meine Damen und Herren! Vor allem aber hätten wir Seitentäler, die nicht viel anders aussehen würden als zu Ötzis Zeiten, nämlich öd und menschenleer. Während in anderen europäischen Regionen der ländliche Raum stirbt und sich alles in den Ballungszentren konzentriert, wirkt der Tourismus in Österreich wie eine Wohlstandszentrifuge. Er sorgt dafür, dass Arbeit bis in die hintersten Täler gebracht wird und verteilt die wirtschaftlichen Chancen quer durch unser Land.
Ohne Tourismus sähe die ganze Infrastruktur im Land anders aus. Wir hätten wohl kaum einen Lift, den es sich zu betreiben lohnte und auch kaum eines unserer Bäder. Nur für die Einheimischen rechnet sich deren Betrieb leider nicht, wie bei vielen anderen Freizeiteinrichtungen, welche die Bevölkerung selbst gerne nützt.
Wenn wir von Tourismus sprechen, sprechen wir meistens von Urlaubern aus dem Ausland, nicht aber von den Menschen, die in ihren eigenen Bundesländern oder in anderen Bundesländern Urlaub machen, die auch gerne einmal in ihrem Heimatort mit ihren Partnern essen gehen, die am Wochenende die Almhütten und Gasthäuser bevölkern oder selbst gerne einmal Ski fahren gehen.
Der Tourismus sorgt für Stabilität und schafft sogar in schwierigen Zeiten Rekorde. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
17.40
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Konrad zu Wort. – Bitte.
17.40
Bundesrat Klaus Konrad (SPÖ, Steiermark): Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Junker! Schöner hätte ich das auch nicht sagen können. Genau das war mein Debattenbeitrag. Ich könnte ihn schon fast um die Hälfte reduzieren. (Rufe: Tu’s!) – Ich habe vorhin nicht länger geredet als 2 Minuten, Herr Kollege. Wenn sich alle an mein Tempo halten würden, wären wir schon mindestens zehn Punkte weiter. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Mayer. – Bundesrat Mag. Klug: Ganz genau!) Gell, das wäre nicht schlecht!
Sehr geehrte Damen und Herren, Folgendes ist genau der Punkt: Worum geht es im Tourismus? Es geht um Lebensqualität und um Qualität für jene Menschen, die vor Ort leben. Es geht nicht nur darum, dass man Infrastruktur für Touristen schafft, sondern es ist eine Nachnutzung beziehungsweise überhaupt eine Nutzung für die Menschen, die vor Ort leben, die vor Ort wohnen, die hier sind, wichtig. Jede Investition in diesen Bereich ist doppelt gut investiert und wichtig.
Es gibt aber schon Schwierigkeiten im Bereich Tourismus – Kollege Perhab hat es bereits angesprochen, auch wenn er es vielleicht ein bisschen anders sieht –: Die Situa-
tion rund um die Beschäftigung im Tourismus ist schwierig. Die Schwierigkeiten allein auf die Arbeitszeiten zurückzuführen, denke ich, wäre aber zu kurz gegriffen.
Schlechte Arbeitszeiten gibt es auch beim Hochofen. Auch dort arbeitet man 24 Stunden am Tag das ganze Jahr durch, aber ich habe noch nie gehört, dass man zu wenige Beschäftigte im Stahlbereich findet. Im Handel gibt es auch eine mäßige Entlohnung, ich habe aber noch nie gehört, dass man im Handel große Schwierigkeiten hätte, Beschäftigte zu bekommen.
Die Sache ist eben die, dass das Problemkind Tourismus in beiderlei Hinsicht etwas schwierig aufgestellt ist: Es liegt zum einen an der Arbeitszeit und zum anderen an der Entlohnung. Es ist schon gesagt worden und es steht auch im Bericht: Das Medianeinkommen beträgt 9 464 € pro Jahr. Das liegt allerdings mit Sicherheit auch an den vielen Teilzeitbeschäftigten in diesem Bereich, an der Tatsache, dass es Saisonbetriebe gibt, wo man einfach keine volle, kontinuierliche Beschäftigung hat.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen aber trotzdem in diesem Bereich Schritte nach vorne schaffen. Es ist zu wenig, wenn man jetzt versucht, den Job als Koch, als Kellner – welchen Bereich im Tourismus auch immer – besser darzustellen. Es hilft nichts, wenn die Entlohnung nicht entsprechend ist. (Bundesrat Perhab: Wir haben aber schon 40 Prozent !) – Ja, das mag schon sein, Kollege Perhab. Dann muss man sich aber generell etwas überlegen. Es wird sicher zu wenig sein, wenn man nach Spanien fährt und dort Beschäftigte angelt, weil man sagt, dort gibt es jetzt so viele Arbeitslose und Jugendarbeitslose, jetzt holen wir die Tourismusexperten aus Spanien. – Ich glaube, das kann auch nicht die Lösung sein.
