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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

191. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 15. Dezember 2022

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal


Stenographisches Protokoll

191. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode            Donnerstag, 15. Dezember 2022

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 15. Dezember 2022: 9.05 – 19.53 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 2980/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2418/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2867/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Erstellung einer Erhebung zu Menstruationsgesundheit in Österreich

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2868/A(E) der Abgeordneten Dipl.-
Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 2

betreffend die Umsetzung einer umfassenden Informationsoffensive
gegen Gewalt an Frauen & Kindern

6. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts
des Plurinationalen Staats Bolivien und des Beitritts Jamaikas zum Übereinkom­men über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeß­ordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (Maßnahmenvollzugsanpas­sungsgesetz 2022)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2982/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwaltsordnung und das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2943/A(E) der Abgeordneten Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten

11. Punkt: Bericht über den Antrag 3001/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Verhinderung von Hunger und Mangel als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung


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12. Punkt: Bericht über den Antrag 2825/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa
Ernst-Dziedzic, Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die eklatanten Menschenrechtsverletzungen insbesondere gegenüber Frauen im Iran

13. Punkt: Bericht über den Antrag 3015/A(E) der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Druck auf den Iran aufrechterhalten

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2824/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfolgung

15. Punkt: Bericht über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021

16. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Rücknahme des österreichischen Einspruchs gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden
von der Beglaubigung

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2837/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Einsatz für Ende der Gewalt und notwendiges Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2336/A(E) der Abgeordneten
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend 200-jäh­riges Jubiläum der Unabhängigkeit Brasiliens

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeres­disziplinargesetz 2014 und das Heeresgebührengesetz 2001 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2023 – WRÄG 2023)

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird


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21. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz zur Abwahl 
des Nationalratspräsidenten, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 194/1999, zuletzt geändert mit
BGBl. I Nr. 141/2022, geändert wird (2905/A)

22. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 24, 44 und 45, 76 und 77 sowie über die Bürger­initiative Nr. 32

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Nurten Yɪlmaz ...........................................     41

Angelobung des Abgeordneten Christian Oxonitsch ..........................................     42

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................     41

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG .............................................................................................................     88

Fragestunde (18.)

Frauen, Familie, Integration und Medien ...........................................................     43

Norbert Sieber (225/M)

Eva Maria Holzleitner, BSc (229/M)


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Edith Mühlberghuber (216/M); Joachim Schnabel

Mag. Faika El-Nagashi (234/M)

Henrike Brandstötter (232/M); Mario Lindner, Mag. Romana Deckenbacher, Rosa Ecker, MBA

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (226/M); Rosa Ecker, MBA, Barbara Neßler

Petra Wimmer (230/M)

Mag. Hannes Amesbauer, BA (217/M); Mag. Yannick Shetty, Mag. Ernst Gödl

Mag. Eva Blimlinger (235/M); Henrike Brandstötter

Michael Bernhard (233/M); Mag. Meri Disoski, Julia Elisabeth Herr, Mag. Johanna Jachs

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (227/M); Mag. Verena Nussbaum

Mag. Jörg Leichtfried (231/M)

Johann Singer (228/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben .............................................................................  41, 106

Ausschüsse

Zuweisungen ............................................................................................  88, 382

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über
den Antrag 2980/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 6

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1851 d.B.) ............................    
89

Redner:innen:

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................     89

Petra Wimmer ..........................................................................................................     91

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................     93

Barbara Neßler ........................................................................................................     95

Michael Bernhard ....................................................................................................     96

Norbert Sieber ..........................................................................................................     98

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................     99

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  101

Wolfgang Zanger .....................................................................................................  103

Mario Lindner ...........................................................................................................  106

Annahme des Gesetzentwurfes in 1851 d.B. .....................................................  124

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über
den Antrag 2418/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1852 d.B.) ............. 
106

Redner:innen:

Norbert Sieber ..........................................................................................................  107

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  109

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................  110

Barbara Neßler ........................................................................................................  111

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  113

Julia Elisabeth Herr ..................................................................................................  114

Wolfgang Zanger (tatsächliche Berichtigung) ......................................................  116

Peter Wurm ..............................................................................................................  116

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  121

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  123


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 7

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Befristete Erhöhung der Zuverdienstgrenze
im Rahmen der vorzeitigen Alterspension“ – Ablehnung ................  118, 124

Annahme des Gesetzentwurfes in 1852 d.B. .....................................................  124

3. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Gleichbe­handlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien
(III-785/1833 d.B.) .................................................................................................. 
124

Redner:innen:

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................  125

Mario Lindner ...........................................................................................................  127

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  128

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  130

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  132

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  134

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  135

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................  137

Kenntnisnahme des Berichtes III-785 d.B. ..........................................................  166

4. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den An­trag 2867/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisa­beth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Erhebung zu Menstruationsgesundheit in Österreich (1834 d.B.) .............  139

Redner:innen:

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................  139

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  141

Rosa Ecker, MB


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A ......................................................................................................  142

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  143

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1834 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „die Erstellung einer Erhebung zu Menstrua­tionsgesundheit in Österreich“ (288/E) ...............................................................  167

5. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den An­trag 2868/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umset­zung einer umfassenden Informationsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern (1835 d.B.) ..........................................................................  145

Redner:innen:

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................  146

Sabine Schatz ...........................................................................................................  148

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  153

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  158

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  160

Sabine Schatz (tatsächliche Berichtigung) ...........................................................  161

Pia Philippa Strache ................................................................................................  162

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gewalt gegen
Frauen – Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ,Femizid‘ zur verbesserten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von ge­schlechtsmotivierten Frauenmorden“ – Ablehnung .........................  150, 167

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung einer Dunkelfeldstudie zu Gewalt gegen Frauen“ – Ablehnung ................................................................  155, 167

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1835 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „die Umsetzung einer umfassenden Informa­tionsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern“ (289/E) ...........................  167


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 9

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1758 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Bei­tritts des Plurinationalen Staats Bolivien und des Beitritts Jamaikas zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kin­desentführung (1848 d.B.) ....................................................................................  167

Genehmigung des Staatsvertrages in 1848 d.B. ................................................  210

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1789 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeß­ordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (Maßnahmenvollzugs­anpassungsgesetz 2022) (1849 d.B.) ...................................................................  168

Redner:innen:

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  168

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  174

Mag. Harald Stefan .................................................................................................  177

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................  179

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  182

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ...............................................  184, 199

Mag. Johanna Jachs ................................................................................................  188

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  190

Dr. Nikolaus Scherak, MA .......................................................................................  192

Sabine Schatz ...........................................................................................................  194

Mag. Philipp Schrangl ..............................................................................................  196

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Ergebnisse der Zerbes-Kom­mission anlässlich des Terroranschlages vom 2. Novembers 2020 in Wien“ – Ablehnung ...........................................................................  171, 211


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 10

Annahme des Gesetzentwurfes in 1849 d.B. .....................................................  210

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2982/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwalts­ordnung und das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwalts­anwärter geändert werden (1850 d.B.) ...............................................................  201

Redner:innen:

Mag. Harald Stefan .................................................................................................  201

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  202

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  203

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  206

Karl Schmidhofer .....................................................................................................  207

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  209

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Erhöhung der RATG-Tarife“ – Ablehnung            204, 211

Annahme des Gesetzentwurfes in 1850 d.B. .....................................................  211

9. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1790 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz
geändert werden (1891 d.B.) ................................................................................ 
212

Redner:innen:

Thomas Spalt ...........................................................................................................  212

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  213

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  216

Hans Stefan Hintner ................................................................................................  219


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 11

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  221

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  222

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ............................................................................  227

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  230

Annahme des Gesetzentwurfes in 1891 d.B. .....................................................  243

10. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2943/A(E) der Abgeordneten Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädi­gungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten (1892 d.B.) .............  232

Redner:innen:

Thomas Spalt ...........................................................................................................  232

Lukas Hammer (tatsächliche Berichtigung) ..........................................................  233

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................  234

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  236

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  238

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ............................................................................  239

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1892 d.B. ..........................................  244

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 3001/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald Troch, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen
und Kollegen betreffend der Verhinderung von Hunger und Mangel als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung (1853 d.B.) ......................................... 
244

Redner:innen:

Dr. Gudrun Kugler ....................................................................................................  245

Robert Laimer ..........................................................................................................  246

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................  248

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  249

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  250


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 12

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  254

Dr. Nikolaus Scherak, MA .......................................................................................  256

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................  258

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1853 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „der Verhinderung von Hunger und Mangel
als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung“ (290/E) ........................................  288

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2825/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die eklatanten Menschenrechtsverletzungen insbesondere gegenüber Frauen im Iran (1854 d.B.) ...............................................................................................................  259

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 3015/A(E) der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Druck auf
den Iran aufrechterhalten (1856 d.B.) .................................................................. 
259

Redner:innen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  260

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  262

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  264

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  265

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  267

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ...........................................  268

Angela Baumgartner ...............................................................................................  270

Melanie Erasim, MSc ...............................................................................................  272

Mag. Romana Deckenbacher ..................................................................................  273


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 13

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1854 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „die eklatanten Menschenrechtsverletzungen insbesondere gegenüber Frauen im Iran“ (291/E) .............................................  288

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1856 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Druck auf den Iran aufrechterhalten“ (292/E) .......  288

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2824/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz ethni­scher, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfolgung (1855 d.B.) ....  275

Redner:innen:

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................  275

Dr. Reinhold Lopatka ...............................................................................................  280

Petra Wimmer ..........................................................................................................  282

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  283

Dr. Gudrun Kugler ....................................................................................................  284

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  286

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auftreten gegen Christenverfolgung“ – Annahme (294/E) ....................................................................................................  276, 289

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1855 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „den Schutz ethnischer, kultureller und
religiöser Minderheiten vor Verfolgung“ (293/E) ..............................................  289

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-770/1766 d.B.) ........................................................................................................  289

Redner:innen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  289

Dr. Reinhold Lopatka ...............................................................................................  293


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 14

Christian Hafenecker, MA .......................................................................................  299

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................  302

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  305

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  307

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ...........................................  311

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  315

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  317

Michel Reimon, MBA ...............................................................................................  321

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ..............................................................................  323

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................  325

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Mag. Jörg Leichtfried, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eintreten gegen
die Todesstrafe im Zusammenhang mit den Protesten im Iran“ – Annahme (295/E) ....................................................................................................  297, 345

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „politisch will­kürlich motiviertes Vorgehen gegen den Istanbuler Bürgermeister Ima­moglu“ – Ablehnung ..............................................................................  304, 345

Entschließungsantrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits,
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter,
Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verurteilung und Stopp der Türkischen An­griffe in Nordostsyrien und dem Nordirak“ – Ablehnung ................  319, 346

Kenntnisnahme des Berichtes III-770 d.B. ..........................................................  345

16. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regie­rungsvorlage (1664 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Rücknahme des österreichischen Einspruchs gegen den Beitritt der


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Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (1767 d.B.) .......  327

Genehmigung des Staatsvertrages in 1767 d.B. ................................................  346

17. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2837/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz für Ende der
Gewalt und notwendiges Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan (1768 d.B.) ..................................................................................... 
327

Redner:innen:

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  327

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  328

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  329

David Stögmüller .....................................................................................................  331

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1768 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Einsatz für Ende der Gewalt und notwendiges Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan“ (296/E) .............  346

18. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2336/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend 200-jähriges Jubiläum der Unab­hängigkeit Brasiliens (1864 d.B.) ..........................................................................  333

Redner:innen:

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................  334

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  335

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  336

Dr. Astrid Rössler .....................................................................................................  337

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................  339

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................  342


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 16

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1864 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2336/A(E) .........................................................................................................  346

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1864 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Förderung und Vertiefung der bilateralen Beziehungen mit Brasilien“ (297/E) .....................................................................  346

19. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regie­rungsvorlage (1772 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrge­setz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2014 und das Heeresgebührenge­setz 2001 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2023 – WRÄG 2023) (1875 d.B.) .......................................................................................  347

Redner:innen:

Mag. Friedrich Ofenauer .........................................................................................  347

Robert Laimer ..........................................................................................................  349

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................  352

David Stögmüller .....................................................................................................  354

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  356

Ing. Reinhold Einwallner ..........................................................................................  359

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  361

Rudolf Silvan ............................................................................................................  363

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .................................................................  364

Annahme des Gesetzentwurfes in 1875 d.B. .....................................................  366

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1771 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivil­dienstgesetz 1986 geändert wird (1823 d.B.) ....................................................  366

Redner:innen:

Mag. Andreas Hanger ..............................................................................................  367

Michael Seemayer ...................................................................................................  368


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 17

David Stögmüller .....................................................................................................  370

Staatssekretärin Claudia Plakolm ..........................................................................  373

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  376

Annahme des Gesetzentwurfes in 1823 d.B. .....................................................  378

21. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz zur Abwahl des Nationalratspräsidenten, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 194/1999, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 141/2022, geändert wird (2905/A) ..........................  378

Redner:innen:

Dr. Susanne Fürst ....................................................................................................  379

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................  380

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................  381

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  382

Zuweisung des Antrages 2905/A an den Verfassungsausschuss ....................  382

22. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen über die Petitionen Nr. 24, 44 und 45, 76 und 77 sowie über die Bürgerinitiative Nr. 32 (1863 d.B.) .......................................................................  383

Redner:innen:

Petra Wimmer ..........................................................................................................  383

Hermann Gahr .........................................................................................................  384

Rudolf Silvan ............................................................................................................  385

Christian Ries ...........................................................................................................  387

Robert Laimer ..........................................................................................................  389

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................  390

Michael Seemayer ...................................................................................................  392

Michael Bernhard ....................................................................................................  393

Carina Reiter ............................................................................................................  395


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 18

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................  397

Hans Stefan Hintner ................................................................................................  398

Erwin Angerer ..........................................................................................................  400

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  402

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1863 d.B. hinsichtlich der Petitio­nen Nr. 24, 44 und 45, 76 und 77 sowie der Bürgerinitiative Nr. 32 ..............  403

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Sabine Schatz, August Wöginger, Mag. Christian Ragger, Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Heimopferrentengesetz geändert wird (3069/A)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem ein Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten
und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG) geändert wird (3070/A)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall des Pensionssi­cherungsbeitrages bis zur Höhe der ASVG-Höchstpension (3071/A)(E)

Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss an die Länder für die Jahre 2022 und 2023 für die Erhöhung des Entgelts in der Pflege (Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz – EEZG) geändert wird (3072/A)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz und das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (3073/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 19

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung einer Dun­kelfeldstudie zu Gewalt gegen Frauen (3074/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umfassende Inklusion im tertiären Bildungsbereich verankern! (3075/A)(E)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (3076/A)

Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Stiftung Forum Verfassung erlassen wird (3077/A)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkostenzuschüsse (Wohn- und Heizkos­tenzuschussgesetz) erlassen und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Aus­gleichs-Gesetz – LWA-G geändert werden (3078/A)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herkunftskenn­zeichnung von importierten Honigmischungen (3079/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderprogramm für Brennstoffzellentechnologie (3080/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Alm­wirtschaft vor dem Wolf (3081/A)(E)

Thomas Spalt, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht an den Nationalrat über den Ausbau der direk­ten Demokratie (3082/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 20

Katharina Kucharowits, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verurteilung und Stopp der Türki­schen Angriffe in Nordostsyrien und dem Nordirak (3083/A)(E)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien (3084/A)(E)

Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft genehmigt wird, und das Bundesgesetz über einen Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen (Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz – UEZG) geändert werden (3085/A)

Ing. Martin Litschauer, Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (3086/A)

Peter Haubner, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Verfahren und den
Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen (HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG) erlassen wird, und das Gesetz
über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Richter- und Staatsanwaltsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienst­rechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forst­wirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz und das Rechtspraktikan­tengesetz geändert werden (3087/A)

Anfragen der Abgeordneten

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Schlepperwesen in Österreich (13234/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 21

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schlag gegen illegalen Katzenhandel (13235/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Treibhausgas SF6: Klimakiller in Windkraftanlagen (13236/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ver­kauf von alten Windrädern ins Ausland (13237/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Treibhausgas SF6: Klimakiller in Windkraftanlagen (13238/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Unvollständige Ausbildung von Grundwehrdienern und Missbrauch in verschiedenen Assistenzeinsätzen (13239/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Fehlende Mobilität des Österreichischen Bundesheeres und ersatzlose Ausscheidung von Geländefahrzeugen (13240/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Probleme des E-Card-Systems (13241/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Insolvenz des stei­rischen Sozialvereins „Leib & Söl!“ (13242/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 22

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie be­treffend Straßeninfrastruktur in Vorarlberg (13243/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Standardzulassung trotz fehlender Daten und unrichtige Behauptungen in den Broschüren des BMSGPK (13244/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Irrefüh­rende Werbung für Gratisbrille von Hartlauer (13245/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Black
Friday: Die 9 häufigsten Gefahren beim Online-Schnäppchenfang (13246/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderkonzept
zur Sicherstellung einer langfristigen Finanzierung von Verbraucherschutz­organisationen insbesondere des VKI - Entschließungsantrag vom 18.11.2022 (13247/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Letzter Aus­weg Pfandleihe (13248/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Irrefüh­rende Werbung mit „Statt“-Preis bei Infrarotheizungs-Anbieter (13249/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Dreiste Abzo­cke: Smoothie-Flasche kostet 49 Euro (13250/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 23

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wiener
Spitäler überlastet: Gastpatienten werden nur noch akut behandelt (13251/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Unzu­lässige Ausschlussklauseln bei ARAG-Rechtsschutzversicherung (13252/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Phar­mastudien-Zahlungen an Ärzte nicht mehr registrierungspflichtig (13253/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Ausschlussklausel in Rechtsschutzversicherung laut OGH unzulässig (13254/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Geld zurück
für Fitnesscenterkunden (13255/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Fehlendes ESA_Lab am Weltraum-Tech-Standort Öster­reich? (13256/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerreformgesetz 2022 eröffnet den rot-schwar­zen Wohnbaugenossenschaften enorme Steuervorteile (13257/J)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Ausdünnung der Zugverbindungen in der westlichen Obersteiermark nach Eröffnung der Koralmbahn?“ (13258/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 24

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Beschäftigung von Men­schen mit Behinderung im BMEIA im 4. Quartal 2022 (13259/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMAW im 4. Quartal 2022 (13260/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BML im 4. Quartal 2022 (13261/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU
und Verfassung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMEUV im 4. Quartal 2022 (13262/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMBWF im 4. Quartal 2022 (13263/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMJ im 4. Quar­tal 2022 (13264/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Beschäftigung von Menschen
mit Behinderung im BMKÖS im 4. Quartal 2022 (13265/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMI im 4. Quar­tal 2022 (13266/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 25

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesvertei­digung betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMLV im 4. Quartal 2022 (13267/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behin­derung im BMFFIM im 4. Quartal 2022 (13268/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMF im 4. Quartal 2022 (13269/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BKA im 4. Quartal 2022 (13270/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beschäftigung von Menschen mit Behinderung im BMSGPK im 4. Quartal 2022 (13271/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Be­schäftigung von Menschen mit Behinderung im BMKUEMIT im 4. Quartal 2022 (13272/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMLV für das 4. Quartal 2022 (13273/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit
und Wirtschaft betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMAW für das 4. Quartal 2022 (13274/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMBWF für das 4. Quartal 2022 (13275/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 26

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMJ für das 4. Quartal 2022 (13276/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten für Dolmetsch- und Über­setzungsleistungen im BMKÖS für das 4. Quartal 2022 (13277/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMSGPK für das 4. Quartal 2022 (13278/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMI für das 4. Quartal 2022 (13279/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten
für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMKUEMIT für das 4. Quar­tal 2022 (13280/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMEUV für das 4. Quartal 2022 (13281/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BML für das 4. Quartal 2022 (13282/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kosten für Dolmetsch-
und Übersetzungsleistungen im BMFFIM für das 4. Quartal 2022 (13283/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 27

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BKA für das 4. Quartal 2022 (13284/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen im BMF für das 4. Quartal 2022 (13285/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten für Dolmetsch-
und Übersetzungsleistungen im BMEIA für das 4. Quartal 2022 (13286/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden im BMJ für das 4. Quartal 2022 (13287/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überstunden im BMF für das 4. Quartal 2022 (13288/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Überstunden im BMKUEMIT für das 4. Quartal 2022 (13289/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Überstunden im BMKÖS für
das 4. Quartal 2022 (13290/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU
und Verfassung betreffend Überstunden im BMEUV für das 4. Quartal 2022 (13291/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 28

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überstunden im BMI für das 4. Quartal 2022 (13292/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Überstunden im BMBWF
für das 4. Quartal 2022 (13293/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Überstunden im BMFFIM für das
4 Quartal 2022 (13294/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Überstunden im BML für das 4. Quartal 2022 (13295/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Überstunden im BMLV für das 4. Quartal 2022 (13296/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Überstunden im BMEIA
für das 4. Quartal 2022 (13297/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Überstunden im BKA für das 4. Quartal 2022 (13298/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Überstunden
im BMSGPK für das 4. Quartal 2022 (13299/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Überstunden im BMAW für das 4. Quartal 2022 (13300/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 29

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Kärnten (13301/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Tirol (13302/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Oberösterreich (13303/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Steiermark (13304/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Vorarlberg (13305/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Niederösterreich (13306/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Salzburg (13307/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Wien (13308/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2000 Euro Pflegeprämie im Bundesland Burgenland (13309/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 30

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Landesverteidigung betreffend Wohnungsbestand Bundesheer (13310/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Wer­be- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13311/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13312/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bun­desregierung im 4. Quartal 2022 (13313/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4 Quartal 2022 (13314/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13315/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13316/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13317/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Werbe-
und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13318/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 31

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung
im 4. Quartal 2022 (13319/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13320/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Werbe- und PR-Ausgaben
der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13321/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13322/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13323/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 4. Quartal 2022 (13324/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13325/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Spesen und Repräsentationsausga­ben der Bundesregierung (13326/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 32

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13327/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13328/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13329/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Spesen und Repräsenta­tionsausgaben der Bundesregierung (13330/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bun­desregierung (13331/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13332/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13333/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 33

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Spesen und Repräsenta­tionsausgaben der Bundesregierung (13334/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bun­desregierung (13335/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Spesen
und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13336/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (13337/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundes­regierung (13338/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13339/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben
in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13340/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13341/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in so­zialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13342/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13343/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zielgruppen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 34

Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halb­jahr 2022 (13344/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken
und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13345/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13346/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13347/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Zielgrup­pen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13348/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Zielgruppen
und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13349/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken
und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13350/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 35

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zielgruppen und Werbeausgaben in sozialen Netzwerken
und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13351/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zielgruppen und Werbe­ausgaben in sozialen Netzwerken und Online-Medien im zweiten Halbjahr 2022 (13352/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kos­ten der Kabinette im Bundeskanzleramt im 4. Quartal 2022 (13353/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten der Ministerbüros im
4. Quartal 2022 (13354/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten
der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13355/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13356/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13357/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13358/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 36

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13359/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten der Ministerbüros
im 4. Quartal 2022 (13360/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Mi­nisterbüros im 4. Quartal 2022 (13361/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kosten der Ministerbüros
im 4. Quartal 2022 (13362/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quar­tal 2022 (13363/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13364/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kosten der Ministerbüros im 4 Quartal 2022 (13365/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Kosten der Ministerbüros im 4. Quartal 2022 (13366/J)

MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kollektiver Rechtsschutz zur Geltendmachung von Rechtswidrigkeiten einer Preiserhöhung nach § 80 Abs 2a EIWOG (13367/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Externe Verträge im Bundesminis­terium für Bildung, Wissenschaft und Forschung Q4 2022 (13368/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für Inneres Q4 2022 (13369/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Externe Verträge im Bundeskanzleramt Q4 2022 (13370/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 37

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für Landesverteidigung Q4 2022 (13371/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für Finanzen Q4 2022 (13372/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für
Arbeit und Wirtschaft Q4 2022 (13373/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Q4 2022 (13374/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Externe
Verträge im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Q4 2022 (13375/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für Justiz Q4 2022 (13376/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Externe Verträge
im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Q4 2022 (13377/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Externe Verträge im


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 38

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Q4 2022 (13378/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Externe Verträge im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Q4 2022 (13379/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (13380/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für Land- und Forstwirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft (13381/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium
für Inneres (13382/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für Landesverteidigung (13383/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministe­rium für Finanzen (13384/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 39

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (13385/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Quartalsbericht der Reisekos­ten Q4 2022 im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (13386/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (13387/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministe­rium für Justiz (13388/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für europäische und interna­tionale Angelegenheiten (13389/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (13390/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Quartalsbericht der Reisekosten Q4 2022 im Bundeskanzleramt (13391/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 40

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Personalkosten und Ent­bürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13392/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Personalkosten
und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13393/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13394/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für
Finanzen betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13395/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13396/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13397/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Perso­nalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13398/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13399/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13400/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Personalkosten und Entbürokrati­sierung Ihres Kabinetts Q4 2022 (13401/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts
Q4 2022 (13402/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalkosten und Entbürokratisierung Ihres Kabinetts
Q4 2022 (13403/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Keine zweite BUWOG – Nein zu Anlegerwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau und der schleichenden Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit! (13404/J)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Maßnahmen zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen
durch Klimaaktivisten (13405/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Milliarden-Vergabe an Lifebrain (13406/J)

*****

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Externe Kosten für Relaunch der Parlaments-Website (62/JPR)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 41

09.05.52Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.55*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich eröffne die Sitzung und darf Sie,
meine Damen und Herren Abgeordnete, recht herzlich zu dieser letzten Sitzung hier in diesem Redoutensaal begrüßen. Ich darf die Damen und Herren auf
der Galerie, die Vertreter der Medien und diejenigen, die diese Sitzung zu Hause vor den Bildschirmen mitverfolgen, recht herzlich begrüßen.

Die Amtlichen Protokolle der 187. und der 188. Sitzung vom 13. Dezember 2022 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Maria Smodics-Neu­mann, Maria Großbauer, Kira Grünberg, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Karin Greiner, Maximilian Köllner, MA und Dr. Dagmar Belakowitsch.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bun­deskanzleramt folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA wird durch Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch vertreten, und

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc wird durch Staatssekretärin im Bundeskanz­leramt Claudia Plakolm vertreten.

09.06.49Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz auf ihr Mandat


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 42

verzichtet hat und an ihrer Stelle Herr Christian Oxonitsch in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Haus anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird der neue Ab­geordnete seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich darf den Schriftführer, Abgeordneten Zanger, um Verlesung der Gelöbnisfor­mel ersuchen. – Bitte.


Schriftführer Wolfgang Zanger: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Abg. Christian Oxonitsch leistet die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Herr Abgeordneter, ich darf Sie recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Sie sind ein erfahrener Politiker, und ich wünsche Ihnen viel Erfolg hier im
Hohen Haus, viele gute Kontakte in Ihrer Fraktion sowieso, aber auch zu allen anderen Kollegen im Nationalrat, und dass Sie Ihren Vorstellungen auch
gerecht werden können.

09.08.19*****


Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung in ORF 2 bis 13 Uhr und dann im Anschluss bis 19.15 Uhr in ORF III übertragen wird. Im Anschluss wird sie dann


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 43

live gestreamt beziehungsweise von der TVthek übertragen, und auch die privaten Fernsehanstalten werden Teile der Diskussion übertragen.

09.08.39Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen werden durch die Damen und Herren wie üblich – das haben wir gestern schon erläutert – am Rednerpult erfolgen. Die Anfrage darf jeweils nur 1 Minute dauern, auch die Zusatzfrage. Die Antwort darf beim
ersten Mal 2 Minuten und beim zweiten Mal dann nur 1 Minute dauern. Ich wer­de Sie dementsprechend darauf aufmerksam machen.

Ich darf Frau Bundesministerin Raab recht herzlich begrüßen.

Frauen, Familie, Integration und Medien


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir fangen an.

Die 1. Anfrage stellt Abgeordneter Sieber. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.


09.09.12

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Minister! Familien sind das Herz und auch das Rückgrat unserer Gesellschaft. Das hat sich während der Pandemie bewiesen, als Familien stark herausgefordert waren, aber maßgeblich dazu beigetragen haben, dass wir so gut durch die Pandemie gekommen sind. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle an die österreichischen Familien!

Aber auch jetzt, gerade in der Zeit der Inflation und der Teuerung, sind Familien wieder sehr herausgefordert. Die österreichische Bundesregierung tut viel,
um entsprechende Entlastungen zu schaffen.

Meine Frage an Sie, Frau Minister, lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 44

225/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie in Ihrem Ressort gegen die Teuerung für Familien“?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Schönen guten Morgen zuerst auch von meiner Seite! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vielen Dank für die Frage! Sie alle wissen, wir machen derzeit alles Mögliche, alles uns Mögliche, um die Menschen in Österreich zu entlasten: von Energieschutzschirmen, Heizkosten­zuschüssen bis hin zu familienpolitischen Maßnahmen, weil eben Familien besonders unter der Teuerung leiden. Jeder kennt das selbst, jeder, der Kinder hat, weiß das.

Daher haben wir sehr früh begonnen, auch konkrete Entlastungsmaßnahmen zu setzen: mit einer Sonderfamilienbeihilfe in der Höhe von 180 Euro im August. Wir haben dann den Kindermehrbetrag und den Familienbonus erhöht und auch den Antiteuerungsbonus für die Familien eingeführt, für die Erwachsenen,
aber auch für die Kinder, die diesen bezogen haben.

Worauf ich besonders stolz bin und wovon ich auch wirklich glaube, dass es ein Meilenstein der Familienpolitik ist, ist die Valorisierung der Familienleis­tungen, die ab 1. Jänner stattfindet. Das bedeutet, die Familienleistungen wer­den automatisch an die Inflation angepasst. In Zeiten wie diesen, in denen wir wirklich eine hohe, eine Rekordinflation haben, bedeutet das natürlich eine massive Erhöhung der Familienleistungen. Da meine ich alles: Kinderbe­treuungsgeld, Familienbeihilfe, natürlich auch den Familienzeitbonus, das Schul­startgeld – alles, was da darunter fällt.

Wir werden natürlich auch weiterhin die Familien ins Zentrum unserer Entlastungsmaßnahmen stellen, denn – Herr Abgeordneter, du hast es gesagt –


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 45

die Familien sind der Kern und das Rückgrat unserer Gesellschaft, und
daher – und das ist auch meine Aufgabe – versuchen wir abseits von konkreten familienpolitischen Maßnahmen, bei allen Entlastungsmaßnahmen auch
die Familienkonstellationen mitzudenken.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Frau Minister, Österreich hat eine große Tradition der Familienunterstützung in der Familiengesetzgebung. Kaum
ein anderes Land in Europa unterstützt Familien so umfangreich wie eben Ös­terreich. Das sind drei Ebenen: finanzielle Unterstützungen, bei denen wir schon seit vielen Jahren auf gutem Wege unterwegs sind; Sachleistungen wie eben Kindergärten, Gratisbusfahrten und so weiter, mit denen wir Fami­lien wirklich auch sehr gut unterstützen. Nur im Bereich der steuerlichen Un­terstützung waren wir nicht ganz vorne mit dabei. Alle familienrelevanten Familienverbände haben diese Forderung seit vielen Jahren erhoben.

Mit der Einführung des Familienbonus wurde eine Lücke geschlossen. Nun sind wir auch in diesem Bereich, der steuerlichen Entlastung, ganz an der Spitze
mit dabei. Nun haben wir Veränderungen und Verbesserungen beim Familienbonus Plus gemacht.

Meine Frage lautet: Wie schauen diese Veränderungen beim Familienbonus aus? Und wie viel Geld steht für 2023 in diesem Bereich zur Verfügung?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, genau – wir haben eben diese drei Säulen der Familienentlastung: die finanziellen Entlastungen, von denen ich gerade gesprochen habe; die Sachleistungen sozusagen, das ist auch alles,
was der Bund den Ländern beispielsweise im Bereich der Kinderbetreuung zur Verfügung stellt, um die Kinderbetreuungsangebote auszubauen. Und
die dritte Säule sind die steuerlichen Entlastungen.


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In allen Säulen haben wir in diesem Jahr nachgezogen, so auch bei den steuerlichen Entlastungen. Wir haben uns auf die Erhöhung des Familienbonus von 1 500 auf 2 000 Euro verständigt und auch auf die Erhöhung des Kindermehrbetrages von 250 auf 550 Euro. Das ist eine Maßnahme, die beson­ders bei jenen, die nicht vollumfänglich vom Familienbonus profitieren, weil sie eben noch nicht so viel verdienen, zum Tragen kommt. Das ist besonders für alleinerziehende Mütter wichtig und daher auch aus der frauenpolitischen Perspektive ganz wichtig.

Rund 950 000 Familien und 1,6 Millionen Kinder profitieren in unserem Land davon im Ausmaß von 1,6 Milliarden Euro. Sie werden steuerlich entlastet.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


09.14.10

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Im Jahr 2021 haben Sie einen Familienbericht präsentiert, ein reguläres Nachschlagewerk, ein wirklich umfassendes statistisches Werk, in dem auf die Lage der Familien aufmerksam gemacht wird.

Die politische Entscheidung ist eine sehr tragische, denn der letzte Frauenbe­richt stammt aus dem Jahr 2010. Auch der Frauenbericht ist üblicherweise alle zehn Jahre neu erstellt worden, aber es wurde wirklich bewusst die politi­sche Entscheidung getroffen, diesen Frauenbericht eben nicht neu aufzu­legen, was wir aus sozialdemokratischer Sicht extrem bedauern, weil dieser Frau­enbericht wie gesagt auch für die Lage der Frauen und für uns wichtig wäre, um evidenzbasierte politische Entscheidungen für die Frauen in diesem Land treffen zu können.

Deshalb meine Frage:


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229/M

„Auf welcher evidenzbasierten Grundlage werden Sie die Lage der Frauen Österreich in den kommenden Jahren analysieren, wenn Sie sich weiterhin weigern einen Frauenbericht zu beauftragen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Also ich gebe Ihnen recht, Frau Abgeordnete, dass es wirklich wichtig ist, dass wir Zahlen, Daten und Fakten haben, wie der Stand der Gleichberechtigung in Österreich auf allen verschiedenen Ebenen ist.

Sie wissen ja, dass gerade wir als Bundesregierung in den letzten Monaten ganz umfassende Studien dahin gehend in Auftrag gegeben haben. Ich möchte
nur an die Zeitverwendungserhebung erinnern, die wir in Auftrag gegeben ha­ben. Ich möchte daran erinnern, dass wir die Prävalenzstudie zur Gewalt an Mädchen und Frauen veröffentlichen. Ich möchte daran erinnern, dass wir jetzt erstmalig eine Studie über die Frauenmorde der letzten zehn Jahre gemacht haben. Ich möchte auch daran erinnern, dass wir natürlich Daten und Fakten zur Lage der Frauen in allen Lebensbereichen haben, das ist nämlich der Bericht „Frauen und Männer in Österreich – Zahlen, Daten, Fakten“ – das war der frühere Gender-Index –, in den Lebensbereichen wie zum Beispiel Bildung, Gesundheit, ökonomische Situation, oder auch andere geschlechterdif­ferenzierte Daten.

Dann gibt es eben noch in anderen Ressorts solche evidenzbasierten Daten,
aber ich nehme Ihre Anregung auch dahin gehend mit, dass wir schauen, wie wir das besser bündeln können und wie wir sozusagen für alle einen rascheren Zugang auch zu diesen Daten schaffen können.


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Sie können sicher sein, es gibt wirklich viele Daten diesbezüglich. Ich will uns
da auch weiter breit aufstellen, die Beauftragungen in vielen Bereichen sind erfolgt. Vielleicht können wir schauen, wie wir das noch ein bissl besser bündeln und auch für alle leichter zugänglich machen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Es ist ja nicht nur eine Kritik der SPÖ-Fraktion, dass dieser Frauenbericht nicht neu aufgelegt wird, sondern beispielsweise auch eines breiten wissenschaftlichen Netzwerkes, nämlich des Käthe-Leichter-Netzwerkes, wo viele Expert:innen diese Kritik auch regel­mäßig erneut üben, dass dieser Frauenbericht nicht nur eine Sammlung von be­stehenden Berichten sein soll, sondern wirklich eine Neuauflage.

Diese umfassende Gestaltung zur Lage der Frauen, wie sie eben genau im Familienbericht im vergangenen Jahr präsentiert worden ist und wie es beim Fa­milienbericht einfach immer regelmäßig passiert, ist wichtig. Den Frauen wird dieser umfassende Bericht aber verwehrt.

Was entgegnen Sie diesem Käthe-Leichter-Netzwerk, einem Netzwerk von Wis­senschafter:innen, dass es diesen Frauenbericht nicht geben wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Genau dasselbe, das ich Ihnen auch gerade entgegnet habe: Es ist wichtig, dass wir umfassende Daten haben, und das will ich im Frauenbereich und im Familienbereich haben.

Im Familienbereich haben wir das in einem Bericht, und im Frauenbereich, wenn Sie mich fragen, haben wir sogar noch viel mehr Daten, haben wir noch ein
viel breiteres Datenumfeld, weil wir beispielsweise auch die Daten ganz zentral aus dem Arbeitsmarktressort haben, die auch veröffentlicht werden, weil
wir beispielsweise auch die Daten aus dem Integrationsbereich haben, was die


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Arbeitsmarktbeteiligung oder die Teilhabe von Frauen in unterschiedlichen Lebensbereichen betrifft.

Also ich würde niemals behaupten, dass wir im Bereich der Gleichberechtigung weniger Daten haben als in anderen Bereichen. Ich glaube, dadurch, dass Gleichberechtigung halt so eine extreme Querschnittsmaterie ist und auch alle Ressorts betrifft, ist es wichtig, dass man die Daten leicht zugänglich macht
und dass man alles schnell auf einen Blick hat.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


09.18.22

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Schönen guten Morgen, Frau Bundesminister! Das Kinderbetreuungsgeld gilt nur für 28 Monate, wenn es nur ein Elternteil in Anspruch nimmt, zum Beispiel die Mutter. Viele Mütter wollen auch nach dieser Zeit ihre Kinder selbst zu Hause betreuen, aber viele können sich das nicht leisten.

Eltern, die ihren Nachwuchs in eine Betreuungseinrichtung geben, erhalten Unterstützung von der öffentlichen Hand. Eltern, die ihre Kinder selbst zu Hause betreuen, bekommen jedoch keine Fördermittel. Um echte Wahlfreiheit zu gewährleisten, ob Eltern ihre Kinder in Fremdbetreuung geben oder zu Hause betreuen, muss es eine Gleichstellung und vor allem eine entsprechende Wertschätzung der innerfamiliären Betreuung geben.

Daher meine Frage:

216/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie zur Unterstützung der familieninternen Kinderbetreuung?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau


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Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sie wissen, dass ich immer auch für die echte Wahlfreiheit stehe und dass ich will, dass jede Familie das Lebens­modell wählt, das sie möchte, egal ob die Familie das Kind länger zu Hause betreuen möchte oder in einer Kinderbetreuungseinrichtung. Ich bin schon sehr davon überzeugt, dass das Kinderbetreuungsgeld – das brauchen Sie sich
nur im europäischen Vergleich anzusehen – ein sehr zentrales Mittel ist, um zu gewährleisten, dass die Frauen und Mütter auch über einen längeren Zeit­raum bei den Kindern sein können – oder auch die Eltern, wie es in meinem Fall ist, da hat mein Mann auch ein Jahr das Kinderbetreuungsgeld bezogen.

Wir brauchen uns im europäischen Vergleich sicherlich nicht davor zu scheuen, das vor den Vorhang zu holen. Wir haben das KBG jetzt valorisiert. Wir haben wichtige Maßnahmen umgesetzt, wie zum Beispiel dass die Kinderbetreu­ungszeiten auf die Pension angerechnet werden. Daran sieht man, wie hoch der Stellenwert der familiären und familieninternen Kinderbetreuung in Österreich ist.

Wir haben das Recht auf Elternteilzeit eingeführt; das ist etwas, das dem entgegenkommt, weil die Familien – auch aus arbeitsrechtlicher Perspektive – so die Möglichkeit haben, sich ohne Sorge um eine Kündigung der familienin­ternen Kinderbetreuung zu widmen. Ich bin davon überzeugt, dass wir sowohl im arbeitsrechtlichen Kontext als auch bei den Familienleistungen gute Modelle haben, die das über einen längeren Zeitraum ermöglichen.

Klar ist aber auch: Damit wir echte Wahlfreiheit haben, brauchen wir das Invest­ment in die Kinderbetreuung und die Möglichkeit, dass man die Kinderbe­treuung überhaupt nutzen kann, und daher haben wir im letzten Jahr auch die­sen Schwerpunkt gesetzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.



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Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Es gibt ja Gemeinden, in denen es echte Wahlfreiheit gibt. Ich spreche da die Gemeinden Berndorf und Gössendorf an. Die gehen mit gutem Beispiel voran, dort wird das Modell Wahlfreiheit
in der Kinderbetreuung umgesetzt und gelebt.

Können Sie sich solch ein Modell auch auf Bundesebene vorstellen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Da sind wir wieder bei dem Thema, dass die Bereitstellung der Kinderbetreuung Landes- und Gemeindesache ist,
und deshalb liegt das auch im Kompetenzbereich der Gemeinden und Bundes­länder.

Von unserer Seite ist dahin gehend nichts geplant, wir werden aber weiter in die Familienleistungen investieren und so die Familien in Österreich unterstüt­zen. Wir werden die Wahlfreiheit auf beiden Seiten unterstützen: mit den Fami­lienleistungen für jene, die zu Hause betreuen, und mit dem Ausbau der Kinderbetreuung für jene, die schneller wieder in den Erwerb einsteigen wollen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Schnabel. – Bitte.


Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie haben ja gerade gesagt, dass die Gemeinden und die Länder verfassungsrechtlich für die Kinderbetreuung zuständig sind. In den letzten Jahren wurde, auch
mit Unterstützung des Bundes, massiv in den Ausbau der Kinderbetreuungsein­richtungen investiert, 90 000 Plätze wurden geschaffen. Es ist ganz wichtig – da danke ich als Bürgermeister auch für die neue 15a-Vereinbarung –, dass wir da weiterhin tätig sind, auch vonseiten des Bundes, um die Gemeinden mit finanziellen Mitteln maßgeblich zu unterstützen.


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Wir haben ja in diesem Sommer die neue 15a-Vereinbarung beschlossen. Welche Möglichkeiten, Frau Ministerin – das ist meine Frage –, sehen Sie dank dieser neuen 15a-Vereinbarung im Bereich der Kinderbetreuung und
der Elementarpädagogik?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, dass das eine ganz wichtige Vereinbarung ist und war, auch wenn ab und zu versucht wird, sie schlecht­zureden. Wir als Bund haben noch nie so viel Geld in die Kinderbetreuung inves­tiert – noch nie. Es ist Ländersache und der Bund unterstützt mit einem noch nie dagewesenen Investment.

Das zeigt sich auch an den Zahlen: Die Besuchsquote bei den Drei- bis Sechsjährigen konnte in den letzten Jahren von 86,6 Prozent auf 95 Prozent erhöht werden, bei den unter Dreijährigen von 14 auf 31 Prozent. Was
mir wichtig ist: Ich weiß aus Rückmeldungen von den Familien, vor allem von
den Frauen, dass die Verlängerung und Flexibilisierung der Öffnungszeiten
ganz wichtig ist, deshalb koppeln wir das Investment an diese VIF-Konformität. Das heißt, dass es unter der Woche wirklich längere Öffnungszeiten gibt,
aber auch was die Ferienzeiten betrifft.

Wir wollen speziell den Bedarf bei den unter Dreijährigen decken, auch das ist ein Kernbereich der 15a-Vereinbarung, und wir wollen in die sprachliche Frühförderung investieren. Früher investieren statt später reparieren – das ist, glaube ich, ein ganz wichtiges Motto.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


09.23.50

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Integrationspolitik wird sehr oft für ideologische


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Auseinandersetzungen missbraucht, sie wird damit oft zum Spielball von popu­listischen Debatten, die die Gesellschaft spalten und Ängste schüren.

Sie haben vor Kurzem zur zweiten Integrationskonferenz geladen – mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen –, um die fachliche Auseinandersetzung zu stärken.

Wie stellen Sie sicher, dass die Ergebnisse dieser Debatten, dieser fachlichen Gespräche in die Arbeit des Österreichischen Integrationsfonds einfließen und damit eine sachlich begründete Integrationspolitik ermöglichen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 234/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie stellen Sie als Integrationsministerin die transparente und nachvollziehbare Berücksichtigung von Expertisen und Diskussionen (wie zB die Ergebnisse der Integrationskonferenz und ähnlicher Veranstaltungen) in die Arbeitsschwerpunkte des Österreichischen Integrationsfonds sicher?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, die Fakten zu nennen, und dass auch faktenbasierte Integrationspolitik ganz
wichtig ist, um eben die Integration richtig darzustellen – so, wie sie ist. Es ist nicht alles schwarz und es ist nicht alles weiß, daher investiere ich sehr
stark in diesen Expertendialog.

Aus meiner Sicht ist gerade im Integrationsbereich die Zusammenarbeit zwischen den Experten, den Bundesländern, dem Bund, dem ÖIF, den NGOs, all


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jenen, die da etwas bewegen und bewegen wollen, ganz zentral. Das funk­tioniert so, dass zum Beispiel die Ergebnisse dieser Konferenz in den Integra­tionsbeirat, wo per Gesetz alle Stakeholder sitzen, hineinfließen und dort debattiert werden.

Ich glaube schon, dass gerade der Schwerpunkt Arbeitsmarkt ein ganz wichtiger war, weil man so eben wieder das AMS und den ÖIF zusammenbringt, weil
dort die Wissenschaft auch ganz stark vertreten ist. Daher hatte ich das Gefühl, die Konferenz an sich hat schon einen Mehrwert gehabt.

Sie wissen, die Arbeitsschwerpunkte des ÖIF ergeben sich primär aus dem Gesetz, aus dem Integrationsgesetz, seine Haupttätigkeiten sind dort verankert. Eine aus meiner Sicht ganz zentrale Aufgabe ist es, die kompetenzübergrei­fende Vernetzung und Koordination sicherzustellen. Ich versuche, über solche Veranstaltungen einen Beitrag dazu zu leisten.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Das Thema Arbeitsmarkt­integration war auch auf der Integrationskonferenz zentral. Es ist so, dass der Fachkräftemangel in Österreich stark wahrgenommen wird. Gleichzeitig gibt es viele Geflüchtete, die noch nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind, das betrifft vor allem die Vertriebenen aus der Ukraine.

Welche Maßnahmen sind da geplant? Welche Schritte werden Sie setzen, um diese Arbeitsmarktintegration zu unterstützen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, genau, so ist es. Wir haben auf der ei­nen Seite einen Fachkräftebedarf in allen Branchen, auf der anderen Seite meines Erachtens ein hohes Potenzial. Die Zahlen schwanken momentan noch.


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Wir wissen, wir haben 80 000 registrierte Ukrainer:innen, wir wissen, ins­gesamt befinden sich ungefähr 65 000 davon hier in Österreich in der Grundver­sorgung. Für in etwa 10 000 davon sind Beschäftigungsbewilligungen ausge­stellt worden, das heißt, da haben wir noch ein gewisses Potenzial.

Erst letzte Woche habe ich mich mit Arbeitsminister Kocher getroffen, um zu schauen, wie wir die Menschen da noch besser erreichen können – über Informationsmaßnahmen, die beispielsweise vom AMS über die Grundversor­gung ausgerollt werden, oder schlichtweg auch über die Zurverfügung­stellung von Deutschkursen.

Ich möchte aber auch sagen, dass unsere ersten Zahlen zeigen, dass die Ukrainer sehr rasch Deutsch lernen und in wenigen Monaten ein gutes Deutschniveau haben. Wir haben einen Großteil der Deutschkurse mit Kinderbetreuung ausgerollt, damit insbesondere die Frauen und Kinder die Kurse machen können.

Es ist eine zentrale Arbeitsmarktmaßnahme, ich kann im Integrationsbereich nur unterstützen und versuchen, gemeinsam mit dem Arbeitsminister und mit
dem Innenminister dieses Thema anzugehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Brandstötter. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


09.27.48

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): In Zahlen: 23,47 Prozent der Frauen in Österreich ab 15 Jahren haben körperliche Gewalt erlebt, sexuelle Gewalt
haben 23,75 Prozent der Frauen ab 15 Jahren erlebt, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz 26,59 Prozent. 2021 wurden 1 054 Vergewaltigungen ange­zeigt. Das entspricht einem Anstieg von 30 Prozent seit 2017 – das ist schon sehr, sehr viel. 28 Femizide hatten wir heuer schon zu betrauern.

Meine Frage ist:


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232/M

„Patriarchale Rollenbilder sind auch Ihrer Aussage zufolge die Hauptursachen für Gewalt gegen Frauen. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie, um nach­haltige Verbesserungen für Frauen zu schaffen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, dass das eine zentrale Ursache ist.

Wir haben letzte Woche den Gewaltschutzgipfel abgehalten, und Wissenschaft­ler:innen haben die Kernergebnisse der Studie zu den Frauenmorden der letzten zehn Jahre präsentiert. Der Bericht wird zeitnah veröffentlicht, mit allen Ergebnissen, wurde mir zugesagt.

Sie haben gesagt, zentrale Ergebnisse, weshalb es zur Spitze des Eisbergs kommt, weshalb es zu Morden kommt, sind psychische Erkrankungen, Drogenmissbrauch ein patriarchales Grundverständnis. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, es geht um Machtmissbrauch. Dort
finden sich Aussagen wie: Meine Frau darf ohne mich nicht das Haus verlas­sen! – Das ist für mich schon noch einmal intensiver, sage ich jetzt einmal.
Und, um die Fakten beim Namen zu nennen, es gibt unter den Männern, die morden, auch einen überproportionalen Anteil an Männern mit Migra­tionshintergrund.

Es ist also so ein Sammelsurium an unterschiedlichen Fakten.

Wenn Sie mich jetzt fragen, wie wir gegen patriarchale Rollenbilder vorgehen und was wir da konkret tun, dann kann ich Ihnen unterschiedliche Maßnahmen nennen: Zum einen hat der Sozialminister, der auch beim Gewaltschutzgip­fel anwesend war, gerade eine Kampagne gegen Männergewalt angekündigt, die dieses patriarchale Rollenbild adressiert, die zur Bewusstmachung dienen soll.


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Außerdem haben wir seit letztem Jahr auch das verpflichtende Antige­walttraining für jene Männer, die bereits ein Betretungsverbot erhalten haben. Im Integrationsbereich gibt es ganz viele Maßnahmen, beispielsweise schon
in den Schulen: Da haben wir das Projekt Heroes breit ausgerollt, bei dem eben Männer aus den Communities mit den Jugendlichen in den Schulen in der
Klasse sprechen, zum Beispiel über die Frage: Wie ist denn das Mädchen- und Frauenbild in eurer Community, in eurer Familie?

Da braucht es einfach einen gesamtgesellschaftlichen Zugang, das ist keine frauenpolitische Aufgabe allein. Ich will die Frauen adressieren und die Frauen unterstützen, und daher gibt es unterschiedliche Maßnahmen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.


Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Ich frage noch einmal nach, denn patriarchale Rollenbilder haben ja keinen Pass, das ist etwas sehr Univer­selles. Deshalb noch einmal: Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie, damit es gar nicht so weit kommt?

Sie haben jetzt von Maßnahmen gesprochen, die dann gesetzt werden, wenn Gewalt passiert, aber was tun wir im Bereich der Prävention, damit es gar nicht so weit kommt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir haben uns innerhalb der Bundesre­gierung darauf verständigt, dass ich als Frauenministerin insbesondere ein Investment in die Frauen tätige und der Sozialminister diesbezüglich schon früher, in der Prävention, auf einer bewusstseinsbildenden Ebene tätig ist. Wir haben auch beim letzten Gewaltschutzgipfel klar gemacht, dass der Herr So­zialminister das patriarchale Männerbild adressiert und da auch die Männer­gewalt in einem präventiven Stadium.


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Ich möchte gerne das Geld, das wir im Frauenministerium zur Verfügung haben, zentral dafür einsetzen, dass wir die Frauen unterstützen, für die Frauen
eine breite Struktur haben, wenn sie Hilfe brauchen. Das sehe ich als den Schwer­punkt im Frauenministerium.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Lindner. – Bitte.


Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Männer- und Burschenberatungsstellen in Österreich leisten schon jetzt enorm wichtige Arbeit zu Sensibilisierung und Gewaltprävention, aber es kann
nicht sein, dass sie sich von Projektförderung zu Projektförderung hanteln müs­sen. Warum lehnen Sie eine bundesweite Basisfinanzierung für flächende­ckende Angebote der präventiven Burschen- und Männerarbeit in allen Regio­nen noch immer ab?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Nein, Herr Abgeordneter Lindner, das ist ähnlich zu dem, wie ich es jetzt gerade der Frau Kollegin erklärt habe: Die Männereinrichtungen werden primär aus dem Sozialressort finanziert. Wir unter­stützen natürlich auch Beratungsstellen, wo auch Männer hingehen können, aber primär sind es Frauen- und Mädchenberatungsstellen, die wir unter­stützen – 171 Frauen- und Mädchenberatungsstellen, auch Familienberatungs­stellen, wo dann natürlich auch Männer hingehen, aber die Männereinrich­tungen werden aus dem Sozialressort finanziert. Es gibt dort auch eine eigene Abteilung für Männerpolitik sozusagen, wo es eben auch diese Finanzierung gibt. Ich nehme auch gerne Ihr Anliegen zum Sozialminister mit.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte.



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Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Minister! Ja, leider sind in Österreich immer wieder Frauen
und Mädchen von Gewalt betroffen, und in vielen Fällen handelt es sich dabei um Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund. Es ist daher von
großer Bedeutung, dass vor allem diese Frauen gefördert und unterstützt wer­den, um eben ein sicheres und selbstbestimmtes Leben führen zu kön­nen. Das gilt natürlich vor allem am Arbeitsmarkt, aber auch im sozialen Umfeld.

Welche Schritte, Frau Minister, setzen Sie für diese Frauen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, ich will, dass jede Frau ein selbstbestimmtes Leben führen kann, egal ob sie Migrationshintergrund hat oder nicht – daher auch dieser Schwerpunkt. Die Beratungsmaßnahmen werden ausgebaut, im Österreichischen Integrationsfonds gibt es ein eigenes Frauenzen­trum, das in diesem Jahr eröffnet wurde, es gibt eine neue Schulbesuchs­offensive von Integrationsbotschafter:innen mit dem Schwerpunkt Stärkung von Mädchen in den Schulen.

Es gibt auch konkrete Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt im Kontext von Integration: Es sind ja neue Formen von Gewalt wie Zwangsehe, weibliche Genitalverstümmelung, und wir haben eine Koordinationsstelle geschaffen, damit es in ganz Österreich auch Ansprechstellen für jene gibt, die von dieser brutalen Gewalt betroffen sind. Wir haben Projektförderungen
des BKA mit Frauenschwerpunkt – 40 Projekte im Jahr 2022 mit rund 3,52 Mil­lionen Euro Fördermittel.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.


Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Minister, Sie haben nun auch selbst schon erkannt, dass patriarchale Rollenbilder, die meist – importiert – aus


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fremden Kulturen stammen, die Hauptursache für Gewalt gegen Frauen sind. 40 Prozent Täter mit Migrationshintergrund sind, im Vergleich zum Anteil
an der Gesamtbevölkerung, überrepräsentiert.

Welche konkreten Maßnahmen werden jetzt Ihrerseits unternommen,
um Frauen vor dieser importierten Gewalt besser nachhaltig zu schützen und
zu unterstützen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, man kann an unter­schiedlichen Ebenen ansetzen: ganz früh bereits bei den jungen Burschen, also in der Prävention, wenn man so will. Da haben wir aus dem Integrationsbereich eben ganz zentral diese Projekte im Schulbereich, die ich vorhin genannt habe, Heroesprojekte, in denen Männer in den Communities mit den Jugendli­chen darüber sprechen und versuchen, ihr Bewusstsein dahin gehend zu schärfen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn sie den Mädchen sagen, was sie anziehen sollen und dass sie ein Kopftuch tragen müssen. – Das ist der präventive Ansatz, der ganz zentral ist.

Der zweite Ansatz ist, dass wir mit all jenen arbeiten, die nach Österreich kommen. Auch da haben wir im Integrationsbereich verpflichtende Integrations­maßnahmen wie die Wertekurse, in denen die Gleichberechtigung ein ganz wichtiges Element ist.

Der dritte Ansatz ist, wie ich finde, ein sicherheitspolizeilicher Aspekt. Überall dort, wo die sicherheitspolizeilichen und die strafgesetzlichen roten Linien überschritten werden, ist es eine Aufgabe des Innenministeriums, daher gibt es da auch eine zentrale Zusammenarbeit.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.


09.35.57


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 61

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Wir haben es jetzt schon in Ihren Anfragebeantwortungen ein Stück weit gehört: Der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ist Ihnen ein ganz, ganz großes Anliegen. Es ist Ihnen ja als Ministerin auch gelungen, das Budget für den Gewaltschutz laufend zu erhöhen und vor allem auch eine bes­sere Zusammenarbeit zwischen den Ministerien beim Thema Gewaltschutz zu erreichen.

Ja, der Gewaltschutz beansprucht einen Großteil der Ressourcen in Ihrem Ressort, und Sie haben jetzt schon ein bisschen ausgeführt, wofür Sie diese ver­wenden. Welche Maßnahmen setzt Ihr Ressort, außerhalb der Beispiele, die Sie jetzt genannt haben, noch im Gewaltschutz von Frauen und Mädchen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 226/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen setzt Ihr Ressort gegen Gewalt an Frauen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich möchte noch einmal auf den Gewaltschutzgipfel, der vor Kurzem stattfand, hinweisen. Das hat es bisher noch nie gegeben, dass die Justizministerin, der Innenminister, der Sozial­minister und die Frauenministerin gemeinsam eine solch enge Zusammenarbeit im Bereich des Gewaltschutzes haben. Das ist, glaube ich, auch ein Schlüs­sel dafür.

Nichtdestotrotz braucht es auch Ressourcen, deshalb haben wir ja auch die finanziellen Mittel umfassend aufgestockt. Wir haben die Sicherstellung der um rund 50 Prozent erhöhten Mittel für die Gewaltschutzzentren – diese Mittel


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sind also um rund 50 Prozent erhöht worden –, wir haben auch die Mit­tel für Frauen- und Mädchenberatungsstellen erhöht. Wir widmen uns neuen Formen von Gewalt wie Cybergewalt in Paarbeziehungen oder Ex-Bezie­hungen – das ist etwas, mit dem wir in den letzten Jahrzehnten noch nicht so zu tun gehabt haben, sage ich einmal. Wir haben nunmehr auch die Frauen­helpline schwerpunktmäßig ausgebaut und neue Projekte geschaffen, beispielsweise Frauenberatungsstellen bei sexueller Gewalt in allen neun Bun­desländern.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Keine.

Dann darf Frau Ecker gleich eine Zusatzfrage stellen. – Bitte.


Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Minister, Sie waren beim Gewaltschutzgipfel nicht nur als Frauenministerin anwesend, sondern quasi in Personalunion auch als Integrationsministerin, und auch die Problemstellung über den Import von Gewalt aus islamischen Kulturen ist aufgrund der Daten­lage bekannt.

Welche konkreten Maßnahmen gibt es in Ihrem Ressort beziehungsweise eben auch in Ihrer Zuständigkeit als Integrationsministerin insbesondere in Bezug
auf die Rolle der Islamisierung in Österreich?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass man unterscheidet zwischen dem Islam als Religion, der ja auch eine aner­kannte Religionsgemeinschaft in Österreich ist, und dem, was unter politischem Islam oder natürlich auch Extremismus verstanden wird, nämlich überall dort, wo der Islam auch für die negative Umstrukturierung unserer Gesellschaft verwendet und missbraucht wird.


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Ich habe diesbezüglich bereits vor zwei Wochen eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ausgerollt, und es waren auch Ministerkolleginnen
und -kollegen aus anderen Ländern hier. Wir haben uns genau darüber unterhal­ten, wie wir gemeinsam in diesen schwierigen Fällen, in denen oft noch kein Sicherheitsverstoß vorliegt, Bewusstsein bilden können. Die zentrale Maßnahme, die wir daraus abgeleitet haben, war die wissenschaftliche Zusam­menarbeit im Bereich des politischen Islams auch über die Grenzen hinweg. Man sieht sich also an, welche Organisationen das sind, die aus dem Ausland Werte, die wir nicht haben wollen, nach Österreich und nach Europa
tragen. Daher gibt es diesbezüglich enge Kooperationen, beispielsweise publi­ziert die Dokumentationsstelle politischer Islam immer wieder wissen­schaftliche Arbeiten, wie zuletzt auch vergangene Woche, anhand derer man sieht, dass es Einrichtungen gibt, in denen wir Nachschau halten müssen, ob dort auch die europäischen Werte vertreten werden. Wenn nicht, müssen wir selbstverständlich Verfahren einleiten, um dagegen vorzugehen. Das tun wir auf unterschiedlichen Ebenen: im Schulbereich, das habe ich schon gesagt, im Bereich des Kultusamtes und im Bereich der wissenschaftlichen Zusam­menarbeit.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr.


Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Weihnachtszeit steht vor der Tür. Das ist eine Zeit, in der es ein besonders hohes Risiko für Gewalt in der eigenen Familie gibt. Gewalt an Frauen be­deutet oft auch Gewalt an Kindern, weil sie stille Zeugen und Zeuginnen sind. Allein dieses Jahr sind in Tirol 196 Kinder direkt Opfer von häuslicher Ge­walt geworden, 870 Kinder indirekt. Wir wissen, dass das, wenn Kinder in einem Umfeld von Angst und Schmerzen aufwachsen, tiefe Narben an Körper und Seele hinterlässt. Daher meine Frage: Welche Maßnahmen zur Gewalt­prävention setzen Sie in Ihrem Ressort?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister, bitte.



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Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube auch, dass wir, gerade wenn wir von häuslicher Gewalt sprechen, immer auch die Kinder mit beden­ken müssen. Das ist ganz wichtig, das haben wir auch beim Gewaltschutzgipfel herausgearbeitet. Deshalb hat beispielsweise der Innenminister auch spezielle Schulungen dafür vorgesehen, wie man mit Kindern umgeht, wenn Polizistinnen und Polizisten in eine Situation kommen, in der sie auf häusliche Gewalt treffen und die Kinder da zusehen oder gar selbst Opfer werden.

Wir haben die Familienberatungsstellen in meinem Bereich finanziell aufgestockt, die ganz zentral für die Adressierung der Kinder sind, weil dort meistens die Mütter mit den Kindern hinkommen. Wir haben auch eine finanzielle Aufstockung im Bereich des Kinderschutzes geplant beziehungsweise im Budget veranschlagt, das ist auch wichtig.

Ich möchte auch auf den neuen Eltern-Kind-Pass verweisen. Ich glaube, da ist uns etwas Gutes gelungen, weil wir mit der Novelle der gesetzlichen Bestimmungen betreffend den Eltern-Kind-Pass auch eine sogenannte Familien­beratung vorgesehen haben, in deren Rahmen man auch solche Themen besprechen kann, damit es nicht in einer schwierigen Situation, etwa wenn man das erste Kind kriegt, zu Konflikten kommt – also auch eine Präventions­maßnahme, von der ich sehr überzeugt bin.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Wimmer. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


09.42.18

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Derzeit wird ja eine Familienrechtsreform im Justizministerium ausgearbeitet,
es gibt einigen Reformbedarf bei der Väterbeteiligung, bei der Aufteilung der Verantwortung auf beide Elternteile, bei der Verkürzung von Verfahren, Kinderschutz, Gewaltschutz und so weiter.


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Welche Eckpunkte sind für Sie als Familienministerin bei der geplanten Familienrechtsreform jedenfalls notwendig, welche müssen umgesetzt sein?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 230/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Eckpunkte müssen Ihrer Ansicht nach in der geplanten Familienrechtsreform jedenfalls umgesetzt sein?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sie wissen ja, dass mir der Entwurf vom Justizministerium noch nicht vorliegt, deshalb kann ich da inhaltlich noch
nicht viel Auskunft geben, aber Sie haben gewisse Elemente schon genannt.

Also was ist mir wichtig? – Ich will auf jeden Fall eine Modernisierung und Vereinfachung des Unterhaltsrechts. Mir ist wichtig, dass wir auch den Aspekt der Stärkung der Väterbeteiligung mit bedenken. Es ist wichtig, dass wir,
wenn Frauen in schwierigen Gewaltsituationen sind, auch diese Ebene mit be­denken. Da gibt es sozusagen generelle Anforderungen, und dann gibt es spezifische Lebensbereiche, zum Beispiel wenn Frauen von Gewalt betroffen sind.

Ich glaube, das Allerwichtigste ist, dass wir bei der Reform des Kindschaftsrechts das Kind und das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellen und da noch einmal rechtlich nachschärfen. Deshalb werde ich den Entwurf unter diesem Aspekt be­gutachten: Ist das Kindeswohl überall gewahrt?

Selbstverständlich müssen wir auch schauen, wo noch wichtige Maßnahmen zur Stärkung der Gleichberechtigung innerhalb der Familie gesetzt werden müs­sen und wo wir auf die Frauen besonders Rücksicht nehmen müssen.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Sie haben den Unterhalt angesprochen, das ist ja eine wichtige Maßnahme, um auch die Existenz zu sichern. Die Unterhaltsgarantie ist uns besonders wichtig und wurde 2017 auch von allen Parteien positiv bewertet. Gibt es im Hinblick auf die Unterhaltsgarantie
eine Bewegung? Wie stehen Sie dazu?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Nein, wir haben den Unterhaltsvorschuss als bewährtes Instrument, der viel von dem, was Sie sagen, abdeckt. Eine Unterhaltsgarantie ist eine Sozialleistung, die aus dem Sozialministerium heraus zu finanzieren wäre, eine Sozialleistung, bei der ganz zentral auch schon viel durch die Mindestsicherung abgedeckt ist, weil wir ja auch spezielle Beiträge haben. Bei Familien mit Kindern steigt ja auch die Mindestsicherung. Das heißt, das müsste man sich dahin gehend auch ansehen.

Wir werden uns darauf committen, dass wir den Unterhaltsvorschuss leichter zugänglich machen, ähnlich wie es in der Coronapandemie war. Ich denke, da haben wir uns gut weiterentwickelt, und das sollten wir auch künftig in ein Gesetz gießen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Amesbauer. – Bitte sehr.


09.45.15

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Frau Bundesministerin, Sie haben ja vor einigen Tagen in Wien eine internationale Konferenz gegen Islamismus mit Regierungsvertretern aus Griechenland, Belgien und Frankreich abgehalten. Dem Vernehmen nach waren da rund 150 Personen dabei, darunter auch hochkarätige Experten auf
den Gebieten Extremismus und Islamismus.


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Ich finde das grundsätzlich natürlich begrüßenswert, wir wissen ja aus den Berichten des Verfassungsschutzes, dass der Islamismus nach wie vor die größte Gefährdung der Sicherheit in Österreich darstellt. Wie Sie richtig gesagt
haben, sind der politische Islam und diese radikalen Tendenzen auch für die In­tegrationsbemühungen nicht gerade förderlich.

Sie haben auch gesagt, Österreich sei ein Kompetenzort im Kampf gegen den politischen Islam. Könnten Sie vielleicht ein bissel erläutern, was Sie da­mit gemeint haben? Die konkrete Frage von mir an Sie, Frau Ministerin, lautet:

217/M

„Welche konkreten Maßnahmen für die Integration Fremder in Österreich haben Sie aus der von Ihnen veranstalteten internationalen Konferenz gegen Extre­mismus, vor dem Hintergrund der Migranten-Ausschreitungen in Linz, abgeleitet?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, darüber könnte man jetzt sehr lange sprechen, das ist ein ganz breites Feld. Vielleicht folgende Gedanken dazu: Ich bin davon überzeugt, dass Wien als Kompetenzort etabliert wurde. Wir ha­ben jetzt schon zum zweiten Mal dieses Vienna Forum abgehalten und ha­ben im letzten Jahr gesehen, dass sich immer mehr Länder beteiligt haben, weil immer mehr Länder hinsichtlich Extremismus auf keinem Auge blind sein wollen. Es ist nicht so, dass das die einzige Gefahr ist, wir haben Extremismus in unterschiedlichen Bereichen, aber wir müssen auch einfach die Fakten beim Namen nennen und uns eben diesem Bereich widmen.

Wir haben mittlerweile elf Partner in Europa, mit denen wir daran arbeiten, Segregation und Radikalisierung den Nährboden zu entziehen. Wir ha­ben folgende Maßnahmen definiert: zum einen die verstärkte wissenschaftliche


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Zusammenarbeit, die Beobachtung von Organisationen, die wir in Öster­reich haben, auch durch die Dokumentationsstelle politischer Islam. Diese ist ja über die Grenzen hinaus tätig. Das heißt, in diesem Bereich werden wir mit den elf Partnern in Europa die wissenschaftliche Zusammenarbeit stärken. Ös­terreich ist da vielfach schon ein Vorbild. Ja, auch unsere verpflichtenden Integrationsmaßnahmen sind im Gespräch gewesen. Das haben nicht alle Länder, sondern das haben die wenigsten, daher haben wir das auch präsentiert.

Zu solchen Ausschreitungen wie in Linz ist zu sagen: Klar ist, dass man Integration nicht erzwingen kann. Wir stellen ein breites Angebot zur Verfügung, das ist wichtig, das ist ein Investment in die Integration, aber es braucht auch den Willen der Menschen, sich an unsere Regeln zu halten. Wenn das nicht der Fall ist, dann bin ich für die schärfsten Maßnahmen, die das Recht bietet,
dann bin ich auch dafür, dass wir die strafrechtlichen Konsequenzen ziehen und schauen, in welchen Fällen wir Asyl aberkennen und Außerlandesbringungen vornehmen können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Danke, Frau Ministerin! Vor allem beim letzten Teil Ihrer Ausführungen bin ich voll und ganz auf Ihrer
Seite: Integration kann man nicht erzwingen, und wenn es zu Situationen wie in Linz kommt, dann muss man auch Konsequenzen ziehen. Meine Zusatzfrage
passt da recht gut dazu.

Vor wenigen Tagen hat Innenminister Karner gesagt, er will auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien prüfen. Das ist eine Forderung, die wir schon
lange stellen. Gestern erst hat Frau Ministerin Edtstadler gesagt, sie will die eu­ropäischen Außengrenzen mit Zäunen und Mauern schützen. Das ist eine Idee, die mir äußerst sympathisch ist, weil die Festung Europa meine Idealvor­stellung von Europa ist. Jetzt ist meine Frage: Unterstützen Sie die Forde­rungen Ihrer Regierungskollegen, Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien


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durchzuführen und Zäune und Mauern an den europäischen Außengrenzen zu errichten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube aus Integrationssicht, dass Integration nur dann gelingt, wenn auch die Zahl jener, die zu uns kommen, für alle unsere Systeme machbar und verkraftbar ist. Das ist meine Sicht durch die Integrationsbrille. Daher bin ich dafür, dass wir dort helfen, wo Hilfe notwendig ist – etwa bei den kriegsvertriebenen Ukrainerinnen und Ukrai­nern, wo wir viel tun –, aber selbstverständlich auch den Kampf gegen illegale Migration führen. Daher bin ich froh, dass nun auf europäischer Ebene endlich viel in Gang gekommen ist. Wir haben auch fünf Punkte, die uns wichtig sind, der Europäischen Kommission vorgelegt, und wir werden nun sehen, wie sich die Debatte in den nächsten Wochen entwickelt.

Ich bin froh, dass der Innenminister und der Kanzler da auch so viel in der Entwicklung dieser Debatte geschafft haben – aber nicht nur in der Entwicklung der Debatte, sondern beispielsweise hat die Rücknahme der Visaliberalisie­rung in Serbien, was Indien betrifft, die Zahl an indischen Asylwerbern bei uns in Österreich schon massiv nach unten gebracht. Das sind faktisch die richtigen Maßnahmen, aber wir brauchen die Europäische Union da als Einheit im Kampf gegen illegale Migration.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.


Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Frau Bundesminis­terin! (Bundesministerin Raab: Guten Morgen!) Ich glaube, wir sind uns einig – wir haben das ja auch schon öfter diskutiert –, dass Radikalisierung, insbeson­dere von jungen Burschen, toxisch für die Integration ist.


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Frau Bundesministerin, seit Ihrem Amtsantritt lautet unsere Kritik, dass Sie einerseits zu viel Aktivität zeigen, wenn es um Showpolitik und um Pauschalverdächtigung geht – Stichwort die Islamlandkarte, mit der alle Mus­liminnen und Muslime unter Generalverdacht gestellt wurden –, aber zu wenig Aktivität, wenn es um tatsächliche Problembekämpfung geht.

Sie hätten in uns nämlich Verbündete, wenn Sie Radikalisierung wirklich den Kampf ansagen würden, wenn Sie Extremismus im Keim ersticken wollten. Für uns ist ganz klar: Die Demokratie muss wehrhaft gegen ihre Feinde sein, es
muss gelten: keine Toleranz für die Intoleranz. Deswegen ist es beispielsweise unbegreiflich, dass die islamistischen Moscheen, in denen der Attentäter
von Wien radikalisiert wurde, immer noch die Tore offen haben.

Deswegen meine Frage: Könnten Sie bitte ganz konkret drei gesetzliche sowie drei budgetäre Maßnahmen nennen, die Sie in Ihrer Amtszeit gegen inte­grationshemmende Radikalisierung getroffen haben?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Also zum einen: Wir brauchen die Präven­tionsebene im Integrationsbereich. Die konkrete Maßnahme, die ich da im letzten Jahr getroffen habe, war, dass wir die verpflichtenden Integrationsmaß­nahmen für all jene, die kommen, in diesem sensiblen Bereich – im Kampf gegen Antisemitismus, gegen Extremismus, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und im Wertebereich – ausgebaut haben, verdreifacht haben. Wir haben die Dauer der Wertekurse in Österreich von acht auf 24 Stunden verdreifacht, um dort konkret noch einmal verpflichtend für alle – bei sonstiger Kürzung der Sozialleistungen – auch über diese The­men zu sprechen.


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Wie ich aber vorhin schon gesagt habe: Es braucht halt natürlich auch den Willen, da sozusagen mitzumachen im Sinne dessen, sich dann auch mit unseren Werten laufend auseinanderzusetzen. Der Kurs ist ja nur eine Startmaßnahme.

Zum Zweiten: Wir haben beispielsweise auch das Budget im Bereich der Sektenstelle erhöht. Die Sektenstelle wird jetzt ausgebaut, bringt auch Berichte im Bereich des Extremismus heraus, es gibt neue Schnittstellen, nämlich
gerade da, wo auch Verschwörungstheorien mit hineinkommen – das ist ja oft so ein Sammelsurium aus unterschiedlichen Gemengelagen.

Der dritte Punkt ist – das habe ich vorhin schon gesagt –: Ich denke, wir müssen bei den Jugendlichen auch in die Prävention kommen, und das machen wir
über Schulprojekte, betreffend die ich mich darüber freue, dass wir flächende­ckend Integrationsprogramme gegen eher kulturelle Gewalt, die ja auch
sehr oft über diese Strömungen getriggert wird, in die Schulen bekommen. Da danke ich auch dem Bildungsminister, dass das möglich ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Gödl. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Ministerin, ich möchte beim Thema Extremismus anknüpfen. Sie haben bei der vorigen Frage auch schon
das Thema politischer Islam angesprochen. Der politische Islam ist ja eine Herr­schaftsideologie, deren Werte im krassen Widerspruch zu den Menschen­rechten und auch zu unseren Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaates stehen.

Daher möchte ich jetzt die Frage an Sie richten: Wie zeigt sich das Problem des politischen Islams in Österreich, und was tut die Bundesregierung konkret dagegen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau


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Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, wie gesagt ist mir wichtig, dass wir wirklich unterscheiden zwischen jenen, die friedlich im Einklang mit der Religion leben, und jenen, von denen die Religion missbraucht wird – das ist ja auch eine Gefahr für jene Muslime, die friedlich im Einklang mit den Wer­ten in unserem Land leben. Es ist mir wichtig, dass wir in der Prävention alle schützen wollen und sie sich nicht gegen eine Religion richtet, sondern ge­gen Extremismus.

Was tun wir? – Wir haben die Dokumentationsstelle politischer Islam etabliert, die auch mit dem Verfassungsschutz zusammenwirkt. Wir haben auch die Novellierung des Islamgesetzes durchgeführt – das passt vielleicht auch noch zur Frage von Abgeordneten Shetty –, mit dem wir die konsequente Durchset­zung des Auslandsfinanzierungsverbots noch einmal nachgeschärft haben, mit dem wir auch die Maßnahmen gegen radikale Imame, nämlich eine Art Ima­meverzeichnis, ausgerollt haben. Es gibt eine neue Studie zu Extremismus in Ös­terreich durch Professor Peter Neumann in Zusammenarbeit mit österrei­chischen Expert:innen, und es gibt eben die vertiefende kontinuierliche europäi­sche Allianz in Zusammenarbeit und im Rahmen des Vienna Forum – also
like-minded Gruppen –, damit wir identifizieren, wie die Strömungen nach Euro­pa kommen und wo wir Gemeinsamkeiten haben, damit wir sie in Europa zurückdrängen und nicht nur in Österreich.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr.


09.54.58

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! ORF – wir müssen ja sicherstellen, dass dieser ein
neues Finanzierungsmodell kriegt, aber ein anderer Bereich ist: Als Argument gegen eine Gremienreform im ORF verweisen Sie immer wieder darauf,
dass das nicht im Regierungsprogramm steht oder es dort nicht vorgesehen ist. Inhaltlich ist das aber kein Argument, und daher würde mich interessieren:


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235/M

„Was ist Ihr inhaltliches Argument, den ORF nicht endlich durch eine Gremienreform dem parteipolitischen Einfluss zu entziehen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, zum einen ist es wichtig, dass wir auch in diesem Zusammenhang auf die Aussagen der Journalistinnen und Journalisten im ORF verweisen, weil oft über diese Debatte dann so der Eindruck entsteht, als würde auf die Journalistinnen und Journalisten
im ORF irgendwo politischer Druck ausgeübt. – Das ist überhaupt nicht meine Ansicht und auch nicht jene der Journalistinnen und Journalisten im ORF,
die sagen, sie können unabhängig arbeiten – und ich glaube, das sieht man auch am Output und am Content des ORF.

Ich denke auch, dass die gesetzliche Grundlage und die entsprechenden Bestellungsvorgänge – die im Übrigen auf einer breiten parlamentarischen Mehrheit beruhen – über mehrere Jahre und Jahrzehnte von fast allen Parlamentsparteien in diesem Haus beschlossen wurden. Dieses mehrschichtige System, in dem sich die repräsentative Demokratie und auch die Zivilge­sellschaft sowie das föderalistische Prinzip unserer Bundesverfassung und auch die Repräsentation der Selbstverwaltung abbilden, ist ein System, das sich meines Erachtens über die letzten Jahre vernünftig entwickelt hat.

Ich glaube, dass unser Fokus im ORF jetzt – wie du, liebe Frau Abgeordnete, auch gesagt hast – auf ganz großen Herausforderungen liegt, nämlich
auf der Finanzierung aufgrund des VfGH-Erkenntnisses und eben darauf, dass der ORF Menschen auch künftig über digitale Kanäle gut erreichen kann und diesen Trend auch mitgehen kann.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau


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Abgeordnete.


Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Zu einem anderen Bereich
der Medien: Was ist geplant, damit Medien, die antisemitische, rassistische Inhalte, Russlandpropaganda oder Fakenews verbreiten, insgesamt aus
der heimischen Medienförderung kein Steuergeld erhalten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir haben ja auch in dem in Begutachtung befindlichen Gesetzentwurf zur neuen Qualitätsjournalismus­förderung rote Linien definiert. Ich glaube, es ist natürlich immer sehr sensibel, wenn man in den Inhalt hineingeht, denn dann sind auch immer das Recht auf Meinungsäußerung und das Recht auf Pressefreiheit tangiert.
Da ist es wichtig, dass die roten Linien auch überall dort definiert sind, wo es selbstverständlich eine strafrechtliche Verantwortung gibt, und meines Erachtens ist es so, dass es, wenn wir in die Qualität des Journalismus und in die Journalistinnen und Journalisten selbst investieren – was wir mit dem neuen Gesetz tun –, dann insgesamt ein guter Garant dafür ist, dass es keine Fakenews gibt, sondern dass sich qualitätsvoller Journalismus durchsetzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.


Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sie haben jetzt sehr wortreich gesagt, warum das, was Expertinnen und Experten seit Langem fordern, nämlich eine Entpolitisierung der Gremien, in Ihrem Plan nicht vorgesehen ist. Ich verweise da auf den European Media Freedom Act, einen Entwurf der Kommis­sion, in dem auch genau das gefordert wird, nämlich professionell agieren­de Gremien ohne politischen Einfluss.

Meine Frage betrifft aber die Finanzierung des ORF. Der Verfassungsgerichtshof hat ja auf Betreiben des ORF den gebührenfreien Empfang über das Internet
als verfassungswidrig befunden, und die Folge ist, dass sich die Bundesregierung


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nun eine neue Form der ORF-Finanzierung überlegen muss. Da stehen drei Varianten im Raum: eine erweiterte GIS-Gebühr, eine Haushaltsabgabe
oder eine Budgetfinanzierung. Gleichzeitig drängt aber auch die Zeit: Mit 1.1.2024 muss der ORF zwingend ein neues Finanzierungsmodell haben. Man hört auch aus dem ORF und auch von vielen Expertinnen und Experten,
dass dringend – spätestens bis Ende März – eine Finanzierung vorliegen muss, damit sie auch implementiert werden kann.

Daher meine Frage: Wie ist da der Stand der Dinge? Welche Finanzierungsform präferieren Sie? Wird es dazu auch eine breite parlamentarische Debatte
geben, obwohl sich das ja zeitlich sehr schwer ausgehen wird?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Also Sie können sich sicher sein, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten, dass wir ein vernünftiges Modell entwickeln. Es gibt die drei Varianten, die Sie genannt haben: die Budgetfinanzierung, die Haushaltsabgabe und die Erweiterung auf die neuen, GIS-pflichti­gen Streaminggeräte. Alle Varianten sind derzeit in Prüfung, werden derzeit auch mit dem Koalitionspartner besprochen, und selbstverständlich sind wir auch mit dem ORF in ganz engem Kontakt, damit wir dem VfGH-Erkenntnis ge­recht werden.

Faktum ist: Die Deadline, die der Verfassungsgerichtshof gegeben hat, ist Ende nächsten Jahres.

Selbstverständlich werden wir aber sicherstellen, dass der ORF auch weiter wirtschaften kann, und werden in unserer Koalition, wie es auch Usus ist, gemeinsam ein vernünftiges Modell unter der Prämisse, dass die Menschen auch künftig mehr entlastet werden, erarbeiten. Es ist mir in Zeiten wie diesen
wichtig, dass wir besonders darauf schauen, dass die Menschen auch etwas da­von haben und entlastet sind.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 76

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Bernhard. – Bitte sehr.


10.00.27

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Guten Morgen, Frau Ministerin! Das Kinderbetreuungsgeld ist ohne Frage eine der wichtigsten Familienleistun­gen, die wir haben, gerade für Jungfamilien. Es ist so, dass ja einerseits bereits eine neue EU-Richtlinie vorliegt, die klare Regelungen vorsieht, wie bei­spielsweise, dass beide Elternteile nicht übertragbare Anteile beim Kinderbetreu­ungsgeld haben sollen, dass andererseits 2024 aber auch – das wissen wir heute auch schon – die Geldleistungen entsprechend angepasst werden sollen. Da ist in Bezug auf das Kinderbetreuungsgeld – das ist ganz wesentlich –
auch nicht vorgesehen, was es in Österreich gibt: dass Elternteile gleichzeitig dieses Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen können, also dass
Mutter und Vater oder beide Elternteile zugleich beim Kind zu Hause sind.

