
Plenarsitzung
des Nationalrates
243. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Mittwoch, 13. Dezember 2023
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Nationalratssaal
Stenographisches Protokoll
243. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 13. Dezember 2023
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 13. Dezember 2023: 9.05 – 22.42 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Antrag 3734/A der Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2023)
2. Punkt: Bericht über den Antrag 3723/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird
3. Punkt: Bericht über den Sportbericht 2022
4. Punkt: Bericht über den Antrag 3735/A(E) der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Offensive für ehrenamtliche Sportfunktionär:innen“
5. Punkt: Bericht über den Antrag 3733/A(E) der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche
6. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden, das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen für die Jahre 2025 bis 2028 erlassen und das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz aufgehoben wird, sowie Bericht über den
Antrag 3681/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielsteuerung Pflege zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen nutzen
8. Punkt: Bericht über den Antrag 2700/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenanalyse Pflege
9. Punkt: Bericht über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden
10. Punkt: Bericht über den Antrag 3113/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt
11. Punkt: Bericht über den Antrag 3693/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsantritt vor Regelpensionsalter
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kontroll- und Digitalisierungs-Durchführungsgesetz erlassen wird sowie das Tierseuchengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert werden
13. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Finanzierung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Bereitstellung von Frühen Hilfen in Österreich („Frühe-Hilfen-Vereinbarung“)
14. Punkt: Bericht über den Antrag 3722/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird
15. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit
16. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie Bericht über den
Antrag 548/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung der KH-Qualitätsindikatoren (A-IQI) auf KH-Standortebene sowie über den
Antrag 2914/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung strukturierter Versorgungsprogramme
17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Primärversorgungsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Gesundheitstelematikgesetz, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Apothekengesetz, das Suchtmittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Gesundheitsqualitätsgesetz und
das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 – VUG 2024)
18. Punkt: Bericht über den Antrag 3746/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Gesundheitsreform statt Verschlimmbesserung der Strukturen und der Versorgung im österreichischen Gesundheitswesen jetzt!
19. Punkt: Bericht über den Antrag 3518/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusätzliche Kassenvertragsstellen für Einzel- und Gruppenpraxen im Zuge der aktuellen Reform der Primärversorgungszentren
20. Punkt: Bericht über den Antrag 3317/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend endlich wirksame Maßnahmen gegen den Pflegepersonalmangel setzen
21. Punkt: Bericht über den Antrag 3761/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln erlassen und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird
22. Punkt: Bericht über den Antrag 3762/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird
23. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010, das Rezeptpflichtgesetz und das Tierarzneimittelgesetz geändert werden
24. Punkt: Bericht über den Antrag 3351/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung der Medikamentenengpässe
25. Punkt: Bericht über den Antrag 3342/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend 6-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels
26. Punkt: Bericht über den Antrag 3760/A der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden
27. Punkt: Bericht über den Antrag 3316/A(E) der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Ärzt*innenmangel
28. Punkt: Bericht über den Antrag 3744/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung eines Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online-Games“
29. Punkt: Bericht über den Antrag 3753/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird
30. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird
31. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Art. 15a B-VG über die Verwaltungsüberprüfung des Projekts „INTERACT Office Vienna 2021-2027“ durch das Land Wien als Kontrollinstanz gemäß Art. 46 Abs. 3 der Interreg-Verordnung
*****
Inhalt
Personalien
Verhinderungen ...................................................................................................... 54
Ordnungsruf ............................................................................................................ 143
Ruf zur Sache .......................................................................................................... 154
Geschäftsbehandlung
Antrag der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen, dem Außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 3659/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „humanitärer Waffenstillstand im Nahen Osten“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 15. Dezember 2023 zu setzen – Ablehnung .............................................................................................. 101, 577
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ............................................................................................................. 101
Zurückziehung des Verlangens 7/US auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR betreffend „Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden (‚ROT-BLAUER-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss‘)“ (Zu 7/US) ................................................................. 208
Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG betreffend „Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden (‚ROT-BLAUER-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss‘)“ (8/US) ....................................................................................................................... 208
Zuweisung des Verlangens 8/US auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses an den Geschäftsordnungsausschuss ............................................ 578
Unterbrechung der Sitzung ................................................................... 292, 292
Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf betreffend den Zeitpunkt der Wortmeldung von Mitgliedern der Bundesregierung während
einer Debatte und Ersuchen um Behandlung dieses Themas in der nächsten Präsidialkonferenz ................................................................................. 465
Aktuelle Stunde (53.)
Thema: „Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin! Dafür braucht es mehr Geld, Herr Finanzminister!“ ........................................................................ 55
Redner:innen:
Philip Kucher ............................................................................................................ 55
Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................... 60
Dr. Josef Smolle ........................................................................................................ 66
Gabriele Heinisch-Hosek ......................................................................................... 69
Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. 72
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 75
Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................... 79
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 81
Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ............................................................................. 83
Rudolf Silvan ............................................................................................................ 85
Peter Wurm .............................................................................................................. 88
Mag. Meri Disoski .................................................................................................... 92
Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ 95
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ............................................................................................ 54
Ausschüsse
Zuweisungen ............................................................................................ 98, 578
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungspolitik: Nicht Mittelmaß verwalten sondern Zukunft gestalten“ (3779/A)(E) ............................................................................ 292
Begründung: Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ................................................... 298
Bundesminister Dr. Martin Polaschek .................................................................... 306
Debatte:
Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................. 313
Mag. Dr. Rudolf Taschner ........................................................................................ 318
Eva Maria Holzleitner, BSc ...................................................................................... 322
Hermann Brückl, MA ............................................................................................... 324
Mag. Sibylle Hamann ............................................................................................... 328
Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... 331
Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ....................................................................... 335
Christian Oxonitsch ................................................................................................. 338
Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... 340
Barbara Neßler ........................................................................................................ 344
Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................... 346
MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. 349
Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................. 352
Dr. Susanne Fürst ..................................................................................................... 354
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................. 357
MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................ 359
Nico Marchetti ......................................................................................................... 361
Michael Seemayer .................................................................................................... 365
MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................. 367
Katharina Kucharowits ........................................................................................... 370
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................. 372
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 3779/A(E) ................. 375
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3734/A der Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2023) (2387 d.B.) ......................................................................... 101
2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3723/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (2386 d.B.) ................................................ 102
Redner:innen:
Dr. Susanne Fürst ..................................................................................................... 102
Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................. 109
Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ 112
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................. 114
Werner Herbert ........................................................................................................ 118
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................. 122
Christian Lausch ...................................................................................................... 124
Mag. Michael Hammer ............................................................................................ 126
Mag. Christian Drobits ............................................................................................ 129
Vizekanzler Mag. Werner Kogler ............................................................................ 133
Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................. 141
Michael Schnedlitz ................................................................................................... 143
Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................... 148
Dipl.-Ing. Olga Voglauer .......................................................................................... 150
Herbert Kickl ............................................................................................................ 152
Michel Reimon, MBA ............................................................................................... 159
August Wöginger ..................................................................................................... 160
Philip Kucher ............................................................................................................ 163
Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... 165
Dr. Christian Stocker ............................................................................................... 167
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024“ – Ablehnung ........................................... 116, 168
Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nulllohnrunde für Staatsmanager“ – Ablehnung ... 120, 170
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024“ – Ablehnung .............................................................................................. 132, 169
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2387 und 2386 d.B. ........................ 168
Gemeinsame Beratung über
3. Punkt: Bericht des Sportausschusses über den Sportbericht 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-1056/2355 d.B.) ..................................................................................... 170
4. Punkt: Bericht des Sportausschusses über den Antrag 3735/A(E) der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Offensive für ehrenamtliche Sportfunktionär:innen“ (2356 d.B.) ................................................................................................................................... 170
Redner:innen:
Maximilian Köllner, MA ........................................................................................... 170
Lukas Hammer ......................................................................................................... 173
Petra Steger .............................................................................................................. 174
Christoph Zarits ....................................................................................................... 178
Alois Schroll .............................................................................................................. 181
Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... 183
Christian Oxonitsch ................................................................................................. 185
Kira Grünberg ........................................................................................................... 188
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................... 189
Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ............................................................................. 191
Vizekanzler Mag. Werner Kogler ............................................................................ 193
Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... 202
Martina Diesner-Wais ............................................................................................. 204
Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................... 205
Kenntnisnahme des Berichtes III-1056 d.B. ....................................................... 208
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2356 d.B. .......................................... 208
5. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 3733/A(E) der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche (2338 d.B.) ............................................................................................................... 239
Redner:innen:
Gabriele Heinisch-Hosek ......................................................................................... 239
Mag. Sibylle Hamann ............................................................................................... 241
Thomas Spalt ............................................................................................................ 243
Laurenz Pöttinger .................................................................................................... 245
Katharina Kucharowits ........................................................................................... 247
Mag. Julia Seidl ........................................................................................................ 252
Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................. 254
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................. 255
Maria Großbauer ..................................................................................................... 257
MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................. 259
Entschließungsantrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kulturvermittlung stärken“ – Ablehnung ...... 250, 261
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2338 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche“ (349/E) ..................................................................................................................... 261
Gemeinsame Beratung über
6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2313 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird (2388 d.B.) ..................................... 262
7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2303 und Zu 2303 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden, das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen für die Jahre 2025 bis 2028 erlassen und das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz aufgehoben wird, sowie über den
Antrag 3681/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielsteuerung Pflege zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen nutzen (2389 d.B.) .............................................................. 262
8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2700/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenanalyse Pflege (2390 d.B.) ..................................... 262
Redner:innen:
Mag. Verena Nussbaum .......................................................................................... 263
Mag. Meri Disoski .................................................................................................... 264
Mag. Christian Ragger ............................................................................................. 267
Mag. Ernst Gödl ....................................................................................................... 270
Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................... 273
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 275
Mag. Markus Koza ................................................................................................... 277
Mag. Christian Drobits ............................................................................................ 280
Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler .......................................................................... 285
Mag. Michael Hammer ............................................................................................ 287
Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege ist Schwerarbeit“ – Ablehnung .......... 283, 290
Genehmigung der Vereinbarung in 2388 d.B. .................................................... 289
Annahme des Gesetzentwurfes in 2389 d.B. ..................................................... 290
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2390 d.B. .......................................... 290
Gemeinsame Beratung über
9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (2391 d.B.) .................................................... 291
10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3113/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (2392 d.B.) ............................................................................................................... 291
11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3693/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsantritt vor Regelpensionsalter (2393 d.B.) ...... 291
Redner:innen:
Josef Muchitsch ....................................................................................................... 376
Mag. Markus Koza ................................................................................................... 380
Dr. Dagmar Belakowitsch ....................................................................................... 383
Bettina Zopf ............................................................................................................. 386
Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ 393
Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler .......................................................................... 395
Alois Stöger, diplômé ............................................................................................... 397
Peter Wurm .............................................................................................................. 399
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 401
Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ – Ablehnung .......................................... 379, 403
Annahme des Gesetzentwurfes in 2391 d.B. ..................................................... 402
Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2392 und 2393 d.B. ............. 403
12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2271 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kontroll- und Digitalisierungs-Durchführungsgesetz erlassen wird sowie das Tierseuchengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert werden (2357 d.B.) ................................... 403
Redner:innen:
Dietmar Keck ........................................................................................................... 404
Dipl.-Ing. Olga Voglauer .......................................................................................... 405
Alois Kainz ................................................................................................................ 407
Ing. Josef Hechenberger .......................................................................................... 409
Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................. 412
Johann Höfinger ...................................................................................................... 414
Annahme des Gesetzentwurfes in 2357 d.B. ..................................................... 415
Gemeinsame Beratung über
13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2315 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Finanzierung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Bereitstellung von Frühen Hilfen in Österreich („Frühe-Hilfen-Vereinbarung“) (2358 d.B.) ............................................................................................ 416
14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3722/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2359 d.B.) ....................................................... 416
Redner:innen:
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 416
MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................ 418
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................... 420
Rosa Ecker, MBA ...................................................................................................... 421
Martina Diesner-Wais ............................................................................................. 423
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 424
Genehmigung der Vereinbarung in 2358 d.B. .................................................... 425
Annahme des Gesetzentwurfes in 2359 d.B. ..................................................... 426
Gemeinsame Beratung über
15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2316 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit (2360 d.B.) ................................................................ 426
16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2317 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, sowie über den
Antrag 548/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung der KH-Qualitätsindikatoren (A-IQI) auf KH-Standortebene sowie über den
Antrag 2914/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung strukturierter Versorgungsprogramme (2361 d.B.) ............................................................................................................... 426
17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Primärversorgungsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Gesundheitstelematikgesetz, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Apothekengesetz, das Suchtmittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Gesundheitsqualitätsgesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 – VUG 2024) (2362 d.B.) ................. 426
18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3746/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Gesundheitsreform statt Verschlimmbesserung der Strukturen und der Versorgung im österreichischen Gesundheitswesen jetzt! (2363 d.B.) ..................................................................................................... 427
19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3518/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusätzliche Kassenvertragsstellen für Einzel- und Gruppenpraxen im Zuge der aktuellen Reform der Primärversorgungszentren (2364 d.B.) ............................................................................................................... 427
20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3317/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend
endlich wirksame Maßnahmen gegen den Pflegepersonalmangel setzen (2365 d.B.) ............................................................................................................... 427
Redner:innen:
Philip Kucher ............................................................................................................ 428
Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 431
Sigrid Maurer, BA ..................................................................................................... 431
Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. 434
Dr. Josef Smolle ........................................................................................................ 437
Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ 440
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 443
Gabriele Heinisch-Hosek ......................................................................................... 446
Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ............................................................................. 452
Peter Wurm ............................................................................................. 454, 466
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................. 456
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 458
Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Es braucht endlich die Patientenmilliarde für eine spürbare Verbesserung der Gesundheitsversorgung – Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin!“ – Ablehnung ................................................ 448, 469
Genehmigung der beiden Vereinbarungen in 2360 und 2361 d.B. ................. 467
Annahme des Gesetzentwurfes in 2362 d.B. ..................................................... 468
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2362 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Evaluierung der Gesundheitsreform bis Mitte 2027“ (350/E) ......................................................................................................... 469
Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 2363, 2364 und 2365 d.B. ....... 469
Gemeinsame Beratung über
21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3761/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln erlassen und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (2366 d.B.) ................................... 470
22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3762/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (2367 d.B.) ...................................................................................... 470
23. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010, das Rezeptpflichtgesetz und das Tierarzneimittelgesetz geändert werden (2368 d.B.) ................................................................................ 470
24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3351/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung der Medikamentenengpässe (2369 d.B.) ............................................................................................................... 470
Redner:innen:
Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. 471
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 473
Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ 476
Mag. Verena Nussbaum .......................................................................................... 478
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 480
Mag. Gerald Hauser ................................................................................................. 483
Dipl.-Ing. Olga Voglauer (tatsächliche Berichtigung) .......................................... 485
Dr. Josef Smolle ........................................................................................................ 486
Dr. Werner Saxinger, MSc ....................................................................................... 488
Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2366, 2367 und 2368 d.B. .................. 490
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2369 d.B. .......................................... 492
Gemeinsame Beratung über
25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3342/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend 6-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels (2370 d.B.) ............................................................................................................... 492
26. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3760/A der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden (2371 d.B.) ...................................................... 493
27. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3316/A(E) der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Ärzt*innenmangel (2372 d.B.) .................................... 493
Redner:innen:
Mario Lindner ........................................................................................................... 493
Ralph Schallmeiner .................................................................................................. 495
Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. 501
Dr. Werner Saxinger, MSc ....................................................................................... 504
Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2370 und 2372 d.B. ............. 507
Annahme des Gesetzentwurfes in 2371 d.B. ..................................................... 508
28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 3744/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung eines
Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online-Games“ (2373 d.B.) ............................................................................................................... 509
Redner:innen:
Mag. Christian Drobits ............................................................................................ 509
Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................. 512
Christian Ries ........................................................................................................... 514
Mag. Peter Weidinger .............................................................................................. 522
Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................ 524
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................... 526
MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................ 528
Barbara Neßler ........................................................................................................ 529
Mag. Maria Smodics-Neumann .............................................................................. 531
Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen
und Kollegen betreffend „Verbot des Glückspiels mit
‚Lootboxen‘“ – Ablehnung
.................................................................................................................. 516,
533
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2373 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend „Prüfung eines Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online-Games“ (351/E) ...................................... 533
Gemeinsame Beratung über
29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3753/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2396 d.B.) ................................... 533
30. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2397 d.B.) ............................................. 534
Redner:innen:
Rosa Ecker, MBA ...................................................................................................... 534
Norbert Sieber .......................................................................................................... 543
Petra Wimmer .......................................................................................................... 545
Barbara Neßler ........................................................................................................ 550
Michael Bernhard .................................................................................................... 551
Maria Großbauer ..................................................................................................... 554
Christian Oxonitsch ................................................................................................. 556
Lukas Brandweiner .................................................................................................. 558
Michael Bernhard (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 560
Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab ......................................................... 561
Maximilian Köllner, MA ........................................................................................... 564
Carina Reiter ............................................................................................................ 566
Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 568
Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Veto gegen Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen mit der Ukraine sowie gegen neue Milliardenzahlungen an das Selenski-Regime“ – nicht zugelassen ................................................. 536, 542
Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld“ – Ablehnung ................................................. 548, 570
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2396 und 2397 d.B. ........................ 569
31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (2318 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Art. 15a B-VG über die Verwaltungsüberprüfung des Projekts „INTERACT Office Vienna 2021-2027“ durch das Land Wien als Kontrollinstanz gemäß Art. 46 Abs. 3 der Interreg-Verordnung (2385 d.B.) ...... 570
Redner:innen:
Franz Hörl ................................................................................................................. 571
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................... 572
Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ...................................................... 574
Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................... 576
Genehmigung der Vereinbarung in 2385 d.B. .................................................... 577
Eingebracht wurden
Petition .................................................................................................................... 99
Petition betreffend „gegen die Ausdünnung der öffentlichen Zugverbindungen und für eine Stärkung der (Verkehrs-) Infrastruktur in der Region Murau/ Murtal“ (Ordnungsnummer 136) (überreicht vom Abgeordneten Maximilian Lercher)
Regierungsvorlage ................................................................................................. 98
Zu 2303: Korrektur zur Regierungsvorlage 2303 d.B. – Vorblatt und WFA Abschaffung Pflegeregress
Berichte ................................................................................................................... 98
Vorlage 144 BA: Monatserfolg Oktober 2023 gemäß § 3 Abs. 2 Kommunalinvestitionsgesetz 2023, § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz und § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz; BM f. Finanzen
Vorlage 145 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2023; BM f. Finanzen
III-1066: Bericht betreffend Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf – Reihe BUND 2023/34; Rechnungshof
III-1067: Bericht betreffend Ambulante Versorgung in Kärnten – Reihe BUND 2023/35; Rechnungshof
III-1072: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für das Kalenderjahr 2023 (Jänner bis Oktober 2023); BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ........................................................ 100
Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kolumbien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung
Anträge der Abgeordneten
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bildungspolitik: Nicht Mittelmaß verwalten sondern Zukunft gestalten (3779/A)(E)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Kindschaftsrechts (3780/A)(E)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Beschäftigungsbewilligung für Asylwerber:innen in Mangelberufen (3781/A)(E)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung des reputationsschädigenden und österreichischen Interessen zuwiderlaufenden Schengen-Vetos (3782/A)(E)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage der Afrikastrategie bis Ende Mai 2024 (3783/A)(E)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der tertiären Bildungslandschaft: Regierungsprogramm umsetzen, Hochschulplan konkretisieren (3784/A)(E)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesamtstrategie für Medienkompetenz und ausreichend budgetäre Mittel (3785/A)(E)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewaltschutzstrategie zur besseren Prävention vorlegen (3786/A)(E)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Zeitungsangebote für Schüler:innen (3787/A)(E)
MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen betreffend 2 Jahre Tierschutzvolksbegehren: Entschließung JETZT umsetzen! (3788/A)(E)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Murtalbahn erhalten!“ (3789/A)(E)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kompensationsmaßnahmen Koralmbahn“ (3790/A)(E)
Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Es braucht endlich die Patientenmilliarde für eine spürbare Verbesserung der Gesundheitsversorgung – Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin! (3791/A)(E)
Dr. Josef Smolle, Mario Lindner, Ralph Schallmeiner, Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirksame HIV-Prävention durch niederschwelligen und kostenfreien Zugang zur HIV-PrEP“ (3792/A)(E)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „HPV-Impfung für alle Österreicher*innen ermöglichen – Krebs- und Folgeerkrankungen wirksam eindämmen“ (3793/A)(E)
Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (3794/A)
Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend WGG – Flucht vor der Aufsicht durch Austritt aus dem Revisionsverband wirksam verhindern (3795/A)(E)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Impfschäden in ein eigenes Nachsorgeprogramm in Österreich aufnehmen (3796/A)(E)
Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ablehnung des „WHO-Pandemievertrags“ sowie der novellierten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) (3797/A)(E)
Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ablehnung des „WHO-Pandemievertrags“ sowie der novellierten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) (3798/A)(E)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der „Skimpflation“ in Österreich und der EU (3799/A)(E)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der „Shrinkflation“ in Österreich und der EU (3800/A)(E)
Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Inverkehrbringen von Laborfleisch (3801/A)(E)
Anfragen der Abgeordneten
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (17005/J)
Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Missachtung des „Kopfverbots“ bei Werbung von „Digital Austria“ (17006/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufklärung rund um die Genehmigung des Verkaufs der Sber AG! (17007/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Dollfuß-Schautafeln an Schulen (17008/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die gewalttätigen Vorfälle rund um den Auftritt von Götz Kubitschek in Wien (17009/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17010/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17011/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17012/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche
Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17013/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17014/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17015/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17016/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17017/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17018/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17019/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Aktionsplan für eine
nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17020/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17021/J)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen? (17022/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Korruptionsermittlungen im Klagenfurter Rathaus (17023/J)
Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Bundesrevisionsverband für gemeinnützige Bauvereinigungen – Revisoren als Angehörige des Baugewerbes? (17024/J)
Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Verbindungen des Bundesrevisionsverbandes für gemeinnützige Bauvereinigungen in die Causa Commerzialbank Mattersburg – Anja Cupal und die TPA (17025/J)
Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Problematiken rund um höchste Ebenen des Bundesrevisionsverbandes für gemeinnützige Bauvereinigungen (17026/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Die Hamas im Geografie-Schulbuch (17027/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Anwendung „Stiller Notruf“ in der App DEC112 (17028/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Bürokratische Hürden für Notarzthubschrauber“ (17029/J)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Misshandlungsfälle in ehemaligen Bundeseinrichtungen für gehörlose Kinder (17030/J)
Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vertragsverletzungsverfahren und Geldstrafen (17031/J)
Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Vertragsverletzungsverfahren und Geldstrafen (17032/J)
Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Signifikanter Anstieg an Schulsuspendierungen in der Steiermark (17033/J)
Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Besoldungsreform 2023 (17034/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Strategie gegen die ukrainische Bedrohung unserer Energieversorgung (17035/J)
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Das internationale Hammerbanden-Netzwerk und seine Spuren nach Österreich (17036/J)
Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erlass „Belohnung für erfolgreiche Personalwerbung“ (17037/J)
Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Untersuchungskommission zu Pilnacek-Vorwürfen (17038/J)
Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anspruchsberechtigte Drittstaatsangehörige für den Klimabonus (17039/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Kompetenzmatching – Modernisierung der Jobvermittlung (17040/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Neue Gentechnik zukünftig ohne Risikobewertung, Nachweisverfahren und Kennzeichnung auf unseren Tellern“? (17041/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Neue Gentechnik zukünftig ohne Risikobewertung, Nachweisverfahren und Kennzeichnung auf unseren Tellern“? (17042/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend „Neue Gentechnik zukünftig ohne Risikobewertung, Nachweisverfahren und Kennzeichnung auf unseren Tellern“? (17043/J)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Vertrauensstelle Vera (17044/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Dollfuß auf Schulplakaten (17045/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage zur Folgeanfrage zu Überstunden und Personalengpass bei der Polizei (17046/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage II: Empfehlungen des Rechnungshofs zu Asylbetreuungseinrichtungen des Bundes (17047/J)
Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausstattung von Gebäuden der Polizei mit Photovoltaik-Anlagen (17048/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Offene Fragen zum Aufsichtsgebaren der FMA unter anderem im Zusammenhang mit dem Legalitätsprinzip (17049/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Offene Fragen zum Aufsichtsgebaren der FMA unter anderem im Zusammenhang mit der Führung von Verwaltungs(straf)verfahren (17050/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bewertungsboards für Krebstherapien (17051/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Rezertifizierungen gemäß SanG (17052/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lungengesundheit von Frühchen (17053/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ärzte-Umfrage (17054/J)
Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gefälschte Abnehmspritzen (17055/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17056/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17057/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17058/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17059/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17060/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17061/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17062/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17063/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17064/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17065/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17066/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17067/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17068/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Forderungen gegenüber der Signa Holding (17069/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen gegen René Benko (17070/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Abschleicher“ aus der Schweiz und Liechtenstein (17071/J)
Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Push-Backs unter ÖVP-Innenministern an der Tagesordnung? (17072/J)
Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vorsorgevollmachten (17073/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Schulen für Meidling (17074/J)
Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend René Benkos Kick-Back-Zahlungen an Sebastian Kurz (17075/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Polizist:innen für Meidling“ (17076/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Mehr Polizist:innen für Favoriten“ (17077/J)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Schulen für Favoriten (17078/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Ist unser Gesundheitssystem für einen Blackout gewappnet?“ (17079/J)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Visabestimmungen für Geschäftsleute (17080/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Lebenskostenausgleich im Bundesdienst (17081/J)
Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Offenlegungspflicht von Unternehmensbilanzen (17082/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Haftbedingungen in Polizeianhaltezentren: Bericht des Anti-Folter-Komitees des Europarats (17083/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Reform der Ehe und Eingetragenen Partnerschaft“ (17084/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Informationsmangel bei Aufklärung über HPV-Impfungen“ (17085/J)
Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Planungsversagen des Bundes bei wichtigen Covid-19-Medikamenten“ (17086/J)
Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten „Zivildiener des Jahres 2023“ (17087/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Augenoptik: Studiengang gefährdet (17088/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Augenoptik: Studiengang gefährdet (17089/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten für Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus (17090/J)
*****
Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Fehlende GO-Meldungen auf der Parlamentshomepage (84/JPR)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (15858/AB zu 16374/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (15859/AB zu 16379/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (15860/AB zu 16382/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (15861/AB zu 16377/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (15862/AB zu 16378/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (15863/AB zu 16381/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (15864/AB zu 16383/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15865/AB zu 16380/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (15866/AB zu 16385/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15867/AB zu 16386/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15868/AB zu 16387/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15869/AB zu 16384/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (15870/AB zu 16399/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (15871/AB zu 16397/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (15872/AB zu 16401/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen (15873/AB zu 16396/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (15874/AB zu 16392/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (15875/AB zu 16398/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15876/AB zu 16388/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15877/AB zu 16389/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15878/AB zu 16390/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15879/AB zu 16391/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen (15880/AB zu 16394/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Kolleginnen und Kollegen (15881/AB zu 16395/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15882/AB zu 16431/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15883/AB zu 16443/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (15884/AB zu 16400/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen (15885/AB zu 16393/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15886/AB zu 16409/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15887/AB zu 16415/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15888/AB zu 16429/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15889/AB zu 16441/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15890/AB zu 16465/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15891/AB zu 16470/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15892/AB zu 16484/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15893/AB zu 16460/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15894/AB zu 16472/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15895/AB zu 16433/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15896/AB zu 16432/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15897/AB zu 16411/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (15898/AB zu 16497/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15899/AB zu 16446/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15900/AB zu 16445/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15901/AB zu 16479/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15902/AB zu 16455/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (15903/AB zu 16438/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15904/AB zu 16434/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (15905/AB zu 16437/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15906/AB zu 16450/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15907/AB zu 16474/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15908/AB zu 16408/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15909/AB zu 16418/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15910/AB zu 16435/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15911/AB zu 16447/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15912/AB zu 16430/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15913/AB zu 16464/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15914/AB zu 16414/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15915/AB zu 16440/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15916/AB zu 16469/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15917/AB zu 16459/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (15918/AB zu 16402/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (15919/AB zu 16403/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15920/AB zu 16475/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15921/AB zu 16462/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (15922/AB zu 16453/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (15923/AB zu 16405/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15924/AB zu 16419/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15925/AB zu 16428/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (15926/AB zu 16404/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15927/AB zu 16412/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (15928/AB zu 16422/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15929/AB zu 16410/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15930/AB zu 16477/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15931/AB zu 16427/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15932/AB zu 16442/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15933/AB zu 16463/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (15934/AB zu 16417/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15935/AB zu 16471/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15936/AB zu 16421/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15937/AB zu 16476/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15938/AB zu 16458/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15939/AB zu 16406/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15940/AB zu 16413/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15941/AB zu 16416/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15942/AB zu 16423/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15943/AB zu 16424/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15944/AB zu 16425/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15945/AB zu 16444/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15946/AB zu 16449/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15947/AB zu 16452/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15948/AB zu 16454/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15949/AB zu 16456/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15950/AB zu 16461/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15951/AB zu 16473/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15952/AB zu 16478/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15953/AB zu 16481/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15954/AB zu 16439/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15955/AB zu 16466/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15956/AB zu 16467/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15957/AB zu 16426/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15958/AB zu 16480/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (15959/AB zu 16407/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15960/AB zu 16468/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15961/AB zu 16500/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (15962/AB zu 16491/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (15963/AB zu 16492/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (15964/AB zu 16493/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15965/AB zu 16505/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15966/AB zu 16483/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15967/AB zu 16489/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15968/AB zu 16502/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15969/AB zu 16508/J)
der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15970/AB zu 16512/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15971/AB zu 16499/J)
des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15972/AB zu 16503/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15973/AB zu 16420/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15974/AB zu 16436/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15975/AB zu 16448/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15976/AB zu 16457/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15977/AB zu 16504/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15978/AB zu 16510/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (15979/AB zu 16494/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15980/AB zu 16506/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15981/AB zu 16482/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15982/AB zu 16488/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15983/AB zu 16509/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (15984/AB zu 16451/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15985/AB zu 16490/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15986/AB zu 16507/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15987/AB zu 16485/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (15988/AB zu 16496/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (15989/AB zu 16498/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15990/AB zu 16501/J)
der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (15991/AB zu 16549/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (15992/AB zu 16486/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (15993/AB zu 16487/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (15994/AB zu 16495/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15995/AB zu 16511/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (15996/AB zu 16531/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (15997/AB zu 16523/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (15998/AB zu 16526/J)
der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (15999/AB zu 16522/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16000/AB zu 16513/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16001/AB zu 16514/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16002/AB zu 16515/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16003/AB zu 16516/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16004/AB zu 16517/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16005/AB zu 16518/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16006/AB zu 16519/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16007/AB zu 16520/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (16008/AB zu 16521/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (16009/AB zu 16527/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (16010/AB zu 16524/J)
des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (16011/AB zu 16525/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (16012/AB zu 16529/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen (16013/AB zu 16532/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (16014/AB zu 16533/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (16015/AB zu 16530/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (16016/AB zu 16528/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (16017/AB zu 16535/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (16018/AB zu 16540/J)
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16019/AB zu 16538/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (16020/AB zu 16534/J)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (16021/AB zu 15929/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16022/AB zu 16537/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16023/AB zu 16539/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16024/AB zu 16541/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16025/AB zu 16542/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16026/AB zu 16543/J)
des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (16027/AB zu 16544/J)
des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (16028/AB zu 16536/J)
*****
des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (82/ABPR zu 81/JPR)
Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich zu unserer 243. Sitzung begrüßen, die damit eröffnet ist.
Ich grüße die Damen und Herren der Journalistik und auch die Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen.
Die Amtlichen Protokolle der 239. und der 240. Sitzung vom 21. November 2023 sowie der 241. und der 242. Sitzung vom 24. November 2023 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.
Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Bettina Rausch-Amon, Julia Elisabeth Herr, Klaus Köchl, Petra Tanzler, Heike Grebien, Bedrana Ribo, MA und Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vom Bundeskanzleramt haben wir folgende Mitteilung erhalten:
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA wird durch Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. durch Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc vertreten.
Ferner wird bekannt gegeben, dass Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc, der sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält, durch Staatssekretärin Claudia Plakolm vertreten wird.
*****
Ich gebe bekannt, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III bis 19.15 Uhr übertragen wird, anschließend wird sie in der TVthek übertragen. Auch private Sender übertragen einen Teil unserer Sitzung.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:
„Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin! Dafür braucht es mehr Geld, Herr Finanzminister!“
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Kucher. Ich darf ihn bitten. Er kennt die Usancen: 10 Minuten beträgt seine Redezeit, jene der Nächstfolgenden 5 Minuten. – Bitte sehr, Herr Klubobmann. (Abg. Leichtfried: Die Geschäftsordnung! Das ist die Geschäftsordnung, nicht „Usancen“!)
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Regierungsmitglieder! Wir haben in diesem Haus jahrelang vom besten Gesundheitssystem der Welt gesprochen. Die Regierung hat uns bei den Budgetverhandlungen einige Wochen lang erzählt, was in unserem Gesundheitssystem nicht alles besser werden wird. Wenn man aber nur ein paar Schritte auf die Straße macht, wenn man mit den Menschen redet, wenn man Schicksale spürt, dann weiß man, dass in den letzten Jahren in Österreich einiges gekippt ist.
Es hat mir eine Krankenschwester ganz offen gesagt, dass sie ihren Beruf immer geliebt hat, aber sie sagt auch: Philip, ich kann nicht mehr, mir geht die Kraft aus! Es hat mir ein Pensionist in Klagenfurt erzählt, dass er erst in acht Monaten seine Hüftoperation bekommt und dass er bis dahin nur noch mit Schmerzmitteln über die Runden kommt. Er hat mir dann geschildert, was es für ihn heißt, mit dem Rollator zum Supermarkt zu gehen. Er wartet in Wahrheit Tag für Tag auf den Operationstermin. Eltern haben mir erzählt, dass sie verzweifelt einen Kinderarzt für ihre Tochter suchen, zehn Kassenärztinnen und Kassenärzte durchtelefoniert haben und nicht einmal einen Platz auf der Warteliste bekommen haben.
Ich sage ganz ehrlich: Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns hier auch über alle Parteigrenzen hinweg die Frage stellen, ob wir das alles einfach so hinnehmen wollen, was in Österreich passiert, oder ob wir dafür sorgen, dass es tatsächlich besser wird. Ich sage offen dazu: Krankjammern macht nichts besser, aber Schönreden wird auch nichts besser machen. (Beifall bei der SPÖ.)
Was für die Menschen in Österreich zählt, sind Taten, die ganz konkret das Leben der Menschen, die Gesundheitsversorgung besser machen. Dazu haben wir heute miteinander über alle Parteigrenzen hinweg auch die Möglichkeit: dafür zu sorgen, dass wirklich alle Menschen in Österreich die beste Versorgung bekommen, vom Neusiedler See bis zum Bodensee. Ob es der Fliesenleger in Klagenfurt, die Lehrerin in Graz oder die Verkäuferin in Wien ist: Es ist eine Frage des Respekts, dass alle Menschen in Österreich die beste Versorgung kriegen – und das können wir hier im Parlament heute auch gemeinsam beschließen. (Beifall bei der SPÖ.)
Menschen, die krank sind, die Pflege brauchen – da geht es wirklich um Respekt –, haben persönliche Schicksalsschläge erlitten, die wir nicht ungeschehen machen können, aber es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir als solidarische Gemeinschaft die bestmögliche Versorgung sicherstellen.
Gesundheit darf nie eine Frage der Brieftasche sein, es darf nicht die Kreditkarte zählen. In Zukunft muss in Wahrheit wieder die E-Card zählen, sodass alle Menschen dieselbe Versorgung bekommen. Das wäre heute mein Zugang und dazu darf ich alle einladen. (Beifall bei der SPÖ.)
Von der Regierung würde ich mir heute eine einzige Sache wirklich erwarten, und das ist Ehrlichkeit. Ich sage dazu: Jeder Euro, den wir zusätzlich investieren, ist besser als gar nichts, aber die Herausforderungen sind zu groß, um zu wenig zu tun. Deswegen darf ich heute auch Beispiele bringen, die zeigen werden, dass all das, was uns die Regierung heute verspricht, einfach nicht reichen wird.
Die Österreichische Gesundheitskasse hat in diesem Jahr ein Minus von 386 Millionen Euro und bekommt in Zukunft von der Bundesregierung zusätzlich netto 200 Millionen Euro dazu. Damit sollen die Spitäler entlastet werden, damit soll es Hunderte Kassenstellen geben, damit soll es in Zukunft wirklich gleich gute Leistungen geben, einen modernen Leistungskatalog, bei dem dann die Zeit für die Patientinnen und Patienten im Vordergrund steht. All das soll in Zukunft mit diesen 200 Millionen besser werden – bei einem Minus von 386 Millionen Euro.
Ich sage es noch einmal dazu: Krankjammern, Herr Finanzminister, wird uns nicht weiterbringen, aber Schönreden wird uns auch nicht weiterbringen. Das wird sich in der Frage nicht ausgehen. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Finanzminister, ich bitte Sie jetzt, heute ganz ehrlich zu sein, dass Sie den Menschen, die tagtäglich am Krankenbett für die Patientinnen und Patienten da sind, und den Menschen in Österreich auch ehrlich die Wahrheit sagen: Glauben Sie wirklich, dass sich das in Zukunft ausgehen wird, dass es deutlich besser werden wird, oder sagen Sie heute hier ganz offen, dass es in diesen Bereichen keine Verbesserungen geben wird? Seien Sie dann bitte ganz ehrlich und beantworten Sie einfach auch die Frage hier offen: Wird es in Zukunft nicht genügend Kinderärzte geben, die in Österreich verfügbar sein werden?
Werden wir im Bereich der Pflege keine Verbesserungen leisten können? Werden wir statt zehn Monaten nur noch fünf Monate auf Operationen warten müssen? Wird es weiterhin zu wenige Kassenärzte geben? In welchen Regionen wird es weiterhin zu wenige Kassenärzte geben? Ist das die Steiermark, wird es in Wien zu wenige Kassenärzte geben, ist es Kärnten oder Vorarlberg?
Ich darf Sie einfach bitten, Herr Finanzminister, dass Sie sagen, wenn das Geld nicht reicht: Wo wird es denn keine Verbesserungen geben? Sagen Sie dem älteren Herrn, der auf die Hüftoperation warten muss, ganz offen, ob es in Zukunft acht Monate oder sechs Monate oder vier Monate sind! Es ist eine Frage der Ehrlichkeit, offen zu sagen, was in Zukunft alles nicht besser werden wird, Herr Finanzminister.
Wir haben heute hier die letzte Möglichkeit, das zu reparieren, was uns vor einigen Jahren Hartinger-Klein, Kurz, Herbert Kickl und Strache miteinander eingebrockt haben. Sie erinnern sich alle: Im Rahmen der Kassenzerschlagung hat man sich ja vorgenommen, es ist wichtig, den privaten Anteil im Gesundheitswesen zu erhöhen, dass man sozusagen die Privatisierung vorantreibt. Das hat man sogar ins Gesetz hineingeschrieben. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!)
Profitiert von der Kassenzerschlagung und der angeblichen Patientenmilliarde haben nicht die Patientinnen und Patienten. Es waren ein paar Großspender der ÖVP, es hat Steuersenkungen für Konzerne gegeben, man hat die Privatkliniken bedacht. Dort ist das Geld hingeflossen. Die Patientenmilliarde, die versprochen worden ist, gibt es bis heute nicht. Alle Eltern, die verzweifelt einen Kinderarzt suchen, wissen, dass dadurch nichts besser geworden ist. Wir haben heute die Chance, das zu reparieren, was uns Kickl, Strache, Hartinger-Klein und Kurz vor einigen Jahren versprochen haben. Sorgen wir heute dafür, dass es diese Patientenmilliarde in Zukunft in Österreich wirklich geben wird! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Warst schon impfen?)
Ich möchte weitere ganz konkrete Beispiele bringen: Ein Vorschlag ist, dass wir wirklich eine gesetzliche Termingarantie in Österreich durchsetzen, dass es maximale Wartezeiten von 14 Tagen für Facharzttermine in Österreich gibt. Wer glaubt, das ist nicht möglich, muss nur einen Blick in die skandinavischen Länder wagen und sich anschauen, wie es zum Beispiel Finnland mit gesetzlichen Höchstwartezeiten geregelt hat. Es ist möglich, wenn die Politik den Mut hat und dafür kämpft, dass es eine Termingarantie für alle Patientinnen und Patienten gibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt Entscheidungen, die wir heute treffen müssen, da sie sich sonst in Zukunft in einer dramatischen Form rächen werden, wenn wir heute nicht die notwendigen Entscheidungen treffen. Ich verstehe persönlich nicht, dass wir jedes Jahr Tausende junge Menschen von den Medizinuniversitäten fernhalten, deren Traum es ist, einmal Medizin zu studieren, einmal Leben zu retten, dass diese Menschen die Möglichkeit nicht bekommen. Wir haben in den letzten Jahren so viele Vorschläge gemacht, dass es eine Ausbildungsoffensive im Bereich der Medizin gibt. Bis heute ist gar nichts passiert.
Die Hälfte der Kassenärztinnen und -ärzte darf in zehn Jahren in Pension gehen, und es werden weniger junge Menschen nachkommen. Wir steuern auf eine dramatische Situation zu, und leider haben sowohl die Freiheitlichen als auch die Grünen und die ÖVP alle unsere Forderungen nach einer Ausweitung der Zahl der Medizinstudienplätze in den letzten Jahren immer verhindert. Wir müssen aber heute handeln. Morgen mit der Ausbildung zu beginnen heißt, dass wir in zehn Jahren dann vielleicht wirklich einmal mehr Ärztinnen und Ärzte bekommen werden. Das wird deutlich länger dauern, aber heute nicht zu handeln, das wird sich in zehn Jahren dramatisch rächen.
Einen zentralen Punkt möchte ich noch ansprechen: Es sind ein paar kleine, kosmetische Dinge passiert, aber es ist schon ein Kunststück, dass man es beim Finanzausgleich schafft, die größte Berufsgruppe im Gesundheitsbereich de facto völlig zu vergessen (Abg. Wöginger: Wen?), nämlich die Pflege. Tatsächlich gibt es heute keine Ausbildungsoffensive in der Pflege. (Abg. Schallmeiner: Das
stimmt doch nicht!) Man feiert sich in Zeiten der Teuerung als Bundesregierung dafür, dass es in Zukunft einen Zuschuss von 600 Euro monatlich für Pflegekräfte gibt. (Abg. Wöginger: Was redest du? Fachkräftestipendium, Herr Kollege! Fachkräftestipendium!) 600 Euro monatlich – das muss aus Sicht der Bundesregierung für die Pflegekräfte reichen.
Ist nicht das möglich, was bei der Polizei längst üblich ist, dass Menschen, die Polizistin oder Polizist werden wollen, 2 300 Euro bekommen? Warum sollen die Pflegekräfte nicht auch die Chance haben, eine gute Ausbildung zu machen und sich das auch leisten zu können? Das könnten wir heute miteinander beschließen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)
Ich sage noch einmal dazu: Ein Finanzausgleich ist besser als kein Finanzausgleich, ein bisschen etwas zu tun ist besser, als gar nichts zu tun, aber das wird in Summe einfach nicht reichen, wenn wir unser Gesundheitssystem retten wollen.
Deswegen darf ich alle Fraktionen heute noch einmal bitten: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass wirklich alle Menschen in Österreich in Zukunft die bestmögliche Versorgung bekommen (Beifall bei der SPÖ), und sorgen wir dafür, dass das, was den Menschen in Österreich versprochen worden ist, auch tatsächlich umgesetzt werden kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das ist schon!)
9.15
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesfinanzminister Brunner. – Bitte sehr, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte
Damen und Herren! Zuerst einmal: Gott sei Dank ist der Herr Gesundheitsminister auch hier, denn ich glaube, diese Aktuelle Stunde hätte eher an ihn gehen sollen – aber okay. (Abg. Kucher: Das Geld ist schon bei Ihnen!)
Der Titel der Aktuellen Stunde ist auch interessant: Wenn ich ein Abgeordneter wäre, müsste ich jetzt fast eine tatsächliche Berichtigung oder so etwas machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Geh bitte! Er ist Finanzminister! Ein Finanzminister, der sich nicht zuständig fühlt!) Ich bin aber gerne hier und natürlich auch gerne bereit, darüber zu diskutieren.
Trotzdem bin ich wie gesagt dankbar und froh, dass der Herr Gesundheitsminister, der dafür zuständig ist, auch hier ist, denn Gesundheitspolitik macht der Gesundheitsminister, machen übrigens auch die Landesgesundheitsreferenten. (Die Abgeordneten Heinisch-Hosek und Kucher: Das Geld! Wer gibt das Geld? – Abg. Wöginger: Na die Roten!) – Das Geld? Um Gottes Willen, es ist ja nicht mein Geld, es ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, über das wir hier sprechen. Das ist also weder Ihr Geld noch mein Geld, sondern das ist unser aller Geld.
Auch bemerkenswert an dem Titel, also „mehr Geld“, ist: Vor ein paar Wochen – ich kann mich gut erinnern – wurde mir auch von Ihnen vorgeworfen, dass wir für alle möglichen Dinge zu viel Geld ausgeben. Jetzt ist es zu wenig. (Abg. Kucher: In die falsche Richtung!) – Okay, kann man alles - - Sei’s drum. (Rufe bei der ÖVP: Die rote Linie! – Abg. Steinacker beschreibt mit der Hand eine gewellte Linie.)
Insgesamt ist es aber sicher gut, wenn wir uns über das Thema unterhalten, Herr Klubobmann Kucher – wunderbar. Mich freut es auf jeden Fall sehr, dass Sie dieses Thema gewählt haben, weil wir auch die Möglichkeit haben, darzustellen, was die Fakten sind und was wirklich auch an Mitteln zur Verfügung gestellt wird.
In den kommenden fünf Jahren stellen wir – ich rede jetzt von uns allen gemeinsam, Bund, Länder, natürlich auch die Sozialversicherung – insgesamt 14 Milliarden Euro für Gesundheit und übrigens auch Pflege zur Verfügung. Ein großer Teil von den 14 Milliarden trägt natürlich der Bund mit 11 Milliarden Euro. Gegenüber dem vorigen Bundesfinanzrahmen sind das zusätzliche Gesundheitsausgaben von 5 Milliarden Euro im Vergleich zum letzten Mal.
14 Milliarden scheinen also für die Sozialdemokratie zu wenig zu sein, wobei es ja interessant ist: Wenn ich mir die Finanzausgleichsverhandler anhöre, auch, Herr Klubobmann Kucher - - Jetzt geht er leider raus. (Abg. Holzleitner: Nein, er bleibt eh da!) Schade, denn es wäre jetzt interessant, wenn wir darüber diskutieren könnten. (Abg. Heinisch-Hosek: Kucher ist da, keine Sorge!) Wenn ich mir die Finanzausgleichsverhandler anhöre, darf ich zuerst einmal Landeshauptmann Doskozil zitieren, der gesagt hat, „die Gesundheitsreform gebe dem Burgenland mehr Handlungsspielraum“ (Abg. Hörl: Der ist ja kein Sozi! – Abg. Taschner: Hört, hört!), und ich zitiere Bürgermeister Ludwig, der gesagt hat: „‚Die beste Versorgung im Bereich der Bildung, der Gesundheit, der Pflege – all das kostet Geld‘. Dies sei mit der bahnbrechenden Grundsatzvereinbarung zum Finanzausgleichsgesetz [...] geschafft worden“. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kucher: Reden wir von Spitälern oder von Kassenärzten? – Abg. Heinisch-Hosek: Rote Verhandler ...!)
Okay, das war ein Zitat, das war nicht von mir. Übrigens hat Bürgermeister Ludwig – das schätze ich auch sehr – auch das gemeinsame Vorgehen beim Finanzausgleich über die Parteigrenzen hinweg hervorgehoben. (Abg. Heinisch-Hosek: Rote Verhandler sind besser! – Abg. Lopatka: Das war ein Schuss ins eigene Knie!) Das kann ich nur unterstreichen und mich noch einmal bei allen Verhandlern bedanken, die auch das Gesamtstaatliche im Blick hatten. Da waren die Landeshauptleute Ludwig und Doskozil Gott sei Dank auch dabei und haben das auch so gesehen; übrigens auch der Herr Gesundheitsminister, dem es immer wichtig war, nicht nur mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das ist das eine, ja, das tun wir intensiv, auf der anderen Seite verknüpfen wir das
aber eben immer mit den Reformen, die einfach auch dringend notwendig waren.
Es geht also darum, auf der einen Seite nicht nur mehr Geld in das System zu pumpen, sondern auf der anderen Seite auch Reformen umzusetzen. Dafür danke ich dir auch wirklich ganz herzlich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Zum Inhaltlichen: Österreich hat zweifelsfrei – das muss man eigentlich nur mit anderen Ländern innerhalb der Europäischen Union vergleichen, von außerhalb spreche ich gar nicht – ein sehr, sehr gutes Gesundheitssystem. Jeder, der einmal Gesundheitsleistungen im Ausland in Anspruch nehmen musste, sieht den Vergleich.
Ich habe einen Freund in England, dessen Tochter – sie ist Engländerin – medizinische Kongresse organisiert, den nächsten nächstes Jahr in Wien. Sie hat mich angerufen und hat gefragt: Was gibt es denn für private Spitäler in Wien? Wir müssen uns vorbereiten! Da sage ich: Wieso private Spitäler? Ihr könnt euch an das öffentliche Gesundheitssystem wenden, das ist super! Dann sagt sie: Aha, das bin ich aus England nicht gewohnt, dass man das so sehen kann! (Abg. Silvan: Die Konservativen haben es zusammengehaut! – Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Das zeigt natürlich auch, wie gut unser Gesundheitssystem insgesamt beieinander ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Aber, das muss man klar festhalten, unser Gesundheitswesen leidet insgesamt unter den enormen Kostensteigerungen und selbstverständlich auch unter dem Personalmangel, den wir erleben. Diese Herausforderungen gilt es natürlich in den Griff zu bekommen. Mit der vorliegenden Gesundheitsreform, davon bin ich überzeugt, werden wir auch in Zukunft die hohe Qualität, die wir in der Gesundheitsversorgung haben, für alle Menschen in Österreich entsprechend sicherstellen können.
Dass unser Gesundheitssystem insgesamt gut aufgestellt ist, zeigen uns auch die internationalen Vergleiche. Die OECD beispielsweise überprüft das ja immer
wieder. In einer Studie hat sie die Gesundheitssysteme der Mitgliedsländer miteinander verglichen. Sie weist darauf hin, dass das Gesundheitssystem in Österreich in der Bestklasse liegt, weist aber auch darauf hin, und das ist schon interessant, dass unsere Ausgaben im Spitalsbereich im Verhältnis zum niedergelassenen Bereich und was den Digitalisierungsgrad und die Vorsorge betrifft, vergleichsweise hoch sind. Unsere Ausgaben sind also relativ hoch. Dieses Ungleichgewicht, das wir gesehen haben, war Ausgangspunkt der Überlegungen zu einer umfassenden Gesundheitsreform, die wir angegangen sind. Deren Grundsatz lautet – der Herr Gesundheitsminister hat das immer wieder betont –: digital vor ambulant vor stationär. (Abg. Stöger: Digitale Gesundheit gibt es nicht!)
Das war der Grundsatzgedanke, den wir auch in den Finanzausgleichsverhandlungen bei der Gesundheitsreform - - (Abg. Stöger: Entschuldigung!) – Na ja, es geht ja - - (Abg. Stöger: Digitale Gesundheitsversorgung gibt es nicht!) – Ja, okay, Herr Gesundheitsminister außer Dienst Stöger, es ist interessant, was Sie da sagen. Wie lange waren Sie Gesundheitsminister? (Abg. Stöger: Lange genug!) – Okay, lange genug. (Ruf bei der ÖVP: Zu lange!) Lange genug, das stimmt.
Wichtig war es, das digitale Angebot für die Patientinnen und Patienten weiter auszubauen. Jedes Jahr stellen wir für diesen Bereich 50 Millionen Euro zur Verfügung. Damit wird auch die vielen wahrscheinlich erst seit der Coronazeit bekannte Gesundheitshotline 1450 entsprechend erweitert. Sie wird erweitert, um die Erstabklärung, und darum geht es, mancher Beschwerden zu übernehmen. Was die Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten betrifft, ist Österreich, gemessen an der Einwohnerzahl, übrigens weltweit Spitzenreiter. Auch das darf man nicht vergessen: Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr Ärzte in Relation zur Bevölkerung als in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Taschner: Hört, hört!)
Das Problem dabei ist, und auch das sollte man aufzeigen, dass sich immer weniger Ärzte für das öffentliche System entscheiden. (Abg. Belakowitsch: Ja, warum? – Abg. Heinisch-Hosek: ... wählen wollen, weil sie nicht anders
können! Das ist ja logisch!) Auch das muss man natürlich entsprechend adressieren. Das Problem dürfte Ihnen, Herr Gesundheitsminister außer Dienst, durchaus bekannt sein. Von 2008 bis 2017 waren SPÖ-Gesundheitsminister daran beteiligt. (Ruf bei der SPÖ: ... Parteipolitik! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Also alles gut.
Was tut die Bundesregierung, um dieses Problem anzugehen? – Selbstverständlich muss man das machen. Um den niedergelassenen Bereich zu stärken, stellen wir den Krankenkassen jährlich 300 Millionen Euro für den Ausbau von Kassenstellen zur Verfügung. (Abg. Kucher: Wie hoch ist heute das Minus?) Mit dieser Summe können mehrere Hundert Kassenstellen zusätzlich geschaffen werden. Zusätzlich, und das ist ganz entscheidend, verbessern wir im Rahmen der Sozialversicherung die Arbeitsbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte. Wir machen es für sie attraktiver, eine Kassenstelle anzunehmen anstatt eine Wahlpraxis zu eröffnen. Das kommt insbesondere denjenigen Regionen und übrigens auch den Fachbereichen, Herr Klubobmann Kucher, zugute, in denen eine Nachbesetzung vielleicht schwieriger ist als in anderen Fällen. Damit werden auch zusätzliche Angebote zu Randzeiten geschaffen.
Was wir aber leider auch verstärkt beobachten, ist, dass Patientinnen und Patienten mit Bagatellbeschwerden vom niedergelassenen Bereich in Spitalsambulanzen ausweichen. Das ist für die Länder, die für den Spitalsbereich zuständig sind, doch eine gewisse Herausforderung und auch mit immer höheren Kosten verbunden. Aus diesem Grund, um die Spitalsambulanzen zu entlasten, investieren wir jährlich rund 600 Millionen Euro vor allem in die Schaffung von vorgelagerten Einrichtungen wie Tageskliniken oder in ausgelagerte Spitalseinheiten.
Das wird die Wartezeiten verringern und dadurch werden letztlich auch die Kosten für die Länder gesenkt. Es geht nicht immer nur darum, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, sondern es geht schon auch darum, das mit entsprechenden Reformen zu verknüpfen und die Kosten – übrigens wieder Steuergelder, Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – dadurch zu
reduzieren. Österreich ist – da sind wir uns, glaube ich, alle einig – ein durchaus wohlhabendes Land, und das zeigt sich eben auch an der überdurchschnittlichen Lebenserwartung – Gott sei Dank!
Gleiches gilt aber leider nicht für den Anteil an gesunden Lebensjahren, das heißt, dass wir mehr in die Gesundheitsförderung investieren müssen, mehr in die Gesundheitsvorsorge investieren müssen. Das tun wir eben auch im Rahmen dieser Reform mit jährlich rund 60 Millionen Euro zusätzlich. Sehr geehrte Damen und Herren, die Gesundheitsreform, die im Zuge des Finanzausgleichs mitverhandelt wurde, ist sicherlich eine der größten Reformen im Gesundheitsbereich der letzten Jahrzehnte, würde ich sagen. Damit gelingt es uns auch, die hohe Qualität des österreichischen Gesundheitssystems zu sichern.
Wir reformieren die Strukturen, sorgen für Verbesserungen vor allem bei all jenen, die im System tätig sind – bei den Pflegerinnen und Pflegern, die von Ihnen angesprochen wurden, Herr Klubobmann, bei den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegekräften insgesamt, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitsbereich –, und wir erhalten uns damit, worauf es letztlich auch ankommt, ein qualitativ hochwertiges und vor allem für alle leistbares Gesundheitswesen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
9.27
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle. 5 Minuten stehen an Redezeit zur Verfügung. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir uns die österreichische Landkarte strukturell an: In Wien gibt es den geringsten Anteil an Kassenärzten und den höchsten Anteil an Wahlärztinnen und -ärzten. 40 Prozent aller Privatsanatoriumsleistungen werden in der sozialdemokratisch regierten Bundeshauptstadt erbracht. (Oh-Rufe
bei der ÖVP. – Abg. Taschner: Hört, hört! – Abg. Kucher: Ändert das! Es liegt an euch! – Abg. Bogner-Strauß: Wer ist denn dort verantwortlich?) – Ich mache keine Schuldzuweisungen (Ruf bei der SPÖ: O ja!), ich weise nur darauf hin, dass es für die Sozialdemokratie durchaus nicht einfach ist, zu versuchen, mit dem Thema Gesundheit parteipolitisch zu punkten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Mich freut es, dass Bürgermeister Ludwig bei den wirklich guten Schritten, die über den Finanzausgleich gesetzt werden, mit im Boot ist. (Abg. Wöginger: Super!) Die Patientenmilliarde (Abg. Heinisch-Hosek: Wo ist die?): Die Österreichische Gesundheitskasse hat 2022 2 Milliarden Euro mehr als 2020 in die Patientenversorgung investiert, 2023 sind es 3 Milliarden Euro mehr. (Abg. Wöginger: Ja, genau, das ist schon mehrmals ...! So schaut’s aus im Schneckenhaus!) Diese oft zitierte Milliarde ist also schon mehr als fünffach in die Gesundheitsversorgung geflossen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Und warum sind die Wartezeiten nicht kürzer dadurch?)
Zur Zahl der Ärztinnen und Ärzte: Derzeit haben wir in Österreich 50 700 aktive Ärztinnen und Ärzte. Das ist nicht nur ein europäischer Spitzenwert, das ist ein All-time-High in Österreich. Alleine in den letzten Jahren sind 3 000 weitere hinzugekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Zahl der Studienplätze seit 2014 nicht gleich geblieben ist, sondern vonseiten des Bundes von 1 500 auf 2 000 sukzessive ausgebaut wurde. (Abg. Heinisch-Hosek: Da waren auch rote Minister:innen im Amt! – Abg. Wöginger: Wieso kritisiert ihr das? – Abg. Heinisch-Hosek: Es ist noch immer zu wenig! – Abg. Steinacker: Wir haben gesagt, wir machen keine Parteipolitik! – Abg. Belakowitsch: Könnt ihr das draußen weiter bereden?) Es ist gut, dass sie ausgebaut worden sind. (Abg. Kucher: Johanna Mikl-Leitner, Christopher Drexler: Alle unserer Meinung! – Abg. Wöginger: Wenn ich dir vorlese, was der Doskozil fordert, dann wirst du krank!) An der Zahl der Ärztinnen und Ärzte liegt es in Österreich nicht.
Was wir durchaus erlebt haben, ist, dass es parallel zu all den genannten Entwicklungen gesellschaftliche Megatrends gibt, die alle Branchen – auch den Gesundheitsbereich – betreffen und die Arbeitsweise und das Arbeitsumfeld massiv verändert haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat keinen Sinn, zu versuchen, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Es geht darum, die Situation, wie sie ist, zur Kenntnis zu nehmen und davon ausgehend die richtigen Schritte zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Genau das geschieht jetzt mit dem Finanzausgleich (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen): 1,5 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre, erstmals wird durch den Finanzausgleich zusätzliches Bundesgeld in die Sozialversicherung fließen – zur Attraktivitätssteigerung im niedergelassenen Bereich –, das ist ein ganz wichtiger Schritt. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
3 Milliarden Euro gehen an die Länder für Reformen im Krankenanstaltenbereich. Es wird mehr Verlagerung aus dem vollstationären Bereich in den tagesklinischen, in den ambulanten Bereich geben. (Abg. Loacker: Das haben die Länder, damit sie nicht reformieren müssen! Ihr stoppt ...!) Damit wird die Steigerung der Effizienz und der Abbau von Wartelisten erreicht. Das ist genau das, was wir jetzt brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Zusätzlich dazu Folgendes: Wir alle erinnern uns, im Vorjahr wurde davon geredet, dass das, was wir für die Pflege machen, zeitlich befristet sei. – Nein, das ist es nicht! Es ist jetzt im vollem Ausmaß im Finanzausgleich verstetigt. Wir haben derzeit – und das ist erfreulich – so viele Menschen in Pflegeausbildung wie noch nie zuvor. Auch das ist ein großer Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Patientenlenkung ist ein weiteres Thema: Vorhin wurde gesagt, in Skandinavien bekäme man innerhalb von 14 Tagen einen Facharzttermin. – Ja, bekommt man, aber nur, wenn man über viele Hürden gegangen ist und
überhaupt für wert befunden wurde, einen Facharzt aufsuchen zu dürfen. Das ist der erste Teil der Geschichte, der auch erzählt werden muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Geld fließt auch in die Digitalisierung und damit auch in die Aufwertung von 1450 und in deren Einbindung in die Terminkoordination. Damit erzielen wir eine Lenkung der Patientinnen und Patienten zum wirklichen Best Point of Care, und das wird auch die Terminsituation deutlich entspannen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Bundesregierung stellt die richtigen Weichen. Sie stellt sie in die richtige Richtung. Ich freue mich über alle, die daran mitwirken. Packen wir es gemeinsam an! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
9.32
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte sehr.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf im Namen meiner Kollegin Petra Oberrauner sehr, sehr herzlich Bürgermeisterin Michaela Oberlassnig und Mitglieder des Gemeinderates aus Feld am See in Kärnten sehr herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Kickl: Die freuen sich nicht über Ihre Performance da!)
Ich glaube, die Gäste, die heute da sind, aber auch die Bürgerinnen und Bürger, die uns zuschauen, werden sich natürlich eines wünschen: eine medizinische Vollversorgung in Österreich. Diese ist in Gefahr. Herr Finanzminister, auch wenn Sie sich gerade für nicht zuständig erklärt haben: Sie sind der Querschnittsminister dieser Republik, denn Sie haben das Geld. Das Geld wird vom Finanzministerium aus verteilt. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn man gut verhandelt, bekommt man natürlich auch entsprechende Mittel, das ist keine Frage. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Ich darf Sie einladen, mit mir eine kurze Reise zurück zu machen. (Ruf bei der ÖVP: Oje! – Abg. Tanda: Bitte nicht schreien!) Zwischen 2000 und 2006 haben die Gebietskrankenkassen, weil sie kleingeschrumpft wurden, ein Minus eingefahren. Zwischen 2006 und 2016 – also dank aller roten Regierungsmitgliedern – wurden die Gebietskrankenkassen saniert und danach ging es wieder bergab. (Abg. Loacker: An welchem Tag war die Wiener Kasse saniert? ... jedes Jahr Millionen versenkt! Jetzt habt ihr es im Nationalrat ..., fix noch einmal!)
Mit dieser Gesundheitsreform passieren kleine Schritte, mit denen wieder Verbesserungen vollzogen werden. Das große Überthema, die Krankenhäuser zu entlasten und die Kassenärztinnen und -ärzte aufzuwerten, wird aber auch mit dieser Reform wenig bis gar nicht gelingen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum.
Herr Finanzminister, Sie sagen, jeder soll sich seinen Wahlarzt, seine Wahlärztin aussuchen können. – Um jene, die es sich aussuchen können, mache ich mir – machen wir uns als Sozialdemokratie – keine Gedanken, die brauchen uns nicht. Um jene aber, die es sich nicht aussuchen können, muss man sich Gedanken machen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Sie gehören ja sicher nicht dazu, dass Sie einen solchen Wahlarzt konsumieren, sicher nicht!)
Es geht um die Basisversorgung in diesem Land. Die Basisversorgung leisten Kassenärzt:innen und die Privatversorgung leisten Privatärzte und -ärztinnen. Obwohl für ein ärztliches Gespräch bei Kassenärztinnen und Kassenärzten zum Beispiel im Leistungskatalog 15 Minuten vorgesehen sind, haben die Kassenärzte und -ärztinnen diese Zeit oft nicht mehr, weil es natürlich regional ganz unterschiedlich ist, wie die Versorgungslage ist und weil es auch bei den Fachärzten und Fachärztinnen ganz unterschiedlich ist, wann jemand einen Termin bekommt.
Die Terminfrage ist der springende Punkt: Jeder, der in Österreich Hilfe braucht, bekommt sie. Die Frage ist nur, wann. Es ist nicht egal, wo man lebt und welche Fachärzte und Fachärztinnen in der Nähe sind. Ich denke, dass viele, viele soziale Ungleichheiten in diesem Land das noch befördern. Soziale Ungleichheiten sind natürlich gekoppelt mit den folgenden Tatsachen: Wo wohne ich? Welchen Arbeitsplatz habe ich, wenn ich einen habe? Kann ich mir die Wohnung, in der ich lebe, oder das Haus, in dem ich lebe, auch wirklich leisten? Das hängt natürlich ganz eng mit der gesundheitlichen Versorgung zusammen, denn wenn ich einen Arbeitsplatz habe, wenn ich eine saubere, warme Wohnung ohne Schimmel habe, wenn ich mir das Essen leisten kann, das ich mir leisten will, dann bin ich gesünder, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn ich das alles nicht habe, dann brauche ich das Gesundheitssystem umso dringender, aber mit Kassenarztstellen und Kassenärztinnenstellen und nicht mit Stellen in der Privatmedizin. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bogner-Strauß: Deshalb ja die 300 Millionen mehr!) )
Es gibt eine Gesundheitsforscherin, die nicht nur von der Zwei- und Dreiklassenmedizin spricht, sondern sie sagt, dass es auch eine vierte Klasse gibt. Die Zweiklassenmedizin, in der wir alle leben, beschreibt das Ausweichen auf einen Wahlarzt, eine Wahlärztin. Wir können uns wahrscheinlich Wahlärztinnen und Wahlärzte leisten, wenn es in der Nähe keine Fachärzt:innen gibt. Man kauft sich die bessere Versorgung. Die Dreiklassenmedizin bezieht sich auf das, was ich gerade gesagt habe: Es ist nicht egal, wo jemand lebt und wie jemand lebt und welche Lebensbedingungen und Arbeitsbedingungen jemand hat. Das ist dann die dritte Klasse, die dazukommt, wenn man es sich nicht aussuchen kann. Die vierte Klasse ist jene, wenn man persönliche Beziehungen zu Ärztinnen oder Ärzten hat und deswegen schneller drankommt. (Abg. Hanger: Wie Sie, nicht!? – Abg. Zarits: Wie Sie!)
Das heißt, wir haben eine Mehrklassenmedizin. Ich war gestern in einem niederösterreichischen Krankenhaus und habe eine halbe Stunde im OP-Saal gewartet – ich hatte eine Darmspiegelung und eine Gastroskopie –, weil die
Leute dort überlastet waren, weil der Arzt einfach nicht dahergekommen ist. Er ist erst eine halbe Stunde später gekommen. Ich will Ihnen damit sagen, dass es wirklich schwierig ist - - (Unruhe bei der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Gratuliere! – Abg. Prinz: Ihre Sorgen möchten wir haben!) – Ja, erzählen Sie uns dann persönliche Beispiele! Ich war schon im OP-Saal und habe dort gewartet, ganz egal. Ich habe dort in den Ambulanzen viele Leute gesehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die ganz einfach gar nicht drangekommen sind und wieder weggeschickt werden mussten.
Also bitte: Könnten Sie eine Gesundheitsreform machen, die den Namen auch verdient? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Eine halbe Stunde! Sie sind ja wirklich zu bedauern! – Abg. Heinisch-Hosek –auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Im OP-Saal, hallo! Nicht in der Ambulanz!)
9.38
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister Brunner, sehr geehrter Herr Bundesminister Rauch! Erlauben Sie mir, dass ich vorab ein bisschen auf meine Vorredner von der SPÖ und die heutige Aktuelle Stunde eingehe, weil es an Chuzpe ja kaum zu überbieten ist, was die SPÖ heute hier liefert: noch mehr Geld fordern, noch mehr Bürokratie fordern. In Wirklichkeit waren es Ihre eigenen roten Funktionäre in der Sozialversicherung (Abg. Kucher: Da redet die Hartinger-Klein aus dir!), die nach der Kassenzusammenlegung die notwendigen internen Reformen und das Heben der Patientenmilliarde verhindert haben, sehr geehrter Kollege Kucher. Ihre roten Funktionäre haben das Heben der Patientenmilliarde verhindert. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Kucher.)
Schaut man dann weiter: Wie schaut es denn im Wirkungsbereich der SPÖ aus, jener SPÖ, die in Wien für Zustände, wie jenen beim Neubau des Krankenhauses Nord, verantwortlich ist, im Rahmen dessen Hunderte Millionen Euro an Steuergeldern verbraten worden sind? Es gibt kein einziges Bundesland, in dem es in den vergangenen Monaten und Jahren so viele Gefährdungsmeldungen, so viele geschlossene Abteilungen, so viele umherirrende Rettungsfahrzeuge mit Patienten, die keine Notaufnahme finden, so viel Unzufriedenheit unter den Patienten und eine Ärzteschaft, die mit dem Landesrat im Clinch liegt und sogar bei Minustemperaturen auf die Straße geht, weil sie bis heute noch nicht einmal einen Kollektivvertrag hat, gegeben hat. (Abg. Hörl: Wahnsinn!) Das ist das Beispiel für die rote Gesundheitspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das wollen wir wirklich nicht haben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kucher: Du könntest dich auch entschuldigen!)
Das Allerschlimmste ist, dass Sie sich mit Ihrer Politik in den Verhandlungen auch gegenüber der Bundesregierung und Bundesminister Rauch durchgesetzt haben, denn das, was jetzt an Pseudoreform zum Beschluss für den heutigen Tag auf dem Tisch liegt, trägt Ihre Handschrift. Da wird ja 1 Milliarde Euro frisches Steuergeld ohne jegliche Reform in ein System hineingeschüttet, in ein Fass ohne Boden. Natürlich freuen sich die Landeshauptleute Ludwig und Doskozil, weil zwei Drittel von dem Geld in ihre Länderbudgets gehen, und natürlich freut sich Huss von der ÖGK, denn auch er bekommt erstmalig Hunderte Millionen Euro für die Sozialversicherung ohne Reformnotwendigkeit (Abg. Kucher: Wie viel? – Abg. Silvan: Wie viel ist ihm weggenommen worden die letzten Jahre?), ohne konkrete Ziele, wie Sie es versprochen haben, Herr Minister, ohne Sanktionsmöglichkeiten – so schauen Ihre Reformen aus. Sie stellen sich her und fordern noch zusätzliches Geld, also das ist wirklich eine Chuzpe. (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen wir uns einmal an, was Sie tatsächlich machen: Sie versprechen, Sie stärken die niedergelassene Versorgung – na mitnichten: Sie stecken das Doppelte von dem, was Sie in den niedergelassenen Bereich investieren, in den
stationären Bereich hinein. Sie setzen die vollkommen falschen Anreize, weil Sie eine weitere Zentralisierung, eine Bürokratisierung herbeiführen und es für die freien Ärzte noch unattraktiver machen, eine Kassenstelle anzunehmen. Das Ganze wird ein vollkommener Griff ins Klo sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie werden genau das Gegenteil von dem, was Sie proklamieren, erreichen.
Sie verschlechtern nicht nur die Gesundheitsversorgung, obendrein glauben Sie auch, dass Sie im Arzneimittelbereich mit mehr Zentralisierung und planstaatlichen Eingriffen und Beschaffungen irgendetwas lösen können. Dabei haben Sie schon mit den Coronaimpfstoffen Hunderte Millionen Euro in den Sand gesetzt. Die Verteilung der Grippeimpfstoffe hat nicht funktioniert, das Paxlovid-Drama setzt dem Ganzen (Abg. Wöginger: Ihr wollts eh nicht impfen! – Abg. Steinacker: Ja, aber er will es verkaufen! – Abg. Wöginger: Er will es verkaufen, ja! Ein Interessenkonflikt!), was Sie sich geleistet haben, ja nur die Krone auf. In den nächsten Jahren wollen Sie dann die Arzneimitteleinkäufe noch weiter zentralisieren und zentrale Depots schaffen. Das alles ist zum Vergessen, denn Sie riskieren die Gesundheit und die Leben der Österreicherinnen und Österreicher, Herr Minister. (Beifall bei der FPÖ.)
Dem möchte ich noch eines draufsetzen: Diese Sterbekommission, die Sie einsetzen, dieses vollkommen unnötige Bewertungsboard für hochpreisige und spezialisierte Arzneimittel braucht kein Mensch, denn jeder Krankenanstaltsträger hat schon ein Bewertungsboard, das diese Arbeit fachlich und nach medizinischen Kriterien erledigt. Die Arzneimittelkosten im Krankenanstaltenbereich liegen konstant bei circa 6 Prozent der Gesamtaufwendungen, da gibt es überhaupt keinen Handlungsbedarf, aber Sie müssen da eine aus lauter weisungsgebundenen Leuten aus den Bundesländern und der Sozialversicherung bestehende Kommission einsetzen. Die Patientenanwaltschaft darf gerade noch mit einem Vertreter ohne Stimmrecht dabeisitzen. Die Kommission soll dann mit monatelanger Verzögerung entscheiden, welche Therapien, die dringlich
benötigt werden, innovativ sind und ein Leben retten können, kommen oder nicht kommen.
Das ist eine vollkommen falsche Entwicklung. Damit zerstören Sie den letzten Bereich, der in unserem Gesundheitssystem wirklich noch spitzenmedizinisch war, nämlich den Zugang zu Innovationen – den schnellen Zugang zu Innovationen! –, die Durchführung von klinischen Studien und die rasche Etablierung neuer Therapiemöglichkeiten. Das vernichten Sie mit dieser Sterbekommission daneben auch noch. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir brauchen diese ganze Pseudoreform nicht, wir brauchen dieses Mehr an Zwängen, Bürokratisierung und falschen Anreizen, die Sie setzen, nicht. Das, was wir brauchen, sind echte Strukturreformen im österreichischen Gesundheitssystem. Das, was wir brauchen, ist ein faires Miteinander mit den Ärzten und den anderen Beschäftigten im Gesundheitssystem; und dafür brauchen wir attraktive Arbeitsplätze und eine Ausbildungsoffensive. (Abg. Wöginger: Haben wir schon gemacht!) Das, was wir brauchen, sind sofortige Neuwahlen; das was wir brauchen, ist ein Volkskanzler Herbert Kickl. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Maria! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
9.43
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schallmeiner. – Bitte.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie beziehungsweise zu Hause vor den Bildschirmen! Kollege Kaniak hat gerade von Chuzpe gesprochen. Ich gebe ihm recht, es gibt Chuzpe in dieser ganzen Diskussion, und das ist vor allem die blaue Politik in Sachen Gesundheit. Das ist nämlich wahre Chuzpe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Du bist auch nur mehr fünf Sitzungen da!)
Wenn ich mir die sogenannte Reform unter Ihrer Ministerin Hartinger-Klein – zur Erinnerung: Hartinger-Klein war jene Ministerin, die gemeint hat, von 150 Euro im Monat können Menschen in Österreich ohne Probleme überleben – anschaue, dann erkenne ich, das war Chuzpe, denn da ist es nicht um Verbesserungen für die Menschen in diesem Land, für die Patientinnen und Patienten gegangen, sondern da ist es einzig und allein darum gegangen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Entscheidungsgremien hinauszudrängen (Abg. Amesbauer: Ja Blödsinn!) – um etwas anderes ist es euch damals nicht gegangen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es ist ja offensichtlich: Blaue Gesundheitspolitik tut nach vorne hin immer so: Na, wir kümmern uns ein bisschen um den kleinen Mann oder die kleine Frau, wir kümmern uns um die Leute auf der Straße!, in Wirklichkeit geht es euch aber um Privatmedizin, um Wahlärztinnen und Wahlärzte, um die Privatisierung des Systems. Das hat man nicht nur damals bei dieser Reform gesehen, sondern das sieht man auch heute an all euren Anträgen, die ihr ständig in den Ausschüssen einbringt: Es geht immer um die Stärkung der Wahlärztinnen und Wahlärzte, es geht immer um die Stärkung der Privatmedizin, es geht immer um die Aushöhlung des Sozialversicherungssystems, es geht immer darum, die Sozialversicherungen zu schwächen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Kucher. – Abg. Kucher: Und die Pharmaindustrie!) – Und auch die Pharmaindustrie, Kollege Kucher hat damit natürlich durchaus recht: Es geht euch auch ganz, ganz stark um die Pharmaindustrie, das haben wir ja gerade bei der vorangegangenen Rede des Kollegen Kaniak gemerkt. (Abg. Stögmüller: Der profitiert ja selber davon!)
Nichtsdestotrotz auch ein oder zwei Sätze in Richtung Sozialdemokratie: Ich finde es ja schön, was Kollegin Heinisch-Hosek zuvor gesagt hat. Sie hat gesagt, ich zitiere: „Wenn man gut verhandelt, bekommt man [...] auch entsprechende Mittel“. – Ich gehe einmal davon aus, das ist ein verstecktes Lob an unseren Gesundheitsminister (Abg. Heinisch-Hosek: Das können Sie so nehmen!), denn der hat offensichtlich gut verhandelt, weil er eben auch entsprechende Mittel
herausverhandelt hat. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Das wäre vielleicht auch ein Wink mit dem Zaunpfahl an seine sozialdemokratischen Vorgängerinnen und Vorgänger: „Wenn man gut verhandelt, bekommt man [...] auch entsprechende Mittel“.
Dass es mit diesem heute zu beschließenden VUG echte Gesundheitsreformen in diesem Land geben wird, ist, glaube ich, unwidersprochen. (Abg. Belakowitsch: Die Sterbekommission führts ein!) Zumindest sind sich darüber fast alle Kommentatoren und Kommentatorinnen im Land einig, die sich mit Gesundheitspolitik auseinandersetzen. (Abg. Belakowitsch: Vielleicht sollten Sie sich auch einmal mit der Gesundheit auseinandersetzen, ja!) Es geht darum, dass erstmalig Geld aus dem Finanzausgleich vom Bund an die Sozialversicherungen fließt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das hat es davor nie gegeben, das hat es nicht unter sozialdemokratischen Ministerinnen und Ministern gegeben, das hat es nicht unter ÖVP-Ministerinnen und -Ministern gegeben, das hat es natürlich auch nicht unter freiheitlichen Ministerinnen und Ministern gegeben.
Wir stärken damit den niedergelassenen Bereich, und das ist ein echter Vorteil für die Patientinnen und Patienten, für die Versicherten. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: An die Wand fahren Sie es!)
Wir schauen, dass der spitalsambulante Bereich wieder auf die Füße kommt. Jetzt habe ich gerade diesen Zwischenruf gehört: Na ja, ihr gebt ja den Ländern einfach nur Geld, damit sie nichts machen müssen! – Das stimmt ja nicht, über die B-ZK werden für Reformvorhaben entsprechende Mittel vergeben. Die B-ZK, die Bundes-Zielsteuerungskommission Gesundheit, wird aufgewertet. Sie hat bis jetzt mit 17 Millionen Euro im Jahr ihr Dasein gefristet und hat halt ein bisschen Geld verteilen können. Sie wird in Zukunft für echte Reformvorhaben in diesem Land 1 Milliarde Euro pro Jahr verteilen können, nämlich nicht für irgendetwas und nicht, um auszugleichen, sondern für echte Reformvorhaben im Gesundheitsbereich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Davon haben die Patientinnen und Patienten, davon haben die Versicherten in diesem Land am meisten etwas. Wir haben auch mit dem Budgetbegleitgesetz, das wir bereits beschlossen haben, dafür gesorgt, dass die psychosoziale Versorgung in diesem Land entsprechend gestärkt wird. Wir nehmen die klinischen Psychologinnen und Psychologen ins ASVG auf. Wir sichern Gesund aus der Krise ab. Das sind alles Meilensteine, und die kann die FPÖ kleinreden, wenn sie möchte, die können andere hier im Haus kleinreden, aber das sind Meilensteine in der Gesundheitsversorgung in diesem Land. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall und Bravoruf des Abg. Hörl. – Abg. Belakowitsch: Meilensteine, ja!)
Einen zweiten Seitenhieb kann ich mir auch nicht ersparen, nämlich auf die SPÖ: Sie hat gestern am Abend noch auf Twitter, jetzt heißt es ja X, geschrieben: „Wo rote Regierungen arbeiten, wird auch die Gesundheitskasse [...] gesund.“ – In Wien regiert ihr seit 1945 durchgängig, und in Wien seid ihr seither auch immer für das Besoldungsrecht, für das Dienstrecht, für die Zustände in den Spitälern verantwortlich. Ich glaube, es wird von den Wienerinnen und Wienern eine solche Aussage eher zurückgewiesen, wenn sie sich die Zustände in den Spitälern anschauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Silvan: Ja, aber das hat mit der Gesundheitskasse nichts zu tun! Die ist eine Bundesgeschichte!)
Zum Schluss: Minister Rauch, der heute auch hier sitzt, hat vor Kurzem in einem Interview mit Armin Wolf betont, dass er bei der vorliegenden Reform 80 Prozent seiner Ziele umsetzen konnte. Ganz ehrlich, diese 80 Prozent sind 100 Prozent mehr als die meisten seiner Vorgängerinnen und Vorgänger seit dem Jahr 2000 in der Gesundheitspolitik in diesem Land vorweisen können. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Hörl.) Wir packen das an, was jahrelang und jahrzehntelang liegengeblieben ist, wir überwinden dieses alte Denken, wir machen echte Reformen für die Menschen, für die Patientinnen und Patienten in diesem Land. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Die Zweiklassenmedizin ist ein Risiko, und deshalb braucht es mehr Geld im Gesundheitssystem. – Das finde ich eine sehr steile und sehr spannende These, liebe SPÖ, die ihr da aufstellt. Einerseits wird damit behauptet, dass Geld alles lösen kann – da muss ich Sie enttäuschen: es kann zwar viele Dinge leichter machen, aber sicher nicht lösen –; andererseits ist es irgendwie den Fakten gegenüber relativ ignorant, weil Transparency International von einer Sechsklassenmedizin spricht.
Egal, bleiben wir bei der Zweiklassenmedizin – bei dieser Drohung der Zweiklassenmedizin – und bei dem Schreckgespenst, dass die Kreditkarte dafür sorgt, dass man eine Versorgung bekommt und dass man Termine bekommt. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist Tatsache!) Das sind keine Drohungen und das ist kein Schreckgespenst, denn genau deswegen hat ein Drittel der Menschen eine Zusatzversicherung. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, typisch NEOS!) Damit können sie das Geld für die Arzttermine zurückbekommen oder sich leichter die Termine, die sie brauchen, und wo sie die Gesundheitsversorgung bekommen, aussuchen und dadurch weniger warten. Der Rest sitzt in Spitalambulanzen und verstopft und verteuert das System.
Dass Sie jetzt vom Finanzminister mehr Geld dafür fordern, ist schon kein Witz mehr, sondern einfach Unverständnis. Wir waren das übrigens, die gesagt haben: Es ist zu viel Geld da drin. – Wenn Sie nämlich am Wochenende mit einem Bandscheibenvorfall ins Krankenhaus kommen, schickt man Sie wieder zurück. Sie müssen sich eine Überweisung vom Hausarzt holen, der Sie dann wiederum zu einer MRT schicken wird, auf das Sie wochenlang warten. (Abg. Heinisch-
Hosek: Was ist die Lösung? Eine Zusatzversicherung oder was?) Übrig bleiben aber nur die Kosten für das System, und das sind nach wie vor der Krankenhausbesuch, zwei Arztbesuche und eine Untersuchung. Das könnte man definitiv bürokratisch leichter gestalten und in der Abwicklung vereinfachen.
Was die Hauptsache ist: Man macht die Patienten nicht mehr zu Bittstellern. Das stört Sie bei der SPÖ aber gar nicht, denn da geht es nur darum, dass man noch mehr Geld für Arztbesuche ins System schüttet.
Was Sie dann vielleicht auch haben, ist ein Rechtsanspruch auf einen Facharzttermin oder so, den Sie innerhalb von zwei Wochen durchbringen können. Das hilft Ihnen nur nichts, wenn dieser Facharzt keinen Termin mehr frei hat. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Heinisch-Hosek: Haben Sie unser Modell gelesen? – Nein!) – Mhm. (Abg. Leichtfried: Das glauben wir nicht! – Abg. Heinisch-Hosek: Das glaube ich nicht!)
Im Moment ist es so, dass unser Gesundheitssystem schon 10 Prozent des BIPs auffrisst und die Bevölkerung dafür aber eigentlich einen sehr schlechten allgemeinen Gesundheitszustand hat. Da sollte man sich halt überlegen, ob diesbezüglich mehr Geld tatsächlich die Lösung ist – aber gut.
Herr Finanzminister, Sie haben vorhin gesagt: Es braucht echte Reformen. – Wir warten auf diese echten Reformen. Wir hoffen, dass die damit auch wirklich kommen und dass das nicht nur leere Versprechungen sind, wie es bis jetzt immer der Fall war, denn mit mehr Geld im Gesundheitssystem ist es ein bisschen so, wie wenn ich ein altes Haus saniere: Wenn ich nicht ordentlich in die Sanierung investiere, kann ich das Haus ohne Ende heizen und es wird immer beim Fenster hinausheizen.
Deswegen: echte Reformen. Sie haben etwas versprochen, ich nehme Sie beim Wort. Kommen Sie ins Tun! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)
9.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Bundesminister Rauch. – Bitte, Herr Bundesminister, auch Sie haben 5 Minuten Redezeit.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist ja heute Nachmittag Gelegenheit, dann ausführlich über diese Gesundheitsreform zu sprechen, weil sie auf der Tagesordnung steht, und auch die Reformen, die jetzt angesprochen worden sind, beschlossen werden sollen.
Die 5 Minuten, die ich habe, möchte ich dafür nützen, kurz zu erläutern, worum es mir gegangen ist: Mein zentrales Leit- und Handlungsmotiv war: Was brauchen die Patientinnen und Patienten in diesem Land? – Diese Frage ist relativ einfach zu beantworten: Wir sind ein Land, das älter wird, in dem mehr ältere Menschen wohnen, wodurch dann naturgemäß mehr medizinische Behandlungen notwendig werden. Was Patientinnen und Patienten brauchen, ist ein Zugang zu einer guten, qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung – ohne eine Zusatzversicherung zu brauchen, ohne eine Kreditkarte in Anspruch nehmen zu müssen –, rasch, in hoher Qualität und wohnortnahe. Genau das machen wir jetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Der Ausbau in der Fläche, die Schaffung von mehr niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass man eben nicht mehr darauf angewiesen ist, eine Wahlarztpraxis aufzusuchen oder automatisch ins Spital in die Ambulanz, die oft überlaufen ist, zu gehen. Das heißt: mehr Angebot in der Fläche, wohnortnahe, mehr Praxisstellen, mehr Primärversorgungseinrichtungen, deren Ausbau jetzt schon Platz greift, weil Sie in diesem Haus die Reform dieses Gesetzes beschlossen haben. Wir haben jetzt 50 Primärversorgungszentren und 30 auf der Warteliste, davon fünf Kinder-PVEs – eine
massive Verbesserung der wohnortnahen Versorgung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die zweite handlungsleitende Frage war: Was brauchen aber auch Ärztinnen und Ärzte im niedergelassenen Bereich, um eine Kassenstelle anzunehmen und nicht in die Wahlarztordi zu gehen oder im Spital zu bleiben? – Sie brauchen bessere Arbeitsbedingungen, sie brauchen bessere Verträge. Genau das wird jetzt passieren, denn die Österreichische Gesundheitskasse wird mit den notwendigen Mitteln ausgestattet, um einen Gesamtvertrag für die Ärzteschaft zustande zu bekommen, um sicherzustellen, dass man egal, wo man wohnt – am Bodensee oder am Neusiedler See –, Zugang zu den gleichen, qualitativ hochwertigen medizinischen Leistungen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Der dritte wesentliche Punkt, die dritte wesentliche Frage lautet: Was braucht das Pflegepersonal – egal ob im Spital oder in Alten- und Pflegeheimen? – Es braucht eine bessere Bezahlung. Das ist ja das, was wir mit der Pflegereform Teil eins und Teil zwei auf den Weg gebracht haben. Die Kritik war dann: Das gilt ja nur für zwei Jahre, und was ist dann? – Das ist jetzt für die nächsten fünf Jahre im Finanzausgleich – und damit dauerhaft – abgesichert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist auch abgesichert, dass in die Ausbildung investiert wird, nämlich bis zu 1 400 Euro in Form eines Stipendiums, wenn man die Ausbildung berufsbegleitend macht.
Das sind alles Punkte, die jetzt im Zuge der Gesundheitsreform und über den Finanzausgleich auf den Weg gebracht werden, entlang des Mottos: Ja, es wird zusätzliche Mittel geben, aber nur entlang von Reformen.
Ein wichtiger Punkt war: Hätten wir diese Reform – egal ob in der Pflege oder in der Gesundheit – nicht gemacht, hätten wir in fünf Jahren Mehrkosten von 7 Milliarden Euro im System, eine weniger gute Qualität und wahrscheinlich
Kürzungen in der Fläche. Das wollte ich unter allen Umständen verhindern, und das ist damit gelungen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Deshalb ist es wichtig, diese Gesundheitsreform heute Nachmittag in ihrer Gesamtheit im Legistikpaket zu beschließen, und das ist gut so. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bogner-Strauß und Scheucher-Pichler.)
9.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bogner-Strauß. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Herr Präsident! Werte Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Werte Zuhörerinnen, Zuhörer, Zuseherinnen und Zuseher! Das Gesundheitssystem in Österreich gehört zu den teuersten der Welt – das wissen wir – und es ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten auch immer teurer geworden. Das zeigen die Zahlen, die Daten und die Fakten. Was wir aber auch sehen, ist: Geld alleine hat unser Gesundheitssystem nicht besser gemacht. (Abg. Kucher: Aber kein Geld auch nicht!) Deshalb braucht es mehr Geld (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – danke, Herr Finanzminister – und es braucht die richtigen Reformen – danke, Herr Gesundheitsminister (Beifall bei ÖVP und Grünen) –, denn dieses Gesundheitsbudget und diese Gesundheitsreformen sind wichtig und richtig für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher.
Was machen wir? – Wir investieren in den niedergelassenen Bereich. Das wird von Ihnen allen gefordert. Ja, natürlich ist das der demografischen Entwicklung geschuldet; wir werden Gott sei Dank älter, aber wir haben Nachholbedarf bei den gesunden Jahren im Alter. Wir machen Gesundheitszentren, deren Ausbau floriert. Wir müssen aber natürlich auch in den spitalsambulanten Bereich investieren. Warum? – Weil sich die Medizin weiterentwickelt, weil
heute vieles – vieles! – tagesambulant gemacht werden kann, was früher tagelange stationäre Aufenthalte nach sich gezogen hat. Das heißt: Wir haben ganz genau hingeschaut und setzen jetzt die Reformen darauf aufbauend auf, und das ist wichtig, richtig, aber offensichtlich nicht für alle populär. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Herr Finanzminister, es wurde schon von dir erwähnt: Wir haben eine der höchsten Dichten an Ärzt:innen in Europa. Das müssen wir auch nutzen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das nutzen wir nicht!) Wir haben auch sehr, sehr viele Spitalsbetten im Vergleich zu anderen Ländern, die aufgrund der medizinischen Technologie und der medizinischen Entwicklung teilweise leer stehen und gar nicht gebraucht werden. (Abg. Greiner: Nein, das Personal fehlt! Geh bitte! – Abg. Heinisch-Hosek: Na geh, Personalmangel ist auch ein Thema, gell!) Ich sagte schon: Ein leeres Bett heilt keine Menschen.
Wir haben auch eine der höchsten Dichten im Pflegepersonalbereich. Bitte schauen Sie sich das genau an! Schauen Sie sich die Fakten an! Ich habe das letztes Mal schon gesagt: Offensichtlich herrscht bei der Sozialdemokratie ein selektives Erinnern und ein selektives Vergessen. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Das ist nicht gut für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das selektive Erinnern ...!)
Ich darf Sie daran erinnern, wir machen sehr viel für die Versorgung im kurativen Bereich. Dort nehmen wir mehr und mehr Geld in die Hand – das haben wir auch die letzten Jahrzehnte schon gemacht. Was aber nicht gemacht wurde: Für die Prävention haben wir nicht genug in die Hand genommen. Da stehen wir im europäischen und im weltweiten Vergleich auch nicht besonders gut da. Das ist wichtig, und auch das wird jetzt angegangen: die Prävention, die Vorsorge für die Österreicherinnen und Österreicher.
Wir können auch selbst sehr viel für die Gesundheit tun. Eigenverantwortung ist wichtig. Es ist aber auch nicht populär, den Menschen zu sagen: Bitte, wir leben im gelobten Land! Man kann vor die Haustür gehen, man kann sich bewegen,
man kann Vorsorgeuntersuchungen machen, auch wenn man eine halbe Stunde darauf warten muss. Man kann Impfungen genießen, die gegen Krebs schützen. (Abg. Belakowitsch: Was für Impfungen?) – Die HPV-Impfung, die trotzdem nur von 40 Prozent wahrgenommen wird. (Abg. Lindner: Ist aber nur bis 21 gratis!) Ob es um die psychische Gesundheit – auch da ist die Prävention ganz wichtig – oder den Eltern-Kind-Pass geht: Es wird so viel getan, und deswegen müssen wir darüber sprechen, damit es auch wahrgenommen und gesehen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Mit einem möchte ich noch aufräumen, weil Sie jedes Mal über die Patientenmilliarde sprechen: Die Patientenmilliarde ist schon x-fach für Patientinnen und Patienten ausgegeben worden – Gott sei Dank! (Abg. Kucher: Das stimmt ja nicht!) – Natürlich: 2020 waren es 15 Milliarden Euro, die in Leistungen für die Versicherten geflossen sind, 2022 waren es 17 Milliarden Euro. (Abg. Kucher: Im Jänner diskutieren wir den Rechnungshofbericht!) Wir haben in der ÖGK ganz viele Harmonisierungen geschaffen: Ergotherapie, Physiotherapie, Logotherapie, Hebammengesamtvertrag – es ist unglaublich viel geschehen, auch in der Flugrettung. (Abg. Heinisch-Hosek: Wieso werden die ... Termine immer länger?)
Bitte schauen Sie hin! Vergessen Sie die Fakten nicht! Wir können nur gemeinsam in die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher investieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Silvan. – Bitte.
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es wurde jetzt so viel gesagt, ich bräuchte wahrscheinlich eine halbe Stunde Redezeit, aber das wird sich nicht ausgehen.
Kollege Smolle, Kollege Kaniak und Kollege Schallmeiner haben in ihren Reden wieder einmal Wienbashing betrieben, wie schlimm nicht alles in Wien ist. (Abg. Belakowitsch: Das ist auch so! – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Ich bin aus Niederösterreich, und ich könnte euch Sachen erzählen: Zum Beispiel steht in Mistelbach das Spital vor dem Kollaps. Es gibt in ganz Mistelbach keinen Kassenkinderarzt. Kollegin Erasim kämpft gerade dagegen an, damit da Verbesserungen stattfinden. Es ist in jedem Bundesland eine Katastrophe, egal wo man hinschaut. (Beifall bei der SPÖ.)
Nur eine Anmerkung – ein Fall von vielen Tausenden, wie wir sie alle kennen –: Ein 45-jähriger Sägewerksarbeiter geht brav zur Vorsorgeuntersuchung, Kollegin Bogner-Strauß. Im Zuge dieser Vorsorgeuntersuchung wird ein Muttermal festgestellt, und die Ärztin rät ihm, dass er sich bei einem Facharzt melden soll, einen Termin ausmachen soll. Das macht er natürlich, fragt bei verschiedenen Fachärzten, Kassenärzten an: Innerhalb von fünf Monaten ist kein Termin zu bekommen. Was macht er? – Er geht natürlich zu einem Wahlarzt. Dort bekommt er innerhalb von 14 Tagen einen Termin, wird untersucht, das Muttermal wird entfernt, ins Labor geschickt: bösartig, 480 Euro Rechnung. – Dieser Mann geht seit seinem 15. Lebensjahr arbeiten, zahlt seit seinem 15. Lebensjahr Sozialversicherungsbeiträge, zahlt Lohnsteuer. Ich denke, diese Menschen haben ein Recht auf eine optimale Versorgung und sollten nicht fünf Monate oder mehr auf irgendeine Untersuchung warten. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich finde es ja immer interessant, wenn freiheitliche Kolleginnen und Kollegen hier herauskommen und sagen, wie schlecht nicht alles unter sozialdemokratischen Gesundheitsministern war. Ich glaube, ihr habt ein bisschen ein Erinnerungsproblem. Ich darf nur daran erinnern, warum dieses System momentan so desolat ist. Das ist ja nicht von heute auf morgen gegangen, das hat ja eine Geschichte. Es hat in Wirklichkeit eine schwarz-blaue oder türkis-blaue Geschichte: Jedes Mal, wenn Schwarz und Blau in der Regierung waren, sind Verschlechterungen eingetreten, ist dem System Geld entzogen worden.
Ich erinnere nur an den 2002 gegründeten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, Prikraf genannt. Dort fließen 160 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen hinein, um private Krankenanstalten zu finanzieren – 160 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeden Monat bezahlen, und die haben nichts davon! Das, was ihr da betreibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine Verschärfung der Zweiklassenmedizin. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Bravo, FPÖ!)
Das war unter Schüssel/Riess-Passer bei Herbert Haupt oder bei der viel zitierten Hartinger-Klein so. Die 160 Millionen Euro, die in diesen Fonds gehen, könnte die ÖGK für all ihre Vorhaben relativ gut gebrauchen. Die 300 Millionen Euro, die sie jetzt pro Jahr bekommt, sind eindeutig zu wenig, denn die ÖGK macht 386 Millionen Euro minus pro Jahr. Wir also sind weit entfernt von der Patientenmilliarde, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dieser Prikraf, dieser Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, ist mit der Cofag vergleichbar: Niemand weiß genau, was mit dem Geld passiert. Es gibt irgendwelche Krankenanstalten, die davon profitieren, hauptsächlich Tochterfirmen der Versicherung Uniqa.
Was noch dazu unter Schwarz-Blau passiert ist: Zweimal wurden die Dienstgeberbeiträge zur Unfallversicherung gesenkt, das bedeutet 300 Millionen Euro pro Jahr weniger im Gesundheitssystem. Die Unfallversicherung ist ein wichtiger Player im österreichischen Gesundheitssystem. 300 Millionen Euro weniger, plus die 160 Millionen Euro für den Prikraf – da sind wir schon fast bei einer halben Milliarde Euro, die dem Gesundheitssystem unter Schwarz-Blau entzogen wurde.
Das ist eure Gesundheitspolitik, und wenn ihr dann sagt, es gibt diese Patientenmilliarde, die schon hundertmal ausgegeben wurde (Abg. Bogner-Strauß: Nein!) – oder, ich weiß nicht, Frau Kollegin Bogner-Strauß, wie oft die jetzt schon
ausgegeben wurde –: Der Rechnungshof hat eindeutig gesagt, es gibt sie nicht. Die Patientenmilliarde gibt es nicht. (Abg. Bogner-Strauß: Weil sie ausgegeben wurde!)
Ich zitiere nur. Herr Sebastian Kurz: „Bis 2023 wird es eine Patientenmilliarde geben. Wir sparen in der Verwaltung, wir sparen bei den Funktionären, wir sparen im System und schaffen es so, eine Milliarde bis 2023 zu lukrieren, die wir unmittelbar für die Patientinnen und Patienten investieren wollen.“ – Am 14.9.2018 hat er das gesagt. Kollegin Belakowitsch hat gesagt: „Der Patient steht bei der Kassenreform im Mittelpunkt – aus der Verwaltungsmilliarde wird eine Patientenmilliarde.“ – Weit gefehlt. Es ist ein sehr desolates Gesundheitssystem, und das ist nur auf schwarz-blaue Politik zurückzuführen.
Herr Finanzminister, Sie haben gesagt, Sie haben so viel investiert, und Sie haben uns jetzt gerade vorgeworfen, wir hätten zu wenig investiert. – Nur: Aus unserer Sicht wird es falsch investiert, etwa wenn man Konzernen mit der Senkung der Körperschaftsteuer ein Steuergeschenk von über 1 Milliarde Euro macht. Konzernen, die in den letzten vier Jahren Megageschäfte gemacht haben und Sonderdividenden ausgezahlt haben, jetzt noch mit der Senkung der Körperschaftsteuer 1 Milliarde Euro nachzuschießen, empfinde ich als Hohn. In Wirklichkeit wäre dieses Geld im Gesundheitssystem wesentlich besser aufgehoben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
10.07
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte sehr.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ich glaube, wir sollten uns jetzt nach dieser Diskussionsrunde noch einmal die Frage stellen: Was will die österreichische Bevölkerung? Was wollen die Menschen und was haben wir? – Was wir haben, ist, glaube ich, vonseiten aller Fraktionen relativ klar gesagt geworden: Wir
haben natürlich ein Problem im Gesundheitsbereich. Es ist schlechter geworden, das wird jeder in Österreich so empfinden, und da kann man jetzt natürlich Ursachenforschung betreiben.
Zuerst aber einmal die Antwort auf die Frage: Was will die Bevölkerung? – Die Bevölkerung will im Prinzip ein funktionierendes solidarisches Gesundheitssystem – das war die Ursprungsidee.
Ich darf schon noch einmal darauf hinweisen: Grundsätzlich ist es so, dass wir alle, wenn wir arbeiten gehen, in das System einzahlen. Wir zahlen Krankenkassenbeiträge, wir zahlen ans Finanzamt und so weiter. Das gilt für jene, die arbeiten, und diese erhalten das System. Selbstverständlich hat jeder, der arbeiten geht und Beiträge zahlt, dann auch den Anspruch, ein vernünftiges System zu bekommen.
Das funktioniert, wie wir alle wissen, seit Jahren nicht mehr, und auch wenn Sie es nicht gerne hören wollen: Das hat natürlich Ursachen. Es war vorher schon schwierig, und dann kam Corona. Ich darf noch einmal daran erinnern: Gesamtkosten von 100 Milliarden Euro, teilweise vom Finanzministerium, teilweise im Gesundheitssystem. Sie haben in dieser Coronazeit den letzten Rest an Funktionstüchtigkeit zerstört. Ich darf daran erinnern, damals ist alles gesperrt gewesen (Abg. Disoski: Wer waren die Ersten, die Lockdowns gefordert haben?), man hat keine Termine bei den Hausärzten bekommen, die Krankenhäuser waren mehr oder weniger Festungen; und dieses System ist so beibehalten worden.
Wenn der Minister jetzt 1 Milliarde mehr ins System pumpt, sage ich einmal, dann nimmt er Schulden auf, weil das Geld nicht da ist – ganz einfach. Wir haben ein Geldproblem, ein Finanzproblem, und ich darf die Zahlen noch einmal ganz kurz in Erinnerung rufen.
Das heißt: Alle wollen das System benützen, auch die 40 000 bis 50 000 Ukrainer, die wir in Österreich haben, benützen es kostenlos (Abg. Silvan: Bitte! Bitte!), die 80 000 Asylwerber, die wir haben, benützen das System
kostenlos, und die halbe Million Asylberechtigte, die Sie hereingeholt haben, benützen das System auch.
Die Frage ist: Kann dieses System so funktionieren? – Die Antwort ist relativ offensichtlich: Nein! Das ist der Grund, warum wir heute diskutieren. Selbstverständlich gibt es diese Zwei- oder Dreiklassenmedizin in Österreich, aber die haben Sie, liebe Sozialdemokratie, bitte mitzuverantworten (Beifall bei der FPÖ), genauso wie die ÖVP, die Grünen sowieso und auch die NEOS. (Abg. Silvan: Den Prikraf habt aber schon ihr eingeführt! Beim Prikraf wart ihr dabei! Da hat der Herr Strache noch interveniert! Da hat der Herr Strache bei seinen Freunden interveniert! – Ruf bei den Grünen: Da waren wir ja nicht einmal im Parlament!)
Ihr vier habt die Gesamtverantwortung für die Ursachen dieser Problemstellung, darüber können wir uns jetzt nicht hinwegschwindeln. Dass wir diesen Kollaps haben, hat Ursachen, die habe ich Ihnen jetzt genau erklärt, und die sollten Sie zur Kenntnis nehmen, und vor allem: Sie sollten sie im Sinne der österreichischen Bevölkerung verändern!
Jeder, der ins System einzahlt, hat ein Recht auf eine anständige Versorgung, und die ist nicht mehr gegeben. Selbstverständlich gibt es ganz, ganz viele Schrauben, an denen man drehen muss. Wir werden heute Nachmittag intensiv darüber sprechen, aber diese Ursachen blenden Sie immer ganz gerne aus. Was ist die Ursache des Problems, das wir derzeit haben? – Die Kassen der Krankenkassen sind leer. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Gott sei Dank haben wir diese Fusion der Krankenkassen damals, in diesen eineinhalb Jahren, mit der ÖVP gemacht, denn sonst wäre das Problem noch größer gewesen, das ist vollkommen klar. (Abg. Matznetter: Hartinger-Klein, Herr Kollege! – Abg. Erasim: Diese Erinnerungslücken sind ein Wahnsinn!)
Natürlich war das eine notwendige Maßnahme. Was aber den Personalbereich betrifft: Sie waren verantwortlich, dass wir die Akademisierung im Pflegebereich eingeführt haben. (Abg. Matznetter: Furchtbar, dass es qualifiziertes Personal gibt!)
Die hat uns nicht nach vorne gebracht, sondern hat in Wahrheit im Pflegebereich mehr Probleme gemacht, als wir davor hatten.
Natürlich muss man auch über die Rolle der Ärztekammer diskutieren. Ich bin seit Corona auch kein großer Freund der Ärztekammer mehr (Abg. Schallmeiner: Warst du es davor, oder was? – Abg. Disoski: Ah, davor warst du es schon?!), auch die Ärztekammer sollte echte Reformen zulassen und unterstützen.
Man muss natürlich irgendwann darüber diskutieren, das kann man auch ganz offen sagen: Eine Arztausbildung kostet den österreichischen Steuerzahler 600 000 Euro. Offensichtlich, sage ich auch, muss man dann vielleicht ein bisschen an diese Menschen appellieren, das System irgendwie auch ein bisschen zu unterstützen und nicht sofort in die Privatwirtschaft zu gehen (Abg. Meinl-Reisinger: Was heißt das?), da ja die Ausbildung den Steuerzahler entsprechend viel gekostet hat.
Dann gibt es ganz, ganz viele andere Maßnahmen, die man treffen muss. Nur grundsätzlich noch einmal: Solange Sie die Ursachen dieser Krise nicht ernsthaft mit uns abstellen, werden wir das Problem in Wahrheit nicht lösen. Mit Geld alleine lässt es sich nicht lösen, das haben wir heute gesehen, vor allem da das Geld ja nicht da ist. Der Minister hat es nicht, er muss 21 bis 25 Milliarden Euro Schulden aufnehmen, die Krankenkassen haben es auch nicht, das wissen wir (Abg. Silvan: Die habt ihr zerstört!), und es wird alles teurer.
Was will die Bevölkerung? – Die Bevölkerung will ein funktionierendes System. Das wird, ich wiederhole es, nur mit der Freiheitlichen Partei und einem Volkskanzler für das Volk, Herbert Kickl, gehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: Entschuldigen Sie sich einmal! Ein erster Schritt wäre eine Entschuldigung für Hartinger-Klein!)
10.13
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte.
10.13
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Nichts ist so wertvoll wie Ihre Gesundheit, und jeder Mensch in unserem Land hat ein Anrecht auf die bestmögliche medizinische Versorgung, unabhängig vom jeweiligen Geldbörsl. (Beifall bei den Grünen.)
Leider ist das grundsätzlich sehr gute österreichische Gesundheitssystem in der Vergangenheit so behandelt worden, als wäre es ein Selbstläufer, als würde es eh von selbst funktionieren.
Es gab eine Zeit – wir haben heute schon ein bisschen darüber gehört –, von 2008 bis 2017, in der nicht so viel passiert ist, in der es vielleicht das eine oder andere kleine Reförmchen gegeben hat; und dann gab es jene Zeit von 2017 bis 2019 mit – unter Anführungszeichen – „Sozialministerin“ Hartinger-Klein, die gemeint hat, von 150 Euro im Monat kann man leben. Aber diese – unter Anführungszeichen – „Sozialministerin“ war auch Gesundheitsministerin, und als – unter Anführungszeichen – „Gesundheitsministerin“ ist sie mit der blauen Abrissbirne auf unser Gesundheitssystem losgegangen. (Beifall bei den Grünen.)
Sie hat ein gesundheitsgefährdendes Projekt nach dem anderen umgesetzt und mitgetragen. Ich darf Sie erinnern: Kürzungen bei der Krankenkasse, kürzere Ruhephasen für Beschäftigte im Tourismus, die Einführung des 12-Stunden-Tages – all das hat die FPÖ als Regierungspartei mitgetragen, all das gefährdet die Gesundheit der – unter Anführungszeichen – „kleinen Leute“, wie Sie immer sagen. Sie geben immer vor, für die kleinen Leute zu arbeiten. Sie machen aber genau das Gegenteil, wenn Sie in Regierungsverantwortung sind. (Beifall bei den Grünen.)
Dieses Phänomen ist nicht neu, das war auch schon bei Ihrer Regierungsbeteiligung zu Beginn der 2000er-Jahre so, da war das Motto von Türkis-Blau – damals Schwarz-Blau, muss man sagen –: Wer krank ist, muss mehr zahlen! Was haben
Sie damals, in den 2000er-Jahren, gemacht? – Sie haben die Ambulanzgebühren eingeführt, Sie haben die Rezeptgebühren um 22 Prozent erhöht (Abg. Lukas Hammer: Ui, ui, ui! Unglaublich!), Sie haben den Spitalsselbstbehalt um 43 Prozent erhöht, Sie haben das Krankengeld für Schwerkranke gekürzt, Sie haben die Krankenkassenbeiträge erhöht, Sie haben die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit abgeschafft – all das haben Sie gemacht! (Abg. Lukas Hammer: Asoziale Russenpartei!)
Kollege Wurm, Sie haben gerade gefragt: Was will die Bevölkerung? – Nichts von dem wollte die Bevölkerung, all das habt ihr trotzdem gemacht! (Beifall bei den Grünen.) Nichts von dem wollte die Bevölkerung, die FPÖ hat all das im Gesundheitswesen mitverbrochen, mitzuverantworten! Sich dann heute hier herauszustellen und den Zustand des Gesundheitswesens zu bejammern: Da machen Sie sich ja lächerlich, das glaubt Ihnen niemand, der heute zuschaut! (Beifall bei den Grünen.)
Die Folgen dieser verantwortungslosen blauen – unter Anführungszeichen – „Gesundheitspolitik“ – man kann das ja echt nur unter Anführungszeichen setzen und das noch und noch markieren – spüren die Patientinnen und Patienten heute: Spitäler werden aus Mangel an Alternativen überrannt, Hausärztinnen und Hausärzte fehlen insbesondere im ländlichen Gebiet, insbesondere in den kleinen Gemeinden, Patientinnen und Patienten müssen auf Termine warten oder selber für die Behandlung bezahlen.
Wie schon angedeutet: Vorige Regierungen haben zwar zum Teil recht vollmundig Verbesserungen und strukturelle Reformen im Gesundheitswesen versprochen, passiert ist aber im besten Fall wenig. Im schlechtesten Fall – wie ich gerade ausgeführt habe, immer dann, wenn die FPÖ mitzureden hatte – ist immer das Gegenteil passiert, nämlich das Schlimmste: Es gab Verschlechterungen, die die FPÖ im Gesundheitswesen vorangetrieben hat. (Beifall bei den Grünen.)
Deshalb freue ich mich, dass diese dunklen Zeiten vorbei sind, dass der Gesundheits- und der Finanzminister lange durchaus herausfordernde Verhandlungen in den vergangenen Monaten zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben und wir heute im Laufe des Tages hier eine große Gesundheitsreform gemeinsam beschließen können – eine Gesundheitsreform, mit der wir bis 2028 zusätzliche Investitionen in Höhe von 14 Milliarden Euro in unser Gesundheitssystem bringen werden.
Sie fordern mehr Geld, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ – ich wiederhole es gerne: Es gibt bedeutend mehr Geld, 14 Milliarden Euro bis 2028, mit dem wir die medizinische Versorgung in unserem Land verbessern, unser Gesundheitssystem absichern, nämlich für die Patient:innen, für die Ärzt:innen, für das Gesundheitspersonal und für die kommenden Generationen. (Beifall bei den Grünen.)
Unsere Gesundheitsreform bringt Verbesserungen für uns alle, für Sie alle, die Sie heute hier sitzen und uns zuhören, die Sitzung mitverfolgen. Wieso bringt sie auch für Sie Verbesserungen? – Ganz einfach: Weil wir die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt dieser Reform stellen.
Das heißt für Sie als Patientin, für Sie als Patient, dass Sie schneller Termine bekommen werden, statt lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen, dass Sie künftig Kassenordinationen in unmittelbarer Wohnortnähe haben werden, dass Sie auch längere Öffnungszeiten, in den Abendstunden, an den Wochenenden, in Anspruch nehmen können, und das heißt natürlich, dass Sie dann den Besuch bei der Ärztin, beim Arzt besser in den Alltag integrieren können, zu Randzeiten nicht mehr auf die Spitalsambulanzen angewiesen sind. Das ist ein wirklich wichtiger Schritt.
Zum Schluss: Eine wichtige Sache ist auch der Titel der Aktuellen Stunde. Sie fordern eine bessere Medizin statt Zweiklassenmedizin – alles, was Sie brauchen, wenn diese Gesundheitsreform beschlossen ist und greift, ist ein Kärtchen,
nämlich die E-Card, und dann heißt es: Einkartenmedizin statt Zweiklassenmedizin! All das beschließen wir heute. Ich möchte alle Parteien einladen, die Zustimmung zu diesem Vorhaben zu geben, denn – Schlusssatz – nichts ist wichtiger als Ihre Gesundheit, und Sie alle haben ein Anrecht auf die bestmögliche medizinische Versorgung in unserem Land, unabhängig von der jeweiligen Geldbörse. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
10.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Man fragt sich wirklich, Herr Finanzminister – der den Gesundheitsminister vertreten muss, der die Watschen eigentlich abholen sollte (Abg. Greiner: Hahaha!) –, in welcher Welt manche in den letzten Jahren gelebt haben. (Abg. Leichtfried: Das fragt man sich bei manchen!)
Wenn sich heute 37 Prozent der Österreicher eine private Krankenversicherung leisten, zusätzlich zu den teuren gesetzlichen Beiträgen, dann ist das das Ergebnis von jahrzehntelanger Misswirtschaft, und dann aber schon vor allem in den rot geführten Kassen, das muss einmal gesagt werden. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Sieber.)
Wie viel an Beiträgen nehmen die Kassen bei der Krankenversicherung ein? – Das waren vor zehn Jahren 15,2 Milliarden Euro und im vorigen Jahr 22,7 Milliarden Euro – eine Steigerung um 50 Prozent in zehn Jahren, und denen reicht das Geld nicht.
Da muss man einmal schauen: Wer ist denn das? – Chef der ÖGK ist aktuell Andreas Huss, SPÖ. Die Rekorddefizite in der Wiener Gebietskrankenkasse hat jahrelang Ingrid Reischl geliefert, SPÖ. Sie wurde jetzt übrigens mit einem Sitz im Generalrat der Nationalbank dafür belohnt, dass sie nicht rechnen kann.
(Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.) Wer ist jetzt Chef des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger? – Jan Pazourek, SPÖ. Er hat die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse so schlecht geführt, dass sie nicht einmal die Leistungssicherungsrücklage voll hatte – dafür braucht man 1 Prozent der Beiträge.
Dann muss man sich einmal anschauen, wofür die in der Sozialversicherung das Geld ausgeben: jedes Jahr 350 Millionen Euro nur für Zusatzpensionen der eigenen Mitarbeiter (Abg. Leichtfried: Also das ist die tiafste Rede des Tages!), und dann schiebt ihnen die Regierung 300 Millionen Euro hinüber! Mit dem, was die Regierung der Sozialversicherung hinüberschiebt, kann man nicht einmal die Zusatzprivilegien in der Sozialversicherung bezahlen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)
Wenn also eine Partei beim Gesundheitsthema leise sein sollte, dann die da links drüben (in Richtung SPÖ), aber natürlich wäre auch da im ÖVP-Flügel ein bisschen Mäßigung angebracht. Wenn die Kassenärzte heute schlechte Vertragskonditionen haben, dann ist das ein Ergebnis von vielen Jahren Verhandlungen mit der niedergelassenen Ärzteschaft, geführt von Johannes Steinhart. Der hat ja auch ein enges Naheverhältnis zur ÖVP. Seine Politik hat früher immer Erwin Rasinger hier herinnen eins zu eins umgesetzt. Elf Jahre Johannes Steinhart haben also zu schlechten Vertragsbedingungen für die Kassenärzte geführt.
Das ist aber logisch, das sind Verträge zulasten Dritter. Die Ärztekammer schließt den Vertrag mit der Kasse ab. Wenn die Bedingungen für die Kassenärzte schlecht sind, muss die Kasse weniger zahlen, mehr Menschen gehen zum Wahlarzt, und die Wahlärzte von Johannes Steinhart sind gut versorgt mit vielen Patienten, die etwas extra drauflegen müssen.
Die Kassenzusammenlegung, die Fusion, die gefeiert worden ist, hat dazu geführt, dass neun Gebietskrankenkassen zusammengelegt worden sind. Die
ÖGK hat jetzt mehr Mitarbeiter, als vorher die neun Gebietskrankenkassen zusammen gehabt haben. Also welche Fusionserfolge haben Sie da erzielt? Das müssen Sie mir einmal vorhüpfen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: Das gibt’s ja nicht!)
Einen richtigen Satz hat Kollegin Bogner-Strauß gesagt: Mehr Geld bedeutet nicht mehr Gesundheitsversorgung. – Geld ist wirklich genug da: In den letzten 30 Jahren ist der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von 8 auf 11,5 Prozent gestiegen – in Milliarden Euro: von 11,3 auf 53,3 Milliarden Euro. Also am Geld liegt es nicht.
Wir haben in Österreich umgelegt auf die Bevölkerung auch um 60 Prozent mehr Spitalsbetten als die Schweizer. Der Kanton in der Schweiz mit den meisten Spitalsbetten hat weniger Betten als das österreichische Bundesland mit den wenigsten Spitalsbetten. – Es liegt also nicht am Geld.
Jetzt schiebt die Regierung den Ländern noch einmal 600 Millionen Euro hinüber, damit sie keine Reformen machen müssen, damit sie ihren aufgeblasenen Spitalssektor weiterhin so betreiben können, wie sie ihn immer betrieben haben, und sie schiebt den inkompetenten Kassenfunktionären auch noch einmal Geld hinüber, damit die Sozialversicherungen nichts reformieren müssen. Sie hauen also Geld raus, damit sich nichts ändert. Dieses Geld, geschätzte Damen und Herren, das zahlen Sie. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
10.23
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Ich darf mich beim Herrn Bundesfinanzminister recht herzlich für seine Anwesenheit bedanken.
Einlauf und Zuweisungen
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 17005/J bis 17090/J
Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:
2. Anfragebeantwortungen: 15858/AB bis 16028/AB
Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):
3. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:
Korrektur zur Regierungsvorlage 2303 d.B. – Vorblatt und WFA Abschaffung Pflegeregress (Zu 2303 d.B.)
B. Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Budgetausschuss:
Monatserfolg Oktober 2023 gemäß § 3 Abs. 2 Kommunalinvestitionsgesetz 2023, § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz und § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 144 BA)
Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2023 (Vorlage 145 BA)
Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:
Petition betreffend "gegen die Ausdünnung der öffentlichen Zugverbindungen und für eine Stärkung der (Verkehrs-) Infrastruktur in der Region Murau/ Murtal", überreicht vom Abgeordneten Maximilian Lercher (136/PET)
Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen an andere Ausschüsse:
Umweltausschuss:
Petition betreffend "Schutz der Wombats", überreicht von den Abgeordneten Julia Elisabeth Herr und Mario Lindner (106/PET)
Verkehrsausschuss:
Petition betreffend "Digitales Klimaticket jetzt!", überreicht von den Abgeordneten Mag. Yannick Shetty und Dr. Johannes Margreiter (112/PET)
Petition betreffend "Lärmschutz für Anrainer der Südbahnstrecke in Neunkirchen", überreicht vom Abgeordneten Peter Schmiedlechner (114/PET)
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Rechnungshofausschuss:
Bericht des Rechnungshofes betreffend Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf – Reihe BUND 2023/34 (III-1066 d.B.)
Bericht des Rechnungshofes betreffend Ambulante Versorgung in Kärnten – Reihe BUND 2023/35 (III-1067 d.B.)
b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Gesundheitsausschuss:
Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für das Kalenderjahr 2023 (Jänner bis Oktober 2023), vorgelegt vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (III-1072 d.B.)
C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:
Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kolumbien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung
*****
Ankündigung eines Dringlichen Antrages
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Entschließungsantrag 3779/A(E) der Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungspolitik: Nicht Mittelmaß verwalten sondern Zukunft gestalten“ dringlich zu behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.
Fristsetzungsantrag
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich auch mitteilen, dass Frau Abgeordnete Bayr beantragt hat, dem
Außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 3659/A(E) eine Frist bis zum 15. Dezember 2023 zu setzen.
Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.
Behandlung der Tagesordnung
Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 6 bis 8, 9 bis 11, 13 und 14, 15 bis 20, 21 bis 24, 25 bis 27 sowie 29 und 30 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Redezeitbeschränkung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben in der Präsidialkonferenz Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart. Die Redezeiten ergeben sich wie folgt: ÖVP 176, SPÖ 122, FPÖ 99, Grüne 90 sowie NEOS 72 Minuten. Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung für jene Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 36 Minuten. Die Debattenredezeit wird mit 5 Minuten beschränkt.
Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.
Wer damit einverstanden ist, den bitte ich, das so zu bekunden. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir gehen sogleich in die Tagesordnung ein.
Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3734/A der Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2023) (2387 d.B.)
2. Punkt
Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3723/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (2386 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich darf den Herrn Vizekanzler recht herzlich in unserer Mitte begrüßen.
Ich darf Frau Abgeordnete Fürst ans Rednerpult bitten, sie ist zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt auf Antrag der Regierungsparteien eine Nulllohnrunde für 2024 für eine ganz kleine Gruppe von Spitzenpolitikern auf Bundesebene: für den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler, den Vizekanzler und die Klubobleute der Parteien. Es ist also eine ganz kleine Gruppe von knapp 30 Personen. (Abg. Schwarz: Schauts einmal, dass eure eigenen ...! – Abg. Rössler: In den Bundesländern! – Abg. Schwarz: Wasser predigen und Wein trinken!)
Wir wollten das verhindern, wir wollten den Personenkreis weiter halten und auch auf Hochverdiener, auf Spitzenpolitiker in den Bundesländern ausdehnen. Wir haben das letzte Woche im Verfassungsausschuss verlangt, wir haben das auch schon in der Sommerdebatte deponiert, und auch heute stelle ich hier den Zusatzantrag, dass die Inflationsanpassung auch für die obersten Funktionäre auf Landesebene für 2024 entfallen sollte. Ich denke, es würde uns wirklich gut anstehen, wenn wir das hier gemeinsam beschließen würden. (Beifall bei der FPÖ.)
Die stattgefundenen Diskussionen haben gezeigt, dass die Argumente dagegen einfach nicht halten können. Es heißt, die Gehaltspyramide für die Politiker habe ja in den letzten Jahren ohnehin schon so an Wert verloren, weil es mehrere Nulllohnrunden oder eben Anpassungen unter der Inflationsrate gab. – Das ist wohl war, aber wir sprechen hier bitte von Personen mit Höchstgehältern jenseits von 10 000, 15 000 Euro brutto mal 14. Das sind Personen, die sich auch noch in den nächsten Jahren die Teuerung, die jetzt stattfindet, leisten können, die sich die Lebensmittel, die Miete, die Betriebskosten leisten können. Auch wenn sich die Grünen noch so anstrengen und das Auto so teuer wie möglich machen (Heiterkeit der Abg. Rössler), können sich diese Personen das auch in den nächsten Jahren noch leisten; auch das Heizen – es wird Ihnen hoffentlich nicht mehr gelingen, dass Sie das auch so teuer machen. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.)
Dann heißt es, die Demokratie muss uns etwas wert sein. – Ja natürlich, es ist ja nicht so, dass der Betrieb hier nichts kostet, dass wir nichts verdienen, aber ich denke doch, dass, wer dieses Argument vorbringt, bedenken sollte: Unsere demokratische Einstellung sollte wohl nicht von der Höhe unserer Gehälter oder von Inflationsanpassungen abhängen. Der Meinungs- und Parteienstreit, denke ich, sollte uns auch immer dann wichtig sein und wir sollten für ihn eintreten, wenn wir vielleicht auf ein bisschen etwas verzichten müssen. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja lächerlich, Sie machen es nirgends, wo Sie selber
Verantwortung haben ...! – Abg. Leichtfried: Dass der Hammer auch einmal was Gescheites sagt!)
Das dritte Argument: Höchst- und höherbezahlte Politiker sind nicht korruptionsanfällig. – Ich fürchte, das ist leider schon oft widerlegt worden. Wir alle hier haben den spektakulären Fall noch vor Augen, glaube ich: die sozialdemokratische Vizepräsidentin des EU-Parlaments – ich würde sie in die Kategorie höchstbezahlt einordnen, inklusive Reisekosten, Taggeld, Spesen und so weiter. Sie ist übrigens eine von 14 Vizepräsident:innen, ich glaube, auch in Brüssel würde einmal eine Nulllohnrunde ganz gut ankommen. Bei Frau Kaili jedenfalls hat das alles nichts genützt. Dem Charme von schlichten Geldsäcken voller Dukaten konnte sie nicht widerstehen, da ist sie schwach geworden. Gier ist eben irrational. (Abg. Shetty: ... FPÖ-Tradition!)
Und zum Schluss, als letztes Argument, mein Lieblingsargument: Die besten Leute bekommen wir nur bei Höchstgehältern! (Abg. Schwarz: Wo ist euer Freundschaftsvertrag ...? – Abg. Michael Hammer: Die Sporttasche in Straches Auto! Oder in Graz gibt’s auch Sporttaschen! – Vizekanzler Kogler: Das ist die blaue Kernkompetenz!) Topmanager, Topleute wechseln nur dann in die Politik, wenn sie auch ein adäquates Gehalt bekommen! – Nein, ich finde, das Gegenteil ist der Fall.
Erstens – mit Verlaub, es ist nicht persönlich gemeint – glaube ich, wenn man die Mitglieder unserer Bundesregierung anschaut: Mir fällt keines ein, das in der Privatwirtschaft so viel verdienen würde wie hier in der Regierung (Abg. Strasser: Was ist das für ein Argument? Frau Kollegin Fürst?! – Abg. Michael Hammer: Ein Schlimmes!), aber sei’s drum.
Ich finde, das ist auch die falsche Einstellung, wenn man wegen dem Gehalt, wegen dem Geld in die Politik wechselt. Das sind nicht die Richtigen! Österreich ist keine Aktiengesellschaft, in der man sich als Politiker in den Aufsichtsrat setzt (Abg. Schwarz: Ihr seid die Sporttaschen-mit-Gold-Partei!), Millionen für Beraterverträge kassiert, dann für nichts verantwortlich ist (Abg. Leichtfried: War das
nicht Bargeld? – Abg. Schwarz: Das war Bargeld und ...!), sondern ich denke, wir alle sollten Österreich viel mehr wie ein Familienunternehmen sehen, dem wir uns zutiefst verbunden fühlen, das wir über die Generationen weitergeben wollen und bei dem man in Kauf nehmen muss, dass der Einsatz, die Leistung, die wir erbringen, und das Herzblut vielleicht manchmal nicht mit dem, was wir herausbringen, oder mit dem Gehalt korreliert. (Abg. Stögmüller: Wer hat das Gold gebunkert im Vereinshaus? – Abg. Amesbauer – in Richtung Abg. Stögmüller –: G’scheite Leute!)
Ich denke, solche Leute sollten in der Politik sein. Ich glaube daran, ich meine es ernst und ich stelle daher auch folgenden Antrag (Abg. Stögmüller: Ist schon aufgelöst, das Gold!):
Zusatzantrag
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3723/A
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:
Nach § 21 wird folgender § 21a eingefügt:
„§ 21a (Verfassungsbestimmung) Für die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 6 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre [...] genannten Funktionen entfällt die Anpassung der Bezüge gemäß § 3 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre bis zum 31. Dezember 2024.“
*****
Wenn ich mir all die Zwischenrufe und den Aufruhr anschaue, frage ich mich schon, ob Sie in der Politik richtig sind. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Peinlicher geht’s nimmer! Streifen’s überall ein und ziehen so eine Show ab!)
10.32
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Zusatzantrag
der Abgeordneten Dr. Fürst
und weiterer Abgeordneter
zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3723/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (2386 d.B.) (TOP 2)
Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:
Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:
Nach § 21 wird folgender § 21a eingefügt:
„§21a (Verfassungsbestimmung) Für die in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 6 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, genannten Funktionen entfällt die Anpassung der Bezüge gemäß § 3 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre bis zum 31. Dezember 2024.“
Begründung
Allgemeiner Teil
In Zeiten eines beinharten Existenzkampfes vieler Menschen in unserem Land haben diese zu Recht kein Verständnis für die (Selbst-)Erhöhungen von Gehältern für Spitzenpolitiker mit Einkommen jenseits von 10.000 Euro im Monat aus Steuergeld mal vierzehn. Das gilt für die Bundesebene genauso wie für die Landesebene – Steuergeld bleibt Steuergeld.
Nicht als „Bashing“ gegen Politiker, sondern als Akt des Anstandes, gilt es diesen Verzicht zu leben. Jenen die meinen, eine Nulllohnrunde heuer sei ja nur Symbolpolitik und daher abzulehnen, sei ins Stammbuch geschrieben: Ja, der Verzicht ist tatsächlich ein Symbol. Und zwar ein richtiges und wichtiges in Zeiten wie diesen. Umgekehrt ist auch die Erhöhung von ohnehin sehr hohen Gehältern ein Symbol und ein Signal, das ausgesendet wird. Allerdings genau das falsche. Denn während die Politikergehälter um bis zu 9,7 % angehoben werden sollen, fallen die aktuellen Abschlüsse der Kollektivvertragsverhandlungen niedriger aus. In der Metallindustrie werden die kollektivvertraglichen Mindestlöhne und Mindestgrundgehälter um 8,5 Prozent erhöht. (8,6 %). Die Löhne und Gehälter in der Sozialwirtschaft werden wie auch die Zulagen und Zuschläge um 9,2 Prozent erhöht.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, warum soziale Gerechtigkeit auf Bundesebene enden soll. Was ist mit Landeshauptleuten, ihrer Stellvertreter und aller anderen Landesregierungsmitglieder? Auch hier muss die geplante Erhöhung der Gehälter ausgesetzt werden. Ein Blick auf die Bezügepyramide offenbart, dass 2024 Landeshauptleute mehr verdienen würden als Minister und die Bezügeobergrenze von LH-Stellvertreter über dem Einkommen von Klubobleuten im Nationalrat liegt.
Besonderer Teil
Für die Anpassung der Bezüge von Politikerinnen und Politikern sind einerseits der sogenannte Pensionsanpassungsfaktor und auf der anderen Seite die Inflationsrate, die von der Bundesanstalt Statistik Österreich nach dem System des § 3 Abs. 2 BezBegrBVG festgestellt wird, maßgeblich. Der jeweils niedrigere Anpassungsfaktor ist für die Erhöhung der Bezüge der Politikerinnen und Politiker heranzuziehen.
Dies hätte, ohne Gesetzesänderung, zur Folge, dass die Bezüge aller Politikerinnen und Politiker für das Jahr 2024 um 9,7 % angehoben würden. Der Vorschlag der Regierungsparteien sieht lediglich vor, dass diese Anpassung für das Kalenderjahr 2024 für die in § 3 Abs. 1 Z 1 bis 11 Bundesbezügegesetz aufgezählten Funktionen entfallen sowie für die in § 3 Abs. 1 Z 12 bis 17 Bundesbezügegesetz aufgezählten Funktionen um die Hälfte verringert werden soll. Die Landespolitik würde ausgeklammert bleiben.
Um auch Politiker auf Landesebene mit in die Verantwortung zu nehmen, braucht es eine Ausnahme von der Anwendung des Anpassungsfaktors in § 3 Abs. 1 BezBegrBVG. Ausgenommen werden sollen die folgenden Funktionäre:
• Landeshauptmänner
• Landeshauptmannstellvertreter
• Mitglieder der Landesregierung, die weder Landeshauptmann noch Landeshauptmannstellvertreter sind
• der Bürgermeister der außer Wien nach der Einwohnerzahl größten österreichischen Stadt
• die Präsidenten der Landtage (wenn kein weiterer Beruf mit Erwerbsabsicht ausgeübt wird)
• Klubobmänner im Landtag (wenn kein weiterer Beruf mit Erwerbsabsicht ausgeübt wird).
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Erlauben Sie mir zu Beginn einen Gruß an eine Besuchergruppe auszurichten. Wir begrüßen hier in unserem Haus die Besuchergruppe aus der Gemeinde Zelking-Matzleinsdorf. – Herzlich willkommen hier bei uns! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)
Ich lade Sie alle hier, vor allem aber die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause einmal kurz ein, sich vorzustellen, Sie kommen in ein Krankenhaus und es gibt kein Gesundheits- und Pflegepersonal: Das System würde im wahrsten Sinne des Wortes kollabieren. (Ruf bei der FPÖ: Ja, das ist so! Das haben wir schon!) Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Unfall, es würde Ihnen Leid, Gewalt angetan oder Sie seien Opfer eines Überfalls geworden, und es gäbe keine Polizei. Das Sicherheitsgefühl der Menschen in Österreich würde massiv darunter leiden. Es gäbe keine Justiz (Abg. Hafenecker: Auch schwierig!): Es würde zum Stillstand der Rechtspflege kommen. Ohne Richter:innen und Staatsanwält:innen würde ein wesentliches Fundament einer sicheren und gerechten Gesellschaft fehlen. Gäbe es das Zollamt nicht, wäre der illegale Handel ungebremst, und ohne den öffentlichen Baudienst hätten wir keine intakten Straßen. Und eines auch noch: Ohne Pädagoginnen und Pädagogen würde es einen Mangel an grundlegenden Kenntnissen und Fähigkeiten, aber auch an sozialer und emotionaler Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen geben (Abg. Hafenecker: Haben Sie den Pisa-Test gelesen?); und vieles, vieles mehr, ich könnte noch viele Beispiele bringen! (Beifall bei der ÖVP.)
„Wenn es uns nicht gäbe“, eine Kampagne der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, zeigt ganz klar, was in Österreich passieren würde, wenn es keine öffentlich
Bediensteten gäbe. Die Bildung, das Gesundheitswesen, die öffentliche Sicherheit, die Verwaltungsarbeit und vieles mehr sind relevante Bestandteile des täglichen Lebens (Zwischenruf des Abg. Martin Graf) und unserer sozialen Ordnung. Unsere Kolleg:innen in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes halten Österreich durch ihren großartigen Einsatz am Laufen. (Beifall bei der ÖVP.) Sie sind der Garant für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und das Funktionieren unserer Republik, sie verdienen Anerkennung und Wertschätzung; und Wertschätzung, auch im Hinblick auf eine Gehaltserhöhung, gilt für alle, auch für Politikerinnen und Politiker. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Attraktivierung des öffentlichen Dienstes ist für das Funktionieren unserer Republik essenziell. Das ist vor allem im Hinblick auf die demografische Entwicklung wesentlich. Es ist wichtig, dass der öffentliche Dienst ein vielversprechender Arbeitgeber bleibt, damit er konkurrenzfähig ist, um leistungsstarke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Neben den besten Arbeitsbedingungen, die sich unsere Kolleginnen und Kollegen verdient haben, braucht es selbstverständlich auch eine faire Entlohnung.
An dieser Stelle möchte ich einen herzlichen Dank an den Vizekanzler, aber auch an unseren Finanzminister aussprechen, die gemeinsam mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, der Gewerkschaft Younion und den Vertretern, Vertreterinnen der Gemeindebediensteten und Landesbediensteten in einer konstruktiven und wertschätzenden Zusammenarbeit ein gutes Ergebnis für die öffentlich Bediensteten erzielt haben.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Direkt betroffen sind über 230 000 Bundesbedienstete sowie Landeslehrer:innen und indirekt betroffen sind an die 300 000 Bedienstete in Ländern und Gemeinden. Die Erhöhung der Gehälter soll ab 1.1.2024 zwischen 9,15 und 9,7 Prozent, mindestens aber 192 Euro betragen. Die Zulagen und auch Vergütungen sollen ebenfalls um 9,1 Prozent erhöht werden.
Bevor dann im Anschluss Kollege Loacker hier wahrscheinlich erklärt, wie privilegiert der öffentliche Dienst nicht ist, möchte ich an dieser Stelle vielleicht auch eines kurz erklären: Im Jahre 2007 lag zum Beispiel das mittlere Bruttojahreseinkommen von öffentlich Bediensteten noch 11,1 Prozent über dem der Privatangestellten. Im Jahre 2021 lag es bereits um 3,4 Prozent unter dem der Privatangestellten, und in den Jahren 2020 bis 2022 sind die Tariflöhne laut Wifo um 0,3 Prozent weniger erhöht worden als außerhalb des öffentlichen Dienstes.
Ein fairer Gehaltsabschluss ist nicht nur eine Frage der Wertschätzung, sondern auch eine Investition in Qualität und Kontinuität des öffentlichen Dienstes. Ich möchte an dieser Stelle auch unseren Herrn Vizekanzler zitieren, der gesagt hat, dieser sorge auch für Stabilität und vor allem für die Kaufkrafterhaltung.
Lassen Sie mich als Gewerkschafterin an dieser Stelle auch eines noch sagen: Seit sieben Jahrzehnten haben wir in Österreich eine gelebte Sozialpartnerschaft. Gemeinsam setzen sich Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer an einen Tisch: Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund. Viele Länder beneiden uns darum, denn wir alle, wie wir hier sind, auch in den sozialpartnerschaftlichen Einrichtungen, sind der Garant für den sozialen Frieden in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir brauchen die große Einsatzbereitschaft der Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes in ihrer kompletten Vielfalt. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass für die Attraktivierung des öffentlichen Dienstes gesorgt wird und damit auch die finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Der öffentliche Dienst ist professionell, ist verantwortungsbewusst und, sage ich, unverzichtbar für jede und jeden Einzelnen hier in unserem Land, denn wenn es ihn nicht gäbe, würde vieles in unserem schönen Österreich stillstehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.38
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. (Abg. Martin Graf: Das muss ja auch Lehrer, Beamte ...!)
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ja, natürlich leistet der öffentliche Dienst einen wichtigen Beitrag zu unserem Gemeinwesen, aber die Dinge müssen immer in einem Verhältnis stehen. Auf dieses Verhältnis hat der Finanzminister im vergangenen Sommer aufmerksam gemacht, indem er gesagt hat, wir müssten aufpassen, dass wir die Inflation nicht anheizen, und die Tarifparteien zu Lohnzurückhaltung aufgefordert hat. Er hat gesagt: Wir bieten euch vonseiten der Regierung die Möglichkeit zu Einmalzahlungen, damit die Erhöhungen nicht zur Gänze in den Prozentsatz fließen und wir die Inflation nicht voll antreiben!
Man würde meinen, die Regierung, wenn sie der Wirtschaft solche Vorschläge macht, beginnt bei sich selbst, geht mit gutem Beispiel voran, macht keine hohen Prozentabschlüsse und verwendet vielleicht die Möglichkeit der Einmalzahlung. – Nichts davon war der Fall. Die Pensionisten haben sogar die Einmalzahlung im März und die volle Erhöhung von 9,7 Prozent bekommen, und der öffentliche Dienst bekommt jetzt 9,15. Das wird dann auch noch als Signal mitten in die Metallerverhandlungen hineingeschickt. (Abg. Steinacker: Geh bitte!) Die Metaller schließen mit im Schnitt 8,6 Prozent ab, die Kleinen mit 10 Prozent und die Großen niedriger. – So, und jetzt haben wir es. Die, die mit ihrer Erwerbstätigkeit und mit ihren Beiträgen, mit ihren Steuern das Gemeinwesen finanzieren, bekommen 8,6 Prozent, die Beamten bekommen 9,15 Prozent.
Was Sie dabei auch nie vergessen dürfen, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer: Im öffentlichen Dienst gibt es ja alle zwei Jahre auch noch die Biennalvorrückungen, die im Schnitt mit über 1 Prozent zu Buche schlagen. Die Erhöhungswirksamkeit im öffentlichen Dienst ist also über 10 Prozent! Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht mehr, und es geht ja immer um die
Balance – es sagt ja keiner, dass der öffentliche Dienst nichts bekommen sollte. Es geht um die Verhältnismäßigkeit zwischen der Wirtschaft einerseits und dem öffentlichen Dienst andererseits. Die ist nicht mehr gegeben, und die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn darauf aufmerksam gemacht wird, wie wichtig der öffentliche Dienst ist: Ja, natürlich. Diese Bundesregierung hat den öffentlichen Dienst im Bund um 4 700 Dienstposten aufgebläht. Da wird dann argumentiert: Ja, wir brauchen die Besten und so weiter, und wir müssen den Generationenübergang managen! – Da frage ich mich doch: Welche Digitalisierungserfolge sehe ich bei dieser Regierung? Es gibt einen eigenen Digitalisierungsstaatssekretär, und eigentlich müsste ja der öffentliche Dienst mit gleich vielen Mitarbeitern ein besseres Service bieten können, weil die Digitalisierung so super wirkt. – Funktioniert nicht.
Was im Übrigen nicht stimmt, Frau Kollegin Deckenbacher, ist, dass die Gehälter im öffentlichen Dienst niedriger wären als in der Wirtschaft. Das stimmt natürlich nicht. Die Durchschnittseinkommen im öffentlichen Dienst sind höher, und sie haben sich in den letzten Jahren auch dynamischer entwickelt als jene in der Wirtschaft. Daher darf man sich nicht wundern, wenn selbst auf der Wirtschaftsuniversität mehr als die Hälfte der Absolventen gerne in den öffentlichen Dienst möchte. Der ist bitte attraktiv genug. Gehen Sie ein wenig herunter vom Gas und sorgen Sie dafür, dass die Wirtschaft Luft hat! Kaufen Sie nicht der Wirtschaft die Arbeitskräfte heraus, die sie dringend benötigt, indem der Bund – der wahrhaft genug Personal hat – sich aufbläst wie ein Kugelfisch! (Beifall bei den NEOS.)
10.41
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte.
10.42
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf zu Beginn die 6. Klasse des Amerlinggymnasiums in Wien herzlichst im Parlament begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Österreichs Verwaltung darf nicht an Qualität einbüßen. Ein angemessenes Gehalt ist wichtig. Daher wird die SPÖ dem vorliegenden Antrag auf Gehaltserhöhungen für den öffentlichen Dienst zustimmen. Es ist ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung seiner Leistungen.
Gerade in Krisenzeiten hat sich gezeigt, wie gut die österreichische Verwaltung funktioniert. Sie arbeitet kompetent und ist loyal gegenüber der Bevölkerung. All diejenigen, die tagtäglich ihre Leistung für unser Land erbringen, verdienen es, dass sie keine Reallohnverluste erleiden – Reallohnverluste, weil die schwarz-grüne Bundesregierung nicht in der Lage war, die Teuerungswelle zu verhindern. Insofern ist es positiv, dass Regierungsmitglieder und Spitzenpolitiker:innen heuer keine Gehaltserhöhung bekommen, Herr Vizekanzler. Es wäre ja auch absurd, wenn die österreichische Bundesregierung nunmehr mit der höchsten Gehaltsanpassung in Westeuropa belohnt würde, weil sie die höchste Inflation Westeuropas zu verantworten hat. (Abg. Kickl: Ich sehe aber da Pro!)
Ich komme auf die FPÖ zu sprechen, Herr Kickl – weil Sie gerade einen Zwischenruf machen (Abg. Kickl: Ich habe gesehen, das ist eine Pro-Meldung!) –: Dort wo Sie regieren, Herr Kickl, wo Ihre Parteifreunde regieren, stopfen Sie sich die Taschen voll! Bei den Politikerbezügen in den Ländern gönnen Sie sich selbst Gehaltserhöhungen (Abg. Kickl: Wir werden es Ihnen erklären!) und hier herinnen verlangen Sie Nulllohnrunden für alle Politikerinnen und Politiker. Was ist mit denen in den Ländern? Warum, Herr Kickl, setzen Sie sich denn nicht durch gegen Marlene Svazek in Salzburg (Abg. Kickl: Oh, ich hätte so gern einen
Landeshauptmann so wie Sie!) oder Haimbuchner in Oberösterreich, Udo Landbauer in Niederösterreich? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Niederösterreich ist ja etwas ganz Besonderes: In Niederösterreich gibt es ein gutes Beispiel. Dort installiert die FPÖ gemeinsam mit der ÖVP völlig unnötig einen dritten hochbezahlten Vorstand (Abg. Kucher: Unglaublich!) beim landeseigenen Energieversorger EVN. Das Muster, Herr Kickl, ist immer dasselbe (Ruf bei der SPÖ: Sehr glaubwürdig!): In der Opposition predigen Sie Wasser, in der Regierung aber kriegt die FPÖ den Hals nicht voll! (Abg. Kickl: Wir werden es Ihnen dann erklären!) – Das sei Ihnen hier gesagt. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abg. Kucher und Abgeordneten der FPÖ.)
Zurück zum öffentlichen Dienst: Herr Vizekanzler, seit Sie für das Ressort zuständig sind, kündigen Sie ein modernes Dienstrecht an, ein Dienstrecht, das die Zukunftsfähigkeit der Bedingungen im öffentlichen Dienst gewährleisten soll. Darauf warten die Bediensteten im öffentlichen Dienst vergeblich. Daher bringe ich folgenden Antrag ein (Abg. Kickl: Seid ihr jetzt pro oder kontra?):
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024“
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit den zuständigen Stellen in Verhandlungen zu treten, um eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024 zu erarbeiten, die die Zukunftstauglichkeit der Bedingungen im öffentlichen Dienst gewährleistet; dabei sollen jedenfalls folgende Punkte erledigt werden:
1. Pauschalierte Nebengebühren sollen in Zukunft nicht eingestellt werden, wenn die Dienstverhinderung auf Grund von Long-Covid entsteht oder eine vom Dienstgeber genehmigte Abwesenheit (zB Risikopatient*in) vorliegt;
2. Nebengebühren sollen nachgezahlt werden, wenn eine Suspendierung rechtswidrig oder auf Grund einer falschen Anschuldigung erfolgte;
3. Anpassung der Gebührensätze in der Reisegebührenvorschrift an die Inflation und die Teuerungswelle;
4. die Definitivstellung soll durch eine Beeinträchtigung der persönlichen Eignung der Beamtin oder des Beamten nicht gehindert werden, wenn diese Beeinträchtigung auf Grund eines Dienstunfalles eingetreten ist.“
*****
Abschließend bedanke ich mich bei all den Frauen und Männern im öffentlichen Dienst. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)
10.46
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim und GenossInnen
betreffend Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dientsrechtsnovelle 2024
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3734/A der Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2023) (2387 d.B.)
Für die sozialdemokratische Parlamentsfraktion ist ein effizienter öffentlicher Dienst eine der tragenden Säulen der Republik Österreich. Es ist daher enttäuschend, dass es in diesem Jahr zu keiner Modernisierung des öffentlichen Dienstes durch die jährlich übliche Dienstrechtsnovelle kommt, obwohl von Seiten der Bediensteten eine Reihe von offenen Punkten und Problemen aufgezeigt wurde.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit den zuständigen Stellen in Verhandlungen zu treten, um eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024 zu erarbeiten, die die Zukunftstauglichkeit der Bedingungen im öffentlichen Dienst gewährleistet; dabei sollen jedenfalls folgende Punkte erledigt werden:
1. Pauschalierte Nebengebühren sollen in Zukunft nicht eingestellt werden, wenn die Dienstverhinderung auf Grund von Long-Covid entsteht
oder eine vom Dienstgeber genehmigte Abwesenheit (zB Risikopatient*in) vorliegt;
2. Nebengebühren sollen nachgezahlt werden, wenn eine Suspendierung rechtswidrig oder auf Grund einer falschen Anschuldigung erfolgte;
3. Anpassung der Gebührensätze in der Reisegebührenvorschrift an die Inflation und die Teuerungswelle;
4. die Definitivstellung soll durch eine Beeinträchtigung der persönlichen Eignung der Beamtin oder des Beamten nicht gehindert werden, wenn diese Beeinträchtigung auf Grund eines Dienstunfalles eingetreten ist.
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte, Herr Abgeordneter.
10.46
Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Kollegin Yildirim, irgendwie kenne ich mich jetzt nicht aus, denn Sie waren ja auch im Verfassungsausschuss, wo gerade zu dem, was Sie jetzt kritisiert haben – nämlich dass die Länder bei dem, was im Bereich der Bundesbezüge vorgesehen ist, nicht miteingeschlossen werden –, von uns ein §-27-GOG-Antrag eingebracht wurde – und der wurde von Ihrer Fraktion wie auch von allen anderen abgelehnt! Wir hätten ja vorgesehen gehabt, dass auch die Länder da in gleicher Weise in die Pflicht genommen werden wie alle Bundespolitiker im Bereich der obersten Organe. (Beifall bei der FPÖ.)
Sich hier herauszustellen, uns mehr oder weniger Unredlichkeit zu unterstellen, aber selbst dabei gewesen zu sein – wohl wissend, dass es ganz anders gewesen ist –, das halte ich für ein starkes Stück. Kehren Sie vor Ihren eigenen Tür, Frau Kollegin! (Abg. Yildirim: ... Sie sich durchsetzen können!)
Betreffend die Dienstrechts-Novelle: Ja, da werden wir natürlich gerne unsere Zustimmung geben. Der Abschluss ist angemessen, wie ich meine, wenngleich aber natürlich wieder so, dass die höher verdienenden Beamtinnen und Beamten – die Hofräte, die Regierungsräte – überproportional gut aussteigen und die unteren Einkommensbezieher gerade einmal mit einer Mindestzuteilung von 192 Euro abgespeist werden. Das ist nicht wertschätzend und auch nicht gerecht.
Hätte man den Antrag der AUF umgesetzt und, wie wir es schon seit Jahren fordern, das Gesamtvolumen auf alle öffentlich Bediensteten einheitlich aufgeteilt, dann wären für jeden Bediensteten rund 460 Euro herausgekommen. Das Kilo Brot, der Liter Milch kostet nämlich für alle gleich viel, für den Herrn Hofrat genau dasselbe wie für den kleinen Inspektor auf der Straße. – Das wäre gerecht, das wäre wertschätzend, das wäre gerade in schwierigen
Zeiten, in denen wir uns gerade befinden, der angemessene, der richtige Ansatz.
Weil wir gerade von Wertschätzung reden, darf ich Ihren Fokus auch auf die Einrichtungen und Institutionen des Bundes richten, in denen wir ja ungefähr – nein, nicht ungefähr, sondern genau – 655 Vorstände und Geschäftsführer haben, die, wie der uns vorliegende aktuelle Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2020 zeigt, ein durchschnittliches Einkommen von 220 000 Euro im Jahr haben. – Da bewegen wir uns ungefähr im Bereich des Bezugs eines Ministers, hätte ich jetzt einmal gesagt.
Die Einkommen dieser Personen sind auch nicht gedeckelt, sind auch nicht von der Erhöhung ausgenommen! Da, denke ich mir, hapert es wieder einmal mit der viel gepriesenen Wertschätzung vonseiten dieser Bundesregierung. Da stimmt wieder einmal die Relation nicht, denn da gibt es wieder jene, die es sich gut richten können – die hauptsächlich eh von der Regierung dorthin entsandt worden sind –, während der kleine Beamte, der kleine Bedienstete, der kleine Arbeitnehmer mit kleinen Gehaltserhöhungen abgespeist wird.
So darf ich hier auch einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nulllohnrunde für Staatsmanager“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die – analog zur Nulllohnrunde für Spitzenpolitikern des Bundes – im Jahr 2024 auch eine Nulllohnrunde für jene Manager in Unternehmen und Einrichtungen, die auch nur teilweise im Eigentum des Bundes stehen, vorsieht, deren monatlicher Bezug über jenem eines Nationalratsabgeordneten liegt. Ferner sollen auch jene öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen
erfasst sein, die unmittelbar durch den Bürger finanziert werden, wie insbesondere der ORF.“
*****
(Beifall bei der FPÖ.)
Ich darf Sie einladen, diesen Antrag zu unterstützen, denn wenn Sie schon die vielgepriesene Wertschätzung für und die vielgepriesene Rücksicht auf den kleinen Mann einfordern, dann wäre das ein richtiges Zeichen; das geht in die richtige Richtung. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
10.50
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Herbert, Lausch
und weiterer Abgeordneter
betreffend Nulllohnrunde für Staatsmanager
eingebracht in der 243. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3723/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird (2386 d.B.) (TOP 2).
In Zeiten eines beinharten Existenzkampfes vieler Menschen in unserem Land haben diese zu Recht kein Verständnis für die (Selbst-)Erhöhungen von Gehältern für Manager in Unternehmen und Einrichtungen des Bundes mit Einkommen jenseits von 10.000 Euro im Monat. Das diese kommen in Krisenzeiten in den Genuss der Sicherheit der öffentlichen Hand, verdienen jedoch mindestens so gut als wären sie in der Privatwirtschaft tätig.
Nicht als „Bashing“ gegen Manager, sondern als Akt des Anstandes, gilt es in diesem Bereich Verzicht zu leben. Jenen die meinen, eine Nulllohnrunde heuer sei ja nur Symbolpolitik und daher abzulehnen, sei ins Stammbuch geschrieben: Ja, der Verzicht ist tatsächlich ein Symbol. Und zwar ein richtiges und wichtiges in Zeiten wie diesen. Umgekehrt ist auch die Erhöhung von ohnehin sehr hohen Gehältern ein Symbol und ein Signal, das ausgesendet wird. Allerdings genau das falsche.
655 Vorstände und Geschäftsführer
Alle zwei Jahre veröffentlicht der Rechnungshof die Einkommen bei jenen Unternehmen und Einrichtungen des Bundes, die seiner Kontrolle unterliegen. Die im Bericht ausgewiesenen Einkommensdaten werden von den Unternehmen und Einrichtungen selbst gemeldet und vom Rechnungshof analysiert und aufbereitet. Für den jüngsten Bericht wurden betreffend das Jahr 2019 bei 427 Unternehmen und Einrichtungen die Daten zu 1.621 Aufsichtsratsmitgliedern, 681 Mitgliedern von Vorständen beziehungsweise Geschäftsführungen und 240.784 Beschäftigten erhoben. Für das Jahr 2020 wurden bei 426 Unternehmen und Einrichtungen die Daten zu 1.558 Aufsichtsratsmitgliedern, 655 Mitgliedern von Vorständen beziehungsweise Geschäftsführungen und 245.494 Beschäftigten erhoben.1
Durchschnittseinkommen 220.600 Euro
Die durchschnittlichen Einkommen der Mitglieder des Vorstands beziehungsweise der Geschäftsführung betrugen 215.900 Euro im Jahr 2019 und 220.600 Euro im Jahr 2020. Das höchste durchschnittliche Einkommen mit 407.100 Euro (2020) fand sich in der Branche „Verkehr und Lagerei“ (H), gefolgt von der Branche „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ (A) mit einem durchschnittlichen Einkommen in der Höhe von 368.800 Euro.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die – analog zur Nulllohnrunde für Spitzenpolitikern des Bundes – im Jahr 2024 eine Nulllohnrunde für jene Manager in Unternehmen und Einrichtungen, die auch nur teilweise im Eigentum des Bundes stehen, vorsieht, deren monatlicher Bezug über jenem eines Nationalratsabgeordneten liegt. Ferner sollen auch jene öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen erfasst sein, die unmittelbar durch den Bürger finanziert werden, wie insbesondere der ORF.“
1 https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_2/Einkommensbericht_2019_und_2020.html
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auch hier im Haus! Beamten-, Beamtinnenbashing ist sehr beliebt, sie werden ja sehr oft als untätig, faul bezeichnet. Wir kennen all die – muss man sagen – schlechten Witze über Beamte und Beamtinnen. Es wurde schon mehrfach gesagt: Beamte und Beamtinnen sind aber jene, die diesen Staat erhalten – sei es im Bildungsbereich, sei es im Bereich Sicherheit, sei es im Gesundheitsbereich und auch und vor allen Dingen in der allgemeinen Verwaltung, denn dort tragen der Beamte, die Beamtin und selbstverständlich auch die Vertragsbediensteten dazu bei, dass dieser Staat so wunderbar funktioniert, wie er funktioniert.
Wenn es darum geht, Beamte, Beamtinnen gut zu bezahlen, dann stehen wir ja mittlerweile in einer großen Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Ja, es gibt eine
Arbeitsplatzsicherheit im Bundesdienst. Es wurde ja auch immer damit argumentiert, dass weniger gezahlt wird, weil es fixe oder – sagen wir es lieber so – dauerhafte Arbeitsplätze gibt und deshalb das Einkommen sozusagen im Vergleich zur Privatwirtschaft niedriger ist. Tatsache ist aber, und das wissen wir ja, dass wir, meine Generation, die Boomer, nach und nach in Pension gehen; also wir treten, um genau zu sein, in den Ruhestand. Es ist ein großes Problem, wie wir Leute für den Bundesdienst finden. Wenn wir uns zum Beispiel den ganzen IT-Bereich anschauen: Dort ist es fast unmöglich, Leute für den Bundesdienst zu finden, weil in der Privatwirtschaft ein Vielfaches gezahlt wird.
Das heißt, wir brauchen da auch Sonderverträge, um überhaupt qualifizierte, gute Leute – und die brauchen wir im Bundesdienst – zu bekommen. Ein Gehaltabschluss, wie er jetzt gemacht wurde, steht auch im Zusammenhang mit einer Konkurrenzsituation, weil wir natürlich dafür sorgen müssen, dass mit den 9,15 oder 9,71 Prozent gewährleistet ist, dass diese Republik in allen ihren Teilbereichen gut funktioniert. (Beifall bei den Grünen.)
Es geht nicht nur darum, zu sagen: na ja, belohnt – Gehaltserhöhungen sind ja keine Belohnung, auch jene für Politiker nicht; ich meine, da müsste man ja individuell Prämien auszahlen, aber das sind keine Belohnungen. Egal wie schlecht oder gut die Bundesregierung von der Opposition bewertet wird, davon hängt nicht ab, ob sie mehr bekommt oder nicht. Sie bescheiden sich aber ohnehin und machen eine Nulllohnrunde, für die anderen Bereiche gibt es die Hälfte: 4,85 Prozent.
Dieser Antrag der FPÖ oder auch diese Idee: Na, würden wir es auch für Länder beschließen! – Sie wissen genau, dass das nicht geht, aus verschiedenen Gründen nicht geht (Abg. Kickl: Natürlich geht es! – Zwischenruf des Abg. Deimek), weil wir den Ländern ungern etwas vorschreiben. Ihr könntet es ja machen, aber ihr tut es halt nicht, weil ihr halt eure Leute besser versorgen wollt. Da möchte ich noch einmal auch für die Bundesrät:innen eine Lanze brechen, die davon ebenso betroffen sind und deren Einkommen nun wirklich nicht ein wahnsinnig hohes ist, die zum Teil ihre Berufe aufgeben müssen und zum
Teil weniger als Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister in kleineren oder mittleren Gemeinden verdienen.
Der Staat kann ohne Beamte nicht sein. Einmalzahlungen, Kollege Loacker, wirken sich nicht auf die Pension aus, daher sind Einmalzahlungen ganz grundsätzlich, und zwar nicht nur bei den Beamten, sondern in Kollektivvertragsverhandlungen immer ein schlechtes Angebot, weil es natürlich um eine nachhaltige, dauerhafte Erhöhung der Einkommen und auch letztendlich um die Pension geht.
Und im Übrigen bin ich der Meinung: Bring them home now! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
10.55
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Vizekanzler! Was gibt es zur Dienstrechts-Novelle zu sagen? Es ist schon viel gesagt worden, vieles richtig, vieles schöngeredet, aber was uns halt immer extrem stört, ist: Da gab es ja eine erste Dienstrechtsnovelle vor dem Sommer und jetzt im Herbst beziehungsweise im Dezember gibt es eine zweite.
Zur ersten gibt es sehr, sehr viele Anträge, sehr viele Forderungen der Opposition, speziell von uns Freiheitlichen, für die öffentlich Bediensteten, für die Beamten, für die Vertragsbediensteten. Da wird uns vom Beamtenminister und von dieser Bundesregierung immer gesagt: Gute Sache, wir werden das dann im Herbst in die zweite Dienstrechtsnovelle einarbeiten! Das ist zum Beispiel die Pauschalierung der Nebengebühren in das Gehaltsgesetz, Altersteilzeit im öffentlichen Dienst, und, und, und.
Sie sehen: Eingearbeitet wurde wieder einmal nichts. Versprochen – gebrochen. Nichts hat diese Bundesregierung für den öffentlichen Dienst getan. Es
krankt natürlich – da kann man jetzt den Gehaltsabschluss schönreden – in den Bereichen Gesundheit, Schule, Polizei, Justizwache. Da gibt es Personalnot, Überbelastung, Burn-out-Syndrome, Krankenstände und, und, und. Da passiert nichts, und da gehören neben einem gescheiten Gehaltsabschluss natürlich auch Maßnahmen gesetzt, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen. Man soll sich nicht immer hierherstellen und sagen: Wir wollen eh aufnehmen, wir finden nur niemanden! – Das ist zu wenig.
Dann nehmen Sie die Anträge von uns Freiheitlichen, die schon im Frühjahr kommen, an. Seien Sie so ehrlich und arbeiten Sie die wirklich ein oder versprechen Sie zumindest nicht deren Einarbeitung, wenn dann im Herbst wieder nichts passiert! Das muss ich Ihnen vorhalten, Herr Vizekanzler: Da ist nichts gelungen, da wurde nichts gemacht. Da wurde wieder vertröstet und der öffentliche Dienst, die vielen, vielen öffentlich Bediensteten wurden im Regen stehen gelassen. So geht man mit Bediensteten, die eben für die Sicherheit, für die schulische Leistung unserer Kinder und für unser Gesundheitswesen verantwortlich sind, nicht um. Man verspricht das nicht hier vom Rednerpult beziehungsweise von der Regierungsbank aus und macht dann im Herbst wieder nichts.
Darum kann ich wie gesagt der Argumentation der Sozialdemokraten etwas abgewinnen, dass man die erste Dienstrechtsreform im Frühjahr schon ernster nehmen und schon einige Verbesserungen vornehmen sollte, dann im Herbst feinschleift und im Dezember etwas Gescheites für die öffentlich Bediensteten beschließt. Da ist wieder nichts passiert. Viel wurde versprochen, nichts wurde gemacht. Das ist natürlich eine Enttäuschung für die vielen öffentlich Bediensteten und ein Hohn. So geht man mit öffentlich Bediensteten nicht um. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir müssen Ihnen zum Vorwurf machen, dass Sie die Lage vor der Sommerpause hier immer schönreden und im Herbst jedenfalls für den öffentlichen Dienst nichts Gescheites zusammenbringen. Dann haben wir wieder eine zweite Dienstrechtsreform vorliegen und nichts ist da: keine Altersteilzeit, keine
Nebengebühren für Bedienstete, die länger unverschuldet im Krankenstand sind, dass sie eben die Nebengebühren nicht bezahlt kriegen und, und, und. Sie haben diese Einarbeitung den im öffentlichen Dienst Beschäftigten im Frühjahr versprochen, nur haben Sie leider nichts gemacht, Herr Vizekanzler.
Ich weiß nicht, wahrscheinlich hatten Sie Wichtigeres zu tun, aber für den öffentlichen Dienst haben Sie wenig bis gar nichts gemacht. Das muss man Ihnen vorhalten. Da muss man sagen, das ist sehr, sehr schwach von dieser Bundesregierung. Wie gesagt, da sollte schon mehr passieren, denn wenn man den öffentlichen Dienst attraktiver machen will, müssen auch die Rahmenbedingungen passen, Herr Vizekanzler. Die Rahmenbedingungen sind wichtig. Da gibt es zig Anträge von uns Freiheitlichen, nur machen Sie daraus leider nichts, außer leere Versprechungen abzugeben. Das werden Ihnen die öffentlich Bediensteten natürlich nicht danken. Mit Kopf-in-den-Sand-Stecken wird man diese Problematiken, die im öffentlichen Dienst vorherrschen, nicht bekämpfen können, und das ist leider traurig.
In diesem Sinne: Eigentlich haben Sie noch ein paar Monate Zeit, es kommt noch eine erste Dienstrechtsreform 2024. Vielleicht schaffen Sie da etwas, Herr Vizekanzler. Bis jetzt, bis Dezember 2023, haben Sie nichts geschafft. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
11.00
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hammer. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen mit dieser Dienstrechts-Novelle – das ist von den Vorredner:innen schon mehrfach angesprochen worden – im Wesentlichen die Gehaltsanpassung für das Jahr 2024. Und, Herr Kollege Lausch, es ist eine Dienstrechtsnovelle, und das Dienstrecht, das wissen Sie genauso, ist ein
permanenter Prozess. Im Dienstrecht gilt es immer wieder, Modernisierungen vorzunehmen, um die Rahmenbedingungen im öffentlichen Dienst zu verbessern. Der Herr Vizekanzler und die Bundesregierung gemeinsam auch mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst sind da in guten Gesprächen, es wird laufend Weiterentwicklungen geben. Der Grund für diese Novelle ist natürlich, dass die Gehaltsanpassungen mit Jahresbeginn erfolgen können.
Ganz allgemein festzuhalten ist, dass die Teuerung und die Inflationsentwicklung vor den öffentlich Bediensteten ebensowenig wie vor anderen Branchen haltmachen, und deswegen ist es auch in diesem Bereich wie bei den Kollektivvertragsverhandlungen in anderen Bereichen notwendig, einen entsprechenden Abschluss zustande zu bringen, der dieser Entwicklung Rechnung trägt. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Es ist auf jeden Fall festzuhalten – und das ist in der öffentlichen Diskussion schon oft ein bisschen beschämend –, dass immer wieder von den Beamtengehältern per se gesprochen wird. Es geht dabei aber um den öffentlichen Dienst in seiner Gesamtheit: von den Gemeinden über die Länder bis hin zum Bund, bei den Reinigungskräften, in den Wirtschaftshöfen bis hin zu Polizei, Bundesheer, Soldaten, Justiz, wie schon angesprochen, und dort gibt es bei Gott nicht nur Gutverdiener, weshalb auch in diesem Bereich ein entsprechender Teuerungsausgleich notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Der getätigte Abschluss mit 9,15 Prozent ist ausgewogen und dementsprechend ein konstruktives Ergebnis. Ich darf mich da wirklich beim Bundeskanzler, beim Vizekanzler und beim Finanzminister für diese konstruktiven Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst bedanken. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Herr Kollege Loacker, Sie haben angesprochen, damit nehme man der Privatwirtschaft Arbeitskräfte weg. – Das ist nicht gegeben. Es ist so, dass im öffentlichen Dienst derzeit rund 8 000 Stellen unbesetzt sind. Laut einer
aktuellen Studie der Gewerkschaft öffentlicher Dienst geben nur rund 19 Prozent der österreichischen Bevölkerung an, dass der öffentliche Dienst der gewünschte Dienstgeber ist. Es ist also nicht so, dass alle per se den öffentlichen Dienst anstreben.
Wir beschließen heute unter diesen Tagesordnungspunkten auch die Gehaltsanpassungen für Politiker. Man hat da – und das ist in Zeiten einer krisenhaften Situation notwendig – ein ausgewogenes Paket geschnürt: für Spitzenpolitiker eine Nulllohnrunde und im Bereich der normalen Gehaltsbezieher in der Politik bis hin zum Bürgermeister und Gemeinderat 4,85 Prozent Gehaltsanpassung.
Es ist – wie jedes Jahr immer wieder, und das ist ein Zeichen, das man hier setzt – die FPÖ, die versucht, dieses Thema populistisch auszuschlachten, obwohl es grundsätzlich ein Gesetz zur Anpassung von Politikergehältern gibt. – Ja, wenn man so wie Klubobmann Kickl 24 Mal fehlt (Abg. Kühberger: Das ist schon oft!), dann verstehe ich schon, dass er sagt, er braucht keine Gehaltserhöhung, und wenn er dann einmal da ist, bringt er destruktive und unsachliche Beiträge, die niemandem nutzen und niemandem helfen (Abg. Kickl – in Richtung ÖVP –: Wo ist eigentlich der Wöginger?), da wird kein Mehrwert gestiftet. (Abg. Kickl: Wo ist er denn? – Abg. Kühberger: Heute einmal die Ausnahme! – Abg. Kickl: Na, immer!) Daher ist die Gehaltsanpassung für Kollegen Kickl natürlich auch nicht gerechtfertigt, und ich verstehe, dass er selber auf 0 Prozent besteht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Seine Mitstreiter in den Ländern, in Oberösterreich, in Salzburg, in der Steiermark, haben ihm sehr deutlich ausgerichtet, dass sie da nicht mitziehen. Jetzt versucht er, wie man heute in den Medien liest, strenge Richtlinien auszugeben, was seine Funktionäre zu tun haben, dass sie etwa nicht einfach so zu den Taliban und so weiter reisen können; das muss jetzt gemeldet werden. Wir werden sehen, was die nächste Kontrollschleife des Kollegen Kickl ist. Bei den Gehaltserhöhungen war es eine populistische Blase: Er hat nichts zustande
gebracht, seine Funktionäre pfeifen ihm da etwas. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Abschließend, weil ich es am Anfang vergessen habe, darf ich im Namen meines Kollegen Andreas Kühberger die Leitung des Maschinenrings Steiermark bei uns im Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
11.04
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Christian Drobits zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätztes Publikum! Wir besprechen heute das Bundesbezügegesetz, aber bevor ich auf die monetären Änderungen eingehe, wollte ich eines sagen: Wir haben alle ein Gelöbnis geleistet. Entsprechend der Gelöbnisformel schwören und geloben wir Treue der österreichischen Bevölkerung gegenüber und auch die Einhaltung der Gesetze, und wir versprechen, dass wir diese Treue auch einhalten. – Momentan habe ich das Gefühl, wenn es um die Entlohnung für Politiker geht, dass die Leistung, die die Politiker erbringen, nicht anerkannt wird. Wir sollten eigentlich versuchen, dass unser Verhalten, unser Gelöbnis, unsere Arbeit neu bewertet und anerkannt werden. Ich spüre seitens der Regierungsparteien nicht unbedingt das Anliegen, dass darauf geachtet wird.
Die Verhaltensregeln sagen klar, dass zum Beispiel die Selbstlosigkeit und auch die Vorbildfunktion eine wichtige Rolle spielen. Wenn wir heute über den Verzicht einer Gehaltserhöhung in der Spitzenpolitik reden, 0 Prozent Anpassung, dann, denke ich, ist das ein Schritt. Ein wichtiger Schritt, Herr Vizekanzler, wäre aber wirklich auch, die Anliegen der Gelöbnisformel und der Verhaltensregeln aufzuzeigen.
Ich bin auch der Meinung, dass die Länder durchaus autonom entscheiden sollen, ob sie das machen. Herr Kickl, ich bin d’accord mit den Vorrednern, ich bin der Meinung, dass Sie Ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen in den Bundesländern darauf ansprechen sollten. Der Landeshauptmann meines Heimatbundeslandes wird das machen, er wird die Nulllohnrunde jedenfalls durchführen. (Abg. Kickl: Das ist ja der, den ihr grad abgeschafft habt!) Das soll auch eine autonome Regelung bleiben. (Abg. Kickl: Das ist doch das Team Dosko, das sich gerade aufgelöst hat!) Es soll nicht so sein, Herr Kickl, dass Sie selbst das auf die anderen münzen und im gleichen Atemzug auch glauben, Sie können das so darstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der öffentliche Dienst verdient eine entsprechende Erhöhung bei den Gehältern und verdient es auch, dass der Sozialpartnerschaft und dem Gehaltsabschluss der Sozialpartnerschaft Rechnung getragen wird. Dieser Abschluss ist ein guter Abschluss, nur eines fehlt mir, Herr Vizekanzler: Sie haben es leider nicht geschafft, in der Dienstrechts-Novelle auch die Anliegen betreffend Modernisierungen, die notwendig gewesen wären, umzusetzen. Da fehlt etwas. Es fehlen diese Anliegen und Rahmenbedingungen, die dann wahrscheinlich in einer raschen Dienstrechtsnovelle 2024 folgen müssen. Ich werde dazu auch einen Entschließungsantrag einbringen.
Herr Kickl, wenn Sie der Meinung sind, dass das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit in der Politik sehr wichtig sind, dann hoffe ich auch, dass Sie bei unserem Antrag dabei sind, damit wir eine Änderung des Bundesarchivgesetzes durchführen können. Das Bundesarchivgesetz beinhaltet nicht die digitalen Kommunikations- und Schriftformen. Wenn ein Bundeskanzler im Ibiza-Untersuchungsausschuss aussagt: Ich lösche regelmäßig meinen SMS-Verkehr am Diensthandy!, dann sieht man, finde ich, dass das nicht zeitgemäß ist. Man sollte wirklich darauf schauen, auch aufgrund der Demokratiegefährdung und auch aufgrund dessen, dass man das Bundesarchivgesetz digital fit machen soll, dass das im Bundesarchivgesetz endlich geändert wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Grünen haben schon Ansätze gezeigt. Kollegin Blimlinger hat gesagt, ja, das wollen sie auch, es muss das Digitale berücksichtigt sein. Kollege Taschner von der ÖVP hat gesagt, nein, das passt alles. – Also ich denke schon, das ist ein Punkt, an dem wir gemeinsam arbeiten müssen, um Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)
Abschließend darf ich im Namen meiner Fraktion, Herr Vizekanzler, wie vorhin gesagt, auch folgenden Antrag verlesen.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dientsrechtsnovelle 2024“
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit den zuständigen Stellen in Verhandlungen zu treten, um eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024 zu erarbeiten, die die Zukunftstauglichkeit der Bedingungen im öffentlichen Dienst gewährleistet; dabei soll jedenfalls folgender Punkt erledigt werden:
Der Vorschuss auf Schmerzensgeld gebührt auch dann, wenn die Erwerbsfähigkeit der oder des Bediensteten nicht durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.“
*****
Ich weiß, dass Sie das wollen, wir wollen das auch. Bitte um rasche Umsetzung dieser Dienstrechtsnovelle. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
11.09
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits und GenossInnen
betreffend Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dientsrechtsnovelle 2024
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3734/A der Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2023) (2387 d.B.)
Für die sozialdemokratische Parlamentsfraktion ist ein effizienter öffentlicher Dienst eine der tragenden Säulen der Republik Österreich. Es ist daher enttäuschend, dass es in diesem Jahr zu keiner Modernisierung des öffentlichen Dienstes durch die jährlich übliche Dienstrechtsnovelle kommt, obwohl von Seiten der Bediensteten eine Reihe von offenen Punkten und Problemen aufgezeigt wurde.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit den zuständigen Stellen in Verhandlungen zu treten, um eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024 zu erarbeiten, die die Zukunftstauglichkeit der Bedingungen im öffentlichen Dienst gewährleistet; dabei soll jedenfalls folgender Punkt erledigt werden:
Der Vorschuss auf Schmerzensgeld gebührt auch dann, wenn die Erwerbsfähigkeit der oder des Bediensteten nicht durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nun hat sich Herr Vizekanzler Werner Kogler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal darf ich nicht nur den traditionellen, sondern auch den aufrichtigen Dank an die öffentlich Bediensteten, und zwar an alle, aussprechen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Wir kommen der Sache gleich näher. Wen betreffen denn diese Gehaltsrunden? – Schauen wir genauer hin: Man kann ja zu Beamtenbashing neigen oder nicht, wir tun es nicht – das hat Frau Abgeordnete Blimlinger ausgeführt –, aber so zu tun, als ob die Gehaltserhöhungen in diesem Fall immer nur ein paar in irgendwelchen karikativ gezeichneten hinteren Kammerln mit Ärmelschonern Sitzende betreffen würden, das wird der Sache nicht nur nicht gerecht, das ist in Wahrheit auch übel.
Jetzt sage ich Ihnen, wen diese Gehaltserhöhungen betreffen: erstens einmal jene, die vom Bundesbudget bezahlt werden, die Polizistinnen und Polizisten, die Lehrkräfte, auch in den Bundesländern – die wissenden Abgeordneten nicken –, und natürlich auch die Bediensteten in der Verwaltung. Sie können aber schon den Unterschied erkennen, wie das vielleicht vor 30, 40 Jahren war und wie jetzt die Verwaltung immer besser wird – das ist jedenfalls die Wahrnehmung vieler Bürgerinnen und Bürger –, nämlich genau dort, wo es zum Beispiel um Bürgerservice geht; und da habe ich noch lange nicht alles aufgezählt.
Das sind einmal 230 000, die von unserem Bundesabschluss direkt betroffen sind, das wurde ja schon angedeutet, aber die noch größere Zahl sind jene, die in den Folgeverhandlungen dranhängen. Sie alle wissen doch, dass fast immer
den Bundesverhandlungsergebnissen gefolgt wird. Also betreffen diese Gehaltsabschlüsse auch die Pflegerinnen und Pfleger in den Pflegeheimen, in den Krankenhäusern, überhaupt das Krankenhauspersonal, die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen und so weiter und so fort. Ich habe also wenig Verständnis dafür, dass das hier in ein solch seltsames Eck karikiert wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich habe sehr viel Verständnis für unterschiedliche Meinungen, und wir haben uns über die Jahre jetzt schon aneinander gewöhnt, Abgeordneter Loacker und ich. Ich habe im Ausschuss durchaus auch feststellen können, dass man mit einer – das ist halt Politik – anderen Idee, Ideologie im besten Sinne des Wortes, das auch anders sehen kann. Ich will ihm gar nicht überall widersprechen, aber bleiben wir einmal dabei: Für wen und warum machen wir das und worum geht es da überhaupt?, damit wir die Dinge einmal richtig geordnet haben.
Der zweite Dank geht an die Gewerkschaften, einerseits Gewerkschaft öffentlicher Dienst und andererseits eben auch Younion, weil diese ganz viele von denen, die ich hier aufgezählt habe, vertreten. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ja, man sagt auch immer: konstruktive Gespräche; aber es wurde ja schon gesagt, und ich kann das wirklich teilen: Man kann zwar sagen, im öffentlichen Dienst ist es leichter – ja eh, vielleicht –, aber wir haben hier schon einen entsprechenden wirklich wertschätzenden Austausch und auch Verhandlungsprozesse gehabt und geführt.
Wir, die Bundesregierung, vor allem der Finanzminister und ich, wissen schon, dass die Bezahlung vom Dienstgeber her, den wir ja repräsentieren, letztlich mit Steuergeld erfolgt. Das ist richtig, aber das heißt ja nicht, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht an einer bestimmten Entwicklung des öffentlichen Dienstes interessiert sind. Die Haltung, die wir dazu haben, wird nun einmal von der Mehrheit hier im Haus – in diesem
Fall offensichtlich von einer großen Mehrheit – und von der Regierung, die Sie ja in bestimmten Fragen mehrheitlich immer wieder bestätigen, vertreten.
Das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist natürlich wichtig, aber es ist eben auch in deren Interesse, dass der Laden gescheit funktioniert – und im Wesentlichen tut er das, bei allem Verbesserungsbedarf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Gesamtsituation ist doch folgende: Auch der öffentliche Dienst, und zwar mit all diesen, die ich da genannt habe, steht im Wettbewerb mit den Privaten. Und da hat sich am Arbeitsmarkt sehr viel gedreht. Es geht also lange nicht nur um das Gehalt – auch da gebe ich allen Fraktionen recht, die das angesprochen haben, also auch den Freiheitlichen und den NEOS –, es geht um mehr, das stimmt – heute reden wir über das Gehalt und dann noch schnell über die Dienstrechts-Novelle –, aber es geht auch um das Gehalt. Und deshalb ist es schon interessant, wer sich dann wie dazu stellt, wenn es um Gehaltserhöhungen für Pflegerinnen und Pfleger, Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen und so weiter und so fort geht.
Für diese Menschen wurde seitens der Gewerkschaft verhandelt, und wir haben eine entsprechende Abwägung vorzunehmen, wie vorhin beschrieben. Und in diesem Fall spielt auch die Anzahl noch einmal eine Rolle – das wird ja hier immer eingebracht, zu Recht, würde eigentlich zu den Budgetverhandlungen gehören, dort sind die Planposten, aber gerne auch hier –: Ja, es ist richtig, die ÖVP und die Grünen haben sich bei diesen Regierungsverhandlungen dazu bekannt, weil wir ja schon gesehen haben, welche demografische Entwicklung wir haben und wo noch viele Bedienstete gebraucht werden – etwa im Sicherheitsbereich; das haben wir Grüne auch angenommen und übernommen, ja, das hätte vor 30 Jahren vielleicht noch anders ausgeschaut, okay, aber gut so. Es ist wichtig, dass wir ausreichend Kräfte bei der Polizei haben – es ist so.
Es ist nicht leicht, das alles herzukriegen, und es war vernünftig, dass wir da die Zahl der Planposten ausgeweitet haben. Im Übrigen war das schrittweise schon von der Vorvorgängerregierung, also Türkis-Blau, angedacht und angegangen, also verstehe ich nicht, warum das dann von dort kritisiert wird. Das sind vernünftige Vorgänge, im Übrigen auch in der Justiz. Ob es jetzt die Justizwache ist oder die Staatsanwaltschaften sind, auch dort wurde und wird – aus, glaube ich, nachvollziehbaren Gründen – ausgeweitet.
Das dazu, weil das immer in die Debatte reingemischt wird – dann geben wir halt auch noch einmal die Antwort darauf.
Was Effizienzsteigerungen im öffentlichen Bereich betrifft: Dagegen verschließen wir uns nicht – weil das die NEOS-Fraktion immer einbringt –, ja, eh, aber jetzt ist es einmal so, dass wir überhaupt für die – wie das gerne genannt wird – Pensionierungswelle, die sich jetzt wirklich Jahr für Jahr höher aufbaut, Vorkehrungen treffen müssen. Da muss man ja die Leute rechtzeitig im Dienst haben, denn wie sollte andernfalls der Wissenstransfer stattfinden? Das geht nämlich nicht nur über Computer – so viel Verständnis muss man doch auch aufbringen.
Auf lange Sicht gibt es sicherlich Verwaltungsabläufe – da geht ja sehr wohl etwas weiter, Elektronischer Akt und so weiter und so fort –, bei denen die Digitalisierung etwas bringen wird, aber es gibt auch ganz viele andere Bereiche. Man kann keinen Computer in die Mariahilfer Straße schicken, um dort polizeiliche Dienste zu verüben. Also das zeigen Sie von der FPÖ mir einmal! Wie geht das? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich hätte auch noch einen gewissen Gefallen daran, dass in den Kindergärten und in den Schulen eher physische Lehrkräfte, echte Menschen sind als nur Computer.
Wir sehen also, und deshalb habe ich das eingangs so betont, es gibt ganz große Gruppen im Bereich des öffentlichen Dienstes, bei denen die Digitalisierung
zwar zur Arbeitserleichterung führen wird – hoffentlich das; sie macht ja im Übrigen auch manche Probleme –, aber wir werden die Menschen im öffentlichen Dienst nicht durchgehend ersetzen können. Ich weiß gar nicht, was das für ein Bild ist und ob das sinnvoll wäre.
Ich kann Ihnen nur sagen, jetzt einmal ist es richtig, dass wir schauen, dass wir attraktiv genug sind und genügend Leute in den öffentlichen Dienst bringen – dort, wo es etwas zum Rationalisieren gibt, gerne und in Zukunft, das wird aber nicht die Masse der öffentlich Bediensteten ersetzen.
Insofern geht es bei der Attraktivierung auch um das Gehalt, und jetzt sind wir abschließend dort: jawohl, 9,15 Prozent. Man kann über viel diskutieren, wenn es darum geht, was eine gescheite Gehaltsanpassung ist, aber es ist eben in Österreich das System – das haben wir da nicht aufgebrochen –, dass die sogenannte rollierende Inflation – nicht die gegenwärtige oder die prognostizierte, sondern die rollierende Inflation – übernommen wird, denn diese ist statistisch fassbar, weil sie halt die letzten Monate betrifft, also eigentlich immer ein Jahr. Das ist bei allen Gehaltsverhandlungen ähnlich, auch im Privaten, es wird ja versucht – genau aus diesem Grund –, diese zu Beginn der Verhandlungen außer Streit zu stellen. Und das haben wir natürlich relativ rasch und sehr korrekt mit den Gewerkschaften gelöst.
Wer genau schaut, sieht, es ist das erste Mal seit Langem, glaube ich, dass es zwei Kommastellen sind, 9,15 eben, weil wir den Durchschnitt von mehreren Wirtschaftsforschungsinstituten genommen haben, weil selbst die Inflation für eine vergangene Periode je nach Berechnung unterschiedlich, also nicht ganz gleich ist.
Wenn man das anders will, dann kann man das sagen. Das gilt aber dann für andere vielleicht auch, denn warum soll man das nur im öffentlichen Dienst ändern, und dann bekommt man aber ein anderes Problem: Wie gehen dann Gewerkschaften und Arbeitgeber bei Verhandlungen vor? Die müssten dann immer auf Basis von prognostizierten Inflationen verhandeln, und dann hätten
auf einmal die Wirtschaftsforschungsinstitute die Deutungsmacht, denn je nachdem, ob ein Institut – oder mehrere – prognostiziert, in ein, zwei Jahren ist die Inflation bei 7 Prozent oder auch nur bei 1 Prozent, würde das einen riesigen Unterschied ausmachen.
Als Ökonom juckt es einen ja, dass man auf ein bisschen flexiblere Systeme umstellt – das ist ja richtig, es gibt ja innovativere Ansätze für das; aber ob das so gelingt und wie dann Gewerkschaften und Arbeitgeber oder in unserem Fall Nationalrat und Regierung mit der GÖD verhandeln? Das schaue ich mir dann an, wie das gelingen soll.
Die 9,15 Prozent haben ja eine gewisse Logik, und im Übrigen waren sie im Budget eingepreist. Das ist im Übrigen Ihre Hoheit hier im Haus. Ich höre ja immer: Die Budgetpolitik ist eigentlich die Königsdisziplin des Nationalrats! – Ja, dann hätten Sie es vielleicht eh schon gesehen. Ob das verhandlungstaktisch immer gescheit ist, dass wir das Budget abschließen und nachher die Gehaltsverhandlungen fertig machen, darf ja hinterfragt werden. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)
So viel hätten Sie aber schon entdecken können, vor allem die Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, dass das dort eigentlich eh schon drinnen gestanden ist. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Insofern darf ich noch einmal auf die gewisse logische Herleitung dieses Ergebnisses verweisen. Ob und inwieweit dann differenziert wird zwischen denen, die weniger - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) – Aufregung bei der FPÖ (Abg. Belakowitsch: Na, das ist nicht wirklich aufregend ...!), bei den Hinteren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Na, die diskutieren die Reisekostenabrechnung zu den Taliban. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es ist ja noch nicht einmal die zu Putin öffentlich zugänglich (Abg. Michael Hammer: Jetzt werden sie auch plakatieren: Taliban statt Daham!), nicht einmal die Kremlreise ist öffentlich ausgewiesen. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.)
Jetzt aber zu dieser sehr sinnvollen Anregung der Differenzierung unten mehr, oben weniger (Abg. Kickl: Mit der Greta-Apologie!): Das haben wir in den vergangenen Jahren öfter gemacht. Wir müssen dann schon sehen, dass sich natürlich das gesamte Gehaltsschema komplett zu verschieben beginnt, wenn man das jedes Mal macht. Das ist im Übrigen ähnlich wie bei der Gehaltspyramide für die Politikergehälter – das werde ich jetzt nicht länger diskutieren –, da gibt es ja die gleiche Fragestellung, ob dann nicht irgendwann die an der Spitze von unten eingeholt werden.
Das ist eine Aufgabenstellung, die sich damals schon Rechnungshofpräsident Fiedler vorgenommen hat, die er auch mit Abgeordneten hier im Haus gelöst hat. Deshalb sollten wir auch die Gehaltspyramide für Politiker entweder komplett neu justieren oder es aber einmal dabei bleiben lassen, wie es jetzt gerade noch ist. Dass aber jedes Jahr sozusagen das gleiche Drahdiwaberl stattfindet, wer als Erster eine Nulllohnrunde erfindet, aus der man dann sehr schwer rauskommt: Das könnt ihr als Abgeordnete euch auch überlegen, hätte ich mir einmal gedacht. Wie gesagt, dazu kann man sich aber ja noch einmal mit der Pyramide auseinandersetzen.
Im öffentlichen Dienst gibt es das gleiche Problem, deshalb wird es auch Bemühungen für eine grundsätzliche Besoldungsreform geben, bei der dieses Schema dann hingehört, und in der Folge wird es auch Dienstrechtsnovellen geben. Weil das angesprochen wurde: Es wird Dienstrechtsnovellen geben, selbstverständlich. Es hat schon viele gegeben, um Gottes willen, ob die dann immer genau im Frühjahr und im Herbst sind – die österreichische Bundesverfassung sieht keine Frühjahrsdienstrechtsnovelle und keine Herbstdienstrechtsnovelle vor, sondern der Einfachgesetzgeber geht her und macht in seinem Wirkungsbereich entsprechende Novellen zu einem ganzen Wust an Gesetzen, die da immer davon betroffen sind.
Das haben wir ja immer wieder gemacht. Ich verweise nur darauf, dass die letzte größere Dienstrechtsnovelle unter dem Namen Attraktivierungspaket gelaufen ist, und zwar zu Recht, weil sehr viele Attraktivierungen drinnen
waren. Und ja, es gibt immer etwas zum Nachjustieren, da stimme ich Abgeordnetem Drobits und Abgeordnetem Lausch zu – wir diskutieren im Ausschuss ja immer sehr konstruktiv; das letzte Mal habe ich Abgeordneten Lausch sogar vermisst –, sodass wir dann schon weiterkommen werden, das ist völlig logisch. Tun wir aber doch nicht so, als ob der Mandlkalender vorgibt, wann der Nationalrat irgendwelche Novellen machen soll oder nicht! Das kann es ja nicht sein. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
Es wird auch weiterhin Dienstrechts-Novellen geben, keine Sorge.
Als Allerletztes die Debatte zur Teuerung, weil es bei dem Thema nie ausbleibt – ich hätte fast noch mehr erwartet –: Ja, das kann man hundertmal diskutieren. Ich möchte nur darauf verweisen, was der Ansatz der Bundesregierung war, bei dem es eine Ergebnisliste gibt – auch von europäischen Wirtschaftsforschungsinstituten gemacht –: Wenn Sie sich die inflationsbereinigte Entwicklung der Nettogehälter – also alles zusammen, Inflation und Netto – und die, die es mehr brauchen, die untere Einkommenshälfte, anschauen, dann würden Sie – wenn Sie willens wären, das einmal anzuerkennen – feststellen, dass Österreich im Spitzenfeld liegt (Abg. Wurm: Traumtänzer!), was diesen Ausweis betrifft.
Warum? – Darum geht es zum Schluss, darum ist das wichtig: Wenn wir schon von Bürgerinnen und Bürgern reden, geht es ja darum, was die sich mit ihrem Geld kaufen können, und nicht um irgendwelche statistischen Zahlen. Da sind wir vorne dabei. (Abg. Belakowitsch: Ja, Sie schon!) Das wird halt weiter ein Diskurs bleiben, und für den bedanke ich mich hier. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
11.24
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.
11.24
Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Zuallererst möchte ich gerne die Vertreter des Wirtschaftsbundes Burgenland im Namen unseres Generalsekretärs Kurt Egger herzlich willkommen heißen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Herr Vizekanzler, Sie haben es vorhin, glaube ich, sehr gut angesprochen, nämlich dass es bei den Politikergehältern immer wieder dieselbe Situation gibt. Fast jedes Jahr gibt es einen guten Grund, um die Gehaltsanpassungen für Politikerinnen und Politiker entweder ganz oder zur Hälfte auszusetzen, und das ist insofern auch immer gerechtfertigt. (Abg. Hafenecker: Und im Innenministerium ...!)
Einen Punkt sollten wir uns wirklich einmal näher anschauen: Wie schaut das System aus, nach dem Politikerinnen und Politiker entlohnt werden? – Wir haben uns 1997 eine sogenannte Bezügepyramide gegeben. Das Gehalt eines Politikers – für die Zuseherinnen und Zuseher – war dem Höchstgehalt eines Beamten im öffentlichen Dienst, eines Sektionschefs, angepasst. (Abg. Hafenecker: Du bist beides!) So hat ein Nationalrat genau das Gleiche wie ein Sektionschef verdient (Abg. Kickl: Sind Sie beides?) und ein Minister hat genau das Doppelte verdient. Das war sozusagen das System. Das kann man jetzt so oder so sehen, ob das System gut oder schlecht ist, wir haben es uns 1997 so gegeben – wir alle hier wahrscheinlich nicht, denn wahrscheinlich gibt es kaum mehr einen Abgeordneten, der 1997 schon hier herinnen war.
Heute hat sich das System halt komplett verändert. Während in der Privatwirtschaft der Tariflohnindex seit 1997 um über 90 Prozent gestiegen ist, ist das Gehalt eines Ministers in dieser Zeit um 31 Prozent gestiegen (Abg. Scherak: Aber warum schlagt ihr es dann vor?); während der Sektionschef sein
Gehalt seitdem um über 80 Prozent erhöht hat, ist der Minister bei 31 Prozent und ein Nationalratsabgeordneter bei 40 Prozent stehen geblieben.
Das heißt, was jetzt passiert ist, ist, dass diese Bezügepyramide vollkommen durcheinandergekommen ist. Sie passt nicht mehr mit dem System zusammen. Früher wollte man, dass der Minister ungefähr das Doppelte wie die höchstverdienenden Beamten verdient, und heute verdient er gerade einmal 39,4 Prozent mehr als die höchsten Beamten. Das müssen sich, glaube ich, alle Politiker fragen, ob sie dieses System weiterhin so aufrechterhalten wollen. Ich sage, es ist heute jedenfalls nicht mehr durchdacht. (Abg. Kickl: Kommt jetzt eine Reform?! – Abg. Belakowitsch: Na, aber warum ändert ihr dann nicht ...?!)
Daher kann es aber auch nicht so gehen (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), wie es uns die FPÖ eigentlich gerade vormachen möchte (Abg. Stöger: Aber warum tut ihr es dann?): Es kann sich der FPÖ-Obmann gegenüber seinen Landesparteien mit seiner Vorstellung nicht durchsetzen, dass alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, alle Landeshauptleute, auch der Landeshauptfraustellvertreter und die Landeshauptmannstellvertreterin von seiner Partei auch nur eine Nulllohnrunde bekommen. Da kann er sich nicht durchsetzen. Was macht er? – Er will mit Verbot arbeiten, mit einer Verfassungsänderung. Er möchte es gerne in der Verfassung, dass nicht mehr Gemeinden und Länder allein entscheiden, sondern dass er entscheidet. (Abg. Kickl: Na, na, das Parlament, das Parlament! – Abg. Strasser: Volkskanzler! – Abg. Michael Hammer: Ein Schlimmer!)
Er macht das jetzt genauso bei seinen eigenen Mitarbeitern (Abg. Kickl: Du redest nicht mit dem Sobotka!), dass man nämlich, wenn man ins Ausland fahren will, zuerst die Genehmigung von Parteiobmann Kickl braucht. (Abg. Strasser – in Richtung FPÖ –: Er entscheidet, oder? Er entscheidet!) Das ist es, wo er die Leute hinhaben will: Wenn es nicht nach seiner Rute, nach seiner Art geht, dann müsst ihr antreten. Es ist so. Ein Gaulleiter lässt nur mehr die Pferde allein galoppieren,
aber die Menschen werden eingesperrt. (Buh-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das wollen wir nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
11.28
Präsidentin Doris Bures: Für den Ausdruck Gauleiter erteile ich Ihnen (Rufe bei der ÖVP: Gaul! Ein Gaul! Gaulleiter!) einen Ordnungsruf, Herr Abgeordneter Gerstl. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Dann werde ich mir das im Protokoll ansehen, ob das so war.
Im Übrigen ist selbst das eine Form der Diffamierung, die wir hier im Hohen Haus nicht verwenden sollten (Abg. Wurm: Ja, eben! Doppelter Ordnungsruf!), es ist auch für die Diskussion nicht hilfreich. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Rufe bei der FPÖ: ... Verfassungsschutz ermitteln! Ein Fall für den Verfassungsschutz!)
*****
Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verstehe schon, dass man nervös ist, werte Kollegen von der Österreichischen Volkspartei (Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn man, obwohl man nichts zusammenbringt (Oh-Rufe bei der ÖVP), hier seine eigene Gehaltserhöhung argumentieren muss, während zu Hause doch Hunderttausende vor den Fernsehbildschirmen sitzen und dabei nur noch den Kopf schütteln.
Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause, damit Sie wirklich wissen, worum es geht: Wir reden hier auf der einen Seite von einer Nulllohnrunde für die Spitze dieser Bundesregierung. Damit Sie auch ein bisschen ein Gefühl für die Zahlen bekommen: Da gehört zum Beispiel auch Präsident Sobotka mit 20 025 Euro im Monat dazu. Und wenn man über solche Gehälter diskutiert: Sie zu Hause wissen auch, was herauskommt – wie letztes Jahr –, wenn man
komplett den Bezug zur Realität verliert: Dann gibt es plötzlich goldene Klaviere, goldene Flügel; mittlerweile gibt es das Klavier des Herrn Sobotka ja nicht mehr. (Ruf bei der ÖVP: Was verdienst du denn?)
Ich weiß nicht, ob die Fernsehkameras vielleicht da (in Richtung eines Bildschirmes an der Wand hinter ihm weisend) hinaufschwenken können oder Journalisten das veröffentlichen können (Zwischenrufe bei der ÖVP): Seit es kein goldenes Klavier mehr gibt, gibt es hier Fernsehbildschirme – übergroße Fernsehschirme –, die für den Plenarsaal angekauft wurden, auf denen man dann die Holzwand, die sich hinter dem Bildschirm befindet, abbildet. (Abg. Pfurtscheller: Sonst hast kein Problem, oder?!) Das sind die Schildbürgerstreiche, die einem mit 20 000 Euro Gehalt anscheinend einfallen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Künsberg Sarre und Shetty.)
Da reden wir dann auch über Gehälter wie zum Beispiel jenes von Bundeskanzler Karl Nehammer. Ja, sehr geehrte Damen und Herren, das ist jener Bundeskanzler, der Sie die letzten Jahre knechten wollte und von dem nur ein Burgervideo übrig bleibt, wenn man es so zusammenfasst. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dann gibt es weitere Regierungsmitglieder wie zum Beispiel den Herrn Vizekanzler neben mir mit 20 979 Euro, der auch Sportminister ist. (Abg. Pfurtscheller: Ihr könnts nichts als Neiddebatten führen, das ist euer Fehler!) Für die zu Hause, die es nicht glauben können: Ja, Vizekanzler Werner Kogler ist auch Sportminister. Für diese über 20 000 - - (Abg. Voglauer: Was soll das? Letztklassig! – Zwischenruf des Abg. Schwarz.) – Weil Sie die Zwischenrufe der Grünen, was das soll, vielleicht nicht hören: Irgendein Vorredner hat gerade von Vorbildfunktion gesprochen, sehr geehrte Damen und Herren; da darf man ja wohl auch darauf hinweisen, dass Herr Vizekanzler Kogler –selbst wenn man es nicht glauben kann – Sportminister in dieser Republik ist. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Letztklassig! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)
Und für diese über 20 000 Euro, sehr geehrte Damen und Herren, verordnet sich diese Bundesregierung jetzt eine Nulllohnrunde. Sie glaubt, man kann
sich dafür abfeiern lassen und bekommt dafür Applaus von der österreichischen Bevölkerung, übersieht aber, dass die Menschen draußen, die unter der Teuerung leiden, längst einen Schritt weiter sind. Über 70 Prozent – über 70 Prozent der Bevölkerung! – wollen Sie gar nicht mehr in dieser Bundesregierung haben. 70 Prozent stehen nicht mehr hinter dieser Bundesregierung. (Abg. Stögmüller: 50 Prozent wollen die FPÖ auch nicht ... in der Bundesregierung!)
Sehr geehrte Damen und Herren, 70 Prozent der Bürger der Republik Österreich (Ruf bei der ÖVP: Sind gegen die FPÖ!) wollen nicht darüber diskutieren, ob es für Sie eine Nulllohnrunde oder eine Gehaltserhöhung gibt, die würden Ihnen gar kein Gehalt mehr bezahlen. Das Einzige, was Sie schützt, ist, dass Sie vor Neuwahlen davonlaufen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist das Volksempfinden, das Empfinden der Volksseele, das draußen längst vorherrscht. Man will Ihnen gar nichts mehr bezahlen, da geht es nicht um eine Gehaltserhöhung oder eine Nulllohnrunde. (Abg. Rössler: Was hat das mit dem Thema zu tun? – Abg. Michael Hammer: Schau nach Graz, wo ihr euch die Säcke vollstopft!) Weil Sie aber den Hals nicht vollbekommen, bleiben Sie in Ihren Regierungsämtern sitzen, sowohl jene von der ÖVP-Fraktion als auch die Minister von den Grünen, der Vizekanzler und so weiter (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen), und gleichzeitig verordnet man sich, weil man den Hals nicht vollbekommt, eine 5-prozentige Gehaltserhöhung – das hört sich im ersten Moment nicht so viel an – für alle Abgeordneten. (Abg. Voglauer: Die Svazek stört das nicht! – Abg. Disoski: Red mit deiner Parteikollegin! – Ruf bei den Grünen: Ihr kriegt den Hals nicht voll! Was ist in Salzburg?! – Rufe bei der ÖVP: Was ist in Salzburg?! – Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)
Und genau das ist das Problem, sehr geehrte Damen und Herren: die Verhältnismäßigkeit. Sie glauben, Sie können den Menschen draußen einreden, dass 5 Prozent Gehaltserhöhung, wie Sie es sich bei 9 000 Euro Gehalt verordnen, dasselbe sind, wie wenn einer in der Bevölkerung 5 Prozent
Gehaltserhöhung kriegt. (Abg. Disoski: Was ist in Salzburg?!) Da reden wir aber nicht von 500 Euro.
Das ist die Schieflage, die es in dieser Republik gibt. Das ist auch der Grund, warum wir Freiheitliche sagen (Abg. Michael Hammer: Welche Freiheitlichen? Welche?): Zeigen wir uns solidarisch, während die Menschen draußen unter der Teuerung leiden, und sagen wir auch, es braucht eine Nulllohnrunde für die Abgeordneten in diesem Haus (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), weil 500 Euro auf 9 000 Euro obendrauf während einer Teuerungswelle einfach nur noch verrückt ist, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Na, bitte! Lächerlich!)
Lassen Sie mich noch einen Satz dazu sagen, denn es ist nicht genug mit der Gehaltserhöhung (Abg. Holzleitner: Zum Glück gibt es bei Ihnen in Niederösterreich die volle Erhöhung! – Zwischenruf der Abg. Disoski – Ruf bei den Grünen: Das reicht jetzt mit Ihrer Redezeit! – weitere Zwischenrufe bei den Grünen) und dass Sie hier heraußen um Wertschätzung für sich selbst bitten: Sehr geehrte Damen und Herren, Sie müssten ja eigentlich selbst einmal auf die Idee kommen, sich zu fragen, wie weit sie es mit Ihrer Leistung gebracht haben, wenn Sie hier von diesem Rednerpult aus die Bevölkerung um Wertschätzung bitten müssen, weil Sie sie nicht mehr automatisch bekommen. (Ruf bei den Grünen: Ihr seid so peinlich!)
Dann versuchen Sie auch noch etwas Zweites: Sie versuchen den Menschen einzureden – sowohl die Sozialdemokraten als auch die Österreichische Volkspartei und die Grünen –: Dort, in den Bundesländern, in denen die Freiheitlichen mitregieren, gibt es auch Gehaltserhöhungen! (Abg. Holzleitner: So wie in Niederösterreich! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist vollkommen richtig, aber die Menschen draußen haben längst durchschaut, warum das so ist (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen): weil wir bei den Landtagswahlen erst den ersten Schritt gehen konnten. (Ruf bei den Grünen: ... 1,8 Millionen bei euch in der Steiermark irgendwo verschwunden!) Das heißt: Ja, wir sind Teil einer Regierung, aber als Juniorpartner. (Abg.
Voglauer: ... holt euch die Gehaltserhöhung direkt aus der Parteikassa! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Ja, die Arme! Die arme Marlene! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube nicht, dass man dem „Standard“ vorwirft, dass er ein freiheitliches Blatt oder Ähnliches wäre, aber „Der Standard“ bringt es relativ gut auf den Punkt: Er schreibt darüber, dass es auch in Niederösterreich eine Gehaltserhöhung für Politiker gibt. (Abg. Holzleitner: Ich frage mich, wie viel Geld eigentlich der Kollege Schnedlitz hat!) Und Sie müssen gar nicht weiter als in die Unterüberschrift des Artikels hineinlesen: Die ÖVP will die Gehaltserhöhung, die „FPÖ wollte eine Nulllohnrunde“ in Niederösterreich, „konnte sich aber nicht durchsetzen“. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP sowie Zwischenrufe bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)
Da geht es nicht darum, sehr geehrte Damen und Herren, ob sich Klubobmann Kickl durchsetzen kann, es geht darum, dass man, damit es zu keiner Gehaltserhöhung kommt, eine Mehrheit herstellen muss – in den Landtagen wie auch hier herinnen. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Man muss auch in den Landtagen eine Mehrheit herstellen (Abg. Michael Hammer: Habts eh den Herrn Teufel dort, der soll es machen!), aber leider Gottes ist das mit dieser Österreichischen Volkspartei, was Nulllohnrunden für Abgeordnete betrifft, auch in den Landtagen nicht möglich.
Genau deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, vor allem zu Hause, ist es so wichtig, dass die Freiheitliche Partei auf Bundesebene den ersten Platz stellt, weil es eben immer ein Unterschied ist, ob man der Juniorpartner oder ob man der Seniorpartner ist. (Rufe bei der ÖVP: Oh! Ja, ja!) Und genau deshalb ist es wichtig, dass wir hier in diesem Land wieder die Führung übernehmen. Ich verspreche Ihnen, wir werden Sie dann nicht um Wertschätzung bitten, wir werden sie uns erarbeiten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)
Dann, sehr geehrte Damen und Herren, wird auch mit den Schildbürgerstreichen Schluss sein (Abg. Michael Hammer: Da musst beim Chef antreten für die schlechte Rede!), egal ob es ein goldenes Klavier ist oder ob es Fernsehbildschirme sind, die den Hintergrund des Bildschirmes abbilden. (Ruf bei der ÖVP: Der Wand, der Wand!) Dann wird auch mit der Gehaltsdiskussion in den Landtagen Schluss sein, ja, weil es wichtig ist, die Verantwortung so zu tragen, gerade während einer Teuerungskrise, dass es diese Diskussionen gar nicht gibt, sondern dass wir Politiker, egal ob im Nationalrat oder in den Landtagen, uns während der Teuerung mit der österreichischen Bevölkerung solidarisch zeigen. (Abg. Disoski: Ja, genau! – Abg. Holzleitner: Mit Nebeneinkünften von 8 000 bis 12 000 Euro, Herr Kollege, laut Transparenzliste!)
Und dann, sehr geehrte Damen und Herren, wird die Wertschätzung auch wieder dort ankommen, wo sie hingehört, und das ist nicht beim Who’s who des politischen Versagens (Abg. Disoski: Na, das seid schon ihr!), egal ob im schwarzen Sektor, im grünen Sektor, im roten Sektor, wo man sich dann trotzdem eine Gehaltserhöhung gibt.
Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause, dann wird die Wertschätzung wieder bei Ihnen ankommen, dort, wo sie schlussendlich auch hingehört. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen. – Abg. Michael Hammer: Da gibt’s Prügel vom Chef für die schlechte Rede! – Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP, Grünen und FPÖ.)
11.37
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Kollege Schnedlitz, darf ich Ihnen am Anfang vielleicht etwas ausrichten? – Bodyshaming ist absolut letztklassig, hier und überall sonst auch. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Kickl: Was war
denn da bitte ein Bodyshaming? Das haben ja Sie jetzt gemacht! Herr Leichtfried, Sie haben das in Ihrer Interpretation gemacht! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Herr Kickl ist nervös, geschätzte Damen und Herren, das merkt man. Das ist ein gutes Beispiel für die Art und Weise, wie die FPÖ Politik macht. Ich möchte anhand dieser Debatte zeigen, wie FPÖ-Politik funktioniert.
Es gibt einen Antrag der FPÖ zur Änderung der Bundesverfassung. Die Bundesverfassung soll geändert werden, weil sich Herr Kickl in der eigenen Partei nicht durchsetzt. So sollen wir hier beschließen, dass es in allen Landesregierungen in Österreich keine Gehaltserhöhungen gibt. (Ruf bei der FPÖ: ... euer Problem! – Abg. Belakowitsch: Müsste euer Hacker auch verzichten ...!) Das ist de facto die Entmündigung der Landtage. Ich frage mich, ob wir das hier tun sollen. Ich sage, das sollen wir hier nicht tun! (Abg. Kickl: Warum nicht? – Abg. Michael Hammer: Ah, er will die Landtage abschaffen, sehr gut! ...! – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)
Die Frage ist aber: Welcher moralische Aspekt steckt hinter dieser Politik? Und jetzt möchte ich Sie etwas fragen, Herr Kickl. Sie kennen wahrscheinlich Herrn Landbauer, FPÖ-Politiker, Regierungsmitglied (Ruf bei den Grünen: Sänger!), fette Gehaltserhöhung. Sie kennen Herrn Haimbuchner (Abg. Kickl – erheitert –: Das ist ja das Beste, das Kärntner Modell, das Kaiser-Modell!), FPÖ-Mitglied, Regierungsmitglied, fette, fette Gehaltserhöhung. Sie kennen Frau Svazek, FPÖ-Mitglied, Regierungsmitglied, fette Gehaltserhöhung. (Zwischenruf bei der FPÖ. Abg. Michael Hammer: Die ist im Übrigen ohne zu fragen nach Amerika geflogen!) Das ist FPÖ-Politik: In der Opposition das Blaue vom Himmel versprechen und in der Regierung den Hals nicht vollbekommen. Das ist FPÖ-Politik! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Gerstl. – Abg. Hafenecker: Hat der Herr Dornauer verzichtet?)
Ich möchte aber auch die Gelegenheit nützen, zu sagen – Sie haben es angesprochen, Herr Vizekanzler –: Die Teuerung ist natürlich für alle herausfordernd, es gibt aber eine Institution, die ihre Mitglieder in dieser Phase herausragend vertritt, nämlich die Gewerkschaft (Abg. Belakowitsch: Was sagen die zum Herrn
Gusenbauer?), die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die wirklich gute, gute Lohnabschlüsse bei den Metallern, bei den Bäckern, im Reinigungsgewerbe und so weiter und so fort aushandeln konnten.
Ich möchte eines sagen: Es kann doch nicht sein, dass das nicht auch bei den Handelsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern möglich ist. (Beifall bei der SPÖ.) Die SPÖ steht auf jeden Fall hinter den Mitarbeiter:innen im Handel. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Martin Graf: Ich weiß nicht, warum er abgehalftert wurde!)
11.40
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Spoštovana Visoka Hiša! (Rufe bei der FPÖ: Was?!) Wir reden zur Dienstrechts-Novelle, und anscheinend hat das mein Herr Vorredner, Herr Schnedlitz, irgendwie mit dem Sportbericht, der danach folgt, verwechselt. Da hätte nämlich Ihre Geschichte gut hineingepasst: Ihre Sporttaschen, die Sie dauernd mit Geld füllen, wenn Sie sich bei Ihren Parteikassen bedienen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Oh-Rufe bei der FPÖ.)
Sie füllen Sporttaschen, bereichern sich selbst – das könnte man nämlich durchaus feststellen, wenn man Gutachten zur FPÖ Steiermark liest; gestern konnte man sich darüber gut informieren – und man merkt, dass Sie sich nicht hier herausstellen und darüber reden können, was es heißt, gute Politik zu machen; Herr Schnedlitz, schon gar nicht Sie, der Sie in der Einkommenskategorie 4 sind, das bedeutet, dass Sie Nebeneinkünfte von bis zu 12 000 Euro haben. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Sie stehen hier heraußen und wollen uns erklären, was die kleine Frau und der kleine Mann brauchen. (Rufe bei Grünen und
ÖVP: Ui, ui, ui! – Abg. Michael Hammer: Der kleine Mann!) Ich finde das wirklich letztklassig. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)
Reden wir über den Job von Politikerinnen und Politikern. Reden wir darüber, was Verantwortung heißt, reden wir darüber, was Wertschätzung heißt, was wertschätzende Politik ist. Wertschätzende Politik ist nicht, wenn man sich als FPÖ-Abgeordneter in Landtagen hinstellt und andere Landesrätinnen „herprügeln“ will. Das ist keine wertschätzende Politik! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Abg. Amesbauer: Mimimi!)
Es ist keine wertschätzende Politik, wenn man seine Messer und seine Scheren bei Parteiveranstaltungen schleifen lässt. All das ist nicht wertschätzend. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.) Es ist schon gar nicht wertschätzend den nächsten Generationen gegenüber, wenn man sich bei den Taliban Informationen und sogar vielleicht noch einen Rat holt, wie man Politik in Österreich gestalten soll. Das ist keine wertschätzende Politik! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
Wertschätzende Politik, meine Damen und Herren, ist es, wenn man sich damit beschäftigt, wie unsere Zukunft ausschauen soll, wie Rahmenbedingungen verhandelt werden sollen. Das ist unsere Aufgabe. Sich mit den Rahmenbedingungen zu beschäftigen, heißt auch, jeden Tag Verantwortung zu tragen und das Amt einer Politikerin auch mit Demut zu erfüllen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Ganz viele hier im Raum von den anderen Fraktionen tun das. Für diese Personen setzen wir uns ein, und deshalb sind auch Gehaltserhöhungen für Politikerinnen und Politiker etwas Normales, wenn man sein Amt so ausübt, nämlich in Demut und in Achtung und Wertschätzung der Bevölkerung. (Abg. Belakowitsch: Sie sind demütig?!) Sie tun das nicht, und Sie beweisen das jeden Tag aufs Neue. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)
11.43
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Klubobmann Herbert Kickl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Strasser: Jetzt kommt die Schnedlitz-Verteidigungsrede! Jetzt muss der Papa heraus!)
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler, der verlängerte Arm der Ökofundamentalisten und der Klimaterroristen auf der Regierungsbank! (Widerspruch bei Grünen, ÖVP und SPÖ.) Hohes Haus!
Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, ich fordere Sie jetzt gleich zu Beginn Ihrer Rede, nach dem ersten Satz, zur Mäßigung auf und erteile Ihnen jetzt wieder das Wort. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steinacker: Und einen Ordnungsruf!)
Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Ich stelle fest, dass es immer schwieriger wird, in diesem Haus noch die Wahrheit zu sagen. (Zwischenrufe: Geh bitte! Sag einmal der Svazek die Wahrheit!) Nichts anderes habe ich zum Ausdruck gebracht, und Sie werden mich auch nicht davon abbringen. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)
Ich komme gleich zu den Politikergehältern. Da ist ja heute wieder allerhand Blödsinn verzapft worden, insbesondere vom Sektor der moralisch-politischen Verwahrlosung, vom Sektor der Österreichischen Volkspartei. Ich werde dann gleich darauf eingehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich aber zunächst etwas anderes feststellen, denn ich finde es sehr, sehr auffällig und interessant, wenn ich da in diese Reihen blicke, in den schwarzen Sektor, in den rosaroten Sektor, zu den Grünen und zur sozialistischen Partei. Wissen Sie, ich habe gestern gelesen, und ich glaube, viele Leute in Österreich haben das auch gelesen, dass wir jetzt gerade, jetzt aktuell die größte Coronawelle haben, die es jemals in Österreich gegeben hat. (Ruf bei der ÖVP: Gibt es die Krankheit überhaupt noch?!) Das geht aus Abwassermessungen hervor. (Abg. Leichtfried: ... wieder Entwurmungsmittel austeilen?!)
Nie war diese Infektionszahl, die festgestellt wurde, größer als jetzt; und jetzt frage ich mich schon, meine Damen und Herren: Was ist denn da los, Kollege Wöginger? (Abg. Disoski: Kommt jetzt das Entwurmungsmittel ...?!) Was ist denn da los, Frau Maurer? Was ist denn da los, Herr Klubobmann Kucher? Keine Masken! (Abg. Berlakovich: Weil wir geimpft sind! – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Keine Masken, keine Babyelefanten, keine gelockerte Sitzordnung, keine Plexiglaskonstruktionen! (Anhaltende Zwischenrufe bei Grünen, ÖVP und SPÖ.) Draußen vor der Tür keine Lockdowns, keine Massentestungen von Symptomlosen, keine Maskerade, keine Zwangsimpfung und so weiter und so weiter. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steinacker: Zur Sache!) Was ist denn da los? Was ist denn da los?
Sie sitzen alle da, die Coronahysteriker aus den letzten Jahren, als ob nichts wäre! (Ruf bei der SPÖ: Wir sind geimpft, Herr Kickl!) Haben Sie keine Angst, muss ich Sie fragen? Haben Sie diesmal keine Angst? Denn eines steht fest: Die Rahmenbedingungen sind jetzt genau die gleichen (Rufe bei der ÖVP: Nein! Immunisierung!), wir haben es immer noch mit diesem Virus zu tun, das Sie vor zwei Jahren dazu gebracht hat, dieses Land in einen Ausnahmezustand zu führen und die eigene Bevölkerung einzusperren, zu traktieren und psychoterroristisch zu bearbeiten! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Das ist schon psychisch!)
Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Kickl, wir sind bei den Tagesordnungspunkten Dienstrechts-Novelle und Bundesbezügegesetz, und ich ersuche Sie, zur Sache zu sprechen.
Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Ich spreche zur Sache. Ich bin bei der Begründung, warum das jetzt so ist und warum es damals anders war: Der einzige Grund, warum das jetzt anders ist, ist eine starke Freiheitliche Partei (Beifall bei der FPÖ – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), die Ihnen im Schulterschluss mit der österreichischen Bevölkerung das Handwerk gelegt hat und die in dieser Sache genau das Gleiche wieder tun würde. (Abg. Michael Hammer: Das
ist eine Diagnose, bist du narrisch!) Wir haben recht behalten, und Sie haben unrecht behalten. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)
Das ist der Punkt. Und jetzt legen wir dieses Modell einfach auf andere Bereiche um. Wir haben bei Corona recht behalten, Sie haben unrecht. Wir haben recht, wenn wir sagen, dass es unanständig und unhaltbar ist, wenn Nationalratspräsident Sobotka, der sage und schreibe 14 Mal im Jahr 20 000 Euro verdient (Abg. Michael Hammer: So wie der Herr Schnedlitz! Der Herr Hofer kriegt auch das Gleiche!), sich dort oben festklebt; Sie haben unrecht, wenn Sie ihm den Rücken stärken. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben recht, wenn wir sagen, dass es in Zeiten der Teuerungswelle, die von Ihnen herbeigeführt wurde, von Ihrer verantwortungslosen Politik, Stichwort Russlandsanktionen, Stichwort Ökokommunismus, den Sie über das Land ausrollen (Abg. Michael Hammer: Holt ihn herein, der ist ja krank!), dass es - -
Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Kickl, ich mache Sie noch einmal darauf aufmerksam: Wir sind bei Tagesordnungspunkt 1, Dienstrechts-Novelle, und Tagesordnungspunkt 2, Bundesbezügegesetz, daher erteile ich Ihnen jetzt einen Ruf zur Sache und ersuche Sie, zu diesen beiden Punkten zu sprechen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)
*****
Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): - - vor diesem Hintergrund angebracht ist, eine Nulllohnrunde für die Spitzenpolitiker, und zwar nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf Landesebene, umzusetzen. Auch da haben wir recht und Sie haben unrecht! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Genau, dann haben sie dich ausgepfiffen, die Eigenen!)
Genau deshalb habe ich im August – als Erster im Übrigen, da haben Sie alle noch geschlafen – eine Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker gefordert. (Abg.
Disoski: Erzählen Sie das der Frau Svazek! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Dann sind Sie munter geworden und haben gesagt: Das können wir nicht der Freiheitlichen Partei alleine überlassen! Auf Druck haben Sie dann reagiert, dann hat sich Herr Nehammer bewegt. Von selber wäre da gar nichts gekommen. Das kennen wir von der ÖVP, das ist die Partei, die alles kopiert, aber nichts kapiert.
Auf jeden Fall hat er dann die Initiative ergriffen und gesagt: Wir brauchen eine Nulllohnrunde, aber nur auf Bundesebene! – Das heißt: für ungefähr 30 Personen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Wo wir laut Modell der Regierung nicht hingreifen, das sind die Länder, und Länder bedeutet nichts anderes als sechsmal schwarze Landeshauptleute und dreimal rote Landeshauptleute. Länder bedeutet nichts anderes als sechsmal ÖVP als Mehrheitspartei und dreimal SPÖ als Mehrheitspartei. Dort will er nicht hingreifen. Deshalb haben ich und die Freiheitliche Partei gesagt: Das kann es ja bitte nicht sein! (Abg. Haubner: Schrei nicht so!) Das muss ja für alle gelten, auch in den Ländern! (Abg. Disoski: Ja, was ist in Ihren eigenen? Haben Sie Ihre Leute nicht im Griff, Herr Kickl?) Die Gehälter, von denen wir reden, die haben ja die gleiche Höhe wie die Gehälter auf Bundesebene, die Sie jetzt nicht erhöhen wollen.
Es sind die gleichen Summen Steuergeld, die in den Ländern wie im Bund ausgezahlt werden, die Gehälter sind dort also gleich hoch: 15 000 Euro im Monat, 14-mal im Jahr, und das Ganze in den Ländern noch für einen kleineren Verantwortungsbereich, als das auf Bundesebene der Fall ist. Deswegen ist es ja nur logisch, diese Nulllohnrunde auch auf diesen Bereich auszuweiten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Da wird der Haimbuchner klatschen daheim!)
Damit Sie es verstehen: Der Herr Vizekanzler hier verdient ungefähr 21 000 Euro 14-mal im Jahr. (Abg. Holzleitner: Was verdient denn der Haimbuchner?) Der erste Nationalratspräsident verdient ungefähr 20 000 Euro 14-mal im Jahr. (Abg. Steinacker: Das ist nicht der erste, das ist der Präsident! – Abg. Stögmüller: Wie viel verdient denn der Herr Klubobmann? Wie viel verdient der Herr Klubobmann
Kickl?) Ein Minister verdient ungefähr 19 000 Euro 14-mal im Jahr. Sie alle bekommen keine Gehaltserhöhung, und das ist gut so, das unterstützen wir. (Abg. Stögmüller: Was verdienen denn Sie? Was verdient Herr Hofer?)
Warum aber bekommt ein Landeshauptmann, der auch 19 000 Euro im Monat verdient, eine Gehaltserhöhung? (Abg. Kollross: Weil es die FPÖ beschlossen hat! Darum kriegen die das!) Das ist nicht logisch und das ist auch nicht zu Ende gedacht. Deswegen wehren wir uns dagegen. (Beifall bei der FPÖ.)
Oder ein anderes Beispiel: Ein Staatssekretär verdient etwa 17 100 Euro 14-mal im Jahr. Für ihn gilt eine Nulllohnrunde, aber für Landesräte, die 17 000 Euro im Monat verdienen – und es gibt ganz, ganz viele Landesräte in den einzelnen Bundesländern –, gibt es keine Nulllohnrunde, auch nicht für Landeshauptmannstellvertreter, die 18 000 Euro im Monat verdienen, das Ganze 14-mal im Jahr. (Abg. Kollross: Landbauer! – Abg. Disoski: Gilt das für blaue Landespolitiker auch?) Das ist nicht logisch und das ist nicht zu Ende gedacht. (Zwischenruf der Abg. Tomaselli. – Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Idiotie!)
Jetzt stellt sich die Frage: Bitte schön, warum gibt es keine Nulllohnrunde für die Spitzenpolitiker in den Ländern? Das ist doch die Frage. (Abg. Kollross: Wegen der FPÖ!) Die Antwort ist ganz einfach: Weil schwarze und rote Landeshauptleute – und andere gibt es nicht in dieser Republik – das nicht wollen (Abg. Stögmüller: Svazek! Landbauer! Stadträte in Wien! Die hackeln nicht einmal was in Wien! – weitere Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP), deshalb gibt es das nicht. Das ist der einzige Grund dafür. (Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt eine Ausnahme, das ist das Burgenland mit einem gewissen Herrn Doskozil, aber das ist ja derjenige, den die Sozialdemokratie gerade verräumt hat, weil er in ihren Reihen keine Bedeutung mehr haben soll.
Ich habe heute in der Debatte auch gehört: Ja, das ist ein Wahnsinn, Kickl setzt sich in der eigenen Partei nicht durch! – Das ist jetzt die übliche Tatsachenverdreherei, wie wir sie von der ÖVP kennen. Wenn die Schwarzen etwas sagen, muss man immer das Gegenteil nehmen, dann passt es. Richtig ist ganz etwas anderes: Ihr Herr Nehammer setzt sich nicht durch, weil ihm nämlich sechs seiner Landeshauptleute, allesamt Schwarze, mit seiner Nulllohnrunde etwas pfeifen und auf ihre Gehaltserhöhung bestehen und das in den Landesregierungen durchsetzen. Das ist die Wirklichkeit! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Steinacker: Ja, wir sind noch immer für Föderalismus!) Der Parteiobmann setzt sich bei den Landeshauptleuten nicht durch, die ihn am Parteitag zu 100 Prozent gewählt haben. Was ist denn das für ein Bundeskanzler?! – Deswegen haben wir diese Erhöhung. (Ruf bei der ÖVP: Was ist denn das für ein Parteiobmann der FPÖ?! – Abg. Michael Hammer: Du hast ja nur drei Würschtel, die du ziehen müsstest!)
Ja, wir stellen auch Mitglieder von Landesregierungen. (Abg. Disoski: Establishment seid ihr, oder? Systempartei!) In drei Fällen gibt es eine Zusammenarbeit mit der Österreichischen Volkspartei, aber leider sind wir in allen diesen Fällen der kleinere Partner. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben es probiert, aber die ÖVP ist nicht dazu zu bewegen, auf Landesebene eine Nulllohnrunde durchzuführen. (Beifall bei der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Klatscht ein wenig! Der kleine Bruder!)
Es fehlt das Verantwortungsbewusstsein, es fehlt das Gespür, es fehlt die Empathie. Das geht alles auf die schwarze Kappe und auf sonst gar keine. (Abg. Michael Hammer: Jetzt gebt ihr euch der Lächerlichkeit preis!)
Jetzt sage ich Ihnen eines (Abg. Michael Hammer: Das Zweite und das Dritte!): Ich bin ja fast froh darüber, dass Sie hergehen und sagen, ich könne mich nicht durchsetzen, denn daraus leitet sich ja ab, dass Sie sich wünschen, dass ich mich durchsetze, sonst macht ja Ihre Argumentation keinen Sinn. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt wird es kompliziert!) Und wenn Sie sich wünschen, dass ich mich durchsetze, dann lässt das ja nur eine logische Schlussfolgerung zu, dass nämlich die Freiheitliche Partei bei den nächsten Wahlen sowohl in den Bundesländern als
auch im Nationalrat die erste Position einnimmt und die jeweiligen Regierungen führt. (Ruf bei der ÖVP: Die Rede ist im Sinkflug!) Dann gibt es solche unmoralischen Verhandlungen und solche unmoralischen Erhöhungen nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich bin ja regelrecht dankbar für Ihre Wahlempfehlung. Also liebe Österreicherinnen und Österreicher, bitte aufschreiben: Die ÖVP wünscht sich, dass ich mich durchsetze. Das heißt nichts anderes als: Die ÖVP wünscht sich einen freiheitlichen Volkskanzler. – Gut so. Danke für die Wahlempfehlung! (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Das kannst du auf dem Schaukelpferd weiter träumen!)
Jetzt noch etwas zur Erklärung für die Menschen zu Hause: Es wäre ganz, ganz einfach. Dieser Nationalrat, in der Zusammensetzung, wie er hier und heute beieinander ist, könnte in der nächsten Minute das alles regeln. (Abg. Voglauer: Wer war denn der letzte Volkskanzler?) Wir könnten hier heute alle miteinander die Entscheidung treffen, dass es eine Nulllohnrunde nicht nur für die 30 Politiker auf Bundesebene, sondern auch für die, die auf Landesebene gleich viel kassieren, gibt. Das liegt nur in der Entscheidung dieses Hauses. Wir können die Länder fragen, aber wir müssen die Länder nicht fragen. Wir tun das auch in vielen anderen Bereichen nicht. (Ruf bei der ÖVP: Ja, in eurer Partei!)
Wenn der Nationalrat es will, dann können wir heute hier dieses Gesetz beschließen, und das gilt dann für alle Spitzenverdiener in den Ländern, ja, für unsere Landeshauptmannstellvertreter und Landesräte, aber auch für Ihre, für die Schwarzen, für die Roten, für die Rosaroten und für die Grünen. (Ruf bei der ÖVP: Ich hab dir eh gesagt, wo du angerennt bist! – Abg. Schwarz: Das glaubt dir ja keiner, wenn du die eigene Landesrätin nicht davon überzeugen kannst!) Wir sind dazu bereit, und jetzt bin ich gespannt, ob Sie dazu bereit sind. Jetzt bin ich gespannt, ob Sie auch dazu bereit sind. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ein sehr schwacher Applaus! – Abg. Schwarz: Klär das im Parteivorstand!) Es ist ganz einfach zu regeln.
Jetzt, meine Damen und Herren, werden Sie es sehen, denn wir kommen dann gleich zur Abstimmung: Es wird genau so nicht sein. Es ist so, dass wir diesen Antrag schon im Ausschuss eingebracht haben. Die Fraktionen, die sagen, ich soll mich durchsetzen, die in Wahrheit aber gar nicht wollen, dass ich mich durchsetze, werden ihn auch hier wieder ablehnen. So gesehen werden Sie merken, dass die Ablehnung dieses Antrags, der tatsächlich Gerechtigkeit herstellen würde und der ein wichtiges Signal für die Bevölkerung wäre, durch die ÖVP, durch die Grünen, möglicherweise durch die NEOS und durch die Sozialdemokratie nichts anderes als eine weitere Wahlempfehlung für die Freiheitliche Partei und für einen Volkskanzler Kickl ist. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Herbert Kickl, der Volkskanzler! – Abg. Voglauer: Bitte, Sie sind nicht im Bierzelt! – Abg. Leichtfried: Die Rede war noch schlechter als vom Loacker! Das musst du einmal zusammenbringen! – Abg. Michael Hammer: Er erklärt die Partei zu einer Faschingstruppe mit so einer Rede!)
11.57
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michel Reimon zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Klubobmann Kickl, das gehört jetzt fürs Protokoll nochmals hervorgehoben: Es hat sich so noch nie in dieser Zweiten Republik ein Parteichef hierhergestellt und seinen eigenen Parteimitgliedern in den Bundesländern, den Landeshauptmannstellvertretern und so weiter, erklärt, dass sie gierige, unfähige – ich weiß nicht was – Versager sind. Das gehört ja wirklich festgehalten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Sie richten Ihren eigenen Leuten aus, dass sie Steigbügelhalter der ÖVP sind und nicht fähig sind, ihre eigenen Gehälter zu machen. Ich meine, wer soll je in einem Land wieder die FPÖ wählen, wenn der eigene Parteichef sagt, dass sie unfähige Nudeln sind?! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) Das ist großartig!
Nein, das gehört fürs Protokoll festgehalten, das gehört bitte protokolliert, das hat noch nie ein Parteichef gemacht.
Es wundert mich ja gerade bei Ihnen, denn Sie haben noch nie etwas anderes als Partei gemacht. Sie sollten ja wissen, wie eine Partei tickt und wie das geht. Sie stellen sich hierher und wollen der Vertreter des Volkes sein?! Sie, der Sie noch nie einen Tag in der Privatwirtschaft gehackelt haben, mit einem abgebrochenen Philosophiestudium, und dann 30 Jahre in der Politik nur Geld vom Steuerzahler kassiert haben – und dann stellen Sie sich hin und sagen: Wir sind für das Volk, ich bin für das Volk da! (Abg. Kickl: Stimmen Sie einfach zu!)
Ich sage Ihnen etwas: Ich habe 20 Jahre in der Privatwirtschaft gearbeitet, in meiner Familie sind Installateure, Elektriker, so etwas. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Keiner von denen hat auch nur irgendetwas von dem, was Sie da tun. Sie verdienen 17 000 Euro, und kein Elektriker, kein Installateur in diesem Land hat irgendetwas von Ihrer Pseudopolitik. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Sie hätten Ihr Philosophiestudium abschließen sollen, dann würde der Blödsinn wenigstens ein bisschen gescheiter klingen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
11.58
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.
Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist natürlich notwendig, auch zur vorliegenden Gesetzesnovelle hier noch das Wort zu ergreifen. Ich bin eigentlich sehr froh, dass vereinbart werden konnte, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst eine Gehaltsanpassung in Höhe der rollierenden Inflation von 9,15 Prozent erhalten.
Ich möchte mich auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst bedanken, sei es im Bereich der Sicherheit, sei es im Bereich der Verwaltung, sei es im Bereich der Lehrerinnen und Lehrer, auch in den Landesdiensten bis hin zu den Bezirkshauptmannschaften. Wir können uns auf unseren öffentlichen Dienst in allen Bereichen verlassen, und das ist keine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Zum Zweiten, Herr Kollege Kickl: Das war ja jetzt sozusagen das zur Schau gestellte Scheitern eines Parteiobmannes. (Abg. Kickl: Na, dass du nichts verstehst, das beweist du jeden Tag!) Du stellst dich hierher und beklagst, dass in den Bundesländern Gehaltserhöhungen bei Politikerinnen und Politikern vorgenommen werden, und stellst dich als der arme, kleine Herbert Kickl dar, der dem gar nicht entgegenwirken kann.
Meine Damen und Herren, was ist denn die Realität? – Die FPÖ regiert in drei Bundesländern mit uns: in Oberösterreich und seit Kurzem auch in Niederösterreich und in Salzburg. (Abg. Scherak: Da sollte man nicht stolz darauf sein!) Dort gibt es Landeshauptmann-, Landeshauptfraustellvertreter, die sich natürlich auch Gehaltserhöhungen gönnen, in der Höhe von 4,85 Prozent – das ist die Empfehlung, die wir aussprechen: nicht die 9,7 sondern die 4,85 Prozent –, und in Niederösterreich, dort wo Herr Teufel Klubobmann und sozusagen die rechte Hand Kickls ist, machen sie es gleich wie die Kärntner. Da sagen sie: Wir warten ein halbes Jahr (Abg. Kickl: Wer ist denn dort Landeshauptfrau?) – das heißt, die Menschen doppelt für dumm zu verkaufen –, und dann geben wir uns als Landeshauptfraustellvertreter Udo Landbauer mit seinen zwei Landesrät:innen im Gepäck 9,7 Prozent. (Abg. Kickl: Wer hat denn dieses Modell erfunden? Deine ÖAAB-Partie!)
Meine Damen und Herren, das geht sich in keiner Welt aus: sich hierherzustellen, eine Nulllohnrunde einzufordern, und in den Ländern geben Sie sich ab Mitte des Jahres 9,7 Prozent. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Das ist einfach verkehrt, falsch, und es ist typisch FPÖ.
Wissen Sie, was eigentlich die ganze Diskussion ist? – Es ist eine leidige Diskussion, und ich finde es schade für die Politikerinnen und Politiker, auch für uns als gewählte Abgeordnete. Genau solche Reden, Herr Kollege Kickl – Schnedlitz hat sowieso den Vogel abgeschossen –, führen dazu (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen), dass es keine Achtung, keinen Respekt mehr vor diesem Hohen Haus gibt, wenn es solche Politiker wie Sie gibt, die nur hetzen und die Menschen vor sich hertreiben. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Schnedlitz. – Abg. Kickl: Nein! ... Sobotka ...!)
Noch ein Wort: Frau Präsidentin, es sei mir gestattet, ein paar Sätze nicht nur zu den Politikergehältern, sondern auch zu Corona zu sagen. (Abg. Kickl: Wenn du das Vertrauen wiederherstellen willst, dann zieht einmal euren Präsidenten ab!) Wissen Sie, was Sie getan haben? – Sie haben das Volk aufgehetzt, nachdem Sie den ersten Lockdown als Erster gefordert haben. Die sind mit Aluhüten und Gummistiefeln herumgerannt, weil sie geglaubt haben (Abg. Amesbauer: Macht nur weiter so! Nur weiter so!), dass die Regierung etwas herunterspritzt und es aus den Kanaldeckeln herausstinkt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Das haben Sie getan: das Volk entzweit, aufgehetzt, vor sich hergetrieben, und die Verantwortung, Herr Kollege Kickl, haben Sie nicht übergenommen. Die haben Sie auch nicht übergenommen, als Sie Innenminister waren. Da hat es die Rösser, die Teppiche gegeben, und Sie haben den Verfassungsschutz zerstört, aber wahrgenommen haben Sie Ihre Aufgabe nicht. Wir haben heute bessere Zahlen im Asylbereich als zu der Zeit, als Sie Innenminister waren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)
Sie sind seit 30 Jahren ein Systempolitiker, stellen sich aber vor die Bevölkerung hin und sagen: Ich bin einer von euch! Ich bin der kleine Herbert Kickl! Ich bin der, der für euch ist! Wissen Sie, was Sie sind? – Sie sind der Systempolitiker schlechthin. Sie haben für Haider schon Reden geschrieben, und Haider hat gewusst, warum er Sie nur die Reden schreiben lässt. Im Übrigen: Auch bei Strache war es so, dass Sie in der zweiten Reihe gut aufgehoben waren.
Meine Damen und Herren, Frau Svazek fliegt jetzt mit ihrer Gehaltserhöhung mit Vilimsky im Gepäck zu Herrn Trump zur Gala (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Lausch), und Mölzer und Hübner waren bei den Taliban. Also ich bin auch dagegen, dass es Gehaltserhöhungen für diese Politikerinnen und Politiker gibt.
Eines sei Ihnen gesagt: Die 16 000 Euro, die Sie verdienen, sind bei Weitem zu viel, Herr Kollege Kickl. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.03
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Klubobmann Philip Kucher zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Man hat ja fast ein bisschen Mitleid nach dieser hilflosen Rede von Herbert Kickl, in der er versucht hat, die Familientherapie in den eigenen Reihen irgendwie in Richtung österreichische Bundesverfassung zu entsorgen. Dazu ist unsere Verfassung nicht da.