Ich schätze auch die deutschen Mitarbeiter sehr, weil man sie einfach leichter versteht, wenn man im Tourismus teilweise sehr viele Ostdeutsche oder Deutsche generell antrifft. Dagegen ist ja nichts einzuwenden. Nur wird es ein bisschen schwierig für einen Touristen oder auch für einen Einheimischen, wenn er dann auf die Skihütte fährt und dann von jemandem in der Lederhose mit einem preußischem Akzent begrüßt wird. – Das ist auch nicht die Lösung.
Wenn man schon Regionalität verkaufen will, muss man einfach versuchen, jene Menschen, die vor Ort arbeiten, auch aus der Region zu rekrutieren. Dann muss man eben schauen, dass das ganze Entlohnungsschema passt, dass der Tourismus den Stellenwert findet.
Kollege Mitterer, du hast ja davon gesprochen, dass es Verschlechterungen bei den Anmeldungen im Tourismus beziehungsweise generell gibt. – Ich glaube nicht, dass es Verschlechterungen gibt. Sehr geehrte Damen und Herren, heutzutage ist das ein einfacher Mausklick im Internet, wenn es darum geht, Menschen anzumelden. Oftmals werden sie trotzdem nicht angemeldet, und leider ist der Tourismus da, wie andere Branchen auch, nicht unbedingt rühmlich unterwegs, wenn es um die Moral bei den Anmeldungen geht.
Sozialleistungen und so weiter sind ja vom Einkommen abzuziehen. Wenn die Leute nicht angemeldet sind, dann haben sie keine Chance, weiterzukommen. Ich arbeite in der Rechtsabteilung in der Arbeiterkammer; und wenn dort Leute hinkommen und feststellen, dass sie irgendwo sechs Wochen beschäftigt, aber nicht angemeldet waren, und sie nur deshalb draufkommen, weil sie beim Arzt waren und auf einmal gemerkt haben, dass sie nicht einmal sozialversichert waren, dann hört es sich einfach auf!
Ich weiß auch, dass selbst die Wirtschaftskammer sehr bemüht ist, in diesem Bereich tätig zu werden und die schwarzen Schafe auszumustern, denn es hilft ja nichts. Es hilft ja nichts, wenn man die Schwarzunternehmer irgendwie beschützt oder versucht, da irgendwen mitzuziehen. Man muss das einfach ganz vehement angehen und die
Unternehmen, die wirklich fernab der österreichischen Rechtsnormen arbeiten, ausmustert! Es hilft nichts.
Das ist ja wettbewerbsverzerrend! Klar, der eine meldet an, der andere meldet nicht an: Wie soll der eine Wirt überleben, wenn der andere daneben seine Leute schwarz beschäftigt? Wie kann ein Unternehmen überleben, wenn der Mitbewerber Beschäftigte für 20 Stunden anmeldet und den Rest schwarz auszahlt? Man muss das einfach ansprechen: Das ist leider im Tourismus in vielen Bereichen üblich. Man muss die Sachen ganz vehement angehen.
Wir haben, glaube ich, heute noch einen Punkt zur Arbeitsinspektion auf der Tagesordnung. Man muss die Kontrollen verschärfen. Ich weiß, es ist einfach nicht klass, wenn man permanent kontrolliert wird, aber wir müssen einfach diese Dinge abstellen. Wenn wir im Tourismus erreichen, dass die Menschen ordentlich beschäftigt werden – und, wie schon gesagt wurde, der Mindestlohn liegt laut Kollektivvertrag jetzt bei der 1 300-€-Grenze –, dann kann das Einkommen normalerweise gar nicht so gering sein.