Meine konkrete Frage ist:

233/M

„Welche konkreten Maßnahmen sind aus Ihrem Ressort angedacht die
EU Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie angemessen umzusetzen und bis wann können wir mit einer Vorlage rechnen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Unsere Einschätzung ist etwas anders als Ihre, Herr Abgeordneter. Unser Haus hat sich das sehr genau angesehen:
Das jetzige österreichische Modell im Bereich des Leistungsrechts – ich rede nicht vom Arbeitsrecht, sondern vom Bereich des Leistungsrechts, also Kinderbetreuungsgeld – geht eigentlich über die Anforderungen der
EU-Richtlinie hinaus.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 77

Gerne können wir uns noch einmal zusammensetzen und das, was Sie jetzt gesagt haben, noch einmal fachlich und inhaltlich prüfen. Wir sehen
einen Handlungsbedarf im Bereich der arbeitsrechtlichen Karenzthematik. Daran arbeitet auch der Arbeitsminister, und er wird das sicherlich – natürlich in Absprache mit mir und im Rahmen der koalitionären Abstimmungen – zeitnah vorlegen. Da liegt aber die Zuständigkeit eben beim BMAW. Im Bereich
des Kinderbetreuungsgeldes und des Familienzeitbonus sehen wir keinen Anpassungsbedarf an die Richtlinie.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Ministerin, unterschiedlicher Meinung waren wir ja auch bei der indexierten Familienbeihilfe, und ich
habe dann am Ende des Tages glücklicherweise Recht behalten.

Ich möchte aber beim Kinderbetreuungsgeld bleiben: Selbst wenn Sie bei der Richtlinie jetzt keinen Umsetzungsbedarf sehen – Themen einer modernen Familie, wie dass beide Elternteile gemeinsam, aber natürlich kürzer zu Hause bleiben können oder auch dass die Modelle so unkompliziert sind, dass
man keine Familienberatungsleistung staatlich finanzieren muss, um die Leistung richtig zu erklären, zeigen ja, dass es einen grundsätzlichen Handlungsbedarf
gibt.

Teilen Sie diese Einschätzung und haben Sie grundsätzlich, unabhängig von der Richtlinie, vor, das Kinderbetreuungsgeld in irgendeiner Form anzupassen,
zu modernisieren, zu reformieren?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sie sehen ja, dass ich laufend
auch Schritte setze, um Erleichterungen beim Kinderbetreuungsgeld vorzuneh­men. Grundsätzlich möchte ich also nur sagen, dass – das zeigt auch der


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letztjährige Familienbericht – die Familien grundsätzlich mit dem Kinderbetreu­ungsgeld zufrieden sind. Ja, es gibt viele verschiedene Varianten, was be­dingt, dass das System insgesamt ein bisschen komplex ist – da gebe ich Ihnen recht –, aber durch diese unterschiedlichen Varianten werden halt auch alle Familienkonstellationen irgendwie gut abgedeckt. Das ist die Rückmeldung aus den Zahlen über die Familien.

Wir haben ja gerade auch Reformen des Kinderbetreuungsgelds, des Familien­zeitbonus und so weiter auf den Weg gebracht, wobei Sie uns ja auch teil­weise – vielen Dank dafür – unterstützt haben. Ich bin immer bereit, dass wir Nachschau halten, wo wir moderner und flexibler werden können. Zwei
kleinere Reformen haben wir ja jetzt auf den Weg gebracht. Ich bin gerne auch offen für Ihre Anregungen für die Zukunft, wo wir da noch besser werden können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Disoski. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Frage von Kollegen Bernhard bezog sich ja auf die EU-Richtlinie zur Ver­einbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben in der letzten Gleichbehandlungs­ausschusssitzung den Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft debattiert, den wir auch später noch im Plenum behandeln werden. Da sind fünf Forderungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft gelistet. Diese Umsetzung
der EU-Richtlinie ist eine Forderung, weitere Forderungen sind unter anderem auch das Verbandsklagerecht, eine bessere personelle Aufstockung der Gleichbehandlungsanwaltschaft, auch das Levelling-up.

Wir Grüne unterstützen alle Forderungen, die die Gleichbehandlungsanwalt­schaft in diesem Bericht erhebt. Gemeinsam haben wir schon einiges geschafft, insbesondere bei der Aufstockung der Planstellen für die Gleichbehand­lungsanwaltschaft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 79

Ich will Sie aber gerne fragen, Frau Ministerin: Die langjährigste und wichtigste Forderung der Gleichbehandlungsanwaltschaft ist das Levelling-up. Was
planen Sie denn da, um diese Forderung möglichst rasch und bundesweit umzu­setzen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich bin immer in ganz engem Kontakt mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Gleichbehandlungskommission. Ich habe deren Mittel jetzt auch personell und finanziell aufgestockt, weil ich de­ren Arbeit sehr schätze. Selbstverständlich prüfen wir immer auch die Vor­schläge, die in diesem Bereich natürlich sehr zentral im Bereich des Arbeits- und Wirtschaftsministers liegen, der ja letztens im Gleichbehandlungsausschuss auch Stellung dazu bezogen hat.

Es gibt auch auf EU-Ebene dahin gehend Überlegungen und Vorschläge, aber solange sozusagen auf EU-Ebene die Richtlinien oder die Überlegungen zwischen den europäischen Mitgliedstaaten nicht weiter gediehen sind, so auch der Arbeitsminister, wird es da keinen konkreten Vorstoß geben. Selbst­verständlich, das hat auch der Arbeitsminister gesagt, ist man aber immer offen für eine gesamtgesellschaftliche Diskussion.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Herr. – Bitte.


Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Die Er­stellung des Nationalen Aktionsplans zur EU-Kindergarantie und dessen Präsentation wurden ursprünglich für März 2022 terminisiert. Bis heute ist uns dazu keine Fertigstellung oder keine sonstige Information bekannt. (Zwi­schenbemerkung von Bundesministerin Raab.) – Ich wiederhole es gerne: Der Na­tionale Aktionsplan zur EU-Kindergarantie war für März 2022 terminisiert.


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Ich mache die Frage kurz: Was ist passiert? Warum verzögert sich diese Fertigstellung? Wir glauben, dass es eher dringlich notwendig ist, diesen fertig­zustellen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich weiß, dass da auch mit ande­ren Ressorts schon eine Kontaktaufnahme stattgefunden hat, weil es ja eine kompetenzüberschreitende Maßnahme oder eine Querschnittsmaterie ist. Das ist auch weiterhin in der Verwaltung in der Prüfung, auch in Abstimmung mit der EU-Kommission, weil das ja sozusagen etwas Europäisches ist,
das nicht nur aus Österreich heraus fertiggestellt werden kann.

Gerne werde ich diesbezüglich noch einmal in der Verwaltung nachfragen und Ihnen eine Antwort nachreichen. (Abg. Herr: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Jachs. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Schönen guten Morgen, Frau Bundesministerin! Alle Eltern wissen es: Der Spagat in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist oft ein sehr, sehr schwieriger. Wir haben jetzt auch schon über die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen.

Mich würde jetzt noch interessieren: Welche Maßnahmen – und ich weiß,
das sind viele – setzen Sie auf nationaler Ebene, um die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf zu erleichtern?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, wir brauchen sozusagen den Rahmen im Bereich der rechtlichen Möglichkeiten, aber wir brauchen auch


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das Bewusstsein und wir brauchen auch die Wirtschaft auf unserer Seite, das halte ich für sehr wichtig.

Ich sehe auch, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer sehr viel auf dieses Thema setzen, weil sie alle die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten wol­len. Daher haben wir gemeinsam mit den Unternehmen auch viele Maßnahmen gesetzt, beispielsweise das Netzwerk Unternehmen für Familien, den Staats­preis Familie und Beruf. Es gibt die Zertifizierung von familienfreundlichen Unternehmen, Gemeinden, Universitäten, mit der eben auch speziell auf die Ver­einbarkeit von Familie und Beruf abgestellt wird. Die 15a-Vereinbarung habe ich bereits genannt.

Wie gesagt war es ja ein Herzensanliegen von mir, dass wir im Eltern-Kind-Pass auch eine Art Familienberatung mit Vereinbarkeitsfokus einführen, damit
man sich, wenn man das erste Mal in dieser Situation ist, auch einfach einmal als Familie gemeinsam mit einer Familienberaterin zusammensetzt und über­legt: Wie kann man es denn gemeinsam gut schaffen, die Familie in den Fokus zu stellen? – Das Gemeinsame ist mir wichtig, und das werden wir im neu­en Eltern-Kind-Pass auch tun.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Totter. – Bitte sehr.


10.08.44

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Schönen guten Morgen! Frau Ministerin, Sie haben jetzt schon den Eltern-Kind-Pass erwähnt: Der hat sich
über die Jahre natürlich sehr bewährt, dennoch muss er auch im Hinblick auf die Digitalisierung angepasst und weiterentwickelt werden.

Meine Frage lautet daher:

227/M

„Was wird im neuen Eltern-Kind-Pass enthalten sein?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau


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Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich habe bereits die Familienberatung mit dem Vereinbarkeitsfokus erwähnt. Was wichtig ist, ist, dass er digitalisiert wird. Ich glaube, das freut jeden, der noch das gelbe Büchlein kennt, mit dem ich jetzt seit eineinhalb Jahren noch herumlaufen darf. Ich glaube, auch da die Digitalisierung vorzunehmen ist ein richtiger und wichtiger Schritt.

Wir werden zudem folgende Leistungen zusätzlich in den Eltern-Kind-Pass auf­nehmen – und da auch ein Danke an den Gesundheitsminister –: psychoso­ziale Beratung zu Beginn der Schwangerschaft; eine zweite freiwillige Hebam­menberatung vor der Geburt; ein zusätzliches Hörscreening für Neuge­borene – das war auch eine langjährige ärztliche Forderung –; eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung und auch ergänzende Laboruntersuchungen so­wie Ernährungs- und Gesundheitsberatung.

Das heißt, wir setzen nicht mehr nur auf das körperliche Wohlbefinden des Kindes, sondern denken eben auch ein bisschen weiter: Das Umfeld gehört dazu, und so etwas wie Ernährung und psychosoziale Beratung gehören dazu.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Die Elternberatung ist schon erwähnt worden: Was genau wird die neue Elternberatung beinhalten?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir wollen, und das habe ich mit den Familienberatungsstellen so vereinbart, den Eltern beim ersten Kind einen Kompass geben. Wenn man das erste Mal ein Kind kriegt, dann ist man of­fen für so etwas, dann hat man viele Fragen, von Kinderbetreuungsgeld über die Vereinbarkeit bis zu Themen wie partnerschaftliche Aufteilung, Karenz, Papa­monat und Elternteilzeit, all das. Wir wollen als ein Element im Eltern-Kind-Pass


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verankern, dass man einmal gemeinsam eine solche Familienberatungsstelle aufsucht.

Ich will damit, dass Eltern, insbesondere Frauen, Informationen über Entschei­dungen erhalten, beispielsweise was für eine Auswirkung eine Karenz auf ihre Pension hat, dass man sich schon früh darüber Gedanken macht, welche Entscheidungen langfristig welchen Effekt haben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Nussbaum. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Bundesministerin, ich möchte beim Gesundheitsthema bleiben. In der letzten Sitzung des Gleichbehand­lungsausschusses wurde uns die Veröffentlichung des Frauengesundheitsberich­tes für Jänner 2023 angekündigt: Was sind aus Ihrer Sicht als Frauen­ministerin die zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre im Bereich Frauengesundheit?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Der Frauengesundheitsbericht wird beim Gesundheitsminister erstellt, deshalb kann ich betreffend Timeline nur wei­tergeben, was der Gesundheitsminister sagt.

Ich glaube, die Herausforderungen sind zum einen, dass wir wirklich auf gender­spezifische Aspekte im Gesundheitsbereich eingehen. Dieser Bereich ist ja noch neu. Dass Frauen bei gewissen Dingen eine andere Medikation brauchen, dass sich ein Herzinfarkt bei Frauen anders als bei Männern darstellt – all diese genderspezifischen Aspekte müssen wir breit in das klinische Personal bringen, in die Ausbildung bringen. Das halte ich für zukunftsrelevant.

Besonders setze ich mich im Bereich der Unterstützung für Krebspatientinnen ein, für frauenspezifische Krebsarten, besonders bei Brustkrebs, besonders


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bei Gebärmutterhalskrebs. Da möchte ich besonders unterstützen, und da haben wir auch neue Projekte, die aus dem Frauenressort heraus finanziert werden, gemeinsam mit der Meduni Wien, damit auch die Kinder und die Partner der Pa­tientinnen mitbetreut werden, denn das ist auch eine große Belastung für die Familien. Deshalb unterstütze ich besonders da, zusätzlich zum Gesamtge­sundheitssystem, das da natürlich gefordert ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Leichtfried. – Bitte sehr.


10.12.57

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Bundesministerin! Eines
der Charakteristika des türkisen Kurz-Systems war ja dieses Messagecontrol­prinzip, das auch beinhaltet hat, die Medienvielfalt in Österreich einzu­schränken, denn je weniger Medien, desto leichter wäre es, zu kontrollieren. Man hat das Gefühl, das wird jetzt mit der drohenden Einstellung der „Wiener Zeitung“ nahtlos fortgesetzt. Ich weiß nicht, ob Sie möchten, dass Ihr Name in der österreichischen Mediengeschichte einmal mit der Einstel­lung der ältesten Zeitung der Welt verknüpft wird.

Deshalb meine Frage an Sie:

Wenn Sie doch nicht wollen, dass das so ist, welche Konzepte – die gibt es ja, es gibt mehrere bekannte Konzepte, auch unbekannte Konzepte, die Sie viel­leicht kennen – haben Sie diskutiert und welches haben Sie vor, umzusetzen, um die „Wiener Zeitung“ nachhaltig weiterzuführen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 231/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welcher der bereits öffentlich präsentierten oder bisher unbekannten neuen Finanzierungsvarianten für den Weiterbestand der Wiener Zeitung als Tageszeitung werden Sie nähertreten, um zu verhindern, dass die älteste Tageszeitung der
Welt nicht mehr regelmäßig erscheinen kann?“

*****



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Herr Abgeordneter, mich wundert Ihre Frage dahin gehend sehr, dass Sie sagen, wir wollten, dass es weniger Me­dien gibt. Wir haben jetzt die Medienförderung massiv aufgestockt. Wir haben gerade eine Digitalisierungsförderung im Feld, um die schwierige Situation für die Medien abzufedern, damit wir den Medienstandort Österreich und die Vielzahl an Medien, auch an Printmedien, aufrechterhalten können. Ich glaube, man kann uns wirklich nicht nachsagen, dass wir nicht in den Medien­standort investieren, sondern das Gegenteil ist der Fall. Die dementspre­chenden Gesetze sind ja in Begutachtung.

Was die „Wiener Zeitung“ betrifft, so möchte ich Ihnen massiv widersprechen. Wir wollen nicht ein Aus für die „Wiener Zeitung“, sondern wir wollen eine digitale Transformation auch für die „Wiener Zeitung“, wie es viele andere Ver­lage derzeit auch machen, weil natürlich die Printleser:innenzahl schwindend
ist und weil es wichtig ist, dass wir in den digitalen Bereich investieren.

Die „Wiener Zeitung“ hat eine sehr geringe Auflage, wie Sie wissen. Daher hoffe ich, dass mit einem neuen Konzept der Digitalisierung mehr Menschen und
vor allem die Jugend erreicht werden können. Wir wollen außerdem, dass das di­gitale Schwarze Brett für kostenfreie Veröffentlichungen und Ausschreibun­gen besteht, denn bisher sind ja die Pflichtveröffentlichungen in Print passiert. Und wir wollen, dass zudem auch die Journalist:innenausbildung, die bei
der „Wiener Zeitung“ derzeit schon passiert – man tut jetzt so, als wenn das ir­gendetwas Neues wäre; nein, die haben schon eine großartige Journalist:in­nenausbildung –, gestärkt wird, damit Journalistinnen und Journalisten wiederum gut ausgebildet für die Verlage in Österreich zur Verfügung stehen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.



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Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Faktum ist: Sie liquidieren
die Printausgabe der „Wiener Zeitung“.

Die Zusatzfrage dazu: Wird es zu Kündigungen kommen? Wie wird es mit dem Personal weitergehen, wenn es Kündigungen gibt? In welchem Bereich
wird gekündigt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich möchte noch einmal sagen, dass der jetzige Gesetzentwurf nicht die Einstellung der Printausgabe vorsieht, son­dern es ist vorgesehen, dass die „Wiener Zeitung“ auch in Print jedenfalls monat­lich erscheint, was nichts mit dem Onlineauftritt zu tun hat.

Wo lesen Sie derzeit Zeitung, Herr Abgeordneter? (Abg. Leichtfried: Überall!) – Wahrscheinlich wie viele andere am Handy, im digitalen Bereich. Da hoffe
ich wie gesagt, die Leserzahl steigern zu können. Es ist dem Geschäftsmodell der „Wiener Zeitung“ nach dem Gesetz auch unbenommen, öfter zu erscheinen –
es ist eine Mindestvorgabe, das zu tun.

Daher ist es uns wichtig, dass wir auch die unabhängige Redaktion aufrecht­erhalten, daher hat es auch Angebote von der Geschäftsführung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegeben, dass gemeinsam am neuen Modell mitgewirkt wird, dass wir die unabhängige Redaktion aufrechterhalten können. Das war mir immer wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Singer. – Bitte.


10.16.56

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Bundesministerin! Kollege Leichtfried hat jetzt die „Wiener Zeitung“ angesprochen und Sie haben die Medien­vielfalt angesprochen. Ich möchte den Bereich Medien, Journalismus als Gesam­tes ansprechen.


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228/M

„Welche Maßnahmen planen Sie in Ihrem Ressort im Bereich der Förderung von Journalismus und Medien?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir haben umfassende Medienkonferen­zen abgehalten, über 20 verschiedene Runden mit Medienschaffenden, aber beispielsweise auch Wissenschaftler:innen. Daraus hat sich dieses Konzept ergeben, nach dem wir sehr stark in die journalistische Leistung investieren, das heißt, Verlage auch pro Journalist fördern, mit zusätzlichen Incentives, wenn man so will, wenn jemand beispielsweise besonders viele Auslandskorres­pondenten hat, aber auch Frauenförderung war mir da besonders wichtig. Wir setzen also auf den Journalisten und auf die Qualitätssteigerung in den Re­daktionen.

Ich hoffe, dass der Begutachtungsentwurf für die neue Qualitätsjournalismusför­derung dann bald in Gesetz gegossen werden kann. Das ist mein Vorhaben. Ich bin froh, dass wir es auch rasch geschafft haben – danke an die RTR –, dass auch die digitale Transformationsförderung rasch ausgerollt werden konnte. All jene, die noch nicht so im digitalen Bereich sind, brauchen Unterstützung, um ihr Geschäftsmodell in der Zukunft weiter halten zu können, und diese Unter­stützung haben wir derzeit auch im Feld.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall.

Ich danke Frau Bundesministerin Raab. Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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10.18.52Einlauf und Zuweisung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhand­lungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 13234/J bis 13406/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

62/JPR

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz 2021 geändert wird (1899 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 12 und 13 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß


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wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. So ergeben sich folgende Redezeiten: ÖVP 185, SPÖ 128, FPÖ 105, Grüne 95
sowie NEOS 76 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von den Abgeordneten, die keinem Klub angehören, 38 Mi­nuten. Deren Debattenredezeit wird auf 5 Minuten beschränkt.

Ich darf gleich darüber abstimmen lassen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Ich danke herzlich.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.20.021. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2980/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geän­dert wird (1851 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 1.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rausch. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.20.32

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zu­seher hier im Haus und zu Hause vor dem Bildschirm! Ohne Erziehung, Betreu­ung und Pflege würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Die Beglei­tung von Kindern beim Aufwachsen, sie in ihrem Alltag zu begleiten, ist Arbeit,


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und ich denke, das vergessen wir manchmal gerne, wenn wir frisch geba­ckene Eltern fragen: Und? Gehst du weiter arbeiten oder bleibst du daheim bei den Kindern?

Aus eigener Erfahrung – ich habe selbst zwei kleine Töchter zu Hause – kann ich sagen, dass der Alltag mit Kindern viel Arbeit und Zeitaufwand bedeutet, im Winter, wie Sie hören, auch den Umgang mit Kindergartenviren, die uns dann zu Hause zu schaffen machen, jedenfalls eine große Verantwortung, die man
hat, die vielleicht nicht messbar, aber jedenfalls immer spürbar bleibt.

Mir ist auch klar: Diese Verantwortung bleibt in gewisser Weise oder jeden­falls zum Teil auch unbezahlbar. Das liegt in der Natur der Sache und ist im Sinne der Eigenverantwortung und Freiheit von Familien, Eltern und Kindern auch gut so.

Gleichzeitig verdienen Menschen, die sich um andere, vor allem um Kinder, kümmern, Anerkennung und Unterstützung auch von der Gesellschaft, von der öffentlichen Hand. Diese Anerkennung geben wir nicht nur symbolisch, son­dern auch finanziell, durch klare und treffsichere Maßnahmen wie etwa die Fa­milienbeihilfe, die nun auch valorisiert wird, den Familienbonus Plus, den Kindermehrbetrag, einen indexierten Kinderabsetzbetrag und das Kinderbetreu­ungsgeld, das unter anderem dann in Anspruch genommen wird, wenn man für die Erziehung und Betreuung von Kindern vorübergehend Berufstätig­keit einschränken oder aufgeben muss oder will.

Uns ist umso wichtiger, dass jene Väter und Mütter, die sich dafür entscheiden, doppelt beizutragen und Verantwortung zu übernehmen und auch wäh­rend der Kinderbetreuungszeit beruflich geringfügig weiterzuarbeiten, das auch tun können. Dafür gibt es ja die Zuverdienstgrenze beim einkommensab­hängigen Kinderbetreuungsgeld und auch bei der Beihilfe zum pauschalen Kin­derbetreuungsgeld.


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Diese Zuverdienstgrenze werden wir nun, wenn der Antrag Zustimmung erfährt, wovon ich ausgehe, von 7 600 auf 7 800 Euro erhöhen und damit an die
neue Geringfügigkeitsgrenze für 2023 anpassen, und auch bei der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld werden wir die Zuverdienstgrenze für
den zweiten Elternteil, also jenen, der nicht den Antrag stellt, von 16 200 auf 18 000 Euro pro Kalenderjahr erhöhen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) – Da kann man ruhig klatschen, ja. Uns geht es darum, jene, die doppelt beitragen, doppelt Verantwortung tragen, nicht zu bestrafen, sondern sie im Gegenteil zu unterstützen, ihnen mehr Planbarkeit und auch mehr Freiraum und Spielraum zu geben.

Ich möchte alle, die zusehen und für die das Thema ist, auch darauf hinweisen,
dass es auf der Homepage des Bundeskanzleramtes einen ausführlichen Rechner für das Kinderbetreuungsgeld gibt. Danke dafür auch an das Team der Frau Bundesministerin. Also, liebe angehende Mütter und Väter, egal ob Sie Ihr Kind alleine oder gemeinsam betreuen, sich die Zeit aufteilen möchten: Das Kin­derbetreuungsgeld passt für viele Lebenssituationen, und darum geht es uns auch heute!

Vielen Dank an Barbara Neßler und Norbert Sieber, die diesen Antrag eingebracht haben, und danke an die Frau Bundesministerin für die Abwicklung all der Anträge, die kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der
Abg. Neßler.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wimmer. – Bitte sehr.


10.24.03

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Die vorliegende Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz sieht eine An­passung der Zuverdienstgrenze an die Geringfügigkeitsgrenze vor, und das


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ist gerade in Zeiten, in denen ein Zuverdienst für viele Familien wichtig und not­wendig ist, eine notwendige Maßnahme. Die Anpassung ist wichtig, sie ist notwendig, und daher stimmen wir dieser Novelle auch zu.

Viel lieber würden wir heute aber einer umfassenden Novelle des Kinderbe­treuungsgeldes zustimmen, denn auch diese wäre dringend notwendig. In fast je­dem Ausschuss betone ich, dass es einige Baustellen beim Kinderbetreu­ungsgeldgesetz gibt, dass immer wieder Nachrichten von Eltern an mich heran­getragen werden, dass es Probleme mit dem Kinderbetreuungsgeld gibt.

Ein ganz besonders tragischer Fall ist in den letzten Wochen an mich herangetragen worden. Er betrifft eine junge Frau, die während des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes ihren Lebensgefährten, den Vater ihres Kindes, ver­loren hat. Er ist tragischerweise verstorben. Durch den Tod des Kindes­vaters wurde der ursprüngliche Plan der jungen Familie völlig umgeworfen, da er seinen Teil der Karenz jetzt nicht mehr antreten konnte. Die Mutter konnte trotz der nachvollziehbaren, wirklich schweren Situation nicht länger in Karenz gehen, da es keine Härtefallregelung gibt und das System in diesem Fall einfach sehr unflexibel ist.

So kam zu der Trauer der jungen Frau um den Lebensgefährten und den Vater auch eine große finanzielle Sorge. Dieser sehr tragische Fall und viele an­dere Fälle mit Baustellen im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes zeigen einfach, wie notwendig eine Reform ist und dass sie endlich angegangen werden muss.

Es gibt aber auch in anderen Bereichen Baustellen, ich nenne da das Stichwort Mutter-Kind-Pass oder Eltern-Kind-Pass. Es wurde ja erfreulicherweise
groß angekündigt, dass es da Verbesserungen geben soll, dass die Leistungen ausgebaut werden, aber nach wie vor gibt es keine Einigung mit den Kran­kenkassen, was die Anpassung der Honorare für die Untersuchungen betrifft. Es ist also immer noch nicht gesichert, dass die Mutter-Kind-Pass-Untersu­chungen eine Kassenleistung bleiben. Das ist wirklich seit Monaten nicht geklärt,


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und ich ersuche dringend darum, das endlich auf die Beine zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ebenfalls verunsichert werden die Eltern dadurch, dass es in vielen Gegenden in Österreich schwierig ist, einen Kinderarzt mit Kassenvertrag zu finden. Die Kinderstationen in den Spitälern sind überfüllt, es gibt lange Wartezeiten auf Untersuchungen und auf Behandlungen, und ganz tragisch ist auch, dass
es bei speziellen Medikamenten für Kinder zu Lieferschwierigkeiten kommt.

Es gibt also so viele Problemlagen für Familien. Ganz besonders tragisch für die Familien ist die hohe Teuerungsrate. Wenn sie überlegen müssen, ob sie
heizen oder Lebensmittel einkaufen sollen, dann ist das wirklich eine ganz große Belastung für die Familien. Die Sozialmärkte wissen nicht mehr, wie sie ihre Kund:innen versorgen sollen, weil die Waren ausgehen. Delogierungs­präventionsstellen und Beratungsstellen haben einen hohen Zulauf, einen stei­genden Zulauf an Hilfesuchenden, und das jetzt vor Weihnachten. Es wird also eng für viele Österreicherinnen und Österreicher.

Daher, sehr geehrte Regierungsparteien: Nicht alle Familien können die aktuellen Krisen selber bewältigen, sie wollen aber keine Almosenempfänger und Bittsteller sein. Sie wollen, dass die Politik die Rahmenbedingungen so ge­staltet, dass jeder eigenständig und eigenverantwortlich leben kann. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb sage ich hier heute im Sinne eines Appells vor Weih­nachten: Lassen Sie sie nicht im Stich! (Beifall bei der SPÖ.)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberghuber. Bei ihr steht das Wort. – Bitte.


10.28.13

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld hat ja hauptsächlich die Funktion,


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Eltern, die über ein höheres Einkommen verfügen und sich für eine kurze
Zeit aus dem Berufsleben zurückziehen wollen, die Möglichkeit zu geben, in dieser Zeit einen Einkommensersatz zu erhalten. Die Zuverdienstgrenze
beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und bei der Beihilfe soll weiterhin eine geringfügige Beschäftigung während des Anspruchszeit­raumes ermöglichen.

Die Erhöhung der Zuverdienstgrenze von 7 600 Euro auf 7 800 Euro pro Kalenderjahr ist richtig, weil ja auch die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreu­ungsgeldkonto – das ist die pauschale Variante – von 16 200 auf 18 000 Eu­ro angehoben wurde. Daher ist diese Änderung und Anpassung für uns ein ganz logischer Vorgang, um den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes zu ermögli­chen beziehungsweise eventuell dann später Rückzahlungen zu vermeiden. Eine Anpassung an die aktuelle Teuerung und die derzeitige Wirtschaftslage ist notwendig, um Familien ein entsprechendes Auskommen zu gewährleisten. Wir bewerten diese Anhebung der Zuverdienstgrenze deshalb auch positiv, dem Antrag wird vonseiten der FPÖ also zugestimmt.

Allgemein aber, Frau Bundesminister, zum Kinderbetreuungsgeld: Das gehört überarbeitet. Es ist ein Wirrwarr. Ich bekomme viele Anrufe, mich erreichen viele E-Mails – die Menschen sind unzufrieden. Es ist ein Durcheinander. Es ist so breit gefächert, viele blicken überhaupt nicht durch. Die Menschen wissen nicht, für welche Variante sie sich entscheiden sollen oder welche für sie, für die
Familie vernünftig ist, aber es wird sich in diese Richtung nichts ändern, Frau Bundesminister. Ich habe in der letzten Ausschusssitzung mit Ihnen ge­sprochen. Sie meinen, es sei vernünftig, die Eltern, die Familien seien zufrie­den. – Wir sind nicht der Meinung, weil wir das Ohr beim Bürger haben. Der Bürger berichtet uns, und ich glaube dem Bürger alles oder zumindest sehr viel. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau da sind wir, das ist wieder ein Nachteil für unsere Familien, für unsere Mütter, für unsere Väter, weil sich wieder nichts ändert. Es wird nicht


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verbessert, es wird nicht vereinfacht, und das ist schade für unsere Familien! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr.


10.31.20

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Nachdem wir die Erhöhung der Zuverdienstgrenze im Kontomodell des Kinderbetreu­ungsgeldes bereits umgesetzt haben, erfolgt nun die Erhöhung beim einkom­mensabhängigen Modell. Mit der Erhöhung der Zuverdienstgrenze reagie­ren wir auch auf die Inflation, und besonders Frauen werden davon profitieren.

Eine weitere Änderung umfasst die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld für Alleinerziehende und Personen, deren Partner oder Partnerin Niedrigverdiener oder Niedrigverdienerin ist. Diese Beihilfe bekommen jene Personen, die
bereits ein sehr niedriges Kinderbetreuungsgeld beziehen und während der Ka­renz wenig beziehungsweise gar nichts dazuverdienen. Mit dieser Maß­nahme unterstützen wir also vor allem jene, die besonders von Armut betroffen sind, und gerade im Kontext der Teuerung ist das jetzt wichtig, wie meine Vorredner und Vorrednerinnen ausgeführt haben.

Weil es die letzte Sitzung vor Weihnachten ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, nicht um Glückwünsche zu überbringen, sondern um noch einen Punkt anzusprechen, der mir besonders wichtig ist: Die stille Nacht, heilige Nacht
ist in einigen Haushalten leider eine sehr laute Nacht, weil gerade zu Weihnach­ten das Risiko für häusliche Gewalt extrem steigt. Oft mischen sich beste­hende Spannungen gekoppelt mit Alkoholkonsum zu einem toxischen Mix zu­sammen. Das kann oft in Gewalt umschlagen. Und wenn es um häusliche Gewalt geht, dann sind Kinder oft direkt davon betroffen, oft aber auch stille


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Zeugen und Zeuginnen, die mitbekommen, dass die eigene Mutter ge­schlagen wird, dass ein Geschwisterteil geschlagen wird. Jedes Kind bedarf Sicherheit, Geborgenheit, und wenn ein Kind in einer Umgebung von Angst aufwächst, dann hinterlässt das Spuren an Körper und Seele.

Darum sage ich gerade jetzt: Seien wir aufmerksam, denn weghören kann mit­unter wirklich tödlich enden. Scheuen wir uns nicht, Hilfe anzubieten, scheuen wir uns nicht, selber Hilfe zu holen! Darum möchte ich abschließend noch jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Frauenhäusern, an den Helplines meinen Dank aussprechen, die vor allem Frauen und Kinder, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, während der Feiertage unter­stützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich wünsche frohe und vor allem gewaltfreie Weihnachten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bern­hard. – Bitte.


10.34.30

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen und Zuseherinnen und Zuseher! Wir adaptieren heute das Kinderbetreuungsgeld hinsichtlich der Zuverdienstgrenzen, und wir stim­men der Vorlage auch zu, allerdings – das muss man ehrlicherweise auch sagen – ist sie handwerklich doch etwas rückständig. Der Vorschlag vonseiten der NEOS wäre gewesen, dass wir die Zuverdienstgrenzen tatsächlich automatisch entweder an die Geringfügigkeit oder auch an die Inflation koppeln, dass wir sozusagen den Zuverdienst auch direkt valorisieren.

Was passiert nämlich, wenn wir jetzt einmalig den Betrag 7 600 durch 7 800 er­setzen oder 16 000 auf 18 000 anheben? – Da müssen Sie in einem Jahr oder in zwei oder drei Jahren wieder etwas beschließen, es gibt immer eine Ver-


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zögerung von Monaten, einem Jahr oder auch zwei Jahren, in denen Men­schen weniger dazuverdienen können. Und da ja die Gründung einer Familie auch immer ein zeitlich befristetes Projekt ist, diese erste Phase, in der
man das Kinderbetreuungsgeld bezieht, kann man auch in eine Zeitphase fallen, in der man dann einfach geringere Zuverdienstmöglichkeiten hat, was
aber sachlich nicht gerechtfertigt ist.

Wir wollen aber auch – und das ist auch wesentlich – die Gelegenheit noch ein­mal nutzen – ich habe Ihnen das vorhin bei der Fragestunde auch schon ge­sagt, Frau Ministerin –, um anzumerken, dass das Kinderbetreuungsgeld aus un­serer Sicht noch nicht dort angelangt ist, wo es anlangen könnte. Es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten, es gibt sogar sehr viele Möglichkeiten. Es ist mittlerweile so, dass Ihr Ressort Familienberatungsleistungen finanziert, damit Familien, die gegründet werden, beim Kinderbetreuungsgeld überhaupt den richtigen Antrag stellen können. Da stellt man sich die Frage, ob nicht eine Vereinfachung in irgendeiner Form auch sinnvoll wäre.

Auf der anderen Seite gibt es aber tatsächlich auch Notwendigkeiten – bezie­hungsweise Gegebenheiten in modernen Familien –, im Rahmen derer man sich fragt: Können nicht beide Elternteile eine längere Zeit gemeinsam zu Hause
sein und diese erste Zeit intensiver erleben, dann aber natürlich wiederum früher in die Erwerbstätigkeit zurückkehren? Können nicht Eltern in den ersten
drei Jahren geblockt abwechselnd, aber auch immer wieder zeitversetzt in den Kinderbetreuungsgeldbezug gehen, damit man sich das besser aufteilt, da­mit das mit der beruflichen Tätigkeit, vielleicht mit einer selbstständigen Tätig­keit oder mit einer saisonalen Tätigkeit, besser zusammenpasst?

Da gibt es schon einige Elemente, bei denen wir, ohne dass wir jetzt mehr Geld in die Hand nehmen müssen, mehr Möglichkeiten für junge Familien schaffen können. Wir als NEOS werden da weiterhin konkrete Vorschläge auch im Fami­lienausschuss einbringen, und wir hoffen, dass von Ihrer Seite die Offenheit besteht, dass wir das Kinderbetreuungsgeld entsprechend reformieren, damit es auch wirklich immer den Bedürfnissen der jungen Familien entspricht und


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nicht den Bedürfnissen der Politik. – In diesem Sinne: Schönen Tag! (Beifall bei den NEOS.)

10.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.


10.37.29

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir diskutieren
hier eine Anpassung im Kinderbetreuungsgeld, und das wurde von verschiede­nen Vorrednern als Anlass genommen, Kritik anzubringen – aber auch konstruktive Kritik, wie wir da weiterarbeiten können. Ja, wir sind für solche Vorschläge immer offen und denken auch darüber nach, wie dieses System weiterentwickelt werden kann.

Eines muss dazu aber doch gesagt werden: Ich glaube nicht, dass es ein Land in Europa gibt, das ein derart vielfältiges und gutes System der Kinderbe­treuung anbietet (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte, das stimmt ja überhaupt nicht! – Abg. Heinisch-Hosek: Wir haben nicht das beste Modell, das weißt du! – Abg. Kris­per: Nachmittagsbetreuung?), in dem wirklich auf verschiedenste Lebensmodelle eingegangen wird und in dem sich die Betroffenen selber aussuchen kön­nen, welches Modell sie wählen wollen. Deswegen glaube ich, dass wir durchaus darüber reden können, wie wir das weiterentwickeln, aber dieses vorlie­gende Modell ist ein sehr gutes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber wie gesagt: Wir diskutieren beziehungsweise berichten hier ja grundsätz­lich über einen Allparteienantrag zur Anpassung der Zuverdienstgrenzen in zwei Bereichen: beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und auch bei der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld. Dabei – das wurde bereits mehrfach gesagt – wird die Zuverdienstgrenze beim einkom­mensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7 600 Euro auf 7 800 Euro und bei


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der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld für den zweiten Eltern­teil – denn für den anspruchsberechtigten ersten Elternteil haben wir es bereits im Entlastungspaket III gemacht – von 16 200 auf 18 000 Euro angehoben.

Es ist für uns – und für Sie mag es auch so erscheinen – eine kleine Anpassung, in Wirklichkeit aber ist es so: Wenn wir diese Anpassung nicht gemacht hät­ten, dann wäre für manche Eltern im Jahr 2023 eine geringfügige Beschäftigung aufgrund der Aufwertung nach dem ASVG eben nicht mehr möglich gewe­sen. Dem werden wir hiermit gerecht, und ich danke Ihnen allen für die breite Un­terstützung dieses Antrages. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

10.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holz­leitner. – Bitte.


10.39.59

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie meine Kollegin Petra Wimmer schon ausgeführt hat,
werden wir dieser Novelle zustimmen. Es muss uns aber klar sein, dass es ein­fach schwierig ist, wenn Servicestellen, die Familien und Frauen beraten, eine unsichere Grundlage für ihre Gespräche und Beratungen vorfinden, weil wir diese Zuverdienstgrenze zwei Wochen vor Jahreswechsel anheben, es aber schon vorher bekannt war, dass dieser Beschluss gefällt wird. Die Familien und Frauen können so wirklich schwierig Planungssicherheit haben. Deshalb glaube ich, dass wir uns wirklich gemeinschaftlich überlegen müssen, wie wir das in Zukunft besser handhaben, damit diese Planungssicherheit einfach früher im Jahr gegeben ist.

Wenn es um die Unterstützung von Familien und Alleinerzieher:innen geht, möchte ich zum Jahresende noch ein Thema aufs Tableau bringen, das wir in diesem Haus schon viel zu lange auf die lange Bank geschoben haben, näm­lich – wir haben es vorhin in der Fragestunde auch angesprochen – die


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Unterhaltsgarantie. 2017 – mittlerweile fünf Jahre her! – gab es eine Podiums­diskussion zur Nationalratswahl, und alle Parteien, damals sechs verschie­dene Fraktionen, haben das Taferl mit dem Ja gezückt, Ja zu einer Unterhaltsga­rantie. Nun, mehr als fünf Jahre später, ist diese Unterhaltsgarantie noch immer nicht Realität! Es ist mir egal, ob es Türkis-Blau, Schwarz-Grün, Türkis-Grün ist, egal, welche Fraktionen die Regierung stellen: Ziel muss es sein, dass diese Unterhaltsgarantie endlich Realität wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nämlich um nicht weniger als 170 000 Alleinerziehende, vorwiegend Frauen, die für eine Viertelmillion Kinder sorgfaltspflichtig sind und von denen 46 Prozent mit Armutsgefährdung zu kämpfen haben. Das sind erschre­ckende Zahlen, die uns nicht kaltlassen dürfen. Gerade die Unterhaltsgarantie könnte ein wichtiger Punkt sein, um diese Armutsgefährdung abzuwenden.

Wir wissen, Unterhaltsverfahren sind langwierig, sind schwierig, sind kosten­intensiv, und während dieser Zeit befinden sich viele Alleinerzieher:innen und deren Kinder in der Armut, verharren in der Armut und haben kaum Unter­stützung, insbesondere wenn die Gesprächsbasis mit dem Ex-Partner schwierig ist, wenn er vielleicht untergetaucht ist. Wir wissen auch, dass die kleinen Adaptierungen des Unterhaltsvorschusses nicht ausreichen, dass eine Garantie gegeben werden kann, dass Frauen und Kinder eine gute Unter­stützung zur Verfügung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb werden wir als SPÖ sicherlich nicht müde, diese TV-Diskussion,
diese Taferl mit dem klaren Ja aller Fraktionen immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es politisch eine breite
Basis für diese Unterhaltsgarantie gegeben hat. – Frau Ministerin, es war der da­malige Kandidat Sebastian Kurz, der auch Sie in die Regierung geholt hat, der diese Unterhaltsgarantie bei dieser TV-Diskussion unterstützt hat. Deshalb erwarten wir uns von Ihnen, dass Sie sich für diese einsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.43



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 101

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Raab. – Bitte.


10.43.16

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte meine letzte Sitzung in diesem Haus in diesem Jahr auch dafür nut­zen, dass ich für die Zusammenarbeit mit Ihnen allen Danke sage. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit im nächsten Jahr und freue mich auch auf die konstruktiven Vorschläge im Familienausschuss.

Ich glaube, diese Zusammenarbeit hat in diesem Jahr viel bewirkt. Wir haben ja – deshalb möchte ich das nicht immer so punktuell darstellen – ein breites Sys­tem an Unterstützungsmaßnahmen für Familien. Ich denke, es ist es wert, dass man das einfach noch einmal erwähnt.

Wir haben auf der einen Seite finanzielle Unterstützungsleistungen für Familien, bei denen wir in diesem Jahr viel erreicht haben, nämlich bei der Familien­beihilfe, beim Kinderbetreuungsgeld. Auch wenn wir den Unterhaltsvorschuss debattieren, haben wir da immer wieder Reformen und auch Erhöhungen auf den Weg gebracht.

Wir haben die Sachleistungen für die Familien, Stichwort Kinderbetreuung.
Da investieren wir als Bund 1 Milliarde Euro in den Ausbau der Kinderbetreuung.

Wir haben die Familienberatungsstellen, fast 400 Familienberatungsstellen
in ganz Österreich, die für die Familien da sind, die wir in den letzten Jahren auch finanziell stärker unterstützen, damit sie wirklich für jede Familie, die einen
Platz braucht, einen haben.

Und wir haben die steuerlichen Entlastungen. Den Familienbonus Plus gibt es ja noch nicht so lange, und wir haben ihn jetzt nach wenigen Jahren auch
erhöht und immer wieder an die Anforderungen der neuen Zeit angepasst.


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Ich denke daher, dass uns mit den Reformen, die wir in diesem Jahr schon auf den Weg gebracht haben, vieles gelungen ist. Wenn ich nur an das Kinder­betreuungsgeld und die wichtigen Dinge für die Eltern denke, etwa daran, dass der Familienzeitbonus, wenn man ihn bekommt, danach wieder vom Kin­derbetreuungsgeld abgezogen wird – ja, das mögen jetzt technische Details sein, aber das sind Dinge, die die Familien wahnsinnig ärgern! Ich glaube, es ist uns viel gelungen, um solche Hürden, bürokratische Hürden, aber auch inhaltli­che Hürden, beim Bezug des Kinderbetreuungsgeldes zu entfernen.

Auch in der Digitalisierung – wir haben ein neues digitales System, Fabian, wo alle Familienleistungen zusammenkommen. Es erleichtert es den Familien enorm
beim Bezug der Leistungen, dass man nicht die Zettelwirtschaft hat und wieder jeden Zettel einscannen und dann hochladen muss.

Wir haben den Eltern-Kind-Pass neu aufgestellt. Ich möchte es in dieser Runde noch einmal sagen: Ja, selbstverständlich wird der Eltern-Kind-Pass weiterhin
eine finanzierte Leistung bleiben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Er ist ein zentrales Element für die Gesundheit der Säuglinge und zur Reduktion des Säuglings­sterbens und daher eine absolute Erfolgsgeschichte, die wir nun auch weiterspinnen.

Mit den weiteren heutigen Reformen, nämlich bei den Erleichterungen für jene Eltern, die Kinder mit Behinderungen haben, und auch mit der Erhöhung der Zuverdienstgrenze, glaube ich, gehen wir gemeinsam gut in das neue Jahr. Vielen Dank auch für die Signale, die ich gerade vernommen habe, dass Sie diesen Erleichterungen auch zustimmen. Ich glaube, das ist auch ein schönes Signal, dass wir wirklich immer versuchen, konstruktiv, gemeinsam miteinander an Schrauben zu drehen. Ich freue mich, auch wenn es nicht immer leicht ist, auf die Zusammenarbeit mit Ihnen im neuen Jahr. Da wird uns sicher, so hoffe ich,
auch mit breiter parlamentarischer Mehrheit im Familienbereich da und dort et­was gelingen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.46



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.


10.46.55

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! In der Vorwoche ist wieder einmal bekannt geworden, dass die Liste der Mangelberufe in Österreich 2023 so lange wie nie ist. Momentan
sind es über das ganze Staatsgebiet 68 Mangelberufe, nächstes Jahr 100. Darunter finden sich Schlosser, Dreher, Schweißer genauso wie Elek­triker, Installateure und Ähnliches – was wir alle von zu Hause kennen, wenn wir irgendetwas brauchen – bis hin natürlich zu Pflegekräften und Ärzten.

Das mag viele Gründe haben, einer davon liegt definitiv klar auf dem Tisch: Es gibt zu wenige Leute, die diese Berufe ausüben können. Und warum ist
das so? – Weil wir infolge einer völlig fehlgeleiteten Familienpolitik in diesem Land viel zu wenige Kinder auf die Welt bringen. (Ah-Rufe bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Erasim und Koza.) Man muss also die Ursache be­kämpfen und nicht die Wirkung. Wir brauchen – und dazu stehe ich – eine Offensive für unsere Familien in diesem Land, eine Geburtenoffensive für mehr eigene Kinder (Beifall bei der FPÖ), denn nur das sichert langfristig und nach­haltig die Gesellschaft dieses Staates. Das wäre eine verantwortungsvolle Politik für die Gesellschaft und für die Bürger in diesem Land. (Abg. Neßler: Mehr Kinder für alle! Was ist denn los mit ihm?)

Wir haben derzeit rund 85 000 Lebendgeburten pro Jahr, davon 65 000 Ös­terreicher. Die Zielwerte müssten ungefähr – das habe ich für mich zu­mindest einmal berechnet – 30 Prozent höher sein. (Ruf bei den Grünen: Die Zielwerte! Geil!) Dem gegenüber stehen auch – da muss man auch ohne
Tabu hinschauen – 30 000 bis 60 000 geschätzte Abtreibungen. (Abg. Holzleit­ner: Das ist ein Recht der Frauen! – Abg. Disoski: Geh bitte! – Abg. Holzleit­ner: Die Frauen haben ein Recht auf ihren Körper, Herr Kollege Zanger!) Es sind des­wegen Schätzungen, weil in Österreich keine Statistiken erhoben werden. Das wäre aber wichtig, um einmal in die Motivforschung zu gehen. (Abg. Disoski:


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Das Motiv, eine Abtreibung zu machen, ist, eine Abtreibung machen zu wollen! Punkt!) Warum passieren Abtreibungen? Warum werden Kinder getötet, noch bevor sie auf die Welt kommen? Da braucht man die Gründe dafür (Abg.
Disoski: Nein, die braucht man nicht! Die sind klar! – weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen),
und deswegen ist eine Statistik so wichtig. (Abg. Holzleitner:
Von Ihnen lassen sich die Frauen nicht das Recht auf ihren Körper verbieten! – Weite­re Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Es ist einfach nicht wahr, dass jede Frau freiwillig ihr Kind hergibt! Das kannst du mir ja nicht erzählen, Frau Kollegin! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neßler: Oh
mein Gott! – Abg. Disoski: Wieso reden Sie über dieses Thema? Mit welcher Expertise reden Sie über dieses Thema?)
Es muss Grundsätze geben, ein klares Bekennt­nis zur traditionellen Familie als Keimzelle des Staates. (Abg. Erasim: Erbärmlich ist diese Rede, erbärmlich!) Wir müssen jene entlasten, die die Zukunft dieses Lan­des sichern, und es darf nicht sein, dass jemand, der fleißig arbeitet und die Absicht hat, eine Familie zu gründen, armutsgefährdet ist. (Abg. Schallmeiner: Das haben wir schon einmal gehabt!)

Dazu gibt es Lösungsansätze. Das reicht von steuerlichen Modellen bis hin zu vollkommener Steuerfreiheit für Familien mit drei oder vier Kindern (Abg. Disoski: Na so weit kommt es noch! So weit kommt es noch!), Anreizsysteme, zum Beispiel Geburtenprämien in Höhe von 5 000 Euro, sage ich jetzt einmal,
pro österreichischem Kind. Wir müssen Möglichkeiten schaffen, dass
man leichter zu Eigentum kommt, wenn man Familien gründet, in Form von besonderen Finanzierungsmöglichkeiten, beispielsweise zinslose Kredite
et cetera. (Ruf bei den Grünen: Bitte verbreitet da nicht reaktionäre Familienbilder ...! Lasst uns da verschont! Das ist ja - -!)

Und wenn wir wissen, warum so viele Abtreibungen passieren, dann muss man auch hergehen und sagen: Vielleicht kann man ja Möglichkeiten schaffen,
damit nicht jede Frau abtreiben muss (Abg. Neßler – die Hände zusammenschla­gend –: Bitte! – Ruf bei der SPÖ: Was geht Sie das an?), nur weil sie sich in


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finanzieller Not befindet oder Angst hat, in ihrer Existenz gefährdet zu sein. (Abg. Heinisch-Hosek: Da braucht man Sie nicht dazu!)

Mir ist es wichtig, Frau Minister, das als Diskussionsgrundlage zu sehen. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich über das, was ich jetzt gesagt habe
(Abg. Disoski: Ich würde mir wünschen, dass Sie nicht über Dinge reden, von denen Sie keine Ahnung haben!), ein bisschen Gedanken machen, ebenfalls bitte Norbert Sieber als Chef des Familienausschusses. Das dauert alles, ich weiß, aber ich denke, wir müssen anfangen, hier für eine zukünftig wieder gesunde und normale Volkswirtschaft zu arbeiten.

Ein persönliches Wort noch an Sie, Frau Minister: Danke für Ihre klare Absage an diese Bewegung, die da im Zuge der ganzen Klimadiskussion entstanden ist,
an jene, die sagen: Nein, wir setzen keine Kinder in die Welt, denn damit scha­den wir dem Klima! – Das gibt es ja auch schon, und da haben Sie im Aus­schuss ganz klar gesagt, dass Sie dem nichts abgewinnen können. (Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Auch Sie, Frau Minister, werden heuer Weihnachten feiern, nehme ich an, im Kreise der Familie. Ich wünsche Ihnen jetzt persönlich, dass Sie mit Ihrem kleinen Weihnachtssternchen die Zeit genießen können und die Ruhe haben (Abg. Disoski: Die Redezeit ist lange vorbei!), das, was so ein kleines Kind einem schenkt, wirklich auch anzunehmen. Und wer weiß, vielleicht legt ja das Christkind
noch den einen oder anderen Weihnachtsstern in die Krippe (Heiterkeit bei Ab­geordneten von ÖVP und FPÖ), das wäre dann eine besonders schöne Bescherung, wie man so schön sagt. Ich wünsche Ihnen wirklich alles Gute!

Frohe Weihnachten auch allen Familien in diesem Land! (Abg. Disoski: Redezeit ist vorbei!) Das Leuchten der Kinderaugen daheim sollen Vater und Mutter genie­ßen, und wünschen wir uns alle, dass dieses Leuchten in den nächsten Jahren noch viel mehr wird! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.51



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte.


10.51.38

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Abgeordneter Zanger, nur ein Satz: Frauen haben ein Recht auf ihren eigenen Körper! (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

10.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu jetzt niemand mehr ge­meldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Familie und Jugend.

10.52.13Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf noch bekannt geben, dass das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf­halten, folgende Mitteilung gemacht hat:

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler wird durch Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab vertreten.

10.52.262. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2418/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1852 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 2. Tagesordnungspunkt.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.


10.52.59

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! In dieser Vorlage geht es darum, dass wir zwar einerseits für Menschen mit Behinderung, Familien mit Kindern mit Behinderung in Österreich viel Unterstützung haben – und das ist auch gut so, dass wir
hier einen gesellschaftlichen Schulterschluss haben und eben unterstützend und tragend mit dabei sind –, aber es gibt immer wieder Möglichkeiten, um da Entlastung zu schaffen, Familien zu unterstützen, Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Und in diesem Tagesordnungspunkt geht es eben um eine
solche Entlastung, um eine Unterstützung von Familien mit Kindern
mit Behinderung.

Worum geht es? – Ab einer Behinderung von 50 Prozent bekommt man einen sogenannten Behindertenpass. Die Voraussetzung ist eine erhebliche Be­hinderung, um dann auch die erhöhte Familienbeihilfe, die benötigt wird, zu bekommen. Bisher war es so, dass man, damit man diesen Behinderten­pass bekommt, jährlich eine Untersuchung nachreichen musste. Es hat nicht genügt, einmal eine Untersuchung zu machen, damit dann automatisch der Behindertenpass weitergeführt und auch die erhöhte Familienbeihilfe vom Finanzamt ausbezahlt wird.

Jetzt werden wir hier dafür sorgen, dass, ist die Untersuchung einmal gemacht, der Behindertenpass zugestanden wird, damit diese Untersuchungen nicht
mehr jährlich stattfinden müssen und die Familien mit ihren Kindern zu den Ärz­ten gehen und den Nachweis erbringen müssen, dass das Kind noch die entsprechende Behinderung hat. Ausgenommen davon sind jene Fälle einer Behinderung, bei denen klar ist, das eine Verbesserung des Zustandes möglich ist. Da wird es dann notwendig sein, alle fünf Jahre – also nicht jährlich,


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sondern alle fünf Jahre – eine Untersuchung zu machen, um den Behinderten­pass wieder zu bekommen. Ich glaube, das ist eine sehr gute und wich­tige Regelung, und ich danke auch, dass wirklich alle Parteien hier zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, zu einer aktuellen Situation und Berichterstattung kurz Stellung zu nehmen: Es geht um die Vorwürfe gegen meinen, unseren Landeshauptmann Markus Wallner
in Vorarlberg, der ja aufgrund einer anonymen Berichterstattung (Abg. Loa­cker: Der selbst zu lange zugeschaut hat ...! Abg. Einwallner: ... nie was gewusst davon!) wirklich sehr angeschossen und unter Druck gesetzt wurde.

Die WKStA hat ermittelt, und wie wir jetzt aus Berichten entnehmen (Abg. Einwallner: 30 Jahre ...! Seit 30 Jahren das gleiche Geschäftsmodell der ÖVP, die ihr Geld in die Parteikassen kriegt, 30 Jahre! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ – Zwischenrufe bei den NEOS) und hören können, hat sich nichts bestätigt, hat sich keiner der Vorwürfe gegen Markus Wallner bestätigt.

Unser Landeshauptmann sagt trotzdem, er vertraue auf die WKStA, sie solle weiter ermitteln (Abg. Heinisch-Hosek: Zur Sache!), er vertraue auf die
WKStA, und, ja, momentan ist es so, dass nichts vorliegt. (Abg. Loacker: Ja, ja! Abg. Disoski: Was hat das mit der Tagesordnung zu tun? Abg. Leichtfried:
Da geht es ja um Familien und nicht um ...!)
Es steht im Raum, dass die WKStA die Ermittlungen einstellen wird. (Abg. Heinisch-Hosek: ... Familienpolitik! Zwi­schenruf des Abg. Einwallner.)

Aber meine Damen und Herren, eines zur Klarstellung (Abg. Leichtfried: Ich meine, für was sitzen Sie da oben? ... ich weiß nicht!): Dass diese anonyme Anzeige gereicht hat, um einen untadeligen Landeshauptmann hierher nach Wien
in einen Ausschuss zu zitieren (Ruf bei der SPÖ: Was ist das für ein Niveau in dem Raum? Rufe bei der SPÖ: Zur Sache! Ruf: Entziehen Sie ihm das Wort!) und ihn dort sehr, sehr wenig wertschätzend – sehr wenig wertschätzend! – zu be­fragen (Abg. Loacker: ... Prinzessin auf der Erbse!), ist so weit gegangen (Rufe
bei der SPÖ: Zur Sache!),
dass in cumulo diese Befragungen und auch die


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Berichterstattung, die durchaus vorverurteilend war (Ruf bei der SPÖ: Zur Sache!), dazu geführt haben, dass er gesundheitlich wirklich Schwierigkeiten hatte.
(Abg. Disoski: Zur Sache bitte, Kollege! Das ist überhaupt nicht zur Sache!)

Ich möchte Ihnen ein Zitat von Reinhard Haller vortragen, der heute in der Zeitung Folgendes geschrieben hat: „In der Zeit der Besinnung könnten vielleicht alle, die in der Politik engagiert sind oder diese kommentieren, einmal darüber reflektieren, ob Beschämen anderer nicht viel bequemer ist als kreatives Ersinnen eigener Lösungsvorschläge und konstruktive Kritik nicht viel motivie­render wäre als destruktive.“ (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Worte sollten wir uns alle zu Herzen nehmen! Wenn es einen Wunsch an das Christkind gibt – ich bin zu lange in der Politik, wir haben einen harten Umgang miteinander (Abg. Erasim: Zur Sache!) –, dann den: dass wir ab dem kom­menden Jahr, auch mit dem Neustart im neuen Parlament, einen anderen, einen etwas wertschätzenderen Umgang miteinander pflegen und wir nicht auf­grund von Luftschlössern, von unbestätigten anonymen Aussagen, die sich durch nichts bestätigen lassen, untadelige Menschen so niedermachen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nussbaum. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident, das ist ...! Abg. Krainer: Das
ist falsch! Es ist umgemeldet worden! Es ist umgemeldet worden, Krainer statt Nuss­baum! 
Abg. Wöginger: Das entscheidest aber nicht du! Das entscheidet im­mer noch der Präsident! Wo sind wir denn?) – Okay, dann spricht Herr Abgeordne­ter Krainer statt Abgeordneter Nussbaum. Ich würde Sie bitten, das recht­zeitig bekannt zu geben, dann können wir das auch in unserer EDV korrigieren. – Bitte, Herr Abgeordneter.


10.58.46

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Vielen Dank. – Zur ÖVP-Familie vielleicht ein paar Worte: Kollege Sieber hat recht, es ist vollkommen unklar, wir wis­sen nicht – denn das war ja der Vorwurf dieser eidesstattlichen Erklärung –, ob


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Herr Wallner persönlich Inserate für den Wirtschaftsbund Vorarlberg ein­geworben hat oder nicht. Wir wissen nicht, ob das stimmt oder nicht, das ist eine unbewiesene Behauptung. (Abg. Sieber: ...! Das ist eine glatte Lüge! Ruf bei der ÖVP: Sie unterstellen das!)

Was wir aber wissen, ist, dass der Wirtschaftsbund in Vorarlberg mehrere Millionen Euro an Inseraten für eine Zeitung, deren Werbewert deutlich unter dem Inseratenpreis liegt, eingeworben hat – erstens. (Zwischenrufe der Ab­geordneten Hörl und Sieber.) Das Zweite, das wir wissen, ist, dass fast 1 Million Euro an Steuern nicht bezahlt wurden und jetzt nachgezahlt werden müs­sen. (Abg. Berlakovich: ... jetzt ist dauernd zur Sache geschrien worden! Was ist mit zur Sache?) Das Dritte, das wir wissen, ist, dass Herr Wallner in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der ÖVP Vorarlberg in den letzten Jahren fast 1 Million Euro aus diesem Inseratengeld für seinen Wahlkampf bekom­men hat und genommen hat.

Das ist das, was wir über die ÖVP-Familie in Vorarlberg wissen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf bei der ÖVP.)

11.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.


11.00.18

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich möchte noch ganz kurz auf diese Aussage meines Kollegen Zanger zurückkommen. Herr Lindner hat daraufhin gemeint, jede Frau habe
ein Recht auf ihren Körper. – Ja, das ist richtig. Warum haben wir das aber bei der Coronadebatte im Zusammenhang mit der Pflichtimpfung nicht einmal gehört? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jeder Mensch hat ein Recht auf seinen Körper. Als es um die Impfung ging, habe ich von euch aber nichts dazu gehört! Da habt ihr mitgestimmt! Da habe ich
das nicht gehört! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Kommen wir zurück zu Tagesordnungspunkt 2. Bei diesem Antrag geht es
um eine Erleichterung für minderjährige Inhaber eines Behinderten­passes. Derzeit müssen ja Kinder mit erheblicher Behinderung für die erhöhte Familienbeihilfe einen zusätzlichen Nachweis des Sozialministerium­service einbringen, obwohl die Voraussetzungen für einen Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe und der Behindertenpass identisch sind. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Familien mit Kindern mit Behinderung sind ohnehin täglich mit großen finanziellen und bürokratischen Herausforderungen konfrontiert. Eine deutliche Erleichterung für betroffene Familien wird mit diesem Antrag umgesetzt
und unnötiger Verwaltungsaufwand wird dadurch reduziert. Das Verfahren wird vereinfacht und beschleunigt. Die Betroffenen ersparen sich nicht nur die bisher nötigen gesonderten ärztlichen Untersuchungen, sondern auch zusätzli­che Behördenwege.

Wir haben schon im Ausschuss zugestimmt und wir werden auch heute diesem Antrag die Zustimmung geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


11.02.14

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt, anders als meine Vorredner, tatsächlich zur Sache sprechen.

Wir wissen, Eltern mit behinderten Kindern sind in ihrem Alltag extrem gefor­dert. Die Betreuung und Unterstützung ihrer Kinder mit Behinderung nimmt viel Energie und Zeit in Anspruch. Oft geben gerade Mütter ihren Beruf auf, um für ihr Kind mit Behinderung da zu sein, das Kind zu unterstützen, zu pflegen, zu fördern, zur Therapie und in die Schule zu bringen. Neben all die­sen Aufgaben müssen auch noch viele Behördenwege erledigt werden, denn


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ein Kind mit Behinderung in Österreich großzuziehen bedeutet auch viel Bürokratie.

Genau darum beschließen wir heute eine deutliche Vereinfachung und Beschleunigung zum Antragsprozess betreffend Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe. Künftig wird der Behindertenpass mit der ärztlichen Untersuchung als Nachweis reichen. Alle wissen, glaube ich, wie es davor abgelaufen ist, dass das wirklich ein Bürokratieabbau ist. So können
wir die Familien deutlich schneller unterstützen.

Diese Verfahrenserleichterung sowie die schon beschlossene Valorisierung der Familienleistungen sind wichtige Bestandteile, um Eltern mit behinderten Kindern zu unterstützen, denn ab 2023 wird die erhöhte Familienbeihilfe valo­risiert. Verkürzt gesagt: Wenn die Preise steigen, steigen auch die Fami­lienleistungen. Das ist wirklich ein sozialpolitischer Meilenstein. Das hat vor uns keine Regierung geschafft, wir haben das aber jetzt zusammengebracht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich muss noch kurz etwas zur FPÖ sagen: Abtreibung zu verbieten, Herr Kollege, bedeutet nicht, dass es weniger Abtreibungen gibt. Das bedeutet nur, dass
die Frauen kriminalisiert werden. Das bedeutet, dass die Ärztinnen und Ärzte kriminalisiert werden. Und das bedeutet gravierende Folgen für die Ge­sundheit der Frau. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Wurm.)

Reden, in denen Männer Frauen die Autonomie absprechen, beziehungsweise Reden, in denen Männer einen Besitzanspruch auf den Körper der Frauen
stellen, finde ich einfach nur mehr wahnsinnig ermüdend. Wir gehen sicherlich keinen Schritt zurück! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

11.04


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.



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11.04.57

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Kinder mit Behinderung werden von der Gesellschaft oft vergessen. Viele Fami­lien werden so zu Bittstellern gemacht. Die Sonderausgaben, die zusätzlich anfallen, die Zeit, die Kämpfe mit dem Bildungssystem, die Arztbesuche, der Zu­gang zu Therapien, der Umgang mit mitleidigen oder abwertenden Blicken: All das erschwert das Leben enorm. Dass wir jetzt den Zugang zur erhöhten Fa­milienbeihilfe erleichtern, wird diesen Familien sehr helfen und ist daher im Sinne von gesellschaftlicher Inklusion wünschenswert und zu begrüßen.

Wichtig ist auch, dass solche Verfahren für Menschen mit Behinderungen vereinfacht werden und Familien dadurch mühsame Bürokratie erspart wird. Schnellere und unkompliziertere Verfahren bedeuten oftmals auch schnel­lere finanzielle Unterstützung, und das ist insbesondere in Zeiten der Teuerung und Energiekrise, die Menschen mit Behinderung besonders hart treffen, extrem wichtig.

Weniger auffällig, aber langfristig genauso wichtig sind auch die Änderungen in der bürokratischen Abwicklung. Da wird es am Anfang wohl noch ein paar technische Schwierigkeiten geben. Wir begrüßen es aber sehr, dass zumindest im Familienbereich einige Schritte in Richtung Digitalisierung und automa­tisierter Abwicklung stattfinden. Wir dürfen das aber nicht nur als Probebetrieb sehen, sondern müssen es flächendeckend ausrollen.

Dass gerade das Bundesamt für Behindertenwesen der Testballon ist, freut mich sehr, geht aber auch mit einer kleinen Mahnung einher: Gehen wir bitte
keine Minischritte, sondern packen wir gemeinsam große Vorhaben an, damit wir Inklusion wirklich auf jeder Ebene der Gesellschaft leben können!
Inklusion ist nämlich ein Menschenrecht. (Beifall bei den NEOS.)

11.06



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 114

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr. – Bitte.


11.07.02

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Heute beschließen wir eine Regelung, mit der unter anderem, einfach zusammengefasst gesagt, versucht wird, das Leben von Familien mit Kindern mit Behinderung zu erleichtern. Da stimmen wir natürlich zu. Es geht nämlich
darum, dass für Kinder, die bereits einen Behindertenschein haben, quasi ein au­tomatischer behördlicher Informationsaustausch stattfindet, sodass man sich einen weiteren Gang zum Arzt, um eine weitere ärztliche Bestätigung zu be­kommen, zukünftig sparen kann. Das sind sehr, sehr kleine Erleichterungen, von denen wir hier sprechen, als einen Meilenstein würde ich das nicht bezeich­nen. (Abg. Neßler: Es geht um die Valorisierung der Familienleistungen!) Natür­lich freut es uns aber trotzdem, wenn das möglich ist.

Die Erleichterung bleibt aber winzig, wenn wir uns anschauen, was in diesem Bereich sonst noch alles zu tun wäre, um ein wirklich gleichberechtigtes Leben für alle Kinder zu ermöglichen. Erst in dieser Sitzung haben Sie von ÖVP
und Grünen unseren wichtigen Antrag auf einen Rechtsanspruch auf Bildung auch für die elfte und zwölfte Schulstufe für behinderte Kinder einfach abgelehnt. – Es bleibt also viel zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zu diesem sehr ernsten Thema noch eines sagen, weil zuletzt auch wieder eine Diskussion rund um die Sendung „Licht ins Dunkel“ und
die Fragen losgetreten wurden, wie Kommunikation auf Augenhöhe stattfinden kann und wie wir es schaffen können, über zentrale Rechte von beeinträch­tigten Personen zu sprechen und nicht über Almosen – das ist eine wichtige Fra­ge –: Viele Spenden fließen jetzt in der Weihnachtszeit in Ausgaben, die ei­gentlich vom Staat finanziert werden sollten, in Ausgaben, die so essenziell sind, dass sie nicht von Spendenfreudigkeit abhängig sein sollen. Das bedeutet nämlich: Wenn es eine Spende gibt, dann ist es gut. Wenn es aber keine Spende


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gibt, was ist dann? Da geht es um Unterstützungen, die eben selbstverständ­lich sein sollten, wenn es um die Betreuung von Menschen mit Behinderung geht.

Es gibt aber darüber hinaus auch viele andere soziale Einrichtungen. Schauen wir uns etwa an, wie abhängig Einrichtungen von Spenden sind, wenn es um die Hilfe von obdachlosen Menschen geht. Die Erfüllung all dieser Aufgaben muss der Sozialstaat finanzieren, das darf nicht von irgendjemandes Goodwill ab­hängen! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang ist es natürlich wichtig, wen man da adressiert, und zwar nicht die Spender und Spenderinnen, die jetzt zu Weihnachten etwas
Gutes tun wollen, die oft selber nicht viel haben, aber trotzdem noch einen klei­nen Teil solidarisch spenden. Und es geht auch nicht um die Vereine, die in diesem Bereich Unglaubliches leisten, und auch nicht um die vielen Ehrenamt­lichen, die ihre Zeit einsetzen, um Menschen zu helfen. Es ist die neolibe­rale Politik, die wir da angreifen müssen (Abg. Loacker: Es wäre schön, gäbe es eine neoliberale Politik! In welcher Welt lebst du?), die die grundsätzlichste Versor­gung der Bürger:innen auslagern will, statt sie staatlich zu garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Da müssen wir ansetzen. Wir müssen einen Sozialstaat schaffen (Abg. Loacker: Wir haben eine Staatsquote von 52 Prozent!), in dem Betreuungsleistungen nicht ausgelagert werden, Herr Loacker, sondern bereitgestellt werden – für ein selbstbestimmtes Leben für alle und gegen die Abhängigkeit von Spenden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Bevor der Kommunismus nicht da ist, bist du nicht zufrieden! – Abg. Herr – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –:
Was ist das Problem?)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Wolfgang Zanger zu Wort gemeldet. – Bitte.



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11.10.32

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Kollegin Neßler hat behauptet, ich hätte in meiner Rede davon gesprochen, Abtreibungen
zu verbieten. Das ist unrichtig.

Tatsächlich habe ich davon gesprochen, dass es notwendig ist, Statistiken zu den Abtreibungen einzuführen, um möglicherweise jene zu verhindern, die letzt­endlich nur deswegen passieren, weil sich eine Frau und Mutter in ihrer Existenz gefährdet sieht oder einer möglichen Armutsgefährdung entgegensieht.

Bitte, liebe Frau Kolleginnen von den Grünen, ich würde Ihnen empfehlen, sinn­erfassend zuzuhören. (Beifall bei der FPÖ.)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


11.11.21

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ich glaube, es ist vollkommen klar und wir sind uns hier
im Saal alle einig, dass die Familien gerade eine sehr schwere Zeit durchmachen. Unserer Meinung nach ist die Regierung an diesen schwierigen Umständen für die Familien sehr stark beteiligt. Ich glaube, ich kann heute etwas präsentie­ren, womit wir den Familien eine Erleichterung schaffen können. Es ist näm­lich mittlerweile so, dass Frauen immer öfter auch später im Leben Kin­der gebären und es deshalb mittlerweile auch Versorgungspflichten für Perso­nen, die 60 plus oder in Frühpension sind, gibt.

Wir haben ja, sowohl was den Arbeitskräftemangel in Österreich als auch die fi­nanzielle Absicherung in der Pension betrifft, einige Anträge eingebracht, und ich möchte heute einen Antrag einbringen, der – ich sage es für die Kollegen der anderen Fraktionen gleich vorweg – gestern im Tiroler Landtag von
allen Parteien befürwortet wurde: von der Sozialdemokratie, von den Grünen,


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von den NEOS, von der ÖVP und selbstverständlich auch von uns, denn wir haben ihn gestern im Landtag eingebracht.

Ich möchte einen gleichlautenden Antrag heute hier im Parlament einbringen, weil ich davon ausgehe, dass die Fraktionen ja ähnlich denken wie ihre Kollegen
in Tirol und sie den Kollegen in Tirol in diesem Fall nicht in den Rücken fallen werden. Es gibt ja sicher viele Tiroler ÖVP-Abgeordnete, die das ganz
gleich sehen wie die Landesregierung in Tirol, die ja mittlerweile aus Sozialdemo­kratie und ÖVP besteht. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Es wäre jetzt vor Weihnachten eine schöne Geschichte, wenn wir gemein­sam etwas machen und vor allem auch für Familien, bei denen die Not­wendigkeit da ist, eine Erleichterung bringen.

Ich möchte diesen Entschließungsantrag jetzt einbringen und kurz vorlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Befristete Erhöhung der Zuverdienstgrenze im Rahmen der vorzeitigen Alterspension“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende arbeits- und sozialpolitische Forderung im Bereich der Alterspen­sionen unmittelbar umsetzt:

Die Zuverdienstgrenze soll im Rahmen einer vorzeitigen Alterspension von derzeit 485,85 Euro befristet bis zum 31.12.2024 auf 1.000 Euro erhöht werden.“

*****


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Ich sage es noch einmal: Das würde jenen Menschen – Frauen und Männern –, die aus welchen Gründen auch immer in Frühpension sind, die Möglichkeit
bieten, wenn sie es wollen und die Notwendigkeit da ist, bis zu 1 000 Euro pro Monat dazuzuverdienen, ohne ihren Anspruch auf die Pension zu verlieren.
Das ist, glaube ich, eine sehr sinnvolle Geschichte, die aufgrund der derzeitigen äußeren Umstände auch notwendig ist.

Das haben alle Fraktionen im Tiroler Landtag gestern auch so gesehen, und ich gehe davon aus, dass auch wir alle hier im Parlament diese Erleichterung schaffen werden, wie gesagt gerne auch befristet bis Ende 2024, weil eben die Umstände derzeit so sind, wie sie sind.

Ich freue mich auf einen vorweihnachtlichen gemeinsamen Beschluss und sage Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Befristete Erhöhung der Zuverdienstgrenze im Rahmen der vorzeitigen Alterspension

eingebracht im Zuge der Verhandlung über die Debatte zu TOP 2.) Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2418/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1852 d.B.) in der 191. Sitzung des Nationalrats am 15. Dezember 2022

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 regelt den Lastenausgleich im Interesse der Familien. Dazu zählen unter anderem Familienbeihilfe, Schulfahrtbeihilfe und


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Schülerfreifahrten, Freifahrten und Fahrtenbeihilfe für Lehrlinge, Unentgeltliche Schulbücher, Familienhärteausgleich sowie der Familienhospizkarenz – Härteausgleich.

Der § 39a. Familienlastenausgleichsgesetz regelt unter anderem folgende Leistungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds:

(1) Aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen ist an die Allgemeine Unfall­versicherungsanstalt für die gesetzliche Unfallversicherung der Schüler und Stu­denten (§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. h und i des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) ab dem Jahr 1991 ein jährlicher Beitrag von 4 360 000 Euro zu zahlen.

(2) Der Beitrag ist in dem Jahr zu zahlen, für welches er bestimmt ist.

(3) Aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sind den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung 70 vH der Aufwendungen für das Wochengeld
(§ 162 in Verbindung mit § 168 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes,
§ 41 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 und § 36 Abs. 2 des Arbeitsmarkt­servicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994) zu ersetzen.

(4) Aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sind der Sozialversiche­rungsanstalt der Selbständigen und der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen der Aufwand für die Teilzeitbeihilfen zur Gänze sowie 70 vH der Aufwendungen für die übrigen Leistungen nach dem Bundesgesetz über die Gewährung der Leistung der Betriebshilfe (des Wochengeldes) an Mütter, die in der gewerblichen Wirt­schaft oder in der Land- und Forstwirtschaft selbständig erwerbstätig sind, zu er­setzen.

(5) Aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sind die Pensionsbeiträge für die nach § 18a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes Selbstversi­cherten den Trägern der gesetzlichen Pensionsversicherung zu zahlen.

(Anm.: Abs. 6 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 103/2001)


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(7) Aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen ist der Aufwand für
die Wiedereinstellungsbeihilfe nach Art. XXI des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes, BGBl. Nr. 408/1990, zu leisten.

Geänderte demographische und gesellschaftliche Entwicklungen haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten dazu geführt, dass es immer mehr „alte“ bzw. „ältere“
Eltern (Großeltern) gibt, die kurz vor dem Eintritt in die reguläre Alterspension, nach Eintritt in eine vorzeitige oder reguläre Alterspension usw. noch Unterhaltspflich­ten inklusive der Finanzierung für schulpflichte Kinder (Enkelkinder), Kinder (Enkelkin­der) in Lehrausbildung mit geringem Einkommen bzw. Kinder (Enkelkinder) in Ausbildung im Universitäts- und Fachhochschulbereich finanziell aufkommen müssen und daher auch auf einen Zuverdienst neben ihrer Pension angewiesen sind. Dies hat sich durch die aktuelle Teuerungskrise noch verstärkt.

In diesem Zusammenhang sei ergänzend auf Judith Schadl/Thomas Damberger: „Lebenszufriedenheit von Eltern in Österreich im Zusammenhang mit Alter
und Lebenslagen-Blick auf Belastungen und Bereicherungen hinsichtlich der Eltern­schaft, Masterarbeit Graz 2017“ verwiesen.

Wer vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter in Pension geht (Frühpension, Kor­ridorpension oder Hacklerregelung) darf bis zur Geringfügigkeitsgrenze von der­zeit 485,85 Euro im Monat dazuverdienen, ohne dass die Pension für das betreffende Monat wegfällt. Die Anzahl der Frühpensionen ist im Corona-Jahr 2020 deutlich angestiegen. Ein Hauptgrund dafür war die günstigere Hacklerregelung, welche von 2019 bis 2020 in Anspruch genommen werden konnte. Das zeigen die Zahlen
der Pensionsversicherungsanstalt. Im Jahr 2020 gingen 28.225 Personen in Früh­pension, das sind um fast 5.000 mehr als im Jahr 2019.

In Anbetracht der enormen Teuerung trifft es nun viele Frühpensionisten besonders hart. Zwar wird vermehrt die Möglichkeit eines geringfügigen Zuverdienstes ge­nutzt, allerdings reichen die knapp 500 Euro bei weitem nicht aus, um die anfallenden Mehrkosten zu stemmen.


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Aus diesem Grund soll die Zuverdienstgrenze für Personen, welche sich in der Frühpension befinden, befristet bis zum 31.12.2024 auf 1.000 Euro erhöht werden. Sollte sich die Situation bis zu diesem Zeitpunkt nicht entspannen, muss eine ent­sprechende Verlängerung angedacht werden.

Die unterfertigten Abgeordnete stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende arbeits- und sozialpolitische Forderung im Bereich der Alterspensionen unmittelbar umsetzt:

Die Zuverdienstgrenze soll im Rahmen einer vorzeitigen Alterspension von derzeit 485,85 Euro befristet bis zum 31.12.2024 auf 1.000 Euro erhöht werden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


11.15.24

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es ist wirklich ausdrück­lich zu begrüßen, dass wir mit den vorliegenden Änderungen im Familienlasten­ausgleichsgesetz finanzielle, aber auch bürokratische Hürden für Familien mit Kindern mit Behinderungen ein Stück weit abbauen. Jede Erleichterung der Verfahren ist von unserer Seite her zu begrüßen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 122

In Zukunft werden durch die Ausstellung des Behindertenpasses auch die Er­fordernisse für die erhöhte Familienbeihilfe erfüllt. Damit entfällt eine weitere ärztliche Untersuchung, die gerade für Menschen mit Behinderungen sehr
große Hürden verursacht hat. Auch das Vorliegen der Mindestdauer der Beein­trächtigung von sechs Monaten wird für eine erhöhte Familienbeihilfe über­nommen. Die Feststellung alle fünf Jahre, ob die erhebliche Behinderung gege­ben ist, ist auch nur mehr dann notwendig, wenn eben Änderungen zu er­warten sind. Das ist alles gut.

Gestern haben wir im Plenum auch beschlossen, dass bei der Beantragung des Behindertenpasses zukünftig die Fotos verwendet werden, die bereits in
der Datenbank der Republik vorhanden sind. Auch das ist eine positive Maßnah­me zur Entbürokratisierung.

Das bringt mich jetzt aber auch gleich zum nächsten Punkt, den ich ansprechen möchte: Wir haben schon vor einiger Zeit hier im Parlament alle gemein­sam beschlossen, dass für Anliegen von Menschen mit Behinderungen soge­nannte One-Stop-Shops eingerichtet werden sollen, also Stellen, zu de­nen man hingeht und die sich um alle Anliegen gesammelt kümmern und alles beantragen, sodass der Mensch im Vordergrund nur einen Antrag stellt und die Behörden im Hintergrund miteinander kommunizieren und alles regeln. Was ist dazu bisher passiert? – Ich habe leider absolut keine Informationen zum aktuellen Stand der Umsetzung. Ich vermute, dass da bis jetzt wieder einmal gar nichts geschehen ist.

Wir finden, es ist notwendig, dass man Vereinfachungen in der Bürokratie, im finanziellen Ablauf vornimmt. Gerade die Digitalisierung bietet eine große Chance, um da Änderungen durchzuführen. Wir sehen, dass eigentlich eine echte Verwaltungsreform kommen müsste und das ganze Antragsystem komplett überarbeitet werden sollte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 123

11.18.08

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Kollege Zanger, dieses bevormundende Frauenbild der FPÖ, das es Frauen nicht zutraut, informierte Entscheidungen über den eigenen Körper zu treffen, lehne ich als grüne Frauensprecherin auf das Schärfste ab, ich weise das zurück. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Schwangerschaftsabbrüche sind privat zu finanzierende Eingriffe, und diese sind in Österreich teuer, sie kosten zwischen 800 und 1 200 Euro. Das ist ver­dammt viel Geld, eine große finanzielle Belastung für eine ungewollt schwangere Person. Würde, wie es bei anderen Gesundheitsleistungen üblich ist, auch diese Gesundheitsleistung in Österreich von der Krankenkasse gezahlt werden, dann hätten wir Statistiken und dann hätten wir vor allem auch die Situa­tion, dass jede ungewollt schwangere Person, jede ungewollt schwangere Frau auch einen sicheren Abbruch durchführen würde. Darüber können wir ger­ne reden.

Und zur Motivforschung: Ein Motiv, eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen, ist, eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen zu wollen; mehr hat den Staat und auch die Religion nicht zu interessieren. (Beifall bei den
Grünen sowie der Abgeordneten Künsberg-Sarre und Scherak.)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

11.19.27Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 und 2


Präsidentin Doris Bures: Wir würden nun zu den Abstimmungen kommen.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Widerspruch sehe ich zumindest keinen, dann werde ich jetzt zu den Abstimmungen kommen.


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Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1851 der Beilagen.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, samt Titel
und Eingang in 1852 der Beilagen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich wiederum um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Befristete Erhöhung
der Zuverdienstgrenze im Rahmen der vorzeitigen Alterspension“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

11.20.573. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021, vorgelegt von der Bundesministerin
für Frauen, Familie, Integration und Medien (III-785/1833 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 3. Punkt der Tages­ordnung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 125

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Werner Saxinger, Sie erhalten als Erster das Wort. – Bitte.


11.21.31

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Viele von Ihnen kennen sicher den Sänger Harry Belafonte. Er sang Hits wie „Day-O“ oder „Island in the Sun“, und bei diesen tiefen Tem­peraturen würden wir uns derzeit wahrscheinlich oft gerne auf eine wärmende In­sel beamen.

Mit diesem Harry Belafonte verbinde ich aber auch meine erste persönliche Wahrnehmung einer Diskriminierung. Er gab nämlich 1981 in der Linzer Sporthalle ein Konzert, und nach dem Konzert wurde ihm in einer Diskothek der Eintritt verwehrt – auf der Eingangstür stand ein Hinweisschild: nur für
deutsch sprechende Gäste. Das war für mich damals ein klassisches Diskriminie­rungsphänomen, dieser Rassismus. Es ist ein gesellschaftliches Phänomen, das seit Jahrhunderten strukturell verankert ist, nicht nur im Alltag, sondern lei­der auch noch immer in Institutionen.

Vieles hat sich zum Besseren geändert, doch bei manchem gibt es noch Luft nach oben. Das Gleichbehandlungsgebot besagt, dass niemand aufgrund
von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Behinderung benachteiligt werden darf. Dieser Grundsatz gilt für Arbeitsverhältnisse und die sonstige Arbeitswelt und ist im Gleichbehandlungsgesetz geregelt.