Die Rede, die du da gehalten hast, hättest du besser in den eigenen Parteigremien gehalten. (Abg. Belakowitsch: Zur Dienstrechts-Novelle!) Du stellst dich hin und stempelst die eigenen Regierungsmitglieder in Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg zu Hascherln ab. Du tust so, als hätten sich Frau Svazek, Herr Haimbuchner und Herr Landbauer nicht dagegen wehren können, dass die ÖVP ihnen Geld gibt. – Das wäre schon in der Verantwortung der FPÖ gewesen. Die Hand vor Ort in den Bundesländern aufzuhalten und hier große Reden zu halten: Das geht nicht zusammen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Das kennen wir von der FPÖ: groß vom kleinen Mann reden. Dabei gibt es keine andere Partei, die so ungeniert immer in die Taschen der Steuerzahler gegriffen
hat. Es war die FPÖ, die sich jahrelang bedient hat, als die Kasse für die eigenen Leute gefüllt worden ist. Es sind ja nicht nur der Champagner, der Whirlpool, die Penthousewohnung in Wien, die Villa in Niederösterreich bezahlt worden. Da warst du Generalsekretär, Herbert Kickl. Entweder hast du es nicht mitbekommen oder es war in Ordnung, als sich deine Leute die Taschen gefüllt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Das passt aber ins Bild: vom kleinen Mann und von Sparsamkeit reden und selber Gehälter als Generalsekretär von der FPÖ Wien kassieren. Das passt nicht zusammen.
Dann ist man großzügig zu den eigenen Leuten. Was ist denn in Niederösterreich passiert? – Die Leute zahlen jetzt Hunderte Euro mehr für ihre Stromrechnung, aber der nächste Vorstand muss her. Hunderttausende Euro spielen keine Rolle. Habt ihr euch da auch nicht gegen Mikl-Leitner wehren können?
Das geht so in dieser Frage nicht. Wenn man hier große Reden schwingt, wäre es gut, in der eigenen Partei ein bisschen Respekt zu kriegen. (Abg. Kickl: Freu dich auf die Unterstützung, wenn wir die Mehrheit haben! Ich werde euch alle erinnern!) Du wirst ja wohl in der Lage sein, dich bei Herrn Haimbuchner, Frau Svazek und Herrn Landbauer durchzusetzen. Tu nicht so, als wären das Hascherln, die nicht in der Lage sind, sich zu wehren!
Groß vom kleinen Mann zu reden, aber mit dem Porsche in der Weltgeschichte herumzufahren: Das ist immer die freiheitliche Politik gewesen.
Wenn wir vom Politapparat reden: Der Minister, der es geschafft hat, den eigenen Politapparat am meisten aufzublasen, war Innenminister Herbert Kickl. Es kann jeder nachschauen, wie damals die Kabinettskosten explodiert sind. Da hat Geld keine Rolle gespielt, da sind alle in einer Partie bedient worden (Abg. Kickl: Alles, was jenseits der Gesundheitspolitik ist, ist ein Schmarren!), da hast du genügend Geld gehabt und deine eigenen Leute versorgt. Da ist ja Karner
heute fast ein Sparefroh im Vergleich zu dir. Das kann man Gott sei Dank alles nachlesen. Also rede nicht groß vom kleinen Mann und von Sparsamkeit, wenn du so viel Butter am Kopf hast! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.06
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Christian Hafenecker zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Der zweite 20 000-Euro-Mann, der ...!)
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin, ich bin heute ein bisschen ob Ihrer Spruchpraxis am Präsidium überrascht. Herrn Klubobmann Kickl haben Sie immer zur Sache gerufen. Wenn ich mir aber angehört habe, was Frau Voglauer da fabuliert hat – die leidet noch immer unter der Landtagswahl, bei der ihr alle Kärntner ausgerichtet haben, dass sie die Grünen gar nicht brauchen –, wenn ich mir angehört habe, was Herr Gerstl vorhin verzapft hat und was Klubobmann Wöginger zum Besten geben durfte, vermisse ich doch eine gewisse Äquidistanz, Frau Präsidentin. (Abg. Disoski: Na, Sie reden jetzt zur Sache, oder?) Das muss ich Ihnen von hier aus auch einmal sagen. (Beifall bei der FPÖ.)
Um aber den Weihnachtsfrieden zu wahren: Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Vorrednern von den anderen Parteien für das bedanken, was sie jetzt gemacht haben, denn es hat sich eines gezeigt: Die Nervosität ist in Ihren Sektoren ja riesengroß. Wenn man sich anschaut, wer da jetzt plötzlich zum Rednerpult stürmen muss: Sogar Herr Kucher hat noch schnell herauskommen müssen, damit er irgendetwas zu der ganzen Debatte sagt.
Es zeigt sich aber eines: Das, was Klubobmann Kickl vorhin gesagt hat, stimmt doch vollkommen. (Abg. Voglauer: Nein!) Sie wissen ja gar nicht, wo Sie hinschauen sollen, wenn ich mich zu Ihnen drehe. Sie sind doch die Abzocker der Nation, Sie sind doch die, die es zu verantworten haben, dass wir die Inflation
in dem Ausmaß haben, in dem wir sie haben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer. – Ruf bei der ÖVP: Ein glühender Applaus bei der FPÖ!)
Die Grünen werden wir aushalten – die werden halt wieder einmal aus dem Parlament ausziehen –, aber die Sozialdemokratie macht überall mit, in Wien macht man mit, die ÖVP hat die eigenen Landeshauptleute nicht im Griff, die stopfen sich die Taschen voll. (Abg. Voglauer: Eine schlechte Rede ist das! – Abg. Disoski: Eine sehr schlechte Rede!) Vorhin hat eine Kollegin in der letzten Reihe der ÖVP herumgeschrien, es sei ein Wahnsinn und warum wir da überhaupt über das Gehalt reden können. – Das ist Ihre Einstellung zum Geld. Sie denken nur an die Scheine, die Sie ohnehin auch sonst überall ausleiten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Fragt einmal den Herrn Kassegger, wo die Scheine in Graz sind!)
Das ist übrigens auch das Problem, wegen dem wir seit drei Jahren mit Untersuchungsausschüssen beschäftigt sind, in denen wir genau diese Praxis seitens der ÖVP untersuchen. (Abg. Disoski: Erzähl das dem Kunasek!) Das ist doch das, angesichts dessen man sich denkt – und das ist das, was draußen übrig bleibt –, die ÖVP bekommt den Hals nicht voll. Sie schauen auch sonst, dass Sie aus den Ministerien Abermillionen an Geldern ausleiten. Gleichzeitig lässt man den Grünen bei Ministerin Gewessler einen Budgetkuchen von 1,6 Milliarden Euro zur privaten Verfügung übrig. Das ist die Politik, die Sie machen und bei der Sie in den Bundesländern auch noch schauen, dass das dann alles passt.
Das ist das, was Sie tun, und das ist das Unmoralische. Wenn Sie vorhin alle nervös herausgekommen und auf Klubobmann Kickl repliziert haben, heißt das nur eines: Klubobmann Kickl hat recht. Er war der Erste, der eine Nulllohnrunde gefordert hat. Sie alle waren dagegen, sind auch heute nicht bereit, darüber zu diskutieren. Wir werden es dann gleich sehen. Das heißt, das, was Klubobmann Kickl antizipiert hat, wird sich jetzt gleich darstellen: Sie werden alle brav aufstehen, Sie werden sich die Taschen vollstopfen, und
genau das ist der Grund, warum Ihr Sektor nächstes Jahr da (auf die Mitte des ÖVP-Sektors weisend) enden wird, warum unserer die ganze Mitte einnehmen wird und warum dieser (auf den Sektor der Grünen weisend) leer bleiben wird.
In diesem Sinne freue auch ich mich schon auf Neuwahlen und einen Volkskanzler Herbert Kickl. (Beifall bei der FPÖ.)
12.09
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Stocker zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Frau Präsidentin! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher, die diese Sitzung hier verfolgen! Also Herr Klubobmann Kickl, so wortreich muss man nicht zugeben, dass man ein schlechtes Gewissen und eigentlich unrecht hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Dass Sie Ihre Partei nicht im Griff haben, ist nicht mein Problem. Sie können versichert sein (Abg. Kickl: Meine Güte! Der schwarze Flohzirkus!), uns geht es nicht darum, dass Sie sich durchsetzen. Da geht es nicht um Durchsetzung bei Ihnen, sondern es geht um Absetzung. Nur damit wir uns richtig verstehen: Das will die Volkspartei! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wenn wir aber jetzt hören, dass die FPÖ für eine Nulllohnrunde ist, dann sage ich: Welche Partei ist das denn? – Es ist die Partei, die das Bargeld im Kofferraum spazieren führt oder den Goldschatz in der Alpenhütte versteckt. Ja, vielleicht haben Sie es nicht notwendig (Abg. Amesbauer: Was habt ihr für ein gestörtes Verhältnis zum ...?), ein paar Prozent mehr oder weniger zu bekommen. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist aber auch die Partei – da bin ich schon sehr neugierig, was in Graz bei den Ermittlungen herauskommt –, die ja im
Verdacht steht, dass sie sich Steuergeld so einsteckt. (Abg. Kickl: Aber ich glaube, am Freitag steht wer anderer vor Gericht, oder?) Die braucht ja keine Gehaltserhöhung, die macht das vermutlich auf eine ganz andere Art. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es gilt natürlich für alle Betroffenen die Unschuldsvermutung. (Abg. Kickl: Wer sitzt denn am Freitag vor Gericht?) Aber wie heißt es so schön? – Ein Gschmäckle hat’s schon, was Sie hier bieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein.
Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Dienstrechts-Novelle 2023 samt Titel und Eingang in 2387 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes.
Wer spricht sich dafür aus? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024“.
Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Öffentlicher Dienst muss zeitgemäß gestaltet sein – sofortige Verhandlungen für eine Frühjahrs-Dienstrechtsnovelle 2024“.
Wer ist dafür? – Auch das ist die Minderheit, und daher ist der Antrag abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz geändert wird, in 2386 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Da der vorliegende Zusatzantrag eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Die Abgeordneten Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einführung eines § 21a eingebracht.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde daher nicht erreicht, und der Antrag ist abgelehnt.
Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes: Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes.
Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nulllohnrunde für Staatsmanager“.
Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Bericht des Sportausschusses über den Sportbericht 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-1056/2355 d.B.)
4. Punkt
Bericht des Sportausschusses über den Antrag 3735/A(E) der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Offensive für ehrenamtliche Sportfunktionär:innen“ (2356 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 3 und 4 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Köllner. – Bitte.
Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Sportminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich eine
Gruppe aus der Steiermark, nämlich die SPÖ Frauen Steiermark, hier im Parlament herzlich willkommen heißen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Frau Präsidentin, ich verspreche auch, etwas schneller zum eigentlichen Tagesordnungspunkt zu kommen als Kollege Klubobmann Kickl. Ich möchte nämlich gleich direkt mit dem Sportbericht 2022, also quasi einer Rückschau auf das Sportjahr 2022, beginnen.
Auf den 372 Seiten des Sportberichts gibt es auch einige Seiten, die sich mit dem Projekt Kinder gesund bewegen und mit dem Projekt Tägliche Bewegungseinheit beschäftigen. Ich möchte diesbezüglich auch kurz den engen Zusammenhang zum Thema unserer Aktuellen Stunde herstellen, in der wir ja auch auf die Sorgen der Patientinnen und Patienten hingewiesen haben.
Kurz zusammengefasst: In Österreich bekommt man nur mehr dann rasch einen Arzttermin, wenn man eine Kreditkarte besitzt und die Kreditkarte, aber nicht die E-Card steckt. Im Zuge dieser Debatte hat der Finanzminister auch gemeint, dass wir mehr in die Gesundheitsförderung investieren müssen, mehr auf Prävention Wert legen müssen, um unser Gesundheitssystem langfristig abzusichern. Da muss ich sagen, da stimme ich voll zu. Das ist das, was ich hier, seit ich hier im Hohen Haus sein darf, immer wieder fordere, auch wenn wir über den Sport und die Gesundheit sprechen.
Wir alle reden immer davon, wie wichtig es ist, die Weichen für eine körperlich gesunde Gesellschaft zu legen und die Weichen dafür auch möglichst früh zu stellen, also im Kindesalter. Herr Sportminister, Sie kennen die wissenschaftliche Studie der Sports-Econ Austria, die ganz klar aufzeigt, dass wir nur mit einer Stunde Bewegung am Tag Hunderte Millionen Euro an Gesundheitskosten einsparen können.
Das sind Summen, von denen man ja eigentlich nur träumen kann, lediglich: Mir fehlt der Glaube, dass das auch ernst gemeint ist, was Sie und der Herr
Finanzminister sagen, denn dann würde es eine ressortübergreifende Zusammenarbeit beziehungsweise eine bessere ressortübergreifende Zusammenarbeit geben.
Es braucht nämlich, wenn wir da weiterkommen wollen, die enge Kooperation zwischen Ihnen, dem Bildungsministerium, dem Gesundheitsministerium und dem Finanzministerium, denn das sind am Ende die, die ganz am Schluss von einer aktiven Jugend und Gesellschaft profitieren, und das auch finanziell. (Beifall bei der SPÖ.) Dann brauchen wir nicht mehr über das Geld und die Ausgaben für ein Gesundheitssystem zu sprechen.
Fakt ist allerdings: Sie leisten im Bereich der täglichen Bewegungseinheit aktuell maximal Stückwerk. Das belegen Sie nämlich in Ihrem Sportbericht selbst. Ich möchte kurz daraus zitieren:
„Im [...]jahr 2022/23 nahmen 260 Bildungseinrichtungen an der ‚Täglichen Bewegungseinheit‘ teil. Davon waren 131 Kindergärten, 113 Volksschulen und 16 Schulen der Sekundarstufe I.“
Das liest sich auf den ersten Blick nicht schlecht, wenn man aber bedenkt, dass wir in Österreich rund 10 000 Kindergärten und Schulen haben und unter Sportminister Hans Peter Doskozil im Schuljahr 2016/17 bereits 180 Pflichtschulen nur im Burgenland am Projekt Tägliche Bewegungseinheit teilgenommen haben, dann müssen Sie sich auch eingestehen, dass wir da immer noch in den Kinderschuhen stecken. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Daher nochmals mein Appell: Wir brauchen da mehr, da geht mehr, und vor allem geht das auch schneller. (Beifall bei der SPÖ.)
12.19
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.
12.19
Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Sportminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Stunden ist die 28. Weltklimakonferenz zu Ende gegangen – und zwar mit einer Einigung auf eine Abkehr von fossilen Energien, die von den fast 200 anwesenden Staaten einstimmig angenommen wurde. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: Steht auch im Sportbericht?) – Ich komme gleich dazu, Frau Kollegin. Natürlich ist es aus meiner Sicht und aus Sicht des Klimaschutzes zu spät und zu wenig, es gibt zu viele Schlupflöcher, aber gerade, wenn ich in Richtung FPÖ schaue: Wir müssen schon anerkennen, dass es ein einstimmiger Beschluss zum Klimaschutz ist, den wir so in diesem Parlament nicht zustande bringen würden.
Gerade in der gegenwärtigen geopolitischen Situation – Krieg in der Ukraine, Krieg im Nahen Osten – finde ich es sehr bemerkenswert und eine sehr positive Nachricht, dass in Dubai auf der Klimakonferenz wirklich alle Staaten am Tisch waren und diesem Beschluss einstimmig zugestimmt haben.
Frau Kollegin, Sie von der FPÖ runzeln die Stirn (Abg. Steger: Haben Sie zu wenig Redezeit, dass Sie jetzt dazu reden müssen?) natürlich immer, wenn es um Klimaschutz geht. Was hat das mit dem Sport zu tun? – Ganz ehrlich, in einem Wintersportland hat das schon sehr viel mit uns zu tun (Abg. Steger: Ah, Sie wollen Skifahren abschaffen, jetzt weiß ich’s!), wie es denn um den Klimaschutz bestellt ist. (Zwischenruf des Abg. Brückl.) Es hat etwas damit zu tun, ob wir weiterhin Ski fahren, auf zugefrorenen Teichen Eishockey spielen und langlaufen können, ob diese Sportarten in Österreich und auf der ganzen Welt überhaupt eine Zukunft haben, sehr verehrte Damen und Herren.
Um in Richtung Sport zu gehen: Wir alle haben eine Verantwortung, das, was auf der Klimakonferenz heute beschlossen wird, auch umzusetzen – und auch der Sport hat eine Verantwortung, die Sportverbände und Sportorganisationen haben eine Verantwortung. Deswegen ist die Arbeit von Organisationen wie Protect
Our Winters so wichtig. Diese arbeiten mit den Sportorganisationen, den Sportveranstaltern, der FIS, den Ausrüstern und auch mit den Sportlerinnen und Sportlern zusammen, um Druck zu machen, dass zum Beispiel der Internationale Skiverband mehr tut, sich Emissionsreduktionsziele setzt, und auch, um die Sportlerinnen und Sportler dabei zu unterstützen, sich für den Klimaschutz einzusetzen, weil Sportlerinnen und Sportler weltweit ein unglaubliches Sprachrohr sind und eine Möglichkeit haben, Klimaschutz zu kommunizieren. (Beifall bei den Grünen.)
Deswegen ist es gut – und das kann man eben im Sportbericht 2022 nachlesen –, dass jetzt auch das Sportministerium Sportverbände und Sportorganisationen bei dieser Bewegung für den Klimaschutz unterstützt und dass es hier zusätzliche finanzielle Mittel gibt. Es ist gut und richtig, dass das Sportministerium bei Sportveranstaltungen – zum Beispiel mit Green Events –, aber auch beim Bau von neuer Sportinfrastruktur vermehrt den Fokus auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz legt. Ich glaube, da ist noch wesentlich mehr möglich, aber wir lesen im Sportbericht, dass hier schon sehr viel passiert ist. In diesem Sinn: Vielen Dank, Herr Sportminister – auch dafür, dass es diesen Sportbericht gibt (Abg. Steger: Drei Sätze zum Sport! Gratuliere!), den es unter einem freiheitlichen Sportminister nicht gegeben hat. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Zarits. – Abg. Steger: Auch falsch!)
12.23
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Petra Steger zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Mich freut es auch, dass es heuer hier im Plenum wieder einen Sportbericht gibt, denn der Sport hat es sich verdient, dass er auch ab und zu parlamentarisch eine Bühne bekommt. Leider hat sich Ihre Arbeitsleistung, Herr Vizekanzler – die Anzahl der Ausschüsse, der Anträge und der Reformen
dieser Bundesregierung in den letzten Jahren –, nicht gerade verbessert – ganz im Gegenteil! Vier Jahre Sportminister Kogler, vier Jahre Sportressort in grüner Hand, und das Einzige, womit Sie im Sport aufwarten können, ist eine katastrophale Bilanz mitsamt massiven Schäden, mit denen sich die nächsten Generationen und Regierungen noch lange werden beschäftigen müssen.
Vier Jahre keine einzige Reform (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer) – vier Jahre, in denen Sie den Sport nicht durch die Krisen gebracht haben, sondern die Krisen in den Sport. Vor allem haben Sie in diesen vier Jahren – und das ist ganz besonders verwerflich, Herr Kollege – den größten Schaden, einen immensen Schaden bei unseren Kindern und Jugendlichen verursacht. Das ist Ihre Verantwortung, sehr geehrter Herr Sportminister. Sie haben durch diese unverantwortliche Coronalockdownpolitik, mit der Sie gesunden Menschen Sport und Bewegung verboten haben, unsere Kinder monatelang richtiggehend zu Hause eingesperrt haben, Hallen und Sportstätten zugesperrt haben (Abg. Schwarz: ... ganz normal Sport machen können!), einer ganzen Generation richtiggehend Bewegung abgewöhnt haben, massive Kollateralschäden verursacht.
Wir erleben die Konsequenzen heute. Wir erleben einen enormen Bewegungsmangel. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegen sich zu wenig. Es gibt Hunderttausende, die nicht schwimmen können. Sehr geehrter Herr Vizekanzler, es ist doch erschreckend, dass in diesem Land jedes zehnte Kind nicht schwimmen kann und Ertrinken bei Kindern mittlerweile sogar Todesursache Nummer zwei ist. Ihretwegen sind Millionen Schwimmstunden entfallen. Doch anstatt dass Sie jetzt alles tun, um Schwimmen zu fördern, um Schwimminfrastruktur auszubauen, macht diese Regierung alles, um die Situation sogar noch zu verschlimmern – Stichwort Energiekosten und Inflation. (Zwischenrufe bei den Grünen.)
Wir haben erst im letzten Sportausschuss einen Antrag betreffend flächendeckende kostenlose Schwimmkurse eingebracht, doch das ist Ihnen
anscheinend nicht wichtig genug. Wieso sonst haben Sie wieder einmal unseren Antrag vertagt und damit schubladisiert, werte Kollegen von Schwarz-Grün? Erklären Sie das einmal! In Ihrer vorigen Rede ging es nicht einmal im Ansatz, fast gar nicht um den Sport. Sie interessiert der Sport überhaupt nicht. Sie interessiert auch die Gesundheit unserer Jugend anscheinend überhaupt nicht. Erklären Sie, warum Sie all unsere Anträge in diesem Bereich immer vertagen!
Erklären Sie auch, warum Sie zum wiederholten Male unseren Antrag für einen flächendeckenden Ausbau der täglichen Turnstunde vertagt haben! Auch den haben Sie wieder einmal schubladisiert – etwas, das seit Jahren angeblich jeder hier im Saal will und angeblich jeder hier fordert. Alle wissen mittlerweile, dass jeder in den Sport investierte Euro 14-fach zurückkommt. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Volkswirtschaftlich bringt der Sport wesentlich mehr Einsparungen, als er kostet – und trotzdem schauen Sie zu. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie schauen zu, wie es mit der Gesundheit unserer Jugend stetig bergab geht und mit den psychischen Problemen unserer Kinder stetig bergauf geht. Für alles Mögliche ist in diesem Land Geld vorhanden. Sie machen Milliarden Schulden, Sie werfen das Geld regelrecht beim Fenster hinaus – Stichwort Cofag, Massenmigration, EU oder Ukraine. Auch diesmal werden Sie wieder umfallen und dieser gewaltigen Budgeterhöhung von 66 Milliarden Euro auf EU-Ebene zustimmen. Ja, das können Sie, Geld weg von den Österreichern hin ins Ausland umverteilen – aber für die Gesundheit, für den Sport, für die Jüngsten in diesem Land ist wie immer nicht genug da. Da sparen Sie lieber ein, und das kann ich nur noch als absolute Schande bezeichnen, sehr geehrter Herr Vizekanzler! (Beifall bei der FPÖ.)
Das Einzige, das Sie in den letzten Jahren im Sport bewerkstelligt haben, ist eine Loch-auf-Loch-zu-Politik, mit der Sie versucht haben, die Schäden, die Sie selbst verursacht haben, in irgendeiner Art und Weise durch irgendwelche Sondertöpfe und Zahlungen wieder wettzumachen. All Ihren Zahlungen ist jedoch
vor allem eines gemein: Erstens können Sie den Schaden, den Sie verursacht haben, nicht wiedergutmachen, und zweitens kommen sie alle immer zu spät – so wie auch beim geplanten Energiekostenausgleich, den es noch immer nicht gibt. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das Traurige ist, dass Sie anscheinend noch immer nicht gelernt haben, wie wichtig es ist, dass Hilfen möglichst schnell kommen und dass man nicht ewig darauf wartet.
Ihre Bilanz, sehr geehrter Herr Minister, ist katastrophal. Auch sonst gibt es keine Reformen. Wo bleibt die Reform der Bundessportförderungsstruktur, die Sie in Zeiten der Opposition immer massiv kritisiert haben? – Vier Jahre hatten Sie Zeit. Noch immer ist nichts passiert. Kaum waren Sie im Amt, war es egal. Wo bleibt die angekündigte Reform beim Berufssportgesetz? Das Berufssportgesetz haben Sie selbst vor Monaten beantragt. Sie haben es im Regierungsprogramm stehen – noch immer ist nichts gekommen. Wo bleibt die echte Unterstützung für die ehrenamtliche Tätigkeit? Auch heute vertagen Sie wieder einen Antrag in diesem Bereich. Die Vereine leiden noch immer unter einem massiven Funktionärsschwund. Immer weniger wollen sich ehrenamtlich engagieren (Abg. Stögmüller: Das größte Paket jemals!), und da reicht auch diese Spendenabsetzbarkeit nicht, die Sie morgen beschließen werden.
Ich meine, das habe ich überhaupt schon vor Jahren beantragt, 100-mal beantragt, Sie haben es auch immer wieder schubladisiert. Jetzt kommen Sie ganz spät doch darauf, dass es sinnvoll wäre. (Zwischenruf der Abg. Rössler), aber auch das wird nichts helfen, denn es wird den Schaden, den Sie angerichtet haben, auch in diesem Bereich leider nicht wiedergutmachen. Sie haben das Ehrenamt im Bereich des Sportes massiv und nachhaltig geschädigt. Das ist Ihre Erfolgsbilanz, sehr geehrter Herr Vizekanzler! (Beifall bei der FPÖ.)
Seit Jahren schauen Sie auch in dem Bereich tatenlos zu, genauso wie Sie auch jetzt tatenlos zuschauen, wie der Sport von Klimaextremisten für ihre Propaganda missbraucht und instrumentalisiert wird, wie das vor Kurzem beim Slalom in Gurgl der Fall war – noch dazu einem geförderten Green-Sport-
Event, das muss man auch einmal bedenken. Und dann bietet sogar noch der mit Zwangsgebühren finanzierte ORF diesen Klimaextremisten eine Bühne – noch ein Grund, sehr geehrte Damen und Herren, warum diese Zwangsgebühr bei einem blauen Volkskanzler als Erstes fallen wird – das kann ich Ihnen auch versprechen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schwarz.)
Ich komme zum Schluss: Sehr geehrter Sportminister, Ihre Bilanz als Sportminister in den vergangenen vier Jahren ist erschütternd. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rössler und Schwarz.) Offenbar überwiegt bei Ihnen die Schwerkraft Ihres Desinteresses am Sport. Ich kann nur noch sagen: Gott sei Dank sind Sie nicht mehr lange im Amt. (Beifall und Zwischenrufe bei der FPÖ.)
12.29
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christoph Zarits zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler, Herr Sportminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich denke, wenn wir an den vorigen Tagesordnungspunkt zurückdenken, dann sollten wir vielleicht auch hier im Hohen Haus die Werte des Sports ein bisschen in den Vordergrund rücken: Ein respektvoller Umgang miteinander und auch untereinander würde uns gerade heute hier im Hohen Haus guttun. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Schroll.)
Ich darf eine Gruppe der ÖVP Frauen aus Stanz ganz herzlich hier begrüßen, auch im Namen meiner Kollegin Martina Kaufmann. Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
Wir diskutieren heute über den Sportbericht. Zum Glück gibt es den Sportbericht. Wenn ich den Oppositionsabgeordneten bei ihren Reden zuhöre, muss ich sagen: Man sollte die Fehler bei sich selbst suchen. Manchmal sollte man auch einen Spiegel verwenden und nicht immer das Fernglas benutzen.
Seit dieser Sportminister, unser Werner Kogler, im Amt ist, gibt es den Sportbericht, über den wir nun auch diskutieren können. Es ist ein Werk von 372 Seiten, ein Nachschlagewerk zum Thema Sport in Österreich, ein Transparenzbericht und natürlich auch ein Leistungsbericht über den Sport in Österreich. Wir wissen, dass der Sport in den kleinen Gemeinden großteils von Ehrenamtlichen getragen wird. Der Sport ist sehr, sehr vielfältig, und diese Vielfalt des Sports zeigt sich auch in diesem 372-seitigen Bericht.
Dieser Bericht ist großartig, er handelt von den verschiedenen Facetten des Sports: was das Ehrenamt betrifft, was den Breitensport betrifft, was den Schulsport betrifft, was den Behindertensport betrifft, was den Leistungssport, was den Einzelsport wie auch den Mannschaftssport und, das wurde auch schon angesprochen, den Gesundheitssport betrifft.
500 000 Funktionärinnen und Funktionäre leisten 2 Millionen ehrenamtliche Arbeitsstunden pro Woche – diesen gebührt natürlich Dank.
Im Sportbericht beinhaltet, und das ist für uns auch wichtig, sind die tragenden Organisationen, die dem Sport in Österreich ein Gesicht geben: Die Sportunion Österreich, der ASKÖ, der ASVÖ, die Österreichische Sporthilfe und so weiter. Auch Länderberichte wurden eingearbeitet. Ich finde, auch das ist eine gute Sache, damit wir noch mehr Transparenz, was die Fördermittel betrifft, ausweisen können.
Wichtig für uns ist selbstverständlich auch, dass wir die Autonomie und das Ehrenamt des Sports stärken. Der Sport ist natürlich extrem wichtig für Inklusions- und Integrationsmaßnahmen. Auch diese Maßnahmen haben im Sportbericht einen Platz.
Was wollen wir? Natürlich sind auch die Ziele formuliert: Wir wollen, dass Österreich vom Sportland zur Sportnation wird. Wir wollen, dass sich mehr Menschen bewegen, dass sich mehr junge Menschen bewegen. Wir wollen, dass
sich mehr Menschen im höheren Alter bewegen, denn das fördert die Gesundheit. Wir wollen die Sportinfrastruktur, die bereits vorhanden ist, erhalten, und wir wollen die Sportinfrastruktur weiter ausbauen. Wir wollen Gastgeberland von Sportveranstaltungen, von Großveranstaltungen sein. Wir wollen Spitzensportler an die Weltspitze führen, und diejenigen, die schon an der Weltspitze sind, sollen natürlich an der Weltspitze bleiben. Das Ehrenamt wurde von mir schon angesprochen.
Kollege Köllner hat es erwähnt: Die tägliche Bewegungseinheit ist für uns wichtig. Ein erster Schritt wurde mit den Modellregionen gesetzt. Im Budget 2024 haben wir einen großen Anteil dafür vorgesehen, dass wir die Zahl der Modellregionen verdoppeln können. Ich glaube, das ist ein richtiges Zeichen. Da müssen wir Schritte setzen, einen nach dem anderen, Step by Step. Wir werden die Ausrollung der täglichen Bewegungseinheit natürlich auch zeitnahe schaffen. Ich bin überzeugt davon, dass wir da ein Miteinander von Bund, Ländern und auch Gemeinden brauchen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen zu bedanken, die in den letzten Monaten Verantwortung für den Sport getragen haben, nämlich seitens der Verbände, seitens der Vereine und natürlich auch bei uns in der Politik. Wir haben gemeinsam sehr, sehr viel erreicht, das muss man sagen: Wir haben die Sportförderung auf 231,5 Millionen Euro erhöht, wir haben die pauschale Reiseaufwandsentschädigung auf 27 Euro erhöht.
Zu erwähnen ist auch der Tag des Sports, ein Riesenevent mit 200 000 Besucherinnen und Besuchern, wo sich vor allem Kinder und Jugendliche informieren können zu Fragen wie: Welche Sportart passt zu mir, was interessiert mich?, und so weiter. Ich denke, das ist der richtige Weg, Kinder und Jugendliche zum Sport zu bringen. Schließlich ist der Tag des Schulsports zu erwähnen. Auch diesbezüglich wurde in der Vergangenheit sehr, sehr viel gemacht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wir beschließen morgen einen weiteren wichtigen Schritt für den Sport, nämlich das Ehrenamtspaket, die Spendenabsetzbarkeit, die Ehrenamtspauschale. Darin sind wichtige Schritte enthalten, und viele Vereine, viele Funktionärinnen und Funktionäre werden davon profitieren.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich hier stellvertretend bei allen, die da mitgewirkt haben, vor allem bei Kollegen Andi Hanger, ganz herzlich zu bedanken. Das Ehrenamt verdient natürlich einen hohen Stellenwert in Österreich, mit diesem Ehrenamtspaket erreichen wir dahin gehend sehr, sehr viel.
Der Sportbericht 2022 zeigt die vielen Facetten, die Vielseitigkeit des Sports. Dass wir gemeinsam mit unserem Bundesminister Werner Kogler auf einem sehr, sehr guten Weg sind, erkennt man daran, dass das Budget allein seit dem Jahr 2019, als Werner Kogler Sportminister geworden ist, um 78 Prozent, nämlich auf 231,5 Millionen Euro, erhöht wurde und dass viele wichtige Schritte gemeinsam mit der ÖVP gesetzt wurden. Dafür sage ich unserem Sportminister, dem Finanzminister und allen, die im Sport Verantwortung tragen, ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.35
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte.
Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler und Sportminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Eingangs möchte ich mich für den aktuellen Sportbericht und die damit verbundene Arbeit bei den daran beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium recht herzlich bedanken. Es gibt wieder einen Sportbericht. Ich finde, das ist sehr lobend zu erwähnen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Dieser Bericht gibt uns einen sehr guten Einblick in die bundesweiten Fördermaßnahmen im Spitzen-, Breiten- und im Nachwuchssport, aber auch –
und das ist mir und uns sehr, sehr wichtig – über die vielen Sportvereine und die Non-Profit-Organisationen in Österreich.
Geschätzter Herr Sportminister, schenkt man den Statistiken in Österreich Glauben, dann sind rund 65 Prozent unserer Bürgerinnen und Bürger in den unterschiedlichsten Vereinen aktiv, und ich glaube, das ist wirklich sehr lobend zu erwähnen. In den meisten Fällen handelt es sich um ehrenamtliche Tätigkeiten, und da darf man sich für das Engagement der Menschen in Österreich recht herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Gleichzeitig ist es daher umso wichtiger, die verschiedenen Organisationen, Vereine und natürlich auch die Menschen, die dahinter stehen, entsprechend zu unterstützen und zu fördern.
Ein Bereich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, der uns von der SPÖ und mich persönlich natürlich auch massiv beschäftigt, sind nach wie vor die Preise. Ob bei den Lebensmitteln, Mieten oder der Energie, die Preise sind nach wie vor jenseits von Gut und Böse. Mittlerweile haben die Preissteigerungen überall durchgeschlagen. Es sind wirklich alle Bereiche davon betroffen, und natürlich auch unsere Vereine und Non-Profit-Organisationen in Österreich. Das Ende der Fahnenstange ist, glaube ich, nach wie vor nicht erreicht.
Wenn man gestern Wifo-Chef Felbermayr im „Report“ zugehört hat, als er gesagt hat, dass sich das mit der hohen Inflation wahrscheinlich noch bis 2025, 2026 ziehen wird, dann hat man erkennen können, dass es da großen Handlungsbedarf gibt. Ganz deutlich darf ich an dieser Stelle sagen: Diese enorm hohen Preise, diese anhaltende Inflation bringt natürlich auch unsere Vereine in große Not. Ich glaube, wir alle hier im Hohen Haus sind gefordert, unsere Vereine und Non-Profit-Organisationen zu unterstützen.
Deshalb, geschätzter Herr Vizekanzler, möchte ich Sie abschließend darauf aufmerksam machen, dass der Energiekostenzuschuss für unsere Sportvereine und Non-Profit-Organisationen von enormer Wichtigkeit und Dringlichkeit ist. Der Energiekostenzuschuss sollte ja in Ausarbeitung sein und eine Antragstellung im Internet bereits möglich sein.
Vorige Woche im Ausschuss habe ich Sie darauf angesprochen, dass diese Seite bis dato nicht online ist und den Vereinen noch nicht zur Verfügung steht. Ich möchte Sie daher hier heute im Sinne unserer Vereine und der Non-Profit-Organisationen bitten – wirklich bitten! –, das in Ihrem Haus zu beschleunigen oder in Auftrag zu geben. Ich glaube, das sind wir allen unseren Ehrenamtlichen in den Vereinen, in den Non-Profit-Organisationen schuldig. – Ein herzliches Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.39
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler, Herr Sportminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte vorweg gerne die 5a-Klasse der HLW Biedermannsdorf begrüßen, die heute im Parlament ist. – Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
Ich möchte Ihnen, bevor ich zum Sportbericht komme, vorlesen, was mir kürzlich ein verzweifelter Fußballtrainer geschrieben hat. Er schreibt: Ich bin im Nachwuchsfußball zu Hause und wir haben viele Kinder und Jugendliche aus hauptsächlich unteren Schichten bei uns im Verein. Und obwohl wir einer der kostengünstigsten Ausbildungsvereine sind, gibt es leider immer noch einige Spieler, teils Scheidungskinder, teils Heimkinder und so weiter, die sich selbst das nicht leisten können oder eben auch nicht einmal die nötige Ausrüstung wie
Fußballschuhe haben. Wenn Sie sehen könnten, wie bei manchen die Fußballschuhe zerrissen oder zu klein sind, es würde auch Ihr Herz brechen. Und genau deshalb bitte ich Sie inständig sowie von Herzen, uns zu helfen, uns zu unterstützen und somit auch den Kindern zu helfen. – Zitatende.
Er hat also um Spenden von Abgeordneten und von anderen Personen ersucht. Es wäre aber nicht ihre Aufgabe, auf Spenden angewiesen zu sein. Wir haben nämlich gleichzeitig eine andere Realität in Österreich: ein Sportfördersystem, in dem wir auf Bundes-, auf Landes- und auf Gemeindeebene so viel Geld für Sportförderung ausgeben wie das wenige andere europäische Staaten tun. Gleichzeitig stehen Sportvereine wie dieser nach jahrelangen schwierigen Zeiten, wie insbesondere der Coronapandemie, vor dem Aus. Das Sportsystem in Österreich ist unfair, es ist intransparent und es ist obendrein noch korruptionsanfällig. In diesem System zählt, wen du kennst, und nicht, was du kannst. Das sollten wir dringend beenden. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Rauch.)
Wir schütten nämlich – um das vielleicht kurz zu erklären – oben Hunderte Millionen Euro aus den unterschiedlichen Töpfen hinein. Insbesondere Sportfunktionäre in den oberen Etagen verdienen daran – und bis das Geld dann unten zu den kleinen Sportvereinen kommt, ist nichts mehr übrig. Jene, die die Kohle brauchen, bekommen sie nicht, und jene, die sie nicht brauchen, bekommen sie. Das ist unfair, dieses System gehört geändert.
Das sagen im Übrigen nicht wir NEOS – also wir sagen es auch; ich sage es hier leider nicht zum ersten Mal, Herr Sportminister, aber das sagen nicht nur wir –, sondern das sagt auch der Rechnungshof. In seiner Prüfung der Bundessportförderungen ist der Rechnungshof glasklar – man könnte sogar sagen: vernichtend – im Hinblick auf die Bundessportförderung. Er sagt, das muss man grundlegend ändern, damit das den Grundprinzipien von Zweckmäßigkeit, von Transparenz und gegen Freunderlwirtschaft entspricht. (Abg. Rauch: Das wollen die Grünen nicht!)
Herr Bundesminister, das sagen aber nicht nur der Rechnungshof und wir als NEOS. Ich darf Sie daran erinnern, dass auch Sie und insbesondere Ihre Kolleginnen und Kollegen – ich weiß, Sie erinnern sich nicht gerne an diese Zeit zurück, als Sie noch in der Opposition waren, da haben Sie nämlich viele Dinge gesagt, die Sie jetzt gar nicht mehr hören und sehen wollen – vernichtende Kritik an dieser Bundessportförderung geübt haben.
Ich möchte schon sagen: Sie sind jetzt im vierten Jahr ihrer Amtszeit. Sie haben im ersten Jahr versprochen, dass Sie die Bundessportförderung reformieren, im zweiten, im dritten, im vierten Jahr ebenso. Ich bezweifle, dass im nächsten Jahr noch etwas passiert, weil diese Bundesregierung ja gar nichts mehr zustande bringt, wie man in allen möglichen Fragen sieht. Ich finde das ärgerlich, weil – ich weiß, Sport ist nicht die Kernkompetenz der Grünen, aber Transparenz ist schon etwas, das Sie sich immer an die Fahnen geheftet haben – es am Ende des Tages um die Transparenz geht.
Halten Sie auch nur ansatzweise das, was Sie vor Wahlen versprochen haben! Ich muss schon sagen: Das ist leider auch im Sport, leider auch bei der Bundessportförderung nicht der Fall. Sie haben vor den Wahlen groß versprochen, Sie haben plakatiert: „Wen würde der Anstand wählen?“ Wen würde die Transparenz wählen? – Nach Lektüre des Sportberichts, nach vier Jahren Sportminister Werner Kogler muss ich im Hinblick auf die Bundessportförderung sagen: Der Anstand würde nicht mehr die Grünen wählen! (Beifall bei den NEOS.)
12.43
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ich möchte mit etwas Positivem beginnen, weil ich mich als Wiener natürlich sehr freue, dass es zum Leistungszentrum für den Hockeysport
gekommen ist und dass letztendlich auch der Vertrag für das Leistungssportzentrum Fußball in der Seestadt Aspern unter Dach und Fach gebracht werden konnte. Ich glaube, das sind große Dinge, die in der nächsten Zeit hoffentlich sehr positive Auswirkungen auf den Sport haben werden, und das sollte in diesem Zusammenhang durchaus auch erwähnt werden.
Ja, ich nehme auch zur Kenntnis, dass im Bereich der Sportförderung – auch im Bereich der Unterstützung für Energiekosten – in den letzten Jahren natürlich einiges geschehen ist, aber dennoch habe ich ein paar Anmerkungen dazu.
Zur Sportinfrastruktur: Es gibt natürlich immer wieder Diskussionen über die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Bund. Das ist eine Herausforderung, das wissen wir. Die Sportstruktur, die wir haben, ist nicht die allereinfachste. Wie schon gesagt, ist zwar etwas passiert, aber ein wesentlicher Bereich, bei dem ich glaube, dass wirklich Handlungsbedarf besteht, betrifft die Öffnung der Bundesschulen. Wir wissen, dass das ein ganz wesentlicher Bereich wäre, um Breitenwirksamkeit zu erreichen, da es Vereinen vor Ort nicht möglich ist, diese Infrastruktur kostengünstig zu nutzen. Ich glaube, diesbezüglich wäre Engagement dringend erforderlich.
Ich denke, dass gerade auch mein Bundesland Wien durchaus zeigt, wie man Sportinfrastruktur wirklich öffnen kann – und das zu einem Betrag, der für die Vereine auch leistbar ist. In den Bundesschulen wird teilweise bis zum 30- oder 40-Fachen des Betrages verlangt, der in den Wiener Schulen verlangt wird. Ich glaube, da sollte es eine Kooperation zwischen dem Bildungsministerium und dem Sportministerium geben; diese wäre dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bogner-Strauß: Die gibt’s eh bei der täglichen Bewegungseinheit!)
Zum Bereich der Sportförderung: Ja, es ist natürlich erfreulich, dass es zu einer entsprechenden Erhöhung gekommen ist, man muss aber fair sein und sagen, dass das de facto die Inflationsabgeltung der letzten zehn Jahre gewesen ist. Den Vereinen macht nach wie vor eine große Teuerungswelle zu
schaffen, daher, glaube ich, ist der nächste Schritt, jetzt schon mitzudenken, dass man das braucht.
Zum Bereich der Energiekostenförderung: Wer auch immer mit Vereinen gesprochen hat, hat gehört, dass das eine wichtige und wesentliche Unterstützung war. Wir arbeiten in diesem Bereich aber mit vielen Ehrenamtlichen – fast ausschließlich mit Ehrenamtlichen –und eine leichtere Administration wäre da aus unserer Sicht dringend erforderlich gewesen.
Einen Punkt, der uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt hat, möchte ich auch noch anmerken – ich glaube, dabei sollte sich der Bund nicht aus der Verantwortung nehmen, auch wenn er es de facto eigentlich ist –: Es geht dabei natürlich um den gesamten Spitzensport – auch in den Ligabereichen – in den unterschiedlichsten Sportarten. Wir wissen, dass Spitzenvereine quer durch alle Bundesländer große Probleme haben und dass es notwendig wäre, in einer konzertierten gemeinsamen Aktion zwischen Bund und Ländern ein neue Initiative auf den Weg zu bringen. Ich glaube, das wäre wichtig, denn davon profitiert der gesamte Sport in dieser Republik, beziehungsweise – negativ gesprochen – würde der Sport in dieser Republik natürlich massiv darunter leiden, wenn der Ligabetrieb, sei es im Volleyball, sei es im Handball, sei es im Fußball et cetera, nicht mehr die Breite aller Bundesländer abbildet.
Daher wäre in diesem Bereich ein wirkliches Engagement des Sportministers gefragt – und das wäre ein ganz wichtiger und wesentlicher Impuls, damit Österreich tatsächlich die Sportnation wird, die wir alle, glaube ich, gemeinsam gerne sein würden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
12.46
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kira Grünberg. – Bitte.
12.47
Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Sportbericht bietet auf seinen über 370 Seiten einen sehr guten Überblick über das Sportgeschehen im letzten Jahr. Was ich als sehr wesentlich betrachte, ist, dass die Träger:innen des österreichischen Sports und – heuer auch zum ersten Mal – die Bundesländer in dem Bericht zu Wort kommen. Lieber Herr Vizekanzler, vielen Dank Ihnen, aber vor allem auch Ihrem Ressort, für diesen ausführlichen Sportbericht vom letzten Jahr! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Wer selber sportlich aktiv ist, merkt die vielen positiven Auswirkungen, die Sport mit sich bringt. Eine davon ist die einzigartige Kraft, Menschen zu verbinden, und auf diesen Punkt möchte ich heute meinen Fokus legen. In einer Welt, die leider viel zu oft von Unterschieden geprägt ist, schafft der Sport eine universelle Sprache, die Barrieren überwindet und Brücken zwischen Kulturen, Generationen, aber auch Nationen baut.
Sport verbindet, er verbindet Jung und Alt: Viele haben vielleicht von ihren Großeltern irgendeine Sportart gelehrt bekommen. Bei mir war es der Opa, der mir das Skifahren beigebracht hat. Ich glaube, es gibt nichts Schöneres, als wenn die Enkelkinder mit ihren Großeltern zusammen einen Radausflug machen oder eine Sportveranstaltung besuchen, denn das schafft unheimlich tolle Erinnerungen und auch Verbindungen über Generationen hinweg.
Sport verbindet auch Nationen: Wenn ich an die Fußballeuropameisterschaft, die 2008 in Österreich stattgefunden hat, zurückdenke, erinnere ich mich, dass die Fanmeilen mit Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen voll waren und die Menschen zumeist sehr friedlich gemeinsam gefeiert haben. Sie haben das eigene Land gefeiert, aber sie haben sich auch für andere Länder, die das Match gewonnen haben, mitgefreut. Deswegen empfinde ich es als besonders wichtig, dass weiterhin viele große Sportveranstaltungen bei
uns in Österreich stattfinden, damit auch die jungen Generationen diese Atmosphäre von großen Sportveranstaltungen genießen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Für nächstes Jahr haben wir schon ein bisschen etwas in Österreich geplant – und zwar sind das die United World Games in Klagenfurt; auch die Handballeuropameisterschaft der Frauen wird zum Teil in Österreich stattfinden, ebenso wie die Europameisterschaft im Drei-gegen-drei-Basketball.
Sport verbindet weiterhin auch Menschen mit und ohne Behinderungen. Es gibt mittlerweile sehr viele Sportarten, die unified gespielt werden – das bedeutet, dass Menschen mit und ohne Behinderung zusammen in einem Team spielen.
Als bestes Beispiel möchte ich da den Sport Tennis erwähnen. Ich war dieses Jahr bei den Ladyawards in Linz, einem großen Tennisturnier. Da hat es auch ein Match gegeben, in dem Rollstuhlfahrerinnen und stehende Frauen gemeinsam gegeneinander gespielt haben. Es war besonders toll, dass die Stärken der Sportlerinnen besonders in den Fokus gerückt sind und jede Sportlerin da einfach ihr Bestes hat zeigen können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Sport den Zusammenhalt stärkt, uns auch immer wieder daran erinnern soll, dass wir trotz unserer Unterschiede sehr viele Gemeinsamkeiten haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.50
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtinger. – Bitte.
Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! 2021 und 2022 wurde im Parlament das Ehrenamtsjahr ausgerufen. Der Grund war, das Ehrenamt, also alle Ehrenamtlichen und ehrenamtlich
Engagierten, junge wie junggebliebene, endlich vor den Vorhang zu holen und auch zu zeigen, was sie alles tun und im Hintergrund leisten.
Es gab rund um dieses Ehrenamtsjahr viele Veranstaltungen. Insbesondere möchte ich das Dialogforum erwähnen, zu dem wir als Ehrenamtssprecher eingeladen worden sind, um auch unseren Teil dazu beizutragen. Da kamen wir mit vielen ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funktionären in Kontakt und erfuhren auch, was die Themen sind, wo wirklich der Schuh drückt, welche Wünsche, welche Anliegen es gibt, aber auch, was alles gut läuft. Dort haben wir das alles erfahren.
Als Beispiele wurden die zum Teil mangelnde Wertschätzung und die Kosten von Absicherungen in Form von Versicherungen angeführt. Einige Organisationen sind zum Teil sehr klein und können es sich nicht leisten, diese teuren Versicherungen abzuschließen.
Auch die Pandemie war eine große Herausforderung für viele Organisationen und Vereine. Viele haben ihre engagierten Leute im Zuge der Pandemie verloren und konnten sie nicht mehr zurückgewinnen. Da reden wir jetzt speziell von den Sportfunktionärinnen und -funktionären.
Ein wichtiger Faktor war aber auch das Ehrenamt: Man muss es sich auch leisten können, dieses umzusetzen. Viele junge Menschen können sich nicht dafür entscheiden, dass sie sich während des Studiums, während ihrer Ausbildung ehrenamtlich engagieren, da sie nebenberuflich etwas verdienen müssen, um sich die Wohnung oder andere Sachen leisten zu können, weil sie nicht die Familie hinter sich stehen haben, die den finanziellen Background hat, um sie zu unterstützen. Daher ist auch das ein großes Thema.
Es ist höchste Zeit für eine Offensive. Daher fordern wir auch die Bundesregierung, vor allem Sie als Sportminister, dazu auf, in Abstimmung mit den Sportdach- sowie -fachverbänden eine diesbezügliche Offensive zu entwickeln. Es braucht endlich einen wirklich wertschätzenden Umgang mit den
Ehrenamtlichen. Es ist schon einiges passiert. Wir haben das Freiwilligengesetz auf den Weg gebracht. Da sind schon gute Dinge umgesetzt worden. Zum Beispiel wurde ein österreichweiter Preis für besonderes ehrenamtliches Engagement im Sportbereich eingeführt. Um das Ehrenamt im Sport nachhaltig zu stärken, braucht es aber gute Rahmenbedingungen, gute Infrastruktur – und diesbezüglich sehen wir dringenden Nachholbedarf. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher verstehe ich bis heute nicht, warum im Sportausschuss ein Antrag unseres Kollegen Max Köllner, der genau diese Themen anspricht, beinhart abgelehnt worden ist. Da könnten wir klare Ziele setzen und schnelle Umsetzung fordern, um bei den Vereinen endlich eine Stärkung gerade im sportlichen Bereich zu schaffen. Ich wünsche mir, Herr Minister, dass Sie in diesem Bereich endlich in die Gänge kommen und schauen, dass dieser Antrag auch von den Regierungsfraktionen unterstützt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
12.54
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler, in diesem Fall sind Sie als Sportminister bei uns! Werte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Kein Spitzensport ohne Breitensport, kein Sport ohne ehrenamtliche Sportfunktionärinnen und Sportfunktionäre – deshalb möchte ich mich heute genau an diese wenden und ihnen Danke sagen. Ich möchte aber auch nach außen tragen, was die Offensive für ehrenamtliche Sportfunktionärinnen und Sportfunktionäre mit sich bringt, die die Bundesregierung im Jahr 2023 ins Leben gerufen hat. Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Ehrenamtspreis für ehrenamtliche Funktionärinnen und Funktionäre, denn sie sind das Rückgrat der Sportvereine – sie sind das Rückgrat des Sports. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Wir haben sieben Kategorien ausgelobt: Jungfunktionäre und -funktionärinnen, besondere Verdienste in den Bereichen Gleichstellung, Inklusion, Integration, Nachhaltigkeit und das Lebenswerk. Dotiert ist der Preis mit insgesamt 50 000 Euro, und – ich glaube, das wurde auch besonders geschätzt – es gab Vereinsfeste für jene, die prämiert wurden und dann als Sieger hervorgegangen sind.
Die pauschale Reiseaufwandsentschädigung wurde um 33 Prozent erhöht. Das ist extrem wichtig für jene, die als ehrenamtliche Funktionäre und Funktionärinnen im Sport tätig sind. Wir wissen, sie müssen oft weit fahren, um zu Veranstaltungen zu kommen und dort tätig sein zu können.
Die Spendenabsetzbarkeit wurde stark erhöht. Das kommt natürlich den Vereinen zugute. Wir gehen davon aus, dass damit die Anzahl der Vereine zunimmt. Ich freue mich natürlich auch, wenn ich spenden kann. Bislang war es möglich, Spenden an all jene Vereine, die Behindertensportorganisationen waren, abzusetzen, jetzt geht das für alle Sportvereine. Ich denke, da ist Großes gelungen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Nicht zu vergessen ist die Freiwilligenpauschale: Davon gibt es eine kleine und eine große. Bei der kleinen spreche ich von 30 Euro am Tag beziehungsweise 1 000 Euro im Jahr. Sie ist nicht einkommensteuerpflichtig und für alle Sportfunktionärinnen und -funktionäre relevant: für Obmänner, Obfrauen, Kassiererinnen, Kassierer. Bei der großen geht es vor allem um jene, die in der Weiterbildung, in der Ausbildung tätig sind, und da kann man bis zu 3 000 Euro im Jahr – bis zu 3 000 Euro im Jahr! – einkommensteuerfrei absetzen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Scheucher-Pichler. – Abg. Loacker: Wer hat sich dieses Steuergeschenk hineinlobbyiert, Frau Kollegin?)
Sport ist gesund – ich habe heute schon beim Gesundheitsthema darüber gesprochen –, Sport ist Prävention, Sport macht Spaß, Sport fördert den
Teamgeist und Sport lehrt Respekt. In diesem Sinne sollten wir alle mehr Sport machen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
12.58
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Vizekanzler Werner Kogler. – Bitte.
Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ich danke allen, die das anerkennen, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus, die diesen Sportbericht erstellt haben. Viele Jahre hat es ja so etwas überhaupt nicht gegeben. Der Bericht ist auch sehr transparent gestaltet, glaube ich, weil das vorhin Thema war. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Ich wollte auf die diesbezüglichen Beiträge der Abgeordneten eingehen. Ich möchte aber mit dem Vergleich zu meinen Vorgängern, insbesondere zum Sportminister Strache, beginnen, weil das hier ja aufgekommen ist. Ehrlicherweise habe ich mich bis jetzt immer bemüht, dies auszublenden, weil wir versucht haben, die Parteipolitik aus dem Sport rauszuhalten. Das können alle hier bezeugen. Zweitens habe ich mich sogar bemüht, die elementaren homöopathischen Spuren des positiven Wirkens meines Vorvorgängers Strache sehr positiv darzustellen – immer wieder genau aus diesem Grund. Wenn Sie von der freiheitlichen Fraktion – jetzt drittens – das anders haben wollen, dann können Sie das haben. Das werden wir jetzt nicht hier abwickeln, aber wir schauen uns an, was unter eineinhalb oder zwei Jahren Sportminister Strache passiert ist und was jetzt in dieser Koalition passiert. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Steger.) – So viel können Sie gar nicht turnen, dass Sie uns den Unterschied vorturnen könnten, denn da würden Sie sich übernehmen! (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Weil hier auch immer dasselbe Maß angelegt werden soll (Abg. Lukas Hammer: Beim Kickl haben Sie noch geklatscht, Herr Präsident, bei den Untergriffigkeiten!): Das ist eine Bemerkung, die in den sexistischen Bereich hineingeht. Ich würde wirklich bitten, das zu unterlassen. (Beifall bei der FPÖ.) Bitte setzen Sie fort. (Abg. Disoski: Parteiische Vorsitzführung! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)
Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Herr Präsident, wenn Sie das so sehen, muss ich das zur Kenntnis nehmen, aber ich sehe es anders, sonst hätte ich es ja auch nicht gesagt – aber bitte. (Beifall bei den Grünen.)
Ich bleibe dabei: Wir können diesen Vergleich gerne machen. (Abg. Steger: Also sportlich stecke ich Sie jedes Mal in die Tasche!) Steigen wir einmal ein.
Erstens einmal – ja, ich gebe Abgeordnetem Shetty recht –: Die Erhöhungen alleine sind es nicht, aber die sind jetzt beachtlich, und – weil das von den Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion auch angesprochen wurde – tatsächlich ist diese Erhöhung seit 2019, die beinahe schon eine Verdoppelung der diversen Töpfe im Sportbudget ist, natürlich enorm. Das ist weit, weit über der Inflation der letzten zehn Jahre, das können Sie ja nachrechnen. Das ist immer noch dreimal so viel über zehn, zwölf Jahre, und erst recht verglichen mit dem, was in den letzten Jahren trotz hoher Inflation war (Abg. Steger: Ziehen Sie die Schäden ab, die Sie verursacht haben, und schon sind wir nicht mehr ...!), und dann können wir einmal schauen, wofür das Geld verwendet worden ist – weil Abgeordnete Steger das ja auch aufgerufen hat.
Na ja, sicherlich – das ist da im Übrigen noch gar nicht mitgerechnet –, der NPO-Fonds hat natürlich dazu geführt, dass wir vieles abgefangen haben, was da war, und zwar nicht nur im Sport, sondern auch woanders. Auch wenn Sie den Vergleich mit der EU ja nie akzeptieren, aber wenigstens für die anderen – Sie haben hier ja beim Thema Sportbericht auch etwas zur EU gesagt, also wenn Sie
wollen, können wir das auch über den Sport austragen. Nach Ihrer Wortmeldung müsste man ja gleich einmal einen Antrag auf Austritt aus der Europäischen Union stellen. Wenn Sie das möchten, dann machen Sie das (Abg. Steger: Weil wir der Budgeterhöhung nicht zustimmen sollten und ... Vergleich ... auch nicht!), dann können wir ja offen darüber diskutieren – aber zurück zum Vergleich.
Bei allen Sportministerräten werden wir gefragt, wie wir das alles geschafft haben, weil wir immer noch, und zwar in Bezug auf alle NPOs, aber speziell auf den Sport, Rolemodels sind, und das ist bis heute so. Ich war erst jetzt, vor drei Wochen, beim letzten Sportministerrat. Ich weiß schon, dass Sie das nicht zur Kenntnis nehmen, aber das Hohe Haus besteht ja aus mehr Fraktionen, und diesen wollte ich das noch einmal mitgeteilt haben, was sie nämlich mit ihrer Gesetzgebung – das meiste basiert ja auf Gesetzen – weitergebracht haben.
Apropos Gesetz: Das war ein Punkt des Abgeordneten Shetty vorhin, der gemeint hat, dass wir die ganze Systematik der Sportförderung immer wieder auf die Rüttelstrecke schicken sollen, und auch der Rechnungshof macht diesbezüglich Berichte. – Da hat er völlig recht.
Es ist nur nicht richtig, dass diese Bundesregierung beziehungsweise auch ich in den Jahren 2020, 2021, 2022 – das ist ja das Berichtsjahr – genau irgendwie versprochen hätten, dass sofort alles anders wird – ganz im Gegenteil.
Obwohl ich das vielleicht vor ein paar Jahren selber anders gemacht hätte – da waren wir zum Teil nicht einmal im Nationalrat, aber jedenfalls nicht in der Regierung –, haben wir gesagt, dass wir diese große Novelle, die mit Mehrheit in diesem Haus verabschiedet wurde, einmal wirken lassen müssen. Wir haben Erfolgsindikatoren im Sport, die in Wahrheit oft über vier, acht Jahre gehen, das sind mithin sozusagen die olympischen Perioden, und deshalb muss man das evaluieren und sich das anschauen.
Es gibt aber, ja, auch jetzt Verbesserungsbedarf; den gibt es immer. Natürlich schauen wir, dass wir erstens die Förderungen maximal öffentlich kriegen – das sollten Sie respektieren –, sonst könnten wir heute auch nicht so diskutieren, und zweitens, dass wir das weiterhin verbessern und auch Einflussnahmen in dem Bereich, in dem vielleicht welche mitreden und am Schluss, ganz am Ende dann noch als Fördernehmer auftreten, zurückdrängen oder hintanstellen oder abstellen. Das ist auch geschehen – bitte das zur Kenntnis zu nehmen!
Über eine große Novelle werden sich alle Fraktionen hier im Haus darüber verständigen müssen, wann der geeignete Zeitpunkt ist, aber die letzte ist noch nicht so lange her.
Auch wenn ich damals anders entschieden hätte, muss man trotzdem zur Kenntnis nehmen, dass im österreichischen Sport sehr viel sehr erfolgreich weitergeht. Im Spitzensport wie bei Weltmeisterschaften, Olympischen Spielen oder vergleichbaren Bewerben, ob es jetzt der Parasport ist oder die Olympischen Spiele sind oder sonst etwas, sieht man ja, wie die Leistungsbilanz, wenn Sie so wollen, steigt – falls das jemandem wichtig ist. Ich bin ja sowieso mehr dafür, dass wir uns auch um den Breitensport kümmern, aber dazu sage ich gleich noch etwas.
Also es muss Ihnen halt irgendetwas gleichzeitig recht sein. Im Übrigen ist es durch diese Regierung gewesen, unter anderem auch durch mein Antreiben, dass wir alle Fördernehmer – weit vor der Zeit oder der Notwendigkeit – aus dem NPO-Fonds oder sonst etwas öffentlich machen konnten. Ja, wann hat es denn das früher gegeben? – Schauen Sie sich an, wie das in den Bundesländern noch bis heute ausschaut, und zwar durchgehend. Da gibt es nicht annähernd so viel Transparenz wie in Sport und Kultur auf Bundesebene, und das, glaube ich, sollte man zur Kenntnis nehmen. (Abg. Steger: Transparenz: Wie viel bekommen denn die Frauen im Sport?!) Wir sind eh dabei, da laufend etwas zu verbessern. – So, das ist also alles recht gut aus dieser Krise heraus vorangegangen.
Frau Abgeordnete Steger, im Übrigen: Ich weiß schon, dass Sie und Ihre Fraktion vor allem auf den sogenannten sozialen Medien immer etwas anderes in der Gegend herumtreiben. Ich sage Ihnen diplomatisch und aus Respekt vor der Ordnungsruffähigkeit des Präsidenten nur Folgendes: Es ist die schlichte Unwahrheit, die Sie da verbreiten (Beifall bei den Grünen) – ob Sie das wissentlich machen oder nicht, weiß ich nicht.
Es ist jedenfalls so – auch das gibt der Vergleich mit anderen europäischen Ländern her –, dass Österreich gerade bei Kindern und Jugendlichen immer bei den ersten Ländern war, die insbesondere beim Sport im Freien – in diesen Pandemiezeiten von 2020, 2021 natürlich zunächst einmal im Freien, gerade bei Kindern und Jugendlichen – viel schneller vorangegangen sind, was gar nicht so wenige sportliche Betätigungen im Sommer wie im Winter betrifft (Abg. Steger: Sie haben aber Lockdowns gemacht, da haben alle anderen Länder ... gemacht!), weil das ja genau aus erkennbaren Gründen wichtig war, die Sie zum Teil ja hin und wieder – zwar nicht heute hier, aber sonst – zu benennen in der Lage sind.
Jetzt zu den nächsten Schwerpunkten, die mit dem Sportbericht verbunden sind – wir haben einige Schwerpunkte, und die ziehen wir auch durch –: Einen Schwerpunkt erkennen Sie bei den Frauenligen, die seit 2021, 2022 das erste Mal massiv wie nie zuvor gefördert werden – nicht nur die Männerligen, sondern auch die Frauenligen, gerade nach der Pandemie! –, oder beim Gender Traineeprogramm, durch das wir junge Frauen in die Lage versetzen, in diese durchaus männerbestimmte Sportwelt vorzudringen und etwas auszurichten (Abg. Steger: Und da ist es sicher hilfreich, wenn man ORF Sport plus abschafft!), und das ist mega. Auch das ist ein Rolemodel für die EU, und da können Sie sich anschauen, wie das funktioniert.
Mittlerweile sind 40 – 40! – junge ambitionierte, kompetente Frauen in einem sehr raffinierten Programm in Ausbildung. Wer unterstützt das alles, wer ist dabei? – Nur damit Sie sich einmal orientieren, weil Sie sich ja sonst so sehr ums populäre Geschäft bemühen: In der Auswahlkommission – die ist streng – dafür,
wer überhaupt in dieses Programm reinkommt, sitzt etwa Irene Fuhrmann, die dürfte Ihnen ja etwas sagen. In den Ausbildungsschleifen, die wir machen, um die Frauen eben zu empowern oder ertüchtigen, kommen immer wieder sehr wichtige – und die richtigen – Frauen dazu, die im österreichischen Sport etwas bedeuten, wie etwa Alexandra Meissnitzer – auch die wird Ihnen etwas sagen.
Sie sagen im Übrigen alle gemeinsam, wie richtig und wichtig dieses Projekt ist. Da können Sie aus irgendwelchen Gründen eine andere Auffassung haben, wir erwähnen es entlang dieses Sportberichts jedenfalls. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zur Schwerpunktsetzung, die Sie da finden und die sich über Jahre zieht – aber auch über dieses Jahr, das ist ein weiteres –, haben wir uns bekannt. Da sind wir nicht bei Sonntagsreden geblieben. Machen wir doch den Vergleich, was Herr Strache im Behindertensport gemacht hat – machen wir ihn doch! (Abg. Steger: ... kann man nicht die Berichterstattung von ORF Sport plus abdrehen!) Wir haben jetzt für die athletenspezifische Spitzensportförderung im Parabereich die Mittel verdreifacht, und zwar im Übrigen zielgerichtet.
Reden Sie mit denen dort, um zu hören, was die sagen, wie es früher war und wie es jetzt ist! Machen Sie das doch – ich lade Sie herzlich dazu ein! –, dann werden wir im Protokoll vielleicht auch Reden finden, die näher an der Wahrheit sind, als wir das sonst bei diesen Tagesordnungspunkten gewohnt sind.
Auch im Breitensport ist natürlich die Förderung des Behindertensports ganz wichtig. Da geht überall etwas weiter. Da sind die Mittel verdoppelt worden. – Ja, wieder zu Abgeordnetem Shetty gesprochen: Er hat recht, es braucht auch zielgerichtete Programme, aber die gibt es, davon können wir uns überzeugen, unter anderem in diesem Bericht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Großes Thema tägliche Bewegungseinheit: Ja, da gehört viel schneller viel mehr gemacht. Da sind wir dabei, ich sage Ihnen nur auch Folgendes: Die Ersten, die jetzt überhaupt etwas machen, sind wir, ist diese Bundesregierung. 20 Jahre ist das nach unten gegangen; wir haben die Trendumkehr eingeleitet, und jetzt verdoppeln wir die Regionen, in denen das passiert. (Abg. Steger: Da merkt man, dass Sie vorher mit Sport überhaupt nichts zu tun hatten!)
Sie – all diejenigen, die das sagen, auch von der sozialdemokratischen Fraktion – haben sicher recht, dass wir da die Perspektive auf viele oder auf mehrere Jahre brauchen, weil man das über Nacht im Regelunterricht eh nicht voll durchkriegt. Wir brauchen das aber, und es wird auch kommen. Wir machen morgen wieder eine Konferenz, die öffentlich gestaltet wird, eine Pressekonferenz mit dem in diesem Bereich sicherlich sehr geforderten Bildungsminister.
Das ist alles nicht einfach, aber es wird das erste Mal angegangen. Es ist einmal gestartet worden – unter widrigsten Umständen wie der Pandemie und anderen Dingen mehr, als es in den Schulen ja auch nicht so leicht war, ist es trotzdem gemacht worden. Das wird massiv ausgerollt. Wenn man alle Einheiten wie Kinder gesund bewegen, die tägliche Bewegungseinheit, Schwimmkurse, die im Übrigen jetzt auch in die Schulen kommen, zusammenzählt, ist das mittlerweile eine Vervielfachung. Auch diesen Unterschied – nehmen wir jetzt ein anderes Beispiel, das dem Präsidenten vielleicht besser passt, nachherkommt eh ein Kunst- und Kulturtagesordnungspunkt – können Sie Klavier spielen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Sportvereine und die Ehrenamtlichen: ein richtiger und wichtiger Punkt. Wir konnten uns alle davon überzeugen, was da weitergeht, das haben die Abgeordneten in unterschiedlichen Redebeiträgen gebracht, das brauche ich nicht auszuführen, ich möchte nur die Stichwörter wiederholen. All die Ehrenamtspreise, die es jetzt gibt, sind von massiver Wichtigkeit für die Bewusstseinsbildung. Wenn diese Menschen beim Tag des Sports vor
Zigtausenden auf die Hauptbühne kommen können, dann ist da irrsinnig viel erreicht. Wo hat es das denn früher gegeben? – Nirgends. Nicht einmal die Idee ist im Sportministerium auffindbar, als es noch blau war. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steger: Da merkt man, dass Sie sich nie mit Sport beschäftigt haben ...! Sie wissen ja nicht einmal, was es früher alles gegeben hat!) – Ja, ja, wir können das ja dann gerne fortsetzen.
Es geht ja auch darum, dass wir nicht immer nur das Hohelied des Ehrenamts und der freiwilligen Tätigkeit und der gemeinnützigen Tätigkeit singen, das kann und soll schon auch unterstützt werden. Deshalb ist es ja so wichtig, dass die steuerlichen Begünstigungen massiv ausgeweitet werden, wie etwa die Reiseaufwandsentschädigung, die es jetzt für die Trainerinnen und Trainer, für Funktionärinnen und Funktionäre, die sonst mit ihrem Engagement eigentlich eh sehr schwer über die Runden kommen, gibt. Das geht weiter mit der Spendenabsetzbarkeit, die Sie in den nächsten Tagen hier beschließen, und das geht weiter mit der Freiwilligenpauschale. Das ist alles ganz, ganz wichtig für den gesamten gemeinnützigen Bereich, aber am meisten und im Besonderen ist es wichtig für den Sport. Und genau das gelingt. Sie werden ja selber dabei sein, wenn es beschlossen wird.
Letzter Punkt, was die inhaltlichen Aufzählungen betrifft: die soziale Frage. Herr Abgeordneter Shetty hat das gebracht – vielleicht ist es ja möglich, dass wir diesen Brief erhalten. Wir kriegen da oder dort auch Briefe. Ich kann Ihnen nur sagen, auch was die soziale Lage betrifft, ist im Sport mehr als je zuvor reflektiert worden. Ja, die ist schwierig, das müssen wir auch an anderer Stelle diskutieren, das führt jetzt zu weit. Sowohl das Programm Come back stronger als auch der Sportbonus stellen aber genau darauf ab, dass gerade die, die es sich nicht so ohne Weiteres leisten können, ein Jahr – und jetzt noch ein Jahr – Mitgliedschaft in den Vereinen gefördert bekommen, und zwar mit einem bestimmten Deckel. Das gilt also nicht für – ich sage es jetzt ironisch, weil das sonst auch wieder jemandem einfällt – den Nobelgolfklub, sondern für die klassischen, die vielen Sportvereine, die damit unterstützt
werden. Auch das wird funktionieren, im Übrigen in Zusammenarbeit mit den Dachverbänden und Fachverbänden, die Sie immer so gerne kritisieren.
Damit sind wir wieder bei der Struktur und beim Ausgangspunkt: Wir können die Struktur verändern, aber – ehrlicherweise – es soll schon besser werden. Angesichts der vielfältigen Krisen, die wir hatten, war mein Zugang: Wir arbeiten mit den Strukturen, die da sind, bevor wir sie auf den Kopf stellen und nichts passiert. Es ist klar, dass man immer darüber nachdenken kann, was man in Österreich verändern kann – da würde mir auch etwas einfallen (Abg. Steger: Nennen Sie einmal was!) –, aber wir müssen ja auch in der Wirklichkeit etwas verändern. Das ist ja die Kunst in der Politik, das ist doch Realpolitik, und im Sport ist real noch nie so viel wie jetzt weitergegangen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Bleibt eigentlich nur mehr das Thema der sogenannten Events, der Großveranstaltungen und der Infrastruktur. Auch da steht es nicht schlecht, finde ich, auch abgesehen von den konjunkturellen Maßnahmen, die wir setzen. Ob wir die Rodelbahnen sanieren, ob wir für die sehr erfolgreichen Fußballmannschaften und -frauschaften, wie wir gerade gehört haben, neue Trainingszentren bauen oder andere Schwerpunkte wie die Ski-WM in Saalbach setzen: All das passiert – das hat Abgeordneter Hammer angedeutet, und insofern hat er natürlich sehr wohl zum Thema gesprochen – zunehmend unter Einbeziehung von ökologischen Aspekten, von Klimaschutzaspekten. Genau so fördern wir es auch. Auch das ist eine komplette Trendwende.
Das sind die vier Schwerpunkte, die sich diese Bundesregierung gesetzt hat – wobei man Integration noch dazunehmen könnte, aber da haben Vorgängerregierungen auch schon etwas gemacht, muss ich fairerweise sagen, etwa Dinge wie Gewalt in Stadien zu bekämpfen oder Ähnliches mehr. Das sind die vier Schwerpunkte. Die finden Sie da wieder, versprochen und gehalten, und zwar in einer Dimension wie nie zuvor.
Weil Sie die Sache vorhin schon angesprochen haben: Der Vergleich sollte uns sicher machen. Ich habe verstanden, dass das jetzt auch Thema der Auseinandersetzung ist – wir werden sie suchen, wir werden sie finden, ich werde versuchen, sie konstruktiv zu gestalten. Ich sage Ihnen aber, das hier (den Sportbericht 2022 in die Höhe haltend) kann sich sehen lassen, und ich möchte einmal wissen, was die Bilanz des Herrn Ministers Strache (Abg. Steger: Er hat das initiiert!) bei diesen Fragestellungen ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: ... sich fremde Lorbeeren umhängen!) – Das können wir uns anschauen. Vielleicht finden Sie irgendwo ein Blatt Papier, auf das er etwas draufgeschrieben hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steger: Sie haben das übernommen von unserer Regierung! Sie verbreiten Fakenews!)
13.15
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Dr. Martin Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben mich da praktisch herausgefordert, wenn Sie sich vergleichen. Ich sage es einmal so: Der Unterschied zwischen Ihnen und Strache – tatsächlich gibt es einen – ist, dass Sie wahrscheinlich fünf Jahre im Amt sind und er 15 oder 16 Monate im Amt war. Er hat nur ein einziges Budget selbst verantworten dürfen, und das nur fünf Monate, und Sie haben sich vier Budgets stricken können. – Das ist einmal ein Unterschied. Wenn man dann auf die inhaltliche Ebene geht, sieht man, dass nicht wirklich viel da ist, aber Sie vergleichen es immer. (Abg. Prammer: Aber warum waren es nur 15 Monate?)
Dieser Sportbericht wurde – nur um der Wahrheit die Ehre zu geben – im Jahr eins des Herrn Strache initiiert, beauftragt, gemacht und dann im zweiten, dritten Jahr ausgerollt, und da waren Sie dann am Werk. Das ist nicht Ihre Idee gewesen, das sage ich auch dazu, sondern das war schon die Idee der Freiheitlichen in dieser Zeit. (Beifall bei der FPÖ.)
Sich mit fremden Federn schmücken, das kann man gerne machen, aber, Herr Bundesminister: Ja, Sie werden als Sportminister in die Geschichte eingehen. Sie sind nämlich der Bundesminister, der es geschafft hat, Sportbetriebsstätten auch im Freien über Monate zu schließen, in Summe einmal sieben Monate, einmal drei Monate. Sie haben absolute Lockdowns verhängt, Betretungsverbote für Freiluftanlagen verhängt (Abg. Steger: Sie haben Skiloipen verboten!) und damit in zwei Saisonen während zweier Jahre Ihrer Regierungstätigkeit ein Sportausübungsverbot verhängt (Beifall bei der FPÖ), und Sie haben somit – und damit gehen Sie in die Geschichte ein – dieser nachkommenden Generation, nämlich den jungen Leuten, ihre sportliche Zukunftsperspektive geraubt. Das war Ihr wahrer Verdienst, und dafür werden Sie in die Geschichte eingehen, glauben Sie mir das! (Beifall bei der FPÖ.)
Wem kann eine derart hirnrissige Idee einfallen, dass man auf einem Sportplatz im Freien, der zum Beispiel 35 000 Quadratmeter hat, nicht einmal 20 Leute trainieren lässt? – Das muss einem einmal einfallen! Weil man sich vielleicht anstecken könnte. – Und nichts war! Spätestens nach den letzten Erkenntnissen müssten Sie sich bei allen Sportvereinen und bei dieser Generation – es sind nämlich drei Saisonen, die Sie den jungen Leuten von ihrem kurzen sportlich aktiven Leben geraubt haben – heute eigentlich entschuldigen.
Sie machen nichts Neues, außer ideologiegetriebene Projekte. (Abg. Blimlinger: Da redet der Richtige!) Das ist Gott sei Dank in diesem Bericht auch nachzulesen, wenn wir uns den anschauen. (Abg. Lukas Hammer: Mit Ideologie kennen Sie sich aus, ha?) Da geht es nämlich um Genderprojekte und Integrationsprojekte (Abg. Heinisch-Hosek: Beides ist super!), in Bezug auf die ich Ihnen im Ausschuss schon vorgehalten habe, dass Sie dort hauptamtliche Mitarbeiter einsetzen (Abg. Lukas Hammer: Furchtbar! Furchtbar!), die den ehrenamtlichen Mitarbeitern in den wirklichen Sportvereinen Konkurrenz machen. Das kann doch wohl nicht die Zukunft sein! – Das sei nur gesagt, weil wir ja auch den Antrag betreffend das Ehrenamt auf der Tagesordnung haben.
Das ist in Wirklichkeit Ihre Leistung gewesen: drei Jahre, drei Saisonen den Sportlern das sportliche Leben zu rauben und ideologiegetriebene Projekte zu fördern. Alles andere bei Ihnen ist ein Fortschreiben des Alten gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)
13.19
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Besucher! Ich möchte vor allem im Namen meines Kollegen Andreas Kühberger eine Gruppe aus Sankt Peter-Freienstein in der Steiermark recht herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)
Sport ist nicht nur für mich als Läuferin eine persönliche Leidenschaft, sondern er ist für uns alle etwas Fundamentales im täglichen Leben. Sport hat nicht nur einen hohen körperlichen, sondern auch einen psychischen und mentalen Wert für unsere Gesundheit, und er hat auch einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft und die soziale Integration.
Die Regierung hat sehr viele Maßnahmen für den Sport und für unsere Sportler und Sportlerinnen gesetzt. Wenn ich nur hervorheben darf: die Förderung der Sportvereine und Sportfunktionäre, die Erhöhung der pauschalen Reiseaufwandsentschädigung, die Auslobung eines hoch dotierten Ehrenpreises und natürlich die Verbesserung der steuerlichen Spendenabsetzbarkeit. Das Sportbudget ist erhöht worden und im Sportbereich sind viele Maßnahmen gesetzt worden, die es davor nicht gab.
Der Sportbericht ist eine Diskussionsgrundlage, eine Basis, auf der wir über die Maßnahmen im Spitzensport, aber auch im Breitensport diskutieren können.
Ich möchte auch noch besonders erwähnen, dass der Sport einen großen Beitrag zum wirtschaftlichen Leben in Österreich leistet. Mit einem direkten Anteil am BIP von 4,2 Prozent liegt der Wert in Österreich höher als in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wir können sagen: Österreich ist Europameister im wirtschaftlichen Bereich beim Sport.
Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen will, ist der gesellschaftliche Beitrag, denn Sport und Sportvereine zeichnen sich dadurch aus, dass es einen Zusammenhalt gibt. Sie bringen täglich Menschen zusammen, egal welcher Herkunft, egal aus welcher Altersgruppe.
Ich brauche nur den Sportverein bei mir zu Hause, den ASV, herzunehmen, in dem sehr viele Väter die Kinder trainieren und in dem auch sehr viel Integrationsarbeit passiert. In diesem Sinne ist es inspirierend, zu sehen, wie sich über 500 000 Ehrenamtliche in unseren Sportvereinen mit großem Einsatz engagieren, es ist nicht wegzudenken. Sie sind das Rückgrat dieser Sportvereine und unserer Sportlandschaft in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Prammer.)
An dieser Stelle möchte ich jetzt noch allen Sportlern und Sportlerinnen, aber auch allen Sportfunktionären und -funktionärinnen ganz herzlichen Dank aussprechen, denn sie sind der Eckpfeiler, damit die sportlichen Aktivitäten gefördert werden, aber auch ein Grundpfeiler für Integration und Wirtschaft in unserem Land. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Prammer.)
13.22
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Wir haben hier als Thema den
Sportbericht 2022, und ich muss jetzt leider auch ein bisschen auf meine Vorredner:innen eingehen und sagen: Frau Kollegin Steger, nur weil es laut ist und nur weil es aufgeregt klingt, wird es bei Weitem nicht richtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Die muss sich in Szene setzen, die wählen sie ab in der eigenen Bezirkspartei! Eng wird’s! – Abg. Steger: Und was genau ...?)
Es ist leider ein Faktum, dass all das, was hier in diesem Sportbericht steht (den genannten Bericht in die Höhe haltend), Tatsachen sind. Das ist ein Blick in das, was tatsächlich passiert ist. All das zeigt uns auf, was im Sport geleistet wurde.
Sie haben jetzt auf Ihre Zeit der Verantwortung für den Sport Bezug genommen, und ich muss schon ehrlich sagen: Was da rausgekommen ist - - (Abg. Steger: Der Sportbericht zum Beispiel! Den haben Sie schon in der Schublade gehabt, als Sie eingezogen sind ins Ministerium!) – Es gab etwas – ich weiß nicht, ob das noch irgendjemandem etwas sagt –, das nannte sich Sportstrategie Austria. Das war ein Papier, in dem eine Ideensammlung enthalten war – eine Ideensammlung und eine Zusammenfassung von Themen, die den Sport seit Jahren beschäftigt haben (Abg. Steger: Zahlreiche Arbeitsgruppen und Experten ... die wichtigsten Ideen zusammengetragen! ... sollten mehr Respekt davor ...!), die dort noch einmal drinnen gestanden sind und als Produkt einer Arbeit von einem knappen Jahr präsentiert worden sind. (Abg. Kaniak: Da ist gearbeitet worden ein Jahr lang! – Abg. Steger: Wir haben den Sport ... eingebunden!) Von dem war nichts – wirklich nichts – einigermaßen brauchbar. Das ist schon eine sehr große Leistung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: ...! Alles, was Sie jetzt beschrieben haben, war da schon drinnen! ... nicht einmal durchgelesen!)
Was passiert ist, ist, dass Sie versucht haben, den Sport als eine Aneinanderreihung von Events, von Großveranstaltungen zu präsentieren, in die – ich möchte jetzt nicht sagen blindlings, aber doch sehr unkontrolliert – viel, viel Geld geflossen ist, bei denen es heute noch Probleme in der Aufarbeitung dessen, was damals passiert ist, gibt und die Gesellschaften und sogar Gemeinden in den
Ruin gestürzt haben – und all das, weil Sie ein Ministerium mit Menschen aufgeblasen haben, die offensichtlich alles gemacht haben, nur nicht diese Förderungen geprüft. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: Sie wissen aber schon, wer bei diesen Skandalen im Amt war, oder? Das waren rote Sportminister!)
Jetzt möchte ich noch sagen: All das, was da passiert ist, war eine Roadshow an Fototerminen für einen Sportminister, der sich gerne mit Spitzensportlern, mit Spitzensportlerinnen präsentiert hat, der sich bei Großevents gerne mit allen möglichen Leistungsträger:innen, mit allen möglichen wichtigen Personen, mit allen möglichen Menschen unterhalten hat, nur nicht mit Sportfunktionär:innen in den kleinen Vereinen. (Abg. Martin Graf: Das stimmt ja gar nicht! – Abg. Steger: So viele Tatsächliche kann ich gar nicht machen ..., falsche Informationen ...! – Abg. Martin Graf: Das ist ja eine glatte Lüge! ...!)
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich liebe den Sport, wirklich, und nicht nur Sport an sich, sondern auch das, was den Sport repräsentiert, und die Menschen, die den Sport repräsentieren. Ich könnte Ihnen eine andere Roadshow empfehlen, ich könnte Ihnen nämlich empfehlen: Gehen Sie zu kleinen Veranstaltungen, gehen Sie dorthin, wo tatsächlich gearbeitet wird und wo die Menschen tatsächlich tagtäglich ihre Energie – großteils ehrenamtlich – reinstecken! Dort werden Sie überall hören, wie froh diese Menschen über all das sind, was wir in den letzten vier Jahren für den Sport getan haben, sowohl im Spitzensport als auch im Leistungssport. (Abg. Kaniak: Monatelang zugesperrt! – Abg. Steger: Zusperren! Die waren alle sehr dankbar fürs Zusperren!)
Gehen Sie zu den Fachverbänden, gehen Sie zu den kleinen Vereinen, und Sie werden es hören! Wenn Sie das nicht tun, dann kann ich Ihnen leider nicht helfen, denn dann werden Sie immer einen verzerrten Blick auf die Wahrheit haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steger: Die waren alle sehr dankbar fürs Zusperren! Danke, dass wir jahrelang keinen Sport machen durften! – Abg. Martin Graf: Für die Politfunktionäre im Sport ...!)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gelmeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Sportausschusses, den Sportbericht 2022 (III-1056/2355 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Sportausschusses, seinen Bericht 2356 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Zurückziehung eines Verlangens auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses 7/US vom 24. November 2023 zurückgezogen wurde.
Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass ein von mindestens 46 Abgeordneten unterstütztes Verlangen 8/US auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung betreffend „Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus
sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden (‚Rot-blauer Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss‘)“ gestellt wurde.
Dieses wird gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung an alle Abgeordneten verteilt.
Das Verlangen hat folgenden Gesamtwortlaut:
Verlangen
auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
gemäß § 33 Abs. 1 zweiter Satz GOG-NR
der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden („ROT-BLAUER Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss“)
Die österreichische Bundespolitik steht seit längerer Zeit in der Kritik, wonach das Handeln vieler Spitzenpolitikerinnen und -politiker auf Bundesebene überwiegend den Interessen von Parteien und ihren Mitgliedern diene und nicht dem Interesse der Allgemeinheit. Im Besonderen lautet der Vorwurf, dass bei der Vergabe von Inseraten oder bei der Beauftragung von Gutachten, Studien und Umfragen nicht Rechtsrichtigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, sondern das Naheverhältnis zu einer politischen Partei die ausschlaggebende Rolle gespielt habe.
Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen daher gemäß Art. 53 Abs. 1 zweiter Satz B‑VG sowie § 33 Abs. 1 zweiter Satz GOG‑NR die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit folgendem
Untersuchungsgegenstand:
1. Untersucht werden soll,
ob Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretärinnen bzw.‑sekretäre, die mit der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) oder mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) verbunden sind, sowie diesen Organen in den jeweiligen Bundesministerien unterstellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf deren Geheiß oder mit deren Wissen
im Zusammenhang mit
- Inseratenschaltungen und Medienkooperationsvereinbarungen;
- Umfragen, Gutachten und Studien,
- Beauftragung von Werbeagenturen sowie
Betrauung von Personen mit der Leitung oder stellvertretenden Leitung von Organisationseinheiten in der Bundesverwaltung (insbesondere Sektionen, Gruppen und Abteilungen) samt Staatsanwaltschaften und ausgegliederten Rechtsträgern
im Zeitraum vom 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020
aus sachfremden Motiven
gehandelt haben.
2. Vom Untersuchungsgegenstand ist auch die Tätigkeit von ausgegliederten Rechtsträgern erfasst, soweit sie der mittelbaren oder unmittelbaren Ingerenz von Mitgliedern der Bundesregierung und Staatssekretärinnen bzw. -sekretären, die mit der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) oder mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) verbunden sind, unterlagen.
3. Ebenfalls vom Untersuchungsgegenstand erfasst ist staatsanwaltliches Handeln, das die erwähnten Handlungen im Zeitraum von 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020 zum Gegenstand hatte.
4. Schließlich ist vom Untersuchungsgegenstand die Frage erfasst, ob durch die erwähnten Handlungen im Zeitraum von 11. Jänner 2007 bis zum 7. Jänner 2020
gesetzliche Bestimmungen umgangen oder verletzt wurden sowie ob dem Bund oder anderen Rechtsträgern dadurch Schaden entstanden ist.
5. Schließlich ist vom Untersuchungsgegenstand erfasst, ob durch die Bundesvollziehung, ausgenommen die Rechtsprechung, insbesondere durch die COVID-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG), natürliche oder juristische Personen, die die SPÖ oder die FPÖ – etwa durch Spenden – unterstützt haben oder diesen Parteien sonst nahestehen oder standen bzw. verbunden sind oder waren, zwischen 18. Dezember 2017 und 23. November 2023 aus unsachlichen Gründen bevorzugt behandelt wurden.
Der Untersuchungsausschuss hat diesbezüglich folgende Fragen zu klären:
1. Welche Motive haben die Verwaltung bei der COFAG geleitet?
2. Wer hat die Ausgestaltung der COFAG-Förderungen bestimmt?
3. In welchem Ausmaß haben Personen und Unternehmen von COFAG-Förderungen profitiert?
4. Welche Handlungen in Zusammenhang mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen wurden von Organen bzw Bediensteten der COFAG oder vom Bundesministerium für Finanzen im Zusammenhang mit der COFAG und diesen Personen und Unternehmen gesetzt?
5. Wurde von der COFAG in Zusammenhang mit Förderungen an die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen "ein Auge zugedrückt"?
6. In welchem Ausmaß erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen Subventionen aus öffentlichen Mitteln?
Dabei insbesondere:
a. Erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen Steuerbegünstigungen oder Steuernachlässe, etwa im Zuge von Abgabenprüfungen?
b. Wurden Projekte von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen aus Förderprogrammen des Bundes unterstützt und wenn ja, in welcher Höhe?
c. In welchem Ausmaß arbeiteten Stiftungen und Fonds des Bundes mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zusammen?
7. Wurde der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gegenüber den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen eingehalten?
Dabei insbesondere:
a. Erhielten die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen privilegierten Zugang zu Organen der Vollziehung und allenfalls sogar besondere (im Sinne zB von beschleunigte) Verfahren für sich oder von ihnen benannte Dritte und aus welchem Grund bzw auf Veranlassung von wem innerhalb der Verwaltung?
b. Intervenierte die politische Führungsebene der Bundesministerien in Verwaltungsverfahren und -ablaufe betreffend die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen?
c. Wurden Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen tätig und mit welchen Ergebnissen?
d. Wurde durch Leitungsorgane im Wege von Weisungen oder informell auf Aufsichts- oder Strafverfahren, von denen die im Untersuchungsgenstand genannten Personen und Unternehmen (wenn auch nicht alleine) betroffen waren, eingewirkt und wenn Ja, auf welche Art?
e. Ließen sich Amtsträger von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen Vorteile anbieten oder haben diese sogar angenommen und was war die gewünschte Gegenleistung im Bereich der Vollziehung?
8. Wurden die im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen bevorzugt in Regierungstätigkeiten eingebunden?
Dabei insbesondere:
a. Welche Informationen wurden den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zur Verfügung gestellt (etwa durch Bestellung in Organe von staatsnahen Unternehmungen) und ermöglichten diese Informationen ihnen den Erhalt oder Ausbau ihres Vermögens?
b. Von welchen Unternehmungen des Bundes wurde mit Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zuzurechnen sind, zusammengearbeitet und aus welchen Gründen?
c. In welchem Ausmaß und aus welchen Gründen wurden Unternehmen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen zuzurechnen sind, von Bundesorganen beauftragt?
Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstandes
1. Inseratenschaltungen und Medienkooperationsvereinbarungen:
Aufklärung über den Abschluss von Inseratengeschäften sowie den Abschluss und den Abruf aus Medienkooperationsvereinbarungen aus sachfremden Motiven, über die damit in Zusammenhang stehende mögliche Umgehung oder Verletzung von Rechtsvorschriften und über die dem Bund oder anderen Rechtsträgern dadurch entstandenen Kosten. Insbesondere soll untersucht werden:
a. Die Höhe der jährlich vorgesehenen Mittel für Inserate und Medienkooperationsvereinbarungen und deren Herkunft sowie das Vorliegen von Informationen über die Bewertung der Preisakzeptanz.
b. Die Messung des Erfolges von Kampagnen, die seitens der im Untersuchungsgegenstand genannten Organe und Personen in Auftrag gegeben wurden.
c. Die Ausnutzung aller Rabatte und Boni bei der Schaltung von Inseraten und dem Abschluss von Medienkooperationen durch die im Untersuchungsgegenstand genannten Organe und Personen.
d. Der Versuch der Beeinflussung der Berichterstattung (z.B. in Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen sowie sonstigen Druckwerken oder elektronischen Medien) durch die (möglicherweise zu überhöhten Preisen erfolgte) Schaltung von Inseraten oder durch den Abschluss von Medienkooperationen durch die im Untersuchungsgegenstand genannten Organe oder diesen unterstellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
e. Der Versuch der Erlangung einer „eigentümerähnlichen Funktion“ in Medienunternehmen mittels der im Untersuchungsgegenstand erwähnten Handlungen durch die (möglicherweise zu überhöhten Preisen erfolgte) Schaltung von Inseraten oder durch den Abschluss von Medienkooperationsvereinbarungen oder aus anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen Medien und der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Parteien; insbesondere durch die Zahlung überhöhter Rechnungen durch den Bund.
f. Das Vorliegen von „Kickback-Zahlungen“ zugunsten der im Untersuchungsgegentand genannten politischen Parteien, deren Vorfeld- oder Teilorganisationen, diesen politischen Parteien zurechenbarer oder mit politischen Parteien befreundeter Organisationen im Wege der Schaltung von Inseraten und dem Abschluss von Medienkooperationsvereinbarungen oder aus anderen Formen der Zusammenarbeit zwischen Medien und der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Parteien; insbesondere durch die Zahlung überhöhter Rechnungen durch den Bund.
2. Umfragen, Gutachten und Studien:
Aufklärung über die Beauftragung von Umfragen, Gutachten und Studien und die Verwendung der Ergebnisse dieser durch die im Untersuchungsgegenstand bezeichneten Organe und Personen:
a. Die Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politischen Parteien nahestehender Unternehmen und Personen u.a. mit dem mutmaßlichen Ziel der (indirekten) Partei- oder Wahlkampffinanzierung.
b. Die Umgehung von Vergabevorschriften (z.B. durch das „Maßschneidern“ von Ausschreibungsunterlagen), wodurch den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien unmittelbar oder mittelbar nahestehende Unternehmen und Personen bevorzugt und andere Unternehmen oder Personen entgegen dem Bestbieterprinzip übergangen wurden und allfällige dadurch verursachte Schäden für den Bund.
c. Die Beauftragung von Unternehmen oder Personen, die auch für die im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien tätig sind oder waren oder die den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien nahestehen.
d. Die Ausschreibung sowie die Vergabe von Umfragen, Gutachten, Studien und Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der „Sonntagsfrage“ oder im Zusammenhang mit der Untermauerung politischer Forderungen oder Ideen.
e. Abschluss von Beratungsverträgen mit ehemaligen und aktuellen Kabinetts-mitarbeitern, Politikern und deren Angehörigen, die den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien nahestehen oder standen.
3. Beauftragung von Werbeagenturen
a. Die Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politischen Parteien nahestehender Unternehmen und Personen u.a. mit dem mutmaßlichen Ziel der (indirekten) Partei- oder Wahlkampffinanzierung.
b. Die Umgehung von Vergabevorschriften (z.B. durch das „Maßschneidern“ von Ausschreibungsunterlagen), wodurch den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien unmittelbar oder mittelbar nahestehende Unternehmen und Personen bevorzugt und andere Unternehmen oder Personen entgegen dem
Bestbieterprinzip übergangen wurden und allfällige dadurch verursachte Schäden für den Bund.
c. Die Beauftragung von Unternehmen oder Personen, die auch für die im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien tätig sind oder waren oder die den im Untersuchungsgegenstand genannten politischen Parteien nahestehen.
4. Betrauung von Personen mit der Leitung oder stellvertretenden Leitung von Organisationseinheiten in der Bundesverwaltung (insbesondere Sektionen, Gruppen und Abteilungen) samt Staatsanwaltschaften und ausgegliederten Rechtsträgern
Aufklärung über die allfällige Einflussnahme auf die Betrauung sowie Bestellung mit Führungs- und Leitungsfunktionen sowie von Mitgliedern von Aufsichts- und Kontrollgremien aus sachfremden Motiven, über die damit in Zusammenhang stehende mögliche Umgehung oder Verletzung von Rechtsvorschriften und über die dem Bund oder anderen Rechtsträgern dadurch entstandenen Kosten. Insbesondere soll untersucht werden:
a. Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen für Planstellen- und Arbeitsplatzbesetzungen sowie der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes und hinsichtlich Staatsanwältinnen und Staatsanwälten des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz sowie der Bestimmungen für die Betrauung bzw. Bestellung von Führungskräften (z.B. Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer) und von Mitgliedern von Aufsichts- und Kontrollgremien von Stiftungen, Fonds und Anstalten im Sinne des Art. 126b Abs. 1 B‑VG sowie von Unternehmungen gemäß Art. 126b Abs. 2 B‑VG.
b. Berücksichtigung der fachlichen und persönlichen Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Arbeitsplätzen mit Personen, insbesondere mit (ehemaligen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kabinetten bzw. Büros von Staatssekretären.
c. Sachfremde Einflussnahme auf Stellenausschreibungstexte, insbesondere im Hinblick auf das „Maßschneidern“ zu Gunsten parteipolitisch genehmer Bewerberinnen und Bewerber, auf die Zusammensetzung der Begutachtungs- bzw.
Bewertungskommissionen sowie auf die Gutachten und Besetzungsempfehlungen der Begutachtungs- bzw. Bewertungskommissionen.
d. Politische Interventionen von (ehemaligen) oder für (ehemalige) Politikerinnen und Politiker, von (ehemaligen) oder für (ehemalige) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kabinetten und Büros von Staatsekretären sowie Personen, die politischen Parteien nahestehen.
e. Grundlagen und Begründungen von Organisationsreformen und deren Auswirkungen auf die Personalstruktur in den einzelnen Bundesministerien (Zentralstellen und nachgeordnete Dienststellen).
f. Inhalt und Status staatsanwaltschaftlicher Handlungen, insbesondere von Ermittlungshandlungen, im Zusammenhang mit der Einflussnahme auf die Betrauung sowie Bestellung von Führungs- und Leitungsfunktionen in Bundesministerien, nachgeordneten Dienststellen, Unternehmungen sowie von Mitgliedern von Aufsichts- und Kontrollgremien gegen Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre oder gegen diesen unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
g. Beauftragungen von Gutachten und Studien sowie Vergabe von Beratungsdienstleistungen durch die Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften im Zusammenhang mit Punkt 3.
5. Inhalt und Status staatsanwaltschaftlichen Handelns im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand
6. Beauftragung von Gutachten und Studien sowie Vergabe von Beratungsdienstleistungen durch die Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften betreffend Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.
7. COFAG
Aufklärung über das Verhalten der Organe und Bediensteten der COVID Finanzierungsagentur des Bundes ("COFAG") sowie der diesbzgl zuständigen Personen im Bundesministerium für Finanzen gegenüber den im Untersuchungsgenstand
genannten Personen und Unternehmen sowie die Gewährung geldwerter Vorteile aus öffentlichen Haushalten in deren Einflussbereich.
Informationsweitergabe und Interventionen
Aufklärung über Vorwürfe der unmittelbaren oder mittelbaren Weitergabe interner Verwaltungsinformationen an im Untersuchungsgegenstand genannte Personen sowie Einflussnahme auf Verwaltungsverfahren im Interesse der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen.
Kooperationen staatsnaher Unternehmen
Aufklärung über Kooperationen, Joint Ventures, gemeinsame Beteiligungen und/oder Syndizierungen zwischen staatlichen und staatsnahen Unternehmen und im Untersuchungsgegenstand genannten Personen bzw den ihnen zurechenbaren Unternehmen und genannten Unternehmen
Staatliche Aufsicht
Aufklärung über die Bemühungen von Behörden bei der staatlichen Aufsicht und der Führung von Strafverfahren jeglicher Art in Zusammenhang mit den Handlungen oder dem Vermögen von im Untersuchungsgegenstand genannten Personen und Unternehmen einschließlich von Finanzstrafverfahren, nicht jedoch Verwaltungsstrafverfahren in Zuständigkeit der Gemeinden, Bezirksverwaltungsbehörden oder Landeshauptleute,
Begründung
SPÖ
Der Vorwurf der Beeinflussung der Berichterstattung in Boulevardzeitungen durch Inseratenschaltungen erfordert eine gründliche Untersuchung, um den Urheber solcher potentiellen Machenschaften zu ermitteln. Die Verdachtsmomente lassen sich auf Aktivitäten der SPÖ zurückführen.
Die Enthüllungen bezüglich des „Beinschab-Österreich-Tools“ im Bundesministerium für Finanzen sind äußerst beunruhigend, weil sie alarmierende Anzeichen für mögliche Manipulationen von Umfragen und Studien aufzeigen sowie eine mögliche Einflussnahme auf die Berichterstattung in Boulevardzeitungen. Besonders bemerkenswert ist die Rolle der SPÖ und des ehemaligen Bundeskanzlers Christian Kern in diesem Kontext.
Während ihrer Beschuldigteneinvernahme berichtete Sabine Beinschab von Absprachen zwischen der Karmasin Motivforschung, der SPÖ und der Tageszeitung Heute, bei denen die Wünsche der SPÖ hinsichtlich Umfrageergebnisse im Vordergrund standen. [1] Anlässlich einer Vernehmung führte Sabine Beinschab aus, dass während der Zusammenarbeit zwischen der SPÖ und Sophie Karmasin in den Jahren 2009 bis 2013 auch Angebote an das Bundeskanzleramt und an Heute gemacht wurden.[2] Sabine Beinschab erklärte ausdrücklich, warum sie auf das „Beinschab-Österreich-Tool“ während ihrer Einvernahme hinweist und die Verbindung zwischen Sophie Karmasin, Heute und der SPÖ betont: „Ich will das deswegen darstellen, weil es sich aus meiner Sicht um dasselbe System handelt, das auch im vorliegenden Fall zur Anwendung kam.“[3]
Aus der parlamentarischen Antwort 11717/AB (XXVII. GP) geht hervor, dass im Jahr 2010, nachdem Einvernehmen zwischen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern des Kabinetts des damaligen Bundeskanzlers erzielt worden war, der Büroleiter von Staatssekretär Josef Ostermayer die Sophie Karmasin Market Intelligence GesmbH mit der Durchführung der Studie „Gerechte Steuern 2010“ beauftragte. Es wurden dabei keine Vergleichsangebote eingeholt. Die Fragestellungen bezogen sich unter anderem auf die „Wahrnehmung der Parteien“, und gemäß den Aktendokumenten erfolgte eine Überprüfung der Fragebögen durch den Büroleiter des Staatssekretärs Josef Ostermayer. [4]
Es besteht der Verdacht, dass weitere Werbeagenturen und Meinungsforschungsinstitute mit Nähe zur SPÖ in die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Beinschab-Tool verwickelt waren und Sophie Karmasin möglicherweise von weiteren
von der SPÖ geführten Ministerien zur Nutzung des Beinschab-Tools beauftragt wurde.
Bundeskanzler a.D. Christian Kern bestätigte in einem ZIB2 Interview die Aussagen von Sabine Beinschab, als ursprüngliche Erfindung seiner Partei und hielt dazu fest: „Natürlich hat die SPÖ da eine Verantwortung […] Und es ist natürlich auch eine Erbsünde der SPÖ […].“[5]
Am 26. September 2023 gelangte ein Strategiepapier des Meinungsforschungsinstituts SORA[6] für den Nationalratswahlkampf 2024 für die SPÖ an die Öffentlichkeit. Der Österreichische Rundfunk (ORF) hat in weiterer Folge die jahrelange Zusammenarbeit mit dem betreffenden Institut beendet. Die Zusammenarbeit umfasste im Zuge der Wahlberichterstattung die Wahlforschung, Hochrechnungen und Analysen.[7] Die sich aufdrängende Verbindung zwischen SORA und der SPÖ in Verbindung mit dem ORF induziert, dass durch die Nähe zur SPÖ eine potenzielle Manipulation der Datenerfassung durch SORA im Sinne der SPÖ erfolgte.
Daraus resultierend könnten auch Kooperationen mit anderen öffentlichen Rechtsträgern und Ministerien in Zweifel gezogen werden, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die vom SORA-Institut bereitgestellten Daten einem parteipolitischen Kalkül der SPÖ unterlagen. Es stellt sich die Frage, ob diese Vorgehensweise bereits in Zeiten, in denen Bundesministerien von der SPÖ nahestehenden Personen geleitet wurden, Anwendung fand, weshalb geklärt werden muss, ob SORA Aufträge von Bundesministerien erhalten hat, die von der SPÖ nahestehenden Personen geleitet wurden bzw. ob Kick-Back Zahlungen an die SPÖ erfolgten.
Die Fraktion christlicher Gewerkschafter Wien formulierte ebenfalls Vorbehalte hinsichtlich einer fortgesetzten Kooperation der Arbeiterkammer mit SORA. Schließlich kooperiert die Arbeiterkammer regelmäßig mit SORA bei der Erstellung von Studien. Angesichts der erkennbaren Nähe sowohl der Arbeiterkammer als auch der SPÖ zu SORA könnten mögliche Rückvergütungen und Fragen zur Objektivität der Studienergebnisse nicht außer Acht gelassen werden.[8]
Schließlich ist auffällig, dass SORA 2011 Insolvenz ankündigen musste, aber in weiterer Folge bestehen konnte. Insofern stellt sich auch hier die Frage, ob damals von der SPÖ nahestehenden Personen geführte Bundesministerien Aufträge und Studien vorzugsweise an SORA vergeben haben, um den Fortbestand dieses – der SPÖ nahestehenden – Meinungsforschungsinstituts zu ermöglichen. Im Jahr 2011, in dem Jahr, als der Weiterbestand von SORA fraglich war, erhielt SORA in Wiener Neustadt unter dem damaligen der SPÖ nahestehenden Bürgermeister Bernhard Müller von der städtischen Tochtergesellschaft WNSKS den Auftrag, eine Meinungsumfrage durchzuführen; gleichzeitig beauftragte die SPÖ-Niederösterreich dasselbe Institut für kommunalpolitische Fragen. SORA koppelte beide Umfragen miteinander. Ob somit die Umfragen für die SPÖ von der Stadtverwaltung bezahlt wurden, kann nicht ausgeschlossen werden.[9]
Die SPÖ beschreibt in ihrem Fraktionsbericht zum Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP detailliert, wie das „Beinschab-Tool“ im Zusammenhang mit Inseraten funktioniert: „Veröffentlicht wurden die Umfragen dann bei der Mediengruppe ÖSTERREICH. Als Gegenleistung inserierte das Ministerium dann in der Zeitung. […] Zuerst beauftragte das Finanzministerium die Studie bei Sabine Beinschabs Marktforschungsinstitut Research Affairs. Beinschab führte diese dann tatsächlich auch durch, rechnete aber rund 15.000 Euro zu viel beim Finanzministerium ab. Mit diesen 15.000 Euro wurden zusätzliche Fragen im Auftrag der ÖVP abgegolten, wie etwa zu den Auswirkungen des Antritts der Liste Pilz bei den Nationalratswahlen, der sogenannten „Silberstein-Affäre“ sowie zur Mobilisierung unentschlossener Wähler*innen.“ [10] Diese Ausführung erweckt den Anschein, als würde die SPÖ aus ihren eigenen Erfahrungen berichten.
Im Hinblick darauf, dass Sabine Beinschab in ihrer Beschuldigtenvernehmung von einem System berichtete, dass bereits 2009 von der SPÖ etabliert wurde, ist nicht auszuschließen, dass auch andere Systeme im Zusammenhang der Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen und insbesondere über Buchungen von Inseraten zu einem früheren Zeitpunkt zur Anwendung gekommen sind.
In Erinnerung gerufen sei, dass bei einer Nationalratswahl die kritische Berichterstattung über den Spitzenkandidaten einer Großpartei damit sanktioniert wurde, dass Interviews mit dieser Tageszeitung ausgeschlossen, die Teilnahme an einer TV-Diskussionen verweigert und dort keine Wahlkampfinserate geschalten wurden.
Josef Kalina, ehemalige Redakteur der „Kronen Zeitung“, SPÖ Kommunikationsleiter, Bundesgeschäftsführer und Mitglied des Bundesrates, gründete am 16.10.2008 die Werbeagentur Unique Public Relations GmbH. Im Jahr 2014 folgte die Gründung des Meinungsforschungsinstituts Unique Research GmbH, bei dem er ebenfalls seit 2014 als Geschäftsführer fungiert. Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (3528/AB XXV.GP) aus dem Jahr 2015 vom SPÖ-Minister Rudolf Hundstorfer legt dar, dass die Unique Public Relations GmbH mit dem Sozialministerium einen Werkvertrag von 75.912 EUR für die „Strategische Medienkommunikation des Sozialministeriums unter besonderer Berücksichtigung sozialer Medien“[11] abgeschlossen hat. Die Unique Research GmbH hat mehrere österreichische Zeitungen wie Heute oder das Profil als Auftraggebern.
Es ist von entscheidender Bedeutung zu klären, ob unter der Leitung von Sozialminister Hundstorfer oder anderen der SPÖ nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung oder Staatssekretärinnen bzw. Staatssekretären ähnliche Mechanismen wie das „Beinschab-Tool“ zum Einsatz kamen, diesmal jedoch unter der Beteiligung von Josef Kalina.
Das Verfahren gegen Werner Faymann und Josef Ostermayer in der Inseratenaffäre mit der AZ 32 St 41/11x und die Einstellung des Verfahrens sind bereits medial bekannt. Über den Vorwurf, Werner Faymann habe sich in seiner Zeit als Infrastrukturminister mit teuren Inseratenkampagnen die Gunst des Zeitungsboulevards erkauft und die Rechnungen dafür von ÖBB und ASFINAG bezahlen lassen, sowie über die Einstellung des Verfahrens, haben diverse Medien berichtet. So wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Bundeskanzler Werner Faymann und gegen Josef Ostermayer, an den nach Angaben von Sabine
Beinschab ab 2009 auch Angebote zur Meinungsforschung gelegt wurden, geführt.[12]
Es besteht die Möglichkeit, dass das von Sabine Beinschab beschriebene System auch im Zusammenhang mit dem gegen Werner Faymann und Josef Ostermayer laufenden Verfahren wegen Inseratenvergaben steht. Eine Verbindung kann insbesondere deshalb angenommen werden, da die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits im Dezember 2021 im Akt AZ 17 St 5/19d zum Sachverhalt Beinschab-Österreich-Tool die Beischaffung des Aktes 32 St 41/11x von der Staatsanwaltschaft Wien verfügt hat. [13] Daher ist es von größter Wichtigkeit, sowohl das Verfahren der gesamten Inseratenaffäre (2007 bis 2013) als auch die Einstellung des Verfahrens im Lichte der neuen Anschuldigungen von Sabine Beinschab und der damit verbundenen Ermittlungen eingehend zu untersuchen.
In derselben Causa wurde Thomas Schremser, der ehemalige Ressortleiter der Kronen Zeitung, laut Falter am 6. Juli 2023 von der WKStA vorgeladen. „Es geht um Inseratendeals, politische Intervention und Verflechtungen“, berichtet der Falter. Thomas Schremser schied 2014 aus der Kronen Zeitung aus, weil er das „korrupte System einfach nicht mehr ertragen“ konnte. [14] In der Sendung „Scheuba fragt nach“ im Falter Radio gewährt Thomas Schremser einen konkreten Einblick in die enge Beziehung zwischen Werner Faymann und der Kronen Zeitung. So berichtet er über ein System der Medienkorruption seitens Werner Faymann. Angeblich besuchte er täglich die Kronen Zeitung und traf sich mit dem „alten“ Dichand, den Faymann angeblich „Onkel“ nannte. Das System sei eingerichtet worden, als Werner Faymann als Wiener Wohnbau-Stadtrat durch Interventionen mit Inseratengeldern negative Berichterstattungen über „Wiener Wohnen“ verhindert haben soll. Im Interview wird Werner Faymann auch als „Schutzpatron der Kronen Zeitung“ bezeichnet. Dieses System soll auch später von Werner Faymann als „Inseratenkanzler“ fortgesetzt worden sein. [15]
Der Verdacht einer Inseratenpolitik, die seitens der der SPÖ nahestehenden Mitglieder der Bundesregierung betrieben wurde, zum Zweck einer verdeckten
Parteifinanzierung mit Hilfe von Organisationen mit Nähe zur SPÖ liegt nahe und bedarf einer gründlichen Untersuchung.
Die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (9879/AB XXIV. GP) durch das Bundeskanzleramt aus dem Jahr 2012 erhärtet diesen Verdacht. So wurden seit dem Jahr 2007 Vorfeldorganisationen oder Organisationen, die der SPÖ nahestehen, wie beispielsweise der Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs (ARBÖ), der Pensionistenverband Österreichs (PVÖ), der Verband Sozialistischer Studentinnen in Österreich (VSStÖ) [16] und die Sozialistische Jugend[17], mit zahlreichen Inseraten seitens des Bundeskanzleramtes bzw. seitens der Bundesministerien, die von der SPÖ nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung geleitet wurden, bedacht. Es stellt sich also die Frage, ob möglicherweise weitere Vorfeldorganisationen oder Organisationen, die der SPÖ nahestehen, aus sachfremden Motiven mit Inseraten von der SPÖ nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung bzw. von – von diesen geleiteten – Bundesministerien bedacht wurden.
Auch die Vergabe von externen Dienstleistungen muss untersucht werden. Schon im ersten Jahr der Regierung Werner Faymann I wurden 32 Millionen EUR für durch externe Berater durchgeführte Studien ausgegeben. Es besteht die Befürchtung, dass die Beauftragungen parteipolitisch motiviert waren und dass die Ergebnisse der Studien von den auftraggebenden Ministerien zurückgehalten wurden, weil nicht das parteipolitisch erwünschte Ergebnis herausgekommen ist.
So hat das Verkehrsministerium als damaliger Spitzenreiter 5,7 Millionen EUR für Studien ausgegeben. Darunter finden sich Studien wie eine Genderstudie, „Frauen in nationalen und internationalen Luftfahrtorganisationen“, oder eine Studie zum „Gender Budgeting“. Der damalige Abgeordnete des Nationalrates Gerald Grosz äußerte den Verdacht der illegalen Parteifinanzierung: „Das eine oder andere Beratungsunternehmen dürfte als zwischengeschaltetes Unternehmen fungiert haben, um Steuergeld reinzuwaschen und in die Parteikassen von SPÖ […] fließen zu lassen“.[18] Ebenso wird „Geld für die Bestätigung bekannter Tatsachen ausgegeben“, wie die Grüne Frauensprecherin Brigid Weinzinger im Jahr 2010 Kritik an einer IFES-Umfrage verkünden ließ.[19] Der Umstand, dass gerade das Institut für
empirische Sozialforschung (IFES) mit Studien beauftragt wird, deren Ergebnisse nicht neu waren oder deren Fragestellung mit den inhaltlichen Schwerpunkten des Institutes nicht übereinstimmten, wurde auch von der BZÖ Bildungssprecherin Ursula Haubner kritisiert. Haubner unterstellt dem IFES, ein SPÖ-Umfrageinstitut zu sein, und dass „im Vergleich zur Marktwirtschaft offensichtlich überhöhte Preise mit Ministeriumsgeldern querfinanziert“ [20] worden zu sein.
Explizit wird dabei die „teuerste Elternbefragung aller Zeiten“ [21] angesprochen, die vom von einem der SPÖ nahestehenden Mitglied der Bundesregierung geführten Unterrichtsministerium mit 182.000 EUR finanziert wurde und nicht vom eigenen Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE), das in diesem Aufgabenbereich wohl eher die notwendige Expertise gehabt hätte.[22] Das IFES wurde nicht nur von der SPÖ-nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung bzw. von diesen geleiteten Ministerien mit hohen Auftragssummen bedacht, sondern auch mit Meinungsumfragen in Wahlkampfzeiten. So wurde das vom Standard als „Meinungsforschungsinstitut“ titulierte IFES von der SPÖ im Wahlkampf 2006 beauftragt; es lieferte im Gegensatz zu anderen Meinungsforschungsinstituten wohlwollende Erkenntnisse betreffend den Spitzenkandidaten der SPÖ Alfred Gusenbauer.[23]
Es ist daher zu untersuchen, ob Studien zur Parteifinanzierung bzw. für Kickbackzahlungen unter Beteiligung von der SPÖ nahestehenden Agenturen dienten und welche SPÖ nahen Agenturen durch Ministeriumsbeauftragungen profitierten.
Im Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP wurden Unterlagen vorgelegt, die den Verdacht nahelegten, dass Studien, die von Bundesministerien in Auftrag gegeben wurden, die von der SPÖ nahestehenden Mitgliedern der SPÖ geleitet wurden, nicht primär dazu dienten, die Regierungsarbeit durch externe Expertise und objektive Analysen zu unterstützen, sondern SPÖ-Teilverbände mit Steuergeld zu fördern.