Da gibt es noch Bedarf, und ich glaube, wir sind alle angehalten, jenen Menschen, die es wirklich schwierig haben, die nämlich jetzt – wir haben ja schon bald Weihnachten – am 24. Dezember arbeiten werden – sie und die Unternehmer arbeiten am 24. Dezember –, also allen Menschen, die bereit sind, so einen Job anzugehen, unsere Hochachtung ausdrücken – den Unternehmern wie auch den Beschäftigten.
In diesem Sinn wünsche ich auch allen diesen ein frohes Fest. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
17.46
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte, Herr Minister.
17.47
Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute, wie bereits erwähnt wurde, den Tourismusbericht 2011. Kollege Mitterer hat angesprochen, das ist einigermaßen früh, aber doch nicht früh genug. – Stimmt, früher haben wir Berichte behandelt, deren Daten drei Jahre alt waren. Ich möchte darauf verweisen, dass jeder auf unserer Homepage die monatsaktuellen Zahlen ablesen kann. Da stehen Daten über die Nächtigungen, die Ankünfte, aber auch über die Arbeitsmarktentwicklung drinnen. Wer das liest, ist über den Tourismusbereich voll informiert.
Was die Entwicklung anbelangt, haben die meisten Vorredner auch dargestellt, dass der Tourismus in Österreich eigentlich eine Erfolgsgeschichte ist, die nicht einfach damit erklärbar ist, dass das Wetter einigermaßen schön war. In diesem Zusammenhang sprechen die Zahlen für sich. Die sprechen aber auch dafür, dass die Rahmenbedingungen nicht falsch gewesen sein können beziehungsweise sind.
Die Zusammenhänge, die vor allem Sie hergestellt haben, Herr Mitterer, haben meiner Meinung nach nicht die Auswirkungen, die Sie haben wollen oder ablesen wollen, sondern die Ursachen dafür, dass es uns so gut geht, sind vielleicht ganz andere.
Im Endeffekt glaube ich, dass die Entwicklung von den Zahlen her für sich spricht. Ich darf nur ein paar Zahlen erwähnen. Wir hatten im Jahr 2011 34,6 Millionen Gäste. Das waren so viele, wie nie zuvor, eine Steigerung von 3,7 Prozent. Das resultiert sowohl aus einer zweiprozentigen Steigerung bei den Inländern als auch bei den Ausländerankünften, nämlich mit 4,6 Prozent auf 23 Millionen.
Wir hatten im Jahr 2011 126 Millionen Nächtigungen, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozentpunkte bedeutet. Damit liegen wir annähernd bei dem Niveau des Jahres 2008 – das war ein Hochkonjunkturniveau.
Interessant ist, dass wir vor allem bei den inländischen Gästen mit 35,3 Millionen Nächtigungen einen neuen Rekord verzeichnen konnten, eine Steigerung um knapp 1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das heißt nichts anderes, als dass es schon stimmt, dass in Zeiten der Nachkrise der mögliche Kunde seinen Radius einfach weniger weit zieht, sondern mehr im Inlandsbereich verbleibt.
Wir haben, wie der Kollege von den Grünen angesprochen hat, eine positive Entwicklung, was den Städtetourismus betrifft. Da haben wir mehr als aufgeholt, was wir im Jahr 2009 verloren haben. Die Landeshauptstädte, allen voran Wien, liegen da sehr, sehr gut.
Die Branche sieht auch die gesamte Entwicklung positiv. Das merkt man an den Investitionen. Wir haben im Jahr 2011 eine Steigerung beim Kreditvolumen um 5 Prozent auf 212,4 Millionen € gehabt und auch die Förderungsfälle in etwa stabil gehalten, aber das Investitionsvolumen um 4,5 Prozent gesteigert.
Damit steht eine Frage im Zusammenhang, die mehrere, was die Negativ-Aspekte betrifft, erwähnt haben: Wo werden wir, wenn wir wirklich das Einkommen bei den Beschäftigten nach oben bringen wollen, Erfolg haben? Sicherlich nicht im Billigtourismus, sondern nur im Qualitätstourismus.