Wie schaut das derzeit in Österreich aus? – Der Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021 liegt nun vor und er enthält einige in­teressante Daten. Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung verzeichnete einen Anstieg an Anfragen betreffend Diskriminierung im Vergleich zu 2018 und 2019.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 126

Am häufigsten waren Anfragen im Bereich der Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt, ein Drittel davon betreffend sexuelle Belästigung. Zahlrei­che Anfragen gab es auch hinsichtlich rassistischer Diskriminierung in der Ar­beitswelt, beim Zugang zu Wohnraum oder auch Bankgeschäften. Auch Coronamaßnahmen waren ein Thema, wobei der OGH klarstellte, dass die Ab­lehnung der Impfung nicht den Anforderungen des Begriffs der Weltan­schauung betrifft.

Wir haben in Österreich circa vier Millionen Beschäftigungsverhältnisse, und da kommt es naturgemäß oft zu Konflikten. Wann kommt es nun zu einem Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission? – Bei jedem zehnten Diskri­minierungsfall nach dem Gleichbehandlungsgesetz, also jede zehnte Anfra­ge führt dann zu einem Verfahren.

Was kann man aus dem Gleichbehandlungsbericht 2020 und 2021 noch herauslesen? – In den Senaten der Gleichbehandlungskommission gab es insge­samt 122 Beschwerdefälle. Wie sieht es mit den Diskriminierungsgründen
aus? – Der hauptsächliche Diskriminierungsgrund betraf das Geschlecht in Kom­bination mit Alter und auch Weltanschauung. In beiden Senaten gab es keine Beschwerden aufgrund der sexuellen Orientierung.

Was waren die häufigsten Tatbestände? – Das war hauptsächlich Beruf, gefolgt von sexueller Belästigung.

Aus welchen Bereichen kommen die Beschwerden? – Auch ganz interessant: bunt gemischt, aus vielen Ressorts, Ministerien, Universitäten und auch Museen.

Was ist in Zukunft noch zu erwarten? – Ein besonderer Fokus wird sicherlich auf der Altersdiskriminierung liegen.

Sehr geehrte Damen und Herren, seien wir wachsam in Hinblick auf Diskrimi­nierung!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 127

Ich möchte gerne mit einem Satz enden, den wir uns alle vor Augen führen soll­ten, und der gerade in der Weihnachtszeit mehr denn je gilt: Manche Men­schen merken erst, wie sie mit anderen Menschen umgehen, wenn sie selbst so behandelt werden – und plötzlich ist das Leben unfair. – Ich danke und wün­sche allen frohe Weihnachten! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Schwarz.)

11.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.


11.25.20

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein schwules Paar wohnt zusammen in einem Haus mit Garten, in der Nachbarschaft weiß
man, dass die beiden in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. Eines Tages wird einer der beiden Männer, während er sich in seinem privaten Garten aufhält, von einem Nachbarn verbal belästigt. Das Paar wendet sich an die Anwaltschaft für Gleichbehandlung – diese kann die beiden lediglich über den lückenhaften Gesetzesschutz aufklären und an die Rechtsanwaltskam­mer weiterleiten.

Ich frage Sie, Frau Ministerin Raab: Ist das fair? Finden Sie das okay? Warum schauen Sie bei Diskriminierung zu? Warum handeln Sie nicht endlich und schauen nicht einfach zu, wenn Menschen in Österreich diskriminiert werden? Egal, ob es um die sexuelle Orientierung, um das Alter, um die Religion
oder die Weltanschauung geht: Sie schauen zu und handeln nicht – das ist fahr­lässig, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht nur für Betroffene nicht erklärbar, warum das Gleichbehand­lungsgesetz idente Handlungen in einem Bereich rechtlich sanktioniert, in einem anderen Bereich jedoch nicht. Das versteht wirklich kein Mensch in diesem Land. Jeder Fall ist ein Fall zu viel, und es ist längst an der Zeit für das Levelling-up! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Weratschnig.)


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Wir brauchen aber nicht nur das Levelling-up, wir brauchen endlich auch Folgendes: Abbau der Zersplitterung des Gleichbehandlungsrechts; Klagsrecht und Klagsbudget für die GAW für eine Mitwirkung an Gerichtsverfahren; Ermöglichung des wirksamen Monitorings aktueller Diskriminierungsphänomene und Erhöhung des Budgets für Informations- und Bewusstseinsarbeit der
GAW; Ausbau der Wirksamkeit der GAW.

Ich frage Sie, Frau Bundesministerin: Wer fordert das? – Ihre eigenen Expert:innen der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Und was machen Sie? – Nichts! Und das ist fahrlässig, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

An dieser Stelle ein großes Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anwaltschaft für Gleichbehandlung für ihre hartnäckige Arbeit. Vielen Dank
dafür!
(Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Meinl-Reisinger.)

Ich wünsche mir für 2023, dass die Forderungen der Anwaltschaft für Gleich­behandlung endlich umgesetzt werden, denn: Jeder Fall ist ein Fall zu viel! Es ist längst an der Zeit für ein Levelling-up. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


11.28.02

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier und zu Hause! Die Gleichbehandlungsanwaltschaft verzeichnete einen starken Anstieg an Dis­kriminierungsanfragen, es waren um etwa 1 000 Anfragen mehr als im Vergleichszeitraum 2018 und 2019. Warum ist das so? – Es waren einerseits auch Firmenanfragen darunter, andererseits mehr Einzelanliegen von Per­sonen, und auch da ist Corona ein Mitschuldiger. Das Angebot nutzten nach wie vor, wie wir es schon wissen, mehr Frauen als Männer, eher im Alter über 35 Jahren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 129

Diskriminierung am Arbeitsplatz und systematische Benachteiligung von Frauen, die Mütter werden, passieren leider immer noch. Mit Diskriminierung am Arbeitsplatz müssen aber auch immer mehr ältere Arbeitnehmerinnen zurecht­kommen. Es wird Maßnahmen für das Arbeiten im Alter brauchen, um sicherzustellen, dass Frauen auch im Alter noch einen Arbeitsplatz haben.

Besonders auffällig sind die geschlechtsbezogenen Belästigungen, die der Bericht sehr gut aufzeigt, und Äußerungen, die sich Frauen offenbar gefallen lassen müssen. Es sind Aussagen wie zum Beispiel: Die Kolleginnen seien „eh nur Hausfrauen“ und könnten „ihren Dreck, den sie machen, ... selbst wegsaugen“, oder: Es werde „‚eine Sekretärin mit Eiern in den Hosen‘ gebraucht“.

Sehr geehrte Frau Minister! Ich habe es schon im Ausschuss gesagt: Offenbar braucht es in Österreich wirklich auch Kampagnen zu wertschätzender Sprache.

Die Digitalisierung ist auch in der Gleichbehandlungsanwaltschaft angekommen, mit E-Learning-Tools, die Firmen zur Verfügung stehen, um proaktiv handeln
und Fälle vielleicht auch präventiv verhindern zu können.

Hybridkonferenzen haben Einzug gehalten, durch die Zeit gespart wird, durch die Geld gespart wird und bei denen auch das positive Resümee gezogen
wird, dass Lösungen genauso gut, vielleicht sogar besser erarbeitet werden konnten, weil sich die Streitparteien in räumlicher Distanz befunden haben,
also sich nicht gegenüberstanden.

Beinahe 1 500 Fälle konnten zu passenden Stellen – zum Beispiel an die Behindertenanwaltschaft, an Institutionen der Landesverwaltungen, an den öffentlichen Dienst – weitervermittelt werden, und da wurde der Wunsch
nach einer einheitlichen Organisation geäußert. Die Gleichbehandlungsanwalt­schaft – da gilt die Gratulation Frau Konstatzky – erhielt den Verwaltungs­preis für Führungs- und Steuerungsarbeit. Wir wissen, die Gleichbehandlungsan­waltschaft ist mit ihren Regionalstellen EU-weit ein Vorzeigeprojekt und feierte vor nicht allzu langer Zeit das 30-jährige Jubiläum.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 130

Schlussendlich ist es aber trotzdem ein Bericht, der aufzeigt, dass im Diskriminie­rungsbereich noch vieles zu tun ist. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

11.30


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


11.31.04

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere hier auf der Galerie! Es freut mich, dass junge Leute da sind, das ist sehr schön zu sehen. Viele Berichte, die wir ja sonst in den Ausschüssen behandeln, werden auch dort enderledigt, deswegen freue ich mich heute be­sonders darüber, dass wir den Gleichbehandlungsbericht für die Privat­wirtschaft für die Jahre 2020 und 2021 auch hier im Plenum diskutieren können.

Im Berichtszeitraum feierte die Gleichbehandlungsanwaltschaft ihr 30-jähriges Bestehen – auch auf diesem Wege noch einmal herzliche Gratulation dazu!
Ich glaube auch, dass dieser Jubiläumsbericht auf eine sehr eindrucksvolle Art und Weise zeigt: Die Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft wirkt.

Stellvertretend für diese Arbeit und für all jene, die dort tagtäglich tätig sind, möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei Frau Sandra Konstatzky,
der Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, und bei Frau Claudia Hille­brand, der Geschäftsführerin des Senats I der Gleichbehandlungskommission, für diese wichtige, engagierte Arbeit bedanken. (Beifall bei Grünen und ÖVP so­wie der Abg. Oberrauner.)

Im Zeitraum der Berichtslegung, also 2020, 2021, hat die Gleichbehandlungsan­waltschaft insgesamt 4 962 Mal zu Diskriminierung und zu Gleichbehand­lung informiert, beraten und auch individuell unterstützt. Es haben 217 Men­schen diskriminierende Vorfälle geschildert, in denen nach dem Gleichbe­handlungsgesetz Schutzlücken bezüglich des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, des Alters und auch der sexuellen Orientierung bestehen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 131

Die häufigsten Anfragen finden nach wie vor im Bereich der Geschlechterdis­kriminierung in der Arbeitswelt statt, dabei beschweren sich Frauen in den  Jahren 2022, 2021, 2020 nach wie vor am häufigsten wegen sexueller Belästigung.

Viele Anfragen gab es auch im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und schon an zweiter Stelle liegen Anfragen zum Diskriminie­rungsgrund der ethnischen Zugehörigkeit. Ich glaube, da werden wir später von einer Kollegin noch mehr dazu hören.

Nach wie vor ist es so, dass sich relativ wenige Personen wegen Diskriminie­rungen aufgrund der sexuellen Orientierung an die Gleichbehandlungs­anwaltschaft wenden. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft begegnet diesem Under-Reporting, indem sie versucht, sich auch gezielt mit den spezifi­schen Communities zu vernetzen, diese auf die Beratungsangebote aufmerksam zu machen und auch dorthin zu führen, wo sie hin sollen – nämlich ihr Recht einzumahnen, ihr Recht einzuklagen. Durch diese engagierte Vernetzungs­arbeit haben sich auch die Zahl der Meldungen von Diskriminierung auf­grund der sexuellen Orientierung fast verdoppelt. Das ist gut, das ist ein wich­tiges Zeichen, aber da wird auch einmal mehr klar, dass nach wie vor eine Gesetzeslücke im Gleichbehandlungsgesetz besteht, die es aus grüner Sicht sehr dringend zu schließen gilt. Kollege Lindner hat schon darauf hingewiesen:
Das sogenannte Levelling-up ist auch eine der langjährigsten und wichtigsten Forderungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die auch von unserer Fraktion, den Grünen, aus vollster Überzeugung unterstützt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Das gilt aber leider nicht für alle Fraktionen hier im Hohen Haus. Noch gibt es Widerstände auch hier im Hohen Haus gegen die Ausweitung des Diskri­minierungsschutzes – aller Diskriminierungsgründe auf alle Lebensbereiche –, aber auch diese Widerstände werden wir überwinden. Wir werden hartnä­ckig sein und gemeinsam mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft dafür kämpfen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 132

Zum Schluss: Diese wichtige Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft wird gesehen, sie wird wertgeschätzt – nicht nur in Worten, sondern auch in
Taten. Deshalb ist es uns ja auch gelungen, das zu tun, was wir im Regierungs­übereinkommen vereinbart haben, nämlich die Gleichbehandlungsan­waltschaft auszubauen.

In den letzten drei Jahren gab es eine Budgetsteigerung um 50 Prozent im Vergleich zu 2019. Wir haben fünf zusätzliche Planstellen geschaffen, mit denen jetzt auch mit diesen Regionalbüros, die entstehen, in allen Bundesländern die wichtige Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft durchgeführt werden kann. Mit dieser hohen regionalen Zugänglichkeit ist die Gleichbehandlungsan­waltschaft tatsächlich EU-weit eine Vorreiterin, und darauf, finde ich, können wir zu Recht stolz sein. (Beifall bei den Grünen.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brand­stötter. – Bitte.


11.35.04

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Wir befinden uns in einer Musikschule in Niederösterreich im Jahr 2022. Der langjährige Direktor belästigt Musiklehrerinnen, er küsst auf den Mund, er betascht Hüften, er zupft an BHs, er macht widerliche Bemer­kungen zu und über Schülerinnen, er bedroht eingeschüchterte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die um Jobs und Musikerkarrieren bangen. Mehrmals wer­den zuständige Bürgermeister informiert, und es passiert nichts. Offensichtlich ist der Direktor der Musikschule unantastbar, weil er beste Kontakte
zum Land hat. Erst durch massiven medialen Druck wird er jetzt abgesetzt.

Wir reden oft über das Budget der Gleichbehandlungsanwaltschaft und über deren Notwendigkeit, die aber so oft übersehen wird – eine Notwendigkeit, die auch dieser Fall zeigt – und die immer größer wird. Da müssen sich jetzt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 133

auch die Kollegen von der FPÖ und teilweise von der ÖVP gut festhalten: Der gesellschaftliche Wandel und diese Woke Bubble sorgen dafür, dass wir
auch immer mehr mit Gleichbehandlung und Diskriminierung zu tun haben, weil es einfach kein Kavaliersdelikt mehr ist, einer Frau ungefragt auf den Hin­tern zu grapschen.

Ich erinnere an einen ehemaligen ÖVP-Kollegen, der gedacht hat, Hintern­grapschen sei eine ganz normale Form der Annäherung, und der das auch öffentlich, medial kundgetan hat. (Abg. Michael Hammer: Der ist aber nicht mehr bei uns ...!) – Er ist nicht mehr hier (Abg. Michael Hammer: Aber bei uns auch nicht mehr!), aber ich glaube, der Aufschrei von Ihnen war damals irgendwie sehr leise. (Abg. Stefan: Er hat seine Frau kennengelernt! Er hat ja dann geheiratet!)

Es ist auch nicht in Ordnung, Frauen weniger als männlichen Kollegen zu zahlen. Wenn man sich den Bericht genau ansieht: Es ist auch nicht in Ordnung,
einer alleinerziehenden Mutter eine Wohnung nicht zu geben, weil man glaubt, dass sie sich die Miete nicht leisten kann. Es geht auch nicht mehr, dass
man jemanden kündigt, nur weil er 55 Jahre alt wird. – Das alles zeigt die Gleich­behandlungsanwaltschaft mit diesem Bericht auf.

Deshalb ist es wichtig, dass wir die Ableitungen daraus ernst nehmen und auch in die Umsetzung gehen. Was wir brauchen, ist eine massive Vereinfachung
der Wege und ein Entwirren der Zuständigkeiten, damit Betroffene noch leichter wissen, wo sie sich bei Diskriminierung hinwenden können. Wir brauchen
einen besseren Diskriminierungsschutz bei Altersdiskriminierung. Wir brauchen einen besseren Schutz bei Diskriminierung aus gesundheitlichen Gründen.
Auch bei den bestehenden Beständen brauchen wir echten Schutz vor sexueller Belästigung. Wir müssen das Levelling-up auch endlich gesetzlich ver­ankern, damit wir Diskriminierung wegen sexueller Orientierung reduzieren.

Bedanken wir uns also bitte nicht nur bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft für ihren Bericht, sondern nehmen wir ihre Empfehlungen und Forderungen
auch ernst! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.37



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 134

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.37.55

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Frau Präsidentin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich danke der Gleichbe­handlungsanwaltschaft und den Gleichbehandlungskommissionen für den dies­jährigen Bericht, er ist für uns ein wesentlicher Monitor in dem Feld. Ich danke Ihnen nicht nur für den Bericht, sondern natürlich vor allem für Ihre starke Arbeit in diesem Bereich, dass Sie sicherstellen, dass Menschen, die von Dis­kriminierung betroffen sind, auch zu ihren Rechten kommen.

Ich möchte noch auf das replizieren, was vorhin gesagt wurde: dass man den Empfehlungen der Gleichbehandlungskommission für die Weiterentwick­lung dieser Institution nicht nachkommt. Frau Abgeordnete Disoski hat es schon erwähnt: Vielleicht ist noch nicht so bekannt, dass wir im kommenden Bud­get 2023 ja auch eine Budgeterhöhung für die Gleichbehandlungsanwaltschaft vorgesehen haben, insgesamt seit 2019 nunmehr ein Plus von 50 Prozent. Es gibt nun auch insgesamt 28 Planstellen, das heißt eine Aufstockung von fünf Planstellen für den Bereich. Schon lange hat es nicht mehr also eine so zen­trale Stärkung der Gleichbehandlungsanwaltschaft gegeben. Ich denke, das ist auch ein wichtiger und richtiger Schritt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte mich zu Jahresende noch einmal bei der Gleichbehandlungsan­waltschaft und den Kommissionen, aber auch bei allen Frauen- und Mädchenberatungsstellen bedanken. Ich sehe, da kommt es auch oft zu einer guten Zusammenarbeit – dass sich die Frauen zuerst sehr niederschwel­lig an die Frauen- und Mädchenberatungsstellen wenden und diese dann den formalen Weg an die Gleichbehandlungsanwaltschaft ermöglichen. So konnten wir auch am Ende des Tages jene, die wir erreichen und die sich dann


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 135

trauen, ihre Rechte zu beanspruchen, auch zur Gleichbehandlungskom­mission bringen. Das freut mich sehr, das zeigt sich auch im diesjährigen Be­richt. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.40


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Ober­rauner. – Bitte.


11.40.07

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucherinnen und Besucher! Geschätzte Damen und Herren, die Sie uns von zu Hause zuschauen! Im Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021 gibt es Zahlen, Daten und Fakten, die wirklich erstaunlich sind.

69 Prozent der Anfragen in der Anwaltschaft kommen natürlich von Frauen. 40 Prozent der eingehenden Fälle betreffen Diskriminierung aufgrund
des Geschlechtes, 18 Prozent der Fälle betreffen Diskriminierung am Arbeits­platz und sexuelle Belästigung. Laut Statistik Austria geben sogar 27 Pro­zent der Frauen in Österreich an, am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden zu sein, also ein Drittel. Ich glaube, da ist es einmal dringend notwendig, auch von öffentlicher Seite, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an ihre Fürsorgepflicht zu erinnern und das vielleicht auch mit Konsequenzen zu belegen.

In 24 Prozent der Fälle geht es um Diskriminierungssituationen in Verbindung mit Arbeitsbedingungen und mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Fälle stehen immer im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Karenz und Wiedereinstieg. In 6 Prozent der Fälle geht es um Entgeltdiskriminierung. Das ist allerdings nur die Prozentzahl, die angezeigt wird. Viele trauen sich aber
nicht, sich dagegen aufzulehnen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 136

Gott sei Dank, und das freut uns als SPÖ sehr, gibt es mittlerweile wenigstens auf EU-Ebene die Vereinbarkeitsrichtlinie, die es Frauen und Männern er­möglichen soll, Arbeit, Familie und Pflege besser in Einklang zu bringen. Sie hätte in Österreich mit August 2022 umgesetzt werden sollen. Minister Kocher hat zumindest angekündigt, dass er spätestens Anfang 2023 einen Entwurf in Begutachtung schickt. Das zeugt vom Stellenwert dieses Themas für die Regierung.

Die Lohntransparenz-Richtlinie halten wir für essenziell. Mit 15.12. sollte da eine endgültige Einigung auf EU-Ebene vorliegen. Sie regelt die wesentlichen
Dinge, die auch uns wichtig sind, denn 17,1 Prozent der Frauen werden in die­sem Bereich noch immer diskriminiert und die Lohnschere ist einfach zu weit offen.

Wir legen Wert auf ein Lohngesetz mit Strafen bei Unterbezahlung, wir wollen höhere Bezahlung in frauendominierten Branchen und einen Rechtsanspruch auf ganztägige Gratiskinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Die Daten und Fakten liegen am Tisch, und das in kaum einem Bereich so klar wie bei diesem. Es geht jetzt wirklich darum,
dass auch die Ministerin tätig wird, Empathie, Motivation und Konsequenz ent­wickelt und diese Dinge, die Europa jetzt für die Mitgliedsländer sozusagen allgemein regelt, in Österreich umsetzt.

Dazu gehört es auch, dass in den Ausschüssen nicht – unter Anführungszei­chen – „nur“ Anträge der Opposition gestellt werden sollen. Ohne diese
bräuchte man gar keinen Ausschuss zu machen, da von der Regierung genau nichts kommt.

Das zeigt, dass wir offensichtlich Probleme haben, aber keine Lösungen. Die Lösungen, die wir anbieten, werden vertagt. So ist der Respekt in diesem
Bereich: gut erforscht, klar belegt, aber leider kein Interesse. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

11.43



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 137

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Faika El-Na­gashi. – Bitte.


11.43.30

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Der Bericht der Gleichbehandlungsanwaltschaft spricht einen sehr relevanten, sehr wichtigen Punkt an, nämlich den der Intersektionalität, der gleichzeitigen Betroffen­heit auf mehreren Diskriminierungsebenen.

Was am häufigsten dokumentiert worden ist beziehungsweise am öftesten passiert, ist, dass eine Person Diskriminierung als Frau erlebt und gleichzeitig auch aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit oder der Religion und Weltanschauung, also zum Beispiel als Frau und als Migrantin.

Da ist ein effektiver Diskriminierungsschutz notwendig. Um aber effektiv vor Diskriminierung schützen zu können, ist es zuallererst notwendig, diese Lebensrealitäten überhaut benennen zu können und den Raum zu haben, da­rüber zu sprechen, sich dazu zu organisieren, sich als Frauen selbst zu organisieren, selbst zu repräsentieren und selbst zu definieren, sich selbst zu bestimmen.

Frau Ministerin, Sie haben den Beitrag der Frauen- und Mädchenberatungs­stellen in diesem Zusammenhang angesprochen. Ich möchte das an einem Bei­spiel veranschaulichen, nämlich am Beispiel der Arbeit der Migrantinnen- und Frauenorganisation Lefö.

Eine der Mitgründerinnen des Vereins Lefö, María Cristina Boidi, ist vor einigen Wochen verstorben. Gestern durfte ich bei ihrer Verabschiedung dabei sein. Christina Boidi ist als Flüchtlingsfrau aus Argentinien nach Österreich gekommen und hat hier in den 1980er-Jahren einen Verein gegründet, der es anderen Frauen, die auch als Geflüchtete gekommen sind, ermöglicht hat, zusammenzu­kommen, sich zu organisieren und über ihre Lebensrealitäten, über ihre Situa­tion zu sprechen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 138

Dieser Verein, dieser Raum wurde dann nicht nur für exilierte Frauen geöffnet, für die das Leben im Exil die einzige Möglichkeit war, in Freiheit zu leben –
Cristina Boidi war davor fünf Jahre in Argentinien während der Militärdiktatur inhaftiert –, sondern auch für Migrantinnen, die aus unterschiedlichen
Gründen in Österreich gelebt haben.

Dieser Raum, der es Frauen ermöglicht hat, sich gegenseitig zu stärken, aber auch ganz praktische Hilfestellungen geboten hat – wie zum Beispiel Deutschkurse oder Arbeitsmarktintegration, die Möglichkeit, sich gemeinsam darüber auszutauschen und sich zu unterstützen –, ist immer mehr zu
einem politischen Raum geworden, in dem eine Analyse zu den Ausbeutungsver­hältnissen stattgefunden hat, unter denen Frauen weltweit leben, zu den Abhängigkeitsverhältnissen in patriarchalen Gesellschaften, die es weltweit gibt. In diesem politischen Raum wurden die Rahmenbedingungen von Frauen im Zusammenhang mit Arbeitsmigration analysiert – da wurden Frauen und Mi­grantinnen in ihrer Lebensrealität als Frauen und Migrantinnen gleichzeitig gestärkt.

Ich glaube, wir sehen an diesem Beispiel das Potenzial, das das Zusam­mendenken dieser Kategorien mit sich bringt, nämlich das Potenzial der NGOs, der Zivilgesellschaft, die in diesem Bereich arbeitet, aber auch das Potenzial des Ministeriums, das diese Bereiche zusammenfasst und zusam­mendenkt.

Wir erkennen an diesem Beispiel auch die Notwendigkeit der Förder­schwerpunkte, die wir im Bereich Frauen und Migrantinnen setzen, um beide Bereiche, quasi beide Identitäten, zusammen und gemeinsam zu stärken und uns damit einem umfassenden Diskriminierungsschutz, den es in diesem Bereich braucht, anzunähern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Ab­geordneten Brandstötter und Krisper.)

11.47


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 139

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.

11.47.244. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2867/A(E)
der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Erhebung zu Menstruationsgesundheit in Österreich (1834 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.


11.47.59

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie! Liebe Zuseher vor den Bildschirmen! In der Medizingeschichte galten Frauen lange als Mängelexemplare des Mannes und wurden deswegen auch entsprechend vernachlässigt, oft mit ganz fatalen Fehldiagnosen.

Über diese Tatsache könnten wir jetzt wahrscheinlich ganz lange diskutieren, und Sie werden es nachvollziehen können, dass ich eine ganz andere Mei­nung dazu habe, aber Gott sei Dank ist es ja so, dass Ärzte und Ärztinnen inzwi­schen mit diesen Mythen aufräumen und sich redlich bemühen, mithilfe der Gendermedizin für die Frauen große Fortschritte im medizinischen Bereich zu erreichen.

Wir als Koalition wollen auch unseren Beitrag dazu leisten, einen maßgeblichen Beitrag, und deswegen haben wir auch den Ausbau der Gendermedizin in


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unserem Regierungsprogramm verankert. Mit unserem gegenständlichen Antrag widmen wir uns einem relativ blinden Fleck in der Frauenmedizin, nämlich
der Menstruationsgesundheit.

Die NGO Erdbeerwoche hat eine Umfrage unter jungen Frauen durchgeführt. Diese bringt zutage, dass 60 Prozent der Mädchen eine negative Einstellung zur Menstruation haben und 50 Prozent überhaupt das Basiswissen darüber
fehlt. Ich finde das ziemlich erschreckend. Da hat man das Gefühl, dass sich in den letzten Jahrzehnten in diesem Bereich nichts geändert hat.

Viele Frauen – gerade junge Frauen – wissen wenig über die Menstruation, über die Folge von Krankheiten und über Menstruationshygiene. Gerade in
dem Bereich sollten wir als Frauen uns aber sehr viel Wissen aneignen, denn die Menstruation begleitet uns über Jahrzehnte, sie gehört zu unserem Selbst­verständnis als Frau und sollte daher auch positiv besetzt sein.

Daher halte ich es für extrem wichtig, dass wir nun die Ministerien – also die Frau Ministerin und den Herrn Gesundheitsminister – dazu auffordern,
eine Studie über die Menstruation mit allen ihren Nebenerscheinungen wie Endometriose, Myome und natürlich auch all die Hygienemaßnahmen,
die notwendig sind, anzufertigen. Das Wichtigste ist allerdings: Es sollen auch Handlungsempfehlungen für Verbesserungen abgeleitet werden.

Mir persönlich ist besonders das Thema Endometriose wichtig. Schätzungen sagen, dass wahrscheinlich jede zehnte Frau von Endometriose betroffen ist und dass sie einen langen schmerzvollen Weg bis zur richtigen Diagnose und zur richtigen Behandlung vor sich hat. Diese Krankheit kann sehr, sehr schwer­wiegende Folgen haben – nicht nur, dass man jahrelang unter Schmerzen leidet, sondern sie kann auch bis zur Kinderlosigkeit führen.

Da muss sich unbedingt etwas ändern. Ich bin ganz überzeugt davon, dass wir
da einen Schwerpunkt setzen müssen. Es braucht bessere Diagnosemög­lichkeiten, aber vor allem Fortschritte in der Behandlung – und diese Studie, die


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nun ausgearbeitet werden soll, ist der erste Schritt dorthin. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.51


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


11.51.54

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Diese Menstruationsstudie ist ja ein gutes Ansinnen, das wir an sich unterstützen; für uns ist es aber schon wesentlich, dass auch sofort konkrete Taten gesetzt werden, weil wir über man­che Problemlagen schon Bescheid wissen.

Wir wissen, dass es in Österreich ein Problem mit Periodenarmut gibt, weshalb Projekte wie die Rote Box in Wien oder kostenlose Periodenartikel auf Toi­letten von Schulen oder Gemeinden wirklich gute Projekte sind. Das sind Produkte, die jede Frau im Alltag benötigt – und wenn man auf eine Toilette geht, nimmt man sich auch das Klopapier nicht selbst mit, sondern geht davon aus, dass welches vorhanden ist. Ähnliches sollte auch für Periodenartikel gelten – weil es, wenn man unter Periodenarmut leidet, im schlimmsten Fall gesundheitliche Folgen wie toxische Schocks haben kann, wenn man einen Tam­pon zu lange drinnen haben muss, weil man sich keinen anderen leisten kann. Das sind wirklich schwerwiegende gesundheitliche Gefährdungen, mit denen Frauen konfrontiert sein können.

Ich möchte allerdings auch noch auf das Thema Endometriose eingehen, weil diesbezüglich andere Länder wirklich große Schritte nach vorne machen, und das Erstellen einer Studie zu lange dauert, um den Betroffenen von Endome­triose endlich unter die Arme zu greifen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine von zehn Frauen ist betroffen. Eine von zehn Frauen muss bis zu neun
Jahre leiden, bis Endometriose diagnostiziert wird – neun Jahre! Eine von zehn Frauen wird mit den Behandlungskosten komplett im Stich gelassen. Eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 142

von zehn Frauen kann nur die Symptome behandeln, weil die Krankheit noch immer nicht heilbar ist. Eine von zehn Frauen leidet unter unregelmäßigen, extrem starken Blutungen und kann unfruchtbar werden. Endometriose ist teilweise unfassbar schmerzhaft. Da müssen wir als Österreich auch endlich nachziehen.

Emmanuel Macron hat sich hingestellt und hat gesagt, Endometriose ist nicht nur ein Problem von betroffenen Frauen, Endometriose ist ein Problem der Ge­sellschaft. Diesen Mut würden wir uns auch in Österreich wünschen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Australien hat einen konkreten Endometrioseplan beschlossen. Die Ampelkoalition in Deutschland hat letztens Commitment für mehr Forschungsgelder für Endometriose gezeigt. All das wollen wir auch in Österreich: mehr Forschungsgelder und einen Aktionsplan für Endometriose, damit die betroffenen Frauen nicht mehr alleine gelassen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


11.54.45

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Ja, dass die Jungs und Mädels in unserem Land kein ausreichendes Basiswissen über die Menstruation haben, ist schon
auch ein Zeugnis dafür, dass die schulische Aufklärung total versagt hat. Da
s ist auch irritierend, weil es dazu im Netz für alle verfügbare Informationen gibt –
für Jugendliche und Erwachsene –, aber offensichtlich sind auch viele Eltern in diesem Bereich überfordert. Viele Daten zu erfassen ist immer gut, damit
man weiß, wo man ansetzen kann – wenn danach auch Verbesserungen für die Frauen- und Mädchengesundheit geschaffen werden. Die Frage ist, ob
diese Maßnahmen dann auch umgesetzt werden – das hoffen wir ja derzeit nur.

Der Antrag der SPÖ, nämlich der Aktionsplan für Endometriose, hätte in Folge auch gleich mitberücksichtigt werden können. Da braucht es natürlich auch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 143

ein entsprechendes Engagement des Gesundheitsministers. Dezidiert angeführt werden nämlich neben der Menstruationshygiene beispielsweise Endome­triose und Myome – ob da eine Erhebung ausreicht? Das, denke ich, wird schwierig, das wird man sehen. Endometriose kann schließlich sehr ver­schieden sein und wird auch das Chamäleon in der Gynäkologie genannt. Wir haben vorhin erst diskutiert: Ja, was ist denn das, wenn es doch auch die Gesellschaft betrifft? – Einfach gesagt: Bei Endometriose wächst Gewebe dort, wo es nicht hingehört; das bedeutet körperliches und natürlich auch psy­chisches Leiden und betrifft 10 bis 15 Prozent der Mädchen und Frauen. Trotzdem hören die Betroffenen den Satz: Du hast doch nur die Menstruation, du bist doch nicht krank! Da mehr Bewusstsein zu schaffen, kann natürlich schon helfen.

Wir unterstützen diesen Antrag, um bei diesem Tabuthema schlussendlich auch Verbesserungen herbeizuführen, aber grundsätzlich stellt sich schon, wie
schon in den letzten drei Tagen, immer wieder die Frage, warum die Regierung quasi immer einen schriftlichen Arbeitsauftrag an sich selbst braucht, damit
auch beim Thema Frauengesundheit etwas gearbeitet wird. (Beifall bei der FPÖ.)

11.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


11.56.57

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Stellen Sie sich vor, Sie haben brutale Zahnschmerzen, so richtig pochen­de Schmerzen, die Ihnen das Denken und das Arbeiten unmöglich machen, und Sie wollen nur eines: dass dieser Schmerz endlich, endlich aufhört. Dann ge­hen Sie zur Zahnärztin; Sie wissen, die kann Ihnen helfen, die findet die Ursa­che für diesen Schmerz und behandelt ihn, und Sie als Patientin sind wie­der schmerzfrei.


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Nun stellen Sie sich aber vor, Sie gehen zum Zahnarzt und der kann Ihnen nicht helfen – schlichtweg, weil er einfach nicht weiß, woher diese Schmerzen kommen. Nun stellen Sie sich weiter vor, Sie müssten ganze zehn Jahre mit die­sen Schmerzen durch die Welt laufen und Ihr Leben und Ihren Alltag be­streiten – zehn Jahre, in denen Ihre Gesundheit nicht intakt ist, Ihr Alltag ein­geschränkt ist, Sie sich kaum zur Arbeit schleppen können, im Supermarkt ohnmächtig werden und dergleichen.

Das ist eigentlich unvorstellbar, oder? – Genau so geht es jedoch monatlich Hunderttausenden Frauen in Österreich, um genau zu sein einer von zehn, denn so viele sind von Endometriose – der zweithäufigsten gynäkologischen Er­krankung – betroffen. Viele dieser Frauen warten sieben bis zehn Jahre bis zur Diagnose, und in diesen sieben bis zehn Jahren werden die Betroffenen nicht ernst genommen, ihre Symptome werden als normale Periodenkrämpfe, die sie halt aushalten müssen, abgetan, und die Krankheit bleibt vor allem in diesen zehn Jahren unbehandelt. Von der bisherigen Gesundheitspolitik sind diese Frauen im Stich gelassen worden, sie waren alleine mit ihrem jahre­langen Hürdenlauf bis zur Diagnose, den Kosten für Ärztinnen und Ärzte, für Schmerzmittel und Therapien – und das müssen wir ändern. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

In diesem Bereich, in dem in der Vergangenheit politisch Verantwortliche – zum Beispiel auch sozialdemokratische Gesundheits- und Frauenminister:innen, Kollegin Holzleitner – weggeschaut und keine konkreten Taten gesetzt haben, da schauen wir hin und da gehen wir einen Schritt. Das Gesundheitsmi­nisterium finanziert eine Studie zur Menstruationsgesundheit, die speziell Endo­metriose in den Fokus rückt. Damit können wir vorhandene Daten- und auch Wissenslücken schließen, auf die Betroffene und Expertinnen, Experten schon lange hinweisen. Es ist natürlich klar, dass auf diesen ersten Schritt weitere Schritte folgen müssen, damit Betroffenen künftig schneller und auch besser geholfen wird.


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Was für andere Erkrankungen gilt, zum Beispiel für eine Zahnwurzelentzündung, muss natürlich auch endlich bei Endometriose Normalität werden, nämlich
gute Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten und Kostenübernahmen der Be­handlungen und Therapien durch die Krankenkassen. No na braucht es das. Sicher braucht es das, und all das fordert die Endometriose Vereinigung Austria seit Langem. Vielen Dank an dieser Stelle für eure wichtige, engagierte ehrenamtliche Arbeit, die auch den Grundstein für diesen Antrag heute gelegt hat (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller) – und Danke auch an jene 21 561 Personen, die eine Petition der Plattform Aufstehn.at zu diesem Thema unterstützt haben!

Viel zu lange sind Betroffene von Endometriose von der Gesundheitspolitik ignoriert und im Stich gelassen worden. Das müssen wir ändern, und
ich verspreche Ihnen: Das werden wir auch. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

12.00


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Vorla­gen des Gleichbehandlungsausschusses.

12.00.255. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2868/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disos­ki, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung einer umfassenden Informationsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern (1835 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.



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12.01.01

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Vom 25.11. bis zum 10.12. haben wir die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen begangen.

In den vergangenen Jahren hat es sich sehr oft so getroffen, dass wir während dieser Zeit auch eine oder mehrere Plenarsitzungen hatten und das Thema debattieren konnten. Das war heuer leider nicht der Fall. Deswegen bin ich sehr, sehr froh, dass wir anlässlich des Antrages von meiner Kollegin und mir heute
die Gelegenheit haben, noch einmal über dieses wichtige Thema Gewalt­schutz für Frauen und Mädchen zu sprechen und es noch einmal an die Öffent­lichkeit zu tragen.

Wir alle hier im Hohen Haus sind uns einig, wie wichtig es ist, Frauen und
Mädchen vor Gewalt zu schützen. Unsere Regierung arbeitet hart daran, die Si­tuation für die Betroffenen zu verbessern. Seit 2019 ist es unserer Frau Ministerin gelungen, das Frauenbudget – oder das Budget für ihr Ressort und damit auch für den Gewaltschutz – maßgeblich zu erhöhen, nämlich
um circa 140 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ganz besonders erfreulich ist auch, dass die unterschiedlichen Ressorts unter der Leitung der Frau Ministerin in den letzten Jahren noch besser und erfolgreicher zusammenarbeiten, als es schon vorher der Fall war. Damit wird auch für die Öffentlichkeit gezeigt und das Bewusstsein gestärkt: Gewalt­schutz geht uns alle an. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aus diesem Gedanken heraus hat die Frau Ministerin auch vergangene Woche eine Gewaltschutzkonferenz durchgeführt, an der sowohl die Justizministerin als auch der Innenminister, der Gesundheits- und Sozialminister sowie die Frau Ministerin selbst teilgenommen haben. Diese Konferenz wurde ja heute


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auch schon in einigen Reden erwähnt und hat wieder wichtige Erkenntnisse ge­bracht.

In den vergangenen Jahren wurden sehr, sehr viele neue Maßnahmen gesetzt. Es wurden aber auch bereits bestehende Maßnahmen ausgebaut. Ich möchte
jetzt nur beispielhaft erwähnen: 50 Prozent mehr Geld für die Gewaltschutzzen­tren und eine deutliche Aufstockung der Budgets für die Frauen- und Mäd­chenberatungsstellen. Es gibt zum Beispiel seit letztem Jahr eine Schulungsof­fensive gegen Cybergewalt.

Es wurden vom Innenministerium mittlerweile 1 100 Präventionsbedienstete in der Exekutive ausgebildet. Es gibt verpflichtende opferschutzorientierte Täterarbeit, die vom Innenministerium finanziert wird. Es gibt die kostenlose Prozessbegleitung beziehungsweise wurde sie von der Frau Justizminis­terin ausgebaut. Im Sozialministerium wurde die Männerberatung deutlich aus­gebaut.

Ganz wichtig ist aber auch, dass Frauen und Mädchen wissen, wohin sie sich wenden können, wenn sie Hilfe und Schutz brauchen. Daher sind Informationskampagnen so unglaublich wichtig. Mit unserem Antrag haben
wir eben auch gebeten, dass diese Informationskampagnen weiter­geführt werden.

Ich möchte daher abschließend die Gelegenheit nutzen, Sie zu ermuntern: Wenn Sie Gewalt beobachten oder selbst von Gewalt betroffen sind, zögern Sie
bitte nicht, entweder die Polizei unter der Nummer 133 zu rufen oder die Frau­enhelpline anzurufen – sie ist das ganze Jahr die ganze Woche, also auch am Wochenende, rund um die Uhr unter der Nummer 0800 222 555 erreich­bar –, oder nutzen Sie das Internet! Gehen Sie auf das Frauenservicepor­tal! Einfach bei Google Frauenserviceportal eingeben, dort finden Sie alle Infor­mationen zu den einzelnen Gewaltschutzeinrichtungen.


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Bitte nutzen Sie die Gelegenheit gerade auch jetzt in dieser Zeit während der Feiertage, in der doch immer wieder auch Übergriffe im häuslichen Bereich stattfinden! Wir alle sind für Sie da. Wir lassen Sie nicht alleine. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.


12.05.45

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vergangene Woche sind die 16 Tage
gegen Gewalt zu Ende gegangen. Das Thema Gewalt an Frauen rückt in diesen Tagen vermehrt in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Es wäre zweifelsohne auch ein wichtiger Zeitraum gewesen, den man als Regierung, als Regierungsparteien hätte nutzen können, um tatsächlich Maßnahmen auf
den Weg zu bringen.

Jetzt beschließen wir einen Antrag zur Umsetzung einer Informationskampagne zum Thema Gewalt. Ich möchte gleich außer Frage stellen, dass das wichtig
und richtig ist. Wir fordern das ja auch immer in unseren Anträgen, die Sie verta­gen, aber diese Kampagne hat bereits stattgefunden. Sie ist zu Ende, aber
wir beschließen heute, dass sie umgesetzt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und Grünen, da muss man schon auch darüber diskutieren: Wie ernst nehmen Sie unsere parlamentarische Arbeit?
Wie ernst nehmen wir uns selbst hier im Parlament mit dem, was wir machen? (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist aus frauenpolitischer Sicht schon auch ein bisschen entlarvend, wenn wir gerade zum Thema Gewaltschutz, das auch so einen wichtigen und großen Stellenwert in der Arbeit dieser Regierung einnimmt – die frauenpolitische Ar­beit reduziert sich eigentlich fast auf dieses Thema –, nur so einen Pseudo­antrag für eine Informationskampagne beschließen, die schon längst erfolgt ist.


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Das zeigt einmal mehr, dass es in dieser Regierung offenbar nicht mehr möglich ist, auch Dinge voranzubringen, die wirklich notwendig sind.

Wir haben aber gerade beim Thema Gewaltschutz vieles zu tun. Es gibt in diesem Bereich viele offene Baustellen. Krisenzeiten bedeuten immer auch einen eklatanten Anstieg von häuslicher Gewalt. Die Wiener Interventionsstelle
gegen Gewalt hat darauf aufmerksam gemacht, dass mit dem Beginn der Coro­nakrise die Zahl der Annäherungs- und Betretungsverbote in Österreich extrem angestiegen ist. Zum Vergleich: 2018 hat es noch 8 076 Betretungsver­bote gegeben, 2021 waren es schon 13 546. Die Spitze des Eisberges sind 28 Femizide – also 28 Frauen in Österreich, die von ihren Partnern oder Ex-Part­nern ermordet worden sind – und 25 Fälle von schwerer Gewalt oder Mordversuchen. Ja, das ist die traurige und dramatische Bilanz in diesem Jahr.

Daten zu Femiziden werden in Österreich allerdings nicht erhoben. Sie sind aber für unsere Arbeit als Basis für evidenzbasierte Maßnahmen dringend not­wendig. Geschlechtsspezifische Gewaltverbrechen finden wir in der Kriminalsta­tistik in Österreich leider nicht. Andere Länder in Europa sind da seit Jahren weiter voraus und auch beispielgebend. Es ist notwendig, dass wir da endlich Maß­nahmen setzen. Dazu braucht es auch eine klare Definition des Begriffs
Femizid. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.)

Deswegen bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitli­chen Definition des Begriffs ‚Femizid‘ zur verbesserten kriminalstatistischen Er­fassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien, Integration und Medien im Bundeskanzleramt und Bundesminister für Inne­res, wird aufgefordert schnellstmöglich eine rechtswirksame Definition für den Begriff ‚Femizid‘ zu erarbeiten und dafür zu sorgen, dass ressortübergrei­fende Maßnahmen ergriffen werden, damit geschlechtsspezifische Motive bei Frauenmorden in Zukunft detailliert in der Kriminalstatistik aufscheinen und so essentielle Weichen für eine umfassendere Gewaltschutzpolitik in Öster­reich gestellt werden können.“

*****

Bitte stimmen Sie diesem so wichtigen Antrag zu! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc, Sabine Schatz, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen,

betreffend Gewalt gegen Frauen - Forderung einer einheitlichen Definition des
Begriffs “Femizid” zur verbesserten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses
über den Antrag 2868/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung einer umfassenden Informationsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern (1835 d.B.)

Durchschnittlich drei Frauen im Monat werden hierzulande Opfer eines Femizids.
28 - so viele Frauen verloren in diesem Jahr bereits aufgrund ihres Geschlechts, frau­enverachtender Haltungen und der Abweichung von patriarchalen Rollenvor­stellungen ihr Leben in Österreich, so der Verein AÖF. Im Vorjahr waren es zwischen


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26 und 31, je nach Quellen der Information, die freilich nie den Anspruch auf Vollständigkeit erheben können. Denn Daten zu Femiziden werden in Österreich nicht systematisch amtlich erhoben und sind daher auch nicht einheitlich ermittelbar, obwohl eine klare Datengrundlage essentiell für umfassende Gewaltpräven­tionskonzepte ist.

So legt auch Artikel 11 der Istanbul-Konvention, die in Österreich am 1. August 2014 in Kraft getreten ist, fest, dass in regelmäßigen Abständen einschlägige genau aufgeschlüsselte statistische Daten zu sammeln sind. Auch GREVIO1, also das ein­gesetzte Gremium zur Überwachung der Einhaltung der Istanbul-Konvention, sprach sich bereits dringend für einen Ausbau der Datenerhebung aus. Eine genaue Datenerhebung, die eine exakte Auskunft über das Verhältnis zwischen Opfer und Täter gibt, wäre nicht nur zwecks detaillierter Erfassung von Femiziden wichtig: Zahlen haben auch klare Wirkung für politisches Handeln. Erst mit dem entsprechenden breiten Wissen über ein Phänomen oder ein strukturelles Problem können Ableitungen getroffen und zielgerichtete Maßnahmen gesetzt werden.

Neben der fehlenden gesonderten Erfassung ist ebenfalls problematisch, dass Tätermotive in keiner Weise strafverschärfend wirken können - ein Unterschied zu anderen Bereichen, wie Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, wo das bereits
der Fall ist (vgl. §33 Abs. 1 Z5 StGB). Gerade bei Femiziden ist eine Differenzierung zu anderen Formen der Gewalt essentiell. Es handelt sich eben nicht “nur” um
einen Frauenmord, der unabhängig vom Geschlecht passiert. Femizide zeigen auf bru­talste Weise die Folgen eines gesellschaftlich noch immer verankerten struktu­rellen Sexismus auf.

Um Femizide und ihre Ursachen bekämpfen zu können, müssen sie vor allem benannt und sichtbar gemacht werden. Daher braucht es eine bundesweit einheitliche Definition des Begriffs und folglich eine polizeiliche Erfassung in der Kriminalstatistik, welche über die aktuell gängige Kategorisierung hinausgeht. Nur wenn Datenerhebungen Tätermotive im Bereich der Frauenmorde erfassen, kann das ge­schlechtsspezifische Phänomen der Femizide manifest gemacht und bekämpft werden. Deutschland etwa hat den dringenden Handlungsbedarf erkannt und erfasst


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seit 1. Jänner 2022 spezifisch Delikte, die "aufgrund von Vorurteilen bezüglich eines Geschlechts beziehungsweise einer geschlechtlichen Identität begangen wer­den". Spanien erfasst Femizide sogar bereits seit 2004 systematisch in der Kriminalstatistik.

Es darf nicht sein, dass geschlechtsspezifische Gewaltverbrechen in Österreich weiterhin ein weißer Fleck in der Kriminalstatistik bleiben. Das Ausmaß an Gewalt an Frauen ist alarmierend hoch und die extremste Ausdrucksform ungleicher Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen. Eine klare Definition des Begriffs “Femizid” zur systematischen Erfassung in der Kriminalstatistik ist einer von
vielen, wenngleich sehr essentieller Schritt zu einer intensivierten Gewaltschutzpolitik in Österreich.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien, Integration und Medien im Bundeskanzleramt und Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert schnellstmöglich eine rechtswirksame Definition für den Begriff “Femizid” zu erarbeiten und dafür zu sorgen, dass ressortübergreifende Maßnahmen ergriffen werden, damit geschlechtsspezifische Motive bei Frauenmorden in
Zukunft detailliert in der Kriminalstatistik aufscheinen und so essentielle Weichen für eine umfassendere Gewaltschutzpolitik in Österreich gestellt werden können.“

1          Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.



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12.09.43

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Gewalt in Österreich passiert einfach. Die allermeisten Opfer sind Frauen – passiert einfach; die allermeisten Täter sind Männer – passiert einfach; das eigene Zuhause der gefährlichste Ort – passiert einfach; beinahe an jedem Tag schwere Gewalt gegen Frauen – passiert in Österreich; an etwa jedem zehnten Tag ein Frauenmord – passiert in Österreich; 28 Frauenmorde in Österreich – sind einfach passiert.

Daraus ergibt sich ein glasklarer Auftrag an die Politik: Gewalt gegen Frauen muss noch besser aufgezeigt, besser deklariert, besser bekämpft werden.

Am 25. November begannen die jährlichen 16 Tage gegen Gewalt, und sie en­deten am vergangenen Samstag. Die Regierung startete eine Informationsoffensive gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Das ist grund­sätzlich sehr begrüßenswert, aber diese Idee jetzt rückwirkend, als PR-Gag quasi, als Antrag hier im Hohen Haus zur Abstimmung zu bringen, das ist mehr als beschämend. In jeder Sitzung, das ganze Jahr über hätten wir im Ausschuss über diesen Antrag beraten können und vor Beginn hier im Parlament präsentie­ren können. Das hat die Regierung aber offensichtlich verschlafen – ist wahr­scheinlich auch einfach so passiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch anlässlich des Internationalen Frauentages im März gab es so einen rasch präsentierten „Jo eh, sicher“-Antrag, gegen den man als Opposition gar nicht sein kann, weil er ohnehin nicht
viel hergibt. Ordentliche parlamentarische Arbeit schaut anders aus, glaubwür­dige Arbeit der Regierung schaut anders aus.

Eine Erkenntnis durch valide Daten hat die Studie zu Frauenmorden aber gebracht, sehr geehrte Damen und Herren – und ich habe es hier immer gesagt –: Importierte Gewalt beträgt in Österreich anteilsmäßig mehr als 30 Prozent.
Das sagt schon die Statistik, ich wurde hier im Plenum dafür – milde gesagt – im­mer geschimpft.


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Jetzt haben Sie, Frau Minister, aufgrund der Gewaltstudie bestätigt, dass auch die Herkunft des Täters eine Rolle spielt und Täter mit Migrationshintergrund im Vergleich zum Anteil der Gesamtgesellschaft mit 40 Prozent überrepräsentiert sind. Diese Gewalt steht auch im Blickfeld: Gewalt auf der Straße, fünf Verge­waltigungen in Wien innerhalb von zwei Wochen an öffentlichen Orten, Jugendliche in Graz, die auf einen Gleichaltrigen losgehen, ein Überfall Dutzen­der Männer am Wiener Donaukanal, mehr als hundert Halloweenausras­tende am Linzer Taubenmarkt und auch Asylsuchende gegen Asylsuchende in Frankenburg. Wie fragte doch „Die Presse“ Ende November? – „In einem der sichersten Länder der Welt stellt sich die heikle Frage: Ist es ,draußen‘ ge­fährlicher geworden?“

Dass sich die Frauen in Österreich nicht mehr sicher fühlen, ist eine Tatsache, egal ob am Bahnhof, im Parkhaus, im Park oder auf der Straße. Da wären
Sie, Frau Minister, als Integrationsministerin gefragt: Lassen Sie es nicht einfach so passieren! Sie sind auch als Frauenministerin gefragt: Sorgen Sie für Maßnahmen, dass sich Frauen im öffentlichen Raum wieder sicher bewegen können!

Zu den Femiziden: Da braucht es noch weit mehr: bessere Bekämpfung mit mehr wirksamer Prävention, und es braucht offensichtlich auch noch mehr Infor­mation. Gewalt beginnt nicht mit Mord, Gewalt ist viel subtiler und endet meist erst, wenn die Frau den Mut aufbringt, die Haustür hinter sich schließt und nie mehr zurückkommt.

Warum machen Frauen das nicht? Was braucht es? Was hilft? Was rettet Leben? Was kann neben mehr Geld im Gewaltschutz, mehr Präventionsbeamten oder der Kassenboninitiative im Handel noch helfen? Eine Möglichkeit wäre Ursachenforschung, etwa mit einer Studie, mit einer Befragung zu Gewalterfah­rungen, die sich mit dem sogenannten Dunkelfeld häuslicher und sexueller
Gewalt befasst; das, was wir allgemein als Dunkelziffer anführen, aber nicht ex­plizit erklären können. Die Ergebnisse könnten uns helfen, zielgenaue


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Maßnahmen zu setzen, um Hilfsangebote und Opferschutzangebote genau so anzusetzen, dass sie hilfreich sind, und auch um präventive Hilfen anbieten zu können, damit eben Frauen eine Chance haben.

Darum bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung einer Dunkelfeldstudie zu Gewalt gegen Frauen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen und In­tegration und der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, eine österreichweite Dunkelfeldstudie zu ,Gewalt gegen Frauen‘ durchzuführen, mit der unter anderem die Hintergründe von Gewalt gegen Frauen, das typi­sche Täterbild und mögliche gezielte Hilfestellungen zur Eindämmung von Ge­walt gegen Frauen erhoben werden.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich unterstreiche, was Klaudia Frieben, die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, sagt, nämlich „der Kampf gegen Gewalt an Frauen“ werde „noch immer nicht mit der Ernsthaftigkeit geführt,
die sich Frauen verdient haben“.

Der heute vorliegende Regierungsantrag wird die Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Gewalt an Frauen sicher nicht verbessern. (Beifall bei der FPÖ.)

12.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA


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und weiterer Abgeordneter

betreffend Durchführung einer Dunkelfeldstudie zu Gewalt gegen Frauen

eingebracht im Zuge zur Debatte zu TOP 5, Bericht des Gleichbehandlungs-ausschusses über den Antrag 2868/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung einer umfassenden Informationsoffensive gegen Gewalt an Frau­en & Kindern (1835 d.B.)

in der 191. Sitzung des Nationalrates am 15. Dezember 2022

In den letzten elf Jahren wurden in Österreich mehr als 350 Frauen ermordet, im aktuellen Jahr sind es mutmaßlich bereits 28. Dazu kommen mehr als
800 Mordversuche und schwere Gewalttaten. Und ein Abwärtstrend ist nicht
in Sicht.

Die bestehenden Hilfestellungen sind offensichtlich nicht ausreichend, eine schnelle Evaluierung und Anpassung der aktuellen Maßnahmen ist dringend erforderlich. Sinnvoll erscheinen derzeit neben mehr Geld für die Gewaltprävention ein Ausbau der Beratungsstellen für Frauen und Mädchen in den Regionen sowie die finanzielle Absicherung der regionalen und dezentralen Einrichtungen.

In Österreich steht Gewalt mittlerweile klar im Kontext zu Migration, vor allem der unkontrollierten Einwanderung und dem oft nicht vorhandenen Integrations­willen. Viele der Männer und insbesondere jungen Männer, die derzeit in unser Land strömen, stammen aus einem komplett anderen Kulturkreis, in welchem Frauen und Mädchen nichts zählen.

Das Sicherheitsgefühl der Frauen in unserem Land nimmt seit Jahren immer mehr ab. Es braucht endlich Maßnahmen und Taten, um die Gewalt an Frauen und Mäd­chen in unserem Land einzudämmen. Österreich muss wieder zu einem Land werden, wo Frauen und Mädchen keine Angst haben müssen!


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Dazu ist es aber notwendig so viele Informationen wie möglich über die Ursachen und Hintergründe der Gewalt an Frauen zu erhalten. Viele Delikte werden derzeit aus verschiedenen Gründen nicht angezeigt. Gezielte Hilfestellungen für die Opfer, gezielte Maßnahmen gegen die Täter und damit dauerhaft weniger Gewalt gegen Frauen sind daher oft nur schwer möglich.

Eine Möglichkeit wären Dunkelfeldstudien, wie sie etwa in Deutschland bereits seit Jahren durchgeführt werden. Dunkelfeldstudien untersuchen Bereiche, zu de­nen keine oder unzureichende Informationen vorhanden sind. Ziel derartiger Studien ist es, weitergehende Erkenntnisse über das Gesamtaufkommen bestimmter Straftaten einschließlich des sogenannten Dunkelfeldes, zu gewinnen. Hierzu bedient man sich der Befragung zufällig ausgewählter Personen bezüglich ihrer Erfah­rungen als Opfer („Opferbefragungen“) oder Täter („Täterbefragungen“).

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen und Integration und der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, eine österreichweite Dunkelfeldstudie zu „Gewalt gegen Frauen“ durchzuführen, mit der unter anderem die Hintergründe von Gewalt gegen Frauen, das typische Täterbild und mögliche gezielte Hilfestellungen zur Eindämmung von Gewalt gegen Frauen erhoben werden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.



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12.14.58

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Worüber re­den wir, wenn wir über Gewalt an Frauen und Mädchen sprechen? Eine übergriffige Nachricht, eine unerwünschte Berührung, ein ordinärer Nachruf auf der Straße? – Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat viele, sehr hässliche Gesichter, und die Grenzen dieser unterschiedlichen Gewaltformen sind dabei fließend. Im Laufe ihres Lebens widerfährt jeder dritten Frau, jedem dritten Mädchen eine dieser Gewaltformen, und 2021 sind in unserem Land 29 Frauen getötet worden. Nach Schlägen, nach Tritten oder sexuellen Übergriffen ist der Femizid somit der Gipfel dieser patriarchalen Gewalt, die Männer gegen Frauen ausüben.

Österreich hat – und ich habe es hier von diesem Redner:innenpult aus schon oft gesagt und ich sage es auch in meiner letzten Rede hier im Ausweichquartier
des Hohen Hauses – ein massives Problem mit Männergewalt. Dieses Problem ist von der Politik lange nicht ernst genug genommen worden, aber damit ist tatsächlich endlich Schluss! Endlich haben Gewaltschutz und Gewaltprävention jenen Stellenwert, den es auch braucht, nämlich den höchsten. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da wundere ich mich schon, Kollegin Ecker von der FPÖ, dass Sie im Zusammenhang mit Gewaltschutz von einem PR-Gag sprechen. Gewaltschutz ist nie ein PR-Gag. Er hat auch keine Farbe. Er ist weder grün, türkis, schwarz,
blau schon gar nicht und auch nicht pink oder rot.

Frau Kollegin Schatz, ich bin auch ein bissel befremdet, wenn du von Pseu­doarbeit der Regierung im Gewaltschutz sprichst. Wie schaut denn diese Pseu­doarbeit der Regierung im Gewaltschutz aus? – 140 Prozent mehr Geld
im Frauenbudget, aus dem heraus zentraler Gewaltschutz und Gewaltpräven­tionsmaßnahmen finanziert werden. Wir sind jetzt bei 24,3 Millionen Euro. Zehn Jahre lang sozialdemokratische Frauenminister:innen – 10 Millionen Euro, stagnierende Budgets. Wo war da die Priorität bei der Sozialdemokratie?


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Es gibt 50 Prozent mehr Geld für die Frauen- und Mädchenberatungsstellen. – Ihr habt da früher weggesehen. Die 197 Beratungsstellen für Frauen und Mädchen sind nicht ausreichend finanziert gewesen, als ihr in Regierungsverant­wortung gewesen seid. Es sind 50 Prozent mehr seit 2019! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Rund ein Drittel aller Frauen, die in einem Frauenhaus Schutz finden, kehren später zum gewalttätigen Partner zurück. Das tun sie nicht, weil sie davon überzeugt sind oder weil sie es wollen, sondern weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können. Mit jährlich 3 Millionen Euro für neue Start-
und Übergangswohnungen unterstützen wir endlich gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder bei einem guten Start in ein neues, gewaltfreies Leben.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Justizministerin – gut, dass sie auch gerade zu uns gestoßen ist – hat
die Opferrechte massiv gestärkt. Ein Schwerpunkt ist zum Beispiel
die kostenlose juristische und psychosoziale Prozessbegleitung – das hat es vorher nicht gegeben –, auch der Ausbau dieser Prozessbegleitung auf
Kinder und Jugendliche, die Zeuginnen und Zeugen von Gewalt geworden sind. In diesem Zusammenhang sprechen Opferschützer:innen von einem
Meilenstein im Gewaltschutz, aber die SPÖ spricht von Pseudoarbeit – sehr interessant.

Ich könnte jetzt diese Aufzählung noch sehr, sehr lange fortführen, meine Liste ist noch lange nicht zu Ende, aber ich glaube, wer sich ernsthaft mit der
Arbeit der Bundesregierung im Bereich Gewaltschutz, Gewaltprävention aus­einandersetzt, der sieht, dass diese beiden wichtigen Themen endlich die
höchste Priorität, endlich den richtigen Stellenwert haben.

Ich kann allen, die heute zuschauen, nur versprechen, wir werden nicht rasten und wir werden weiterhin alles tun, was getan werden muss, damit wir
diesem Gewaltproblem begegnen, weil jede Frau, jedes Mädchen ein Recht


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auf ein gewaltfreies Leben hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

12.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brand­stötter. – Bitte.


12.18.39

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Bemerkenswertes hat sich kürzlich im Gleichbehandlungsausschuss zugetragen. ÖVP und Grüne haben einen
Antrag eingebracht; sie wollen eine Kampagne gegen Gewalt an Frauen star­ten. – Eine gute Idee! Spannend war, dass sich die Regierungsparteien
mit diesem Antrag selbst beauftragt haben. Darauf angesprochen, meinten sie, das wäre Selbstmotivation. Das war sehr lustig. (Heiterkeit der
Abg. Meinl-Reisinger.)

Noch skurriler war: Zu diesem Zeitpunkt lief diese Kampagne schon. Jetzt
würden unbeteiligte Beobachter vielleicht sagen, das sei eine Veräppelung. Ich kann Ihnen versichern: Damit sind sie nicht allein. (Beifall bei den NEOS.)

Gewalt hat viele Gesichter, und Gewalt gegen Frauen ist ein riesiges Problem, dessen muss man sich bewusst sein. Die Kampagne, die wir jetzt beschließen, die schon gelaufen ist, war sehr wichtig, lassen Sie mich aber auch zur Motiva­tion etwas mitgeben: Der Kampf gegen Gewalt an Frauen darf sich nicht nur da­rin erschöpfen, dass wir Kampagnen machen, sondern wir müssen aktiver hinsehen. Kollegin Schatz hat heute schon einen gemeinsamen Antrag einge­bracht.

Wir brauchen dringend eine Definition des Wortes Femizid und wir brauchen einen Eingang davon in die Kriminalstatistik. Das sind wir auch den getöte­ten Frauen in diesem Land schuldig, dass sie zumindest als Person in der Statistik auftauchen. Kollegin Disoski von den Grünen hat gerade vorhin in ihrer
Rede gezeigt, warum das so wichtig ist, denn sie hat von 29 Femiziden im heu­rigen Jahr gesprochen. Die autonomen Frauenhäuser, die ja diese Statistik


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führen und aufgrund von Medienberichten zählen, kommen auf 28 Femizide. Es bringt da auch wenig, auf die EU zu verweisen und zu sagen, wir warten bis Brüssel eine Definition vorlegt. Wir müssen selber aktiv werden, weil das Problem dermaßen groß ist.

Von Gewalt betroffene Frauen brauchen einen leichteren Zugang zur Gesundheitsbehandlung, nachdem es zu Gewalt gekommen ist, aber eben auch davor. Wir müssen dringend an der Prävention arbeiten. Frau Bundesminis­terin, Sie sprechen ja immer wieder von den patriarchalen Strukturen, die es auf­zubrechen gilt. Ich frage mich aber: Was machen Sie denn gegen diese? Wir müssen Frauen dringend finanziell unabhängig machen. Wir müssen Kinder­betreuung zu einer gemeinsamen Aufgabe machen und nicht so tun, als wäre das einfach eine Frauenaufgabe. Wir müssen Pflege als professionellen Beruf wahrnehmen und nicht als Aufgabe, die Frauen dann einfach irgend­wie mitmachen. Wir müssen echte Politik für den Gewaltschutz machen, und das bedeutet auch, dass wir Frauen selbst ermächtigen müssen. Wir müssen
Politik machen, die Frauen selbst ermächtigt, und dazu gehört allem voran eine ordentliche Kinderbetreuung und ein Rechtsanspruch darauf ab dem ersten Lebensjahr des Kindes. Das haben wir Frauen in Österreich uns einfach verdient. (Beifall bei den NEOS.)

Das wäre auch ein erster Schritt dazu, dass wir uns nicht nur selbst ermächtigen oder selbst motivieren müssen, um Kampagnen zu machen, denn das Ziel
muss ja sein, dass diese Kampagnen obsolet sind. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.21


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Abgeordnete Sabine Schatz zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.21.53

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollegin Disoski hat in ihrem Redebeitrag behauptet, ich hätte in meinem Redebeitrag von einer


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Pseudoarbeit der Regierung im Gewaltschutz gesprochen. (Abg. Disoski: Ja!) – Das ist unrichtig.

Der tatsächliche Sachverhalt lautet: Ich habe angesichts des Antrages für eine Umsetzung einer Kampagne, die längst vorbei ist, von einem Pseudoantrag gesprochen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

12.22


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Pia Philippa Strache zu Wort. – Bitte.


12.22.35

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Ministerinnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewalt an Frauen und Kindern hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Frauen, aber eben auch Kinder, leiden
meist im Stillen in einem – oftmals familiären – gewalttätigen Umfeld.

Vielen Frauen fehlt aber der Mut und auch die Kraft, sich an jemanden oder eben an eine Stelle, die hilft, zu wenden. Es ist aber nicht nur der Mut, der fehlt, sondern es ist schlicht die Angst, die diese Frauen lähmt. Es ist die psycho­logische Komponente der Frauen, die sich selbst die Schuld an der ihnen zuge­fügten Gewalt geben, die denken, sie hätten es verdient, und dem Tä­ter leider auch Glauben schenken, wenn er sagt, er tut es nie wieder. Es ist die Schuldfrage, die Kinder nicht differenzieren können, folglich wissen sie nicht, dass es falsch ist, dass ihnen Gewalt angetan wird.

Fangen wir bei uns an! Wenn wir heute von häuslicher Gewalt hören, denken wir daran, betroffene Frauen und Kinder nicht im Stich zu lassen. Gerade die
jetzt so besinnlichen Feiertage sind für viele Frauen und Kinder alles andere als besinnlich. Sie sind erfüllt von Zorn, Wut und Schlägen. Helfen wir! Oder hören wir zumindest auf, darüber zu urteilen, diese Frauen und die Gewalt, die ihnen angetan wird, zu verurteilen.


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Was meine ich damit? – Oftmals, wenn ich mit jemandem darüber spreche, fallen relativ rasch Sätze wie: Na selber schuld, sie geht ja nicht!, oder: Es liegt ja an ihr, denn sie hätte es ja in der Hand, zu gehen! – Nein, diesen Frauen wurde die Kraft genommen. Sie fühlen sich machtlos, erbärmlich und sind oftmals be­schämt. Es ist eine gesellschaftliche Pflicht, zu sagen: Diese Frauen und Kinder brauchen Hilfe!, und: Ich helfe! Eben deswegen braucht es eine breite Offen­sive, die nicht nur Betroffenen eine Hilfeleistung bietet, sondern auch Menschen darauf aufmerksam macht, zu sagen: Ich halte mich da nicht raus, ich leiste
Hilfe, ich habe genau diesen Mut, der diesen Frauen genommen wurde, und helfe!

Wenn wir jetzt den Umstand haben, dass jede dritte Frau schon einmal Opfer von häuslicher Gewalt geworden ist, ist alleine hier in diesem Hohen Haus schon einmal jeder von uns damit konfrontiert worden, dass Frauen und Kinder Hilfe brauchen. Schauen wir daher nicht weg, schauen wir hin und helfen! Ich bin wirklich der festen Überzeugung, dass gerade Frauen mit Kindern kaum selbstständig Hilfe in Anspruch nehmen und daher darauf angewiesen sind, dass man ihnen von außen hilft. Sonst bleiben sie bei ihrem Partner, da diese Menschen oftmals unheimlich manipulativ sind und mehr Macht über diese Frauen haben, als ein Außenstehender denken mag. Ja, das zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten.

Bei allem, was heute an Positivem genannt wurde, fehlt mir einmal mehr die psychologische Komponente. Frauen müssen nicht nur davon überzeugt werden, ihren gewalttätigen Partner zu verlassen, sondern sie müssen auch dabei unterstützt werden, nicht mehr zum gewalttätigen Partner zurückzukehren. Nicht nur die sichtbaren Wunden müssen heilen, sondern auch die See­len der Frauen, aber auch die Seelen der Kinder. Dieser Aspekt darf nicht ver­nachlässigt werden. Mit häuslicher Gewalt aufzuwachsen macht etwas mit einer Kinderseele, daher darf der psychologische Aspekt neben dem Ausbau der Gewaltambulanzen nicht vernachlässigt werden.


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Ich kann es nur noch einmal sagen: Auch wenn man es von außen nicht sieht, zieht es sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Gewalt kennt keine gesellschaftlichen Schichten. Gewalt kennt eben nur Gewalt, daher liegt es an uns, an uns als Zivilpersonen, zu handeln, damit Gewalt an Frauen und
Kindern kein Tabuthema und auch keine Stigmatisierung mehr ist.

Ich denke, man wird nicht jede von Gewalt betroffene Frau mit einer Notfall­nummer oder einer Informationskampagne erreichen können. Daher ist es wichtig, Bewusstsein zu schaffen, wie viel jeder Einzelne von uns tun kann, um kein von Gewalt betroffenes Kind oder keine von Gewalt betroffene Frau
im Stich zu lassen, mit der Gewalt – oftmals im eigenen Zuhause – alleinzulassen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

12.26


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.26.46

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kol­leg:innen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sie wissen, dass seit Beginn mei­ner Amtszeit und auch seit Beginn unserer gemeinsamen Regierungsperiode der Gewaltschutz wirklich ganz oben auf unserer Agenda steht und dass wir auch innerhalb der Regierung diesbezüglich einen starken Schulterschluss haben.

Den haben wir – die Justizministerin, der Sozialminister, der Innenminister und ich – nicht zuletzt beim gemeinsamen Gewaltschutzgipfel vor wenigen Tagen auch noch einmal bekräftigt. Er zeigt sich auch in all unseren Budgets, nicht nur im Frauenbudget – wovon ein Großteil in den Gewaltschutz geht –, das
wir um 440 Prozent erhöht haben, sondern auch in den Maßnahmen und in den Budgets der Justiz, des Inneren und auch im Bereich des Sozialen. Das ist
auch gut und wichtig, denn wir alle wollen, dass jede Frau und jedes Kind ein


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Recht auf ein gewaltfreies Leben hat und dass sich das in tatsächlichen Maßnahmen manifestiert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich glaube, dass durch die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts, die wirklich gut ist – dafür möchte ich auch Danke sagen –, in den letzten Jahren viel gelungen ist. Es war eine langjährige Forderung der Fraueneinrichtungen, dass wir die Zahl der sogenannten sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen
steigern. Das sind jene Konferenzen, bei denen die Menschen, die im Bereich des Sozialen, der Bildung, der Polizei, der Gewaltschutzzentren, der Frau­enschutzeinrichtungen mit schwierigen Fällen im Bereich der häuslichen Gewalt konfrontiert sind, zusammenkommen. Diese haben wir in den Regionen von – noch vor zwei Jahren – 57 auf nunmehr 167 in diesem Jahr gesteigert. Das ist auch eine enorme Weiterentwicklung für den Schutz der Frauen vor Gewalt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir schützen nicht nur die Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen
sind – das will ich, dass jede Frau einen Zufluchtsort in einem Gewaltschutzzen­trum, in einem Frauenhaus, in einer Beratungseinrichtung hat –, sondern wir widmen uns auch, wenn man so will, der zweiten Seite der Medaille, das ist eben die Arbeit mit den Männern im Bereich der Prävention und – auch ganz zentral – wenn es darum geht, dass wir mit jenen arbeiten und jenen spre­chen, die bereits Wegweisung und Betretungsverbot erhalten haben. Das haben wir durch die Einführung der verpflichtenden Antigewalttrainings für jene, die bereits ein Betretungsverbot erhalten haben, geschafft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das ist sicherlich nicht das Ende der Fahnenstange und das darf es auch nicht sein. Informationskampagnen, über die wir heute schon gesprochen haben, müssen natürlich auch das Element der Zivilcourage beinhalten, denn, ja, ich fin­de, es geht uns alle an und niemand darf wegsehen. Es ist sozusagen nicht nur Aufgabe der Frauen oder ein Recht der Frauen, dass sie sich wehren, son­dern es ist unsere Aufgabe, dass wir hinsehen und dass wir gemeinsam gegen Gewalt vorgehen, wenn sie stattfindet. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Neben den Informationskampagnen werden wir nicht ruhen und natürlich weiter­arbeiten. Die Justizministerin beispielsweise arbeitet, gemeinsam mit unse­rem Ressort, derzeit an einer Studie, wie man Gewaltambulanzen besser umset­zen kann. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema, damit wir auch die Verurteilungsquoten, die Verurteilungsraten erhöhen – was auch wieder wichtig dafür ist, dass sich die Frauen trauen und es auch für wert empfinden, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. (Beifall der Abgeordneten Disoski und Maurer.) Das wird auch ein Thema, dessen wir uns im nächsten Jahr gemeinsam an­nehmen werden, es wird sicherlich nicht das letzte sein.

Ich freue mich auch hier auf die Zusammenarbeit und hoffe, dass wir es schaffen, Schritt für Schritt dort hinzukommen, wo wir alle hinwollen, nämlich dass jede Frau und jedes Kind in Österreich geschützt ist. (Beifall bei ÖVP
und Grünen.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

12.31.05Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 3 bis 5


Präsidentin Doris Bures: Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Danke, dann kommen wir zu den Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Gleichbehandlungs­ausschusses, den Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, III-785 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für dessen Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig so zur Kenntnis ge­nommen.


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4, die dem Ausschussbericht 1834 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die Erstellung einer Erhebung zur Menstruationsgesundheit in Österreich“.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig angenommen. (288/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5, die dem Ausschussbericht 1835 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „die Umsetzung
einer umfassenden Informationsoffensive gegen Gewalt an Frauen & Kindern“.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist einstimmig angenommen. (289/E)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitli­chen Definition des Begriffs ,Femizid‘ zur verbesserten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Durchführung einer Dunkelfeldstudie zu Gewalt gegen Frauen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

12.33.026. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1758 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Plurinationalen Staats Bolivien und des Beitritts Jamaikas zum Übereinkommen über die zivil­rechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (1848 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße sehr herzlich Frau Bundesministerin Alma Zadić im Hohen Haus.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wortmeldung liegt mir dazu keine vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt verlege ich an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Justizausschusses.

12.33.567. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1789 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafre­gistergesetz 1968 geändert werden (Maßnahmenvollzugsanpas­sungsgesetz 2022) (1849 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.34.27

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus!
Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren oben auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Wir behandeln jetzt das sogenannte Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz. Das sagt sehr, sehr vielen Menschen in diesem Land nichts, aber es geht um psychisch kranke Rechtsbrecher.
Früher hat man geistig abnorme Rechtsbrecher gesagt. Das Paket, das uns jetzt zur Diskussion und Beschlussfassung vorliegt, ändert im Großen und
Ganzen, muss ich sagen, an der Begrifflichkeit etwas, das ist auch wichtig, denke ich, weil Sprache sehr mächtig sein kann, aber wir reden hier – und das
ist ganz wichtig – über die Sicherheit, auch über das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. Das stellen wir allem voran, das muss uns allen ganz, ganz
wichtig sein.


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Worin sieht die Bevölkerung zu Recht eine Bedrohung, wenn es ganz gefährliche, psychisch kranke Rechtsbrecher sind? – Wir reden von einer Gesamtzahl von etwa 1 400 Personen, die im sogenannten Maßnahmenvollzug sind, das heißt aufgrund ihrer psychischen Erkrankung Rechtsregeln gebro­chen haben. Von diesen 1 400 sitzen in etwa 500, weil sie ganz gefährlich sind, zu Recht im Maßnahmenvollzug und sollten dort auch menschenrechtskon­form untergebracht sein. Daran darf es keinen Zweifel geben.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir reden aber auch von etwa 950 Menschen, die nach Meinung einer Expert:innengruppe zu Unrecht im Maßnahmenvoll­zug sitzen, zu Unrecht verwahrt werden und – das ist das Versagen, das müssen wir uns alle vorwerfen – nicht therapiert werden, nicht auf das Leben nach diesem Freiheitsentzug vorbereitet werden und teilweise auf unbestimmte Zeit weggesperrt werden. Das ist nicht gerecht. Um diese Personen geht es.
(Beifall bei der SPÖ.)

Um diese Personen geht es: Einerseits sind wir in der Verantwortung, da Ressourcen zur Verfügung zu stellen, Frau Ministerin. Das ist der Hauptpunkt, aber das vermisse ich leider. Es gibt zwar eine begriffliche Veränderung,
es gibt eine Reihe von Regeln, die Sie eingeführt haben – aber meiner Auffas­sung nach mit zu viel Ermessensspielraum. Jetzt können wir zwar davon ausgehen, dass wir sehr vernünftige Menschen haben, die in den forensisch-therapeutischen Anstalten arbeiten, aber wir haben ihnen keine Mittel in die Hand gegeben. Ohne entsprechende Vorsorge lassen wir diese Menschen allein. Das wird sich nicht ändern, das wird sich auch mit dem, was heute vorliegt, nicht ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Da, muss ich sagen, sind die Erwartungen, dass da quasi nach 50 Jahren Stillstand jetzt angeblich der Durchbruch gelungen ist – darin, glaube ich, sind wir uns alle einig –, nicht hoch, da werden wir alle enttäuscht. Aber das,
was hier auch nicht passt, ist, dass Sie zu vermischen anfangen. Sie reaktivieren in Wahrheit eine tote Bestimmung. Es gibt natürlich gefährliche Rückfalls­täter und es gibt auch Terroristen, die sehr gefährlich sind – und Terrorismus ist


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sehr ernst zu nehmen –, nur: Wir haben gesehen, dass man in einem Bereich, in dem es um psychisch kranke und zu behandelnde Menschen geht, die Rück­fallstäter, die wegen Terrorismus schon einmal verurteilt worden sind oder
unter Umständen verurteilt werden, hat. Mir kommt das Ganze wie ein Schönre­den oder Ablenken von wahrer Terrorismusprävention vor. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir das nicht tun, sondern diese Probleme ernst nehmen.

Nach dieser unsäglichen Tragödie des Terroranschlages im Novem­ber 2020 wurde in Wien eine Kommission eingesetzt. Diese Kommission hat Vorschläge unterbreitet. Da ist aber nicht wirklich etwas weitergegangen. Ich finde, wir sind verpflichtet, das in Angriff zu nehmen. Sie dürfen sich nicht mit diesen Bestimmungen, wie Sie sie jetzt vorlegen, durchschwindeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Ergebnisse der Zerbes-Kommission anlässlich des Terror­anschlages vom 2. Novembers 2020 in Wien“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Empfehlungen der Untersu­chungskommission zum Terroranschlag von 2. November 2020 vollinhaltlich umzusetzen und dem Nationalrat in geeigneter Weise (geheime Details sollen natürlich im Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses bleiben zur Überprüfung von Maßnahmen - -


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen die Klammerbemerkung bitte auch verlesen.


Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (fortsetzend): Danke.


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In geeigneter Weise (geheime Details sollen im Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der ver­fassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit berichtet, der Rest sollte in einem schriftlichen Bericht an den Nationalrat dargestellt werden) zu berichten.

*****

Frau Ministerin, da sind wir alle gefordert und das müssen wir ernst nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesregierung

betreffend „Umsetzung der Ergebnisse der Zerbes-Kommission anlässlich des Ter­roranschlages vom 2. Novembers 2020 in Wien“

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Justizausschusses über die Re­gierungsvorlage (1789 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Jugendgerichtesgesetz 1988 und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (Maßnahmenvollzugsanpas­sungsgesetz 2022) (1849 d.B.).

Mit der gegenständigen Vorlage wird auch eine Ergänzung im § 23 StGB vorgeschlagen, die gefährliche, terroristische Straftäter*innen als eigenen Absatz ergänzt. Wie die Verhandlungen im Justizausschuss gezeigt haben, kann der
bisher bestehende § 23 betreffend gefährliche Rückfallstäter nicht als praxistauglich


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bezeichnet werden, da bisher nur eine einzige Person nach dieser Bestimmung verurteilt worden ist. Generell ist zum Vorschlag folgendes festzuhalten:

▶️    Diese geplante Maßnahme macht Österreich nicht sicherer.

▶️    Das geplante Gesetz verhindert einen Terroranschlag nicht, sondern greift erst, nachdem eine terroristische Tat verübt wurde. Es ist die Selbstaufgabe der Sicherheitspolitik, wenn man erst eingreift, nachdem ein Täter einen Anschlag verübt hat.

▶️    Den schrecklichen Terroranschlag in Wien hätte diese Bestimmung nicht verhindert!

▶️    Die Regierung ist aufgefordert, zuallererst die Empfehlungen der Expert*innen-Kommission umzusetzen, die schwere Versäumnisse und Fehler der Behörden im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Wien festgestellt hat.

▶️    Eine wesentliche Empfehlung: Die Sicherheitsbehörden müssen besser zu­sammenarbeiten. Die SPÖ hat dazu ein Terrorismusabwehrzentrum gefordert, das weiterhin nicht umgesetzt ist.

Anlässlich des scheußlichen Terroranschlages am 2. November 2020 in Wien wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt („Zerbes-Kommission“), die sich aus folgenden honorigen Persönlichkeiten zusammensetzt:

Univ.-Prof.in Dr.in Ingeborg Zerbes (Vorsitz)

Universität Wien, Institut für Strafrecht und Kriminologie

Dr. Herbert Anderl

Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit a.D.

Hubertus Andrä

Polizeipräsident München a.D.


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Univ.-Prof. Dr. Franz Merli

Universität Wien, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht

HR Dr. Werner Pleischl

Generalprokurator a.D.

Dr.in Monika Stempkowski

Universität Wien, Institut für Strafrecht und Kriminologie

Diese hat einen Abschlussbericht gelegt, der, neben einer Analyse, die Ursachen der Defizite aufzeigt und Empfehlungen formuliert.

Auch für die SPÖ ist es analog zum Zerbes-Bericht wesentlich, beim Terrorismus die Prävention in den Vordergrund zu stellen. Terroristische Taten müssen möglichst
im Vorfeld verhindert werden; dies kann nur durch Professionalität in der Arbeit der Polizei und der Nachrichtendienste erfolgen. Wie der Zerbes-Bericht allerdings aufzeigt, war dies im Vorfeld des Terroranschlages nicht der Fall.

Es ist den interessierten Bürger*innen sowie auch dem Nationalrat bisher nicht bekannt, welche Empfehlungen bereits umgesetzt und welche aus welchen Gründen nicht umgesetzt wurden.

Deshalb stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Empfehlungen der Untersuchungskommission zum Terroranschlag von 2. November 2022 vollinhaltlich umsetzsetzen und den Nationalrat in geeigneter Weise (geheime Details sollten
im Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses zur Überprüfung von Maßnah-


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men zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungs­fähigkeit berichtet, der Rest sollte in einem schriftlichen Bericht an den Nationalrat dargestellt werden) zu berichten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Abgeordnete. Der Entschließungsantrag ist jetzt ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nun gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort. – Bitte.