Im Jahr 2015 wurde beispielsweise eine Förderung in Höhe von 80.000 EUR vom Bundeskanzleramt für die Studie „Trendmonitoring“ der Paul Lazarsfeld Gesellschaft
beantragt.[24] Diese Studie untersuchte politische Themen wie Parteimitgliedschaft, Parteipräferenzen und Wahlbeteiligung. Die Initiatoren sowie die „Strategischen Kooperationspartner“ der Studie waren die Arbeiterkammer Wien, der ÖGB und der SPÖ-Pensionistenverband.[25] Obwohl die Fachabteilung gegen die Förderung Stellung bezog, wurde sie aufgrund wiederholter Interventionen seitens der Studieninitiatorinnen bzw. ‑initiatoren vom Bundeskanzleramt bewilligt. Das Bundeskanzleramt leistete eine Zahlung von 40.000 EUR, und ein Jahr später zahlte das Arbeitsministerium unter der Leitung von Alois Stöger weitere 40.000 EUR. [26]
Der Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP wollte diesen Sachverhalten nachgeben. Jedoch wurde die Aufklärung, insbesondere seitens der SPÖ-Fraktion und des Verfahrensrichters Wolfgang Pöschl, verhindert. Wolfgang Pöschl meinte: „Wenn es darum geht – schlampig gesagt –, Sünden der SPÖ aufzudecken, dann würde ich meinen, dass das nicht vom Untersuchungsgegenstand gedeckt ist.“ [27]
Ein weiterer Rahmenvertrag warf erneut Fragen auf. Im Jahr 2017 wurde ein Rahmenvertrag in Höhe von 54.000 EUR zwischen dem Bundeskanzleramt und Karl Krammer, einem ehemaligen Kabinettchef von Bundeskanzler Vranitzky, abgeschlossen. Die Teilabrechnung, welche dem Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP vorlag, enthielt folgende Auskunft: „Die pauschal mit 3 Beratungstagen ausgewiesenen einzelnen Beratungsleistungen wurden an rund 20 Tagen des Monats erbracht und beziehen sich auf alle drei im Vertragsgegenstand festgehaltenen Beratungsfelder Regierungskommunikation, Medienpolitik und Europapolitik.“[28] Bemerkenswert erscheint jedoch, dass im Januar 2017 an insgesamt 20 Tagen Beratungen stattgefunden haben sollen, obwohl der Vertrag mit Karl Krammer erst am 27. Januar 2017 unterzeichnet wurde. Der Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP konnte leider keine Erkenntnisse zur Nachvollziehbarkeit der erbrachten Beratungsleistungen erlangen. Die von Karl Krammer vorgelegte Aufstellung enthält keinerlei Angaben darüber, wer, wann, über welche Themen und von wem beraten wurde. Die Bestätigung der Rechnung erfolgte durch den Kabinettchef des Bundeskanzlers, der sich auf folgende Formulierung zurückzog:
„Und wenn die Leistungen nicht erbracht worden wären, hätte er es nicht sachlich richtig bestätigt.“[29]
Eine weitere Aktenlieferung aus dem Bundeskanzleramt im Rahmen des Untersuchungsausschusses 4/US XXVII GP hat zu erheblicher Verwirrung geführt und erfordert daher eine umfassende Aufklärung hinsichtlich möglicher parteipolitischer Bevorzugungen. Inmitten des Wahlkampfsommers 2017 wurde die Vergabeabteilung des Bundeskanzleramtes auf Anweisung der Ressortleitung beauftragt, ein Konzept für eine „ganzheitliche Lösung der gegenwärtigen Migrationskrise“ zu erstellen. Die Vergabe wurde an das Unternehmen Switxboard vergeben, das von dem Migrationsberater Kilian Kleinschmidt geleitet wurde. Erstaunlicherweise wurde der Auftrag in einem äußerst kurzen Zeitraum umgesetzt. Der Werkvertrag wurde am 2. August 2017 unterzeichnet, am 18. August 2017 wurde ein Zwischenbericht vorgelegt, und bereits am 15. September 2017 wurde der Endbericht präsentiert. Besonders bemerkenswert ist, dass der Bericht mit beeindruckenden 229 Seiten (abgesehen von einem zweiseitigen Vorwort) in englischer Sprache verfasst wurde, obwohl im Vertrag die Verwendung der Deutschen Sprache festgelegt war. Zudem blieb der Autor des Berichts unbekannt.[30] Die Kosten betrugen 93.600 EUR, was von der Leiterin der Vergabeabteilung im Bundeskanzleramt bei ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP bestätigt wurde.[31] Das Konzept schien aber tatsächlich nicht für das Bundeskanzleramt bestimmt gewesen zu sein, sondern, wie der damalige SPÖ-Parteiobmann und Bundeskanzler Christian Kern bestätigte, für die SPÖ. In einem Interview mit der Tageszeitung Die Presse vom 7. November 2017 erklärte Christian Kern, dass der „Entwicklungshelfer Kilian Kleinschmidt“ ein Migrationskonzept für die SPÖ ausarbeitete.[32]
Der Verfahrensrichter im Untersuchungsausschuss 4/US XXVI GP. Wolfang Pöschl wollte auf diesen Sachverhalt gerichtete Fragen zulassen, wenn nicht die Vorsitzende-Stellvertreterin Selma Yildirim bei ihm nicht interveniert hätte. Schlussendlich bestätigte Wolfgang Pöschl die Unzulässigkeit der Fragen mit der
Begründung: „Es geht in diesem Ausschuss ausschließlich um die Österreichische Volkspartei.“[33]
Die Beauftragung von SPÖ-nahen Werbeagenturen durch Bundesministerien, die von der SPÖ nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung geleitet wurden, erwecken den Verdacht von Kickbackzahlungen. Das Bundeskanzleramt unter der Leitung von Werner Faymann und von Kanzleramtsministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek finanzierte die der SPÖ nahestehende Werbeagentur Echo Medienhaus. Die Nähe dieser Werbeagentur zur SPÖ ergibt sich aus der ehemaligen Eigentümerin, dem „Verband Wiener Arbeiterheime (VWA)“, die in den Medien als „mächtigste politische Unternehmensholding Österreichs“ und Verwalterin des „Imperiums der Wiener SPÖ“ [34] bezeichnet wurde. Demnach soll die Kanzleramtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek dem Echo Medienhaus für den „Galaabend 100 Jahre Frauentag“ mit 79.198 EUR mitfinanziert haben und weitere Agenturrabatten für Inseratenschaltungen gewährt haben. [35]
Eine weitere der SPÖ nahestehende Werbeagentur, die heraussticht, ist die Leykam Medien AG. Die SPÖ-Steiermark ist über die Spectro gemeinnützige Gesellschaft für wissenschaftliche Forschung GmbH an dieser Beteiligungsgesellschaft beteiligt, und der ehemalige SPÖ-Abgeordnete zum Nationalrat Maximilian Lercher war Vorstand bzw. Geschäftsführer dieser Gesellschaften. [36] Es bedarf daher einer Untersuchung, ob die Leykam Medien AG aufgrund dieser Umstände von Bundesministerien, die von der SPÖ nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung geleitet wurden, Aufträge erhalten hat und ob diese Verbindung für eine verdeckte Parteifinanzierung ausgenützt wurde.
Nachbesetzungen von SPÖ-nahen Parteimitgliedern in SPÖ-geführten Ministerien wurde inflationär betrieben. Viele Beispiele im Zusammenhang mit Postenbesetzungen sorgten für Kopfschütteln, an dem sogar der Steuerzahler zu Kassa geboten wurde. Zum Beispiel wurde Im Jahr 2011 wurde Ursula Zechner von der SPÖ-Verkehrsministerin Bures zur Sektionschefin ernannt, obwohl ein anderer Kandidat von der Begutachtungskommission besser bewertet
wurde. Die Republik Österreich musste daraufhin mehr als 317.368 EUR Entschädigung an den besseren Kandidaten zahlen.[37]
Im Jahr 2013 wurde mit Nachdruck der Sektionschefin Zechner der ehemalige Personalchef des Telekommunikationsunternehmens Orange, Johannes Gungl, von der damaligen Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) zum RTR-Chef bestellt. Laut dem Kurier wird Zechner eine langjährige Freundschaft mit Gungl nachgesagt. Auch das Ausschreibungsverfahren sorgte für Verwunderung, da die Anforderungskriterien und das Ausschreibungsverfahren dem Kurier zufolge nicht den Vorgaben des Ausschreibungsgesetzes entsprachen und sich stark auf einen Bewerber mit umfassender Personalerfahrung konzentrierten.[38]
FPÖ
Die von der FPÖ nahestehenden Mitgliedern der Bundesregierung geführten Bundesministerien bedachten im Zeitraum von 2017 bis 2019 der FPÖ nahestehende Medien durch Inseratenschaltungen. So wurden für Inserate in den Zeitschriften „Wochenblick“, „alles roger?“, „Zur Zeit“, „unzensuriert“ und „Info Direkt“ eine Gesamtsumme von über 116.000 EUR ausgegeben. [39]
Laut einem Bericht des Profils erhielt die Zeitschrift „Wochenblick“, deren früherer FPÖ-Gemeinderat Norbert Geroldinger Geschäftsführer war, insgesamt 74.490 EUR vom Innen- und Verkehrsministerium für Inserate. Die Zeitschrift „alles roger?“, deren Verlagsleiter FPÖ-Politiker Peter Westenthaler war, erhielt vom Verkehrs- und Sportministerium 22.580 EUR. In der von FPÖ-Funktionär Andreas Mölzer herausgegebenen Zeitschrift „Zur Zeit“ wurden Inserate vom Verteidigungs- und Verkehrsministerium geschaltet, wofür insgesamt 8.710 EUR aufgewendet wurden. Das Verkehrsministerium inserierte ebenfalls in der Zeitschrift „unzensuriert“ und zahlte hierfür 7.200 EUR. Die Geschäftsführung dieser Zeitschrift liegt in den Händen von Dipl.-Ing. Walter Asperl, der auch Mitarbeiter des FPÖ-Parlamentsklubs ist. Des Weiteren soll, wie das Profil berichtete, die FPÖ-nahe Zeitschrift „Info-Direkt“ von Regierungsinseraten in Höhe von 3.060 EUR profitiert haben. [40]
Im Jahr 2015 wurde medial bekannt, dass der aktuelle FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl Beteiligungen an der Werbeagentur „Ideen.schmiede“ hatte und in den Jahren 2005, 2006, 2008 und 2009 Nächtigungskosten für Kickl bezahlt habe.[41] Demnach soll die Firma ein eigenes Spesen-Abrechnungskonto für Kickl geführt haben.[42] Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts der „Untreue, Bilanzfälschung und Betrugs“.[43] Schon 2013 wurde medial bekannt, dass seit 2009 vom Land Kärnten, unter anderem vom damaligen FPÖ stellvertretenden Landeshauptmann Uwe Scheuch, insgesamt 1,1 Mio EUR an die der FPÖ nahestehenden Werbeagenturen „ideen.schmiede Werbeagentur GmbH“ und der „Textacy Werbeagnetur GmbH“ geflossen sind. Auch soll Herbert Kickl die Hälfte des Hauses, indem das Unternehmen „Ideen.schmiede“ seinen Firmensitz hat, gehört haben.[44] Der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung stand im Raum.[45] Der Verdacht erhärtet sich, nachdem die Signs Werbeagentur, die frühere „Ideen.schmiede“, ein Puma Logo für eine Polizei-Truppe für den damaligen Innenminister Herbert Kickl im Jahr 2018 „kostenfrei“ entwickelte.[46] Im Jahr 2015 stellte die Partei „Die Grüne“ eine Dringliche Anfrage (6523/J) an den Justizminister im Nationalrat, um die konkreten Tatbestände und den Stand der Strafverfahren rund um die Vorwürfe gegen FPÖ und Ideen.schmiede-Causa zu erfragen. Der Vorwurf der Grünen lautete: „Betrug, Bestechung, Beweismittelunterdrückung, geheime Geldkoffer. Die Liste der Korruptionsfälle unter freiheitlicher Regierungsbeteiligung sei lange, so wie jene von Freiheitlichen, die sich persönlich mit Steuergeld bereichert hätten“[47] in einem „System Strache“. Der damalige Abgeordnete zum Nationalrat Peter Pilz bekräftigte den Vorwurf mit: „Seit mehr als einem Jahrzehnt ist die FPÖ die Schlüsselpartei der Korruption in Österreich“.[48]
Es gilt daher zu klären, ob die Werbeagentur „Ideen.schmiede“ vom Innenministerium oder nachgeordneten Dienststellen, unter der Anweisung oder im Wissen vom damaligen Innenminister Herbert Kickl, Werbeaufträge erhielten und somit Herbert Kickl indirekt an diesen mitverdiente bzw. die FPÖ verdeckt finanziert wurde.
Eine weitere Werbeagentur, die der FPÖ zuzuordnen ist, wirft den Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung auf. Die Outsell GmbH, deren Mehrheitseigner der FPÖ-
Bezirksrat Andreas Bussek ist, der zudem Mitglied im Vorstand der Freiheitlichen Wirtschaft Wien ist, erhielt vom Verkehrsministerium unter Norbert Hofer einen Werbeauftrag in Höhe von 132.000 EUR für eine Kampagne.
Zu dieser Angelegenheit äußerte sich der damalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda wie folgt: „Offenbar gibt es für FPÖ-geführte Ministerien nur ein Kriterium für die Vergabe von Aufträgen, nämlich die Zugehörigkeit zur FPÖ. Denn die Auftragsvergabe nach FPÖ-Nähe hat in der FPÖ mittlerweile schon System“.[49]
Daniela Pisoiu, Senior Resercher am Österreichischen Institut für Internationale Politik, wurde vom FPÖ Landesverteidigungsminister Mario Kunasek mit einer Studie zum „Extremismus und Terrorismus im Westbalkan“ beauftragt. Dieser Auftrag wurde mit einem Budget von 36.000 EUR dotiert und wurde direkt an Daniela Pisoiu vergeben, nicht an das Österreichische Institut für Internationale Politik.[50] Beim Studium des Textes „Aus der Angst Kapitel schlagen: der Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen in Westeuropa“[51] fallen positive Aussagen zur FPÖ und ihren Standpunkten betreffend Flüchtlingspolitik auf. Es wäre daher zu untersuchen, nach welchen Kriterien Daniela Pisoiu Aufträge von Bundesministerien erhielt, die von der FPÖ zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung geleitet wurden, und ob sich dadurch Kickback-Zahlung an die FPÖ oder dieser nahestehenden Organisationen oder Personen ergaben.
In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (3688/AB, XXVI.GP) betreffend die Auftragsvergaben von Studien während der Amtszeit von Beate Hartinger-Klein wurde ein Betrag von 93.868,75 EUR für Studien von Einzelpersonen ausgegeben. Die Zuordnung der genannten Beträge zu den entsprechenden Personen ist jedoch nicht transparent nachvollziehbar, weshalb auch in diesem Fall mögliche Kickback-Zahlungen im Raum stehen.[52]
Im von Herbert Kickl geführten Innenministerium wurden erstaunlicherweise lediglich fünf Studien in Auftrag gegeben. Gemäß der Beantwortung einer parlamentarischen
Anfrage (3682/AB XXVI.GP) gab es eine Studie mit dem Titel „Datenauswertung/Publikationen im Rahmen der 2. BAK Integritätsstudie‚ Einstellungen zu Korruption‘“, bei der der Auftragnehmer als Frank Heber angegeben ist.[53] Es ist jedoch nicht klar ersichtlich, wer dieser Auftragnehmer genau ist und welche Qualifikationen er für die Durchführung der Studie mitbrachte. Diese mangelnde Transparenz wirft Fragen auf und lässt Raum für Vermutungen betreffend die mögliche Vertuschung von Daten und Informationen.
Als die FPÖ im Zuge ihrer Regierungsbeteiligung im Jahr 2017 begann die politischen Kabinette der Ministerien zu besetzen, wurde eine erstaunlich hohe Anzahl an deutschnationalen Burschenschaftern und Mitarbeitern mit Berührungspunkten zum Rechtsextremismus registriert. Beispielsweise waren alle Kabinettchefs FPÖ-geführter Ressorts Mitglied einer Burschenschaft. Der Einzug gefährlichen Gedankenguts in die politischen Leitzentralen der Ressorts wurde damals von breiter medialer Berichterstattung begleitet: So beleuchtete die Presse am 4. Jänner 2018[54] die Vorbeschäftigung von Alexander Höferl, damals frisch-bestellter Kommunikationschef von Innenminister Herbert Kickl. Zuvor war er als Chefredakteur von ‚unzensuriert.at‘ tätig – eine Seite die der Verfassungsschutz als „extrem fremdenfeindlich und teilweise antisemitisch“ qualifizierte. Zeitgleich deckte der Falter[55] auf, dass im Infrastrukturministerium die Durchwahl mit dem bekannten Nazicode 8818 zu Norbert Hofers Referenten für Öffentlichkeitsarbeit, Herwig Götschober, führte. Götschober (Obmann der Burschenschaft Bruna Sudetia, auf welcher im Februar 2018 eine Razzia aufgrund verdächtiger Liedertexte stattfand[56]), gelte als „bekanntes Gesicht in der österreichischen rechtsextremen Szene“. Kurz nach der Razzia betreffend diese Burschenschaft – zuvor flog die Liederbuchaffäre der Burschenschaft Germania Wiener Neustadt auf – kam es zur rechtswidrigen Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, samt auffällig umfangreicher Durchsuchung von Ermittlungsakten im Extremismusreferat (durch eine Spezialeinsatzgruppe unter der Leitung eines FPÖ-Gemeinderats). Dass Kickls Kabinettchef Reinhard Teufel (Burschenschaft Brixia) den Kontakt des Leiters der Einsatzgruppe an jenem Tag zugeschickt bekam[57], als Herbert Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber das
sogenannte BVT-Konvolut bei der WKStA zur Anzeige brachte, lässt weitere Fragen über die Hintergründe der illegalen BVT-Durchsuchung ungelöst.
Im Infrastrukturministerium bestellte Norbert Hofer Rene Schimanek zu seinem Kabinettchef, der laut Falter-Artikel in Jugendzeiten an der Seite von Neonazi Gottfried Küssel demonstrierte und Wehrsportübungen praktizierte. Letzteres ist auch über den Burschenschafter Andreas Reichhardt bekannt, den Norbert Hofer 2018 zum Generalsekretär des Infrastrukturministeriums beförderte. Reichhardt hat sich später im öffentlichen Dienst etabliert und ist aktuell Sektionschef für Telekommunikation, Post und Bergbau. Den Sprung zum Beamten schaffte auch der Burschenschafter Arndt Praxmarer, der zu seiner Zeit in Norbert Hofers Kabinett ein deutsches Gasthaus eines bekannten Neonazis auf Facebook likte[58] und heute im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft tätig ist.
Insgesamt lässt sich ein erhebliches Netzwerk an deutschnationalen Burschenschaftern mit rechtsextremen Berührungspunkten erkennen. Medial sowie durch das Mauthausen Komitee Österreich oder das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wurden bereits zahlreiche „Einzelfälle“ und deren Verbindungen aufgezeigt und dokumentiert. Die Vernetzung dieser Personen hinein in die öffentliche Verwaltung bzw. die staatlichen Institutionen fordert jedenfalls tiefgreifendere Aufklärung.
Voraussetzungen gemäß Art. 53 Abs. 2 B-VG:
Gemäß Art. 53 Abs. 2 B-VG ist Gegenstand der Untersuchung eines Untersuchungsausschusses ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes, wobei alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, eingeschlossen sind.
Zusammengefasst müssen folglich drei Elemente vorliegen: Erstens muss es sich um einen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes handeln. Zweitens muss der Vorgang bestimmt und drittens abgeschlossen sein.
Der Begriff „Vollziehung“ fasst die Staatsgewalten „Verwaltung“ und „Gerichtsbarkeit“ zusammen, wobei nach Art. 53 Abs. 2 zweiter Satz B-VG die Überprüfung der Rechtsprechung ausgeschlossen ist. Die Kontrolle durch Untersuchungsausschüsse erstreckt sich auf jede Art der Verwaltung im verfassungsrechtlichen Sinn und umfasst Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung, nicht-hoheitliche Verwaltungstätigkeit und auch informelles Verwaltungshandeln. Die Ausübung von Aufsichts- oder Bestellungsrechten durch Organe des Bundes gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern ist ebenfalls Verwaltungstätigkeit und unterliegt der Kontrolle eines Untersuchungsausschusses.
Wie sich aus der Formulierung dieses Untersuchungsgegenstandes zweifelsfrei ergibt, ist ausschließlich Gegenstand der Untersuchung das Handeln von Organen der Vollziehung des Bundes („Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre sowie diesen in den jeweiligen Bundesministerien unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“; davon sind selbstverständlich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerkabinette umfasst). Die Rechtsprechung soll nicht untersucht werden. Staatsanwaltschaftliches Handeln ist im umschriebenen Ausmaß erfasst. Staatsanwälte sind nur formal der Gerichtbarkeit zugeordnet. Sie sind nicht rechtsprechend tätig (VfSlg. 19.350/2011), weshalb ihr Handeln weisungsgebundenes Vollzugshandeln auf Bundesebene im Sinn des Art. 53 Abs. 2 B-VG darstellt und somit von einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates untersucht werden kann.
Der Untersuchungsgegenstand muss des Weiteren einen bestimmbaren und abgrenzbaren Vorgang inhaltlich zusammenhängender Sachverhalte bilden. Mehrere Sachverhalte, die einen einheitlichen untersuchbaren Vorgang bilden sollen, müssen somit inhaltlich, personell oder zeitlich in einem Zusammenhang stehen; sie müssen eine inhaltliche Klammer aufweisen. Ein Untersuchungsgegenstand ist dann bestimmt, wenn der zu untersuchende Vorgang konkret, abgegrenzt und im Prüfungsauftrag hinreichend konkretisiert ist. Kriterien können die Benennung des maßgeblichen Anlasses, der maßgeblichen Akteure, der betroffenen Zeiträume und der Zielrichtung der Untersuchung sein.
Durch die genaue Bezeichnung der zu untersuchenden Sachverhalte bzw. Handlungen (Inseratenschaltungen und Medienkooperationsvereinbarungen; Umfragen, Gutachten und Studien sowie Beauftragung von Werbeagenturen) sowie jener Organe bzw. Personen, deren Handeln untersucht werden soll, ist der Untersuchungsgegenstand genau bestimmt und vom restlichen (Vollzugs-) Handeln dieser Organe klar abgegrenzt. Die zu untersuchenden Vorgänge hängen deshalb inhaltlich zusammen, weil geklärt werden soll, ob bezüglich des näher umschriebenen Vollzugshandelns sachfremde – insbesondere parteipolitische – Motive und nicht die durch die Rechtsordnung vorgegebenen Maßstäbe das Handeln der beschriebenen Organe des Bundes bestimmt haben. Im Besonderen ist dabei an Art. 126b B-VG zu denken, der für die Überprüfung der gesamten Staatswirtschaft des Bundes durch den Rechnungshof als Maßstab die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit normiert. Darüber hinaus ist z.B. auf das Vergabegesetz, unterschiedliche Transparenzvorschriften sowie Rechnungshofempfehlungen zu verweisen.
[1] Beschuldigteneinvernahme Beinschab vom 20/21.10.2022 (Dok. Nr. 408443, Lieferant BMJ, OStA-Wien), 73 von 219.
[2] Beschuldigteneinvernahme Beinschab vom 09.02.2022 (Dok. Nr. 408444, Lieferant BMJ, OStA-Wien), 7ff von 124.
[3] Beschuldigteneinvernahme Beinschab vom 20/21.10.2022 (Dok. Nr. 408443, Lieferant BMJ, OStA-Wien), 73 von 219.
[4] 11717/AB XXVII.
[5] www.youtube.com/watch?v=g6lGiTWuSaQ (abgerufen am 19.01.2023).
[6] SORA Ogris & Hofinger GmbH.
[7] Der Standard vom 27.09.2023: „Versehentlich veröffentlichtes SPÖ-Papier katapultiert Sora aus dem ORF“.
[8] APA 28.09.2023: „Verbindung von SORA zur Arbeiterkammer“
[9] NÖ Nachrichten vom 30.05.2011: „Beschluss gegen SORA“
[10] Fraktionsbericht SPÖ zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, 13.
[11] 3528/AB XXV. GP.
[12] BV Beinschab vom 9. Februar 2022, 7 ff.
[13] Anordnungs- und Bewilligungsbogen AZ 17 St 5/19d, 1167ff.
[14] Falter 19.07.2023: „Jetzt watschen wir den Minister 3-4 Tage ab und dann inserieren sie wieder und dann sind wir wieder Freunde“.
[15] Falter Radio 6.6.2023, ab Minute 16:00, „Scheuba fragt nach….bei Thomas Schrems - #83
[16] 9879/AB XXIV. GP.
[17] 9846/AB XXV.GP, 9864/AB XXV.GP.
[18] Der Standard vom 05.02.2009: „Rot-Schwarz noch teurer als Schwarz-Blau“
[19] APA 15.10.2007: „IFES-Umfrage: Kritik von Grüne und ÖVP“
[20] Die Presse 12.02.2010: FES: „SPÖ-Umfrageinstitut wird quersubventioniert“.
[21] Die Presse 12.02.2010: FES: „SPÖ-Umfrageinstitut wird quersubventioniert“.
[22] Die Presse 12.02.2010: FES: „SPÖ-Umfrageinstitut wird quersubventioniert“.
[23] Der Standard 28.09.2006: Gallup und Fessel: Schüssel gewonnen, IFES: Gusenbauer menschlicher.
[24] Kanzleiweisung BKA-180.840/0102-I/8/2015 (Dok. Nr. 181565, Lieferant BKA), 31 von 364.
[25] 633/KOMM XXVII. GP (Befragung Siegfried Lindenmayr), 7.
[26] Zahlungen an angefragte Vereine 2014 bis 2021 (Dok. Nr. 489544, Lieferant Rechnungshof); 656/KOMM XXVII. GP (Befragung Mag.a Nicole Bayer), 14f.
[27] 632/KOMM XXVII. GP (Befragung Dr.in Helga Luczensky), 18.
[28] Beratervertrag mit Karl Krammer (Dok. Nr. 181098, Lieferant BKA), 36 von 41.
[29] 632/KOMM XXVII. GP (Befragung Dr.in Helga Luczensky), 42ff.
[30] Finale Version des Aktionsplan AFCO (Dok. Nr. 181210, Lieferant BKA), 17ff von 257.
[31] 632/KOMM XXVII. GP (Befragung Dr.in Helga Luczensky), 25.
[32] Die Presse vom 05.11.2017: „So verblödet kann man ja nicht sein“.
[33] 656/KOMM XXVII. GP (Befragung Mag.a Nicole Bayer), 25.
[34] Profil 28.08.10: Wahl 2010. Genossenschaftswesen: Wie die Gemeinde Wien die SPÖ Wien alimentiert.
[35] Die Presse 06.11.2013: SPÖ-Agentur der SPÖ-Minister.
[36] Wiener Zeitung 20.10.2019: „Causa Lercher als neue Belastung für die SPÖ“.
[37] ORF.at 19.03.2018: Diskriminierung: 317.368 Euro Entschädigung
[38] Kurier 14.04.2013: Polit-Intrigen um Job des Telekom-Regulators
[39] 893/AB XXVI. GP, 2181/AB XXVI. GP, 821/AB XXVI. GP, 1437/AB XXVI. GP, 2623/AB XXVI. GP, 2192/AB XXVI. GP, 2623/AB XXVI. GP, 2807/AB XXVI. GP, Profil 07.07.2019: „Schalten und walten“.
[40] Profil 07.07.2019: „Schalten und walten“.
[41] Ö1 Feiertagsjournal 15.08.2015: "Ideen.Schmiede": Neue Unterlagen sollen Kickl-Beteiligung belegen.
[42] Kurier 15.08.2015: „Ideenschmiede: Kickl hatte eigenes Konto“.
[43] ZiB 2 14.08.2015 Neue Details zur Causa Parteienfinanzierung und Kickl.
[44] Der Standard 06.08.2018: FPÖ-nahe Agentur schenkte Ministerium Puma-Logo.
[45] DerStandard 23.08.2013: „Land Kärnten zahlte 1,1 Mio Euro an FPÖ-nahe Werbeagentur“.
[46] Der Standard 06.08.2018: FPÖ-nahe Agentur schenkte Ministerium Puma-Logo.
[47] Parlamentskorrespondenz NR. 978 VOM 23.09.2015.
[48] aaO
[49] Profil 12.03.2019: Werbe- und PR-Ausgaben unter Schwarz-Blau gestiegen.
[50] 3695/AB XXVI.GP.
[51] Pisoiu, D. & Ahmed, R. (2015): Aus der Angst Kapitel schlagen: der Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen in Westeuropa. OSZE-Jahrbuch, 181-194.
[52] 3688/AB XXVI.GP.
[53] 3682/AB XXVI.GP.
[54] Die Presse vom 04.01.2018, „Kritik an Besetzung der FPÖ-Kabinette“.
[55] Falter Nr.1-2/2018 vom 10.01.2018, „‘Heil dir‘ im Ministerium!“
[56] Wiener Zeitung Nr. 38 vom 23.02.2018, „Ermittlungen gegen ’Bruna Sudetia’“
[57] Der Standard vom 19.06.2020, „Heikle blaue Chats zur BVT-Affäre“
[58] Mauthausen Komitee Österreich, „Die FPÖ und der Rechtsextremismus. Viele Einzelfälle = Ein Muster“ (3. Ausgabe 02.08.2019)
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Zuweisung des gegenständlichen Verlangens an den Geschäftsordnungsausschuss erfolgt gemäß § 33 Abs. 6 der Geschäftsordnung am Schluss dieser Sitzung.
Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 3733/A(E) der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche (2338 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Kulturminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir von der Sozialdemokratie bedauern außerordentlich, dass von der letzten Sitzung des Kulturausschusses ein sehr inhaltsarmer, eher nichtssagender Antrag der Regierungsparteien zu einem ganz wichtigen Thema, nämlich zu kultureller Bildung, übrig geblieben ist: Man entschließt sich, sich gegenseitig zu einer besseren Zusammenarbeit zu verpflichten oder überhaupt miteinander zu reden, nämlich das Bildungsressort mit dem Kunst- und Kulturressort.
Ich denke mir, es sind Monate, sogar Jahre, möchte ich fast sagen, vorangegangen, in denen Oppositionsparteien – insbesondere die Sozialdemokratie – sehr, sehr oft Anträge zum Thema kulturelle Bildung und Kulturvermittlung eingebracht haben und diese Anliegen immer wieder vertagt wurden. Das ist ein Grund, diesem inhaltsleeren Antrag die Zustimmung nicht zu erteilen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir sagen immer: In der Familie beginnt es. – Es ist so, dass Menschen, die sehr gut ausgebildet sind, die über eine höhere Bildung verfügen als andere, ihren Kindern, vermutlich auch ihren Enkelkindern, Theaterbesuche, Opernbesuche, das Thema Kultur eher näherbringen können als vielleicht Menschen, die nicht so gut verdienen, die keine Zeit dafür haben. Das besagt die letzte Publikumsstudie, die vom Kulturressort in Auftrag gegeben wurde.
Ich glaube, da gibt es Handlungsbedarf, dass wir die nächste Stufe erreichen, nämlich: Wer springt ein, wenn das in der Familie nicht so gut klappt? – Die Bildungseinrichtungen logischerweise, es beginnt im Kindergarten, geht über die Volksschule, Mittelstufe bis zur Oberstufe. Ich frage wirklich ernsthaft und ehrlich: Wenn Kreativstunden in der Schule ausfallen, werden die dann fachsuppliert? Kommen dann wirklich Kreativpädagoginnen oder -pädagogen, die ja geprüft sind, zum Einsatz oder wird stattdessen etwas ganz anderes gemacht? Ich glaube, dass das Thema Kreativfächer in unseren Bildungseinrichtungen nicht nur teilweise zu kurz kommt, sondern auch nicht wichtig genug genommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Wie viel Zeit, wie viele Mittel stehen zur Verfügung, wie intensiv wird mit dem Kreativpotenzial der Kinder und Jugendlichen in der Kulturnation Österreich umgegangen? Wie schaut es mit der Nachwuchsförderung an Schulen aus? Wie ist die kulturelle Bildung aufgestellt?
Ich lobe außerordentlich die Bemühungen der OeAD, die Kulturvermittlung in Schulen begleitet. Es ist aber so, dass diese nur anteilig finanziert wird und der Rest anderwertig aufgebracht werden muss. Dass diese Workshops schon bis Februar 2024 ausgebucht sind, zeigt, dass viel mehr Bedarf da wäre, als das Angebot offenlegt.
Ich glaube, dass wir uns dessen bewusst sein müssen, dass kulturelle Bildung unseren Kindern und Jugendlichen ganz andere Welten erschließt, nämlich gesellschaftspolitische Welten, in denen sie ihre Lebenshaltung auch gut
überdenken und leben können. Wenn das zu kurz kommt, fehlt unseren Kindern und Jugendlichen sehr viel, nein: zu viel!, daher werden wir – das wird meine Kollegin machen – heute auch noch einmal unseren Antrag betreffend „Kulturvermittlung stärken“ einbringen. (Beifall bei der SPÖ.)
13.33
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Lieber Herr Präsident! Lieber Herr Vizekanzler! Ich kann an ganz vieles anschließen, was Kollegin Heinisch-Hosek gerade gesagt hat. Wer nimmt denn eigentlich im Kulturland Österreich am Kulturleben teil? – Das BMKÖS hat das in einer Studie erheben lassen: 22 Prozent der Erwachsenen sagen, sie tun das regelmäßig, 19 Prozent sagen, sie tun es gar nicht.
Da kann man schon sagen: Manche Leute interessiert das vielleicht nicht, es ist eine bewusste Entscheidung, dann passt das schon, es müssen ja auch nicht alle. Für viele Menschen ist das aber auch eine Frage der Gewohnheit, ob sie in Kunst- und Kultureinrichtungen beizeiten hineingewachsen sind, ob so ein Theater, so ein Museum, so ein Konzertsaal für die Menschen ein vertrauter Ort ist. Wie kommt man da rein? Wo bekommt man da Karten? Was spielt sich da drinnen ab? Was zieht man dort an? Wie verhält man sich? Wann klatscht man? – Solche Dinge wissen manche Menschen von klein auf, weil sie halt das Glück hatten, dass sie in eine kulturaffine Familie hineingeboren wurden. Andere wissen das nicht, und die haben dann eine Scheu, die haben verschiedene Institutionen gar nicht auf dem Radar, die wissen oft gar nicht, dass man zum Beispiel in viele Institutionen sehr günstig bis gratis hineinkann, die haben auch vielleicht Angst, etwas falsch zu machen und unangenehm aufzufallen.
Das ist eine Hemmschwelle, und diese Hemmschwelle muss man ganz aktiv wegräumen. Wann geht das am besten? – Das geht am besten im Kindesalter. (Beifall bei den Grünen.)
Um das zu erreichen, müssen natürlich Kultureinrichtungen und Bildungseinrichtungen intensiv zusammenarbeiten, deswegen stellen wir diesen Antrag. Schulen spielen dabei selbstverständlich eine Schlüsselrolle. Warum? – Weil jedes Kind automatisch dort ist und weil man so eine Hemmschwelle, wenn es sie gibt, gemeinsam in der Gruppe auch noch leichter überwinden kann als allein.
Ich möchte einige Elemente aus der Bildungsperspektive aufzählen, die Teil dieser Strategie sein könnten: Es ginge darum, Zeit und Fläche im Unterricht, im Schulalltag zu schaffen. Kulturelle Bildung ist ja eines der wesentlichen fächerübergreifenden Themen in den neuen Lehrplänen. Da muss man Raum in Form von Projekten, in Form von Ausflügen schaffen. Es geht zum Beispiel auch darum, in ganztägigen Schulformen, in denen man ja wesentlich mehr Zeit zur Verfügung hat, mehr Zeit dafür zu schaffen, deswegen brauchen wir da selbstverständlich auch einen Ausbau.
Da gibt es dann auch die Möglichkeit, mit Kultureinrichtungen Kooperationen einzugehen. (Abg. Shetty: Dieser Antrag ist ein Selbstgespräch!) Ich denke da zum Beispiel an die Musikschulen, daran, ganz zielführend NGOs reinzuholen. Eines meiner Lieblingsprojekte diesbezüglich ist ja das tolle Projekt Superar, das viele von uns kennen. Da wird nicht nur täglich in der Schule gesungen, da wird auch regelmäßig, mehrmals im Jahr, gemeinsam im Wiener Konzerthaus, einem der schönsten Konzertsäle Wiens, aufgetreten. Da kommen dann Eltern, die vielleicht nicht so kulturaffin sind, auch zum Zuhören, und damit haben wir gleichzeitig auch schon wieder eine Hemmschwelle überwunden.
Was könnte man noch tun? – Bei der Vereinfachung der Logistik gibt es sicher vieles, was man machen kann, was die Buchung, die Abrechnung, die Bewerbung
von Kulturveranstaltungen betrifft. Wenn ich zum Beispiel an das Handling der Fahrscheine denke: Es gibt noch viel, das man verbessern kann.
Selbstverständlich wird es auch innovative Formen der finanziellen Unterstützung geben müssen, die sowohl benachteiligten Schülerinnen und Schülern individuell als auch benachteiligten Standorten, damit die das besser organisieren können, zur Verfügung stehen. Dazu gab es ja bereits einen gemeinsamen Antrag, den wir schon beschlossen haben.
Alles das soll Teil der Gespräche zwischen dem BMKÖS und dem BMBWF sein. Es wird am Ende eine Strategie rausschauen, die – anders als die Kollegin andeutet – nicht inhaltsleer sein wird, es wird eine gute Strategie zur kulturellen Bildung sein, weil kulturelle Bildung für alle wichtig ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Pöttinger.)
13.37
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Thomas Spalt. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Thomas Spalt (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Werte Zuseher! Hohes Haus! Ja, ich darf oder muss mich hier schon fast für diesen Antrag bedanken, denn dieser Antrag ist ein Musterbeispiel dafür, dass in der schwarz-grünen Bundesregierung gar nichts mehr funktioniert.
Im Antrag geht es um kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche. Grundsätzlich spricht nichts gegen dieses Thema und es wäre grundsätzlich auch wichtig, die geforderten Kooperationen auszubauen. Wir diskutieren hier aber einen Antrag von schwarz-grünen Abgeordneten, in dem ihr euch selber – nämlich die schwarz-grüne Bundesregierung – ersucht, endlich tätig zu werden. (Zwischenruf des Abg. Shetty.)
Mir stellt sich zu Recht die Frage: Habt ihr, die Abgeordneten von Schwarz-Grün, endlich erkannt, dass in eurer eigenen Bundesregierung nichts vorwärtsgeht, weil ihr euch selber zum Arbeiten auffordern müsst? (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Shetty. – Abg. Scherak: Besser spät als nie!)
Geschätzte Abgeordnete, es sind eure Parteikollegen, die genau in diesen Bereichen seit Jahren die Verantwortung tragen. Wie in vielen Bereichen wäre das Mindeste, was zu erwarten wäre, Anträge mit konkreten Inhalten und nicht mit solch schwammig formulierten Arbeitsaufforderungen an euch selber vorzulegen. Wenn man noch beachtet, wie schleppend die Umsetzung von Aufträgen, die ihr euch selber gebt, vorangeht, dann kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass in dieser Legislaturperiode zu diesem Thema gar nichts mehr geschehen wird.
Geschätzte Damen und Herren, solche Anträge sind reine Showpolitik und der verzweifelte Versuch, die schwarz-grüne Bundesregierung noch künstlich am Leben zu erhalten. Es ist offensichtlich, dass da versucht wird, mit tollen Überschriften, mit selbst lobenden Begründungen, aber inhaltsleeren Anträgen noch ein paar Schlagzeilen zu generieren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Shetty.)
Geschätzte Kollegen, liefern Sie Inhalte, liefern Sie vernünftige Anträge! Wir werden diese sachlich im Interesse der österreichischen Bevölkerung hier im Plenum diskutieren, aber wir werden uns ganz sicher nicht an dieser schwarz-grünen Showpolitik im Kulturbereich beteiligen. (Beifall bei der FPÖ.)
13.39
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
13.40
Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon spannend: Machen wir was, ist es nicht recht, machen wir nichts, ist es auch nicht recht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Einwallner.) Die Opposition jammert immer, egal was wir tun; es wird einfach einmal gejammert. Ich habe gerade eine Gruppe vom Seniorenbund Waizenkirchen dagehabt, und da wurde ich auch gefragt: Wie gibt es das? Da sind einige immer gegen alles, und speziell natürlich von der Opposition. – Ja, sie können nicht anders!, habe ich gesagt. Offensichtlich ist ihnen das so wichtig, gegen alles zu sein (Zwischenruf des Abg. Scherak), damit sie dort und da immer wieder das eine oder andere mehr an Stimmen bekommen. Am Ende des Tages werden wir es schon sehen.
Wir sind sicher gut aufgestellt (Abg. Seidl: Sicher!), wir als Schwarz-Grüne haben sehr, sehr viel weitergebracht. (Abg. Einwallner: Brauchst nur selber ...! – Abg. Erasim: Nur ausreichend selbst einreden, dass die ÖVP gerade gut dasteht!) Ich sehe auch im Bereich der Kultur einiges, was sich sehr, sehr gut entwickelt, und wir haben ein Budget, das sich sehen lassen kann. Wir haben einiges zuwege gebracht und werden gut weiterarbeiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Warum und wieso haben wir diesen Antrag zur Verstärkung der kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche gestellt? Manche könnten sich fragen: Ist Kunst und Kultur überhaupt so wichtig für unsere Kinder? Gibt es nicht wichtigere Themen? Gibt es nicht eh schon genügend Berührungspunkte mit Kunst und Kultur für unsere Jugendlichen? Darf uns Kunst und Kultur etwas wert sein? Sind die Kunst- und Kulturschaffenden in Österreich überhaupt bereit, eine Kooperation mit Schulen und Bildungseinrichtungen zu schließen? Sind Professoren, Lehrer und Lehrerinnen bereit, Kunst und Kultur verstärkt zu vermitteln? (Abg. Erasim: Er hat wie immer mehr Fragen als Antworten! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Ist Österreich ein Kunst- und Kulturland? – Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuseher:innen, es gibt viele
Fragen (Abg. Einwallner: Und wenige Antworten von dieser Regierung, ja, stimmt!), die wir hier stellen könnten.
Ich bin überzeugt: Österreich ist ein Kunst- und Kulturland! (Beifall bei der ÖVP.) Der Stellenwert von Kunst und Kultur in unserem Land ist Gott sei Dank ein sehr hoher. Allerdings ist es sicher notwendig, den Zugang für Kinder und Jugendliche noch weiter zu stärken. (Zwischenruf des Abg. Shetty.) Ja, und nach meinen Erfahrungen mit Kunst- und Kulturschaffenden sind die handelnden Personen sehr wohl dazu bereit und auch froh über eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit unseren Schulen. Ja, und auch unseren maßgeblichen Professoren sowie Lehrerinnen und Lehrern ist die Kunst- und Kulturvermittlung ein echtes Anliegen.
Ja, es gibt unglaublich viele wichtige Bildungsthemen (Abg. Erasim – erheitert –: Ich glaube, der Minister weiß auch schon nicht mehr, was Sie sagen wollten! Der Herr Vizekanzler tut mir jetzt einmal leid!), es gibt auch viele Interessen der Jugendlichen und es gibt viele Talente in den unterschiedlichsten Bereichen. Kunst und Kultur kann unser Leben in einem hohen Maß bereichern. Kunst und Kultur stärkt unser Miteinander, Kunst und Kultur begeistert, rüttelt oft wach, Kunst und Kultur ist wichtig für unser Gemüt und für unsere kulturelle Identität.
Wir sind auch international ein hoch anerkanntes Kunst- und Kulturland. Das möge so bleiben, und deshalb: Unterstützen Sie bitte unseren Antrag! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Erasim: Worum geht’s in dem Antrag? – Abg. Scherak: Wir haben nicht verstanden, was wir unterstützen sollen!)
Und ein Nachsatz: Die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause haben es sicher nicht mitbekommen, und heute bin ich auch gefragt worden: Warum gibt es da immer wieder Zwischenrufe? (Abg. Seidl: Ja, warum?) Sehr viele bekommt man ja im Fernsehen nicht mit. Jetzt hat es viele Zwischenrufe gegeben (Rufe bei den NEOS: Warum?), und was ist das Anliegen? – Man will den Redner drausbringen. (Rufe bei der SPÖ: Nein! – Abg. Erasim – erheitert –: Sie waren ja nie
drinnen in Ihrer Rede!) – Alles Gute und einen schönen Nachmittag! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Erasim: Sie kann man ja nicht drausbringen! – Abg. Shetty: ... Selbstreflexion ...!)
13.44
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Pöttinger, herzlichen Dank für den sehr humoristischen Beitrag zum Thema kulturelle Bildung – sehr spannend, was Sie für einen Blick darauf haben. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Ich würde jetzt gerne wirklich zum Ernst der Lage kommen. (Ruf bei der ÖVP: ... Ernst der Lage ...!) In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird der Mensch als soziales, kulturelles Wesen beschrieben, und das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben wird als Menschenrecht eingeräumt und anerkannt.
Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, von diesem Menschenrecht sind wir sehr, sehr weit entfernt, leider auch in Österreich, obwohl sich – es wurde angesprochen – Österreich selbst als Kulturland rühmt.
Es gibt einzelne Bemühungen, Kollegin Heinisch-Hosek ist schon darauf eingegangen, zum Beispiel Bemühungen im Rahmen des OeAD, bei dem es um kulturelle Bildung geht. Offen gesprochen kommt das einfach nicht allen Kindern und Jugendlichen zugute. Das ist leider sehr oft davon abhängig, ob Lehrer:innen darüber Bescheid wissen, auch, wie engagiert sie sind und welche Bemühungen vonseiten der Schüler:innen, vonseiten der Eltern kommen.
Ja, es gibt auch einen Grundsatzerlass betreffend „Ganzheitlich-kreative Lernkultur in den Schulen“. Dieser geht auf das Jahr 2009 zurück. Das ist alles begrüßenswert, aber das sind ganz, ganz kleine Puzzlesteine, die noch lang nicht zur Umsetzung des Menschenrechts auf kulturelle Teilhabe führen.
Was nämlich gänzlich fehlt, geschätzte Kollegen und Kolleginnen der ÖVP und Grünen, ist ein umfassender, mehrjähriger Aktionsplan zur kulturellen Bildung – das braucht es ganz einfach dringend, und das fordern wir auch ein (Beifall bei der SPÖ) –, ein Aktionsplan, der ganz klare Antworten gibt, auf Fragen wie: Wer soll wo und wann kulturelle Bildung vermitteln? Wem kann sie sozusagen zugutekommen? – Denken wir daran, wie Kindergartenkinder eigentlich dazu kommen! Denken wir daran, wie Volksschulkinder, Jugendliche dazu kommen! Schülerinnen und Schüler, die zum Beispiel eine Berufsschule besuchen, sind eigentlich auch völlig ausgenommen. Wer soll diese kulturelle Bildung leisten? Und vor allem: Welches Budget gibt es dafür? – Diese Antworten haben wir nicht. Deshalb braucht es dieses umfassende Konzept und diesen umfassenden Aktionsplan und nicht – mit Verlaub – so lapidare Beschlüsse, die Sie uns heute auf den Tisch legen.
Die Beschlussformel lautet: „eine gemeinsame Initiative zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Bildungseinrichtungen und der kulturellen Bildung der Schüler:innen in Österreich zu setzen“. – Ehrlich? Das ist peinlich! Mehr ist das nicht, das ist einfach nur peinlich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
Es gibt keine Antwort auf finanzielle Komponenten. Sie wissen ganz genau: Kultur ist zum Luxusgut geworden. Es ist einfach so, dass wir in Österreich 350 000 Kinder haben, die armutsgefährdet sind. Diese können sich ganz einfach keinen Theaterbesuch oder einen Konzertbesuch leisten oder auch, in ein Kino zu gehen oder ein Instrument zu erlernen. Unsere Vorschläge liegen seit Monaten, seit Jahren am Tisch – Stichworte: Kulturguthaben, kulturelle Bildung wirklich zu etablieren, oder „Jedem Kind sein Instrument“. (Abg. Obernosterer: ... als Kulturreferent!)
Sie haben das alles offen gesprochen belächelt – sehr, sehr beschämend war das. Alle Kinder haben nämlich das Recht auf kulturelle Teilhabe und einfach auch auf das Kennenlernen von Kunst und Kultur, nicht nur als Menschenrecht. Wir haben es auch in unserer Bundesverfassung im Rahmen der Kinderrechte verankert. Sie müssen endlich in die Gänge kommen, um dieses Recht auch wirklich allen zu gewähren! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir geben Ihnen heute eine weitere Chance, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, nämlich im Bereich der Kulturvermittlung. Sie wissen, Kulturvermittler:innen spielen eine ganz, ganz wesentliche Rolle, um Kultur erlebbar zu machen, um Kultur erfahrbar zu machen. Sie stehen oftmals im Schatten. Räumen wir den Kulturvermittlerinnen und Kulturvermittlern endlich den Stellenwert ein, der ihnen zusteht!
Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kulturvermittlung stärken“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, Förderprogramme für die Vermittlung von Kunst und Kultur unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Steuerung und Vernetzung weiter auszubauen und die Position der Kunstvermittlerinnen und -vermittler in den Kulturbetrieben zu stärken.“
*****
Sie selbst haben sich das im Regierungsprogramm als Aufgabe gesetzt. Stimmen Sie Ihrem eigenen Anliegen zu! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
13.49
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Gabriele Heinisch-Hosek
Genossinnen und Genossen
betreffend „Kulturvermittlung stärken“
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 3733/A(E) der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche (2338 d.B.) (TOP5)
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird der Mensch als soziales, kulturelles Wesen beschrieben. Demgemäß wird das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben als Menschenrecht anerkannt. Dennoch ist die Teilhabe am Kulturleben in Österreich nicht gleichmäßig in der Bevölkerung verteilt. Klar zeigt sich, dass Kulturbegeisterung nach wie vor stark bildungsabhängig und Kulturkompetenz sehr stark vom Elternhaus geprägt und vererbt ist – und das stärker als in anderen Ländern. Daher kann leider zu Recht von einer Klassengesellschaft auch in der Kultur gesprochen werden.
Einen wesentlichen Beitrag dazu, die Barrieren für die Teilhabe am Kulturleben zu überwinden, leistet die Kulturvermittlung. Kulturvermittler:innen sind Expert:innen für das Publikum und arbeiten an der Schnittstelle zwischen Institution und Publikum in Kulturinstitutionen wie Museen, Ausstellungshäusern, aber auch für Kulturinitiativen und Festivals. Kulturvermittler:innen haben einen wichtigen Anteil an der Programmierung und inhaltlichen Ausrichtung von Institution. Sie wählen und entwickeln adäquate Formate und Methoden, mit denen die Inhalte auf personale und mediale Weise vermittelt werden (Apps, Audioguides, Ausstellungs- und Künstler:innengespräche, Begleithefte, Besucher:innenkataloge, Diskussionen,
Führungen, Raumtexte, Workshops etc.), und kuratieren partizipatorische Aktionen sowie Interventionen und setzen Programmschwerpunkte.
Trotz ihrer immensen Bedeutung für das Kulturleben stehen Kulturvermittler:innen selten im Fokus der Aufmerksamkeit. Sie arbeiten oftmals von der Öffentlichkeit wenig beachtet – außer wenn gerade ein konkretes Angebot genutzt wird – und werden von den Institutionen, seien es Museen oder Musikhäuser, selten in den Vordergrund gerückt. Prekäre Arbeitsverhältnisse stehen an der Tagesordnung und auch die Wertschätzung für ihre wichtige Tätigkeit lässt zuweilen zu wünschen übrig. Hier braucht es eine vollständige Anerkennung ihres Berufes und das Zur-Verfügung-Stellen von adäquaten Mitteln, um ein qualitativ hochstehendes Vermittlungsprogramm inklusive sozialer Absicherung der Vermittelnden bieten zu können. Auch die Einbeziehung in Kollektivverträge und ein Fokus auf „Kulturvermittlung auf der Höhe“ der Zeit als Förderkriterium könnte die Situation verbessern. Nicht nur Künstler:innen brauchen faire Arbeitsbedingungen und gerechte Bezahlung, sondern auch Kulturvermittler:innen.
Erfreulicherweise hat die Bundesregierung die Bedeutung der Kulturvermittlung in ihrem Regierungsprogramm erkannt. Leider sind der Erkenntnis jedoch kaum Taten gefolgt. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, Förderprogramme für die Vermittlung von Kunst und Kultur unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Steuerung und Vernetzung weiter auszubauen und die Position der Kunstvermittlerinnen und -vermittler in den Kulturbetrieben zu stärken.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Mag.a Julia Seidl. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil wir grundsätzlich der Meinung sind, dass kulturelle Bildung in Schulen schon etwas verloren hat und dass man das besser machen kann als bisher.
Man darf ja nicht vergessen, dass es einzelne Schulzweige gibt, in denen die Kinder und Jugendlichen – die Jugendlichen vor allen Dingen – kein einziges kreatives Fach mehr haben – kein einziges! –, dass es Schulen gibt, an denen es keinen einzigen Farbstift mehr gibt. Das sind, glaube ich, Dinge, um die wir uns ganz dringend kümmern müssen, weil das Abtöten der Kreativität in unserem Schulsystem wirklich State of the Art ist – wenn man diesen Vergleich in diesem Zusammenhang hernehmen darf. Das schadet aber, glaube ich, unserem Wirtschaftsstandort nachhaltig.
Bei diesem Antrag – und deswegen kritisieren wir diesen auch, wie Kolleginnen und Kollegen vor mir auch schon – ist es ein bisschen so: Die Bundesregierung ist einmal in der Früh aufgestanden, hat sich in den Spiegel geschaut und hat gesagt: Heute arbeiten wir einmal etwas, heute stellen wir einmal einen Antrag an uns! – Sie könnten das den ganzen Tag, die ganze Woche, das ganze Jahr einfach machen, hätten es die letzten fünf Jahre machen können.
Das verstehe ich nicht: wieso man sich selbst so einen Arbeitsauftrag erteilt, der zudem – und diese Kritik teile ich auch – nicht sehr viel Inhalt hat. Ich kenne das aber aus anderen Ausschüssen auch schon, wo solche Anträge kommen, und
ein paar Wochen später, als hätte man da in einem vollen Tempo daran gearbeitet, gibt es ein komplettes, fixfertiges Programm. Ich glaube, dass wir so etwas im Jänner oder Februar erleben werden: Es wird eine Vorlage geben, die enthält, was man sich ausgedacht hat und was man ausgearbeitet hat.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es aus meiner Sicht sehr wichtig ist, dass man in diesem Zusammenhang in eine gute Koordination und Kooperation mit den Schulen geht, denn es darf nicht passieren, dass man den Schulen noch weitere Dinge aufhalst, das Bürokratiemonster noch größer macht, als es ohnehin schon ist, nur um das, was man sich jetzt einbildet, zu machen. Man muss das mit den Schulen gut koordinieren, sodass das dann auch gut umsetzbar ist, denn die Pädagoginnen und Pädagogen und die Direktorinnen und Direktoren haben schon ziemlich viele Aufgaben von uns bekommen, vor allem im bürokratischen Bereich. Das darf aus unserer Sicht nicht passieren, dass das noch einmal ein Bürokratiemonster wird, sondern es müssen wirklich umsetzbare Strategien und umsetzbare Maßnahmen sein. (Beifall bei den NEOS.)
Eine Ergänzung noch zu unserem Kulturausschuss, da ja alle Anträge der Opposition vertagt worden sind: Herr Pöttinger hat gemeint, die Opposition ist immer gegen alles. Dem kann ich nur entgegnen: Die Regierungsparteien sind ja auch immer gegen alles, was von der Opposition eingebracht wird. Es gibt keinen einzigen Antrag der Opposition, der von den Regierungsparteien angenommen wird! Uns dann vorzuhalten, dass wir Anträge der Regierungsparteien kritisieren, finde ich wirklich ein bisschen frech. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)
Ein Antrag von uns, der vertagt worden ist, den wir schon öfter auf der Tagesordnung hatten, ist jener betreffend die Investmentobligation, ein Modell, gemäß dem der Staat Österreich Geld einnehmen kann, das er dann für die Filmförderung ausgibt, ein Antrag, der mittlerweile dreimal vertagt wurde. Andere europäische Länder machen das seit über fünf Jahren – bei uns aber wird dieser Antrag vertagt, vertagt, vertagt. Das ist wirklich ein schlauer Antrag, ein guter Antrag, da könnte die Regierung auch einfach einmal zustimmen und
den Antrag dann abarbeiten. Das wäre doch einmal ein Vorschlag für kooperatives Handeln für die Zukunft! (Beifall bei den NEOS.)
13.52
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Andrea Kuntzl. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich muss mich der allgemeinen Ratlosigkeit über diesen Antrag der Regierungsparteien anschließen, obwohl es eigentlich um ein sehr wichtiges Anliegen geht, nämlich um kulturelle Bildung, darum, Kinder und Jugendliche an Kultur, an den Raum Kultur heranzuführen. Da geht es nicht einfach darum, dass das eine Frage der Gewohnheit, der mangelnden Gewohnheit, eine Frage von Hemmschwellen ist, denn man muss sich ja die Frage stellen, wodurch diese Hemmschwellen entstehen.
Darauf gibt die Publikumsstudie, die Ihr Ministerium in Auftrag gegeben hat, eine wesentliche Antwort, nämlich dass es da nicht nur um das Wollen und Können und Kennen geht, sondern dass das in vielen Familien ganz beinharte materielle Ursachen hat, dass gerade in einer Zeit der hohen Inflation, in einer Zeit, in der sich die Frage stellt: Kann man sich das Heizen der Wohnung leisten, kann man sich das ganze Monat lang ein entsprechendes Essen für die ganze Familie leisten?, Kultur, die tendenziell schon immer ein Luxusgut war, natürlich noch mehr in die Ferne rückt, in noch verstärktem Maß ein Luxusgut geworden ist.
Das heißt: Wenn Sie sich jetzt gegenseitig auffordern, dass der Herr Kulturminister mit dem Herrn Bildungsminister stärker zusammenarbeiten soll – ich gehe ja eigentlich davon aus, dass Sie das von selber tun, dass man Sie nicht erst dazu auffordern muss, zusammenzuarbeiten –, dann wäre das Wesentliche, dass Sie ganz konkrete Maßnahmen auf den Tisch legen, die exakt bei diesen notwendigen Punkten ansetzen.
Im Ausschuss sind – es ist schon angesprochen worden – einige ganz konkrete Anträge mit ganz konkreten Vorschlägen, die eben an diesen Punkten ansetzen, auf dem Tisch gelegen, unter anderen gleich mehrere von unserer Fraktion. Da gibt es die Idee, an den Schulen Fördertöpfe einzurichten, aus denen die Kinder und Jugendlichen materiell und finanziell unterstützt werden sollen, um an Schulveranstaltungen teilzunehmen – was sich viele Familien in dieser Art und Weise einfach nicht mehr leisten können.
Es gibt auch die Idee eines Kulturguthabens, dass alle Jugendlichen mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein Guthaben von 200 Euro bekommen sollen, womit ihnen die Möglichkeit eröffnet wird, Kultur zu genießen, zu konsumieren – sei es Theater, seien es Konzerte, sei es ein Buch, was auch immer –, als eine ganz konkrete Unterstützung, um da einen Einstieg zu finden.
Es gibt die Idee – zu der in Deutschland schon ein ganz konkretes Projekt besteht –, bei Kindern und Jugendlichen das Erlernen eines Instruments, das Heranführen – nicht den Zwang, aber das Heranführen – an das Erlernen eines Instruments zu unterstützen.
Also bitte, sehr geehrte Regierungsparteien, konkrete Schritte wären ganz dringend erwünscht und notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)
13.56
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kulturelle Bildung – erlauben Sie mir ein paar Sätze mit einem Rückblick: Unter den Unterrichtsministern, -ministerinnen der SPÖ sind die sogenannten kreativen Fächer – Zeichnen, textiles und technisches Werken, Musik – immer mehr reduziert
worden. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war die Frau Gehrer!) Also so viel Interesse kann es daran nicht gegeben haben.
Die Schule ist nun einmal für viele der einzige Rahmen, in dem sie in einer Situation sind, in der sie Kunst und Kultur näher kennenlernen können, weil es, wie meine Kollegin Hamann schon gesagt hat, in den Familien oft ganz schwierig ist und es da auch andere Zugänge gibt.
Natürlich vermitteln sich Kunst und Kultur auch über Freunde, Freundinnen, über andere Medien wie zum Beispiel auch das Fernsehen – auch da wird Kunst und Kultur vermittelt, nicht nur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, sondern auch auf anderen Sendern.
Vielleicht noch ein zweiter Punkt, der mir wichtig ist, weil jetzt sozusagen von allen so beklagt wurde: Wie kann man nur so einen inhaltsleeren Antrag an die eigene Bundesregierung stellen? – Ja selbstverständlich! Offensichtlich ist die Art und Weise, wie Parlament und Regierung funktionieren, manchen hier im Haus nicht ganz klar, oder es ist ihnen nicht einsichtig, wie solche Prozesse ablaufen. Natürlich ist das sehr weit gefasst, weil es ja darum geht, in einem sehr weit gefassten Rahmen einzelne Maßnahmen zu entwickeln, die es ja auch gibt in diesem Maßnahmenbündel – einiges ist schon angesprochen worden. Es ist natürlich nicht nur der OeAD, sondern es sind viele vor allen Dingen auch im NGO-Bereich – auch da wurden Beispiele genannt –, die sich um die Situation von Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit Kunst und Kultur sehr verdient machen. Es gibt viele Einrichtungen, die bereits bestehen, und in den Schulen passiert vieles, es wird vieles gemacht, um Kindern Kunst und Kultur nahezubringen und sie dazu zu bringen, es auch selber auszuüben.
Vielleicht auch in Richtung Wien gesprochen: Hier wäre, wie in vielen anderen Bundesländern – ich nenne jetzt insbesondere Oberösterreich und Vorarlberg –, mit einem öffentlichen Musikschulwesen schon ein erster Schritt gemacht. Der fehlt in Wien leider vollkommen. Es gibt in Wien kaum
öffentliche Musikschulen, und das ist wirklich ein Minuspunkt. Ich denke, das ist notwendig, um diesen Rahmen zu schaffen.
Ich glaube, es ist in Zukunft besonders wichtig, Kinder und Jugendliche – vor allen Dingen Kinder im Kindergartenalter, aber auch im Volksschulalter –, wenn man so will, hin zu einer analogen Kultur zu führen, denn eine digitale ist ihnen in vielen Fällen sehr bekannt. Also es geht sozusagen um das Selber-kreativ-Sein und darum, zu sehen, wie Kreativität in allen möglichen Bereichen gelebt wird.
Und im Übrigen bin ich der Meinung: Bring them home now! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.00
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Gestern fand in New York der UN-Festakt anlässlich 75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte statt. Wissen Sie, was der kulturelle Beitrag bei diesem Festakt in New York war? – Die Stiftung Mozarteum Salzburg ist mit der Original-Costa-Geige, die Wolfgang Amadeus Mozart selbst gespielt hat, angereist. Junge Musikerinnen und Musiker aus Kolumbien haben auf dieser Geige gespielt.
Ich erzähle das, weil wir jetzt gerade über unseren Entschließungsantrag betreffend Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche debattieren. Und ja, wir in Österreich leben noch heute von unserer kulturellen Geschichte, aber auch nur deswegen, weil sie lebendig und zeitgemäß weitergegeben wird, so, wie das zum Beispiel auch die Stiftung Mozarteum großartig auf der ganzen Welt, auch in Österreich, tut, und so, wie das ganz, ganz viele Kultureinrichtungen
und ‑institutionen in ganz Österreich tun. Natürlich passiert das nicht nur mit unserer kulturellen Geschichte, mit unserem kulturellen Erbe, sondern auch ganz, ganz intensiv im zeitgenössischen Kunstschaffen.
Kulturelle Bildung ist mir schon sehr, sehr lange ein absolut wichtiges Anliegen. Sie wird in Zukunft in unserer digitalisierten Welt noch wichtiger werden, wir werden sie brauchen: für analoge Fähigkeiten, für kreatives Denken, für ein demokratisches Verständnis, für empathische Fähigkeiten und einen digitalen Humanismus.
Ich bin der Meinung, es gibt sehr, sehr viel Angebot in der kulturellen Bildung, wir haben einiges dazu gehört. Ich selbst habe 2019 einen Bericht angeregt und vorlegen lassen, nämlich vom Kultur- und vom Bildungsministerium, 313 Seiten stark. Ich behaupte, es gibt sehr, sehr viel Angebot. Man kann es also nicht so darstellen, als würde nichts passieren.
Es gibt den OeAD – wir haben es gehört –: Kulturvermittlung, Vermittlung von Künstlerinnen und Künstlern an Schulen. Das wird sehr intensiv seit vielen Jahren erfolgreich umgesetzt.
Die Musikschulen leisten in allen Bundesländern großartige Vermittlungsarbeit in Zusammenarbeit mit Schulen; in fast allen Bundesländern, muss man sagen. Meine Vorrednerin Eva Blimlinger hat völlig recht: Wien ist die größte Stadt Österreichs mit den wenigsten Musikschulplätzen, mit den wenigsten Musikschülerinnen und Musikschülern. Es gibt in Wien unendlich lange Wartelisten, dass man ein Instrument lernen kann. Der Blasmusikverband, der Chorverband: Auch da gibt es ganz viele Musikprojekte in Zusammenarbeit mit Schulen in ganz Österreich.
Es gibt den Gratiseintritt bis 18 Jahre in alle Bundesmuseen. Also man kann nicht sagen, Kultur sei ein Luxusgut. Das ist einfach nicht richtig. Es gibt wahnsinnig viele Möglichkeiten, sich kostenlos ganz tolle Kulturerlebnisse zu organisieren.
Es hat nicht immer mit der finanziellen Lage der Familie zu tun. Das stimmt einfach nicht. Das möchte ich wirklich unterstreichen.
Aber ja, die Sora-Studie hat gezeigt, es gehört noch mehr gemacht, es gehört noch einiges getan. Das ist keine Überraschung, das wissen wir schon. Ganz oft wird natürlich die kulturelle Affinität von der Familie gefördert, das sollte aber nicht alles sein. Die Schule ist ein ganz wesentlicher Ort, um die kulturelle Bildung zu stärken, zu fördern.
Im Bildungsministerium gibt es seit einiger Zeit auch ein eigenes Expert:innengremium, das Musikforum, wo eben auch Projekte mit Schulen, mit anderen Partnern abgestimmt werden, um die Zusammenarbeit in diesem Bereich zu stärken.
Ja, dieser Antrag ist äußerst sinnvoll, denn die Zusammenarbeit zwischen Kultureinrichtungen und Schulen kann immer verbessert werden. Wir sind eine Kulturnation und das wollen wir auch bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
14.04
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist MMag.a Dr.in Agnes Totter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Was wollen oder besser gesagt was sollen wir den künftigen Generationen als Rüstzeug für ein glückliches und selbstbestimmtes Leben mit auf den Weg geben? – Die Antwort ist so einfach wie auch komplex: Bildung, Bildung, Bildung und Kultur.
Geschätzte Damen und Herren! An dieser Stelle debattieren wir nun eine Querschnittsmaterie zwischen Bildung und Kultur. Eines vorweg: Die österreichische Bundesregierung und die Koalition im Parlament tun ihr Bestes,
um die richtigen Startvoraussetzungen für Kinder und Jugendliche zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Michael Hammer: So ist es!)
Im konkreten Fall möchte ich das Rekordbildungsbudget und Rekordwissenschaftsbudget 2024 von insgesamt 17,9 Milliarden Euro erwähnen. Da haben wir ein beachtliches Plus von 742 Millionen Euro im Vergleich zu heuer. Ebenfalls Steigerungen gab es bereits in den letzten Jahren im Kulturbudget, auch heuer gibt es eine Steigerung des Budgets für Kunst und Kultur um 48,6 Millionen Euro. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dieses Geld wird auch vernünftig eingesetzt.
Im vorliegenden Entschließungsantrag wird die Bundesregierung ersucht, neben den bereits vorhandenen weitere Initiativen „zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Bildungseinrichtungen und der kulturellen Bildung“ der Schülerinnen und Schüler in Österreich zu setzen.
Diese Initiative ist natürlich notwendig, richtig und wichtig, denn: In welchem Ausmaß Personen über kulturelles Kapital verfügen steht in Zusammenhang damit, ob sie aus kunst- und kulturinteressierten Familien kommen. Es ist aber auch entscheidend, ob Jugendliche in ihrer Schulzeit durch kulturelle Bildung das Interesse an Kunst und Kultur entwickelt und ausgebaut haben und welchen Stellenwert für sie die Vermittlung von Kunst und Kultur im Rahmen des Schulsystems einnimmt. Kultur hat nämlich das Potenzial, zu inspirieren und zur Auseinandersetzung anzuregen, mit sich selbst, aber auch mit der Gesellschaft.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es bereits jetzt ein breites Angebot an Kulturvermittlung für Schülerinnen und Schüler gibt. Die Bundesmuseen und die Österreichische Nationalbibliothek bieten spezielle Programme für Kinder und Jugendliche wie Jugendworkshops, Kunstworkshops für Kinder, Kinderkunstwochen und Kinderateliers an.
Die Bundestheater haben ein vielfältiges Angebot für Kinder und Jugendliche, wie etwa die kostenlose Teilnahme von Schulklassen an Proben, Backstageführungen, Materialien für den Unterricht und zahlreiche Workshops.
Ein Großteil der Förderungen im Bereich Architektur, Baukultur, Denkmalschutz und Welterbe beinhaltet bereits vielfältige Kinder- und Jugendprogramme in unterschiedlichen Formaten. Weiters gibt es zahlreiche geförderte Kulturvermittlungsprojekte und -initiativen sowie Kinder- und Jugendprogramme, die als Zielgruppe Kinder und Jugendliche im schulischen und im außerschulischen Bereich haben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
Vielen Dank an dieser Stelle an die Frau Staatssekretärin für die Zusage, dass in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium nun die kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche weiter ausgebaut werden soll. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2338 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (349/E)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kulturvermittlung stärken“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2313 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird (2388 d.B.)
7. Punkt
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2303 und Zu 2303 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden, das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen für die Jahre 2025 bis 2028 erlassen und das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz aufgehoben wird, sowie über den
Antrag 3681/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielsteuerung Pflege zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen nutzen (2389 d.B.)
8. Punkt
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2700/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenanalyse Pflege (2390 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Es wurde auch darüber auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Unter diesen Tagesordnungspunkten werden Ergebnisse aus den Finanzausgleichsverhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern nunmehr in Gesetze gegossen und heute beschlossen. Es geht um die Erhöhung der Dotierung des Pflegefonds und um die Verlängerung der 24-Stunden-Betreuung. Ich möchte kurz auf die Änderungen eingehen, die diese Anträge beinhalten.
Zum einen ist es natürlich positiv zu bewerten, dass bei der Förderung, die man erhält, wenn man eine 24-Stunden-Betreuung in Anspruch nimmt, nicht auf das Vermögen zurückgegriffen werden kann. Was aber derzeit noch immer ein sehr großes Problem ist, sind die Arbeitsbedingungen, unter denen die Betreuerinnen – und das sind zur Gänze Frauen – arbeiten müssen. Da muss man halt schon kritisieren, dass der Ausbau der mobilen Pflege sehr stark hinterherhinkt und es überhaupt keine ausreichende Versorgung im Bereich Pflege zu Hause gibt. Deshalb müssen wir uns noch immer darauf verlassen, dass diese Frauen, die unter widrigen Umständen arbeiten, dieses Manko in unserem System für uns weiterhin ausbügeln werden.
Im Hinblick auf den Pflegefonds, der auf 1,1, Milliarden Euro erhöht wird, ist zu sagen, dass das sehr viel Geld ist, das da in die Hand genommen wird, dass dieses aber in erster Linie dazu dienen wird, bestehende Leistungen zu finanzieren. Damit bleiben wieder keine finanziellen Mittel für eine echte Personaloffensive und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Pflegebereich offen.
Wir wissen, gerade im Pflegebereich besteht akuter Handlungsbedarf, aber die Bundesregierung hat offensichtlich die groß angekündigte Pflegereform abgeschlossen. Wir sehen keine neuen ambitionierten Ziele. Es werden die Maßnahmen, die bisher gesetzt worden sind, weiter finanziert, aber es gibt keinen Ausbau zusätzlicher Pflegeplätze, zu wenige Vorgaben an die Länder, die dann einfach wieder weiterwurschteln wie bisher.
Neu soll auch eine Pflege-Entwicklungs-Kommission analog zu einer Zielsteuerungskommission im Gesundheitsbereich eingerichtet werden. In solch einer Kommission sehen wir durchaus Potenzial, aber es wird halt auch da sehr stark darauf ankommen, welche Befugnisse diese Kommission tatsächlich haben wird.
Neue Akzente und Schwerpunkte in der Pflege vermisst man gänzlich, und das wundert mich auch nicht. Denken wir an den Pflegeausbildungsbonus in Höhe von 600 Euro, dieser allein zeigt, dass soziale Sicherheit in unserem Land leider immer noch einen geringen Stellenwert hat. Als Beispiel dafür die öffentliche Sicherheit: Polizeischülerinnen und ‑schüler bekommen während ihrer Ausbildung bereits bis zu 2 600 Euro brutto im Monat. In der Pflegeausbildung sind es wie gesagt 600 Euro. Das heißt, von einem Anreiz, sich für den Pflegeberuf zu entscheiden, kann da nicht gesprochen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.13
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag.a Meri Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere auch hier auf der Galerie! Das Thema Pflege begleitet uns hier im Hohen Haus jetzt seit mittlerweile vier Jahren in dieser Legislaturperiode, aber das Thema an sich ist ja schon länger bekannt. Die Problematik, die damit
einhergeht, wird schon seit Langem diskutiert. Die Pandemie hat die Situation in der Pflege in Österreich noch einmal, kann man durchaus sagen, verschärft, und sie hat uns noch einmal deutlicher vor Augen geführt, dass Handlungsbedarf gegeben ist. Ich darf Sie alle an die Prognose der Gesundheit Österreich GmbH erinnern: Diese rechnet allein für den Pflegebedarf bis 2030 mit 76 000 zusätzlichen Arbeitskräften. So wird das beziffert.
Es ist also sehr klar gewesen, es ist akuter Handlungsbedarf gegeben. Die Bundesregierung hat diesen Handlungsbedarf erkannt und – und das ist sehr wichtig – auch gehandelt. Es war im Mai des Vorjahres, dass der Sozialminister am Internationalen Tag der Pflege die erste große Pflegereform präsentiert hat. Diese hat damals 20 Maßnahmen umfasst und war mit einem Budget von 1 Milliarde Euro hinterlegt. Auch wenn die Wirkung vieler Maßnahmen sich erst längerfristig zeigen wird – denken Sie da beispielsweise an die zusätzlichen Ausbildungsplätze oder auch an den Zuschuss für die Ausbildung –, ist es uns doch mit dieser ersten Pflegereform im Mai 2022 gelungen, dass wir tatsächlich die Situation der Pflege stabilisieren, die Situation der Beschäftigten und auch jene der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen deutlich und spürbar verbessern. (Beifall bei den Grünen.)
Diese im Mai 2022 präsentierte Pflegereform war ein erfolgreicher, ein erster Schritt, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege für die Beschäftigten, für die Pflegebedürftigen und auch für ihre Angehörigen tatsächlich zu stabilisieren, zu verbessern. Gleichzeitig hat Minister Rauch immer sehr klar und sehr deutlich formuliert, dass weitere Schritte folgen werden, weil einfach weitere Schritte folgen müssen. Er hat auch immer sehr klar gesagt, dass er gedenkt, das im Rahmen des Finanzausgleichs auf den Weg zu bringen, diese Schritte auch zu gehen. Diese Schritte gehen wir jetzt, und das ist eine gute Nachricht, eine wichtige Nachricht für alle, die in der Pflege beschäftigt sind, für Pflegende, für zu Pflegende und für deren Angehörige. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)
Was passiert konkret? – Im Rahmen des Finanzausgleichs stellen wir sicher, dass die Verbesserungen der großen Pflegereform auch auf lange Sicht ausfinanziert werden. Das betrifft – die Kollegin hat darauf schon Bezug genommen – einerseits die Gehaltserhöhungen für Pflegekräfte, und es gibt mehr Geld für die 24-Stunden-Betreuung und mehr Unterstützung für die pflegenden Angehörigen. Dafür wird eben dieser Pflegefonds, von dem wir heute schon mehrfach gehört haben, massiv aufgestockt, von 455,6 Millionen Euro auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Gleichzeitig ist es uns gelungen, eine jährliche Inflationsanpassung zu verankern. Damit fließen in Summe – und das möchte ich wirklich betonen, die Zahl ist sehr eindrucksvoll – 1,7 Milliarden Euro jährlich in die Pflege. Das sind circa 8,6 Milliarden Euro bis Ende 2028.
Große Investitionen, viele Investitionen! Was passiert damit? – Wir können damit sicherstellen, dass der Pflegefonds auch in Zukunft mit den notwendigen Mitteln ausgestattet ist, um eben die Gehaltsverbesserungen, um die Ausbildungszuschüsse für das Pflegepersonal zu finanzieren. Wir können damit auch die Pflegesituation nachhaltig stabilisieren. Und ich als Grüne begrüße nachdrücklich, dass sich auch die Bundesländer zur Mitfinanzierung dieser beiden Maßnahmen bekannt haben.
Mit den Mitteln, die über den Finanzausgleich in die Pflege fließen, sorgen wir – abschließend kann man das festhalten, glaube ich – für Verbesserungen für alle Beteiligten: für pflegebedürftige Menschen, für deren Angehörige, für alle Pflegekräfte, die in Österreich arbeiten. Vergegenwärtigen Sie sich das noch einmal: Pflegekräfte erhalten weiterhin einen Gehaltsbonus von rund 2 000 Euro brutto und damit de facto ein 15. Monatsgehalt.
Was wir auch machen, ist, dass wir die Attraktivität der Pflegeausbildung mit einem Ausbildungszuschuss in Höhe von 600 Euro pro Monat erhalten. Wir sichern außerdem das Communitynurses-Projekt ab, und wir erhöhen die Förderung für die 24-Stunden-Betreuung. Ab 1. Jänner erhalten selbstständige Betreuungspersonen eine monatliche Förderung von 800 Euro und unselbstständige eine Förderung in der doppelten Höhe, also von 1 600 Euro.
Im Gegensatz zu dem, was die Kollegin von der SPÖ gerade ausgeführt hat, ist meine Conclusio eine andere: Sie sehen, Sie hören, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, diese Bundesregierung hat den Handlungsbedarf in der Pflege erkannt. Sie hat nicht nur versprochen, Maßnahmen und Verbesserungen zur nachhaltigen Absicherung der Pflege zu setzen, sie tut das auch. Wir versprechen nicht nur, wir liefern auch und wir entwickeln weiter. Wir hören zu und wir handeln, und das werden wir auch weiterhin machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.18
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Ich gestehe Kollegin Disoski zu (Abg. Disoski: Du musst mir gar nichts zugestehen!), dass sie heute bemüht war, die Situation aus der Sichtweise der Grünen zu erklären. Kollegin Ribo ist heute nicht hier, aber wir werden einmal versuchen, die Fakten für die Bevölkerung darzulegen. (Abg. Disoski: Ja, bitte mach jetzt Mansplaining! Erklär mir die Welt!)
Es sind viele Bereiche, die zu erklären Sie sicher bemüht waren, aber im Grunde genommen sind wir weit entfernt von einer Pflegereform in Österreich, weil Sie es bis dato nicht geschafft haben – das Einfachste, aber das ist verständlich, dass die Grünen damit nichts anzufangen wissen –, sich einmal eine Kostenstruktur anzuschauen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Rufe bei den Grünen: Ja, ja!)
Kostenstruktur bedeutet: Man muss einmal wissen, welche Einnahmen man hat und von wem diese Einnahmen kommen. Das wäre das erste kleine Prinzip gewesen. Ihre Kollegin Ribo hat uns im Ausschuss nicht einmal, nicht zweimal, sondern zehnmal vertröstet, dass jetzt der große Wurf der Grünen im Bereich
Pflege kommen wird – das ist aber tatsächlich nicht passiert. Die Kostenstruktur wäre das Einfachste gewesen.
Hinter Ihnen sitzt die ehemalige Landesrätin von Salzburg, und die weiß ja, dass es seinerzeit eine Prüfung gegeben hat, in Tirol, Kärnten und Salzburg, und dort haben wir schon gesehen, wie die Geldflüsse erfolgt sind.
Der Kritikpunkt überhaupt ist: Wenn wir Pflege für die nächsten Jahre ernst nehmen wollen – da können Sie von gewerkschaftlicher Seite noch immer schreien, wie Sie wollen –, werden Sie am Ende des Tages wissen müssen, was die Kosten sind, und die Kosten werden sich zumindest verdreifachen.
Sie gehen jetzt her und machen wie bei einem Bonsaibaum ein Stückwerk, schneiden da ein bisschen und dort ein bisschen, erhöhen die Mittel, glaubend, dass wir einfach Geld in das System schütten müssen, wenn es um die Frage geht: Gibt es jetzt in der Pflege einen Qualitätssprung?
Das ist falsch! Der erste Ansatz ist – noch einmal darauf zurückkommend – eine ehrliche Kostenanalyse und die Berücksichtigung der Einnahmensituation. Und zweitens, wenn Sie eine Artikel-15a-Vereinbarung machen – Sie wissen, dass es das seit 1974 gibt, nämlich eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern –, wo man einerseits festlegt, was der finanzielle Aufwand des Bundes für den Bereich der Länder ist, und die Länder das dann einfordern, was Sie dann in weiterer Folge umzusetzen haben, dann wäre es ein Leichtes für den Herrn Kollegen Minister gewesen, in diese Artikel-15a-Vereinbarung auch hineinzuschreiben, was Sie alles den Ländern abfordern, denn Sie müssen es schon in die Realität umsetzen.
Von diesen 1,1 Milliarden Euro – und da kann jetzt die Kollegin nichts dafür – zahlen Sie 300 Millionen Euro nur dafür, dass Sie den Regress abgeschafft haben – dann sind wir bei 800 Millionen Euro. Sie zahlen 644 Millionen Euro dafür, damit Sie für die Jahre 2022, 2023 die Gehälter abgegolten haben. (Abg. Gödl: Ist ja nicht wahr!) Was bleibt jetzt von diesen 1,1 Milliarden Euro, die
Sie da in dieses System stopfen, noch übrig? (Abg. Gödl: Bitte, Christian, du beleidigst deine Intelligenz gerade! – Zwischenruf des Abg. Koza.) Das ist leider Gottes nicht mehr viel, muss ich sagen.
Weiters muss ich die Ungleichbehandlung ansprechen, die Sie mit diesem System aufsetzen. Auf der einen Seite geben Sie die Leute heute in die Pflege, schaffen aber unterschiedliche Pflegestufen, und bei den mobilen Diensten, der Versorgung zu Hause oder der Übergangspflege, in diesen Bereichen müssen die Menschen heute noch immer selbst die Kosten mitzahlen.
Das ist der Unterschied: Unser System fußt darauf, dass wir in erster Linie die Menschen vor Ort versorgen und das Geld zu den Menschen bringen. Sie pumpen jetzt Geld in das System. Das ist der Unterschied zwischen der freiheitlichen Politik und Ihrer Politik, die Sie jetzt in dieser Regierung umgesetzt haben.
Das ist also zwar ein Ansatz – wir sehen es auch positiv, dass Sie jetzt die Förderung dieser 24-Stunden-Pflege von 600 auf 800 Euro erhöhen und dass Sie 1 600 Euro bereitstellen für jemanden, der in dieser 24-Stunden-Pflege unselbstständig angestellt ist –, aber das ist noch keine Reform. Wenn Sie es mit einer Reform ernst gemeint hätten – und Kollege Gödl wird versuchen, in seiner Rede nach mir wieder alles für diese Regierung zurechtzurücken (Abg. Gödl: Ja, genau, muss man ja! – Zwischenruf des Abg. Koza) –, dann hätten Sie die Länder verpflichtet, ernsthaft darüber nachzudenken, wie dieses System funktionieren kann. Das haben Sie letztendlich versäumt und daher brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn dieses System der Pflege in Österreich an die Wand gefahren wird. (Beifall bei der FPÖ.)
14.23
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Ernst Gödl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
14.23
Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren, die Sie diese Sitzung mitverfolgen! Kollege Ragger hat es schon richtig anvisiert: Man muss einiges zurechtrücken! Und würde ich jetzt ausschließlich auf tatsächliche Berichtigungen zurückgreifen, würde ich meine gesamte Redezeit von 5 Minuten dafür verbrauchen, ein paar Dinge richtigzustellen, die von dir, lieber geschätzter Herr Abgeordneter Christian Ragger, und auch seitens der SPÖ hier vorhin gesagt wurden.
Es ist tatsächlich die größte Pflegereform seit Jahrzehnten, die wir in dieser Legislaturperiode umgesetzt haben. Wir haben das in 38 Maßnahmen gegossen – wir haben zwei Reformpakete beschlossen, zuerst 20 und dann weitere 18 Maßnahmen – und wir haben das auch mit finanziellen Mitteln, mit Geld hinterlegt. Und es ist ja das Wesentliche an Reformen, sie nicht nur theoretisch auf dem Papier zu machen, mit Gesetzestexten zu machen, sondern sie am Ende des Tages auch zu finanzieren.
Das Besondere am österreichischen Pflegesystem ist ja, dass wir den Menschen die größtmögliche Wahlfreiheit zugestehen. Wir haben weltweit das höchste Pflegegeld, das wir den Personen, den Menschen, die Pflege benötigen, geben. In der höchsten Stufe des Pflegegeldes, der Stufe 7, sind es mehr als 1 800 Euro monatlich, die wir den Menschen zur Verfügung stellen, die Pflegebedarf haben, damit sie sich ihre Art der Pflege aussuchen können. Übrigens: Für die höchste Stufe in Deutschland erhält man derzeit 901 Euro, also nicht einmal die Hälfte dessen, was man hier bei uns bekommt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ragger: Aber die haben eine Pflegeversicherung, die 80 Prozent der Pflege abdeckt!) – Ein völliger Rohrkrepierer, die Pflegeversicherung in Deutschland, weil Herr Ragger sie anspricht. (Abg. Ragger: Ja, aber es ist ...! Seit 1994! Hat ja der Hesoun vergessen ...!)
Davon ausgehend haben wir auch die Pflegereform hier aufgesetzt. Es gibt die verschiedensten Angebote an die Bevölkerung, in den Bundesländern, die wir unterstützen, wofür wir auch Personal brauchen. Deswegen beschließen wir heute unter anderem eben diese Vereinbarung mit den Ländern, die 24-Stunden-Betreuung zukünftig mit 800 Euro zu fördern, auch mit einem Aufteilungsschlüssel zwischen Bund und Land von 60 : 40, also 60 Prozent zahlt der Bund, 40 Prozent zahlen die Länder. Das sichern wir heute auch für die nächsten Jahre ab, weil sich eben 6 Prozent jener, die Pflegegeld beziehen, also etwa 30 000 Menschen in Österreich, dafür entschieden haben, mit der 24-Stunden-Betreuung ihren persönlichen Pflegebedarf, ihren Betreuungsbedarf abzudecken.
Der Pflegefonds wird jetzt ganz massiv aufgestockt. Man stelle sich vor, im Jahr 2011 wurde der Pflegefonds eingeführt, und damals war er mit 100 Millionen Euro dotiert. 2011! Im heurigen Jahr, 2023, liegen im Pflegefonds 455 Millionen Euro. Pflegefonds bedeutet, dass die Länder Geld bekommen, damit sie ihre Aufgaben, die in ihrer Verantwortung sind, bestmöglich erfüllen können. Und jetzt stocken wir auf, beginnend mit dem nächsten Jahr, abgesichert für die nächsten fünf Jahre, statten den Pflegefonds mit 1 100 Millionen Euro aus. Wir statten den Pflegefonds mit 1 100 Millionen Euro aus, beginnend mit dem nächsten Jahr, damit die Länder ihre Aufgaben in den verschiedenen Bereichen entsprechend erfüllen können. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir valorisieren das sogar, also es ist eine Valorisierungsklausel eingebaut. Was soll damit erreicht werden? – Wir wissen, wir haben einen Personalengpass. Wenn man sich die Pflegedienstleistungsstatistik der Statistik Austria anschaut, sieht man, dass derzeit so viele Menschen in der Pflege arbeiten wie noch nie, aber man spürt es vor Ort nicht. Ich kenne das selbst aus meiner Umgebung: Es gibt Pflegeheime, die dringend Personal suchen und nicht alle Betten anbieten können, und auch bei den mobilen Diensten ist es so.
Wir haben uns deswegen dazu verpflichtet und dazu bekannt, dass wir die Ausbildungsmaßnahmen verstärken. Liebe Kollegin Verena Nussbaum, es sind derzeit so viele Menschen in der Pflegeausbildung wie noch nie zuvor – wie noch nie zuvor! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen) –, weil wir Maßnahmen gesetzt haben, die natürlich greifen.
Und wenn du als Vergleich die Polizei anführst, muss ich sagen: Das ist ein falscher Vergleich. Wir haben das Pflegestipendium mit 1 400 Euro netto eingeführt, um Menschen in den Pflegeberuf zu bringen. Wir haben den Ausbildungsbeitrag für jene, die in der Erstausbildung sind, und auch das sichern wir mit dem Pflegefonds ab, diesen monatlichen Beitrag von 600 Euro, und wir garantieren auch weiterhin diesen Gehaltszuschuss.
Was haben Sie von der SPÖ hier vorne geklagt: Das sind alles nur kurzfristige Maßnahmen, die dann auslaufen, die nicht abgesichert sind!? Wir sichern diese Maßnahmen ab, nämlich auch diesen Gehaltszuschuss für die Menschen, die in der Pflege arbeiten, den sichern wir jetzt mit dieser Pflegefondsdotierung für die nächsten fünf Jahre ab, natürlich immer für die Zeit, die der Finanzausgleich läuft, und dann ist es wieder neue Verhandlungssache und wird sicher auch in Zukunft so gewährleistet werden. Wir brauchen diese starke Unterstützung der Menschen, die in der Pflege arbeiten. Dazu haben wir uns bekannt, und das setzen wir jetzt mit der Dotierung des Pflegefonds um.
Also: Problem erkannt am Beginn der Legislaturperiode, Maßnahmen ergriffen, viele Gespräche geführt – ich erinnere an die Pflegetaskforce –, und dann haben wir die Maßnahmen umgesetzt. Der goldene Schlusspunkt einer erfolgreichen Reformregierung ist es, dass wir jetzt diese Maßnahmen, die wir beschlossen haben, im Pflegefonds 100-prozentig mit Geld, mit finanziellen Mitteln absichern, damit sie in der Zukunft auch gewährleistet werden.
So sieht eine erfolgreiche Politik aus, und dafür werden wir uns auch weiterhin starkmachen. Deswegen heute ein ganz klares Bekenntnis zu diesen finanziellen
Ausgaben im Bereich der Pflege, denn Österreich hat sich das verdient! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.28
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! 1,1 Milliarden Euro für diesen Pflegefonds, Tendenz in den nächsten Jahren steigend, das ist vertraglich versprochen.
Mit diesem Punkt beschließen wir also zwei Staatsverträge, mit denen dieses Geld mit beiden Händen aus allen Fenstern hinausgeworfen wird – ein Versprechen für die Menschen, die pflegen oder pflegebedürftig sind, gibt es damit aber nicht. Ganz im Gegenteil, wir verdoppeln die bisherigen Ausgaben, wir übernehmen als Bund die Gehaltskosten von Angestellten in allen möglichen Einrichtungen, wir wissen aber, dass 40 Prozent der Menschen, die Pflegegeld beziehen, keine Pflegeleistungen bekommen.
Da muss man ganz ehrlich fragen: Was passiert mit dem Geld? Und sind wir uns sicher, dass es wirklich dort ankommt, wo es gebraucht wird, und auch dafür verwendet wird, wofür es eigentlich gedacht ist? – Die Antwort darauf ist erstaunlicherweise Nein.
Wir wissen das nicht. Die Regierung will das aber auch nicht wissen. Deshalb lehnen Sie auch unseren Antrag zur „Kostenanalyse Pflege“ ab, dass wir uns diesen Pflegefonds einmal genauer anschauen könnten. Wir schütten nur mehr Geld hinein und irgendwo kommt irgendwie irgendetwas heraus. Wo genau wie viel landet, ist vollkommen irrelevant.
Natürlich kann man auch gewisse Punkte als Verhandlungserfolg werten. In Zukunft gibt es zumindest einen Austausch der Bundesländer über die Pflege – das ist gut. Es ist aber ehrlich gesagt schon etwas bedenklich, dass man dafür so lang Zeit braucht und das dann zusätzlich noch in einen Staatsvertrag, in eine 15a-Vereinbarung, gießen muss. Natürlich bauen Sie sich auch ein Vermächtnis, weil diese Pflegereform mit dem Finanzausgleich zu einem Dauerinstrument wird.
Was Sie aber nach wie vor ignorieren, ist, dass diese Pflegereform keine inhaltliche Reform der Arbeit ist. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind nach wie vor, trotz Fokus in der Pandemie, nicht angegriffen worden. Es gibt keine Aufwertung, es gibt keine Anerkennung für vorhandene Kompetenzen. Wir haben keine Sicherstellung, wie Weiterbildungen gefördert werden. Sie fördern nur neue Ausbildungen und verpflichten die Bundesländer on top sogar noch dazu, neue Pflegekräfte, immer mehr, auszubilden. Das reicht aber nicht. Ja, wir brauchen mehr Pflegekräfte, definitiv, wenn wir aber das Personal als Kanonenfutter verwenden und immer fünf nachschießen, wenn sieben ausscheiden, geht sich das auf Dauer nicht aus. (Beifall bei den NEOS.)
Ganz im Gegenteil, uns fehlen dann die Pflegekräfte mit Arbeitserfahrung, mit Ausbildungskompetenz oder mit Zusatzqualifikationen wie Intensiv- oder OP-Pflege. Wenn man sich die Berichte über den Notstand im Gesundheitssystem ansieht, wird klar, dass nämlich genau das das Problem ist. Wir müssen Operationen verschieben, weil es keine OP-Pflege gibt und weil wir es immer noch nicht schaffen, Pflegekräfte als kompetentes, auf Augenhöhe gesehenes Kernelement des Gesundheitssystems anzuerkennen.
Das, Herr Minister, reicht weder für eine gelungene Pflegereform noch für einen gelungenen Finanzausgleich. Wir können da in Ihren Jubel einfach nicht einstimmen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Drobits und Kucher.)
14.32
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vielleicht darf ich auf ein paar Punkte aus dieser Debatte eingehen.
Natürlich ist das nur ein Schlussbaustein einer langen Reihe von Maßnahmen und Entwicklungen, die ja mit der sogenannten Pflegereform eins begonnen haben, bei der es darum gegangen ist, in einem ersten Schritt einmal zur Kenntnis zu nehmen und anzuerkennen, dass der Handlungsbedarf hoch ist, und das seit vielen Jahren.
Das war der Punkt, warum wir in einem ersten Schritt entlang der Notwendigkeit gesagt haben, wir müssen es einmal schaffen, alle, die wir im System haben, dort zu halten. Das bedeutet oder hat bedeutet, die Anreize auf der gehaltlichen Seite zu verankern. Damals war die Kritik: Ja, eh okay, ist aber nur für zwei Jahre, hilft nichts! – Jetzt ist das dauerhaft im Finanzausgleich verankert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zweiter Punkt: diejenigen, die dort arbeiten, in ihren Kompetenzen auch ernst zu nehmen. Das heißt, die Handlungsmöglichkeiten von ausgebildetem Pflegepersonal auszuweiten. Das heißt, nicht überall einen Ärztevorbehalt zu haben und es pflegenden Personen, die eine gute Ausbildung haben, auch zu ermöglichen, dieses Potenzial auszuschöpfen, was den Ablauf in der Pflege unendlich erleichtert. Wir haben es jetzt auch hinbekommen, dass beispielsweise die Einstufungen, wenn es um Pflegegeld geht, was ein komplizierter Akt war, die Wiederverlängerung und die Verlängerung dieser Pflegeeinstufungen auch von diplomiertem Personal vorgenommen werden können. Das sind alles Maßnahmen und Schritte, die dazu beitragen, das System sicher zu machen.
Wir haben – das ist der nächste Punkt entlang der Devise ausbilden, was immer geht – das Pflegestipendium mit 1 400 Euro verankert und die Zuschüsse mit 600 Euro, wenn man studiert. Das zeigt auch Effekte. Ich kann Ihnen sagen, der Andrang auf die Ausbildungen – bis hin zur Pflegelehre – ist so groß wie nie, weil die Menschen gemerkt haben, da wird etwas getan, um den Beruf attraktiv zu machen, attraktiv zu halten und das auch auf den Boden zu bekommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)
Ein komplett unterschätztes Projekt sind in meinen Augen die sogenannten – es gibt leider kein gescheites deutsches Wort dafür – Communitynurses. Das ist ein Projekt, bei dem aufsuchende, nachgehende pflegerische Arbeit in Haushalten geleistet wird, verteilt über ganz Österreich mit 180 Pilotprojekten, was einen enorm präventiven Charakter hat. Es geht darum, sich Haushaltssituationen anzuschauen, in der Sturzprävention tätig zu sein. Das ist inzwischen ein Vorzeigemodell, auch auf europäischer Ebene. Auch das ist jetzt im Finanzausgleich dauerhaft abgesichert.
Was wichtig ist, festzuhalten, ist ein dritter Punkt. Ja, es wird neben der besseren Bezahlung in der Pflege, neben der Absicherung der pflegenden Angehörigen auch die Qualitätssicherung der 24‑Stunden-Betreuung notwendig sein. Das ist ausgebaut worden. Auch die nachgehenden kontrollierenden Hausbesuche sind ausgebaut worden.
Wir werden in der Pflege Zuwanderung brauchen. (Abg. Belakowitsch: Nein, werden wir nicht!) Das ist ein Punkt, den man nicht beiseiteschieben kann. Es wird uns nicht gelingen, keinem einzigen europäischen Mitgliedstaat wird es gelingen, das Pflegekräftepotenzial, das wir brauchen, aus Eigenem oder innerhalb von Europa zu gewinnen. Wer – ich sage das dazu – eine Festung Österreich errichten will (Abg. Belakowitsch: Ja, das wollen wir!), muss den Menschen auch dazusagen: In dieser Festung Österreich wird dann keine angemessene Pflege mehr stattfinden, weil die Leute nicht da sein werden. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Holzleitner.)
Der letzte Punkt, den ich gerne erwähnen möchte, weil Kollege Ragger gesagt hat – im Ausschuss noch deutlicher als jetzt hier im Plenum –, man möge die Bundesländer an die Kandare nehmen: Da Österreich verfassungsrechtlich ein föderaler Staat ist und ich an die Verfassung gebunden bin, kann man sich das zwar wünschen, das wird sich aber in der Realität nicht ausgehen. Das heißt, aufgrund der geteilten Zuständigkeiten, die wir in der Pflege haben, war es notwendig, mit den Bundesländern in entsprechende Verhandlungen einzutreten. Das war mühsam. Das ist gelungen. Das wird auch kooperativ in Form einer Pflege-Entwicklungs-Kommission abgewickelt, die – ja, das ist die Zielsetzung – die Standards österreichweit in etwa gleichziehen will.
Unterm Strich: die Herausforderung angenommen, viele Schritte umgesetzt. Und nein, wir sind nicht am Ende der Agenda angelangt, sondern das ist weiter zu betreiben und auszubauen, und genau das wird passieren. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.37
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben heute wieder einmal gehört, dass die Regierung zu wenig tut, um den Pflegenotstand zu bewältigen, die Regierung tut zu wenig für die Ausbildung, die Regierung setzt keine neuen Akzente.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wage, genau das Gegenteil zu behaupten. Es hat wahrscheinlich noch nie eine Regierung gegeben, die dermaßen den Pflegenotstand angeht wie diese aktuelle. Wir glauben, wir können das auch sehr gut belegen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erinnere mich noch sehr gut daran, als Mitte der 2000er-Jahre die Gewerkschaften noch ganz laut die Pflegemilliarde gefordert haben: für den Ausbau der Pflege, für die Aufwertung der Pflege, für die bessere Entlohnung der Pflege, für bessere Arbeitsbedingungen. Nach unzähligen Kundgebungen, nach unzähligen Resolutionen, nach unzähligen Demonstrationen wurde dann 2011 unter dem Sozialminister Hundstorfer endlich der Pflegefonds eingerichtet und mit 100 Millionen Euro dotiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, 100 Millionen Euro: Das war weit, weit, weit weg von der Pflegemilliarde. Dennoch wurde es damals seitens der Gewerkschaften gefeiert – musste mehr oder weniger auch gefeiert werden, weil schließlich der Sozialminister, ein SPÖ-Minister, ein ehemaliger Gewerkschafter war; man wollte ihm quasi nicht in den Rücken fallen.
Ja, es war schon gut, dass es eingeführt worden ist, keine Frage. Es hat aber schlichtweg nicht gereicht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat diese schwarz-grüne Regierung und einen grünen Sozialminister gebraucht, dass es endlich einen Pflegefonds dotiert mit über 1 Milliarde Euro gibt, dass wir die Pflegemilliarde, Anfang der 2000er-Jahre gefordert, jetzt endlich umgesetzt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist wirklich ein Grund zum Feiern (Abg. Wurm: Wo habt ihr das Geld her?), und zwar nicht, weil es 1 Milliarde Euro ist, sondern weil diese Milliarde auch sinnvoll für die Menschen, die pflegen, und für die Menschen, die gepflegt werden, eingesetzt wird.
Ich möchte kurz erwähnen, was denn Teil dieses Pflegefonds von 1,1 Milliarden Euro ist. Da ist der Pflegeausbildungs-Zweckzuschuss – dieses komplizierte Wort. Was ist das? – Das sind die 600 Euro monatlich für alle Pflegeschüler:innen, die Praktika machen, denn um die geht es, um die Praktikant:innen. 600 Euro monatlich bekommen die, wenn sie ein Praktikum machen – lange Jahre von der Gewerkschaftsjugend gefordert, jetzt von dieser Regierung
umgesetzt und im Finanzausgleich nachhaltig gesichert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben als Nächstes die Entgelterhöhung: Ja, auch das hat diese Regierung beschlossen. Wie lange wurde nicht die Aufwertung der Pflege gefordert, ein besseres Einkommen für die Pflegekräfte! Das wurde hier beschlossen. Das sind im Augenblick ungefähr – Kollegin Disoski hat es gesagt – 1 050 Euro netto; pensionswirksam, weil sie brutto ausbezahlt werden. Das heißt: Es bringt den betroffenen Pfleger:innen auch im Alter deutlich mehr Einkommen.
Diese finanzielle Aufwertung ist nicht für zwei Jahre beschlossen, nein, die ist nachhaltig gesichert, auch über den Finanzausgleich, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch da wurde immer wieder von der Opposition gesagt: Zwei Jahre, das wird nicht reichen, Einmalzahlungen – damit haben Sie es ja immer! –, das wird nicht verlängert. – Nein, es ist verlängert! Es ist fix. Es ist da. Es ist eine wesentliche Aufwertung der Pflege.
Jetzt frage ich mich: Welche Regierung hat das zuletzt gemacht? – Mir fällt keine ein. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir haben außerdem das Pflegestipendium eingeführt, als wesentliche Ausbildungsmaßnahme, sodass Menschen, die sich umschulen lassen, Menschen, die ihren Job wechseln, Menschen, die sich in der Pflege ausbilden lassen, künftig zumindest 1 400 Euro pro Monat bekommen, aufgewertet. Das muss man in Wirklichkeit für den Vergleich mit den Polizeischüler:innen heranziehen, doch nicht die 600 Euro fürs Praktikum! – 1 400 Euro, jährlich valorisiert, damit die Menschen, wenn sie sich in Pflegeberufen ausbilden lassen, entsprechend abgesichert sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir tun sehr viel gegen den Personalmangel, wir setzen sehr wohl Akzente, und natürlich braucht es Jahre, bis das tatsächlich wirken wird. Alle, die behaupten, dass Maßnahmen, die man heute setzt, schnell wirken, sind in Wirklichkeit politische Scharlatane.
Zuletzt: Wir haben vieles gemacht. Es gibt noch viel zu tun. Es ist viel zu tun, um die Einkommenssituation, die Arbeitssituation, die Ausbildungssituation noch zu verbessern. Was wir jetzt tatsächlich geschafft haben, ist: Wir haben die Pflegemilliarde endlich umgesetzt. Vorzuwerfen, dass nichts passiert wäre, dass nichts gemacht worden wäre, ist schlichtweg reine Polemik, und das hat die Pflege in Österreich nicht verdient. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
14.42
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Christian Drobits. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nun, Herr Bundesminister, das Bemühen ist sicher nicht abzustreiten, und ich weiß auch, dass die Communitynurses eine Angelegenheit sind, die funktionieren kann und wird. Sie wollen aber viel mehr, und ich weiß auch, dass Sie mit angezogener Handbremse Sozialpolitik und Pflegepolitik machen müssen, weil Ihr Regierungspartner vieles nicht zulässt. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja unerhört!)
Herr Kollege Gödl, Sie haben eine Überzeugung an den Tag gelegt – ich habe es auch im Ausschuss schon gesagt –, dass das Beste gemacht wird. Das empfinden aber die Personen, die es betrifft, nämlich die pflegenden Angehörigen, die Familien, aber auch die in Ausbildung Stehenden, nicht so. Also die spüren das nicht. Die sehen das nicht so, und ich kann das, was Sie mitgeteilt haben, nicht unterschreiben.
Markus Koza ist euphorisch und sagt, das meiste Geld ist da hineingesteckt worden. – Ja, es ist viel Geld hineingesteckt worden! Nur ist das Pflegesystem derzeit ein Fass ohne Boden. (Abg. Koza: Geh bitte!) Der Boden ist weiterhin nicht da. Wir haben eine Fortschreibung der bisherigen Systeme, das sehe ich auch jetzt noch so. Herr Bundesminister, bitte nicht böse sein, aber es ist im Endeffekt
wirklich so, dass mit den Erhöhungen im Finanzausgleich vielfach alles weiter fortgeschrieben wird und wir nichts Neues haben.
Das heißt: Wir brauchen eigentlich eine richtige Ausbildungsoffensive. Wir brauchen eine richtige Ausbildungsoffensive, damit die Leute spüren, warum sie das machen. Wir brauchen einen Imagegewinn. Derzeit sehe ich das nicht. Wir brauchen auch nach außen hin Personen, die wissen, warum sie weiterarbeiten.
Der Herr Bundesminister hat heute ein wahres Wort gesprochen: Die müssen durchhalten, sonst ist das System komplett ruiniert. Durchhalten müssen sie jetzt. Er hat gemeint, mit der Entlohnung, die jetzt erhöht worden ist, wird das der Fall sein. Ich glaube, mit Geld alleine wird man Menschen in der Pflege und Betreuung nicht im System halten können. Die brauchen Perspektiven, die brauchen klare Arbeitsbedingungen, die brauchen vielleicht auch einen höheren Personalschlüssel – die brauchen aber vor allem Möglichkeiten, in Gesundheit lange arbeiten zu können. Und das bieten unsere derzeitigen Vorlagen nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich glaube auch, dass es notwendig sein wird, endlich einmal die Punkte anzugehen, die wir angeschrieben haben. Durchhalten bedingt eine Wertschätzung. Ich habe gelesen, dass 65 Prozent der 160 000 in Pflege und Betreuung tätigen Personen sagen, sie werden nicht bis zur Alterspension durchhalten. Das ist einer der höchsten Werte europaweit! Wenn man das weiß, muss man doch Möglichkeiten schaffen, dass sie rechtzeitig ohne Abschläge oder mit weniger Abschlägen in Pension gehen können.
Warum verwahren Sie sich, liebe Regierungsparteien – Kollege Gödl hat es im Ausschuss auch bestätigt –, dagegen, dass die besonders belastende Arbeit dieser Gruppe der Pfleger:innen und Betreuer:innen als Schwerarbeit anerkannt wird? (Beifall bei der SPÖ.) Pflege und Betreuung ist Schwerarbeit, das wissen alle. Deshalb fordere ich Sie nochmals auf: Machen Sie es wirklich wahr, dass Sie auch diese Gruppe in die Schwerarbeitspension hineinnehmen! Der Herr
Minister hat das letztes Mal genauso wie ich gesagt: Diese Kalorienzählung, diese Kilojouleberechnung ist eine Farce, eine Zumutung für diese Gruppe, und es ist auch eine Farce, dass Menschen, die die Nachtdienste und auch die 15-Tage-Dienste aufgrund der Arbeitszeiten nicht mehr schaffen, nicht in diese Pension hineinfallen, dass sie gar nicht die Möglichkeit dazu haben! Wir haben also eine realitätsfremde Regelung.
Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege ist Schwerarbeit“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Schwerarbeitsverordnung so zu ändern, dass Tätigkeiten der berufsbedingten Pflege und Betreuung von kranken, pflege- und betreuungsbedürftigen sowie behinderten Menschen, die nicht überwiegend in einer Leitungs- oder Aufsichtsfunktion bestehen jedenfalls als besonders belastende Berufstätigkeiten gelten.
Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zu übermitteln, mit der die Ausbildungszeiten zu Pflege- und Sozialbetreuungsberufen als Versicherungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anerkannt werden.“
*****
Bitte geben Sie dieser Personengruppe Wertschätzung! Geben Sie den neuen Auszubildenden ein Image! Diese werden wir brauchen, sonst haben wir wirklich einen Pflegenotstand, aber auch einen Betreuungsnotstand. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
14.46
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Genossinnen und Genossen
betreffend Pflege ist Schwerarbeit
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7.) zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage 2303 d.B. und Zu 2303 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden, das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen für die Jahre 2025 bis 2028 erlassen und das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz aufgehoben wird (2389 d.B.)
Arbeitnehmer:innen in Pflege- und Betreuungsberufen versorgen und kümmern sich um unsere kranken, alten oder behinderten Angehörigen. Sie erbringen in Spitälern, Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen und in der mobilen Pflege und Betreuung physisch und psychisch herausfordernde Tätigkeiten.
Nicht nur während der Pandemie haben sie die Intensivstationen und Spitäler am Laufen gehalten. Sie sorgen täglich dafür, dass die Gesundheitsversorgung auch unter großem Druck weiter funktioniert. Personalknappheit und schwierige Arbeits-, Aus- und Weiterbildungsbedingungen fordern aber ihren Tribut: Mitarbeiter*innen in Pflege- und Betreuungsberufen sind schon seit Jahren massiv überlastet.
Pflege und Betreuung ist eine besonders belastende Arbeit und somit Schwerarbeit, das ist durch Studien vielfach belegt und nachgewiesen. Es gibt eine Reihe von Umständen, die Pflege und Betreuung zu Schwerarbeit machen:
• Die ständige direkte Arbeit mit kranken und/oder pflegebedürftigen Menschen bzw. Menschen mit Behinderung.
• Unregelmäßige Dienste, Stress, Nachtdienste, Leistungsdruck, fehlende Pausen und ungewohnt hohes Arbeitsaufkommen in Krisensituationen. Die Mitarbeiter*innen arbeiten am Wochenende und an Feiertagen - 24h pro Tag und 7 Tage die Woche sorgen sie für unsere Gesundheit. Das alles schafft auch eine hohe familiäre Belastung aufgrund fehlender Planungsmöglichkeiten von Zeit mit der Familie bzw. von Freizeit.
• Körperliche Belastungen, wie Heben und Tragen schwerer Personen und Gegenstände, laufender Umgang mit Desinfektions-/Reinigungsmitteln, die Verwendung von Schutzausrüstung, Strahlenbelastung in entsprechenden Stationen.
• Und nicht zuletzt psychische Belastungen, insbesondere der Umgang mit schwer kranken Menschen und in schwierigen zwischenmenschlichen Situationen, wie beispielsweise Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen mit Demenz, Menschen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, schwer erkrankten und sterbenden Menschen, Menschen mit kommunikativen Einschränkungen, Menschen mit aggressiven Verhaltensweisen und auch bei herausfordernden Angehörigengesprächen.
Diese Berufe müssen daher einen verbesserten Zugang zur Schwerarbeitspension erhalten.
Nach geltender Rechtslage erfüllen nur wenige Berufsangehörige die Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension. Das liegt einerseits an der komplizierten Regelung in der Schwerarbeitsverordnung andererseits aber auch an den strengen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Es müssen 540 Versicherungsmonate nachgewiesen werden, was nach einer Ausbildung in der Pflege und Betreuung kaum möglich ist.
Ausbildungszeiten zu Pflege- und Sozialbetreuungsberufen beinhalten einen großen Anteil an Praxisausbildung. Daher sollen diese Zeiten auch als Versicherungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anerkannt werden. Es wird sichergestellt, dass das Erfordernis der 540 Versicherungsmonate leichter erreichbar wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Schwerarbeitsverordnung so zu ändern, dass Tätigkeiten der berufsbedingten Pflege und Betreuung von kranken, pflege- und betreuungsbedürftigen sowie behinderten Menschen, die nicht überwiegend in einer Leitungs- oder Aufsichtsfunktion bestehen jedenfalls als besonders belastende Berufstätigkeiten gelten.
Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zu übermitteln, mit der die Ausbildungszeiten zu Pflege- und Sozialbetreuungsberufen als Versicherungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anerkannt werden.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Frau Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zuallererst in Vertretung meines Kollegen Abgeordneten Lindinger die Vertreter der Gemeinde Gunskirchen mit ihrer Vizebürgermeisterin Gabi Modl hier im Hohen Haus herzlich willkommen heißen. Schön, dass Sie hier sind! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann immer noch irgendetwas zu kritisieren finden, aber ich denke doch, dass allein die Aufstockung des Pflegefonds – der unter Bundesminister Hundstorfer, wie heute schon gesagt wurde, eingerichtet wurde – viele neue Möglichkeiten bringt und viele Finanzierungsmöglichkeiten und letztlich auch die Fortsetzung der Pflegereform mit 38 ganz konkreten Maßnahmen, über die seit Jahrzehnten geredet wurde und die wir jetzt unter Bundeskanzler Karl Nehammer mit dem Sozialminister umsetzen, meine Damen und Herren. Das ist die Realität!
Das ist auch wichtig, weil wir von unserer Fraktion und diese Bundesregierung die ältere Generation wertschätzen und alles tun, um Pflege sicherzustellen, ebenso wie ein Altwerden in Würde, Herr Kollege, und gute Pflegeleistungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Eine Zahl alleine spricht für sich: Wenn wir allein die Mittel des Pflegefonds von 455 Millionen Euro auf über 1,1 Milliarden Euro jährlich aufstocken, und das valorisiert, dann bedeutet das eine Gesamtdotierung des Pflegefonds für diese Finanzausgleichsperiode von 2024 bis 2028 von über 6 Milliarden Euro. Das alleine, meine Damen und Herren, spricht für sich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Der Pflegefonds hat sich bewährt. Wir wollen weitere Verbesserungen, das steht ja außer Frage, und auch leistbare Angebote. Es wird immer wieder gesagt, es gibt nichts Konkretes – das stimmt ja nicht! Es sind konkrete Vorstellungen, die da umgesetzt werden: Ausbau der mobilen Dienste zum Beispiel, weil eben das Altwerden zu Hause den Menschen so wichtig ist, oder eben der Ausbau der teilstationären Tagesbetreuung, das Forcieren von alternativen Wohnformen, vom betreuten Wohnen bis hin zu Alten-WGs, die Kurzzeitpflegeangebote, die ausgebaut werden müssen, dann der Ausbildungszuschuss für die Pflegeausbildung, er wurde schon genannt. Da gibt es bereits erste gute Ergebnisse: Es gibt mehr Menschen in Ausbildung als zuvor. Dann gibt es den Gehaltsbonus, der jetzt in die Regelfinanzierung übergeht. Das Projekt Communitynurses wurde genannt – ein wichtiges präventives Projekt, das auch
sichergestellt wurde – und auch die 24-Stunden-Hilfe, über die ja auch schon gesprochen wurde, für die die Förderbeiträge eben angehoben werden, was ich auch für sehr, sehr wichtig halte.
Die Einrichtung einer Pflege-Entwicklungs-Kommission, in der auch Vertreter der Länder und der Gemeinden im Ministerium zusammenarbeiten: Auch das ist etwas, was immer wieder gefordert wurde und jetzt geplant ist und umgesetzt wird.
Noch einmal zusammengefasst: Insgesamt werden in den nächsten fünf Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren, 14 Milliarden Euro für die Gesundheit und für die Pflege bereitgestellt, und 11 Milliarden Euro davon trägt der Bund. Ich glaube, alleine diese Zahlen, Daten und Fakten sprechen für sich. Wir, unsere Fraktion und auch diese Bundesregierung, arbeiten mit aller Kraft für die Menschen in unserem Land. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.50
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Michael Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon vieles gesagt worden. Das Thema Pflege und die Absicherung der Pflege ist ein großer Schwerpunkt dieser Bundesregierung. Gerade in den letzten vier Jahren konnten unter dieser schwarz-grünen Bundesregierung und vor allem auch jetzt mit dem vorliegenden Finanzausgleich und der Pflegereform im Pflegebereich wichtige Schritte gesetzt werden.
Der Pflegebereich stellt alle Gebietskörperschaften, im Speziellen natürlich die Gemeinden und die Länder, die ja für die Pflege zuständig sind, vor besondere Herausforderungen, und der Bund reagiert da in Person des Sozialministers und
auch des Finanzministers. Finanzausgleich heißt ja auch: Ausgleich für die Aufwendungen, die für gewisse Aufgabenstellungen zu tätigen sind. Im Bereich der Pflege ist dies besonders notwendig, weil es die Gemeinden und auch die Länder nicht stemmen können, und der Bund, der nicht ursächlich zuständig ist, wird da mittels des Finanzausgleichs auch unterstützend tätig, damit die Gemeinden und die Länder, die diese so wichtigen Pflegeleistungen erbringen, unterstützt werden, die Ausbildung abgesichert wird und vor allem auch die pflegenden Angehörigen unterstützt werden. Da ist ein ganz großer Wurf gelungen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist schon immer wieder bezeichnend – und ich kann mir das auch nicht verkneifen –, wenn die SPÖ jetzt immer wieder sagt: Für die Pflege wird zu wenig gemacht, in der Ausbildung wird zu wenig gemacht! – Gerade diese SPÖ, die in den letzten 30, 40 Jahren überwiegend den Sozialminister gestellt hat, hat im Pflegebereich überhaupt nichts zusammengebracht. (Abg. Drobits: Der Pflegefonds ist geschaffen worden! – Abg. Holzleitner: Der Pflegeregress ist abgeschafft worden!) Dann kommen Redner der SPÖ heraus und sagen: Ja, aber unter der SPÖ-Sozialministerschaft und -Kanzlerschaft ist das Pflegegeld eingeführt worden! – Das war 1993! Wenn das der größte Wurf ist, den ihr in den letzten Jahren zusammengebracht habt, na dann: Mahlzeit! (Abg. Holzleitner: Der Pflegeregress ist abgeschafft worden! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wir sind in der Zukunft angelangt und in der Gegenwart, und wir setzen genau da entsprechende Impulse. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)
Der Finanzausgleich bringt – das ist ganz wesentlich – natürlich die Absicherung der 24-Stunden-Betreuung mit einem 60:40-Kostenteilungsschlüssel und die Aufstockung des Pflegefonds. Das ist ganz wichtig. Ich kann als Bürgermeister und Mitglied eines Sozialhilfeverbands selber sagen: Bei uns reduziert diese Pflegefondsunterstützung deutlich den Hebesatz, den wir als Gemeinden dort zu leisten haben, und dieser Pflegefonds wird um mehr als 600 Millionen Euro
aufgestockt: von 455 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro – ständig steigend, über der Inflation in den nächsten Jahren.
Es ist auch wichtig – das ist schon gesagt worden –, dass wir wichtige Dinge wie die Ausbildung und auch das Communitynursing jetzt über den Pflegefonds in die Regelfinanzierung hineinkriegen und damit auch nachhaltig absichern können.
Ja, die Ausbildung im Pflegeberuf ist eine große Herausforderung für alle Gebietskörperschaften, aber eines sollte man schon auch selbstbewusst sagen: Es waren noch nie so viele Menschen in Ausbildung für einen Pflegeberuf, sei es über ein Pflegestipendium oder über AMS-geförderte Maßnahmen. Wir merken, dass dort entsprechend ausgebildet wird und Nachwuchs in den Pflegebereich kommt. Da greifen die Maßnahmen der Regierung. Man sollte auch mit Schritten, die gesetzt worden sind, zufrieden sein – Weiterentwicklungen braucht es immer, und für die werden wir uns auch einsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird, in 2313 der Beilagen zu genehmigen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden, das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen für die Jahre 2025 bis 2028 erlassen und das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz aufgehoben wird, samt Titel und Eingang in 2389 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege ist Schwerarbeit“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind (Abg. Wöginger – in Richtung SPÖ –: Wo ist der Muchitsch?), um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2390 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (2391 d.B.)
10. Punkt
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3113/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (2392 d.B.)
11. Punkt
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3693/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsantritt vor Regelpensionsalter (2393 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Herr Abgeordneter Stöger, Sie wären der nächste Redner. Wollen Sie unterbrochen werden oder sollen wir bis 15 Uhr unterbrechen? (Abg. Stöger: Ich plädiere für Unterbrechung!) – Gut.
Ich darf nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 9 bis 11 der Tagesordnung unterbrechen, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.
*****
(Die Sitzung wird um 14.57 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (den Vorsitz übernehmend): Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist 15 Uhr. Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.
Der Herr Bundesminister ist schon im Haus.