Wenn Sie merken, dass bei den Investitionen auch die Projekte von der Summe her nach oben gehen, dann merken Sie auch, dass wir in Richtung innovativer und qualitativ hochwertiger Produkte und Projekte investieren. Welche Chance wird damit steigen? Dass wir uns in Richtung Ganzjahresbeschäftigung entwickeln. Der Ganzjahrestourismus nimmt also zu.
Es wurden vorhin die Anmeldesituationen und die entsprechenden Gegebenheiten angesprochen, und es wurde gesagt, dass das verschärft worden ist. – Ich kann dem Vorredner nur zustimmen. In dem Augenblick, wo Sie die Qualität dort steigern und scheinbar glauben, das wäre negativ, werden Sie einfach eine andere Entwicklung haben. Die andere Entwicklung wird dann nicht mehr so sein, dass man immer nur auf Hilfskräfte zurückgreift, sondern auf wirklich qualitativ gut ausgebildete Kräfte, die wir teilweise eben erfreulicherweise aus dem Ausland bekommen, aber wir müssen auch das Potenzial im Inland nützen.
Selbst in Zeiten, als wir bei Lehrlingen einen Überschuss im Angebot hatten, war es teilweise in Bundesländern wie Salzburg, aber auch anderen Bundesländern nicht möglich, im Tourismusbereich die Lehrstellen zu besetzen. Das hängt damit zusammen, dass wir dort eben attraktivere Angebote machen müssen. Wie kann ich die machen? Zum Beispiel einfach durch eine Card, die der Tourismus anbietet, mit der man nicht nur die Lehrlingsentschädigung bekommt, sondern darüber hinaus auch kulturelle und unterhaltungsmäßige und sonstige Angebote, die es eben attraktiver machen, in diesem Bereich zu arbeiten.
Da wir im Jahr 2012 sind, geht es jetzt um die Frage: Wie geht es uns heuer? Es ist schon angesprochen worden: Wir haben wieder eine sehr, sehr positive Entwicklung. Herr Kollege, nicht nur weil jetzt Wien irgendwo in Rumänien Kaffeeduft verbreitet; aber bitte, das ist auch positiv. (Zwischenruf.) – Ja, das ist ein schönes Beispiel, aber der entscheidende Punkt ist, dass wir die Aktivitäten und vor allem den Marketing-Bereich bündeln.
Wir leben in einer Zeit, wo Angebote nur mehr schwer wahrnehmbar sind, wo nur schwer wahrnehmbar ist, von wem das Angebot kommt. Daher müssen Sie ein Land, eine Region in den Vordergrund stellen, damit es im Wettbewerb mit den anderen überhaupt auffällt. Denn alle anderen Länder haben auch die Idee, dass man den Tourismus-Bereich und damit den Inlandskonsum entsprechend forciert. Daher ist die Abstimmung der Möglichkeiten dann auch eine Effizienzsteigerung der Mittel. Das ist uns gelungen.
Herr Kollege Mitterer! Wenn dann jemand verantwortlich ist, dann meinen Sie, dass das sicher nicht die Politik ist, sondern nur die Betriebe. Ich aber glaube, den entsprechenden Anteil hat wer? Die Österreich Werbung und natürlich auch die Landestourismus-Organisationen, weil die, gekoppelt mit der Österreich Werbung, mittlerweile die Potenziale gemeinsam nutzen, und nicht jeder gegen den anderen. Da ist aber noch sehr viel drinnen. Im Endeffekt sind, wie Kollege Perhab angesprochen hat, Ereignisse wie die kommende WM in Schladming und anderes genau der Punkt, wo Österreich sein Angebot entsprechend darstellen kann.
Ich darf mit einem abschließen: Sie werden bemerkt haben, dass wir – gemeinsam mit vielen anderen – eine neue Tourismusstrategie erarbeitet haben, und diese läuft schon seit drei Jahren. Das Interessante an einer Strategie ist ja nicht, ob sie am Papier schön aufbereitet ist, sondern ob sie gelebt wird. Wir haben diese Strategie gelebt, indem wir die USPs auch mit entsprechenden Marketing-Aktivitäten unterstützt und verbreitet haben.