12.40.23

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Kollegin Yildirim, wir sind uns ja oft in sehr vielen Dingen einig, aber da, muss ich aber sagen, muss ich Ihnen von Grund auf widersprechen, denn das, was wir da machen, ist ein sehr wesentlicher Schritt, um den Maßnahmenvollzug ins 21. Jahrhundert zu ho­len. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben im System unseres Strafrechts ein wesentliches Prinzip, und das bedeutet, dass derjenige, der gegen Strafgesetze verstößt, sich dafür vor Gericht zu verantworten hat. Wenn die Person dann verurteilt wird, verhängt das Gericht eine Strafe, die der persönlichen Schuld angemessen ist. Das Strafrecht mit diesem Prinzip steht aber dort an, wo aufgrund von psychischen Er­krankungen oder Störungen einer Person dieses Unrecht nicht vorgeworfen werden kann. Genau dort greift der Maßnahmenvollzug ein.

Diese Menschen sind oft dennoch gefährlich, von ihnen geht eine Gefahr aus,
und sie sind auch behandlungsbedürftig, um diese Gefahr zu reduzieren und um ihre Gesundung, soweit es möglich ist, sicherzustellen. Deshalb gibt es den Maßnahmenvollzug.


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Auch damals schon, als er geschaffen wurde, war die ursprüngliche Idee diejenige, dass Straftäter:innen, die nicht verurteilt werden können, oder auch schuldfähige Straftäter:innen, die aufgrund ihrer Erkrankung weiterhin ge­fährlich sind, in Einrichtungen untergebracht werden, wo sie ihrem Krankheits­bild entsprechend betreut und behandelt werden – das immer mit dem Ziel, sie letztendlich wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können, sofern das möglich ist.

Das war damals schon richtig gedacht, aber es entspricht natürlich so, wie es damals formuliert und wie es damals ausgestaltet wurde und wie es auch aufgrund der bisher gültigen Bestimmungen gelebt werden musste, nicht mehr dem, was wir jetzt über die Behandlung und über den Umgang von
Menschen mit psychischen Erkrankungen wissen – deshalb diese Änderung.

Einerseits ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass nicht Menschen in die Maßnahme kommen, die dort nicht hingehören, die in eine normale Krankenanstalt gehö­ren, die dort behandelt werden müssen. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass man denjenigen, die dort arbeiten, die mit diesen Menschen umgehen – seien es jetzt die Bediensteten der Justizwache oder seien es die sozialen oder ärztlichen Dienste –, die richtigen Methoden und Möglichkei­ten zur Verfügung stellt. Das – das möchte ich an dieser Stelle hier auch sagen – wird der zweite Schritt der Reform werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Regelungen, die wir jetzt geschaffen haben, stellen die Grundlage dafür dar, den Maßnahmenvollzug auf vollkommen neue Beine zu stellen, indem
die Zugangsbestimmungen im Maßnahmenvollzug vollkommen neu geregelt werden, und zwar so, dass sichergestellt ist, dass dort niemand mehr landet,
der dort nicht hingehört, und dass sichergestellt ist, dass regelmäßig überprüft wird, ob die Personen dort noch sein müssen. (Beifall bei den Grünen sowie
des Abg. Haubner.)


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Einen kleinen Ausflug noch zum letzten Teil der Rede meiner Vorrednerin:
Was nicht hierher gehört, sind die Bestimmungen betreffend den Umgang im Bereich Inneres, im Bereich der Nachrichtendienste. Das alles, was Sie jetzt
hier verlangen, was auch ursprünglich im Bericht der Zerbes-Kommission ver­langt wurde, ist im Bereich Inneres umzusetzen. Im Bereich Justiz wurden schon sehr viele Hausaufgaben gemacht. Diese Regelung, die wir jetzt schaffen, ist eine Spezialbestimmung auf Grundlage dessen, was bereits bestehende Gesetzeslage ist. Es ändert sich nichts am grundsätzlichen Zugang des Staates zum Umgang mit Rückfallstäter:innen. Es ist nur eine zusätzliche Qualifi­kation, die jetzt geschaffen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie gesagt, was die Umsetzung der Empfehlungen des Berichtes anlangt:
Das gehört im Wesentlichen nicht hierher, es gehört in einen anderen Ausschuss, in ein anderes Themengebiet. Ich glaube, Sie können sich noch an die Reform erinnern, im Zuge derer wir die Direktion Staatsschutz und Nach­richtendienst geschaffen haben. All das ist dort beheimatet. Damals waren Sie auch eingebunden, Ihre Fraktion war in die Reform eingebunden, im Zuge derer wir die Dienste auf völlig neue Füße gestellt haben. Das alte BVT, das da­mals tatsächlich versagt hat, gibt es nicht mehr. Wir haben das alles reformiert.

Zusätzlich noch zum Maßnahmenvollzug: Das, was wir jetzt machen, ist ein erster Schritt in eine sehr, sehr richtige und wichtige Richtung. Es geht dabei um den Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen, es geht um den Schutz der Bevölkerung, und deshalb ist es sehr wichtig, dass wir jetzt diesen ersten Schritt gehen. Ich ersuche Sie, ihn mit uns gemeinsam zu gehen, und
hoffe auf breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Ab
geordne­ten der ÖVP.)

12.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.



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12.45.54

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Da ich der Kollegin gerade zugehört habe,
muss ich sagen: Das klingt sehr gut, allerdings habe ich dazu eine andere Mei­nung, muss ich offen sagen. Es erscheint mir in erster Linie so, als würde man damit Kosten von der Justiz in das Gesundheitssystem verlagern, und das zulasten des Schutzes der Gesellschaft. – Das ist das Hauptproblem.

Wenn man sich das anschaut – ich werde dann auch noch ein Beispiel bringen –, scheint es, als ob es wichtig wäre, dass man Menschen aus dem Maßnah­menvollzug – der Teil der Justiz ist – in die Psychiatrie bringt, wenn ich das so sagen darf, um Kosten zu sparen. Das ist natürlich kein guter Ansatz, wenn es darum geht, den Sinn von Justizanstalten an sich zu betrachten.

Der zweite Punkt ist, dass dann natürlich ein Auffangnetz da sein muss. Wenn ich diese Personen, diese zumindest früher einmal gefährlichen oder viel­leicht noch immer gefährlichen Personen, aus den Justizanstalten hinausbringe, brauche in ein Auffangnetz – davon wird gesprochen. Dieses Auffangnetz existiert aber so nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß, und das sind unsere beiden wesentlichen Kritikpunkte.

Betreffend den zweiten Kritikpunkt muss man sich ja nur die Stellungnah­men der Institutionen anschauen; zum Beispiel jene der Gesellschaft für Psy­chiatrie, die feststellt, dass es das Personal dafür nicht gibt. Es hat keine Vorbereitung für diese sogenannte Reform stattgefunden, und es besteht die große Angst, dass die betreuenden Personen dort dann auch Gefahren ausgesetzt sind. Das sind ja keine normalen Patienten, das sind Patienten, die einmal kriminell waren, von denen es Gefährdungsanalysen gibt. Es
gibt also große Kritik am sogenannten Auffangnetz. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite habe ich eingangs schon angesprochen: Ich habe den Eindruck, dass da der Schutz der Gesellschaft nicht so wesentlich ist wie die Kosten-


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ersparnis. Schauen wir uns zum Beispiel die Übergangsbestimmungen bezie­hungsweise die neue Regelung an: Wenn man mit unter 25 Jahren in
den Maßnahmenvollzug kommt, kann man maximal 15 Jahre drinnen bleiben.

Für eine Person, über die von Richtern oder von Psychiatern regelmäßig Gefährdungsanalysen gemacht werden, in denen festgestellt wird, dass sie im Maßnahmenvollzug bleiben sollte, ist es jetzt plötzlich nach 15 Jahren vor­bei. Sie wird aufgrund des Ablaufs von 15 Jahren einfach entlassen, auch wenn vielleicht festgestellt wurde, dass sie eigentlich noch gefährlich ist. Das System ist nicht mehr flexibel. Das geht sogar so weit, dass in den Übergangsbe­stimmungen ganz klar ausgesprochen wird, dass Personen, auf die das zutref­fen würde, sofort – ohne Festlegung einer Probezeit – zu entlassen sind.

Man sieht, es geht in erster Linie darum, die Leute von dort hinauszubringen. Diese Personen sind nun einmal gefährlich gewesen, sonst wären sie dort nicht hineingekommen. Da gab es immer wieder Gefährdungsanalysen, da gab
es immer wieder Richter und Psychiater, die sich darum gekümmert haben. Man sieht also, dass da einige Fehler passiert sind.

Einen positiven Ansatz gibt es in diesem Gesetz: dass es strengere Regelungen bei terroristischen Straftaten gibt und dass da die Altersgrenzen auch heruntergesetzt werden. Das ist eine sinnvolle Maßnahme. Wir werden daher eine getrennte Abstimmung verlangen und in zweiter Lesung diesem
Punkt zustimmen. Abgesehen davon werden wir nicht zustimmen, wir werden das ablehnen.

Ich fasse vielleicht noch einmal kurz zusammen: Das ist eine schlecht vorberei­tete Reform mit der falschen Zielsetzung, nämlich Kostenersparnis statt Schutz der Gesellschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.



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12.49.54

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! 50 Jahre ist unser Maßnahmenvollzug alt und er wird modernisiert. Wir diskutieren und beschließen heute Veränderungen,
die den Maßnahmenvollzug in die heutige Zeit bringen sollen.

Was ist der Maßnahmenvollzug eigentlich? – Ein sperriges Wort: Maßnahmen und Vollzug. Nun, es geht darum, wie die Zukunft von psychisch erkrank­ten Personen, die straffällig geworden sind, ausschauen soll und wie dement­sprechend die Haft beziehungsweise dann die Sicherung vorgenommen werden soll.

Mit dieser Reform – da bin ich natürlich nicht der Meinung derer, die heute gegen diese Reform gesprochen haben – stellen wir eben die fachge­rechte Behandlung sicher, indem eben viel mehr auf den Menschen geschaut wird. Wir machen durch Schaffung der Möglichkeit, dass auch klinische Psychologen für die Gutachtenerstellung tätig werden können, einen viel brei­teren Expertenpool auf, und wir nehmen die menschenrechtskonforme Behandlung dieser Menschen sehr ernst, indem wir eben verschiedene Richt­linien ändern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein schwieriges, verantwortungsvolles Thema ist es allemal, denn es geht
ja darum, einen Menschen durch die Beurteilung durch Psychiater, Psychologen potenziell lebenslang in eine Anstalt einzuweisen, eben weil sie durch ihr Verhalten eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen und weil – das muss ja be­stätigt werden – eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie künftig wieder Straftaten mit gefährlichen Folgen ausüben.

Das heißt, all diese Dinge – einerseits die Anhaltung, andererseits natürlich
die Behandlung –, um Menschen wieder eine Perspektive geben zu können, dass sie aus diesem Maßnahmenvollzug herauskommen können, stellen einen
ganz wesentlichen Punkt dar.


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Was jetzt von Kollegen Stefan gesagt wurde – dass wir diese Dinge überfallsar­tig machen –, das stimmt so nicht. Es gab bereits unter Bundesminister Brandstetter Kommissionen, die ganz intensiv an diesem Maßnahmenvollzug gearbeitet haben. Es ist ein Gesetzentwurf, den die Frau Bundesministerin in der Begutachtung hatte, den sie dem Parlament zugeleitet hat, wo wir den Be­schluss fassen werden. Es wurde jahrelang mit Stakeholdergruppen, mit den Fachgruppen, die da mithelfen, dass diese Personen auch bestmöglich betreut und immer wieder untersucht werden, darüber beraten, wie man das dem­entsprechend darstellen kann.

Was ist denn ein wichtiger Punkt? – Es gab die Kritik, dass in der Vergangenheit zu viele Menschen in Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher – so haben
sie früher geheißen, wir nennen sie jetzt forensische Zentren; ich glaube, auch diese Umbenennung ist ganz wichtig, um die Stigmatisierung von diesen Personen wegzubekommen – waren. Daher ist die Änderung notwendig, dass die Anlasstat nunmehr zukünftig mit drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht
sein muss. Das ist wichtig, weil früher Menschen auch lediglich wegen minder­schwerer Delikte dann im Maßnahmenvollzug waren – deswegen auch diese Änderung in der Strafdrohung.

Ganz wichtig ist auch, dass weiterhin für Sexualdelikte oder Delikte wie schwere Körperverletzung dieses eine Jahr Freiheitsstrafe gilt.

Ich möchte im Rahmen meiner Redezeit, die ich hier zur Verfügung habe, noch sagen, dass uns das ganz wichtig ist, und ich möchte auch ein Dankeschön sagen an die Psychologen, an die Gerichtspsychologen, an die Psychiater, die in
den Anstalten mit den Menschen arbeiten, die in diese Maßnahmen kommen. Wir haben das Ganze attraktiviert, damit sie für diesen Bereich tätig sind.
Wir haben die Gebühren für die Sachverständigen bereits erhöht, und wir schaf­fen jetzt eben auch die Möglichkeit, dass klinische Psychologen mitwirken können. Damit ist dieser Pool und diese Ressource zur Begutachtung der Men­schen, die jetzt jährlich begutachtet werden sollen, einfach viel größer ge­worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Ein weiterer Punkt – das ist auch von Kollegen Stefan angesprochen worden – ist der Bereich der Terrordelikte, bei dem wir uns gefragt haben: Wie kann
man diese Themen behandeln? Wie schaffen wir eine Regelung? Wie kann das ausschauen? – Es gibt ja die Rückfallstäterregelung für die Maßnahmen.
Da haben wir uns ganz genau überlegt, wie denn die Rahmenbedingungen sind.

Das heißt, es muss schon eine schwere Vortat begangen worden sein, die mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als zwölf Monaten bedroht war. Wenn dann diese terroristische Anlasstat verübt worden ist, dann muss es durch diese Anlasstat zu einer Verurteilung von mehr als 18 Monaten Freiheitsstra­fe kommen. Dann noch als dritter Punkt: Es muss mit weiteren spezifi­schen Gefahren gerechnet werden.

Wenn all diese Punkte erfüllt sind, dann besteht die Möglichkeit – und das entscheiden immer noch ein Richter und ein Gutachter –, dass diese Maßnahme gesetzt wird.

Genau das, Frau Bundesministerin, war für uns so wichtig, denn wir haben Maßstab an den Grund- und Menschenrechten genommen, und deswegen glau­be ich, dass das, was wir da machen, legitim und richtig ist.

Es ist ein riesengroßes, breites Thema, mit dem wir noch nicht fertig sind. Wir haben im Budget auch Gelder für die Anstalten vorgesehen, damit man auch wieder eigene Plätze machen kann und damit man diese besonderen Be­treuungsnotwendigkeiten auch in unseren Haftanstalten bestmöglich durchführen kann.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir mit dieser Novelle eine gute Grundlage dafür schaffen. Wir werden intensiv an diesem Thema weiterarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Mar­greiter. – Bitte.



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12.55.49

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Kolle­ginnen und Kollegen! Wir sind uns darüber einig, dass Sprache Macht hat. Aus diesem Grund werden in diesem Gesetzentwurf Bezeichnungen, die nicht mehr gängig sind, ersetzt – Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher durch fo­rensisch-therapeutisches Zentrum et cetera.

Für mich fängt aber die Frage der Bezeichnung schon viel früher an, weil eigentlich der Begriff Maßnahmenvollzug schon in dem Sinn falsch ist, dass es in diesem Gesetz, das wir jetzt anpassen, ja auch um die Anordnung der Maß­nahmen geht. Das ist schon der entscheidende Punkt: Jemand hat sich regelwid­rig verhalten, landet vor dem Strafgericht. Da sind wir seit 50 Jahren so weit, dass wir sagen: Wer nicht zurechnungsfähig ist, wer nicht schuldfähig ist, der kann auch nicht bestraft werden. Das heißt also, es muss in erster Linie ein­mal geklärt werden: War der Täter zurechnungsfähig oder nicht?

Dann muss geklärt werden – um eine vorbeugende Maßnahme verhängen zu können –, ob dieser Täter allenfalls auch gefährlich ist. Das ist der große Unterschied zum normalen Strafverfahren. Beim normalen Strafverfahren geht es darum, zu klären: Hat jemand etwas getan, und unter welchen Bedin­gungen und in welchem Zustand hat er es getan?

Bei der Anordnung von Maßnahmen, bei der Maßnahmenanordnung geht es darum, dass wir einen Blick in die Zukunft machen müssen. Wir müssen sozusagen in die Glaskugel schauen, ob dieser Täter aufgrund seiner psychischen Erkrankung allenfalls eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt.

Und genau da ist mein Hauptkritikpunkt an der jetzigen Novelle des Maßnahmenvollzugs. Ich weiß es aus der Praxis. In Hall in Tirol, wo ich beruflich tätig bin, befindet sich die forensische Anstalt von Tirol. Das führt dazu, dass
ich relativ oft mit Verfahrenshilfen im Rahmen von Unterbringungsverfahren zu tun habe.


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Ich kann berichten, dass es wirklich dringenden Verbesserungsbedarf gibt,
was die Qualität der Gutachten betrifft, die der Entscheidung der Gerichte zu­grunde liegen, ob jemand als gefährlich einzustufen ist oder nicht. Das ist
eine ganz wichtige Entscheidung. Natürlich, auf der einen Seite haben wir das Bedürfnis der Gesellschaft nach Sicherheit, aber auf der anderen Seite ha­ben wir auch das Grundrecht jedes Einzelnen auf die persönliche Freiheit, die nur dann eingeschränkt werden darf, wenn es alternativlos ist.

Genau da haben wir dieses berühmte Sicherheitsdilemma, nämlich das Dilemma, dass natürlich der Sachverständige, der sagt: keine Gefahr!, mitunter, wenn
dann doch etwas passiert, ein Riesenproblem bekommen wird im Gegensatz zum Sachverständigen, der auf Nummer sicher geht und sagt: Oh, der ist gefährlich,
den müssen wir unterbringen, den müssen wir in den Maßnahmenvollzug geben! – Dieser Sachverständige geht auf Nummer sicher, weil sich da das Gegenteil,
dass einer eigentlich ungefährlich gewesen wäre, nie beweisen wird. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Mit der Darstellung dieser Problematik will ich deutlich machen, wie wichtig
es wäre, dass wir die Anforderungen an die Gutachten und an die Qualifikation der Gutachter nicht nach unten senken, wie das jetzt in dem Entwurf pas­siert, nach dem praktisch auch Psychologen diese Entscheidung und diese Beur­teilung treffen können, ob jemand gefährlich ist oder nicht – und das, ob­wohl wir wissen, dass sich die forensische Psychiatrie in den vergangenen Jahr­zehnten, seit es den Maßnahmenvollzug bei uns gibt, zu einer ganz wich­tigen Spezialwissenschaft, einem Teilgebiet der Psychiatrie entwickelt hat. Ich weiß, dass es wenige Gutachter gibt, aber diesem Problem jetzt damit zu begegnen, dass man die Anforderungen an die Gutachten herunterschraubt, das kann es ja wohl nicht sein, wenn es um die doch sehr entscheidende Frage geht, ob wir jemanden wegsperren oder nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Da hätte ich mir schon erwartet, dass wir Beispielen aus dem Ausland wie etwa der Schweiz folgen, wo es nicht auf das Urteil von Einzelpersonen ankommt, sondern wo Konzilien, bestehend aus Psychiatern, auch aus Personen aus dem


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Bereich der Seelsorge, dem Bereich der Bewährungshilfe und dem Bereich
des Strafvollzugs, entscheiden, ob jemand in den Maßnahmenvollzug kommen soll oder dort zu bleiben hat.

All das fehlt mir, all das ist etwas, was eigentlich ohne Weiteres möglich gewe­sen wäre. Ja, es wäre nicht nur möglich gewesen, es wäre notwendig ge­wesen, das in einem ersten Schritt der Reform der Maßnahmenanordnung und des Maßnahmenvollzugs zu machen. Das ist leider nicht erfolgt, deshalb können wir diesem Entwurf keine Zustimmung erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Bundesministerin Dr.in Alma Zadić. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


13.01.27

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Ich freue mich wirklich sehr,
dass wir heute diese Regierungsvorlage im Hohen Haus behandeln, denn nach 50 Jahren Stillstand holen wir den Maßnahmenvollzug ins 21. Jahrhundert,
wir machen ihn gerechter, wir machen ihn menschenrechtskonformer und vor allem auch treffsicherer. Es ist ein mutiger Schritt dieser Bundesregierung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Der Maßnahmenvollzug ist in seinem Kernbestand seit nunmehr fast 50 Jahren unverändert geblieben, und das ist dramatisch, wenn wir uns die Entwicklun­gen insbesondere in diesem Bereich anschauen: Die rechtlichen Vorgaben haben sich geändert, ja, wir wurden sogar vom Europäischen Gerichtshof für Men­schenrechte wegen unseres Maßnahmenvollzugs verurteilt. Genau deswegen braucht es jetzt diese Reform, und ich freue mich wirklich sehr, dass wir sie heute im Hohen Haus behandeln. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich weiß, die Reform ist komplex, und ich möchte kurz erläutern, worum es geht. Im ersten Teil, also dem Teil, der heute zu beschließen sein wird, geht es um


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das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz – ein sperriger Titel –, also um die Vo­raussetzungen, unter denen jemand eingewiesen wird. Das heißt, wir regeln
die Voraussetzungen anders und erhöhen auch die Voraussetzungshürde, die dafür verantwortlich ist, dass jemand im Maßnahmenvollzug landet.

Im zweiten Teil der Reform, über den auch viele heute im Hohen Haus gesprochen haben, geht es tatsächlich um die Behandlung und die Betreuung der Menschen, die im Maßnahmenvollzug sind und die während dieser strafrechtlichen Unterbringung auch die notwendige Behandlung und Betreuung brauchen. Dieser zweite Teil baut auf dem ersten Teil, der heute hoffentlich beschlossen wird, auf. Das heißt, auf diesem Fundament wird dieser zweite Teil aufgebaut, der gerade in Ausarbeitung ist, und ich freue wirklich sehr, wenn
wir auch diesen zweiten Teil zur Umsetzung bringen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Was ändert sich bei den Einweisungsvoraussetzungen? Ich habe es schon gesagt: Die Einweisungsvoraussetzungen werden treffsicherer und damit auch gerechter. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass Personen, die eine
Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, selbstverständlich weiterhin im Maß­nahmenvollzug sein sollen. Gleichzeitig aber sollen jene Personen, deren Fremdgefährdung besser nach dem Unterbringungsgesetz behandelt werden kann, eben nicht mehr vom Maßnahmenvollzug umfasst sein, weil es ein­fach nicht mehr gerecht ist, dass Menschen, die vielleicht minderschwere Delikte begehen und deren Prognose ist, dass sie vielleicht irgendwann einmal je­mandem etwas androhen werden, potenziell ihr Leben lang hinter Gitter kom­men. Das ist einfach nicht gerecht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Außerdem – und das ist auch ein Meilenstein dieser Reform – führen wir eigene Regelungen für Jugendliche ein. Das Strafrecht unterscheidet seit Jahrzehn­ten zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, aber in diesem Gesetz, im Maß­nahmenvollzugsgesetz, gab es diese Unterscheidung nicht. Jugendliche wurden wie Erwachsene behandelt und vielleicht wegen einer Rauferei, weil


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sie psychisch krank sind, potenziell lebenslang eingesperrt. Genau das än­dert sich jetzt, denn wir haben Sonderregelungen für Jugendliche geschaffen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn jemand von Ihnen einen Blick in das Gesetz gewagt hat, hat er gesehen, dass es sprachlich eigentlich ganz und gar nicht in die heutige Zeit passt.
Dort findet man Wörter wie „geistige oder seelische Abartigkeit höheren Gra­des“ oder „Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbre­cher“. Und damit machen wir auch Schluss, denn es heißt jetzt „schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung“ und „forensisch-therapeutisches Zen­trum“, das heißt, wir gehen auch vom Begriff Anstalt ab. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Jetzt möchte ich auf einen Teil der Reform zu sprechen kommen, der für viel Aufregung sorgt und auch hier im Hohen Haus jetzt zigfach angesprochen wurde: Es geht um die Regelung des Maßnahmenvollzugs für Terroristinnen und Terroristen. Das ist ein Sonderfall der bereits bestehenden Maßnahmen­vollzugsform für gefährliche Rückfallstäter nach dem bestehenden § 23 StGB. Damit können wegen eines Terrordelikts bereits verurteilte Personen un­ter strengen und klar geregelten Voraussetzungen, ähnlich wie eben bereits ge­fährliche Rückfallstäter, untergebracht werden. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Es handelt sich nicht um eine präventive Maßnahme und schon gar nicht um eine präventive Haft, sondern es handelt sich tatsächlich um eine Person, die bereits verurteilt wurde und die noch einmal verurteilt wird.

Welche Voraussetzungen braucht es denn dafür? – Die Anlasstat muss ein Terrordelikt sein. Es muss sich um eine Verurteilung zu zumindest 18 Monaten Freiheitsstrafe handeln. Es ist auch erforderlich, dass es eine schwere Vortat
gab, für die jemand bereits zwölf Monate lang in Haft war, und drittens muss zu befürchten sein, dass eine solche Person weitere terroristische Straftaten begeht.


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Jetzt gab es eine große Diskussion darüber: Ja was heißt denn das, dass die Person weitere terroristische Straftaten begeht? – Das Gericht schaut sich in die­sem Fall alle Begleitumstände an. Das ist jetzt nicht etwas, was wir speziell
für dieses Gesetz erfunden haben, sondern das ist etwas, was bereits bestehen­de Rechtslage ist. Das Gericht ist da gefordert, sich besondere Begleitum­stände anzuschauen, nämlich ob beispielsweise dem Täter nachgewiesen wer­den kann, dass er ein Anführer einer Terroristenorganisation ist und dieser Terroristenorganisation vielleicht ewige Treue und Gehorsam geschworen hat. Oder: Der Täter hat ein Bekennerschreiben und Videos veröffentlicht, in
denen er sich tatsächlich zu diesen gewalttätigen Zielen und zu dieser Ideologie bekennt. Genau deswegen ist es notwendig, dass diese Menschen auch
weiterhin im Maßnahmenvollzug sind, in dem es für sie auch weiterhin Dera­dikalisierungsmaßnahmen gibt und sie weiter betreut werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wurde auch mehrfach unterstellt, dass diese Regelung nicht EMRK-konform ist. Ich kann Ihnen versichern: Die Regelung ist EMRK-konform und auf Artikel 5 EMRK auch stützbar. Und warum ist das der Fall? – Weil sie einerseits zeitlich begrenzt ist und andererseits der Ausspruch der Unterbringung nach § 23 StGB zeitgleich mit dem Urteil über die Anlasstat erfolgt. Daher ist diese Regelung unseres Erachtens und nach all den Studien, die wir in die­sem Zusammenhang bekommen und gelesen haben, auch EMRK-konform. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Sche­rak: ... EMRK-konforme Sicherungshaft ...! – Abg. Meinl-Reisinger: Wir hoffen, dass sie EMRK-konform ist!)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit der nun vorliegenden Regie­rungsvorlage beenden wir diesen 50-jährigen Stillstand und machen diesen Maß­nahmenvollzug gerechter. Diese Regierungsvorlage ist nur ein erster Schritt, sie ist das Fundament, auf dem ein gerechter und menschenrechtskonformer Maßnahmenvollzug aufbaut, und ein weiterer Schritt in Richtung einer sichereren Gesellschaft.


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Ich freue mich wirklich sehr und hoffe, dass dieses Vorhaben Ihre Zustimmung findet.

Ich möchte an dieser Stelle all jenen danken, die sich im Rahmen der Ausarbeitung des Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetzes so eingebracht haben – und das ist nicht von heute auf morgen gegangen, da hat es zig­fache Arbeitsgruppen gegeben. Allen Expertinnen und Experten möchte ich an dieser Stelle noch einmal herzlich danken. – Danke schön. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Johanna Jachs. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.10.22

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach knapp einem halben Jahrhundert reformieren wir heute
den Maßnahmenvollzug. Das ist auch wichtig, weil die Zahl der Untergebrachten in den letzten Jahren stark gestiegen ist: Mittlerweile gibt es knapp 1 400 im Maßnahmenvollzug Untergebrachte.

Liebe Oppositionskolleginnen und -kollegen! Ich verstehe ja, dass es Ihre Auf­gabe ist, die Arbeit der Regierung zu kritisieren – das ist auch wichtig in einer Demokratie! –, aber es ist auch unsere Aufgabe, gerade wenn es um die Anordnung von freiheitsentziehenden Maßnahmen geht, genau hinzuse­hen. Darum lade ich auch Sie ein, liebe Kolleginnen und Kollegen, da genau hin­zusehen, denn wir wägen da gut ab.

Es geht darum, dass wir mit Augenmaß vorgehen und dass wir heute die Strafschwellen, die die Voraussetzung für den Maßnahmenvollzug bilden, anhe­ben. Und für mich ganz, ganz zentral ist, dass wir – die Frau Bundesminis­terin hat es gesagt – eigene Regelungen für jugendliche Rechtsbrecher schaffen.


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Das hat es in dieser Sache nicht gegeben und das ist so, so wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist auch so, dass im Strafverfahren die Gutachterinnen, Gutachter in Zukunft immer anwesend werden sein müssen, und das ist auch ganz wichtig, damit
sich die Sachverständigen bei der Beurteilung eben ein ganzheitliches Bild ma­chen können. Die Notwendigkeit der Anordnung soll jährlich überprüft werden.  Ich gehe davon aus, dass das auch für die jetzt bereits Untergebrachten gelten wird. Wir machen den Maßnahmenvollzug also viel gerechter und ge­stalten ihn effektiver aus.

Weil uns an Qualität sehr viel liegt – das hat die Frau Bundesministerin auch gerade vor mir ausgeführt –, ist das jetzt Teil eins der Reform, und Teil zwei – die genauere Ausgestaltung des Vollzuges – folgt dann im zweiten Paket. Ich bin zuversichtlich, dass es dann in Summe zu einer sehr homogenen und wichtigen Reform kommen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da heute aber der letzte Tag hier im Aus­weichquartier in der Hofburg ist, erlauben Sie mir noch kurz einen Satz. Das Jahr 2022 neigt sich nämlich auch dem Ende zu, und darum ist es, glaube ich, an der Zeit, kurz ein bisschen zurückzublicken.

Gerade wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssen bei unseren Be­schlüssen immer das große Ganze im Auge haben, und ich glaube, das tun wir auch – gerade dafür sind Parlamentarismus und die parlamentarische Diskus­sion enorm wichtig. Was wir in diesem Jahr erlebt haben, war, glaube ich, angeheizt durch die Pandemie, die Teuerung, den Krieg, durch die ganzen Krisen, die wir momentan zu bewältigen haben, eine Entwicklung, die uns auch hier herinnen im Hohen Haus und bei unseren Debatten – da nehme ich mich selbst jetzt gar nicht aus – einfach begleitet hat.

Darum wünsche ich mir, dass unser Diskurs auch im nächsten Jahr streitbar bleibt, aber ich wünsche mir auch, dass wir gemeinsam – Opposition


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und Regierung – im nächsten Jahr wieder daran arbeiten, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, und gemeinsam an einem besseren Bild der Politik arbeiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Harald Troch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.14.06

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Maßnahmenvollzug ist schwer in der Kritik gestanden. Zweimal
hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Österreich verurteilt, weil der Maßnahmenvollzug in Österreich eben nicht ordnungsgemäß und
eigentlich menschenrechtswidrig abgelaufen ist.

Der Maßnahmenvollzug ist natürlich insofern eine heikle wie auch wesentliche Sache, weil es ja zu lebenslangen Anhaltungen kommen kann. Das heißt,
es geht da ja um eine vorbeugende Unterbringung von psychisch kranken Rechtsbrechern, und der kritische Punkt dabei ist, dass es um eine men­schenrechtskonforme Unterbringung dieser Rechtsbrecher geht.

Es ist hier von 50 Jahren Stillstand gesprochen worden. Die Regierungspar­teien, die Koalition feiert ihre bescheidene Vorlage als die Überwindung von 50 Jahren Stillstand ab – da muss ich aber sagen: Sie lesen (ein Schriftstück in die Höhe haltend) Ihre eigene Regierungsvorlage nicht! (Beifall bei der SPÖ so­wie des Abg. Scherak.)

Auf den Seiten 1 und 2 – ich habe mir erlaubt, das mit gelbem Marker her­vorzuheben – stehen die sechs Schritte, die bis 2013 als Reform passiert sind, also von einem 50-jährigen Stillstand kann man nicht reden. Nichtsdesto­trotz gibt es die Verurteilung Österreichs. Ich würde den Kollegen Abgeordneten empfehlen, einmal die eigene Regierungsvorlage zu lesen, wenn Sie hier reden, und die Reformschritte durchaus zu sehen.


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Auf der anderen Seite gab es aber bereits 2015 eine Ministerialvorlage. Diese Ministerialvorlage geht wesentlich weiter als die jetzige Regierungsvorlage.
(Beifall bei der SPÖ.)
Das heißt, Frau Minister, man nimmt die Ministerialvorlage von 2015, schreibt sie um, bessert das Datum aus, und man hätte bereits
ein wesentlich besseres Gesetz als das, was hier vorliegt.

Dazu sagt die SPÖ natürlich Nein, weil uns das viel zu wenig ist. Eine nachhaltige Reform muss natürlich beides berücksichtigen: die Sicherheit unserer Ge­sellschaft, aber auch dass psychisch kranke Rechtsbrecher natürlich Grund- und Freiheitsrechte haben. Die Unterbringung in forensisch-therapeutischen Zentren, bei denen es nur um eine Umbenennung von Justizanstalten geht, zum Beispiel Garsten (Abg. Ribo: Ja, aber das ist es nicht!), ist uns zu wenig und
reine Kosmetik.

Es geht um mehr Mittel für den Maßnahmenvollzug für Gutachter und die Gutachten. Es gibt insgesamt zu wenig Personal in den Justizanstalten, es sind zu wenig Mittel da, und es sind zu wenig Therapeuten für die im Maßnahmen­vollzug Untergebrachten vorhanden.

Natürlich gibt es einerseits Justizanstalten, andererseits Spitäler. Wo jene Per­sonen hingehören, die im Maßnahmenvollzug sind, in Spitäler oder Justiz­anstalten, ist eine Frage finanzieller Mittel. Für Justizanstalten ist der Bund zu­ständig, für die Spitäler sind die Länder zuständig. Das heißt, es wäre drin­gend an der Zeit, mit den Bundesländern Gespräche zu führen, bei denen es um eine klare Finanzierung geht. Das ist bisher nicht gemacht worden, daher: viel Kosmetik.

Die Regierung vertröstet für weitere Schritte auf das Jahr 2023. Es gibt Mängel bei der Nachbetreuung, und auch das Expertennetzwerk Kriminalpolitik be­legt massive Mängel bei dieser Reform des Maßnahmenvollzugs. Daher sagt die Opposition natürlich Nein dazu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Nikolaus Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.18.24

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, Sie haben vorhin gesagt, Sie freuen sich über diese Reform. – Ich kann das nicht sonderlich nachvollziehen, ich weiß aber, wer sich mit Ihnen freut: Das ist der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz, denn das, was Sie heute hier beschließen wollen, ist nichts anderes als die Sicherungshaft, die sich Sebastian Kurz so dringend gewünscht hat. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was besonders skurril ist, ist – das haben Sie jetzt gerade selbst hier gesagt; Sie haben sich hier hingestellt und haben Folgendes gesagt –: Na ja, die ist eh EMRK-konform! – Na ja, es wäre ja noch schöner, wenn es nicht so wäre! Ich er­warte mir doch von einer Justizministerin, dass sie Gesetze vorlegt, die den Menschenrechten entsprechen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das zu betonen ist so skurril, das ist unfassbar.

Es gibt, Sie haben es richtig ausgeführt, da einen Paragrafen über die soge­nannten gefährlichen Rückfallstäter, der im Übrigen de facto totes Recht ist. Ich erinnere an unsere Konversation im Ausschuss: Ich habe das gesagt, Sie ha­ben den Kopf geschüttelt und haben später, um den Beweis anzutreten, dass das nicht totes Recht ist, gesagt, es gebe momentan eine Person, die nach die­sem Paragrafen in Haft sitzt. – Na gut, das ist ein einigermaßen schlechter Be­weis, um zu sagen, dass es nicht totes Recht ist.

Niemand versteht, wieso Sie den erweitern: Nicht nur ich nicht, sondern auch alle Expertinnen und Experten verstehen es nicht – Sie haben die Stellung­nahmen sicher gelesen. Die Richter:innenvereinigung sagt, sie versteht das nicht, Professoren der Universität Wien sagen, sie verstehen das nicht, Professoren


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der Universität Innsbruck sagen, sie verstehen das nicht, die Rechtsan­waltskammer sagt, sie versteht das nicht, die Vereinigung der Strafverteidi­ger:innen versteht das nicht und, und, und.

Eine dermaßen fakten- und wissensfreie Politik habe ich von den Grünen so noch nicht erlebt. Ich habe immer gedacht, es ist Ihnen wichtig, dass Sie Politik in Bezug auf Fakten und Wissen machen. Es ist offensichtlich nicht so. Ich habe mich da getäuscht. (Abg. Prammer: Das hätte ich von euch auch erwartet!)

Was auch noch skurril ist: Das, was Sie machen, ist reine Anlassgesetzgebung. Ich habe auch da einen ehemaligen Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, im Ohr, den ich sehr geschätzt habe und der in Bezug auf das Strafrecht gesagt hat: Wir dürfen keine Anlassgesetzgebung machen. – Das, was Sie tun, ist reine Anlassgesetzgebung.

Ich sage Ihnen aber etwas: Es kommt noch besser. Der Anlass, weswegen wir hier überhaupt über diese ganze Sicherungshaft diskutieren, ist das grauenhafte Attentat vom 2. November in Wien. Ohne dieses Attentat hätte es diese Debatte nie gegeben. Sie suggerieren, dass Sie dieses Attentat mit Ihrer Reform hätten verhindern können. Das ist aus zwei Gründen sehr skurril. Der erste
ist: Wir wissen, das Attentat wäre zu verhindern gewesen. Wir wissen, wenn der Verfassungsschutz auf das gehört hätte, was die slowakischen Behörden ihm geschickt haben, wäre es unproblematisch gewesen, jemanden, der schon einmal verurteilt war, wegen einer terroristischen Straftat auch entsprechend ins Gefängnis zu bringen. Es war reines Behördenversagen. (Beifall bei den NEOS so­wie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Das ist auch genau das, was die Kommission, die Sie eingesetzt haben, gesagt hat. Es gibt einen Bericht der Zerbes-Kommission, der nichts anderes sagt. Man muss sich ja immer die Frage stellen: Wieso setzen wir solche Untersu­chungskommissionen ein, wenn wir nachher nicht auf sie hören? Die Kommis­sion kommt übrigens auch zu einem Schluss, der im Gegensatz zu ihrem


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steht. Die sagt nämlich explizit, es braucht keine Unterbringung von irgendwel­chen Gefährdern.

Der zweite Grund ist aber noch skurriler: Mit dem, was Sie da vorschlagen, hät-ten Sie überhaupt keine Handhabe gegen diesen Attentäter gehabt. Sie haben es vorhin ausgeführt: Es braucht zwei Taten – es braucht eine Vortat und es braucht eine Anlasstat. Der Attentäter von Wien hatte davor eine Tat begangen. Er ist wegen einer terroristischen Straftat verurteilt worden, weil er sich auf den Weg nach Syrien zum IS gemacht hat. Es gab aber keine Vor­tat. Sie hätten ihn mit dem, was Sie da vorschlagen, nie einsperren können. Das ist doch total skurril, dass Sie eine Anlassgesetzgebung machen, mit der Sie den Anlass, über den Sie sprechen, nicht einmal hätten verhindern können. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist eine Anlassgesetzgebung, eine Symbolgesetzgebung in einem so sensiblen grundrechtlichen Bereich, und all das, ohne dass Sie damit gegen den konkreten Anlass irgendetwas hätten tun können. (Abg. Loacker: Ich glaube,
sie will zur ÖVP wechseln!)
Das ist vollkommen faktenbefreit. Das ist vollkommen sinnbefreit und ein Abgesang auf das, wofür die Grünen einmal gestanden
sind, nämlich dafür, evidenzbasierte Politik zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.22.47

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Kolleg:innen Yildirim und Troch haben
ja schon unsere grundsätzliche Position und auch Kritik an der vorliegenden Gesetzesvorlage formuliert.

Ich möchte konkret zum Jugendgerichtsgesetz Stellung nehmen. Da gibt es ja auch mehrere und durchaus sehr kritische Stellungnahmen zur aktuellen


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Gesetzesvorlage. Grundsätzlich ist es natürlich positiv, dass es zu einer Art Über­arbeitung der aktuellen Gesetze kommt und dass es auch eigene Regelungen für jugendliche Straftäter, Straftäterinnen geben wird. Dennoch gibt es aber auch in dieser Regierungsvorlage unserer Ansicht nach einen dringenden Bedarf,
diese mit einem kinderrechtlichen Fokus noch einmal genauer anzusehen und zu überarbeiten.

Besonders sensibel ist natürlich die Frage der freiheitsentziehenden Maßnahmen im Maßnahmenvollzug für nicht volljährige Jugendliche. Für diese Altersgrup­pe bräuchte es eigentlich eigene, alternative Einrichtungen, in denen diese unter­gebracht werden. Wir halten da beispielsweise auch den Vorschlag zur Er­richtung von eigenen betreuten Wohneinrichtungen, der in den Stellungnahmen gekommen ist, für eine wirklich positive Entwicklung. Dazu braucht es sozialpädagogische und sozialpsychiatrische Begleitung. Kinder und Jugendliche brauchen im Maßnahmenvollzug tatsächlich auf sie zugeschnittene Maß­nahmen, Begleitmaßnahmen, damit sie da auch bestmöglich und konkret unter­stützt werden können, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt aber auch, es braucht für diese Zielgruppe neben der Sicherstellung geeigneter psychiatrischer Betreuung insgesamt eine Stärkung der so­zialarbeiterischen Unterstützungsleistungen. Dafür braucht es – Frau Ministerin, das ist, glaube ich, der Knackpunkt – natürlich auch ausreichend Kinder- und Jugendpsychiater:innen. Da werden wir investieren müssen. Da werden wir in mehr ausgebildete Fachkräfte investieren müssen, um da auch die best­möglichen Lösungen zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Bereich der Jugendgerichtsbarkeit – und damit möchte ich schließen – brauchen wir tatsächlich die besten Rahmenbedingungen, um da auch den speziellen kinderrechtlichen Fokus nicht aus den Augen zu verlieren. –
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Philipp Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.25.14

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor
den Fernsehschirmen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer in den letzten Jah­ren Justizanstalten besucht hat, so wie ich das gemacht habe, der weiß, dass der Maßnahmenvollzug nicht vor 50 Jahren stehen geblieben ist. Es gibt dort en­gagierte Justizwachebeamte, die ihn im Rahmen der Gesetze weiterent­wickelt haben, und auch engagierte Mitarbeiter, die diesen Maßnahmenvollzug nicht immer zu meiner Freude – die Betroffenen wissen, wen ich meine –, aber doch auch weiterentwickelt haben.

Vielleicht hat die Erhöhung der Belagszahlen seit 2015 – es macht bei der Jahreszahl gleich klick – auch mit den offenen Grenzen zu tun, also dass es jetzt so extrem viele Menschen im Maßnahmenvollzug gibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allem Verständnis für die sprachliche Anpassung in Bezug auf die Stigmatisierung der dort Untergebrach­ten dürfen wir nicht vergessen: Es handelt sich dabei immer noch um Rechtsbrecher, um verurteilte Straftäter und nicht einfach nur um Patienten. Daher hoffe ich, dass nicht nur für den Austausch des Schildes an der Justizanstalt Asten – und nicht Garsten, Herr Kollege Troch – Geld einbudgetiert ist, sondern auch für mehr Personal, denn ohne mehr Personal wird diese Reform am Maßnahmenvollzug nichts ändern, und für reine Publicitymaßnahmen steht die Freiheitliche Partei nicht zur Verfügung.

Wir werden auch in Zukunft genau hinschauen, wie zum Beispiel die Belags­zahlen in Asten und auch in den anderen zukünftigen forensisch-the­rapeutischen Einrichtungen sind, denn die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung steht für uns Freiheitliche immer noch an erster Stelle. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Positiv möchte ich aber auch noch etwas anmerken – und daher rührt unser Verlangen auf getrennte Abstimmung –: Positiv ist, dass wir mit einer Verlegung


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von solchen Straftätern von Krankenhäusern in Justizanstalten natürlich eine enorme Einsparung für den Steuerzahler haben, da die Kosten in Kranken­häusern für den Steuerzahler – für das Justizbudget – weit über dem liegen, was in Justizanstalten zu bezahlen ist.

Negativ sehen wir – und daher werden wir auch dagegenstimmen –, dass trotz einer alljährlichen Überprüfung, die im Gesetz vorgesehen ist, für gewisse Personengruppen eine Freilassung nach fünf beziehungsweise 15 Jahren ohne Überprüfung vorgesehen ist. Wir sehen da eine Sicherheitsbeeinträchtigung
der österreichischen Bevölkerung und werden dem unsere Zustimmung verweigern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.28.36

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen, Zuseher auf
der Galerie! Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt – es ist schon vieles gesagt worden – darf ich aber trotzdem festhalten, warum unsere
Position so ist, wie sie ist, nämlich dass wir dem Gesamtpaket des Maßnahmen­vollzugsanpassungsgesetzes nicht zustimmen können. Wir sagen, es sind einige Punkte dabei, die nicht ausreichen. Wir sind aber durchaus bereit, einige punktuelle Angelegenheiten positiv zu bewerten, Frau Bundesministerin.

Was aber nicht der Fall ist, ist, dass es einen Reformstillstand gegeben hat. Das möchte ich entschieden verneinen. Es hat in den letzten Jahren und Jahr­zehnten durchaus immer wieder Bemühungen gegeben, da etwas zu machen. Es war auch klar erkennbar, dass diese Reformbemühungen teilweise auch geendet haben, dass dann Arbeitskreise eingesetzt worden sind, es aber keine Erledigungen gab.


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Die Unterbringungszahlen sind aber ständig gestiegen. Wir wissen, von 2001 bis 2022 ist eine Verdreifachung eingetreten. Zuletzt gab es über 1 443 unter­gebrachte Personen. Es gab Handlungsbedarf, es musste gehandelt werden. Die­ser Gesetzentwurf, der uns vorliegt, ist nur ein kleiner Schritt, er gibt aber große Hoffnung auf weitere größere Schritte, die folgen müssen.

Was ist nun der Zweck der Unterbringung? – Der Zweck der Unterbringung ist zweifelsohne die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, aber auch die medizinische Behandlung und die Resozialisation.

Von meinen Kollegen ist das bereits ausgeführt worden, auch Kollege Scherak hat es gesagt: Was mit § 23a hinsichtlich der Rückfalltäterregelung passiert ist, dass Terroristen nunmehr aufgrund dieser Bestimmung untergebracht wer­den können, ist, glaube ich, eine Gesetzgebung, die das Problem nicht löst. Das Problem kann man nur lösen, wenn man die Expertenkommission anlässlich dieses heimtückischen Anschlages anhört. Diese hat gesagt: Es sind Fehler passiert, es sind Behördenfehler passiert, und die Sicherheitsbehörden müssen enger zusammenarbeiten. Wir haben noch nicht gesehen, dass diesbezüg­lich Handlungen erfolgt sind, deshalb denke ich auch – so wie Kollege Scherak –, dass versucht wird, über dieses Maßnahmenvollzugsgesetz eine Regelung zu machen, obwohl das Problem eigentlich anders gelöst werden sollte.

Positiv ist, Frau Bundesministerin, die Regelung im Jugendgerichtsbereich. Ich finde das wichtig, das möchte ich auch betonen. Positiv ist auch, dass in der Hauptverhandlung der Sachverständige für Psychiatrie anwesend sein muss. Das sehe ich auch durchaus als Grundlage dafür, dass wir sagen können, gewisse Punkte sind richtig.

Ich möchte mich bei Ihnen aber auch abschließend, weil es meine letzte Rede ist, dafür bedanken, dass Sie das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz um­gesetzt haben. Sie wissen, die Initiative gegen Altersdiskriminierung war eine mir wichtige. Der Entwurf ist da, ich hoffe, dass wir da auch eine positive Erledigung erzielen.


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Ich möchte mich, da es die letzte Rede meinerseits in diesem Jahr ist, bei
euch allen auch für die gute Zusammenarbeit bedanken und wünsche frohe Feiertage. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Bundesministerin Dr.in Alma Zadić. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


13.31.48

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich möchte nur kurz auf ein paar Punkte eingehen. Der erste Punkt, Frau Abgeordnete Schatz und
Herr Abgeordneter Margreiter, weil Sie auch so betont haben, wie wichtig die Betreuung im Maßnahmenvollzug und die Behandlung an sich sind: Wir
haben heuer 40 Millionen Euro extra für den Strafvollzug veranschlagt, damit wir genau in diesem Bereich auch weiter ausbauen können, insbesondere auch
was das Personal betrifft. Es ist derzeit in ganz Österreich so, dass wir gerade im Pflegebereich, aber auch in den Psychiatrien und bei Psychologen dringend notwendig Ressourcen brauchen. Glauben Sie mir: Ich investiere alles, was wir investieren können, in diesen Bereich, weil es enorm wichtig ist, dass Men­schen, die im Maßnahmenvollzug untergebracht sind, auch entsprechende Be­treuung bekommen. Deswegen arbeiten wir auch an diesem zweiten Teil
des Maßnahmenvollzugsgesetzes, der ja genau das regeln soll, nämlich die Be­treuung und die Behandlung im Maßnahmenvollzug.

Einen zweiten Punkt möchte ich noch ansprechen, weil Sie, Herr Abgeordneter Scherak, gesagt haben, Sie erwarten sich von einer Justizministerin, dass
sie EMRK-konforme Gesetze erlässt: Ja selbstverständlich mache ich EMRK-konforme Gesetze. Ich habe nur die Frage im Ausschuss in Erinnerung, mit
der eben unterstellt wurde, dass das nicht EMRK-konform sei, und daher wollte ich hier die Gelegenheit ergreifen, um noch einmal zu erklären, warum das
sehr wohl so ist. Immer wieder wird jedes Gesetz von mir nochmals dahin ge-


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hend geprüft, ob es tatsächlich unseren verfassungsrechtlichen Bestim­mungen und der EMRK, die in Österreich auch im Verfassungsrang ist, ent­spricht.

Ein dritter Punkt zum Thema totes Recht: § 23 StGB ist kein totes Recht, weil wir jetzt bereits eine Person, einen gefährlichen Rückfallstäter haben, der genau wegen § 23 sitzt. Ich würde mir so wie Sie wünschen, dass weder der neue noch der alte § 23 jemals zur Anwendung kommt, denn das würde bedeuten, dass unser Strafvollzug – so wie er jetzt ausgestaltet ist, mit der Betreuung, mit der Behandlung, mit der Deradikalisierungsbetreuung, die wir jetzt auch aufge­stockt haben – so gut funktioniert, dass jemand, der wegen einer terroristischen Straftat sitzt, in diesen zwölf Monaten so gut behandelt wird, dass es nicht mehr notwendig ist, dass er noch einmal eine Straftat begeht, dass es auch nicht mehr notwendig ist, dass es eine Prognose für weitere terroristische Straf­taten gibt. Das würde ich mir wünschen.

Genau deswegen investiere ich ja auch jetzt so viel in Deradikalisierung, in Betreuung und Behandlung im Strafvollzug. Wir haben noch nie so viel Geld für den Strafvollzug in die Hand genommen, und ich glaube, das ist wichtig. Ja,
ich würde mir so wie Sie wünschen, dass dieser Paragraf nie angewendet wer­den muss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Justizausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.


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13.35.048. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2982/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschafts­rechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwaltsordnung und das Disziplinar­statut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden (1850 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag. Harald Stefan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.35.44

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ja, wieder ein COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, und wir tun so, als gäbe es noch immer eine Pandemie, als hätten wir einen Aus­nahmezustand und müssten daher gewisse Regelungen, die bis jetzt eigentlich klar waren, außer Kraft setzen. Eine dieser Covid-Maßnahmen, die ja alle doch einer ziemlichen Panik geschuldet waren, war, dass man Gerichtsverhand­lungen, Einvernahmen und so weiter mittels Videokonferenz machen konnte und mittlerweile kann und es auch im gesellschaftlichen Bereich und bei Ver­einen und so weiter möglich sein sollte, dass man Videokonferenzen durchführt.

Viele von diesen an sich sehr schnell erstellten Gesetzen sind durchaus gut gemacht gewesen, also vor allem auch im Hinblick darauf, dass das ja
sehr schnell gemacht werden musste. Jetzt kann man natürlich auch darüber nachdenken, was sinnvoll ist, was man ins Dauerrecht übernehmen kann.
Da kann man mit uns wirklich diskutieren. Es haben sich ein paar dieser Maßnah­men auch bewährt, aber diese jetzt wieder um ein weiteres halbes Jahr zu


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verlängern und so zu tun, als wäre das jetzt eine Notmaßnahme und daher wür­den Covid-Maßnahmen verlängert, ist jedenfalls der völlig falsche Ansatz. Daher werden wir das ablehnen.

Wir brauchen ordentliche neue Gesetze, in denen wir das übernehmen, was wir als sinnvoll erachtet haben, aber man muss dabei auch aufpassen, dass die Qualität erhalten bleibt, dass zum Beispiel auch Aktionärsrechte durchaus ge­schützt werden und nicht vielleicht einmal der Bequemlichkeit geopfert werden. Das muss man ausreichend diskutieren. Das können wir gerne, da werden wir uns auch beteiligen, da werden wir sicherlich auch der einen oder anderen Maß­nahme zustimmen, aber jedenfalls nicht einer künstlichen Verlängerung von Notmaßnahmen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.37.46

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, zum Glück entwickelt sich die Lage so, dass wir die Pandemie bald überstanden haben werden. Noch ist das nicht der Fall, noch müssen wir uns dafür bereithalten, dass sich die Situation wieder ändert, und noch müssen wir diese Regelungen aufrecht halten. Wollen wir das? Finden wir das gut? – Nein, es ist notwendig. Genauso wie es die ganze Zeit über notwendig war. (Abg. Loacker: Aber nicht in der Schweiz, nicht in Italien!)

Es sind Regelungen, die sich an die jeweilige Situation anpassen können, weil sie immer die Voraussetzung haben, dass diese Sonderregelungen in der aktuel­len Situation notwendig sind. Dieses Korrektiv ist da drinnen, und deshalb ist es sinnvoll, sie noch bis zum Sommer zu verlängern. Wir hoffen, dass wir dann ohnedies diese gesamte Pandemiesituation überstanden haben. Wir arbeiten


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auch gleichzeitig daran, diese Bestimmungen zu durchforsten und uns anzuschauen, welche dieser Vereinfachungen oder welche dieser Beschleuni­gungen und dieser Distanzverhandlungen zum Beispiel auch unter norma­len Umständen möglich sind und welche man unter normalen Umständen nicht machen darf, weil sie die Grundprinzipien unserer Verfahrensordnung zu sehr angreifen. (Abg. Wurm: ... normale Umstände!)

Das ist unser jetziger Stand der Dinge: Wir sind noch in der Pandemie, wir brauchen diese Regelungen noch und wir müssen sie einsetzen können, wenn sich die Situation wieder ändert. Ändert sich die Situation nicht und bleibt alles so, wie es jetzt ist, werden diese Regelungen auch nicht zur Anwendung kommen, weil sie unter dem Vorbehalt stehen, dass sie notwendig sind. Des­halb ersuche ich, dem zuzustimmen, genauso wie wir es auch noch einmal machen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.39.38

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Ich kann mich, was die Materie Verlängerung der Covid-Sondergesetze betrifft, Kollegen Stefan anschließen. Wir sehen auch kei­ne Notwendigkeit mehr, dieses Provisorium fortzuführen.

Ich erinnere daran, dass gerade heute berichtet wird, dass jetzt auch in den Krankenhäusern und Pflegeheimen die 3G-Regel fällt. Es ist also tatsäch­lich Entspannung da, und auf Vorrat, nur weil es wieder einmal passieren könnte, solch einschneidende Maßnahmen, die doch die Verfahrensqualität wesent­lich beeinträchtigen, zu beschließen, davon halten wir nichts.

Unter anderem sind aber auch Änderungen in der Rechtsanwaltsordnung und im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte vorgesehen, und das nehme ich zum Anlass,


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einen Entschließungsantrag einzubringen, zumal gerade jetzt, in dieser Teue­rungswelle, darauf hinzuweisen ist, dass jene Entlohnung der Anwälte, die der unterlegene Prozessgegner zu ersetzen hat, seit 2015 nicht mehr ange­passt worden ist. Diese Anpassung der Tarife, die der unterlegene Prozessgegner zu ersetzen hat, erfolgt durch eine Verordnung der Justizminis­terin, die sogenannte Zuschlagsverordnung.

Diesbezüglich bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der RATG-Tarife“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Justizministerin wird aufgefordert, dem Hauptausschuss eine Verordnung gemäß § 25 RATG zuzuleiten, mit der zu denen im Tarif des RATG als Entlohnung des Rechtsanwaltes/ der Rechtsanwältin angeführten festen Beträ­gen ein Zuschlag festgesetzt wird.“

*****

Ich bitte höflich, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Erhöhung der RATG-Tarife

eingebracht im Zuge der Debatte in der 191. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2982/A der Abgeordneten


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Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Ge­setz, die Rechtsanwaltsordnung und das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden (1850 d.B.) – TOP 8

Die Verlängerung der Maßnahmen der COVID-19-Justiz-Begleitgesetze stellen für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen weiterhin eine Herausforderung dar. In diesem Zusammenhang steht auch die jahrelange Nicht-Erhöhung der RATG-Tarife.

§ 25 RATG ermächtigt die Bundesministerin für Justiz zu den Beträgen des RATG durch Verordnung einen Zuschlag festzusetzen, um eine den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen angemessene Entlohnung zu sichern. Die letzte Zu­schlagsverordnung (Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Fest­setzung eines Zuschlags zu den im Rechtsanwaltstarifgesetz angeführten festen Be­trägen) ist im Jahr 2015 erfolgt und mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten. Allein schon durch die massive Inflation, welche sich im laufenden Jahr entwickelt hat, ist eine Tarifanpassung überfällig, um eine den geänderten wirtschaftli­chen Verhältnissen entsprechende angemessene Entlohnung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu sichern. Mittlerweile liegt die VPI-Steigerung im Verhält­nis zur letzten Anpassung 2015 bei ca. 25%.

Die Erhöhung der RATG-Tarife ist daher längst überfällig und ehestmöglich umzu­setzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Justizministerin wird aufgefordert, dem Hauptausschuss eine Verordnung gemäß § 25 RATG zuzuleiten, mit der zu denen im Tarif des RATG als Entlohnung des


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Rechtsanwaltes/ der Rechtsanwältin angeführten festen Beträgen ein Zuschlag fest­gesetzt wird."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Mag.a Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.41.50

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um die Verlängerung einer
Covid-19-Maßnahme und auch den Bereich des Gesellschaftsrechtes und der Rechtsanwaltsordnung. Eine wiederholte Verlängerung dieser Covid-19-Notmaßnahmen betrifft aber ein Thema, das an sich viel größer ist als diese hier vorliegende Detailregelung, nämlich Grundrechte, die die Menschen betref­fen, etwa im Bereich der Rechtsprechung, also vor Gericht, aber auch im Bereich des Justizvollzuges, also der Behandlung in den Gefängnissen. Beides ist rechtspolitisch von sehr großer Bedeutung.

Es gibt derzeit viele Vereinfachungen, aber auch Erschwernisse. Eine typische Vereinfachung im Bereich der Justiz ist die Möglichkeit, Zeugenaussagen vor Gericht auch via Videokonferenz vorzunehmen. Ein Beispiel für Erschwer­nisse wäre die Einschränkung von Besuchsmöglichkeiten für Häftlinge.

Weil diese Maßnahmen Grundrechte der Menschen betreffen, sind sie als Coronamaßnahmen in ihrer Dauer natürlich begrenzt und wurden regelmäßig verlängert. Daraus lässt sich schließen, dass für die Bundesregierung eine Ausnahmesituation aufgrund der Pandemie weiterhin besteht. Das deckt sich aber nicht mit der weitgehenden Aufhebung von Coronaschutzmaßnahmen und es deckt sich auch nicht mit einer mangelnden Bereitstellung von Geldmit­teln für die Bekämpfung der Pandemie.


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So wurde zum Beispiel im Kulturausschuss kritisiert, dass keine Geldmittel für mögliche Hilfsmaßnahmen im Budget bereitgestellt sind. Es gibt im Bereich der Kultur also keine Gefährdung durch die Pandemie mehr – das muss man daraus schließen.

Aus meiner Sicht befindet sich die Bundesregierung auf dem Scheideweg, denn wenn die Pandemie vorbei ist, müssen auch die Covid-bedingten Erleich­terungen im Bereich der Verwaltung auslaufen. Eine Art Verwaltungsreform durch die Hintertür, ohne verfassungsrechtliche Prüfung, ist in einem Rechtsstaat nicht in Ordnung. Wenn sich einzelne Maßnahmen als sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen erweisen beziehungsweise erwiesen haben, soll man sie weiterführen, kann man sie weiterführen, aber dann gehören sie ordent­lich, nachhaltig, verfassungskonform in die jeweiligen Gesetze implementiert.

Daher ist die Entscheidung der SPÖ, einer neuerlichen Verlängerung zuzu­stimmen, heute gegeben, aber mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es das letzte Mal ist. Die Bundesregierung ist aufgefordert, jetzt rechtstaatliche Maßnahmen zu implementieren oder das zu verwerfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Schmidhofer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.45.09

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Werte Zuseher:innen, die Sie diese Sitzung zu Hause mitverfolgen! Dieser Antrag – wir haben es bereits von den Vorrednern gehört – enthält eine Verlängerung der notwendigen Bestimmungen aus dem 1. und 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz.

Das ist letztlich notwendig, wie wir gehört haben. Es bringt auch mit sich, dass wir in diesem Antrag unter anderem auch die Verlängerung der Offenlegungsfristen für die Jahresabschlüsse für die Wirtschaft mitbehandeln.


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Es wird mit dieser Verlängerung für Vereine und Gesellschaften auch die Möglichkeit geschaffen, dass über Video beziehungsweise Kommunikationsmit­tel mit Bildübertragung gearbeitet werden kann. Das hat sich in den letzten Jahren bewährt, es hat sich gut eingespielt. Es ist auch dieser Bundesregierung zu danken, dass wir in den Monaten gelernt haben, mit dieser techni­schen Ausstattung umzugehen.

Letztlich ist das auch ein Vorteil –und das sollte man auch bedenken, wenn nach dem 30.6. diese Geschichten wieder auslaufen –, sodass wir vielleicht doch einiges in das Dauerrecht überführen können. Dazu haben sich auch die Vorred­ner geäußert, nämlich dass man darüber reden kann. Es wäre wirklich auch ein Vorteil in der Abwicklung für Gesellschaften, bei denen man jetzt an Sitzun­gen physisch teilnehmen muss, dass man dann eventuell auch über Bild­übertragung dabei sein kann. Das spart einerseits Zeit, andererseits würde es natürlich auch Ressourcen sparen, wenn man bedenkt, dass man oft bun­desländerübergreifend zu solchen Versammlungen oder Sitzungen fahren muss und man sich das dann ersparen könnte.

Man muss sich bei allen bedanken, die mit diesem Instrument gut arbeiten konnten – bei den aufgezählten Vereinen beziehungsweise Gesellschaften, bei den Rechtsanwälten, allen, die bei Gericht zu tun hatten –, dass man diese Zeit auch wirklich gut genutzt hat, keine Fristen versäumt hat und letztlich gut arbeiten konnte.

Ich darf mich jedenfalls für die Zustimmung bedanken, sodass gut weitergear­beitet werden kann. – Frau Ministerin, auch Ihnen und Ihrem Team herz­lichen Dank, und ein Dank dem Ausschuss! Wir haben gehört, dass die SPÖ na­türlich auch mitgehen wird, und ich freue mich, dass wir das heute beschlie­ßen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.



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13.48.24

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es wurde schon erwähnt: Mit diesem Initiativantrag verlängern wir noch einmal die Covid-Regeln, und zwar bis zum 30. Juni 2023.

Um auf Sie, Herr Abgeordneter Stefan, einzugehen: Ich kann Ihnen noch einmal versichern – ich weiß, dass diese Verlängerung ein Stretch ist –, wir werden diese Zeit nicht komplett ausschöpfen, weil wir daran arbeiten, viele dieser gu­ten Regelungen ins Dauerrecht zu überführen. Es braucht einfach noch, wie Sie, glaube ich, im letzten Beitrag gesagt haben, Fachexpertise, die dann auch einfließt, wir werden das also sicherlich nicht bis zum Ende ausschöpfen.

Da das meine letzte Rede in diesem Jahr ist, möchte ich allen noch frohe Weihnachten wünschen und erholsame Feiertage. Ich hoffe, wir alle sehen uns frisch und munter und vor allem auch gesund im neuen Jahr im neuen alten Parlament wieder! Ich freue mich wirklich sehr. (Allgemeiner Beifall.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ebenfalls alles Gute, Frau Bundesministerin!

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Justizausschusses.

13.49.42Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 6 bis 8


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 6 bis 8, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wünschen die Klubs dazu eine Unterbrechung? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 210

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Justizausschusses, den Abschluss des Staatsvertrages: Erklärung der Repu­blik Österreich über die Annahme des Beitritts des Plurinationalen Staats Bolivien und des Beitritts Jamaikas zum Übereinkommen über die zivilrechtli­chen Aspekte internationaler Kindesentführung, in 1758 der Beilagen ge­mäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG zu genehmigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betref­fend Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 in 1789 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Harald Stefan vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil des Gesetzent­wurfes ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fas­sung der Regierungsvorlage. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 211

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das  ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Le­sung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Ergebnisse der Zerbes-Kommission anlässlich des Terroranschlages vom 2. No­vembers 2020 in Wien“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Ge­setz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 1850 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der RATG-Tarife“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung, 191. Sitzung des Nationalrats vom 15. Dezember 2022 / Seite 212

13.52.589. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1790 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (1891 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Thomas Spalt. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.53.24

Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staatssekretärin – sie ist noch nicht hier. Geschätzte Abgeordnete! Geschätzte Kollegen! Ja, das Filmförderungsgesetz ist auch für uns Freiheitliche im Grunde eine gute Gesetzesvorlage: gut, wenn es darum geht, österreichi­sche Filmschaffende, Produzenten und Schauspieler zu unterstützen; gut, wenn es darum geht, den Standort Österreich auch als Drehort interessant zu machen; und auch gut im Sinne dessen, was der Film über unsere Landschaft, über unsere Kultur und über unsere Architektur vermitteln kann.

Was jedoch nicht so gut ist, ist die Festlegung des Kreises der neuen Förderberechtigten. In der uns vorliegenden Fassung wird der Kreis der För­derberechtigten auf österreichische Staatsbürger oder Filmschaffende mit ständigem Wohnsitz im Inland geändert.

In den Erläuterungen dieser Vorlage wird dazu festgehalten: „Förderberechtigt sind [...] Förderungswerber aus der EU, dem EWR und der Schweiz.“ – Der ständige Wohnsitz in Österreich wird mit keinem Wort erwähnt. Es bleibt hier die Frage, ob dies bewusst in den Erläuterungen nicht erwähnt wurde oder ob dies schlicht und einfach vergessen wurde.


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Die geplante Öffnung von Fördertöpfen für Drittstaatsangehörige lehnen wir ganz klar ab. Weiters liegen auch noch keine Förderrichtlinien vor. Das macht es schwierig, einem Fördergesetz zuzustimmen, wenn wir die Förder­richtlinien nicht kennen. Auch der Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Jahr 2011, aus drei Förderstellen eine zu machen, wurde nicht nachgekommen.

Zusammengefasst: Sehr schade! Wie eingangs erwähnt begrüßen wir die Idee hinter dem Filmfördergesetz, jedoch können wir, solange das Gesetz noch mit diesen Fehlern behaftet ist, dieses nur ablehnen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf Herrn Vizekanzler Werner Kogler sehr herzlich begrüßen.

Ich bitte Frau Mag.a Eva Blimlinger zum Rednerpult. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.55.35

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Wir werden heute einen, wie ich meine, Meilenstein für die gesamte Filmbranche beschlie­ßen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erst am 25. November 1980 erhielt Österreich als letztes westeuropäisches Land ein Filmförderungsgesetz – spät, sehr spät waren wir dran –, und österreichische Filme konnten nun im Rahmen des Österreichischen Filmförde­rungsfonds, des sogenannten ÖFF – heute ÖFI – finanziert werden. Mitt­lerweile werden die meisten neu erscheinenden österreichischen Filme vom ÖFI gefördert.

Die vorliegende Reform ist die wichtigste seit der Einführung 1980 und stellt eine umfassende Stärkung der gesamten heimischen Kreativwirtschaft,


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der Filmwirtschaft im internationalen Wettbewerb dar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herausragend sind insbesondere die Öffnung für alle Formate, der grüne Bonus für nachhaltige, klimafreundliche Produktionen und die Zusatzfinanzierung für Projekte mit einem hohen Frauenanteil. Wie gesagt, es wird für alle Forma­te – von Kino über Fernsehen, Streaming bis zum Service Work in der Post Production – offen sein. Das ist, wie man so schön sagt, ein echter, und zwar ein wirklich echter Gamechanger, der Österreichs Filmwirtschaft international weit vorne positionieren wird. Das Modell wird zu einem Mehr an Investitionen führen und damit das hohe kreative und künstlerische Potenzial des ös­terreichischen Films, der österreichischen Filmszene auszeichnen und weiter stärken.

Noch bevor wir es heute beschließen, zeigt das Gesetz bereits seine erste Wirkung – und das freut mich besonders –: Anfang 2023 wird eine neue HBO-Miniserie in Wien gedreht werden. Für „The Palace“ sind Hollywoodstars wie Kate Winslet und Hugh Grant angekündigt. Ein Vorbote für die internatio­nale Anziehungskraft der neuen Filmförderung – großartig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht selbstverständlich in erster Linie um den österreichischen Film, aber eben auch um den europäischen und den internationalen. Es geht um Österreich als Filmstandort, und es ist großartig, dass es jetzt schon funktioniert.

100 Jahre nachdem 1923 die Rosenhügelstudios eröffnet worden sind, jene Studios, die zunächst Zentrum der großen europäischen Stummfilmproduktionen wie „Samson und Delila“ waren, wo dann in den 1930er-Jahren mit der Tobis-Sascha, der großen deutschsprachigen Produktionsfirma, Highlights wie zum Bei­spiel „Maskerade“ produziert wurden, die dann arisiert und für Propa­gandafilme der Nazis genutzt wurden, 100 Jahre danach beschließen wir dieses Gesetz. Regisseure, Schauspieler, Schauspielerinnen, Filmleute mussten in die USA flüchten, und dort trafen sich viele von ihnen in Hollywood. Österreich


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fand es, wie so oft, nicht der Mühe wert, sie nach dem Krieg, nach dem Nationalsozialismus zur Rückkehr einzuladen, und das hatte nicht nur für den Film, wie Sie wissen, sondern für sehr viele Bereiche Folgen.

Über die 1950er-Jahre und den österreichischen – man muss sagen – Heimatfilm ist nicht wirklich viel zu sagen. Er kam über den lokalen Rahmen nicht ansatzweise hinaus.

Jetzt können wir mit diesem Gesetz einen großen Schritt – oder besser noch: viele große Schritte – in die Filmzukunft gehen. Es ergeben sich völlig neue Rahmenbedingungen für die gesamte Branche, aber insbesondere auch für den personalintensiven Bereich der Dienstleisterinnen und Dienstleister. Und das ist ebenfalls vollkommen neu: Diese sind ab jetzt nicht nur als Ausfüh­rende tätig, sondern schlüpfen als Antragsteller:innen für internationale Produktionen in eine neue Rolle, wodurch ein Wirtschaftswachstum in diesem hoch kreativen Bereich vorprogrammiert ist. Es betrifft im Wesentlichen 20 000 Filmschaffende, 8 000 Film- und Musikunternehmen, und wir müssen schauen, wie wir für die Zukunft genügend Fachkräfte bekommen.

Ich fasse es noch einmal zusammen: Das Modell umfasst Kino, TV, Streaming, Virtual Reality und schließt damit die bisher bestehende Lücke, und den Bereich des Service Work in der Post Production – Ton, Musik, Animation. Der Filmverleih wird als wichtiges Bindeglied zwischen Produktion und Publikum einbezogen. Kleiner Wermutstropfen leider: Beim Verleih sind europäi­sche Produkte, europäische Filme nicht abgedeckt, aber das kriegen wir auch noch hin.

Die Basisförderung beträgt 30 Prozent, der grüne Bonus weitere 5 Prozent. Das macht Österreich international wirklich zum Vorreiter für klimafreundliches Produzieren. Eine Gendergapfinanzierung für Projekte mit hoher Beteiligung von Frauen ist bei ÖFI plus und Fisa plus vorgesehen.

Für Kinoproduktionen mit hohem internationalen Finanzierungsanteil wird ein Bonus bei ÖFI plus implementiert. Fisa plus und der Fernsehfonds Austria


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ermöglichen eine Kombination on top, den Exzellenzbonus für TV-Eigenproduk­tionen. Die Maximalhöhe des Zuschusses liegt bei 5 Millionen Euro pro Film, für Serien bei 7,5 Millionen Euro.

Ich erlaube mir folgendes Schlusswort: Ich widme meine heutige Parlamentsrede Reinhard Pyrker, 1949 bis 1997 – viel zu früh verstorben –, ohne den es das Fördermodell in den 1980er-Jahren und die Entwicklung des österreichi­schen Films nicht gegeben hätte.

In diesem Sinne kann ich nur sagen: Film ab, gute Projektion, schöne Weih­nachten!

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.02.01

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Vielleicht eine Einstiegsfrage: Wann waren Sie zum letzten Mal im Kino? Wann haben Sie einen Kinofilm genießen können? (Abg. Stögmüller: Heute wär ich gegangen!) – Heute wärst du gegangen? (Abg. Stögmüller: Ja, „Avatar“!) – Sehr gut.

Warum beginne ich so, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen? – Die Filmwirt­schaft, die österreichische Filmwirtschaft war natürlich auch von der Pan­demie sehr gebeutelt, das ist keine Frage. Die österreichische Filmwirtschaft, Kreativwirtschaft – es wurde soeben gesagt – besteht aus Zigtausend Unternehmen, aber noch mehr Filmschaffenden und Menschen, die in Berufen in diesen Bereichen arbeiten: 20 000 oder mehr.


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Wenn man den Filmwirtschaftsbericht 2020 hernimmt, der die Zahlen aus 2019 ausweist: Es waren – und das war vor der Pandemie – in diesem Jahr 8 500 Personen in 2 700 Unternehmen, vor allem in Produktionsfirmen, TV-Se­rien und Kinofilmen. Das ist schon eine ganz schöne Zahl.

Für die Branche, die sich seit Langem, seit vielen Jahren Veränderungen wünscht, Vereinfachungen wünscht, einfach mehr Mittel ohne Deckel wünscht – und das wird jetzt Wirklichkeit –, geht das jetzt in Erfüllung.

Wir können dieser dreiteiligen Vorlage – es wird einerseits das Filmstandort­gesetz 2023 geschaffen, andererseits werden das Filmförderungsgesetz und auch das KommAustria-Gesetz novelliert – unsere Zustimmung erteilen, mit dem einen Wermutstropfen, der auch von Kollegin Blimlinger genannt wur­de, auch meine Kollegin Kucharowits wird noch darauf eingehen: den Bedingungen beim Verleih europäischer Filme.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass wir postpandemisch sagen können – das sind wir eh noch nicht, postpandemisch, aber trotzdem –, dass wieder alle Festivals angelaufen sind und wir durchaus sehr stolz sein kön­nen, dass wir nicht nur den Rathausplatz im Sommer genießen können, sondern auch die Viennale, die im Herbst stattgefunden hat, die Diagonale in Graz, das Vienna Independent Film-Festival, das Tricky-Women-Festival und vieles mehr.

Auch Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP loben dieses Gesetz insofern, als sie sagen, dass es einen Mehrwert für unser Land bedeutet, wenn der Tourismus durch diese Festivals angekurbelt wird, wenn durch die Weiterentwicklung dieses Gesetzes jetzt auch internationale Produktionen mit Hollywood­stars – das wurde auch schon gesagt – nach Österreich geholt werden, dass es aber auch so ist, dass der Hafen Wien und die HQ7-Studios – eine neue Filmproduktion – Hallen mit 3 300 Quadratmetern schaffen werden – also gute, beste Voraussetzungen für internationale, aber auch heimische Produk­tionen, für die Zukunft des österreichischen Films auf der einen Seite, aber wie gesagt auch für gute internationale Kooperationen.


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Ich möchte hier noch eine Frage stellen, die ich eigentlich Herrn Bundesminister Kocher hätte stellen wollen, weil es Fisa plus betrifft – aber, Herr Vize­kanzler Kogler, vielleicht können Sie ihm das ausrichten –: Professor Heiduschka von Wega-Film – Sie alle werden ihn kennen –, der mit Michael Haneke sehr viel gearbeitet hat, aber auch mit Elisabeth Scharang – wir haben auch Oscars für diese Filme bekommen; wir können ganz stolz auf unsere Regisseure, Regisseurinnen und Produzenten, Produzentinnen sein, die schon der­maßen viele Preise eingeheimst haben –, fragt zum Beispiel: Wenn jetzt das ÖFI plus Ausgaben, die zu 100 Prozent in Österreich getätigt wurden, zu 30 Pro­zent rückerstattet – das ist dieses Geld, das dazukommt –, ist das auch für Fisa plus so? Die erkennen – wir kennen ja die Richtlinien noch nicht – nur 80 Prozent an, und wenn man von 80 Prozent 30 Prozent hernimmt, ist das weniger, als wenn man von 100 Prozent 30 Prozent hernimmt, die rückerstattet werden können. Das wäre eine Frage, die ich gerne weiterleiten möchte, weil ich darum gebeten wurde, die man dann vielleicht aus den Richtlinien ohne­hin herauslesen kann, die man aber vielleicht auch so klären könnte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was braucht es jetzt noch? – Ich glaube, dass eine Nachwuchsoffensive, wie wir im Ausschuss besprochen haben, auch eine wichtige Forderung wäre, dass wir nicht Menschen sozusagen einladen müssen, hier zu arbeiten, sondern dass wir unseren Nachwuchs hier auch ausbilden, dass wir Ausbildungsplätze schaffen. Wenn das jetzt noch folgt, kön­nen wir durchaus sehr stolz darauf sein, dass dieses Filmstandortgesetz und die Novelle zum Filmförderungsgesetz hier als gelungen betrachtet werden können – wie gesagt, bis auf den einen Wermutstropfen.

Nichtsdestotrotz, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir im Kunst- und Kulturbereich, Herr Vizekanzler, schon noch offene Baustellen. Wir wissen, im Budget war es so, dass die Teuerung quasi die Zusatzmittel aufgefressen hat, und dass es, wenn auch die Filmwirtschaft prosperiert, nicht so sicher ist, wie es jetzt mit den kleinen Kabaretts ausschaut. Wir müssen uns schon – obwohl wir heute euphorisch sind – um alle kümmern und schauen, dass nicht


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nur die Arbeitsplatzsituation eine gesicherte ist, wir vom Prekariat weg­kommen, sondern vor allem auch, dass kleinere Einrichtungen im Kunst- und Kulturbereich nicht nur nicht vergessen werden, sondern auch in Zukunft sehr speziell gefördert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Hans Stefan Hintner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.08.11

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Kollegin Blimlinger hat ja diesen wahren und wirklichen Meilenstein, was die Filmförderung in Österreich anlangt, in den Eck­punkten skizziert und hat noch einen Wunsch geäußert. Sie weiß aber, dass die Frage nach der Förderung des Verleihs europäischer Filme in Österreich, die nicht in Österreich gedreht worden sind, noch so eine budgetäre Frage ist. Man  wird ja in Zukunft weitersehen, wie man sie behandelt.

Gabi Heinisch-Hosek hat auch darauf hingewiesen, dass sich in Simmering etwas tut, dass wir hier wieder ein sehr, sehr großes Filmstudio internationalen Ranges bekommen. Das ist gut so. Es wird heute auch im betreffenden „Kurier“-Artikel darauf hingewiesen, was wir heute verabschieden, und ich glaube, so einen großen Konsens in der Kultur haben wir hier selten gehabt.

Wir wissen, dass mit der Filmindustrie, mit dem Filmgeschäft natürlich auch Wertschöpfungssynergien und vor allem Effekte für den Fremdenverkehr verbunden sind. Ich wäre nicht der Mödlinger Bürgermeister, würde ich Ihnen nicht einiges von diesem Filmgeschehen, vielleicht auch von seinerzeit, erzählen. Wir haben es 1986 natürlich gemerkt, als „Echo Park“ zum Teil in Möd­ling gedreht worden ist, oder „Mayerling (1968)“ – Ava Gardner, Catherine Deneuve, Omar Sharif, alle bei uns in der Region Mödling, liebe Gabi.

Selbst die „Sackbauer-Saga“ wurde zum Teil bei uns gedreht, rund um Mödling „Die drei Musketiere“ 1993 mit Kiefer Sutherland, viele „Tatort“-Serien


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et cetera. Ein Film, der 2022 zu 90 Prozent in der Stadt Mödling selbst abge­dreht worden ist, war „Jeanny – Das 5. Mädchen“.

Auf einen zumindest zeitweiligen Mödlinger, der in Mödling seine Jugend ver­bracht und die Matura gemacht hat, sind wir sehr, sehr stolz, denn er hat auch internationale Filmgeschichte geschrieben: Peter Lorre. „M – Eine Stadt such einen Mörder“ vom legendärem Fritz Lang und seine Rolle in „Casa­blanca“ werden uns ja ewig in Erinnerung bleiben.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass Gebhardt Productions, mehrfacher Staatspreisträger, mehrfach ausgezeichnet in Cannes, ebenfalls den Sitz in Mödling hat. Für die, die vielleicht nicht wissen, was sie machen: „Wir sind Kaiser“, „Echt fett“, „SOKO Kitzbühel“, „Tatort“, „Science Busters“, „Pra­tersterne“, „CopStories“, der letzte Kinofilm war „Die letzte Party deines Lebens“. Auch Gebhardt Productions wird sich über die neue Filmförderung sehr, sehr freuen.

Zu einem darf ich allerdings noch Bürgermeister oder diejenigen, die in Gemeinden Verantwortung haben, aufrufen: Mödling ist deshalb so beliebt, weil wir es auch zulassen, dass Filmproduktionen im öffentlichen Raum stattfin­den können. Wir hören von vielen anderen Kommunen über die Film­schaffenden, dass es schwierig geworden ist, eine Straße abzusperren, am Abend zu filmen, Anrainerprobleme et cetera, et cetera. Wenn man in der Kommune oder im öffentlichen Bereich Verantwortung trägt, kann man durchaus auch etwas zum Gelingen der österreichischen Filmwirtschaft beitragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Österreich, das Land großer Schauspieler, Oscar-Preisträger und hervorragender Filmkunst, hat nun auch eine zukunftsfitte Filmförderung erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Julia Seidl. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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14.12.14

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen hier und vor den Bildschirmen! Vorweg, wir freuen uns sehr, dass wir in Österreich endlich eine Filmförderung haben, die ihren Namen auch verdient. Die öster­reichische Filmwirtschaft hinkt im europäischen Vergleich seit Jahren hin­terher. Wir befinden uns ja nicht auf einer einsamen Insel, selbst wenn heute Stimmen laut werden, dass wir gerne wieder eine werden wollten, son­dern befinden uns in einem Wettbewerbsmarkt, der im europäischen Raum stattfindet. Da hinken wir seit langer Zeit hinterher, obwohl die Qualität des österreichischen Films unbestritten ist.

Ich möchte trotzdem einen Kritikpunkt an diesem Filmförderungsgesetz und Filmstandortgesetz anbringen, und zwar geht es um die konkrete Ausgestaltung dieser Förderung. Im europäischen Vergleich sind nämlich fast alle Förder­modelle Kombinationsmodelle zwischen Steuergutschriften, also Tax-Credit-Sys­temen, und Förderungen. Österreich wählt den Weg, den wir gerne wählen, nämlich tatsächlich eine 100-Prozent-Förderung auszugeben, also ein reines Förder- beziehungsweise Zuschusssystem.