Die Sitzung wird noch einmal unterbrochen.
(Die Sitzung wird um 15 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungspolitik: Nicht Mittelmaß verwalten sondern Zukunft gestalten“ (3779/A)(E)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 3779/A(E).
Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
Die jüngsten PISA-Ergebnisse geben erneut Anlass zur Sorge: Mit den Mathematik-Kenntnissen von Österreichs Schüler:innen geht es steil bergab und auch die Lesekompetenz ist weiter rückläufig. Viele Kinder und Jugendliche erwerben in unserem Bildungswesen nicht jene Kenntnisse und Fertigkeiten, die sie für ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben benötigen.
Österreich liegt in allen Testbereichen nahe am OECD-Durchschnitt, obwohl es eines der reichsten Länder mit einem der teuersten Bildungssysteme der Welt ist. "Österreich müsste um so viel besser sein, wie es teurer ist", stellte der OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher treffend im ZIB2-Interview fest. Das bezieht sich einerseits darauf, dass Österreichs Arbeitskräfte top-qualifiziert sein müssen, um trotz hoher Lohnkosten international wettbewerbsfähig zu sein, und andererseits darauf, dass angesichts der staatlichen Bildungsausgaben pro Schüler:in in Österreich bessere Ergebnisse zu erwarten wären.
Noch größer werden die Sorgen, wenn man hört, wie Sie - Herr Bildungsminister - mit den Ergebnissen umgehen: Sie seien froh, dass Österreich weniger stark abgestürzt sei als der Durchschnitt der OECD-Länder. Wie es mit der Schule weitergehen soll, können Sie nicht sagen - die Expertinnen und Experten seien am Zug.
Ein Bildungsminister, der sich über das Mittelmaß freut, ist auf seinem Posten fehl am Platz. Ihre Erleichterung, dass es anderen Ländern bei PISA 2022 noch schlechter ergangen ist, hilft keinem einzigen Jugendlichen, der die Schule ohne ausreichende Grundkenntnisse in Rechnen und Lesen verlässt.
Hinter den nackten PISA-Zahlen stecken die Schicksale von Kindern, die in der Schule vor unüberwindbaren Hürden stehen, ohne genügend Unterstützung zu erhalten. Die vertanen Chancen von Schüler:innen, die in ihren Talenten und Begabungen zu wenig gefördert werden. Die Schicksale von Jugendlichen, die auf der Suche nach einer Lehrstelle nur Absagen erhalten, weil sie die nötigen Voraussetzungen nicht vermittelt bekommen haben. Später dann die Schicksale von Erwachsenen, die ein Leben an der
Armutsgrenze führen. Und letztlich auch das Schicksal unserer Gesellschaft, die bei der Integration und im Sozialsystem die Rechnung präsentiert bekommt für die fehlenden und fehlgeleiteten Investitionen im Bildungsbereich.
Ihre Reaktion auf die PISA-Ergebnisse und die Bildungsmisere, die große Teile unserer Jugend betrifft, zeigt dass es Ihnen an Problembewusstsein und an Zukunftsvisionen fehlt – und an Mut, echte Reformen parteiübergreifend anzugehen.
Bildung muss ein nationales Anliegen werden, an dem alle konstruktiven Kräfte gemeinsam arbeiten. Wenn das nicht gelingt, zahlen wir morgen alle den Preis für die aus dem Bildungsversagen resultierenden Probleme am Arbeitsmarkt, bei der Integration und bei der Sicherheit.
Die PISA-Studie gibt klare Hinweise, welche nationalen und internationalen Gründe für den Leistungsrückgang verantwortlich sind.
• „Hausgemacht“ ist die Schwäche Österreichs in Bezug auf die Chancengerechtigkeit:
o Unserem Bildungssystem gelingt es weniger als anderen, soziale Unterschiede auszugleichen und Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen und/oder niedrigem Bildungsniveau der Eltern ausreichend zu fördern. Stattdessen verschärft das österreichische System die Ungleichheit und führt zu großen Leistungsrückständen bei vielen der betroffenen Schüler:innen.
o Gleiches gilt sinngemäß für die Integration von Migrant:innen – auch hier gelingt es Österreich weniger als anderen Ländern, für gleiche Chancen und Leistungen zu sorgen.
• Weltweit präsent sind drei Faktoren: Der Lehrkräftemangel, die "Digitale Ablenkung" und die Auswirkungen der Corona-Krise. Die beiden erstgenannten Trends haben schon vor der Pandemie eingesetzt und haben laut OECD stärkere Auswirkungen als letztere.
o Ein Mangel an Lehrkräften herrscht in vielen Ländern – in Österreich wurde er
lange ignoriert, sodass jetzt 33% der getesteten Schüler:innen Schulen besuchen, die von diesem Mangel direkt betroffen sind. 18% der Schülerinnen und Schüler werden an Schulen unterrichtet, die laut Schulleitung unter unzureichender Qualifikation der Lehrkräfte leiden.
o Während der Einsatz digitaler Endgeräte im Unterricht positive Auswirkungen auf das Leistungsniveau hat, führt die digitale Ablenkung durch private Smartphone-Nutzung zu massiv weniger Aufmerksamkeit und folglich weniger Lernfortschritt. Diesen Trend stoppen konnten nur jene Länder, die bereit waren, die private Handynutzung in der Schule massiv einzuschränken oder zu verbieten.
o Die Corona-Krise hat sich vor allem durch Schulschließungen und schlecht vorbereitetes Distance-Learning negativ ausgewirkt.
Die Schwäche Österreichs in Bezug auf die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem ist seit Langem bekannt, ebenso wie die wichtigsten Lösungsansätze für das Problem: Eine indexbasierte Chancenbonus-Finanzierung macht Schulen mit sozialen Herausforderungen zu Aufstiegsschulen, mehr psychosoziales Supportpersonal stärkt Schüler:innen und entlastet Lehrer:innen, damit mehr Zeit für gelingenden Unterricht und individuelle Förderung bleibt. Doch obwohl schon im Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetz 2017 verankert wurde, dass die Zuteilung der Personalressourcen an die Schulen sich u.a. am sozio-ökonomischen Hintergrund und am Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler zu orientieren hat, ist der indexbasierte Chancenbonus noch immer im Pilotprojekt-Stadium. Auch auf eine Qualitätsoffensive in der Elementarpädagogik, als Startrampe für eine gelingende Bildungslaufbahn, warten wir weiterhin vergeblich.
Als ausschlaggebend für erfolgreiche Schulsysteme wird von den PISA-Verantwortlichen – im Einklang mit anderen Studien wie der bekannten Metastudie „Visible Learning“ von John Hattie – immer wieder die Unterrichtsqualität durch engagierte, kompetente Lehrkräfte genannt. Die Lehrerinnen und Lehrer sind in jenen Systemen besonders motiviert und erfolgreich, in denen sie sich wirksam und wertgeschätzt fühlen. Dazu gehört eine hohe professionelle Autonomie und die Möglichkeit, sich in
Form von Fach- und Führungskarrieren weiterzuentwickeln.
Das österreichische Schulsystem schafft es mit seiner starren, zentralistischen Verwaltungsstruktur, einer hohen Regelungsdichte, gering ausgeprägter Schulautonomie, wenig Supportpersonal und dem Fehlen eines „Mittleren Managements“ in den Schulen nicht, dieses motivierende Umfeld zu bieten.
Die Ressortstrategie „Klasse Job“ des BMBWF etabliert zwar neue Quereinstiegsmöglichkeiten und sorgt für Werbekampagnen und eine Reform des Lehramtsstudiums, lässt aber eine nachhaltige Aufwertung des Lehrer:innen-Berufs durch attraktivere Arbeitsbedingungen vermissen. Damit bleibt es beim „Löcher stopfen“, statt das Problem an der Wurzel zu packen.
Es ist höchste Zeit, dass die Regierung den Mut für grundlegende Reformen aufbringt. Reformen, die geprägt sind von Vertrauen statt Kontrolle, von Autonomie statt Bürokratie und von besten Chancen für jedes Kind, unabhängig vom Elternhaus.
Sie sind dieser Aufgabe nicht gewachsen, Herr Bundesminister. Wir fordern daher die Bundesregierung, allen voran den Bundeskanzler sowie den Vizekanzler, auf, Verantwortung zu übernehmen und Bildung zur Top-Priorität der Regierung in der verbleibenden Gesetzgebungsperiode zu machen, um über die Parteigrenzen und föderalen Ebenen hinweg ein nationales Reformprojekt zu entwickeln.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter der Leitung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers ein nationales Reformprojekt für das Bildungswesen in die Wege zu leiten, das über die Grenzen der Parteien und Gebietskörperschaften hinweg gemeinsam entwickelt wird.
Das Ziel der gemeinsamen Anstrengung muss sein, dass jedes Kind in Österreich, egal
aus welcher Familie es kommt, die besten Chancen und die notwendige Förderung erhält. In Bezug auf internationale Vergleichsstudien darf nicht das Mittelmaß, sondern die Europaspitze als Orientierungspunkt dienen. Dazu sind insbesondere Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, mit denen
• eine Qualitätsoffensive in der Elementarpädagogik,
• eine Chancenbonus-Finanzierung für Schulen mit sozialen Herausforderungen,
• eine Attraktivierung des Lehrer:innen-Berufs mit Entwicklungsmöglichkeiten,
• ein mittleres Management und psychosoziales Supportpersonal in den Schulen,
• ein nachhaltiger Bürokratieabbau mit Abschaffung der Bildungsdirektionen und des Lehrerdienstrechts,
• echte Schulautonomie nach dem Prinzip Vertrauen statt Kontrolle,
• mehr Investitionen in die Integration, u.a. durch ein verpflichtendes Schulfach "Leben in einer Demokratie" ab der ersten Schulstufe,
• sowie bessere Rahmenbedingungen für digitale Innovation bei Lehr- und Lernmitteln
herbeigeführt werden können.
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem der Antragssteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße Herrn Bundesminister Polaschek, den der Dringliche Antrag betrifft.
Ich erteile der Frau Klubobfrau zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74 Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten
nicht überschreiten. – Sie wissen das, Frau Klubobfrau. Bitte, Sie haben das Wort.
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Bildungsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir sind jetzt fast schon am Ende dieses Jahres, und ich glaube, man kann es als gesichert annehmen, dass wir dieses Jahr nicht als das Jahr der Bildung bezeichnen werden. Es wird nicht als das Jahr der Bildung in Österreich in die Historie eingehen.
Letzte Woche sind die Pisa-Ergebnisse veröffentlicht worden und ich mache mir in zweierlei Hinsicht sehr große Sorgen. Erster Punkt: Die Ergebnisse sind wirklich schlecht. Der zweite Grund aber, warum ich mir Sorgen mache – und das betrifft auch Sie, Herr Bildungsminister –, sind die Reaktionen auf diese Pisa-Ergebnisse gewesen, ganz zuvorderst auch Ihre Reaktion, Herr Minister. Diese lässt mich nämlich ratlos zurück.
25 Prozent – ein Viertel! – der 15-Jährigen in Österreich können laut der letzten Studie nicht sinnerfassend lesen. Ebenfalls 25 Prozent scheitern an den einfachsten Rechenaufgaben. Wir wissen seit vielen Jahren, dass Bildung in Österreich noch immer stark vererbt wird, und es ist völlig naturgemäß – wir haben sehr oft darauf hingewiesen –, dass sich diese Schere natürlich durch die Coronazeit noch erweitert hat, weil einfach nicht jedes Kind zu Hause ein eigenes Zimmer mit einem eigenen Schreibtisch gehabt hat, mit einem ruhigen Raum, wo man seinen Arbeiten nachgehen kann, und auch die Eltern oftmals nicht die Kapazitäten hatten, sich darum zu kümmern, dass das wirklich auch alles im Fernunterricht passiert.
Im Alter von zehn Jahren haben Kinder aus bildungsfernen Familien in Österreich einen Bildungsrückstand von bis zu drei Schuljahren gegenüber Kindern von Akademikerinnen und Akademikern. Das Ganze ist aber in einer Situation so,
in der die Steuerzahler sehr viel Geld für dieses Bildungssystem zahlen, denn Österreich hat eines der teuersten Bildungssysteme der Welt. Das Ergebnis ist aber bestenfalls als mittelmäßig zu bezeichnen. Wenn man sich jetzt überlegt, welcher Mitteleinsatz da hineingeht, dann ist das Ergebnis dieser Pisa-Untersuchung eine Katastrophe, eine wahre Katastrophe. (Beifall bei den NEOS.)
Das Drama ist, dass wir mit unserem Bildungssystem weder Exzellenz, also herausragende Leistungen, noch Gerechtigkeit schaffen. Wir schaffen beides nicht, sondern das Mittelmaß. In allen Kategorien sacken wir ab. Wir werden in allen gemessenen Kategorien schlechter, nur nicht ganz so schnell schlecht oder so viel schlechter wie unser Nachbar Deutschland. Das hat offensichtlich schon ausgereicht, dass Sie, Herr Minister, sich über das Ergebnis freuen. Das ist ja wirklich ungeheuerlich! Die Ergebnisse der Pisa-Testung müssten doch alle Alarmglocken schrillen lassen. Sie aber zeigen sich erfreut, dass wir weniger stark abgestürzt sind als andere OECD-Länder. Herr Minister, ein Minister, der sich über Mittelmaß freut, ist selbst nichts anderes als Mittelmaß! Das ist tatsächlich eine Bankrotterklärung für Sie. (Beifall bei den NEOS.)
Sie haben in einem Interview auf die Frage, was Sie sich von Schulen im 21. Jahrhundert erwarten, gesagt, das sei eine Frage für Expertinnen und Experten. Herr Minister, vor ein paar Monaten bin ich hier gestanden und habe Sie ein bisschen spitz gefragt, warum Sie eigentlich Bildungsminister geworden sind. Ich möchte Sie ganz ernsthaft fragen, was Sie den ganzen Tag machen. (Beifall bei den NEOS.) Was ist Ihr Anspruch? Was ist Ihr Selbstverständnis? Was ist Ihre Leidenschaft? Wo ist Ihre Vorstellung des Bildungssystems? So hart es ist: Sie sind dieser Aufgabe und der Verantwortung eines Bildungsministers ganz offensichtlich nicht gewachsen. Wenn wir im schulischen Kontext bleiben: Wer seine Leistung in der Schule nicht bringt, bleibt sitzen. Wer seine Leistung in der Bundesregierung nicht bringt, sollte gehen – und das sollten Sie jedenfalls tun! (Beifall bei den NEOS.)
Was ist also die Aufgabe von Schule im 21. Jahrhundert? Die Welt ändert sich rasend schnell. Wir schreiben so schnell wie noch nie in der Geschichte der Menschheit die Geschichte der Menschheit gerade fort: künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Globalisierung, zunehmende Krisen, auch Verunsicherungen, es entstehen neue Jobs. Meine Töchter, das sage ich sehr oft, werden in 20 Jahren Antworten auf Fragen geben müssen, die ich noch nicht einmal kenne, die wir noch nicht einmal kennen! Da können Sie doch nicht sagen, dass unser Bildungssystem, so wie es derzeit aufgestellt ist, diesen Anforderungen gerecht wird. Das ist doch überhaupt nicht der Fall.
Es sind weder die Kenntnisse noch die Fertigkeiten, die mitgegeben werden. Natürlich geht es da um Grundfertigkeiten, Deutsch, Lesen können, Grundrechenarten, keine Frage. Darüber hinaus gibt es aber ganz viele Kompetenzen, die Kinder in der heutigen Zeit erlernen müssen, die in diesem starren Schulsystem definitiv nicht mehr so vermittelt werden.
Warum ist Bildung so wichtig? Bildung rührt auch an einer Kernerzählung, an dem, was ich auch als das gesellschaftliche Band in Österreich bezeichne. Es gibt eine Kernerzählung bei uns in Österreich, die lautet: Mach eine gute Bildung, mach eine gute Ausbildung, bring dich ein, zeige Leistung und Einsatz – dann kannst du ein gutes Leben führen, dann kannst du dir etwas aufbauen! Das ist eine ganz wesentliche Grunderzählung, die gerade für die Mitte der Gesellschaft ganz zentral ist. Das heißt, Bildung, die beste Bildung und Ausbildung sind ganz zentral für Aufstieg, für selbstbestimmtes Leben und damit natürlich auch für dieses Aufstiegsversprechen gegenüber den Jungen und der Mitte der Gesellschaft.
Jetzt möchte ich Sie ernsthaft fragen: Können wir dieses Versprechen aktuell noch guten Gewissens geben? Können unsere Kinder und auch wir als Eltern darauf vertrauen? – Mit Sicherheit bedauerlicherweise nicht.
Schule sollte ein Ort sein, an den Kinder gerne gehen, wo Lehrerinnen und Lehrer gerne arbeiten und unterrichten und wo auch die Eltern ein gutes Gefühl
haben, wenn die Kinder in der Früh das Haus verlassen. Es geht natürlich, wie ich schon gesagt habe, um nötige Grundfertigkeiten, aber es geht doch vor allem auch um eines: Leidenschaft zu wecken, Neugier zu wecken, Talente zu entdecken. (Abg. Belakowitsch: Es geht um die Grundkompetenzen!) Jedes Kind kann etwas. Jedes Kind kann etwas! Es kann doch nicht sein, dass wir in den Schulen Flügel brechen, anstatt sie zu heben. (Beifall bei den NEOS.)
Nichts, und zwar wirklich nichts, ist so wichtig wie ein gutes Verhältnis zwischen einer Lehrerin und einem Lehrer und einer Schülerin und einem Schüler. Meine beiden Großmütter waren beide AHS-Professorinnen, eine davon dann auch Direktorin an einem Gymnasium. Ich treffe heute noch ehemalige Schüler:innen von ihnen, die mir sagen: Ihre Großmutter hat in einer Zeit, die schwierig war, an mich geglaubt! – Es war übrigens im 21. Bezirk, Franklinstraße, also nicht leicht. – Ihre Großmutter hat an mich geglaubt, und wenn sie nicht an mich geglaubt hätte, dann wäre nichts aus mir geworden. Schauen Sie, was aus mir geworden ist!
Genau darum geht es doch, diese Leidenschaft und auch den Glauben zu wecken, jedem Kind zu sagen: Du kannst was, du wirst was, ich glaube daran! Daher ist es so wichtig, auch die engagierten Lehrerinnen und Lehrer vor den Vorhang zu holen, die ebenfalls mit Sorge auf die Zukunft blicken.
Es freut mich außerordentlich, dass heute einer dieser Lehrer hier ist, Markus Astner, ein Pädagoge am Bundesrealgymnasium in der Au in Tirol. – Herzlich willkommen bei uns im Hohen Haus! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich weiß jetzt nicht genau, wo er sitzt.
Wir haben einen Redewettbewerb gemacht, eine Sagt-sonst-keiner-Challenge, und er hat eine Rede eingeschickt, die auch gewonnen hat. Ich erlaube mir nun, die Rede des Herrn Astner vorzutragen:
„Ich mache mir Sorgen.“ (Ruf bei der ÖVP: ... am Burgtheater gemacht!) – Ich glaube, Sie sollten jetzt bitte den Respekt haben, zuzuhören, denn der Herr sitzt
(auf die Galerie weisend) dort oben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
„Ich mache mir Sorgen. Große Sorgen.
Ich mache mir Sorgen, weil sich niemand von den Verantwortlichen den vielen Baustellen im Bildungsbereich ernsthaft annimmt.
Ich mache mir Sorgen, weil unsere Kinder und Jugendlichen nach wie vor nicht gemeinsam und voneinander lernen dürfen, wie es in vielen Staaten der Fall ist, sondern nach der 4. Klasse Volksschule getrennt werden.
Ich mache mir Sorgen, weil wir, die im Bildungssystem tätig sind, ein Spielball der unterschiedlichen politischen Ideologien sind, die eine Weiterentwicklung unseres Bildungssystems verhindern.
Ich mache mir Sorgen, weil wir so viele unsinnige bürokratischen Tätigkeiten machen müssen, obwohl wir viel mehr Zeit in die Ausbildung der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen investieren wollen.
Ich mache mir Sorgen, weil Bildung so kopflastig ist und durch die Vorgaben so wenig Zeit für die soziale, kreative, motorische, musische Bildung und Herzensbildung bleibt.
Ich mache mir Sorgen, weil die Politiker und Politikerinnen immer nur von Bildung reden, während wir vor Ort das ausbaden müssen, was sie in ihren Kämmerchen realitätsfremd ausdenken.
Ich mache mir Sorgen, weil unsere Kinder und Jugendlichen jeden Tag getestet, bewertet und beurteilt werden und sich nicht freier entfalten dürfen. Und weil sie sich bereits im Volksschulalter in einem Hamsterrad aus Leistungswahn, Konkurrenzdenken und Selektionsdruck befinden.
Ich mache mir Sorgen, weil ein inklusives/integratives Bildungssystem verhindert wird und weil manche die Teilhabe nicht ermöglichen möchten bzw. von Teilen nicht angenommen wird.
Ich mache mir Sorgen, weil wir im Bildungsbereich Tätigen so wenig Unterstützung bei unserer Berufung erhalten.
Ich mache mir Sorgen, weil benachteiligte Kinder und Jugendliche zusätzlich auch noch durch unser Bildungssystem benachteiligt werden.
Ich mache mir Sorgen, weil ein Teil der Gesellschaft so tut, als wäre unser Beruf ein Halbtagsjob.
Ich mache mir Sorgen, weil niemand die Verantwortung übernimmt und unser Bildungssystem endlich ins 21. Jahrhundert transformiert.
Ich mache mir Sorgen, weil man an den verantwortlichen Stellen so wenig auf jene hört, die eine andere Vorstellung von Bildung haben und weil man die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ernst nimmt und vor allem auf jene hört, die einer veralteten Bildungsvorstellung das Wort reden.
Ich mache mir Sorgen, weil man jene Kindergärten und Schulen mit besonderen Herausforderungen sowie das dortige Personal im Stich lässt, statt die Herausforderungen auf viele Schultern zu verteilen.
Ich mache mir Sorgen, weil Österreich die Behindertenrechtskonvention unterschrieben hat, aber so säumig bei der Umsetzung ist.
Ich mache mir Sorgen, weil Mehrsprachigkeit immer noch als Makel denn als Gewinn verstanden wird und mehrsprachig aufwachsende Kinder benachteiligt werden.
Ich mache mir Sorgen, weil die Bildung in unserem Land keine Priorität hat und gegenüber anderen Ländern unterfinanziert wird.
Ich mache mir Sorgen, weil man den wunderschönen Beruf als Pädagogin und Pädagoge in den letzten 20 Jahren durch viele Verschlechterungen so unattraktiv gemacht hat, dass sich kaum noch welche finden, die diesen eigentlich so wertvollen, sinnstiftenden und schönen Job ausüben möchten. Gerade die jungen angehenden Pädagogen und Pädagoginnen hat man hierbei Rahmen- und Arbeitsbedingungen geschaffen, die sie kaum bewältigen können, überfordern und letztendlich dazu führen, dass sie ausbrennen oder das Handtuch werfen.
Ja, ich mache mir Sorgen… große Sorgen…“
Sehr geehrter Herr Astner, ich möchte mich für Ihre Rede bedanken, und ich möchte mich auch dafür bedanken, dass Sie diese Arbeit machen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)
Bildung geht uns alle etwas an. So können wir nicht mehr weitermachen. Bildung muss zum nationalen Anliegen werden, zu einem Anliegen – und das meine ich in vollem Ernst –, bei dem alle konstruktiven Kräfte zusammenarbeiten, gemeinsam arbeiten. Wir können nicht mehr so weiterwurschteln und aufgrund parteipolitischer Scheuklappen notwendige Reformen verschlafen.
Ich fordere die Bundesregierung deswegen auf, ein großes nationales Reformprojekt für die Bildung zu starten. Die Wege zur besten Bildung sind ja klar aufgezeigt – und vieles davon würden wir ja auch außer Streit stellen können, vielleicht nicht alles, aber vieles –: Schulautonomie, echte Schulautonomie, damit die Herausforderungen dort angegangen werden können, wo sie sind, individuell und autonom; mit der Freiheit, Entscheidungen zu treffen – das wäre wichtig (Beifall bei den NEOS) –; mit einem Lehrer-, Lehrerinnenberuf, der attraktiv ist, in dem Bürokratie aus dem Weg geräumt ist, damit wirklich Zeit bleibt, das zu tun, warum sie eigentlich diesen Job angetreten haben, nämlich sich dem Kind individuell zu widmen; mit mehr Unterstützungspersonal, Schulpsychologinnen und -psychologen, damit auch die mentale Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen, die in den
letzten Jahren massiv gelitten hat, endlich in den Fokus gerät und damit auch in dieser Hinsicht die Lehrerinnen und Lehrer ihren Job machen können; mit einem echten Chancenbonus für die Schulen, die natürlich besondere Herausforderungen haben. Es ist simpel ungerecht, was wir machen: dass wir die Schulen, die besondere Herausforderungen haben (Abg. Taschner: Da würde ich nach Wien schauen, Frau Klubobfrau!), also zum Beispiel Brennpunktschulen, auch noch im Stich lassen. (Beifall bei den NEOS.)
Natürlich brauchen wir endlich flächendeckend ganztägige Volksschulen. Das ist einerseits wichtig, um den benachteiligten Kindern alle Chancen zu geben, und andererseits auch wichtig, um in einer modernen Gesellschaft den Familien, insbesondere den Frauen, das Leben zu erleichtern. Das schafft Chancen und natürlich auch eine bessere Integration. (Beifall bei den NEOS.)
Apropos Integration: Wir brauchen natürlich Demokratiebildung (Ruf: Medienbildung!) – Medienbildung, vor allem aber auch Demokratiebildung in der Schule. Sehen Sie denn nicht, wie die Gesellschaft auseinanderdriftet? Daher kommt auch unser Vorschlag mit dem Schulfach Leben in einer Demokratie.
Auch das Bildungssystem muss transparent werden und Vergleichbarkeit ermöglichen. Es kann doch nicht sein, dass wir in vielen Bereichen Transparenz haben und sagen, wir können vergleichen, aber im Bildungsbereich, was Schulen angeht, nicht. Das kann doch nicht sein!
Und natürlich hat die Trennung der Kinder mit zehn Jahren weder pädagogisch noch entwicklungspsychologisch irgendeinen Sinn. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Taschner: O ja, hat einen Sinn!)
Wenn das nicht gelingt, zahlen wir morgen alle den Preis für das Bildungsversagen. Das heißt, wir müssen Bildung über alles stellen. Diese nationale Anstrengung muss uns tatsächlich gelingen, und es kann großartig werden.
Ich möchte jetzt auch sagen, Sorgen sind da, aber es kann auch ein tolles, positives Zukunftsbild machen, denn es ist nämlich genau so, wie es Herr Astner
geschrieben hat: Es reicht nicht aus, dass wir darüber reden. Machen wir das, und zwar gemeinsam! Lassen wir uns darauf ein! Schaffen wir etwas, worauf wir in zehn, 15 Jahren zurückblicken und sagen: Boah, da ist uns wirklich Tolles gelungen! Wir haben in Österreich wirklich etwas geschafft, das in keinem anderen Land geschafft wurde: Bildung wirklich an die Spitze zu bringen! Übernehmen wir doch gemeinsam Verantwortung! (Beifall bei den NEOS.)
15.17
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete im Hohen Haus! Seit etwas mehr als zwei Jahren bin ich Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und damit auch für unsere Schulen verantwortlich. Das bin ich mit voller Leidenschaft, Hingabe und Engagement und mit intensivstem Arbeitseinsatz. – Wenn Sie, Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger, es nicht sehen, dann tut es mir leid, dann müssen Sie die Augen aufmachen und sich erkundigen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Weiterentwicklung des Bildungssystems war und ist mir ein Herzensanliegen. Das Bildungssystem beginnt bereits bei den Kleinsten, unsere elementarpädagogischen Einrichtungen sind die ersten Bildungseinrichtungen. Mir ist dieser Bereich besonders wichtig (Abg. Kucharowits: ... nicht zuständig!) und deshalb haben wir in den letzten Jahren einen entsprechenden Fokus darauf gesetzt. (Abg. Kucharowits: Wo ist der?)
Wie Sie wissen, ist der Bund für die Ausbildung der Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen zuständig, und da hat sich viel getan. Wir haben in den letzten Jahren neue Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen, von einem Universitätslehrgang über das Masterstudium Elementarpädagogik bis hin zu diversen Hochschullehrgängen. Außerdem haben wir die Kollegplätze massiv ausgebaut.
Wir unterstützen natürlich auch die Bundesländer und die Gemeinden, weil wir nur gemeinsam die besten Bildungseinrichtungen für die Kleinsten schaffen können. Neben den aufgrund der Artikel-15a-Vereinbarung über Elementarpädagogik den Ländern zur Verfügung gestellten jährlichen 200 Millionen Euro hat Bundeskanzler Nehammer vor Kurzem mit 4,5 Milliarden Euro – 4,5 Milliarden Euro! – einen wirklichen Meilenstein in der Kinderbetreuung angekündigt. (Beifall bei der ÖVP.) Als Bundesregierung setzen wir den eingeschlagenen Weg des Ausbaus der Kinderbetreuung entschieden fort. Das ist wesentlich für unsere Kinder, aber natürlich auch zur Entlastung der Eltern und der Familien.
In meiner Rolle als Bildungsminister schaffe ich gemeinsam mit vielen Partnerinnen und Partnern einen Rahmen, um unsere Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu begleiten und auf eine immer komplexer werdende Welt vorzubereiten. Ich schaffe einen Rahmen mit, der es den Kindern ermöglicht, gut ausgestattete Schulen zu besuchen. Ich setze laufend Maßnahmen, um die Schulen weiterzuentwickeln und weiterhin als Orte der Sicherheit zu etablieren.
Eines ist natürlich klar: Die Schulen im Jahr 2023 sind mit denen aus 2019 absolut nicht vergleichbar, denn ja, die Gesellschaft verändert sich in einem enormen Tempo. (Abg. Scherak: ... 1980!) Die Welt wird immer komplexer und die letzten Jahre waren geprägt von Pandemie, Energiekrise, Teuerung und Krieg. Ich bin stolz darauf, dass unsere Schulen dem Tempo der heutigen Zeit durchaus standhalten. Sie bereiten auch aufgrund der exzellenten Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer unsere Kinder auf diese immer komplexer werdende Welt vor, denn sie statten die Schülerinnen und Schüler mit den Kompetenzen aus, die heute, morgen und in Zukunft gebraucht werden. Unsere Schulen vermitteln jene Werte, die für uns alle wichtig sind: Freiheit, Solidarität und Leistung.
Seit meinem Amtsantritt bin ich zumindest an einem Tag in der Woche an Schulen im ganzen Land und erlebe dabei innovativen Unterricht. Ich erlebe
Schülerinnen und Schüler, die gerne in die Schulen gehen, und habe Gelegenheit, mit ihnen über ihre Erfahrungen und Wünsche zu sprechen. Ich bin im ständigen Austausch mit Lehrkräften im ganzen Land, Schulleitungen, Verantwortlichen in den pädagogischen Hochschulen und Universitäten sowie im Bildungsmanagement.
Genau deshalb verwundert mich auch, wie so oft, der Dringliche Antrag, in dem Sie wirklich eine Geringschätzung unseres Schulsystems zum Ausdruck bringen und eine offensichtliche – ich sage: bewusste – Fehleinschätzung und Geringschätzung der Leistungen (Zwischenrufe der Abgeordneten Kucharowits und Heinisch-Hosek), die das gesamte Bildungssystem und alle hier Tätigen erbringen.
Schule ist Arbeitsplatz und Zukunftsplatz, Lehrerin und Lehrer ist ein Zukunftsjob, ja, für jede Person, die ihn ergreift, vor allem aber für die Schülerinnen und Schüler und damit für unsere Gesellschaft. Unsere Schulen sind Kompetenzzentren, sie sind Bildungsraum und Entwicklungsraum, sie sind Raum für Ideen und auch Safe Room für unsere Kinder, denn in unseren Klassenzimmern lehren wir Geschichte, aber wir schreiben auch Zukunft. In den Schulen begegnen einander nicht nur Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, denn es ist die Begegnung des Wissens von heute mit der Gesellschaft von morgen.
Diese Begegnung ist nur dann möglich, wenn wir genügend gut ausgebildete, offene und motivierte Lehrkräfte in unseren Klassenzimmern haben. Daher ist die Bekämpfung des Lehrkräftemangels eine der obersten Prioritäten meiner Arbeit, denn nur dann, wenn wir genügend gut ausgebildete, motivierte und engagierte Lehrerinnen und Lehrer in unseren Klassen haben, die unsere Schülerinnen und Schüler fachlich anleiten und begleiten, kann Bildung gelingen.
Mit Klasse Job habe ich daher vor einem Jahr eine wirklich große Lehrkräfteoffensive gestartet. Es ist ein umfassendes Programm, das kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel beinhaltet. Eines kann ich
Ihnen sagen: Dieser Maßnahmenmix wirkt. Über 4 300 Personen haben sich etwa zur Zertifizierung als Quereinsteigerin und Quereinsteiger im neuen System angemeldet, und nur vollzertifizierte Kräfte können sich anschließend auch für einen ausgeschriebenen Job im Klassenzimmer bewerben. In diesem Schuljahr konnten wir so über 650 quereinsteigende Akademikerinnen und Akademiker für einen klasse Job gewinnen.
Wir haben es trotz des umfassenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels im ganzen Land geschafft, für dieses Schuljahr insgesamt über 7 000 Stellen zu besetzen. Wir haben dafür eine eigene Plattform geschaffen. Wir haben den gesamten Prozess digitalisiert. Wir sind dadurch schneller, flexibler und effizienter geworden.
Auch bei den Lehramtsstudienanfängerinnen und -anfängern verzeichnen wir ein Plus von fast 17 Prozent. Wenn sich heuer fast 1 000 Personen zusätzlich für ein solches Studium interessieren und ein solches Studium zusätzlich inskribieren, dann kann der Beruf nicht so schlecht sein, dann kann der Job nicht so schlecht sein, das Ansehen nicht so schlecht sein. (Zwischenruf bei den NEOS.) Ich teile Ihre Meinung deshalb in keinster Weise. (Beifall bei der ÖVP.)
Natürlich müssen wir alles tun, um die Lehrkräfte und die Schulleitungen, die jetzt schon im Dienst stehen, zu entlasten. Anstatt aber das Lehrerdienstrecht wie von Ihnen gefordert einfach abzuschaffen, erarbeiten wir gemeinsam mit der Standesvertretung laufend Entlastungsmaßnahmen für die Schulen, für die Schulleitungen und vor allem die Lehrerinnen und Lehrer. Das sind Maßnahmen, die wir gemeinsam gut durchdacht haben, die gut im System ankommen und den Lehrerinnen und Lehrern mehr Zeit für die Tätigkeit geben, für die sie ausgebildet sind, nämlich für die Tätigkeit im Unterricht. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es zeigt sich, dass das Ansehen und das Interesse, als Lehrerin oder Lehrer tätig zu sein, steigt, und ich bleibe dran, denn wir brauchen die besten Lehrkräfte. Wir brauchen sie heute, morgen, in fünf Jahren, in zehn Jahren, denn eines ist
klar: Ohne gut ausgebildete und motivierte Lehrerinnen und Lehrer gibt es keine gute Bildung.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch kurz auf Pisa eingehen: Ja, die positiven Äußerungen meinerseits basieren auf meiner Überzeugung, dass unser Bildungssystem auf dem richtigen Weg ist. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber Entschuldigung! Wir sacken wieder einmal ab, und Sie sagen, wir sind auf einem guten Weg? – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.) Trotz der Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie ist das Ergebnis stabil. Die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, haben gewirkt. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja Selbstaufgabe!) Das habe ich als erfreulich bezeichnet und dazu stehe ich.
Unsere Schülerinnen und Schüler befinden sich in vielen Bereichen über dem OECD-Schnitt, aber natürlich ruhen wir uns auf diesem Ergebnis nicht aus. (Abg. Meinl-Reisinger: Was heißt, wir ruhen uns aus? Sie sind schlecht, die Ergebnisse!) Natürlich nehme ich die Ergebnisse ernst und ich denke intensiv darüber nach, was wir besser machen müssen. (Abg. Meinl-Reisinger: Das gibt’s ja nicht! – Zwischenruf des Abg. Scherak. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja, ich glaube auch!)
Unsere Schülerinnen und Schüler befinden sich in vielen Bereichen über dem OECD-Schnitt (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja ein Wahnsinn!) – ich darf es noch einmal wiederholen. Schon vor Veröffentlichung der Ergebnisse haben wir Maßnahmen gesetzt, um aufgezeigten Herausforderungen künftig gut zu begegnen, sei es den Mint-Aktionsplan, durch den insbesondere Mädchen im Bereich Mint gefördert werden sollen, oder den Jahresschwerpunkt Lesen, der die Lesekompetenz von allen stärken soll.
Ganz entscheidend für mich, für unsere Schulen und ganz besonders für unsere Schülerinnen und Schüler ist, was sich laufend in den Klassenzimmern tut. So wurden etwa mit dem neuen Jahr, mit Jänner 2023, nach Jahren der Vorarbeit und Diskussion von mir neue Lehrpläne für die Volksschule, für die Mittelschule und die AHS-Unterstufe verordnet. Diese haben, rollierend mit
der ersten beziehungsweise der fünften Schulstufe, zu Beginn dieses Schuljahres gestartet.
Die neuen Lehrpläne fokussieren gleichermaßen auf die Entwicklung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen. Die Fachlehrpläne wurden allesamt modernisiert. Politische Bildung, Gesundheitsförderung, Finanz- und Wirtschaftsbildung, Umweltbildung sowie Nachhaltigkeit haben damit einen höheren Stellenwert bekommen. Fächerübergreifendes kritisches Denken, Kommunikation, Kooperation und Kreativität werden durch diese umfassende Lehrplanreform gefördert. Es geht vorrangig nicht mehr darum, festzulegen, was unterrichtet wird, sondern vielmehr darum, was bei den Schülerinnen und Schülern nachhaltig ankommt.
Zudem habe ich das System flexibler gemacht. Wir sind ab jetzt in der Lage, die Lehrpläne jederzeit und kurzfristig punktuell anzupassen. Mit 13 übergreifenden Themen, von politischer Bildung bis hin zu Medienbildung, haben wir fächerübergreifendes Unterrichten in der Volksschule, der Mittelschule sowie der AHS-Unterstufe verpflichtend verankert, denn da geht es um Themen, die von vielen Seiten betrachtet werden müssen und so auch in mehreren Unterrichtsfächern bearbeitet werden können.
Sowohl Unterrichtsmittel, digitale wie analoge, als auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften werden aufgrund dieser großen Lehrplanreform modernisiert. Bereits mit dem Schuljahr 2022/2023 wurde zudem erstmals seit Langem ein neuer Pflichtgegenstand eingeführt, ohne andere Fächer zu kürzen, nämlich der Pflichtgegenstand digitale Grundbildung. Schülerinnen und Schüler setzen sich im Rahmen dessen mit Fakenews auseinander, lernen Programmiersprachen spielerisch kennen und erlernen einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien. Sie lernen, wie man verantwortungsvoll mit digitalen Endgeräten umgehen soll, denn nur mit dieser Kompetenz können sie ihren beruflichen wie auch privaten Alltag meistern.
Ein zentralistisch ausgesprochenes Handyverbot gibt es in Österreich ganz bewusst nicht. Schulen können natürlich jetzt schon schulautonom im Rahmen der Schulordnung darüber entscheiden, wie mit digitalen Endgeräten am Standort umzugehen ist.
Mit dem erst kürzlich präsentierten KI-Paket haben wir einen von Expertinnen und Experten erarbeiteten Maßnahmenmix als nächsten Schritt präsentiert, der das Thema künstliche Intelligenz behandelt. Dabei werden 100 Schulen zu KI-Pilotschulen. Diese loten die Chancen, aber auch die Schwierigkeiten, die künstliche Intelligenz für den Unterricht bedeutet, für alle aus.
Es ist klar, aufgrund der raschen gesellschaftlichen Veränderungen werden wir weiterhin Innovationen im Bildungssystem brauchen, das ist überhaupt keine Frage. Wir dürfen, sollen und müssen das System ständig hinterfragen, und es ist unsere Pflicht, Gutes zu stärken, Herausforderungen zu benennen und Lösungen zu finden. Es reicht nicht, mit Schlagwörtern umherzuwerfen und jeden Trend sofort unreflektiert ins Klassenzimmer zu holen, denn die Innovationen im Bildungsbereich brauchen Evidenzen (Abg. Meinl-Reisinger: ... das österreichische Bildungssystem wirklich nicht!), nicht nur Meinungen, persönliche Empfindungen, Ideen, Trends und Ideologien. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie brauchen Bildungsforschung.
Daher habe ich letztes Jahr die Initiative Bildungsinnovation braucht Bildungsforschung ins Leben gerufen. Der Start dieser neuen Initiative ist mit 8,8 Millionen Euro dotiert. Es wurden neun Konsortien ausgewählt. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Forschungsteams, die von Universitäten und pädagogischen Hochschulen gemeinsam beschickt wurden, helfen uns, die richtigen Antworten zu finden, anhand derer wir die Schulen ständig weiterentwickeln.
Es sind unter anderem Fragen und Herausforderungen im Bereich Lesekompetenz. Lesekompetenz ist in diesem Jahr der Schwerpunkt für das Bildungsministerium, weil es die Grundkompetenz ist. Ein weiterer Schwerpunkt
ist natürlich die Digitalisierung, insbesondere vor dem Hintergrund der künstlichen Intelligenz.
Erst letzte Woche wurden im Rahmen eines österreichweiten ersten Summit Bildungsforschung diese Forschungsprogramme gemeinschaftlich präsentiert, und die Forscherinnen und Forscher konnten sich dort mit anderen Expertinnen und Experten, mit Lehrerinnen und Lehrern und mit im Bildungsmanagement tätigen Personen austauschen. Es waren über 200 Personen dabei und es wurde gezeigt, wie essenziell Bildungsforschung ist. Ich persönlich hatte auch schon die Gelegenheit, mich mit einigen der Forscherinnen und Forscher, die in diesen Konsortien arbeiten, auszutauschen.
Sehr geehrte Abgeordnete! Eines durfte ich in den zwei Jahren als Bundesminister für Bildung sehr oft erfahren: dass unser Bildungssystem vieles leistet und voller engagierter Personen ist, allen voran Lehrerinnen und Lehrern. Ja, es gibt Herausforderungen und es gibt ständig Dinge, die man anpassen und verändern muss, aber es gibt keine einfachen Lösungen, um perfekte Schulen vorzufinden. Wir brauchen deshalb entsprechende Grundlagen und Überlegungen – und es braucht auch Verantwortung, die ich in mir trage, denn Bildung ist Chefsache, meine Chefsache, und das ist sie schon jetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler. – Zwischenrufe bei den NEOS.)
15.32
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Künsberg Sarre. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich muss Ihnen heute leider etwas sehr Trauriges sagen: Österreich hat keinen Bildungsminister. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lindner.) Sie haben das gerade sehr, sehr eindrucksvoll bestätigt bekommen. Ich bin gerade sehr fassungslos, wie man so
begeisterungslos über ein so wichtiges Thema wie Bildung sprechen kann. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich habe mir eigentlich gedacht, dass Ihnen, Herr Minister, dieser „erfreulich“-Sager passiert ist – aber offensichtlich ist er das nicht, sondern das war ja sehr bewusst gesagt, dass die mittelmäßigen Pisa-Ergebnisse erfreulich sind und dass Sie damit eigentlich recht zufrieden sind. (Ruf: Schon wieder passiert!)
Die Ergebnisse sind ja nicht überraschend. Österreich liegt – wie schon immer in den letzten 20 Jahren – im Mittelfeld. Die Bildungsschere ist weiter auseinandergegangen. Es gibt noch mehr abgehängte Jugendliche als vorher, und Sie sagen: Das ist eigentlich gar nicht so schlecht (Abg. Meinl-Reisinger: Stabilisiert, hat er gesagt!), das Bildungssystem ist ganz gut! – Diese Ergebnisse sollten Sie eigentlich wachrütteln.
Ich weiß nicht, Herr Minister, haben Sie eigentlich wirklich so wenig Anspruch, dass die mittelmäßigen Ergebnisse von Pisa Sie gar nicht auf irgendeine Idee bringen? Das Problem ist, dass hinter diesen anonymen Pisa-Zahlen Kinder stehen – ganz, ganz viele Kinder. Es geht in Ihrem Ressort um Kinder, wie Sie vielleicht wissen. Es geht um jedes einzelne Kind, mit seinen Stärken und Schwächen, mit seinen Begabungen und mit den Interessen, die jedes Kind hat. Wir NEOS sind total davon überzeugt, dass jedes Kind etwas kann. Jedes Kind kann etwas! – Sie dürfen gerne klatschen, Frau Kollegin Niss! Ja, stimmt. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Niss.)
Jedes Kind interessiert sich auch für etwas. Jedes Kind hat irgendein Interesse, man muss es nur suchen und finden und wollen, dass es rauskommt. (Abg. Salzmann: Das braucht aber nicht der Bildungsminister suchen!) Herr Minister, haben Sie wirklich so wenig Anspruch, dass Sie keinen einzigen Vorschlag bringen, was man dieser Entwicklung entgegensetzen könnte?
Sie haben gesagt: Ich bin Bildungspolitiker und warte jetzt einmal auf die Vorschläge der Bildungsexperten! – Erstens liegen die Vorschläge der
Bildungsexperten seit vielen Jahren auf dem Tisch (Zwischenrufe bei den NEOS), die gibt es schon alle, die muss man gar nicht mehr entwickeln. (Abg. Salzmann: Habt’s die in Wien schon ... umgesetzt? – Abg. Meinl-Reisinger: Vieles können wir nicht, wegen Ihnen!) Zweitens haben Sie so gar keine Vision. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie man Bildungspolitiker sein kann, ohne irgendeine Vision oder irgendeine Idee zu haben. Das verstehe ich überhaupt nicht. (Beifall bei den NEOS.)
Wissen Sie, wir sind davon überzeugt, jedes Kind hat einen Bildungsminister verdient, der ein ganz großes Anliegen hat. Wir brauchen keinen Verwalter und Schönredner, sondern Kinder brauchen einen mutigen Gestalter im Bildungsministerium. (Beifall bei den NEOS.) Kinder brauchen einen Bildungsminister (Abg. Meinl-Reisinger: Der Kinder mag!), den es schmerzt, wenn auch nur ein Kind nicht lesen oder schreiben kann, der in der Früh aufsteht und sagt: Ich arbeite für Kinder und Jugendliche und das taugt mir auch noch! (Ruf bei der ÖVP: Tut er ja! – Zwischenrufe bei den NEOS.) Kinder brauchen einen Bildungsminister, der sich den Herausforderungen stellt und sich nicht wegduckt.
Sie tragen nicht die Schuld an den mittelmäßigen Ergebnissen von Pisa – überhaupt nicht, das haben Ihre Vorgänger zu verantworten –, aber Sie tragen jetzt die Verantwortung, die Ergebnisse ernst zu nehmen und Neuerungen im Bildungsbereich anzugehen. Und was machen Sie? – Sie reihen – das hat man gerade eindrucksvoll gehört – eine kleine Sache an die nächste. Natürlich gibt es viele gute Punkte im Bildungssystem, weil es ganz, ganz viele engagierte Direktoren, Lehrerinnen und Lehrer gibt. Natürlich! Wir sind aber im Mittelmaß, und das kann ja wohl nicht der Anspruch sein. Wir wollen ganz nach oben, wir wollen ein tolles Bildungssystem für jedes einzelne Kind haben. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn man Ihnen zuhört, dann glaubt man: Da gibt es eigentlich gar nichts zu verändern, es ist super, lassen wir es doch so! Es gibt halt Kinder, die bekommen nicht alle Chancen, die sie vielleicht bräuchten, aber ist doch egal. (Abg. Meinl-Reisinger: Sind eh die Eltern schuld!) – Wir brauchen jedoch im Bildungsbereich
einen Reset, wir brauchen keinen Stillstand und wir brauchen auch nicht noch mehr verschiedene Projekte und Versuche on top – das ist genau das, was Sie uns eben vorgetragen haben: was Sie nicht alles machen, um die Löcher zu stopfen. Das hat aber in den letzten 20 Jahren auch nicht zum erwünschten Ergebnis geführt. Wir stehen heute dort, wo wir vor 20 Jahren waren, beziehungsweise sind noch schlechter dran. Das müssen Sie doch verstehen, Sie sind eigentlich Wissenschafter!
Wir brauchen einen mutigen Reset. Wir müssen die Chancen vieler Kinder stärken und nicht vertun (Zwischenruf der Abg. Steger): Chancen in der Integration und am Arbeitsmarkt, Chancen für jedes Kind auf ein selbstbestimmtes, erfülltes und glückliches Leben.
Wir werden das nur gemeinsam schaffen. Niemand von uns wird es allein lösen können. Wir alle sind gefordert – und da gibt es vor allem zwei Parteien, ÖVP und SPÖ –, diese jahrzehntelangen ideologischen Barrieren zu überwinden (Abg. Heinisch-Hosek: Na, ihr müsst’s die überwinden!) und uns zusammenzusetzen. (Beifall bei den NEOS.) Bildung muss fraktionsübergreifend behandelt werden. (Abg. Holzleitner: Das ist wirklich unfair ...!)
Unser gemeinsames Ziel muss unabhängig von der Parteifarbe sein, dass jedes Kind in Österreich die besten Chancen und die notwendige Förderung erhält, aber auch gefordert wird, wenn es besondere Talente hat. (Zwischenruf des Abg. Taschner.) Das muss unser gemeinsames Ziel sein – und dass jedes Kind seinen Platz in der Gesellschaft findet, einen guten und erfüllten Job bekommt, sein eigenes Leben positiv gestalten kann und das seiner Mitmenschen bereichert. Das muss doch das Ziel sein und das muss auch der Anspruch sein, den die Schule und der Kindergarten vorgeben!
Wir müssen raus aus dem Mittelmaß! Sie geben sich damit zufrieden, wir NEOS nicht. Wir brauchen Ziele. Sie haben kein einziges Ziel genannt, wohin Sie das Bildungssystem entwickeln wollen. Sie haben nur gesagt, welche Projekte
Sie aufsetzen, aber wozu diese Projekte eigentlich dienen, wissen Sie offensichtlich nicht.
Bildung muss Chefsache werden! Und da Sie das jetzt gesagt haben: Ich glaube nicht, dass mit Chefsache Sie gemeint sind, oder ich weiß, dass Sie nicht gemeint sind, sondern das muss die gesamte Bundesregierung machen. Deswegen haben wir diesen Dringlichen Antrag auf ein nationales Reformprojekt im Bildungswesen eingebracht.
Wir wollen den Kindergarten qualitativ hochwertiger machen – das ist die erste Bildungseinrichtung –, die Chancenbonusfinanzierung für Schulen mit besonderen Herausforderungen umsetzen. Das funktioniert in vielen Ländern. Natürlich gibt es schon jetzt tolle Lehrerinnen und Lehrer, und es geht überhaupt nicht darum, das Personal schlechtzureden. Der Lehrberuf braucht aber attraktive Angebote für Umstieg, Einstieg, Quereinstieg und auch Entwicklungsmöglichkeiten. (Abg. Taschner: Wien, geh du voran!) Werbekampagnen und Maturantenbriefe – Studieren Sie doch Lehramt, wenn Sie noch nicht wissen, was Sie studieren sollen! – werden nicht ausreichen. (Abg. Meinl-Reisinger: Machen wir ja!)
Wir brauchen ein mittleres Management in den Schulen. Es ist absurd, dass manche Direktoren 60, 70 Lehrer direkt unter sich haben. Das ist absurd und kann auch nicht funktionieren. (Abg. Salzmann: Warum nicht? Das ist ja eine ganz normale Abteilung!)
Weiters: psychosoziales Supportpersonal und – ganz wichtig – Bürokratieabbau. Sie wissen, dass viel zu viel von oben vorgegeben wird. Machen Sie da etwas! Machen Sie einfach irgendetwas, bei dem man den Nutzen im Großen erkennen kann und nicht nur im Kleinen.
Zur Digitalisierungsoffensive, die Sie auch immer wieder bringen – Corona muss jetzt offensichtlich auch noch die nächsten Jahre für alles herhalten, was nicht so gut gegangen ist –: Es geht um eine Digitalisierungsoffensive, die ihren Namen
auch verdient. Selbstverständlich sollen alle Lehrer ein Endgerät bekommen und sich Endgeräte nicht teilen müssen. Nein, die Mittelschulen tun es nicht.
Aus- und Fortbildung: Nach wie vor ist da Luft nach oben. Es gibt in anderen Ländern eigenes Personal an den Schulen, das Lehrerinnen und Lehrer im Digitaldidaktischen unterstützt. Da gibt es ganz viel, und das kann man doch auf den Weg bringen.
Wir werden es nur gemeinsam schaffen, das habe ich schon gesagt. Es ist höchste Zeit, dass die Regierung diesen Mut für Reformen aufbringt, die von Vertrauen statt Kontrolle, von Autonomie statt Bürokratie geprägt sind, und für Reformen, die die besten Chancen für jedes Kind eröffnen. (Beifall bei den NEOS.)
15.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Taschner. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger! Sehr geehrte Frau Kollegin Künsberg Sarre! Ein wenig habe ich das Empfinden, dass Sie eine Themenverfehlung begangen haben, wie man das in der Schule nennt. Eigentlich sollten Sie Ihren Blick, wenn Sie über das Bildungssystem in Österreich sprechen, auf Wien fokussieren. In Wien könnten Sie ja zeigen, wie Bildung funktioniert. (Abg. Meinl-Reisinger: Machen wir auch! Schauen Sie einmal, wie viele ...!)
Bedenken Sie: In Wien wird die Bildungsdirektion personell ausgehungert. Die kommen nicht einmal ihren üblichen Aufgaben nach – und Wiederkehr schaut zu. Bedenken Sie: In Wien gehen täglich ein bis zwei Lehrerinnen oder Lehrer von der Stadt weg – und Wiederkehr lächelt ihnen zu. (Abg. Kickl: Wiederkehr ist doch von den NEOS, oder?) Bedenken Sie: In Wien gibt es bei
500 Schulen nicht einmal ein Dutzend Integrationsfachleute – und Wiederkehr schaut lächelnd zu.
Bedenken Sie: In Wien wird gesagt, nicht das Schulforum stellt, wie in allen anderen acht Bundesländern, bei der Ganztagsschule fest, wie sie gestaltet werden soll, verschränkt oder nicht verschränkt. Das wird diktatorisch vom Bürgermeister festgelegt – und Wiederkehr schaut zu. Und Sie sind eine liberale Partei, die noch erklären will, wie man Demokratie in der Schule durchführt. Sie sind ja nicht einmal in der Lage, Demokratie bei der Schulorganisation umzusetzen! – Wien schaut zu, Wiederkehr schaut zu! (Beifall bei der ÖVP.)
Bedenken Sie: In Wien bringen es die Kindergärten nicht zustande, dass die Kinder mit sechs Jahren volksschulreif sind, die Sprache altersgemäß beherrschen – und Wiederkehr lächelt ihnen zu. (Abg. Erasim: Wer sagt das?) Dazu muss man noch sagen: Diese Kinder müssen dann etwa sechs Jahre in der Volksschule verbringen, nach sechs Jahren kommen sie dann in die Mittelschule und müssen die erste Klasse Mittelschule noch einmal wiederholen. Es gibt Schulen, da sind es 20 Prozent der Kinder, die dann mit 16 Jahren von der 2. Klasse Mittelschule abgehen. – Wiederkehr schaut zu.
Da kommt dann natürlich auch Pisa zur Sprache, denn das ist ja in Wirklichkeit – und die NEOS nennen das gar nicht, sie wissen das – der Elefant, der große, schnaubende, weiße Elefant, der im Raum steht; Sie wollen ihn bei Pisa aber nicht benennen: Es ist die Migration, die da mitspielt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm. – Abg. Belakowitsch: Hören Sie, Wiederkehr!) Ja! Das wird aber auch von der sozialistischen Seite nicht benannt. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Widerspruch bei der SPÖ.) – Nein, das wird von Ihnen nicht genannt. Sie glauben, da ganz woanders das Glück zu finden.
Ich gebe zu, bei der Freiheitlichen Partei wird dieser Elefant benannt, ja. (Abg. Wurm: Seit 20 Jahren!) Sie winken ihm aber mit einem blauen Tuch zu, auf dem
Festung Österreich draufsteht. Sie geben keine Lösungen. (Abg. Wurm: Doch! – Abg. Belakowitsch: Doch! Festung Österreich!)
Ich finde, Herr Kollege Kickl, Sie machen eine wunderbare Oppositionspolitik. Sie zeigen Probleme auf, Sie zeigen uns, was wir machen sollen. Ich glaube, Sie sollten Oppositionspartei bleiben (Abg. Michael Hammer: Bravo!), da sind Sie wirklich sehr gut. Vielleicht sollten Sie sich im Stil etwas verbessern, aber sonst: Oppositionspartei ist großartig bei Ihnen. Die Expertise dafür, wie man diesem Elefanten begegnet, die fehlt aber etwas.
Wir von der ÖVP haben zum Beispiel die Deutschförderklassen gegen Widerstand von der sozialistischen Seite eingeführt. (Abg. Belakowitsch: Und die funktionieren nicht! – Abg. Kickl: Integrationsverwalter!) Diese Deutschförderklassen waren aber der erste Schritt dahin, dass wir dafür sorgen, dass die Kinder mit der deutschen Sprache bekannt werden. Und wir werden das auch weiterhin tun. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Herr Bundesminister hat gesagt, bei der Schule der Zukunft sind die Experten am Wort. Da wäre die Frage der Journalistin gewesen: Und welche Experten meinen Sie? – Ich sage Ihnen, wo die Experten sind, es gibt nämlich verschiedenartige. Die, die Sie immer nennen, weil sie schon ewig dastehen und aus ihrer Mottenkiste die alten Kamellen herausziehen, die meinen wir nicht! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)
Es gibt wirklich gute Experten. Zum Beispiel hat Konrad Paul Liessmann, der ja mit seinem Buch über die Unbildung in die Fußstapfen von Adorno getreten ist – also das ist wirklich Stil –, sich in einer Pflichtschullehrerzeitung wieder über Schule geäußert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Eine wirklich tolle Expertise!
Und die beste Expertise, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind die Praktiker draußen in den Schulen, das sind die Lehrerinnen und Lehrer! Wir haben von diesen hier auch einige, hier auf der rechten Seite: Frau Kollegin
Totter, Frau Kollegin Salzmann, Frau Kollegin Deckenbacher – das sind Experten, denen man zuhören kann, und die werden natürlich dem Minister auch sagen, wo es langgeht. (Beifall bei der ÖVP.)
Da können wir auch feststellen, dass es nicht drauf ankommt, dass man Strukturen ändert. Sie sprechen von der schrecklichen Separation, der schrecklichen Selektion. Das Wort Selektion wird ja extra dafür verwendet. Es ist ja ein Tabuwort, aber bei der Schule verwendet man es, um zu sagen: Das darf nicht sein.
In Wirklichkeit ist es so: Es gibt Gesamtschule – sie kann funktionieren, sie kann auch schiefgehen. Es gibt das differenzierte System – es kann funktionieren, es kann auch schiefgehen. Aber zu erklären, dass nur die Gesamtschule das Heil bringt, das kann dann kein Experte mehr sein (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), das ist dann nur mehr ein Ideologe. Von diesen Ideologen gibt es unglaublich viele, und die brauchen wir wirklich nicht zu hören, da haben Sie ganz recht. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich kann Ihnen erklären, warum die Gesamtschule für Österreich eigentlich nach meinem Empfinden nicht empfehlenswert wäre. Ich würde sie nicht empfehlen, aber aus rein pragmatischen Gründen. Ich könnte Ihnen das ausführen, aber jetzt leuchtet das rote Licht. – Herr Präsident, das ist irgendwie schrecklich. Ich bin ein Opfer von Einsteins Relativitätstheorie: Bei mir vergeht die Zeit viel schneller, und bei anderen, wenn andere sprechen, rückt sie nur ganz langsam vor.
Wie dem auch sei, ich kann es Ihnen hier jetzt also nicht erklären, ich kann Ihnen jedoch sagen: Die Expertise, die wir von dieser rechten Reichshälfte haben, dass die Gesamtschule nicht die beste Schule ist, ist gut. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben keine!) Sie ist gut, weil wir die Praktiker haben, die sich auskennen. Sie werden in weiteren Reden vielleicht noch einiges davon hören. Jedenfalls kann ich hier nur feststellen, dass wir uns wirklich bemühen, dass die Schule nicht nur gut bleibt, sondern noch besser wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich gebe zu, es gibt viel Luft nach oben, aber Sie wissen auch – Max Weber hat das gesagt –: Das politische Geschäft ist ein „Bohren von harten Brettern“ mit Augenmaß und Leidenschaft. (Abg. Meinl-Reisinger: Man sollte wenigstens einmal den Bohrer zur Hand nehmen!) Das haben wir dafür, dass wir eine gute Schule haben, getan und dafür stehen wir auch ein. (Beifall bei der ÖVP.)
15.48
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr.
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Staatssekretär:innen! Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben gesagt: Nicht jeder Trend muss ins Klassenzimmer getragen werden!, aber ich halte es da ganz mit Barbara Prammer: Ja, nicht jedem Trend der Zeit muss man nachlaufen, aber die Überzeugung muss zum Trend werden. Und die Überzeugung von vielen Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten ist, dass unser Schulsystem, so wie es heute, 2023, aufgebaut ist, nicht mehr zeitgemäß ist und dass es Änderungen braucht. (Beifall bei der SPÖ.)
Diese Änderungen sind auch kein kurzfristiger Trend. Wie lange diskutieren wir bereits darüber, dass politische Bildung als eigenständiges Schulfach in allen Schultypen verankert werden sollte? Wie lange diskutieren wir darüber, dass Bildung in Österreich nach wie vor vererbt wird? – Seit Jahren! Das sind keine neuen Trends. Das sind wirklich Dinge, die wir in den letzten Jahren eigentlich schon längst hätten abschaffen sollen, und Pisa hat uns das wieder gezeigt.
Es ist leider auch wirklich extrem enttäuschend, denn mit den NEOS kann man in bildungspolitischen Bereichen durchaus zusammenarbeiten, aber nicht, weil wir Dogmatiker:innen sind, sondern weil uns Bildung eines der wichtigsten Themen überhaupt ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Das zeigt ihr in Wien!)
Da es der SPÖ von Beginn an wichtig war, auch die individuellen Leistungen und Chancen der Kinder in den Vordergrund zu stellen, waren es SPÖ-Ministerinnen, die insbesondere den Übergang vom Kindergarten in die Volksschule verbessert haben, um an den individuellen Chancen der Kinder einfach auch besser arbeiten zu können. (Abg. Kickl: Ihr seid große Individualisten!) Deshalb gibt es in Wien den Bildungscampus als Modell, wo die vielen verschiedenen Schultypen zusammenarbeiten, um für das Kind das Beste herauszuholen. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Schultypen da zusammenarbeiten. (Abg. Taschner: Ah, gibt es doch verschiedene Schultypen?)
Wir wissen, Bildung ist die beste Investition in unsere Zukunft. Wir müssen investieren und reformieren. (Beifall bei der SPÖ.) Aktuell sehen wir aber nur Investitionen. Pisa hat das bestätigt: Es ist ein teures Schulsystem, wobei die großen Reformen aktuell ausstehen. Diese Reformen sind vermutlich von dieser Bundesregierung auch nicht mehr zu erwarten.
Wenn wir jedoch sehen, dass nur 12 Prozent der Kinder aus Nichtakademiker:innenhaushalten einen Hochschulabschluss machen, aber 60 Prozent der Kinder aus Akademiker:innenhaushalten, dann wissen wir, dass konkret gesprochen nicht die einen Kinder gescheiter sind als die anderen, sondern dass Bildung nach wie vor vom Elternhaushalt abhängt. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist ein Problem, insbesondere für die ÖVP, denn wenn man sagt, man ist technologieoffen – anstatt konkrete Klimaschutzmaßnahmen zu setzen –, dann kann man auf die besten Köpfe in diesem Land nicht einfach verzichten.
Diese Bildungsvererbung muss endlich aufgebrochen werden! Wir müssen diese Dogmen knallhart hinterfragen und aufbrechen. Macht es Sinn, Kinder früh einzuteilen, nämlich in Gute und Schlechte, in Bessere und Schlechtere? Macht es Sinn, Kinder nach dem Haushalt, aus dem sie kommen, einzuteilen? – Nein! Das sagen alle Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten, und wir müssen ihnen endlich Gehör verschaffen.
Wir müssen ihnen Gehör verschaffen, nämlich mit einer gemeinsamen Schule (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Abg. Salzmann), an der gelernt und auch die Hausübung gemacht wird (Abg. Kickl: Passt jetzt nicht zu dem von vor 2 Minuten!), damit die schwere Schultasche mit den Aufgaben nicht am Nachmittag dann noch mit nach Hause genommen werden muss; eine Schule ohne Notwendigkeit von sündhaft teurer Nachhilfe; eine Schule, die wirklich im 21. Jahrhundert ankommt, und das mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr. (Beifall bei der SPÖ.) Nur so können wir die Kinderrechtskonvention auch vollends erfüllen und den Kindern ihr Recht auf Bildung geben.
Auch brauchen wir den Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für Kinder mit Behinderung, um die Behindertenrechtskonvention entsprechend zu erfüllen – passiert im Übrigen in Wien (Ruf: Nur in Wien ist das!) –, ganz klar, weil wirklich allen Kindern auch Bildung zusteht, nämlich individuell nach ihren Bedürfnissen. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Schluss nur noch ein Appell, weil es nicht nur bei dieser Debatte zum Dringlichen Antrag um Bildung und Reformen geht: Die Industriellenvereinigung, die Gewerkschaftsjugend, die Bundesjugendvertretung, die Arbeiterkammer – all diese Institutionen und noch viele mehr verlangen eine wirklich große Bildungsreform, die tatsächlich die Schule in Österreich verändert, sodass wir den Anschluss an die Spitzenreiterinnen und Spitzenreiter schaffen. Und sie alle haben recht. (Beifall bei der SPÖ.)
15.53
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster gelangt Abgeordneter Brückl zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, ich habe Ihnen gut zugehört, und wissen Sie, was mir in Ihrer Rede gefehlt hat? – Es hat mir die
Begeisterung gefehlt, es hat mir der Elan gefehlt, es hat mir der Schwung gefehlt. Es hat die Leidenschaft gefehlt, mit der Sie als Bildungsminister auftreten müssten, wenn Sie wirklich für unsere Kinder da sein wollen. Das hat in Ihrer Rede gefehlt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höfinger.)
Herr Bundesminister, ein Politiker muss Probleme erkennen, er muss sie anerkennen und er muss auch versuchen, sie zu lösen. Wir haben ganz, ganz viele ungelöste Fragen in unserem Bildungssystem. Der sogenannte Lehrermangel ist ja nur ein Synonym für all diese Probleme, die Spitze des Eisbergs, unter dem sich viele Dinge verbergen.
Ich frage Sie: Warum ist das so? – Wenn man es genau betrachtet, ist eines ganz klar: Das ist so, weil Sie gemeinsam mit Ihrer Partei und gemeinsam mit den Roten in den vergangenen 20 Jahren ein grundsätzlich wirklich gutes Bildungssystem völlig heruntergewirtschaftet haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Das ist so was von Unsinn!)
Mit Ihrem Coronaregime in den vergangenen Jahren haben Sie Kinder verängstigt. Sie haben dafür gesorgt, dass sie psychische und physische Schäden erlitten haben, und zwar nachhaltig. Sie haben die Schulen zugesperrt, und zwar länger als sonst irgendwo auf dieser Welt, und uns haben Sie in dieser Zeit als Coronadeppen hingestellt. Herr Bundesminister, wir hatten recht, ihr hattet unrecht, das ist die Sache! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Salzmann: Das ist aber falsch! Die Fakten sind genau anders!)
Ihr habt die Matura ruiniert, nämlich durch Herausnahme jeder Leistung. Ihr habt dafür gesorgt, dass wir heute in den Schulen Lehrerinnen und Lehrer stehen haben, die unzufrieden sind, die frustriert sind. Sie sind so unzufrieden und so frustriert, dass sogar die schwarze, ÖVP-dominierte Lehrergewerkschaft ihrem eigenen ÖVP-Minister mit Streik gedroht hat.
Wir haben in den Schulen, in den Klassen Schüler, die am Ende ihrer Schullaufbahn Probleme in den Grundkompetenzen haben, die Probleme mit dem Lesen,
Schreiben und Rechnen haben. Die Pädagogische Hochschule Salzburg hat uns bereits vor fünf Jahren wissen lassen, dass etwa 30 Prozent ihrer Bewerber Probleme mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen haben. 30 Prozent der Maturanten, die sich an der pädagogischen Hochschule um ein Lehramtsstudium bewerben, haben diese Probleme.
Wir haben in Österreich vor allem im städtischen Bereich ganze Schulklassen, in denen kaum noch Kinder sitzen, die ordentlich Deutsch sprechen können. Jedes siebte Wiener Volksschulkind kann dem Unterricht nicht folgen, Hohes Haus, weil es die deutsche Sprache einfach nicht beherrscht!
Zurückzuführen sind all diese Dinge natürlich auch auf eine völlig verfehlte Integrationspolitik in den vergangenen Jahren. Das haben Sie, Herr Bundesminister, und Ihre Vorgänger, wiederum gemeinsam mit der SPÖ in den vergangenen Jahren, zu verantworten.
An vielen Schulen herrschen Zustände in diesem Land, die für die Lehrer mittlerweile genauso unerträglich geworden sind wie für die Schüler. Die Palette reicht da von Gewalt im Klassenzimmer bis zu Bombendrohungen. Es fehlt jedwedes Konfliktmanagement, auch das haben wir nicht. Die Pisa-Studie hat da vergangene Woche eindrucksvoll Ihr Versagen bestätigt.
Wir haben 2002 mit den ersten Pisa-Testungen begonnen, und seither sind wir nicht weitergekommen. Nein, das Niveau ist eher noch nach unten gegangen. Wissen Sie, warum das so ist? – Weil niemand, keiner der Verantwortlichen, jemals auf diese Ergebnisse reagiert hat, weil man sie nicht wahrgenommen hat. Man hat einfach immer weitergewurschtelt. Man hat es zur Kenntnis genommen, aber man hat nicht reagiert.
Wenn Sie nichts tun, Herr Bundesminister, wenn sich nichts ändert, dann wird das auch in Zukunft nicht besser werden. Wir können 100 Pisa-Tests machen, aber wenn Sie diese Ergebnisse nicht umsetzen, wenn Sie diese Ergebnisse nicht
wahrnehmen und keine Lösungen dazu finden, wird sich nichts ändern und wir werden auch in Zukunft dort stehen, wo wir heute stehen.
Das Gleiche, dieses Nichterkennen, gilt im Übrigen auch für den Lehrermangel. Der ORF hat berichtet, dass die Pädagogische Hochschule Salzburg ihn hat wissen lassen, es gebe weniger Studenten, die Zahl der Lehramtsstudenten gehe zurück. – Ich habe den Artikel, ich könnte ihn Ihnen vorlesen. Wissen Sie, wann das war? – Es war im Jahr 2015! Auch das kann niemand wegleugnen. Wir haben vor zehn Jahren schon gesagt, der Lehrermangel kommt auf uns zu. Keiner hat auf uns gehört, keiner hat darauf reagiert. (Abg. Meinl-Reisinger: Oh ja, wir! Wir haben das auch gesagt!)
Herr Bundesminister, mit diesem System steuern wir, wenn Sie so weiterwurschteln, wenn Sie so weitermachen, wirklich auf eine Katastrophe zu, und das System wird kippen.
Was wir heute brauchen, Herr Bundesminister, ist einerseits eine Regierung, ein Bundesminister, der arbeitet, dem das Leben, dem die Zukunft unserer Kinder etwas wert ist, der es besser machen will, der ihnen eine Perspektive bieten will. (Abg. Kickl: Lauter Chaoten!) Diese Politiker brauchen wir.
Wir brauchen klare politische Veränderungen, Ansagen. Wir brauchen neue Lehrpläne, die wir verschlanken müssen. Wir brauchen eine Verwaltungsreform, den Abbau von Bürokratie. Wir brauchen eine Besoldungsreform, wir brauchen eine Ausbildungsreform, wir brauchen die tägliche Turnstunde, wir brauchen die tägliche Lesestunde. Das größte Problem aber – Prof. Taschner hat es angesprochen – sind die mangelnden Sprachkenntnisse in unseren Schulen.
Herr Prof. Taschner, liebe ÖVP, ein Satz zu den Deutschförderklassen: Ohne die FPÖ gäbe es diese Deutschförderklassen nicht. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war eh ein Fehler, die Deutschförderklassen, pädagogischer Unsinn!) Seitdem wir nicht mehr in der Regierung sind – auch das darf gesagt werden –, hat man auch in
diesem Bereich immer weiter nach unten nivelliert. Das ist also auch nicht besser geworden. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Bundesminister, ich sage Ihnen: Ihre Regierung ist am Ende. Sie als Bildungsminister sind mit Ihrem Latein am Ende. Nutzen Sie die Weihnachtsferien! Gehen Sie in sich und prüfen Sie, ob es nicht besser wäre, doch den Weg für Neuwahlen freizumachen anstatt weiterzuwurschteln – für Neuwahlen, die eine bessere Zukunft für unser Land bringen würden, für Neuwahlen, die auch einen Volkskanzler Herbert Kickl entsprechend an die Spitze dieses Landes bringen würden! (Abg. Meinl-Reisinger – in Richtung FPÖ –: Jetzt wird ja wieder Applaus ...!) – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
15.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hamann. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bildungsminister! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Ich möchte zurück zum Antrag der NEOS kommen. Ich tue mir mit den NEOS manchmal ein bissl schwer. Einerseits schätze ich es, dass sie oft konstruktiv sein wollen – Kollegin Künsberg hat auch heute wieder ausdrücklich gesagt, es wäre wichtig, fraktionsübergreifend zu arbeiten, gemeinsame Anträge zu machen –, andererseits erlebe ich halt dann doch immer wieder, dass sie sich über gute Vorhaben, gute Initiativen lustig machen und oft sehr pauschal alles verurteilen, was von der Regierung kommt. Das passt für mich irgendwie nicht zusammen.
Einen gewissen Widerspruch sehe ich auch in Wien, wo Sie ja tatsächlich sehen, wie das ist, wenn man für die Bildungspolitik konkret Verantwortung trägt, wo Sie auch sehen, wie zäh und langfristig man da arbeiten muss, dass man nicht einfach auf einen Knopf drücken kann und: Pisa ist super! (Abg. Meinl-Reisinger:
Aber man muss damit beginnen! Er – in Richtung Bundesminister Polaschek – macht ja nichts!) Sie fordern auf Wiener Ebene zu Recht Geduld und Verständnis, weil Reformen Zeit brauchen, umgekehrt aber gibt es auf Bundesebene keine Sekunde Verständnis und Geduld. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber wo sind denn die Reformen?) Da fordern Sie, dass ein Knopf gedrückt wird, und wenn Pisa nicht sofort super ist, dann fordern Sie Rücktritte. Das passt für mich nicht zusammen. (Abg. Meinl-Reisinger: Doch, aber das erkläre ich Ihnen ein anderes Mal!) Entweder man ist konstruktiv oder man ist populistisch, beides gleichzeitig geht sich für mich nicht aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Erasim: Warum nehmen Sie die ÖVP so in Schutz? Ich verstehe diese Rolle gar nicht! Warum nehmen Sie sie so in Schutz? Da gibt es nichts zum In-Schutz-Nehmen! Die ÖVP verhindert seit 30 Jahren zukunftsorientierte Bildungspolitik! Seit 40 Jahren!)
Das war jetzt nur das Vorwort. (Abg. Meinl-Reisinger: Man muss Reformen machen, die brauchen Zeit!) Ich möchte die NEOS gern beim Wort nehmen. Die NEOS wollen nämlich große Reformen in der Bildungspolitik und sie wollen, dass alle konstruktiven Kräfte in diesem Land zusammenarbeiten – genau das will ich auch.
Dazu sage ich aber jetzt etwas – als kleine Partei zu einer anderen kleinen Partei –: Das funktioniert nicht, indem man einfach dasteht und sagt: Ich will aber!, Ich will aber!, sondern das gelingt nur, wenn man die Chance für tiefgreifende Reformen zum richtigen Zeitpunkt erkennt, wenn die Mehrheitsverhältnisse passen und man sie dann beim Schopf packt und anschiebt. Diese Gelegenheiten gibt es, und ich werde das jetzt an zwei Beispielen ausführen. (Abg. Künsberg Sarre: Da bin ich gespannt!)
Das erste ist die Elementarpädagogik: Da haben Sie ja selber gemerkt, dass bei der ÖVP im letzten Jahr tatsächlich ein Umdenken passiert ist. (Abg. Erasim: Aber im Finanzausgleich war nichts zu sehen!) Und ja, da hat es Druck gebraucht – von uns, von der Opposition, von den Sozialpartnern, von der Wirtschaft, von vielen Kräften; aber es ist passiert. Im Bereich der Elementarpädagogik ist in dieser
Regierungsperiode so viel in Gang gekommen wie noch in keiner Regierungsperiode zuvor.
Erstmals hat die Elementarpädagogik auf Bundesebene höchste Priorität. So viel an neuen Ausbildungen, an Lehrgängen, an Ausbildungsförderungen gab es noch nie, und so viel Geld vom Bund gab es auch noch nie – 4,5 Milliarden Euro bis 2030. Das ist ein Riesenbrocken Geld.
Da sage ich jetzt an alle, die in den Ländern die Verantwortung tragen: Nehmen Sie dieses Geld und machen Sie das Richtige damit! Konkret zum Beispiel in Wien: Schaffen Sie Plätze für Kinder mit Behinderungen! Es fehlen 800, 900 inklusive Plätze in Kindergärten. Verkleinern Sie mit diesem Geld die Gruppen dort – 25 Kinder sind definitiv zu viel – und verbessern Sie die Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen und Pädagogen, damit diese gerne im Beruf bleiben! Packen Sie diese Gelegenheit beim Schopf und verbessern Sie mit diesem Turbo die Elementarbildung in Wien! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Niss und Salzmann.)
Zweites Beispiel: Der Ausbau von Ganztagsschulen ist extrem wichtig, ist ein Kernfaktor nicht nur für die Familien, sondern auch für die Bildungsgerechtigkeit in diesem Land. Dazu liegt von dieser Regierung und von diesem Minister erstmals ein fundamentaler Reformvorschlag auf dem Tisch, der ein Turbo für den Ausbau von Ganztagschulformen in ganz Österreich sein kann.
Ich werde das kurz schildern, in Erinnerung rufen: Die Nachmittagsbetreuung in Österreich ist derzeit ein riesiger, unübersichtlicher Fleckerlteppich. Die Freizeitpädagog:innen sind bei Vereinen, bei privaten GesmbHs, bei Gemeinden angestellt, und deswegen geht in diesem Feld nichts weiter. Dieses Knäuel wollen wir auflösen. Es liegt der konkrete Reformplan auf dem Tisch, alle Freizeitpädagog:innen des Landes in den öffentlichen Dienst zu übernehmen. Sie sollen aufgewertet werden, Teil des gesamten pädagogischen Teams am Standort werden, eine einheitliche Ausbildung in ganz Österreich bekommen.
Die Freizeitpädagogik gehört aus unserer Sicht nämlich zur Bildung dazu, das ist ein Kernauftrag der Schule. Der Nachmittag gehört zur Bildung dazu; deswegen gehört das alles in eine Hand, gehört langfristig und dauerhaft vom Bund finanziert. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Niss und Salzmann.)
Das ist ein großes Reformvorhaben und auch für die Gemeinden ein sehr attraktives Angebot. Das hat es vorher noch nie gegeben. Das ist umwälzend, das ist fortschrittlich; das hebt die Chancengerechtigkeit in diesem Land. Ich habe dafür von den NEOS und auch von Wien bis heute noch gar nicht viel dazu gehört. (Abg. Meinl-Reisinger: Oh ja!)
Mein Vorschlag wäre daher, statt Populismus und Rücktrittsforderungen: Seien Sie konstruktiv dabei und beteiligen Sie sich zum Beispiel an diesem großen „Reset“, wie die Kollegin gemeint hat, und an den Zukunftsreformen für die Bildung! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
16.05
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuseher! Ich könnte eigentlich die 5 Minuten meiner Rede damit füllen, um auf das zu reagieren, was Sie, Kollegin Hamann, gesagt haben. Ich glaube, ich belasse es lieber dabei, weil es für sich steht. Es sei nur so viel gesagt: Wenn sich Ihre Vorgängerinnen und Vorgänger, die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker aus dem vorigen Nationalratsklub der Grünen, das anhören, dann, glaube ich, drehen sie sich um. Das hat nichts mehr mit dem zu tun, wofür Sie einmal gestanden sind. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich möchte daran erinnern und noch einmal in den Fokus rücken, warum wir heute diesen Dringlichen Antrag gestellt haben. Anlass dafür ist nämlich der Fetzen, den Sie, Herr Bildungsminister, beim Pisa-Test stellvertretend für Österreich und für die Leistungen erhalten haben.
Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Lese-Leistung in Österreich“ eine abfallende Kurve und die Zahl „-8,5“ abgebildet sind, in die Höhe haltend), wie die Leistungen ausgeschaut haben und wie der Vergleich zu den letzten Jahren ist. In den letzten zehn Jahren ist Österreich bei der Lesekompetenz, aber auch bei der Mathematikkompetenz und bei anderen Kompetenzen weiter abgerutscht.
Wir sind Mittelmaß in Europa geworden. (Abg. Taschner: Das ist aber schlecht skaliert!) Es gab diesbezüglich bei der Rede unserer Klubobfrau besonders intelligente Zwischenrufe aus dem ÖVP-Sektor – schon wieder: Herr Taschner –, dass das ja alles nicht so schlecht sei. (Abg. Taschner: Sie müssen es richtig skalieren, Herr Kollege!) – Ich glaube, man braucht keinen Nobelpreis, Kollege Taschner, um zu sehen, dass wir dann, wenn sich dieser Trend (auf die abfallende Kurve auf der genannten Tafel weisend) weiter verfestigt, nicht mehr Mittelmaß, sondern im Keller sein werden. Deswegen müssen wir umlenken: damit wir diesen Trend stoppen. (Beifall bei den NEOS.)
Andere Länder – Polen, Tschechien, die USA – sind mittlerweile vor uns, und Länder wie Estland sind an die Spitze vorgerückt. (Abg. Belakowitsch: So eine Überraschung! – Abg. Taschner: Und wo ist Finnland?) Es wird nicht lange brauchen, bis auch andere Länder uns überholt haben werden.
Nachdem diese Ergebnisse (die genannte Tafel wieder in die Höhe haltend) bekannt geworden sind, war das ganze Land gespannt, was sozusagen der Chef der Bildungspolitik in Österreich, Bildungsminister Polaschek, dazu sagen wird. Er sagt (die genannte Tafel umdrehend, wobei auf der Rückseite ein Portrait von Bildungsminister Polaschek und die Aufschrift „Pisa-Ergebnis ‚besonders erfreulich‘“ zu sehen sind): Das war „besonders erfreulich“. – Diese Ergebnisse sind also
„besonders erfreulich“. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wenn man es zynisch nehmen will! Ich fasse es nicht, dass jemand, der solche Aussagen tätigt, Bildungsminister von Österreich ist! (Beifall bei den NEOS.)
Fairerweise muss man schon dazusagen, dass das, was wir jetzt als Ergebnis sehen, von Rot-Schwarz schon Jahrzehnte zuvor in der Bildungspolitik angerichtet wurde. Dieser Brand wurde gelegt, weil man sich gegenseitig nichts gegönnt hat. Die einen haben gesagt: Um jeden Preis die Gesamtschule!, und die anderen haben gesagt: Um jeden Preis das Gymnasium! – Diesen ideologischen Grabenkämpfen ist es zu verdanken, dass wir keine grundlegenden Reformen im Bildungssystem bekommen haben. (Abg. Kucharowits: Das stimmt einfach nicht!)
Die ÖVP hat in den letzten Jahren in der Funktion des vorigen und des aktuellen Bildungsministers weiterhin Öl ins Feuer gegossen. Mit Ihnen, Herr Bildungsminister, sitzt jetzt ein wahrer Brandbeschleuniger auf der Regierungsbank. Seit zwei Jahren sind Sie Bildungsminister und ich kann nur wiederholen und unterstreichen, was hier schon mehrfach gesagt wurde: null Vision, null Ideen! Ich sehe überhaupt keinen Ausblick, wie wir mit Ihnen als Bildungsminister in der Bildungspolitik weiter vorankommen werden. (Beifall bei den NEOS.)
Es ist vielmehr eine komplette Selbstaufgabe – eine Selbstaufgabe ist das! Und indem Sie sagen: Es ist alles gut, bitte weitergehen, nichts zu sehen, es ist eigentlich „erfreulich“!, sagen Sie ja auch indirekt den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern, die jeden Tag in der Schulklasse stehen, die über diese Zustände berichten, dass sie das quasi erfinden, dass sie sich eine Realität erfinden. Wissen Sie, wie man dieses Verhalten in der Psychologie nennt? – Das bezeichnet man als Gaslighting, wenn nämlich jemand bewusst und gezielt die Selbstwahrnehmung eines Menschen zu erschüttern versucht. Das machen Sie mit den Lehrerinnen und Lehrern, mit den Eltern, mit den Schülerinnen und Schülern, die jeden Tag sehen: Dieses Bildungssystem, so wie es jetzt ist, geht nicht in die richtige, sondern in die falsche Richtung.
Mein Appell an Sie ist also: Bitte wachen Sie auf! Vielleicht richte ich mich nicht nur an Sie, weil da die Hoffnung relativ gering ist, sondern auch an die Abgeordneten der Regierungsparteien: Wachen Sie auf!
Laut der letzten Pirls-Studie können bis zu 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Österreich nicht lesen. Wenn wir hier repräsentativ für alle jungen Menschen in Österreich wären, dann müsste ich irgendwo da oder da – das ist egal (nach links und nach rechts ins Plenum weisend) – eine Linie ziehen und sagen: Ihr könnt nicht lesen, ihr habt keine Chancen im Leben! Wenn man mit 15 aus dem Bildungssystem hinausgeht und nicht gescheit lesen kann, hat man doch keine Chancen im Leben, und das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Das hat auch Herr Wiederkehr zu verantworten! Was macht der? – Abg. Salzmann: Bildungspflicht ist ...!)
Man könnte, wenn man Zyniker ist, sagen: Das ist alles frustrierend!, man könnte sagen: Ja, da hilft eh nichts mehr!, aber resignieren ist in der Bildungspolitik keine Option. Zumindest für uns als die Bildungspartei ist es keine. Es ist keine Option, und deswegen haben wir konkrete Vorschläge.
Erstens – der wird Ihnen nicht gefallen, Herr Bundesminister –: Bitte machen Sie Platz! Machen Sie Platz für einen anderen Bildungsminister – ja, natürlich aus den Reihen der ÖVP. Ich bin mir sicher, da gibt es welche, die das mit mehr Elan machen als Sie. (Beifall bei den NEOS.)
Zweitens: Herr Bundeskanzler – das ist ein ernst gemeintes Angebot –, bitte machen Sie Bildungspolitik zur Chefsache! Unsere Frau Klubobfrau hat es angesprochen: Laden Sie zu einem nationalen Dialog ein, zu einem Reformprojekt, bei dem wir gemeinsam, überparteilich schauen, welche grundlegenden Reformen wir im Bildungssystem umsetzen können. Unsere Vorschläge sind bekannt und wurden auch schon ausgeführt: der Chancenindex, Mittlere Reife, mehr Schulautonomie – ich möchte das jetzt nicht noch einmal wiederholen.
Liebe Bundesregierung, liebe Abgeordnete der Regierungsfraktionen, unsere Hand ist ausgestreckt (Abg. Höfinger: Ja, genau so schaut es aus!) – zugegebenermaßen, Herr Bildungsminister, nicht mehr in Ihre Richtung, weil wir die Hoffnung verloren haben, dass Sie noch etwas bewegen werden –, um gemeinsam etwas im Bildungssystem zu bewegen. (Beifall bei den NEOS.)
16.11
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geschätzte Staatssekretärinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Auch wenn wir mit den Pisa-Ergebnissen weit über dem OECD-Durchschnitt sind, bin ich mit den Ergebnissen ehrlich gesagt nicht zufrieden, denn wir dürfen nicht nur den Anspruch haben, besser als der Durchschnitt zu sein, sondern wir müssen Spitze sein. Das sind wir der Jugend, das sind wir der Gesellschaft, das sind wir aber auch der Wirtschaft und dem Standort schuldig. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)
Es machen mich auch die Teilergebnisse nicht zufrieden, sei das der Geschlechtsunterschied in Mathematik, der Unterschied zwischen Migranten und Nichtmigranten und auch jener in sozioökonomischer Hinsicht. (Abg. Belakowitsch: Na ja!) Allerdings – um dem Bashing einmal entgegenzuwirken –: Natürlich vergleicht man sich mit anderen Ländern, und wenn man sieht, dass es Länder gibt, die im Vergleich vor allem auch in Mathematik stärker zurückfallen als Österreich – denn alle fallen zurück –, ist das ein Faktum, das man erwähnen muss und auch kann. Entscheidend ist aber – das ist wichtig –, überall in die Analyse zu gehen und zu schauen, was man tun muss und was man tun kann.
Wenn wir uns das Thema Migration anschauen, sehen wir schon, dass der Migrationsanteil im Jahr 2000 von 11 Prozent mittlerweile auf 27 Prozent
gestiegen ist, und das wirkt sich natürlich massiv in den Ergebnissen aus. Das ist in allen Ländern so, selbst in Finnland, in Deutschland, in Belgien, in Frankreich, in Schweden. Und Österreich ist das Land mit dem höchsten Migrationsanteil.
Auch da ist aber die Frage: Was machen wir dagegen? – Da muss ich schon einmal nach Wien blicken – zur SPÖ, aber auch zu den NEOS –, denn die Ergebnisse sind dort auch nicht besser geworden. Im Gegenteil, sie sind katastrophal. Dafür immer nur den Bund verantwortlich zu machen ist nicht nur nicht fair, sondern einfach schlicht falsch, denn für die Ergebnisse sind schon auch Sie zuständig. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann. – Abg. Erasim: Aber das stimmt ja nicht, was Sie sagen, Frau Niss! Es stimmt ganz einfach nicht! Der Bund ist verantwortlich für Bundesschulen!)
Eine Lösung ist, vermehrt auf Ganztagsschulen zu setzen: Wir haben die Anzahl der Plätze in den letzten sechs Jahren von 160 000 auf 230 000 erhöht. Wir haben in den letzten zwei Jahren 350 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – ja, davon wurden leider nur rund 110 Millionen Euro abgeholt, aber wir sind diesbezüglich in starken Verhandlungen mit den Ländern.
Die Sommerschule setzt da an, um verstärkt Bildungsdefizite auszugleichen. Wir versuchen also schon, gezielt bei den Problemen anzusetzen und Lösungen dafür zu bieten, auch wenn sie das nur Projektchen nennen, liebe NEOS. (Ruf bei der SPÖ: Das sind Miniplan...!)
Auch mit der Digitalisierungsoffensive versuchen wir, die Kluft zu verringern, und das ist uns laut Studie ja auch gelungen. Wir haben nicht nur die Geräteinitiative gestartet, sondern auch das Pflichtfach digitale Grundbildung eingeführt, wir versuchen in der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung etwas zu machen. Und eines muss ich Ihnen schon sagen – das sage ich Ihnen als, wie ich glaube, bekanntermaßen ungeduldiger Mensch –: Wir müssen schon auch ein bisschen Geduld haben und dem ein bisschen Zeit geben, damit
diese Initiativen wirken können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ernst-Dziedzic und Neßler.)
Ein Ergebnis trifft mich wirklich stark, bestärkt mich aber in meiner Arbeit, mich selbst verstärkt für Mädchen in der Technik einzusetzen: Das sind die Geschlechterunterschiede. Die Burschen sind in Mathematik um 20 Punkte besser als Mädchen, die Mädchen in Lesen 20 Punkte besser als die Burschen. Das resultiert auch daraus, dass sich die Mädchen zu früh von der Mathematik abwenden, nicht in ein Realgymnasium, nicht in eine Mint-Mittelschule gehen. (Abg. Shetty: Warum ist das so?!) Deswegen müssen wir da ansetzen, und das tun wir mit dem Mint-Aktionsplan, der sich verstärkt an Mädchen richtet, mit den Mint-Mittelschulen, deren Anteil wir erhöhen, aber auch mit privaten Initiativen, wie ich eine setzen durfte. Auf der anderen Seite versuchen wir, mit der Leseinitiative verstärkt Burschen, vor allem solche aus dem Migrationsmilieu, zum Lesen zu animieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Weitere Initiativen, die gesetzt wurden, sind erstens der verstärkte Ausbau der Elementarpädagogik – die erste Bildungseinrichtung, 4,5 Milliarden Euro; ganz wichtig, dass das jetzt gekommen ist –, zweitens die starke Initiative, um Menschen für die Arbeit als Lehrkraft zu begeistern. Man muss schon sagen: Das ist natürlich ein internationales Phänomen. Nicht, dass ich das schönreden möchte, aber man muss schon auch bedenken, dass das natürlich ein demografisches Problem ist. Wir konnten 7 000 Stellen neu besetzen, aber natürlich müssen wir uns überlegen, wie wir diesen Beruf noch attraktiver machen. Die Quereinsteigerinitiative, durch welche wir 650 Stellen besetzen konnten, ist sicherlich sehr gut.
Ja, wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen. (Abg. Belakowitsch: ... nie hin!) Unser Anspruch muss definitiv ein anderer sein, aber Sie sehen, es wurde einiges gemacht, und das trotz der und in der Pandemie – dafür schon auch einmal ein großer Dank an die Eltern, an die Lehrer, aber auch an die Schüler und Schülerinnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Was wir nun brauchen, ist ein bisschen Zeit, um die Initiativen wirken zu lassen, aber natürlich auch – das möchte ich auch nicht verhehlen – den Anspruch, dass wir die Bildung weiterhin kontinuierlich weiterentwickeln, denn unser Ziel kann nur die Europaspitze sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Shetty: Das war subtile Kritik am Bildungsminister! – Abg. Scherak: Das war gar nicht so subtil!)
16.16
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Eines vorweg: Es gibt ja wenig oder eigentlich gar nichts von der Rede des Kollegen Taschner, das ich inhaltlich teilen kann. Diese Haltung, die ich als Wiener habe, der das Wiener Schulsystem und Bildungssystem, aber auch die Möglichkeiten, die es hat, sehr gut kennt, wird Sie nicht überraschen. Ich würde mir aber zumindest Emotionalität in einer Bildungsdebatte wünschen – diese Emotionalität, mit der wir gemeinsam über die großen Herausforderungen in diesem Bildungssystem streiten, um letztendlich dann auch gemeinsam zu Lösungen kommen. Wir sind aber einfach – das muss man ganz offen sagen – mit einer Partei in diesem Haus konfrontiert, die zu strukturellen Veränderungen grundsätzlich einmal Nein sagt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)
Darauf kann man ja wieder hinweisen: Sie haben es sowohl in einer Rede gesagt und wir haben es auch vor wenigen Tagen im „Kurier“ lesen können. Wenn man immer wieder zu der Schlussfolgerung kommt, es geht ja überhaupt nicht um die Strukturen (Abg. Taschner: Richtig!), es geht nur um die Inhalte (Abg. Taschner: Richtig!), dann frage ich mich, warum diese Strukturen von einer Partei – oder eigentlich zwei, muss man sagen, weil die Freiheitlichen da ja immer mit im Boot sind –, von zwei Parteien in diesem Haus immer wieder so energisch verteidigt werden (Ruf bei der FPÖ: Wir bekennen uns dazu, ja!): Es darf sich nichts an der frühen Trennung ändern, es darf sich nichts in der Benotung ändern, es
darf sich nichts bei der Matura ändern (Abg. Taschner: Jawohl!), nein, es darf sich nichts in der Lehrerausbildung ändern und, und, und. (Abg. Brückl: Machts gscheite Vorschläge, dann kann man sich ...!)
Man sagt irgendwie, man will etwas verändern, aber sagt überall Nein. – So kann eine bildungspolitische Debatte nicht stattfinden, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Die revolutionärste Ansage des Ministers in seiner Rede heute war ja: Es gibt Herausforderungen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Bum! Ja, okay, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Wie kommt man aber letztendlich zu Lösungen für Herausforderungen, und zwar zu Lösungen, die tatsächlich vom Bodensee bis zum Neusiedler See die gleichen sind? Wir sehen es gerade beim Pisa-Test: Die Herausforderungen sind überall gleich.
Jetzt kann man wieder diskutieren: Das Bundesland da und Herr Wiederkehr in Wien!, und ich weiß nicht was. Ehrlich gesagt ist dann die letzte Schulreform ein bisschen an Ihnen vorübergegangen, denn gerade durch die Verwaltungsreform hat das Bundesministerium einen wesentlich größeren Einfluss auf die Bildungsdirektionen. Nehmen Sie den wenigstens wahr, wenn Sie die Herausforderung annehmen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt ja einen Beleg dieses bildungspolitischen Stillstands, der für mich am eindrucksvollsten ist: Es liegen 106 Anträge im Unterrichtsausschuss, die vertagt wurden – viele davon dreimal vertagt, viermal vertagt. Und da reden wir nicht über die Anträge, bei denen es um die frühe Trennung geht oder darum, die gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen einzuführen oder die Matura abzuschaffen, da reden wir zum Beispiel über solche wie Anträge des Kollegen Köllner, in denen es nur darum geht: Der Minister soll sich mit den Ländern zusammensetzen und eine Strategie für den Schwimmunterricht erarbeiten. – Da verändert man jetzt also einmal gar nichts, aber in dieser Bundesregierung ist man nicht einmal dazu in der Lage, zu sagen: Ja das machen wir, diesen Auftrag nehmen wir an! Wir setzen uns mit den Ländern zusammen und arbeiten
daran. Danke für die Anregung, Kollege Köllner. – Nein, man will nichts verändern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)
Man sieht auch, dass man nicht einmal die eigenen Vorgaben aus dem Regierungsprogramm ernst nimmt. Barcelonaziel: Da will Österreich dann ein eigenes Ziel haben – wenn man das eine schon nicht erreicht, will man bitte ein abgesenktes Ziel haben. Wir reden vom Ausbau der ganztägigen Schulformen. – Was auch interessant ist, muss man ganz offen sagen: Selbst unter Schwarz-Blau hat es mehr als diese 5 Prozent Zuwachs gegeben. Jetzt bin ich der Letzte, der das verteidigen will, aber sehr ambitioniert ist das in diesem Zusammenhang nicht passiert. Betreffend die gratis Schwimmkurse kriege ich vom Herrn Bildungsminister die Antwort, da sei der Sportminister zuständig, der Sportminister schreibt mir, das sei der Bildungsminister: Man dreht sich im Kreis. Verändert man etwas, will man etwas tun? – Nein, man will es nicht.
So, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann eine Bildungsreform nicht gelingen. Ich glaube, wir brauchen diesen Schwung. Wir haben schon einmal einen nationalen Konvent zur Verwaltungsreform zustande gebracht – er war nicht wahnsinnig erfolgreich, aber zumindest hat man ihn durchgezogen und hat sich einmal dieser inhaltlichen Auseinandersetzung österreichweit gestellt. Vielleicht sollte man das mit Blick auf die Bildungsreform auch versuchen. Diese nationale Auseinandersetzung brauchen wir dringend, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
16.20
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frauen Staatssekretärinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler, sollten Sie sich die Zeit nehmen, jetzt hier zuzuhören! Ja, wir reden hier über Bildungspolitik. Allerdings ist
diese Debatte, das muss ich sagen, ideologisch extrem aufgeheizt. Es gibt drei Parteien in diesem Haus, die die Gesamtschule für – ich weiß es nicht – das Wunderding der Welt halten, die also massiv kritisieren, dass es nach wie vor ein differenziertes Schulsystem gibt. Ich sage einmal für meine Partei: Wir bekennen uns zum differenzierten Schulsystem. Es hat sich bewährt, es ist ein gutes System und wir wollen es auch erhalten.
Wir sind davon überzeugt, dass Kinder eben unterschiedlich sind. Es sind nicht alle Menschen gleich und es sind nicht alle Kinder gleich. Daher muss man auch unterscheiden: Welche Begabungen hat jemand? Welche Talente hat jemand? Wofür ist jemand geeignet?
Was aber schon interessant ist, wenn man sich die Debatte anhört: Irgendwann gibt es dann doch Differenzierungen. Das muss aber alles nach dem 14. Lebensjahr passieren. Und wissen Sie, genau das verstehe ich nicht ganz.
Es gibt Wohlstand in unserem Land nur dann, wenn es Leistung gibt. Und dazu, glaube ich, ist es notwendig, auch Kinder schon in diese Richtung hin zu erziehen. Und weil mein Vorredner jetzt davon gesprochen hat, dass man nicht einmal Noten abschaffen kann, muss ich sagen, ich glaube, genau das ist ein ganz, ganz großes Problem in unserem Bildungssystem: In den letzten Jahrzehnten sind permanent irgendwelche Reformschritte da oder dort gekommen. Niemand konnte sich darauf verlassen, niemand wusste, ob es im nächsten Schuljahr möglicherweise wieder Noten gibt, keine Noten mehr gibt. – All das schadet unserem System.
Ich glaube, die Lehrer, die Direktoren, die Schüler, die Kinder brauchen eine Kontinuität, aber sie brauchen auch etwas, woran sie sich messen können, und das sind nun einmal Noten. Die Schule soll doch bitte schön unsere Kinder auf das Leben vorbereiten! Was haben wir denn davon, wenn wir sie in Watte packen, wenn der Leistungsgedanke - - (Abg. Erasim: Welche Note bekommen Sie, Frau Belakowitsch? Wenn Sie auf Noten stehen: Wollen Sie eine Note von mir haben?) – Sie können sich gerne zu Wort melden. Sie können sich sehr gerne zu
Wort melden. Ich weiß schon, in Ihre Ideologie passt das nicht hinein. Keine Noten mehr für die Kinder, keine Leistung mehr, das ist wunderbar (Abg. Erasim: Das eine hängt mit dem anderen nicht zusammen! Bringen Sie keine Leistung, nur weil Sie keine Noten bekommen, Frau Belakowitsch?), 32 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich – es ist Ihre Idee, das können Sie gerne hier heraußen propagieren, wenn Sie das wollen.
Unser Zugang ist das nicht! Wir wollen nämlich, dass unsere Schülerinnen und Schüler auf das Leben vorbereitet werden. (Abg. Erasim: Das Leben gibt keine Noten!) Wir wollen, dass unsere Kinder sich messen können, und Kinder wollen sich auch vergleichen. Ich finde es ja ganz schrecklich, was da beispielsweise auch bei den Fußballklubs passiert: Bei den unter Zwölfjährigen gibt es keine Tabellen mehr. In Deutschland geht man noch einen Schritt weiter: Da gibt es zwar Tore, aber keine Sieger mehr. – Na, das ist unheimlich motivierend für Leistung!
Ohne Leistung werden wir keinen Wohlstand in unserem Land erarbeiten können. Das müssen halt auch Sie von der linken Reichshälfte irgendwann kapieren (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Sieber), denn irgendwer wird das bezahlen müssen. (Abg. Erasim: Sprich die rechte Reichshälfte?) – Ich weiß ja nicht, warum Sie so aufgeregt sind, ich verstehe Ihre Aufregung nicht. (Abg. Erasim: Weil das ein wichtiges Thema ist!) – Ja, das ist ein ganz wichtiges Thema, weil das nämlich die Zukunft unseres Landes ist.
Unsere Kinder sind unsere Zukunft, und daher müssen wir sie zu tüchtigen Menschen erziehen, die auch bestehen können, wenn sie mit 15 Jahren die Schulen verlassen. Gerade Sie von der SPÖ haben ja in den letzten Jahrzehnten grandioseste Reformen durchgeführt: Sie haben die Hauptschule abgeschafft und die neue Mittelschule eingeführt. Was war das Ergebnis? – Noch schlechtere Leistungen. Das ist Ihre Bildungspolitik. Was Sie gemacht haben, war das Hinunternivellieren. Das wollen wir nicht. Wir wollen langsam wieder hinaufnivellieren, weil es dringend notwendig ist. Jetzt lassen wir Sie aber einmal
beiseite, Sie haben Gott sei Dank ganz, ganz wenig mitzureden, und das ist gut so.
Herr Bundesminister, jetzt komme ich zu Ihnen, denn Sie sind der verantwortliche Minister. Sie waren ja heute wirklich nicht besonders ambitioniert, als Sie das gesagt haben. Ja, die Pisa-Studie ist natürlich keine besonders großartige Sache, man muss aber, wenn man sich die Detailergebnisse anschaut, auch ehrlich sagen: Wenn man sich die Kinder nicht deutscher Muttersprache und jene mit deutscher Muttersprache anschaut und diese beiden Teile auseinanderhält, sieht man, dass jene mit deutscher Muttersprache gar nicht so schlecht sind. (Abg. Taschner: Richtig!) Da haben Sie gar nicht unrecht. Die sind nicht so schlecht.
Das Problem ist nur, wir werden immer schlechter, weil wir immer mehr Zuwanderung haben. Wir wissen ja auch, selbst aus den Studien des Integrationsfonds, dass von jenen, die asylberechtigt sind, sieben von zehn in Österreich erstmals alphabetisiert werden müssen. Na was, glauben Sie, geben die ihren Kindern weiter? Das ist einfach so: Der Wert von Bildung ist etwas, das es in manchen Kulturen nicht gibt. Und genau das sieht man bei den Schülern in unseren Schulen. Das ist das Problem, nur traut sich das hier keiner anzusprechen: dass die Zuwanderung ein großes Problem für unser Bildungssystem ist.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, glauben, dass Sie in Wien flächendeckend eine gemeinsame Schule haben wollen, so wie es mein Vorredner gesagt hat, na dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen – das ist der Exodus für die Wiener Bildung! Dann wird überhaupt nichts mehr vermittelt, dann können wir diese Schülerinnen und Schüler in der Zukunft vergessen.
Daher: Nennen wir die Probleme endlich einmal beim Namen! Ja, es ist die massenhafte Zuwanderung, die auch unser Bildungssystem belastet und in Bezug auf die man in Wirklichkeit Lehrerinnen und Direktoren im Regen stehen
lässt. (Abg. Erasim: Es klatscht nicht einmal die eigene Partei ... hier zu Protokoll geben! – Beifall bei der FPÖ.)
16.26
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte.
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Statt „täglich grüßt das Murmeltier“ könnte man in Österreich sagen: alle drei Jahre der Pisa-Schock. So auch dieses Jahr wieder, und ich muss schon sagen: Ja, das Ergebnis ist ernüchternd. Man muss nicht von einer Katastrophe sprechen, aber man sollte es natürlich auch nicht schönreden.
Eines muss gesagt werden, und ich glaube, das ist wesentlicher: Man erntet, was man sät, und bildungspolitische Maßnahmen haben eine extrem lange Keimzeit. Bildungsexpertin Spiel meinte etwa: „Es gibt kaum ein Feld in der Politik, in dem man länger auf Resultate wartet als in der Bildung.“ – Und das stimmt auch.
Jahrzehntelang stand genau eines im Wege: Das waren ideologische und parteipolitische Debatten in der Bildungspolitik, und so sind grundlegende Reformen von Verfechtern des alten Denkens verhindert worden. Das hat vor allem eines zur Folge, und zwar seit Jahrzehnten schon: dass Bildung bei uns in Österreich vererbt wird. 60 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten erlangen einen Hochschulabschluss, dagegen nur 6,6 Prozent der Kinder, deren Eltern höchstens einen Pflichtschulabschluss haben.
Die Kollegin von der FPÖ vorhin hat davon gesprochen – und es ist schon einigermaßen paradox, wenn sich die FPÖ darüber aufregt –, dass Kinder kein gescheites Deutsch sprechen können. Sie selbst aber hat die separierten Deutschklassen eingeführt, obwohl wir wissen, und unzählige DAF/DAZ-Studien
haben das auch belegt, dass Kinder am besten von Kindern lernen. Sich also über etwas aufzuregen, das man selber vermasselt hat, ist schon einigermaßen absurd. (Beifall bei den Grünen.)
Damit sind wir beim Punkt: Ziel muss es sein, jedem Kind eine Chance zu geben. Das fängt beim ersten Bildungsweg an, und das ist der Elementarbereich, das haben wir schon gehört. Seit Jahrzehnten hören wir jetzt schon, dass der Kinderbildungsbereich ausgebaut wird, dass die Kinderbetreuung ausgebaut werden soll – und seit Jahrzehnten sind wir nicht vom Fleck gekommen. Wir haben uns auch viel zu lange auf das alte Denken verlassen: Die Mama bleibt eh daheim! Es gibt nach wie vor Öffnungszeiten mit 3 Stunden am Vormittag, 3 Stunden am Nachmittag, bei denen man sich fragt, wem das etwas bringen soll. (Abg. Belakowitsch: Vielleicht den Kindern?) Zu wenig Kinderbetreuung, zu wenig Kinderbildung ist nicht nur Chancenraub an Frauen, das ist auch Chancenraub an Kindern.
Für die Gemeinden gibt es jetzt aber keine Ausreden mehr, warum sie keinen Ausbauturbo zünden können, denn wir haben das Geld mit dem Zukunftsfonds und dem Finanzausgleich jetzt gesichert – das ist jetzt da! (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Ach so?)
Zum Personal noch ganz kurz: Es werden genug Pädagogen und Pädagoginnen ausgebildet, aber viele verlassen nach kürzester Zeit wegen den Arbeitsbedingungen das Berufsfeld wieder (Abg. Belakowitsch: Wegen der! Verwenden Sie den Genitiv, wenn Sie schon in der Bildungsdebatte mitreden!): zu große Gruppen, zu wenig Bezahlung. Wir dürfen nicht vergessen – das haben wir heute auch schon mehrfach gehört –: Der elementarpädagogische Bereich ist die erste Bildungseinrichtung, also brauchen wir da auch die besten Leute.
Das ist auch kein Henne-Ei-Problem, denn der Bund bildet genug Pädagogen und Pädagoginnen und anderes Personal aus. Solange es aber keine Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gibt, werden wir nicht genug Personal
haben. Allein in Wien fehlen derzeit über 1 000 Personen für die Kinderbildung.
Das heißt, die Gemeinden, die Länder müssen für bessere Arbeitsbedingungen sorgen, und gleichzeitig muss der Ausbauturbo gezündet werden, damit wir Familien – vorrangig Frauen – nicht länger im Stich lassen, aber auch, damit wir sozioökonomische Unterschiede von Anfang an minimieren und wirklich für Chancengerechtigkeit für jedes Kind sorgen können. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bogner-Strauß und Salzmann.)
16.30
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Herr Minister, Sie haben gesagt, wir sind auf einem guten Weg. Ich muss Sie da wirklich enttäuschen: Wir sind nicht nur laut den Ergebnissen der Pisa-Studie mangelhaft, sondern wir haben Ende August auch die Staatenprüfung der Vereinten Nationen gehabt, und auch da hat Österreich wirklich erschütternd schlecht abgeschnitten.
Vielleicht finden Sie auch das erfreulich, was traurig genug ist, aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Die Ergebnisse dieser Staatenprüfung haben zum einen ergeben, dass die Bundesländer der Notwendigkeit, die Überführung der Rechte in Landesrecht umzusetzen, nur unzureichend nachkommen, und der zweite massive Kritikpunkt ist der Bildungsbereich. Wir haben darüber auch schon ausführlich gesprochen. Was da besonders frustrierend ist, ist nicht nur der Stillstand, sondern auch der massive Rückschritt im Bildungsbereich, den Sie offenbar so erfreulich finden.
Warum gibt es Rückschritte? – Es gibt eine teilweise Beendigung inklusiver Schulpolitik, es gibt gravierende Kapazitätsengpässe, es gibt fehlende Finanzmittel, Mangel an geschultem Personal, fehlende persönliche Assistenz, fehlenden Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr, fehlende Gebärdensprache in den Schulprogrammen, mangelhafte Datenlage, Priorisierung segregierender Schulen gegenüber inklusiven Schulen. On top, weil Sie ja die Sonderschulen auch noch ausbauen wollen, werden diese dann noch beschnitten, sodass Schulausflüge für schulfremdes Personal an Sonderschulen nicht mehr genehmigt werden – das kommt noch dazu.
Zusätzlich haben wir noch aufwendige und langwierige Verwaltungsverfahren – Stichwort SPF-Studie. Die kürzlich vorgelegte Studie hat ganz klar gezeigt, dass diese Verfahren dringend harmonisiert und entbürokratisiert gehören.
Man kann die Eltern und die Kinder nicht über Wochen und Monate im Ungewissen lassen, ob sie einen Bescheid bekommen oder nicht. Im Fall einer Mutter, die mir jetzt geschrieben hat, bekommt die elfjährige Tochter, die sie zu Hause gefördert hat, weil sie in der Schule zu wenig Unterstützung bekommt, wahrscheinlich nicht einmal den SPF bestätigt, weil die Mutter sie o gut gefördert hat, dass sie mit elf Jahren zu gut für SPF ist. Sie leidet aber an einem Double-Cortex-Syndrom, und ihr Wissensstand wird sich wahrscheinlich nicht mehr verbessern. Sie bekommt keinen SPF bestätigt, denn das brauchen wir ja nicht. Kinder mit Behinderung werden in Österreich nicht gefördert.
Ganz ehrlich: Sie sehen an den Ergebnissen der Staatenprüfung, dass es im Bildungsbereich an allen Ecken und Enden kracht. Es gibt wahrscheinlich keinen einzigen Aspekt der inklusiven Bildung, der wirklich flächendeckend zufriedenstellend ist. Wenn man Ihnen da ein Zeugnis ausstellen müsste, gäbe es durch die Bank ein Nicht genügend, Herr Minister. (Beifall bei den NEOS.)
Da geht es aber um Kinder, die lernen wollen und lernen können, und die werden von Ihnen systematisch ausgegrenzt. Bildung ist ein Recht, das jedem Kind gleichermaßen zusteht, daher an dieser Stelle nicht eine Bitte, sondern eine nachdrückliche Aufforderung: Machen Sie sich einmal die Mühe und lernen Sie diese Kinder kennen! Sie haben gesagt, Sie besuchen jede Woche eine Schule. Wie wäre es, wenn Sie einmal eine Sonderschule oder eine inklusive Schule besuchen und sich überraschen lassen, was diese Kinder alles leisten und können? (Beifall bei den NEOS.)
Dann könnte man sie nämlich super in die Schule integrieren, inkludieren, damit diese Kinder ihre Talente auch entfalten können und dann in weiterer Folge auch auf dem Arbeitsmarkt arbeiten und Fuß fassen können.
Es gibt ausreichend Verbesserungspotenzial, aber Sie tun da gar nichts, und das ist wirklich erschreckend. Wenn Sie wirklich etwas tun wollen: Führen Sie vielleicht in der Pädagog:innenbildung das Pflichtfach Inklusion ein und nicht das Wahlfach! Das wäre ein wirklicher Schritt in die richtige Richtung.
Möglicherweise kennen Sie das Zitat, das man dem ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zuschreibt: „Den Wert einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt.“ – Mit Ihrer Bildungspolitik machen Sie unsere Gesellschaft wertlos. Hören Sie auf mit der systematischen Ausgrenzung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen! Alle Kinder haben Talente, Sie müssen nur einmal hinsehen, dann würden Sie das auch erkennen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)
16.35
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Salzmann. – Bitte sehr.
16.36
Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bildungsminister! Geschätzte Staatssekretärinnen, schön, dass auch Sie da sind, gerade auch die Jugendstaatssekretärin! Meine Damen und Herren hier herinnen – ich sehe auch kleine Kinder, das ist schön –! Geschätzte Damen und Herren, die Sie auf der Besuchergalerie dieser durchaus sehr impulsiven Bildungsdebatte folgen! Den Dringlichen Antrag für Bildungsreformen haben die NEOS eingebracht. Ich finde es schon sehr bedauerlich, dass Kollegin Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, die diese Dringlichkeit in ihrer Rede so klar unterstrichen hat, jetzt nicht mehr da ist (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Sie spricht gerade mit Pädagog:innen! – Abg. Höfinger: Ist das eine Entschuldigung?) und dieser Debatte einfach nicht mehr folgt. Ich finde das sehr schade, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Höfinger: Sehr schade!)
Wir diskutieren jetzt die Ergebnisse der OECD-Pisa-Studie. Was ist diese Pisa-Studie, meine Damen und Herren? – Alle drei Jahre werden 15-, 16-jährige Schülerinnen und Schüler in drei Bereichen getestet: in der Mathematik, im Lesen und in Naturwissenschaft. Was hat diese Studie aus dem Jahr 2022 ergeben? – Ein Ergebnis, das für uns – sage ich jetzt einmal – nicht zum Frohlocken ist, da wir in allen drei Bereichen leicht runtergerutscht sind: in Mathematik ein bisschen mehr, in Lesen und in Naturwissenschaft ist es ziemlich gleich geblieben. Wir sind im guten OECD-Durchschnitt.
Was man aber wissen muss, ist, dass bei dieser Statistik etliche Länder vor uns liegen, die zum Beispiel den Bereich Migration völlig ausklammern, und das verzerrt natürlich dieses Ergebnis. (Abg. Belakowitsch: Weil sie vielleicht keine Migration haben?) Darauf möchte ich hinweisen.
Wichtig ist auch, meine Damen und Herren: Staaten, mit denen wir uns im Bildungsbereich durchaus messen, nämlich Deutschland oder sogar Finnland, verlieren viel deutlicher, als wir das getan haben.
Was zeigt uns das, meine Damen und Herren? Ich bleibe da bei den Fakten, denn mir ist der Faktencheck wichtig. Wenn wir bei Weitem nicht so verlieren wie Deutschland oder Finnland, das immer als das Vorzeigeland im Bereich der Bildung gepriesen wird, dann zeigt das, lieber Herr Bildungsminister, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer genau in diesen Jahren der Coronazeit herausragende Arbeit geleistet haben (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), in diesen schwierigen Jahren, in denen auch Distancelearning notwendig war – wobei aber bei uns die Schulen niemals geschlossen waren, in den Schulen war immer eine Betreuungsmöglichkeit da. (Abg. Belakowitsch: Geh bitte, na!) Dieses Ergebnis zeigt, dass wir mit diesen Coronamaßnahmen richtig gelegen sind und dass wir damit die besseren Ergebnisse zustande gebracht haben. Das haben wir auf Schiene gebracht, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte ganz bewusst die Lehrer, aber auch die Eltern und die Schüler mit hereinnehmen, denn nur in einer guten, positiven, gelingenden Partnerschaft ist Bildung möglich – nicht durch Schlechtreden, sondern indem man wirklich gemeinsam an diesen Zielen arbeitet. Das möchte ich als Pädagogin hier auch festhalten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir tun sehr viel. Es ist immer Luft nach oben, das wissen wir, das wissen wir in allen Bereichen, aber wir haben in den letzten Jahren, seit die ÖVP das Bildungsressort innehat, viele, viele wichtige Maßnahmen gesetzt. Wir sind derzeit daran, das Lehramtsstudium zu reformieren und von einer viel zu langen Zeit von sechs Jahren auf fünf Jahre zu verkürzen. Heuer sind um 17 Prozent mehr Lehramtsstudenten im ersten Semester, meine Damen und Herren – das ist nicht nichts, nur warten auch sie darauf, dass wir dieses Lehramtsstudium endlich auf fünf Jahre verkürzen. (Beifall des Abg. Taschner.)