Da haben wir als Erstes den Bereich Alpen gemacht, heuer machen wir Donau und Seen, und nächstes Jahr werden wir den Kultur- und vor allem den Städteschwerpunkt noch weiter ausbauen. Da haben wir einiges im Angebot und das gemeinsam abgestimmt. Daher können Sie damit rechnen, dass auch 2013 die Zahlen wieder nach oben gehen werden.
Der entscheidende Punkt ist auch folgender: Natürlich werden Brasilien, China – wer auch immer – Zukunftsmärkte sein, und im Winterbereich die ost- und zentraleuropäischen Staaten, aber jene Nation, die den Hauptteil der Nächtigungen bringt, ist nach wie vor welche? – Deutschland: rund 48 Millionen von rund 126 Millionen Nächtigungen.
Da ist es interessant, dass es uns im Jahr 2012 gelungen ist, die Situation wieder umzudrehen. Wir hatten eine stagnative Entwicklung – nämlich eine Stagnation betreffend Deutschland, was die Zahlen der Gäste, der Ankünfte und der Nächtigungen anbelangt –, weil die Urlaube immer kürzer werden. Mittlerweile hat sich die Lage gedreht. Wir haben wieder mehr Gäste, mehr Nächtigungen von Personen, die aus Deutschland und auch aus den Niederlanden kommen.
Daher: Die Strategie greift doppelt. Bewährte Gäste kommen immer wieder und neue Gäste kommen zusätzlich, aber ich sage noch einmal: immer im Wettbewerb mit den anderen. Damit wir die Marktanteile halten können, wird es nicht genug sein, nur selbstzufrieden tatenlos zu nicken, sondern man braucht noch mehrere andere Aktivitäten. Die können aber nur in Richtung gemeinsames Marketing und Qualität gehen, und in diesem Sinn werden wir den Weg fortsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)
17.55
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft (Mittelstandsbericht 2012) (III-477-BR/2012 d.B. sowie 8880/BR d.B.)
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 22. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Dr. Winzig. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Dr. Angelika Winzig: Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft, den Mittelstandsbericht 2012.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragstellung:
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 18. Dezember 2012 den Antrag, den Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft (Mittelstandsbericht 2012) zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Berichterstattung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte, Herr Kollege.
17.56
Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Über 450 000 Betriebe zählt der österreichische Mittelstand, das sind die KMU-Betriebe. 240 000 davon sind Ein-Personen-Unternehmen. Die haben sich einen guten und ausführlichen Bericht und eine Bestandsaufnahme verdient. Ich glaube, das ist im Großen und Ganzen auch gelungen. Es war sicher viel Arbeit für das Wirtschaftsministerium, das darzustellen. Die wichtigsten und ausführlichsten Berichte kommen immer vom Wirtschaftsministerium.
Dennoch sei mir gestattet, einige Analysepunkte festzustellen und auszuführen, und das betrifft vor allem die Methodik. Beim Quellenverzeichnis ist nämlich auffällig, dass man nur auf das WIFO reflektiert, aber es gibt auch andere Forschungsinstitute, Prognoseinstitute, die manchmal vielleicht mehr Treffsicherheit aufweisen als das WIFO-Institut: Ich erinnere an das IHS, an das EcoAustria, und man kann dazu durchaus auch einige universitäre Einrichtungen und Banken dazu nehmen. Es wurde im Wirtschaftsausschuss auch versprochen, das in zwei Jahren vielleicht zu erweitern und zu ergänzen, sodass die Prognosen weitere Perspektiven enthalten.
Ein weiterer Punkt ist vielleicht – weil das doch mit unheimlich vielen Daten gespickt ist –, dass man die Quellen in Fußnoten gleich in den Text einfügen könnte, dann könnte man auch nachvollziehen, woher dieser Text kommt.
Weiters darf ich anführen: Es gibt auch interne Widersprüchlichkeiten, was die Konkurse beziehungsweise Insolvenzen betrifft. Auf Seite 16 ist die Rede von 5 100 Insolvenzen im Jahr 2011 in Österreich, auf Seite 118 wird auch für 2011 die Zahl von 5 869 Insolvenzen genannt. Irgendetwas stimmt da nicht. Vielleicht sollte man die Schluss-Redaktion noch einmal politisch durchgehen oder auslagern, damit solche Fehler nicht vorkommen. Beim Alpenländischen Kreditorenverband steht, dass es im Jahre 2011 tatsächlich 6 118 Insolvenzen waren. Das ist also nicht homogen.