Ich habe mich mit einigen Expert:innen unterhalten, die zu dem Thema in Europa forschen, und die hätten alle empfohlen, dass wir ein Mischsystem andenken, aus  einem einzigen Grund, der aber sehr wichtig ist, wenn wir dieses System be­trachten. Wenn wir nämlich Steuergutschriften und Steueranreizsysteme schaffen würden, würden wir Geld von Investoren nach Österreich bringen, die damit langfristige Investitionen in den Standort sichern würden. (Beifall bei den NEOS.)

Langfristige Investitionen in den Standort wären sehr, sehr wichtig und könnten durch unser Steuersystem attraktiver gemacht werden und Geld nach Öster­reich bringen. Das würde bedeuten, dass wir als Staat selbst weniger reine För­dergelder in die Hand nehmen müssen. (Beifall bei den NEOS.)


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Insgesamt freuen wir uns, dass wir endlich ein Fördersystem haben. Trotz alledem fehlt es, wie man auch im europäischen Vergleich sehen kann, zumindest zu einem kleinen Teil an einem Gegenfinanzierungsmodell. Wir hätten uns gewünscht, dass wir eine größere Debatte darüber geführt hätten, welche Modelle in Europa bestehen und welche gut funktionieren, um anhand von diesen ein Fördersystem zu bauen, das nicht nur zu 100 Prozent ein Fördergeldausschüttungssystem ist, sondern eben auch ein Tax-Credit-Modell, wie es die Deutschen aktuell diskutieren.

Trotzdem ist das vorliegende Gesetz hundertmal besser als das, was es bisher gab. Deswegen werden wir auch zustimmen. Wir würden uns aber trotz­dem wünschen, dass man in Zukunft auch über andere Modelle als das öster­reichische System, ständig nur Förderungen auszuschütten, nachdenkt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Lukas Hammer: Das ist halt ein Förder­modell!)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.15.31

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Hintner, obwohl ich in der Nähe von Mödling lebe, habe ich gar nicht gewusst, dass Mödling anscheinend das zweite Hollywood ist. Ich finde das ehrlich wirklich gut, wirklich voll gut. Ich möchte das an dieser Stelle einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Nicht nur das zweite Hollywood ist gut, sondern auch die Filmförderung, die wir heute diskutieren, ist eine gute. Sie ist wichtig und ist vor allem ein Anreiz für den österreichischen Film, aber vor allem für den österreichischen Filmstandort. Damit wird eine Forderung umgesetzt, die es schon lange vonseiten der Filmbranche gibt. Das ist auch ein wichtiger Impuls für das Kulturland Österreich


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und vor allem für die Kreativwirtschaft in Österreich. Kurz gefasst, Kollegin Heinisch-Hosek hat es schon ausgeführt: Wir werden dem Gesetz zustimmen.

Ich möchte aber an der Stelle dennoch ein paar Kritikpunkte zum Gesetz anbringen. Zum einen hat der Rechnungshof in der Begutachtung ganz klar da­rauf hingewiesen, dass es eigentlich wahnsinnig viele Anlaufstellen gibt, wo man diese Förderungen erhält, nämlich österreichweit 19 an der Zahl. Der Rech­nungshof empfiehlt eine Anlaufstelle pro Gebietskörperschaft. Allein im Bund gibt es drei. Ich bin der Meinung, das kann man sich schon einmal genauer ansehen, ob man da nicht reduzieren könnte.

Ein zweiter Punkt betrifft das Filmstandortgesetz. Die Filmschaffenden regen ein Gremium bei Fisa plus an, das es ja schon bei Fisa gab. Dass es das auch bei Fisa plus geben wird, hat die Frau Staatssekretärin im Ausschuss schon kundgetan. Der Wunsch, die Anregung und der Appell der Filmschaffenden ist aber, dass in diesem Gremium natürlich auch Vertreter:innen von Film­schaffenden drinnen sitzen und nicht nur vom Minister für Arbeit und Wirtschaft bestellte Personen. Ich denke, auch das ist etwas, was man dezidiert aufneh­men könnte.

Ein dritter Kritikpunkt, Herr Vizekanzler, ist: Die faire Entlohnung von Kulturschaffenden findet in diesem Gesetz überhaupt keinen Niederschlag, was ein bisschen schade ist, weil man die angemessene Vergütung und den An­spruch auf die angemessene Vergütung schon hätte festmachen können. Das kommt in dem Gesetz leider nicht vor.

Des Weiteren fehlt in Summe ein übergeordneter Plan. Ich glaube, mit diesem Gesetz sichern wir viele Filmemacher:innen, die es bereits in Österreich gibt, und alle Berufe am Set, die damit zu tun haben. Wie kommen wir aber zu neuen Personen in dem Bereich, zu neuen Filmemacher:innen, zu neuen Personen, die am Set arbeiten wollen? Da fehlt jeglicher Plan, wir haben dazu noch nichts gehört, und das Gesetz liefert diesbezüglich keine Antworten.


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Ein abschließender Kritikpunkt, der heute schon sowohl von Kollegin Blimlinger als auch Kollegin Heinisch-Hosek erwähnt wurde: Es geht um den Filmverleih. Die Regierungsvorlage sieht ausschließlich die Förderung des Verleihs von öster­reichischen Filmen vor. Jetzt muss man sich einmal vor Augen führen: Im Jahr werden rund 50 österreichische Filme ins Kino gebracht, im Vergleich dazu aber 200 europäische Filme. Da gibt es einfach ein Ungleichgewicht, und wir sind der Meinung, es braucht die Ausweitung der Filmverleihförderung auf den europäischen Film.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1790 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (1891 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1, § 2 Abs. 1 wird folgende Ziffer 3 ergänzt:

„3. die Verleihtätigkeit für die Veröffentlichung europäischer Filme in Österreich.“

2. In Artikel 1, § 2 Abs. 5 lautet die Ziffer 3:

„25.000 Euro für Produktionsteile in den Bereichen audiovisueller Bild- und Tonpostproduktion, Animation, digitaler Filmeffekte (VFX) oder Filmmusik und in Österreich anerkannte Vorkosten für den Verleih, welche im Rahmen der Veröffentlichung europäischer Filme getätigt werden.“


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3. In Artikel 1 wird nach § 5 folgender § 5a eingefügt:

„Besondere Förderungsvoraussetzungen für die Verleihtätigkeit für die Veröf­fentlichung europäischer Filme in Österreich“

§ 5a. „Als Förderungswerbende nach dieser Bestimmung kommen Verleihunternehmen mit Sitz in Österreich in Betracht, die in Österreich steuerpflichtig sind oder derartige Unternehmen, die eine Betriebs­stätte (Zweigniederlassung) in Österreich haben. Dies gilt unabhängig von deren Firmenstandort, solange dieser innerhalb des europäischen Wirtschaftsrau­mes oder der Schweizer Eidgenossenschaft liegt. Die Bestimmungen nach die­sem Paragraphen gelten für Unternehmen, die Verleihtätigkeiten für die Veröffentlichung europäischer Filme in Österreich durchführen. Davon ausge­nommen sind Filme, die in den Anwendungsbereich des Filmförderungs­gesetzes fallen.“

*****

Bitte stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu! Es geht da auch um die Förderung des europäischen Films, und ich denke, in der EU ist das dringend vonnöten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Heinisch-Hosek,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1790 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (1891 d.B.) (TOP 9)


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1, § 2 Abs. 1 wird folgende Ziffer 3 ergänzt:

„3. die Verleihtätigkeit für die Veröffentlichung europäischer Filme in Österreich.“

2. In Artikel 1, § 2 Abs. 5 lautet die Ziffer 3:

„25.000 Euro für Produktionsteile in den Bereichen audiovisueller Bild- und Tonpostproduktion, Animation, digitaler Filmeffekte (VFX) oder Filmmusik und in Österreich anerkannte Vorkosten für den Verleih, welche im Rahmen der Veröffentlichung europäischer Filme getätigt werden.“

3. In Artikel 1 wird nach § 5 folgender § 5a eingefügt:

„Besondere Förderungsvoraussetzungen für die Verleihtätigkeit für die Veröffentlichung europäischer Filme in Österreich“

§ 5a. „Als Förderungswerbende nach dieser Bestimmung kommen Verleih­unternehmen mit Sitz in Österreich in Betracht, die in Österreich steuerpflichtig sind oder derartige Unternehmen, die eine Betriebsstätte (Zweigniederlassung) in Österreich haben. Dies gilt unabhängig von deren Firmenstandort, solange dieser innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweizer Eidgenos­senschaft liegt. Die Bestimmungen nach diesem Paragraphen gelten für Unterneh­men, die Verleihtätigkeiten für die Veröffentlichung europäischer Filme in Öster­reich durchführen. Davon ausgenommen sind Filme, die in den Anwendungsbereich des Filmförderungsgesetzes fallen.“

Begründung

Der Filmverleih ist als wichtiges Bindeglied zwischen der Produktion von Filmen und dem Konsum in den Kinos ein wichtiger wirtschaftlicher und kulturpolitischer


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Faktor. Unabhängige österreichische Verleiher sind für die nachhaltige – auch regio­nale – Verbreitung von Kultur wesentlich. Jährlich werden etwa 50 österrei­chische Filme und 200 europäische Filme ins Kino gebracht; bei den europäischen Filmen werden über 70 % der Beträge in Österreich investiert. In diesem Sinne sollen Vorkosten für den Verleih, die für europäische Filme anfallen, von der Förde­rung erfasst sein. Das gilt ausschließlich für jene Kosten, die in Österreich ent­stehen. In Bezug auf das Fördervolumen für die Verleihwirtschaft soll ein „Deckel“ ein­gezogen werden, der vorsieht, die anerkannten Vorkosten pro Verleihunter­nehmen und Jahr zu limitieren. Die Details dazu sind in Förderungsrichtlinien gemäß FISA+ zu regeln und umzusetzen.

Positive Effekte einer solchen Förderung sind in Bezug auf Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Investitionen erwartbar. Diese Strukturförderung ist ein wichtiger wirtschafts- und kulturpolitischer Impuls, damit die Verleihbranche die kom­menden Herausforderungen (hoher zukünftiger Investitionsbedarf in den Kinos, stei­gende Energiekosten, Teuerung, Publikum wird immer diverser, veränderter Medienkonsum, steigende Konkurrenz in Europa und Österreich durch weltweit agie­rende Konzerne, etc.) bewältigen kann. Die Förderung sichert und steigert das Auftragsvolumen der Verleihwirtschaft und stärkt damit die unabhängigen österrei­chische KMUs und EPUs. Die Dynamik und das Innovationsrisiko in der Verleihbranche werden durch diese Standortförderung gesteigert.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Vizekanzler Mag. Werner Kogler. – Bitte, Herr Vizekanzler.


14.20.34

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Kurz zu einigen Punkten und zu Antworten auf zwei Fragen oder Anregungen: Zunächst einmal Danke für die konstruktive


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Debatte, die ich hier vernehme. Das Wichtigste wurde ja gesagt, aber es ist tatsächlich, gemessen an dem, was bisher war, fast ein historischer Schritt. Es ist schon so konstruiert, dass da auch ziemlich viel frischer Wind herein­kommt mit Anreizwirkungen, die jetzt halt nicht über das Steuermodell funktio­nieren, das ist richtig, darüber kann man gerne diskutieren, ist ja auch pas­siert. Ich möchte nur anmerken, dass es in der Bundesrepublik Deutschland – ich stehe ja in Kontakt mit Claudia Roth – tatsächlich so ist, dass sie einen Mix abwägen, aber die Filmproduzenten und Filmproduzentinnen in Deutschland verweisen ganz stark auf das österreichische Modell. Wie das dort ausgeht, werden wir also noch sehen.

Das hat natürlich schon große Anreizwirkungen – auch die Förderarchitektur gegenüber einer bloßen Steueranreizarchitektur. Warum? – Weil man da gleich einmal das Geld kriegt oder unabhängig davon, dass man am Schluss einer Produktion jedenfalls so viel Gewinn haben muss, dass man das über­haupt lukrieren kann. Der Unterschied ist natürlich evident. Und wenn wir wollen, dass das von vornherein nicht immer nur eine große Gewinnmaschinerie ist, dann ist das vielleicht auch nicht so schlecht.

Ich gebe aber zu: Ein Mischsystem kann sicher auch etwas beitragen; wir stehen da nicht an. Ich füge nur hinzu, dass in der deutschen Debatte – wenn sie schon strapaziert wird – eher die Schlagseite auf dem österreichischen Modell liegt, speziell aus Sicht der Produzenten, denn die wissen natürlich ganz ge­nau, dass, wenn das so lukrativ ist, wenn es ein Fördertopf ist, sollte es einmal gerade nicht reichen, dann eine gute Chance besteht, dass dieser auch er­höht wird; sonst hätten wir ja da einen fixen Deckel gemacht.

Ansonsten ist, glaube ich, schon hervorzuheben, dass zwei besondere Elemente eingebaut sind: Der Green-Filming-Bonus ist nicht nichts. Wir haben zwar Zertifikate für alle möglichen Genres, etwa im Kulturbereich, wo schon Umwelt­zeichen vergeben werden. Da geht es aber um die Zertifizierung, gefördert wird das unseres Wissens noch nirgends, und das dann – noch einmal –


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mit 5 Prozent. Ich sage: auch nicht schlecht. (Beifall bei den Grünen sowie der Ab­geordneten Ofenauer und Rausch.)

Zum berechtigten Hinweis von Abgeordneter Kucharowits von vorhin: Also so viel gilt natürlich schon, es ist vorgesehen, dass der Kollektivvertrag als Voraussetzung gilt. Das ist deshalb wichtig, weil man sich sonst alles Mögliche importieren kann und trotzdem gefördert wird, wenn in anderen Bereichen alle Rechnungen vorgelegt werden, aber da kein Hinweis auf irgendwelche selt­samen Konstruktionen existiert. Das wäre über diese Schiene und über die­sen Verweis – wenn nämlich nicht absichtlich betrogen wird, das ist ja immer die Frage, wer das alles ausschließen kann; aber will hier die Stimmung nicht trüben –, also von der Förderarchitektur her, zumindest was den Kollektivvertrag betrifft – und der sollte jetzt nicht der schlechteste sein –, eingebaut.

Somit komme ich eigentlich schon zur Frage der Abgeordneten Heinisch-Hosek. Ich danke ausdrücklich für den besonders ausgewogenen Beitrag, ich habe Ihnen wirklich sehr gerne zugehört. Ich habe zwischenzeitlich auch eruieren kön­nen – denn ich bin auch nicht überall so drinnen; ich darf das hier zum Aus­druck bringen –, woher genau die Regelungen kommen. Wir wissen, dass wir, um überhaupt in der Kultur oder speziell im Film derartige Förderausschüttungen machen zu können, schon eine Ausnahme von der EU-Förderarchitektur brau­chen. Deshalb gibt es da eine eigene Richtlinie, die AGVO, die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, und aus der ergibt sich, wenn wir wie hier im kulturellen Bereich territoriale Anreize setzen – und das ist ja ein territo­rialer Anreiz, weil wir sagen: alles, was in Österreich ist –, ein Deckel von 80 Prozent; den haben Sie ja erwähnt, aber der kommt von dort heraus. Das heißt, wenn man einen rein österreichischen Film hat, dann ist das halt mit 80 Prozent des Gesamtbudgets gedeckelt, bei einer Mischproduktion, bei der beispielsweise der österreichische Anteil auch immer noch sehr hoch wäre – nehmen wir 70 Prozent als Konstruktionsbeispiel –, greift das gar nicht mehr, weil ja die 80 Prozent dann schon drüber wären.


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Insofern hätten Sie recht, aber da sind wir nicht frei. Ich glaube, es ist eh eine gute Errungenschaft in der Europäischen Union, dass wir – gerade auf den amerikanischen Markt und auf das, was dort alles vorgeht, schielend – hier überhaupt diese Freistellungsverordnungen haben. Und das ist ganz be­wusst herbeigeführt worden. Sie wissen ja, dass Länder wie Frankreich oder Österreich dafür immer besonders kämpfen, und das ist gut so, und das ist das Ergebnis davon. Insofern haben Sie das, was Sie insinuiert haben, glaube ich, richtig getroffen, aber die Richtlinie selber kommt aus einem Bereich, den wir nun einmal ad hoc nicht beeinflussen können – aber immerhin: 80 Pro­zent und davon 30, das ist auch nicht schlecht, und wenn der Produktions­wert in Österreich bei 70 Prozent ist, wie eben ausgeführt, spielt das dann gar keine Rolle mehr. So ist das zu beantworten. Ich gebe es aber trotzdem noch einmal gerne Kollegen Kocher weiter, damit es doppelt abgesichert ist. (Abg. Heinisch-Hosek legt die rechte Hand an den Brustkorb.)

Abschließend kann ich mich nur bedanken: nicht nur für die Debatte hier, sondern auch beim erwähnten Kollegen Kocher, bei Frau Kollegin Raab im Bundes­kanzleramt, denn da wurde wirklich, denke ich, gescheit zusammengearbeitet. Freuen wir uns einmal, wenn wir gemeinsam so viel zusammenbringen! Ich weiß, dass die sozialdemokratische Fraktion hier immer schon sehr viel Ambition hineingelegt hat. – Danke dafür. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Laimer.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.26.51

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Der Film als Mittel der Freizeit­unterhaltung und Kultur hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung ge­wonnen. Wahrscheinlich hat das bewegte Bild auch durch Kurzfilmdienste wie Tiktok eine Vormachtstellung als Medium unserer Zeit erhalten, und nicht nur erhalten, sondern wurde dadurch auch erheblich ausgebaut. Das ist eine


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durchaus erfreuliche Entwicklung. Es gibt die Streamingdienste wie Netflix, Disney oder Amazon Prime, und am Anfang gab es natürlich die Befürchtung, dass nach den Videotheken auch die Kinos existenziell bedroht sind und damit die gesamte Filmindustrie – aber genau das Gegenteil war der Fall. Der Hunger nach Unterhaltungsprogrammen war sehr groß und hat in der Branche zu einem eigentlich noch nie gekannten Aufschwung beigetragen.

Aber auch durch das Zutun der EU wurde dafür gesorgt, dass der regionale Film in den europäischen Staaten profitiert hat, und das vorliegende Gesetz trägt auch diesem Umstand im Bereich der Förderung Rechnung und sorgt dafür, dass beispielsweise die Ökologisierung in diesem Bereich vorangetrieben wird. Das begrüßen wir als SPÖ, und wir werden daher diesem Entwurf auch zustim­men. Es gibt für die gesamte Ökologisierung der Filmbranche aber weder praktikable Vorgaben noch Maßnahmen, die eine Umsetzung dieser Vorgaben in der Praxis ermöglichen.

Noch schlimmer ist es im Bereich der Arbeitskräfte am Filmset, ein an sich wunderbarer Arbeitsplatz – eine Reihe von Vorteilen, technische, künstlerische Anforderungen, relativ sichere Erwerbs- und Karrierechancen stoßen da aber auf eine Struktur an Ausbildungs- und Berufsabschlussmöglichkeiten, die völlig unzureichend ist. Der österreichische Film – so ehrlich, glaube ich, muss man sein – ist ohne Leihkräfte aus dem Ausland nicht tragfähig, und das ist sehr schade, weil das nicht so sein müsste. Die Versäumnisse der Bundes­regierung in diesem Reformvorhaben sind ein klarer Auftrag, hier nachzubessern und für Verbesserungen zu sorgen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Kulturausschusses und fahre in der Erledigung der Ta­gesordnung fort.


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14.29.5310. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2943/A(E) der Abgeordneten Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten (1892 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Thomas Spalt. – Bitte schön.


14.30.25

Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vize­kanzler! Geschätzte Abgeordnete! Liebe Zuseher! Worum geht es hierbei und warum habe ich diesen Antrag eingebracht? – In diesem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, umgehend ein Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten zu erarbeiten. Wir alle haben die Bilder der sogenannten Klimaaktivisten im Kopf, die sich überall in Europa auf Straßen festkleben, das öffentliche Leben stören, und das so lange, bis sie dann – natürlich vorsichtig und verletzungsfrei – in stundenlangen Polizeieinsätzen wieder von der Straße entfernt werden können.

Die Menschen, die dann stundenlang im Stau stehen, sind Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, und es wird nicht danach unterschieden, welcher Schaden für den Einzelnen entsteht. Ob ein Kind nicht in die Schule, ein Berufstätiger nicht zur Arbeit oder ein Patient nicht zu seinem Arzttermin kommt, ist den Aktivisten egal. Man glaubt es kaum: Sogar Rettungsfahrzeuge im Einsatz kommen dann zu spät zur Unfallstelle oder ins Krankenhaus.

Dann gibt es noch jene sogenannten Aktivisten, die auf den Tag genau heute vor einem Monat im Leopold-Museum ein Klimtgemälde mit irgendwelchen


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Flüssigkeiten beschmutzt haben. Unter dem Deckmantel einer vermeintlich guten Sache werden Sachbeschädigungen an Kulturgütern in Kauf ge­nommen. Bitte, jetzt soll einmal jemand den Österreichern erklären, was das Beschmieren von Kunstwerken mit Konservendosentomatensuppe mit Umweltschutz zu tun hat. Also in Wahrheit versteht das niemand.

Genau da braucht es jetzt ein Maßnahmenpaket und eine Nulltoleranzpolitik, statt diese Form von Aktivismus zu verteidigen. Statt diese Form von Aktivismus zu verurteilen und zu unterbinden, werden hier im Hohen Haus Scheinde­batten über Begrifflichkeiten geführt. Vor ein paar Wochen wurde hier im Ple­num noch der Begriff Klimaterroristen verurteilt. Mittlerweile werden diese Aktionen sogar von der „Frankfurter Allgemeinen“ als Klimaterrorismus bezeichnet. Selbst nennen sie sich die Letzte Generation, und eines, geschätzte Damen und Herren, sage ich Ihnen auch ganz klar: Wenn bewusst Sachbeschädigungen von einzigartigen Kunstwerken in Kauf genommen werden, dann liegt für mich die Betonung bei Letzte Generation auf das Letzte. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, hören Sie bitte auf, diese Aktionen schön­zureden! Schaffen wir ein Maßnahmenpaket und unterbinden wir diese Aktio­nen, denn das ist genau das, was sich die österreichische Bevölkerung von uns erwartet! (Beifall bei der FPÖ.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Hammer hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.


14.33.45

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Spalt hat gerade behauptet, dass Klimaaktivist:innen ein Klimtgemälde beschmutzt hätten. – Das ist falsch.


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Ich berichtige tatsächlich: Klimaaktivist:innen haben eine Glasscheibe ange­schüttet und nicht das Klimtgemälde beschmutzt. (Beifall bei den Grü­nen. – Ruf bei der FPÖ: Das ist aber lächerlich! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Na geh, bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist ein sehr wesentlicher Unterschied, wenn die Freiheitlichen ihren Antrag - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, bitte keinen Debattenbeitrag. Sie haben ja auch geschäftsordnungskonform die Berichtigung vorgenommen.


Abgeordneter Lukas Hammer (fortsetzend): Ich habe eigentlich noch ein bisschen Zeit.


Präsident Ing. Norbert Hofer: Dann bitte aber auch im Sinne der Geschäftsord­nung. – Bitte schön, Sie können fortsetzen.


Abgeordneter Lukas Hammer (fortsetzend): Ich habe die tatsächliche Berich­tigung deswegen für wichtig gehalten (Abg. Zanger: Nein, so geht das nicht!), weil Sie diese Debatte, diesen Antrag mit einer falschen Behauptung, die ich gerade tatsächlich berichtigt habe, eingeleitet haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Martin Graf: Das ist ein Redebeitrag!)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.34.55

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Abgeordnete! Kurz ein­mal vorausgeschickt: Die Eckpfeiler unserer Demokratie sind die freie Meinungs­äußerung und die Versammlungsfreiheit. (Abg. Wurm: Jaaa!) Das sind wich­tige  Grundrechte für eine lebendige und funktionierende Demokratie. An dieser Stelle möchte ich die Abgeordnete Nurten Yılmaz von gestern zitieren. Sie


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hat von „selbstbewusst“ und „widerständig“ gesprochen: Dafür steht der Grund­pfeiler der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit. (Beifall bei den Grünen.)

Werte Abgeordnete, wir stehen auf der Seite der Zivilgesellschaft, der Klimabewegung. Wir stehen auf der Seite der Weiterentwicklung der Bürger:in­nenbeteiligung. Ich möchte in diesem Zusammenhang den Klimarat und den Umgang mit dem Klimavolksbegehren erwähnen. Das sind, so glaube ich, sehr gute Beispiele, wie wir hier im Hohen Haus gemeinsam die Bürger:innenbeteiligung weiterentwickeln. Auch auf Landes- und Gemeinde­ebene braucht es Instrumente wie Bürger:innenräte und die Beteiligung der Zivilgesellschaft noch viel mehr, als das derzeit passiert.

Zum Zweiten entspricht, glaube ich, der Austausch von Politiker:innen mit Bürger:innen, mit NGOs und gerade auch mit jungen Menschen, die sich um die Zukunft sorgen, einem politischen Selbstverständnis. Die Klimaschutzbewe­gung ist eine breite Bewegung aus der Mitte der Gesellschaft.

Werte Abgeordnete, ich bin selbst auf der Straße gestanden, habe Protest­aktionen mitorganisiert, habe Bürger:innenprotest mitgetragen und mit­organisiert und damit, so glaube ich, ganz wichtige Symbole geschaffen und der Politik gegenüber Einsatzbereitschaft gezeigt. Das machen jetzt die Jun­gen tagtäglich. An dieser Stelle einmal ein ganz herzliches Danke für dieses zivile Engagement und für diese Courage. (Beifall bei den Grünen.)

Die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit sind die höchsten Güter einer Demokratie. Und, werte Abgeordnete, Klimaschutz ist eine Überle­bensfrage! Klimaschutz ist Überlebensschutz, die Überlebensfrage für die kom­menden Generationen. Ich möchte da einen Vorarlberger Landesrat zitie­ren: „Junge Menschen wollen kein Verständnis, sie wollen konkrete Maßnah­men“. – Dazu sind wir aufgefordert, dazu steht diese Bundesregierung, diese Koalition, zwar weniger in der Zielformulierung, dafür mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen.


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Eines aber von meiner Seite, auch als Mitglied im Kunst- und Kulturausschuss, ganz deutlich: Die Bedrohung von Kunstwerken ist kein taugliches Mittel, um breite Akzeptanz zu erreichen. Gerade Kunst und Kultur sind Ausdruck einer Protestbewegung, sind Ausdruck des Aufweckens eines gesellschaftlichen Diskurses. Kunst und Kultur thematisieren, Kunst und Kultur führen gerade die­sen Diskurs. Deshalb bin ich überzeugt, und wir wissen es auch, dass ge­rade Kunst und Kultur an der Seite der Klimabewegung stehen und diese auch tatkräftig unterstützen.

Die Aktionen der Klimaaktivist:innen sind ein Aufschrei, ein Hilferuf der Ohnmacht, der Sorge, Ausdruck von Zukunftsängsten. Da sind wir im Hohen Haus als Parlamentarier gefordert. Da stehen wir – und da stehen wir als Grüne insbesondere – auf der Seite von friedlich Protestierenden, von gewalt­freiem Protest. Liebe Abgeordnete, gewaltfreier ziviler Ungehorsam ist Teil der Versammlungsfreiheit und in diesem Sinne auch so zu sehen.

Am Schluss nochmals: Ich glaube, weniger der Konflikt und der Streit um Zielformulierungen, sondern mehr Einigkeit und Mut sind hier im Hohen Haus gefragt, wenn es um die Umsetzung von konkreten Klimaschutzmaßnah­men geht. Das wünsche ich uns, das wünsche ich allen Verantwortungsträgern auf allen politischen Ebenen, und dafür gilt es einzustehen. (Beifall bei den Grünen.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.40.12

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Gleich vorweg: Wir, die Sozialdemokratische Fraktion, werden dem Antrag der Freiheitlichen Partei nicht zustimmen; nicht etwa, weil er, wie ich fast befürchte, eine Themenverfehlung ist. Der An­trag selbst ist ja tituliert mit „Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kul­turgutes“, und ich denke, wenn der Kultursprecher der FPÖ schon einmal


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in einem Museum war, müsste er eigentlich wissen, dass Kunst und Kultur dort von Internationalität leben, dass das auf jeden Fall weitgreifender zu sehen ist und – davon bin ich überzeugt – sie immer Ausdruck und Zeichen einer kriti­schen gesellschaftlichen Auseinandersetzung sind.

In Bezug auf die Methode mag man es gut oder weniger gut finden, was die Klebe- und Schüttaktionen in Museen bewirkt haben. Bei mir persönlich war es wirklich ein Erschrecken, aber ich glaube, das war auch die Intention der Klimaaktivistinnen und -aktivisten. (Abg. Zarits: Also ist es in Ordnung, oder wie?) Man muss sich das auch genauer anschauen, und ich sage es noch einmal: Es gibt sicher andere Methoden, auf berechtigte Anliegen wie den Klimaschutz hinzuweisen.

Wenn man aber genauer hinschaut, kann man erkennen, dass da schon vorsichtig agiert wird, dass sie nicht Kunstwerke anschütten. Das ist jetzt keine Entschuldigung. Ich habe auch im Ausschuss darüber diskutiert und, Herr Kanzler, Ihre Staatssekretärin hat uns bestätigt, dass die Bundesmuseen ja auch zu einem runden Tisch eingeladen sind, um sich ganz generell Maßnah­men zu überlegen und zu besprechen, ob Handlungsbedarf besteht oder nicht.

Für mich oder für uns ist auch eines wichtig: Museen sollen Kunst und Kultur niederschwellig anbieten, sie sollen keine Hochsicherheitszonen werden. Ich habe es öfter erlebt, dass Kunst und Kultur viele Themenbereiche sehr viel niederschwelliger und kritischer vermitteln können, als wir in der Poli­tik es schaffen, und daher schätze ich sie.

Man kann solchen Aktionen auch so begegnen wie zum Beispiel das Ferdinan­deum, das Tiroler Landesmuseum, es macht. Es hat einen eigenen Raum für Klimaaktivist:innen zur Verfügung gestellt, um dort Diskussionen zu führen oder ihre Aktionen zu setzen. Zugleich wurde das mit einem sehr guten Zweck verbunden, der sich Mit der Suppe ins Museum nennt. Damit werden Lebensmittelspenden für bedürftige Menschen gesammelt. (Abg. Sie­ber: ... skurril!) Man kann also auch so mit den Aktionen umgehen und muss sie nicht gleich kriminalisieren.


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Das ist es auch, was mich wirklich stört: dass Sie als Freiheitliche gleich so überschießend reagieren, dass sie jetzt, ein Monat später, wieder das Wort Terrorismus in den Mund nehmen. Das ist absolut überschießend. Ich glaube, Sie sollten sich die Intention anschauen, und das bedeutet: das Klimaschutzpaket. (Beifall bei der SPÖ.)

Die schwarz-grüne Regierung ist mit dem Klimaschutzpaket säumig, und das sollten Sie weiterbringen. Darauf wollten die Aktivist:innen aufmerksam machen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Martin Engelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.43.47

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Aus unserer Sicht ist Aktionismus bei diesem Anlass genau das verkehrte Mittel. Es ist der verkehrte Anlass, um eine Klimadiskussion zu führen, es ist der verkehrte Anlass, um über Versammlungsfreiheit und Demonstrationsfrei­heit zu diskutieren. Wenn wir wirklich etwas für den Schutz der Kulturgüter tun wollen, wenn wir wirklich etwas tun wollen, damit die Anliegen der Kli­maaktivisten auch wirklich Gehör finden, dann sollten wir alles andere tun, als populistische Aktionen zu setzen.

Tatsache ist: Je weniger Popularität, je weniger Aufmerksamkeit wir diesen Aktionen schenken, desto besser. Wir wissen ganz genau, dass das immer ein Nährboden für weiteren Aktionismus, für Nachahmungstäter ist. Das tut der Sache und auch unseren Kulturgütern, die wir schützen wollen, nicht gut. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Vorrednerin hat es schon gesagt: Die Museen und Kultureinrichtungen in Österreich gehen sehr, sehr gut, fürsorglich, auch durchaus innovativ mit dieser Herausforderung um. Wenn wir tatsächlich nicht wollen, dass Museen genauso zu Hochsicherheitszonen werden wie Flughäfen, dass wir bei


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einem Museumsbesuch eine Sicherheitskontrolle passieren müssen wie am Flughafen, dann gebietet es die Vernunft, den Ball flach zu halten. Daher dient dieser Antrag auch nicht der Sache. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Was sicher ist: Wir werden die Kunst- und Kultureinrichtungen immer dabei unterstützen, unsere Kulturgüter bestmöglich zu schützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizekanzler Kog­ler. – Bitte.


14.46.01

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident, es tut mir leid, dass ich jetzt der Letzte bin – ich habe es übersehen, weil die Wortmeldungsliste so kurz war. Das ist, glaube ich, nicht üblich, dass man als Regierungsmitglied als Letzter redet, aber ich habe dafür nur wenige Punkte.

In erster Linie zielen der Antrag der freiheitlichen Fraktion und ein Teil der Debattenbeiträge ja darauf ab, was in den österreichischen Museen und Kultureinrichtungen passiert. Dazu kann ich gerne kurz Auskunft geben.

Ich möchte mich unbedingt dem Abgeordneten Engelberg anschließen, nämlich insofern, dass wir, gerade in Österreich, es so verstehen – und da wollen wir sogar noch mehr tun –, dass Kultureinrichtungen und besonders auch Mu­seen fast Begegnungsorte, jedenfalls Orte der Begegnung mit Kunst und Kultur sein sollten und dass sie eine gewisse Grundoffenheit vermitteln sollten, und zwar ab dem Betreten des Eingangsbereichs.

Das konfligiert jetzt natürlich mit den Herausforderungen, die beschrie­ben wurden. Damit es da kein Missverständnis gibt: Ich finde das auch nicht nur witzig.


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Wohl ist es so, dass von der Motivlage her nicht Kunst- und Kulturgüter per se beschädigt werden sollen – die Aktivist:innen informieren sich schon, dazu haben wir ja auch ein paar Berichte von den Sicherheitsstellen einholen können –, aber natürlich kann man sozusagen eine gewisse Restgefahr durch das, was sonst vielleicht Vandalismus heißt, nicht leugnen. Das will ich hier ganz offen sagen. Insofern sind auch die Vorkehrungen darauf zu richten, und das passiert auch.

Eine Abgeordnete – war es Kollegin Yildirim? – hat angesprochen, dass dazu ja aus den Ausschussberatungen kommend in Aussicht gestellt wurde, dass auch gemeinsam mit den Museen auf weitere Sicherheitskonzepte gedrängt wird. Ich darf Ihnen sagen, dass unter der Federführung unseres Hauses, also eigentlich von Kollegin Mayer, die gerade erkrankt ist, ein Minigipfel statt­gefunden hat und dass da einige weitere Verbesserungsvorschläge gekom­men sind. Es geht da um versicherungsrechtliche Fragen sowie um Fragen zu wei­teren Schutzformen ohne Beeinträchtigung der öffentlichen Zugäng­lichkeit – das ist eben der Spannungsbogen. Insgesamt ist man diesbezüglich in Österreich sehr entspannt und relativ gut vorbereitet. Die Details sollte ich Ihnen aus Sicherheitsgründen aber dann doch nicht mitteilen. Wir haben uns aber davon überzeugt, und so läuft das.

Jetzt noch zum Grundsätzlichen: Ja, es bleibt zunächst ein Spannungsfeld – ich argumentiere heute ja aus der Sicht von Kunst und Kultur. Was die Motive und den Begriff Terrorismus betrifft: Ich glaube, ich habe – damals bin ich allerdings dort drüben gesessen, so kann man es leicht auseinanderhalten, es ist eh auf allen möglichen Videos zu sehen – eindeutig Stellung dazu bezogen, was ich von der Unterstellung halte, dass es sich da um Terrorismus handeln würde.

Das ist jetzt gar nicht mein Punkt, sondern es ist genau umgekehrt: Ich möchte sagen, dass man bei aller Motivlage, die dahintersteht – Herr Abgeordneter Weratschnig hat das ja auch ausgeführt –, schon auch hinschauen muss, ob es dann auch die richtige Aktion ist, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben


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darf. Denn ich könnte ja auch einmal spitzfindig werden und sagen: Na ja, von einem Klimt und einem van Gogh oder einem ihrer Gemälde geht nun ein­mal keine Gefahr für das Weltklima aus.

Das ist natürlich in die andere Richtung polemisch, weil es um Aufmerk­samkeitserregung geht, das ist doch völlig klar. Für mich ist die Grenzziehung aber spätestens da, wo es darum geht, dass in Kauf genommen wird, dass eine Beschädigung entstehen könnte. Das geht einfach nicht, sorry guys, das geht nicht! (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Und ob das immer so genau abseh­bar ist, ist dann die Frage, obwohl das Bemühen da ist, das hatte ich ja schon ge­sagt. – Das ist das eine.

Das Zweite ist, dass natürlich insgesamt die Erhalter und Betreiber dieser Kultureinrichtungen – gerade habe ich es ja gesagt – sich jetzt mit zusätzlichen Dingen herumschlagen müssen, um diese Sicherheiten zu gewährleisten. Das kann dann in der Abwägung schon einmal dazu führen, dass man dem ur­sprünglichen Gedanken, dass eigentlich immer mehr Leute zu immer günstigeren Preisen in die Museen gehen sollen et cetera, nun ein bisschen entgegensteht: Jetzt haben wir das vielleicht geschafft, aber plötzlich muss man dann fünfmal die Taschen kontrollieren – das sind wirkliche Probleme, das muss man einfach ansprechen.

Es ist vielleicht ganz gut, wenn man – bei allem Verständnis für die Motivlage und für die beabsichtigte Erregung von Aufmerksamkeit, die ja damit in Wahrheit verbunden ist – das einmal dorthin kanalisiert, wo vielleicht das An­liegen auch naheliegender nachvollziehbar ist.

Jetzt gibt es dazu nämlich auch Aussagen – bei Weitem nicht nur von mir, wo das ja nicht einleuchten will – wie etwa jene des großartigen Pianisten Igor Levit, der mit diesen Dingen eh sehr großzügig umgeht, der aber zuerst einmal sagt – das muss schon einmal in die Birne hinein –: „Wenn Du etwas Schönes“ – wie die Welt an sich, so gut sie halt schön sein kann – „bewahren willst, warum verletzt / zerstörst Du etwas Schönes“, nämlich die Kunstwerke?


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Ich kann dazu eh nicht mehr beitragen, als diesen da zum Ausdruck gebrachten Spannungsbogen nachzuvollziehen. In der Sache selber gehen wir so vor, wie ich das vorhin ausgeführt habe.

Ein Letztes noch; es muss eh nicht zum Ceterum-censeo werden, aber weil die Aussage heute wieder gefallen ist – zwar viel moderater, zugegeben, aber trotzdem –, möchte ich darauf eingehen: Wissen Sie, den Trennstrich zum Ter­rorismus sollte man schon ziehen können, auch in diesem Haus, darauf möchte ich noch einmal hinweisen. Terrorismus ist nämlich zumindest bisher ein Begriff gewesen – wenn wir an dieser Stelle die Sprache nicht verhunzen wollen –, bei dem es um bewusste Verletzung und Ermordung – fast Massener­mordung – von Menschen geht, und dass davon Irritation und Gefahr, in der Regel für das Staatsganze, ausgehen sollen.

Wenn man den Begriff so interpretiert, wie ich meine, dass es zulässig ist – und das ist auch der Ursprungskern des Begriffs, wenn wir uns zurückerinnern –, dann ist es völlig unangebracht, im Zuge dieser Aktionen von Terrorismus zu sprechen. Diese Trennschärfe sollten wir schon anwenden, denn sonst weht nämlich der Wind aus einer ganz anderen Richtung, wobei ich der Mei­nung beziehungsweise zumindest der Hoffnung bin, dass das nicht die Mehrheit hier im Hause ist – dann sollte das aber auch oft genug so gesagt werden. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.52

14.52.46Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 9 und 10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich sehr, dass ich den Sprecher des Repräsen­tantenhauses des Königsreichs Marokko, Seine Exzellenz Rachid Talbi El Alami, bei uns im Hohen Haus begrüßen darf. (Allgemeiner Beifall.)

Mein Gruß gilt auch dem Botschafter Exzellenz Azzeddine Farhane: Herzlich willkommen! In Kürze werden die Herren dann auch ihre Kontakte mit unserer parlamentarischen Freundschaftsgruppe pflegen und sich austauschen.


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Morgen habe ich dann die Freude, dass wir uns treffen und damit auch einen wesentlichen Beitrag zur Vertiefung der parlamentarischen Beziehungen zwischen dem Nationalrat und dem Repräsentantenhaus des Königreichs Marokko leisten können. – Herzlichen Dank für Ihren Besuch! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Ich darf außerdem den Herrn Bundesminister für Äußeres herzlich willkommen heißen.

*****

Ich frage nun die Klubs, ob wir abstimmen können. – Damit gelangen wir zu den Abstimmungen.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Filmstandortgesetz 2023 erlassen wird und das Filmförderungsgesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden, in 1790 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer hierfür die Zustimmung erteilt, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Es ist gleiches Stimmverhalten festzustellen, damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 1892 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.55.4011. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 3001/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Harald TrochDr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Verhinderung von Hunger und Mangel als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung (1853 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Ich darf mich beim Herrn Vizekanzler herzlich für seine Anwesenheit bedanken.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kugler. – Bitte.



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14.56.14

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel dieser Gedenkschrift der Erzdiözese Wien lautet (das genannte Buch in die Höhe haltend): „Die Wahr­heit überlebt nicht von alleine“. Diese Gedenkschrift handelt vom sogenannten Holodomor.

Der Holodomor war ein systematisch organisierter Hungermord, hauptsächlich in den Jahren 1932 und 1933, dem im Großraum Ukraine bis zu sieben Mil­lionen Menschen zum Opfer gefallen sind. Das waren vorwiegend Bauern, die sich gegen die Kollektivierung ihres Besitzes gewehrt haben, die sich nicht in Kolchosen eingliedern lassen wollten. Die Ukraine verwendet dafür den Begriff Holodomor.

In dieser Gedenkschrift schreibt der große Historiker Timothy Snyder, dass es keine würdige Art zu verhungern gebe. Er beschreibt das so: „[...] es ist eine Art des Sterbens, bei der die Überlebenden den Kalorienwert der Verstorbenen in Betracht ziehen mussten.“ Und er schreibt weiter: Diese Art des Tötens zerstört die Überreste jeglicher Solidarität, „der dörflichen Solidarität, der fami­liären Solidarität, der Solidarität in Ehen und Freundschaften.“ Sie tötet nicht nur die Menschen, sondern macht ihre Art zu leben unmöglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute erkennen wir einstimmig das stalinistische Verbrechen des Holodomor an. Warum tun wir das? – Heute gab es dazu eine Debatte im Europäischen Parlament, und dort ist ein wichtiger Satz gefallen: Nicht verurteilte Verbrechen werden sich wiederholen!

Der Holodomor wurde von der Sowjetunion geleugnet. Das Leugnen der Hungersnot des Holodomor war die erste große Lüge des 20. Jahrhunderts, so Timothy Snyder.

Das Leugnen so einer Katastrophe hebt den Horror auf eine weitere Dimension: Die individuelle Erfahrung wird nicht nur verschwiegen, sondern sie wird


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bestritten und sie wird diffamiert. Schlimmer noch: Sie wird als politische Provo­kation dargestellt – das war die These der Kommunisten in der Sowjetunion, dass nämlich die vom Hunger aufgedunsenen Bäuche nichts anderes als eine be­wusste Provokation gegen das Sowjetregime waren.

Ich selbst musste erst Abgeordnete werden, bis ich den Begriff Holodomor das erste Mal gehört habe, und selbst der Begriff Gulag, die Lager in der Sowjet­union, ist mir in meiner Gymnasialzeit vorenthalten worden. Meine sehr verehr­ten Damen und Herren, ich glaube, es ist Zeit, dass wir das Wissen um die stalinistischen Verbrechen auch im österreichischen Allgemeinwissen verankern! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Schwarz.)

„Die Wahrheit überlebt nicht von alleine“, und wer die Geschichte nicht kennt, der versteht auch die Gegenwart nicht. In unserem Antrag, dem wir heute alle zustimmen werden, ziehen wir eine Parallele zwischen Geschichte und Ge­genwart, und wir verlangen, dass Hunger und Mangel nie wieder als Kriegs­waffen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Heute sehen wir in der Ukraine Parallelen, nämlich die Zerstörung kritischer Infrastruktur, die Zer­störung der Energieversorgung als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung; und das ist ein Kriegsverbrechen.

Wir müssen das beitragen, was wir beitragen können, damit die Ukraine durch diesen Winter kommt, aber auch, dass so etwas nie wieder vorkommt, denn die Wahrheit überlebt nicht von alleine. Dass wir alle heute hier diesem Antrag zustimmen, ist ein kleiner Beitrag, dass solche Verbrechen nicht wieder vorkommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laimer. – Bitte sehr, das Wort steht bei Ihnen.


15.01.05

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! In der Ukraine tobt seit zehn Monaten ein Krieg, der unser aller Vorstellungsvermögen


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definitiv übersteigt. In einem konventionellen Krieg ist jegliche Men­schenachtung ausgeschaltet, und der brutale Aspekt der Menschenverachtung ist gerade für die Zivilbevölkerung – insbesondere für Frauen, Kinder, ältere Menschen und kranke Menschen – bittere Realität geworden. Die systematische Zerstörung kritischer Infrastruktur – Strom, Gas, Wasser – in der Ukraine zeugt leider in besonders brutaler Form – gerade jetzt im Winter, mit Dauerfrost und Minusgraden – davon.

Ob Frieren oder Hungern, es bleibt, was es ist: die Demütigung des Feindes, insbesondere die Erniedrigung der Zivilbevölkerung, um Widerstand zu brechen. Diese entmenschlichte Kriegsführung hat leider lange Tradition. Wie wir se­hen ist dieser Zivilisationsbruch auch im 21. Jahrhundert noch immer nicht über­wunden. Die täglichen Berichte und Bilder zeugen davon.

Daher ist auch die Philosophie eines sauberen Krieges, wie die Bush-Admi­nistration das in den 1990er-Jahren glaubhaft machen wollte, eine un­wahre Darstellung von Krieg. Der saubere Krieg ist und bleibt Illusion, es gibt ihn nicht, und schon gar nicht ist er eine Legitimation, Menschen zu töten. 9/11 hat die Welt dramatisch verändert, völlig neue Aspekte der Kriegsführung und Militarisierung hervorgebracht. Auch in einer hochtechnologisierten Zeit hinterlassen gezielte Drohnenschläge immer wieder zivile Opfer, vor allem Frauen und Kinder.

Meine Damen und Herren! Vor 90 Jahren ereignete sich in der Sowjetunion eine der größten humanitären Katastrophen im 20. Jahrhundert. Geschätzt wur­den mehr als sechs Millionen verhungerte Menschen – sie wurden nicht regis­triert –, ausgerechnet in der Kornkammer Europas, der Ukraine, aber auch in Kasachstan und im Nordkaukasus! Stalins Klassenkampf gegen Großbauern und ethnische Gruppen war ein Programm der Kollektivierung von Grund und Boden und hinterließ ein Schlachtfeld von Hungertoten. Dieser ging als Ho­lodomor in die Geschichte ein.


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Im Zweiten Weltkrieg gab es die Belagerung von Leningrad durch Nazi­deutschland: in eineinhalb Jahren mehr als 600 000 tote Zivilisten, darunter wie­der Frauen, Kinder, ältere Menschen. Die erschöpften Vorräte sorgten insbesondere im Winter 1941/42 für diese Katastrophe. Das heutige Sankt Pe­tersburg wurde systematisch ausgehungert.

Um mit Willy Brandt, einer Lichtgestalt der Völkerverständigung, der Solidarität und der friedlichen Koexistenz, anlässlich seiner Verleihung des Friedens­nobelpreises in Oslo zu schließen: „Krieg ist nicht mehr die ultima ratio, sondern die ultima irratio.“ Denken wir gerade in diesen Stunden an Willy Brandt und seine Aussagen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.


15.04.28

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts setzte das kommunistische Sowjetregime unter Diktator Stalin rücksichtslos die Zwangskollektivierung der Bauernschaft in Russland, im eigenen Land, aber auch in der Ukraine, die sich ja nach dem Ersten Welt­krieg gebildet hatte, durch.

Die kommunistischen Parteifunktionäre zwangen die Bauern in die Kolchosen. Hunderttausende Bauern wurden deportiert und verfolgt, und die verblie­benen Höfe mussten dann zwangsweise Getreide abgeben. Sie erhielten Quoten – Erntequoten –, die sie abzugeben hatten. Dies führte dazu, dass sie in eine Hungersnot rutschten, sich nicht mehr ernähren konnten und für ihre eigene Bevölkerung nicht mehr die Grundversorgung sicherstellen konnten.

Dies führte zu Millionen Hungertoten. Es war Mord durch Hunger. Bis zu sieben Millionen werden von Historikern gerade diskutiert. Man muss sich vorstel-


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len, es war eben eine völlig unverschuldete Hungerkatastrophe, die da einge­setzt hat. Es war keine Dürre, es war keine Naturkatastrophe, sondern es war künstlich und barbarisch von Stalin herbeigeführt und auch vom Sowjetre­gime erbarmungslos beobachtet.

Die kommunistische Propaganda hat dann in den Jahren und Jahrzehnten danach natürlich das Wissen darüber möglichst gering gehalten, die monströsen Verbrechen zugedeckt. Nun wissen wir mehr. Wir verstehen vielleicht auch Konflikte in Osteuropa besser; und wir denken heute daran, weil sie zum einen 90 Jahre her sind und weil sie natürlich auch besondere Brisanz durch den aktuellen Krieg zwischen Russland und der Ukraine haben.

Ich denke, nur mit Wissen über die Geschichte können wir die Konflikte besser verstehen, und vielleicht denken wir heute auch daran, unser Möglichstes zu tun, soweit es in unserer Macht steht, um einen Beitrag zum Frieden auch im aktuellen Konflikt zu leisten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Engelberg.)

15.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


15.06.50

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie! Werte Kollegen und Kolleginnen! – „Das sind Wahnsinnige, die gerne töten“, sagte gestern ein russischer Deserteur. Diese Aussage erschreckt uns, weil sie uns vor Augen führt, dass es tatsäch­lich Menschen gibt, die imstande sind, bei vollem Bewusstsein anderes Leben nicht nur zu bedrohen, sondern auch auszulöschen.

Da geht es nicht nur um die Brutalität und die Bestialität dahinter, sondern was uns besonders erschreckt, ist die Systematik dieser Vernichtung. Sie wer­den wissen: Mehr als 450 Menschen wurden allein in Butscha brutal


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umgebracht, und die Situation in der Ukraine ist gerade jetzt wirklich eine tra­gische. Die Freundschaftsgruppe war dort und hat mit eigenen Augen gesehen, wie man systematisch versucht, Menschen auszuhungern, Menschen zu vertreiben, Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen und sie vor allem auch aus ihren Häusern zu vertreiben, aus ihrer Heimat zu vertreiben – und ja: Es gibt eine gewisse Kontinuität.

Wie vor 90 Jahren Millionen Menschen ihr Leben durch Hunger verloren haben, so versucht der neue Stalin – Putin – auch wieder, die Ukrainer zu vertreiben, zu vernichten, und spricht ihnen schlicht die Existenz ab. Deswegen diskutieren wir ja auch den Holodomor heuer besonders: nicht nur aufgrund des 90-jäh­rigen Jubiläums, sondern, wie Sie richtig gesagt haben, weil wir jetzt vor Augen geführt bekommen, dass diese Geschichte sich wiederholt.

Der Holodomor war sicherlich ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, aber aus meiner Sicht, historisch-politisch gesehen, auch ein Völkermord an diesen Millionen von Menschen. Der Europarat hat gerade erst heute das auch als Völkermord anerkannt – eben mit dem Verweis, dass vieles im Archiv verschlossen ist, dass vieles gerichtlich nicht verurteilt werden konnte, wir das aber politisch klar einordnen müssen.

Ich freue mich sehr, weil wir hier um die Worte gerungen haben, aber das Verständnis ist ein gemeinsames: dass es sich um ein Verbrechen handelt und dass wir dieses Verbrechen jetzt, 90 Jahre danach, nicht zulassen dürfen und auch nicht zulassen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

15.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.


15.10.01

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe


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Zuseherinnen und Zuseher! Ich beginne mit einem Zitat aus diesem Buch „Himmel über Charkiw“ von Serhij Zhadan (das genannte Buch in die Höhe haltend). Er schreibt: „2. April“ – 2022. – „Das sind Kyrylo und Tymofij, Brüder. Kyrylo ist 12, Tymofij 9. In zwei Metrostationen sind sie für die jüngeren Kinder verantwortlich, nennen sie die Kleinen))))

Gestern frage ich Tymofij: Was soll ich euch mitbringen? Nichts, sagt er. Überlegt dann. Bring, sagt er, Webteppiche, damit die Kleinen nicht über den kalten Boden kriechen“ müssen. Kinder im Krieg. Inzwischen hören wir aus Cherson, dass es dort gegenwärtig, 2022, Folterkammern für Kinder gibt.

Ein weiteres, ganz anderes Zitat stammt von Andrej Kurkow (das Buch „Tagebuch einer Invasion“ in die Höhe haltend) – er ist übrigens ein russischer Schrift­steller, der in der Ukraine aufgewachsen ist. Er schreibt: „Sogar die Häuser toter Schriftsteller wurden ins Visier genommen. Das Museum und Wohnhaus meines ukrainischen Lieblingsschriftstellers und philosophen Hryhorij Skoworo­da […] wurde durch einen einzigen Bombeneinschlag zerstört.“

Meine Damen und Herren, gerade jetzt in diesem Moment, in dem wir hier zusammen sind, sollen die Menschen in der Ukraine ermordet werden, aber auch die ukrainische Kultur soll ausgelöscht werden. Kollegin Ernst-Dziedzic hat es bereits gesagt: Wir waren gerade als parlamentarische Freundschaftsgruppe in der Ukraine. Wir waren in Kiew, wir waren auch die erste Delegation in Charkiw. Kollege Gerstl und Kollege Troch waren auch mit in Kiew. Wir haben erlebt, was die Menschen uns erzählt haben; sie haben uns vom Krieg, aber auch von diesem unglaublichen Widerstandswillen erzählt. Sie haben uns erklärt, dass sie wissen, wenn sie diesen Krieg nicht gewinnen, dann leben sie in einer Putin-Diktatur.

Wir haben vom Holodomor gehört, das ist 90 Jahre her. Das Ziel war Tod durch Hunger – Holodomor. Heute sprechen die Menschen in der Ukraine von Cholodomor – Ziel: Tod durch Erfrieren. Das, was Diktator Stalin begonnen hat, will Diktator Putin nun in der Ukraine vollenden. Mein Kollege Niki Sche­rak wird über den Cholodomor noch Genaueres sagen.


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Ich will aber noch etwas über die Ukraine erzählen, was wir dort gesehen haben. Am 24. Februar dieses Jahres bin ich hier gestanden und konnte erzählen, was mir meine Kollegin aus dem ukrainischen Parlament Inna Sovsun erzählt hat. Sie hat mir auch die Geräusche von sich zu Hause von den Bombenangriffen auf Kiew vorgespielt. Im Juni haben wir uns gesehen, und da hat sie mir gesagt: Sie hat das Selbstbewusstsein, dass Putin sein Ziel nicht erreichen wird. Nun sagt sie: Wir müssen diesen Krieg gewinnen, sonst werden wir alle vernichtet. Das darf sich aber nicht wiederholen, 90 Jahre danach.

Wir haben in Kiew mit Vertretern der NGO Civil Liberties gesprochen. Es sind inzwischen 24 000 Kriegsverbrechen detailliert registriert. Das heißt, diese Organisation und andere wissen inzwischen von 24 000 Fällen, in denen genau aufgeschrieben ist, was passiert ist, zum Teil die Täter, zum Teil die Opfer. Der Generalstaatsanwalt der Ukraine spricht von 44 000 Kriegsverbrechen, aber diese 24 000 sind jedenfalls nachgewiesen.

Es ist nachgewiesen, dass russische Soldaten angewiesen wurden, möglichst viele Frauen in der Ukraine zu vergewaltigen, nach dem Motto: Die sollen nie wieder einen Mann anschauen, es sollen keine ukrainischen Kinder mehr geboren werden. Das ist nachgewiesen.

Es ist ebenfalls nachgewiesen, dass russische Soldaten angewiesen wurden, auf Ukrainer zu schießen, dass sie auch alles, was Zivilbevölkerung bedeutet, einfach vernichten.

Dieser Krieg hat noch eine Auswirkung. Ich habe es bereits gesagt: Andrej Kurkow ist Russe – und er beschreibt, wie sein Großvater von den Deutschen ermordet wurde und er als Kind nicht Deutsch lernen konnte und wollte. Was er nun beschreibt, ist, dass es für diese junge Generation von Ukrainern heißt, sie wollen – obwohl viele von ihnen russischsprachig sind – mit der russischen Kultur, dieser großartigen russischen Kultur, nichts mehr zu tun haben. Er schreibt auch über eine Opernsängerin, die sagt: Es kann doch nicht sein, dass ich nie wieder in „Eugen Onegin“ mitsingen kann – und auch ich kann mir


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nicht vorstellen, dass ich das nicht wieder höre. Ein Teil des Zerstörungswerks von Putin ist es aber, uns auch dahin zu kriegen, dass wir die russische Kul­tur nicht mehr schätzen. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf nicht sein.

Wir haben beim Bürgermeister von Charkiw auch gehört, wie viele Schulen, Spitäler und zivile Einrichtungen ganz bewusst zerstört wurden. Noch etwas: Wir waren beim Gouverneur von Charkiw, und ich habe ihn gefragt, wie viele Menschen eigentlich die Oblast, also das Bundesland, verlassen haben, und er hat gesagt: Fragen Sie lieber, wie viele zurückgekommen sind! – Er sagt, sehr viele seien zurückgekommen, weil sie in ihrer Heimat leben wollen, und da, glaube ich, kommen wir ins Spiel: Wir müssen Hilfe organisieren – und ich bedanke mich bei allen, die schon so viel Hilfe geleistet haben: Bund, Ländern, Gemeinden, NGOs. Im Außenministerium wird das ja auch zusammengefasst.

Ich bedanke mich bei den Apothekern ohne Grenzen, die das achte Mal dort waren, sehr viele Medikamente hingebracht haben und wirklich einen wun­derbaren Job machen. Ich bedanke mich bei den vielen Einzelpersonen, die hel­fen, und vor allem auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Außenministeriums. Arad Benkö und seine Leute machen wirklich einen super Job, sie sind Tag und Nacht unterwegs, sie begleiten alle Delegationen, die kommen, und das ist sehr wichtig.

Ein Wort zur Zukunft möchte ich auch noch sagen. Wir waren auch bei der stellvertretenden Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna. Sie ist für die Gespräche mit der Europäischen Union zuständig. Sie hat uns gesagt, sie seien – in Abstimmung mit dem Parlament, das übrigens sehr, sehr aktiv ist, muss ich euch sagen – dabei, die Gespräche zum Beitritt zur Europäischen Union vor­zubereiten. Da werden nun extra einzelne Gesetze vorbereitet und im Par­lament diskutiert, und da geht es auch um Korruption. Sie sprechen selbst an, in welchen Bereichen sie ein Problem haben. Sie sagen: Das müssen wir gemeinsam lösen!, und das finde ich auch ganz großartig.


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Herr Bundesminister, ich bitte wirklich, dass wir bei diesen Gesprächen auch sehr konstruktiv mitmachen, genau zuhören, sagen, was die dort brauchen, in welchen Bereichen sie uns brauchen, und mithelfen, weil das ein Stück Europa ist, das zerstört werden soll und nicht zerstört werden darf.

Zum Schluss möchte ich sagen: Ich habe mich gefreut – das letzte Mal war ich mit Kollegin Meinl-Reisinger allein –, dass dieses Mal eben vier Parteien dort waren, und ich würde mich wirklich freuen, wenn wir das nächste Mal zu fünft fahren.

Nach allem, was ich gesagt habe, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, müssen Sie verstehen: Dort ist etwas im Gange. Da soll ein Land ausge­löscht werden, da sollen Menschen systematisch ermordet werden. Kollegen Schnedlitz, mit dem ich gerne über Bücher rede, habe ich gestern gesagt: Das Buch schenke ich dir morgen! – Jetzt ist er leider nicht da, aber ich werde es ihm nachher schenken. Ich weiß, er ist ein Leser, er wird es lesen, und viel­leicht kommen wir dann zusammen. Ich glaube, wir brauchen da mehr Einigkeit.

Ich bedanke mich wie gesagt bei allen im Außenministerium und bei allen anderen Kolleginnen und Kollegen, und ich sage: Machen wir das gemeinsam! Die brauchen uns, aber wir brauchen sie auch, wenn wir ein friedliches ver­eintes Europa haben wollen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordne­ten der ÖVP sowie der Abg. Ernst-Dziedzic.)

15.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Francisco Josephinums aus Wieselburg recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. – Bitte.


15.18.03

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außen­minister! Benennen wir die Dinge doch so, wie sie sind und wie sie waren: Der


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Holodomor war eines der wirklich großen Verbrechen des 20. Jahrhun­derts. Es war eines der vielen Verbrechen des stalinistischen Regimes, deswegen verdient dieses auch die Bezeichnung verbrecherisches Regime. Es wurde nicht nur damals, sondern auch über viele Jahre weitgehend ignoriert, verschwiegen, totgeschwiegen.

Interessanterweise wurde es gerade in Österreich, hier in Wien, auch schon damals in den Dreißigerjahren sehr wohl wahrgenommen. Man hat auch versucht, zu helfen. Dabei hat Kardinal Innitzer eine ganz wichtige Rolle gespielt. Der bereits zitierte Historiker Timothy Snyder schreibt in seinem Buch, dass es außergewöhnlich war, dass in Wien so deutlich Stellung dazu genommen wur­de. Es haben sich also sozusagen interreligiös die katholischen Denomina­tionen, Orthodoxe, Protestanten und auch die jüdische Gemeinde zusammenge­tan und versucht, zu helfen.

Man darf nicht vergessen, dass zu den damaligen Zeiten, bis zur Schoah, die Ukraine, Polen, dieses Gebiet, das Zentrum des jüdischen Lebens in der Welt waren. Meine Familie mütterlicherseits stammt ja aus Lemberg. Lemberg war damals eine der großen Städte der österreichisch-ungarischen Monar­chie, liegt aber heute in der Ukraine. Meine Mutter und ihre Familie haben das sehr wohl wahrgenommen. Ich weiß sozusagen von Kindheit auf, dass es da ein großes Verbrechen gab – und obwohl es natürlich unvergleichbar mit der Schoah ist, die dann darauf folgte, wurde trotzdem auch immer wieder da­rüber gesprochen, wie verbrecherisch das stalinistische Regime da vorge­gangen ist.

Wir wollen daher – damals wie heute – dazu Stellung nehmen. Im Novem­ber 2006 hat das Parlament der Ukraine den Holodomor zum Völkermord am ukrainischen Volk erklärt. Dem haben sich immerhin 16 Parlamente ange­schlossen – unter anderem Australien, Kanada, USA, Tschechien, Estland und so weiter –, obwohl die Definition oder die Anwendbarkeit der Definition durchaus umstritten war. Zuletzt hat auch der Deutsche Bundestag den Holodo­mor als ein Menschheitsverbrechen dargestellt. Aus heutiger Perspektive


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liegt es auch nahe, von einer historisch-politischen Einordnung als Völkermord zu sprechen.

Daher auch der Entschließungsantrag hier in diesem Hohen Haus, in dem wir den Holodomor eben auch klar als Hungermord an Millionen Menschen bezeichnen und natürlich auch unbedingt dazu aufrufen und auffordern, dass sich solche Verbrechen nie mehr wiederholen dürfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.


15.21.12

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Es war Andrij Jermak, der Kanzleichef des ukrainischen Präsidenten, der diesen neuen Begriff des Cholodomor – mit Ch – verwendet hat. Es geht ihm darum, diesen Tod durch Erfrieren, wie es Wladimir Putin gerade versucht, dieses Verbrechen am ukrainischen Volk irgendwie neu einzufassen. Die ganze Art und Weise, wie Putin diesen Krieg führt, ist deswegen so besonders perfide, weil das – und deswegen debattieren wir das hier 90 Jahre nach dem Holodomor, nach dem Tod durch Hunger – eben zusammenfällt.

Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, hier fraktionsübergreifend einen Antrag zustande zu bringen, der den Holodomor – also historisch gesehen – als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet und dazu aufruft, dass wir uns als Österreich dafür einsetzen, dass solche Verbrechen – wenn man versucht, Menschen mit Hunger zu töten – in Zukunft nicht mehr passieren.

Ich wäre aber auch davon überzeugt gewesen, dass wir den Holodomor als das hätten bezeichnen sollen, was er eigentlich war, nämlich ein Völkermord. Das haben andere Parlamente, wie Kollege Engelberg schon gesagt hat, schon gemacht. Explizit hat heute das Europäische Parlament den Holodomor als das bezeichnet, was er war, nämlich ein Völkermord.


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Jetzt kann man sagen, wenn man sich das historisch anschaut, ist das ein sym­bolischer Akt, wenn wir uns zusammenstellen und sagen: Das, was vor 90 Jahren war, war das oder jenes. Es hat aber deswegen so große Relevanz, weil es diese großen Parallelen zur jetzigen Situation hat. Kollege Brand­stätter hat das, glaube ich, schon sehr eindrucksvoll gesagt, wie in der Ukraine momentan gegen die Ukraine Krieg geführt wird. Genau deswegen hat es so große Relevanz, weil es für uns als westliche Demokratie die Möglichkeit gibt, zu zeigen, auf wessen Seite wir stehen, wenn wir hier Dinge klar einordnen. Und ich bin überzeugt davon: Es kann in der Situation nur eine Seite geben. Das ist auf der Seite des Friedens, auf der Seite der Freiheit, auf der Seite der Demokratie, und das heißt natürlich auf der Seite der Ukraine. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lindner.)

Die Parallelen sind so evident, weil dieser Hungermord eben nicht irgendwelche Naturgewalten waren, sondern weil Stalin das ganz bewusst eingesetzt hat, um ein Volk, um Mitglieder einer Bevölkerung in der Ukraine durch Hunger zu töten. Jetzt ist es halt Wladimir Putin. Er macht nicht genau das Gleiche, er macht es ein wenig anders. Er beginnt, Energieinfrastruktur zu zerbomben und Leute durch Erfrieren umzubringen.

Ich glaube, es ist relevant, dass wir aus der Geschichte lernen. Es ist relevant und wichtig, dass wir das, was wir aus der Geschichte lernen, auch entsprechend benennen; und es ist umso relevanter, dass wir es in Zeiten benennen, in denen die Parallelen zu dem, was jetzt passiert, so offensichtlich sind. Deswegen wäre ich der Meinung gewesen, dass wir es als das hätten bezeichnen sollen, was es war, nämlich ein Völkermord. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Steinacker.)

15.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gerstl. – Bitte sehr.



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15.24.25

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Als Mitglied der Gruppe von vier Parteien dieses Parla­ments, die sich letzte Woche von Mittwoch bis Sonntag in der Ukraine auf­gehalten hat, möchte ich Ihnen allen noch ein paar Blitzlichter geben.

Wir waren dort, begleitet von täglichen Raketenangriffen: Luftalarm, Abmarsch in den Bunker. Besuch in den Ministerien, Besuch im Parlament mit Taschenlampe: Licht abgedreht, weil einerseits wenig Elektrizität da, anderer­seits aus Sicherheitsgründen. Die Gänge sind verbarrikadiert, überall Sand­säcke, überall Schießscharten.

Wir fahren von Kiew weiter nach Charkiw in die Ostregion der Ukraine, rund 30 bis 40 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Von dort, von rus­sischem Boden, ist Artilleriebeschuss bis in die Vororte von Charkiw mög­lich. Russland schießt ohne eine eigene Bedrohung unmittelbar auf Vororte, auf die Zivilbevölkerung von Charkiw.

Die Menschen haben keine Chance. Sie haben keine Möglichkeit, zu fliehen. Sie haben auch kein Geld. Sie kehren zurück in ihre Heimat. Sie wollen dort auch Weihnachten feiern und sie sagen uns immer wieder: Sie kämpfen für ihre Frei­heit. Sie kämpfen nicht nur für ihre Freiheit, sondern sie kämpfen auch für die Freiheit Europas. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)

Das hat mich besonders berührt, denn es könnte ja auch so ein Satz sein: die Freiheit Europas; das ist ihnen eingeimpft, vielleicht von oben, vielleicht ist es Propaganda. Wenn man dann aber vor der EU-Mission in Kiew steht und von den Angehörigen der EU-Mission erzählt bekommt, dass vor wenigen Wochen unmittelbar daneben eine Rakete eingeschlagen hat, die die EU-Mission durchaus hätte treffen können oder vielleicht auch bewusst dieses Ziel hatte, und dass diese Rakete vom Schwarzen Meer aus abgeschossen wurde, dann wis-


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sen wir, dass der Krieg in Europa angekommen ist und dass wir alle in die­sem Verhältnis und in diesem Umfeld leben: Krieg in der Ukraine, Krieg in Europa.

Die Menschen vor Ort kämpfen um ihr Leben, und sie sind nicht gewillt, aufzuhören, weil sie nicht in der Versklavung leben wollen, wie sie uns gesagt haben. All die Gräueltaten, die die Russen innerhalb der besetzten Gebiete begangen haben und die die Menschen dort jetzt von den befreiten Gebieten erzählt bekommen, zeigen ihnen, dass sie keine Alternative haben: Frei­heit oder Sklave. Helfen wir ihnen und helfen wir uns für die Freiheit Europas! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

15.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich verlege die Abstimmung wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Menschenrechte und fahre in der Tagesordnung fort.

15.28.4212. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2825/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die eklatanten Menschenrechtsverletzungen insbe­sondere gegenüber Frauen im Iran (1854 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 3015/A(E) der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Druck auf den Iran aufrechterhalten (1856 d.B.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 14: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2824/A(E) der Abgeordneten Kugler, Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfol­gung, 1855 der Beilagen. (siehe S. 262)

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kassegger. – Bitte sehr.


15.29.05

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist ein Thema des Ausschusses für Menschenrechte, eigentlich ist es aber auch ein Thema für den Außenpolitischen Ausschuss, weil es – zumindest aus unserer Sicht – ein außenpolitisches Thema ist. Deswegen melde ich mich hier zu Wort.

Worum geht es bei diesen beiden Tagesordnungspunkten 12 und 13? – Es geht zum einen um eine Verurteilung eklatanter Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegenüber Frauen. Zur Erläuterung: Wir wissen, im Iran gibt es massive Demonstrationen gegen das Regime, insbesondere von Frauen­bewegungen, und sehr, sehr harte Reaktionen des Regimes darauf.

Wenn ich sage, sehr, sehr hart, dann sage ich auch gleich dazu: Es gibt überhaupt keine Diskussion darüber, dass die Freiheitliche Partei die Art und Weise die­ser Reaktionen mit Gefängnisstrafen, teilweise mit dem Aussprechen von Todes­strafen – also typische Reaktionen eines doch totalitären Regimes – ablehnt und auf keinen Fall gutheißt. Im Übrigen ist die Rolle der Frau im Iran auch per se nicht mit jener Rolle, die wir Freiheitliche der Frau in der Gesellschaft sozu­sagen zuerkennen, wie wir die Frau in der Gesellschaft sehen, vereinbar, über­haupt nicht vereinbar. – Das sei einmal klargestellt.

Jetzt werden Sie sich wundern, warum wir nicht für diesen Antrag stimmen. Das möchte ich jetzt erläutern: Weil auch in diesem Antrag oder in beiden Anträ­gen in Wahrheit diese verurteilungswürdigen Dinge – noch einmal: es ist


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überhaupt keine Frage, dass wird das auch verurteilen und dass wir auch dage­gen auftreten, welche Rolle der Frau im Iran zugedacht wird – wieder mit Forderungen nach Sanktionen, mit einem Sanktionsregime, mit neuen Sank­tionen et cetera junktimiert werden.

Wenn man Außenpolitik auch als den Versuch, das große, gesamte Ganze zu sehen, versteht und auch die Interessen Österreichs im Rahmen der außenpolitischen Vertretungen wahrzunehmen versucht, dann muss man na­türlich auch beurteilen, was in der Vergangenheit zwischen dem Iran und – ich sage es einmal so – der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft passiert ist, nämlich: große Fortschritte im Atomabkommen.

Da geht es darum, dass sich der Iran verpflichtet hat oder hätte, keine Atombombe zu bauen, um das flapsig zu formulieren, wenn im Gegenzug dazu das Sanktionsregime beendet, die Sanktionen aufgehoben worden wären. Das hat bereits Donald Trump sozusagen aufgekündigt. Welche Motivlage die Amerikaner oder Trump gehabt haben, weiß ich jetzt nicht im Detail. Jedenfalls haben sich die Europäer massiv bemüht, diese Verhandlungen am Leben zu erhalten.

Noch einmal: Das Ziel war, dass die Iraner keine Atombombe bauen – das ist doch ein löbliches Ziel, wenn man die globale Sicherheit im Auge hat bezie­hungsweise selbige einem etwas bedeutet –, und dafür verzichten wir auf Sanktionen.

Das geht jetzt natürlich vollkommen in die andere Richtung. Sie (in Richtung Bundesminister Schallenberg) wissen, das ist in Wien verhandelt worden. Bei diesen Verhandlungen sei, erklärten Sie – ich zitiere Sie –, das Fenster zu. Wir werden jetzt das Sanktionsregime wieder anheben und die Sanktionen erhöhen.

Wir halten das für den falschen Weg. Das ist auch aus unserer Sicht nicht mit einem der wenigen strategischen außenpolitischen Ziele Ihres Ministeriums


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vereinbar, nämlich mit jenem, Wien als internationalen Verhandlungsstandort und als Standort für internationale Organisationen zu promoten, zu pushen, zu stärken. Das geht sich von der Logik her nicht aus.

Das heißt, das ist der Punkt, der uns stört, den wir für falsch halten, weil Sanktionen – wir sehen es ja bei den Russlandsanktionen – nichts bringen, son­dern sogar kontraproduktiv sind, tendenziell die Spannungen noch erhö­hen, wahrscheinlich auch die Radikalisierung dieses Regimes – noch einmal: das wir dem Grunde nach, nicht nur dem Grunde nach, sondern grundsätzlich ablehnen – noch weiter vorantreiben und ein sinnvolles Abkommen, nämlich das Atomabkommen, verunmöglichen.

Das ist der falsche Weg, und deswegen können wir – ich hoffe, ich habe es einigermaßen erläutert – diesen beiden Anträgen nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich muss mich korrigieren, ich habe vorhin zwei Seiten im Croquis überblättert: Wir verhandeln jetzt die Tagesord­nungspunkte 12 und 13. Der Redner war aber der richtige.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. – Bitte.


15.34.20

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch (in Richtung Galerie) Besucher von der iranischen Exilcommunity hier in Wien – herzlich willkommen hier im Nationalrat, im Parlament! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.) Ich glaube, das Thema heute sollte ganz klar benannt werden. Wir fordern eine ganze Reihe von Dingen.

Wir fordern erstens einmal und vor allem den sofortigen Stopp der Todesurteile im Iran. Am 8.12.2022 wurde der 23-jährige Mohsen Shekari durch Er­hängen hingerichtet, jetzt, vor wenigen Tagen, am 12. Dezember, wurde ein De­monstrant, Majidreza Rahnavard, auf der Straße hingerichtet, und


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über 28 Demonstranten, darunter auch Kindern, droht die Hinrichtung. Ich nenne auch immer die Namen, weil es ganz wichtig ist, dass man Menschen, die ermordet werden, aus der Anonymität holt und die Namen auch wirk­lich in Erinnerung behält.

Wir fordern weiters den sofortigen Stopp der Verhaftungen und die Freilassung der politischen Gefangenen. 18 242 Personen wurden bisher vom irani­schen Regime verhaftet, 475 ermordet, darunter 65 Minderjährige. Zwei Pen-Club-Preisträgerinnen, und zwar Mahvash Sābet und Fariba Kamalabadi, wurden erneut zu zehn Jahren Haft verurteilt, nachdem sie bereits zehn Jahre in der Haft verbracht haben.

Wir fordern den sofortigen Stopp der Verfolgung von religiösen und ethnischen Minderheiten und da vor allem der Verfolgung der Bahai, einer sehr friedli­chen Religionsgemeinschaft, und von anderen religiösen Gruppen. Wir fordern auch den sofortigen Stopp der Verfolgung der Kurden und anderer Volks­gruppen im Iran. Auch die Verfolgung von LGBTIQ-Personen, die im Iran sozusa­gen notorisch ist, muss sofort gestoppt werden. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Schließlich verurteilen wir den iranischen Sicherheitsapparat und die irani­schen Revolutionsgarden und fordern Sanktionen gegen sie. Es ist auch eine EU-weite Initiative im Gange, die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste zu setzen. Das wäre auch der richtige Schritt. Sie sind schließlich und endlich nicht nur für die Gewalt im Iran verantwortlich, sondern überhaupt auch für die Destabilisierung des gesamten Nahen Ostens und für Terroranschläge in der ganzen Welt, und letztlich haben sie auch die Lieferung von Waffen an Russland zu verantworten, die dort gegen Zivilisten und zivile Ziele eingesetzt werden.

Zum Schluss ein Appell an uns alle: Vergessen wir bitte nicht die Menschen im Iran, den Mut, den sie aufbringen, sich gegen dieses verbrecherische Regime aufzulehnen! Stehen wir ihnen bei, lassen wir sie nicht im Stich! Wir müssen alles


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tun, um sie zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch. – Bitte.


15.38.00

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Einst war der Iran ein stolzes Land. Der Iran war stolz auf 4 000 Jahre Geschichte und Kultur, der Iran war stolz auf seine Dichter, der Iran war stolz auf seine Frauen.

Heute ist der Iran eine berüchtigte Diktatur: Hinrichtungen am Galgen, brutale Gewalt, tägliche Gewalt gegen Frauen, brutalste Gewalt gegen Mädchen und Jungen, staatlicher Terrorismus, Barbarei statt Menschenrechte. Ein Mann verteilt Süßigkeiten an Frauen ohne Schleier bei einer Demonstration. Majidreza Rahnavard, 23 Jahre, wird geschnappt, in einem Schnellverfahren, in einem Scheinverfahren zum Tode verurteilt. Die Familie wird nicht ver­ständigt. Majid wird hingerichtet, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verscharrt, der Körper wird der Familie nicht zurückgegeben. Die Familie erfährt erst danach, wo er angeblich bestattet ist.

Die Menschenrechtsverletzungen im Iran sind allerdings nichts Neues. 2005 bis 2015 erfolgten offiziell 73 Hinrichtungen von Kindern und Jugendlichen, darunter acht Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren. Sie wurden getötet, getötet durch die Justiz der Islamischen Republik Iran. Ein Delikt ist der Krieg gegen Gott, ein tödliches Delikt, in Farsi Moharebeh. Krieg gegen Gott ist ein juristi­sches Delikt.

Ja, es ist Krieg im Iran, aber ein Krieg der Regierung gegen das eigene Volk. Da wird mit einer Brutalität vorgegangen, die eigentlich unvorstellbar ist. Festgenommene Frauen werden allein schon systematisch vergewaltigt. Es gibt


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den Fall der 19-jährigen Yalda, die während einer Demonstration festge­nommen wurde, zwei Wochen in Polizeihaft, unzählige Male vergewaltigt, und als sie endlich freigelassen wird, schreibt sie nur mehr einer Freundin, dass sie  mit dem, was sie durchmachen musste, nicht mehr leben kann, und be­geht Suizid.

Jetzt geht es vor allem natürlich darum, die Hinrichtungen zu stoppen. Zwei iranische Aktivisten, Ava Farajpoory und Reza, haben hier eine Initia­tive gestartet, bei der vor allem Parlamentarier die Patenschaft übernehmen können – die Patenschaft für zum Tode Verurteilte. Ich habe die Paten­schaft für Seyed Mohammad Hosseini übernommen. (Der Redner hält ein Foto ei­nes Mannes in die Höhe. – Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir versuchen, Öffentlichkeit zu schaffen – Öffentlichkeit, die wir als Abgeordnete wahrscheinlich leichter haben, um ein Menschenleben, mög­lichst viele Menschenleben zu retten.

Von den österreichischen Behörden, von Österreich erwarte ich mir primär, dass die Iraner, die Österreicher und Österreicherinnen mit iranischen Wurzeln hier in Österreich geschützt werden – geschützt vor Bespitzelung und Überwa­chung durch Anhänger des iranischen Regimes, die sich hinter der Botschaft oder im Imam-Ali-Zentrum in Floridsdorf verstecken. Meiner Meinung nach ist es notwendig, die islamistischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen und Frauen, Leben, Freiheit im Iran zu unterstützen: „Jin, Jiyan, Azadî“! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


15.42.16

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen, Kolleginnen! Werte Gäste auf der Galerie! Wir hatten heute einen Austausch mit der iranischen Exilcommunity in Österreich. Sie ha­ben uns viele Bilder, Fotos und Namenslisten gebracht. (Die Rednerin hält


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in der Folge mehrere Ausdrucke mit Fotos von Personen in die Höhe.) Es ist furcht­bar, die Existenzen hinter diesen Bildern zu sehen. Es ist furchtbar, zu hö­ren, wie viele Menschen von Verfolgung, Verhaftung und Hinrichtung betroffen sind. (Die Rednerin hält in der Folge mehrere Namenslisten in die Höhe, die sie durchblättert.) Und es ist furchtbar, dass die Listen nicht aufhören, sondern immer länger werden, und es Listen von verschwundenen Personen, von hingerichteten Personen, von Personen, die auf der Hinrichtungsliste stehen, gibt – eine ganze Liste von Menschen, die in den letzten Wochen Opfer von Hinrichtungen geworden sind.

Ich sage hier im österreichischen Parlament wiederholt: Wir werden nicht wegsehen. Wir werden das nicht dulden. Wir stehen hinter euch und werden das hier im österreichischen Parlament so lange thematisieren, bis diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufhören! (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich selbst werde mich weiterhin – wie viele Kolleginnen und Kollegen hier im österreichischen Parlament – dafür einsetzen, dass alle politischen Gefangenen freigelassen werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es einen Stopp der Verfolgung, der Folter und der Hinrichtungen gibt. Wir werden die Zivilge­sellschaft im Iran selber, aber auch Sie, die Exilcommunity (in Richtung Gale­rie), die hier in Österreich lebt, weiterhin unterstützen und euch nicht vergessen. Wir werden weiterhin scharfe personenbezogene Sanktionen gegen Regimeunterstützer fordern.

Und ja, ich bin sehr dafür, dass wir das Revolutionswächterregime auf die Terrorliste setzen, weil das, was dieses an den Menschen verübt, schlicht Terror ist. Und ja, auch ich habe die Patenschaft für zwei lesbische Frauen übernommen, weil diese besonders unter Druck stehen – nicht nur, weil sie Frauen sind, sondern weil sie dem patriarchalen, reaktionären System, das das iranische Regime im Moment vertritt, am meisten entgegengesetzt sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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In diesem Sinne: Frau, Leben, Freiheit! Vielen Dank (in Richtung Galerie), dass Sie heute wieder da sind! (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Brand­stötter. – Bitte.


15.45.04

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (In Richtung der Mitglieder der iranischen Exilcommunity auf der Galerie:) Schön, dass Sie heute hier sind! Der Tod von Mahsa Amini hat eine Protestwelle ausgelöst, die das ganze Land seit nunmehr drei Monaten erfasst. Iranerinnen und Iraner wollen genau das, was für uns selbstverständlich ist: Sie wollen ein freies und selbstbestimmtes Leben ohne Zwänge. Durch die Teilnahme an den Demonstrationen riskieren sie ihr Le­ben. Fast 500 Menschen wurden getötet, darunter mehr als 60 Kinder. Wir haben heute schon gehört: 18 000 Protestierende wurden festgenommen. Es drohen ihnen Folter, Vergewaltigung und oft auch der Tod.