Wir haben 7 000 Stellen alleine in diesem Jahr besetzt.
Jetzt schaue ich aber zu den NEOS: Ihr wollt ernsthaft in eurer Dringlichen Anfrage das Lehrerdienstrecht abschaffen? Ist das euer Ernst? Ihr wollt wirklich,
dass Lehrer als Berufsgruppe in einem rechtsfreien Raum sind? Das ist euer Verständnis von Liberalität? Na prost Mahlzeit! Da kann ich als Juristin nicht mithalten, das sage ich euch ganz klar und deutlich: Auch die Lehrer haben ein Recht darauf, ein Dienstrecht zu haben. (Zwischenruf des Abg. Shetty.)
Ihr wollt die Bildungsdirektionen abschaffen? Also ich kann euch erzählen, wie viele Anfragen, die die Bildungsdirektion Wien betreffen, ich als Dienstrechtlerin bekomme. Die Bildungsdirektion Wien hat ein massives Personalproblem, in Wien verlassen auch täglich Lehrer die Schulen, ein bis zwei Lehrer täglich.
Liebe NEOS, wir tragen Verantwortung im Bund, ihr habt in Wien die Möglichkeit, Verantwortung zu tragen. Nehmt diese bitte auch in Wien wahr und setzt endlich Maßnahmen um! Plakatiert nicht nur leere Hülsen, sondern steht auch dazu und setzt es um! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Zum Schluss möchte ich noch einen Punkt erwähnen, meine Damen und Herren, der ein sehr gravierender Punkt bei diesen Pisa-Ergebnissen ist: Wir haben ein Viertel aller Schüler mit Migrationshintergrund, deren Umgangssprache nicht Deutsch ist. Das ist ein großes Problem (Abg. Belakowitsch: Ah, wirklich? – Abg. Wurm: Geh!) – na, hört zu, dann wisst ihr es! –, weil diese Schülerinnen und Schüler tatsächlich mit einem Nachteil in die Schulen kommen. (Heiterkeit des Abg. Wurm.) Wir wollen diesen Nachteil ausgleichen, wir wollen diesen Nachteil aufholen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Genau deshalb haben wir, die ÖVP – damals gemeinsam in der Regierung mit der FPÖ, jetzt fortführend mit den Grünen –, meine Damen und Herren, die Deutschförderklassen und die Deutschförderkurse eingeführt, weil ich die Sprache, die im Unterricht gesprochen werden muss, beherrschen muss, damit ich einen Bildungserfolg erreichen kann. (Ruf bei der SPÖ: Da muss man die Erstsprache beherrschen!)
Da kann ich euch nur sagen: Liebe Wiener, schaut bitte nach Wien, liebe NEOS! Setzt endlich dort auch das um, was eurer Verantwortung nach eigentlich am Tisch wäre!
Meine Damen und Herren, wir tragen die Verantwortung und wir setzen Maßnahmen um. (Beifall bei der ÖVP.)
16.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuntzl. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Bundesminister, ich habe tatsächlich geglaubt, ich traue meinen Ohren nicht, als ich die Ergebnisse der Pisa-Studie und Ihre Reaktion darauf gehört habe, die doch tatsächlich war, dass das ein erfreuliches Ergebnis sei.
Was war eines der aus unserer Sicht ganz zentralen Teilergebnisse dieser Pisa-Studie? – Dass in Österreich die Bildungsschere immer weiter auseinandergeht, dass wir es nicht schaffen, die Bildungschancen der Kinder anzugleichen, sondern dass sich die Bildungschancen der Kinder immer weiter auseinanderentwickeln, je nachdem, wie sehr das Elternhaus da unterstützen kann, ökonomisch ausgestattet ist und so weiter.
Ich habe mir gedacht, vielleicht werden Sie das heute hier nachholen, relativieren, aber nein, Sie haben heute Herausforderungen aufgezählt – davon sind einige durchaus richtig –, aber Sie haben kein Wort zu diesem ganz zentralen, dramatischen Ergebnis gesagt, dass die Chancen unserer Kinder je nach ökonomischem Hintergrund, je nach ökonomischer Herkunft der Kinder in derartigem Ausmaß unterschiedlich sind.
Sehr geehrter Herr Bundesminister, die jetzige Phase der Bildungspolitik – und ich blicke ja schon auf einige Jährchen zurück – erinnert mich sehr an die Phase
von Frau Bundesministerin Gehrer. Ich weiß nicht, ob Sie sich an Ihre Vorvorvorgängerin und an die damalige Phase der Bildungspolitik erinnern können. Das war eine Phase, die von Stillstand, und zwar von selbstzufriedenem Stillstand in der Bildungspolitik, von zermürbendem, selbstzufriedenem Stillstand in der Bildungspolitik auf Kosten der Kinder und Jugendlichen in unserem Land, geprägt war.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ich muss Ihnen sagen, dass die Ergebnisse, die wir immer wieder durch die Pisa-Studie als Spiegel vorgehalten bekommen, auch in ganz wesentlichem Ausmaß ein schlechtes Zeugnis für die ideologische Verbohrtheit der ÖVP in der Bildungspolitik sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Die ÖVP schafft es seit vielen Jahren – um nicht zu sagen: Jahrzehnten! –, wichtige, notwendige Reformen in der Bildungspolitik zu verhindern, zu blockieren, entweder indem sie den Bildungsminister oder die Bildungsministerin stellt oder indem sie als Koalitionspartner nicht zulässt, dass die Koalitionspartnerin als Bildungsministerin wichtige Reformen – die Vorschläge liegen am Tisch, die Experten und Expertinnen sind sich einig! – angreifen und umsetzen kann. (Beifall bei der SPÖ.)
Was wäre wichtig, um das Thema der Chancengerechtigkeit wirklich an der Wurzel zu packen? – Es wäre wichtig, zum Beispiel in einem erheblich höheren Ausmaß Ganztagsschulen in Österreich anzubieten, und zwar verschränkte Ganztagsschulen, keine Nachmittagsbetreuung.
Wenn wir hören, dass Kinder mittlerweile sogar in der Volksschule Nachhilfe brauchen, sind wir ja wieder beim Thema des ökonomischen Hintergrunds der Eltern: Wer kann sich das leisten, Kindern schon in der Volksschule Nachhilfe zu zahlen, und wer nicht? Das ist ja ein Wahnsinn, dass das notwendig ist! Mit einer entsprechenden Unterstützung individuell über den ganzen Tag hinweg in der Ganztagsschule (Abg. Brückl: Zwangstagsschule!) sollte das nicht notwendig sein.
Der Chancenindex, der nicht von den NEOS erfunden worden ist, wurde von der Arbeiterkammer vor vielen Jahren entwickelt (Abg. Loacker: Wir machen alles mit der Arbeiterkammer, das weißt du doch!) und wird von Experten aufgegriffen und unterstützt. So eine wichtige Ressourcenverteilung nach Bedarf wäre, was wir so dringend brauchen.
Es gäbe noch vieles mehr, aber ich muss zum Schluss kommen. Um zu Frau Ministerin Gehrer zurückzukommen: Die Regierung, die ÖVP ist damals übrigens abgewählt worden, nicht zuletzt in großem Ausmaß deshalb, weil die Eltern diesen zermürbenden Stillstand in der Bildungspolitik für ihre Kinder nicht wollten. (Beifall bei der SPÖ.)
16.47
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Konrad Paul Liessmann, der heute hier schon zitiert worden ist, hat auf die Frage, was denn Bildung sei, gemeint: Lesen, Schreiben, Rechnen und Denken können. – Zitatende. (Abg. Taschner: Richtig!) Das wäre schon einmal viel, wenn das alle können würden und wenn das in den Schulen vermittelt würde.
Ich brauche keine Pisa-Ergebnisse, um zu wissen, dass genau das in unseren Schulen nicht mehr ausreichend und nicht zufriedenstellend vermittelt wird. Das ist eine sehr, sehr traurige Bilanz, insofern bin ich mit den NEOS darin einig, dass die Bildungsmisere ein ganz, ganz dringliches Thema ist. Dass man es aber auf diesen von den NEOS verfassten Seiten schafft, die wahren Ursachen für die Misere, die Realität so auszublenden (Ruf bei der SPÖ: Ja, ja, ja!) und nur hohle Floskeln aneinanderzureihen, ist auch eine Kunst.
Was ist denn die Realität an den Schulen? Machen Sie einmal die Augen auf, lesen Sie die Medien! Was ist in den Schulen, gerade in Wien, wo Bildungsstadtrat Wiederkehr zuständig ist, im Moment die Priorität? – Die Gewährleistung der Sicherheit, das muss man sich einmal vorstellen! Es geht jetzt um die Sicherheit, es gibt den Ruf nach Securitypersonal.
Der Wiener FCG-Gewerkschafter redet davon: Wir brauchen Schulsecuritys, wir brauchen Videokameras, weil wir die Sicherheit der Lehrer und Schüler nicht mehr garantieren können. Es wird von der Gewerkschaft gesagt, man habe bereits vor Jahren vor der Gewalteskalation an den Wiener Pflichtschulen gewarnt. Die Lage spitzt sich zu, ich zitiere: „Wir haben es vermehrt mit Schülerinnen und Schülern zu tun, die politisch bzw. religiös extremistische Haltungen in die Schule hineintragen und unsere Wertehaltung sowie unseren Rechtsstaat ablehnen und verhöhnen.“
Das heißt, wir haben jetzt an der Tagesordnung: die pure, rohe Gewalt, Beleidigungen, Mobbing, Erpressungen, Schutzgelderpressungen, Frauen-, Mädchenverachtung, Sittenwächter, die die Bekleidung der Mädchen kontrollieren, sie unter Druck setzen.
Es können auch nicht mehr alle Inhalte frei diskutiert werden – Biologie, Geschichte, viele problematische Inhalte –, es werden Gebetsräume verlangt. Und wenn diese Probleme von Lehrern angesprochen werden – sie tun es dann zum Großteil nicht mehr; das ist nicht ihre Schuld –, fehlt ihnen entweder die Deckung seitens der Direktion oder vor allen Dingen auch der Bildungsdirektion, die all diese Probleme unter den Teppich kehren wollen, oder sie werden einfach pur von den Eltern der problematischen Schüler beschimpft und unter Druck gesetzt.
Was macht Bürgermeister Ludwig dagegen? Was macht Bildungsstadtrat Wiederkehr dagegen? – Nichts! Es wird nicht erwähnt, wie man auch heute hier wieder bei sämtlichen Rednern der NEOS und der SPÖ feststellen konnte. Der SPÖ fällt zur Bildungsmisere überhaupt nur pure Ideologie ein: Da ist die
Rede von mehr politischer Bildung, von Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr – natürlich, nur weg von den Eltern, die sind ganz schädlich – und der gemeinsamen Schule. – Das ist alles, was dazu kommt. (Ruf bei der SPÖ: Das ist leider unrichtig!)
Wie gesagt: auch von den NEOS kein Wort dazu! Hier (in eine schriftliche Unterlage blickend) steht nur: Wir können die Integration der Migrant-Doppelpunkt-innen nicht garantieren. – Aha, ja.
Lesen Sie die Zeitungen! Es geht wie gesagt um Sicherheit. Nur ein Beispiel noch, das auch so viel ausdrückt – es werden leider noch viele solche kommen –: Gerade sind am Wiener Landesgericht ein 17-jähriger und ein 18-jähriger Schüler verurteilt worden, zu zwei Jahren unbedingter Haft, wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, Verletzung des Waffengesetzes, schwerer Körperverletzung. Sie sind IS-Anhänger, sie werden als immens gefährlich eingestuft.
Wo waren sie vor ihrer Verurteilung? – Sie sind in der Schule gesessen, sie sind in den Klassenräumen gesessen. Sie wurden nicht suspendiert, obwohl sie schon vorbestraft waren. Und sie haben ihre Mitschüler mit IS-Videos, mit Enthauptungsvideos, mit Propaganda beglückt. Sie haben mit Macheten patrouilliert, sie haben Messer in die Schulen mitgenommen und sie waren als Sittenwächter unterwegs. Man muss sich einmal vorstellen – es ist nichts dagegen unternommen worden –, was das für die anderen Kinder heißt!
Das heißt, ohne restriktive Einwanderungspolitik, ohne Verschärfung des Asylrechts und ohne Rückführungen wird sich gar nichts ändern. Wer glaubt, da mit ein paar Workshops und mehr Transparenz anzukommen, der irrt sich gewaltig. (Beifall bei der FPÖ.)
16.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.
16.52
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Bildung ist es ein bisschen wie mit dem Fußball: Jeder glaubt zu wissen, wie man die Nationalmannschaft aufstellen soll. Bei der Bildung glaubt jeder und jede, weil er, sie in der Schule war, zu wissen, wie Schule geht, wie Bildung geht. Beides ist natürlich ein Irrtum, und ein bisschen so ist auch diese Dringliche Anfrage der NEOS, muss ich sagen. Da wird ein Spektrum an Notwendigkeiten aufgezogen, die in dieser Form, ja, ich würde sagen, ein bisschen eigen sind.
Lassen Sie mich einen Blick zurück werfen: 1971 wurde die Zulassung zum Gymnasium, die sogenannte Aufnahmsprüfung, wie das geheißen hat, abgeschafft. Für die ÖVP war damals der Untergang des Abendlandes vollkommen klar. Es war klar: Das wird furchtbar werden, wenn all dieser – ich sage es jetzt sehr überspitzt – Pöbel in die Gymnasien kommt.
Es kam zu einer Bildungsexplosion, die wir Gott sei Dank bis heute in all ihren Facetten weiterentwickelt haben, und da ist vor allen Dingen zu sagen, dass diese Maßnahmen den Frauen und Mädchen genützt haben, dass diese Politik genützt wurde, um zu maturieren. Wenn Sie sich die Quoten anschauen, sehen Sie, es ist heute ein ausgeglichenes Verhältnis – das war es 1971 bei Weitem nicht.
Dabei auf der Strecke geblieben ist teilweise – auch das muss man sagen – diese, wie das immer genannt wird, Vererbung. Das heißt, die Situation ist die, dass Menschen, die zum Beispiel nicht aus einem Akademikerinnen- oder Akademikerhaushalt kommen, schlechtere Chancen auf ihrem Bildungsweg haben. Das ist so und das gehört selbstverständlich verändert.
Ein Punkt, der in vielen der Redebeiträge angesprochen wurde, war: Machen wir eine Bildungsdebatte ohne Ideologie! – Na ja, warum man bei Bildung immer die Ideologie weglassen will, ist mir nicht nachvollziehbar, denn es sind natürlich
ganz unterschiedliche Konzepte des Lebens, es sind unterschiedliche Konzepte von einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Warum ausgerechnet da die Ideologie keine Rolle spielen sollte, ist für mich ehrlicherweise nicht nachvollziehbar.
Auf einen Punkt, der von den NEOS genannt wird, möchte ich eingehen: „ein nachhaltiger Bürokratieabbau mit Abschaffung der Bildungsdirektionen und des Lehrerdienstrechts“. Meine Kollegin Salzmann hat schon darauf hingewiesen. Ich habe kurz draußen gestanden, da hat Kollegin Künsberg Sarre gemeint: ein Rahmenkollektivvertrag. – Ja, das klingt irgendwie wirklich lustig, denn natürlich gibt das Dienstrecht den Lehrerinnen und Lehrern auch Sicherheit, nämlich die Sicherheit, zu unterrichten und nicht von Direktoren und Direktorinnen, weil sie zum Beispiel eine abweichende Meinung vertreten – wir sind wieder bei der Ideologie –, gekündigt werden zu können. Das könnten sie mit einem normalen Kollektivvertrag sehr wohl tun. Das gibt den Lehrerinnen und Lehrern eine Sicherheit, die sie in diesem System wirklich brauchen.
Keine Frage – da können Sie wahrscheinlich ideologiefrei jeden fragen –, dass es insgesamt eine Bildungsreform braucht, wie überall, weil es natürlich auch darum geht, über den Begriff Bildung zu debattieren. Wenn, wie Meinl-Reisinger vorliest, jemand schreibt, es sei zu „kopflastig“, dann frage ich mich aber: Wenn es zu kopflastig ist, wie ist das dann mit dem Lesen und Rechnen? Das ist im Kopf, das hat nichts mit Emotion zu tun. Die Frage ist also auch: Um welche Inhalte geht es in der Bildung, was müssen wir wissen?
Die meisten von Ihnen werden das Schulwissen, das wir erworben haben, nicht mehr parat haben. Die meisten von uns werden gelernt haben, was eine Amplitude ist, sie werden es aber wahrscheinlich nicht mehr wissen. (Abg. Taschner: Oh! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Die Frage ist: Was ist der Inhalt von Bildung und was ist das Ziel von Bildung?, und genau in diesem Sinne geht es natürlich darum, wer welche Möglichkeiten, welche Chancen kriegt. Das müssen wir für alle Kinder und Jugendlichen in diesem
Bildungsprozess, vom zweiten Lebensjahr an, würde ich sagen, vielleicht sogar vom ersten Lebensjahr an, sicherstellen; aber sicherlich nicht auf diese Art und Weise, mit populistischen Forderungen wie Abschaffung des Lehrerdienstrechts oder auch der Bildungsdirektionen. Da kann man Herrn Wiederkehr nur empfehlen, dass er da ja beispielhaft vorangehen könnte. – Das tut er nicht.
Im Übrigen bin ich der Meinung: Bring them home now! (Beifall bei den Grünen.)
16.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Werner. – Bitte.
Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Ich möchte Ihnen heute von einer Organisation erzählen, von der, wie ich glaube, wir hier herinnen und vor allem die Bildungspolitik in Österreich sehr, sehr viel lernen können. Die Organisation heißt Teach for Austria.
Ich habe mich 2017 dort um den besten Job der Republik beworben, nämlich um den als Lehrkraft. Es folgten dann dreieinhalb Jahre mit Höhen und Tiefen: Tiefen, wenn auf einmal die Ergebnisse von Pisa ein Gesicht bekommen – die Namen, die ich jetzt verwende, sind natürlich nicht die richtigen Namen, aber ich glaube, das macht es ein bisschen greifbarer –, zum Beispiel das Gesicht von Amir. Das ist ein Bub, der 15 Jahre alt ist, schon in vielen verschiedenen Schulen war und nach neun Jahren Beschulung noch immer nicht sinnerfassend lesen kann. Damals war diese Coronazeit, und dieses Auf- und Zusperren der Schulen hatte dann halt zur Folge, dass wir ihn verloren haben. – Das waren die Tiefen dieser Zeit.
Es gab aber auch Höhen, und da, finde ich, sieht man, was eine Lehrkraft wirklich ausmachen kann. Ein anderer Bub, nennen wir ihn Luca, hatte sich eigentlich
selbst aufgegeben. Sein Karriereplan war das AMS. Und plötzlich, weil ich an ihn geglaubt habe, hat auch er an sich geglaubt. Obwohl er eine Frühwarnung in Physik gehabt hat, hat er sich hingesetzt, hat angefangen zu lernen, hat auf einmal lauter Einser geschrieben und macht jetzt eine Lehre als Mechatroniker. – Das sind die Höhen.
Vor zwei Wochen, Herr Minister, haben Sie dem Gründer von Teach for Austria, Walter Emberger, das Goldene Ehrenzeichen verliehen. Was kann die Bildungspolitik von Teach for Austria lernen? – Zwei Dinge. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Die erste Sache ist eine starke Vision, und diese würde ich Ihnen wirklich wünschen – darum würde ich Ihnen auch diese dreieinhalb Jahre in der Schule wünschen, die Erfahrung mit den Jugendlichen –, diese Vision ist einfach eine starke Vision: Jedes Kind soll die Chance auf ein gutes Leben haben, egal wie viel Geld oder Bildung die Eltern haben.
Die zweite Sache, die man von Teach for Austria lernen kann, ist die Überparteilichkeit. Theresia – sie ist gerade nicht hier, sie sitzt im Beirat –, ein grüner Bildungssprecher in der Wiener Stadtpolitik, der auch mit Teach for Austria verbunden ist, und ich, die ich hier als ehemalige Alumna stehe, wir haben dieses Überparteiliche, wir leben das dort, und das ist es, was es braucht.
Wenn Kollegin Blimlinger von Entideologisierung spricht: Ja, das braucht es auch, weil die Fronten so verhärtet sind. Wir sehen es hier – ich glaube, Nico wird nachher herauskommen und auch wieder über Wien schimpfen –, und das bringt uns echt nicht weiter in diesem Land. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Wieso? Fehler aufzeigen ist notwendig!)
Nein, es ist gut, wenn man Fehler aufzeigt, aber man muss einander zuhören, und man muss dann schauen, was man gemeinsam weiterbringt. (Beifall bei den
NEOS. – Abg. Taschner: Ja bitte hören Sie mir zu! – Abg. Belakowitsch: Vogel-Strauß-Politik kann man da auch sagen!)
Also, was können wir von dieser Organisation lernen? – Eine starke Vision, dass wir die beste Bildung für alle Kinder in diesem Land haben wollen. Das Zweite: die Überparteilichkeit, diesen ideologischen Stellungskampf einfach aufzugeben, einander zuzuhören, einen Dialog zu führen. Und das Dritte ist Leadership – und das wäre Ihre Aufgabe: Wir brauchen einen Bildungsminister, der diesen Job mit Leidenschaft macht. Machen Sie das!
Sie haben Walter Emberger vorgerechnet, dass Teach for Austria in diesen zehn oder elf Jahren 450 000 Kinder erreicht hat. – Sie könnten jedes Jahr über eine Million Kinder erreichen und die Chancen verbessern. Das können Sie machen, wenn Sie es wollen! (Beifall bei den NEOS.)
Ich habe Ihnen eine Kleinigkeit mitgebracht – vielleicht als Inspiration –, es ist „Der tanzende Direktor“ (das genannte Buch in die Höhe haltend). Viele, die sich mit Bildung beschäftigen, kennen es. Es geht um das Bildungssystem in Neuseeland, und vor allem geht es auch darum, wie Bildungsreform gelingen kann: indem man Involvement schafft, indem man alle Stakeholder an den Tisch holt und nicht Parteipolitik betreibt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Werner überreicht Bundesminister Polaschek das genannte Buch.)
17.02
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Die NEOS haben die Probleme im Bildungsbereich als Brand beschrieben, haben diese Metapher verwendet und haben sich dabei dann genüsslich bis phasenweise respektlos an Kollegen Polaschek abgearbeitet. Ich finde aber, wenn es brennt und man einen Kübel
Wasser hat, dann sollte man ihn immer dorthin schütten, wo es brennt, und nicht daneben.
Wenn ich mir die Pisa-Ergebnisse anschaue, sehe ich, es gibt eine statistische Signifikanz, die einfach ein Faktum ist, das man unterschiedlich politisch bewerten kann, und zwar – es wurde schon angesprochen –: Wir haben einen ganz großen Teil an Kindern mit Migrationshintergrund, die nicht Deutsch können, und wenn man diese Gruppe aus den Pisa-Ergebnissen herausrechnen würde, dann wären wir zum Beispiel in Mathematik auf Platz drei in der Europäischen Union, bei Naturwissenschaften zum Beispiel auf Platz fünf in der Europäischen Union. (Rufe: Hört, hört! – Abg. Meinl-Reisinger: Aber sie sind halt nun einmal da! Also machts was!)
Gut, das ist einmal statistisches Faktum, das noch gar keine politische Bewertung ist. (Abg. Meinl-Reisinger: Das gibt’s ja wohl nicht! Was für ein blödes Argument!) Die politische Bewertung folgt jetzt. Wir sehen, dass wir da eine Gruppe haben (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist eigentlich ein menschenverachtendes Argument: Rechnen wir sie doch bitte raus!), die ganz offensichtlich – statistisch bewiesenermaßen – ein Problem im Bildungssystem hat.
Gut, dann sind wir aber nicht mehr bei Kollegen Polaschek allein, sondern dann reden wir auch darüber: Okay, wie erreicht man diese Leute, wie kann man diesen Kindern helfen?, denn die Kinder sind nicht daran schuld, es ist die Politik, die in diesen Bereichen einfach zu wenig macht.
Gut, und wo sind wir dann da? – Im Integrationsbereich, und ich glaube, dass da einfach verschiedene Wege gewählt werden, die nicht zum Ziel führen, und zwar sagt auf der einen Seite die SPÖ: Na ja, am besten keine gezielten Maßnahmen setzen, am besten reden wir nicht drüber! (Abg. Heinisch-Hosek: Wir reden viel über Integration, aber nicht so wie ihr!), weil das in irgendeiner Form – ich finde es total absurd, das so zu sagen – rassistisch sei. Ich sage hingegen: Nein, ganz im Gegenteil, da muss man besonders viel tun, deswegen brauchen wir zum Beispiel
Deutschförderklassen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Nein, wir brauchen keine Deutschförderklassen!)
Dann gibt es die FPÖ, die sagt: Na ja, Ausländer sind ja überhaupt blöd, und am besten wäre es, sie wären gar nicht da, dann wäre das Bildungssystem besser! – Auch absolut falsch. (Abg. Belakowitsch: ... einmal statistisch ...!)
Ich glaube, dass es wichtig ist, mit diesem signifikanten Resultat der Pisa-Studie umzugehen und zu sagen, wir brauchen für Integration mehr Bemühen und – da hilft ein Blick in die Verfassung – auch mehr Bemühen in den einzelnen Bundesländern, wo es besonders Probleme gibt.
Kollegin Werner, ich kann Ihnen halt nicht ersparen, dass man auch über Wien redet, weil es dort eben auch – statistisch, glaube ich, ist das klar belegbar, und die Fakten sind klar belegbar – die größten Probleme gibt.
Wir müssen da mehr tun, und die Deutschförderklassen sind das eine. Es geht aber bei Integrationspolitik auch darum, dass man mit Schulsozialarbeit – Landeskompetenz – mehr macht, dass man schaut, dass man auch zum Beispiel im Bereich Deradikalisierung, Extremismus, Elternarbeit, Deutschkurse – überall, auch bei Eltern – mehr tut. Das alles ist Landeskompetenz! Also nehmen Sie den Kübel Wasser, mit dem Sie den Brand löschen wollen, gehen Sie damit vom Minoritenplatz zum Rathausplatz und schütten Sie ihn dort hin! Damit ist uns mehr geholfen. (Beifall bei der ÖVP.)
Was ich zur SPÖ-Bildungspolitik, die ja immer mehr sichtbar wird, auch noch sagen will: Sie meinen, es gibt altes Denken und es gibt neues Denken – obwohl Sie ja gegen Ideologie in der Schule sind, aber gut –, und das neue Denken ist, Schulnoten abzuschaffen (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!) und die Matura abzuschaffen. – Ein ganz tolles neues Denken! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!) Vielleicht lautet die nächste Forderung von der SPÖ: Warum nicht gleich die Pisa-Studie abschaffen!, denn dann werden wir sicher auch nicht mehr schlechter. (Abg.
Meinl-Reisinger: Wien ist böse! SPÖ ist böse! Feindbild! Keine Hand reichen! ... ganz, ganz böse!)
Tut mir leid, ich weiß nicht, wie dieses neue Denken – dass man einfach jede Leistung und jede Leistungserhebung in der Schule ausblendet, denn dann sieht man die Probleme nicht mehr und dann wird schon irgendwie alles besser sein – irgendeinem Kind in der Schule helfen soll. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich bin sehr froh – ich sage das ganz ohne Häme –, dass es diese Dringliche von den NEOS heute gibt, und ich glaube vielen, die hier am Rednerpult waren, dass sie wirklich aus ihrer Perspektive, die ich jetzt gar nicht werten will, etwas Gutes tun wollen. Ich glaube, das wird auch notwendig sein, denn wenn man in die Verfassung, die wir alle so wunderschön finden, schaut, sieht man, dass es kaum einen Bereich gibt, der föderaler aufgebaut ist als das Bildungssystem (Abg. Meinl-Reisinger: Danke, SPÖ und ÖVP! Na ist doch so! Ja entschuldige, das ist genau euer System, das ihr geschaffen habt! Das ist genau das: keine Reformen ...!), vom Bund bis zu den Ländern, bis zu den Gemeinden und der Elementarpädagogik.
Wenn wir all diese schönen Worte, die heute hier von Leuten gesagt wurden und die ich ihnen glaube, ernst nehmen, dann schauen wir einmal, dass wir wirklich auch die Verfassung ernst nehmen, schauen wir, wo diese Probleme gelöst werden können und dass jeder, der im Bildungssystem Verantwortung trägt – und das sind nahezu alle Parteien –, seine Verantwortung wahrnimmt. Dann braucht man sich nicht am Bildungsminister abzuarbeiten, denn dann sehen wir vielleicht, dass jeder seine Verantwortung trägt – auch der Bildungsminister (Abg. Meinl-Reisinger: Der würde ja nicht einmal einen Misstrauensantrag bei euch gewinnen!), aber eben auch die Länder, auch die Gemeinden, auch die Bildungslandesräte – und dass es darum geht, dass jeder seines dazu tut, dass es besser wird.
Das wäre konstruktiv, nur: Das habe ich leider in diesem Dringlichen Antrag nirgendwo gelesen. Schade eigentlich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist so ein altes Denken, das ihr habt!)
17.07
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michael Seemayer. – Bitte.
Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Staatssekretärinnen! Ja, das Ausreden oder das Zuschieben von Zuständigkeiten in der Bildung und im Schulsystem hilft nur unseren Kindern gar nicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, es ist eh nur Wien schuld! SPÖ bös! NEOS bös! Das ist das Einzige, was man hört!) Es sind immer irgendwelche Länder schuld, es sind immer irgendwelche Parteien schuld, aber ich glaube, dass man sich sehr wohl das Bildungssystem anschauen muss. Die Beschreibung des Zustandes des Bildungssystems im vorliegenden Antrag ist ja durchaus zutreffend, und ich kann beschreiben, wie ich selbst es in den letzten Jahren ein Stück weit erlebt habe.
Vor der Coronapandemie war schon festzustellen, dass immer mehr Kinder Fördermaßnahmen oder Nachhilfe in Anspruch nehmen müssen, um überhaupt einen positiven Pflichtschulabschluss zu erreichen. Die Auswirkungen der Pandemie haben dann noch einiges draufgelegt. Geschlossene Schulen und Fernunterricht haben uns eigentlich gezeigt, wo es im Bildungssystem wirklich krankt.
Das digitale Zeitalter hat nur langsam und zögerlich in unserem Bildungssystem Einzug gehalten. Es fehlte an Endgeräten, an schnellen Breitbandzugängen, an geschultem Lehrpersonal, an Software. Es fehlte an allen Ecken und Enden – und es fehlte nicht ausschließlich zu Hause bei den Schülerinnen und Schülern, sondern es fehlte vor allem in den Schulen, und das ist, glaube ich, eines der größten Probleme gewesen, als es darum ging, den Unterricht sinnvoll weiter zu gestalten, während man die Pandemie bekämpft.
Ich habe das bei meinen eigenen Kindern selber erleben dürfen, die in dieser Zeit eine Neue Mittelschule beziehungsweise ein Gymnasium besucht haben: Vom Liveunterricht via Teams bis zum Abholen kopierter Zettel bei den Schulen zum
Selbststudium war alles dabei, und das nicht nur am Anfang der Pandemie, sondern das hat sich bis zum Ende durchgezogen. Es war oftmals dem Engagement der Lehrpersonen zu verdanken, die auch ihre private IT-Ausrüstung verwendet haben, dass sie ihren Schülerinnen und Schülern einen ordnungsgemäßen Unterricht bieten konnten.
Das, aber auch vieles andere, hat dazu beigetragen, dass wir in der letzten Pisa-Studie wieder zurückgefallen sind. Wenn wir im internationalen Wettbewerb aber mitspielen wollen und mithalten wollen, dann muss sich das schnell ändern. Wir brauchen nicht ein paar beste und klügste Köpfe, wir brauchen möglichst viele kluge Köpfe. (Beifall bei der SPÖ.)
Um das zu erreichen, braucht es zahlreiche Maßnahmen, die wir in unseren Anträgen bereits formuliert haben. Dazu braucht es gut ausgebildetes, motiviertes Lehrpersonal, das auch die notwendigen Rahmenbedingungen vorfindet. Da geht es vor allem um ordentliche Arbeitsplätze. Da geht es um Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bis hin zu mehr Supportpersonal.
Wenn wir anstreben, die Erwerbsquote in Österreich zu heben, so braucht es ganztägige Schulformen. Es kann nicht sein, dass Eltern ganztägig arbeiten und dann noch für Hausaufgaben und Nachhilfe zuständig sein sollen. Das muss Aufgabe der Schulen sein. Es braucht vor allem Chancengleichheit. Es darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängen, ob ein Kind einen positiven Schulabschluss erreicht oder nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Genau das ist aber jetzt der Fall. Noch nie wurde so viel Geld für Nachhilfe ausgegeben wie jetzt. Das zeigt, dass unser Bildungssystem immer weniger in der Lage ist, unseren Kindern einen zeitgemäßen Pflichtschulabschluss zu ermöglichen und sie entsprechend auf das weitere Erwerbsleben vorzubereiten. Es ist traurig, dass zahlreiche Betriebe ihren Lehrlingen in Form von Zusatzunterricht die Grundrechnungsarten und sinnerfassendes Lesen extra beibringen müssen.
Wer das zur Kenntnis nimmt und nicht merkt, dass es gravierende Änderungen braucht, will offenbar ein solches System – ein System, in dem sich eine kleine Elite die beste Bildung leisten kann und alle anderen schauen müssen, wo sie bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundesminister! Es ist Zeit, zu handeln, und nicht Zeit, sich zu freuen, dass wir nur ein bisschen schlechter oder nicht so schlecht geworden sind wie andere. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.12
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte. (Abg. Hanger: ... das Bildungssystem in Afghanistan ...!)
Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Die Kollegen Taschner und Marchetti haben ja jetzt offensichtlich das Thema erkannt, dass die Migration auch im Bildungsbereich ein riesiges Problem darstellt. Offenbar stehen Wahlen an. Es fehlt ihnen allerdings an Glaubwürdigkeit, denn nach den Wahlen ist das dann für sie überhaupt kein Problem mehr. – Punkt eins.
Punkt zwei: Wer ist denn verantwortlich dafür, dass dieses Problem heute besteht? – Das sind Sie, Ihre letzte Regierungszeit mit Rekordmigrationszahlen. Auch Ihre Lösungsvorschläge, noch mehr Millionen in die Integration zu stecken, sind in Wirklichkeit keine Lösungsvorschläge, und das wissen Sie. (Beifall bei der FPÖ.)
Dass es eine Korrelation zwischen Leistung und Wohlstand gibt – ich glaube, Bruno Kreisky war der letzte Sozialdemokrat, der diese Korrelation noch erkannt hat (Abg. Taschner: Sinowatz auch!) –, das ist ja unbestritten. Dass Österreich von den Standortfaktoren das Human Capital als mehr oder weniger einziges Asset hat, ist auch unbestritten. Das heißt, es wäre doch Ihre Verantwortung in der Regierung, dafür zu sorgen, dass einerseits die Leistungsbereitschaft unserer Menschen, aber auch die Leistungsfähigkeit – und da sind wir jetzt bei der
Bildung – optimiert wird. Genau das machen Sie aber nicht. Wenn die Spitze dieses Bildungssystems in der Person des Herrn Bundesministers sagt, dass sie mit dem Mittelmaß zufrieden ist und dass wir weiterhin auf dem richtigen Weg sind, wissend, dass der Weg nach unten geht, dann zeigt das ja, dass hier etwas massiv falsch läuft.
Wir haben ein Bildungssystem, das dem Grunde nach gar nicht so schlecht ausgestaltet ist. Es ist ein Buffet. Ich würde es mit einem Buffet vergleichen. Es ist im Übrigen durchlässig. Dieses ständige Gejammer, dass jemand, der arm oder sonst was ist, in Österreich keine tolle Karriere machen kann, das stimmt ja so nicht. Also das ist ja in Ordnung. Wir haben ein Buffet: Da gibt es den Mathematikkuchen, die Deutschtorte, das Lesenschnitzerl, um das so zu nennen.
Das Problem ist, dass dieses Buffet von vielen nicht in Anspruch genommen wird, weil es sie nicht interessiert. Selbstverständlich gibt es hier Korrelationen. Der Pisa-Test ist angesprochen worden. Es ist messbar, dass es dramatische Unterschiede zwischen Schülern mit Migrationshintergrund und Schülern ohne Migrationshintergrund gibt. Das ist Faktum.
Also was tun, wenn das Angebot nicht angenommen wird? Da sind wir wieder beim Thema, bei der Ursache. Die Ursache ist – und da können wir jetzt herumeiern, was wir wollen – zu einem erheblichen Grad die Migration, die eben leider in unserem Land – leider aus Sicht der Freiheitlichen – in einem Ausmaß stattgefunden hat, das einfach zu viel und zu groß war.
Diese Ablehnung, diese durchaus auch durch Ideologie, Linksideologie motivierte Leistungsfeindlichkeit – wir dürfen nichts mehr messen; die Kinder sind so arm; es dürfen keine Ergebnisse mehr gemessen werden; es darf nicht mehr gemessen werden, wer schneller oder langsamer laufen kann – ist der komplett falsche Weg.
Ich teile die Meinung der Kollegin Blimlinger: Natürlich ist in der Bildung Ideologie drinnen. Ihre Ideologie aber ist ja ein totaler Irrweg, so wie in vielen
anderen Bereichen auch. Wenn Sie glauben, mit dem Spruch, wir dürfen keinen zurücklassen, durchzukommen, was ja im Ergebnis dazu führt, dass alle gleich langsam laufen wie der Langsamste (Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt ja nicht!), mit Ihrer Ideologie, wir stecken jetzt alle in eine Einheitsschule, so sage ich Ihnen: Die Menschen sind nun einmal unterschiedlich und haben unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten und Talente. Das ergibt ja denklogisch das Erfordernis nach einem differenzierten Schulsystem, wo jeder nach Maßgabe seiner Fähigkeiten, Talente und Fertigkeiten bestmöglich ausgebildet werden kann. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen es nicht verstehen!)
Das heißt, da gibt es dann Gruppen, die unterschiedlich schnell laufen. Na und? Wo ist das Problem? Aber wir haben dann auch ganz schnelle Gruppen dabei. Das ist doch das, worauf es letztlich ankommt. Dann werden wir auch in den Pisa-Studien wieder weiter vorne sein. Also diese linke, grüne Ideologie, SPÖ-Ideologie, ist ein Irrweg.
Leider eiern die ÖVP und die NEOS bei den wesentlichen Dingen auch herum. Da gibt es auch keine klaren Ansagen, was das Leistungsprinzip betrifft, was die Migration betrifft. Das sind nämlich die wirklichen Themen. Was den Fokus auf das Wesentliche angeht: Das sind die Grundfertigkeiten Lesen, Rechnen, Schreiben. In der Grundschule – was weiß ich? – politische Bildung oder Demokratie erleben: alles schön und gut, aber, bitte schön, konzentrieren wir uns auf das Wesentliche: Lesen, Rechnen, Schreiben. – Ein differenziertes Bildungssystem. (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend – das muss ich anmerken –: Was Sie in der Coronazeit mit Ihren vollkommen überzogenen Maßnahmen angerichtet haben! Kollegin Salzmann, die Schulen waren niemals geschlossen?! Das ist die halbe Wahrheit. Es hat kein Unterricht stattgefunden. Was nutzt mir eine offene Schule, wenn kein Unterricht stattfindet? Das, was Sie hier angerichtet haben, werden wir in den nächsten Jahren zumindest noch spüren, was Sie da unseren Kindern angetan haben. Sie haben unseren Kindern in Wahrheit zwei Jahre
Ausbildung und Lebenszeit in einer ganz wichtigen Phase gestohlen. Aus dieser Verantwortung kommen Sie nicht mehr heraus. (Beifall bei der FPÖ.)
17.17
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frauen Staatssekretärinnen! Herren Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich sage es Ihnen ehrlich: Ich bin bestürzt seit über 2 Stunden, seit wir diese Debatte führen. Die Realität ist folgende: Lehrerinnen und Lehrer sind unzufrieden, sie sind völlig überlastet. Kindern und Jugendlichen geht es einfach nicht gut. Sie haben Sorgen, Ängste und Leistungsdruck bereits in der Volksschule. (Abg. Michael Hammer: Oh! Tristesse pur! Tristesse!) – Finden Sie das super, Herr Kollege Hammer von der ÖVP? (Beifall bei der SPÖ.)
Finden Sie das super, dass sich Kinder in der Volksschule schon Druck machen müssen, weil man nachher ja ins Gymnasium muss und alles andere schlechter ist? Das ist doch fürchterlich, bitte! Fürchterlich! (Abg. Michael Hammer: Das ist die Ogris-Studie: depressive Stimmung verbreiten! Depressive Stimmung verbreiten hat der Ogris euch empfohlen! Das tut ihr! – Abg. Heinisch-Hosek – in Richtung Abg. Michael Hammer –: Seien Sie ruhig!)
Elementarpädagoginnen und -pädagogen rufen um Hilfe, sind auf der Straße und werden nicht gehört. Die ÖVP stellt sich hin, allen voran Herr Bundesminister Polaschek, Minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung – nur so nebenbei –, und sagt: Das ist alles eh super.
Das ist eigentlich frech. Es ist ungerecht, es ist frech und es stößt unglaublich viele Menschen in unserem Land vor den Kopf. Ich hoffe, Sie sind sich dessen wirklich bewusst. (Beifall bei der SPÖ.)
Unser Bildungssystem kracht an allen Ecken und Enden. Das ist nicht neu, es spitzt sich nur noch mehr zu: vom Kindergarten beginnend, über die Schulen, bis hin zu den Universitäten. Es ist wirklich ein Drama, Herr Bundesminister. Ich würde Sie wirklich bitten, den Ernst der Lage zu sehen. Dieses Drama drückt sich natürlich auch in Kompetenzmessungen oder Kompetenztests wie Pisa aus. Das ist nicht überraschend. Überraschend ist aber, dass Sie als Minister dann den Status quo beibehalten möchten.
Im Budget hat sich nichts verändert. Alle Hilferufe werden von Ihnen nicht gehört – Hilferufe von Praktiker:innen, von Betroffenen, von Expertinnen und Experten. Sie reagieren nicht darauf. Sie machen nichts.
Was es bräuchte, Herr Bundesminister: einen Kindergarten für alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr in ganz Österreich und keine Schmähpartie, die Sie da immer wieder sozusagen ins Treffen führen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es braucht eine Schule, ein Schulsystem, das endlich einmal von den Bedürfnissen der Kinder ausgeht. Es braucht die individuelle Förderung in den Schulen. All das wäre möglich. Es braucht ein konsequent kostenloses Bildungssystem, wurscht welcher Bildungstyp. Dieser Bildungstyp soll vor allem im Schulbereich natürlich ganztägig angeboten werden – ganztägig, geschätzte Damen und Herren. Das ist einfach eine zentrale Antwort auch auf viele Problematiken, die wir ganz einfach haben. Es braucht verstärkt natürlich diesen Chancenindex, der heute schon sehr, sehr oft strapaziert worden ist, den ich aber noch einmal ins Treffen führen möchte, weil das ganz, ganz wichtig ist. Es braucht auch ganz ehrlich, um den Druck von Volksschulkindern zu nehmen, die gemeinsame Schule. Spricht eigentlich irgendjemand von Ihnen der Volksschule ihre Kompetenz ab? Das ist auch eine gemeinsame Schule. Wieso ist der Aufschrei für die Schüler:innen ab zehn Jahren so groß? Ich verstehe es nicht, ich verstehe es wirklich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Es braucht die besten Lehrkräfte. Das bedeutet aber auch top Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer, damit sie den Job mit Leib und Seele machen können, mit vollem Herzblut ausüben können. Dafür braucht es natürlich auch zusätzliches Supportpersonal. Wir haben das in Anträgen immer wieder formuliert.
Geschätzter Herr Minister, eine Schule ohne Rucksack und ohne Nachhilfe, ein Leben ohne Nachhilfe, das wäre doch etwas für Kinder, das auch den Druck nehmen würde, das den Druck von Kindern und Eltern nehmen würde. Und – wir haben heute schon darüber gesprochen – umfassende Bildung heißt auch: Sport und kreative Aspekte im Unterricht in der Bildungseinrichtung kennenzulernen. Dafür plädieren wir. Wir haben Tausende Vorschläge, die am Tisch liegen – Sie vertagen, Sie blockieren, Sie lehnen ab! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir kennen das seit Ministerin Gehrer; Kollegin Kuntzl hat es ausgeführt. Wir kennen die Bildungsvorhaben der ÖVP. Es hat sich nichts verbessert, ganz im Gegenteil: Bildung wird im Jahr 2023 immer noch vererbt! Das ist unfassbar und das ist ungerecht. Werte ÖVP, bitte geben Sie endlich das Bildungsministerium ab! Treten Sie ab, mit Ihnen ist nämlich kein Bildungsstaat im Sinne der Kinder zu machen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.22
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Gerald Hauser zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Obernosterer: Muss das sein? – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Das Beste zum Schluss!)
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Minister! Staatssekretärinnen! Hohes Haus! Jetzt haben wir mehr als zwei Stunden lang dieser Debatte zugehört – und eigentlich, Herr Minister, haben Sie es relativ leicht, aber Sie machen aus dem Elfmeter, den Ihnen Pisa aufgelegt hat, gar nichts. Wieso?
Pisa hat die Schwächen des österreichischen Bildungssystems aufgezeigt, hat Ihnen aufgezeigt, wo anzusetzen ist. Wo sind denn unsere Schwächen? Wahrscheinlich wir alle hätten uns erwartet, dass Sie uns mitteilen, was Sie unternehmen, um diese Schwächen auszumerzen? Was hat denn Pisa festgestellt? – Wir haben beim Lesen, Schreiben, Rechnen Probleme. Was haben Sie getan? – Sie haben drübergeredet, Sie haben über Gott und die Welt gesprochen, aber das Problem, das Pisa aufgezeigt hat, haben Sie links liegen lassen. So gesehen hat Ihnen nicht nur die Emotion gefehlt, sondern fehlt Ihnen tatsächlich auch die Qualifizierung für den Ministerjob, denn das ist das Mindeste, was man sich erwarten kann, dass Sie, wenn Außenstehende aufzeigen, wo es hapert, hergehen und sagen: Dort setzen wir an!
Vor ungefähr, vor fast auf den Tag genau sieben Jahren bin ich auch hier heraußen gestanden und habe einen Antrag genau zu dieser Thematik eingebracht, nämlich einen Entschließungsantrag zur Bildung, der sich inhaltlich mit derselben Thematik befasst hat. Im Jahr 2016 war die Thematik dieselbe, damals hatten wir auch Pisa-Testungen, bei denen festgestellt wurde: Beim Lesen, Schreiben, Rechnen fehlt es. Damals haben wir als Freiheitliche Partei Folgendes eingefordert – ich zitiere –:
„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die grundlegenden Voraussetzungen zu schaffen, damit neben dem Schwerpunkt des Erlernens der drei Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen auch“ – und damit kommen wir dann zum zweiten Problem – „der Umgang mit und die Nutzung von digitalen Werkzeugen im Bildungssystem Niederschlag findet.“ – Die Digitalisierung soll also so wahrgenommen und umgesetzt werden, dass es passt.
Was ist passiert? – Wir sind weiter abgestürzt. Heute tritt Kollege Marchetti hier ans Rednerpult und sagt, der Kübel Wasser werde falsch verwendet, weggeschüttet. Der Herr Minister könne nichts dafür, schuld sei die Migrationspolitik der letzten Jahre. (Abg. Hanger: Aufgepasst hast aber nicht, was der Marchetti gesagt hat!)
Na, wer hat denn diese Migrationspolitik der letzten Jahre immer klar angesprochen? – Gebetsmühlenartig haben wir gesagt: Es kann doch bitte nicht sein, dass wir permanent Schüler und Schülerinnen in die Klassen reinlassen, die die Grundkenntnisse in Deutsch - - (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Lieber Kollege Hörl, das musst du als Zillertaler wirklich verstehen. Es ist doch klar, dass man dem Unterricht nur folgen kann, wenn man die Sprache kann. Man muss Deutsch können, sonst kann man dem Unterricht natürlich nicht folgen. Das haben wir als Freiheitliche Partei über Jahre hinweg eingefordert. Wie hat man darauf reagiert? – Wir sind ausgelacht worden, wir sind diffamiert worden – und wir bekommen jetzt hier in diesem Punkt vollkommen recht. Natürlich ist die Migrationspolitik schuld. (Beifall bei der FPÖ.)
Es kann doch nicht sein, dass in Schulklassen der Anteil von Schülerinnen und Schülern, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, überproportional groß ist. Ich war in meinem Hauptberuf auch Lehrer (Ruf bei der ÖVP: Die armen Kinder!): Wie soll man denn unterrichten, wenn die Schülerinnen und Schüler einen nicht verstehen? Die Wähler, die Bürger draußen verstehen das, da brauchen wir doch nicht um den Brei herumzureden, das ist doch das Einfachste auf dieser Welt: dass man zuerst einmal die Sprache können muss, bevor man dem Unterricht folgen kann. (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt zur Digitalisierung. – Man hat gesehen, das funktioniert nicht, hat diese Grundkenntnisse Lesen, Schreiben, Rechnen einmal zur Seite geschoben und gesagt, durch die Digitalisierung werde alles besser. Die Digitalisierung ist aber kein Selbstzweck. Es braucht zuerst die Kulturtechniken, und dann muss versucht werden, mit dieser Digitalisierung korrekt umzugehen. (Abg. Loacker: ... Redezeit, Kollege!)
Wenn man mir schon nicht glaubt, ich zitiere „Die Welt“ (Abg. Michael Hammer: Die ganze Welt?) vom 10. Dezember 2023. (Abg. Prinz: Die Redezeit ist zu Ende! – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) „Die Welt“ stellt fest: „Die Risiken der digitalen Schule“ ...
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schlusssatz kommen, weil die Redezeit Ihrer Fraktion bereits ausgeschöpft ist.
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Digitalisierung ist kein Inhalt von Bildung, sondern nur ein Instrument. Das heißt abschließend, geschätzte Frau Präsidentin - -
Präsidentin Doris Bures: Einen Satz abschließend, Herr Abgeordneter! (Abg. Hörl: Und keinen mehr! – Abg. Michael Hammer: Zu Impfungen musst den Schlusssatz machen!)
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Man kann die Schwächen des österreichischen Bildungssystems nicht wettmachen, indem man zu 100 Prozent digitalisiert, sondern man muss die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen forcieren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Der steht beim Kickl hoch im Kurs, er hat das Niveau! Dasselbe Niveau wie der Chef! Der ist gut!)
Präsidentin Doris Bures: Damit ist die Debatte nun geschlossen, da mir auch keine weitere Wortmeldung mehr vorliegt.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 3779/A(E) der Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungspolitik: Nicht Mittelmaß verwalten sondern Zukunft gestalten“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Präsidentin Doris Bures: Damit nehme ich die Verhandlungen über die Punkte 9 bis 11 der Tagesordnung wieder auf. Diese Tagesordnungspunkte wurden aufgerufen, aber erster Redner in der Debatte ist jetzt Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.
17.28
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Die Herren Bundesminister! Die Frauen Staatssekretärinnen! Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 9 bis 11, Pensionen. Heute wird mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen, Anreize für ein längeres Arbeiten neben der Pension zu schaffen. Unsere Position dazu ist Ihnen bekannt: Damit schaffen wir es nicht, auch nur einen einzigen Millimeter vorwärtszukommen, wenn es darum geht, unser Pensionssystem nachhaltig zu sichern und mehr Fairness in unser Pensionssystem zu bringen. Im Gegenteil, wir spalten damit die Gesellschaft, die ältere Generation genauso wie bei Ihrem Husch-Pfusch bei der Schutzklausel – dort haben Sie nämlich 4 000 Personen, Neuzugänge, bei der Korridorpension vergessen – oder wie auch bei dieser verunglückten Geschichte betreffend Pensionsaliquotierung, worauf ich später noch eingehen werde.
Die Eckpunkte zu Ihrem Antrag betreffend länger Arbeiten nach der Pension:
Erstens: Der Bund übernimmt bei Erwerbstätigkeit nach der Pension, also nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters, den Pensionsbeitrag bis zur maximal doppelten Geringfügigkeitsgrenze, das heißt bis maximal 102,69 Euro. Das gilt auch für Selbstständige und Bauern, und genau dort haken auch Pensionsexpertinnen und Pensionsexperten ein, weil sie sagen, das ist die größte Gruppe, die das in Anspruch nehmen wird. All jene, die es gesundheitlich nicht schaffen, haben nichts von dieser Regelung.
Zweitens: Der Pensionsaufschubbonus wird von derzeit 4,2 auf 5,1 Prozent pro Jahr erhöht. Das hilft auch nichts. Keinen Millimeter bringt es uns dahin gehend weiter, das Pensionsantrittsalter tatsächlich zu erhöhen.
Der dritte Punkt: Ab dem 57. Lebensjahr soll die Pensionsversicherung die Versicherten zu einem Beratungsgespräch einladen. Da stellt sich schon die Frage: Wie sinnvoll ist das? Ist das nicht ein enormer Aufwand? Bringt es wirklich etwas, die Leute Jahre vor ihrem Pensionsantritt zu einem
Beratungsgespräch einzuladen, wo man nicht feststellen kann: erstens: Wann ist der Pensionsstichtag?, und zweitens: Wie hoch wird die Pension sein?
Wissen Sie aber, was es jetzt schon gibt, das wirklich perfekt funktioniert? – Die Pensionsversicherung bietet das jetzt den Versicherten auf freiwilliger Basis an. Das heißt, wenn ein Versicherter sich schriftlich darum bemüht und sagt, er macht eine Anfrage, dann bekommt er von der Pensionsversicherung diese Auskünfte schriftlich übermittelt. Das ist kein Aufwand, das ist wesentlich einfacher, weil es auf freiwilliger Ebene passiert.
Der vierte Punkt: verpflichtende Information von Teilzeitbeschäftigten durch den Arbeitgeber über die Ausschreibung von Arbeitsplätzen. Das ist eine Verpflichtung zu informieren, aber das ist nicht das, was wir als SPÖ fordern. Wir als SPÖ fordern einen Rechtsanspruch, dass Teilzeitbeschäftigte auf Vollzeit umstellen können, wenn im Betrieb ein Job frei wird. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die richtige Antwort darauf – und nicht eine Informationspflicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht das Arbeiten nach dem Pensionsantritt, sondern das Arbeiten vor der Pension muss attraktiver werden, und darüber macht sich diese Regierung leider keine Gedanken. Es gibt keine Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger gesund arbeiten können. (Abg. Koza: Da hast du es nicht gelesen!)
Zur Erinnerung – im Ausschuss sind diese Zahlen oft gefallen –: Vor der Pension ein Jahr länger gesund arbeiten zu können bedeutet 2 Milliarden Euro weniger Bundeszuschuss. 2 Milliarden Euro weniger Bundeszuschuss! Wenn man diesbezüglich also wirklich etwas tun will, dann muss man dort ansetzen.
Lassen Sie mich auch zur Pensionsaliquotierung Stellung nehmen: Leider hat der Verfassungsgerichtshof unseren Einwänden zur ungerechten Pensionsaliquotierung nicht recht gegeben. Dass die Aliquotierung nicht verfassungswidrig ist, nehmen wir zur Kenntnis, aber das heißt nicht, dass diese
Entscheidung gerecht ist – das heißt es bei Weitem nicht. Das bedeutet, das Thema, die Problematik verschiebt sich jetzt vom Verfassungsgerichtshof wieder zu uns ins Parlament. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Fakt ist, es muss mir einer erklären, was daran gescheit ist, nach dem Geburtsdatum eine Lotterie zu veranstalten, ob man eine Pensionsanpassung bekommt oder nicht, und wenn ja, welche.
Besonders Frauen der Jahrgänge 1964 bis 1968 werden dadurch so benachteiligt, weil sie halt aufgrund der Anhebung des Pensionsantrittsalters im zweiten Halbjahr in Pension gehen. Die fallen hier wieder komplett durch, und das ist das Schlimme. Deswegen werden wir heute auch einen Entschließungsantrag einbringen, der die Abschaffung der Aliquotierung bei der Pensionsanpassung bei Pensionsneuzugängen regelt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich stelle daher folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft wird.“
*****
Wenn Ihnen diese Anliegen wichtig sind, nicht zu spalten, sondern wirklich Fairness zu schaffen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. (Beifall bei der SPÖ.)
17.33
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch
Genossinnen und Genossen
betreffend Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9.) zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (2391 d.B.)
Auch wenn der Verfassungsgerichtshof in seinem jüngsten Erkenntnis zur Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung diese als nicht verfassungswidrig erkannte, ist sie dennoch nicht gerecht.
Die meisten Arbeitnehmer*innen können es sich nicht aussuchen, wann sie in Pension gehen. Wenn sie Glück haben, können sie bis zum Erreichen der gesetzlichen Alterspension in Beschäftigung bleiben und werden zum frühestmöglichen Pensionsantrittszeitpunkt gekündigt.
Für diese Personen hängt es in Zukunft vom Geburtstag ab, ob sie einen lebenslangen Verlust ihrer Pension hinnehmen müssen, denn Türkis/Grün hat die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung eingeführt. Damit hängt es vom Pensionsstichtag ab, wie viel Pensionsanpassung man im nächsten Jahr bekommt. Hat man das Glück mit Jänner eines Jahres in Pension zu gehen, bekommt man im nächsten Jahr die volle Anpassung, mit Juli nur mehr die Hälfte und mit November oder Dezember gar keine Anpassung mehr.
Wenn die Inflation sich irgendwo zwischen Null und zwei Prozent bewegt, mag man das weniger spüren. Doch gerade jetzt in der Krise wirkt sich die Minder- oder gar Nichtanpassung stark aus und zwar bis ans Lebensende.
Auch wenn die Aliquotierung für die Jahre 2024 und 2025 ausgesetzt wurde, trifft sie jene Arbeitnehmer:innen, die 2025 in Pension gehen, bereits wieder mit voller Härte.
Besonders stark betroffen sind die nächsten 10 Jahre Frau, die in diesem Zeitraum in Pension gehen. Beginnend mit 2024 werden durch die halbjährliche Erhöhung des Antrittsalters um ein halbes Jahr, die Pensionsantritte für Frauen vorwiegend in die zweite Jahreshälfte fallen. Damit werden ihre Pensionen automatisch durch die Aliquotierung gekürzt. Bei den ohnehin relativ niedrigen Frauenpensionen ist diese Auswirkung eine weitere Benachteiligung.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft wird.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Herr Abgeordneter Markus Koza, Sie haben das Wort.
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Muchitsch, du hast davon gesprochen, dass es im Rahmen dieser Pakete keinen einzigen Anreiz oder keine einzige
Maßnahme gibt, die das längere Arbeiten vor Pensionsantritt irgendwie attraktiv machen würde oder verbessern würde. Lieber Kollege Muchitsch, du hast offensichtlich den Antrag nicht gelesen, denn wir haben beispielsweise genau im Bereich der Altersteilzeit eine ganz wichtige Maßnahme vorgesehen, die wir heute hier auch beschließen werden, die tatsächlich dem entgegenkommt, was moderne Arbeitswelten ausmacht, was heute schon durchaus übliche Arbeitswelten sind, nämlich dem immer wieder vorkommenden Wechsel von Beschäftigungsverhältnissen zwischen unselbstständiger und selbstständiger Beschäftigung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was hat das mit der Altersteilzeit zu tun? – Bislang ist es so, dass man, um in Altersteilzeit gehen zu können, innerhalb von 25 Jahren zumindest 15 Jahre arbeitslosenversichert gewesen sein muss. Tausende Arbeitnehmer:innen erreichen das bedauerlicherweise nicht. Warum? – Weil sie im Rahmen ihrer Erwerbsbiografie unselbstständig beschäftigt sind, dann eine längere Phase von selbstständiger Beschäftigung durchlaufen, dann vielleicht wieder unselbstständig beschäftigt sind, dann wieder einmal selbstständig beschäftigt sind, um am Ende ihres Arbeitslebens in eine unselbstständige Beschäftigung zu kommen. Und jetzt unterbricht natürlich diese selbstständige Beschäftigung sehr wohl diese Frist, diese 25-Jahres-Frist, und das kann dazu führen, dass manche Arbeitnehmer:innen, obwohl sie durchaus 15 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, aufgrund dessen, weil Zeiten eben auch außerhalb dieser 25-Jahres-Frist angefallen sind, keinen Anspruch auf Altersteilzeit haben. – Das beheben wir jetzt.
Wir sorgen jetzt dafür, dass bei Menschen, bei Arbeitnehmer:innen, die auch Phasen von selbstständiger Beschäftigung gehabt haben, diese nicht mehr auf diese Richtzeit angerechnet werden, dass die Richtzeit quasi gestreckt wird, damit auch diese große Gruppe von Arbeitnehmer:innen – und das werden immer mehr werden, weil sich die Erwerbsverläufe eben ändern, weil Erwerbsverläufe anders werden – die Möglichkeit hat, in Altersteilzeit zu gehen,
dadurch länger arbeiten zu können, mit altersgerechten Arbeitszeiten, und dann auch in Pension gehen zu können, wenn tatsächlich das gesetzliche Pensionsantrittsalter da ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)
Das heißt, wir schaffen sehr wohl eine Möglichkeit mehr, dass Menschen, dass Arbeitnehmer:innen länger und gesünder arbeiten können.
Es gibt aber noch einen zweiten Punkt, den ich hier schon auch erwähnen will, den Kollege Muchitsch hier auch kurz angeschnitten hat. Zuallererst einmal: Die Regelung, dass Arbeitnehmer:innen, die in einem Betrieb Teilzeit beschäftigt sind, von ihrem Betrieb davon informiert werden müssen, wenn ein Vollzeitjob oder ein höherer Teilzeitjob frei wird, wenn eine Stelle frei wird, diese Regelung gibt es schon. Die ist bereits anno dazumal unter Rot-Schwarz beschlossen worden, allerdings greift sie offensichtlich in den Betrieben zu wenig beziehungsweise wissen sehr viele Teilzeitbeschäftigte ja, dass dem gar nicht so ist.
Warum hat man diese Regelung eingeführt? – Aus einem ganz einfachen Grund: Es gibt sehr viele Arbeitnehmer:innen in Teilzeit, die sehr gerne in Vollzeit arbeiten würden, die sehr gerne aufstocken würden, die sehr gerne mehr arbeiten würden, wenn sie nur wüssten, dass es tatsächlich diesen Job im Betrieb gerade gibt, dass der ausgeschrieben wird, aber oft wissen sie das eben nicht. Das hätte sowohl für die unmittelbar Betroffenen einen Vorteil als auch für das Unternehmen selbst, weil die ja selbstverständlich den Betrieb kennen, die arbeiten schon lange dort, die wissen, wie die Arbeitsabläufe sind. Das wäre also eine Win-win-Situation.
Jetzt führen wir ein, dass künftig jene Teilzeitbeschäftigten, die nicht rechtzeitig informiert worden sind, wenn ein entsprechender Job ausgeschrieben ist, einen Schadenersatzanspruch haben (Abg. Wurm: Wie hoch ist der?), und wir hoffen, dass dadurch ein Anreiz gesetzt wird, dass die Betriebe tatsächlich
offensiver ihre Beschäftigten darüber informieren, dass sie sich auf einen Teilzeitjob mit höherem Stundenausmaß oder Vollzeitjob bewerben können. (Beifall bei den Grünen.)
Weil Kollege Wurm fragt: „Wie hoch ist der?“ – Ja, der liegt nur bei 100 Euro (Abg. Wurm: Ah!), aber er fällt jedes Mal an – jedes Mal! (Abg. Wurm: Wie viel? 100?) –, wenn dieser Fall eintritt.
Lieber Kollege Wurm, weißt du, wie hoch die Strafe derzeit ist, wenn das Unternehmen das nicht ausschreibt? – Zwischen 20 und 400 Euro, also eine lächerliche Strafe, da ist sogar der Schadenersatz deutlich höher, vor allem kommt der jedem und jeder zugute. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Wir glauben schon, dass das ein Anreiz sein kann, dass über entsprechende Jobs auch tatsächlich informiert wird. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist halt schon so, dass immer wieder der Fachkräftemangel beklagt und bedauert wird, dass es zu wenige Fachkräfte gibt, zu wenige Arbeitskräfte gibt, die Vollzeit arbeiten wollen. Mit den Maßnahmen, die wir heute beschließen, wollen wir insbesondere jenen Menschen eine Chance geben, die Teilzeit beschäftigt sind, die sehr gerne in höherem Ausmaß arbeiten würden, die sehr gerne Vollzeit arbeiten würden, und auch einen Anreiz schaffen, dass sie entsprechend informiert werden. Über Arbeitskräftemangel nur zu jammern, das ist zu wenig, da muss man schon etwas tun, um ihn zu beheben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.39
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Zunächst möchte ich im Auftrag meines Kollegen Lausch eine
Besuchergruppe, nämlich den Verein Die Stadlauer Kaufleute, hier bei uns im Hohen Haus herzlich begrüßen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Meine Damen und Herren, Sie haben es gemerkt, mein Vorredner war ein bisschen aufgeregt, hat hier ganz viele großartige Maßnahmen angepriesen. Für den Fall, dass Sie nicht mitgekommen sind, versuche ich, das jetzt noch einmal ein bisschen zusammenzufassen. Wir diskutieren jetzt hier über ein Bündel von Maßnahmen, und letzten Endes haben die meisten zum Ziel, dass man länger im Arbeitsprozess bleibt und später in Pension geht. Das ist prinzipiell ein hehres Ziel, aber, Herr Bundesminister, so wie Sie es gemacht haben, ist es halt ein bisschen patschert, und so wird das auch nichts bringen.
Sie haben da nämlich zwei verschiedene Teile. Jene Personen, die über das gesetzliche Antrittsalter hinaus weiterarbeiten, bekommen jetzt einen höheren Bonus. Das heißt, die Pension wird eben größer. Das finden wir sehr positiv.
Das Problem ist aber der andere Teil dieses Gesetzes, das Sie gebastelt haben. Für jene Personen nämlich, die bereits Pension beziehen und die vielleicht in Teilzeit noch ein bisschen im Betrieb aushelfen wollen – das gibt es in allen Branchen, in der Gastronomie, in der Pflege, überall –, ist das wenig befriedigend, was Sie da abgeliefert haben.
Es ist nämlich so: Das Einzige, was Sie weggegeben haben, ist, dass diese Leute, die jetzt schon in Pension sind, keine Pensionsbeiträge mehr bezahlen müssen. Das klingt auf den ersten Blick einmal ganz positiv. In Wirklichkeit ist es aber so, dass die Gemeinschaft der Steuerzahler das jetzt in die PVA einbezahlt – warum, konnten Sie im Ausschuss nicht beantworten. Ich glaube, wenn Sie dieses System attraktiv machen wollen, sollten Sie sehen: Viele Arbeitnehmer, die schon in Pension sind, viele Pensionisten sagen, sie würden das gern noch machen und wären dazu bereit, aber spätestens wenn sie dann sehen, sie müssen weiterhin Arbeitslosenversicherung zahlen, und wenn sie dann am Jahresende die Steuer vorgeschrieben kriegen, hören sie wieder damit auf.
Sie haben es nicht geschafft, das tatsächlich attraktiv zu gestalten, vor allem nicht für Leute, die lange im Betrieb waren, die viele, viele Jahre in das System einbezahlt haben, die viele, viele Jahre unser System auch erhalten haben. Sie haben es nicht geschafft, dass man für diese Leute eine Lösung findet, dass es einfach günstig ist, dass es sich auch auszahlt, arbeiten zu gehen. – Das haben Sie nicht geschafft, wollten Sie nicht schaffen.
Gut, der Herr Bundesminister ist ja hier auch mit anderen Dingen beschäftigt, er schreibt lieber E-Mails, anstatt sich an der Diskussion zu beteiligen und zuzuhören – soll so sein, sei ihm gegönnt. Ich glaube, dieses Thema ist viel zu wesentlich und viel zu wichtig.
Genauso das zweite Thema, das Kollege Koza angesprochen hat, das war die Teilzeit, dass jetzt Vollzeitjobs im Betrieb ausgeschrieben werden müssen: Ja, ist ein guter Vorschlag, das kann man durchaus sagen; ja, passt. Die Frage ist nur: Erwarten Sie sich davon wirklich große Neuerungen? In der Regel haben das die Mitarbeiter ja ohnehin mitbekommen, und ein Chef, der etwas auf seine Mitarbeiter gehalten hat, ist ja sowieso aktiv auf die zugekommen und hat gesagt: Du, könntest du nicht länger oder könnten Sie nicht länger im Betrieb arbeiten? – Ja, ist nett, aber das wird uns überhaupt nicht weiterbringen.
Gerade Teilzeit ist ein großes Problem – wir werden wahrscheinlich morgen im Zuge der Arbeitsdebatte noch weiter darüber sprechen. Teilzeit ist ein Problem, weil viele Firmen einfach ihre Mitarbeiter missbräuchlich nur Teilzeit anstellen. Da sind Sie, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, eben nicht dazu bereit, dass das auch tatsächlich öffentlich gemacht wird, dass Betriebe öffentlich sagen müssen, wie viele Stunden tatsächlich gearbeitet werden. Das wäre einmal ein richtiger Ansatz. Da würden Sie sich wundern, wie schnell die Teilzeitquote sinken würde.
Alles in allem: Herr Bundesminister, Sie hatten eine Chance, Sie haben sie wieder verplempert, Sie haben sie wieder vertan. Ich weiß nicht, ob Sie zugehört haben – wahrscheinlich nicht, weil es Sie nicht interessiert. Für Sie, meine
Damen und Herren, ist es leider nicht besonders attraktiv, wenn Sie schon in Pension sind und dann noch stundenweise arbeiten möchten. Für Sie ist es nicht besonders attraktiviert worden, es ist eigentlich alles beim Alten geblieben. (Beifall bei der FPÖ.)
17.43
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.
Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Die ÖVP ist eine Familienpartei. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.) Kollegin Gudrun Kugler hat das sogar mit Zahlen, Daten, Fakten unterlegt (Zwischenruf des Abg. Kaniak): Die Geburtenrate der ÖVP-Nationalratsabgeordneten ist 2,05, Tendenz steigend. Liebe Kollegin Jachs, ich darf dir auf diesem Weg alles Gute wünschen; natürlich auch alles Gute an Kollegin Herr für die nächste Zeit der Geburt der Kinder. Die Geburtenrate des Koalitionspartners, der Grünen, auch das hat Kollegin Kugler erhoben, liegt bei 1,15. (Abg. Disoski: Hallo! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)
Der Österreichschnitt liegt bei 1,41. (Ruf bei der SPÖ: Das ist peinlich! – Abg. Disoski: Ist euch fad?!) Im Gegenzug steigt die Lebenserwartung. Derzeit beträgt die Lebenserwartung bei den Männern 79 Jahre und bei den Frauen 84. Das ist die demografische Entwicklung. Diese Entwicklung hat zur Folge (Zwischenruf des Abg. Keck), dass am Arbeitsmarkt natürlich junge Menschen fehlen. (Ruf bei der SPÖ: Ihr seid so peinlich! – Abg. Disoski: Ist euch fad?! – Abg. Linder: Das ist euer Regierungspartner!)
Die Menschen werden älter. Wir müssen natürlich auch schauen, dass wir Anreize setzen, dass der Arbeitsmarkt auch für ältere Menschen attraktiv bleibt. Es liegt an uns – weil wir ja in der Regierung sind –, Maßnahmen zu setzen.
Wir nehmen diese Verantwortung wahr und schicken heute ein Leistungspaket auf den Weg. Wir setzen Anreize für jene, die über das Pensionsalter hinaus arbeiten können und das auch wollen. Das ist immerhin ja freiwillig. (Abg. Hörl: Wahnsinn!)
Der Pensionszuschlag für jene, die über das Antrittsalter hinaus arbeiten, wird erhöht, von 4,2 auf 5,1 Prozent. Der Zuverdienst wird bis zu einem Betrag von 1 036,88 Euro pensionsbeitragsfrei gestellt. (Beifall des Abg. Hörl.) Auch Korridor- und Schwerarbeitspensionisten können die Geringfügigkeitsgrenze in der Zukunft etwas überschreiten. Wir setzen wieder einen Schritt in die richtige Richtung und setzen Anreize, um Arbeiten attraktiv zu gestalten.
Nachhaltigkeit ist uns wichtig. Das sind wir unseren Kindern und Enkelkindern schuldig, und die meisten hat, wie ja sozusagen diese Aufstellung zeigt, die ÖVP. So wie meine Mutter und meine Schwiegermutter auch gerne noch nach ihrem Regelpensionsalter arbeiten gegangen sind, werde auch ich das tun, wenn ich es tun kann. Ich möchte mich hiermit herzlich bei allen in allen Bereichen bedanken, die über das Regelpensionsalter hinaus arbeiten gehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Zur Kritik: Wir sind eine Partei, wir lassen uns kritisieren, aber wir tun und wir handeln. Wir setzen Maßnahmen, analysieren das Ganze, schauen das dann an und werden natürlich auch schauen, ob unsere Maßnahmen greifen. Alle Maßnahmen, die wir bis dato gesetzt haben, haben gegriffen, denn die Zahlen, Daten und Fakten geben uns auf der arbeitsmarktpolitischen Seite recht.
Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Smolle und Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden, einbringen.
Es geht um die Weiterführung der gesundheitlichen Vorsorge bei Covid-Erkrankungen. Die Verfügbarkeit von Paxlovid und Tests sollen weiterhin sichergestellt sein. Der Bundesminister bekommt das Handwerkszeug dazu von uns in die Hand gedrückt.
Ich bedanke mich bei allen, die diese Maßnahmen unterstützen. Wir werden natürlich auch auf die kritischen Stimmen hören und versuchen, die Maßnahmen in Zukunft dementsprechend weiterzuentwickeln. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
17.48
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner
und Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (2391 d.B.) (TOP 9)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:
Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:
a) Die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung „6.“, die Z 4 lautet:
»4. § 786 Abs. 2 lautet:
„(2) § 742 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 69/2023 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. März 2024 außer Kraft.“«
b) Nach der Z 4 wird folgende Z 5 eingefügt:
»5. Im § 786 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:
„(2a) § 742c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 69/2023 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Jänner 2024 außer Kraft.“«
c) Nach der (nunmehrigen) Z 6 wird folgende Z 7 angefügt:
»7. Nach § 795 wird folgender § 796 samt Überschrift angefügt:
„Verfügung über Impfstoffe und Bedarfsmaterialien zur Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen sowie über COVID-19-Arzneimittel
§ 796. (1) Der/Die Bundesminister/in für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ermächtigt, über vom Bund angeschaffte COVID-19-Impfstoffe und über vom Bund angeschaffte Bedarfsmaterialien zur Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen bis zum Ablauf des 30. Juni 2024 zu verfügen und zwar
1. durch die entgeltliche Verteilung an inländische Rechtsträger oder Einzelpersonen oder
2. durch die unentgeltliche Verteilung an inländische Rechtsträger oder Einzelpersonen, soweit diese zur Eindämmung von COVID-19 erforderlich ist, oder
3. soweit der Bedarf im Inland gedeckt ist
a) im Einvernehmen mit dem/der Bundesminister/in für europäische und internationale Angelegenheiten durch die entgeltliche Übereignung von Impfstoffen
an internationale Organisationen und Staaten, wobei die Übereignung auch unentgeltlich erfolgen kann, wenn dies entwicklungs-, nachbarschafts- bzw. gesundheitspolitische Gründe nahelegen, oder
b) durch die unentgeltliche Übertragung von Bedarfsmaterialien an internationale Organisationen und die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung von Bedarfsmaterialien an andere Staaten.
(2) Für vom Bund angeschaffte COVID-19-Arzneimittel gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, dass der/die Bundesminister/in ermächtigt wird, bis zum Ablauf des 30. April 2024 über diese zu verfügen.“«
Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:
a) Die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung „7.“, die Z 4 lautet:
»4. § 408 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 101/2023 erhält die Paragraphenbezeichnung „§ 408a“.«
b) Nach der Z 4 werden folgende Z 5 und 6 eingefügt:
»5. § 408 Abs. 2 lautet:
„(2) § 380 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 69/2023 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. März 2024 außer Kraft.“
6. Im § 408 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:
„(2a) § 380c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 69/2023 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Jänner 2024 außer Kraft.“«
Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:
a) Die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung „6.“, die Z 4 lautet:
»4. § 403 Abs. 2 lautet:
„(2) § 374 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 69/2023 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. März 2024 außer Kraft.“«
b) Nach der Z 4 wird folgende Z 5 eingefügt:
»5. Im § 403 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:
„(2a) § 374c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 69/2023 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Jänner 2024 außer Kraft.“«
Art. 5 (Änderung des Arbeitszeitgesetzes) wird wie folgt geändert:
Die Z 2 (§ 34 Abs. 39) erhält die Bezeichnung „3.“.
Begründung
Zu Art. 1 Z 4, Art. 2 Z 5 und Art. 3 Z 4 (§ 786 Abs. 2 ASVG; § 408 Abs. 2 GSVG; § 403 Abs. 2 BSVG):
Nach der derzeit geltenden Rechtslage sehen die §§ 786 Abs. 2 ASVG, 408 Abs. 2 GSVG und 403 Abs. 2 BSVG vor, dass die Bestimmungen betreffend die Durchführung von COVID-19-Tests im niedergelassenen Bereich (§§ 742 ASVG, 380 GSVG und 374 BSVG) mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft treten. Die Durchführung von COVID-19-Tests wird jedoch für die Feststellung einer Infektion mit SARS-CoV-2 und für die Festlegung der weiteren Behandlungsschritte (insbesondere Verschreibung von COVID-19-Heilmitteln) auch weiterhin notwendig sein. Durch den gegenständlichen Abänderungsantrag soll daher die Geltungsdauer der Bestimmungen bis zum Ablauf des 31. März 2024 verlängert werden.
Zu Art. 1 Z 5, Art. 2 Z 6 und Art 3 Z 5 (§ 786 Abs. 2a ASVG; § 408 Abs. 2a GSVG; § 403 Abs. 2a BSVG):
Die §§ 742c ASVG, 380c GSVG, 274c BSVG und 261c B-KUVG betreffend die Zahlung eines pauschalen Honorars für die Abgabe von Heilmitteln zur Behandlung von COVID-19 treten nach der derzeit geltenden Rechtslage mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft. Da der Einsatz von Heilmitteln bei der Behandlung von COVID-19 auch weiterhin notwendig sein wird und davon auszugehen ist, dass entsprechende vom Bund finanzierte Heilmittel bis zum 31. Jänner 2024 zur Verfügung stehen werden, sollen die diesbezüglichen Regelungen bis zum Ablauf des 31. Jänner2024 bestehen bleiben.
Zu Art. 1 Z 7 (§ 796 ASVG):
Das Bundesgesetz, mit dem zur Abdeckung des Bedarfes zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Ermächtigungen zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt werden, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft. Damit entfällt unter anderem aber für den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auch die haushaltsrechtliche Ermächtigung über im Eigentum des Bundes stehende Bestände an COVID-19-Impfstoffen und an Bedarfsmaterialien zur Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen zu verfügen. Durch die vorgeschlagene Bestimmung soll eine derartige haushaltsrechtliche Ermächtigung – in inhaltlicher Übereinstimmung mit der bestehenden Regelung – auch für den Zeitraum Jänner bis Juni 2024 geschaffen werden.
Dies gilt auch für die Ermächtigung über COVID-19-Arzneimittel zu verfügen, diese soll bis 30. April 2024 geschaffen werden.
Zu Art. 2 Z 4 (§ 408a GSVG):
Es wird ein redaktionelles Versehen bereinigt.
Zu Art. 5
Die Nummerierung der Ziffern soll berichtigt werden.
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, wurde in den Grundzügen erläutert und auch an die Abgeordneten verteilt.
Herr Abgeordneter Gerald Loacker, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt manchmal unterschiedliche Meinungen, und das muss eine Demokratie auf jeden Fall aushalten, aber: Kollegin Zopf, das war jetzt einfach neben der Spur. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Lopatka. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Keck: Da klatscht sogar die ÖVP mit!)
Vorzurechnen, welche Fraktion welche Geburtenrate hat: Was soll denn das für ein Beitrag zur Qualität der Diskussion in diesem Haus sein? (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen sowie des Abg. Lopatka.) Es gibt in allen Fraktionen Mandatare mit und ohne Kinder, und das sagt über die Qualität der Arbeit dieser einzelnen Mandatare überhaupt nichts aus. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen. – Abg. Hörl: Kollege Loacker, danke für die Verteidigung!) – Ja, da bin ich mit Kollegen Hörl einer Meinung, und es freut mich. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)
Zur Frage der Reform im Pensionsrecht, die hier von den Mehrheitsparteien vorgelegt wird: Wenn jemand in Pension gegangen ist und neben der Pension gearbeitet hat, hat diese Person bisher trotzdem noch Pensionsversicherungsbeiträge zahlen müssen und dafür im nächsten Jahr über die besondere Höherversicherung eine etwas höhere Pension bekommen. Jetzt kann man sich zu Recht fragen: Ist es gescheit, dass jemand in der Pension, also wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, noch Versicherungsbeiträge zahlen muss?
Da hat die Regierung einen richtigen Gedankenschritt gemacht und gesagt: Ja, man soll dann keine Versicherungsbeiträge mehr zahlen!, aber nicht, ohne nahtlos einen falschen Gedankenschritt anzuhängen und zu sagen: Die Republik übernimmt jetzt für diese Personen die Pensionsversicherungsbeiträge, und diese erhalten dann trotzdem eine höhere Pension, ohne dass sie selbst höhere Beiträge gezahlt haben. – Wem fällt denn das ein? Es wird also noch mehr Geld aus dem Budget ins Pensionssystem hineingeschüttet – und das für eine privilegierte Gruppe, denn man muss sich überlegen: Was sind denn das für Menschen, die in der gesundheitlichen Verfassung sind, dass sie im Pensionsalter noch arbeiten können? – Das sind wahrscheinlich keine Dachdecker, keine Maurer, das sind wahrscheinlich eher Leute, die Kopfarbeiter sind, die gesundheitsschonende Berufe gehabt haben, die man auch im Alter von 67, 68, 69 Jahren noch ausüben kann. Diesen Menschen, die in einer besseren Situation sind als die anderen, zahlen Sie jetzt noch die Pensionsversicherungsbeiträge, damit sie nachher eine Höherversicherung bekommen. Ich weiß nicht, wem das einfällt und was das mit Gerechtigkeit zu tun haben soll. (Beifall bei den NEOS.)
Sie hebeln das Versicherungsprinzip aus, aber wahrscheinlich deshalb, weil es eh schon wurscht ist. Die Pensionsversicherung ist so ein Riesenloch, dass es egal ist, wenn wir das Loch noch weiter aufreißen. Es geht nicht darum, dass die Menschen in der Pension länger arbeiten, sie sollen vor der Pension länger arbeiten – und dafür leisten Sie überhaupt keinen Beitrag.
Was dann noch ins Treffen geführt wurde, ist: Es gibt jetzt einen Schadenersatz für Teilzeitkräfte, denen der Arbeitgeber nicht aktiv eine Vollzeitstelle, die er intern ausschreibt, angeboten hat. Für wie dumm halten Sie eigentlich die Arbeitgeber? Ein Arbeitgeber, der eine Vollzeitstelle hat und der in seinem Betrieb eine geeignete Teilzeitkraft hat, wird doch nicht einen Personalsuchprozess anwerfen und extern Leute suchen, wenn er sie intern hat. (Abg. Wurm: Da hast du recht, Gerald!) Was ist denn das für ein Gesetz? Für wie dumm halten Sie die Arbeitgeber? (Beifall bei den NEOS.)
Da merkt man, dass aus der ÖVP eine Partei der Beamten und Bauern geworden ist, weil von Unternehmertum versteht dort drüben keiner mehr was (Abg. Hörl: Ja hallo!), und jene, die etwas verstehen, dürfen nichts mehr sagen. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Daher kommen solche Gesetze zustande. Es wäre also manchmal besser, die Mehrheitspartei macht kein Gesetz, als solche vorzulegen, wie wir es jetzt da haben. (Beifall bei den NEOS.)
17.52
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuschauer:innen und Zuhörer:innen! Wir beschließen heute Anreize für freiwilliges Arbeiten in der Pension nach dem gesetzlichen Pensionsantritt – ja, auch das gibt es. Für viele Menschen ist es sinnerfüllend, zu arbeiten, sie sehen ihre Arbeit als einen wichtigen Beitrag in der Gesellschaft, sie finden einen Sinn in ihrer Arbeit und auch etwas besonders Wertvolles. Ich glaube, das ist auch eine ganz besondere Voraussetzung, um zufrieden zu sein.
Es gibt eben auch viele ältere Menschen, Menschen, die in Pension gehen, die nach dem Antritt der Pension weiter arbeiten wollen. Das sind vielleicht 10, 15 Stunden oder ein Tag in der Woche. Das ist sehr wohl etwas, was auch die Wirtschaft betrifft, denn wir in der Wirtschaft brauchen dieses Know-how, wir brauchen diesen Wissenstransfer. Die ältere Generation kann zum Beispiel der jungen Generation da sehr, sehr viel mitgeben. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt auch in Bezug auf dieses Leistungspaket: das Know-how, das wir verlieren, das wir aber sehr gerne in der Wirtschaft haben und erhalten möchten. Da geht es um viele Bereiche, um handwerkliche Bereiche, um den Tourismus, um die Arbeit in Büros, auch in der Pflege, wo es sehr oft
Pfleger:innen gibt oder diplomiertes Personal, das sagt: Ich bin auch bereit, noch einige Stunden die jüngeren Kolleg:innen einzuschulen und einzuarbeiten.
Wir beschließen ein Leistungspaket, meine Damen und Herren – ja, und vielleicht ist es auch nur ein erster Schritt, aber wir beschließen ein Leistungspaket –, das mit Sicherheit Anreize und auch Begünstigungen für jene schafft, die bereit sind, mehr zu arbeiten, die auch bereit sind, länger zu arbeiten.
Es wurde schon gesagt: Wir beschließen höhere Freibeträge für Überstunden, die Pensionsbeiträge werden zum Teil vom Bund übernommen und entfallen bis zur doppelten Geringfügigkeitsgrenze – das kann man jetzt kritisieren, ja, aber ich denke, es ist eine Möglichkeit, einen Anreiz zu schaffen –, und wir beschließen auch die Erhöhung des Bonus für das Hinauszögern des Pensionsantritts; das heißt, wer über das Regelalter hinaus tätig ist, erhielt bisher 4,2 Prozent, dieser Bonus wird jetzt auf 5,1 Prozent erhöht.
Meine Damen und Herren, dieses Leistungspaket soll 2025 evaluiert werden. Ich denke, dass wir dann sehen werden, was wie angenommen wurde. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir da auch weitere Schritte finden und weitere Schritte schaffen, die sinnvoll und auch möglich sind.
Wieso die SPÖ da jetzt überall dagegenstimmt, Herr Kollege Muchitsch, das weiß ich nicht, denn euer Pensionistenverbandsobmann von Klagenfurt, jetzt Bundesrat hier im Hohen Haus – Philip, dein Freund (Abg. Kucher: Und deiner!), auch meiner –, hat genau das vor der Landtagswahl gefordert. Du kannst das in den Medien nachlesen: Er hat als Pensionistenverbandsobmann genau das gefordert, um ältere Menschen zu motivieren, eben nach der Pension ihr Know-how weiterzugeben und weiterzuarbeiten.
Ich halte auch – obwohl das kritisiert wurde – diese Bewusstseinsbildung und auch die Informationspflicht ab dem 57. Lebensjahr für eine sehr, sehr wichtige
Maßnahme. Was kann daran schlecht sein, wenn man zu einem Informationsgespräch einlädt? Meine Erfahrung als Unternehmerin ist die, dass es da sehr viel Desinformation gibt.
Wir vonseiten unserer Fraktion und diese Bundesregierung arbeiten jedenfalls mit aller Kraft für die Menschen in diesem Land, und ich glaube, dass sowohl die Wirtschaft als auch die älteren Menschen von diesem Leistungspaket profitieren werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
17.56
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte sehr.
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung macht einen Vorschlag zum Thema Pension, und dieser Vorschlag ist total aus dem Leben gegriffen, nämlich aus dem Leben von Menschen, die es sich immer leicht regeln können. Stellt euch aber vor, wie viele Bauarbeiter es in Österreich geben wird, die nach 65 weiterarbeiten wollen! Wie viele Monteure oder Stahlbautechniker wird es geben, die nach 65 noch weiterarbeiten können? Sagt mir bitte eine Krankenpflegerin oder einen Krankenpfleger, der nach 65 noch weiterarbeiten kann! Möglicherweise gibt es den einen oder anderen in Österreich, bei dem das geht (Abg. Bogner-Strauß: Natürlich gibt es sie, aber es geht um jeden Einzelnen und jede Einzelne!), die Masse wird es jedoch nicht sein.
Welche Personengruppen werden nach 65 noch arbeiten? – Ich kann mir vorstellen, dass das Ziviltechniker sind, ich kann mir vorstellen, dass das Architekten sind, ich kann mir auch vorstellen, dass das Rechtsanwälte sind. Bei den Beamten ist es nicht so, denn da liegt das durchschnittliche Pensionsalter bei 62 Jahren. (Abg. Steinacker: Wieso? ..., die müssen gesetzlich gehen!)
Also wem nützt diese Regelung? – Diese Regelung nützt nur ganz, ganz wenigen und sie trifft nicht jene, die ihr ganzes Leben lang ihre Arbeitskraft eingebracht haben und Österreich aufbauen. In diesem Sinn ist diese Regelung, die die Bundesregierung da vorschlägt, schlicht und einfach daneben und nützt niemandem.
Wenn man möchte – und Abgeordneter Muchitsch hat das ausgeführt –, dass die Menschen später in Pension gehen, dann muss man bei den Lebens- und Arbeitsbedingungen etwas tun. Wenn wir da ein Jahr dazugewinnen wollen, beim späterer Pensionsantritt, dann liegt das an den Arbeitsbedingungen, und dazu schlägt die Regierung nichts vor.
Jetzt zu dem Abänderungsantrag: Entschuldigung, aber da macht man das weiter, was man bisher schon schlecht gemacht hat: Zwei unterschiedliche Datumsgrenzen werden eingeführt, nämlich der 31. Jänner und der 31. März 2024. – Entschuldigung, das ist wie übermorgen, da sollte man etwas länger hineinschauen!
Dann steht drinnen: Der Bundesminister ist ermächtigt, über Medikamente zu verfügen, die der Bund angekauft hat. – Entschuldigung: Wer sonst, wenn nicht der Bundesminister, ist ermächtigt? Da braucht man keine gesetzliche Änderung, wir brauchen da keine Husch-Pfusch-Abänderungsanträge, sondern wir erwarten von einer Bundesregierung, dass sie langfristig und sicher plant. Mit diesem Abänderungsantrag zeigt man eigentlich, dass man aus den letzten vier Jahren nichts dazugelernt hat. In diesem Sinne werden wir dem die Ablehnung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.59
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.
18.00
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Frau Kollegin Zopf, vielleicht noch einmal kurz zur Aufklärung: Wir haben jetzt bei uns im Klub nachgerechnet: Eindeutiger Sieger als Familienpartei sind die Freiheitlichen. Wir liegen im Durchschnitt bei 2,4, und wir arbeiten wöchentlich daran, das zu verbessern. Es ist also ein eindeutiges Ergebnis und ein Sieg für die FPÖ. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Disoski: Bitte, Peter, hör auf!)
Gut, zurück zur ernsten Realität des politischen Alltags: Herr Minister! Werte Kollegen von ÖVP und Grünen! Ihr habt da jetzt etwas vorgelegt, und ich darf sagen, das ist jetzt nicht ein Schritt in die richtige Richtung, sondern das ist maximal ein Stolpern in die richtige Richtung, was da jetzt vorliegt. Für die Zuschauer zur Erklärung: Wie Sie vielleicht wissen, haben wir ein großes Problem. Wir haben mehrere Probleme, aber am Arbeitsmarkt haben wir ein großes Problem. Es gibt aufgrund der unqualifizierten Zuwanderung der letzten Jahre und Jahrzehnte zwar über eine halbe Million Menschen, die am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind, aber auf der anderen Seite natürlich Unternehmer, die händeringend Arbeitskräfte suchen. Um dieses Loch zu schließen, möchte man jetzt die Maßnahme setzen, dass Menschen in der Pension freiwillig – vielleicht noch – ihre Kompetenz, ihre Arbeitsleistung zur Verfügung stellen.
Dagegen spricht grundsätzlich nichts, wenn es freiwillig ist. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass es genügend Menschen gibt – auch im Pflegebereich, auch in Handwerksberufen –, die in der Pension noch gerne 10, 15 Stunden arbeiten würden, etwas dazuverdienen würden. Deshalb haben wir schon vor vielen Jahren einen ganz konkreten Antrag eingebracht, um diesen Menschen dieses Arbeiten in der Pension entsprechend einfach und auch lukrativ zu machen. Das, was die Regierung jetzt macht, ist, dass sie halt ein kleines Pflaster draufpickt, aber im Endeffekt wird sie niemanden dazu bewegen, in der Pension freiwillig zu arbeiten, weil sie weiterhin Finanzamts- und
Sozialversicherungsabgaben zahlen müssen. Das kleine Pflaster, dieser Freibetrag bis 1 000 Euro in Bezug auf die Pensionsbeiträge wird die Welt nicht retten. Das haben wir auch im Ausschuss ganz eindeutig angesprochen.
Dagegen, den Bonus zu erhöhen, wenn man grundsätzlich länger arbeitet, spricht nichts. Das ist eine kleine Verbesserung von 4,2 auf 5,1 Prozent. (Abg. Scheucher-Pichler: Das ist schon eine Verbesserung! Stimmt ja, hallo!) Das kann man machen, wird die Welt aber auch nicht retten.
Da es ja heute schon einmal gefallen ist: Diese Information betreffend Pensionskonto halten wir für sinnvoll. Wir haben auch schon viele, viele Jahre gefordert, das überhaupt regelmäßiger zu machen und auch schon bei jungen Menschen anzufangen, sie auf dieses Thema einzustimmen, weil es zu spät ist, wenn man erst mit 55 den Pensionskontostand erfährt. Ich glaube, man sollte jedem klarmachen, dass das Pensionssystem, das Pensionskontosystem für jeden ein wichtiges Instrument ist, um die eigene Zukunft zu planen. Deshalb unterstützen wir diese Maßnahme, würden aber vorschlagen, wesentlich früher mit dieser Information proaktiv zu beginnen, damit jedem klar ist, wie möglicherweise die eigene Pension ausschauen wird, wenn man arbeiten geht und ins System einzahlt.
Summa summarum ist das also ein Stolpern in die richtige Richtung, aber kein großer Schritt oder kein Schritt. Ja, was soll man sagen? – Wir erwarten auch nicht mehr allzu viel von dieser Bundesregierung, das ist, glaube ich, klar. Es ist zumindest ein kleines Stolpern in die richtige Richtung, aber nicht das, was der Arbeitsmarkt in Österreich brauchen würde.
Die Unternehmer werden weiterhin auf qualifiziertes Personal hoffen müssen, und die halbe Million unqualifizierte Menschen, die in den Arbeitsmarkt zugewandert sind, werden die Steuerzahler weiter alimentieren müssen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
18.03
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vielleicht muss man zunächst einmal festhalten, dass in Bezug auf die Pensionen – und nicht nur da – die größte Ungerechtigkeit und Ungleichheit zwischen Männern und Frauen besteht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scheucher-Pichler.) Die zu beseitigen halte ich wohl auch für eine Aufgabe. (Abg. Loacker: Weil die Frauen länger leben, oder was?) Im Übrigen ist die beste Vorsorge gegen Altersarmut die Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen, die aber nur dann stattfinden kann, wenn die Kinderbetreuung entsprechend ausgebaut ist – das nur nebenbei. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Zum Thema: Es gibt nun einmal den Wunsch von zunehmend mehr Menschen, neben der Pension oder nach Pensionsantritt zu arbeiten. Das ist inzwischen längst nicht nur bei Selbstständigen, Bäuerinnen und Bauern oder den von Ihnen geschilderten Berufsgruppen so – nein! –, sondern breit verankert. Warum? – Weil Menschen, Gott sei Dank, im Alter – und ich rede nicht von Schwerarbeitsberufen – zunehmend in der Lage sind, das zu tun, und das auch wollen.
Mit dieser Maßnahme, nämlich mit dem Aussetzen der Arbeitnehmerbeiträge zur Pensionsversicherung für maximal zwei Jahre und der Evaluierung – wir schauen uns an, ob das funktioniert – findet keine Verdrängung Junger statt – es war uns wichtig, das auch so zu verankern –, nämlich deshalb nicht, weil Ältere eben nicht billiger werden. Es wird damit ein Schritt gesetzt, die Übergangsphase, die wir noch ausbaufähig vor uns haben, vom Erwerbsleben ins Pensionssystem einfach flexibler zu gestalten.
Erfahrungen mitgeben zu können, darauf sind Unternehmen angewiesen, das wird auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschätzt. Das sind eben
längst nicht nur Selbstständige. Es wird geschätzt, wenn man den Erfahrungsschatz, den man im Unternehmen aufgebaut hat, in einer Übergangsphase an die jüngeren Kolleginnen und Kollegen weitergeben kann – und die wird damit ermöglicht. Ich halte das für sinnvoll. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Ist seitens der Berichtserstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 9: Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023 in 2391 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Artikel 1, 2, 3 und 5 eingebracht.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist auch mit Mehrheit so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“.
Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2392 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2393 zur Kenntnis zu nehmen.
Wer spricht sich dafür aus? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2271 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kontroll- und Digitalisierungs-Durchführungsgesetz erlassen wird sowie das Tierseuchengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert werden (2357 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zum 12. Punkt unserer heutigen Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir behandeln jetzt ein Gesetz, mit dem das Kontroll- und Digitalisierungs-Durchführungsgesetz erlassen wird sowie das Tierseuchengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert werden.
Worum geht es da, meine Damen und Herren? – Der vorgelegte Gesetzentwurf dient der Koordinierung des fachlichen Zusammenwirkens von Bundes- und Landesbehörden in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Verbraucherschutz, Veterinärwesen und Tierschutz, soweit es die Zuständigkeit des Gesundheitsministers betrifft. Er regelt die Aspekte der Durchführung nach der Verordnung (EU) 2017/625 über amtliche Kontrolle und andere amtliche Tätigkeiten.
Diese umfassende Gesetzgebung ist ja grundsätzlich begrüßenswert, da die nationalen Vorschriften nunmehr mit mehreren Verordnungen der EU zusammengeführt werden, um die Vollziehung garantieren zu können. Die Gesetzgebung soll auch den aktuellen und zukünftigen Anforderungen sowie dem Zeitgeist in fachlicher, rechtlicher und technischer Weise angepasst sein. Wichtigster Inhalt ist das Bündel der Kontrollkompetenzen.
Meine Damen und Herren, aus unserer Sicht gibt es aber wesentliche Mängel an dieser Gesetzesvorlage. Ein Mangel besteht darin, dass die Tierschutzkontrolle nicht durch dieselben Organe, die die Veterinär- und Lebensmittelkontrolle durchführen, vollzogen wird. Somit ist der Veterinär, der im Schlachthof kontrolliert, bei diesem Gesetzentwurf nicht in die Stallkontrolle einbezogen. Das wäre aber für die Zusammenschau wesentlich. Gerade dieser Einblick in die Ställe würde der Kontrollperson Aufschluss über die Haltung der Tiere geben,
die dann im Schlachthof landen. Das ist unsere Kritik, darum werden wir nicht zustimmen.
Zum Tierschutz, weil ich gerade bei diesem Thema bin, eine Frage, Herr Minister: Kennen Sie die Familie Hubmann? Sagt Ihnen das etwas? – Die Familie Hubmann hat einen Schweinemastbetrieb in Sankt Pölten, der wirklich absolut tierschutzkonform gehalten wird. Das heißt, die Schweine werden im Freien gehalten, die können dort wühlen, das ist wirklich ein Topbetrieb. Dieser Betrieb soll jetzt durch die Bezirkshauptmannschaft Sankt Pölten mit dem Argument gesperrt werden, die Abscheidungen, die diese Schweine machen, belasten angeblich das Grundwasser. Es gibt zwar ein Privatgutachten, das ganz etwas anderes als die BH Sankt Pölten sagt, aber die bleiben dabei, obwohl dieser Betrieb wöchentlich oder alle 14 Tage seinen Standort wechselt, also obwohl die Schweine nicht immer im selben Bereich sind.
Eine BH wird einen Betrieb schließen, der absolut tierschutzkonform ist – aber einen Betrieb wie den in Traismauer, wir alle kennen ihn, lasst ihr offen! Es gibt nicht einmal ein Tierhalteverbot für den Landwirt, der ihn betreibt. Herr Minister, da sage ich schon: Man sollte sich nicht nur mit Katzerl, Lamperl, Hunden ablichten lassen, sondern einmal wirklich zu diesem Betrieb gehen, der die Schweine im Freien hält, und sich dafür einsetzen, diesen Betrieb zu halten. Er darf nicht geschlossen werden, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.) Ich fordere Sie auf, dort als Tierschutzminister einzugreifen und zu schauen, dass der Betrieb der Familie Hubmann, der wirklich absolut tierschutzkonform ist, auch erhalten bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)
18.12
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spoštovana
Visoka Hiša! Es ist das Kontroll- und Digitalisierungs-Durchführungsgesetz, kurz KoDiG, das wir hier heute beschließen. Es ist ein neues Gesetz und – wie mein Vorredner auch schon ausgeführt hat – schafft eine Rechtsgrundlage für das bereits etablierte fachliche Zusammenwirken der Behörden auf Bundesebene und auf Länderebene in Bereichen der Lebensmittelsicherheit, des Verbraucherschutzes, des Veterinärwesens und des Tierschutzes.
Das ist eine Neuerung, die einige bürokratische Hürden abschaffen wird. Es kommt nämlich zur Regelung der Aufgaben und der nationalen Zuständigkeiten bezüglich der bundesweiten Umsetzung der EU-Kontrollverordnungen. Das fassen wir jetzt zusammen, denn es geht ja auch darum, dass wir unterschiedliche Datenbanken, die bereits jetzt existieren, die einzeln gespeist wurden, zusammenführen und auch unterschiedliche Datenbanken für eine größere Datenbank herangezogen werden können. Das erleichtert die Kontrolle, das erleichtert die Risikobewertung, und am Ende des Tages ist es für unser aller Gesundheit auch bedeutend, weil es auch bei epidemiologischen Erhebungen Erleichterungen bringen wird. Wir ermöglichen damit eine in Zukunft noch viel stärkere risikobasierte Kontrolle, und das ist genau im Bereich der Lebensmittelsicherheit eine gute Nachricht.
Mein Kollege Keck hat gesagt, Tiergesundheit und Tierkontrolle beziehungsweise Lebensmittelkontrolle müssten im Stall beginnen, und hat gefragt, warum der Veterinär, der die Fleischbeschau im Schlachthof und die Tierbeschau in Lebendbeschau macht, nicht derselbe Tierarzt ist, der auch das Leben der Tiere am Hof begleitet. Es ist ganz einfach, ich sage es Ihnen aus der Praxis: Das wäre einfach nicht möglich.
Wie arbeiten wir Bäuerinnen und Bauern? – Sehr viele von uns, die meisten von uns sind in Qualitätsprogrammen, sei es bei der Milch, sei es beim Fleisch. In diesen Qualitätsprogrammen ist es mittlerweile State of the Art, dass wir Mitglieder beim Tiergesundheitsdienst sind. Das heißt, wir sind im stetigen Austausch mit unseren Tierärztinnen und Tierärzten, die aber auch ihre Aufgaben zu erfüllen haben. Wenn man bedenkt, dass wir in letzter Zeit immer
wieder unterschiedliche Skandale aufgedeckt haben, dann frage ich mich schon: Wo haben denn die Tierärztinnen und Tierärzte ihre Verantwortung wahrgenommen? Wo haben die denn hingeschaut? Wie ist es denn möglich, dass ein Tierarzt einfach nicht sieht, dass ein tierhaltender Betrieb in Schwierigkeiten rutscht?
Ich glaube, in Zukunft ist es nicht nur Aufgabe der Behörde, sondern auch in der Kooperation mit Tierärztinnen und Tierärzten, mit Qualitätsprogrammen dafür Sorge zu tragen, dass unsere Tiere auch anständig gehalten werden. Ich sehe da Bäuerinnen und Bauern als Partner, ich sehe sie da als wirklich vorbildlich aufgestellt. Es gibt darunter Betriebe, die wir nicht wollen, es gibt Betriebe, mit denen wir nicht d’accord gehen. Das haben wir in letzter Zeit auch ganz offen genauso geäußert – und wir haben es im Übrigen in den letzten Jahren geschafft, das Tierschutzgesetz so zu novellieren, dass es im Sinne der Tiere zu wesentlich höheren Standards kommt und zusätzlich bei den Qualitätsprogrammen ganz neue Schienen geschaffen wurden.
Das sollte der Weg sein, an dem wir gemeinsam im Sinne der Tiere, im Sinne unserer Gesundheit, im Sinne einer guten Kooperation zwischen kontrollierenden Behörden und produzierenden Betrieben weiterarbeiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.16
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.
Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen! Werte Zuseher! Genau diese Gesetzesvorlage zeigt uns aktuell, was in dieser Bundesregierung alles schiefläuft. Mit den Änderungen im Tierseuchengesetz will man vordergründig etwas Gutes tun und Verbesserungen schaffen, aber genau das Gegenteil ist der Fall, man
schafft nur Bürokratie, neue Behörden und neue Vorschriften. (Beifall bei der FPÖ.)
So passiert das auch bei wichtigen Themen aus Ihrem Haus, Herr Bundesminister. Sie machen den Eindruck eines orientierungslosen Läufers. Wenn die Medien oder jemand der vertrauten NGOs zuruft, beginnen Sie zu laufen, egal in welche Richtung. Am Rande der Laufstrecke merken Sie dann, dass die Zuschauer zurufen und sagen: Stopp, Herr Minister, verkehrte Richtung! – Dann pausieren Sie wieder, versuchen sich zu orientieren, und dann auf Zuruf beginnt das ganze Spiel wieder von Neuem, so wie wir es heuer schon ein paarmal erlebt haben. Das Spiel beginnt dann öfter wieder mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes, bei dem Sie wieder auf Zuruf von Medien drauflosgelaufen sind. Sie haben einen Schwung mitgebracht, sind wieder langsamer geworden, und Gott sei Dank sind Sie irgendwo stehen geblieben.
Aber damit waren weder Ruhe noch Halt eingetreten. Es hat wieder eine neue Verordnung gegeben, und die betrifft den Gebrauchshundesport. Da geht es wieder gleich los: Wieder auf Zuruf von Medien laufen und laufen Sie. Der Anlass war der tödliche Unfall in Oberösterreich, in Naarn, woraufhin Sie wieder mit Schnellschüssen agiert und dadurch eigentlich sehr viel zur Verunsicherung beigetragen haben. Es gibt jetzt in diese Richtung kein Vertrauen seitens der Tierliebhaber, der Tierfreunde, geschweige denn des Gebrauchshundesports.
Meine Frage ist jetzt, Herr Bundesminister: Warum treten Sie nicht von vornherein mit den Fachleuten, mit den sachkundigen Hundesportlern, mit den erfahrenen Betreuern in einen Dialog ein, um das Beste daraus zu machen? Sie haben bereits sehr viel Vertrauen in diese Richtung verspielt, es ist fast unmöglich, das wiederherzustellen.
Herr Bundesminister, mein Eindruck ist wirklich und tatsächlich, dass Sie froh sind, wenn diese schlechte Partnerschaft der Bundesregierung ein Ende hat – aber wir Freiheitlichen auch. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Keck.)
18.18
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Hechenberger. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Zu Beginn ist mir eines wichtig, wenn Kollege Kainz von der FPÖ sagt, es ist ein Bürokratieaufbau: Nein, es ist lediglich so, dass wir jahrzehntelang etablierte Abläufe in einen gesetzlichen Rahmen gießen.
Zweitens, denke ich, ist wichtig: Kollege Keck hat gesagt, es gibt keine Tierschutzkontrollen durch Veterinäre. Das stimmt nicht. (Abg. Keck: Habe ich auch nicht gesagt!) Crosscompliance wird von den Amtstierärzten in den Betrieben kontrolliert. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir das auch korrigieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Michael Hammer: Das ist die Unwissenheit!)
Aber zum eigentlichen Thema: Kollegin Voglauer hat einen Teil, den wir in einem Abänderungsantrag noch ergänzt haben, noch nicht erwähnt. Das darf ich jetzt machen. Wir sorgen uns in diesem Antrag auch sehr um die Zukunft unseres Trinkwassers. Ich muss sagen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, mich fasziniert es immer wieder, und ich bin sehr froh, dass ich hier daheim sein darf. Wenn man bei uns den Wasserhahn aufdreht, kommt bestes Trinkwasser aus dem Wasserhahn, und wir nehmen es nicht nur zum Autowaschen und für vieles andere mehr. Viele Länder auf der Welt würden sich freuen, wenn sie über solche Qualitäten verfügen würden.
An dieser Stelle wirklich auch meinerseits ein Danke an die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte – ich war selbst lange Gemeinderat und weiß, welch finanzielle Herausforderung es für eine Gemeinde ist, die Wasserversorgung
und ‑entsorgung zu gewährleisten, auch zukünftig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir haben ja mit dem Finanzausgleich letztendlich wieder geschafft, dass wir unsere Gemeinden entsprechend ausstatten und stärken, damit sie dieser wichtigen Aufgabe nachkommen können.
Des Weiteren hat unser Bundesminister Totschnig 143 Millionen Euro zusätzlich zur Sicherung der Trinkwasserversorgung verabschiedet. Ich glaube, das ist auch wichtig, weil es in Zeiten von Klimawandel, in Zeiten wachsender Herausforderungen umso wichtiger ist, dieses besondere Juwel, über das unser Land verfügt und über das wir als Bevölkerung verfügen, entsprechend zu schützen und für die Zukunft zu sichern.
Themenblock zwei, das Thema Tierseuchen: Ich möchte auch ganz kurz auf dieses Thema eingehen, weil ich gestern ein ausführliches Telefonat mit unserem Veterinärdirektor Dr. Sepp Kössler gehabt habe. Wir sind in Österreich immer den Weg des Ausmerzens der Tierseuchen gegangen. Bestes Beispiel ist für mich BVD, eine Viruserkrankung. In Österreich ist man in der Landwirtschaft hergegangen und hat diese Krankheit ausgemerzt, die Tiere, die erkrankt sind, sind aussortiert worden. Deutschland ist den Weg der Impfung gegangen. Was ist das Ergebnis? – Wir haben seit 17. Februar 2022 die absolute Freiheit.
Wenn man jetzt vonseiten der Freiheitlichen Partei von „Bürokratie“ spricht, ist eines klar: Wir haben uns diese Freiheit hart erworben, und jetzt gilt es natürlich, laufend zu überwachen, sodass diese Freiheit auch zukünftig aufrecht bleibt. Ich muss wirklich sagen, ich denke, das ist ein richtiger und guter Ansatz, weil letztendlich damit auch Exporte leichter möglich sind und wir den strengsten Standard Europas haben. Wir können stolz auf den Standard sein, den wir beim Thema Tierseuchen haben. Also wir sind ein sehr, sehr sicheres Land.
Themenblock drei, das Thema Lebensmittelsicherheit: Lebensmittelsicherheit ist, denke ich, das Entscheidende für uns. Wir brauchen einerseits gesundes Wasser, andererseits gesunde Tiere, gesunde Pflanzen, dann werden daraus mit der Unterstützung vieler Tausender fleißiger Bauernfamilienhände gesunde Lebensmittel produziert.
Was mich schon riesig freut, geschätzte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen: Bei den Untersuchungen sind über 99,5 Prozent der Proben sicher. Darauf können wir sehr, sehr stolz sein. Unsere Lebensmittel, die in Österreich produziert werden, die den Österreicherinnen und Österreichern angeboten werden, sind sicher, sind naturnah und somit letztendlich auch umweltschonend beziehungsweise nachhaltig produziert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Weil es mich so riesig freut, darf ich noch einen Aspekt erwähnen und mich ganz herzlich bei Kollegen Alexander Bernhuber, unserem EU-Abgeordneten, bedanken: Gestern ist im Europäischen Parlament mit sehr großer Zustimmung die sogenannte Frühstücksrichtlinie beschlossen worden. Unsere Imkerinnen und Imker leisten einen sehr, sehr wertvollen Beitrag, und zukünftig soll, wenn die Dialogverhandlungen positiv verlaufen, auch gekennzeichnet werden, woher der Honig kommt. Ich denke, das ist ein wichtiger Ansatz, damit wir letztendlich mehr Transparenz auf dem Teller für unsere Konsumentinnen und Konsumenten schaffen.
In diesem Sinne, zusammenfassend: Dieser Gesetzentwurf ist eine Bündelung von etablierten Aktivitäten, die wir bereits über viele Jahre gesetzt haben, ist kein Bürokratiemonster, sondern eine wichtige Weichenstellung, und deshalb hoffe ich, dass wir mit weit überwiegender Mehrheit diesem Gesetzentwurf zustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
18.24
Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Frau Abgeordneter Alexandra Tanda das Wort. – Bitte.
Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vor diversen Endgeräten, Smartphones und so weiter! Hinter diesem sperrigen Gesetzestitel, den wir haben, Kontroll- und Digitalisierungs-Durchführungsgesetz, Lebensmittelsicherheitsgesetz, steht das Hauptanliegen der EU, die Lebensmittel für Europa gesünder und nachhaltiger zu machen.
Mit diesem Gesetzentwurf werden die rechtlichen Bestimmungen in mehreren Vorschriften, die es ja schon seit vielen Jahren gibt, die etabliert sind, bei denen besonders auch Österreich oft weit in Vorleistung geht, nun gebündelt und digital in einem Verbrauchergesundheitsregister erfasst.
Die Strategie Vom Hof auf den Tisch garantiert uns allen, einen Wandel bei der Erzeugung und beim Konsum von Lebensmitteln herbeizuführen. Die Einhaltung der hohen Qualitätsstandards in den Lebensmittelsystemen der gesamten EU garantiert uns auch die Verringerung des ökologischen Fußabdrucks bei der Produktion, beim Transport, bei der Verpackung, macht uns krisensicherer und gewährleistet auch, dass zukünftige Generationen gesunde und erschwingliche Lebensmittel zur Verfügung haben, und das ist ja unser aller Herzensanliegen.
Maßnahmen auf dem zu gehenden Weg, damit wir wirklich unsere Versorgung umweltfreundlich vom Hof auf den Tisch ermöglichen: Dazu zählt die Ausweitung der für ökologische und biologische Landwirtschaft genutzten Flächen. Österreich ist da Vorreiter in der EU. Bereits 26 Prozent der Flächen werden biologisch bewirtschaftet, und 23 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe sind Biobetriebe. Im Vergleich dazu: In Frankreich sind es nur 4 Prozent der Flächen.
Die Förderung eines nachhaltigeren Lebensmittelkonsumverhaltens und einer gesünderen Ernährung: Dazu gehört ein gezielteres Einkaufen – ich weiß, man sagt das immer wieder: nicht hungrig einkaufen, nichts wegwerfen, sondern alles verwenden, Mindesthaltbarkeit heiß nicht Ablaufdatum. Ich appelliere immer wieder an alle, weil wir auch Tafelbetreiber sind: Nützen Sie bitte Ihre Sinne! Riechen Sie, schmecken Sie! Verarbeiten Sie die Dinge, die Sie nicht gleich brauchen! Alle haben einen Tiefkühler.
Dieser Punkt ist mir wirklich ein besonderes Anliegen, auch weil ich Gärtnerin bin. Also ich bin eine Gärtnerstochter, komme aus einem Gärtnereibetrieb. Man kann Dinge noch so lange verwenden.
Verringerung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung: Da sind auch die großen Ketten gefordert. Um 18 Uhr muss man etwas leerere Regale bitte aushalten, und was zu viel ist, kann man an die Team Österreich Tafel vom Roten Kreuz und an diverse Organisationen weitergeben.
Die Verbesserung des Tierwohls, nachhaltiger Wasserschutz: Gerade wir in Österreich sind ja mit unserem Wasserreichtum in Trinkwasserqualität gesegnet. Unser Hochquellwasser aus den Alpen hat beste Trinkwasserqualität. Österreich belegt da laut Unesco-Wasserbericht den 18. Platz von 122 untersuchten Ländern.
Diese Regelungen der EU, die wir national alle befolgen, stellen also sicher, dass Produkte in höchster Qualität in unseren Haushalten auf den Tisch kommen.
Zum Abschluss möchte ich noch einen großen Dank an alle Bäuerinnen und Bauern, an alle Gärtnerinnen und Gärtner in Österreich aussprechen, die diese Rahmenbedingungen oftmals weit über das geforderte Maß hinaus erfüllen und mit Leidenschaft, Herzblut und auch unternehmerischem Geschick ihre Betriebe leiten und unverzichtbare Partnerinnen und Partner bei der Lebensmittelversorgung in unserem Land sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich ersuche daher um breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
18.28
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Höfinger. – Bitte.
Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf aus spezieller Sicht an meine Vorrednerin anschließen, wenn es um die Lebensmittelproduktion und auch die Lebensmittelkontrolle – einen Teil dieses Gesetzespaketes – geht, nämlich aus der Sicht der bäuerlichen Direktvermarkter, denen ich in Niederösterreich als Obmann vorstehen darf. Die sind ja auch zu einem Großteil von diesem Gesetzentwurf erfasst, wenn sie Fleisch, Eier, Milch, Fisch erzeugen oder verarbeiten.
Ich denke, wir haben da eine sehr sensible Materie, die wir bei diesem Gesetzentwurf sehr ausgewogen betrachten müssen. Lassen Sie es mich vielleicht einmal so skizzieren: Unser Leben allgemein wird immer uniformer. Auf der ganzen Welt hört man die gleiche Musik, man sieht dieselben Filme, ja, man kleidet sich bei denselben Ketten ein, die um die ganze Welt ihr Netz gespannt haben.
Auch unsere Lebensmittelversorgung wird immer uniformer. Es gibt Ketten, die die ganze Welt umspannen, und daher wird unser Speisen- und Getränkeangebot immer mehr eingeschränkt. Doch in Österreich gibt es noch einen Bereich, der Traditionen, Werte und Spezialitäten aufrechthält, die langsam und sukzessive immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Das machen diese bäuerlichen Direktvermarkter in allen Regionen Österreichs im Jahreszyklus mit ganz speziellen Produkten, die wir so schätzen, die über Jahrzehnte und Generationen weitergegeben werden.
Damit das nicht verloren geht, müssen wir in diesem Gesetzentwurf sehr sensibel damit umgehen, denn das sind Familienbetriebe, das sind Kleinstbetriebe, vielleicht nur mit einem oder zwei Mitarbeitern. (Beifall bei der ÖVP.)
Diese bäuerlichen Familienbetriebe in der Direktvermarktung sind Spezialisten in drei Bereichen: Sie erzeugen den Rohstoff, sie verarbeiten das Produkt und vermarkten es. Dafür braucht man wahnsinnig viel Zeit, da muss man wahnsinnig viel Mühe hineinlegen, damit das dann auch wirklich klappt. Die haben im Rücken auch einen hohen Aufwand.
Daher, das ist meine Bitte an Sie: Gehen wir sehr sensibel um, wenn es um die Qualitätsauflagen für diese Betriebe geht! Wir sind vorne mit dabei, wir sagen, ja, wir erfüllen alles, aber bitte nicht mit Bürokratie überschütten, nicht mit überbordender Kontrolle und dann vielleicht auch mit nachgelagerten Kosten überschütten. – Das ist meine Bitte zu diesem Gesetzentwurf. – Ich bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. – Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, darf ich Sie bitten?