Was die Datenlage betrifft, ist es nicht durchgehend auf 2011 bezogen – die erste Hälfte von 2012 könnte man auch nehmen –, viele Daten umfassen 2010. Auch das ist nicht durchgehend.
Man muss auch aussprechen, was da fehlt. Es fehlt die Kostenauflistung, die Belastung von Unternehmen, und es fehlen auch Lösungen. Positiv, muss man vermerken, ist der Small Business Act. Es ist positiv, Herr Minister, dass Sie diese zehn Grundsätze des Small Business Act, die von Brüssel kommen, ernst nehmen, darzustellen versuchen und die ganze Problematik und Bestandsaufnahme in diesen Small Business Act hineinpacken. Das erleichtert die Lesbarkeit und die Analyse für Außenstehende beziehungsweise Wirtschaftstreibende.
Ich habe mir auch erlaubt, den Grundsatz 6 anzusehen. Das betrifft den wesentlichsten Punkt, nämlich die Finanzierung beziehungsweise den Zugang zur Finanzierung. Unternehmen können nur dann existieren und Umsätze machen, wenn sie Zugang zu Finanzierung haben, wenn sie externe Finanzierungsmöglichkeiten haben.
Es gibt aber bekanntlich immer weniger Finanzierungsmöglichkeiten, denn einerseits steht Basel III vor der Tür. Basel III erschwert den Zugang zu Krediten, und im Zuge der allgemeinen Staatswirtschaftskrise oder, besser gesagt, Staatsschuldenkrise wissen wir alle, dass der Zugang für Kredite für KMU-Betriebe und für Ein-Personen-Unternehmen schwieriger wird.
Daher ist es wesentlich, diesen Punkt 6 der Grundsätze genauer zu lesen, und da, sehr geehrter Herr Minister, muss man sagen, dass Sie einen Punkt nicht angeführt haben, nämlich das geschäftliche Umfeld. Dieser Grundsatz betrifft nicht nur die Finanzierung und das gesetzliche Umfeld, sondern auch das geschäftliche Umfeld. Dieses ist zwar im Grundsatz Nummer 6 enthalten, wird in Ihrem Bericht aber interessanterweise nicht angeführt.
Das geschäftliche Umfeld beinhaltet die Stärkung der Eigenkapitalquote, und wir alle, die wir ein Unternehmen führen, wissen, dass man nur dann Zugang zu externen Finanzierungsmittel hat, wenn man eine gute Eigenkapitalquote hat. Je höher die Eigenkapitalquote, desto geringer sind die Zinsen bei der Bank. Bei einer Eigenkapitalquote unter 15 Prozent erhält man wahrscheinlich überhaupt keinen Kredit. Hier sollte man auf die Eigenkapitalquote fokussieren. Die Stärkung der Eigenkapitalquote ist praktisch die Lösung der gesamten Problematik der Schaffung einer gewissen Unabhängigkeit von den Bankenbeziehungen. Ein Unternehmer muss unabhängig sein, ein Unternehmer muss Geschäfte machen können, ein Unternehmer muss Gewinne machen können, damit er Arbeitsplätze schafft und damit es ihm selbst aufgrund einer hohen Eigenkapitalquote besser geht.
Ich und die FPÖ sehen ein Lösungsmodell in der Stärkung der Eigenkapitalquote, in einer Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten (Bundesrätin Kerschbaum: Durch Zuschüsse, oder wie?), und zwar der internen Zugangsmöglichkeiten.
Wir haben gerade von den Konkursen und Insolvenzen gesprochen. Wir wissen zum Beispiel, dass jeder vierte Konkurs aus einem Zahlungsverzug resultiert. Das zeichnet sich immer stärker ab. Früher wurden Rechnungen nach 14 Tagen beglichen, nach einem Monat, nach zwei Monaten. Heute herrschen in Österreich praktisch italienische Verhältnisse, und die meisten bekommen ihr Geld erst nach 90 Tagen. Das ist eine Hauptursache dafür, dass sie zwischenfinanzieren müssen, weil sie kein Eigenkapital haben.