Selbst Minderjährige werden vom Regime hingerichtet. In Gebieten, in denen Minderheiten leben, geht das Regime noch brutaler gegen Demonstrierende vor. An vorderster Front der Proteste stehen Frauen und Mädchen, die nicht mehr dulden, als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden. 44 Jahre Un­terdrückung sind ihnen genug. Es reicht! Iranische Frauen verlangen die elementarsten Menschenrechte.

Um es einmal klarzumachen: Fast jede iranische Frau wurde zumindest einmal aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes auf der Straße angehalten. Frauen dürfen nicht anziehen, was sie wollen. Ihre Zeugenaussage zählt die Hälf­te jener eines Mannes. Eine Frau erbt nur die Hälfte der Summe dessen, was ihr Bruder erbt. Eine Frau darf in der Ehe von ihrem Mann vergewaltigt wer­den. Eine Scheidung ist kaum möglich. Eine Frau darf oft nicht einmal sin­gen oder tanzen.


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Frauen- und Menschenrechtsaktivist:innen prangern schon lange diese desaströsen Zustände an. Viele von ihnen sitzen jetzt unter unmög­lichen Haftbedingungen im Gefängnis. Diese Gefängnisse sind voll mit poli­tischen Häftlingen.

Iranerinnen und Iraner verfolgen aber auch mit, wie sich die restliche Welt verhält. Auch das Regime verfolgt sehr genau die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft. Deshalb müssen wir hinschauen. Wenn die internationale Gemeinschaft wegschaut, wird das Regime mit noch mehr Härte vorgehen. Es wurden Menschen hingerichtet, weitere Todesurteile werden vollstreckt werden. Es drohen Massenhinrichtungen wie in den 1980er-Jahren.

Dieses Regime hält sich nicht an internationale Menschenrechtsnormen. Es verhält sich durch und durch willkürlich. Das zeigt sich auch an den willkürlichen Verhaftungen von Doppelstaatsbürgern, auch von österreichischen.

Nicht zu vergessen: Der Iran stellt auch eine große Gefahr für Europa dar. Er unterstützt Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg militärisch mit der Lieferung von Drohnen.

Dass der Iran jetzt aus der UN-Frauenkommission ausgeschlossen wurde, kann wirklich nur ein erster Schritt sein. Mit diesem Antrag unterstützen wir Iranerinnen und Iraner in ihrem Kampf. Wir zeigen, dass wir an ihrer Seite ste­hen, dass es uns nicht egal ist, wie es mit ihnen weitergeht. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

15.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Schallenberg. – Bitte sehr.


15.48.11

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Besucher auf der Galerie! Ich glaube, es ist


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doch notwendig, dass ich mich zu Wort melde, weil vorhin gesagt wurde, unsere Politik zum Iran stünde in einem gewissen Widerspruch zu den Interes­sen des Amtssitzes oder zu den Interessen an einem Atomdeal mit dem Iran.

Ich glaube, genau das Gegenteil ist der Fall: Nicht wir haben die Fenster zugeschlagen, nicht wir wenden uns ab und gehen, galoppieren quasi in die Gegenrichtung. Der Iran hat das gemacht! Wien stand immer bereit und steht auch weiterhin bereit für sinnvollen Dialog, für sinnvolle Verhandlungen, aber bitte nicht mit Scheuklappen, bitte nicht, indem man auf einem Auge blind ist!

Was wir momentan sehen, ist ein Iran auf Konfrontationskurs, auf Konfronta­tionskurs nicht nur mit dem Westen, sondern – was noch viel schwer­wiegender ist – mit der eigenen Bevölkerung, und ein Iran, der sich zum Hand­langer macht, zum Handlanger Russlands im Aggressionskrieg in der Ukrai­ne. Mit iranischen Drohnen werden dort Kriegsverbrechen begangen. Der Iran musste in der Zwischenzeit sogar zugeben, dass er Drohnen liefert.

Ich halte es also für vollkommen richtig, dass wir letzten Montag als
EU-Außenminister ein drittes Sanktionspaket geschnürt haben, weitere 30 En­titäten und Personen auf die Sanktionsliste gesetzt haben. Wir werden diesen Kurs so fortsetzen müssen, befürchte ich, denn wir müssen davon ausge­hen, dass der Iran mit aller Brutalität vorgeht. Wir haben jetzt schon die ersten Hinrichtungen erlebt. Ich habe deswegen auch den iranischen Botschafter am Montag ins Außenministerium zitieren lassen. Es gibt Tausende willkür­liche Verhaftungen, es gibt bereits Hunderte Tote. Es muss dem Iran klar sein, dass eine Politik, bei der er 50 Prozent der Bevölkerung ausschließt, bei der er glaubt, sozusagen pick and choose machen zu können, nicht möglich ist. Das führt das Land in die Vergangenheit, das wird das Land in die Steinzeit führen.

Wünschen wir das? Freuen wir Österreicher uns? – Ja überhaupt nicht! Österreich ist eines jener Länder, vielleicht sogar das Land mit den längsten


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Beziehungen diplomatischer Natur mit dem Iran. Wir haben seit 1872 einen Botschafter. Wir waren, das habe ich das letzte Mal schon erwähnt, das einzige westliche Land, das auch in den schwierigsten Phasen in den
Achtziger- und Neunzigerjahren das Kulturinstitut als Fenster in den Westen offengehalten haben.

Noch einmal, wir stehen – mit Wien – selbstverständlich als Ort, als Platz der Begegnung, des Dialoges weiterhin zur Verfügung. Dieser Dialog darf aber nie blind sein, der Dialog muss immer auf klaren Wertefundamenten beru­hen – und das tut es in diesem Fall. Das, was ich so bedauere: Ich selber und mein Team, das Außenministerium, haben sehr, sehr viel in diese Beziehung mit dem Iran, in die JCPOA-Verhandlungen, in die Verhandlungen für den Wiener Atomdeal investiert. Wir haben es begrüßt, dass sie wieder aufgenom­men wurden; denn ja, die größte Befürchtung, die ich habe, ist ein nukleares Wettrüsten in der Golfregion.

Noch einmal aber: Nicht wir haben das Fenster zugeschlagen, sondern der Iran hat sich von diesen Verhandlungen de facto abgewandt. Das heißt, wir müssen Konsequenzen ziehen. Wie immer in der Außenpolitik gibt es aber auch die Möglichkeit einer Rückkehr zum Dialog, zu einer Aufhebung der Sank­tionen. Das liegt aber alleine in den Händen der Mullahs, es liegt alleine am Re­gime in Teheran, die Maßnahmen zu setzen, die Akte zu setzen. Die Forderungen, die der Westen an den Iran hat, sind ganz klar, und von denen werden wir nicht abrücken. – Danke. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Baum­gartner. – Bitte sehr.


15.51.40

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher und Zuhörer auf der Gale­rie und zu Hause! Ich hatte vorhin die Gelegenheit, mit Frau Mag. Isma Forghani


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und ihrem Gatten Dr. Forghani zu sprechen. Frau Mag. Forghani ist beauf­tragte für Menschenrechtsfragen der Bahai Religionsgemeinschaft Österreich, und ich darf sie hier im Hohen Haus recht herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Vor circa zwölf Wochen brachen die Proteste im Iran aus und seither gab es mindestens 450 Todesopfer. Die Menschen gehen auf die Straße und riskie­ren ihr Leben. Warum? – Aus Hoffnung. Aus Hoffnung, dass durch die Pro­teste Änderungen herbeigeführt werden. Die Hoffnung ist gepaart mit Angst, denn die Menschen im Iran riskieren tagtäglich ihr Leben, wenn sie auf die Straße gehen. Ihnen widerfahren Gewalt, Folter, Mord, Verbrechen, Men­schenrechtsverletzungen, die wir auf das Schärfste verurteilen.

Fanden diese Gewalttaten zu Beginn noch öffentlich durch die Sittenpolizei statt, so werden sie jetzt hinter verschlossener Tür begangen, denn die Regeln, deren Durchsetzung Aufgabe der Sittenpolizei war, bleiben weiter in Kraft. Österreich muss sich, so wie wir es seit Beginn dieser Proteste gemacht haben, weiterhin entschlossen gegen dieses Unrecht, verübt durch das iranische Regime, stellen.

Der Sanktionsdruck muss weiter erhöht werden. Wir wollen uns auf europäi­scher Ebene und international für den Kampf gegen die Gewalt an Frauen und auch für die Aufklärung und für die Ahndung dieser Verbrechen einsetzen. Die Sanktionen der EU sind da eine weitere Hoffnung für die Menschen im Iran. Es wurden bereits Sanktionen verhängt, und diese müssen ausgebaut werden, denn sie wirken und setzen Staaten wie den Iran unter Druck. Auch im Hinblick auf die Rolle des Iran in der Ukraine sowie im Nahen Osten kann es seitens der Europäischen Union nur gemeinsame Entschlossenheit geben, um diese Aktivitäten zu stoppen. Das sind wir den mutigen Menschen im Iran schuldig. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr.



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15.54.32

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Frauenrechte sind Menschenrechte, und Menschenrechte sind unantastbar (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper), von Niederösterreich bis Vor­arlberg innerhalb unseres Landes, über die Grenzen hinweg in der Ukraine, aber natürlich auch in Afghanistan oder dem Iran.

Die systematische Unterdrückung der Frau war zu fast allen Zeiten in so gut wie allen Regionen der Welt Teil der Gesellschaft. Auch in Österreich hat es eine sozialdemokratische Alleinregierung benötigt, um im Jahr 1976 das Fami­lienrecht in die Moderne zu führen. Wir alle leben nach wie vor, einmal mehr, einmal weniger, in patriarchalen Strukturen und Denkweisen. Es hat im­mer mutige, engagierte und kämpferische Frauen – aber auch Männer – benötigt, um für die rechtliche Gleichstellung zu kämpfen. Meine vollste Aner­kennung, Unterstützung und Bewunderung gilt in dieser Minute ganz spe­ziell den iranischen Frauen und Menschenrechtsaktivist:innen, die sich teils seit Jahren gegen Unterdrückung und Misshandlung wehren. Viele von ihnen bezahlen diesen Kampf mittlerweile mit ihrem Leben oder müssen lange Haft­strafen absitzen.

Der – leider nicht ganz überparteiliche – Schulterschluss zu Frauen- und Menschenrechten wäre in vielen Bereichen mehr als wünschenswert, denn auch der Antrag meines Kollegen Troch zur dramatischen Situation gerade von Frauen in Afghanistan hätte es sich verdient, hier behandelt zu werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Nichtsdestotrotz appelliere ich an alle Menschen hier in diesem Saal, aber auch außerhalb: Bündeln wir unsere Kräfte über die Grenzen hinweg und kämp­fen wir Seite an Seite mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln für die Frauen- und Menschenrechte sowie für die Freilassung aller willkürlich inhaf­tierten Demonstrierenden und politischen Gefangenen, denn auch zwei


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österreichisch-iranische Doppelstaatsbürger befinden sich in politischer Gefan­genschaft!

Herr Bundesminister, hören wir nicht auf, in dieser schwierigen Situation an einem Strang zu ziehen! Als Mitglied der österreichisch-iranischen par­lamentarischen Freundschaftsgruppe – es fällt schon fast schwer, diesen Namen in diesem Zusammenhang im Moment so deutlich zu sagen – kann ich Ihnen versichern, dass Kollege Gerstl und Kollege Scherak bei unserem letzten Treffen, bevor die Eskalation die momentane Stufe erreicht hat, auch auf dieser Stufe ganz klar und deutlich befürworteten, die Enthaftung dieser beiden öster­reichisch-iranischen Staatsbürger zu fordern, aber auch auf alle anderen menschenrechtlichen und frauenrechtlichen Situationen nicht zu vergessen. Frauenrechte sind Menschenrechte, und Menschenrechte sind unan­tastbar! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

15.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Decken­bacher. – Bitte.


15.58.05

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, auch jene auf der Galerie – herzlich willkommen! Frau, Leben, Freiheit: Das ist für uns selbstverständlich, aber nicht überall auf der Welt ist das so.

Mahsa Amini, eine 22-jährige Iranerin, mitten in ihrem Leben, starb im September dieses Jahres im Iran in Gewahrsam der Sittenpolizei. Haftgrund: Sie hat sich nicht an die Kleiderordnung gehalten. Wir in Österreich werden nicht einfach wegschauen und so tun, als wäre alles in Ordnung, wenn gleich­zeitig Frauen auf dieser Welt, wie zum Beispiel eben im Iran, nicht frei über ihren Körper entscheiden können, nicht wählen, studieren, alleine reisen oder auch alleine etwas übernehmen dürfen, und das nur aus einem Grund: weil sie Frauen sind.


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Seit dem schrecklichen Schicksal dieser jungen Frau, die zu Tode kam, demonstrieren Tausende Menschen weltweit gegen die Unterdrückung und Misshandlungen im Iran. Bei Massenprotesten wollen im Besonderen junge, mutige Frauen, aber auch viele junge Männer ein Zeichen dafür setzen, dass jede und jeder, unabhängig vom Geschlecht, das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung haben muss. Sie stellen sich gegen das Regime der Sit­tenpolizei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie setzen sich auch der Gefahr der Festnahme und Tötung aus, und das tun sie für die Vielfältigkeit, für die Freiheit und für die Menschenrechte. Das irani­sche Regime reagiert gewaltsam und die im Rahmen von Massenprotesten De­monstrierenden werden auf menschenrechtswidrige Weise verhaftet, gefoltert und in vielen Fällen ohne rechtskräftige Verfahren auch zum Tode verurteilt.

Wir dürfen dieses Handeln gegen Demonstrantinnen und Demonstranten, die sich friedlich für die Frauenrechte sowie Menschenrechte im Iran einsetzen, nicht dulden. Treten wir geschlossen über unsere Ländergrenzen hinweg für die universellen Frauen- sowie Menschenrechte ein, für die Gleichbehandlung zwischen Mann und Frau, egal wo auf dieser Welt – wir sollen sie leben, denn wir stehen ganz klar auf der Seite derer, die für die Grundrechte und für ihre Freiheit kämpfen! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

Zeigen wir Solidarität mit den Frauen im Iran und stärken wir sie, geben wir ihnen eine Stimme, im Zeichen von Frau, Leben Freiheit! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.


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Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Menschenrechte.

16.01.2514. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2824/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Min­derheiten vor Verfolgung (1855 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 14.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.


16.01.44

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt den Antrag der Regie­rungsparteien betreffend den Schutz aller ethnischen, kulturellen und religiösen Minderheiten auf der ganzen Welt. Jetzt denkt man sich wahrscheinlich: Man kann gegen so einen Antrag eigentlich nichts haben, wir alle wünschen uns ja wirklich von Herzen den Weltfrieden.

Wir sind aber doch der Meinung, dass man in solche Anträge, wenn sie einen gewissen Sinn haben sollen, wenn sich jemand angesprochen fühlen soll, wenn jemand unterstützt werden soll, konkrete Anliegen einbauen muss, sich für eine bestimmte Region oder eine bestimmte Minderheit entscheiden muss, die man auch im Antrag erwähnt.

Wir gehen bei diesem Antrag nicht mit, wir bringen einen eigenen Antrag ein und greifen ein Thema auf, das Sie in Ihrem Antrag auch drinnen hatten. Wir sprechen uns in unserem Antrag gegen die Christenverfolgung aus. Das ist leider ein großes Thema, gerade in der islamischen Welt nimmt die Verfol­gung der Christen von Jahr zu Jahr zu.


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Das ist eigentlich auch ein Thema im aktuellen Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen. Dort steht drinnen, man werde sich dem „Kampf gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten, insbesondere christlicher Minderheiten“, widmen. Dieses Thema wollen wir hier ausdrücklich aufgreifen, wir wol­len das Kind beim Namen nennen, und das tun wir in unserem Antrag, weil uns die Christen besonders am Herzen liegen, weil sie uns besonders nahe sind und weil sie in Ländern wie – viele davon sind die Herkunftsländer der Einwanderer nach Europa – Afghanistan, Somalia, Eritrea oder Nigeria sehr gefährlich leben. Sie müssen unter unfassbarer Unterdrückung leiden, und das wollen wir hiermit thematisieren.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auftreten gegen Christenverfolgung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich sowohl auf EU-, als auch auf bi- und multilateraler Ebene und insbesondere nationaler Ebene gegen die Verfolgung von Christen einzusetzen.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter


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betreffend Auftreten gegen Christenverfolgung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14., Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 2824/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betref­fend den Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfolgung (1855 d.B.), in der 191. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. Dezem­ber 2022.

Der Weltverfolgungsindex (WVI),1 eine Rangliste der 50 Länder, in denen Christen der stärksten Verfolgung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens ausgesetzt sind, wird jährlich von Open Doors, einem internationalen, überkonfessionellen und christ­lichen Hilfswerk, veröffentlicht. Das österreichische Regierungsprogramm ver­spricht zwar den „internationalen Beitrag im Kampf gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten, insbesondere christlicher Minderheiten“ als inhaltlichen Schwer­punkt, es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern dieses Versprechen eingelöst wurde. Um entschieden gegen Christenverfolgung auftreten zu können, braucht es einen klaren Fokus und entschiedenes Auftreten, statt unverbindlicher Mehrdeutig­keiten.

Gemäß Open Doors gab es im letzten Jahr eine starke Zunahme der Verfolgung und Diskriminierung von Christen weltweit. 360 Millionen Christen seien im vergan­genen Jahr aufgrund ihres Glaubens in hohem Maß von Unterdrückung, Kon­trolle und Gewalt betroffen gewesen; das sind um 20 Millionen mehr als im Jahr da­vor. Die Zahl entspricht einem von sieben Christen weltweit. Dieses Jahr ver­zeichnet die höchste Verfolgungsrate seit der Veröffentlichung der ersten Liste vor 29 Jahren.2

Im Berichtszeitraum wurden 5.898 Christen wegen ihres Glaubens ermordet. Das bedeutet eine Zunahme von 1.137 Morden gegenüber dem Vorjahr und einen Anstieg um 24 %. Außerdem wurden 6.175 Gläubige ohne Gerichtsverfahren festgenommen, verurteilt oder inhaftiert sowie 3.829 entführt. Es wurden


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zudem 5.110 Kirchen und andere christliche Gebäude (Schulen, Klöster usw.) ange­griffen und entweiht. Wenn man diese Zahlen zu Tagesdurchschnitten zusam­menrechnet, bedeutet die obige Statistik, dass jeden Tag rund um die Welt mehr als 16 Christen wegen ihres Glaubens ermordet wurden; 27 wurden entweder von nichtchristlichen Behörden rechtswidrig festgenommen und inhaftiert oder von nichtchristlichen Akteuren entführt; und 14 Kirchen wurden zerstört oder entweiht.

Zum ersten Mal seit Veröffentlichung des WVI ist Afghanistan für Christen der ge­fährlichste Ort der Welt. Außerdem wurden zehn weitere Staaten ob der vor­herrschenden „extremen Verfolgung“ in dieser gefährlichsten Kategorie verortet: Nordkorea (#2), Somalia (#3), Libyen (#4), Jemen (#5), Eritrea (#6), Nige­ria (#7), Pakistan (#8), Iran (#9), Indien (#10) und Saudi-Arabien (#11). Es ist eine beunruhigende Entwicklung, dass die Zahl der weltweit verfolgten Christen jährlich ungebrochen zunimmt:

•     2017 wurden 215 Millionen Christen verfolgt.

•     2018 wurden 245 Millionen Christen verfolgt. (+14 %)

•     2019 wurden 260 Millionen Christen verfolgt. (+ 6 %)

•     2020 wurden 340 Millionen Christen verfolgt. (+ 31 %)

•     2021 wurden 360 Millionen Christen verfolgt. (+ 6 %)

Raymond Ibrahim formuliert für das Gatestone Institute eine darauf basierende pointierte Kritik: „Bemerkenswert ist, dass die „extreme Verfolgung“, der Christen in neun dieser 11 schlimmsten Nationen ausgesetzt sind, entweder von islami­scher Unterdrückung herrührt oder in Nationen mit muslimischer Mehrheit stattfin­det. Diese Situation bedeutet, dass 82 % der absolut schlimmsten Verfolgun­gen im Namen des Islam stattfinden. Dieser Trend wirkt sich auf die gesamte Liste aus: Die Verfolgung, die Christen in 39 der 50 Nationen auf der Liste erfahren, kommt entweder von islamischer Unterdrückung her oder tritt in Nationen mit mus­limischer Mehrheit auf. Die überwältigende Mehrheit dieser Nationen wird von


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irgendeiner Form von shari’a (islamisches Recht) regiert. Sie kann entweder direkt von der Regierung oder der Gesellschaft oder häufiger von beiden durchgesetzt werden, obwohl Gesellschaften – Familienmitglieder, die insbesondere über konver­tierte Verwandte empört sind – tendenziell eifriger in ihrer Anwendung sind.“3

Das Ausmaß der Christenverfolgung befindet sich jedoch auch in Westeuropa auf einem Allzeithoch. Laut dem jüngsten Bericht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 16. November 2021 war mindestens ein Viertel aller im Jahr 2020 in Europa registrierten und auf Vorurteilen basierende Ver­brechen gezielt antichristlich motiviert – was einem Anstieg von 70 % im Vergleich bis 2019 entspricht.4

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich sowohl auf EU-, als auch auf bi- und multilateraler Ebene und insbesondere nationaler Ebene gegen die Verfolgung von Christen einzusetzen.“

1     https://www.opendoors.de/sites/default/files/copyright_open_doors_2022_
wvi_bericht_signiert.pdf

2          https://www.opendoors.at/index

3          https://de.gatestoneinstitute.org/18370/christen-weltweit-verfolgt

4          https://hatecrime.osce.org/anti-christian-hate-crime, https://www.intoleranceagainstchristians.eu/publications/top-5-
report-2020#c73

*****



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.


16.04.03

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eingangs darf ich mich für den Antrag der Freiheitlichen Partei bedanken. Es ist gut, wenn die FPÖ die Re­gierungsfraktionen bei solch wichtigen Fragen unterstützt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EU-Kommission hat vor wenigen Tagen den früheren Diplomaten Frans Van Daele zum neuen EU-Sonder­beauftragten für weltweite Religionsfreiheit ernannt. Daran ersehen wir, dass das Thema ein wichtiges ist, nicht nur bei uns im Parlament, sondern euro­pa- und weltweit, weil der Respekt für alle Glaubensrichtungen, der Einsatz für interkulturellen und interreligiösen Dialog ganz, ganz wichtig ist. Das hat auch der Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas anlässlich der Ein­setzung dieses Beauftragten so gesehen.

Mitverantwortlich dafür, dass es diesen Beauftragten gibt, sind auch wir. Wir als Österreichische Volkspartei haben 2014 gemeinsam mit der deutschen CDU, damals mit Fraktionsvorsitzendem Volker Kauder, Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ersucht, eine solche Institution auf Europaebene zu schaffen.

Es ist nach wie vor aktuell, was wir damals in diesem Schreiben an Juncker festgehalten haben. Wir haben gemeint: „Weltweit [...] nehmen Verstöße gegen das Menschenrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit zu. An vielen Orten der Welt wird Religionsfreiheit nicht gewährleistet. Zahlreiche Menschen sehen sich aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit bedrängt oder gar ver­folgt. Brutale Gewalt gegen Gläubige, gegen ihr Eigentum und ihre Gotteshäuser sind immer öfter Gegenstand der Berichterstattung.“


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„Aus unserer Sicht“ – das haben wir damals festgehalten – „ist die Ernennung eines Beauftragten für Religionsfreiheit der Europäischen Kommission ein entscheidender erster Schritt, ein wichtiges Zeichen dafür, dass Europa ins­gesamt diesem Thema in Zukunft noch mehr Beachtung schenken will.“ – Es hat dann zwei Jahre gedauert, am 26.9.2016 wurde dann der ehemalige
EU-Kommissar Ján Figeľ, er ist heute noch in der Politik, als erster Beauf­tragter eingesetzt.

Wir sind auf keinem Auge blind: Ja, es gibt in Europa Islamophobie. Als Glaubensgemeinschaft zu sehen ist natürlich auch die jüdische Gemeinschaft. Antisemitismus ist in der EU im Wachsen, zweifelsohne. Wie gesagt, wir sind auf keinem Auge blind, wir sehen auch, das weltweit Christenverfolgungen zunehmen, dass es Staaten gibt, in denen es unmöglich ist, seinen Glauben auszuüben. Was glauben Sie, was mit einem Christen heutzutage in Afghanistan passieren würde?

Viele Christen sind in Not, und das Tragische ist, dass alle Berichte der UNO ausweisen, dass in fünf von zehn der bevölkerungsreichsten Staaten der Welt Christenverfolgungen stattfinden, teilweise systematisch. 8 Milliarden Menschen leben auf unserem Planeten, davon 1,4 Milliarden in China, 1,2 Milliarden in Indien, 227 Millionen in Pakistan, 220 Millionen in Nigeria, 167 Millionen in Bangladesch. In all diesen so bevölkerungsreichen Staaten werden Christen besonders verfolgt. Nicht nur Christen: Wir wissen auch, wie es den Uiguren in China geht.

Im letzten Jahr wurden 340 Millionen Christen diskriminiert, gefoltert oder wegen ihrer Religionszugehörigkeit inhaftiert. Viele sind getötet worden. Alleine in Nigeria waren es in den letzten zwei Jahren 3 000 Christen, auch Gottes­häuser sind angezündet worden.

Meine Damen und Herren, es ist daher richtig, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen. Syrien wird heute auch noch Thema sein: In Syrien sind ur­alte christliche Kirchen überhaupt von der Auslöschung bedroht. Danke, dass wir


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diesen Antrag diskutieren können. Ich ersuche auch die Bundesregierung, dieses Thema weiter im Auge zu behalten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abge­ordneten der Grünen sowie der Abgeordneten Künsberg Sarre und Brandstätter.)

16.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


16.08.52

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Der vorliegende An­trag der Regierungsparteien betreffend „Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfolgung“ ist begrüßenswert und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

Das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ist ein grundle­gendes Menschenrecht, das stellt die Internationale Menschenrechts­charta sicher. Diese Rechte sind das Kernstück der Charta. Das klare Bekenntnis zu den Menschenrechten ist wichtig, auch für uns hier im Hohen Haus. Vor wenigen Wochen hat es Wortmeldungen aus der ÖVP gegeben, im Rahmen derer man sich für eine Überarbeitung der Europäischen Menschenrechts­konvention ausgesprochen hat. Umso wichtiger ist es, dass hier im Hohen Haus klar Stellung bezogen wird – auch von den Regierungsparteien – und dass das mit diesem Antrag unterstrichen wird.

Die zahlreichen Anträge im Menschenrechtsausschuss zeigen, wie oft eklatante Menschenrechtsverletzungen passieren. Wir dürfen nicht aufhören, für die Einhaltung der Menschenrechte aufzustehen. Die massiven Menschenrechtsver­letzungen im Iran, die fragwürdigen Arbeitsbedingungen in Katar, der Krieg in der Ukraine – nirgends wurde auf die Wahrung der Menschenrechte geachtet, sie sind nirgends selbstverständlich: Sobald es zu Konflikten kommt, ist jede Menschlichkeit vergessen.


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Frauen werden verfolgt, weil sie kein Kopftuch tragen, Menschen müssen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten, weil sie unter Zeitdruck sind oder weil finanzielle Interessen im Vordergrund stehen. Kinder hungern und frieren, weil es nicht genug Essen oder Heizmaterial gibt, und Hunger wird sogar als Kriegswaffe eingesetzt. Es wäre schön, wenn all diese Grausamkeiten endlich überwunden wären, aber die Realität zeigt uns, dass dem leider nicht so ist.

Daher begrüße ich es, dass wir heute hier im Hohen Haus ein klares Zeichen für die Menschenrechte setzen. Die Notwendigkeit der Einhaltung der Men­schenrechte sollte kein Diskussionsthema, sondern eine Selbstverständlichkeit sein. (Beifall bei der SPÖ.)

16.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte sehr.


16.11.18

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Werte Kollegen und Kolleginnen! Besucher auf der Galerie! Ich finde, dass der Antrag natürlich sehr vieles umfasst und gleichzeitig ein Versuch war, zu definieren, welche konkreten Herausforderungen wir haben, wenn es um den Schutz von bestimmten Gruppen geht. In diesem Antrag wird aufgelistet, dass es nicht nur um die Verfolgung, die menschenrechtswidrig ist, jeglicher Minder­heiten gehen muss, sondern im Besonderen um die Verfolgung von beispielsweise Christ:innen und Muslim:innen im Nahen Osten, in Nordafrika sowie in Süd-, Südost- und Zentralasien, oder auch um die systemati­sche Verfolgung und Versklavung von Uiguren in China – immer wieder Thema – oder der Bahai, die zuletzt auch bei uns im Parlament zu Besuch waren, oder auch der Jesiden und Jesidinnen im Irak oder auch in Syrien, genauso wie der Ahmadis, Buddhisten und Hindus. Das heißt, wir haben es in vielen Re­gionen der Welt mit Verfolgung von bestimmten Gruppen zu tun.


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Ich möchte jetzt etwas Aktuelles aufgreifen, was mir natürlich auch große Sorge bereitet, weil es auch eine gewisse Kontinuität hat: In der Region Nordost­syrien gibt es wieder Angriffe, und gerade dort gibt es neben den Kurden und Kurdinnen sehr viele andere Minderheiten, beispielsweise natürlich auch assyrische Christen, aber vor allem Jesiden und Turkmenen. Dort sind diese Menschen diesen Angriffen nicht nur zum Teil wieder direkt ausgesetzt, sondern sie stehen vor der Herausforderung, in der Region überhaupt überleben zu können. Das heißt, sie überlegen sich auch dort wieder, sich aus dieser Region und von ihrem Zuhause auf den Weg zu machen, weil es dort für sie eben aufgrund der Aggression, aufgrund von Beschuss der zivilen Infrastruktur oder auch aufgrund von Hinrichtungen, Beschlagnahmungen, Plünderungen kein sicheres Leben mehr gibt.

Ich bitte Sie hier im Hohen Haus ausdrücklich darum, heute diese Minderheiten in dieser bestimmten Region nicht zu vergessen, weil wir es da dezidiert auch mit Angriffen von einem Staat zu tun haben, der nicht nur Nato-Mitglied ist, son­dern mit dem wir auf anderen Ebenen kooperieren. Diese Kooperation müs­sen wir auch nutzen, um – konkret Präsident Erdoğan – ganz klar zu sagen: Das, was in dieser Region passiert, das, was mit den Minderheiten dort passiert, unter sozusagen seinem Appell und Angriff, ist untragbar, und auch hier werden wir nicht aufhören, das zu kritisieren, bis diese Angriffe aufhören. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Steinacker und Brandstätter.)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kugler. – Bitte.


16.14.24

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Am 10. Dezember jährte sich die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Damals war diese Verab­schiedung ein ganz großer Schritt, nicht umsonst hat man gesagt: „A world made new“.


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Menschenrechte schützen sich aber nicht von selbst. Wenn wir auf die unterschiedlichen Problemherde in den unterschiedlichen Ländern blicken, dann sehen wir auch, warum das so ist, insbesondere wenn wir die ethnischen, die kulturellen und die religiösen Minderheiten und, ja, die Situation von verfolg­ten Christen in so vielen unterschiedlichen Ländern ansehen.

Österreich kann nicht all diese Probleme lösen, keine Frage, aber Öster­reich kann im Miteinander der Staaten einen Beitrag leisten. Ich kann Ihnen Bei­spiele nennen, wo das bereits gelungen ist: Wir haben im Herbst einiges zum Thema Uiguren gemacht. Wir haben Uigurenvertreter hier im Haus gehabt, und kürzlich hat mir ein österreichischer Diplomat gesagt, dass sich die Situation der Uiguren bereits gebessert hat – noch nicht entschärft, aber gebes­sert –, weil China mit dem internationalen Druck auf diese Weise nicht um­gehen kann und möchte. Er hat sich bei mir für das Engagement des österreichi­schen Parlaments bedankt. – Das ist doch zumindest ein erster Schritt. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

Wir haben heute auch schon gehört, dass der EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit wieder eingesetzt worden ist – auch dafür hat sich Österreich engagiert. Das sind so kleine Dinge, die noch nicht alles lösen, die aber wich­tige Bausteine sind.

Es gibt leider auch weniger gute Nachrichten, und diesbezüglich möchte ich Nicaragua erwähnen. Seit dem 19. August ist ein katholischer Bischof dort in Arrest, weil er angeblich die politische Situation in Nicaragua destabilisieren wollte. Zuvor hatte die Regierung den Nuntius ausgewiesen, 18 Mutter-Teresa-Schwestern des Landes verwiesen, katholische Radiosender und Fernseh­programme verboten, zahlreiche Einschüchterungsversuche in Pfarren unter­nommen und auch die traditionellen Prozessionen, insbesondere die der Erzdiözese Managua, verboten. – Das ist der Jetztstand in Nicaragua.

Nigeria wurde heute schon erwähnt. Man sagt, dass es das Land mit den meisten Morden an Christen ist. Dort ist auch sehr ersichtlich, dass religiöse Verfol­gung geschlechtsspezifische Aspekte hat, die man auch berücksichtigen sollte.


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Wir sehen, dass Organisationen wie Boko Haram oder der sogenannte Islamische Staat in Nigeria Männer ermordet, aber Frauen vergewaltigt, ver­schleppt, zwangsverheiratet.

Wir haben, um auf solche Situationen weltweit hinzuweisen, am 16. und 17. November das österreichische Parlament rot beleuchtet – am Red Wednesday –, und ich möchte dem Herrn Präsidenten für diese Aktion ganz herzlich Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die österreichische Bundesregierung hat zahlreiche Aktivitäten gesetzt, um in diesen unterschiedlichen Konfliktherden Abhilfe zu schaffen. Viele andere wurden heute schon erwähnt: Die Bahai wurden erwähnt, aber auch Afghanis­tan – dort muss man ganz besonders hinschauen, da bräuchte man eine eigene Sitzung. Wir haben hier aber schon einen Antrag eingebracht und auch schon diskutiert – diese Themen bleiben aktuell.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Menschenrechte schützen sich nicht selbst, Österreich kann beitragen, auf EU-Ebene, bilateral und multilateral. Ich kann Ihnen garantieren: Wir bleiben dran! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Oberrauner. – Bitte sehr.


16.18.45

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zu­seher auf der Galerie und auch zu Hause! Weltweit schüren Regierungen, und zwar nicht nur autoritäre, leider auch demokratische, aus unterschiedlichs­ten Gründen gerne Vorbehalte der Mehrheitsbevölkerung gegen Minderheiten. Eine Politik aber, die auf der Verletzung der Rechte von Minderheiten be-


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ruht, stellt nicht nur eine Menschenrechtsverletzung gegen Einzelne oder Grup­pen dar, sondern sie führt auch zur Diskriminierung und Bekämpfung von Minderheiten und zu einer Gesellschaft, die zusätzlich soziale und politische In­stabilität bringt, zu Armut führt und den Verfall demokratischer und rechtsstaatlicher Verfahren in den betroffenen Ländern riskiert.

Das Europäische Parlament hat in seinem Bericht vom 3. Mai 2022 zur Verfolgung von Minderheiten aus Gründen der Weltanschauung oder Religion zudem darauf hingewiesen, dass auch in diesem Zusammenhang – das ist besonders bedauernswert – Frauen und Mädchen in besonderer Gefahr sind, etwa durch Entführungen, Vergewaltigungen, Zwangssterilisierungen, Geni­talverstümmelungen, Zwangs- und Frühverheiratungen.

Wir unterstützen daher den vorliegenden Antrag der Regierung, der dazu auffordert, sich auf internationaler Ebene gegen die Verfolgung aller ethnischen, kulturellen und religiösen Minderheiten einzusetzen.

Ich möchte aber zwei kritische Anmerkungen machen: Am besten gelingt dieser Schutz durch ein starkes internationales Völkerrecht, in dem die Menschen­rechte stark abgesichert sind und nicht infrage gestellt werden. Auch Österreichs Eintreten für Menschenrechte ist dann am effektivsten, wenn die Regierung in ihren Anliegen glaubwürdig ist und nicht den Eindruck erweckt, selber fest ver­ankerte Menschenrechte infrage zu stellen, wenn sie meint, innenpolitisch davon profitieren zu können.

Zweitens hätte der Wirtschaftsminister am 1. Dezember ein starkes Zeichen zur Stärkung der Menschenrechte setzen können, indem er sich nicht enthalten, sondern für das EU-Lieferkettengesetz gestimmt hätte, das ja das Ziel verfolgt, Unternehmen und Konzerne bei der Einhaltung von Menschenrechten in ihrer Lieferkette stärker in die Pflicht zu nehmen und damit auch den Druck auf Länder wie zum Beispiel China zu erhöhen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist lei­der nicht passiert.


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Anträge sind gut, aber ihre Inhalte sollten auch in der Haltung der Persön­lichkeiten, die dafür zuständig sind, gelebt werden und auch für die an­deren sichtbar sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr ge­meldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

16.21.46

Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 bis 14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Können wir abstimmen? – Gut.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1853 der Beilagen angeschlossene Entschlie­ßung betreffend „der Verhinderung von Hunger und Mangel als Kriegswaffe gegen die Zivilbevölkerung“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen. (290/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1854 der Beilagen angeschlossene Entschlie­ßung betreffend „die eklatanten Menschenrechtsverletzungen insbesondere gegenüber Frauen im Iran“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (291/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1856 der Beilagen angeschlossene Entschlie­ßung betreffend „Druck auf den Iran aufrechterhalten“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (292/E)


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Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Abstimmung über die dem Aus­schussbericht 1855 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „den Schutz ethnischer, kultureller und religiöser Minderheiten vor Verfolgung“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit ange­nommen. (293/E)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auf­treten gegen Christenverfolgung“.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, um ein dementsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (294/E)

16.23.1715. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-770/1766 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 15. Tagesordnungs­punkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


16.23.42

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Wir diskutieren jetzt den Außen- und Europapolitischen Bericht des Jahres 2021. Ich werde jetzt weniger auf diesen eingehen, aus einem einfachen Grund: weil natürlich die Themen, die im Außenpolitischen Be­richt 2021 von Relevanz sind, auch in das Jahr 2022, in die Zukunft ausstrahlen und ich mich auf ein spezielles Thema – es wird jetzt nicht verwunderlich sein, welches das sein wird – fokussieren möchte, nämlich das Sanktionsregime aus Anlass des Krieges zwischen Russland und der Ukraine.


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Einleitend möchte ich auf etwas eingehen, was Sie sicher sehr gut kennen, nämlich das im November 2022 präsentierte „Handbuch Außenpolitik Österreichs“, ein 791 Seiten dickes Werk, vorgestellt auf der Diplomatischen Akademie. Da sind mir ein paar interessante Zitate aufgefallen, insbe­sondere jenes, dass die österreichische Außenpolitik – das steht sogar in dem Handbuch selbst – nicht von einer Gesamtstrategie geleitet ist: Öster­reich verfügt „über kein grundlegendes Strategiedokument, das sich mit der Priorisierung von Interessen und Zielen, mit der Evaluation von Heraus­forderungen und Möglichkeiten sowie mit der Gestaltung von Maßnahmen für die gesamte Außenpolitik befasst“.

Es gibt also keine Gesamtstrategie, die sich damit befasst, Interessen zu ver­treten. Nach unserem Selbstverständnis ist Außenpolitik prioritär Inter­essenpolitik: Verteidigung auf allen Ebenen, Verteidigung oder Wahrung der Interessen der österreichischen Bevölkerung, Wirtschaft et cetera. Da herrscht offensichtlich ein Mangel an Strategie.

Ich glaube aber schon, dass das Ganze nicht völlig strategielos ist. Wenn ich Sie bei Ihrem Antrittsstatement richtig verstanden habe – bitte korrigieren Sie mich, wenn ich das jetzt gänzlich falsch wiedergebe! –, fußt Ihre Außenpolitik auf drei Säulen, nämlich der ersten Säule – unbedingtes Bekenntnis zum trans­atlantischen Bündnis –, der zweiten Säule – Kampf für die Umsetzung der Men­schenrechte – und der dritten Säule – Kampf gegen jede Form des Antisemi­tismus. Ich denke, ich habe das inhaltlich doch einigermaßen erfasst.

Ich möchte feststellen, dass Sie es bei dem unbedingten Bekenntnis zum transatlantischen Bündnis aus unserer Sicht etwas übertreiben. Jeder von uns Freiheitlichen mag die USA, die Republikaner vielleicht etwas mehr als die Demokraten. Grundsätzlich mag die Freiheitliche Partei, mag jeder Freiheitliche die Vereinigten Staaten von Amerika. Noch viel mehr mögen wir allerdings Europa, und am meisten mögen wir die Republik Österreich. Da gibt es mögli­cherweise Zielkonflikte, und darauf möchte ich jetzt aus Anlass der Sank­tionspolitik eingehen.


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Das ist ja das, was Sie machen: Sie beteiligen sich unter Missachtung der verfas­sungsrechtlich vorgegebenen Neutralität der Republik Österreich mit Ih­rem Sanktionsregime ganz intensiv und einseitig an diesem Wirtschaftskrieg. Sie beteiligen sich massiv an den Milliardenzahlungen. 18 Milliarden Euro sind jetzt wieder beschlossen worden – offensichtlich hat man jetzt die Ungarn auch in die Knie gezwungen, dass sie diesem Paket zustimmen. Sie erzählen uns, dass damit in keinster Weise etwa militärisches Gerät oder Ähnliches finanziert wird. Da müssen Sie es schon uns überlassen, ob wir Ihnen das glauben oder nicht. Sie erzählen uns auch, dass die Ausbildungsmissionen in der Ukraine für das Militär, die wir als Republik auch mit 3 Millionen Euro sponsern, mit der Neutralität vereinbar sind. Das sind sie nicht!

Die „Highlights“ – unter Anführungszeichen –, die negativen Highlights dieser wirtschaftlichen Sanktionen sind das Ölembargo, wirksam mit 5. Dezember, und das Dieselembargo, wirksam mit 5. Februar 2023; da wird es dann wahr­scheinlich ganz finster werden.

Der Herr Bundeskanzler erzählt uns, dass unsere Abhängigkeit von russischem Öl und fossilen Brennstoffen von 80 auf 20 Prozent gesenkt wurde. Da sagt der scheidende Generaldirektor der Energie AG in Oberösterreich, Werner Steinecker, etwas ganz anderes. Jetzt bleibt es einem unbenommen, wem man da eher glaubt – ich glaube dem Experten eher. Er sagt, die Senkung auf 20 Prozent stimmt so nicht, es sind bestenfalls 40 bis 50 Prozent. Wa­rum? – Weil da Etikettenschwindel betrieben wird. Über andere Länder werden Öl und Gas nach Europa transferiert, über die Türkei, Indien und so weiter – und dann ist es schon kein russisches Gas mehr. Selbstverständlich ist es russi­sches Gas! Sie belügen sich da in Wahrheit selbst. Das wäre noch nicht so dramatisch, aber gegenüber der Bevölkerung sollten Sie schon bei der Wahrheit bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Und dann wundern Sie sich, dass Russland Gegenreaktionen macht – na ja, selbstverständlich! –, die im Übrigen eh noch sehr harmlos ausfallen, und wundern sich, dass der Gaspreis durch die Decke geht, weil Sie nicht in der


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Lage sind, da etwas zustande zu bringen. Wenn ich „Sie“ sage, meine ich Sie als Außenminister, aber selbstverständlich auch den letztverantwortlichen Bundeskanzler Nehammer, weil die Außenpolitik ja – das steht auch im „Handbuch Außenpolitik Österreichs“ und wird in diesem auch kritisiert – nicht nur vom Außenministerium gemacht wird, sondern von verschiedenen Minis­terien, in letzter Zeit sehr vermehrt auch vom Klimaministerium. Selbstverständlich liegt die Letztverantwortung beim Bundeskanzler.

Sie schaffen es seit einem halben Jahr nicht, diese Entkoppelung von Gas- und Strommarkt – Stichwort Meritorder – zustande zu bringen, verweisen immer darauf, die Kommission wird im Jänner einen Vorschlag machen. Das bringt uns alles nichts: Die Gaspreise explodieren.

An die Grünen sei vielleicht ein Nebensatz gerichtet: Bitte hören Sie auf mit Ihrer Geschichte, dass es möglich sei, Kohle, Öl, Gas – die fossilen Brennstoffe –
kurz-, mittel- oder gar langfristig durch Erneuerbare zu ersetzen, wenn Sie mei­nen, das mit Wind und PV mit Masse zu schaffen – mit der Wasserkraft haben Sie ja ein Problem, weil Sie Wasserkraftwerke verhindern, siehe Graz, siehe Schwarze Sulm, siehe was auch immer. Das ist ganz schwierig.

Ich will jetzt nicht wie Kollege Hauser ein Taferl herzeigen, sondern ich werde Ihnen ein paar Zahlen sagen: Bruttoinlandsverbrauch - - (Abg. Stögmül­ler: ... Redeminuten ...!) – Bitte? (Abg. Stögmüller: Solange die Redeminuten hinun­terrasseln, ist alles okay!) – Ja, machen Sie sich bitte keine Sorgen über un­sere Redeminuten!

Inlandsenergieverbrauch: ungefähr 400 Terawattstunden. Wie viel Prozent da­von werden von Ihren Windrädern und Fotovoltaikanlagen abgedeckt? – 1,7 und 0,7 Prozent. Selbst wenn Sie das verdreifachen – dann müssten Sie aber ganz Österreich mit Windrädern und Fotovoltaikanlagen zupflastern – sind wir bei 5 Prozent. Kohle: 8 Prozent, Öl: 35 Prozent, Gas: 22 Prozent. Erzählen Sie uns bitte nicht, Sie können das mit Erneuerbaren kompensieren! Hören Sie auf mit dieser Geschichte! (Beifall bei der FPÖ.)


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Da aber Kollege Stögmüller sich schon um unsere Redezeit Sorgen macht, komme ich zum Schluss: Wie gesagt ist für uns Freiheitliche Außen­politik zuallererst Interessenpolitik – Interessenspolitik für unsere Menschen, für unsere Bevölkerung, für unsere Wirtschaft, für unsere Industrie. Was ich hier (in Richtung Regierungsbank weisend) sehe: Ich sehe keinen Bundeskanzler und ich sehe auch keinen Außenminister, der eine Außenpolitik im prio­ritären Interesse der Republik Österreich, seiner Bürger, seiner Industrie und seiner Wirtschaft macht.

Was ich in vielen Bereichen sehe, nämlich im Sanktionsregime, im Migrations­bereich, in Ihrer Migrationspolitik, in Ihrer Klimapolitik, in Ihrer Erweite­rungspolitik – bei der Sie nun sagen, wir nehmen jetzt den ganzen Balkan und die Ukraine auf und so weiter; das wird sich am Ende so nicht ausgehen –, ist eine Außenpolitik, die eben nicht diese Interessen vertritt, die aus unserer Sicht verkehrt ist, die falsch ist und die auf die Österreicher vergisst und die Österreicher ökonomisch und sozial im Regen stehen lässt. (Beifall bei der FPÖ.)

16.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopat­ka. – Bitte.


16.32.39

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der ausführlichen philo­sophischen Abhandlung von Kollegen Kassegger, wen die FPÖ in welchem Aus­maß mag, und seiner Behauptung, dass wir die Interessen Österreichs nicht bestmöglich vertreten würden, sage ich Ihnen eines: Wir dürfen Österreich nie erpressbar machen; das ist im Interesse Österreichs. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Wären wir weiterhin vom russischen Gas so abhängig, wie wir es waren – und das war in der Vergangenheit gut, weil wir uns auf Russland verlassen konn-


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ten –, wäre das der Fall. Wir haben aber seit Februar eine neue Zeitrech­nung, nur Sie haben das noch nicht verstanden. (Abg. Kassegger: Ich habe das sehr wohl verstanden!)

Wir leben in einer neuen Welt! Der dunkle Schatten von Russland liegt auch auf der europäischen Politik und auf unserer Außenpolitik. (Abg. Schnedlitz: Wir ... erpressbar von den Amerikanern!) – Na, haben die Ukrainer den Krieg be­gonnen? Sie haben noch immer nicht kapiert, dass es da nur einen Schul­digen gibt, der den Krieg begonnen hat! Das ist ein Angriffskrieg von Russland (Abg. Kassegger: ... Wehrschütz!), auch wenn die Freiheitliche Partei das bis heute nicht verstehen will. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: Der Kol­lege Wehrschütz sieht das ein bisschen anders!)

Ja, Sie können gerne so (mit der Hand vor seiner Stirn kreisend) deuten. Wollen Sie sagen, dass die Ukraine diesen Krieg verursacht hat? (Abg. Kassegger: Re­den wir mit Wehrschütz darüber! Reden wir einmal mit dem Kollegen Wehrschütz darü­ber! – Abg. Steger: Das sagt kein Mensch!)

Manchmal ist es beim besten Willen wirklich schwer, Sie verstehen zu können. Jetzt verstehe ich Sie zum Beispiel überhaupt nicht, wie Sie sich nach wie vor so aufregen können, wenn hier jemand die Behauptung aufstellt, dass das ein Angriffskrieg von Russland war. Das war eine Invasion von Russland (Zwischenruf der Abg. Steger), meine Damen und Herren, das ist das Problem.

Und Österreich wäre, wenn wir da nichts im Interesse von Österreich gemacht hätten (Abg. Kassegger: Was wäre dann?), erpressbar geworden (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz), und zwar erpressbar von Russland. (Abg. Kassegger: Und das sind wir jetzt nicht?) – Na, selbstverständlich! Wenn man eine 80-prozentige Abhängigkeit bei Gas hat (Abg. Kassegger: Und das haben wir jetzt nicht?), dann ist man erpressbar. Selbst dass wir jetzt noch bei 20 Prozent liegen, ist nicht gut, aber da ist enorm viel im Interesse der Menschen, die in Österreich leben, erreicht worden (Abg. Kassegger: Wo? Erzählen Sie das dem, der das Fünffa­che an Gasrechnung zahlt! Erzählen Sie das dem! Im Interesse der Menschen? Wovon


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reden Sie?), und darauf ist unsere Außenpolitik im Gesamten ausgerichtet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, aber zurück zum Bericht selbst, dieser ist ja jetzt das Thema bei diesem Tagesordnungspunkt. Dieser Bericht zeigt, dass die Europäische Union Gott sei Dank schon früher erkannt hat, dass wir Aufholbe­darf haben, wenn ich das so nennen darf, was unsere Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betrifft. Da haben wir tatsächlich einiges verabsäumt, weil wir nach 1989 vielleicht der irrigen Annahme waren, dass wir der Verteidi­gungspolitik nicht jenes Augenmerk, das aber notwendig ist, schenken müssen.

Dieser Bericht zeigt auf, dass die Europäische Union 2021 schon mit den richtigen Schritten begonnen hat, einerseits was die budgetäre Ausstattung be­trifft – ja, das ist mit Kosten verbunden –, mit dieser Europäischen Frie­densfazilität, die geschaffen worden ist, andererseits aber auch mit dieser Struk­turierten Zusammenarbeit. Da darf ich auch eines sagen: Österreich – selbst­verständlich militärisch neutral, aber politisch immer ganz klar im freien Westen beheimatet – beteiligt sich da sehr aktiv. Es ist wichtig, dass wir da mit da­bei sind, dass wir da mitmachen, wenn es auch für unsere Menschen um den Schutz im atomaren Bereich geht, wenn es um biologische, wenn es um chemische Waffen geht. Ich finde es sehr, sehr gut, dass Österreich da so en­gagiert ist.

Warum? – Die EU ist von Krisenherden umgeben. Ja, ich habe von diesem dunklen Schatten des Ukrainekrieges, der zweifelsohne anderes zu­deckt, gesprochen, aber wir werden heute noch über Armenien und Aser­baidschan diskutieren, wo es noch nicht lange her ist, dass Tausende Menschen in kriegerischen Auseinandersetzungen gestorben sind. Die Türkei nützt die­se Situation auch, um verstärkt Angriffe – insbesondere gegen die Kur­den in Syrien – zu starten, ja, die Türkei droht als Nato-Mitglied immer wieder auch dem Nato-Staat Griechenland, und das müssen wir sehen. In Nord­afrika, in Libyen kommt es immer wieder zu tödlichen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Milizen.


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Wir haben vorhin schon die Situation im Iran diskutiert. Die Situation dort ist furchtbar, und das Furchtbarste, das einem Menschen passieren kann, ist, dass er an einer Demonstration teilnimmt und dafür mit dem Tod bestraft wird. Da müssen wir aufschreien. Es ist daher positiv, dass alle Fraktionen diesen Entschließungsantrag unterstützen, den ich im Namen der Abgeordneten Reimon, Leichtfried, Kassegger, Brandstätter, Dziedzic und mir einbringen darf.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Mag. Jörg Leichtfried, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eintreten gegen die Todesstrafe im Zusammenhang mit den Protesten im Iran“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht, bilateral und gemeinsam im Verbund mit den EU Partnern gegenüber dem Iran weiterhin für einen gewalt­freien Umgang mit den Demonstrantinnen und Demonstranten einzutre­ten, sowie sich dafür einzusetzen, dass Hinrichtungen im Zusammenhang mit den Protesten im Iran gestoppt und bestehende Todesurteile für nichtig erklärt werden. Des Weiteren wird der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ersucht, sich weiterhin für die Abschaf­fung der Todesstrafe im Iran und weltweit einzusetzen.“

*****

Meine Damen und Herren, das ist ein Aufschrei von uns. Mehr können wir hier nicht machen. Ich hoffe, dass durch Europa und weltweit der Druck auf das Regime im Iran entsprechend erhöht wird.

Zurück zum Außen- und Europapolitischen Bericht: Er wird seit 1975 hier vor­gelegt und ist immer ein umfassender Nachweis für die vielfältigen Leis­tungen des Ressorts. Dafür ist der Ressortführung zu danken, aber auch allen


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unseren Vertretungen weltweit. Österreich ist gut vertreten. Die Interes­sen Österreichs werden durch das Außenministerium ganz, ganz stark vertre­ten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordnetem Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Mag. Jörg Leichtfried, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Eintreten gegen die Todesstrafe im Zusammenhang mit den Protesten im Iran

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 15/Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021 der Bundesre­gierung (III-770/1766 d.B.)

Das Regime im Iran versucht seit Monaten, die anhaltenden Proteste, ausgelöst durch den Tod der erst 22-jährigen Masha Amini im September 2022, mit allen Mitteln zu unterdrücken. Neben Verhaftungen von zahlreichen Demonstrantinnen und Demonstranten wurde am 8. Dezember 2022 auch erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Iran vollstreckt. Diese Hin­richtung wurde in Europa und weltweit scharf kritisiert. Mittlerweile ist es am 12. De­zember 2022 zu einer weiteren Hinrichtung eines Demonstranten im Zusam­menhang mit den regierungskritischen Protesten gekommen. Diese Entwicklung und der Umgang der iranischen Behörden mit den Protestierenden ist schockierend und inakzeptabel. Offensichtlich setzt das iranische Regime darauf, dass Hinrichtungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Protesten abschrecken­de Wirkung haben könnten. Angesichts der Festnahme und Anklage Tausender Menschen im Iran ist zu befürchten, dass künftig weitere Menschen in Verbindung mit den Massenprotesten von der Todesstrafe betroffen sein könnten.


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Obwohl der Iran als VN-Mitglied die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte formell anerkannt und den Internationalen Pakt über bürgerliche und poli­tische Rechte ratifiziert hat, befindet sich der Iran bedauerlicherweise unter jenen fünf Staaten weltweit, welche die Todesstrafe am häufigsten anwenden. Die Todesstrafe als unmenschliche und nicht rechtfertigbare Form der Strafvollstreckung stellt eine massive Verletzung der Menschenwürde dar, verstößt gegen das Recht auf Leben und ist mit den grundlegenden Menschenrechten unvereinbar. Die unterfertigten Abgeordneten lehnen die Todesstrafe unter allen Umständen ab und werden sich weiterhin intensiv für eine universelle Abschaffung der Todesstrafe einsetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht, bilateral und gemeinsam im Verbund mit den EU Partnern gegenüber dem Iran weiterhin für einen gewaltfreien Um­gang mit den Demonstrantinnen und Demonstranten einzutreten, sowie sich dafür einzusetzen, dass Hinrichtungen im Zusammenhang mit den Protesten im Iran gestoppt und bestehende Todesurteile für nichtig erklärt werden. Des Weiteren wird der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ersucht, sich weiterhin für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran und weltweit einzusetzen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ord­nungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte, bei Ihnen steht das Wort.



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16.39.21

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich möchte mich im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes nur kurz mit der eigenartigen Doppelstrategie unseres Landes im Umgang mit unse­rem Nachbarland Ungarn auseinandersetzen: Auf der einen Seite wird Bundes­kanzler Nehammer nicht müde, auf die neuen Kooperationen mit Ungarn hinzuweisen, auf der anderen Seite machen wir beim Kanon des EU-Establish­ments auf der europäischen Ebene komplett mit. Wir sind bei allen Sank­tionen gegen Ungarn dabei. Ich verstehe nicht, warum man eine traditionelle Freundschaft mit unserem Nachbarland, mit dem wir wirklich eine ge­meinsame Geschichte haben, genau über diese Ebene so nachhaltig zerstört.

Wenn wir uns genau anschauen, was da gerade mit Ungarn passiert, dann sehen wir, dass es doch genau das ist, was auch Sie, Herr Bundesminister, im­mer wieder im außenpolitischen Kontext kritisieren: Es ist doch eine Einmi­schung von außen in innere Angelegenheiten. Das ist doch das, was die Europäische Union in Ungarn gerade macht, weil es dort eben einen mit überwältigender Mehrheit gewählten Ministerpräsidenten gibt, der nicht den Interessen der Europäischen Union folgt, sondern in erster Linie seine Landsleute in den Fokus seiner Politik stellt. Ich denke, gerade das ist auch die Verpflichtung von im Land gewählten Politikern – und nicht, dem
EU-Establishment alles nachzuhopsen. Wenn man sich anschaut, mit welchem Zynismus das gerade gemacht wird und welchen Zynismus auch die sozialdemokratische Vizepräsidentin des Parlaments an den Tag legt, dann sieht man ja, was das Ziel dahinter ist, denn sie wird nicht müde, zu erzählen, dass die Ungarn dieses Geld – diese 7,5 Milliarden Euro, von denen sie jetzt ei­nen kleinen Teil bekommen – ja wirklich brauchen.

Wenn wir, Herr Bundesminister, einen Blick über die Grenze machen, dann se­hen wir, dass wir in Ungarn gerade bei den Lebensmitteln Teuerungsraten im Bereich von 20 Prozent haben, dann sehen wir, dass die Währung dort ganz massiv unter Druck geraten ist, nicht zuletzt auch deswegen, weil es ganz


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massive Währungsspekulationen gegen den Forint gibt. Auch die Zinsentwick­lung ist dort natürlich entsprechend alarmierend. Das heißt also, um dem Willen der Europäischen Union zu entsprechen, spielt man mit dem Schicksal eines EU-Mitgliedslandes. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann doch wohl nicht Sinn und Zweck des europäischen Miteinanders sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gleiche spielt man jetzt übrigens auch in Polen, das gleiche Spiel kann man auch dort betrachten. Dort läuft es ein bissl anders. Den Polen hat man seitens der Europäischen Kommission versprochen, dass, wenn sie alles mittra­gen und mitbefeuern, was im Zusammenhang mit dem Ukrainekonflikt pas­siert, dieser Rechtsstaatlichkeitsmechanismus natürlich auch nicht auf Polen an­gewandt wird. Sie haben alles mitgemacht, was man ihnen sozusagen aufoktroyiert hat, zum Schluss haben sie ihr Geld trotzdem nicht bekommen. Warum? – Auch da ist man draufgekommen, dass in Polen nächstes Jahr Parlamentswahlen anstehen, man eigentlich dort die PiS-Partei nicht mehr haben möchte und man vor allem auch einen in der Europäischen Union auf Lager hat, den man dort eh schon jahrelang zwischenversorgt hat: Herrn Tusk.

Da ist auch interessant zu wissen, dass es offensichtlich auch ein Übereinkom­men gibt, dass Herr Tusk mit den Geldkoffern aus Brüssel in Polen landen darf. Da versucht man nichts anderes seitens der Kommission, als auch dort eine gewählte Regierung wegzuputschen. Herr Bundesminister – noch einmal –, mich würde interessieren, wie Sie in diesen Zusammenhängen bei Ungarn und Polen die Einmischung von außen sehen, die Sie in vielen anderen Berei­chen teilweise auch zu Recht kritisieren.

Wenn man sich diesen Rechtsstaatlichkeitsmechanismus anschaut und ins­besondere auch, worauf der zum Beispiel in Ungarn abzielt, dann sieht man, dass es eine nicht funktionierende oder eine schlecht funktionierende Justiz, die Bestechlichkeit und die Einflussnahme auf die Medien sind. Ich möchte Sie übri­gens darauf aufmerksam machen, dass der EU-Beitrittskandidat Ukraine in den letzten Tagen ein Mediengesetz sondergleichen verabschiedet hat, in dem


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es wirklich nur um massive Zensur geht. Da hat man übrigens gesagt, man möchte mit der Europäischen Union gleichziehen. Das gehört auch einmal separat diskutiert.

Dieser Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, der da zur Anwendung kommt, ist ja doch nichts anderes als ein Gummiparagraf, den man dazu verwendet, um in den entsprechenden Ländern Einfluss zu nehmen.

Wenn Ihnen diese Beispiele noch immer nicht reichen und da Kollege Lopatka gerade vorhin gesprochen hat – ich weiß nicht, wo er jetzt gerade ist –, dann muss man doch zumindest als Österreicher, als gelernter Österreicher auf das Jahr 2000 zurückblicken. Damals hat man doch nichts anderes gemacht. Zumindest die ÖVP sollte wissen, was damals über die Sozialistische Internationale passiert ist. Da hat es massive Nestbeschmutzung gege­ben. Da mussten wir dann nachweisen, dass bei uns alles in Ordnung ist, dass wir jetzt nicht irgendeine rechtsradikale Regierung oder sonst irgendetwas ha­ben. Wir hatten die drei Weisen im Land, auch wir sind sanktioniert worden, wir sind international geschnitten worden. Das ist doch alles noch nicht so lange her, daran muss man sich ja erinnern können. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Wie gesagt, ich finde es schwach, dass die österreichische Außenpolitik mit einem Österreich historisch langjährig verbundenen Nachbarn so umgeht, dass wir keine klare Kante zeigen, wie wir es in vielen oder in manchen anderen Bereichen zumindest dann tun, wenn es für die ÖVP politisch opportun ist.

Ich bin der Ansicht, wir sollten als zumindest derzeit stärkerer Nachbar auf jeden Fall Partei für die Ungarn ergreifen, wir sollten diesem Spiel ein Ende berei­ten, und – noch einmal – wir sollten ganz gezielt darauf hinweisen, dass es nicht die Aufgabe der Europäischen Kommission sein kann, in die innenpolitischen Fragen anderer Länder nur deshalb einzugreifen, weil einem halt da oder dort ein politisches System oder eine politische Entwicklung nicht gefällt. (Beifall bei der FPÖ.)

16.44



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.


16.44.51

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Herr Außenminister! Die Politik der Türkischen Republik macht uns in vielerlei Hinsicht Sorgen, große Sorgen. Ich denke jetzt nur zum Bei­spiel an die nach wie vor sehr massive Gewalt gegen Frauen, die sym­bolisch dann noch darin gegipfelt hat, dass die Türkei oder – genau genommen – der Präsident der Türkei die Istanbulkonvention verlassen hat. Ich denke daran, dass die Türkei sich nach wie vor konsequent weigert, wirklich wichti­ge Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte umzusetzen. Ich denke daran, dass das türkische Parlament jetzt vor Kurzem, im Oktober, ein Falschnachrichtengesetz beschlossen hat, das befürchten lässt, dass noch mehr Leute aufgrund ihrer Gesinnung, aufgrund dessen, was sie sagen oder schrei­ben, verhaftet und eingesperrt werden sollen.

Gestern gab es wieder einen ganz speziellen Anlass, der Sorge bereitet, nämlich die Verhaftung – ein willkürlich motiviertes Vorgehen! – des Istanbuler Bür­germeisters Ekrem İmamoğlu. Er ist nicht der Einzige, dem das passiert ist. Etwa 50 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor allem im Osten der Türkei sind abgesetzt und durch Regierungskommissäre, die AKP-nahe sind, ersetzt worden, teilweise sind sie inhaftiert. Es ist ganz klar, dass da rechtsstaatli­che Grenzen überschritten worden sind und hinter all diesen Fällen wirklich ein politisch motiviertes Vorgehen steckt.

Der amtierende Istanbuler Oberbürgermeister ist zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt, weil er die Wahlkommission im Jahr 2019 beleidigt haben soll. Es liegt natürlich auf der Hand, dass er als potenzieller Gegenkandidat zu Erdoğan bei den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr ei­ner ist, der da politisch verräumt werden soll, der auch mit einem Politikver­bot belegt werden soll.


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Ich stelle gemeinsam mit Herrn Kollegen Brandstätter daher folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „politisch willkürlich motiviertes Vorgehen ge­gen den Istanbuler Bürgermeister Imamoglu“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, sich umgehend auf bilateraler Ebene gegen das politisch willkürliche Vorgehen gegen den demokratisch gewählten Istanbuler Oberbürgermeister Imamoglu und dessen drohende Ver­haftung auszusprechen und sich nachdrücklich für die Einhaltung der Men­schenrechte, der Meinungsfreiheit und rechtsstaatlicher Prinzipien in der Türkei einzusetzen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten aufgefor­dert, alle Fälle von willkürlich inhaftierten Menschenrechtsverteidiger*in­nen, Anwält*innen, Journalist*innen, Politiker*innen und Akademiker*innen wei­terhin gegenüber der Türkei zur Sprache zu bringen und sich für deren Frei­lassung und Rehabilitation einzusetzen.“

*****

(Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Ich finde es – was ich aus den Vorgesprächen weiß – bedauerlich, dass die Regierungsparteien diesem Antrag nicht zustimmen, weil das Außenministerium die Politik verfolgt, dass man über Einzelfälle nicht sprechen mag.

Ich glaube, es ist wichtig, über Einzelfälle zu sprechen, abgesehen davon, dass der Antrag ja alle inhaftierten Menschenrechtsverteidiger:innen, Anwält:in­nen, Politiker:innen et cetera mitmeint. Ich hoffe sehr, dass auch das


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Außenministerium dann, wenn es um den Einsatz für die Rechte, die Grund­rechte von Menschen anderswo geht – es kann nicht ausschlaggebend sein, ob die vielleicht für die richtige oder für die falsche Partei tätig sind, wie im Falle von İmamoğlu die CHP –, eine entsprechende Haltung zum Ausdruck bringt.

Ich glaube, unser Einsatz muss wirklich für alle gleichermaßen gelten und bemerkbar sein. Vielleicht überlegen Sie es sich in diesem Sinn ja noch anders und können diesem, glaube ich, wichtigen und relevanten Antrag doch zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

16.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Dr. Helmut Brandstätter,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend politisch willkürlich motiviertes Vorgehen gegen den Istanbuler Bürger­meister Imamoglu

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 15 / Bericht des Außenpolitischen Aus­schusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-770/1766 d.B.)

In der Türkei wurden von Präsident Erdogan in den letzten Jahren rund 50 de­mokratisch gewählte Bürgermeister von ihren Ämtern abgesetzt und teil­weise verhaftet. Dieser Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze wurde u.a. von der Venedig Kommission des Europarates, dem Europäischen Parlament und internationalen Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.

Gestern wurde der amtierende Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem Imamoglu von einem Strafgericht zu einer Haftstrafe und einem Politikverbot verurteilt. Ein


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Istanbuler Gericht verhängte über ihn wegen der angeblichen Beleidigung der Wahl­kommission im Jahr 2019 eine Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten. Imamoglus Anwalt hat gegen das Urteil Berufung angekündigt.

Türkische Oppositionelle bezeichnen den Prozess als politisch motiviert. Imamoglu gilt als möglicher Gegenkandidat von Präsident Erdogan bei der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufgefordert, sich umgehend auf bilateraler Ebe­ne gegen das politisch willkürliche Vorgehen gegen den demokratisch gewählten Istanbuler Oberbürgermeister Imamoglu und dessen drohende Verhaftung auszuspre­chen und sich nachdrücklich für die Einhaltung der Menschenrechte, der Mei­nungsfreiheit und rechtsstaatlicher Prinzipien in der Türkei einzusetzen. Darüber hi­naus wird die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten aufgefordert, alle Fälle von willkürlich inhaf­tierten Menschenrechtsverteidiger*innen, Anwält*innen, Journalist*innen, Poli­tiker*innen und Akademiker*innen weiterhin gegenüber der Türkei zur Sprache zu bringen und sich für deren Freilassung und Rehabilitation einzusetzen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt, steht somit in Verhandlung.

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte sehr.


16.49.06

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Werte Gäste auf der Galerie! Der


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Außenpolitische Bericht ist 271 Seiten lang, und so viele Minuten könnte man mindestens über all das sprechen, was er an Wichtigem beinhaltet. Viele von den Kriegen, Krisen und Verbrechen waren ja heute hier im Plenum schon Thema, und wir haben heute auch entsprechende Anträge zu unterschied­lichen Krisen, Kriegen, Verfolgungen und Verbrechen beschlossen.

So vernetzt die Welt ist, so verzahnt sind mittlerweile auch diese internationalen Krisen. Wir müssen auch feststellen, dass sie sehr oft zusammenhängen und dass sich vor allem die Autokraten, die die Macher dieser Kriege und Krisen sind, gegenseitig sehr oft unterstützen. Wenn man nämlich in die Geschichtsbü­cher schaut oder jetzt auch aktuell sieht, wie zum Beispiel Russland Drohnen aus dem Iran bestellt oder einen gemeinsamen Krieg mit dem Iran in Syrien geführt hat, wird uns vor Augen geführt, dass sich die Autokraten, die sich an der Macht halten wollen, sehr oft auch durch Kriege gegenseitig den Rücken freihalten.

Das macht uns auch klar, wie fragil gleichzeitig auch das internationale Gerüst ist, wie sehr wir da auch in Österreich natürlich im Gesamten darauf schauen müssen, um da entsprechend nichts zu übersehen, und wie wichtig in diesem Zusammenhang menschenrechtsorientierte und werteorientier­te Außenpolitik im Sinne einer Wahrung der Demokratie, einer Wahrung der Freiheit und der Menschenrechte ist.

Eine Sache haben wir heute auch schon am Rande angesprochen, und Kollegin Bayr hat jetzt einen konkreten Antrag dazu eingebracht. Ich bin grundsätz­lich dabei, wenn es darum geht, sich tatsächlich anzuschauen, was gerade in der Türkei passiert beziehungsweise was die Rolle der Türkei in der Welt ist. Ich habe vorhin die Kurden und Kurdinnen erwähnt, die in Rojava gerade enorm darunter leiden, dass es da neuerdings wieder Angriffe gibt.

Auch die Angriffe auf die Opposition in der Türkei werden uns, fürchte ich, in Zukunft noch mehr beschäftigen. Es ist also nicht nur İmamoğlu aus Istanbul von der CHP, sondern es gibt auch von der HDP Hunderte Menschen, die


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bald auf der Anklagebank sitzen werden. Wieso das alles? – Präsident Erdoğan steht vor einer Wahl, offiziell im Juni, womöglich wird sie vorgezogen.

Ich bin sehr dafür, dass wir uns das im Gesamten anschauen, denn – Stichwort fragil – die Türkei droht tatsächlich, endgültig in eine Autokratie abzurut­schen, und das kann nicht in unserem Interesse sein. Das ist ein wichtiges, ein großes Land, und deshalb müssen wir nicht nur die Wahl, die Verfol­gungen und die Verhaftungen am Radar haben, sondern sollten einen gemeinsa­men Antrag zum Thema Türkei stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brand­stätter. – Bitte sehr.


16.52.32

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst möchte ich die Gelegenheit nützen, um mich bei Präsi­denten Sobotka für seine Unterstützung, die er immer bietet, wenn wir diese Reisen in die Ukraine machen, zu bedanken. Ich weiß, dass Reisen pro Freundschaftsgruppe nur einmal pro Periode durchgeführt werden. Wir waren schon zweimal, und nach der Rückkehr habe ich kurz Bericht erstattet und gesagt: Wir müssen nächstes Jahr bitte aber schon wieder fahren! – Er hat zugestimmt. Darf ich das (sich zum Präsidium umdrehend) so sagen? – Dan­ke, Herr Präsident.

Ich bin ja überhaupt dafür, dass wir hier mehr Gemeinsamkeit zeigen – Konsens, Außenpolitik; ich habe mich schon bei den hervorragenden Diplomatinnen und Diplomaten bedankt –, aber ich muss da jetzt auch noch ein bisschen eine andere Stimmung hereinbringen, und das hat etwas mit Folgendem zu tun: Die Art und Weise, wie man unsere Freundinnen und Freunde in Rumänien vor den Kopf gestoßen hat, Herr Bundesminister, war nicht in Ordnung, und ich glaube ja, dass Sie derselben Meinung sind.


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Wie das gelaufen ist, war nicht in Ordnung. Es war schlecht für Österreich, es war schlecht für die österreichische Wirtschaft. Es war auch schlecht für die Kooperation mit Rumänien innerhalb der EU. An dieser Stelle möchte ich mich bei Präsident Johannis bedanken. Das ist ein wirklicher Staatsmann. Also nachdem die Rumänen in dieser Art und Weise behandelt wurden, stellt er sich hin und sagt, er werde jetzt ganz sicher für Ruhe in seinem Land sor­gen, er werde nicht den Unternehmen sagen, sie sollen ihr Geld von den österreichischen Banken abziehen. Ganz im Gegenteil, er verhält sich wie ein richtiger Europäer, er kann ein Vorbild sein.

An dieser Stelle ist ja gestern Bundesministerin Edtstadler gestanden und – ich habe mitgeschrieben – hat gesagt: „Wir sind [...] auf einem konstruktiven Weg [...] mit den beiden Ländern“. – Was wir so hören, wird es ja ohnehin im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres dann zu einer Einigung auch mit Rumänien kommen.

Wir wissen genau – ich habe es mir angeschaut –, am 31. Oktober gab es im „Standard“ eine Umfrage über die niederösterreichische Landtagswahl. Was hat denn das mit Außenpolitik zu tun? – Ach ja, die 38 Prozent waren es! Es ist wirklich peinlich, dass man, nur weil die ÖVP in Niederösterreich bei 38 Prozent liegt, einen Partner in der Europäischen Union so behandelt, das ist nicht in Ordnung. (Abg. Taschner: Das ist eine Unterstellung!) Bitte, Herr Bundesminister, sagen Sie das auch innerhalb der Bundesregierung – danke schön.

Warum sage ich das hier? – Weil es einen neuen Beitrittskandidaten gibt, Kosovo – Verzeihung! –, Bosnien – Kosovo hat einen Antrag gestellt –, und es wird ein Stück Visafreiheit geben. Ich glaube, dass wir gerade diesen neu­en Partnerinnen und Partnern doch sagen sollen, wie man innerhalb der EU ar­beitet, nämlich eben nicht auf diese Art und Weise. Das klingt ja alles ein bisschen nach Vucić, und dass der Europa eher zerstören als mit aufbauen will, haben wir ja auch miterlebt.


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Noch etwas, weil hier schon Orbán gelobt wurde: Auch dieses Modell wollen wir nicht. Was Orbán macht, ist Zerstören der Gesellschaft, Zerstören der Me­dienfreiheit, Zerstören des Zusammenhaltes in Europa, gerade das Gegenteil ei­ner liberalen Demokratie. Das ist ja die wesentliche Herausforderung.

Da habe ich Ihnen ein Buch von Herfried Münkler, einem hervorragenden Historiker, mitgebracht: „Die Zukunft der Demokratie“. (Der Redner hält das ge­nannte Buch in die Höhe.) Er beschreibt natürlich Szenarien, die gar nicht gut sind, weil wir in mehreren Ländern – auch in demokratischen Ländern – ja eher den Abbau der Demokratie erleben. Er schreibt da einen wichtigen Satz, den lese ich Ihnen vor: „Indem man das russische und das westliche Vorgehen gleich­setzte, entledigte man sich der Herausforderung, für die Verteidigung der Menschenrechte und der Demokratie [...] Partei ergreifen zu müssen.“

Das müssen wir aber! Wir müssen uns für die Verteidigung der Menschenrechte und der Demokratie einsetzen. Kollege Lopatka – der im Moment, glaube ich, nicht da ist – hat gesagt, seit dem 24. Februar gebe es dunkle Schatten über Russland. – Nein, die gibt es seit dem Jahr 2014. Es ist ein wesentliches Versäumnis auch der Politik in Österreich gewesen, nicht aufmerksam zuzuse­hen, was Putin 2014 gemacht hat. Da haben wir uns nachher noch – nicht wir, Frau Kneissl war das, glaube ich – vor Herrn Putin verneigt, und Herr Sigi Wolf, der, glaube ich, eher im ÖVP-Bereich angesiedelt ist, ein guter Ver­trauter der ÖVP, hat gesagt, Putin sei ein korrekter Mann, wir bräuchten auch mehr „Demokratur“, so wie in Russland – nach dem Überfall auf die Krim und nach dem Überfall auf die Ukraine.

All das müssen wir, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, aufarbeiten, damit das nicht mehr passiert.

Das Nächste ist: Ich glaube auch, Herr Bundesminister, dass wir, was Außenpolitik betrifft, was etwa auch die Strategie China gegenüber betrifft, klarer werden müssen. Wo sind sie Partner – und in der EU findet das ja
statt –, wo sind sie Konkurrenten, wo sind sie aber Systemgegner? Wir dürfen


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uns ganz sicher eben nicht mehr erpressbar machen, so wie das bei Russ­land der Fall war.

Einen Satz noch zum Iran: Sie haben es gesagt, Herr Bundesminister, Sie haben den Botschafter einbestellt. Ich hätte es gern lauter gehört. Wir haben ja heute mit der iranischen Community gesprochen, die hätten es auch gerne lauter gehört. Ich glaube, wir müssen uns auch sehr genau diese Terrororganisation der Revolutionsgarden ansehen. Haben die Vermögen oder Besitz in Österreich? Gibt es – und da ersuche ich Sie dringend, mit dem Finanzministerium zu sprechen – Bereiche, auf die wir zugreifen können? Ich glaube, es ist ganz klar, dass das Organisationen sind, die in unserem Land nichts verloren haben. Ganz im Gegenteil: Wir müssen den Menschen im Iran helfen, dieses schreckli­che Mullahregime loszuwerden.

Ich möchte zum Schluss noch einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums meinen Dank aussprechen. Ich weiß, das ist für die Familien nicht immer einfach: weit weg von der Heimat und umzuziehen et cetera. Was die Kolleginnen und Kollegen in Kiew leisten, ist unglaublich. Das gilt übrigens auch für die Wirtschaftskammerangehörigen, die durch die Welt reisen und für Österreich einen tollen Job machen. Ich möchte mich bei ihnen bedanken. (Abg. Taschner: Die NEOS bedanken sich bei der Wirtschafts­kammer!) Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass sie das auch im nächsten Jahr ma­chen, dass wir da wieder Übereinstimmung finden und vielleicht wirklich – ich sage einmal – rationaler vorgehen und innenpolitisches Kleinklein von der Außenpolitik fernhalten. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der Grünen. – Abg. Taschner: Bleibt ewig Journalist und wird niemals Außenpolitiker!)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Schallenberg. – Bitte sehr.



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16.59.10

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Besucher auf der Galerie! Ja, der Außen-und Europapolitische Bericht ist natürlich eine Momentaufnahme, eine Momentauf­nahme einer Welt, die sich gerade im Umbruch befindet. Ich muss ganz offen sagen: Seit Jänner 2020, seit Beginn dieser Legislaturperiode, befindet sich das Außenministerium eigentlich in einem Dauerkrisenmodus.

Das hat mit dem größten Cyberangriff überhaupt in der Zweiten Republik auf das Außenministerium begonnen, den wir Gott sei Dank meistern konnten. Das ist eigentlich gleich fließend in die Herausforderung der Pandemie übergegangen – Grenzschließungen, Grenzmanagement, Pendler nach Öster­reich bringen, Erntehelfer, Pflegepersonal, die größte Repatriierungsaktion, auch wieder der Zweiten Republik, mit der wir Tausende sicher nach Hause ge­bracht haben, logistische Hilfe bei der Besorgung von medizinischen
Gütern –, im letzten Sommer unter dem Schlagwort Afghanistan Evakuierungen, die ganze auch menschenrechtliche Thematik in der gesamten Region; und – ja – dieses Jahr: der Zivilisationsbruch. Es ist schon bemerkenswert, dass wir gerade in einer Phase leben, in der wir eigentlich zu jedem Jahr ein Schlagwort sagen können, ein Krisenschlagwort: Pandemie, Krieg. Es ist also eigentlich atemberaubend, in was für einem Umbruch wir uns gerade be­finden. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich muss ganz offen sagen, bei all diesen Krisen kann ich nur sagen, ich bin stolz: stolz, an der Spitze dieses Außenministerium zu stehen, stolz auf diese sehr wenigen – 1 100 – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministe­riums – das ist wohlgemerkt das Ministerium mit dem zweitkleinsten Budget dieser Bundesregierung.

Ich glaube, dieses Team leistet Großartiges in diesem Krisenmodus (Abg. Brandstätter: Ja!), und ich möchte diese Gelegenheit nützen und mich ganz, ganz


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ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenminis­teriums bedanken. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

Ja, die Situation – und das wurde jetzt schon von mehreren Abgeordneten beschrieben – ist eine herausfordernde. Der Wind ist rauer, der 30-jäh­rige Urlaub von der Weltgeschichte, könnte man sagen, ist beendet. Robert Kagan, US-amerikanischer Politikwissenschaftler, hat einmal gesagt, die Europäer leben in einem postnationalen Paradies des Friedens, während außerhalb noch die Regeln der Macht gelten. – Ja, wir sind irgendwie schrittweise aus diesem Garten Eden vertrieben worden.

Das hat niemand gerne! Man will gerne wieder zurück in den scheinbar heilen Status quo ante – wobei wir ihn ja damals auch nicht als heil empfunden
haben –, aber das ist nicht möglich. The world has moved on and so must we, bis zu einem gewissen Grad, und es bleibt sicher auch in Zukunft sehr heraus­fordernd für uns.

Eines, das die letzten Monate und Jahre gezeigt haben, ist für mich klar, und das möchte ich hier noch einmal betonen – daher bin ich auch für jede Unter­stützung dankbar –: Ich bin dankbar, dass Abgeordnete den mühseligen Weg auf sich nehmen – ich habe den ja selber zweimal gemacht –, dass sie mit dem Zug die 12 Stunden nach Kiew fahren und dass der Präsident des Nationalrates und viele Abgeordnete außenpolitisch so engagiert sind.

Außenpolitik darf gerade für ein Land mit knapp 9 Millionen Einwohnern nicht das Geschäft von einer Person sein, sondern wir müssen sie auf allen Ebe­nen sehr aktiv betreiben. Daher auch da mein Dank an die Damen und Herren Abgeordneten, die sich persönlich engagieren!

Wenn Sie im Ausland sind, wissen Sie: Unsere Vertretungen sind keine Luxus­einrichtungen, sie sind Teil unserer Lebensversicherung! Das ist Teil un­serer Augen und Ohren, unseres Frühwarnsystems. Sie erledigen Aufgaben, die uns keiner abnimmt.


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Ja, Herr Abgeordneter Kassegger, ich freue mich sehr, dass Sie offenbar mei­ne Strategie richtig verstanden haben. (Abg. Kassegger  erheitert –: Ja, immerhin hab ich’s verstanden!) Sie haben sehr schön wiedergegeben, wofür ich eigent­lich einstehe: Es gibt sehr wohl eine Strategie, und ja, Außenpolitik ist Interes­senpolitik. (Abg. Brandstätter: Ja!)

Ich bin kein Freund dieser künstlichen Trennung: Es gibt die Innenpolitik, und draußen am Haus der Republik gibt es dann einen schönen Balkon, der hat so ein paar Blumen dran, und da sitzen die feinen Leute und tun champagnisieren. – Nein, Außenpolitik ist Interessenpolitik! Die Vertretungsbehörden sind die Außenstelle Rot-Weiß-Rot unserer Politik, ob es Wirtschaft ist, ob es Klima ist, ob es Kultur ist. In allen Bereichen sind sie die Außenvertretungen des
rot-weiß-roten Hauses Österreich, und dazu stehe ich auch.