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2357 der Beilagen.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
13. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2315 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Finanzierung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Bereitstellung von Frühen Hilfen in Österreich („Frühe-Hilfen-Vereinbarung“) (2358 d.B.)
14. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3722/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2359 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 13 und 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Werner. (Ruf bei den NEOS: Sie ist nicht da!) – Dann ist, da sie nicht im Saal ist, der nächste Redner Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie beziehungsweise zu Hause vor den Bildschirmen! Beim vorliegenden Tagesordnungspunkt diskutieren wir über die sogenannten Frühen Hilfen.
Es handelt sich um ein seit über zwölf Jahren bestehendes Angebot für frischgebackene Mütter, Väter, für Familien in durchaus sehr herausfordernden Situationen. Die Geburt eines Kindes kann in manchen Fällen auch zu einer
Belastung werden, wenn die Rahmenbedingungen eben nicht so sind, wie in der Bawag-Werbung aus den 1980er-Jahren, an die sich wahrscheinlich viele von uns hier herinnen noch erinnern.
Wenn eben nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, sondern die Situation für junge Mütter, für junge Väter belastend ist, dann hat das ja auch Auswirkungen auf die neugeborenen Kinder. Um da einzugreifen, um eben da Hilfestellungen zu ermöglichen, gibt es dieses Netzwerk, gibt es die sogenannten Frühen Hilfen.
Das österreichische Angebot in diesem Zusammenhang ist auf europäischer Ebene betrachtet ein Best-Practice-Modell. Es ist etwas, das auch in den letzten Jahren durch die EU mitfinanziert wurde. Im Zuge des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden hat man sich jetzt dazu entschlossen, das Ganze auf eine langfristigere Finanzierung zu stellen, eben zu schauen, dass das Ganze durch das FAG langfristig abgesichert wird. Gleichzeitig möchte man das nicht wie bisher nur mit 15 Millionen Euro dotieren, sondern die Mittel auf bis zu 21 Millionen Euro aufstocken.
Das heißt, wir gehen da den Weg, ein sehr gutes Modell, eine sehr gute Unterstützungsleistung für Familien in speziellen Situationen nicht nur abzusichern, sondern auch auszubauen und damit auch sicherzustellen, dass das Ganze nicht nur in einzelnen Regionen hier im Land verfügbar ist, sondern über kurz oder lang in ganz Österreich überall gleich niederschwellig und gleich gut verfügbar angeboten werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Worum geht es? – Ich habe mir zum Beispiel jetzt einmal rausgesucht, dass bei uns in Oberösterreich Projekte zu folgenden Themen unterstützt werden: Unsicherheiten im Umgang mit dem Kind oder Überforderung; psychosoziale Belastung und psychische Erkrankungen; Kinder mit Entwicklungsrisiken oder akuten chronischen Erkrankungen; sehr frühe oder auch sehr späte Elternschaft, die sich natürlich auch entsprechend auswirken kann; Beziehungskonflikte, die die Kinder auch entsprechend beeinträchtigen können, und natürlich auch
die Frage der Schwierigkeit, wenn die Eltern-Kind-Beziehung, die Bindung nicht so ausgeprägt ist, wie sie es sein sollte.
Also überall dort greifen diese Frühen Hilfen, überall dort wird unterstützt. Überall dort wird dafür gesorgt, dass diese Hilfe, die nunmehr im FAG verankert ist, niederschwellig, einfach und gut ankommt. Wir alle wissen: Was im FAG verankert ist, wird normalerweise dann auch nicht mehr rauskommen.
Von daher: Sehen Sie es als langfristige Absicherung, über diese fünf Jahre hinaus! – Ich bitte um breite Zustimmung. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)
18.36
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Katharina Werner hier und gelangt zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Danke schön! Manchmal sind die Wege in diesem Haus doch länger, als man denkt.
Wenn wir über die Frühen Hilfen reden, dann reden wir über Chancengerechtigkeit. Ich glaube, dass es auch gut ist, gerade an einem Tag, an dem wir in der Früh begonnen haben, über die Mängel im Gesundheitssystem zu reden, auch einmal über die positiven Seiten zu reden.
Kollege Schallmeiner hat ja schon verschiedene Frühe Hilfen genannt. Frühe Hilfen setzen meistens schon an, bevor das Kind überhaupt auf der Welt ist, eben weil die Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes eine Umbruchphase für eine Familie ist. Es gibt ein ganzes Netzwerk an Akteuren, die das Ganze dann tragen, von Gynäkologen über Hebammen, Sozialarbeiter:innen in den Gemeinden. Es geht darum, dass man ohne Stigmatisierung schaut, ob die Familie alles Notwendige hat, was eine junge Familie braucht, ob es eben keine Überforderung gibt oder ob das Kind altersgemäß entwickelt ist. Wenn dem nicht so ist, wird einfach geholfen.
Ja, das ist jeden Cent wert, deshalb stimmen wir da der ASVG-Novelle ja auch zu. Das System dieser Frühen Hilfen gibt es schon seit zehn Jahren. Es ist gut, dass es jetzt aus dieser Gesundheitsprävention herausgelöst und selbst abgesichert wird. Wir sehen aber natürlich auch noch immer die Mängel und dieses Thema ist einfach noch nicht erledigt, zum Beispiel fehlen in vielen Bundesländern und in vielen Gemeinden auch die Mitarbeiter. Wir bräuchten dringend einen Ausbau der Fachhochschulstellen und der Studienplätze, damit dieses Personal ausgebildet werden kann.
Der 15a-Vereinbarung stimmen wir eben nicht zu. Warum? – Das System funktioniert seit zehn Jahren, und jetzt will man ein Beratungsgremium drüberstellen. Das ist wieder Bürokratieaufbau statt Bürokratieabbau. Wir sehen einfach den Sinn dahinter nicht.
Auch die Abstimmung der Systeme: Wie funktionieren die Frühen Hilfen in Zukunft mit dem neuen Eltern-Kind-Pass? Wie wird es mit dem Angebot der Familienberatungsstellen in Zukunft abgestimmt? Das ist einfach auch nicht drinnen und unzulänglich geklärt.
Es ist in dieser 15a-Vereinbarung auch eine Deckelung drinnen, nämlich mit den bis zu 21 Millionen Euro. Das heißt, wenn man da wieder mehr Geld hineingeben möchte, weil man sieht, dass es einfach wichtig und richtig und gut wäre, dann müsste man diese 15a-Vereinbarung wieder aufmachen und wieder neu verhandeln.
Also: Die Absicherung dieser Frühen Hilfen ist gut und wichtig und richtig, wir würden uns aber wünschen, dass das noch ordentlicher und besser gemacht wird. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
18.39
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtinger zu Wort. – Bitte.
18.39
Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir stellen uns jetzt vor, ein Vater ist zu Hause in Karenz mit zwei Windelkindern. Die Partnerin ist berufstätig, 40 Stunden. Er ist erkrankt. Die Oma arbeitet auch noch und ist 60 Kilometer weit entfernt. Wie schaut die Situation aus? – Es ist erlaubt, in solch einer Situation auch einmal überfordert zu sein. Es ist auch erlaubt, sich Hilfe zu suchen.
Nur ist die Problematik, dass man nicht darüber redet, wenn man Probleme hat, leider in unserer Gesellschaft noch sehr verhaftet. Es wird in der Familie nicht diskutiert, es wird immer alles schöngeredet. Man leistet sich da keine Hilfe, es funktioniert wie am Schnürchen. Die meiste Zeit sind es natürlich die Frauen, die diese Rolle einnehmen. Ich habe aber bewusst jetzt einmal diese Rolle gewählt, weil sie noch wesentlich unbekannter ist – und es wäre wünschenswert, wenn es in Österreich künftig häufiger der Fall wäre, dass Papas zu Hause bleiben, ihre Karenzzeiten wahrnehmen können und auch sehen, welche Herausforderungen neben Haushalt, Kinderbetreuung und vielem mehr tagtäglich bewältigt werden müssen.
Hier kommt eben diese tolle Organisation in diesen Funktionen ins Spiel, und zwar sind die Familienbegleiter:innen tagtäglich unterwegs, schauen, dass sie auf niederschwellige Art und Weise Familien und Alleinerziehende unterstützen und ihnen die Auszeit geben, die sie vielleicht einmal brauchen, wenn sie niemanden haben. Rund um die Uhr ein kleines Kind an der Seite zu haben kann wunderschön, aber wirklich auch sehr, sehr anstrengend sein. Es braucht auch da einmal eine Pause – und die ist gerechtfertigt und wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)
Daher sind diese Netzwerke, die diese Familienbegleiter:innen mit sich bringen, so essenziell. Es ist so wichtig, Herr Minister, dass wir dieses Geld zur Verfügung haben und es investieren und schauen, dass diese Menschen unterstützt
werden. Es ist wichtig, dass es kein Stigma ist, sich Hilfe zu holen, und dass auf dieser niederschwelligen Ebene, wenn Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern sehen, dass Familien Hilfe brauchen, nicht hinterrücks Anzeige erstattet wird oder Hinweise gegeben werden, sondern dass mit den Familien darüber gesprochen wird, ob man die Kontakte zu diesem Familiennetzwerk weitergeben darf. Diese Frauen, Männer, Hebammen, egal in welchem Bereich, kommen dann zu den Familien nach Hause, schauen sich die Situation an und begleiten sie viele, viele Monate oder Jahre – je nachdem, wie es gebraucht wird.
Das ist ein wichtiges, richtiges und gutes Zeichen. Da bin ich auch stolz auf Österreich, dass wir ein solch tolles Projekt jetzt endlich aus der Pilotprojektzeit rausholen und es endlich finanzieren – und das langfristig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.) Schließlich verdient es jede Familie und jedes Kind, die nötige Unterstützung für ein sorgenfreies Leben und eine tolle Zukunft zu haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Maurer.)
18.42
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.
Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Wenn ein Baum umfällt, dann hört das jeder, aber wie der Baum wächst, das hört keiner. – Mit diesem treffenden chinesischen Zitat wurde eines der Symposien in Österreich zum Thema „Frühe Hilfen“ statt später Aufschrei eingeleitet. Es ist tatsächlich so: Je früher eine Familie Hilfe erhält, desto besser ist es für die Eltern, für die Kinder und in weiterer Folge auch für die helfenden Netzwerke, die Betreuungseinrichtungen und später die Schule.
Wir sprechen hier von Angeboten, die es bereits jetzt in den Ländern und Bezirken für Familien mit Kindern von null bis drei Jahren gibt. Sie beraten,
begleiten und unterstützen. Diese Präventionsmaßnahmen setzen wirklich sehr bald an, und daher wirken sie auch sehr gut. Gesundheitliche Belastungen und Risiken können genauso erkannt werden wie soziale Komponenten. Es ist ein niederschwelliges Angebot und die Hilfe kann im eigenen Heim stattfinden.
Ja, wir haben es gehört: Für viele ist es sehr schwierig, sich vorzustellen, dass die große Freude, wenn das Baby da ist, in eine belastende Lebenssituation umschlagen könnte. Der Alltag ist aber in dieser neuen Familiensituation oft beschwerlich, und nicht alle jungen Eltern haben Familie, Freunde oder Nachbarn in der Nähe, die einspringen können oder dazu bereit sind. Es gibt verschiedene Ursachen: Erschöpfung nach der Geburt, vielleicht sind es Mehrlinge, vielleicht war es eine Frühgeburt, vielleicht ist der Elternteil alleinstehend. Es gibt eben viele Situationen, wo Frühe Hilfen ansetzen, um in weiterer Folge keinen Aufschrei erleben zu müssen.
Wir haben in den Ländern bereits viele Netzwerke und Kooperationspartner. Denken wir an die Kinderärzte, die Kinder- und Jugendhilfe und die Mutterberatungseinrichtungen! Es braucht eben oft schon während der Schwangerschaft Unterstützung, weil es notwendig ist. Das alles soll zu einer guten und gesunden Entwicklung beitragen, damit die Kinder in den ersten Jahren gestärkt und unterstützt aufwachsen können. Dafür gibt es mit dieser 15a-Vereinbarung Unterstützung vom Bund.
Ob diese neue Koordinationsgruppe tatsächlich notwendig ist, fragen wir uns schon auch, denn es gibt ja bereits sehr gute Strukturen, auf die zurückgegriffen werden könnte, die vielleicht nur besser koordiniert und vernetzt werden müssen. Grundsätzlich ist die Frühe-Hilfen-Vereinbarung, Herr Minister, wirklich das einzige unterstützenswerte Projekt dieser Gesundheitsreform. Diese finanzielle Absicherung begrüßen wir und darum werden wir dem auch heute zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Gute Rede!)
18.45
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.
Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Zuseher! Eine neue Lebenssituation wie eine Schwangerschaft oder das Leben mit einem Kleinkind stellt viele vor eine große Herausforderung, aber manchmal führt sie auch zu einer Überforderung. Und da gibt es das Erfolgsmodell von den Frühen Hilfen, durch die ein großer Beitrag geleistet wird, dass es eine gute Entwicklung in unserer Gesellschaft gibt.
Was sind eigentlich Frühe Hilfen? – Beratung und Begleitung während der Schwangerschaft und mit Kindern bis zum dritten Lebensjahr für Eltern und Familien, die besondere Belastungen haben. Dazu zählen finanzielle Sorgen, zu wenig Wohnraum, psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen, unerwünschte Schwangerschaft, minderjährige alleinerziehende Eltern, Frühgeburten, Mehrlingsgeburten, Erkrankungen oder Behinderungen.
Die Familienbegleiter:innen unterstützen jene Menschen kostenlos und vertraulich. Sie helfen, passende Unterstützungen zu suchen, und sie schaffen Bedingungen, dass Kinder sich bestmöglich entwickeln können. Gerade in den ersten Jahren entwickelt sich bei Kindern der Grundstein für die körperliche, emotionale und soziale Gesundheit und daher ist es in dieser sensiblen Phase ganz besonders wichtig, dass es Betreuung durch die Frühen Hilfen gibt.
Wenn wir jetzt schon das zehnjährige Bestehen feiern und diese Frühen Hilfen seit 2015 ein funktionierendes flächendeckendes Netzwerk in allen Bundesländern haben, so ist es schön, dass wir das jetzt etablieren können und auch für die Zukunft ausrichten. Mit den 15a-Vereinbarungen wird gewährleistet, dass die Frühen Hilfen von 2024 bis 2028 finanziert sind und somit weiter flächendeckend angeboten werden können. Es werden
jährlich 21 Millionen Euro in die Hand genommen und die Kosten werden zwischen Bund, Ländern und Kranken- und Pensionsversicherungsträgern gedrittelt. Im Antrag 3722 ist eben festgelegt, dass Krankenversicherung und Pensionsversicherung das Geld jeweils zur Hälfte beisteuern, und es wird auch die Entsendung von Menschen in das Gremium geregelt.
Ich möchte mich bei allen bedanken, auch bei den Ländern und den Versicherungen, dass sie einen Beitrag leisten, damit die Frühen Hilfen fortgesetzt werden können. Es ist wirklich eine wichtige Institution, die sehr gut für unser Land ist. Daher sichern wir sie für die Zukunft ab, damit wieder flächendeckend Hilfe verfügbar ist, und angeboten werden kann, auf niederschwellige Art für unsere Familien da zu sein.
Wir investieren damit in die Gesundheit und in die frühe Entwicklung unserer Kinder und legen damit einen Grundstein für eine positive Zukunft in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)
18.49
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bedanke mich zunächst für die doch eher breite Zustimmung zu diesem Punkt der Frühen Hilfen. Es wurde ja im Rahmen des Finanzausgleichs die flächendeckende bedarfsgerechte Bereitstellung der Frühen Hilfen in Österreich gesichert. Ich halte dies für eine ganz wichtige und – wie ich meine – unterschätzte Vereinbarung. Es war schließlich lange nicht klar, ob das gelingen kann. An sich wäre die Förderperiode ausgelaufen, und der Finanzausgleich war eine Möglichkeit, die Finanzierung zu sichern. Es wurde jetzt eine gemeinsame Finanzierung von Bund, Sozialversicherung und Ländern zu gleichen Teilen vereinbart – jährlich mit jeweils 7 Millionen Euro.
Und das ist gut, denn damit ist eines der wichtigsten und in der Fläche auch wirksamsten Projekte langfristig abgesichert. Es ist evident, dass die frühe Kindheit Basis für die Entwicklungschancen und die Gesundheit ist.
Über 10 000 Familien sind seit 2015 über dieses Projekt bereits bedarfsgerecht unterstützt worden. Es ist eine Zielgruppe, die Familien mit Säuglingen und Kleinkindern bis drei Jahren beginnend mit der Schwangerschaft umfasst, die von besonders belastenden Lebensumständen betroffen sind. Seit 2016 sind alle neun Bundesländer miteingebunden. Auch das ist ein hervorragendes Beispiel für Kooperation und Zusammenarbeit.
Im Jahr 2022 sind über 2 500 Familien unterstützt worden. Das jetzt mit diesem Beschluss absichern zu können, dafür möchte ich mich im Namen der betroffenen Familien und Kinder ausdrücklich bei Ihnen bedanken. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Gesundheitsausschusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz über die Finanzierung der flächendeckenden und bedarfsgerechten Bereitstellung von Frühen Hilfen in Österreich in 2315 der Beilagen zu genehmigen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.
Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2359 der Beilagen.
Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist einstimmig so angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2316 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit (2360 d.B.)
16. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2317 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, sowie über den
Antrag 548/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung der KH-Qualitätsindikatoren (A-IQI) auf KH-Standortebene sowie über den
Antrag 2914/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung strukturierter Versorgungsprogramme (2361 d.B.)
17. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Primärversorgungsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Gesundheitstelematikgesetz, das Bundesgesetz über die
Dokumentation im Gesundheitswesen, das Apothekengesetz, das Suchtmittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Gesundheitsqualitätsgesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 – VUG 2024) (2362 d.B.)
18. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3746/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Gesundheitsreform statt Verschlimmbesserung der Strukturen und der Versorgung im österreichischen Gesundheitswesen jetzt! (2363 d.B.)
19. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3518/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusätzliche Kassenvertragsstellen für Einzel- und Gruppenpraxen im Zuge der aktuellen Reform der Primärversorgungszentren (2364 d.B.)
20. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3317/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend endlich wirksame Maßnahmen gegen den Pflegepersonalmangel setzen (2365 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 15 bis 20, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erster Redner: Herr Klubobmann Philip Kucher. – Bitte.
18.52
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute ja vor Behandlung der Tagesordnung schon sehr ausführlich über die Zweiklassenmedizin in Österreich gesprochen, über den Finanzausgleich, wobei auch gesagt worden ist, dass da einiges gelungen ist, aber dass die Herausforderungen so groß sind, dass zu wenig nicht reichen wird, um unser Gesundheitssystem zu retten. Das ist vielleicht etwas unorthodox, aber das ist mir jetzt im Nachhinein einfach wichtig, dass ich heute nicht nur über die ÖVP und die Grünen diskutieren möchte, sondern vor allem auch die Beiträge der Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei und der NEOS zum Thema nehmen möchte, weil es eine derart zentrale Debatte ist: Kämpfen wir über alle Parteigrenzen hinweg dafür, dass alle Menschen eine gleich gute Versorgung haben und dass wir in Österreich garantieren, dass die Wartezeiten reduziert werden und unser Gesundheitssystem wieder zu den besten der Welt gehört!
Es hat da zwei Reden gegeben, die man einfach nicht so stehen lassen kann. Die eine Erzählung kommt von den NEOS, die sich allen Ernstes hierherstellen und auch medial behaupten, dass wir eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt haben und wie viel Geld Österreich denn nicht dafür ausgeben würde. Sie beschweren sich sozusagen sehr stark darüber, dass das Gesundheitssystem ein Fass ohne Boden wäre.
In allen politischen Sonntagsreden wird jeder von uns sagen: Da gibt es hunderttausend Baustellen und Schrauben, an denen man arbeiten und drehen kann, Reformen, Effizienzpotenziale. Das wird jeder unterschreiben.
Nur die Erzählung der NEOS ist natürlich nicht wahr. Wenn wir uns die öffentlichen Gesundheitsausgaben im europäischen Vergleich anschauen, dann sind wir weltweit und auch in Europa nicht an der Spitze, sondern wir sind in dem Bereich, bei den öffentlichen Zahlungen bestenfalls im Durchschnittsbereich. Wir liegen hinter Estland, sind da sozusagen im europäischen Mittelfeld. Das
Einzige, was uns in dem Bereich noch rettet, sind die privaten Zuzahlungen. Da reden wir von 11 Milliarden Euro pro Jahr, die die Menschen in Österreich inzwischen Tag für Tag aus der eigenen Brieftasche zahlen müssen, um unser Gesundheitssystem zu finanzieren. Das sind 1 000 Euro zusätzliche private Zahlungen pro Person in Österreich, und die Frage ist, ob wir uns damit abfinden wollen.
Die NEOS wollen ein privates Gesundheitssystem haben, die wollen das öffentliche Gesundheitssystem schwächen, und deswegen kommt immer wieder dieselbe Leier: viel zu viele Ausgaben. Sie vergessen aber, mit zu erzählen, dass unser Gesundheitssystem in Wahrheit durch private Zuzahlungen unterstützt wird. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Die zweite Erzählung ist von den Freiheitlichen gekommen, und die haben es uns schwerer gemacht. Man kann es sagen, wie es die Regierung erzählt: Das ist alles Weltklasse, es ist ein supertolles Budget und alles wird besser werden! – Man kann auch die Erzählung von Freiheitlichen und NEOS wählen und sagen: Es ist alles eine Katastrophe!
Gerhard Kaniak, ihr redet immer davon, dass ihr die Partei des kleinen Mannes seid, und in Wahrheit seid ihr in der Frage der Gesundheitsreform die Feigsten von allen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sagt mir einen einzigen Reformvorschlag, den ihr gebracht habt! Einen einzigen Reformvorschlag! – Und das tut mir deswegen so weh, weil mir heute so viele Menschen aus den Gesundheitsberufen geschrieben haben, die wirklich am Limit sind und nicht mehr weiterkönnen; Leute, die seit Monaten verzweifelt auf Arzttermine warten und keine Termine bekommen. Das sind ganz reale Schicksale von Menschen. Ihr sagt darauf als Antwort zu diesen Menschen: In Wahrheit tun wir gar nichts! – Ist das allen Ernstes euer Zugang?
Ihr seid ja verantwortlich gewesen, ihr seid mit Hartinger-Klein verantwortlich gewesen. Wir haben heute die Zahlen gehört. Im Jänner wird es einen
vernichtenden Rechnungshofbericht geben, der hoffentlich auch breit diskutiert werden wird, in dem man schwarz auf weiß nachlesen kann, dass die Kassenzerschlagung, die ihr als Blaue federführend verantwortet habt, dazu geführt hat, dass Eltern jetzt keine Kassenärzte mehr für ihre Kinder finden. Das sind Zahlen, die nachzulesen sind.
Die 200 Millionen Euro, die jedes Jahr fehlen, die ihr sozusagen an die Großspender der ÖVP weitergegeben habt – Steuerzuckerl für Konzerne, mehr Geld für Privatkliniken –, das war die Realität; ihr seid da ganz vorne mit dabei gewesen. Sie stellen sich dann heute hierher und sagen: Es ist völlig egal, dass wir die Sozialversicherung ausgeräumt haben! – Die Menschen spüren es tagtäglich, die Leute, die im Gesundheitsbereich arbeiten, und die Leute, die dringend einen Arzttermin brauchen. Das war die blaue Politik. Und du hast nicht einmal die Größe, dich heute hierherzustellen und dafür zu entschuldigen, was für einen Schaden für die Gesundheitsversorgung Hartinger Klein, die damals mit Kickl und Strache da vorne gesessen ist, in Wahrheit verursacht hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Deswegen darf ich noch einmal klar sagen: Ein Finanzausgleich ist besser als kein Finanzausgleich. Wir bekennen uns ganz klar dazu, dass wir gegen die Zweiklassenmedizin ankämpfen müssen, dass wir mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden müssen, dass es eine echte Pflegeoffensive braucht und dafür natürlich auch deutlich mehr Geld.
Noch einmal und zum letzten Mal noch eine Zahl: Wenn wir von einer Stärkung des niedergelassenen Bereiches reden, aber wissen, dass die Österreichische Gesundheitskasse in diesem Jahr ein Minus von 386 Millionen Euro budgetiert – minus 386 Millionen Euro! –, ist es dann ehrlich, zu sagen, dass alles besser wird, wenn sie ab nächstem Jahr 200 Millionen Euro dazubekommt?! Das wird sich einfach nicht ausgehen, und Ehrlichkeit ist in der Politik nicht das Schlechteste. Deswegen darf ich noch einmal bitten: Versuchen wir miteinander,
die Patientenmilliarde, die damals von ÖVP und FPÖ versprochen worden ist, auch zu beschließen und in die Wege zu leiten! (Beifall bei der SPÖ.)
18.57
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung: Herr Mag. Gerhard Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter. Sie kennen natürlich die Bestimmungen der Geschäftsordnung auf das Genaueste.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Klubobmann Kucher hat gesagt: „Die NEOS wollen ein privates Gesundheitssystem“.
Ich berichtige tatsächlich: Wir wollen ein Wahlrecht zwischen den bestehenden Trägern und wollten auch schon vor der Kassenfusion ein Wahlrecht für die Versicherten zwischen den bestehenden Trägern. Da die bestehenden Träger alle öffentlich sind, geht es nicht um ein privates System. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kucher: Und was ist mit den privaten Zuzahlungen?! – Abg. Einwallner: Nicht für dich! – Rufe bei der SPÖ: Das war ein Redebeitrag!)
18.58
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Klubvorsitzende Sigrid Maurer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher und insbesondere jene 100 Kärntnerinnen und Kärntner, die auf Einladung von Gabriel Obernosterer, einem sehr beliebten Kollegen von uns, hier heute auf der Galerie sind: Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)
So, wir reden hier heute über die Gesundheitsreform, und ich freue mich sehr, dass ich ausnahmsweise einmal zu späterer Stunde eine Rede halten darf, denn es ist damit wirklich etwas Großartiges gelungen. Der grüne Gesundheitsminister
legt die weitreichendste und tiefgehendste Gesundheitsreform seit Jahrzehnten vor. Es war uns wichtig, dass es kein Reförmchen ist. Das reicht da auch nicht. Wir haben auch nicht den einfachen Weg gewählt, sondern uns langen und sehr intensiven Verhandlungen gestellt. Wir setzen damit nicht nur die größten Veränderungen in unserem Gesundheitssystem seit Jahrzehnten um, sondern wir sorgen damit auch für Verbesserungen für eine extrem große Zahl an Menschen. Die Änderungen, die wir jetzt beschließen, betreffen den Alltag jeder und jedes Einzelnen in unserem Land.
In den Mittelpunkt dieser Reform stellen wir die Patientinnen und Patienten. Was erreichen wir für sie? – Einen raschen Termin bei der Fachärztin in der Nähe statt langer Wartezeiten und die bestmögliche Behandlung auf E-Card statt auf Kreditkarte. Dabei schaffen wir nicht nur neue Kassenstellen, wir sorgen auch dafür, dass diese schnell besetzt werden und vor allem, dass sie dort hinkommen, wo sie benötigt werden – ganz besonders dort, wo sie heute fehlen, und in den Fächern, wo Mangel besteht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Saxinger und Smolle.)
Wie gelingt uns das? – Es gelingt uns, indem wir das alte Machtdenken überwinden und die Einspruchsrechte der Ärztekammer abschaffen, die zu endlosen Verzögerungen geführt haben, die nicht zuletzt auch den Ärztinnen und Ärzten geschadet haben.
Wir bauen Primärversorgungszentren in ganz Österreich aus – mit längeren Öffnungszeiten auch am Wochenende. Wozu machen wir das? – Damit die Menschen nicht mehr mit einer Erkältung in die Spitalsambulanz ausweichen müssen. In diesen Fällen wird es überhaupt nicht mehr notwendig sein, sich krank in ein Wartezimmer zu setzen, denn künftig kann man sich per Videoanruf ärztlich beraten lassen, Symptome abklären oder ein Medikament verschrieben bekommen, das man einfach mit der E-Card in der Apotheke abholt.
Wir bauen die Vorsorge aus, um Erkrankungen zu verhindern, damit die Menschen ein längeres und gesundes Leben führen können. Wir verbessern die
elektronische Gesundheitsakte Elga – auch Wahlärztinnen und Wahlärzte müssen dort einheitlich dokumentieren. Warum ist das so wichtig? – Damit Patientinnen und Patienten ihre Krankengeschichte, Befunde oder Röntgenbilder immer bei der Hand haben und dadurch die bestmögliche Behandlung bekommen können.
Wir schaffen aber auch faire Arbeitsbedingungen für alle Menschen, die in Gesundheitsberufen arbeiten, und machen es attraktiv, eine Kassenstelle anzunehmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir haben uns darauf geeinigt, dass der Gesamtvertrag zwischen Sozialversicherung und Ärztekammer modernisiert und vereinheitlicht wird. Dann heißt es überall – vom Bodensee bis zum Neusiedler See –: gleiches Honorar für gleiche Leistung.
Nicht zuletzt geht es bei all diesen Schritten auch darum, dass wir die Spitäler entlasten. Wir hören die Hilferufe des Personals in den Krankenhäusern und wir handeln ganz entschieden. Wir stopfen nicht nur einzelne Löcher, wir verbessern die Strukturen dahinter, und das ist ein riesiger Meilenstein. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.) In neuen Spezialambulanzen und Tageskliniken können Untersuchungen und Eingriffe außerhalb der Spitäler durchgeführt werden.
Eines steht fest: Durchhalteparolen reichen nicht mehr aus. Menschen dürfen nicht monatelang auf einen wichtigen Arzttermin vertröstet werden. Deshalb nehmen wir jetzt all diese großen Veränderungen vor und investieren bis 2028 zusätzliche 14 Milliarden Euro in unser Gesundheitssystem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Für große Änderungen müssen bekanntlich große Widerstände überwunden werden, und manche haben im Vorfeld aus Angst vor der eigenen Entmachtung die schlimmsten Schreckgespenster an die Wand gemalt. Ich kann die dadurch ausgelöste Verunsicherung verstehen, es geht schließlich um das Wertvollste, was wir haben, um unsere Gesundheit. Daher ist es mir umso wichtiger, ganz klar
festzuhalten, dass sich all diese unwahren Behauptungen sehr einfach entkräften lassen.
Wir handeln mit dieser Reform im Sinne der Patientinnen und Patienten in diesem Land. Wir verbessern die Arbeitssituation für all jene, die im Gesundheitswesen arbeiten, und wir stellen unser Gesundheitssystem auch für die Zukunft auf sichere Beine.
Am Ende ist es gelungen, dass alle Seiten hinter dieser Reform stehen und wir sie heute im Sinne der Menschen in diesem Land beschließen können. – Dazu möchte ich dir, lieber Johannes (in Richtung Bundesminister Rauch), auch von ganzem Herzen gratulieren. Wir beide wissen, ich war etwas skeptisch, dass du diese riesige Reform auf den Boden bringen würdest, als du mir angekündigt hast, dass du das im Finanzausgleich machen willst. Ich ziehe meinen Hut. Es ist eine unglaubliche Leistung und ich gratuliere von ganzem Herzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Martin Graf: Schlimm ist es, wenn man beginnt, die eigene Propaganda zu glauben!)
19.03
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Wir haben das heute und auch in der Vergangenheit schon einmal diskutiert: Unglaublich viel Geld auszugeben bedeutet noch lange nicht, eine unglaublich gute Reform zustande zu bringen. Leider Gottes ist im vorherrschenden Fall das Gegenteil der Fall. Ich möchte Ihnen auch erklären, warum das so ist.
1 Milliarde Euro zusätzlich gibt der Herr Gesundheitsminister nun in das Gesundheitssystem hinein. Was bekommt er dafür? Wohin geht das Geld und
was bekommt er dafür? – 600 Millionen Euro gehen an die Länder und damit an die Spitäler – zwei Drittel der Mittel fließen sozusagen in den intramuralen Bereich. Was wird damit in diesen Spitälern gemacht? – Es sollen die Ambulanzen ausgebaut werden. Für welche Leistungen? – Zum Beispiel für solche Sachen wie Schmerzversorgung, Diabetikerversorgung, Wundversorgung, Psychotherapie und Ähnliches.
Sehr geehrter Herr Minister, das sind genau jene Leistungen, die wir aus den Spitälern heraus in den niedergelassenen Bereich haben wollen, weshalb die Spitalsambulanzen überlastet sind. Dafür geben Sie jetzt den Ländern zusätzliches Geld, damit dieses Leistungsangebot in den Spitalsambulanzen ausgebaut wird. Wo ist denn da Ihr Schwerpunkt in Richtung niedergelassene Versorgung? – Also ich sehe da das absolute Gegenteil. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rauch.)
Das Allerbeste daran ist, dass von diesen 600 Millionen Euro pro Jahr die Hälfte sowieso vorab und pauschal einfach nur zur Abgangsdeckung verwendet werden kann – das haben Sie schwarz auf weiß in Ihr Programm hineingeschrieben. Ich frage ich mich also, welchen Lenkungseffekt und welche Strukturreform Sie da auslösen wollen, wenn Sie genau das Gegenteil von dem machen, was Sie sich als Ziele gesetzt haben.
In den Spitalsbereich fällt auch das heute bereits angesprochene Bewertungsboard für hochpreisige und spezialisierte Arzneimittel. Unter dem irreleitenden Titel 3 Millionen Euro für Medikamente sorgen Sie nicht dafür, dass mehr Medikamente für seltene Therapien oder Ähnliches angeschafft oder klinische Studien finanziert werden, nein, Sie schaffen ein völlig überflüssiges Bewertungsboard, das mit fünf bis zehn Monaten Verspätung nach rein ökonomischen Gesichtspunkten über die Sinnhaftigkeit von Therapien entscheidet, wobei jeder Krankenanstaltenträger schon längst ein eigenes Bewertungsboard hat, mit dem die medizinische Beurteilung stattfindet. Das können Sie sich einfach schenken. Geben Sie die 3 Millionen Euro lieber dem
Krankenanstaltenfonds für die Finanzierung innovativer Therapien – da wäre das Geld besser aufgehoben!
Was machen Sie im niedergelassenen Bereich, in dem Hunderte Kassenstellen unbesetzt sind? – Sie schaffen 100 neue Kassenstellen – großartig, dann haben wir nicht 300, sondern 400 freie Kassenstellen! Diese setzen Sie dann auch noch außerhalb des Stellenplans hin, sprich wir haben einen Plan, der besagt, wo Bedarf wäre. Da haben wir 300 Lücken, die 100 zusätzlichen hochsubventionierten Stellen setzen wir aber dorthin, wo wir schon eine Versorgung haben, und dort, wo es keine Versorgung gibt, bleibt es bei keiner Versorgung.
Der Startbonus: Herr Minister, haben Sie sich eigentlich schon einmal überlegt, was Sie mit diesem anstellen? 100 000 Euro für Ärzte, die eine Stelle annehmen, die mindestens zwei Mal erfolglos ausgeschrieben worden ist. Haben Sie sich einmal überlegt, wer in Zukunft überhaupt noch eine Stelle auf Erstausschreibung annehmen wird, wenn es dafür keine Förderung gibt? Wenn man ein Jahr lang wartet, bis die Stelle zwei Mal erfolglos ausgeschrieben worden ist, dann kriegt man 100 000 Euro als Arzt. Wenn man sie sofort annimmt und sofort die Versorgung sicherstellt, bekommt man nichts. Was ist denn das für ein Anreiz, Herr Minister?
Sie schaffen ein Subventionsmodell im niedergelassenen Bereich, wobei nur mehr zentralisierte Gruppenordinationen, Primärversorgungszentren und Ambulatorien bedient werden und der niedergelassene Arzt, der freie Arzt ein aussterbender Beruf im Kassensystem ist. (Abg. Bogner-Strauß: So ein Blödsinn, bitte!) Er wird entweder in den Wahlarztbereich gedrängt oder gleich in die Privatmedizin. Das, was Sie mit den gesetzlichen Verpflichtungen zur Elga Anbindung, zur Diagnosecodierung, zur elektronischen Abrechnung mit den Krankenversicherungsträgern vorhaben, das werden Ihnen die Wahlärzte in der kurzen Zeit auch nicht mitmachen. Dann gibt es noch mehr statt weniger Privatmedizin und noch mehr Abwanderung von Ärzten ins Ausland als bisher.
Ich kann mich nur wiederholen, Herr Minister: Die Ziele sind hehr, der Weg ist ein komplett falscher. Die ganze Reform ist ein Griff ins Klo – so wird das nichts. (Beifall bei der FPÖ.)
19.08
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Josef Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Finanzausgleich, über den wir heute sprechen, Bereich Gesundheit, ist wirklich ein sehr, sehr großer Wurf. 14 Milliarden Euro kommen zusätzlich zum Steuergeld, das ohnehin prozentuell verteilt wird, in das Gesundheitssystem hinein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Das sind 1,5 Milliarden Euro, die an die Sozialversicherung gehen, um ihr einen Spielraum zu ermöglichen, um weiter auszubauen. Dabei muss man wissen, dass die Sozialversicherung Österreichische Gesundheitskasse in den letzten Jahren auch finanziell schon ausgebaut hat: 2020 waren es 15 Milliarden Euro, 2022 waren es schon 17 Milliarden Euro, und heuer sind es 18 Milliarden Euro – und da kommt noch Geld dazu.
Die Österreichische Gesundheitskasse hat auch die Chance genützt, österreichweit agieren zu können. Sie hat schon viele Harmonisierungen, Vereinheitlichungen machen können, vor allem im nicht ärztlichen Bereich und bei den Heilbehelfen. Nun bekommt sie die Chance, einen österreichweit einheitlichen Kassenvertrag auf ärztlicher Ebene abzuschließen, um die Tätigkeit einer niedergelassenen Ärztin, eines niedergelassenen Arztes wieder attraktiv zu machen und um wirklich vom Neusiedler See bis zum Bodensee die gleichen Leistungen anbieten zu können. Es ist ein ganz großer Wurf, auf den wir hier zusteuern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Diese 3 Milliarden Euro, die für die Spitalsreformen an die Länder gehen, werden nicht einfach zum Löcherstopfen verwendet, sondern sind mit klaren Zielen verbunden. Da geht es um die Verlagerung aus dem vollstationären in den ambulanten Bereich, und das bedeutet natürlich auch eine Rationalisierung, eine Verschlankung im System und damit die Möglichkeit, Wartezeiten abzubauen. Insbesondere sollten wir uns auch eines vor Augen halten: Die meisten Patientinnen und Patienten schätzen es, wenn sie tagesklinisch oder ambulant behandelt werden können und nicht im Spital bleiben müssen. Das ist ein moderner Schritt, das ist ein guter Schritt im Interesse der Patientinnen und Patienten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Damit diese Reformen greifen können, hat man auch eine gewisse Entflechtung von Entscheidungsstrukturen eingebaut, was sich schon beim Primärversorgungsgesetz bewährt hat – wir haben es ja heuer Mitte des Jahres novelliert. In den Jahren davor sind in Österreich 40 Primärversorgungseinheiten zustandegekommen, in den paar Monaten, seit das Gesetz beschlossen worden ist, sind schon mehr als 30 Anträge dazugekommen, das heißt, das Ziel, dass wir in kurzer Zeit bei 120 Primärversorgungseinheiten sein werden, ist absolut realistisch.
Weiters ist in den Dokumenten, die wir heute beschließen werden, auch normiert, dass jedenfalls Einzelordinationen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten der Vorzug gegenüber Ambulatorien zu geben ist. – Das heißt, hier davon zu reden, dass der niedergelassene Bereich ausgedünnt wird, stimmt absolut nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusätzlich gibt es natürlich weitere Dinge, bei denen etwas geschieht: Digitalisierung, Einsatz von zig Millionen. Worum geht es? – Es geht darum, 1450 auszubauen, sodass dort noch mehr Beratung, aber auch etwas in Richtung Terminkoordination gemacht werden kann. Elga wird als das stabile Rückgrat für all die weiteren Anwendungen, die noch kommen werden, ausgebaut, und nicht zu vergessen ist, dass alles, was für die Pflege auf den Weg gebracht worden ist, für die nächsten Jahre
abgesichert ist – und es ist kein Zufall, dass wir heute mehr Personen in Pflegeausbildung haben, als das je zuvor der Fall war. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt bald 43 Jahre her, dass ich begonnen habe, als Arzt zu arbeiten. In dieser Zeit habe ich enorme medizinische Fortschritte erlebt, ich habe zum Teil aber auch die eine oder andere Entwicklung im Gesundheitssystem gesehen, die mir durchaus Sorgen bereitet haben. In diesen Jahrzehnten waren Akteure verschiedenster Parteien – Bund, Länder – in der Verantwortung, und ich sage ganz bewusst – ich kritisiere hier nicht und ich werde auch ganz sicher kein politisches Kleingeld wechseln –: Jede der Entscheidungen, die getroffen worden sind, sind aus guter Intention getroffen worden und haben zu ihrer Zeit auch durchaus plausibel und sinnvoll ausgesehen, auch wenn sie dann vielleicht mittelfristig nicht immer ganz den erwünschten Effekt gehabt haben.
Heute haben wir die Chance, mit dem neuen Finanzausgleich entscheidende Weichen in die richtige Richtung zu stellen, und wir machen das. Es hat intensive Verhandlungen gegeben, alle Beteiligten haben sich aufeinander zubewegt, und damit haben wir auch die Gewährleistung, dass das wirklich alle gemeinsam mittragen und dass alle an einem Strang ziehen.
Ich möchte ein herzliches Danke sagen einerseits für die Unterstützung aus der eigenen Fraktion, andererseits aber auch für die exzellente Gesprächsbasis mit dem Koalitionspartner, sodass hier wirklich ein tragfähiges zukunftsweisendes Konstrukt entstanden ist. Ich freue mich, wenn wir es gemeinsam beschließen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
19.14
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.
19.14
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Um mit dem Positiven zu beginnen: In meinen zehn Jahren als Abgeordneter ist dies der achte Gesundheitsminister, und der erste, der nicht alle Wünsche der Ärztekammer erfüllt – das verdient ein Lob. (Beifall bei NEOS und Grünen.) – Ja, die Mehrheitsparteien mögen die Gelegenheit, zu klatschen, nützen, es kommen nicht mehr viele.
Was den Ausdruck angeblich größte Gesundheitsreform aller Zeiten angeht: Ja, da braucht man dann schon wieder ein bisschen Humor, um das so zu formulieren, denn wenn man da in die Verträge mit den Ländern hineinschaut, dann sieht man: Da gibt es ganz viel, was schon viel früher dringestanden ist, beispielsweise stehen Diagnosekataloge seit 1996 drinnen. Die Datenerhebung betreffend die Eingriffe der Krankenhäuser: Das ist super! Da wird erhoben, ob man eine Operation am Auge gemacht hat – ob das wegen eines Grauen Stars war oder sich jemand einen Stift ins Auge gestoßen hat, ist dann wurscht, man hat am Auge operiert. Da sind dann also auch Daten erhoben worden, die uns insgesamt nicht weiterbringen.
Was nicht stattfindet, ist zum Beispiel eine Veröffentlichung der Qualitätskriterien von Krankenhäusern, wie das andere Länder machen. In der Schweiz kann der Patient, wenn er eine Hüftoperation hat, online nachschauen: Welche Spitäler machen das, welche Erfolgsraten haben die, welche Problemraten haben die? – Die Daten gibt es bei uns zwar, diese werden auch in den Spitälern für Peerreviews, also für interne Vergleiche, verwendet, aber den Patienten kann man das nicht zumuten. Diesbezüglich ist die Position des Herrn Ministers die gleiche, wie sie sie damals bei Hartinger-Klein war – so viel zu den Unterschieden, die da manchmal hervorgehoben werden. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)
Kollege Smolle hat darauf hingewiesen, dass die Telefonnummer 1450 – unter Anführungszeichen – „weiterentwickelt“ wird: In Zukunft soll man sich
bei der Telefonnummer 1450 auch einen Termin ausmachen können. – Das klingt jetzt auf den ersten Blick toll, aber das, was solche Hotlines machen können – siehe Dänemark, siehe Schweiz –, nämlich den Patienten lenken, wird damit ja eigentlich ausgehöhlt. Jetzt kann man dann anrufen und sagen: Ich hätte gerne einen Termin beim Augenarzt. – Nein! Eigentlich sollte die Nummer 1450 dazu dienen, den Patienten dorthin zu lotsen, wo er am besten aufgehoben ist, und nicht dorthin, wo er gerne hinwill – und das ist nicht Teil der Geschichte, die Sie uns da vorlegen. Patientensteuerung ist nicht das, was der Herr Minister gerne hat.
Was stattdessen kommt, ist, dass man den Ländern als Spitalsbetreiber noch mehr Geld hinüberschiebt, damit sie ihre Spitalsambulanzen unverändert so weiterbetreiben können, wie sie es in den letzten Jahren gemacht haben, und beispielsweise die Behandlung chronischer Krankheiten, die gut im niedergelassenen Bereich erfolgen könnte, jetzt in die Spitäler verschoben wird – aber auch das steht seit 2013 in diesen Verträgen, die angeblich jetzt die größte Reform aller Zeiten sind.
Eine Veränderung tritt allerdings ein, und zwar: Wir wissen, dass seltene Erkrankungen oft besonders teure Medikamente erfordern. In der Vergangenheit war es so, dass Patienten, wenn sie die Kraft und die notwendige verbliebene Gesundheit hatten, das durchzustreiten, es immer bekommen haben, wenn sie ein Medikament erstreiten mussten. Dass es für einen schwer kranken Patienten eine Zumutung ist, sich ein Medikament erstreiten zu müssen, steht auf einem ganz anderen Blatt, aber das war bisher allen Amtsvorgängern und auch diesem Herrn Minister ziemlich egal.
Die Art, wie die Pharmawirtschaft behandelt wird – das sind weiß Gott keine Heiligen, das möchte ich nicht sagen –, die Distanzierung, mit der ihr gegenüber aufgetreten wird, die Schwierigkeit, die solche Unternehmen – die lebensrettende Medikamente entwickeln – haben, beim Minister einen Termin zu bekommen, ist symptomatisch für die Art, wie man in Österreich generell auf die
blickt, die unsere Gesundheit und unsere steigende Lebenserwartung überhaupt ermöglichen.
Das sieht man auch daran, dass beispielsweise die Frage, wie solche Medikamente vergütet werden, wie in Österreich Medikamente generell vergütet werden, jetzt wieder in der Warteschleife ist. Das Preisband, auf das sich ein Unternehmen eigentlich verlassen können sollte – welche Regeln gelten für mich, wenn ich der österreichischen Sozialversicherung Medikamente anbiete? –, ist wieder nicht verlängert worden und läuft Ende des Jahres aus. Ich weiß nicht, ob Sie, wenn Sie ein Unternehmen führen wollten, dann nicht vielleicht auch gerne Planbarkeit hätten, wenn Sie die öffentliche Hand als Vertragspartner haben und dort Abnahmeinteressen hätten. Das ist wurscht, also man behandelt die Pharmawirtschaft schlecht. Da ist es logisch, dass dann auch Österreich als Markt für diese Unternehmen nicht sehr attraktiv ist.
Jetzt kommt etwas Neues: ein Bewertungsboard. Zukünftig soll also so ein Gremium bewerten, ob die Damen und Herren Patientinnen und Patienten eine neue Therapie bekommen oder nicht. Wer sitzt da drin? – 21 Bürokraten aus Bund, Ländern und Sozialversicherung, drei mit wissenschaftlicher Expertise und eine Person aus der Patientenvertretung, die aber ohne Stimmrecht ist.
Die Bürokraten entscheiden also, was die Patientinnen und Patienten bekommen. Was wissenschaftlich angezeigt ist, was die Patientinnen und Patienten brauchen, ist mit 21 zu drei in diesem Gremium in einer Minderheit.
Darauf hingewiesen heißt es dann: Die geben ja nur Empfehlungen ab! – Ja was jetzt? Braucht ihr das Board, um einheitliche Regeln zu schaffen, oder geben die eh nur irgendwelche Bla-bla-Empfehlungen ab? Ich befürchte, da wird auf Kosten der Patientinnen und Patienten gespart, und die, die das, was ihnen zusteht, bekommen wollen, müssen wieder den Rechtsweg beschreiten. Da geht wertvolle Lebenszeit und Kraft verloren und oft gehen eben auch Menschenleben verloren und Gesundheit verloren, weil man die Patienten auf den
Rechtsweg verweist und ihnen nicht von vornherein das gibt, was ihnen zusteht. (Beifall bei den NEOS.)
19.20
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie beziehungsweise zu Hause vor den diversen Endgeräten! Wenn wir hier heute über eine Gesundheitsreform reden, dann geht es ja in Wirklichkeit schon um den dritten Schritt einer Gesundheitsreform. Wir sind im heurigen Jahr ja schon zwei Schritte gegangen.
Der erste Schritt war, wenn Sie so wollen, ein bisschen der Auftakt: Das war die Novellierung, die längst überfällige Novellierung, des Primärversorgungsgesetzes. Das wurde 2017 eingeführt und hat eben die Gründung von sogenannten Primärversorgungseinheiten ermöglicht, jedoch damals mit sehr, sehr vielen Hürden und eben auch mit Vetomöglichkeiten für die Ärztekammer versehen, und diese Vetokarte wurde in der Vergangenheit halt dann auch dementsprechend gezogen.
Das haben wir im Juli dieses Jahres beseitigt. Was war der Effekt? – Bis dahin, also in den sechs Jahren zuvor, hat es 37 Gründungen von sogenannten Primärversorgungseinheiten in Österreich gegeben; seither, in den letzten vier Monaten, sind 13 neue Primärversorgungseinheiten hinzugekommen, plus 30 weitere, bei denen der Antrag auf Genehmigung einer solchen PVE bereits vorliegt. Das heißt, da sieht man, was herauskommen kann, wenn wir dementsprechend eingreifen, wenn wir dementsprechend eben auch solche Vetomöglichkeiten herausnehmen. (Beifall bei den Grünen.)
Den zweiten Schritt sind wir dann im Sommer mit dem Sommerministerratsvortrag und mit den Budgetbegleitgesetzen vor wenigen Wochen gegangen, indem wir Maßnahmen wie beispielsweise die Implementierung zusätzlicher Kassenstellen, die Aufnahme der klinischen Psychologie ins ASVG, die Absicherung für Gesund aus der Krise und dergleichen beschlossen haben. – Das war der zweite Schritt.
Heute gehen wir den dritten, den größten Schritt – nämlich nicht den größten Schritt innerhalb dieser drei Schritte, sondern den größten Schritt innerhalb der letzten 20, vielleicht sogar 30 Jahre. Wir reformieren ein in die Jahre gekommenes System, das an sich selbst zu scheitern drohte. Wir gehen da wirklich gute, neue, innovative Wege, und das sollte man halt eben auch anerkennen: Wir versuchen, Transparenz ins System hineinzubringen, wir versuchen, unser System mit nachhaltigen Mitteln zukunftsfit zu machen, wir versuchen, altes Denken zu überwinden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)
Wir reden über Digitalisierung. Es wurde heute eh schon erwähnt: Es geht darum, die Elga zukunftsfit zu machen, aus der Elga das zu machen, was sie sein sollte, nämlich eine elektronische Gesundheitsakte, natürlich unter Wahrung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, zugunsten der Patientinnen und Patienten. Es geht darum, dafür zu sorgen, dass Ärztinnen und Ärzte eben auch wirklich alles einmelden müssen: Diagnosecodierung, und, und, und. – All diese Dinge sind ein Fortschritt, sind ein Fortschritt für die Patientinnen und Patienten, sind ein Fortschritt für die Versicherten, sind ein Fortschritt fürs Gesamtsystem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir stellen den Ländern Geld zur Verfügung. Es hat heute schon mehrfach die Kritik gegeben: Na ja, wir geben denen einfach, und die müssen dann nichts machen! – Nein, das ist an Reformvorhaben gebunden, das ist an entsprechende Reformschritte gebunden, und vor allem, was mir persönlich auch immer so wichtig ist, gilt die Ausrede: Wir haben kein Geld! – beispielsweise für die Versorgung von ME/CFS-Patientinnen und Patienten, von Long-Covid-Patientinnen
und Patienten –, in Zukunft nicht mehr. Die Gelder sind aufgrund dieses Finanzausgleichs in Zukunft vorhanden, die Länder können solche Ambulanzen ab sofort einrichten (Abg. Heinisch-Hosek: Sie können, aber sie müssen nicht, oder?), sie können sich nicht mehr damit rausreden, dass die Mittel dafür nicht vorhanden sind. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie können, sie müssen nicht!) – Sie können, das ist richtig, ja, weil die Spitäler eben Sache der Länder sind. Ich meine, Kollegin Heinisch-Hosek, das wissen wir beide, oder? – Die Spitäler sind Sache der Länder, die Ambulanzen in den Spitälern sind Sache der Länder. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber verbindlicher hätte man sein können!) Dort, wo der Bund zuständig ist, beispielsweise bei einem Referenzzentrum, gehen wir als Bund im kommenden Jahr auch die entsprechenden Schritte. Das haben wir ja bereits angekündigt, und darüber werden wir ja noch gesondert diskutieren. (Abg. Kucher: Das kann man ja auch sachlich kommunizieren!)
Das heißt, wir gehen da echte Reformschritte. Wir versuchen, dieses System aufzubrechen, nachhaltig aufzubrechen, und wir versuchen, gemeinsam mit den Ländern, mit den Kommunen, mit der Sozialversicherung, die übrigens, wie wir heute schon gehört haben, eben erstmalig Geld über den Finanzausgleich bekommt - - (Abg. Kucher: Wie viel?) – 300 Millionen Euro pro Jahr, 1,5 Milliarden Euro auf fünf Jahre. (Abg. Kucher: Was ist das netto?) – Kollege Kucher, wir haben es heute Vormittag schon diskutiert. Wir schaffen damit eben Möglichkeiten zur Vereinheitlichung dieses Vertrags. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte denen, die dem heute nicht zustimmen wollen, noch einen letzten Satz ins Stammbuch schreiben: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde euch empfehlen, stimmt heute zu! Stimmt dieser Reform, dieser größten Reform der letzten 20 Jahre, zu und lasst euch niemals vorwerfen, weniger reformfreudig als die Landeshauptleute in diesem Land zu sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Voglauer: Mah schön! Sehr gute Rede!)
19.26
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Dem Positiven werden wir eh zustimmen, darum geht es ja nicht. Kleinlich möchte ich auch nicht sein, Herr Kollege Schallmeiner, aber die Weichen für den jetzigen Ausbau der PVEs, der Primärversorgungseinheiten, sind damals 2014 in der Bundes-Zielsteuerungskommission gestellt worden, und das waren rote Ministerinnen und Minister. (Abg. Schallmeiner: Aber wir haben es gemacht!)
Gut Ding braucht Weile, keine Frage. Gut Ding hat auch jetzt Weile gebraucht, bis sozusagen die frischen Gelder verhandelt waren. Ich möchte aber noch einmal – auch nicht kleinlich – die Rechnung anstellen: Es ist so, dass die ÖGK 386 Millionen Euro Bilanzverlust hat – das ist und bleibt Tatsache –, dass sie zwar 300 Millionen Euro kriegt – da ist jetzt schon eine Differenz da –, 80 Prozent davon bekommt sie dann, das sind 240 Millionen Euro, 40 Millionen Euro gehen in andere Bereiche – Telemedizin, Gesundheitsvorsorge, Impfvorsorge –, und dann bleiben 200 Millionen Euro über, die das nicht decken. Das ist auch eine Tatsache, und das soll auch einmal gesagt sein. (Abg. Bogner-Strauß: Was ist das für eine Rechnung?)
Wichtig ist aber auch, dass wir, wie schon am Vormittag und wie auch in den Ausschussverhandlungen und -sitzungen, noch einmal darauf pochen, dass die sogenannte Patienten-, Patientinnenmilliarde, die Frau Bogner-Strauß nach mir wahrscheinlich gleich wieder zigfach ausgeben wird, wie sie es schon am Vormittag gemacht hat, noch immer nicht bei den Patientinnen und Patienten angekommen ist und dass wir das wollen. (Abg. Bogner-Strauß: Aber sicher! Ganz viele Harmonisierungen wurden umgesetzt: Hebammen, Physio, Logo, Ergo!)
Tatsache ist auch, dass die Wartezeiten im niedergelassenen Bereich bei den Ärzten und Ärztinnen, Fachärzten und Fachärztinnen zu lange sind. Wir haben eine Idee für eine Möglichkeit, wie man das verkürzen könnte: Man könnte die Informationshotline 1450 hernehmen – das ist unser Vorschlag, ich werde auch gleich einen Antrag dazu einbringen –, weil man bei einer zentralen Anlaufstelle sicherstellen kann, dass sehr schnell und sehr effizient die Termine an Patientinnen und Patienten vermittelt werden. Diese Hotline könnte, wenn nicht innerhalb von 14 Tagen ein Termin ausgemacht werden kann, sozusagen an andere Fachärzte, ‑ärztinnen vermitteln. Wenn auch das nicht geht, dann soll man in einem Krankenhaus behandelt werden.
Wir haben also konkrete Vorschläge, wie das gehandelt werden könnte, und das haben wir auch in einem Antrag formuliert. Ich glaube, dass es nicht falsch ist, wenn Sie diesem Antrag auch Ihre Zustimmung erteilen, weil sich das an Beispiele aus anderen Ländern, wo das auch garantiert ist, anlehnt. Diese Garantie, dieser Anspruch auf einen Termin binnen 14 Tagen ist uns sehr wichtig, weil uns die Patientinnen und Patienten das Allerallerwichtigste sind.
Daher bringe folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Es braucht endlich die Patientenmilliarde für eine spürbare Verbesserung der Gesundheitsversorgung – Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin!“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der zur ausreichenden Gesundheitsversorgung im ambulanten Bereich und damit zur Umsetzung einer Termingarantie endlich die versprochene Patientenmilliarde eingelöst wird und ein Finanzierungspaket für den größten Krankenversicherungsträger, die ÖGK, mit folgenden Inhalten umgesetzt wird:
- Rückabwicklung des mit dem SV-OG erfolgten Entzuges der finanziellen Mittel für die ÖGK
- Schaffung eines Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenversicherungsträgern
- Anhebung des Hebesatzes für Pensionist:innen in der ÖGK.“
*****
Ich ersuche Sie, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu erteilen, dann wäre das Paket kompletter. (Beifall bei der SPÖ.)
19.29
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Philip Kucher, Genossinnen und Genossen
betreffend: Es braucht endlich die Patientenmilliarde für eine spürbare Verbesserung der Gesundheitsversorgung – Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin!
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 17.) über den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Krankenanstalten-und Kuranstaltengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Primärversorgungsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Gesundheitstelematikgesetz, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Apothekengesetz, das Suchtmittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Gesundheitsqualitätsgesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 - VUG 2024) (2362 d.B.)
In unserem Gesundheitssystem kracht es langsam an allen Ecken und Enden. Alle spüren das. Ärzt:innen fehlen, Pfleger:innen fehlen, Operationen werden verschoben,
Wartezeiten auf Termine werden länger, während die Zeit der Ärzt:innen für ihre Patient:innen immer kürzer wird. Außer, man zahlt privat. Vor allem schwarz-blaue Perioden haben dem Gesundheitsbereich Geld entzogen und Schaden, wie mit der Zerschlagung der Krankenkassen, angerichtet. Ein Schaden, dessen Ausmaß weit größer ist, als dass die aktuelle Gesundheitsreform ihn beheben könnte. Wir stehen vor einem Kipppunkt und müssen sofort und entschlossen handeln. Wenn wir ein Gesundheitssystem wollen, in dem es möglich ist, dass jede Person in Österreich einen raschen Termin bekommt, wenn sie einen braucht, indem es in Zukunft genügend Personal gibt, das nicht mehr ausgebrannt wird, braucht es leider viel, viel mehr.
Die ÖGK weist für das Jahr 2023 einen Bilanzverlust von rund 386 Mio. Euro aus. Durch den Finanzausgleich werden zwar 300 Mio. Euro für die SV zur Verfügung gestellt, davon gehen 80% an die ÖGK, also 240 Mio. Euro., aber es bleiben lediglich rund 200 Mio. Euro für die ambulante Versorgung übrig (rund 40 Mio. sind gebunden für Impfvorsorge, Telemedizin und Gesundheitsvorsorge). Diese 200 Mio. Euro decken also nicht einmal den Bilanzverlust ab, der in erster Linie durch Maßnahmen von schwarz/blau verursacht wurden.
Die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung der ÖGK ist daher unbedingt erforderlich. Die unter schwarz/blau versprochene Patientenmilliarde wurde nie eingelöst. Es ist notwendig, dass dieses Geld endlich fließt und daher muss eine Rückabwicklung des mit dem SV-OG erfolgten Entzuges der finanziellen Mittel für die ÖGK, die Schaffung eines Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenversicherungsträgern, und die Anhebung des Hebesatzes für die Pensionist:innen in der ÖGK erfolgen. Damit können die Leistungsharmonisierung und ein Leistungsausbau finanziert werden und die ambulante Versorgung der Bevölkerung ausreichend sichergestellt werden.
Nur durch ausreichende finanzielle Unterstützung kann es auch gelingen eine Termingarantie für alle Versicherten umzusetzen, damit niemand mehr auf die Kreditkarte angewiesen ist, wenn eine Behandlung dringend erforderlich ist.
Mit einem Rechtsanspruch auf einen Behandlungstermin innerhalb einer bestimmten Zeit soll zukünftig sichergestellt werden, alle Menschen ihre erforderliche Behandlung rechtzeitig erhalten. In anderen europäischen Ländern wurde das bereits umgesetzt und hat sich bewährt. In Dänemark etwa gibt es das Recht auf eine Behandlung in einem privaten Krankenhaus, wenn die Wartezeit im öffentlichen System 30 Tage übersteigt. Die Wartezeit ist dort durch die Maßnahme gesunken. In Schweden ist gesetzlich vorgeschrieben, wie lange die Wartezeit bis zu einer fachärztlichen Konsultation und anschließend bis zum Behandlungsbeginn maximal betragen darf. In Norwegen, das über ein gut ausgebautes telemedizinisches System verfügt, gibt es das Recht auf eine Antwort durch eine/n Fachärztin/Facharzt innerhalb von zehn Tagen.
Termine sollen über eine zentrale Anlaufstelleeffizient und schnell an Patient:innen vermittelt werden. Der Gesundheitshotline 1450 wird dabei eine zentrale Rolle zukommen: Jede Patientin und jeder Patient hat dort innerhalb von zwei Stunden Anspruch auf medizinische Beratung am Telefon. Die Hotline soll aber v.a. auch ein Terminservice bieten.
Wer Beschwerden hat und nicht innerhalb von 14 Tagen einen Termin bei der Fachärztin/dem Facharzt der Wahl bekommt, kann sich an die Gesundheitshotline 1450 wenden, die daraufhin einen Termin bei einer anderen Ärztin/einem anderen Arzt der betreffenden Fachrichtung vermitteln muss. Kann die 14-Tage-Frist im niedergelassenen Bereich nicht eingehalten werden, muss die Terminservicestelle einen Behandlungstermin in einem Krankenhaus oder einer eigenen Einrichtung der Sozialversicherung anbieten. Im Falle des Nicht-Einhaltens der Termingarantie sollen Patientinnen und Patienten ihr Recht auf Behandlung bei ihrem jeweiligen Krankenversicherungsträger auch einklagen können.
Um den Rechtsanspruch auf einen Facharzttermin innerhalb von 14 Tagen möglich zu machen, sollen Ordinationen und Ambulanzen verpflichtet werden, einen Teil ihrer Termine für eine Buchung über 1450 zur Verfügung zu stellen.
Für die Terminvermittlung über 1450 soll nur geschultes und fachkundiges Personal zum Einsatz kommen, um sicherzustellen, dass die fachärztliche Terminvermittlung korrekt erfolgt. Das können beispielsweise Medizinstudierende, Pflegepersonal oder auch geschultes Rettungspersonal etc. sein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der zur ausreichenden Gesundheitsversorgung im ambulanten Bereich und damit zur Umsetzung einer Termingarantie endlich die versprochene Patientenmilliarde eingelöst wird und ein Finanzierungspaket für den größten Krankenversicherungsträger, die ÖGK, mit folgenden Inhalten umgesetzt wird:
• Rückabwicklung des mit dem SV-OG erfolgten Entzuges der finanziellen Mittel für die ÖGK
• Schaffung eines Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenversicherungsträgern
• Anhebung des Hebesatzes für Pensionist:innen in der ÖGK.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Frau Mag.a Dr.in Juliane Bogner-Strauß. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
19.30
Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Diese Reform, dieser Finanzausgleich, dieses wesentliche Mehr an Geld für die Gesundheit hat ein Ziel, nämlich die richtige Versorgung zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu schaffen.
Wenn man nämlich die letzten Jahre anschaut, so muss man einfach zugeben: Das ist nicht mehr gelungen. Der niedergelassene Bereich – das wurde heute schon einige Male erwähnt – war nicht gut genug aufgestellt, vermutlich auch nicht attraktiv genug aufgestellt, und wir hatten vom Bodensee bis zum Neusiedler See unterschiedliche Leistungen mit unterschiedlichen Honoraren. Natürlich ist es in gewissen Bereichen noch immer so, und das müssen wir ändern – deshalb das Mehr an Geld für den niedergelassenen Bereich, aber auch zusätzliche Kassenstellen, und zwar die richtigen Kassenstellen, nämlich genau dort, wo sie gebraucht werden.
Bei einem muss ich widersprechen, Kollege Kaniak: Die niedergelassenen Einzelordinationen werden auch weiterhin neben den Gesundheitszentren Bestand haben und mit diesem Paket sicher attraktiviert. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)
Digital vor ambulant vor stationär, 1450 – manche können es nicht mehr hören, aber ich bin froh, dass diese Nummer inzwischen jeder kennt. Das war einer der kleinen Vorteile der Pandemie: Jeder kennt 1450. Es wurde zwar als Coronatelefon benutzt, aber heute ist es ein Gesundheitstelefon. In den Ländern werden Tag für Tag Tausende Anrufe entgegengenommen, weil die Leute am Telefon beraten werden wollen, weil es natürlich auch angenehmer ist, am Telefon Information zu bekommen, bevor man sich auf den Weg in eine Ordination oder überhaupt in eine Ambulanz macht, wo es wesentlich längere Wartezeiten gibt. Und – danke, Herr Minister –: In Zukunft soll 1450 auch für die Terminvereinbarung benutzt werden. Ich denke, das ist ganz klar zukunfts- und zielgerichtet. (Beifall bei der ÖVP.)
E-Health, Digitalisierung: So vieles kann man schon digital machen, über den Computer, über das Handy (Abg. Wurm: Fast alles!), und deswegen ist es natürlich unglaublich praktisch – sage ich jetzt einmal –, wenn wir mehr telemedizinische Versorgung haben. Ich sage das, weil ich vom Land komme, wo oft weit und breit kein Arzt ist. (Abg. Wurm: Das ist aber nicht super!) Wenn man überhaupt in den Tälern, in den Bergen wohnt, ist es, denke ich, ein Riesenvorteil, dass, wenn man ein Anliegen, eine Frage hat, zu jeder Zeit zuallererst eine telemedizinische Abklärung gemacht werden kann.
Auch das E-Rezept ist ein Riesenvorteil, gerade auch in der mobilen Pflege. Die machen oft so viele Wege mit der E-Card, weil es nicht möglich ist, das über ein E-Rezept zu erledigen. Das ist nicht notwendig. Auch deshalb ist das eine Reform, die zielgerichtet und patientenorientiert ist – danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schallmeiner und Schwarz.)
Zu den Ambulanzen – es wurde heute schon erwähnt –: Immer mehr kann tagesambulant gemacht werden. Man muss Gott sei Dank nicht mehr über Nacht im Spital bleiben. Die Medizin hat sich unglaublich weiterentwickelt. Ich bin doch dankbar, wenn ich reingehen kann, eine kleine OP tagesambulant gemacht wird und ich am Abend nach Hause gehen kann und weiß, ich bin super versorgt worden. Deshalb gibt es auch dort 600 Millionen Euro pro Jahr mehr – reformgebunden. Es ist ganz klar: Halbe-halbe ist es. (Heiterkeit der Abgeordneten Kaniak und Wurm.)
Wir wissen aber: Die Abgänge waren in den letzten Jahren schon exorbitant hoch. Ich sehe das ja ein bisschen anders: Nicht die Krankenhäuser werden entlastet, sondern bis jetzt wurden die Krankenhäuser belastet – mit Patientinnen und Patienten, die eigentlich im niedergelassenen Bereich hätten versorgt werden sollen. (Abg. Loacker: Im Landtag spielt ... keine Rolle, aber in dem Haus schon!) Mit dieser Reform versuchen wir, wieder das zu bekommen, was die Patienten wollen, nämlich die richtige Versorgung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
19.34
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Frau Kollegin Bogner-Strauß, Sie haben unser Gesundheitssystem und die große Gesundheitsreform jetzt so nett erklärt. Sie haben gesagt: Wenn man am Land wohnt und „weit und breit kein Arzt ist“, dann ist es super, dass man 1450 anrufen kann. – Ich meine, ist das jetzt der Anspruch, dass man in Österreich halt quasi froh sein muss, wenn man mit 1450 eine Telefonnummer anrufen darf oder Doktor Google – oder ich weiß nicht, was die Idee ist – fragen kann? Ich kenne das von früher aus Australien oder Afrika, wo der Arzt 300 Kilometer weg ist – ja, okay (Abg. Bogner-Strauß: Funktioniert auch, man muss die Tools nur nutzen und sich nicht wegen jeder Kleinigkeit ins Auto setzen!), hoffen wir, dass nichts Schlimmes passiert.
Ich darf Ihnen schon einen Fall aus der eigenen Erfahrung erzählen: Ein Notfall, Schlaganfall, ich rufe die Rettung an. Dann wollte man mir zuerst am Telefon lange erklären, ich solle das quasi einmal genau untersuchen, obwohl es offensichtlich ein Schlaganfall war. Nach einer Viertelstunde, 20 Minuten ist dann doch die Rettung gekommen. Da war natürlich kein Notarzt dabei, sondern drei nette junge Männer – die waren sehr freundlich –, zwei Zivis und ein Sanitäter. Da hofft man halt, das der Notfall nicht ganz so schlimm ist – dann geht das.
Nur ist das ja keine Verbesserung, die wir in Österreich erleben, das können Sie noch so schön darzustellen versuchen. Das Gesundheitssystem in Österreich hat sich massiv verschlechtert, das spürt jeder, der ein Problem hat oder irgendwann einmal in die Verlegenheit kommt, das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen zu müssen. Es ist unter dem Hund, eine Katastrophe mehr – ähnlich wie bei der Bildung, wie wir heute gehört haben. Es gibt ja nur mehr Baustellen in
Österreich, wir pfeifen ja links und rechts aus dem letzten Loch. (Abg. Strasser: Geh, Peter, negativ!)
Wir haben heute Finanzminister Brunner da gehabt: Detto dasselbe, es ist ja kein Geld da. Sie stellen sich hier heraus, auch von den Grünen, und sagen, Sie nehmen jetzt 1 Milliarde Euro in die Hand. Das ist ja eine Frechheit: Sie nehmen Schulden auf, die unsere Kinder und Enkelkinder zahlen müssen. Sie haben ja diese Milliarde nicht. Die liegt nicht irgendwo herum, sondern Sie verschulden Österreich, Sie verschulden uns alle. Jeder tut so, als ob die Milliarden herumliegen würden: Jetzt nehmen wir da eine Milliarde und tun sie da hin! – Das Geld ist ja nicht da.
Summa summarum: Ich sage, in den letzten Jahren, Jahrzehnten sind so viele Fehler passiert, dass wir heute da stehen, wo wir stehen. Wir haben ein desolates Gesundheitssystem. Jetzt können wir versuchen, da an einer Schraube zu drehen und dort an einer Schraube zu drehen, aber wenn wir nicht an die Ursachen herangehen und sie abstellen, wird uns das auch in Zukunft die Dinge nicht verbessern, sondern eher noch schlechter machen.
Die Ursachen – das habe ich heute Vormittag erklärt – sind offensichtlich, wenn man hineinschaut: Unser solidarisches Gesundheitssystem kann nicht die ganze Welt gratis behandeln – Punkt, aus, Amen. Wenn wir es wieder für jene zur Verfügung haben, die das System auch mit ihren Steuern und mit ihrer Arbeit erhalten, dann wird es funktionieren, sonst werden alle darunter leiden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
19.37
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Matznetter: Privatzimmervermieter nicht vergessen! – Abg. Hauser – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Die sind wichtig!)
19.38
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen und Zuseher! (Abg. Michael Hammer: Die Tiroler Coronapartie ist am Wort!) Was möchte der Patient? – Das ist die entscheidende Frage. Das hat bis Covid tatsächlich funktioniert, aber seit Covid funktioniert das ja nicht mehr.
Kollege Kucher, deine Anschüttungen in Richtung der Freiheitlichen Partei sind ja vollkommen überflüssig. (Abg. Kucher: Das ist die Wahrheit! Das ist die Wahrheit! – Abg. Maurer: Na das kann ich mir schon vorstellen, dass ihr das überflüssig findet!) Schau doch bitte nach Wien: In Wien habt ihr so eine desaströse Covid Politik gemacht, die hat sogar die negative Covid-Politik des Bundes noch übertroffen (Zwischenruf des Abg. Loacker), mit immensen Kollateralschäden, mit den Impfschäden, die es da gegeben hat, mit all den Nebenwirkungen et cetera – ein Desaster, bitte! (Abg. Kucher: Das glaubst ja selber nicht!)
Das Desaster hat 50 Milliarden Euro verschlungen: Geld, das wir nicht haben, das wir aufnehmen müssen. Und da kommst du hier heraus und schüttest in Richtung der Freiheitlichen Partei deinen Frust aus. (Abg. Kucher: Das ist die Wahrheit!) Das ist zu wenig, versuch einmal, im eigenen Bereich aufzuräumen! (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Minister, was erwartet sich der Patient? – Das, wie es in der Vergangenheit war (Abg. Kucher: Der einzige Kollege ...!): Wenn ich krank bin, erwarte ich mir einen Termin bei meinem Hausarzt, und den rufe ich an – entweder ich gehe hin oder er kommt zu mir. Der Hausarzt kennt mich, er kennt meine Befindlichkeiten, er kennt mein Krankheitsbild (Abg. Michael Hammer: Der beutelt nur mehr den Kopf bei dir!), er ist mein Vertrauensarzt, und bei dem fühle ich mich richtig aufgehoben, Herr Minister.
Wenn der Hausarzt nicht mehr weiterweiß, dann macht er eine Überweisung ins Krankenhaus, wo ich mir ein freies Bett erwarte. (Zwischenruf des Abg.
Matznetter.) Auch die Betten wurden abgebaut, Abteilungen wurden zugesperrt – aus vielerlei Gründen.
Herr Minister, jetzt bringe ich Ihnen ein Beispiel, das nicht von uns stammt, und ich sage Ihnen: Bevor Sie jetzt von der größten Gesundheitsreform überhaupt sprechen, versuchen Sie doch einmal, die Vergangenheit aufzuarbeiten! Schauen Sie, was alles falsch gelaufen ist, und versuchen Sie, das zu beseitigen!
Ich habe da ein Schreiben der Ärztekammer Salzburg an die niedergelassenen Ärzte in Salzburg (eine Tafel mit dem Titel „COVID-19 Fehlbelegung im Krankenhaus“ auf das Redner:innenpult stellend), datiert vom 5.10.2022. (Abg. Michael Hammer: Das ist aber schon alt!) Wissen Sie, das ist erschreckend: Auch derzeit explodieren die Covid-Zahlen. (Abg. Stögmüller: Kannst du das vorlesen, und ich ...!) Welch Wunder! Wenn die Impfungen funktionieren würden, könnten die Covid-Zahlen nicht explodieren. Das ist das eine.
So, Herr Minister, das Schreiben von der Ärztekammer an die niedergelassenen Ärzte hat folgenden Inhalt, sie sagt: Die steigende Zahl Covid-19-Erkrankter führt zu erheblicher Belastung in Krankenhäusern, und das ausschließlich wegen Covid-19-stationärer Patienten, die wegen mangelnder Versorgung im häuslichen Umfeld aufgenommen worden sind. – Zitatende.
Das heißt, es hat die Versorgung nicht gegeben. Was ist denn passiert? – Das wissen wir: Die Leute sind Covid-krank geworden, gekommen ist die Polizei statt des Arztes. Die Ärzte wurden vertrieben, sie wurden demotiviert, zu behandeln. (Abg. Michael Hammer: Das ist so pathologisch alles bei euch!)
Weiter aus diesem Schreiben – und das sollte Ihnen zu denken geben (Abg. Michael Hammer: Der Kaniak beutelt auch nur noch den Kopf, das ist ja nur mehr meschugge!), nicht immer dazwischenschreien, das sollte euch allen zu denken geben! –:
Aus diesem Grunde
– sagt die Ärztekammer –
ersuchen wir Sie,
– die niedergelassenen Ärzte –
wann immer möglich die Betreuung auch von Covid-19-Patienten im häuslichen Umfeld zu unterstützen. – Zitatende. (Abg. Michael Hammer: Da kann eine ganze Psychiatrieabteilung leben von ihm! – Abg. Kaniak: Ich mache mir mehr Sorgen wegen der Redezeit! – Abg. Michael Hammer: Ja, für so viel Unsinn gäbe ich ihm gar keine!)
Das ist doch eine Bankrotterklärung, wenn die Ärztekammer sagt: Ja, bitte, niedergelassene Ärzte, behandelt die Leute!
Also geht in euch, arbeitet das auf, was passiert ist! Die Telemedizin ist nicht das, was sich die Menschen wünschen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: Aber warum müssen die beim Waldhäusl in Behandlung gehen?)
19.41
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme gelangt nun Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort. – Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich würde ja jetzt sehr gerne – und möchte das auch tun – auf das eine oder andere Argument in dieser Debatte eingehen (Abg. Michael Hammer: Ja, aber die Blauen haben sich schon verabschiedet von einer seriösen Debatte! Das ist nur mehr Unsinn! – Abg. Martin Graf: Da redet aber der Minister nicht als Letzter!), weil eine parlamentarische Debatte wohl auch dazu dienen sollte, bis auf den letzten Redebeitrag zu würdigen – wenn man das kann –, was gesagt worden ist.
Angefangen hat das Ganze letztes Jahr im Dezember – die Klubobfrau hat es angedeutet –, und es stellte sich irgendwie die Frage: Na, wie kann man überhaupt im System, das wir haben, so etwas wie eine Gesundheitsreform angehen?
Im Prinzip würden wir – da sind wir einer Meinung – eine Finanzierung aus einer Hand brauchen. Das ist einfach nicht machbar, also gibt es eine einzige Möglichkeit in einem Bundesstaat, einem föderalen Staat wie Österreich, nämlich das Geld und der Finanzausgleich. Das war der Ansatzpunkt.
Dann möchte ich etwas tun, was mir wichtig ist, nämlich mich bei allen zu bedanken, die sich da positiv beteiligt haben. Das wäre nicht zustande gekommen, hätten sich nicht die Bundesländer in ihrer Vielfalt, die schwarzen Bundesländer und die roten Bundesländer, die schwarzen Landesrätinnen und Landesräte und die roten Landesrätinnen und Landesräte konstruktiv an dieser Gesundheitsreform beteiligt.
Ich komme dann noch dazu, warum es keine blauen gibt, das hat einen Grund. (Heiterkeit des Abg. Wurm.)
Ich bedanke mich bei der Sozialversicherung, die sich konstruktiv beteiligt hat. Deshalb steht jetzt da eine Gesundheitsreform, die jedenfalls den Weg dafür ebnet, die Defizite, die wir haben – und die sind von Ihnen zu Recht aufgezeigt worden –, zu verbessern.
Es hat einen einzigen Grund, eine Grundmotivation gegeben – ich habe es heute Vormittag gesagt –, nämlich die Situation für die Patientinnen und Patienten zu verbessern. Das sind der Kern und das Wesen dieser Gesundheitsreform. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wenn der Befund ist, ja, wir haben ein Thema im niedergelassenen Bereich, weil es weniger attraktiv ist, heutzutage eine Ordination – jedenfalls eine Kassenordination – aufzumachen, und deshalb die Menschen vermehrt in die
Spitäler oder zum Wahlarzt oder zur Wahlärztin gehen müssen, dann muss man an dieser Stelle ansetzen, und das tun wir.
Ein Kernelement ist der Ausbau der niedergelassenen Kassenstellen, eine Verbesserung der Verträge, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und ein einheitlicher Leistungskatalog vom Bodensee bis zum Neusiedler See, weil es nicht davon abhängen kann, wo man wohnt, ob man eine gute Behandlung bekommt oder eben nicht. Dafür ist das Geld aus dem Steuersäckel sozusagen für die Sozialversicherung gedacht, und das ist erstmalig so. Jetzt kann man beklagen, es sei zu wenig. Die anderen sagen, es sei überhaupt zu viel. Andere reden davon, es sei sinnlos hinausgeschmissenes Geld. Aber eine Grundvoraussetzung, am System etwas zu ändern, ist es, im niedergelassenen Sektor diese Verbesserungen herbeizuführen. Das ist ein wesentlicher Punkt.
Zweiter Punkt: Es ist ja der Vorwurf gekommen, wir würden den Ländern einfach Geld hinterherwerfen, sozusagen, die könnten dann damit machen, was sie wollten. Es ist auch argumentiert worden, Kollege Loacker, das hätte ja alles schon bisher in den 15a-Vereinbarungen Platz gefunden und wäre dort schon abgebildet.
Das ist zum Teil richtig. Die Zielformulierungen waren immer da. Es sind immer in den 15a-Vereinbarungen Ziele formuliert worden, aber es ist nie geklärt worden: Wie erfolgt die Abwicklung?, und es ist nie geklärt worden: Wie funktioniert überhaupt die Widmung dieser Gelder?
Das war einfach nicht da. Was wir jetzt machen, ist, die Governance dazu zu schaffen, und die Verbindlichkeit über die Bundes-Zielsteuerung-Gesundheit – und das ist von Frau Kollegin Heinisch-Hosek erwähnt worden – herzustellen, die ja dafür eingerichtet worden ist, die es aber nicht konnte, weil die Verbindlichkeit nicht hoch genug war.
Die Bundes-Zielsteuerungskommission Gesundheit, die bisher ein paar Hundert Millionen Euro verwaltet hat – immer unter großer Streiterei im Detail
zwischen Sozialversicherung, Bundesländern und Bund –, bekommt jetzt die Aufgabe und die Funktion und auch die Kompetenz, diese 1 Milliarde Euro, die dem Gesundheitssystem zusätzlich zur Verfügung steht, zu verwalten und damit zu gestalten, und zwar gemeinschaftlich: Bund, Sozialversicherung und Bundesländer. Das sind das Wesen und der Kern der Bundes-Zielsteuerungskommission.
Meiner Wahrnehmung nach gelingt es jetzt durch diese Gesundheitsreform, diese endlich zu dem zu machen, wofür sie gedacht war, nämlich tatsächlich eine Zielsteuerungskommission, die gemeinschaftlich die Dinge steuert und es eben nicht zulässt, dass auf Landesebene irgendetwas passiert, im niedergelassenen Bereich eine Fehlentwicklung stattfindet und bei der Sozialversicherung wieder etwas völlig anderes. Damit ist Schluss.
Wichtiger Punkt: Was es ausmacht, die Vetomöglichkeit der Ärztekammer zu beseitigen, hat das Primärversorgungsgesetz bewiesen. Seit die Vetomöglichkeit der Ärztekammer im Primärversorgungsgesetz beseitigt ist, haben wir – das war im Sommer dieses Jahres – 30 zusätzliche Anträge auf Primärversorgungszentren, Tendenz steil steigend.
Die haben einen Grundversorgungsauftrag oder nehmen einen Grundversorgungsauftrag genau entlang der Devise, die dieser Gesundheitsreform zugrunde liegt – digital vor ambulant vor stationär –, wahr, und das ist auch wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das Argument – Kollege Loacker, das muss ich noch kurz aufgreifen, weil Sie das gesagt haben –, die Pharma bekomme keine Termine bei mir, ist ein schlechter Scherz, weil ich mich erstens fortlaufend mit denen treffe und zweitens dafür gesorgt habe – oder wir gemeinsam dafür gesorgt haben –, dass der Standort Kundl, der größte Antibiotikaproduzent, den wir in Europa noch haben, 15 Millionen Euro, die die Bundesregierung zur Verfügung gestellt hat, von der Europäischen Union freibekommt. Es war ich, der zur Kommissarin nach Brüssel gegangen ist und gesagt hat: Also bitte schön,
wir können nicht darüber reden, eine Wiederansiedelung in Europa zustande zu bekommen, wenn es euch nicht gelingt – Wettbewerbsgründe! –, die 15 Millionen Euro, die wir als Bundesregierung dorthin geben wollen, freizugeben.
Das ist gemacht worden. Diese Gespräche finden statt. Was ich nicht bin – das ist wohl wahr –, ist ein Pharmalobbyist wie Herr Kaniak, das bin ich nicht. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Heinisch-Hosek.)
Das Bewertungsboard ist das genaue Gegenteil dessen, was von Ihnen hier dargelegt worden ist. Wie ist diese Situation jetzt? – Jetzt werden die teuren und seltenen Medikamente von jedem Spital in Österreich mit einer Vertragskonstruktion eigenständig besorgt. Diese Verträge heißen Managed Entry Agreements und sind Abkommen, die der Verschwiegenheit unterliegen, zwischen der Pharma, die zuliefert, und dem jeweiligen Spital.
Es ist vollkommen intransparent, wie diese Preisgestaltung stattfindet, es ist aufgrund der Verschwiegenheitspflicht vollkommen intransparent, welche Medikamente dort verfügbar sind. Heute ist es so, meine Damen und Herren, dass Sie abhängig davon sind, in welchem Bundesland Sie leben, in welchem Krankenhaus Sie behandelt werden, je nachdem bekommen Sie ein Medikament oder bekommen es nicht. Mit diesem Board wird Transparenz geschaffen, nichts anderes. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wer das nicht will, Kollege Kaniak, ist tatsächlich ein Lobbyist der Pharmaindustrie, denn die will das nicht. Die wollen die Geheimnisse der Verträge behalten. Wenn Ihr Kollege Hauser zu Recht immer darauf hinweist, da müsse Transparenz hinein: Genau das machen wir jetzt. (Abg. Kaniak: Das hätten wir uns bei den Covid-Impfstoffverträgen auch gewünscht, Herr Minister!) Es wird Transparenz geschaffen und es wird entgegen Ihren Behauptungen dort die Besetzung so stattfinden, dass ausschließlich Menschen mit einer ärztlichen oder einer pharmazeutischen Ausbildung Platz haben werden.
Es ist eine Empfehlung. Die Letztentscheidung darüber, welches Medikament eingesetzt wird, liegt beim Arzt oder bei der behandelnden Ärztin, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wird das alles ausreichen oder wie lange wird es brauchen, bis das in die Gänge kommt? Weil 1450 angesprochen worden ist: Kollege Loacker, natürlich hat das eine Steuerungsfunktion! Natürlich hat digital vor ambulant vor stationär eine Steuerungsfunktion. Natürlich muss es so sein, dass ein Lenkungseffekt damit generiert wird, ja was denn sonst? Wenn wir wollen, dass die Menschen am Best Point of Service behandelt werden und nicht automatisiert ins Spital gehen, dann wird dieser Lenkungseffekt zu generieren sein. Das war ein wesentliches Anliegen aller an dieser Reform Beteiligten, dass das zustande kommt.
Es findet heute zu wenig statt – da teile ich ja den Befund. Wenn aber Finnland es kann, wenn Israel es kann, wenn andere Länder es können, diese Digitalisierung so voranzutreiben, dass sie a) praktikabel ist und b) zu Lenkungseffekten führt, dann wird Österreich das auch können. Die Voraussetzungen sind jetzt dafür geschaffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Dann habe ich davon gesprochen, dass es ein paar Teile gibt, ja, die ich gerne gehabt hätte. Natürlich wäre die Wirkstoffverschreibung ein Element gewesen, das in dieser Gesundheitsreform hätte Platz greifen können, und andere Dinge mehr. Da geht dann halt nicht alles, weil es eine Übung ist, da die unterschiedlichen Player zusammenzubringen. Ich bleibe aber dabei: Mit dieser Reform tritt nicht automatisch ein Heilszustand ein, aber es ist die Voraussetzung geschaffen, dass nicht eintreten wird, was ansonsten eingetreten wäre. Hätten wir diese Reform nicht gemacht, hätten wir in fünf Jahren Mehrkosten von 7 Milliarden Euro im System. Wir hätten keine Wirkung, wir hätten eine sinkende Qualität, und es würde dann mit dem Rotstift und mit dem Rasenmäher drübergefahren werden, es würde zu Leistungseinschränkungen kommen.
Das ist der Grund und die Grundmotivation, warum es mir wichtig war, diese Reform zustande zu bringen. Und wer wie die Kollegen von der Freiheitlichen Partei im Zusammenhang mit dieser Reform von einem „Griff ins Klo“ redet – also ins Klo greife ich schon gar nicht, denn da drin ist es braun –, dem muss ich einfach sagen (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner – Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Kaniak: ... des Hygienestandards!): Wissen Sie, es hat einen guten Grund, warum man Sie in den Bundesländern, in denen Sie mitregieren, bei der Gesundheit nicht mitreden lässt. Wenn Sie nämlich bei der Gesundheit mitreden, dann ist die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher gefährdet. Sie sind gesundheitsgefährdend für die Österreicherinnen und Österreicher, und deshalb lässt man Sie nicht mitreden. (Abg. Deimek: Also Sie wissen Details von den Koalitionsverhandlungen ...!) Ihre Gesundheitsministerin Hartinger-Klein hat das Gesundheitsministerium zugrunde gerichtet – zugrunde gerichtet! (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Deimek: Sie sollten uns mehr Legales ...!)
Ja, Sie wollen es nicht hören, so ist es: Es hat in konstruktiver Weise in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Beiträge der Sozialdemokratie gegeben, selbstverständlich der ÖVP, auch der ÖVP-Bundesländer – von Ihnen nicht! Und deshalb haben Sie vielleicht nicht die Gnade, diese Gesundheitsreform zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Lausch: Sie haben noch acht Monate!)
Ich werde Ihnen aber Folgendes sagen: Ihre blauen Regierungskolleginnen und -kollegen in den Bundesländern werden dem im Landtag natürlich zustimmen, weil die 15a-Vereinbarung in allen Landtagen beschlossen werden muss; und sie werden da schön artig zustimmen, weil sie wissen: Damit kommt mehr Geld ins Bundesland und ins System. – Ich danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
19.53
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Dr. Martin Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.
*****
19.53
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben jetzt zum wiederholten Male miterleben müssen – wir haben das am heutigen Tag erlebt und auch in den letzten Plenumssitzungen hat sich das zunehmend gehäuft –, dass sich der Herr Bundesminister als Letzter auf der Rednerliste zu Wort meldet. (Ruf bei der FPÖ: Weil er feig ist! – Ruf bei den Grünen: Darf er nicht?) Das macht übrigens auch Herr Vizekanzler Kogler sehr gerne.
Ich erinnere dazu an die Geschäftsordnungsreform, die wir seinerzeit hatten, mit der wir die Redezeiten der Abgeordneten hier im Hohen Haus sehr reduziert haben und es ein Versprechen gab, auch aller Regierungsmitglieder, dass man sich zukünftig an die Usancen hält. Minister haben nämlich keine beschränkte Redezeit, und es muss eine Möglichkeit zur Replik der Abgeordneten geben (Abg. Reimon: Eh!), denn das hier ist das Haus der Parlamentarier und nicht der Regierungsmitglieder. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir gehen – und das ist meine tiefe Sorge – in ein Wahljahr hinein (Zwischenruf bei der ÖVP), und wenn das so weitergeht, wie es in den letzten Wochen und Monaten hauptsächlich von grünen Regierungsmitgliedern gemacht wird, dass diese sich ständig am Ende mit überlangen Redebeiträgen zu Wort melden, in denen sie polemisch auf die Opposition losgehen (neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP), ohne dass man die Möglichkeit hat, sich zu wehren (Abg. Voglauer: Haben Sie ja!), weil man keine Redezeit mehr hat, und das auch bewusst ist: Das geht nicht! (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)
Ich bitte daher, das zum Thema in der Präsidiale zu machen (Zwischenruf des Abg. Höfinger), um wiederum, wie oft und routinemäßig notwendig, die Regierungsmitglieder aufzufordern, sich an die Usancen des Hauses zu halten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
19.55
Präsident Ing. Norbert Hofer: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? – Das ist nicht der Fall.
Es stimmt, es ist üblich, dass man sich als Regierungsmitglied vorher zu Wort meldet, aber es ist, wie wir wissen, in der Geschäftsordnung nicht verpflichtend vorgesehen.
*****
Zu Wort gelangt Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Unruhe im Saal.)
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseher! (Abg. Matznetter: Wurm, nicht ...! – Abg. Michael Hammer: ... Zeitschinder!) Ich glaube, man muss dem Ausfall von Minister Rauch jetzt schon noch ein, zwei Sätze widmen.
Ich habe ja in den letzten zehn Jahren hier weit über 100 Minister, Staatssekretäre kommen und gehen gesehen. Ich bin auch froh, dass Minister Rauch in spätestens einem Dreivierteljahr Geschichte ist. (Beifall bei der FPÖ.) – Herr Minister Rauch, ob Sie sich damit einen guten Dienst für die Erinnerung tun, weiß ich nicht; das müssen Sie beurteilen.
Nur, zu Ihren Vergleichen oder Vorwürfen, dass Mag. Kaniak als Apotheker Pharmalobbyist sei: Ich würde mich um die Lobbyisten kümmern, Herr Minister – und das wäre Ihre Aufgabe –, die in Brüssel sitzen! Da geht das große Geld (Abg. Voglauer: Die sitzen immer woanders! Das ist spannend!), da ist der Pharmalobbyismus zu Hause. Lassen Sie aber bitte anständige Unternehmer in Österreich in Ruhe! Das haben sich Mag. Kaniak und seine Mitarbeiter in der Apotheke nicht verdient, von Ihnen so beflegelt zu werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Voglauer: Das ist ja ein Wahnsinn! Ein komisches System! Bei euch sind nur ...!) – Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt, Herr Minister: Ihre Klovergleiche sind ja unterirdisch. (Abg. Voglauer: Ihre wohl auch!) Ich weiß nicht, ob Ihr Klo braun oder gelb ist, keine Ahnung, aber ich erinnere Sie noch einmal daran – das sollten wir einmal klarmachen –: Sie sind Gast in diesem Haus! Sie persönlich hat keiner gewählt – nicht einer. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Hauser.) Gewählt wurden die Leute, die hier sitzen. Sie sind Gast, und als ehemaliger Abgeordneter sollten Sie das eigentlich wissen, dass Sie Gast im Hause sind und sich halbwegs aufführen sollten (Abg. Zarits: Das sagst du?! Das sagst du?! Du sagst das? – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und Zwischenrufe bei den Grünen), und Beflegelungen in dieser Art und Weise sind indiskutabel. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Voglauer. – Abg. Zarits: Das ist eine Frechheit! – Unruhe im Saal.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung (anhaltende Unruhe im Saal) – falls es Sie interessiert, stimmen wir jetzt ab –, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Gesundheitsausschusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit in 2316 der Beilagen zu genehmigen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Gesundheitsausschusses, den Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-
VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens in 2317 der Beilagen zu genehmigen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 in 2362 der Beilagen.
Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Philip Kucher vor.
Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 13, 15 und 26 in Artikel 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.
Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, mehrheitlich angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2362 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Evaluierung der Gesundheitsreform bis Mitte 2027“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (350/E)
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Es braucht endlich die Patientenmilliarde für eine spürbare Verbesserung der Gesundheitsversorgung – Termingarantie statt Zwei-Klassen-Medizin!“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2363 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2364 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mehrheitlich angenommen.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2365 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.
21. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3761/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln erlassen und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (2366 d.B.)
22. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3762/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (2367 d.B.)
23. Punkt
Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010, das Rezeptpflichtgesetz und das Tierarzneimittelgesetz geändert werden (2368 d.B.)
24. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3351/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Beseitigung der Medikamentenengpässe (2369 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Jetzt kommen wir zu den Punkten 21 bis 24 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.
20.02
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es trifft sich ganz gut, dass ich gleich im Anschluss an den letzten Tagesordnungspunkt die Gelegenheit habe, auch persönlich noch etwas Redezeit dafür zu verwenden, auf die Vorwürfe von Herrn Bundesminister Rauch einzugehen.
Wissen Sie, Herr Bundesminister, was uns unterscheidet? – Ich arbeite seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten in der Gesundheitsbranche als selbstständiger Apotheker und als Pharmagroßhändler, ich bin jeden Tag in Kontakt mit Menschen, die Probleme im Gesundheitssystem selbst erleben, und ich kenne diese daher aus erster Hand. Sie haben jetzt eindreiviertel Jahre Erfahrung im Gesundheitsbereich, werden nach dieser Periode in die Pension verschwinden, und ich werde mich weitere Jahrzehnte für die Sorgen und Wünsche der Menschen einsetzen und versuchen, das österreichische Gesundheitssystem zu einem besseren zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie meine Vorschläge genau durchgelesen hätten, dann wüssten Sie, dass wir in vielen Zielen, die Sie proklamiert haben, durchaus einer Meinung sind, dass nur der Weg, den Sie hier beschreiten, ein falscher ist. Ich habe Ihnen das aufgezeigt, und wir haben hier konkrete Gegenvorschläge, die auch auf der Tagesordnung gestanden sind, und auch einer der jetzt zur Diskussion stehenden Tagesordnungspunkte enthält wieder konkrete Vorschläge, die von der Freiheitlichen Partei und mir ausgearbeitet worden sind, die Sie alle ignoriert haben, über die Sie nicht einmal in Diskussionen eingetreten sind, die Sie, so wie beim vorigen Tagesordnungspunkt, als – Originalzitat – Schwachsinn bezeichnet haben. Ich frage mich, wie Ihre Erfolgsbilanz aussehen wird. Ich befürchte, es wird eine schlechte sein, und Leidtragender werden nicht Sie, der Sie in die Pension entschwinden werden, sein, sondern Leidtragende sind die Patienten und die Menschen hier in Österreich. Das ist das Traurige. (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen wir uns an, was Sie im Arzneimittelbereich denn zusammengebracht haben: Als die Liste der nicht verfügbaren Arzneimittel eingesetzt worden ist und diese über das BASG systematisch erfasst worden sind, war das – Ende 2019, Anfang 2020 – eine Liste von circa 250 Arzneimitteln, die in Österreich nicht verfügbar waren. Aktuell liegt die Anzahl der in Österreich nicht verfügbaren Arzneimittelspezialitäten zwischen 800 und 1 000, Herr Minister. Jetzt frage ich Sie: Was haben Sie in Ihrer Amtszeit gemacht, was haben Ihre Vorgänger gemacht, um diese Situation zu verbessern? – Gar nichts.
Sie haben im Frühling nicht reagiert, als schon offensichtlich war, dass wir im jetzigen Winter erneut in Lieferschwierigkeiten bei Antibiotika und Schmerzmitteln kommen. Wir haben die Vorschläge schon Ende des Frühlings in den Gesundheitsausschuss eingebracht. Sie haben nichts gemacht. Jetzt kommen Sie mit einem Vorschlag zur Wirkstoffbevorratung und einer Kostenabdeckung dafür. Ich frage Sie: Für wie viele der knapp 1 000 nicht lieferbaren Arzneimittelspezialitäten haben Sie denn Wirkstoffe besorgt und eingelagert, sodass die Versorgung damit sichergestellt werden kann? – Ich weiß es noch von keinem einzigen, aber vielleicht haben Sie fünf oder sechs zusammengebracht.
Ich möchte Ihnen allen ja nur aufzeigen, dass das, was hier an Maßnahmen verkündet wird – Finanzierung der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung –, schlicht und ergreifend nicht stattfindet. Wir sind im österreichischen Gesundheitssystem, in der österreichischen Arzneimittelversorgungskette tatsächlich unmittelbar vor einem Kollaps gestanden, weil die pharmazeutischen Großhändler gesagt haben, sie können bei den gestiegenen Kosten diese ganz billigen Arzneimittel nicht mehr kostendeckend distribuieren, und wenn es da nicht eine finanzielle Entschädigung, eine Anpassung der Spannen gibt, dann werden sie diese Arzneimittel aussortieren – und da sprechen wir bitte von Massenversorgung, da sprechen wir von Schmerzmitteln, von Antibiotika, von Blutdruckmitteln, von Antidiabetika und, und, und, also von dem, was die gesamte Bevölkerung braucht.
Jetzt kommen Sie mit einem Vorschlag daher, laut dem Sie auf quartalsweisen Antrag der Großhändler bereit sind, sozusagen einen Bagatellbetrag zu zahlen – mit einem riesigen bürokratischen Aufwand und dem Risiko der Rückerstattung, mordskomplizierter Abrechnung –, anstatt dass Sie das Grundproblem an der Wurzel packen und eine nachhaltige Lösung schaffen, nämlich eine Überarbeitung des Spannensystems beziehungsweise die Einführung einer Grundpauschale für die Distribution, damit die Versorgung mit Arzneimitteln in Österreich wieder gesichert ist. Das braucht es übrigens nicht nur beim pharmazeutischen Großhandel, das braucht es auch bei den öffentlichen Apotheken, denn dort ist der gesamte Kassenbereich defizitär. Wenn Sie mit den Vertretern der Ärztekammer reden, dann werden sie Ihnen die Daten vorlegen, dann sehen Sie das schwarz auf weiß. Das ist nicht an den Haaren herbeigezogen, das ist kein Lobbyismus, das ist schlicht und ergreifend wirtschaftliche Realität.
Wenn die Erstattungspreise gesetzlich geregelt sind und nicht angepasst werden, während die Inflation galoppiert und alle Kosten explodieren, dann geht sich das irgendwann einmal nicht mehr aus – und dieser Zeitpunkt ist nicht nur erreicht, dieser Zeitpunkt ist überschritten. Wer nicht handelt, das sind Sie, Herr Minister. Das Traurige ist: Sie riskieren die Gesundheit der Menschen in diesem Land auch bei der Arzneimittelversorgung. Besser wird es wohl erst, wenn Sie gegangen sind. Auch das werden wir noch erwarten. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
20.07
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrter Herr Minister! Vorneweg zu der Aufregung von vorhin: Ganz ehrlich,
wie man in den Wald reinschreit, so klingt es dann halt manchmal auch heraus. Ich glaube, das werden auch hier herinnen einige Kolleginnen und Kollegen aushalten und man sollte nicht ganz so wehleidig sein, wie man sich heute schon gegeben hat.
Was man vielleicht dazusagen sollte und was von meinem Vorredner nämlich ausgeklammert wurde, ist, dass Österreich ja mit dieser Problematik nicht alleine dasteht, sondern ganz Europa steht mit dem Problem da, dass vor allem sehr niedrigpreisige Medikamente schlecht verfügbar oder schwer verfügbar sind, dass mit dem Auslagern der Produktionsketten in der Wirkstoffproduktion vor allem nach Fernost – China, Indien – in der Vergangenheit uns hier in Europa, was unsere Medikamentenversorgung betrifft, ein Bärendienst erwiesen wurde.
Jetzt kann man sagen: Okay, wie lösen wir dieses Problem?, und dieses Problem werden wir eben nicht alleine als Österreich lösen, sondern dieses Problem müssen wir europäisch lösen, das müssen wir auf EU-Ebene lösen. – Jetzt weiß ich schon, die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei sind nicht unbedingt für Multilateralismus bekannt und sind auch nicht unbedingt dafür bekannt, europäisch zu denken und über die Festung Österreich hinaus zu denken, aber das wäre halt notwendig, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir das auf europäischer Ebene lösen. Dafür wird ja auch gearbeitet. Es geht ja darum, dass wir dieses Problem auf europäischer Ebene lösen – dort, wo es gelöst werden muss.
In der Übergangszeit bis dorthin braucht es auch hier einzelne Maßnahmen, die wir eben heute ergreifen werden. Diese setzen wir nicht aus Jux und Tollerei, sondern die sind ja in Abstimmung mit dem pharmazeutischen Großhandel getroffen worden. Wenn man von Bürokratiemonster spricht, wenn man den Leuten hier herinnen weismacht, dass da die Bürokratie extrem aufgeblasen wird (Abg. Kaniak: Es ist aber so! Hast du dir das durchgelesen?) und dass das ja eigentlich den Interessen derjenigen, die das Ganze umsetzen müssen, zuwiderläuft, dann muss ich dazu sagen: Ja, Entschuldigung, daran hat sich die Phago ja
genauso mit beteiligt, das ist ja in Absprache mit denen passiert! (Abg. Kaniak: Wenn sie nichts haben, nehmen sie das! Das ist ja klar!)
Da kann man jetzt schon dreinschauen und kann sagen, das stimmt alles nicht, aber zumindest der pharmazeutische Großhandel war da eingebunden. Ich weiß schon, Kollege Kaniak gehört anscheinend zu jenen, die es besser wissen, aber er kann ja morgen gerne bei der Phago nachfragen, kann gerne beim pharmazeutischen Großhandel nachfragen. (Abg. Kaniak: Genau! Hab’ ich schon geredet, bevor sie überhaupt bei euch angeklopft haben!) Dort wird man ihm gerne Auskunft geben. Vielleicht hängt es aber auch daran, dass er nicht Teil des pharmazeutischen Großhandels ist, vielleicht ist er auch deswegen ein bisschen sauer.
Zu guter Letzt möchte ich noch einen Abänderungsantrag einbringen, und zwar zu TOP 22:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 3762/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner und Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (2367 d.B.) (TOP 22)
Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:
Die Novellierungsanordnung Z 2 (betreffend § 95 Abs. 23) erhält die Ziffernbezeichnung „4“.
Begründung
Es handelt sich um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.
*****
Ich bitte um breite Zustimmung, sowohl für den Abänderungsantrag als auch für den zugrundeliegenden Antrag. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
20.10
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, die das so lange durchgehalten haben! – Erstens: Hut ab.
Zweitens: Sie müssen sich vorstellen, wie das funktioniert. Sie kommen in den Ausschuss, haben vorher schon einen Entwurf gehabt, im Ausschuss kommt ein Abänderungsantrag. Okay, wird der umgeschrieben. Dann kommen Sie ins Plenum, und dann kommt im Plenum noch ein Abänderungsantrag. Also ich hoffe, Sie haben bei Ihnen in Ihrem Job Chefs, die solche Schlampereien nachsehen. In der Politik geht das; ich habe schon in Firmen gearbeitet, in denen das nicht gegangen wäre.
Arzneimittelknappheit: Wir haben das Thema schon vor der Pandemie diskutiert, dass es in Österreich immer wieder bei einzelnen Produkten, bei einzelnen Wirkstoffgruppen zu Verknappungen gekommen ist, und wir haben darüber diskutiert, was man dagegen tun könnte. Es liegt ja auf der Hand: In einem internationalen Markt, wo Unternehmen produzieren und überlegen, in welches Land sie ihre Produkte liefern, spielt es eine Rolle, ob das betreffende Land, in dem Fall Österreich, ein attraktiver Absatzmarkt für den Hersteller ist.
Da gehört zum Beispiel dazu: Wie bürokratisch ist es, dass man eine Zulassung bekommt, dass das Medikament von der Sozialversicherung erstattet wird? Wie
lange dauert das? Wie kompliziert sind die? Was anerkennen die als Innovation und was nicht?
Es ist eine weitere Frage, ob beispielsweise für Innovationen Preisabschläge verrechnet werden und von wo weg. Wenn in Österreich für Innovationen vom EU-Durchschnittspreis noch einmal ein Abschlag von 6,5 Prozent verrechnet wird, dann könnte vielleicht manch einer denken, da verkauft er doch dieses knappe Produkt lieber irgendwo, wo er mehr dafür bekommt als bei den Ösis, wo die Regierung Abschläge ins Gesetz hineinschreibt. Es wäre nicht so kompliziert. Die Deutschen haben es zum Beispiel erkannt und haben gesagt, wir können bei Kinderarzneimitteln diese Verknappung nicht mehr verantworten und zahlen jetzt einfach mehr. Ich meine, immer einfach alles zahlen, was der andere will, ist auch nicht richtig, aber immer einfach weniger zahlen ist halt genauso falsch.
Jetzt kommt es ja noch besser. In einem Land, in dem die Mehrheit glaubt, der Staat kann alles, geht es jetzt darum, dass der Minister sagt, von welchem Produkt wir wie viel bevorraten. Wir können uns an die Impfstoffbeschaffung des Rudi Anschober erinnern, wie cool das war, wenn die Republik sagt, von welchem Produkt wir wie viel bevorraten. Wenn ich sage, es ist in die Hose gegangen, drücke ich mich sehr höflich aus.
Wir sehen jetzt auch bei Paxlovid, dass das irgendwie nicht so super geklappt hat, also beispielsweise Infektionswellen zu antizipieren oder aus dem Abwassermonitoring zu schließen, dass sich da etwas anbahnt. Hätte man können – hat man nicht.
Der Staat kann das nicht! Die öffentliche Hand kann das nicht und der Minister – bei aller persönlichen Wertschätzung – kann das nicht. Ich will nicht, dass der Minister sagt, von welchem Produkt wir wie viel bevorraten: weil er es nicht kann und weil die Medikamentenlieferkette in Österreich so einfach nicht funktioniert.
Da hätte man vielleicht schauen müssen: Wie kriegen wir Paxlovid bei der Sozialversicherung in die Erstattung? Da ist es nämlich heute noch nicht, und daher ist der Minister derjenige, der das Zeug beschafft: weil man nicht den normalen Weg geht, den die Struktur gewohnt ist. Dann kommt es beim Patienten nicht an. Jetzt müssen Sie eine Verteilung vornehmen und willkürlich sagen, dorthin so viel und dorthin so viel, ohne darauf zu schauen, wo der Bedarf ist.
Das ist das Ergebnis einer Staatsgläubigkeit, von der man eigentlich meinen müsste, im 21. Jahrhundert wären wir darüber hinweg, weil wir gesehen haben: Das hat in der DDR schlecht funktioniert, das hat in der ČSSR schlecht funktioniert. Das funktioniert heute in Venezuela auch nicht so super, aber wir probieren es jetzt. Im Kommunismus hat es früher nie so gescheit funktioniert, aber das mit der Planwirtschaft machen wir jetzt wirklich. Und auch Sie werden scheitern. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kaniak.)
20.14
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die Covid-Pandemie hat uns gezeigt, wie stark die Abhängigkeit Österreichs von China ist, vor allem was die Versorgung mit Medikamenten betrifft. Leider hat sich diese Abhängigkeit bis heute nicht wirklich reduziert, obwohl die Bundesregierung unter verschiedensten Gesundheitsministern immer wieder große Ankündigungen in diese Richtung gemacht hat. Wir werden also heute Gesetze beschließen, um die Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln in Österreich zu gewährleisten.
Das wird einerseits dadurch passieren, dass für die Arzneimittelgroßhändler Geld zur Verfügung gestellt wird, damit diese nicht aus Rentabilitätsgründen gewisse
Arzneimittel aus dem Warensortiment nehmen. Andererseits soll aber auch das Inverkehrbringen von Arzneimitteln bis zum jeweiligen Verfallsdatum möglich sein. Das heißt, wenn ein Medikament heute abläuft, kann es der Hersteller oder der Großhändler trotzdem noch ausliefern und die Apotheke verkaufen, aber natürlich gilt das nur für Medikamente, von denen man weiß, diese Produkte sind weiterhin wirksam und sicher, um so auch Lieferengpässe zu vermeiden. Es wäre ja auch schade, Medikamente, die noch gut zu verwenden sind, einfach zu entsorgen. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Verpflichtung zur Bevorratung haben wir ja bereits beschlossen, aber leider, wie so oft bei Schnellschüssen der Regierungsparteien, muss jetzt wieder etwas repariert werden. Heute wird nämlich die Kostenerstattung hinsichtlich der Mehrkosten, die die Lagerung betreffen, beschlossen. Das wurde beim ersten Gesetzesbeschluss vergessen.
Ein weiterer Tagesordnungspunkt heute ist: Zur Überbrückung von Lieferengpässen sollen auch zukünftig größere Mengen an Medikamenten nach Österreich gebracht werden können, die zwar nicht in Österreich, aber im EWR-Raum entweder zugelassen oder hergestellt wurden – mit einem deutschen Beipackzettel.
Bei all diesen Änderungen – und Sie haben das vorhin eh schon sehr ausführlich angesprochen, Herr Bundesminister – kann es sich nur um Übergangsbestimmungen handeln, da wir natürlich eine Gesamtstrategie brauchen, um diese Problematik auch auf EU-Ebene zu lösen. Es wird nämlich Zeit, dass sich Österreich und auch Europa vom asiatischen Markt unabhängig machen. Es wäre eben wichtig, dass man Produktionen wieder zurück nach Europa holt. Wir hätten das Motto: Wer in Europa verkaufen will, soll auch in Europa produzieren, denn unser Ziel muss es sein, die Versorgung mit Medikamenten in Österreich, aber auch in der EU sicherzustellen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
20.17
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht noch zur vorigen Debatte: Ja, ich nehme zur Kenntnis, es ist nicht Usance im Haus, dass ein Minister zuletzt spricht. Das wird ein einmaliger Vorgang gewesen sein, was mich betrifft. Ich entschuldige mich hier auch dafür, denn ich bin schon geneigt – auch als ehemaliger Parlamentarier –, mich an die Usancen des Hauses zu halten. Das sei damit gesagt.
Was den Medikamentenmangel angeht: Kollege Kaniak, uns unterscheidet schon manches. Sie sind Apotheker – ich nicht. Sie sind in der Branche lange tätig – unbestritten. Sie haben Ihr Fachwissen, was das angeht – hundertprozentig. Aber es unterscheidet uns auch, dass ich jetzt sechs oder sieben Mal in Brüssel mit allen europäischen Gesundheitsministern zusammengesessen bin, von ganz rechts bis ganz links.
Da gibt es eine Einigkeit, eine grundlegende Einigkeit: Entweder gelingt es, ein europäisches System der Bevorratung, der Beschaffung, der Preisgestaltung, der Regularien zustande zu bekommen, oder die Nationalstaaten werden allesamt scheitern. Es ist ein gesamteuropäisches Problem – Frau Kollegin Nussbaum hat es angesprochen –: Es muss jetzt gelingen, diese Frage europäisch zu lösen. Wenn man da glaubt, mit nationalstaatlichen Lösungen oder – noch schlimmer – mit Partikularlösungen in Bundesländern oder in einzelnen Krankenanstalten weiterzukommen, dann werden wir scheitern. Dann werden wir scheitern.
Weil man mich dahin gehend angesprochen hat, die Lobbyisten in Brüssel zu bearbeiten: Wissen Sie, was die sagen? – Die sagen schlicht und ergreifend: Ihr zahlt den Preis, den wir wollen, oder wir verkaufen das Medikament woanders. Den Preis, den wir wollen! Jetzt sage ich Ihnen etwas über die Preisentwicklung; das ist auch Thema im Rat der Gesundheitsminister.
Wir haben Entwicklungen dahin gehend, dass einzelne Staaten, einzelne Gesundheitsminister sagen, sie seien nicht mehr imstande, die gestiegenen Preise insbesondere für seltene Medikamente und für Chemotherapeutika zu bezahlen, weil die Preissteigerungen in den letzten zehn Jahren zwischen 2 000 und 3 000 Prozent betragen haben. – Das geht nicht, das muss europäisch geregelt und geklärt werden, alles andere ist eine Illusion!
Kollege Loacker, ich bin nicht der Verfechter einer staatlichen Bevorratung, nein! Das kann und soll der Pharmagroßhandel machen – wer denn sonst? Das fällt mir nicht ein. Einzelne Landeshauptleute sind bei mir vorstellig geworden, sie würden als Land, als Bundesland, gerne ein Krisenlager betreiben. Das kommt überhaupt nicht in Frage! Das sollen die machen, die sich damit auskennen, die das Know-how haben und die eine rollierende Lagerhaltung – und darum geht es – auch bewerkstelligen können.
Paxlovid ist ja ein supergutes Beispiel. Das hat der Bund aus einer Situation heraus beschafft – das ist ein teures Medikament –, er hat, ich weiß nicht, 130 000, 140 000 Dosen besorgt und dann die Verteilung an die Apotheken vorgenommen. Was jetzt erstaunlicherweise passiert ist: Es gibt eine erkleckliche Lücke zwischen dem, was verteilt worden ist, und dem, was abgegeben worden ist. Es konnte mir die Apothekerkammer bis heute nicht erklären, wo die fehlenden Dosen geblieben sind. Das ist nicht erklärbar. Das wird einer Aufklärung bedürfen, das ist für mich vollkommen klar.
Das hat uns in die Lage versetzt, es nachbeschaffen zu müssen, was mit heutigem Tag erledigt ist. Jetzt kommen die nächsten 18 000 Dosen Paxlovid ins Land, finanziert vom Bund in dem Fall, weil es anders nicht funktioniert hat und der Mangel da ist. Da muss man dann schon auch sagen: Okay, das soll anders organisiert werden, privatwirtschaftlich organisiert werden, dann aber durchgängig und nicht, dass am Ende der Bund einspringen muss.
Wofür wir jedenfalls sorgen werden – und das ist auch schon deponiert –, ist eine lückenlose Dokumentation und Transparenz von der Einfuhr über die
Verteilung bis zur Auslieferung. Was über den Apothekenladentisch geht, muss punktgenau, taggenau nachvollziehbar sein. – Das ist es nicht, Herr Kollege Kaniak, Sie wissen das. Das ist es nicht, es ist nicht nachvollziehbar! (Abg. Kaniak: Wer hat denn das Parallelsystem geschaffen, Herr Minister? Hätten Sie es im Regelsystem gemacht, hätten Sie alles dokumentiert!)
Wenn einzelne Apotheken eine Differenz von 2 000 Dosen oder 98 Prozent des Zulieferungsbedarfs ausweisen, dann stimmt im System etwas nicht. Dem wird auf den Grund gegangen, das wird abgestellt! Ich habe die Liste mit allen österreichischen Apotheken, mit allen, Herr Kollege Kaniak. Es ist ein Abgleich zwischen dem, was ausgeliefert worden ist, und dem, was verkauft worden ist, möglich, und diese Lücken sind nicht erklärbar, die sind schlicht nicht erklärbar, das geht sich nicht aus. (Abg. Schallmeiner: Wie schaut es denn aus im Salzkammergut?) Das ist Steuergeld, das dafür aufgewendet worden ist, und da muss man auch sagen, man hat dafür zu sorgen, dass eben die Maßnahmen getroffen werden, die notwendig sind.
Was wir jetzt tun, ist mit allen Beteiligten ausverhandelt. Sie haben gesagt, das sei eine Schnapsidee oder sei nicht ausgegoren: Das ist im Detail mit allen Beteiligten, im Übrigen auch mit Ihrer Interessenvertretung, besprochen, und es herrschte Einigkeit: Ja, das ist eine Möglichkeit, das jetzt im Übergang so zu gestalten.
Was wichtig ist: Es ist ein Unterschied, ob wir über niedrigpreisige Medikamente oder über hochpreisige Medikamente reden. Mit dem Gap, den wir in der Preisgestaltung bei den niedrigpreisigen Medikamenten haben, muss man irgendwie umgehen.
Planungssicherheit ist angesprochen worden: Es war beim letzten Mal, als das Preisband verlängert worden ist, im Gesetz festgeschrieben, es findet letztmalig statt. Die Planungssicherheit diesbezüglich, Kollege Loacker, war gegeben, es war einfach klar: Es findet nicht mehr statt. – So wurde der Gesetzestext hier im Parlament beschlossen. Planungssicherheit war da.