Die Schlussfolgerung aus diesem Mittelstandsbericht muss also die Stärkung der Eigenkapitalquote österreichischer Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe und vor allem auch der Ein-Personen-Unternehmen sein. Das muss der Sinn sein!
Daher fordern wir die 15-prozentige Abschreibung aller Forderungen pauschal zum Bilanzstichtag. So ein Abschreibungsmodell hat es schon einmal gegeben, nämlich bis 1994. Das war damals für die Exportwirtschaft wichtig, heute wäre es besser, das für das Inlandsgeschäft zu machen, aber natürlich auch für die Exportwirtschaft – eigentlich für alle. Damit kann die Eigenkapitalbasis gestärkt werden, falls jemand später zahlt, und zum Bilanzstichtag werden dafür keine Steuern fällig, denn das Geld ist ja noch gar nicht da. (Präsident Keuschnigg übernimmt den Vorsitz.)
Es muss also möglich sein, dass Firmen Geld thesaurieren, für schlechtere Zeiten sammeln können. Es geht immer irgendwie um eine Krise. Die Wirtschaft steckt in keiner Krise, die Wirtschaft lebt in Konjunkturzyklen. Einmal geht es besser, einmal schlechter. Ein Konjunkturzyklus dauert etwa vier Jahre. Derzeit sinkt das Ganze wieder ab.
Der zweite Punkt wäre eine geringere Steuerbelastung für den nichtentnommenen Gewinn. Das ist auch förderlich, dadurch kann man mehr investieren, es bleibt mehr Kapital zurück, die Betriebe werden gestärkt, und die Unabhängigkeit von den Banken und von der externen Finanzierung wird erhöht. All das sind Gründe, die interne Finanzierung zu erhöhen.
Die Lohnzusatzkosten führen zu einem weiteren Problem. Ich möchte es als die neue Armut in Österreichs Betrieben bezeichnen. Die neue Armut ist der hohe Anstieg an Ein-Personen-Unternehmen. Das ist ein wesentlicher Faktor. Praktisch jeder zweite Betrieb in Österreich ist bereits ein Ein-Personen-Unternehmen. Da stimmt etwas in der ganzen Usance nicht. Ein-Personen-Unternehmer hackeln 60 bis 80 Stunden in der Woche praktisch bis zum Umfallen, ohne entsprechende Möglichkeiten zu bekommen, Mitarbeiter anzustellen. Möglichkeiten haben sie schon, aber das Geld dafür haben sie nicht, weil einfach die Abgaben, die Kosten viel zu hoch sind.
Es gibt eine Statistik – interessanterweise ist das im Mittelstandsbericht 2010 gestanden, jetzt haben Sie es herausgestrichen und nicht mehr angeführt –, laut welcher 80 Prozent der EPUs deswegen keine Mitarbeiter haben, weil die Lohnzusatzkosten viel zu hoch sind. Diese gehören massiv reduziert, sodass die EPUs weiterhin Mitarbeiter anstellen können und der Unternehmer und die Unternehmerin entlastet werden. Entlastung betrifft auch die Gesundheit. Auch Unternehmer können krank werden, auch Unternehmer brauchen einmal Erholung. Daher wäre es vielleicht förderlich, wenn man den 10- oder 20-prozentigen Selbstbehalt bei der SVA einmal abschafft, damit Mitarbeiter und Unternehmer gleichgestellt sind.
Ein weiterer Punkt betrifft die Steuerfreibeträge auf Investitionen. Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben das in der Einleitung schon richtig beschrieben, nur Förderungen alleine machen das nicht aus. Wenn man den Bericht zusammenfasst, ist er ein Who’s who der Förderungen: Wer erhält Förderungen? Wie bekomme ich Förderungen? – Sicher ist das positiv, aber wenn man die gesamten Unternehmen zusammenfasst, haben nie mehr als 5 Prozent aller österreichischen Unternehmen Zugang zu den Förderungen. Hier fordern wir Gleichbehandlung aller, sodass jeder einzelne Zugang zu Förderungen hat, nicht im Sinne von überwiesenen Geldmitteln, sondern im Sinne von Steuerfreibeträgen für Investitionen. Das gab es schon einmal, wurde aber auch abgeschafft.