Sie reden auch von Strategie: Wir haben sehr wohl eine Strategie. Ich sage hier in diesem Hohen Haus seit drei Jahren im Grunde genommen immer das­selbe, und leider Gottes bestätigen mich die historischen Ereignisse der letzten Jahre.

Was ist unsere Strategie – und das klang vor drei Jahren vielleicht noch banal, aber das ist es in der Zwischenzeit nicht mehr –? – Ich will, dass wir weiter­hin eine offene, pluralistische, demokratische Gesellschaft à la Charles Popper mit allen Grund- und Freiheitsrechten bleiben und dass wir in einem siche­ren Verband sein können – das klang noch banal –, und ich habe das in diesem Hohen Haus immer wieder vertreten und gesagt, wir sind in der Zwischen­zeit global gesehen eine Minderheit.

Nur noch rund 20 bis 30 Prozent aller Staaten der UNO vertreten unser Lebens­modell, unser Wertemodell. Und dazu zählen die Vereinigten Staaten, sie sind die Weltmacht Nummer eins in dieser freien Welt; und ja, wir sind eine Wertefamilie mit ihnen, das habe ich in diesem Haus auch immer wieder gesagt. Dabei ist mir egal, wer dort Präsident ist, dort wähle ich nicht. Ich wähle auch weder Netanjahu noch Bennett, und doch beruhen die Beziehungen


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zu Israel gleichfalls darauf. Es ist in Wirklichkeit die einzige pluralistische Demo­kratie im Nahen Osten, und wir haben eine historische Verantwortung – da gibt es zwei Begründungen. Das ist eine klare Strategie.

Vor vielleicht drei Jahren hat man gelächelt und das nicht wirklich wahrge­nommen. – So, mit dem 24. Februar sind wir draufgekommen: Hoppala, das ist tatsächlich notwendig, wir müssen uns auf die Hinterfüße stellen, wenn wir dieses System beibehalten wollen! Dafür steht das Außenministerium, dafür stehe ich persönlich, und das muss man durchdeklinieren.

Und noch ein letzter Satz zur Frage – und das fand ich etwas erstaunlich – der Nichteinmischung in die Politik anderer Staaten: Erstens, das ist ein wesentli­ches Element der Außenpolitik. Wenn Sie als FPÖ hier im Parlament Ent­schließungsanträgen zum Iran oder zu anderen zustimmen, na, da könnte man sagen: Mischen Sie sich bitte bezüglich der Todesstrafe nicht in die Innen­politik des Irans ein! – Nein, das machen Sie, und Sie machen es völlig zu Recht! Und innerhalb der Europäischen Union ist es genauso, noch verstärkt. Wenn wir im Außenverhältnis für unser Wertemodell eintreten, dann müssen wir auch Glaubwürdigkeit im Innenverhältnis haben.

Schauen Sie sich die ersten vier Artikel des EU-Vertrages an! Es ist auch eine Wertegemeinschaft, eine Rechtsgemeinschaft, und der ganze Binnenmarkt be­ruht auf Einmischung im weitesten Sinne, im besten Sinne des Wortes, um dadurch auch die Entwicklung in diese Ever Closer Union, das Zusammenwirken, das Zusammenwachsen zu fördern. Und ob Sie es glauben oder nicht, ich bin weiterhin ein glühender Befürworter dieser Ever Closer Union. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte.



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17.05.51

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege Brandstätter verlässt gerade den Raum, ich möchte aber schon noch auf etwas eingehen, was er vorhin angesprochen hat (Abg. Brandstätter – zuerst den Saal verlassend und dann sich umdrehend –: Na, dann bleibe ich da!), nämlich die Frage der Schengenerweiterung, die er nur in der Vergangenheitsform – ich habe ganz gut aufgepasst – geschildert hat, als wäre das alles schon gelaufen. Da laufen aber noch Gespräche, und dieser Schengenraum hat hoffentlich viel Zukunft – so wünschen wir uns das zu­mindest.

Er wird halt nur dann eine Zukunft haben und er wird im Inneren nur dann ein freier Raum sein können, wenn wir ihn außen gut sichern, und wir sehen die Sicherheit einfach gefährdet, wenn ein Raum erweitert wird, der momentan nicht in der Lage ist, seine Außengrenzen ordentlich zu schützen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger hat Österreich gemacht, indem es jetzt dieser Entscheidung nicht zugestimmt hat. Im Übrigen waren wir da auch nicht die einzige Gegenstimme, und wir sind zu Gesprächen bereit, wenn gewisse Bedingungen auch erfüllt werden können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brandstätter: Und soll dann Ungarn ausgeschlossen werden vom Schengenraum? Natürlich! Ungarn verletzt das EU-Recht! Sollen die ausgeschlossen wer­den?) – Wir können darüber dann später diskutieren. Es ist, glaube ich, hier vom Rednerpult keine Doppelconférence vorgesehen. Ich möchte aber nur ein­mal klarstellen, worum es uns dabei geht, nämlich darum, die Sicher­heit des Schengenraums entsprechend zu gewährleisten und nicht ein System zu erweitern, das aus unserer Sicht im Moment nicht funktioniert. Und wie ge­sagt wünschen wir uns da auch eine gute Zukunft.

Der Herr Bundesminister hat einen sehr großen Rahmen beschrieben, den weiten Bogen gespannt, auch die Strategie aufgezeigt, die sich auch im Außen- und Europapolitischen Bericht 2021, den wir heute diskutieren,


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widerspiegelt, eine auf fast 300 Seiten festgehaltene Bilanz dessen, was der Außenminister und das Bundesministerium für europäische und inter­nationale Angelegenheiten hier in Österreich und weltweit tun.

Der Bericht ist sehr umfangreich, ich möchte daher nur zwei Schlaglichter werfen: einerseits auf den Westbalkan und dann auch auf die Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit.

Österreich ist den Ländern des Westbalkans nicht nur aus historischen Gründen sehr verbunden. Es gibt rund 500 000 Menschen, die in Österreich leben und Wurzeln am Westbalkan haben, die, glaube ich, auch immer wieder für die Resilienz dieser Beziehungen sorgen. Unser Weg ist klar: Aus unserer Sicht ist die Europäische Union erst dann komplett, wenn die Länder des Westbalkans Teil der Union sind. Wir sind Tempomacher, und im Bericht ist auch zu se­hen, dass es in Österreich den Westbalkan-Gipfel gab, dass wir auch in der Pan­demiebekämpfung, im Migrationsmanagement eng zusammenarbeiten, den Berliner Prozess engagiert unterstützen.

In diesem Zusammenhang freut es mich – ich bin da einer Meinung mit Bun­deskanzler Nehammer –, dass Bosnien-Herzegowina den EU-Beitritts­kandidatenstatus erhalten hat. Bundeskanzler Nehammer nennt das einen historischen Schritt, der für Sicherheit und Stabilität in der Region, aber auch in Europa insgesamt sorgen kann.

Am Westbalkan sind wir auch mit der Austrian Development Agency, mit der ADA, vertreten. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir damit auch sehr viele bilaterale Projekte auf dem afrikanischen Kontinent haben, etwa in Äthiopien oder Burkina Faso, wo wir zum Beispiel das technische Schulwesen und die Berufsbildung unterstützen.

Sie sehen, wir nehmen unsere Verantwortung in Europa, aber auch in der Welt umfassend wahr. Das hilft den Menschen vor Ort, stärkt aber auch die Sicherheit in Europa, in Österreich und letztlich global.


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Ich möchte mich an dieser Stelle auch im Namen unserer Fraktion herzlich beim Außenminister für seine exzellente Arbeit bedanken, aber nicht nur für seine, sondern auch für die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier in Österreich und in der Welt. Wir sind diesen Weg ja 2022 wieder ein Stück weit gegangen und werden ihn auch 2023 hier im Parlament begleiten und mitgehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

17.09


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucha­rowits. – Bitte.


17.09.38

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zurück zur Türkei: Seit Jahren lässt Erdoğan Kurd:innen militä­risch angreifen. Das geht seit Jahren so – denken wir zurück an den Ausbruch des Kriegs in Syrien vor mehr als zehn Jahren oder auch an die türkische Militäroffensive 2018 in Afrin. All diese Angriffe erfolgen mit dem klaren und offenbaren Ziel, Kurd:innen zu verdrängen, sie wegzubekommen. Im Mai dieses Jahres hat Erdoğan das mit der Errichtung dieses Sicherheitskorridors an der türkisch-syrischen Grenze auch selbst bestätigt. Diese Grenze, werte Kollegen und Kolleginnen, ist 600 Kilometer lang und 30 Kilometer breit. All das wird mit dem fadenscheinigen Argument etabliert, Terror zu bekämpfen, in Wahrheit aber handelt es sich um eine pure Verdrängung von Kurdinnen und Kurden und de facto um eine türkische Besatzung dort, und das muss man auch in dieser Deutlichkeit so sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit dem Argument der Terrorbekämpfung hat Erdoğan auch am 20. November 2022 kurdische Gebiete in Nordostsyrien und im Nordirak erneut angrei­fen lassen. Luftangriffe erfolgten auch durch den Iran – ganz bewusst auf kur­dische Gebiete. Die Folge: Zivilist:innen als Todesopfer durch Angriffe auf Kliniken, auf Flüchtlingsunterkünfte. Alleine in Rojava, und diese Information


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haben wir vom Rojava Information Center, gab es 500 Angriffsziele und 100 getötete Zivilistinnen und Zivilisten.

Die Invasion der Türkei ist aber nicht zu Ende. Tagtäglich besteht die Gefahr, vor allem in Kobane, einer Bodenoffensive, und die Gefahr ist groß, werte Kol­legen und Kolleginnen. Nicht erst die jüngsten Angriffe im November 2022 zei­gen, dass die Türkei mit Präsident Erdoğan ganz systematisch gegen Kurd:in­nen in der Türkei, in Nordostsyrien, im Nordirak, in allen möglichen Re­gionen vorgeht. Es handelt sich dabei ganz klar um gröbste Menschenrechtsver­letzungen und um den Bruch des humanitären Völkerrechts. Erdoğan bricht das Völkerrecht, und das Dramatische ist, geschätzte Kollegen und Kolleginnen: Wir hören von der Bundesregierung nichts. Wir hören vom Bundeskanzler nichts, wir hören vom Außenminister nichts. Alle schweigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das geht so nicht. Da muss ganz klar Stellung bezogen werden. Die Angriffe Er­doğans auf Kurd:innen müssen auf das Schärfste verurteilt werden, und es muss bei türkischen Vertreterinnen und Vertretern auf einen Stopp der Angriffe gedrängt und gepocht werden, Herr Minister, und bei jeder Gelegenheit müssen Sie die Einhaltung der umfassenden Menschenrechte zum Thema ma­chen.

Deshalb, werte Kollegen und Kolleginnen, darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verurteilung und Stopp der Türkischen Angriffe in Nordostsyrien und dem Nordirak“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheit wird aufgefordert, die türkischen Angriffe auf alle kurdische Ziele auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene


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aufs Schärfste zu verurteilen und gegenüber offiziellen Vertreterinnen und Vertreter der Republik Türkei bei jeder Gelegenheiten sowohl auf ein Ende der gewaltsamen Angriffe auf Kurdinnen und Kurden im eigenen Land und der Region als auch auf die umfassende Einhaltung der Menschenrechte generell zu pochen.“

*****

Wir dürfen um breite Zustimmung bitten, weil der Bruch des humanitären Völ­kerrechts und der stetige Bruch der Menschenrechte nicht hinzunehmen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Helmut Brandstätter,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Verurteilung und Stopp der Türkischen Angriffe in Nordostsyrien und dem Nordirak

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 15 / Bericht des Außenpolitischen Aus­schusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-770/1766 d.B.)

In der Nacht auf Sonntag, den 20. November 2022, bombardierten türkische Streitkräfte breitflächige Gebiete im Norden und Osten Syriens und in Teilen der autonomen Region Kurdistan - Irak. Ziel waren aber nicht etwa Stellungen des Islamischen Staates, sondern de facto autonome, vor allem kurdisch besiedelte Regionen. Rojava, die autonome Administration von Nord- und Ostsyrien stand einmal mehr im Mittepunkt türkischer Angriffe. Tags darauf erreichten


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die Bombardierungen eine weitere Dimension: Auch die iranischen Revolutionsgarden griffen kurdische Ziele im Nordirak und in Ostsyrien an (vgl. https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-anschlag-in-istanbul-turkei-startet-luftangriffe-auf-syrien-und-irak-8897656.html). Neben Verwaltungsgebäu­den wurden mutmaßlich auch eine Klinik und ein Flüchtlingslager von den Angriffen getroffen, womit diese verheerenden Angriffe zivile Opfer verzeichneten. Offi­zielle Stellen und Behörden sprechen von mehr als 250 Todesopfern, darunter auch rund 20 Zivilistinnen und Zivilisten. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher sein.

Laut der Organisation "Rojava Information Center" wurden allein in Rojava knapp 500 Ziele angegriffen. Diese Offensive hat das Leben von rund 100 Zivilistinnen und Zivilisten gefordert und zerstört gleichzeitig lebenswichtige Infrastruktur, wie zB Kraftwerke. Hilfsorganisationen warnen vor dem bevorstehenden Winter, in dem sowohl Haushalte als auch die Flüchtlingslager ohne ausreichende Energiever­sorgung auskommen müssen. Die türkische Invasion ist noch nicht zu Ende, vor allem die Regionen Kobane und Manbij stehen vor einer unmittelbaren Gefahr einer Bodenoffensive.

Diese erneute Anschlagsserie am und seit dem 20. November ist nur die jüngste Eskalation in einer ganzen Reihe von andauernder, brutaler Gewalt gegen Kurdinnen und Kurden in der Türkei selbst, in Nordostsyrien, im Nordirak und generell in den benachbarten Regionen. Seit Ausbruch des Krieges in Syrien 2011/2012 und verstärkt seit der türkischen Militäroffensive auf Afrin Anfang 2018 greifen türkische Streitkräfte immer wieder nordostsyrische, vorwiegend kurdische, Gebiete und Regionen an, offenbar mit dem Ziel, die kurdisch-stämmige Bevölkerung zu verdrängen. Im Mai dieses Jahres bestätigte das auch Präsident Erdogan selbst, in dem er sein Ziel eines Sicherheitskorridors entlang der türkisch-syrischen Grenze präsentierte: Auf mutmaßlich 600 km Länge und 30 km Breite wolle die Türkei dafür sorgen, terroristische Bedrohungen einzugrenzen. De facto würde es sich dabei aber um eine türkische Besatzung des Gebiets handeln (vgl. https://www.derstandard.at/story/2000135989102/erdogan-kuendigt-


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neuemilitaeroperation-an-syrien-grenze-an), die Kurdinnen und Kurden ihre Lebensgrundlage vollends rauben und vertreiben würde.

Nicht erst die jüngsten Angriffe im November 2022 zeigen, dass die Türkei unter Präsident Erdogan systematisch gegen Kurdinnen und Kurden im eigenen Land, aber vor allem auch in Nordostsyrien und im Nordirak vorgeht, gröbste Men­schenrechtsverletzungen begeht und tausende Kurdinnen und Kurden dadurch ihr Leben verlieren. Österreich sollte klar gegen Menschenrechtsverletzungen Stellung beziehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheit wird aufgefordert, die türkischen Angriffe auf alle kurdische Ziele auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene aufs Schärfste zu verurteilen und gegenüber offiziellen Vertreterinnen und Vertreter der Republik Türkei bei jeder Gelegenheiten sowohl auf ein Ende der gewaltsamen Angriffe auf Kurdinnen und Kurden im eigenen Land und der Region als auch auf die umfassende Einhaltung der Menschenrechte generell zu pochen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


17.13.40

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mehrere Themen liegen in dem Bericht auf, und ein bisschen hat man, wenn man das liest, als Ex-Journalist das Gefühl:


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Nichts ist älter als die Nachricht von gestern. All das, was sich in diesem Bericht aus den Jahren 2020/2021 über die damaligen Entwicklungen im Be­reich Sicherheits- und Verteidigungspolitik findet, ist mit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine wie weggewaschen, und die Situation ist eine völlig neue.

Interessant ist allerdings, dass schon in diesem Bericht auf mehreren Seiten ausführlich berichtet wird, wie die Einschätzung der österreichischen Bundesregierung und des Außenministeriums betreffend die Situation dort war, und eindeutig festgehalten ist, dass Russland Manöver, Invasionsdrohun­gen et cetera an der ukrainischen Grenze damals schon durchgeführt hat. Dass die Ukraine als solche von einer solchen Invasion bedroht ist, das steht eigentlich alles schwarz auf weiß in diesem Bericht und ist darin nachzulesen.

Wir werden in dieser Situation die österreichische Politik überdenken müssen. Ich finde es großartig, wie deutlich die Solidarität mit der Ukraine ist und dass das hält. Wir werden europapolitisch in manchen Dingen vielleicht aktiver werden müssen. Österreich als neutrales Land, das keine Beitrittsabsichten zur Nato hat, kann sich anders einbringen als die vielen Nato-Mitglieder, kann an­ders auf Politik drängen, und – sagen wir, wie es ist – die nukleare Bedro­hung Europas ist ein Teil der zukünftigen politischen Probleme. Wenn aus Russ­land 6 500 Atomsprengköpfe auf Europa gerichtet sind, dann sind die balti­schen Staaten und die Nachbarstaaten in der Europäischen Union schlicht und einfach in einem Bedrohungsszenario, das sie niemals aus der Nato heraus­lösen wird, weil Europa sich dagegen nicht verteidigen könnte, und sie gehen un­ter den amerikanischen Atomrettungsschirm, der genauso groß ist wie der russische. Solange sich diese in einem Gleichgewicht gegenüberstehen, wird sich da nichts ändern. Das Interesse Österreichs kann nur die atomare Abrüstung auf beiden Seiten sein. Erst dann können wir dieses Spiel beenden.

Lassen Sie mich ein Letztes noch sagen: Ich bin sehr froh über den Antrag, der vorhin zum Thema Iran eingebracht wurde, darüber, dass wir da eine Eini-


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gung von allen fünf Parteien erzielt haben, dass wir die Todesurteile an Demons­tranten, Demonstrantinnen – es waren in diesem Fall zwei Männer –, bei­de Hinrichtungen und alle Todesurteile verurteilen.

Ich bin auch froh, dass sich vier Fraktionen entschieden haben, Patenschaften für die Gefangenen im Iran zu übernehmen. Ich darf Sie ersuchen, wenn jeder Abgeordneter, jede Abgeordnete eine solche Patenschaft übernimmt, mit dem Namen des Gefangenen, der Gefangenen die Botschaft zu kontak­tieren, um die Freilassung zu ersuchen, um Informationen über diese Person zu ersuchen und da Druck zu machen. Das machen auch Abgeordnete ande­rer nationaler Parlamente in ganz Europa. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam, weitere Hinrichtungen zu verhindern. – Danke. (Beifall bei den Grünen so­wie des Abg. Kühberger.)

17.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Ber­lakovich. – Bitte.


17.16.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf den Außenpolitischen Bericht dazu nutzen, um eine breitere Dimension der Außenpolitik an­zusprechen, nämlich jene der wirtschaftlichen Aktivitäten. Außenpolitik trägt massiv dazu bei, dass Wirtschaft, die österreichische Wirtschaft unterstützt wird.

Österreich – österreichische Unternehmen, österreichische Fachkräfte – hat international einen exzellenten Ruf. Im Bereich der Umwelttechnologie, im Bereich der erneuerbaren Energie ist unser Know-how weltweit gefragt, und das ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wichtig. Außenpolitik trägt dazu  bei, dass wir Vertrauen in der Welt genießen, und das tut auch Schallen­berg mit seinen Aktivitäten.

Daher darf ich auch einen Aspekt erwähnen, der von großer Bedeutung ist, nämlich die Regionalpolitik, die wirtschaftliche Impulse in österreichi­schen Regionen setzt. Finanziell unterstützt durch die Europäische Union ist


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damals wie heute das Ziel, dass wir, die Europäische Union, in struktur­schwächeren Regionen investieren, um diesen zu helfen, voranzukommen und am allgemeinen Wohlstand in der Europäischen Union teilzuhaben. Das ist gerade heute wichtig angesichts dessen, dass für heuer, aber insbesondere für das nächste Jahr wirtschaftlich schwierige Zeiten prognostiziert wer­den. Da ist wichtig, dass es regionalpolitische Impulse gibt.

Für das nächste Jahr stehen in etwa 600 Millionen Euro an Mitteln des Euro­päischen Regionalfonds und des JTF zur Verfügung, die insgesamt 1,8 Mil­liarden Euro auslösen sollen. Das ist ein wichtiger Impuls, gerade in strukturschwachen Regionen oder Regionen, die sich auf einem guten Weg befinden. Der EFRE, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, verfügt über 521 Millionen und der Just Transition Fund über 76 Millionen Euro.

Dieser Just Transition Fund ist neu. Er soll in den Regionen helfen, der Industrie helfen, eine Transformation zu vollziehen, nämlich wegzukommen von den fossilen Energieträgern und in erneuerbarer Energie, in Energieeffizienz und vor allem in eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung zu investieren – ein wich­tiger Beitrag zum Klimaschutz. Insofern wird dann Regionalpolitik auch dazu ge­nutzt, klima- und energiepolitische Investitionen zu setzen. Im nächsten Jahr stehen um 75 Millionen Euro mehr an regionalen Mitteln zur Verfügung als in der laufenden Periode – das heißt, es gibt da ein Plus –, und diese Gelder fließen einerseits in die Ausfinanzierung der laufenden Projekte, anderer­seits aber vor allem auch in neue Projekte, die in Regionen wichtig sind. Mein Heimatland, das Burgenland, hat enorm profitiert, als es Ziel-1-Gebiet und dann Übergangsregion wurde. Es sind über 37 000 Arbeitsplätze geschaffen worden, sodass das Burgenland heute im Kreis der anderen Bundesländer mitspielt.

Das zeigt, dass diese Politik der Europäischen Union, kofinanziert durch Österreich, sehr wohl dazu beiträgt, dass hier wichtige Impulse gesetzt werden. Wir tun das ja auch als Regierungsfraktionen, indem wir zum Beispiel die Gemeindepakete geschnürt haben – das vierte jetzt insgesamt mit 1 Milliarde


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Euro. In schwierigen Zeiten bekommen die Gemeinden 500 Millionen Euro, um in wichtige Projekte auf Gemeindeebene zu investieren: Straßensanierung, Kindergartenbau, Altersheime, Seniorenbetreuung, aber weitere 500 Mil­lionen fließen in den Klimaschutz, in erneuerbare Energie, in Energieeffizienz.

Das sind wichtige Aspekte, die die Gemeinden brauchen, die sie auch zur sinn­vollen Gestaltung nutzen, weil die bisherigen Gemeindepakete ja auch mit sich gebracht haben, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten notwendige Im­pulse gesetzt wurden und Motivation entsteht.

Daher ist der außenpolitische Bericht ein wichtiger Beitrag dazu, wie wir diese zukünftige Politik bewältigen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jörg Leicht­fried. – Bitte.


17.21.07

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor Kurzem hat die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi in einem Interview auf Ö1 ge­sagt: Das vorige Regime hat uns unsere politische Freiheit genommen, das jet­zige nimmt uns auch die persönliche Freiheit noch weg. – Zitatende.

Für diese politische und persönliche Freiheit, für ihre Rechte, für Mitbestimmung kämpfen seit drei Monaten mutige Frauen, demonstrieren gegen Unterdrü­ckung, gegen das repressive Regime.

Ich sage Ihnen offen, es macht fassungslos, wenn wir sehen und hören, dass Frauen, dass junge Menschen, die gegen dieses unterdrückerische Regime protestieren, ihre Stimme erheben, verfolgt, verhaftet und getötet werden. Kollege Lopatka hat gesagt: Was können wir von hier aus tun? – Ich glaube, wir können auch von hier aus sagen: Wir bewundern eure Courage und wünschen euch viel, viel Kraft, damit ihr weitermachen könnt.


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Diesen Frauen, diesen Jugendlichen – viele davon 19, 20, 21 Jahre –, ihnen allen gehört unsere Solidarität, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Wenn man sich vorstellt, dass allein in der Hauptstadt Teheran bisher 400 Demonstrantinnen und Demonstranten zu Haftstrafen verurteilt wurden, kann man dazu nur eines sagen: Diese Menschen müssen freigelassen werden. Wenn man weiß, dass Menschen zu Tode verurteilt und einige schon hingerichtet wurden, muss man sagen: Das ist nichts als bestialischer, verbrecherischer Mord, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Die brutale Härte, mit der die Polizei und andere Regimekräfte gegen diese Menschen vorgehen, zeigt, dass die Regierung eigentlich schon massiv geschwächt ist und die Möglichkeit besteht, dass am Ende diese jungen Men­schen, diese Frauen einen anderen Iran bekommen können, einen demo­kratischen, einen rechtsstaatlichen Iran.

Dafür sollten wir als österreichischer Nationalrat alles tun, was möglich ist. Deshalb bin ich auch froh, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass es gelingt und gelungen ist, hier einen gemeinsamen Antrag zu konzipieren und diesen Antrag dann auch zu beschließen (Abg. Stögmüller: Eine gute Rede heute!), in dem wir ganz klar unsere Abscheu für das ausdrücken, was dieses Regime mit diesen Menschen macht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von ÖVP und Grünen.)

17.23


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses.


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17.24.1416. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1664 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Rücknahme des österreichischen Einspruchs gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentli­cher Urkunden von der Beglaubigung (1767 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist dazu niemand gemeldet. Damit ist auch die Debatte geschlossen.

Diese Abstimmung verlege ich ebenfalls an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses.

17.24.5917. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2837/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz für Ende der Gewalt und notwendiges Frie­densabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan (1768 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Martin Engelberg zu Wort. – Bitte.


17.25.29

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der gegenständliche Antrag ist im Zuge der Eskalation der Gewalt im Sommer, im September 2022 zustande gekommen, stand ein bisschen im Schatten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Die Ge­walt in der Region hat leider schon sehr, sehr viele Opfer gefordert.


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Jedenfalls war es uns und ist es uns weiterhin wichtig, dass wir jede Art von Friedensverhandlungen sehr unterstützen und vor allem sagen, für Öster­reich sind beide Länder ganz wichtige Partner.

Friedensverhandlungen sind notwendig. Sie basieren auf gegenseitiger Anerkennung und auch auf gegenseitigem Respektieren der jeweiligen Sou­veränität und territorialen Integrität. EU-Kommissionspräsident Charles Michel  führt laufend trilaterale Verhandlungen in Brüssel, die durchaus pro­duktiv sind. Wir wollen mit unserem Entschließungsantrag den Herrn Bundesminister darum ersuchen, die diplomatischen Bemühungen der EU für eine friedliche und dauerhafte Lösung des Konfliktes zu unterstützen, und vielleicht auch darum, dass Österreich eine aktive Rolle bei den Friedensver­handlungen einnehmen möge – als ehrlicher Makler, der wir da auch sein können – und auch Wien als Ort des Dialoges zur Verfügung gestellt wird. – Vie­len Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stöger.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.


17.27.15

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Der Konflikt im Südkaukasus beschäftigt uns leider schon seit Jahrzehnten, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion: die ungelösten Nationalitätenkonflikte, eine nicht unproblematische Grenz­ziehung. Wir bewegen uns da in einem Raum zwischen einerseits der Unver­letzbarkeit, wenn Sie so wollen, der Heiligkeit der gegebenen Grenzen – der politischen und der historischen Grenzen –, die es da gibt, und andererseits dem Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker – ein wichtiges Schlag­wort am Ende des Ersten Weltkrieges –, das es natürlich auch gibt.

Gerade Europa, der Osten Europas, der Südosten Europas ist ja eine Region gewesen – und ist es immer noch –, in der sich anhand der Grenzziehung


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im Zusammenhang mit ethnischen Konflikten und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker zeigt, wie schwer Konflikte oft zu lösen sind.

Zur Region Südkaukasus – Armenien, Aserbaidschan und dazwischen eben Bergkarabach – ist natürlich schon zu sagen: Was mir nicht behagt, ist, wenn auch dort jetzt die Kälte und das Nichtvorhandensein von Energie als Waffe eingesetzt werden.

Wir haben ja heute hier im Zusammenhang mit dem Holodomor das Problem von Kälte, von Hunger als Waffe diskutiert. Im Moment schaut es so aus, dass auch die Bevölkerung von Bergkarabach mit einer Energieblockade, einer Blockade des Zufahrtsweges konfrontiert ist. Das hilft natürlich bei der Lösung dieses Konflikts nicht.

Derzeit steht die Situation im Südkaukasus im Schatten der Ukrainekrise, auch im Schatten dessen, was sich im Iran sich abspielt. Was Österreich da sowieso  nur machen kann, ist, eben die Rolle eines verständnisvollen Vermitt­lers einzunehmen. Die Rolle des neutralen Österreichs könnte auch mit­helfen, dass Bewegung in diese große Problematik des Südkaukasus kommt.

Herr Bundesminister, Sie sind ja durchaus einer, der diese Sache im Fokus hat. Ich würde mich freuen, wenn Sie da weiterhin am Ball bleiben.

In diesem Sinne: Ich finde der Antrag, den wir heute hier behandeln, ist eine sehr, sehr gute Sache, um Bewusstsein zu schaffen, und ich freue mich, dass wir ihn gemeinsam beschließen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten von ÖVP und Grünen.)

17.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


17.30.18

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Antrag behandelt das Ende der


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Gewalt in einem Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Ich möchte jetzt gar nicht auf die Details im Antrag eingehen, weil die ja teilweise – ich sage bewusst Gott sei Dank – schon redundant sind beziehungsweise sich in der Zwischenzeit – der Antrag ist ja aus dem Oktober 2022 – doch einiges getan hat.

Der Antrag schlägt vor, dass der Konflikt von der Kollektive-Sicherheit-Vertrags-Organisation beziehungsweise auch unter Mithilfe, mit der Unterstützung Russlands beigelegt werden sollte. Das ist mittlerweile aufgrund mehrerer Tref­fen gelungen – Charles Michel ist schon genannt worden –, Treffen in Brüs­sel, in Prag und auch in Sotschi, leider nicht in Wien, und man hat ganz konkret die Kampfhandlungen einmal zum Stillstand bringen können und ist auf dem Weg konstruktiver Friedensverhandlungen.

Warum ist das wichtig? – Weil es unser Wunsch ist (Abg. Stögmüller: Das stimmt leider überhaupt nicht!), dasselbe Prozedere auch in einem Konflikt, der alles überschattet, nämlich jenem zwischen Russland und der Ukraine, auf ähnliche Wei­se erfolgsorientiert anzuwenden. Der Erfolg ist Waffenstillstand, Friedensverhandlungen et cetera.

Deswegen hätten wir auch im Außenpolitischen Ausschuss dem Antrag der Kollegen Troch und Laimer von der SPÖ zugestimmt, wenn dieser nicht vertagt worden wäre, weil der nämlich genau das fordert: Die Bundesregierung und der Bundesminister für Äußeres werden aufgefordert, sich „mit allen zur Verfü­gung stehenden Mitteln für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine einzusetzen, um den Weg für eine Verhandlungslösung zu ermöglichen.“

Das ist für Sie und für die Regierung offensichtlich nicht von prioritärem Interesse, denn sonst hätten Sie es nicht im Ausschuss vertagt, also schubladi­siert und somit dem Zugang der Öffentlichkeit entzogen.

Sehr interessant ist – ich habe mir das aufgeschrieben – auch das, was Kollege Troch vorhin gesagt hat. Da sind wir als Freiheitliche Partei auch sehr, sehr gerne


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bereit, in eine offene Diskussion zu gehen, nämlich wenn es um allfällige Ziel­konflikte geht. Auf der einen Seite gibt es das Postulat der Unverrückbarkeit der Grenzen – Sie haben es die „Heiligkeit der gegebenen Grenzen“ genannt. Es wird ja gerade so getan, als ob Grenzen auf ewige Zeiten niemals mehr ver­rückt werden könnten. Auf der anderen Seite – Sie haben es wörtlich auch so genannt – steht das „Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker“, ein Menschenrecht, ein Grundrecht.

Selbstverständlich muss man auch in der Lage sein, abzuwägen und eine offene Diskussion zu führen, um dem Selbstbestimmungsrecht der Völker die Be­deutung beizumessen, die es verdient, und nicht die Heiligkeit der Grenzen – mir gefällt diese Formulierung – wie ein Mantra vor sich herzutragen und alle Diskussionen, die in Richtung Selbstbestimmungsrecht der Völker gehen, von vornherein mit diesem Pseudoargument abzudrehen.

Ich danke für den Hinweis – da sind wir sehr gerne bereit, zu diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)

17.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


17.33.47

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Ich möchte einmal kurz etwas korrigieren: Es ist kein Waffenstill­stand vor Ort, es ist kein Friede vor Ort in Armenien und Aserbaidschan. Ich war vor drei Wochen erst vor Ort, habe in Armenien, in Jerewan, unter an­deren auch mit dem Präsidenten gesprochen. Wir waren mit dem Young-Parliamentarians-Network der OSZE vor Ort und haben uns dort die Situation angeschaut. Ich habe ein Land kennengelernt, das weltoffen und freund­lich ist, die Menschen sind unglaublich gastfreundlich und optimistisch, gleichzei­tig herrscht aber eine Stimmung des Krieges.


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Ich habe Ihnen eine Karte mitgenommen (eine Karte von der Region Armenien und Aserbaidschan in die Höhe haltend): Das ist die aktuelle Situation, das ist Ar­menien, das ist Aserbaidschan, das ist Bergkarabach. Es gibt da – für die Leute, die es nicht wissen – den Latschin-Korridor. Ein Freund von mir hat mir vor einem Tag geschrieben, dass im Latschin-Korridor am Stepanakert-Goris-Highway Proteste ausgebrochen sind, dieser blockiert worden ist. Das ist die einzige Verbindung von Armenien nach Bergkarabach. Jetzt gibt es in Bergkarabach kein Gas, keinen Strom, kein Wasser, keine Versorgung mit Lebensmitteln. Es droht dort eine humanitäre Krise. Die Menschen vor Ort brauchen nicht nur Diplomatie, sondern auch Hilfe.

Ich bin sehr froh darüber, dass die OSZE entsprechende Beobachter entsendet hat. Ich wünsche mir auch österreichische Teilnahme. Wir haben fünf Beob­achter in Georgien, das ist mir bekannt. Ich wünsche mir noch viel mehr, damit Österreich auch vor Ort wirklich eine aktive Rolle einnimmt.

Ich möchte Ihnen auch berichten, die Menschen sind sehr hoffnungsfroh, aber es werden dort junge Soldaten getötet. Es sind hauptsächlich Soldaten, sie ha­ben dort zwei Jahre unbezahlten Militärdienst. Das ist auch ein Thema, das von den Young Parliamentarians vor Ort besprochen wurde, weil sie sehr inter­essiert sind, wie wir das machen. Vielleicht kommen wir da auch noch zu einer Lösung.

Nichtdestotrotz brauchen wir nicht nur von der Türkei eine Lösung, sondern auch vom Westen. So wie ich es erlebt habe, sind die Menschen sehr westlich orientiert. Trotz der Abhängigkeit von Russland bei Öl, Lebensmitteln, Erdgas sind es westlich orientierte junge Menschen, die hoffnungsvoll sind. Ich glaube, da muss sich der Westen einbringen, damit wir sie nicht an den Osten verlieren, sondern sehr wohl an uns heranführen.

Das ist die Hoffnung, die ich habe. Ich habe auch die Bitte an Sie, das ist auch die Bitte des Präsidenten, den wir getroffen haben: nämlich eine Botschaft vor


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Ort einzurichten. Das wird sehr negativ aufgenommen, dass nur in Aserbaid­schan eine Botschaft ist. Ich glaube, wir brauchen sehr wohl auch in Jere­wan eine. Das möchte ich Ihnen mitgeben.

Ich freue mich sehr, dass wir hier auch einen Antrag einbringen und dieses wichtige Thema, das im Schatten des Ukrainekriegs liegt, hier diskutieren, denn die Menschen in Armenien haben es sich verdient, dass diese Krise und die­ser Krieg auch im Westen diskutiert und beleuchtet werden. Wir werden nicht aufgeben, und ich weiß, in Ihnen einen Verbündeten zu haben, wenn es auch in dieser Region, im Südkaukasus, um Diplomatie geht. Wir hoffen, dass es wirklich Verbesserungen gibt und der diplomatische Weg nicht nur über Russland und die Türkei führt, denn das kann nie und nimmer eine gute Lösung sein. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.37


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Auch diese Abstimmung verlege ich an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses.

17.37.2818. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 2336/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend 200-jähriges Jubiläum der Unabhängigkeit Brasiliens (1864 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte.



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17.37.53

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Vorsitzende der parlamentarischen Freundschaftsgruppe mit Südamerika freut mich natürlich jede Verbesserung, jede Intensivierung der Be­ziehungen zu jedem Land in Lateinamerika. Brasilien ist natürlich ein ganz besonders wichtiges, ein sehr großes Land. So gesehen ist dieser Antrag sehr fein.

Ich denke, es ist politisch ganz generell wichtig, Lateinamerika am Radar zu haben, nicht nur was Wirtschaft betrifft, sondern auch was die Frage der Menschenrechte von Indigenen betrifft. In dem Zusammenhang unterstütze ich den Antrag, wie er vorliegt. Wir haben im Ausschuss auch den Antrag der FPÖ unterstützt, zu einem Zeitpunkt, als er dann endlich zur Abstimmung ge­kommen ist.

Was mir aber im Zusammenhang mit der Frage Wirtschaft, aber auch mit der Frage Indigene und Menschenrechte zu sagen wichtig ist: Ich glaube, es kann die Tatsache, dass es in Brasilien einen Regierungswechsel gegeben hat oder formal mit 1. Jänner geben wird, kein Grund sein, unsere Positionierung zum Mercosur-Vertrag zu ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nach wie vor so, dass dieser Vertrag viele, viele Schlupflöcher dafür bein­haltet, dass Firmen, dass internationale Firmengeflechte ohne jede Rück­sicht auf die Menschen, auf die Natur, auf die Umwelt, auf den Regenwald – als ganz, ganz wichtige globale Ressource – dort zerstören, ausnutzen und alles wirklich auf das Allerallerübelste ausbeuten können.

Ich sehe zwei Gefahren. Wir wissen, dass nicht nur Österreich eine reservierte Haltung hat, es sind auch noch ein paar wenige andere europäische Länder. Noch ist das Abkommen ja ein gemischtes Abkommen, es bedarf also auch der Zustimmung der Mitgliedstaaten und nicht nur der Kommission.

 


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Die Gefahr Nummer eins ist, dass das Abkommen gesplittet wird: in ein wirtschaftliches, das dann rein bei der EU liegt, und in ein zweites, nachhaltiges, kulturelles, politisches, wie auch immer, das dann ein gemischtes Abkom­men ist und bei dem wir nach wie vor Mitspracherechte oder auch Stopprechte, sage ich jetzt einmal, hätten. Das wäre nicht ausreichend.

Die zweite Gefahr, die ich sehe, ist, dass es zu Zusatzabkommen zum Mercosur-Vertrag kommen könnte, dass genau das, was jetzt schon unglaublich weich ist, was Nachhaltigkeit betrifft, was unglaublich schwer durchzusetzen ist, was die Umwelt, die Indigenenrechte, Menschenrechte, Sozialrechte betrifft, dann noch weiter unterlaufen und ausgehöhlt werden würde.

Ich glaube, wir müssen bei beidem achtsam sein, denn bei beiden Fragen oder bei beiden Strategien sind der Schutz von Menschen- und Umweltrechten nicht gewährleistet und das sehen wir in vielen anderen Ländern Lateinamerikas. Dazu braucht man nur nach Kolumbien zu schauen, um zu sehen, wie sich dort große Freihandelsabkommen auf die Menschen auswirken. Ich glaube, dass wir darauf ein wirklich sehr, sehr wachsames Auge haben müssen, und da­mit, unsere Meinung zu Mercosur zu ändern, nur weil Bolsonaro jetzt weg ist, wären wir – und auch die Menschen in Brasilien – nicht gut beraten. – Vie­len lieben Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Engel­berg. – Bitte.


17.41.10

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus – einmal heute noch! Das ist ein Antrag, der eigentlich das 200-jährige Jubiläum der Unabhängigkeit Brasiliens zum Gegenstand hat. Es gibt zu berichten, dass es ja traditionell freundschaftliche und eigentlich problemlose Beziehungen zwischen Brasilien und Öster­reich gibt; politisch, kulturell, wirtschaftlich, historisch sind wir be­reits freundschaftlich und eng verbunden.


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Aktuell leben 5 000 Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher in Brasilien, manche Familien schon seit Generationen. Das bilaterale Han­delsvolumen hat sich seit 2003 mehr als verdreifacht, österreichische Firmen haben circa 250 Niederlassungen in Brasilien – das sind alles sehr erfreu­liche Zahlen. Die Feiern in Brasilien zum 200-jährigen Jubiläum haben großteils schon stattgefunden.

Es gibt auch bereits eine sehr aktive Kulturzusammenarbeit zwischen Österreich und Brasilien: Es gibt die Casa Stefan Zweig in der Nähe von Rio de Janeiro, die österreichische Bibliothek in Curitiba und auch ein Österreich-Informations­zentrum in Porto Alegre, und alles weitere, also weitere Initiativen, insbe­sondere in Richtung eines strategischen Partnerschaftsabkommens, wollen wir sicher sehr gerne auch in Zukunft verfolgen.

Jetzt gilt es einmal abzuwarten. Ab Jänner kommenden Jahres wird ja ein neuer Präsident amtieren, und ich denke, dann wird es genug Gelegenheit geben, auch für die Zukunft zu schauen, wie die Beziehungen zwischen Brasilien und Ös­terreich noch vertieft werden können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Rössler.)

17.42


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


17.43.05

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Bundesminister! Als Antragssteller möchte ich kurz einleiten – Kollege Dr. Graf wird dann noch eingehender über diesen Antrag referieren –: Wo­rum geht es hier? – Wir sehen, dass wir da als Republik Österreich eine aus mei­ner Sicht einmalige Chance vertan haben, nämlich die Chance, dem mit Ab­stand größten, wichtigsten Land in Südamerika aus Anlass seines 200-jährigen Bestehens mit relativ wenig – ich sage jetzt einmal unter Anführungs­zeichen – „Aufwand“, wenn man sich unsere Vorschläge anschaut, sozusagen


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Respekt zu bezeugen und durch ganz offizielle Bemühungen zu seinem
200-jährigen Bestehen zu gratulieren.

Dieses 200-jährige Bestehen steht ja unmittelbar in engem Konnex zu Österreich, zur österreichisch-ungarischen Monarchie. Prinzessin Maria Leo­poldine, die Tochter von Kaiser Franz – vormals – II., dann I., spielt eine ganz wesentliche Rolle, wird in Brasilien als Dona Leopoldina hochverehrt. Es gibt auch sehr, sehr viele Österreicher, insbesondere aus Tirol und Vorarl­berg, die im 19. Jahrhundert in die südlichen Teile Brasiliens ausgewandert sind: Dreizehnlinden, Treze Tílias, und so weiter und so fort. Wir haben also schon historisch eine Verbundenheit zu diesem Land, und es gibt auch eine Bereitschaft Brasiliens, diese zu intensivieren, wir haben aber wenig bis gar nichts daraus gemacht.

Dieser Antrag ist ja bereits im März 2022 eingebracht worden, logischerweise, weil das Jubiläumsjahr jetzt bald aus ist – jetzt ist die Chance mehr oder weniger, also eher mehr als weniger vertan –, und wurde immer wieder vertagt. Das zeigt, dass die Regierung offensichtlich kein Interesse daran gehabt hat, da eine aus meiner und unserer Sicht einmalige Gelegenheit zu ergreifen, diesem wichtigsten Land in Südamerika unseren besonderen Respekt und unsere beson­dere Wertschätzung auf Grundlage gemeinsamer historischer Wurzeln zu bezeugen. Das finden wir schade. (Beifall bei der FPÖ.)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte.


17.45.30

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zu­seher!  Den gegenständlichen Antrag zum Anlass des 200-jährigen Jubiläums von Brasilien sehe ich als ideale Gelegenheit, um die Zusammenarbeit zu


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stärken, aber auch weiterzuentwickeln, nicht nur auf wirtschaftlicher, wissen­schaftlicher und politischer Basis, sondern natürlich auch um die wichtigs­ten Themen der aktuellen Zeit, das heißt die Menschenrechte, die Grundreche, den Umwelt- und Klimaschutz, als starke zweite Säule mit in diese Verein­barung aufzunehmen. Umso wichtiger ist es, dass es auch in dieser Weise formu­liert wurde. (Beifall bei den Grünen.)

Warum ist das so wichtig? – Gerade mit dem neuen Präsidenten von Brasilien ergibt sich Gott sei Dank die Chance, das wichtigste Erbe für den Klima­schutz, nämlich den großen Amazonasregenwald, dauerhaft vor einer weiteren Zerstörung zu sichern. Es ist die einmalige Chance, die gigantische Zerstö­rung, die gerade in den letzten Jahren unter dem bisherigen Präsidenten Bolso­naro unvorstellbare Ausmaße angenommen hat, zu beenden. Die Flächen, die jährlich zerstört wurden, unwiederbringlich zerstört wurden, haben ein Aus­maß von 13 000 Quadratkilometer – eine Zahl, die man sich flächenmäßig kaum vorstellen kann. Das entspricht der doppelten Fläche des gesamten Bun­deslandes Salzburg oder 30-mal der gesamten Stadt Wien – jährlich abge­holzte, unwiederbringlich verlorene Flächen, die weltweit unsere wichtigsten Lungen, die wichtigste Reserve und die wichtigsten Partner für den Klimaschutz sind!

Umso wichtiger ist, dass es jetzt gelingt, dass diese Zusammenarbeit ganz stark auch an Nachhaltigkeitskriterien, verbunden mit sozialen Kriterien, mit Men­schenrechtskriterien, geknüpft wird. Das Weltklima ist die wichtigste Basis über­haupt für die weitere Entwicklung und vor allem auch für die Chancen der nächsten Generationen. (Beifall bei den Grünen.)

Da sehe ich die Chance – diese Zusammenarbeit ist die Stunde der Wahrheit für die Nachhaltigkeitsziele, für die globalen Nachhaltigkeitsziele, für die
SDGs –, diese Zusammenarbeit als Richtschnur an den SDGs auszurichten, nicht nur an Umweltzielen, sondern natürlich auch an der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit, wie es da formuliert ist. Es betrifft in Wahr­heit auch die Themen Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, intakte


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Natur und eine an der Nachhaltigkeit ausgerichtete Energieversorgung. Das alles sind Faktoren, die für den Wohlstand, letztlich aber auch für das Überleben und für die Klimaresistenz der nächsten Generationen die Grundlage sein werden.

Es ist eine Chance, es ist eine Aufgabe, es ist aber auch eine große Verantwor­tung von Ländern wie Österreich, da eine tragende Rolle zu übernehmen. (Beifall bei den Grünen.)

17.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Graf. – Bitte.


17.48.40

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses und auch Zuschauer vor den Bildschirmen! Ich verfolge schon den ganzen späteren Nachmittag und frühen Abend die außenpolitische Debatte, und es ist uns ja gelungen, diesen Brasilienantrag zumindest über die Geschäftsordnung auch ins Plenum zu bekommen, letztlich im Ausschuss auch darüber abzustimmen, und deswegen sind wir auch in der Lage, heute hier darüber zu diskutieren.

Es ist eigentlich schade, dass man vonseiten des offiziellen Österreichs, des Außenministeriums, die 200-Jahr-Feier oder die Unabhängigkeit Brasiliens mehr oder weniger vergessen hätte, angenehm einschlafen lassen hätte. Ich erin­nere daran, dass man schon seit Jahren darauf vergessen hat, nicht erst wegen Bolsonaro, ja, denn ich kann mich erinnern, dass Ihr Vorgänger (in Richtung Bundesminister Schallenberg) ja auch auf Lateinamerika vergessen hat, insbeson­dere darauf, auf den Big Player zu schauen. Damals war dort noch ein ganz anderer Präsident und man hat betreffend diesen Punkt relativ wenig gemacht.

Wir haben das eben durch das Einbringen eines sehr wohldurchdachten, wohltemperierten, würde ich sagen, ausgewogenen Antrages konterkariert, der im Vorfeld auch mit vielen Stakeholdern besprochen worden ist. Man kann,


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glaube ich, mir und meiner Fraktion in diesem Punkt überhaupt nicht den Vor­wurf machen, wir hätten uns nicht um eine gemeinsame Lösung, einen gemeinsamen Antrag bemüht. Ich habe bilaterale Gespräche mit Vertretern der Grünen geführt, ich habe oftmals mit Vertretern der ÖVP gesprochen, ich war im Ministerium, ich habe auch mit Freunden aus der Sozialdemokratie ge­sprochen, auch mit Vertretern der NEOS. Immer wieder wurde zugesagt, dass man etwas Gemeinsames auf die Reise bringen wird, und dann ist ein Schwälblein entstanden, das man uns ein paar Stunden vor der Abstim­mung zur Konterkarierung unseres Antrages vorgelegt hat. Weil man schon wusste, dass er im Plenum zur Abstimmung kommt, wollte man sich keine Blöße geben und hat so einen mehr oder weniger nichtssagenden Antrag seitens der Regierungsparteien eingebracht, in dem der Herr Bundesminister er­sucht wird, weiterhin alle möglichen Dinge in Bezug auf Menschenrechte zu unternehmen, aber eben überhaupt nichts Konkretes drinnen steht.

Was haben wir im Gegenzug vorgeschlagen, das man machen sollte? – Wir ha­ben uns daran angelehnt, was Österreich anlässlich der 200-Jahr-Jubiläums­feier der Unabhängigkeit der USA damals unter einem Bundeskanzler Kreisky mit seiner Alleinregierung gemacht hat. Ich füge hinzu, dass man damals als Pendant einen republikanischen Präsidenten gehabt hat, also nicht un­bedingt einen Gesinnungsfreund, nämlich Gerald Ford, der Nixon beerbt hat. Das ist damals also eine Skandalpartei im tiefsten Sumpf gewesen, aber man hat die Größe gehabt, da etwas zu machen. Man hat Crowdfunding mit massiven Spendenaufrufen gemacht, die Regierung hat die Spendensumme verdop­pelt, um einen Lehrstuhl an der Universität in Stanford nachhaltig zu installieren. Der wird aus den Zinsen bis heute bedient; wir haben da einen Stellen­wert. In Minnesota wurde ein Zentrum österreichischer Forschung gegründet. Es wurde eine eigene Briefmarke aufgelegt und vieles andere mehr. Man hat sich erkenntlich gezeigt und eine gute, freundschaftliche Beziehung gepflogen.


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Wir haben Ähnliches vorgeschlagen. Man sollte einen wissenschaftlichen Preis ausloben, im Zusammenhang mit dem wahrscheinlich größten Player be­treffend Umwelt und Zukunft und so weiter. Zu dotieren wäre das mit einmalig 50 000 Euro, haben wir vorgeschlagen. Das hätten wir diskutieren können. Wir haben angeregt, ein Kulturinstitut in diesem Land zu implementieren, und das alles immer mit Österreichbezug, damit wir auch unsere Position dort stärken – dazu noch viele andere kleinere Dinge, die sehr stimmig gewesen sind. Dem sind Sie als Regierungsparteien und als Minister leider nicht nähergetreten.

Sie haben vorhin, in der vorletzten Debatte gesagt – Herr Bundesminister, ich habe aufmerksam zugehört –, es ist Ihnen bei Amerika und auch bei Israel vollkommen egal, wer gerade Regierungschef oder Präsident ist, das sind unsere Partner. Weil wir nur mehr 20 Prozent der Staaten im Zeichen der westlichen Werte vereinigen können, müssen wir schauen, dass wir mehr Partner gewinnen. Wie wollen wir die aber gewinnen, wenn wir keinen Schritt auf die Staaten zugehen, die an der Schwelle stehen, wenn wir nicht versuchen, mögliche Part­ner aus anderen Blöcken, wie zum Beispiel die Demokratien in Latein­amerika und allen voran auch Südamerika, an uns zu binden oder auch nur zu assoziieren?

Ursula von der Leyen beschwört gerne: The West Against the Rest. Das ist ungefähr das, was Sie heute hier gesagt haben: Wir müssen schauen und Doktrinen verabschieden und, und, und. Da teilen wir schon Ihre Sicht. Warum ist es aber eigentlich bei Brasilien nicht wurscht gewesen, wer Präsident in einer Demokratie ist? Jetzt ist der Zustand eingetreten, dass die Wahlen ohnehin anders ausgegangen sind. Ich hoffe, dass Lula mit seinem Regime – jetzt ein linkes Regime – nicht wiederum in die Korruptionsfalle der Vergangenheit tritt. Uns ist es vollkommen egal, wer Präsident ist. Es geht um die Menschen, es geht um die Möglichkeiten, um den Ausbau der Beziehungen, den Öster­reich da vielleicht erzielen kann, darum, da etwas zu machen.

Wir werden entgegen dem, was wir im Ausschuss gemacht haben, auch dem Antrag der Regierungsparteien zustimmen, und zwar nicht, weil wir glauben, dass


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der über Nacht besser geworden ist, sondern weil wir sagen: Okay, wenn schon das kleinste Flämmlein, die schwächste Flamme gezündet worden ist, wol­len wir sie wenigstens nicht schwächen, sodass es wenigstens ein Allpar­teienbeschluss wird, damit ein bissel ein Gewicht dahinter ist. Wir werden aber auch über unseren Antrag abstimmen lassen. Am liebsten hätte ich eine namentliche Abstimmung gemacht, um zu sehen, wer wirklich dauerhaft ein Freund Brasiliens ist und wer nicht. Das werden wir auch unterlassen. Wir wollen das Gute, Herr Außenminister und Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, aber wir werden den Finger draufhalten. Auch im Jän­ner, Februar und März gibt es noch Chancen, konkrete Projekte im Sinne der Ökologie, im Sinne der Ökonomie und auch im Sinne guter partnerschaft­licher Zusammenarbeit mit einem Big Player umzusetzen, der sehr wohl verdient, dass man ihm Respekt zollt, zumal wir auch historisch mit der Unabhängigkeit Brasiliens tief verbunden sind und im Jahre 1822 einen Gutteil dazu beigetragen haben.

Ich nehme es als Startschuss und nicht als Endkapitel, Herr Minister. Wir werden Sie und Ihre Regierungsparteien beim Wort nehmen und nicht aufhören, da aktiv zu werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.56


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli zu Wort. – Bitte.


17.56.24

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt viel über den Antrag zu 200 Jahre Unabhängigkeit Brasiliens gehört. Das ist Grund genug, die Beziehungen weiter zu vertiefen. Das Gelb in der brasilianischen Flagge – das habe ich heute von einem Mitarbeiter erfahren, das habe ich nicht gewusst – geht auf die Habsburger zurück. Erzherzogin Leopoldine von Habsburg, die vor fast 200 Jahren nach Brasilien gegangen ist und dort dann Kaiserin war, wird heute noch als Nationalheldin gefeiert.


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Es gibt viele gute Gründe für eine Zusammenarbeit: kulturell natürlich, wissenschaftlich, aber vor allem natürlich auch wirtschaftlich. Welche Gründe sind die wesentlichsten für Österreich, warum wir diese Beziehungen noch ausbauen sollten? – Erstens: Brasilien ist der größte Wirtschaftspartner in Südamerika. Das bilaterale Handelsvolumen hat sich in den letzten 20 Jah­ren mehr als verdreifacht. Allein die Steigerung des Exportvolumens im vergan­genen Jahr beträgt um die 30 Prozent und jene der Einfuhren sogar 40 Pro­zent. Das sind hauptsächlich Rohstoffe und Früchte.

Zum Zweiten geht es aber auch um den Einfluss auf den Klimawandel: Das Amazonasgebiet spielt im Kampf gegen den Klimawandel eine enorme Rolle, denn die Zerstörung der grünen Lunge beeinflusst uns alle. Gerade in den letzten Tagen, letzten Wochen des Expräsidenten ist dort extrem viel abge­holzt worden. Da wurde versucht, noch so viel wie möglich herauszuholen. Die Abholzung ist auf ein Rekordniveau gestiegen. Deswegen ist der Sieg von Präsident Lula da Silva wahrscheinlich auch für Europa ganz, ganz relevant, weil er sich dezidiert gegen die Abholzung ausgesprochen hat, es sich aber auch zum erklärten Ziel gemacht hat, sich für Menschen- und Grundrechte einzusetzen.

Drittens geht es um die geopolitische Relevanz, weil China überall dort expandiert, wo es geht. Die Chinesische Republik hat mittlerweile in ganz Süd­amerika ihre Stützpunkte aufgemacht, aber vor allem enormen Einfluss auf Brasilien genommen. Ich glaube auch, dass wir wieder einmal eine Freihan­delsdiskussion führen müssen, heute nicht. (Abg. Loacker: Wer ist gegen Mercosur? Ich kann mich da nicht mehr erinnern! Welche Partei?) – Wer mich kennt, weiß, ich bin pro, also ich bin ein Mensch, der fairen Freihandel vertritt. Ich glaube, fairer Freihandel bringt Wohlstand für alle. Auch darüber müsste man natürlich diskutieren, aber das machen wir zu einem anderen Zeitpunkt.

Heute möchte ich noch einer Person danken und auch noch ganz kurz auf das Ambiente in diesem Haus zu sprechen kommen. Ich finde, gerade in der Außenpolitik ist es so, dass wir oft viel mehr Miteinander finden als in vielen


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anderen Bereichen. Das ist wunderschön. Deswegen ist außenpolitisches Engagement auch sehr, sehr wichtig, weil wir da Brücken zueinander bauen.

Wertschätzung und Respekt sollen auch wieder in dieses Haus einziehen. Das ist eines der Dinge, die ich noch gerne erreichen möchte, solange ich hier bin, nämlich dass die Menschen mehr das Gemeinsame sehen, dass wir mehr Respekt voreinander haben und uns nicht in dem Ausmaß herabwürdigen, wie das hier oft passiert.

Penny Bayr ist jetzt seit 20 Jahren im Parlament. Ich habe sie über unser SDG-Projekt näher kennenlernen dürfen. Sie hat bewiesen, dass man auch mit außenpolitischem Engagement trotzdem bei seinen Wählerinnen und Wählern gut ankommt. Alexis Wintoniak, unser Vizedirektor im Parlament, hat vor ein paar Wochen zu uns gesagt, dass es leider oft ganz schwierig ist, Menschen dafür zu begeistern, weil sich das im Wahlkreis ja dann oft nicht rechnet und für das Mandat nicht zu Buche schlägt. Deswegen ist es umso wichtiger, dass es Leute gibt, die wirklich auch die Bereitschaft zeigen und sagen: Ich tue es trotzdem! Betreffend das Mandat ist die Frage: Habe ich es wieder oder habe ich es nicht?

Liebe Penny, wir beide könnten wahrscheinlich ideologisch nicht unter­schiedlicher sein, wir stehen diesbezüglich sicher jeweils ganz woanders, aber wir haben einen wunderbaren Draht zueinander gefunden, und diesen Unterschied erlebe ich eigentlich als extrem wunderbar, weil man so viel nach­fragen kann und auch eine andere Herangehensweise sieht. Ich möchte dir auch für die Einführung bei den Vereinten Nationen und für den Wissenstransfer danken. Danke für die 20 Jahre, die du dich für dieses Haus engagiert hast!

Es gibt zwar noch Trennendes, es ist aber, glaube ich, wesentlich, dass wir das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Und jetzt noch ein Aufruf unsererseits – ich spreche sicher auch für die Penny –, dass ihr alle euch bei unserem SDG-Projekt noch mehr einbringt, wir haben ja zukünftig im Par­lament auch jedes Mal kleine Ausstellungen dazu. Bitte bringt euch ein, macht


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mit! Auch das ist etwas, bei dem wir wieder das Gemeinsame vor das Tren­nende stellen können. Ich glaube, dieses Haus – auch das neue Haus drüben – braucht das im Moment am allermeisten. – Danke. (Anhaltender Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS sowie des Abg. Amesbauer. – Abg. Jeitler-Cin­celli überreicht Abg. Bayr einen Blumenstrauß.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Das war ein schöner Abschluss einer Debatte.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich würde jetzt vorschlagen, in den Abstimmungsvorgang einzutreten. – Gut.

18.01.48Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 15 bis 18


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Abstimmung über Tagesord­nungspunkt 15: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, den Außen- und Europapolitischen Bericht 2021 der Bundesregierung III-770 der Beila­gen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Reinhold Lopatka, Michel Reimon, Jörg Leichtfried, Axel Kassegger, Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Eintreten gegen die Todes­strafe im Zusammenhang mit den Protesten im Iran“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen. (295/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „poli­tisch willkürlich motiviertes Vorgehen gegen den Istanbuler Bürgermeister Ima­moglu“.


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Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Axel Kassegger, Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verurteilung und Stopp der Türkischen Angriffe in Nordostsyrien und dem Nordirak“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, den Abschluss des Staatsvertrages: Erklärung der Repu­blik Österreich über die Rücknahme des österreichischen Einspruchs gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung, in 1664 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz zu genehmigen.

Wer ist für diese Genehmigung? – Das ist einstimmig so angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: die dem Ausschussbericht 1768 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Einsatz für Ende der Gewalt und notwendiges Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig so angenommen. (296/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1864 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 2336/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1864 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Förderung und Vertie­fung der bilateralen Beziehungen mit Brasilien“.


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Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig so angenommen. (297/E)

18.04.5619. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (1772 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Hee­resdisziplinargesetz 2014 und das Heeresgebührengesetz 2001 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2023 – WRÄG 2023) (1875 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum nächsten Tagesordnungs­punkt, zu Tagesordnungspunkt 19.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Frau Bundesministerin Klaudia Tanner in unserer Mitte – die auch alle begrüßt – und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Friedrich Ofenauer das Wort. – Bitte.


18.05.40

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es war vor circa einem Monat, als wir hier im Parlament einen richtungsweisenden Beschluss zum Budget des österreichischen Bundesheeres gefasst haben: zusätzliche 5,3 Milliarden Eu­ro bis 2026, insgesamt 16 Milliarden Euro für das österreichische Bundesheer, ein klares Bekenntnis, diesen Budgetpfad bis 2032 weiterzugehen. Damit haben wir eine klare, eine richtungsweisende und vor allem auch eine notwendige Trendwende geschafft, was die finanzielle Ausstattung des österreichischen Bun­desheeres betrifft.

Und jetzt geht es darum, diese finanziellen Mittel auch in die nötige Ausrüstung zu investieren, aber nicht nur das, sondern auch darum, die sonstigen Rah­menbedingungen zu schaffen, modernes Gerät anzuschaffen, die Kasernen auf


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einen modernen Stand zu bringen. Das alles sind Bereiche, derer sich unse­re Bundesministerin Klaudia Tanner in ihrer bisherigen Amtszeit bereits sehr erfolgreich angenommen hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Derartige Anschaffungen von Material und Gerät sind das eine, aber das ist alles nichts, wenn es nicht auch die Menschen gibt, die dieses Gerät dann bedie­nen können. Es geht um das Personal, es geht um die Soldatinnen und Soldaten. Mit dem heutigen Beschluss des Wehrrechtsänderungsgesetzes treffen wir Regelungen, die genau dort, nämlich an der Basis des österreichischen Bundes­heeres, ankommen. Diese Basis sind unsere Soldatinnen und Soldaten, von der Miliz über den Kader, und vor allem auch die Grundwehrdiener. Gerade die Grundwehrdiener sind wichtig, denn sie sind unser mögliches zukünftiges Personal für den Kader oder auch für die Miliz. Sie gilt es, nicht nur an der Waffe auszubilden und mit den militärischen Grundkenntnissen zu versehen, sondern vor allem auch für den Soldatenberuf oder für die Miliz zu begeistern.

Wir versuchen, das zu unterstützen, indem wir jetzt die finanzielle Situation der Grundwehrdiener verbessern, indem wir die Besoldung auf 500 Euro erhö­hen. Es kann durchaus sein, dass der eine oder andere meint, wir hätten das bis auf die Höhe der Mindestsicherung erhöhen müssen. Sie müssen da aber auch eine mögliche Wohnkostenbeihilfe, Verpflegung, die bereitgestellt wird, dazurechnen und auch das Klimaticket dürfen wir nicht außer Acht lassen.

Wir verbessern auch die Möglichkeiten und die Rahmenbedingungen für den Bezug der Freiwilligenprämie oder der Kaderausbildungsprämie. Wer sich nämlich zur Miliz- beziehungsweise zur Kaderausbildung meldet, bekommt diese Prämie schon von Beginn seines Grundwehrdienstes an. Und, auch ganz wichtig: Wir erleichtern die Möglichkeiten, sich einem Eignungstest zu unterzie­hen. Man muss jetzt nicht mehr Präsenzdienst leisten, sondern kann diesen Test auch absolvieren, wenn man nicht Dienst im Bundesheer leistet.

Auch die Möglichkeit, eine Anerkennungsprämie zu vergeben, soll motivieren, sich zur Miliz zu melden. Und es wird auch die Möglichkeit geschaffen, dass jene,


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die viele freiwillige Waffenübungen absolvieren oder Funktionsdienste absolviert haben, oder eine Funktionen ausüben, die mit besonderen Belastun­gen versehen sind, eine besondere Anerkennungsprämie erhalten.

Erwähnen möchte ich auch, dass wir erst vorgestern eine Dienstrechts-Novelle beschlossen haben, die auch den Soldatinnen und Soldaten zugutekommt, vor allem, was die höheren Einstiegsgehälter betrifft. Ich bin mir dabei durchaus dessen bewusst, dass wir im Bereich der Unteroffiziere noch Regelungsbe­darf haben, bin aber dennoch zuversichtlich, dass wir auch in diesem Bereich im nächsten Jahr entsprechende Fortschritte erzielen können.

Das Jahr 2022 war für uns alle herausfordernd, auch für die Soldatinnen und Soldaten im österreichischen Bundesheer. Aber ich denke, letztendlich war es doch, vor allem auch in finanzieller Hinsicht, erfolgreich. Und was wichtig ist: Die Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres konn­ten alle ihre Aufträge und Aufgaben im Jahr 2022 hervorragend erfüllen. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich! Ich wünsche im neuen Jahr 2023 alles Gute für die anstehenden Aufträge und Aufgaben und dabei auch viel Soldaten­glück! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

18.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.


18.09.59

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger unserer Heimat Österreich! Die bessere Besoldung von Grundwehrdie­nern sowie weitere finanzielle Anreize fanden die Zustimmung aller Partei­en im Landesverteidigungsausschuss, und davon profitieren auch jene Männer, die Ersatzdienst, also Zivildienst leisten.

Es ist ein erster und dringend notwendiger Schritt, um die galoppierende Inflation und die Kostenexplosion im täglichen Leben ansatzweise zu mildern –


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von dem Ziel, Grundwehrdiener und Zivildiener analog der Mindestsiche­rung zu entlohnen, sind wir noch etwas entfernt.

Lassen Sie mich aber auch ein anderes, sehr aktuelles Thema ansprechen: Wir befinden uns in Woche drei des Advents, aber es ist die Stunde null der Wahrheit. Sie, liebe Österreicherinnen und Österreicher, verdienen es, zu er­fahren, dass Sie von der ÖVP bewusst hinter das Licht geführt wurden, was Ihre Sicherheit und Ihren Schutz im Zusammenhang mit irregulärer Migration an­belangt. Damit muss nun endlich Schluss sein! Es ist bestimmt kein Zufall, dass Rumänien und Bulgarien vor der Landtagswahl in Niederösterreich als Sün­denböcke für das Versagen der für Sicherheit zuständigen Minister herhalten mussten. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Natürlich ist Österreich berechtigt, ein Veto auszusprechen – das die Regierung dann aber bitte fundiert zu erklären hat. (Abg. Ofenauer: So wie ihr!)

Es ist kein Zufall, dass alle ÖVP-Innenminister der letzten Jahre aus Nie­derösterreich kamen. Landeshauptfrau Mikl-Leitner, die 2015 selbst als Innen­ministerin Zelte aufstellte, will wiedergewählt werden, und dafür werden Rumänien und Bulgarien abgewählt.

Nun zu Ihrem Ressort, Frau Verteidigungsministerin. Was ist seit 2015 ge­schehen? – Unter sozialdemokratischer Regierungsführung wurden konkrete Vorkehrungen durch den für Landesverteidigung zuständigen Minister Doskozil getroffen. Bundesminister Doskozil nutzte 2016 die einjährige Präsi­dentschaft Österreichs in der Zentraleuropäischen Verteidigungskoope­ration, kurz CEDC, aktiv für den Aufbau eines zivil-militärischen Grenzschutzes mit regionalen Partnern. Er setzte sich aber auch für eine regionale zivil-militärische Kooperation bei Abschiebungen ein.

Im Jänner 2017 präsentierte Doskozil als Erster ein Konzept für Migrations- und Verfahrenszentren außerhalb der EU. 2017 einigten sich in Wien auf seine Initiative Innen- und Verteidigungsminister aus 15 Staaten auf einen gemeinsa­men Aktionsplan mit einem Krisenmechanismus. Dieser hätte ausgelöst


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werden sollen, ja müssen, falls sich die Situation von 2015 wiederholen sollte (Zwischenrufe der Abgeordneten Gerstl und Schmuckenschlager), Rumänien und Bulgarien waren beteiligt, heuer wäre es so weit gewesen, mei­ne Damen und Herren! (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Gerstl und Schmuckenschlager.)

Im September 2017 fand unter dem sozialdemokratischen Verteidigungsminister Doskozil erstmals auch eine große zivil-militärische Grenzschutzübung mit Beteiligung zentraleuropäischer Staaten in Österreich statt. An dieser Übung nahmen mehr als 2 300 Soldaten teil. (Abg. Hanger: Ah, ein Doskozil-Fan! – Abg. Stocker: Ist das die Rede für den nächsten SPÖ-Parteitag?)

Die Grundlage für die regionalen zivil-militärischen Schutzmaßnahmen durch Polizisten und Soldaten war der 2017 beschlossene Plan, der leider nie umgesetzt wurde, denn dann kam Kurz. Verantwortlich sind die Innenminister Sobotka, Nehammer und Karner! (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschla­ger.Balkanroute geschlossen: Das war das Wahlkampfthema der Nationalrats­wahl 2017, und damit wurde das Volk vom jungen Regenten geblen­det, meine Damen und Herren. (Abg. Schmuckenschlager: ... Obmann Doskozil?)

Meine Damen und Herren! Heuer hat Österreich wieder die Präsidentschaft in der CEDC inne, erst vor zwei Wochen trafen sich die Verteidigungsmi­nister, und obwohl sich aktuell wieder eine Situation wie 2015 ereignet, wurde das Thema Migration heuer nicht einmal in der Abschlussdeklaration erwähnt. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Es finden keine konkreten regionalen Schutzmaßnahmen statt. (Abg. Schmuckenschlager: Wann kommt endlich Doskozil?)

Insbesondere wurden der Plan und die Initiative Doskozils durch die ÖVP kaltgestellt, denn wo kämen wir denn da hin, wenn ein roter Verteidi­gungsminister ein Konzept der Grenzsicherung durchsetzen würde? Das passte nicht zum Projekt Ballhausplatz von Kurz. (Abg. Schmuckenschlager: Dosko­zil ... nicht kaltgestellt!)


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Ich möchte eines klarstellen: In den letzten Tagen wurde viel über die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengenraum polemisiert. (Zwischenruf des Abg. Ofenauer.) Der Schengenraum ist ein Friedensraum, ein besonderer Schutzraum, und dieser Raum kann nur mit einem effektiven zivil-militä­rischen Grenzschutz funktionieren, andernfalls ist Schengen bald Geschichte. (Abg. Hanger: Ist das jetzt Doskozil-Linie oder Rendi-Wagner?)

Meine Damen und Herren! In Österreich gilt der gesellschaftliche Grundsatz: Qualität vor Quantität. Menschen menschenwürdig zu behandeln ist un­sere vornehme Pflicht – Zelte sind es nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Arbeiten wir an einem rot-weiß-roten Grenzschutzkonzept für Österreich und arbeiten wir kooperativ in Europa, damit aus der aktuellen grenzenlosen Asylregistrierung eine ordentliche Asylbewältigung wird! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Volker Reifen­berger. – Bitte.


18.15.52

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Heute werden wir einstimmig die Erhöhung der Bezüge der Grundwehrdiener beschlie­ßen. Der Anstoß für diesen Beschluss geht aber auf einen FPÖ-Antrag zurück, in dem wir die Anhebung der Grundwehrdienerbezüge auf die Höhe der Mindestsicherung gefordert haben. Diese Erhöhung erreichen wir nicht ganz, auch wenn versucht wird, das jetzt so hinzurechnen, aber der heutige Be­schluss stellt eindeutig einen Schritt in die richtige Richtung dar.

Nicht nur die Grundwehrdiener, sondern auch die Berufssoldaten hätten sich eine deutlich höhere finanzielle Entlohnung verdient, und zwar nicht in dieser lächerlichen Höhe, wie Sie sie vorgestern hier im Hohen Haus beschlossen haben. Die Gehälter, die das Bundesheer bezahlt, sind in


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vielen Bereichen leider nicht mehr marktkonform, und daher sind wir oft nicht konkurrenzfähig.

Eine deutliche Gehaltserhöhung hätten sich alle Soldaten verdient, und zwar angefangen beim Chargen über den Unteroffizier bis zum Offizier. Dazu gehört aber auch, dass wir jene Offiziere, die auf der Militärakademie und auf der Landesverteidigungsakademie akademische Abschlüsse erwerben, auch wie Aka­demiker bezahlen – es ist eine Einzigartigkeit im öffentlichen Dienst, dass wir das beim Bundesheer nicht tun.

Wir verlieren auch im Bereich der Unteroffiziere pro Jahr ungeplant circa 120 bis 140 Soldaten, das ist in etwa ein Drittel eines Ausmusterungsjahrganges auf der Heeresunteroffiziersakademie. Dazu kommt dann noch der sogenannte natürliche Abgang, also Pensionierungen, die gerade bei geburtenstarken Jahrgängen schmerzlich sind. Wir brauchen also viel mehr Nachwuchs, und mehr Geld wäre da ein wichtiger Motivationsfaktor, um zum Beispiel gegenüber dem Polizeiberuf konkurrenzfähig zu bleiben beziehungsweise zu werden – wo­bei man sagen muss, dass auch die Polizei inzwischen Probleme bei der Rekrutierung hat.

Eines ist aber auch klar: Geld ist nicht alles. Niemand geht zum Militär, um reich zu werden – man geht zum Militär, um eine interessante Ausbildung zu durchlaufen, um Spannendes zu erleben, und da sind die vielen frustrierenden Assistenzeinsätze und Unterstützungsleistungen nicht wirklich hilfreich. Denken wir zum Beispiel an die Botschaftsbewachung in Wien, das Packerl­schupfen, das Fiebermessen, das Contacttracing während der Corona­pandemie oder auch an den jahrzehntelangen Grenzeinsatz, der in seiner derzei­tigen Form leider zahn- und sinnlos ist. In meinen Augen ist das ein Miss­brauch unseres Bundesheeres, junge Soldaten sollten in dieser Zeit lieber besser ausgebildet werden und sich auf ihre eigentliche Hauptaufgabe konzentrie­ren können: auf die militärische Landesverteidigung.


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Mir liegt eine Statistik vor, laut der es im Jahr 2021 16 195 Grundwehrdiener gab, von denen aber nur bei 1 482 eine erfolgreiche Absolvierung der sogenannten Basisausbildung 3 gespeichert ist. Selbst, wenn man jetzt be­rücksichtigt, dass da noch einige Fehlspeicherungen im System vorlie­gen, ist doch festzuhalten, dass wir maximal 2 000 Grundwehrdiener pro Jahr vollständig militärisch ausbilden, einer vollständigen Basisausbildung un­terziehen – das ist in meinen Augen eine Katastrophe! Frau Bundesministerin, da müssen wir bitte ansetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter David Stög­müller. – Bitte.


18.19.26

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucher auf der Galerie! Wir beschließen heute eine Verbesserung, und dafür braucht es keinen Antrag im Vorfeld, denn wir haben schon längst angekündigt, dass wir Verbesserungen im Grundwehrdienst und im Zivildienst beschließen werden.

Das war einer der grundlegenden Punkte im Regierungsübereinkommen, weil wir gesehen haben, die Grundwehrdiener sind eine Stütze des Bundesheeres. Sie sind eine unglaubliche Hilfe, wenn Not am Mann ist. Wenn Personen für außerordentliche Einsätze gebraucht werden, dann ist das Bundesheer immer vorne mit dabei, und dazu gehören auch die Grundwehrdiener, und des­wegen möchte ich allen Grundwehrdienern, allen Zivildienern, allen Soldatinnen und Soldaten da draußen wirklich einmal Danke sagen für ihre Arbeit, die ja gerade in den letzten Jahren so oft gebraucht wurde. Vielen Dank dafür! (Bei­fall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Wir als Regierungsfraktionen haben das erkannt und haben Verbesserungen eingeleitet. Das hat schon letztes Jahr begonnen, und es war immer klar, dass wir auch in der Besoldung Verbesserungen benötigen. Da ist jahrzehntelang nichts passiert.


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Wir haben erkannt, dass da nicht nur eine kleine Valorisierung passieren soll, sondern es wirklich einen Quantensprung braucht. Es ist nicht nur ein bisserl mehr Geld geworden, sondern es ist eine Erhöhung um fast 100 Prozent erfolgt, fast eine Verdoppelung der Grundvergütung, das Gehalt ist gestie­gen. Ich glaube, das ist die Wertschätzung, die diese jungen Burschen wirklich dringend benötigen und auch verdient haben. – Das ist das eine. Wir wer­den, und das möchte ich auch besonders betonen, nicht aufhören. Wir werden nötige Verbesserungen im Grundwehrdienst auch weiter voranbringen.

Wir haben mit Mauthausen ein Projekt geschaffen, bei dem junge Menschen mit den dunkelsten Zeiten unserer Vergangenheit konfrontiert werden. Denn wann hat man sonst die Möglichkeit, so viele junge Burschen aus allen Teilen der Gesellschaft, aus allen Bildungs- und Einkommensschichten in einer Institu­tion zusammenzubringen und ihnen das zu vermitteln, beizubringen?

Der Grundwehrdienst ist die Visitenkarte des Bundesheeres. Das haben wir auch erkannt, und wir werden in die Infrastruktur investieren, werden in bessere Ausbildungen investieren. Wir werden in eine sinnvolle Zeit investieren. Das ist ja genau der Punkt: Sie wissen, wir Grüne sind immer gegen den Assistenz­einsatz gewesen, wir sind auch dagegen, dass da Grundwehrdiener eingesetzt werden. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Das ist nicht sinnvoll. Da haben wir auch schon Verbesserungen herbeigeführt, dass nicht mehr so viele Grund­wehrdiener an der Grenze stehen müssen, sondern auch besser ausgebil­dete Soldaten vor Ort sein sollen. (Zwischenruf des Abg. Laimer.)

Das werden wir weiter voranbringen. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg, haben da auch entsprechende Verbesserungen zusammenbekommen, und ich glaube, wir werden diesen Weg weitergehen. Ich bedanke mich auch bei Ihrem Haus (in Richtung Bundesministerin Tanner) für die Umsetzung. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Helmut Brand­stätter. – Bitte.



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18.22.30

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie­be Zuseherinnen und Zuseher! Aus dem Buch „Die Zukunft der Demokratie“ von Herfried Münkler (das genannte Buch in die Höhe haltend) habe ich heute schon einmal zitiert, aber ich möchte es noch einmal machen, Frau Bundesminis­terin. Es geht um einen wesentlichen Satz, den er da schreibt: „Auch wenn die Globalisierung vermutlich jetzt für einige Zeit stagnieren wird, stellen ihre bisherigen Folgen doch eine Herausforderung für die Demokratie dar.“

Herausforderungen für die Demokratie gibt es in vielen Bereichen; die gibt es im Bereich Handel – darüber haben wir heute schon geredet –, in der Wirt­schaft, in der Politik, aber selbstverständlich auch in der Verteidigung, und das ist natürlich eine schmerzhafte Entwicklung für uns.

Ich habe heute von einem, glaube ich, amerikanischen Experten gelesen, der sagt, der Einschnitt durch den 24. Februar wird größer sein als der durch 9/11. Er wird noch mehr auf der Erde verändern. Was wir aber jedenfalls gelernt haben – und der Außenminister hat es ja heute auch gesagt –, ist, dass die Zeit, als wir sagen konnten, wir leben in dieser Post-89-Zeit und können die Friedensdividende genießen – und es war ja wirklich wunder­bar –, auf jeden Fall vorbei ist. Und das bedeutet auch, dass wir mehr in unsere Sicherheit investieren müssen.

Wir werden an anderer Stelle auch über Waffensysteme und Ähnliches sprechen, heute aber sprechen wir über die Menschen, denn das ist auch sehr wichtig. Es ist natürlich richtig, dass sie eine Aufwertung bekommen. Die­jenigen, die als Soldatinnen und Soldaten ihren Dienst versehen, sollen mehr be­kommen. Das ist ein wichtiger Beschluss, dem stimmen wir zu. Diese Ver­besserung in der Besoldung ist richtig.

Es gibt aber, wie schon angesprochen wurde, weiterhin Probleme beim Personal, nämlich für Auslandseinsätze. Ich war im März in Washington, und da kamen


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schon kritische Stimmen: Was macht ihr jetzt? Werdet ihr jetzt aktiver werden? – Bis jetzt haben wir es da immer leicht gehabt. Wir haben gesagt, wir haben ja die Auslandseinsätze und wir machen ja sehr viel auch im Rahmen der Vereinten Nationen. Da kann man schon hinterfragen, ob das ausreicht und ob wir nicht mehr machen müssen.

793 österreichische Männer und Frauen sind im Auslandseinsatz. Der Sollzu­stand liegt bei 1 100. Offensichtlich wird es schwieriger, Frauen und Män­ner dafür zu gewinnen, und ich glaube, man muss darüber reden, wie das besser werden kann.

Ich möchte aber noch einen anderen Punkt ansprechen, weil er rund um die Debatte um die Ukraine auch eine Rolle spielt. Wir haben gesehen, die Ukraine war jedenfalls nicht Mitglied eines Militärbündnisses und sie wurde ange­griffen. Und was machen wir jetzt? – Wir sagen, wir müssen mehr Geld ins Bun­desheer, in die Verteidigung investieren, damit sich Österreich, wenn nötig, verteidigen kann.

Es ist selbstverständlich, dass wir alles tun, damit sich auch die Ukraine verteidigen kann. Es kann ja nicht sein, dass wir sagen, wir haben damit über­haupt nichts zu tun. Deswegen hat das eben auch nichts mit Neutralität zu tun. Ich sage das, weil das Wort Neutralität hier immer wieder fällt: Doch, die Hilfe für die Ukraine ist natürlich auch im Rahmen der Neutralität möglich. Ich kann Ihnen auch sagen, Frau Bundesministerin, dass die Menschen in der Ukraine, die wir erst vor Kurzem besucht haben, für jede Hilfe sehr dank­bar sind und natürlich sagen, dass sie noch mehr brauchen würden.

Da in einem anderen Zusammenhang immer wieder über Zelte gesprochen wurde und darüber, ob es würdig ist, dass Menschen in Zelten untergebracht wer­den: Wir wurden darauf angesprochen und man hat uns gesagt: Wenn ihr noch Zelte habt, die wir beheizen können, wären wir auch dafür dankbar! Ver­treter einer Delegation, die einmal in Wien war, haben gesagt: Wir haben gehört, ihr braucht diese Container nicht mehr. Könnten wir die nicht haben? Die


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könnten wir brauchen! – Ich glaube, dass es noch viel mehr gibt, womit wir ganz konkret helfen können.

Wie gesagt, Neutralität hat damit nichts zu tun. Ich erinnere an Bundeskanzler Raab – ich war damals schon auf der Welt, am 26. Oktober 1955. Er hat gesagt, wir seien militärisch neutral, aber nicht politisch neutral, und mit dieser politischen Überzeugung, dass wir der Ukraine helfen wollen, können wir, glaube ich, noch etwas mehr tun.

Ich habe die Apotheker ohne Grenzen heute schon genannt, die sehr viel tun, aber auch Ärztinnen und Ärzte werden gebraucht. Und was ich immer noch nicht ganz verstehe: Man hat mir gesagt: Na ja, wenn verletzte Soldaten kämen, könnten wir die nicht behandeln! – Ich hoffe, das stimmt nicht. Ich bin überzeugt davon, dass wir natürlich auch verletzte ukrainische Soldaten hier behan­deln müssen.

Es gibt die Frage – darauf bin ich angesprochen worden –: Was könnt ihr ma­chen, damit wir unsere Kinder in den Schulen besser beschützen können, wenn es wieder Bombenangriffe gibt? – Auch dafür haben wir Expertinnen und Experten, die helfen können. Ich appelliere an Sie, Frau Bundesministerin, vielleicht auch in Ihrem Bereich nachzudenken, ob es nicht noch mehr Möglich­keiten gibt, zu helfen.

Damit schließe ich auch schon, nämlich mit einem Dank an verschiedene Persönlichkeiten, natürlich an unsere Soldatinnen und Soldaten, egal welchen Ranges, und ganz speziell auch im Heeres-Nachrichtenamt. Ich sage nur so viel: Die können was, die können was in vielen Sprachen. Die haben hervorra­gende Informationen, und das ist, glaube ich, auch wichtig für unser Land. Und sie sollen wissen, dass wir wissen, dass sie gut sind. Ich möchte mich bei ih­nen bedanken.

Da ich schon beim Dank bin – ich rede jetzt zum letzten Mal hier in diesem Hohen Haus –: Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier


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bedanken, auch bei Ihnen (in Richtung Parlamentsstenograf:innen) für diese schwierige Arbeit! Ich könnte das nie im Leben. Ich denke jedes Mal daran, dass hier sehr viel sauber gemacht wird. Ohne diese vielen Menschen, die uns hier in verschiedenen Bereichen geholfen haben, hätten wir hier nicht so gut arbeiten können. Ich wünsche allen fröhliche Weihnachten im Kreise ihrer Familie!

Ich freue mich, wenn wir uns dann im wunderschönen Hansen-Bau sehen. Wir werden Joseph II., der uns an die Aufklärung erinnert, nicht mehr haben – man kann ja trotzdem vorbeigehen –, haben aber dann das Symbol der griechi­schen Demokratie, und das soll uns dann vielleicht dazu verhelfen, dass wir im neuen Haus anständig miteinander umgehen.

In diesem Sinn frohe Weihnachten an alle! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

18.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Ein­wallner. – Bitte.


18.28.50

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Ministerin! Wir haben schon gehört, mit dieser Änderung des Wehrrechtsänderungsgesetzes werden die Bezüge der Grund­wehrdiener angehoben. Wir halten das für einen richtigen und wichtigen Schritt, weil es einerseits nicht nur wichtig ist, dass man die Infrastruktur, die Ausstattung und auch die Ausbildung der Grundwehrdiener auf ein höhe­res Niveau stellt, sondern es natürlich auch wichtig ist, dass man die Bezüge dementsprechend angleicht.

Ziel war es, das Niveau der Mindestsicherung zu erreichen. Das ist es nicht ganz geworden, auch wenn wir nah dran sind. Wie ich im Ausschuss schon ge­sagt habe, gibt es da noch einen Schönheitsfehler: Man muss ziemlich viel rech­nen und schauen, wie man alle Zahlen zusammenbekommt, damit man dann tatsächlich oder annähernd auf die Höhe der Mindestsicherung kommt.


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Uns ist es im Ausschuss nicht gelungen, das im Kurzen zu machen, und das halte ich für problematisch, weil ich es wichtig finden würde, dass es der Grund­wehrdiener klar und deutlich sieht, dass er die Wertschätzung auch klar auf seinem Gehaltszettel erkennen kann und weiß, wie viel er verdient. Das ist jetzt eben nicht der Fall, weil man alle möglichen Punkte hineinrechnen muss, damit man das Niveau erreicht. Da, Frau Ministerin, gibt es noch Luft nach oben. Ich hoffe aber, dass Sie das auch so wie ich wahrgenommen haben: dass wir in der Politik es eigentlich so richten sollten, dass es dann für die Leute, die es betrifft, nachvollziehbar ist.

Ein zweiter, ganz kleiner Punkt ist die Frage der Änderung beim Pensionsrecht, dass man dann wirklich in dem Monat, in dem man das 65. Lebensjahr er­reicht, und nicht erst am Ende des Jahres, in dem man das 65. Lebensjahr er­reicht, in Pension gehen kann. Mich hätte interessiert, wie das tatsächliche Pensionsantrittsalter in Ihrem Haus ausschaut. Die Zahlen haben wir leider noch nicht, vielleicht ist es ja viel, viel niedriger und wir haben da gar keinen Be­darf, dass wir das in dieser Form ändern müssen; vielleicht haben Sie sie dabei (Bundesministerin Tanner nickt), Sie signalisieren es.

Dann habe ich noch einen letzten Punkt, bei dem es auch um Wertschätzung geht, und zwar geht es mir da nicht nur um die Grundwehrdiener. Wir haben Regionen in Österreich, in denen das Gehaltsniveau im Verhältnis zu dem Gehaltsschema des Bundes ein viel höheres ist, und deshalb ist es schwierig, gut ausgebildetes Personal, gerade auch jetzt, da wir es so dringend brauchen – geburtenschwache Jahrgänge kommen, wir wissen das alles –, dement­sprechend im Dienst zu halten. Da gehen uns viele gut ausgebildete Menschen verloren. Ich glaube, das muss man jetzt wirklich einmal andenken und in Angriff nehmen, damit wir ein Gehaltsniveau erreichen, mit dem wir diese gut ausgebildeten Leute auch beim Bundesheer halten können. – Herzlichen Dank und alles Gute. (Beifall bei der SPÖ.)

18.31



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Ka­niak. – Bitte.


18.31.45

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Und vor allem geschätzte Kameraden und Kameradinnen! Geld alleine ist nicht alles, aber Geld ist Anerkennung und das Einkommen sollte reichen, sodass man seine Le­benshaltungskosten bestreiten kann. So, wie wir es im zivilen Bereich haben – dass eine Mindestsicherung für jene Menschen vorgesehen ist, die kein ausreichendes Einkommen haben –, genau so hätten wir von der FPÖ es uns auch für die Grundwehrdiener gewünscht.

Auch wenn man, Frau Ministerin, die Unterbringungs- und Verpflegungskosten mit einrechnet, kommt man dort mit dem jetzigen Beschluss leider noch nicht hin. Ich sehe das aber einmal als ersten Schritt. Die Steigerung ist besser als nichts, aber in Anbetracht des neuen Budgets und des neuen Budgetpfades für das österreichische Bundesheer – wofür es ja einen Allparteienkonsens gibt, dass wir in Richtung echter 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kommen sollen – sollten im Rahmen dieser Budgeterhöhung auch die Grundwehrdiener tatsächlich an das echte Niveau der Mindestsicherung herangeführt werden.

Was wir natürlich auch brauchen – und das hat Kollege Stögmüller ja auch richtigerweise gesagt –: Es geht nicht nur um das Geld, sondern es geht auch um eine Attraktivierung des Grundwehrdienstes, und da gehört eine ab­wechslungsreiche und vor allem vollständige, umfassende Ausbildung, eine militärische Ausbildung dazu. Da war es leider Gottes ein Kardinalfehler – auch aus der Sicht der Milizaufgaben und der Milizgewinnung im österreichi­schen Bundesheer –, dass die Grundwehrdienstzeit auf sechs Monate verkürzt worden ist. Dadurch ist ein viel zu großer Anteil an Systemerhaltern in unserem System. Zu viele zum Grundwehrdienst Einberufene bekommen gar nicht die notwendige militärische Ausbildung, und auch das Potenzial, das


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dann für die Miliz oder auch für eine weitere Laufbahn als Unteroffizier zu rekru­tieren ist, ist dadurch zu gering. Auch da sehe ich sehr großen Handlungs­bedarf und ich hoffe, dass Sie das schon in Ihre Agenda aufgenommen haben.

Mein Fraktionskollege, der neue Obmann des Landesverteidigungsausschusses Reifenberger, hat das auch schon angemerkt: Wir haben aber nicht nur bei den Grundwehrdienern, sondern auch beim restlichen Kader ein Problem mit dem Entgelt. Wir brauchen auch dort Gehaltserhöhungen, und wir brau­chen vor allem bei den Fachexperten, bei den Technikern, aber auch bei den Professionisten, bei den richtigen Experten im österreichischen Bundes­heer eine Gehaltserhöhung, denn dort haben wir in den vergangenen Jahren ei­nen großen Kompetenzverlust gehabt. Das hat sich bei jedem Besuch, den ich mit der Parlamentarischen Bundesheerkommission bei der Truppe gemacht habe, herausgestellt.

Es gab eine Pensionierungswelle bei den Fachkräften – egal, wo Sie hin­schauen –, bei den Technikern, im Bereich der Luftraumüberwachung, bei den Piloten, im Heeressanitätswesen, überall dort sind sehr viele sehr versier­te Kräfte in Pension gegangen, und es kommt fast nichts Junges nach. Wir laufen Gefahr, Frau Ministerin, dass wir die Aufwuchsfähigkeit innerhalb unseres eigenen Systems verlieren. Ich weiß, Sie kennen das Problem. Es ist sicherlich von allen Ebenen und von allen Einheiten an Sie herangetragen worden: Es besteht dringlichster Handlungsbedarf. Dafür müssen die finanziellen Mittel aus meiner Sicht prioritär, sogar noch vorrangig, vor den Materialbeschaffungen, eingesetzt werden, denn wenn wir keine Truppe mehr haben, die mit dem Ma­terial umgehen kann, dann können wir mit dem Material in der Truppe auch nichts mehr anfangen.

Einen letzten Punkt möchte ich noch – nämlich auch, was die Verwendung der Truppe anbelangt – erwähnen, einige meiner Vorredner haben das auch schon angemerkt: Das, was in den letzten zwei Jahren mit dem österreichischen Bundesheer passiert ist, zu welchen Assistenzeinsätzen Kader und Miliz da


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herangezogen worden sind, ist nicht die Aufgabe des österreichischen Bundes­heeres. Da wurde aus meiner Sicht ein Missbrauch mit diesen Kräften auf Kosten der Ausbildungszeit, auf Kosten der militärischen Ausbildung und groß­teils auch nicht zur Zufriedenheit der Truppe betrieben. Grundwehrdiener mussten an der österreichisch-deutschen Grenze stehen und 3G-Nachweise kontrollieren – das kann nicht die Aufgabe eines Grundwehrdieners oder eines Milizsoldaten sein. Das war eindeutig eine Fehlverwendung der Truppe, was auch mit zur schlechten Stimmung beigetragen hat, die sich in den letzten Jahren ein bisschen aufgebaut hat.

Jetzt haben wir die große Chance, eine Trendwende einzuleiten. Jetzt ist das breite politische Bekenntnis endlich da. Leider Gottes hat es eines militäri­schen Konflikts in der Ukraine bedurft, dass diese Erkenntnis flächende­ckend da ist. Machen wir das Beste daraus! Wir Freiheitliche werden nach bes­tem Wissen und Gewissen daran mitwirken. (Beifall bei der FPÖ.)

18.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


18.36.22

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir begrüßen grundsätzlich diese Wehrrechtsänderung, wir begrüßen grundsätzlich das Wehrrechtsänderungsge­setz. Auch wir wollten, wie die Freiheitliche Partei, die Erhöhung der Grundwehrdienerbesoldung, wir wollten sie auf das Niveau der Mindestsiche­rung heben. Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert. Kollege Stögmüller hat auch in diese Richtung argumentiert, dass eben Verpflegung, Klimaticket – ich glaube, im Ausschuss sind sogar die Unfallversicherung und die Krankenversicherung gefallen – et cetera, et cetera dazugerechnet werden.

Wir alle wissen, dass die jungen Männer verpflichtet sind, entweder Präsenz­dienst oder Zivildienst zu leisten, und ich denke, bei solch einer Verpflich­tung sollte es selbstverständlich sein, dass man krankenversichert ist und dass


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man unfallversichert ist. Wenn man schon verpflichtet wird, sollte es selbstverständlich sein, dass man eine Verpflegung kriegt, und es sollte nicht zur Entlohnung gegengerechnet werden. Da gibt es aus unserer Sicht noch Handlungsbedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Gesetz ist auch eine Attraktivierung für die Milizsoldat:innen enthalten. Das ist auch dringend notwendig, wenn man sich den Bericht des Rechnungsho­fes anschaut. Die Miliz ist ein integraler Bestandteil des österreichischen Bundes­heeres, sie ist, glaube ich, da sie sogar 60 Prozent der Gesamtstärke des Bundesheeres ausmacht, sehr präsent. Im Rechnungshofbericht ist die Rede von zu wenigen Offizieren, zu wenigen Unteroffizieren, fehlendem Milizpersonal, zu wenig Material und Verbesserungsbedarf bei den Grundfertigkeiten der Miliz­soldatinnen und -soldaten. Deswegen ist es gut, dass da etwas gemacht wird, aber es sollte noch mehr nachgebessert werden, denn Milizsoldatinnen
und -soldaten sollten nicht Soldaten zweiter Klasse sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Seitens der Sozialdemokratie sage ich Danke an alle Soldatinnen und Sol­daten, die, ob im In- oder im Ausland, im Einsatz sind! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


18.38.38

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den TV-Geräten! Vielleicht hängt es mit Weihnachten zusammen (Abg. Einwallner – erheitert -: Ja!), vielleicht aber auch mit etwas ganz anderem, dass so viel an Einigkeit besteht, wenn es um diese positiven Veränderungen geht, die in zwei Richtungen zielen.


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Zum einen einmal, vereinfachen wir den Personalgewinnungsprozess beim österreichischen Bundesheer, zum anderen, geben wir, nach beinahe zehn Jahren, unseren Grundwehrdienern endlich – ja, und auch den Zivildie­nern – finanziell entsprechende Anerkennung. Ich danke Ihnen allen schon im Vorhinein dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

So viel an Einigkeit darüber hat – das haben einige der Damen und Herren Ab­geordneten schon angesprochen –, ohne Zweifel, mit Sicherheit mit dem 24. Februar, mit dem Beginn des Angriffskrieges Putins auf die Ukraine, zu tun.

Sie hat allerdings noch mit etwas anderem zu tun – nämlich damit, dass es seit Beginn der Pandemie die Soldatinnen und Soldaten und Zivilbediensteten meines Ressorts waren, die Seite an Seite mit der Bevölkerung gestanden sind, geholfen und unterstützt haben, 24/7, in allen Krisen, die wir in den letzten Jahren erleben mussten. Daher möchte ich an dieser Stelle allen Soldatinnen und Soldaten und den Zivilbediensteten meines Ressorts für ihren unglaublichen Einsatz ein ganz großes Dankeschön aussprechen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie waren es, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die dafür gesorgt haben, dass wir das entsprechende Budget für das österreichische Bundes­heer zur Verfügung haben – 16 Milliarden Euro alleine für die nächsten vier Jah­re. Wir haben ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz beschlossen, das es uns erstmals ermöglicht, über diese Legislaturperiode hinweg bis zum Jahr 2032 Planbarkeit zu haben, um das österreichische Bundesheer zu einer modernen Armee zu machen. Ich danke Ihnen dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Einige von Ihnen haben es schon angesprochen: Das sind Meilensteine, die wir gemeinsam gesetzt haben und die wir noch setzen werden. Es ist aber noch sehr vieles möglich und notwendig, um das österreichische Bundesheer tat­sächlich modern und einsatzfähig zu machen und für diese vielen Risiken und Kri­sen, denen wir uns gegenübersehen, vorzubereiten. Ich bitte Sie darum, dass Sie unsere Soldatinnen und Soldaten auch weiterhin unterstützen, um das Ziel zu


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erreichen, unser Land und seine Bevölkerung in schwierigen Zeiten entspre­chend zu verteidigen und zu schützen.

Ich bedanke mich bei Ihnen für die Einigkeit in dieser Sache. Sicherheit darf kein parteipolitisches Mascherl haben – schon gar nicht die militärische. Ich dan­ke Ihnen für die Zusammenarbeit im vergangenem Jahr! Ich wünsche je­dem Einzelnen von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, nur das Beste für Weihnachten und ein wunderbares neues Jahr! – Vielen Dank; danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.42


18.42.30

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde gleich zu den Abstimmungen kommen, wenn die Fraktionen dem zu­stimmen. – Gut, dann gehe ich auch so vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1772 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen (Rufe: Einstimmig!), einstimmig angenommen.

Wir kommen sodann zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

18.43.1720. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1771 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (1823 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Somit kommen wir zum 20. Punkt unserer heutigen Tagesordnung.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Staatssekretärin Plakolm in unserer Mitte und erteile Herrn Abgeordneten Andreas Hanger das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.43.53

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! (Der Redner in Richtung seiner Vorred­nerin und einiger Abgeordneter, die neben dem Redner:innenpult stehen und sich unterhalten:) Hier werden noch Weihnachtsgrüße ausgesprochen, sehr wichtig. Wir haben eben die Erhöhung der Grundvergütung im Wehrdienst beschlossen. Natürlich haben wir auch die Erhöhung der Grundvergütung im Wehrersatzdienst – sprich: dem Zivildienst – auf der Tagesordnung.

Es ist mit Sicherheit eine sehr gute Gelegenheit, ein bisschen auf die Erfolgs­geschichte des Zivildienstes einzugehen. Ich darf dabei unseren Zivil­dienstsprecher Lukas Brandweiner, den eine Magengrippe erwischt hat, ent­schuldigen und hier stellvertretend für ihn sprechen. Ich wünsche ihm von dieser Stelle auch alles Gute. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Er ist übrigens nicht der Einzige, der momentan dieses Leiden hat.

Es gibt immerhin 14 000 Zivildiener in Österreich, in etwa 45 Prozent aller Wehrdiensttauglichen. 40 Prozent davon sind in den Rettungsorganisationen – beim Roten Kreuz, beim Arbeiter-Samariter-Bund, bei den Johannitern – tä­tig. In etwa 26, 27 Prozent sind in der Sozial- und Behindertenhilfe und knapp 12 Prozent in der Altenbetreuung tätig. Auch in Krankenhäusern und in Kindergärten werden Zivildiener benötigt. Mit einem Wort: Ohne die Zivildiener könnten wir das Sozialsystem in Österreich in dieser Form nicht aufrechter­halten – ein besonderer Dank gilt natürlich jedem einzelnen Zivildiener, der sich da im Dienste der Republik engagiert. Das ist enorm wichtig für unsere Ge­sellschaft.


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Zwei weitere Aspekte, die den Zivildienst auszeichnen, möchte ich bitte noch ansprechen: Einer davon ist die Verbindung zum Ehrenamt. Es ist tatsäch­lich so, dass in etwa knapp die Hälfte der Zivildienstleistenden dann auch ehrenamtlich in diesen Organisationen tätig bleibt – und sie sind damit eine ganz wichtige Quelle für das Ehrenamt in Österreich.

Zum Dritten gibt es auch die Verbindung hin zu den hauptberuflichen Mit­arbeitern. Knapp 6 Prozent ändern ihre Berufsentscheidung und ergreifen einen Sozialberuf. Wir wissen, dass gerade diese Sparte von Personalmangel be­troffen ist. Deshalb ist der Zivildienst auch für diese Sparte ganz, ganz wichtig.

Ich darf mich abschließend bei der Frau Staatssekretärin bedanken, die sich sehr für den Zivildienst eingesetzt hat. Es ist ein Freudentag für den Zivildienst. Ich freue mich sehr, dass wir das hoffentlich wie beim Wehrdienst im Einverneh­men beschließen werden, und darf von dieser Stelle auch schon einen schö­nen Abend und gute und schöne Feiertage wünschen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael See­mayer. – Bitte.


18.46.30

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Verehrte Damen und Herren! Seit 1975 ist es in Österreich möglich, statt dem Wehrdienst Zivildienst zu leisten. Seit damals hat sich der Zivildienst zu ei­ner unverzichtbaren Einrichtung entwickelt. Es ist schon gesagt worden: Knapp 45 Prozent der wehrpflichtigen jungen Männer entscheiden sich für den Zivildienst, 2021 waren das circa 14 000.

Für die meisten Einrichtungen, in denen Zivildienst geleistet wird, ist dieser gar nicht mehr wegzudenken. Egal, ob im Rettungswesen, in Alten- und Pfle­geheimen, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder auch in der Flüchtlingshilfe: Zivildiener sind zu einer tragenden Säule geworden, ohne


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die der Betrieb oft gar nicht mehr möglich wäre. Gerade in der ersten Phase der Pandemiebekämpfung hat der Zivildienst auch eine wichtige Rolle gespielt. Erstmals in der Geschichte des Zivildienstes wurde ein außerordentlicher Zivil­dienst verordnet. Dies bedeutete, dass damals jene Männer, die gerade Zivildienst leisteten, ihren Einsatz verlängert bekamen, zusätzlich wurde der Aufruf gestartet, dass ehemalige Zivildiener einen freiwilligen Zivildiensteinsatz leisten.

Die Grundvergütung der Zivildiener liegt derzeit bei 362 Euro, gleich wie jene der Wehrdiener. Egal, wen man fragt, ob einen Grundwehrdiener oder einen Zivildiener: Die größte Belastung in dieser Einsatzzeit ist meistens der er­hebliche Einkommensverlust, den die jungen Burschen tragen müssen. Ge­rade in der gegenwärtigen Zeit, in der wir zweistellige Inflationsraten erleben, in der die Lebenshaltungskosten explodieren, ist es dringend notwendig, auch beim Zivildienst die Erhöhung der Grundvergütung umzusetzen. Mit der vorlie­genden Novelle wird die Vergütung auf gut 500 Euro pro Monat angehoben. Ich denke, die Erhöhung der Vergütung ist mehr als gerechtfertigt und war längst überfällig. Es ist gut, dass wir sie nun umsetzen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Teil dieser Novelle entschärft aber auch eine Situation, die nicht allzu oft, aber immer wieder eintritt. Bisher war es so, dass man nach festgestellter Tauglichkeit sechs Monate Zeit hatte, sich für den Zivildienst zu entscheiden. Wurde dies übersehen oder haben sich die Einstellung oder vielleicht die Lebensumstände geändert, hatte man keine Möglichkeit mehr, Zivildienst zu leisten. Ab dem nächsten Jahr wird diese Frist verlängert und alle Wehr­pflichtigen bekommen zusätzlich 21 Tage vor Zustellung der Einberufung eine Vorabinformation. Damit ist gewährleitet, dass keine Frist hinsichtlich der Entscheidung zwischen Zivildienst oder Wehrdienst übersehen werden kann.

Eine große Herausforderung besteht künftig für Zivildienst und Wehrdienst gleichermaßen. Ein Aspekt davon ist die Tatsache, dass es immer weni­ger wehrpflichtige junge Männer gibt und die Zahl der für untauglich befun-


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denen Burschen stark steigt. Um das auszugleichen, reicht auch die Ein­führung einer Teiltauglichkeit sicher nicht aus. Da muss langfristig an der Ver­besserung der Gesundheit unserer Jugend gearbeitet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend darf auch ich mich bei allen Zivildienern für ihren Einsatz be­danken. Ihr leistet einen unverzichtbaren und großartigen Dienst an der Gesellschaft. Herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter David Stög­müller zu Wort. – Bitte.


18.50.19

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte – für den Zivildienst zuständige – Frau Staatssekretärin! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, den Dank gegenüber den Zi­vildienern kann man gar nicht oft genug wiederholen.

Es ist unglaublich wertvoll, was ihr da draußen macht, dass ihr eine Stütze der Gesellschaft seid und dass ihr im Sozialbereich, im Pflegebereich und im Rettungsdienst mitarbeitet und vom Kindergarten bis hin zum Gedenkdienst überall dabei seid. Ich finde das einfach großartig. Danke für eure Arbeit! Das muss man einfach wiederholen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist ein Dienst mit Mehrwert. Das ist der Punkt. Man lernt etwas fürs Leben. Das ist das wirklich Wichtige am Zivildienst. Ich kann mich gut erinnern – auch  ich habe Zivildiener ausgebildet –: Da kommen junge Burschen, alle ganz unterschiedlich, direkt von der Schule oder vom Lehrberuf – Lehrlinge, die oft zum ersten Mal in Kontakt mit älteren Menschen sind, Schüler, die überhaupt erstmalig irgendwie im Sozialbereich tätig sind – und haben überhaupt kei­ne Ahnung, was da passiert. Am Ende des Zivildienstes sieht man, wie es ihnen


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gefallen hat, was sie an Positivem mitbekommen haben, und wie sie alltäg­liche Aufgaben, deren Ausführung zuerst noch ein bisschen holprig ging, plötz­lich routiniert durchführen – gerade im Rettungsdienst. Es ist unglaublich, dass sie da gesamt auch lernen, was den Beruf betrifft.

Ich finde, das ist einfach eine Bereicherung – nicht nur für die jungen Menschen, sondern auch für diese Gesellschaft. Kollege Hanger hat es schon ge­sagt: Es ist auch für das Ehrenamt wichtig, dass dann Leute dabeibleiben und uns unterstützen.

Was machen wir? – Wir haben zum ersten Mal – und das ist auch historisch – eine Erhöhung der Zivildienstgrundvergütung beschlossen. Da haben wir auch gemeinsam darauf geschaut und darum gekämpft, dass wir Verbes­serungen im Grundwehrdienst und auch im Zivildienst hinbekommen.

Ich habe das vorhin schon ausgeführt: Im Grundwehrdienst haben wir noch einiges vor – auch im Zivildienst. Ein Bereich ist eben diese Erhöhung der Grundvergütung. Das haben wir jetzt geschafft. Wir sind da noch nicht am Ende, aber ich glaube, auch da werden wir noch einige Schritte setzen.

Es geht nicht nur um mehr Geld, korrekterweise hat das auch schon der Kollege von der SPÖ, Michael Seemayer, ausgeführt. By the way: Da möchte ich mich vorweg noch bei allen Fraktionen in diesem Haus wirklich bedanken. Wir hatten im Vorfeld Diskussionen darüber, wie wir einerseits die Verfas­sungsänderungen gut durchbekommen. Wir haben uns da über die Fraktionen hinweg zusammengesetzt und an Lösungen gearbeitet. Ich finde, das ist gelebter Parlamentarismus. So soll es sein: Wir haben über die besten Vorschlä­ge diskutiert, damit wir hier auch zu einer Einigung kommen. Das hat nichts mit Weihnachtsfrieden zu tun, sondern damit, dass wir gemeinsam wirklich bes­tens an diesem Projekt arbeiten und darauf schauen, dass wir für die jungen Burschen, für die Menschen da draußen, das Beste herausarbeiten. Das haben wir über die Fraktionen hinweg gemacht. Darauf kann man, glaube ich, auch stolz sein, dass wir hier als Parlament eine gute Lösung gefunden haben. –


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Danke dafür an alle Referenten, an die gesamten Klubs! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch zu zwei Punkten: Der eine ist, dass es früher nur sechs Monate nach der Stellung möglich war, die Zivildiensterklärung abzugeben; sechs Mo­nate, dann war es vorbei. Jetzt ermöglichen wir – mit einer Änderung auch im Verfassungsrang –, dass man quasi bis zum Schluss, bis zur Einberufung, eine Zivildiensterklärung abgeben kann. 21 Tage davor bekommt man eine Infor­mation. Warum? – Wir wollen bestmotivierte Grundwehrdiener, bestmotivierte Soldatinnen und Soldaten. Wir brauchen nicht Systemerhalter, sondern wir brauchen wirklich motivierte Leute. Das ist der Sinn dahinter.

Ich finde, das ist auch eine Wertschätzung gegenüber den jungen Burschen, damit sie ihren Pflichtdienst, diese Notwendigkeit, auch motiviert absolvieren.

Der zweite Punkt ist eine Änderung oder Bereinigung beim Verfassungsgerichts­hofgesetz, eine Klärung würde ich es nennen.

Ich finde es als Rechnungshofsprecher auch wichtig, dass wir da im System Geld einsparen, nämlich fast 900 000 Euro. – Frau Staatsekretärin, korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege! – Ich glaube, es sind 900 000 Euro, die wir ein­sparen.

Das, was das Bundesheer quasi immer gemacht hat, wird das Bundesheer auch in Zukunft machen. Das ist eine Einsparung im System. Das soll nicht ir­gendwo verschwinden und damit Personal ausgestattet werden, sondern wirk­lich auch als Geld beim Bundesheer und bei der Zivildienstabteilung bleiben.

Also ich glaube, wir haben da ein rundes Paket. Ich freue mich auch wahnsinnig, dass wir es noch mit 1.1. in Beschlussfassung geben können und quasi nächs­tes Jahr damit starten können. – Auch hinsichtlich dieses Zeitfaktors noch einmal einen Dank an alle Fraktionen!


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Ich wünsche auf diesem Wege auch besinnliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr im neuen Par­lament. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Seemayer und Laimer.)

18.54


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Plakolm zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.54.49

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Liebe Zuseherinnen und Zuseher der heutigen Nationalratssitzung am letzten Sitzungstag hier im Übergangsquartier des Parlamentes! Ich habe Mitte des Jahres, vor wenigen Monaten zusätzlich zu den Jugendagenden die Agenden des Zivildienstes übernommen. Es freut mich sehr – das möch­te ich hier auch noch einmal betonen –, dass in diesen Wochen bereits so wesentliche Veränderungen, so wesentliche Verbesserungen für die jungen Zivildienstleistenden in unserem Land einstimmig zustande gekommen sind.

Über 14 000 junge Männer leisten alleine heuer in unserem Land ihren Zivil­dienst und stellen sich damit mehrere Monate in den Dienst unserer Gesellschaft und vor allem in den Dienst derer, die auf Hilfe und Betreuung angewiesen sind. Das ist extrem wichtig. Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abgeordneten Seemayer und Laimer.)

Vom Dankeschön alleine und von den warmen Worten lassen sich kein Sprit und auch keine Miete bezahlen. Deswegen war es uns gemeinsam – unserer Ver­teidigungsministerin Klaudia Tanner und mir – wichtig, dass wir sowohl die Grundwehrdiener als auch die Zivildiener deutlich entlasten, indem wir die Grundvergütung für Grundwehrdiener und für Zivildiener in diesem Zu­sammenhang erhöhen, damit sie gerade in Zeiten einer Teuerung auch eine handfeste Unterstützung haben. Wir erhöhen das Entgelt für Grund-


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und Zivildiener um 140 Euro pro Monat auf insgesamt 500 Euro. Was jetzt mit Jahresbeginn auch noch dazukommen wird, ist die Inflationsanpassung. Insgesamt beträgt die Grundvergütung dann ganz exakt 536 Euro und 10 Cent.

Mit dieser Entgelterhöhung erleichtern wir es den jungen Burschen, vor allem ihren Alltag zu bestreiten. 173 Euro mehr pro Monat machen schon einen wesentlichen Unterschied. Das ist ein ordentliches Geld im Leben eines jungen Menschen. Über die neun Monate Zivildienst hinweg sprechen wir sogar von über 1 550 Euro mehr. Das sind fast 50 Prozent mehr als das, was Zivildie­ner bisher bekommen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Hinzu kommt beim Zivildienst auch noch das Verpflegungsgeld. Das beträgt sie­ben Mal die Woche bis zu 16 Euro pro Tag.

Es ist aber keine Frage – es ist auch bei der vorigen Debatte bereits gefallen –: Der Zivildienst und auch der Grundwehrdienst sind und bleiben ein Staats­dienst. Es macht aber einen wesentlichen Unterschied, und deswegen war es uns so wichtig, dass wir gerade in Zeiten dieser Inflation und Teuerung ge­rade die jungen Menschen hier noch einmal ordentlich unterstützen und diese erste wesentliche Erhöhung, die wir seit Einführung des Zivildienstes über­haupt haben, auch durchführen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte die Leistung unserer Zivildiener im Land auch noch kurz in ein paar Zahlen ansprechen. Ich habe es bereits gesagt: Über 14 000 junge Bur­schen leisten alleine im heurigen Jahr den Zivildienst. Insgesamt bringt der Zi­vildienst den Menschen in Österreich ökonomisch und sozial positive Wir­kungen in Höhe von rund 1 Milliarde Euro pro Jahr.

Unsere Zivildiener werden pro Jahr auch circa 13 Millionen Leistungsstunden, insbesondere im Rettungsdienst, in der Pflege, in der Betreuung und in Gesundheitsberufen, ableisten. Ich glaube, das ist auch etwas, was ein wirklich großes Dankeschön verdient.


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Der schöne Nebeneffekt ist – es ist auch schon von einigen Abgeordneten angesprochen worden –: Man leistet zwar neun Monate Zivildienst, aber die Erfahrungen, die man dort macht, bleiben natürlich definitiv. Das schlägt sich auch sehr, sehr deutlich im Ehrenamt wie auch im Hauptamt nieder. Circa 30 Prozent der Zivildienstleistenden bleiben auch nach den neun Monaten ehrenamtlich tätig. Für manche war es auch ein Hineinschnuppern ins spä­tere Berufsfeld.

Genau deswegen ist es so wichtig, dass wir den Zivildienst auch weiterhin als Türöffner fürs Ehrenamt sehen, aber genauso als Türöffner dahin ge­hend, die eher weiblichen Berufsfelder auch mehr für Männer zu attraktivieren.

Geschätzte Abgeordnete, ich möchte mich abschließend auch noch einmal für den konstruktiven Austausch bedanken, insbesondere bei den Opposi­tionsparteien. Ich freue mich sehr, dass wir diese Novelle des Zivildienstgesetzes im Ausschuss einstimmig verabschieden konnten. Das wünsche ich mir jetzt auch für die Abstimmung hier im Parlament.

Es ist bereits angesprochen worden: Dank Ihrer Zustimmung verhindern wir auch Doppelstrukturen in der Verwaltung, denn die jungen Burschen kön­nen jetzt früher als bisher die Entscheidung treffen, ob es zum Bundesheer oder zum Zivildienst geht, weil wir diese Informationen ganz einfach auch früher teilen.

Da es der letzte Sitzungstag in dieser Plenarwoche ist, wünsche ich Ihnen allen und auch Ihren Familien in diesem Sinne ein schönes Weihnachtsfest, ein gesegnetes Weihnachtsfest, ein paar erholsame Feiertage und viel Kraft für das neue Jahr. Ich freue mich, wenn wir uns im historischen Parlament an der Ringstraße wiedersehen. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Das wünschen wir Ihnen auch, Frau Staatssekre­tärin.


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Zu Wort gelangt nun Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.59.59

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Drei Punkte, drei Gedanken zu den Änderungen, die wir hier heute beschließen:

Erstens: Warum diskutieren wir überhaupt eine Änderung des Zivildienstge­setzes? – Ausgang dafür war ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Der hat erkannt, dass Bestimmungen im Zivildienstgesetz verfassungswidrig sind; beziehungsweise sind nicht die Bestimmungen im Zivildienstgesetz verfassungs­widrig, sondern die Art und Weise, wie es die Verwaltung praktiziert, weil es in § 1 Abs. 5 Zivildienstgesetz heißt: „Der Zivildienst ist außerhalb des Bun­desheeres zu leisten.“ Die Praxis war aber die, dass das Heerespersonal­amt bei Behördengängen auch für Zivildiener zuständig war. Der Ver­fassungsgerichtshof hat gesagt, das geht nicht, das ist verfassungswidrig.

Nun ist einigermaßen nicht zufriedenstellend – deshalb haben wir heute auch eine getrennte Abstimmung beantragt –, dass die Regierungsparteien das so lösen, indem sie das Verfassungswidrige einfach zu einer Verfassungsbestim­mung erheben. Das kann man natürlich machen, aber das ist nicht sauber und insbesondere keine saubere Legistik. Dass die Grünen bei dieser Praxis auch mitmachen, ist schon etwas enttäuschend. (Abg. Stögmüller: Geld einsparen!) Wir können bei diesem Punkt nicht mitstimmen.

Zweitens: Wir beschließen heute auch eine Erhöhung der Vergütung für Zivildiener. Das ist etwas, was wir NEOS schon sehr lange fordern. Es ist begrüßenswert, dass die Vergütung für Zivildiener von 360 Euro auf 520, 530 Euro erhöht wird, aber – das möchte ich schon auch sagen – das ist bei Weitem noch nicht das, was angemessen wäre.

Sie wissen ja, wie unsere Position zur Wehrpflicht grundsätzlich ist, nämlich dass wir nicht für diesen Zwangsdienst sind, uns aber damit abfinden, dass es eine politische Mehrheit dafür gibt. Solange es diesen Zwangsdienst aber gibt, ist


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es doch das Mindeste, dass wir den halbwegs menschenwürdig gestalten. Deshalb wäre ein Punkt, dass die Vergütung, dass der Verdienst zumindest so hoch sein muss und dem entsprechen muss, was wir als Gesellschaft für das Mindeste erachten. Wir sagen schon lange, dass die Vergütung des Zivil­dienstes zumindest auf Höhe der Sozialhilfe, auf Höhe der Mindestsiche­rung angehoben werden soll, und wir werden da weiter dranbleiben. So wie der Druck gewirkt hat, dass die Grundvergütung jetzt etwas erhöht wurde, werden wir auch weiter dranbleiben, dass wir dieses Level erreichen werden.

Dritter Punkt: Es kann nicht dabei bleiben, denn es gibt im Zivildienst noch ganz viele andere Baustellen – ganz viele andere Baustellen! Beginnen wir bei­spielsweise damit, dass es immer noch eine massive Diskriminierung gegenüber der Wehrpflicht gibt, die sechs Monate dauert, während der Zivildienst neun Monate dauert – dafür gibt es überhaupt keine sachliche Rechtfertigung –; oder dass das eine der Wehrdienst und das andere der Wehrersatzdienst ist – das ist vielleicht jetzt nur ein semantischer Unterschied, aber da schwingt sehr viel mit –; oder beispielsweise Krankenstandsregelungen; oder dass es eigentlich keine Überstundenregelungen gibt. Wenn Zivildiener in der Regel im Rettungsdienst über 50 Stunden in der Woche arbeiten, wird das nicht entsprechend abgegolten.

Deswegen werden wir weiter dranbleiben. Nicht nur im alten Parlament, sondern auch im neuen Parlament werden wir uns für Zivildiener einsetzen und dafür sorgen, dass neben der Vergütung auch andere Punkte, andere Diskri­minierungen endlich beseitigt werden. (Beifall bei den NEOS.)

19.03


19.03.05

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr dazu gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wünschen die Klubs eine Sitzungsunterbrechung? – Auch das ist nicht der Fall.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Ein­gang in 1823 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Damit ist natürlich auch die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.04.1421. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz zur Abwahl des Nationalratspräsidenten, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 194/1999, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 141/2022, geändert wird (2905/A)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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19.04.34

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt noch in erster Lesung einen Antrag der Freiheitlichen Partei betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, das die Abwahl des Nationalratspräsidenten ermöglichen soll. Solch ein Vorschlag ist na­türlich wohl zu überlegen – das haben wir gemacht. Beim Präsidenten des Natio­nalrates handelt es sich formell um die zweithöchste Stellung im Staat. Er leitet die Geschäfte des Nationalrates, er vertritt uns nach außen, er hat Perso­nalhoheit über die Bediensteten in der Parlamentsdirektion und seine Rechtsstellung unterscheidet sich doch sehr entscheidend von der des Zweiten und Dritten Präsidenten, weil diese die Kompetenzen nur haben, wenn der Nationalratspräsident verhindert ist.

Es ist also eine große Machtfülle, ein großer Verantwortungsbereich, natürlich auch verknüpft mit einer Außenwirkung, und daran sind auch besondere Erfordernisse an die Person des Ausübenden sozusagen geknüpft. Die Außen­wirkung gerade für die österreichische Bevölkerung sollte darin bestehen, dass wahrgenommen wird, dass dieses Amt sehr nobel, elegant, zurückhaltend und unabhängig ausgeübt wird, dass der Nationalratspräsident immer die Interessen der österreichischen Bevölkerung im Kopf hat und nicht die einer Partei. Und er soll hier möglichst glaubwürdig auftreten, weil das einfach auf uns alle zurückfällt, so wie er nach außen hin auftritt.

Keinesfalls sollte der Nationalratspräsident mit überbordenden Reisen, ungebührlichen Forderungen oder auch mit extravaganten Wünschen bei der Sanierung des Parlaments in den Schlagzeilen zu finden sein. Ihm ist es ja auch gelungen – es hat seit 2013, seit zehn Jahren, einen Fünfparteienkonsens zu diesem Großvorhaben des Umbaus des Parlaments gegeben, das ja auch erhebliche finanzielle Steuermittel verschlingt –, dass dieser Konsens jetzt ganz am Schluss flöten ging. (Abg. Leichtfried: Der ist schon 2017 ...!)


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Nun wissen wir, dass gerade so große, wichtige Männer oder solche, die sich dafür halten, ja dazu neigen, sich in der letzten Phase ihres beruflichen Wir­kens Denkmäler setzen zu wollen oder sich verewigen zu wollen. Wir ha­ben da auch wirklich volles Verständnis dafür, aber ich denke, man sollte das doch eher im privaten Rahmen machen und vor allen Dingen nicht mit Steuergeld. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Kurt Egger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.07.10

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher im Haus und auch via Livestream! Die Zeit ist fortgeschritten, wir haben noch zwei Tages­ordnungspunkte zu erledigen. Ich habe mir jetzt von Kollegin Fürst neue Argu­mente erwartet – es ist nichts gekommen, die gleiche Rede hat sie schon am Dienstag gehalten. (Abg. Kassegger: Dann hast aber nicht zugehört! – Abg. Hafenecker: Warst ja gar nicht da am Dienstag!)

Daher werde ich es ziemlich kurz machen: Erstens ist die Zeit fortgeschritten, wie ich gesagt habe, zweitens freuen wir uns auf die Rede des Präsidenten zum Abschluss in Richtung Weihnachten, und drittens, Kollege Gerstl hat am Dienstag bereits ausgeführt: Es hat keine Lex Graf gegeben, es wird auch keine Lex Sobotka geben.

Die Sorgen, die sich Kollegin Fürst macht, sind unangebracht. Kollege Sobotka führt das Haus mit großer Umsicht (Beifall bei der ÖVP – Abg. Scherak: Also das ist jetzt ein Weihnachtsscherz!) und überparteilich, und daher sehen wir auch keine Notwendigkeit, daran etwas zu ändern. (Abg. Hafenecker: Wird eh der Wäh­ler machen!)

Ich möchte aber zum Abschluss die Chance nutzen, Ihnen allen frohe Weih­nachten zu wünschen, ein paar ruhige Tage im Kreise der Familie, einen guten


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Rutsch ins neue Jahr – und bleiben Sie gesund! Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Jörg Leichtfried. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.08.59

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Dienstag habe ich dem Herrn Präsidenten im Konjunktiv Fragen gestellt, jetzt stelle ich ihm dieselben Fragen nicht mehr im Konjunktiv: Herr Sobotka, wie ist Ihre Meinung, wie geht es Ihnen dabei, wenn Menschen Ihnen vorwerfen, dass Sie Ihr Amt parteiisch ausüben? Herr Sobotka, wie geht es Ihnen dabei, wenn Men­schen Ihnen vorwerfen, dass für Sie Parteiinteresse höher steht als das Interesse dieses Hauses? Herr Sobotka, wie geht es Ihnen dabei, wenn für Sie die Interessen der Regierung, der Regierungsmitglieder wichtiger sind als die Inter­essen des Nationalrates? Herr Sobotka, wie geht es Ihnen dabei, dass Ih­nen vorgeworfen wird, Sie sind im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss in der Führung dieses Ausschusses parteiisch? Und, Herr Sobotka, wie geht es Ihnen dabei, dass sehr, sehr viele Menschen in Österreich meinen, Sie sind für dieses Amt ungeeignet?

Diese Fragen hätte ich gerne von Ihnen beantwortet, Herr Sobotka. Vielleicht gehen Sie auch ein bisschen in sich und überlegen für sich selbst, ob Sie da wirklich der Geeignete sind. (Abg. Obernosterer: Das täte Ihnen auch nicht schaden!)

Was die Intention der Freiheitlichen Partei betrifft, hier Verfassungsrecht zu ändern und eine Abwahl zu ermöglichen, bin ich der Meinung, erstens, dass sich das System, das wir jetzt seit Jahrzehnten haben, doch gut bewährt hat und wegen eines Herrn Sobotka nicht geändert werden muss, und zweitens, dass die parlamentarische Demokratie einige Jahre Sobotka aushält, denn


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dann ist es eh vorbei. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. –Abg. Hafenecker: Die paar Tage halten wir auch noch aus!)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.10.43

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zu­seher! Das Amt des Präsidenten des Nationalrates ist tatsächlich zu wert­voll und zu hochstehend, um es für tagespolitische Debatten zu missbrauchen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es ist ein Antrag und es wurde ja wie gesagt auch bei der Debatte über die Tagesordnung schon sehr viel zu diesem Thema gesagt. Es hat einen guten Grund, warum der Präsident, die Präsidentin nicht absetzbar ist: Dieser Grund ist die Wichtigkeit des Amtes und die Wichtigkeit der Funktionsfä­higkeit dieses Gremiums hier. Aus diesem Grunde dürfen wir es nicht riskieren, dass wir aufgrund von Debatten über die Amtsführung oder über einzelne Persönlichkeiten vergessen, wofür dieses Amt steht. Das ist wichtig für uns hier herinnen, das ist wichtig für jede Person, die dieses Amt bekleidet und auch in Zukunft bekleiden wird.

Ich habe es schon einmal gesagt und ich sage es gerne wieder: Die Geschichte hat uns gezeigt, wie wichtig dieses Amt ist. Überlassen wir es auch der Ge­schichte, über die Amtsführung der einzelnen Präsidentinnen und Präsidenten zu urteilen! – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.12


19.12.14

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2905/A dem Verfassungsausschuss zu.


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19.12.2422. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 24, 44 und 45, 76 und 77 sowie über die Bürgerinitiative Nr. 32 (1863 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.12.49

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Am Ende der Tagesordnung behandeln wir den Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, der im Ausschuss enderledigt worden ist, und eine der Petitionen, die enderledigt worden sind, ist die Petition „1,2 Milliarden für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung JETZT!“. Über diese Petition wird somit nicht im Familienausschuss weiterdisku­tiert, was wir gerne gemacht hätten. Es ist unser Anliegen, auch weiterhin über Kinderbetreuung zu diskutieren, der Handlungsbedarf ist nach wie vor groß. Leider ist diese Petition enderledigt worden, und das gibt uns keine Gele­genheit mehr, im Ausschuss darüber zu diskutieren.

Es ist aber ein wichtiges und zentrales Thema. Kinderbetreuung ist die Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir müssen weiter dranbleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Für die Eltern ist es zentral, dass sie ihre Kinder in einer leistbaren Kin­derbetreuungseinrichtung gut aufgehoben wissen. Für die Wirtschaft ist es wichtig, dass Mütter und Väter einem Beruf nachgehen können. Das ist speziell im ländlichen Raum nicht möglich, weil es einfach noch zu wenige Plätze gibt, weil noch nicht ausreichend ausgebaut wurde.


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Die Covid-Krise hat auch verdeutlicht, dass Frauen zurückstecken, wenn es kein geeignetes Betreuungsangebot gibt. Sie reduzieren ihre Arbeitsstunden oder sie steigen komplett aus dem Erwerbsleben aus; dieser Ausstieg schadet den Frauen. Er schadet den Frauen im Berufsleben, beim Pensionsan­spruch, und er erhöht die Gefahr von Altersarmut.

Sehr geehrte Damen und Herren, solange diese Probleme nicht beseitigt sind, werden wir als SPÖ konsequent bedarfsorientierte, flächendeckende und leistbare Kinderbetreuung fordern und uns dafür einsetzen. Wir kämpfen auch weiterhin für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, weil es einfach wichtig für unsere Familien ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.15.12

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir nehmen heute die Bürgerinitiative Nr. 32 zur Kenntnis, in der man sich für den Bau des Luegtunnels entlang der A 13 ausgespro­chen hat. Diese Bürgerinitiative wurde schon vor längerer Zeit von 569 Bürge­rinnen und Bürgern unterstützt und deren Umsetzung vom Bürgermeister und vom Gemeinderat eingefordert. Eigentlich wäre es wichtig gewesen, hier intensiv zu diskutieren. Es hat insgesamt zehn Stellungnahmen zu dieser Bürgerinitiative gegeben. Man kann offen darüber sprechen: Von diesen zehn Stellungnahmen waren fünf qualitativ in Ordnung oder haben der Sache entsprochen, leider waren fünf Stellungnahmen aus meiner Sicht einerseits nicht zielführend oder man hat andererseits überhaupt nicht dazu Stellung bezogen.

Es sollte eigentlich üblich und selbstverständlich sein, dass, wenn zu Bürger­initiativen Stellungnahmen einlangen, diese auch der Sache entsprechen.

Worum geht es? – Die Brennerroute ist eine stark befahrene Autobahn, was natürlich eine enorme Belastung für die Bevölkerung darstellt. Aktuell


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wird ja gerade über die Sanierung der Luegbrücke diskutiert. Dazu steht man auch, weil es wichtig ist, dass es Sicherheit im Wipptal dahin gehend ge­ben muss, was den laufenden Verkehr betrifft. Es gibt daher intensive Diskus­sionen. Es wäre aber durchaus möglich gewesen, dort auch einen Tunnel mit 1,7 Kilometer Länge zu errichten. Dieser hätte die belastete Bevölkerung, sage ich, mehr entlastet, das wäre zielführender für die Umwelt, für die Sicherheit und natürlich für die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner gewesen.

Für die Zukunft, glaube ich, ist einmal wichtig, dass wir, wenn wir Verkehrswege bauen, auch Einvernehmen mit der Bevölkerung herstellen. Es ist wichtig, dass wir die Bevölkerung einbinden. Wir werden auch weiterhin dranbleiben, dass es für das Tiroler Wipptal eine Gesamtlösung gibt, was den Verkehr betrifft, weil eben gerade mehr Lkw-Verkehr mit einem Anstieg von aktuell 2,5 Millionen Lkw auf 3,5 Millionen Lkw prognostiziert wird. Wir brau­chen da also durchaus klare Maßnahmen, zielführende Maßnahmen, eine Ver­lagerung des Verkehrs oder auch Verkehrsbeschränkungen.

In diesem Sinne möchte ich dazu auffordern, dass die Asfinag zukünftig solche Projekte besser mit der Bevölkerung abstimmt, die Bevölkerung einbindet und damit auch die Belastung für die Bevölkerung überschaubar bleibt.

In diesem Sinne darf ich allen Danke sagen, die dazu beigetragen haben, und auch in Zukunft gegen diese Belastungen kämpfen und vernünftige Wege für die Zukunft begleiten werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

19.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.18.22

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Ich möchte zur Petition


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„1,2 Milliarden für den Rechtanspruch auf Kinderbetreuung JETZT!“ sprechen, eingebracht von Pamela Rendi-Wagner und Eva Maria Holzleitner. Ich fin­de es ein bisschen schade, dass erstens die Bürgeranliegen als letzter Tagesord­nungspunkt zu später Stunde behandelt werden, und ich finde es auch schade, dass die Regierungsparteien diesen Bericht eigentlich lediglich zur Kenntnis genommen haben.

Wir sind in der Kinderbetreuung in Österreich meilenweit hinter den skandi­navischen Ländern. Diese haben eine wesentlich höhere Erwerbsquote von Frauen, als es Österreich hat. Wir haben gestern noch von Arbeitskräfte­mangel gesprochen. Das hat unmittelbar damit zu tun, da es vielen, vielen Frauen in Österreich, Tausenden Frauen in Österreich aufgrund der fehlenden Gratiskinderbetreuung, Nachmittagsbetreuung nicht möglich ist, Voll­zeitjobs anzunehmen oder im ländlichen Bereich überhaupt einen Job anzu­nehmen. Da sind wir wirklich sehr weit hinten.

Es geht in Wirklichkeit auch hier um eine Win-win-Situation für die Frauen selbst, um ihre Erwerbsquote zu erhöhen, aber auch für die Wirtschaft, denn diese gut ausgebildeten, diese vielen gut ausgebildeten Frauen stehen der Wirtschaft nicht zur Verfügung. Es geht im Wesentlichen um die Selbst­bestimmung der Frauen und darum, dass sie da nicht am Arbeitsmarkt benach­teiligt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wesentlich ist: Wir steuern auf eine Welle der Frauenarmut zu. Es hat ja 2003 eine Pensionsverschlechterungsreform gegeben, der lebenslange Durchrechnungszeitraum wurde eingeführt. Er hat vor allem in Zukunft Auswir­kungen auf Frauen, weil sie sehr oft von Teilzeitarbeit betroffen sind und sich das wieder unmittelbar auf die Pensionshöhe auswirkt.

Ich finde es schade, was wir in verschiedensten Landtagen Österreichs sehen, ob das jetzt in Niederösterreich ist – vor Kurzem, im November, hat die SPÖ einen Resolutionsantrag für flächendeckende Gratisnachmittagsbetreuung von Kindern eingebracht, der ist leider von der ÖVP abgeschmettert worden –


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oder in einem anderen Bundesland. Wir brauchen in Wirklichkeit ein Kinderpro­gramm, das ganzjährige, ganztägige Kinderbetreuung, und das gratis, ge­währleistet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.20.58

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Ich habe im November des Vorjahres eine Petition zur Verlängerung der A 3, Südost-Autobahn, vom jetzigen Ende beim Knoten Eisenstadt bis zur Staatsgrenze mit Ungarn in Klingenbach eingebracht.

Die Geschichte reicht länger zurück: Schon vor 20 Jahren wurde ein Memo­randum of Understanding mit Ungarn unterzeichnet. Dessen Gegen­stand war, dass die Ungarn einen Zubringer zur Autobahn A 1 in Ungarn, die M 85, bis zur Grenze bauen und Österreich die Verlängerung der A 3 ebenfalls bis zur Grenze baut. Damit hätte der Neusiedler See umfahren werden können, das hätte ungefähr eine Einsparung von 20 Minuten Fahrzeit ge­bracht. Folglich steht die Verlängerung der A 3 bis zur Grenze auch im Bundes­straßengesetz.

Bis voraussichtlich Ende 2023 werden die Ungarn ihren Teil des Abkommens, der sie bindet, erfüllt haben und die M 85 errichtet haben. Was aber macht Österreich? – Österreich denkt nicht daran, den Vertrag zu erfüllen, denn wir haben eine Ministerin, die die Beschlüsse des Hohen Hauses nicht interessieren; nicht einmal eine Zuweisung an den Verkehrsausschuss war mög­lich. Wir haben Landeshauptleute, die alles Mögliche und Unmögliche vor Wahlen versprechen.

Dabei würde für eine Verlängerung der A 3 wirklich vieles sprechen, denn bereits heute ist es so, dass täglich 20 000 Fahrzeuge zwischen Eisenstadt und Guntramsdorf verkehren. Ist die M 85 dann Ende nächsten Jahres fertig,


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kann man nicht davon ausgehen, dass die Zahl dieser Fahrzeuge weniger wird. Ich würde auch nicht davon ausgehen, dass sich die Fahrzeuge an der Gren­ze in Luft auflösen werden. Das heißt, wir schaffen mit dieser Nichtverlängerung einen regelrechten Flaschenhals, aus dem der Druck, wenn er zu hoch wird, nach allen Seiten entweichen wird. Das wissen auch die Bewohner des Bezirkes Oberpullendorf, die sich dagegen zur Wehr setzen – bisher erfolglos.

Übrigens: Der Bau dieser Straße, das rechnet die Wirtschaftskammer vor, würde eine BIP-Wertschöpfung von 365 Millionen Euro nach sich ziehen und 3 000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Ostregion schaffen. Außerdem würde es wie gesagt kürzere Fahrwege zwischen den Ballungszentren in Westun­garn und in Ostösterreich und eine Entlastung der Gemeinden entlang der heuti­gen Bundesstraßen 16 und 50 geben.

Ich bedanke mich ausdrücklich für die Stellungnahmen der Wirtschaftskammern Niederösterreich, Wien und Burgenland und des ÖAMTC. Ihre fundierten Stellungnahmen waren wirklich eindeutig pro A 3, weil eben so viel dafür spricht. Wer aber keine Stellungnahme abgegeben hat, ist die Landesregierung im Burgenland rund um Hans Peter Doskozil, also genau jener Politiker in Öster­reich, der zu allem und jedem jederzeit eine Stellungnahme abgibt, ob er gefragt wird oder nicht. Vielleicht hätten wir Kollegin Rendi-Wagner ersuchen müssen, eine Stellungnahme abzugeben, dann hätten wir davon ausgehen können, dass sich Herr Doskozil auch zu Wort meldet. (Heiterkeit der Abgeord­neten Hafenecker und Schwarz.) Auch der Arbö hat – anders wie er es sonst tut – keine Stellungnahme dazu abgegeben, vermutlich wurde ihm aus Eisenstadt ein Schweigegelübde auferlegt, das ihn dazu verpflichtet hat.

Werte Damen und Herren, es ist mir schon klar, dass mit der Verlänge­rung der A 3 nicht alle Anrainer eine Freude haben werden. Eines ist aber auch klar: Auch mit dem Nichtbau und mit dem steigenden Verkehrsaufkom­men auf den Bundesstraßen werden die Anrainer keine Freude haben. Es be­steht kein Zweifel daran, dass sich das Verkehrsaufkommen wesentlich erhöhen wird.


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Mit der Verweigerung einer Stellungnahme beweist Landeshauptmann Doskozil einmal mehr, dass er ein talentierter Ankündiger, aber kein Problemlöser ist. Wenn 2024 die Fahrzeuglawinen durch die Gemeinden rollen, werden wir Herrn Doskozil und die Bevölkerung daran erinnern, warum das so ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.25.37

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Petition Ja zur S 34, für eine Umfahrung der Landeshauptstadt St. Pöl­ten wird weiter auf die lange Bank geschoben. Die Opposition forderte endlich die Behandlung im Verkehrsausschuss, das Verzögern nimmt allerdings sei­nen weiteren Verlauf, zumal jetzt eine weitere Stellungnahme der Umweltan­waltschaft Niederösterreich auf Initiative der Regierungsparteien einge­holt werden muss.

Seit 2010 ist die Traisental-Schnellstraße im Bundesstraßengesetz verankert, beschlossen wurde das hier im Hohen Haus. Die UVP ist mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtshofes für den Bau der S 34 längst rechtskräftig. Noch im Herbst ist der letzte Einspruch vom Bundesverwaltungsgerichtshof per Erkenntnis abgelehnt worden. Der Ausbau der S 34 ist mit Sicherheit das bestgeprüfte Straßenprojekt Österreichs. Es gibt daher keine aufschiebende Wirkung mehr.

An die Adresse der Umweltministerin: Das Gesetz steht über grüner Ideologie. Ich fordere Frau Gewessler daher auf, den Rechtsstaat zu respektieren und nicht noch weitere Verzögerungsmethoden durch Aussitzen dieses Straßenbau­projekts anzuwenden! (Abg. Schwarz: Klimaschutz ist ...!) Wenn das Bun­desstraßengesetz in Bezug auf die S 34 abgeändert werden soll, dann müssen


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die Regierungsparteien mit offenen Karten spielen und die ÖVP muss ih­rer Landeshauptfrau Mikl-Leitner auch reinen Wein einschenken – ein Durch­wurschteln bis zur Landtagswahl wird es nämlich nicht spielen. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Schwarz: ... Klimaschutzgesetz ... keine neuen Straßen!)

Meine Damen und Herren, die Umfahrung der Landeshauptstadt St. Pölten ist fixer Bestandteil des niederösterreichischen Generalverkehrskonzepts, Vorleistungen für das beschlossene Projekt S 34 wurden bereits in zweistelliger Millionenhöhe in Bezug auf Infrastruktur vorab geleistet. Vor einem Jahr hat Bundesministerin Gewessler verkündet, die S 34 wird kommen, nicht wie fertig geplant, aber in redimensionierter Form. Seither ist Funkstille.

Zusammengefasst: Alle rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf die S 34 sind erfüllt – positive UVP, positiver naturschutzrechtlicher Bescheid –, es gibt zum Straßenbauprojekt S 34 keine aufschiebende Wirkung mehr. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! – Frohe Weihnachten, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwarz.)

19.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Sibylle Hamann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.28.11

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Petition „1,2 Milliarden für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung JETZT!“ – ich sage das speziell in Richtung SPÖ –: Selbst­verständlich teilen wir als Grüne das Ziel dieser Petition.

Ein garantierter Kindergartenplatz für jedes Kind ab dem ersten Geburts­tag, ganztägig, ganzjährig, im Idealfall beitragsfrei oder kostengünstig und natür­lich qualitativ hochwertig – das ist selbstverständlich unser Ziel, das wollen wir, das muss jeder vernünftige Mensch wollen. Das nützt den Kindern, die krie­gen dort Bildung, die haben dort Spaß, die machen dort Erfahrungen. Das nützt den Eltern, das macht Berufstätigkeit möglich und auch – das ist ganz


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wichtig – gleichberechtigte Elternschaft. Das nützt der Wirtschaft – das sage ich in Richtung ÖVP –, da die Unternehmen leichter Mitarbeiter:innen fin­den und da es die Produktivität erhöht. Es nützt selbstverständlich auch den Gemeinden, weil ein gutes Angebot in Sachen Kinderbildung
und -betreuung einen Wohnort attraktiv und interessant für junge Menschen macht.

Man kann aber diesen Idealzustand nicht herbeizaubern, auch nicht mit einer Petition, in die man „JETZT!“ – mit Rufzeichen – hineinschreibt. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Man kann nur hart daran arbeiten, Schritt für Schritt, und das tun wir. Warum? – Weil wir für diesen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung selbst­verständlich Pädagog:innen brauchen, gute Pädagog:innen. Die muss man ausbilden, und das tun wir offensiv, mit aller Kraft, die ganze Zeit.

Zweitens braucht es Qualität: Wir wollen ja nicht irgendwelche Einrichtungen und irgendwelche Plätze, sondern wir wollen gute Qualität in der Kinder­betreuung, und in die muss man gezielt investieren.

Das tun wir zum Beispiel mit einer massiven Erhöhung – plus 40 Prozent – des Bundeszuschusses in gezielte Qualitätsverbesserungen in den Ländern. Wenn man das macht, steht aber in der Verfassung immer noch ganz klar drin­nen – ich sage dazu: leider –, dass für das Kindergartenwesen, und zwar für die Gesetzgebung und für den Vollzug, in Österreich die Länder zuständig sind. Ich sage leider, denn aus Sicht der Grünen würden wir das gerne än­dern, wir hätten das gerne in Bundeskompetenz.

Dazu bräuchte es einen komplexen Entscheidungsfindungsprozess von Bund, Ländern und von allen großen Parteien. Solange wir den nicht haben, kann den Rechtsanspruch jedes einzelne Bundesland für sich beschließen. Ich sage ganz offen dazu: Ich fände das großartig. Ich freue mich über jedes Bundesland, das das macht; ich freue mich über die Kinder, die dann dort gute Bildung und Betreuung haben und in den Kindergarten gehen können; ich freue mich für alle Familien, denen dann das Familienleben wesentlich leichter


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gemacht wird. Ich kann an dieser Stelle nur noch einmal ausdrücklich versprechen, dass wir das alles von grüner Seite und von Bundesseite her nach Kräften unterstützen werden. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

In diesem Sinne wünsche ich auch allen Familien schöne Feiertage. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

19.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Michael Seemayer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.31.26

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Damen und Herren! Einige Petitionen ereilt ja immer wieder das Schicksal der Kenntnisnahme, unter anderen auch die Petition, die sich mit der wirtschaftlichen Situation der Ju­gendherbergen beschäftigt.

Ganz kurz möchte ich darauf eingehen: Die österreichischen Jugendherbergen stehen für ein gemeinnütziges Übernachtungsangebot für Gruppen, Fami­lien, Schulen und Vereine in Österreich. Sie sind aber weit mehr als ein Ort für günstige Übernachtungen, sie stehen seit über 110 Jahren für einen Ort der Verständigung, des kulturellen Austausches und der Wertschätzung gegen­über anderen.

In der Coronakrise waren die Jugendherbergen maßgeblich und schwer betrof­fen, es gab unzählige Stornierungen. Natürlich sind kaum Schulen mit gan­zen Klassen auf Schulausflüge gefahren, es sind Familien ausgeblieben, es hat Stornierungswellen gegeben, teilweise hat es natürlich die Ersätze gegeben, aber die Jugendherbergen sind eine gemeinnützige Organisation und haben es umso schwerer gehabt, dies finanziell zu verkraften.

Die Jugendherbergen beschäftigen in Österreich rund 370 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und brauchen eine finanzielle, stabile Ausgangslage, um ihre Auf­gaben dementsprechend abdecken zu können. Es braucht daher eine Aufsto-


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ckung und eine laufende Valorisierung der Bundesfördermittel im Rah­men des Bundes-Jugendförderungsgesetzes, da es bereits seit über 20 Jahren keine Anpassung mehr gegeben hat. Das ist ein Wertverlust von 40 Pro­zent, den die Jugendherbergen stemmen müssen.

Unser Vorschlag wäre gewesen, dass man dem zuständigen Ausschuss, dem Ausschuss für Familie und Jugend, diese Petition weiterleitet. Leider gibt es einmal mehr nur die Kenntnisnahme, wie bei vielen Petitionen, die es eigentlich wert wären, in den zuständigen Ausschüssen weiter behan­delt zu werden, denn die Anliegen, die hinter den Petitionen stehen, sind An­liegen der Menschen in Österreich. Wir bleiben dran, wir bleiben hartnä­ckig, werden immer wieder versuchen, Petitionen dorthin zu bringen, wohin sie gehören: in die richtigen Ausschüsse.

In dem Sinn darf ich mich für die Zusammenarbeit im Ausschuss bedanken, diese funktioniert sehr gut. Ich darf mich auch bei den Menschen in Österreich bedanken, die immer wieder ihre Anliegen in Form von Bürgerinitiativen und Pe­titionen zu uns bringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.34.30

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Als wir das letzte Mal über Petitionen und parla­mentarische Bürgerinitiativen gesprochen haben, bin ich hier gestanden, habe auch Kollegen Prinz und Kollegin Fischer durchaus kritisch um die Ohren gehaut, dass im Petitionsausschuss in den letzten zweieinhalb Jahren nicht so viel weitergegangen ist, wie ich mir das gewünscht hätte.

Wir haben als NEOS eine sehr klare Vorstellung: Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger im Dialog näher an den Nationalrat heranführen, als das im Moment gegeben ist. Wir wollen tatsächlich Impulse aus der Bevölkerung bekommen und


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auch die Möglichkeit im Petitionsausschuss eröffnen, dass man mit konkreten Anliegen, die die Bundespolitik betreffen, einfacher mit Abgeordneten ins Ge­spräch kommt, und zwar unabhängig von der Parteifarbe.

Da möchte ich jetzt etwas Positives sagen, das passt ein bisschen zur Vorweihnachtsstimmung, die wir gerade schon ein bisschen spüren: Wir hatten heute auch einen Austausch zwischen den Fraktionen, bei dem wir uns erstmals – nach langer Kritik, aber trotzdem herzlichen Dank dafür – gemeinsam hingesetzt und überlegt haben, welche Weiterentwicklungsschritte es im Petitionsausschuss gäbe.

Ich bin unter anderem Abgeordneter und Politiker, weil ich ein Optimist bin. Ich bin auch in dieser Sache optimistisch und möchte mich daher an dieser Stelle auch bei allen Fraktionen bedanken – das geht zu den Regierungsfrak­tionen genauso wie zur Sozialdemokratie und den Freiheitlichen –, dass es diese Offenheit gibt, über eine Weiterentwicklung des Petitionsausschusses zu sprechen.

Das ist auch der Punkt, an dem ich heute schon noch ein positives Beispiel einbringen möchte, weil wir nämlich gerade im letzten Petitionsausschuss eine parlamentarische Bürgerinitiative erlebt haben, die sich mit dem inhaltlichen Thema beschäftigt, das 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit Behinderung so zu öffnen, dass es einen Rechtsanspruch darauf gibt, dass es verbindlich mög­lich ist, dass man als Elternteil eines solchen Kindes gewiss sein kann, dass diese Kinder auch weiter in die Schule gehen können. Dazu gab es mittlerweile über 40 000 Unterschriften.

Genau für solche Anliegen, die aus der Bevölkerung kommen, von Betroffenen heraus entstehen, wollen wir in Zukunft noch mehr Möglichkeiten, noch mehr Bühne schaffen, dass der Dialog mit dem Nationalrat möglich wird. Damit ende ich auch schon.


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Ich wünsche uns allen eine schöne Vorweihnachtszeit und Weihnachtszeit, einen guten Rutsch und einen schönen Abend. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

19.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Carina Rei­ter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.37.14

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Zum Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen darf ich mich betreffend die Petition Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung zu Wort melden. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Was ich am Beginn ganz klar sagen möchte, ist, dass es der Politik auf allen Ebenen sehr wohl wert ist, Geld für eine gute Kinderbetreuung auszugeben. Auf Bundesebene tragen wir zum Beispiel mit der Kindergartenmilliarde bis 2027 dazu bei, eine entsprechende Ausstattung der Kindergärten als Bildungseinrichtung sicherzustellen. Den Ländern wird durch den Ausbau der flexiblen Mittel ermöglicht, noch treffsicherere Investitionen zu machen.

Jeder, der in einer Gemeindevertretung sitzt, weiß, wie viel von den Kommunen in die Kinderbetreuung investiert wird. Gerade in den letzten Jahren hat sich da sehr viel getan, wenn es um den Ausbau von Möglichkeiten des Be­treuungsangebotes geht, aber auch darum, in eine moderne Infrastruktur zu investieren und da etwas zu bieten. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Das ist auch wichtig und notwendig und es steht für uns auch außer Frage, dass das ganz wichtige Investitionen sind.

Kernfaktor zur Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Betreuung ist auf jeden Fall auch, wie man das Thema Pädagoginnen und Pädagogen sieht. Nur wenn man das nötige Personal aufbietet, kann man auch dementsprechende Betreuung anbieten. Da muss man also auch ansetzen.


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Personal zu finden ist im ländlichen Raum schwierig, ist aber auch im städtischen Bereich eine Herausforderung. In Folge ist es natürlich auch sehr wichtig, Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit man auch eine Qualitätssicherung garantieren kann. Darum ist es ganz wichtig, in diesem Bereich vorzusorgen. Wie wichtig das ist, sehen wir zum Beispiel, wenn man sich diese furchtbaren Missbrauchsfälle anschaut, die heuer in Wien bekannt wurden. Damit kann man diesen einfach vorbeugen.

Ein gutes Kinderbetreuungsangebot ist wichtig für unsere Familien und, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, besonders für Frauen. Wichtig ist, dass es das entsprechende Angebot gibt. Wie es dann genutzt wird, obliegt den Frauen und den Familien selbst. Auf allen betroffenen Ebenen wird daran gearbeitet, die Kinderbetreuung zu verbessern. Dafür wird auch viel Geld in die Hand genommen. Gemeinden, Länder und Bund haben da durch­aus ein klares Anliegen.

Zum Thema Rechtsanspruch können wir ganz einfach nach Deutschland schauen. Dort hat der Rechtsanspruch eigentlich nichts verbessert und auch nichts geändert. Das klingt fürs Erste vielleicht ganz super, aber mit allei­niger Symbolik werden wir, wie man sieht, nichts richten können.

Aus Sicht der Volkspartei braucht es einen gesamtheitlichen Ansatz, sonst kommen wir nicht dorthin, wo wir hinwollen. Deshalb: Drehen wir lieber an allen Rädchen, bei denen wir Adjustierungsbedarf haben! Es gibt ein klares Ja von unserer Seite zu einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung. Machen wir alle gemeinsam unsere Hausaufgaben! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordne­ten Disoski und Zorba.)

19.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter We­ratschnig. – Bitte sehr.



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19.40.29

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Zuerst möchte ich dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses in seinem Aufruf beipflichten, den Ausschuss für Pe­titionen und Bürgerinitiativen und die Arbeit darin weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass das ein wichtiges Gebot der Stunde ist, Bürger:innenbeteiligung weiterzuentwickeln, und hoffe, dass wir diesbezüglich hier in einem breiten Konsens auch konkrete Schritte setzen können.

Zum Zweiten möchte ich, wenn ich mir die Redebeiträge der freiheitlichen und der sozialdemokratischen Abgeordneten vor Augen führe, schon kritisch darauf verweisen, dass von uns sehr rasch – weil sehr wichtig und notwendig – ein Klimaschutzgesetz eingefordert wird. Von den Redner:innen hier höre ich aber, was es alles braucht, nämlich den Ausbau von hochrangigen Stra­ßen: S 1, S 3, S 18, S 34, S 37. – Entweder man macht ein Klimaschutzgesetz, in dem die Straßenbauprojekte dann alle ausgenommen sind, oder man schreibt sie direkt in das Klimaschutzgesetz hinein. Das kann es nicht sein, das ist nicht unser Verständnis von Klimaschutz. Das ist aus meiner Sicht ein völlig falscher Ansatz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber die Gelegenheit noch nutzen, um über das Thema Luegbrücke und Transitverkehr im Tiroler Wipptal zu sprechen. Ich glaube, im Tiroler Wipptal ist es vor allem ganz wichtig, dass während der Dauer der zukünftigen Baustellen – und das sind umfangreiche Baustellen – die Daseinsversor­gung der Tiroler Bevölkerung gewährleistet bleibt. Es wird weitere Baustellen bis in die 2040er-Jahre auf der A 13 geben, und es ist jetzt, glaube ich, das Ge­bot der Stunde, dass es zwischen der Asfinag und der hauptbetroffenen Gemein­de Gries das Verkehrskonzept betreffend eine gute Abstimmung gibt, denn wenn da Einspurigkeit vorherrscht, dann ist das ein Problem, dann wird es eine Abstimmung mit den Nachbarländern Italien und Deutschland brauchen.

Es kann und sollte aber auch eine Chance dafür sein, dass der Schwerverkehr mehr verlagert wird – da sind wir gleicher Meinung, Herr Abgeordneter Stöger –,


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mehr Verlagerung von der Straße auf die Schiene, und dafür braucht es auch die Ressourcen und die Notwendigkeiten in den Nachbarländern – und dass es auf der Brennerroute weniger Umwegverkehr durch Tirol gibt. Es ist, glaube ich, auch die Chance für die Wirtschaft, sich jede einzelne Leer­fahrt genau dahin gehend anzuschauen, ob sie auch über den Brenner­korridor gehen kann.

Am Schluss dieses Tagesordnungspunktes – es ist ja der letzte Tagesord­nungspunkt hier im Hohen Haus in der Hofburg – möchte ich ein Danke an alle aussprechen, die in den letzten Jahren aus diesem Redoutensaal ein mit al­len notwendigen Ressourcen ausgestattetes Parlament zauberten, be­werkstelligten; vor allem ein Danke an jene, die nicht hier am Pult stehen, son­dern die im Hintergrund arbeiten: die Direktion, die Stenografinnen und Stenografen, die Securitydienste, die Cafeteria, nicht zu vergessen die Gebär­densprachdolmetscher:innen – ich glaube, eine ganz wichtige Einrichtung –, die Technikverantwortlichen, all jene, die hier arbeiten.

Wir verabschieden uns von einem historischen Gebäude, von einem Re­doutensaal und freuen uns – und ich bin in guter Hoffnung –, wenn hier in Zu­kunft wieder Kongresse stattfinden werden und auf Bällen getanzt werden wird. Es lebe die Demokratie im neuen alten Parlamentsgebäude am Haus am Ring! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hint­ner. – Bitte sehr.


19.44.31

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollegin Hamann hat es ja ganz deutlich gesagt: Das Kindergarten­wesen ist Landessache. Die Bundesländer sind dafür zuständig, wie sie mit der Frage umgehen, ob es einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt. Meines Erachtens und nach meinem Wissensstand haben weder


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das Bundesland Wien noch Kärnten noch das Burgenland einen Rechtsanspruch umgesetzt.

Soweit ich aus dem Niederösterreichischen Gemeindebund weiß, ist es aus vielerlei Gründen auch nicht das vordringlichste Anliegen der sozialde­mokratischen Gemeindevertreter, weil natürlich auch die Gemeinden mit fi­nanziellen und organisatorischen Ressourcen dazu beitragen müssen. Überhaupt dürfen wir im Bereich des Kindergartenwesens nicht Äpfel mit Birnen ver­gleichen, weil ja natürlich auch die Bundesländer unterschiedliche Traditionen in der Kinderbetreuung haben. In Oberösterreich wird zum Beispiel sämtliches Personal von den Gemeinden getragen, in Wien finden fast zwei Drittel der Be­treuung in privaten Kindergärten statt.

Tatsache ist aber, dass es unser aller gemeinsames Ziel ist, Fortschritte in der Kinderbetreuung zu erreichen. Diesbezüglich hat unsere Frau Landes­hauptfrau Johanna Mikl-Leitner erst vor ein paar Monaten die nieder­österreichische Kindergartenoffensive vorgestellt. Die Eckpunkte dabei sind: Gratisvormittagsbetreuung für alle Kinder und damit erstmalig auch für Kleinkinderbetreuung; Kindergarten ab zwei Jahren; die Gruppen werden kleiner; die Kindergartenbetreuung macht nur mehr eine Woche Sommerpause; und die flächendeckende Zusammenarbeit der Gemeinden, damit auch ein Kindergartenplatz gefunden werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Selbst unter den Gemeinden gibt es Unterschiede. Ich bin stolz, dass die Stadtgemeinde Mödling fast 100 Prozent aller Kinder, wenn die Eltern kommen und sagen: Bitte, nehmt sie auf!, ab zweieinhalb Jahren aufnehmen kann. Zurzeit, während des Jahres – ich gebe es zu –, haben wir zehn Kinder unter zweieinhalb Jahren, bei denen das nicht möglich war. Wenn ich mir allerdings die SPÖ-Gemeinde Brunn am Gebirge an­schaue – eine sehr wohlhabende und reiche Industriegemeinde im Indus­triezentrum –: Dort werden die Kinder nur dann aufgenommen, wenn mindes-


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tens ein Elternteil berufstätig ist. Ich kann nur sagen, lieber Rudi (in Rich­tung Abg. Silvan): nichts mit ganztägig, nichts mit ganzjährig, nichts mit gratis für alle für die Kinder in Brunn am Gebirge!

Als letzter Debattenredner der ÖVP darf ich den Mitgliedern des Hohen Hauses gesegnete Weihnachten, ein gutes neues Jahr sowie Gesundheit wünschen. Adieu, Wiener Hofburg! Ein herzliches Grüß Gott und Servus im neuen Parla­ment! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

19.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.


19.47.41

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sehr geehrtes Oberhaupt, das den Vorsitz führt! Hohes Haus! Zwei Petitionen behandeln wichtige Themen den Kärntner Zentralraum betreffend, einerseits eine Petition, eingebracht von Kol­legen Peter Weidinger, und andererseits eine Petition von Kollegin Elisa­beth Scheucher-Pichler. Es geht um den Lückenschluss der Koralmbahnstrecke im Bereich Klagenfurt–Villach.

Wir brauchen dort natürlich irgendeine Lösung, vor allem was den Lärmschutz betrifft. Es sind 200 000 Menschen massiv davon betroffen, und wir brau­chen da eine Lösung, bevor die Koralmbahn in Betrieb geht. Es wird auf jeden Fall zu einer massiven Erhöhung vor allem des Güterverkehrs kommen, und diese Lärmbelastung kann man nicht hinnehmen.

Die Petitionen sind zwar ganz nett und schön, aber sie haben leider keine Wir­kung. Das ist ein bisschen eine Zeitverzögerung, ein bisschen eine Beruhi­gung für die Bevölkerung, aber wichtig wäre, dass man hier im Parlament unse­ren Anträgen, lieber Kollege Peter Weidinger, zustimmt, dass man in dem Bereich endlich einmal eine Planung macht. Angeblich sind im Rahmenplan sogar 12 Millionen Euro dafür vorgesehen, aber auch das wird von der Regierung, von ÖVP und Frau Gewessler, blockiert. Also nicht einmal die Planung will man


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in Angriff nehmen und das Problem im Kärntner Zentralraum lösen. Das kann nicht sein! Da brauchen wir endlich eine Entscheidung dahin gehend, dass zumindest einmal eine Planung gemacht wird, damit wir wissen, wovon wir reden.

Stattdessen aber beschäftigt sich unsere Landesregierung in Kärnten mit einer geschlechtergerechten Sprache im Amtsgebrauch. (Abg. Bayr: Gratuliere, hat nicht ein jeder! – Abg. Heinisch-Hosek: Super! – Zwischenruf des Abg. Matznet­ter.) Das heißt, wir haben einen Genderleitfaden erhalten, der gestern oder vorgestern im Landtag beschlossen wurde. In der Kärntner Landesregierung wäre das in Zukunft in allen Bezirkshauptmannschaften und auch in nach­geordneten Dienststellen zu verwenden, insbesondere E-Mails, Broschüren, Presseartikel, Drucksorten, Mitteilungen, Flyer, Briefe, Formulare, News­letter, Webseiten und so weiter seien anzupassen.

Wir werden natürlich die zuständige Frau Landesrätin und Herrn Landeshaupt­mann Peter Kaiser fragen, was das Ganze gekostet hat. Den Herrn Lan­deshauptmann darf ich auch nicht mehr so nennen: Das ranghöchste Mitglied der Landesregierung werden wir fragen, was das Ganze gekostet hat.

Ja, und heute hat man das nicht nur zurückgezogen, nein, das Ganze soll jetzt auf eine höhere Ebene gehoben werden: Es soll hier ins Parlament kommen. Man will jetzt nämlich vonseiten der Kärntner Landesregierung, sprich ÖVP und SPÖ, vonseiten des – ich merke es mir nicht einmal – ranghöchsten Mit­glieds der Landesregierung, dass es eine österreichweite Lösung gibt und dann hier im Parlament landet.

Also ich hoffe, dass der Herr Präsident – das darf ich jetzt auch nicht mehr sagen, deswegen habe ich Sie vorher schon korrekt angesprochen, Sie sind das, habe ich mir auch nicht gemerkt, Oberhaupt, das den Vorsitz führt – es nicht zulässt, dass das hier ins Parlament kommt. Herr Präsident, bitte ersparen Sie uns also, dass dieser Genderleitfaden vielleicht sogar noch auf Bundes­ebene diskutiert und umgesetzt werden muss! Die Schmankerln sind eh schon


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gestern in den Medien gestanden und haben Kärnten zu einer Lach­nummer gemacht, was mir sehr leid tut, vor allem jetzt vor Weihnachten.

Da ich heute der letzte Redner von der FPÖ bin, darf auch ich allen frohe Weihnachten und ein gesegnetes neues Jahr wünschen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist Abgeordnete Fischer gemel­det. – Bitte.


19.51.36

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist jetzt ein denkwürdiger Moment, weil es die letzte Stunde hier im alten Parlament ist. (Abg. Michael Hammer: Na, eine Stunde bleiben wir nicht mehr da!) So, wie die Kollegen und Kolleginnen dreinschauen, wollen sie nicht mehr eine Stunde hier­bleiben, sondern am besten nur mehr 5 Minuten.

Deswegen möchte ich gleich zum Ende meiner Rede kommen (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS) und euch frohe Weih­nachten wünschen und mich bei einer Kollegin, die auch Vizebürgermeisterin ist, bedanken, sie hat nämlich folgende Worte auf die Karte geschrieben: Die wunderschönsten Ereignisse sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stills­ten Stunden.

In diesem Sinne und im Sinne der Demokratie: Die Letzte dreht das Licht ab. Wir sehen uns im neuen Parlament. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

19.52


19.52.47

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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Können wir abstimmen? – Ja.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Peti­tionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1863 der Beilagen hinsicht­lich der Petitionen Nr. 24, 44 und 45, 76 und 77 sowie der Bürgerinitiative Nr. 32 zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den darf ich um ein dementsprechendes Zeichen ersuchen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.53.29Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 3069/A bis 3087/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mittei­lungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.53 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.53.52Schluss der Sitzung: 19.53 Uhr

 

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