Wenn man – und das ist auch ein Thema auf europäischer Ebene – darüber reden muss, dann muss man die Abhängigkeit der Produktion, insbesondere was die niedrigpreisigen Medikamente angeht, auch bei den Wirkstoffen und Vorläuferstoffen von einzelnen Produzenten in Asien in den Griff bekommen. Das haben wir nicht, und an dem muss gearbeitet werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
20.24
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schallmeiner: Oje! – Abg. Matznetter: ... die Rede vom Hauser angemessen!)
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuhörer! Herr Minister, den Vorwurf, dass wir Vertreter der Pharmaindustrie sind, werde ich jetzt aufklären.
Sie sind mein Zeuge, Herr Minister. Ich habe unter anderem auch eine parlamentarische Anfrage zu den Arzneimittelbeschaffungen an Sie gestellt, die Sie mir beantwortet haben. Ich habe sie (eine Kopie der Anfragebeantwortung in die Höhe haltend) hier. Und wissen Sie, für mich ist jemand dann ein Vertreter der Pharmaindustrie, wenn er null Transparenz walten lässt. Wenn der Bund Arzneimittel mit öffentlichen Mitteln – das sind ja nicht Ihre Gelder – beschafft, dann gehört es doch dazu, dass Sie über den Beschaffungsvorgang Transparenz walten lassen.
Ich habe diese Anfrage hier und ich beweise den Bürgerinnen und Bürgern, dem Hohen Haus, dass Sie, ÖVP und Grüne, Vertreter der Pharmaindustrie sind. (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner.) Wieso? – Ich habe Ihnen ganz konkrete Fragen gestellt, die Sie kennen; zum Beispiel:
„Gibt es so wie bei den Covid-19-,Impfstoffen‘ eine fixe Abnahmeverpflichtung für Covid-19-Medikamente seitens Österreichs?
a. Falls ja, wie sieht diese aus?
b. Falls ja, welche Produkte und welche Mengen betrifft sie?
c. Falls ja, wer hat dies beschlossen und warum?
d. Falls ja, bis wann läuft diese Vereinbarung?“
Das alles sind Fragen, die Sie hätten beantworten können, weil Sie mir über Ihre Anfragebeantwortung auch mitgeteilt haben, dass diese Beschaffung auf Basis von Ministerratsbeschlüssen erfolgt ist. Das heißt, diese Regierung hat Medikamente beschafft, und ich habe Ihnen ganz konkrete Fragen zu diesen Beschaffungsvorgängen gestellt.
Wissen Sie, was Sie mir geantwortet haben? – Sie haben mir das geantwortet, was Sie auch bei den Impfstoffen geantwortet haben: Sie sagen nichts. Es unterliegt der Vertraulichkeit. – Ich zitiere aus Ihrer Anfragebeantwortung wie folgt – (eine Kopie der Antwort zu Frage 8 auf das Redner:innenpult stellend) Sie können mitlesen –:
„Der genaue Inhalt des Vertrages unterliegt der Vertraulichkeit“ – obwohl Sie mit Bundesgeldern beschafft haben, mit Regierungsbeschluss beschafft haben –, „zu der sich auch Österreich als Vertragspartner verpflichtet hat“ – na bumm! Und Sie wollen uns vorwerfen, wir seien die Vertreter der Pharmaindustrie?! Sie decken doch die Pharmaindustrie! Wieso lassen Sie nicht Transparenz walten? Das ist doch das Mindeste, das Sie tun müssen! Weiter: „daher können Fragen zu konkreten Vertragsbestimmungen nicht beantwortet werden.“
Na ja, Sie haben mir auch mitgeteilt, wie viele Medikamente Sie beschafft haben. Im Konkreten schaut das so aus – mir liegen keine Vertragsdetails vor –: Sie haben (eine Kopie mit einer Auflistung der gelieferten und kontingentierten Mengen der Covid-19-Medikamente Xevudy – 28 585 –, Lagevrio – 130 240 –, Regkirona – 60 000 –, Paxlovid –180 000 – und Evusheld – 8 640 –, mit der Angabe von 407 465 Packungen als Gesamtanzahl sowie der Rechnung:
328 900 000 : 407 465 = 807,- pro Packung, auf das Redner:innenpult stellend) insgesamt 407 465 Packungen von diesen fünf Medikamenten für eine Summe von 328 900 000 Euro beschafft. Das ergibt 807 Euro pro Packung. Da ist klar und offensichtlich, dass da das österreichische Parlament, weil es öffentliche Mittel sind, natürlich mehr Informationen benötigt. Sie haben uns diese Informationen nicht gegeben, deswegen sind ÖVP und Grüne Vertreter der Pharmaindustrie. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Prinz: Mein Gott, Hauser!)
20.27
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Dr. Josef Smolle. – Einen Moment noch! Es folgt vorher noch eine tatsächliche Berichtigung. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Kollege Hauser, Sie haben hier andauernd davon gesprochen, wir wären oder der Herr Minister wäre ein Vertreter der Farmerindustrie, und das haben Sie andauernd wiederholt.
Ich berichtige tatsächlich: Wir sind Vertreter:innen der kleinstrukturierten Landwirtschaft. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)
20.28
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dr. Josef Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Martin Graf: Das war aber keine tatsächliche Berichtigung! – Ruf: Lei-lei!) – Einen Moment noch!
Wissen Sie, Herr Abgeordneter Graf, es ist ganz selten, dass eine tatsächliche Berichtigung wirklich eine ist. Ich glaube, wir sollten in den Klubs und im Präsidium einmal grundsätzlich darüber sprechen – wieder einmal! –, wie so eine Berichtigung aussehen sollte. Aber es ist uns in den letzten Jahren bis jetzt nicht gelungen, das tatsächlich so auf Schiene zu setzen. (Abg. Martin Graf: Aber die 2 Minuten könnte man auf die Fraktionsredezeit anrechnen! Die Möglichkeit gäbe es noch!)
Herr Dr. Smolle, bitte, Sie sind am Wort.
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ein überzeugter Vertreter der ökosozialen Marktwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Bei der Medikamentenversorgung funktioniert der Markt im Wesentlichen meistens sehr gut, und so ist es auch vernünftig, das dem Markt zu überlassen, wobei es dabei immer um das Verhältnis Verkäufer zu Käufer geht. Was den Preis betrifft, ziehen beide am gleichen Strang, aber in entgegengesetzte Richtungen. Das ist ganz normal und das ist verantwortungsvoller Umgang mit Krankenkassenbeiträgen und Steuergeld. Meistens funktioniert es mit dem Markt. Wenn es aber einmal ein Marktversagen gibt – und wir haben das mit den Lieferengpässen gehabt–, dann ist es absolute Pflicht und vernünftig, dass von der öffentlichen Hand steuernd eingegriffen wird.
Mit dem, was jetzt zur Abstimmung steht, wird auf drei Ebenen eingegriffen. Der erste Punkt adressiert die Verteilung der Medikamente im Niedrigpreissegment, großteils unter der Rezeptgebühr. Dazu muss man wissen, dass manche Medikamente, die zum Beispiel in meiner beruflichen Jugend so teuer waren, dass sie chefarztpflichtig waren, heute unter der Rezeptgebühr liegen. Die Verteilung solcher Packungen verursacht natürlich immer den gleichen Aufwand, egal wie teuer oder wie billig sie sind. Und deshalb gibt es jetzt – erster Punkt – diesen Infrastruktursicherungsbeitrag für den pharmazeutischen Großhandel beim Vertrieb dieser Billigstmedikamente. Das ist ein guter Schritt, der in diesem Bereich die Versorgung sicherstellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Der zweite Bereich: Da geht es darum, dass man dann, wenn die Situation eintritt, dass bestimmte Wirkstoffe oder auch bestimmte Präparate, Fertigmedikamente nicht lieferbar sind, oder abzusehen ist, dass es da zu
Lieferengpässen kommen wird, die pharmazeutische Industrie und vor allem auch wieder den Großhandel beauftragen kann, Lagerhaltung vorzunehmen; Lagerhaltung einerseits von Fertigpräparaten, andererseits in einem beschränkten Ausmaß auch von Wirkstoffen. Wenn die Lagerhaltung länger als die üblichen drei, vier Monate ist, dann ist das ein finanzieller Mehraufwand, und der wird bei entsprechender Abrechnung dann von der öffentlichen Hand abgegolten.
Der dritte Punkt ist: dass es, wenn es zu Engpässen kommt, leichter möglich sein wird, gleichwertige oder vergleichbare Präparate aus dem EWR-Ausland nach Österreich einzuführen, um vorübergehende Versorgungslücken decken zu können.
Wir alle wissen, dass langfristig die Versorgung – mit welchem Produkt auch immer – dann am besten gesichert ist, wenn man nicht nur einen Anbieter hat, sondern wenn man eine Mehrzahl von Anbietern hat.
Wir haben bitter erlebt, was die Deindustrialisierung in Europa bedeutet; die Deindustrialisierung, zu der in vergangenen Jahrzehnten sogar applaudiert worden ist, wo man gesagt hat, wir sind jetzt von der Industriegesellschaft in Richtung einer Dienstleistungsgesellschaft unterwegs. Heute wissen wir: Bitte nicht so weiter, wir brauchen Produktion in Europa! – Und das geht nur, wenn wir nicht extremen Preisdruck machen, sodass jeder Akteur dann gezwungen ist, das Allerbilligste und das vom letzten verbliebenen Produzenten in Ostasien zu kaufen.
Deshalb ist die mittelfristige Perspektive, und die ist auf europäischer Ebene anzugehen – das ist auch wiederholt hier angesprochen worden –, wieder Produktion in Europa und auch Produktion in Österreich zu haben, eine Mehrzahl an Anbietern, dann haben wir ökosozialen Markt, dann wird auch auf lange Sicht die Versorgung gesichert sein.
Die Schritte, die wir jetzt zur Überbrückung machen, sind gut und sinnvoll. Ich freue mich über breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
20.33
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Werner Saxinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Als Arzt und Politiker kann ich nicht anders, als noch einmal kurz den skurrilen Auftritt von Herrn Klubobmann Kickl von heute zu Mittag zu reflektieren. Er hat doch wirklich behauptet, dass der Grund, warum bei der derzeit hohen Covid-Virus-Last in den Abwässern keine Maßnahmen gegen Corona getroffen werden, die FPÖ sei. – Ich habe das so wahrgenommen.
Das ist so etwas von anmaßend, falsch, lächerlich, und das kann ich so auch nicht stehen lassen. Da überschätzt sich die FPÖ maßlos. Herr Kickl lebt sowieso in einer eigenen Welt.
Zur Info an die FPÖ über die Gründe, warum wir Covid derzeit im Griff haben, auch wenn sehr viele erkrankt sind: Es ist glücklicherweise weiterhin eine milde Omikronsubvariante. Es gibt sehr viele Patienten, die geimpft sind, und es besteht auch eine hohe Immunität nach den Erkrankungen. Das sind die Gründe. Wir sind weiter achtsam und kontrollieren auch. Es ist aber weiterhin sinnvoll, sich und andere zu schützen. Ich habe zum Beispiel immer eine Maske dabei. In der U-Bahn und dann, wenn ich verkühlt bin, setze ich sie auch auf. – Es war mir ein Bedürfnis, dem Kickl’schen Nonsens zu widersprechen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Zum Thema Arzneimittelsicherheit: Bei der Arzneimittelsicherheit gibt es eigentlich nur eine Frage: Wie können wir Medikamentenengpässe vermeiden? Wie schaffen wir das? Wir beschließen heute einige Maßnahmen gegen Medikamentenengpässe.
Der Gesundheitsminister kann zum Beispiel Pharmafirmen und Arzneimittelhändler per Verordnung zur Lagerung bestimmter Medikamente verpflichten. Die Bevorratungskosten werden den Pharmafirmen und Arzneimittelhändlern dabei ersetzt, vorerst bis Ende 2027 – bis dahin wird das evaluiert. Weiters erhalten auch Arzneimittelgroßhändler vorübergehend einen sogenannten Infrastruktursicherungsbeitrag in der Höhe von 0,28 Euro, und zwar für niedrigpreisige Medikamente, damit diese nicht aus Rentabilitätsgründen vom Markt genommen werden.
Weiters werden wir auch die Abverkaufsfristen für Hersteller und Großhändler an jene von Apotheken anpassen. Es dürften daher künftig auch Medikamente bis zum Verfallsdatum in Umlauf gebracht werden.
Im Falle von Lieferengpässen ist noch eine weitere Maßnahme möglich: Größere Mengen von in Österreich noch nicht zugelassenen Medikamenten dürfen auch importiert werden, wenn das Medikament in einem anderen EWR-Staat auf dem Markt ist. Mittel- und langfristig, das hat der Minister heute schon erwähnt, braucht man aber eine europäische Lösung.
Auch das sogenannte Bewertungsboard dient meiner Ansicht nach der Gewährleistung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Arzneimitteln. Wir haben das heute schon mehrmals diskutiert, es war in aller Munde und wurde auch kontroversiell diskutiert. Die Grundidee ist aber eine sehr gute: ein einheitliches Behandlungsniveau in ganz Österreich – die Realität ist derzeit nämlich schon eine andere. Es soll nämlich nicht davon abhängen, in welchem Spital der Patient gerade liegt, und bundeslandunabhängig sollen die gleichen Regeln für alle teuren Spitalsmedikamente gelten. Das war bisher nicht der Fall und das ist meiner Meinung nach ein Missstand.
Es sollte auch nicht vom Wohnort abhängen, ob ich ein Medikament erhalte oder nicht. Und es ist auch nicht sinnvoll, dass jede Spitalsapotheke – auch das haben wir heute schon erwähnt – mit den Pharmafirmen eigens verhandelt. Das wird in Zukunft transparent sein.
Das Bewertungsboard kommt aber nun auch etwas anders als geplant. Es wurden berechtigte Kritikpunkte eingearbeitet. Es müssen – das haben wir auch schon gehört, aber ich glaube, es ist wichtig, das auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer zu betonen – bei Bedarf externe Experten beigezogen werden. Im Board müssen jetzt fachkundige Vertreter sein, es hat nur Empfehlungscharakter und ist unabhängig vom Erstattungskodex, und es wird auch geschaut – und das finde ich auch ganz wesentlich –: Was ist in der Pipeline, was kommt auf uns zu? Das sogenannte Horizon Scanning.
Das Bewertungsboard dient also auch der Versorgungssicherheit und es soll eine einheitliche Orientierung geben, es ist transparent, also eine sinnvolle Sache. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.
Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln erlassen und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2366 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird, in 2367 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Umnummerierung einer Novellierungsanordnung eingebracht.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das Tierarzneimittelgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2368 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2369 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3342/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend 6-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels (2370 d.B.)
26. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3760/A der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden (2371 d.B.)
27. Punkt
Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3316/A(E) der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Ärzt*innenmangel (2372 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 25 bis 27 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Es wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.
Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sitzung für Sitzung, Monat für Monat diskutieren wir eines der brennendsten Themen: Gesundheitskrise, katastrophaler Ärzt:innenmangel, aber das ist auch gut so. Etwas regt mich aber mittlerweile wirklich auf, ich beginne mit dem Positiven: Herr Bundesminister, Sie und die Grünen – das kann man Ihnen nicht absprechen – bemühen sich zumindest. Was mich aber wirklich aufregt, ist die ÖVP. Die ÖVP ist jene Partei, die im Bereich des Gesundheitswesens blockiert, blockiert, blockiert. Ihr blockiert immer, dass es ein zukunftsfittes Gesundheitssystem in Österreich für alle Menschen in diesem Land gibt.
Schauen wir uns das an: Seit zweieinhalb Jahren ist die Zahl der unbesetzten Kassenstellen um 70 Prozent gestiegen; 2022 haben drei Millionen Österreicher:innen um Rückerstattung für teure Facharzttermine angesucht; die ÖGK-Versicherten haben 500 Millionen Euro für Fachärzte ausgegeben, das Dreifache von dem, was sie zurückerstattet bekommen haben; überfüllte Wartezimmer; geschlossene Stationen, und, und, und.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen endlich bessere Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeiter:innen im Gesundheitsbereich. Wir brauchen endlich, dass das Rettungsdreieck gestärkt wird, Stärkung des Rettungsdienstes, Stärkung des bodengebundenen Notarztes, Stärkung der Flugrettung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kaniak.)
Die Rettungssanitäter:innen gehören endlich in die Nachtschwerarbeit; Verdoppelung der Medizinstudienplätze und eine 14-Tage-Termingarantie, ein Arzttermin für alle, die ihn brauchen. Wir brauchen auch endlich die HPV-Impfung für alle gratis – danke an die Volksanwaltschaft, danke an die Initiative HPV-Impfung jetzt. Über 36 000 Unterschriften wurden von der Initiative an Sie, Herr Bundesminister, übergeben. Ich habe heute gemeinsam mit meiner Kollegin Eva Maria Holzleitner einen diesbezüglichen Antrag hier im Nationalrat eingebracht. (Beifall bei der SPÖ.)
Weil ich gerade beim Impfen bin: Herr Minister, was ist denn jetzt wieder los – Stichwort Paxlovid? (Heiterkeit des Redners.) Das gibt es doch gar nicht. (Abg. Bogner-Strauß: Was hat Paxlovid mit Impfen zu tun, das ist ein Medikament?!) Das ist doch eine Schmierenkomödie. Da spielt das Ministerium den Ball an die Apotheken, die Apotheken an die Ärzt:innen und die Ärzt:innen wieder zurück an das Ministerium. Mir ist komplett egal, wer schuld daran ist. Herr Minister, Sie tragen die Gesamtverantwortung. Stellen Sie endlich sicher, dass genügend Medikamente gegen Covid zur Verfügung gestellt werden – nicht morgen, nicht übermorgen, sondern jetzt! (Beifall bei der SPÖ.)
20.44
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es ja immer recht spannend, wenn man dann so tut, als ob die Anzahl der Studienplätze ausschlaggebend für die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte im Kassensystem wäre. Die zwei Dinge haben zwar schon irgendwie etwas miteinander zu tun, aber sie sind nicht direkt proportional zueinander.
Andersrum gesagt: Mehr Studienplätze bedeuten nicht automatisch mehr Ärztinnen und Ärzte im Kassensystem. Ich glaube, darüber sollten wir uns einmal im Klaren sein (Abg. Lindner: Wir brauchen sie aber trotzdem!), vor allem auch deshalb, weil Studienabsolventinnen und Studienabsolventen nicht automatisch Ärztinnen und Ärzte sind, sondern wir dann darüber reden müssen, dass sie auch die entsprechenden Ausbildungsplätze in den Spitälern, in den Ausbildungspraxen et cetera vorfinden müssen, dort entsprechende Arbeitsbedingungen vorfinden müssen.
Warum gehen immer mehr und mehr österreichische Medizinstudentinnen und -studenten, die absolviert haben, ins Ausland, insbesondere nach Deutschland? Wir sollten uns halt anschauen, was deutsche Spitäler besser machen als österreichische, warum diese attraktiver sind, um dorthin zu gehen und eine Ausbildung zu machen.
Da so zu tun, als ob mehr reinzukippen auf der anderen Seite mehr Kassenärztinnen und Kassenärzte ergäbe, stimmt halt einfach nicht. Ich glaube, die Diskussion haben wir des Öfteren schon miteinander geführt. Man kann sie aus einer bildungspolitischen Sicht führen, aber sozusagen herzugehen und zu sagen, das eine bedingt das andere, stimmt schlicht und ergreifend nicht. (Abg. Lindner: Sie wissen aber schon, dass wir ein Pensionsproblem zusammenkriegen?)
Da sind halt auch die Spitalserhalter in der Pflicht, die beispielsweise mit Kettenverträgen arbeiten und damit bei den Ausbildungsverträgen extrem unattraktiv sind. Dann müssen wir uns eben das anhören, was insbesondere von Turnusärztinnen und Turnusärzten kommt, von den Vertreterinnen und Vertretern der Turnusärztinnen und -ärzte. Wenn ich mir das nämlich anhöre, dann weiß ich, dass wir hier in Österreich im Spitalswesen ein veritables Problem im Ausbildungsbereich haben, nämlich ein Problem, das die Erhalter zu lösen haben, und das sind halt in erster Linie die Bundesländer. Das muss man hier auch einfach einmal benennen.
Auch da gilt wie heute schon gesagt: Das FAG gibt den Ländern auch die entsprechenden Mittel, da kann man auch gegensteuern, wenn man das möchte. Ich gehe einmal davon aus, dass auch die Länder ein Interesse daran haben werden.
Zu guter Letzt habe ich noch einen Abänderungsantrag einzubringen:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3760/A der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden, 2371 der Beilagen, TOP 26.
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:
Art. 1 (Änderung des Ärztegesetzes 1998) wird wie folgt geändert:
a) Die Z 1 bis 9 erhalten die die Ziffernbezeichnung »2.« bis »10.« und folgende Z 1 wird eingefügt:
»1. § 4 Abs. 3a lautet:
„(3a) Näheres über den Nachweis ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache gemäß Abs. 2 Z 4 und über die Organisation und Durchführung der Deutschprüfung, einschließlich eines für die Durchführung der Prüfung zu entrichtenden Prüfungsentgeltes hat die Österreichische Ärztekammer durch Verordnung im übertragenen Wirkungsbereich zu regeln. Voraussetzung für eine allfällig durchzuführende Deutschprüfung ist der Nachweis des Sprachniveaus GER-B2 gemäß dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen des Europarats. Die Deutschprüfung ist in einer mündlichen Prüfung von einer Kommission bestehend aus einer Vertreterin/einem Vertreter der Österreichischen Ärztekammer, einer/einem Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege (§ 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997) und einer Person, die über eine Fachausbildung „Deutsch als Fremdsprache“ verfügt, abzunehmen. Die Kommission fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Bei der Festsetzung des Prüfungsentgeltes ist auf den mit der Organisation und Durchführung der Prüfung verbundenen Zeit- und Sachaufwand Bedacht zu nehmen. Überprüfungen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache dürfen erst nach der Anerkennung der Berufsqualifikation vorgenommen werden.“«
b) In der Z 5 (neu) wird das Wort »Bestrich« durch das Wort »Beistrich« ersetzt.
c) In Z 10 (neu) wird in § 254 am Anfang die Wort- und Zeichenfolge „§ 4 Abs. 3a,“ eingefügt.
*****
Begründung: Es geht um Erleichterungen für ausländische Ärztinnen und Ärzte. Natürlich bleibt das hohe Nostrifizierungsniveau erhalten, aber es geht darum, dass wir auch hier in Österreich deutlich attraktiver für ausländische Ärztinnen und Ärzte werden, die in Österreich arbeiten möchten.
In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unseren Anträgen, insbesondere auch zu diesem Abänderungsantrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
20.49
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner,
Kolleginnen und Kollegen,
zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3760/A der Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden (2371 d.B.) (TOP 26)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:
Art. 1 (Änderung des Ärztegesetzes 1998) wird wie folgt geändert:
a) Die Z 1 bis 9 erhalten die die Ziffernbezeichnung »2.« bis »10.« und folgende Z 1 wird eingefügt:
»1. § 4 Abs. 3a lautet:
„(3a) Näheres über den Nachweis ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache gemäß Abs. 2 Z 4 und über die Organisation und Durchführung der Deutschprüfung, einschließlich eines für die Durchführung der Prüfung zu entrichtenden Prüfungsentgeltes hat die Österreichische Ärztekammer durch Verordnung im übertragenen Wirkungsbereich zu regeln. Voraussetzung für eine allfällig durchzuführende Deutschprüfung ist der Nachweis des Sprachniveaus GER-B2 gemäß dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen des
Europarats. Die Deutschprüfung ist in einer mündlichen Prüfung von einer Kommission bestehend aus einer Vertreterin/einem Vertreter der Österreichischen Ärztekammer, einer/einem Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege (§ 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997) und einer Person, die über eine Fachausbildung „Deutsch als Fremdsprache“ verfügt, abzunehmen. Die Kommission fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Bei der Festsetzung des Prüfungsentgeltes ist auf den mit der Organisation und Durchführung der Prüfung verbundenen Zeit- und Sachaufwand Bedacht zu nehmen. Überprüfungen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache dürfen erst nach der Anerkennung der Berufsqualifikation vorgenommen werden.“«
b) In der Z 5 (neu) wird das Wort »Bestrich« durch das Wort »Beistrich« ersetzt.
c) In Z 10 (neu) wird in § 254 am Anfang die Wort- und Zeichenfolge „§ 4 Abs. 3a,“ eingefügt.
Begründung:
Zu § 4 Abs. 3a ÄrzteG 1998:
Die Praxis zeigt, dass vielen hochqualifizierten und -motivierten Ärztinnen/Ärzten die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Österreich nachhaltig verwehrt bleibt, da sie die dafür bereits im Zeitpunkt der Aufnahme ihrer Tätigkeit abverlangten Kenntnisse der deutschen Sprache nicht mitbringen. Damit der Standort Österreich im internationalen Wettbewerb um medizinische Fachkräfte nicht ins Hintertreffen gerät und um diesen Personen die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit im Inland – unter unveränderter Beibehaltung der strengen fachlichen Anforderungen (Nostrifizierung) – zu erleichtern, ist eine Konkretisierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen angezeigt. Diese erfolgt in Anlehnung sowohl an die bereits bestehende, zu § 4 Abs. 3a ergangene Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über Durchführung und Ausgestaltung der Prüfung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache (Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über Durchführung und Ausgestaltung der
Prüfung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache (Sprachprüfungs-Verordnung – SP-VO), als auch an die auf Grund des § 6 Abs. 3 Zahnärztegesetz (ZÄG) ergangene Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Durchführung und Ausgestaltung der Prüfung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache (Sprachprüfungs-Verordnung – SP-VO).
Anleihe konnte auch an TOP 7.3 der 87. Gesundheitsministerkonferenz 2014 am 26./27. Juni 2014 in Hamburg („Eckpunkte zur Überprüfung der für die Berufsausübung erforderlichen Deutschkenntnisse in den akademischen Heilberufen“) genommen werden, wonach für die Beurteilung, inwieweit jemand über die für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt, über das Sprachniveau GER-B2 hinausgehend vornehmlich auf die für diese Tätigkeit tatsächlich erforderlichen Sprachkenntnisse abzustellen ist.
Um dem dargestellten Ziel gebührend Rechnung zu tragen, ist vorgesehen, dass in jenen Fällen, in denen die Erbringung des Nachweises ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache (§ 4 Abs. 2 Z 4) nicht ohnehin obsolet ist (etwa aufgrund Absolvierung eines deutschsprachigen Studiums), eine Kommission zur Abnahme der Deutschprüfung berufen ist, die zu beurteilen vermag, ob die tatsächlich erforderlichen Fachsprachkenntnisse im ausreichenden Maße vorhanden sind.
Neben einem Vertreter der Österreichischen Ärztekammer soll der Kommission daher auch eine Person aus dem Kreis des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege (§ 1 Z 1 GuKG) angehören, da sich diese Berufsgruppe in stetiger beruflicher Zusammenarbeit mit den Ärztinnen/Ärzten befindet. Mit der Einbeziehung schließlich auch von Personen mit einer Fachausbildung „Deutsch als Fremdsprache“, die regelmäßig keinem Gesundheitsberuf angehören (und mithin medizinische Laien sind), wird die typische Trias der Kommunikationsumgebung einer Ärztin/eines Arztes vollständig in der Prüfungskommission dargestellt.
Zu § 254 ÄrzteG 1998:
Ein In-Kraft-Treten des § 4 Abs. 3a im Gleichklang mit den übrigen Bestimmungen dieser Novelle mit dem der Kundmachung folgenden Tag ist insbesondere im Hinblick auf die gegebene Dringlichkeit („Ärztemangel“) geboten und angesichts des Umstandes, dass in Gestalt der SP-VO der Österreichischen Ärztekammer bereits ein umfangreiches, mit der vorgeschlagenen Bestimmung weitestgehend konformes Regelwerk zur Durchführung und Ausgestaltung der Prüfung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache vorliegt, auch vertretbar.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte zunächst auf diesen gerade eingebrachten Abänderungsantrag eingehen. Ich sehe das ein bisschen anders als Kollege Schallmeiner (Abg. Schallmeiner – erheitert–: Das wundert mich jetzt!), der ja gemeint hat: Das wird es uns jetzt nur leichter machen, ausländische Ärzte ins System hineinzubekommen. – Für mich scheint es so, als ob die Bundesregierung da schon vorbeugen möchte, dass für die zukünftigen Kassenambulatorien, für die sich keine österreichischen Ärzte mehr finden – und das, obwohl wir pro Kopf die höchste Ärztedichte von ganz Europa haben –, dann ausländische Ärzte, vor allem wahrscheinlich aus Drittstaaten, leichter rekrutiert werden können.
Ich kann Ihnen nur eines sagen, auch aus meiner Erfahrung, Herr Minister: Dort, wo diese Ärzte aus Drittstaaten, die zwar ihre Nostrifizierung geschafft haben, aber deren Sprachniveau nicht ausreichend ist, in Kliniken kommen, in Spitäler kommen, sind sie schlicht und ergreifend nicht verwendbar, weil sie mit
dem Pflegepersonal nicht kommunizieren können, weil sie mit ihren Kollegen nicht kommunizieren können, leider Gottes schon gar nicht mit den Patienten kommunizieren können. Das funktioniert in der Praxis leider nicht. Das ist nicht einmal ein Lückenbüßer, sondern das ist einfach nur eine Katastrophe, wie sich das sehr häufig in den Spitälern darstellt. Vielleicht reden Sie diesbezüglich auch einmal mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort.
Auf der anderen Seite haben wir jetzt unter diesen Tagesordnungspunkten den Sechspunkteplan zur Beseitigung der Personalprobleme im Gesundheitswesen. Das ist – das ist heute schon gesagt worden – eines der größten Probleme, wenn es nicht sogar das größte Problem im österreichischen Gesundheitswesen ist: dass wir im öffentlichen Gesundheitswesen zu wenig Ärzte, zu wenig Pfleger, zu wenig medizinisches Personal finden, das bereit ist, dort zu arbeiten.
Der erste Punkt des Sechspunkteplans, Herr Minister, kann gar nicht so ein Schwachsinn sein, denn den haben Sie mittlerweile in Ihre Gesundheitsreform übernommen, nämlich eine Evaluierung des Österreichischen Strukturplans Gesundheit und eine Überarbeitung der regionalen Strukturpläne. Das ist ja vollkommen richtig und zwingend notwendig, und das habe ich auch immer gefordert und unterstützt.
Wir brauchen eine neue Analyse: Was brauchen wir wo?, und eine klare Definition, welche Leistung wo von wem erbracht werden soll.
Das, was uns allerdings fehlt, ist, dass wir zum Beispiel einheitliche Personalschlüssel für die Spitäler haben, und – was auch ein ganz großer Kritikpunkt der letzten Jahre war, vor allem der Mitarbeiter im Gesundheitswesen – wir haben keine finanzielle Fairness für diese Mitarbeiter dort.
Die Gehälter gehören für alle angepasst. Die Pflegeprämien, die groß versprochen worden sind, sind bei vielen noch immer nicht angekommen und bei manchen versteuert angekommen. Das hätte harmonisiert werden können.
Dafür, das geradezuziehen, haben Sie monatelang Zeit gehabt, aber das ist bis heute nicht passiert.
Dann geht es um den Bereich der Ausbildung, auch das ist von meinem Vorredner schon angesprochen worden. Wir haben da natürlich sehr große Defizite, vor allem weil die Ausbildungsplätze nicht attraktiv genug sind, weil die jungen Medizinabsolventen von den Universitäten lieber gleich ins Ausland gehen, anstatt in Österreich eine Ausbildung zum Arzt oder Facharzt zu machen.
Da hätten Sie sehr wohl über die gesetzlichen Rahmenbedingungen die Möglichkeit, die Ausbildung zu attraktivieren. Wir hätten das ja zum Beispiel auch im Rahmen des Facharztes für Allgemeinmedizin geplant, nur kommen diese Gesetze halt nicht, genauso wie alles, was im Bereich der Kompetenzerweiterung und Kompetenzneuregelung für die Gesundheitsberufe ansteht, nicht kommt.
Wie gesagt: kein Facharzt für Allgemeinmedizin, kein MTD-Gesetz neu, kein Sanitätsgesetz neu, keine Apothekengesetznovelle neu und vieles andere, auf das die Betroffenen sehnsüchtig warten – teilweise schon seit über einem Jahr fertig ausgearbeitet, aber weit und breit nicht im Parlament zum Beschluss.
Was das Studium anbelangt, liegt unser Vorschlag eines bundesweit einheitlichen Stipendienmodells auf dem Tisch. Auch in diesem Bereich, Herr Minister, haben Sie eine Vereinheitlichung und Harmonisierung verabsäumt, zulasten einer Planbarkeit. Im Endeffekt wurschtelt jedes Land, jeder öffentliche Träger jetzt für sich selber dahin, manche machen Stipendienmodelle, manche versuchen, die anderen zu überbieten. Im Endeffekt wird das Ganze teurer, ohne den gewünschten Effekt zu erzielen.
Dann bleibt noch der große Themenbereich der Wahlärzte übrig, und gegen die haben Sie offensichtlich überhaupt etwas: Anstatt bestehende Wahlärzte, die versorgungswirksam sind, die schon Ordinationen haben, die die gesamte
Infrastruktur haben, um sofort auch im Rahmen des Kassensystems Leistungen zu erbringen, ins System hineinzuholen, werden diese jetzt zusätzlich schikaniert und in die Privatmedizin oder überhaupt ins Ausland verdrängt. Anstatt dass man ihnen die Hand gereicht und versucht hätte, sie ins öffentliche System hineinzuziehen, werden sie jetzt final vor den Kopf gestoßen.
Ich befürchte, dass damit der Personalmangel im öffentlichen Gesundheitssystem noch weiter verstärkt wird. Sie haben in Ihrer großen Gesundheitsreform, in die Sie 1 Milliarde Euro investieren, praktisch nichts drinnen, was die Attraktivität für die Menschen, die in diesem System arbeiten, tatsächlich erhöht, und somit befürchte ich, dass die Probleme weiter bestehen bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)
20.54
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Werner Saxinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Trotz fortgeschrittener Stunde und eines langen Tages kann ich heute sagen, dass ich wirklich happy bin. Politik macht Freude, macht Sinn, ist erfüllend und befriedigend.
Jetzt werden sich manche denken: Was hat er denn jetzt eingeworfen? (Abg. Brandstötter – erheitert–: Ja, ja! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Was redet denn der daher? Aber: Bei der Weiterentwicklung des Gesundheitsbereichs im Rahmen des FAG fühle ich wirklich so, das kann ich ganz ehrlich sagen, da ist uns einfach etwas Gutes gelungen.
Nach 33 Jahren ärztlicher Tätigkeit und über drei Jahren in der Politik, im Parlament, ist es einfach schön, mitgestalten zu können, wenn endlich etwas
weitergeht, im Sinne einer optimalen und solidarischen Patientenversorgung. Das macht mich auch stolz, und jede oft noch so mühsame Minute der politischen Aktivität hat sich – für mich zumindest – mit diesem Projekt wirklich gelohnt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Für mich, das muss ich immer wieder sagen, ist die medizinische Versorgung in Österreich eigentlich überparteilich und sind auch parteipolitisches Kalkül und Geplänkel da fehl am Platz, und ich möchte gerade für den Gesundheitsbereich in Anspruch nehmen, dass Wissenschaftlichkeit und Evidenz Grundlagen einer sinnvollen Diskussion sind. Verschwörungstheorien und skurril-gefährliche Therapievorschläge à la Kickl haben da bei mir nichts verloren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Aber zum Thema: Kollege Kaniak von der FPÖ hat im Gesundheitsausschuss einen „6-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels“ eingebracht. (Abg. Wurm: Ein guter Plan!) Ich halte Kollegen Kaniak zugute, dass er sich als Apotheker auch meist bemüht, konstruktiv und sinnvoll zu diskutieren. Wenn aber zum Beispiel Kollege Wurm von der FPÖ im Gesundheitsausschuss keinen einzigen Punkt der Gesundheitsreform nur ansatzweise positiv bewertet und alles in Bausch und Bogen ablehnt und vernichtet, dann ist das für mich Fundamentalopposition und zeugt von einem Mangel an konstruktivem Diskurs. Es ist für mich eine Verantwortungsverweigerung und eigentlich zum Fremdschämen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall der Abgeordneten Neßler und Schallmeiner.)
Zum Inhalt dieses Antrages: Im Antrag wird zum Beispiel die Einbindung der Wahlärzte ins Kassensystem gefordert. Das ist eine sinnvolle Sache, und das wird auch gemacht. Die Wahlärzte werden im Rahmen des FAG näher an das öffentliche Gesundheitssystem angebunden: E-Card-Verrechnung, verpflichtende Diagnosecodierung, das haben wir schon gehört.
Eine weitere Forderung – auch eine sinnvolle – ist zum Beispiel die Weiterbeschäftigung der älteren Kassenärzte ab 70. Das ist auch jetzt schon möglich,
falls kein Nachfolger gefunden wird. Morgen erwarte ich 90 pensionierte Ärzte, und da sind Dutzende dabei, die über 70 sind und die noch in der Kassenpraxis tätig sind.
Bezüglich der Arbeitszeit im Gesundheitswesen wird eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie gefordert. – Wissen Sie, dass zum Beispiel diplomierte Gesundheits- und Pflegekräfte schon ab 4 Wochenstunden tätig sein können? In meiner Abteilung sind zum Beispiel die Hälfte aller Ärzte in Teilzeit beschäftigt, also die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird schon gelebt. Also vieles, was in diesem Sechspunkteplan von Herrn Kaniak gefordert wird, ist sinnvoll, wird bereits umgesetzt oder ist auf Schiene. (Abg. Wurm: Doch nicht zum Fremdschämen, oder was?)
Wir haben es heute bereits mehrmals gehört, aber ich wiederhole es noch einmal: 600 Millionen Euro Finanzierung an Länder und Gemeinden, zusätzliche Mittel für den niedergelassenen Bereich, für die Spitäler, für die Digitalisierung. Da wird einem ganz schwindlig bei diesen Zahlen, aber für FPÖ und SPÖ ist es manchmal noch immer zu wenig.
Kommen wir zu einem zweiten Punkt, den wir jetzt diskutieren: Kollege Silvan von der SPÖ fordert in seinem Antrag und im Gesundheitsausschuss Maßnahmen gegen den Ärztemangel. – Wir bilden in Österreich an sich viele Ärzte aus. Ja, und ich sage ganz ehrlich, der Medizinaufnahmetest, der Med-AT, ist für mich inhaltlich ein großes Problem, damit bin ich persönlich sehr unzufrieden, und der gehört auch weiterentwickelt. (Beifall bei der ÖVP.)
Unser Hauptproblem besteht aber darin, dass circa 30 Prozent der Medizinabsolventen dann nicht mehr in Österreich ärztlich tätig sind. Da müssen wir ansetzen. Wir haben kein Problem bei den Gehältern in den Spitälern, da müssen wir keinen internationalen Vergleich scheuen, und im Gegensatz zu anderen benachbarten Staaten wird das Arbeitszeitgesetz bei uns in den Spitälern meist auch eingehalten. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Wir müssen die Berufsaufnahme und -ausübung attraktivieren. Wir haben eine Vielzahl an Maßnahmen vorgesehen, die zu einem Ausbau der niedergelassenen Versorgung führen. Ich erinnere: Wir werden demnächst den Facharzt für Allgemeinmedizin schaffen. Wir novellieren und modernisieren das Primärversorgungsgesetz. Es gibt das etwas eigenwillig anmutende Sorglospaket der SV mit Zukauf nichtärztlicher Dienstleistungen, um Konzentration der Ärzte auf medizinische Tätigkeiten zu ermöglichen. Es gibt bereits jetzt eine stundenweise Beschäftigung von Ärzten in bereitgestellten Praxen. Wir haben flexiblere Vertragsmodelle. Wir erhöhen die Zahl der Kassenstellen nicht unerheblich, und ich kenne schon einige Interessenten, die dort auch hingehen werden. Und es ist auch noch – das ist auch ganz wichtig – ein großes Ziel, vom Herrn Minister und von uns allen, auch einen bundesweiten Gesamtvertrag zu gestalten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Attraktivierung, Modernisierung und Innovation, das sind Schlagworte einer Weiterentwicklung. Das Wort Zwang, wie im Antrag gefordert, ist kein Weg. Mit Zwang erreicht man heute gar nichts mehr. Die Attraktivität gehört gesteigert, und da sind wir auf einem guten Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.
So kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehmen werde.
Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2370 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dies tut, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz, das Zahnärztekammergesetz und das Tierärztekammergesetz geändert werden, in 2371 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Saxinger, Schallmeiner, Kollegen und Kolleginnen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Wir stimmen zuerst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile ab.
Die Abgeordneten Saxinger und Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, ist ebenfalls um ein Zeichen gebeten. – Das ist auch die Mehrheit, angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das ist das gleiche Stimmverhalten, damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2372 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dies tut, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.
Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 3744/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung eines Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online-Games“ (2373 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 28. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um die Prüfung eines Maßnahmenpaketes gegen problematische Praktiken bei Onlinespielen. Es ist eigentlich ein Befund, der seitens der Regierungsparteien in diesem Antrag gemacht worden ist: Es wird gesagt, man muss analysieren, man muss identifizieren und dann muss man nochmals analysieren.
Wenn man weiß, dass dieser Antrag am 24.11. während der Plenarsitzung eingebracht worden ist, aber von uns ein Antrag betreffend das Verbot von Lootboxen am 23.11. eingebracht worden ist und wir in unseren Antrag bereits hineingeschrieben haben, dass wir nicht analysieren, sondern im Endeffekt sogar einen gesetzlichen Vorschlag wollen, sieht man eindeutig die Handschrift der Regierungsparteien, wenn es um Konsumentenschutz geht.
Unser Antrag wurde vertagt. Da wurde gesagt: Okay, das passt nicht! Wir schauen! Dem Antrag der Regierungsparteien wurde dann seitens der Regierungsparteien Rechnung getragen; und das liegt heute vor. – Das ist ein verwässerter Antrag, Herr Kollege Weidinger. Das ist viel weniger, als wir vorgeschlagen haben. Heute bringen auch die Freiheitlichen einen Antrag ein, der unserem ähnlich ist, um zu zeigen, wie Sie arbeiten.
Sie arbeiten nämlich so, dass Sie gute Anträge auf die Seite schieben, vergraben; dann nehmen Sie einen Antrag her, in dem sie analysieren und identifizieren, und dann sagen Sie: Wir haben etwas getan! – Das ist die Politik, die Sie seit vier Jahren betreiben. Das ist das, was mich nicht zufriedenstellt, womit wir alle im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten leider nicht zufrieden sein können. Die Oppositionsparteien drücken das ständig im Konsumentenschutzausschuss aus.
Ich möchte Sie wirklich bitten, dass Sie nicht immer solche Anträge einbringen, weil Sie wissen, dass mit diesem Antrag dann nicht viel passiert, weil die Analyse und die Identifizierung seitens des Bundesministers eigentlich schon da ist. Es gibt ein Urteil des Bezirksgerichts Hermagor, es gibt eine Berufungsentscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, es gibt auch schon Entscheidungen in anderen Ländern, wie zum Beispiel in Belgien und in den Niederlanden, mit denen diese Lootboxen verboten worden sind, und zwar nach dem Glücksspielgesetz verboten worden sind. Sie wollen aber analysieren.
Ich finde, das ist der falsche Weg. Der richtige Weg wäre, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um das Verbot dieser Lootboxen auszusprechen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sehe das auch in anderen Bereichen, Herr Bundesminister, wie zum Beispiel im Inkassobereich. Wir haben seit zwei Jahren versucht, diese Inkassofälle aufzuzeigen – alle Oppositionsparteien mit uns gemeinsam. Es gibt keine Begrenzung. Es gibt einen Fall aus dem Jahr 1997. Damals hatte jemand eine offene Forderung von 70 000 Schilling. Im Jahr 2023 wurde diese Forderung gegen die
Schuldnerberatung betrieben, weil die nämlich diese Mandantin vertritt, und sie beträgt nun 70 000 Euro. Das sind Zahlen, die momentan im Inkassobereich hochgespielt werden. Das ist kein Einzelfall.
Das Gleiche gilt auch bei den Lebensversicherungen, wobei ich vom Herrn Bundesminister dankenswerterweise jetzt Unterstützung gekriegt habe. Er hat gesagt: Ja, das schauen wir uns an! Er wird die Konsumentenschutzsprecher einladen. Seitens der Regierungsparteien, seitens der Konsumentenschutzsprecher von ÖVP und Grünen heißt es: Nein! Es gibt kein Signal, keine Unterstützung. Im Endeffekt sind das aber die Probleme, die die Menschen momentan haben.
Das Gleiche gilt für die Mogelpackungen. Herr Kollege Weidinger, Sie schütteln den Kopf. Ich weiß, dass mir eine Kollegin gesagt hat: Das schauen wir uns an, da machen wir etwas! – Die Mogelpackungen sind momentan ein Riesenthema. Was machen Sie? – Mir liegt noch kein Entwurf vor. Es liegt nur ein verwässerter Antrag vor, womit im Endeffekt wiederum nur unser Antrag torpediert wird, um nach außen eine eigene Handschrift zu zeigen. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist keine Konsumentenpolitik, wie wir sie uns vorstellen. Wir wollen das gemeinsam machen. Die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich verdienen sich das. Wir Oppositionsparteien halten zusammen, weil wir wissen, was wir wollen (Abg. Wurm: Ja!), aber die Regierungsparteien sind dagegen.
Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, dass zumindest Sie uns bei unseren Vorhaben unterstützen. Ich rechne nicht damit, dass in den nächsten Wochen und Monaten unseren guten Anträgen – und da sind gute Anträge dabei – Rechnung getragen wird. Ich glaube, Kollege Weidinger und Kollegin Fischer werden auch zukünftig wieder so verwässerte Anträge vorlegen, um irgendetwas vorzubringen, um zu zeigen, dass sie auch etwas tun. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
21.07
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fischer. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! In „Der kleine Prinz“ wird gesagt: „Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.“ „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“ – Ich unterstelle jetzt der SPÖ, der Sozialdemokratie, gute Absichten im Konsumentenschutz, aber das, was ich heute hier vernommen habe, ist nur ein Sudern, was nicht geht, was schlecht ist. In Wirklichkeit habe ich zu dem Antrag nichts gehört; und das ist eine wichtige Geschichte: Es geht um Kinderschutz, es geht um Jugendschutz. (Abg. Wurm: Ulli, bitte! – Abg. Holzleitner: Deswegen haben wir auch in der letzten Legislaturperiode schon Anträge dazu gestellt! – Abg. Drobits: Das ist eine abgeschwächte Form der abgeschwächten Vorarbeit, nur dass ihr was tut!)
Es geht darum, dass wir uns anschauen wollen, welches Problem es bei den Ingames und bei den Lootboxen gibt. (Abg. Wurm: Das Problem ist ja offensichtlich!) Da schauen wir jetzt genau hin und da machen wir etwas. (Abg. Holzleitner: Das war schon seit Jahren Thema! – Abg. Wurm: Was macht ihr?) – Wenn wir uns hier jetzt, um zehn nach neun, bemühen, konstruktiv zusammenzuarbeiten, dann bedeutet das in meiner Welt, dass wir einander zuhören und einer nach dem anderen spricht. Ihr habt euch alle für eine Rede gemeldet. Ich würde das gerne so handhaben, dass wir auch um diese Uhrzeit respektvoll miteinander umgehen. – Bitte, danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wenn ich so in die Runde schaue, dann sind wir eigentlich alle nicht mehr die Generation der Ingames und der Lootboxen (Abg. Holzleitner: H.-C. Strache war Opfer von Lootboxen! Ist der diese Generation? Na ja! – Ruf bei der FPÖ: Hallo, hallo! – Abg. Drobits: Das sind nicht nur Kinder, das sind alle!), sondern wir müssen als Eltern, als Großeltern etwas regulieren, bei dem wir zwar
hinschauen können, aber in Wirklichkeit nicht genau sehen, wo die Probleme sind. Wir müssen uns das also genau anschauen und ermitteln.
Spiele werden so gemacht, dass von 40 Klauseln, die der VKI abgemahnt hat, alle 40 Klauseln vom Gericht verworfen wurden; und das zeigt das, was unsere Verbraucherschutzorganisationen diesbezüglich bewerkstelligen.
Es ist also wichtig, den VKI und den Internetombudsmann zu stärken, und das machen wir in diesem Bereich. Das heißt, Regulieren, Überregulieren, Verbieten ist gar nicht der erste Weg, sondern der erste Weg ist, aufzuzeigen, welche Probleme es gibt und wie der Jugendschutz stattfinden kann. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.) – Danke.
Was Konsumentenschutz kann oder können soll, ist, dass man informiert und vorbeugt. Da braucht es eine umfassende Aufklärung. Seien wir ehrlich: Wie viele von uns zahlen für Lootboxen? Das machen eher unsere Kinder und unsere Enkelkinder. Die Gefahr ist einfach (ein Smartphone in die Höhe haltend), dass man am Handy seine Daten hinterlegt, und es kann einfach auf die Kreditkarte zugegriffen werden.
In diesen Klauseln wird eine unbeschränkte Haftung vorgesehen. Das ist nicht zulässig, aber es wird gemacht. Also müssen wir uns das Marktverhalten genau anschauen.
Herr Kollege Wurm, ich habe mir Ihren Antrag genau angeschaut. Auch Sie gehen im Wesentlichen so an das heran, dass wir Aufklärungsarbeit, Bewusstseinsbildung machen müssen, die Kinder und die Jugendlichen mitnehmen müssen. (Abg. Wurm: Aber dann mit Konsequenzen!)
Diese Verbraucherbildung ist auf allen Ebenen wichtig. Da sind unsere Verbraucherschutzorganisationen federführend beteiligt.
Wenn man sich unseren Antrag anschaut, dann sieht man, dass das ein mehrstufiger Antrag ist. Der erste Schritt ist aber das Ermitteln der Datenlage. Dann
muss man sich überlegen (neuerlich das Smartphone in die Höhe haltend): Was machen wir auf europäischer Ebene? (Abg. Holzleitner: Da wird ja schon längst überlegt!) Ihr glaubt doch nicht, dass das Internet in Österreich haltmacht. Nein. (Abg. Holzleitner: Es wird schon längst diskutiert!) Es braucht eine gescheite europäische Lösung und dafür setzt sich unser Minister ein. – Herzlichen Dank, dass ihr mir zugehört und wenig hereingeschrien habt. Schönen Abend! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
21.11
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ries. – Bitte.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Präsident ! Herr Bundesminister! Werte Kollegen im Hohen Haus! Zumindest jeder zweite Jugendliche geht in seiner Freizeit regelmäßig Computeronlinespielen nach. Das finde ich persönlich beunruhigend, weil ich meine, dass dadurch der persönliche Umgang unter den Jugendlichen etwas ins Hintertreffen gerät.
Ein gutes Spiel soll ja nicht nur dem Zeitvertreib dienlich sein, sondern auch dazu dienen, auf das Leben vorzubereiten. Teamspiele dienen der körperlichen Ertüchtigung, der geistigen Ertüchtigung und fördern soziale Kompetenz. Strategie- und Lernspiele sind dazu da, mehrere Züge im Voraus zu denken. Beim Glücksspiel fehlt mir der Lerneffekt völlig. Da kann man nur eines lernen: Gewinner beim Glücksspiel ist immer der, der Spielveranstalter ist. Mehr gibt es da nicht zu lernen.
Wir reden jetzt über die Praxis, darüber, dass es Computerspiele gibt, bei denen im Spielerlebnis ein Glücksspiel eingefügt wird, ohne dass es der Spielende merkt. Jugendliche gehen dem Spiel nach, stehen aber dann irgendwo an, und dann wirft der Spieleveranstalter Lootboxen ins Rennen. Diese Lootboxen enthalten Gegenstände, Werkzeuge, Fertigkeiten, die dem Spielenden helfen können – können! –, im Spiel weiterzukommen. Dafür muss er allerdings Geld
einsetzen, hat aber nicht einmal die Gewähr, dass ihm der Inhalt dieser Lootbox dann tatsächlich weiterhilft.
Es ist also mit Glück verbunden, und weil es mit Glück verbunden ist und Glücksspiel für Jugendliche verboten ist, haben Belgien und Holland diese Lootboxen mittlerweile verboten. Auch bei uns gibt es ein Gerichtsurteil – Kollege Drobits hat es schon gesagt – aus Hermagor, das für uns wegweisend ist, denn es hat diese Lootboxen als Glücksspiel qualifiziert. Daher ist der Erzeuger jetzt verpflichtet, den Kaufpreis dieser Lootboxen dem Spieler zurückzuerstatten.
Auch wir sind der Meinung, dass diese Lootboxen Glücksspiel sind und daher mit einem gesetzlichen Verbot dieser Lootboxen für Jugendliche vorzugehen ist.
Es gibt diesen Antrag der Regierungsfraktionen – ja, das stimmt –, aber der ist etwas unkonkret. Der lautet in etwa so: Bitte, Herr Minister, schauen Sie einmal! Wenn Sie gesehen haben, überlegen Sie einmal! Vielleicht tun Sie dann etwas! – Das ist unkonkret, um nicht zu sagen: Wischiwaschi.
Daher bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot des Glückspiels mit ,Lootboxen‘“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuweisen, die ein Verbot des Glückspiels mit Lootboxen beinhaltet.“
*****
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
21.14
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Christian Ries, Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
betreffend Verbot des Glückspiels mit „Lootboxen“
eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 28) Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 3744/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Prüfung eines Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online- Games" (2373 d.B.) in der 243. Sitzung des Nationalrats am 13. Dezember 2023.
Über das IKT-Board des Bundesministeriums für Finanzen werden seit dem Februar 2023 folgende Informationen veröffentlicht:1
Käufliche Lootboxen: Die Kostenfalle beim Videospiel
Erst nach dem Öffnen erfährt man, was eine Lootbox enthält. Oft steckt darin wertvolle virtuelle Ausrüstung. Käufliche Lootboxen können für Gamerinnen und Gamer aber auch zur Kostenfalle werden.
Die meisten Gamerinnen und Gamer kennen es: In der virtuellen Landschaft steht plötzlich eine Kiste, die per Zufallsgenerator mit verschiedenen Gegenständen gefüllt ist. Das können schöne Outfits für die eigene Spielfigur, aber auch wertvolle virtuelle Ausrüstung oder Waffen sein, die den Spielerinnen und Spielern dabei helfen, das nächste Level zu erreichen oder das Spiel zu gewinnen.
Eine solche Kiste nennt man „Lootbox“ (zu Deutsch: Beutekiste). Spielerinnen und Spieler können Lootboxen häufig erst durch das Erreichen eines bestimmten Spielziels freischalten, in anderen Fällen lassen sich diese auch erwerben. Bei seriösen Computerspielen verschaffen sich die Teilnehmenden durch den Inhalt einer käuflichen Lootbox keinen unfairen Vorteil im Spiel. Doch das ist nicht bei allen Anbietern so.
Sogenannte Free2Play-Spiele sind auf den ersten Blick kostenlos, man kann in ihnen jedoch nur über den In-Game-Kauf (während des Spiels) von Lootboxen und anderen Gadgets aufsteigen. Damit werden Spielerinnen und Spieler gezwungen, Geld auszugeben, wenn sie weiterspielen möchten.
Noch problematischer als undurchsichtige Preispolitik könnte aber der Glücksspielcharakter käuflicher Lootboxen sein: Mit ihren unbekannten Vorteilen und Goodies appellieren sie nämlich direkt an das Belohnungssystem des Gehirns und können bei Spielerinnen und Spielern eine Sucht auslösen.
Lootboxen sind deshalb zum Gegenstand hitziger Debatten geworden – nicht nur in der Gaming-Welt, sondern auch in der Politik. In Belgien und den Niederlanden wurden Lootboxen, die bestimmte Kriterien erfüllen, bereits als illegales Glücksspiel eingestuft und verboten. Welche Risiken käufliche Lootboxen für Nutzerinnen und Nutzer – insbesondere für Minderjährige – bergen, wie man unseriöse Spiele erkennt und was besorgte Eltern tun können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Welche Risiken bergen käufliche Lootboxen?
• Der Glücksspielcharakter, den Kritikerinnen und Kritiker bei käuflichen Lootboxen feststellen, ist insofern bedenklich, als er für Nutzerinnen und Nutzer nicht sofort erkennbar und schon gar nicht als solcher ausgewiesen ist. Auf diese Weise können auch Minderjährige erreicht werden, für die Glücksspiele eigentlich verboten sind.
• Analog zu herkömmlichen Glücksspielen können auch Lootboxen für Nutzerinnen und Nutzer zur Kostenfalle werden. Das liegt neben dem Suchtpotenzial vor allem an der unübersichtlichen Kostenstruktur. Es gibt Spiele, bei denen die
Freischaltung sämtlicher Lootboxen mehrere tausend Euro kosten kann, aber zwingend notwendig ist, um im Spiel Fortschritte zu machen.
• Wie bei allen Online-Zahlungen sollten Nutzerinnen und Nutzer auch bei käuflichen Lootboxen auf eine sichere Zahlungsmethode achten. Welche Online-Bezahldienste zur Verfügung stehen und wie sie sich in puncto Sicherheit unterscheiden, erfahren Sie im Beitrag: Bezahlen im Netz.
Wie erkennt man unseriöse Spiele?
Käufliche Lootboxen haben sich mittlerweile zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt. Hersteller von Free2Play-Spielen sind auf Lootboxen regelrecht angewiesen, um ihre Spiele zu finanzieren, aber auch in Vollpreis-Games hat die profitable Masche längst Einzug gehalten.
Die meisten Gamerinnen und Gamer haben deshalb mit dem Phänomen zu leben gelernt: Wer die Lootbox nicht kaufen will, ignoriert sie einfach.
Abstand nehmen sollte man in jedem Fall von solchen Spielen, die Userinnen und Usern durch den Kauf von Lootboxen nicht nur zusätzliche Accessoires, sondern auch unfaire Vorteile gegenüber anderen Mitspielenden bieten oder den Kauf gar zur Voraussetzung machen, um im Spiel Fortschritte zu erzielen.
In-Game-Kauf: Tipps für den Kinderschutz
Ein pauschales Computerspielverbot für Kinder, darüber sind sich Expertinnen und Experten einig, ist kontraproduktiv. Worauf es ankommt, um Kinder und Jugendliche vor den oben genannten Risiken zu schützen, sind ein paar einfache, aber effektive Sicherheitsmaßnahmen:
• Achten Sie darauf, welche Spiele Ihr Kind spielt, und sprechen Sie mit ihm über mögliche Gefahren und Risiken. Hören Sie Ihrem Kind zu und seien Sie unterstützend. Begleitung und Aufklärung sind die besten Mittel, um einen nachhaltig sicheren Umgang mit Computerspielen zu fördern.
• Auch der verantwortungsvolle Umgang mit Geld ist etwas, das Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung lernen müssen und wo Themen wie In-Game- und In-App-Käufe eine Rolle spielen. Langfristig hilfreich ist, wenn das Kind lernt, über ein eigenes Budget zu verfügen und dafür Verantwortung zu übernehmen.
• Seien Sie bereits bei der Installation eines Spiels vorsichtig, welche Berechtigungen und Daten (E-Mail-Adresse, Name, Geburtsdatum) Sie an den Anbieter übermitteln und zu welchem Zweck dies geschieht.
• Hinterlegen Sie auf der Spielekonsole, dem Handy und dem PC Ihres Kindes keine Bank- oder Kreditkartendaten. Zu empfehlen sind stattdessen Prepaid-Bezahlkarten, bei denen der gewünschte Betrag im Vorhinein auf die Karte geladen werden muss, um später In-Game-Käufe tätigen zu können. So behalten Sie anfallende Kosten besser im Blick.
• Erkundigen Sie sich bei Ihrem Mobilfunkanbieter über eine Drittanbietersperre. Mit einer solchen verhindern Sie, dass unerwünschte Zahlungen über die monatliche Handyrechnung abgewickelt werden.
• Ziehen Sie je nach Alter Ihres Kindes auch technische Jugendschutz- und Filterprogramme in Erwägung. Wie diese Programme funktionieren und wann ihr Einsatz sinnvoll ist, darüber informiert der Beitrag „Filterprogramme: Kindersichere Laptops auch in der Schule“.
Im März 2023 wurde zu dieser Problematik ein erstinstanzliches Gerichtsurteil beim Bezirksgericht Hermagor/Kärnten im Zusammenhang mit den Persönlichkeitsrechten eines FIFA-Spielers veröffentlicht. Nun folgte eine Bestätigung beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien:
Sony und EA müssen Tausende Euro zahlen
Bereits im März sorgte ein Urteil des Bezirksgerichtes Hermagor für Aufregung am Videospielmarkt: Electronic Arts (EA) und Sony müssen einem Spieler des populären Fußballspiels "FIFA" die Kosten für sogenannte "Ultimate Team"-Pakete
zurückzahlen, da diese gegen das Glücksspielgesetz verstoßen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien bestätigte als Berufungsgericht nun das Urteil.
ÖSTERREICH. Bei den "Ultimate Team"-Paketen handelt es sich um sogenannte Lootboxen. Diese virtuellen Boxen enthalten zufällige Inhalte wie besonders starke Fußballer, die Spielerinnen und Spielern Vorteile verschaffen sollen. Das Gericht in Wien bestätigte nun die Entscheidung des Bezirksgerichtes Hermagor, dass diese Lootboxen gegen das Glücksspielgesetz verstoßen. EA und Sony müssen nach dem Urteil nun 10.800 Euro an einen FIFA-Spieler zahlen, der die Summe mithilfe des Prozessfinanzierers Padronus und der Rechtsanwaltskanzlei Salburg auf zivilrechtlichem Wege zurückforderte.
Aus für Lootboxen oder doch keine Konsequenzen?
Für Richard Eibls, Geschäftsführer von Padronus, handelt es sich bei dem Urteil des Wiener Landesgerichtes um ein Signal, dass das Aus für Lootboxen in Videospielen besiegeln könnte:
"Erstinstanzliche Gerichte orientieren sich an der Rechtsprechung der höherinstanzlichen Gerichte. Insofern ist die Signalwirkung der Gerichtsentscheidung für alle Lootboxen-Betreiber verheerend und im gesamten deutschsprachigen Raum einmalig. Das Gerichtsurteil ist inhaltlich brutal und geht mit den Lootbox-Betreibern hart ins Gericht. Es ist das Aus für Lootboxen in Österreich."
Wie das Branchenmagazin "Gamesindustry" hingegen ausführt, handelt es sich bei dem aktuellen Urteil um eine eigenständige Entscheidung, die keine weitere Auswirkung auf die österreichische Rechtslage in Bezug auf Lootboxen hat. So werden Zivilprozesse hierzulande von Fall zu Fall entschieden, wobei Gerichte nicht an frühere Entscheidungen gebunden sind. So konnte sich EA etwa bei zwei früheren Prozessen in Österreich gegen FIFA-Spieler durchsetzen.
EA "nicht einverstanden", aber keine Berufung
Der Spieleentwickler erklärte Gamesindustry, dass man mit der Entscheidung des Gerichtes nicht einverstanden sei und glaube, dass "sowohl die Fakten als auch die Rechtslage in diesem Fall falsch sind". Allerdings werde man gegen "diese knappe Entscheidung, die über diesen Einzelfall hinaus keine weiteren rechtlichen Auswirkungen hat", keine Berufung einlegen. EA zeigte sich zudem zuversichtlich, "dass unsere Spiele kein Glücksspiel darstellen und dass wir die lokalen Gesetze vollständig einhalten. Aufsichtsbehörden und Gerichte auf der ganzen Welt haben in ähnlichen Fällen zugunsten von EA entschieden, so auch in einem anderen Fall, der von demselben Gericht entschieden wurde".
Sammelklage gegen FIFA-Lootboxen
Der Prozessfinanzierer Patronus geht davon aus, dass Sony und EA "aus taktischen Gründen keine Revision" einlegten. Schließlich liege die Wahrscheinlichkeit, dass der Oberste Gerichtshof, die nächste Stelle im Instanzenzug, nicht die Ansicht des Landesgericht Wien teilt "bei unter 10 Prozent". Eibl ist sich sicher, dass das Gerichtsurteil "in Rechtskraft erwachsen" werde. Beim Prozessfinanzierer hätten sich bereits mehrere Tausend Lootbox-Erwerber angemeldet, um Ihre Ansprüche geltend zu machen. "Für FIFA-Spieler und andere Lootbox-Käufer ist der Weg jetzt frei, ihre Zahlungen für illegale Lootboxen gerichtlich zurückzuholen. Wir laden alle dazu ein, sich unserem Sammelverfahren anzuschließen", so Eibl. Wie Patronus mitteilt, treffe die Teilnehmer des Verfahrens kein Risiko, da das Unternehmen sämtliche Gerichts- und Rechtsvertretungskosten übernehme und nur im Erfolgsfall eine Provision erhalte.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird
aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuweisen, die ein Verbot des Glückspiels mit Lootboxen beinhaltet.“
1 https://www.onlinesicherheit.gv.at/Services/News/Lootboxen-Videospiele-Risiken.html
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Konsumentenschutz betrifft uns alle, und deswegen, Herr Kollege Drobits, vertrete ich die Auffassung, dass es im Auge des Betrachters liegt, welches der richtige Weg ist. Unser Zugang dabei ist, dass wir beim Konsumentenschutz einen gesamtheitlichen und nicht einen einseitigen Zugang haben und dass wir nicht alles durch die rote Brille sehen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Herr Kollege Ries, die FPÖ gibt immer wieder vor, sich um die Sorgen der Menschen zu kümmern (Abg. Ries: Na, wir tun es auch!), aber wenn man sich dann anschaut, welche Vorschläge von Ihnen kommen, sieht man meistens, dass es keine Lösungen sind, die nachhaltig sind. Deswegen ist es von besonderer Bedeutung für uns, dass wir beim Konsumentenschutz ganz konkrete Maßnahmen setzen, die eben kein „Wischiwaschi“ (Abg. Ries: Na ja! Lies einmal nach!), wie Sie das bezeichnen, sind.
Ich möchte das hier auch anhand von drei Meilensteinen ausführen, die wir mit dem Team der Bundesregierung und der Parlamentsmehrheit umgesetzt haben (Abg. Wurm: Zum Beispiel?): erstens die Herkunftskennzeichnung, die seit 1. September in Österreich in den Kantinen eingeführt wurde. Sie schafft
mehr Transparenz und sorgt dafür, dass die Österreicherinnen und Österreicher beim Einkauf Klarheit haben, was sie einkaufen. Das stärkt die ländlichen Strukturen und die Bäuerinnen und Bauern und macht Österreich auch sicherer. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Wir kümmern uns auch um das Thema der Lebensmittelverschwendung. Was haben wir da getan? – Gemeinsam mit Kollegin Fischer haben wir in Österreich und dann auf europäischer Ebene durchgesetzt, dass die Haltbarkeitsdauer von Eiern von 21 auf 28 Tage verlängert wurde – eine konkrete Maßnahme, um einen Beitrag zu leisten, dass weniger Lebensmittel verschwendet werden. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Wurm – erheitert –: Die Eier! Die Eiergeschichte!)
Für uns ist Konsumentenschutz ein umfassendes Thema, und so beschäftigen wir uns intensiv damit, welche Auswirkungen die Digitalisierung auch auf das Konsumentenverhalten hat. So waren wir es, die sich als Erste im Konsumentenschutz mit dem Thema künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf das Konsument:innenverhalten befasst haben. Wir haben hier eine Initiative gesetzt und auch einen Beschluss gefasst.
Heute setzen wir den nächsten Schritt, es geht um die Onlinegames. Sie wissen es: Da werden unserer Auffassung nach gerade auch junge Menschen dazu eingeladen, in sogenannten Fantasiewährungen Zusatzfunktionen einzukaufen, die zu oft zur Kostenfalle werden. Das wollen wir unterbinden, und dieser Antrag hat genau das zum Inhalt. Damit schützen und sichern wir die Interessen der Eltern, der Kinder, der Jugendlichen und der Pädagoginnen und Pädagogen, und damit gehen wir in Richtung Zukunft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
21.17
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.
21.17
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Jetzt gehe ich zuerst auf den Entschließungsantrag ein. Ich betrachte ihn schlicht und ergreifend als Arbeitsauftrag, weil darin festgehalten ist, dass es gilt, sich erstens einmal anzuschauen, welche Praktiken da beinhaltet sind.
Es gibt ein einschlägiges Urteil – so viel steht fest –, nämlich dass Lootboxen illegales Glücksspiel sind. Dem ist dann auch nachzugehen.
Ich habe auch zu prüfen, in welchem anwendbaren rechtlichen Rahmen erforderlichenfalls welche Maßnahmen zu tätigen sind. Das ist ein Arbeitsauftrag, und den werde ich auch ernst nehmen, nämlich auch dahin gehend, zu vergleichen: Was machen andere europäische Staaten? Was ist von der Europäischen Union geplant? – Da ist geplant, bis 2025 eine Richtlinie zu erlassen. Ich schaue mir natürlich an, in welchen Ausmaß nationale Maßnahmen sinnvoll sind, weil es in dieser Frage schon notwendig ist, das auch europäisch einzutakten, weil ja diese Dinge auch grenzüberschreitend angeboten werden.
Klar ist jedenfalls: Das ist ein wachsendes Thema und Problem, weil Jugendliche in hohem und steigendem Ausmaß Zeit mit diesen Spielen – Abzockvorrichtungen nenne ich sie dann auch – verbringen und die Zeit- und Kostenfalle damit einfach gegeben ist. Das sind manipulierende Praktiken, gegen die sich Jugendliche und Kinder oft nicht wehren können. Wir haben da ja auch eine ganze Reihe von einschlägigen Studien, die sagen, dass der wachsende Konsum, die steigende durchschnittliche Verweildauer ein konsequent zu verfolgendes Thema sein werden.
Was mir im Hinblick auf diese Lootboxen besonders wichtig erscheint: Die sind ja oft nicht zu erkennen, also das ist ja unmöglich im Verlaufe eines Spiels. Ich habe mir das angeschaut. Ich bin nicht der Typ, der sich da aufhält, aber ich habe es mir angeschaut, weil ich wissen wollte, wie das funktioniert.
Es ist nicht zu erkennen, weil Anreize gesetzt werden, die auf einer Ebene angesiedelt sind, auf der es eben für junge Menschen nicht einfach möglich ist, Nein zu sagen, wegzuklicken oder sich dem zu entziehen. Das ist eindeutig und belegbar, insofern wird das in eine konsequente Umsetzungsrichtung gehen müssen.
Nachsatz: Im Übrigen halte ich die Zulassung des kleinen Glücksspiels in Salzburg für einen Fehler. Das sei auch noch dazu gesagt, denn da muss man dann schon auch so fair und ehrlich sein, im eigenen Wirkungsbereich nicht Tür und Tor für Dinge zu öffnen, die eben auch in ein Suchtverhalten führen.
Kollege Drobits, zum Konsumentenschutz insgesamt, zu den von dir herangezogenen Punkten, Inkassoverordnung und alle anderen Themenbereiche, die immer wieder im Ausschuss thematisiert werden: Ich nehme für mich in Anspruch, den Dingen jedenfalls nachzugehen, auch wenn nicht dezidiert ein parlamentarischer Entschließungsantrag dazu vorliegt. Ich kann ein Beispiel nennen: Die jetzt erzielte Einigung mit der Wien Energie, die ja deshalb zustande gekommen ist, weil der Verein für Konsumenteninformation geklagt hat, wird dazu führen, dass eine hohe Anzahl von Kundinnen und Kunden Geld zurückbekommt – und zwar im nächsten Frühjahr, automatisiert und nicht auf Antrag. Es kann eben nicht sein, dass Energiekonzerne, um ein Beispiel zu nennen, Geschäftspraktiken an den Tag legen, die Konsumentinnen und Konsumenten benachteiligen. Die durchschnittliche Rückzahlungshöhe im Gas- und im Strombereich wird sich bei bis zu 250 Euro bewegen; das ist viel Geld.
Es ist einfach so, dass es mir ein Anliegen ist, dort, wo ich die Möglichkeit habe, den Verein für Konsumenteninformation zu beauftragen, tätig zu werden. Ein weiteres Beispiel, das auch des Öfteren im Ausschuss thematisiert worden ist, sind die Zinspraktiken von Banken. Die jetzt in Augenschein genommene oder in Aussicht genommene Veränderung, nämlich die Möglichkeit, variabel verzinste Darlehen in fix verzinste Darlehen umwandeln zu können, ist auch eine Folge dessen. Dem liegt ein Bericht der Nationalbank zugrunde,
die in einer sehr umfassenden Analyse aufgezeigt hat, was das Problem dahinter ist, und darauf wird reagiert.
Ich würde also schon bitten, dann auch zur Kenntnis zu nehmen, dass ich den Job als Konsumentenschutzminister ernst nehme und versuche, dort, wo es möglich ist, Verbesserungen zustande zu bekommen. Das ist jedenfalls die Aufgabe, die ich wahrzunehmen habe, und die versuche ich auch umzusetzen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
21.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Feichtinger. – Bitte.
Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Weidinger, wenn ich deine Rede höre, kommt es mir vor, als ob wir nicht im selben Ausschuss sitzen würden. Es tut mir wirklich weh, wenn es heißt, es geht in unserem Konsumentenschutzausschuss so viel weiter.
Wenn ich auf die Tagesordnung schaue: Es sind durchschnittlich rund 15 bis 18 Tagesordnungspunkte drauf. Meistens werden 15 bis 17 Tagesordnungspunkte vertagt, maximal ein bis zwei von den Regierungsfraktionen – je nachdem, ob überhaupt etwas raufkommt – werden dann behandelt und landen hier im Plenum. Das ist wirklich eine Augenauswischerei und eine Vertagungstirade, die in diesem Ausschuss stattfindet, das ist wirklich nicht toll. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)
Mit meiner Kollegin Fischer habe ich ein sehr gutes Auskommen und tausche mich mit ihr auch sehr gut aus. Trotzdem finde auch ich es schade, weil du ja gesagt hast, es ist dir wichtig, dass etwas weitergeht. – Auch da muss man aber ganz ehrlich sein: Wenn man sich das anschaut, stellt man fest, es geht
da nicht sehr viel weiter. Schauen wir uns die Anträge von den Oppositionsparteien, die nicht schlecht sind, an: Man braucht nicht immer alles super finden, das ist ganz normal, aber es gibt wirklich gute Anträge, darauf möchte ich jetzt einfach auch nochmals hinweisen. Kollege Drobits hat schon vor einigen Monaten diesen Antrag eingebracht, und Kollegin Holzleitner hat sich in der letzten Legislaturperiode auch schon dieses Themas angenommen und das thematisiert.
Es ist also nichts Neues, und wenn Sie jetzt plötzlich sagen: Na ja, jetzt machen wir einen eigenen Antrag!, frage ich: Wieso kann man da nicht einfach einmal mit einem Oppositionsantrag mitgehen und gemeinsam ein klares Zeichen für einen guten Antrag setzen? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.) Ich glaube, da fällt bei den Regierungsfraktionen niemandem ein Zacken aus der Krone. Wir haben es ja schon das eine oder andere Mal geschafft, dass Anträge gemeinsam beschlossen worden sind. Ich war eine der Glücklichen, als solche gemeinschaftlichen Beschlüsse gefasst worden sind.
Ich glaube, das könnte man auch in den nächsten Monaten noch gemeinsam schaffen. Das würde auch ein Zeichen nach außen hin sein, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sehen, wir arbeiten nicht nur gegeneinander, sondern für gute Sachen, die Sinn machen, auch noch gemeinsam. (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt kurz noch zu den Lootboxen: Ich glaube, das meiste wurde schon gesagt. Faktum ist, es ist eine wirkliche Kostenfalle und deshalb ein wichtiger Fall für den Konsumentenschutzausschuss, weshalb sich Kollege Drobits des Themas angenommen hat.
Sie wurden in den Niederlanden und in Belgien bereits verboten – nicht umsonst; das hätte Sinn. Dieser Antrag, der von der SPÖ-Fraktion eingebracht worden ist, würde genau da ansetzen: ein Verbot für diese Lootboxen, die sehr gefährlich sind und die man nicht unterschätzen darf. Es gibt Spiele, bei denen es nur aufgrund des Kaufs von Lootboxen überhaupt möglich ist,
einen Spielerfolg zu erhalten. Daher ist es wichtig, endlich Taten zu setzen. Nur zu schauen, wie Maßnahmen geprüft werden – wie lange diese überhaupt geprüft werden, ist unklar – und wer sie prüft, ist für mich zu wenig.
Wir wissen, es gibt klare gerichtliche Urteile, die die Ansicht vertreten, dass das ein Glücksspiel ist, daher brauchen wir den Schutz für unsere Kinder, für unsere jungen Erwachsenen und auch für manche Erwachsene, die in diese Stolperfallen reintappen. Es braucht ein Verbot dieser Lootboxen, und das so schnell wie möglich, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ.)
21.26
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Werner. – Bitte.
Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Sehr geehrter Herr Minister! Frau Minister! Das Thema Lootboxen ist eigentlich schon einmal im Juni 2022 im E-Sport-Bericht im Sportausschuss diskutiert worden. Seitdem geht dieses Thema, glaube ich, zwischen den Ministerien ein bisschen im Pingpong hin und her wie ein heißer Ball.
Deshalb bin ich jetzt froh, dass es beim Konsumentenschutzminister gelandet ist. Als einzige Oppositionspartei stimmen wir dem Antrag ja auch zu, weil ich einfach froh bin, wenn sich zumindest etwas bewegt. Ich glaube, in dem Zusammenhang ist es einfach wichtig, weil es ganz stark diesen Fokus der Prävention hat, dass man Maßnahmen setzt oder quasi findet, um die Kinder, die Jugendlichen, die Eltern und auch die Pädagog:innen ein bisschen mit ins Boot zu holen und zu sensibilisieren, denn diesen Schutzschild können wir schaffen.
Zum Verbot von Lootboxen ist es, glaube ich, wichtig, dass man sich auf europäischer Ebene anschaut, wie das Ganze funktionieren kann, dass man das in einem weitreichenden Ausmaß regelt.
Abschließend möchte ich aber noch zum FPÖ-Antrag etwas sagen, und es betrifft auch ein bisschen diesen Antrag, zumindest im Hinblick auf die ÖVP Fraktion: Es ist für mich schon ziemlich scheinheilig, wenn nicht sogar zynisch, dass man im Onlinebereich etwas verbieten möchte, während man das kleine Glücksspiel, das wirklich moralisch verwerflich ist und so viele Menschenleben zerstört, in Salzburg wieder legalisieren möchte. Das ist für mich ein Kniefall vor der Glücksspielmafia, das ist für mich einfach nicht nachvollziehbar. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS, SPÖ und Grünen.)
Es erinnert außerdem sehr stark an den Auftakt der Casinos-Affäre. (Ruf bei der ÖVP: Was ist da unsere Rolle?) Das ist ein Déjà-vu, das will ich in diesem Land nicht mehr haben (Zwischenruf des Abg. Wurm), das muss man definitiv verhindern. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
21.29
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Neßler. – Bitte.
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kollegen, Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Lootboxen: Es klingt eigentlich ganz harmlos, aber darüber, was das konkret ist, haben wir bisher zu wenig gesprochen. Was sind eigentlich diese Lootboxen? Ich glaube, die meisten haben vor dieser Debatte hier herinnen noch nie etwas davon gehört. (Abg. Holzleitner: Doch, weil wir sie in der letzten Legislaturperiode schon ...!) H.-C. Strache und den meisten Gamern und Gamerinnen werden sie ein Begriff sein.
Es handelt sich um so eine Art Beutekiste in Videospielen, die man erwerben kann und die per Zufallsgenerator ausgewählte Gegenstände beinhaltet, von schöneren Outfits für Spielerinnen und Spieler über Waffen bis hin zu virtuellen Ausrüstungen – also quer durch die Bank. Mit dem Kauf dieser Kisten kommt man im Spiel schneller voran oder hat man einen Vorteil gegenüber
den Mitspielern und Mitspielerinnen. Das klingt alles nicht wirklich problematisch, oder?
Für die Spielentwickler ist der Verkauf dieser virtuellen Überraschungskisten ein Milliardengeschäft: 2020 wurden damit weltweit rund 14 Milliarden Euro umgesetzt, mittlerweile sind es natürlich deutlich mehr. Es wurde schon angesprochen, dass Lootboxen mit den enthaltenen Goodies psychologisch wie ein Glücksspiel wirken. Sie sprechen direkt das Belohnungssystem im Hirn an, und somit haben die Boxen einen enormen Suchtfaktor, der zu einem krankhaften Kaufverhalten führen kann. Das kann also mit einem Glücksspielsüchtigen verglichen werden, der einfach ohne Kontrolle einen Geldschein nach dem anderen in den Spielautomaten steckt. Genauso kaufen auch Gamer und Gamerinnen eine Lootbox nach der anderen. Bezahlt wird oft mit virtueller Währung oder automatisch über die Kreditkarte, zum Teil werden Hunderte oder Tausende Euro dafür ausgegeben.
Sie sehen, Lootboxen sind eine schon sehr lange unterschätzte Gefahr – vor allem für junge Menschen, vor allem für unsere Kinder, denn das Risiko für junge Menschen ist sehr hoch. Sie werden durch manipulative Tricks dazu verleitet, unkontrolliert echtes Geld auszugeben, und sie sind schon sehr früh mit glücksspielähnlichen Vorgängen konfrontiert. Niemand würde auf die Idee kommen, einem Kind eine Brieftasche in die Hand zu drücken und es vor den Spielautomaten zu setzen – das ist logischerweise auch verboten. Genau darum sind wir gefordert, zum Schutz der Kinder rechtliche Möglichkeiten zur Reglementierung dieses versteckten Glücksspiels zu suchen, und zwar hauptsächlich auf EU-Ebene.
Mit diesem Entschließungsantrag setzen wir heute einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. (Ruf bei der SPÖ: Super!) Mit einer Studie sollen die Gefahren – vor allem für Minderjährige – (Abg. Holzleitner: ... Ausbildungen ...!) umfassend untersucht werden. Es soll auch ein Praxisleitfaden für Kinder, Jugendliche, Eltern, Lehrer und Lehrerinnen erstellt werden (Abg. Wurm: Ein Meilenstein, Barbara, ein Meilenstein!) – Kollege Wurm, horch zu, dann
weißt du, worum es geht! –, damit man für die Gefahr sensibilisieren kann. (Abg. Wurm: Ah, ah so!)
Natürlich sind wir nicht am Ende angelangt, aber es geht in die richtige Richtung (Abg. Wurm: 2020! 2020, Barbara ... 2024 ...!), und ich bin sehr froh, dass wir jetzt eine Regierung haben, die sich endlich dieses Themas auch annimmt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
21.33
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Smodics-Neumann. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Frau Bundesminister! Ich möchte das Thema Lootboxen vielleicht auf etwas noch ein bisschen Einfacheres herunterbrechen, da ich zu der Generation gehöre, die definitiv nicht mit Games aufgewachsen ist und eine natürliche Scheu davor hat, welche aber die jüngeren Generationen selbstverständlich nicht mehr haben. Babyboomer und Generation X, zu der ich gehöre, kennen diese Art von Spielen natürlich nicht. (Abg. Holzleitner: Doch, H.-C. Strache war betroffen, es geht durch alle Generationen! – Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)
Liebe Frau Holzleitner, wenn Sie jetzt zum 27. Mal H.-C. Strache hereinrufen: Das mag sein. (Abg. Holzleitner: Ja, es ist ein generationenübergreifendes Problem!) – Gut, vielleicht kann sich Frau Holzleitner nach mir zu Wort melden. Um das aufzulösen: Ich bin nicht darauf hereingefallen, ich bin sozusagen nicht damit aufgewachsen. (Abg. Holzleitner: Gut so!) Was auch immer jeder in jedem Alter tut, kann er ja machen. Dabei ist allerdings der große Unterschied (Abg. Krainer: Donkey Kong, Tacotronic haben wir schon in der Schule gespielt!), dass Erwachsene einen anderen Zugang und vielleicht ein anderes Wissen oder einen anderen Horizont bei diesem Thema haben als Kinder.
In-Game-Käufe kann man folgendermaßen beschreiben: Man hat einen Charakter und kann den noch zusätzlich ausrüsten, damit man im Wettbewerb vielleicht stärker ist. Viel tückischer sind die soeben genannten Lootboxen, Mysteryboxen, Beuteboxen.
Vielleicht kann ich es so vergleichen: In meiner Kindheit hat es die Überraschungstüte gegeben, die hat man am Kalvarienbergmarkt um 1 Schilling gekauft. Meine Mama hat immer gesagt: Da ist eh nur Klumpert drin, trotzdem war der Reiz für mich unwahrscheinlich groß; die Enttäuschung, wenn ich sie aufgemacht habe, genauso; trotzdem war dieser Reiz nie weg. Der einzige Unterschied war: Um diese Überraschungstüte zu kaufen, musste die Mama (Abg. Wurm: Das mussten wir mit Bargeld bezahlen ...!) – lieber Herr Wurm, lassen Sie mich ausreden, aber Sie können gerne meine Geschichte erzählen, wenn es Ihnen ein Bedürfnis ist! (Zwischenruf der Abg. Fischer) – in ihre Geldbörse greifen und diesen Schilling herausnehmen (Abg. Wurm: Genau!), und uns beiden war bewusst, dass wir einen Kauf tätigen. Bei diesen Onlinegames ist es eben nicht so, weil die Kreditkartendaten hinterlegt sind. (Abg. Wurm: Eben, sage ich ja!)
Herr Wurm will jetzt zum dritten Mal meine Rede übernehmen (Zwischenruf der Abg. Steinacker), Wahnsinn; ich glaube, wir gehen nachher auf einen Kaffee, dann können wir uns austauschen, dann kann ich vielleicht fertig sprechen. (Abg. Wurm: Danke!) – Das ist reizend von Ihnen. (Abg. Loacker: Kaffee um die Zeit?! – Zwischenruf bei der SPÖ.)
Ich bin sehr, sehr froh, dass wir mit diesem Antrag zwei Dinge erledigen. Zum einen: Danke, Herr Bundesminister, für die wirklich umfassende Analyse. Ich gebe diesbezüglich Frau Kollegin Neßler recht: Es ist unglaublich wichtig, auch präventiv tätig zu sein – das heißt, Pädagog:innen, Eltern und Kindern vorab die richtigen Informationen zu geben, damit sie gar nicht in diese Fallen tappen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Zum anderen geht es darum, die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, um ein ordentliches rechtliches Maßnahmenwerk für den Konsumentenschutz auf den Weg zu bringen. – Danke, Herr Bundesminister. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen also zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2373 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Prüfung eines Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online-Games“.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. (Abg. Matznetter: ... Minderheit! – Abg. Krainer: Da schlafen ein paar!) – Das ist die Mehrheit (Abg. Matznetter: Schleppende Mehrheit!) – schleppende Mehrheit –, damit angenommen. (351/E) (Zwischenruf des Abg. Kaniak. – Allgemeine Heiterkeit.) – Das war vorhin auch so, aber die Mehrheit ist im Laufe der Zeit mehr geworden.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot des Glückspiels mit ‚Lootboxen‘“.
Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit – die nicht schleppende Minderheit – und daher abgelehnt.
Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3753/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2396 d.B.)
30. Punkt
Bericht und Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2397 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 29 und 30, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Frau Minister! Der erste Punkt in dieser gemeinsamen Diskussion ist die Anhebung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld ab kommendem Jänner – wir sind etwas spät dran, es ist schon in zwei Wochen so weit –, und zwar von 7 800 Euro auf 8 100 Euro. Es gibt für diese Berechnung eine Formel, das ist uns klar, aber es gibt von heuer auf nächstes Jahr, quasi mit Jahreswechsel, eine besondere Situation.
Man betrachte manche Gehaltserhöhungen, die aufgrund der hohen Inflation höher ausfallen. Im öffentlichen Dienst wäre das zum Beispiel eine Gehaltserhöhung von 9,1 Prozent, und die Zuverdienstgrenze würde aber nur um 3,8 Prozent erhöht. Das heißt: Diejenigen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen und knapp unter der Zuverdienstgrenze dazuverdienen, werden Stunden reduzieren müssen – sonst droht ihnen beziehungsweise ist es Fakt, dass sie das Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen müssen. Das ist wirklich aufgrund der Inflation eine Sondersituation.
Unsere Sorge war, dass die Menschen darüber nicht ausreichend informiert werden. Sowohl mein Kollege Ries als auch ich haben bei der Frau Minister im
Ausschuss zweimal nachgefragt, ob es da auch eine Information an die Kinderbetreuungsgeldbezieher gibt. Die Antwort, Frau Minister, sind Sie uns schuldig geblieben, vielleicht gibt es heute eine Information dazu.
Zum zweiten Punkt: Die Kriegssituation in der Ukraine dauert beinahe das zweite Jahr an. Österreich leistet enorme humanitäre Hilfe, sowohl für die Ukrainer, die noch vor Ort sind, als auch für jene, die in unserem Land Schutz gesucht haben, in Form von medizinischer Versorgung, von Wohnen, von Schulbildung, von Unizugang und mehr.
Darum ist es unserer Meinung nach nicht richtig, dass wir in weiterer Folge wieder die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld für diese Menschen ausschütten. Wir waren auch schon beim letzten Mal dagegen.
Um eine weitere Kostenlawine für unsere Steuerzahler zu verhindern, bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Veto gegen Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen mit der Ukraine sowie gegen neue Milliardenzahlungen an das Selenski-Regime“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die von der Europäischen Kommission geforderte Aufstockung des Mehrjährigen Finanzrahmens, inklusive der geplanten Fazilität für die Kriegspartei Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro, abzulehnen und diesem Vorschlag mit einem Veto Österreichs zu begegnen.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, sich im Rahmen der Institutionen der Europäischen Union gegen die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine auszusprechen, sowie eine Beendigung der Sanktionen gegen die Russische Föderation einzufordern.“
*****
(Beifall bei der FPÖ.)
Unser Ziel ist es, die österreichische Bevölkerung zu unterstützen, wir müssen nicht die Gutmenschen für die ganze Welt sein. (Beifall bei der FPÖ.)
21.41
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rosa Ecker, Petra Steger
und weiterer Abgeordneter
betreffend Veto gegen Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen mit der Ukraine sowie gegen neue Milliardenzahlungen an das Selenski-Regime
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 29, Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3753/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2396 d.B.)
in der 243. Sitzung des NR am 13.12.2023.
ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka beschwor im September dieses Jahres in Kiew die „bedingungslose“ Solidarität Österreichs mit der Ukraine. Zugleich versprach er, dass Österreich die Ukraine weiterhin auf dem Weg in die Europäische Union unterstützen werde.1
Bedingungslos bedeutet vor diesem Hintergrund wohl, dass die Republik Österreich die Ukraine weiterhin ohne jedes Limit in Milliardenhöhe unterstützen wird, gleich ob die eigene Bevölkerung unter den von der schwarz-grünen Bundesregierung verursachten Kostenlawinen zusammenbricht.
Die Europäische Union kennt längst keine Grenzen mehr, wenn es darum geht, der Ukraine eine milliardenschwere Unterstützung nach der anderen zu gewähren. Der neueste Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht vor, den EU-Haushaltsrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 aufzustocken, um der Ukraine die unvorstellbare Zusatzsumme von 50 Milliarden Euro bereitzustellen! „Die Mittel sollen nach ihren Angaben aus Krediten bestehen sowie aus Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen.“2 Diese geschenkten Zuschüsse belaufen sich immerhin auf 17 Milliarden Euro.3 Ein weiteres milliardenschweres Geldgeschenk an das Selenski-Regime! Insgesamt fordert die Kommission 66 Milliarden Euro zusätzliches Kapital von den Mitgliedstaaten.4 Während die Bürger der EU-Mitgliedstaaten unter einer immensen Teuerung leiden, möchte die EU-Kommission einem Drittstaat, welcher sich im Krieg befindet, einfach so Milliarden schenken – vorbei an jeder Mitbestimmung der Bürger in Europa. Ein nach Maßstäben der menschlichen Vernunft nicht mehr zu fassendes Unterfangen.
Bereits jetzt hat die EU-Kommission 30 Milliarden Euro der Ukraine zur Verfügung gestellt.5 Mit Stand Mai 2023 haben die EU-Institutionen und die EU-Mitgliedstaaten zusammen der Ukraine Finanzhilfen in der unvorstellbaren Höhe von über 70 Milliarden Euro zukommen lassen.6
Der „Ukraine Support Tracker“ des Kieler Instituts für Weltwirtschaft erfasst die militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe, welche Regierungen seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine am 24. Januar 2022 an die Ukraine geleistet haben. Summiert man die bisherigen Beiträge Österreichs mit den Anteilen, welche aufgrund des geplanten erneuten Milliardenpaktes entstehen, errechnet das Institut für Österreich eine Gesamthöhe von 3,22 Milliarden Euro(!) an Unterstützung für das Selenski-Regime,
wobei 2,47 Milliarden Euro über Finanzierungsmechanismen der Europäischen Union bereitgestellt wurden oder werden.7
Hervorzuheben sind jene Milliardenausgaben der EU-Mitgliedstaaten, welche über die sogenannte Europäische Friedensfazilität abgewickelt werden und an die ukrainischen Streitkräfte fließen. Konkret handelt es sich bei diesen Ausgaben mittlerweile um die enorme Summe von 5,6 Milliarden Euro. Die Obergrenze dieser Fazilität wurde mehrfach angehoben und beläuft sich nun auf rund 12 Milliarden Euro, wobei Österreich einen Finanzierungsanteil von 2,79 Prozent trägt. Bei Ausschöpfung bis zur Obergrenze im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 bedeutet dies für den österreichischen Steuerzahler einen Beitrag in Höhe von etwa 335 Millionen Euro.
Bereits im Bundesfinanzgesetz 2024 ist die Ermächtigung festgehalten, bis zu 185 Millionen Euro allein im Finanzjahr 2024 in die sogenannte Friedensfazilität einzuzahlen!8 Dass Österreich, verfassungsrechtlich zur Neutralität verpflichtet, einen millionenschweren Beitrag zu dieser Fazilität leistet, welche der EU als Kriegskasse dient, ist völlig inakzeptabel. Ein Stopp dieser Zahlungen wäre längst überfällig.
Schon jetzt ist keine effektive Kontrolle der Mittelverwendung gewährleistet. Es besteht die Gefahr, dass die von den Steuerzahlern Europas aufgebrachten Milliarden einfach in den Kanälen des Selenski-Regimes und der vermutlich bald nicht mehr demokratisch legitimierten ukrainischen Regierung – man weigert sich bekanntlich, anstehende Wahlen abzuhalten – versickern.9 Diese Gefahr betont selbst der frühere EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, welcher vor einem übereilten Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union warnt: „Wer mit der Ukraine zu tun gehabt hat, der weiß, dass das ein Land ist, das auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt ist.“10 Die schwarz-grüne Bundesregierung kontrolliert nicht, wohin die von ihr freigegebenen Milliarden fließen und vertraut bei deren Kontrolle auf die Institutionen der Europäischen Union – welche selbst von einem Korruptionsskandal in den nächsten schlittern.
Der einzige Hoffnungsschimmer: Der Plan der EU-Kommissionspräsidentin erfordert ein einstimmiges Votum der EU-Mitgliedstaaten.11 Insofern Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zumindest noch ein Mindestmaß an Verantwortung für die Österreicher wahrnehmen möchte, muss dieser ein klares Veto Österreichs gegen diese Milliardengeschenke an die Ukraine aussprechen. Dies erfordert nicht nur die verfassungsrechtlich verankerte Neutralität unserer Heimat, sondern auch der politische Anstand gegenüber unseren eigenen Bürgern, welche sich in Zeiten der Höchstinflation das Leben kaum noch leisten können.
Der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte den Vorstoß der EU-Kommission prompt ab. Er sieht für eine Erhöhung des EU-Haushaltsrahmens keine Notwendigkeit.12 Auch dessen Finanzministerkollegen Bruno Le Maire aus Frankreich und Sigrid Kaag aus den Niederlanden sprachen sich ebenfalls gegen eine Aufstockung des EU-Budgets aus.13 Diesen Beispielen sollte die österreichische Bundesregierung folgen.
Mit Verspätung wagten sich auch Finanzminister Dr. Magnus Brunner (ÖVP) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) aus der Deckung. Letzterer erteilte der Forderung der EU-Kommission nach einer Aufstockung des Mehrjährigen Finanzrahmens zumindest verbal eine Absage.14 Da bereits vielfach in Österreich gemachte Versprechungen – Stichwort Schuldenunion – ihren Wert auf den Verhandlungstischen in Brüssel eingebüßt haben, soll dieser Antrag eine klare Position Österreichs sicherstellen.
Anzuführen ist zudem, dass die Republik Österreich einem Drittstaat Milliardengeschenke offeriert, welcher zugleich damit droht, unserer Heimat die Energieversorgung zu entziehen. Nichts anderes bedeutet die jüngste Ankündigung der Ukraine, ab 2025 kein russisches Gas mehr Richtung Westen zu leiten. „Der Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogas, Olexij Tschernyschow, bestätigte das in einem Interview mit dem US-Auslandssender Radio Liberty aber nunmehr noch einmal extra deutlich.“15
Der ehemalige OMV-Chef Gerhard Roiss warnte vor dieser Entwicklung bereits im Frühsommer. Er kritisierte scharf, dass die schwarz-grüne Bundesregierung auf dieses drohende Szenario nur mit „Ignoranz“16 reagiere. Ein Wegfall der russischen Gaslieferungen würde seiner Einschätzung nach „sehr wohl zu hohen Preissprüngen von 100 bis 300 Prozent“17 führen.
Sollte das Selenski-Regime tatsächlich die Energieversorgung Österreichs durch den angekündigten Lieferstopp von russischem Gas absichtlich gefährden, entstünden beträchtliche Mehrkosten, um den Ausfall des russischen Gases kompensieren zu können. Dies würde schlussendlich natürlich auf die Verbraucher und Konsumenten abgewälzt werden, somit auf unsere österreichischen Bürger, welche ohnehin aufgrund der Sanktionsregime gegen Russland unter einer Kostenexplosion nach der anderen zu leiden haben. Unternehmen und Haushalte hätten mit noch höheren Energiepreisen zu kämpfen, Insolvenzen und unbeheizte Wohnungen wären wohl die Folge. Eine weitere Explosion der Inflation steht somit vor der Türe.
Nicht unerwähnt sollte an dieser Stelle bleiben, dass die Ukraine auch im Verdacht steht, die „Nord Stream“-Pipelines in die Luft gesprengt zu haben. Dieser hybride Kriegsakt brachte die Energieversorgung Mitteleuropas bereits ins Wanken. Die US-amerikanische Tageszeitung „Washington Post“ beruft sich gar auf eine ukrainische Quelle, welche aussagt, dass die Zerstörung der „Nord Stream“-Pipelines eine Operation des ukrainischen Militärs gewesen sei. „Alle Berichte dazu seien bei Walerij Saluschnyj gelandet, dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte.“18 Dennoch hat weder die EU noch die österreichische Bundesregierung irgendwelche Anstrengungen zur Aufklärung dieser Anschläge getätigt.
Vollkommen absurd wäre es nun, EU-Beitrittsgespräche mit einem Land zu eröffnen und zu führen, welches sich im Krieg befindet und zugleich im Verdacht steht, die Energieversorgung unserer Heimat zu bedrohen. Auch diesem von der EU-Kommission betriebenen Unterfangen muss eine Absage erteilt werden!
Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán nimmt diese Verantwortung für sein Land wahr und hat bereits im Vorfeld der Sitzung des Europäischen Rates mitgeteilt,
weder die Eröffnung von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine, noch weitere Milliardenzahlungen an das sich im Krieg befindliche Land, zu unterstützen.19
Mit dem Antrag 3753/A und der Verlängerung des Anspruchs auf Familienbeihilfe sowie des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld aus der Ukraine vertriebenen Personen kommen weitere Zahlungen auf Österreich zu. Und dies für Maßnahmen, die für Bürger und Bürgerinnen allfälliger Beitrittskandidaten völlig unverständlich sind.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die von der Europäischen Kommission geforderte Aufstockung des Mehrjährigen Finanzrahmens, inklusive der geplanten Fazilität für die Kriegspartei Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro, abzulehnen und diesem Vorschlag mit einem Veto Österreichs zu begegnen.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, sich im Rahmen der Institutionen der Europäischen Union gegen die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine auszusprechen, sowie eine Beendigung der Sanktionen gegen die Russische Föderation einzufordern.“
1 https://www.krone.at/3122946
2 ORF 20.06.2023: EU plant 50 Mrd. Euro Finanzhilfe für Ukraine
3 COM (2023) 336, S. 15
4 Tagesschau 20.06.2023: EU-Kommission fordert mehr Geld von Mitgliedsstaaten
5 Handelsblatt 20.06.2023: Von der Leyen gibt Souveränitätsfonds auf – fordert aber 66 Milliarden Euro von Mitgliedstaaten
6 https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_3355
7 https://www.ifw-kiel.de/publications/ukraine-support-tracker-data-20758/
8 Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2024, S. 5
9 Wahl im Krieg?: Selenskyj vor „demokratischem Dilemma“ - news.ORF.at
10 APA 05.10.2023: Ex-EU-Kommissionschef Juncker hält Ukraine für "nicht beitrittsfähig"
11 ORF 20.06.2023: EU plant 50 Mrd. Euro Finanzhilfe für Ukraine
12 Tagesschau 20.06.2023: EU-Kommission fordert mehr Geld von Mitgliedsstaaten
13 Handelsblatt 2023 06 20: Von der Leyen gibt Souveränitätsfonds auf – fordert aber 66 Milliarden Euro von Mitgliedstaaten
14 APA 23.06.2023: Nehammer: Österreich zahlt nicht mehr Geld an EU
15 https://orf.at/stories/3338179/
16 https://orf.at/stories/3338122/
17 https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/17797053/gas-experten-fahrlaessig-west-ost-pipeline-nicht-rechtzeitig-auszubauen
18 https://www.diepresse.com/13426249/wusste-der-cia-vom-attentat-auf-die-nord-stream-pipelines
19 https://orf.at/stories/3341888/
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und auch unterstützt, steht aber in keinem Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt. Daher wird er auch nicht zugelassen und ist auch nicht abzustimmen.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.
Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! In Österreich ist es im Unterschied zu vielen anderen Ländern möglich, neben dem Bezug des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes und neben dem Bezug der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen.
Deswegen ist es auch notwendig, den Grenzbetrag, der von Jahr zu Jahr steigt, entsprechend anzupassen. Im Jahr 2022/2023 war er bei 7 800 Euro und wird für 2024 auf 8 100 Euro angehoben, damit auch in diesem Jahr die geringfügige Beschäftigung in diesem Ausmaß möglich ist. Ohne diese Anpassung wäre eine geringfügige Beschäftigung aufgrund der Aufwertung im ASVG nicht mehr möglich.
Der Abänderungsantrag, den wir ebenfalls beschließen, dient der Umsetzung eines EU-Beschlusses, den wir in nationales Recht überführen. Mit diesem Beschluss wird das vorübergehende Aufenthaltsrecht für vertriebene Ukrainer:innen in Österreich bis März 2025 verlängert. Mit dem Beschluss ermöglichen wir es vertriebenen Ukrainer:innen, Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld bis März 2025 zu beziehen.
Im Familienausschuss, meine Damen und Herren, gab es eine sehr konstruktive Diskussion. Wir haben viele verschiedene Themen miteinander diskutiert. Ein Thema war wieder besonders im Fokus, nämlich das Thema der Kinderarmut. Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich nicht falsch: Jedes Kind in unserem Land, das von Armut bedroht ist oder gar in Armut lebt, ist eines zu viel. Diese Regierung und auch schon viele Regierungen vor dieser Regierung haben es sich zur Aufgabe gesetzt, die Kinderarmut in Österreich zu bekämpfen und zu reduzieren. Alle miteinander haben wir das sehr erfolgreich getan. Die
Kinderarmut ist in Österreich seit vielen Jahren sinkend und auf einem sehr niedrigen Niveau.
Wenn ich aber heute höre, wie die Diskussion darüber geführt wird, dann muss ich fragen: Will man hier ein Jammertal zeichnen, das es so einfach nicht gibt? (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)
Wenn Sie es mir nicht glauben, dann ist es vielleicht gut, wenn man auch internationale Studien zu diesem Thema ansieht und sich die Vergleiche holt. Ich habe hier eine Studie der Unicef (ein Schriftstück mit einem Säulendiagramm in die Höhe haltend), die ganz klar bezeugt: auf der einen Seite diese hohen Balken, und hier (auf eine niedrige Säule im Diagramm zeigend) ist Österreich. Das ist ein Vergleich von 2015 bis 2021 – schon 2015 auf einem niedrigen Niveau und bis 2021 wiederum gesunken.
Auch das ist eine Studie, die den Vergleich der absoluten Armutszahlen zeigt (ein weiteres Schriftstück mit einem Säulendiagramm in die Höhe haltend): Sie sehen hier ganz hohe Balken, und ganz am Schluss ist Österreich zu finden – auch da wiederum ist die Tendenz sinkend.
Eine Studie der Eurostat bestätigt, was wir als ÖVP schon seit Langem sagen, nämlich dass Erwerbsarbeit die beste Hilfe gegen Armut ist, wie es hier klar aufgezeichnet ist (ein weiteres Schriftstück mit mehreren Kurvendiagrammen in die Höhe haltend): Das ist der Armutsverlauf, wenn man eben nicht in Arbeit ist, und ganz unten, wenn man einer Erwerbsarbeit nachgehen kann. Damit wird auch unsere These entsprechend bestätigt und unterstützt, dass wir darauf schauen, dass Menschen auch in Arbeit kommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Eine letzte Studie, die meines Erachtens sehr wichtig ist (ein weiteres Schriftstück mit einem Säulendiagramm und einem Kurvendiagramm in die Höhe haltend), zeigt auf, wie zielgerichtet die einzelnen Länder die Mittel gegen Armutsbe-
kämpfung einsetzen: Hier sehen Sie die Armutslinie und da eben die Zielgerichtetheit. Österreich ist da ganz oben bei den besten drei dabei. Wir legen unsere Ziele richtig an, wir setzen die Mittel richtig ein.
Meine Damen und Herren, man kann anhand dieser Studien auch sagen: Die Familienpolitik in Österreich ist eine hervorragende, und der Vergleich macht uns sicher. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)
21.46
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wimmer. – Bitte.
Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Die Regierungsfraktionen haben es sich leider zur Angewohnheit gemacht, Abänderungsanträge und sogenannte §27-GOG-Anträge möglichst knapp vor der Ausschusssitzung an die Oppositionsparteien zu übermitteln. Das passiert nicht nur im Familienausschuss, das passiert auch in vielen anderen Ausschüssen.
Im vorliegenden Fall wäre diese Vorgehensweise gar nicht notwendig gewesen, denn es war ja völlig klar, dass die Anpassungen, die heute auf der Tagesordnung stehen, vorzunehmen sind. Es war auch klar, dass noch nach dem März 2024 aus der Ukraine vertriebene Menschen in Österreich leben werden und dementsprechend auch der Anspruch auf Familienbeihilfe oder Kinderbetreuungsgeld verlängert werden muss.
Es war auch klar, dass es eine jährliche Anhebung der Zuverdienstgrenze zum einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld geben wird – bereits im August wurden die voraussichtlichen Zahlen dazu veröffentlicht. Beschlossen wird das alles heute, erst heute zum letztmöglichen Zeitpunkt kurz vor Jahresende. Diese verspäteten Beschlüsse verunsichern Familien und
erschweren den Institutionen ihre Tätigkeit aufgrund des vermehrten Beratungsaufwands. – Das wäre nicht nötig gewesen.
Bei anderen Themen wäre ich froh, wenn sie es überhaupt auf eine Tagesordnung schaffen würden: Das betrifft das alte, bekannte Thema des Nationalen Aktionsplans gegen Kinderarmut. Ich weiß nicht, wie oft ich es schon wiederholt habe, aber ich finde es einfach beschämend, dass Österreich neben Lettland das letzte Land in der Europäischen Union ist, das immer noch keinen Nationalen Aktionsplan umsetzt. Es ist einfach nur beschämend für Österreich, das immer wieder wiederholen zu müssen. (Beifall bei der SPÖ.)
Eine weitere langjährige Forderung wartet immer noch auf Umsetzung: Wann werden Sie endlich aktiv und reformieren das Kinderbetreuungsgeld? Wir wissen von vielen Fällen, bei denen es Probleme gibt, wir wissen, dass der Beratungsaufwand für das Kinderbetreuungsgeld für die Institutionen im Vorfeld enorm ist.
Der „Falter“ hat erst vorige Woche wieder das Schicksal einer Mutter auf die Tagesordnung gebracht, die aufgrund eines Krankenstandes den Anspruch auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld und damit auf 6 500 Euro jährlich verloren hat.
Das Problem ist bekannt, denn mein diesbezüglicher Antrag wurde mehrfach von Ihnen vertagt und dann schließlich von Ihnen, den Regierungsparteien, auch abgelehnt.
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn laufend Probleme auftreten, dann sollte man auch einmal genauer hinsehen.
Darum bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt wird aufgefordert, dem Nationalrat die gesetzlichen Grundlagen zur Beschlussfassung vorzulegen, die sicherstellen, dass im Zusammenhang mit dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld statt des Erwerbstätigkeitserfordernisses von durchgängig 182 Tagen unmittelbar vor der Geburt bzw. unmittelbar vor Beginn des absoluten Beschäftigungsverbotes eine Erweiterung der Beobachtungsfrist auf ein Jahr, innerhalb der das Erfordernis einer 182-tägigen Beschäftigung (nicht zusammenhängend) erfüllt werden muss, vorgesehen wird. Darüber hinaus ist eine EU-rechtskonforme Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes erforderlich, die einen Krankenstand unabhängig von der Dauer mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichstellt.“
*****
Was sich kompliziert anhört, ist für die Familien unglaublich wichtig.
Sehr geehrte Damen und Herren, nur weil die Reform des Kinderbetreuungsgeldes nicht im Regierungsprogramm steht, heißt das nicht, dass es diese Reform nicht braucht – also setzen Sie diese Initiativen, anstatt all unsere Oppositionsanträge immer zu vertagen. (Beifall bei der SPÖ.)
21.50
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Wimmer, Christian Oxonitsch,
Genossinnen und Genossen
betreffend erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3753/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2396 d.B.)
Um das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld (ea KBG) zu beziehen, müssen angehende Eltern - neben einer Reihe weiterer Anspruchsvoraussetzungen – nachweisen, dass in den 182 Kalendertagen vor der Geburt des Kindes bzw. unmittelbar vor Beginn des absoluten Beschäftigungsverbotes, eine in Österreich kranken- und pensionsversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ununterbrochen ausgeübt wurde. Unterbrechungen wirken sich nur dann nicht schädlich auf den Bezug des ea KBG aus, wenn sie nicht länger als 14 Tage dauern.
Diese spezielle Anspruchsvoraussetzung für den Bezug des ea KBG wird auf Grund von Veränderungen am Arbeitsmarkt (z.B. COVID-19-Krise, Digitalisierung, Prekarisierung) für viele Eltern zu einem Problem. Die Corona-bedingte massive Steigerung der Arbeitslosigkeit in Österreich führte dazu, dass die ununterbrochen ausgeübte kranken- und pensionsversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit während 182 Kalendertagen vor der Geburt nur schwer erreicht werden konnte. Ein wachsender Anteil der Arbeitnehmer:innen ist in instabilen, befristeten und prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Sie sind in hohem Maße von Kündigungen, Insolvenzen des Arbeitgebers, Job-Wechsel u.ä. betroffen, was dazu führt, dass das Erfordernis einer zumindest 182-tägigen ununterbrochenen Erwerbstätigkeit nicht erfüllt wird.
Um die Situation von jungen Familien und werdenden Eltern zu erleichtern wird daher vorgeschlagen, statt des Erwerbstätigkeitserfordernisses von 182 Tagen unmittelbar vor der Geburt bzw. unmittelbar vor Beginn des absoluten Beschäftigungsverbotes, einen erweiterten Beobachtungszeitraum von einem Jahr vorzusehen. Innerhalb dieses Beobachtungszeitraums müssen ArbeitnehmerInnen insgesamt 182 Tage beschäftigt sein, um Anspruch aufs ea KBG zu haben.
Darüber hinaus sind die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, die eine unionsrechtskonforme Gleichstellung des Krankenstandes unabhängig von der Dauer mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit herstellen (in Analogie zum EU-Recht, wie im Beschluss der Verwaltungskommission zur Auslegung der EU-Verordnung 883/2004 Artikel 67 und Artikel 68 dargelegt).
Diese Maßnahme versteht sich als krisenfeste Familienpolitik - Väter, Mütter und Kinder profitieren davon gleichermaßen.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt wird aufgefordert, dem Nationalrat die gesetzlichen Grundlagen zur Beschlussfassung vorzulegen, die sicherstellen, dass im Zusammenhang mit dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld statt des Erwerbstätigkeitserfordernisses von durchgängig 182 Tagen unmittelbar vor der Geburt bzw. unmittelbar vor Beginn des absoluten Beschäftigungsverbotes eine Erweiterung der Beobachtungsfrist auf ein Jahr, innerhalb der das Erfordernis einer 182-tägigen Beschäftigung (nicht zusammenhängend) erfüllt werden muss, vorgesehen wird. Darüber hinaus ist eine EU-rechtskonforme Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes erforderlich, die einen Krankenstand unabhängig von der Dauer mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichstellt.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr.
Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für ukrainische Kinder ist seit dem 24. Februar 2022 nichts mehr, wie es einmal war. 560 Kinder sind dem Krieg zum Opfer gefallen, 1 200 Kinder sind verletzt – die Dunkelziffer ist wesentlich höher. Knapp über 20 000 Kinder wurden von russischen Besatzern verschleppt. Zu den häufigsten psychischen Störungen bei Kindern in Kriegs- und Krisenregionen gehören Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen. Seit Beginn des Krieges wurden ungefähr 3 790 Schulen und Kindergärten zerstört, der tägliche Raketenterror zerstört auch die Zukunftsaussichten der Kinder.
Eine ukrainische Mutter hat einmal zu mir gesagt: Wir wären am liebsten in der Ukraine geblieben – bei unseren Männern, in unseren Wohnungen, bei unseren Hunden –, aber wir mussten aus einem Grund fliehen: um unsere Kinder vor den Bomben in Sicherheit zu bringen. Wir haben als gute Mütter die Verpflichtung, unsere Kinder in Sicherheit zu bringen. – Ich glaube, liebe Kollegen und Kolleginnen – und das sollten wir grundsätzlich nie vergessen! –, kein Kind ist gerne ein Kind auf der Flucht. Jedes Kind ist lieber ein Kind zu Hause. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller, Krisper und Künsberg Sarre.)
Wir haben diesen Menschen, die aus der Ukraine vor Putins Angriffskrieg nach Österreich geflohen sind, das Versprechen unserer größtmöglichen Unterstützung und Solidarität gegeben. Daher ist es nur logisch, dass diese Solidarität auch den vollen Zugang zur Familienbeihilfe und zum Kinderbetreuungsgeld
umfasst, und darum erneuern wir heute dieses Versprechen, indem wir diese Regelung bis März 2025 verlängern.
Was ich absolut nicht verstehe, ist, wie die FPÖ im Ausschuss da dagegenstimmen kann. Wie kann man Kindern, die alles zurücklassen mussten, die Familienbeihilfe neiden? Stattdessen bringen Sie heute einen prorussischen Antrag ein, der zu Recht nicht zugelassen wird. Da würde ich schon eines sagen: Beim nächsten Russlandtrip könnten Sie etwas Sinnvolles tun und das Regime auffordern, dass man die verschleppten Kinder wieder zurückbringt! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Die Putin-Filiale à la FPÖ hat jetzt aber neue Reiseziele entdeckt: Für die Extremismusreisegruppe der FPÖ geht es jetzt – frei nach dem Motto: Selbst ernannte Patrioten fliegen zu Despoten – in andere Länder, wie etwa Afghanistan, wo man dann die islamistischen, frauenverachtenden Taliban trifft, oder zur Trump-Gala, wo Ultrarechte Spenden sammeln für Donald Trump, der in der letzten Zeit neben seinem gewohnten Irrsinn auch noch diktatorische Fantasien hat.
Also ganz ehrlich: Ich möchte nicht wissen, wo es als Nächstes hingeht, aber was mich schon interessieren würde, ist, wann Sie Ihre Reisekosten veröffentlichen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Reiter: Aber nur, wenn der Kickl die Reisen ...!)
21.54
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen über das Kinderbetreuungsgeld. Kollege Sieber hat schon gesagt, dass wir über den Antrag der Regierungsfraktionen relativ konstruktiv gesprochen haben,
weil dieser auch sehr unbestritten war, nämlich dass man in der Phase einer hohen Inflation auch die Zuverdienstgrenze entsprechend anpasst, damit geringfügig Angestellte auch weiterhin entsprechend dazuverdienen können.
Was er nicht dazugesagt hat, war, dass wir beziehungsweise dass ÖVP und Grüne eine ganze Reihe von Anträgen zum Kinderbetreuungsgeld vertagt haben, und das, obwohl wir die Themen bereits seit Jahren ansprechen – also die sprechen wir nicht seit einem Monat an oder seit zwei oder seit drei, sondern jetzt, bei dieser Bundesregierung, seit viereinhalb Jahren – und sich bei den Problemstellungen sehr wenig verändert hat.
Ich möchte das Bewusstsein schärfen, denn wir sprechen beim Kinderbetreuungsgeld nicht nur von der Familienleistung, auf die sich alle verlassen, sondern wir sprechen beim Kinderbetreuungsgeld auch von einer Geldleistung, auf die Menschen, wenn sie eine Familie gründen, durchaus angewiesen sind.
Als Abgeordnete – ich habe Ihnen, Frau Ministerin, das auch schon in der Vergangenheit öfter gesagt – kriegen wir sehr regelmäßig Zuschriften mit dem Inhalt, dass das System, das wir haben, nicht gut funktioniert. Kollege Sieber von der ÖVP wird nicht müde zu erwähnen, dass wir als Österreich unverhältnismäßig viel Geld für Familienleistungen ausgeben und dass wir stolz sind, dass das Geld bei den Familien ankommt – es kommt nur nicht bei allen Familien an.
Da gibt es tatsächlich Schwierigkeiten, und das ist keine Oppositionskritik, die man mit einer Handbewegung wegwischen kann, sondern wir kriegen Zuschriften von Betroffenen – ich habe gerade heute wieder eine gekriegt. Beispielsweise schreibt mir ein Vater jetzt, im Dezember:
Seit Juni 2023 schicken wir sämtliche Unterlagen für das Wochengeld, für das Kinderbetreuungsgeld für unsere Tochter – in dem Fall – an die SVS. Bis heute haben wir keine Aussicht darauf, dass sie bearbeitet werden. Wir schicken sie per Post, da gehen sie verloren, wir schicken sie per E-Mail, da sagt man uns, sie kommen nicht an, und wenn man dann bei den Bearbeiter:innen anruft,
sagen diese entweder, sie sehen die Unterlagen nicht, oder, sie kennen den Bearbeitungsstand nicht.
Der Höhepunkt ist – das war eine Dame, die als Unternehmerin in Österreich lebt, hier eine Familie gegründet hat, bei der SVS versichert ist und dementsprechend auch dort angerufen hat –, dass man sagt: Wir müssen ja gerade bei Ausländer:innen prüfen, ob sie das System ausnutzen oder nicht.
Sechs Monate lang warten diese Menschen auf eine Bestätigung, kriegen keine hilfreichen Antworten, und wenn man das im Familienausschuss anspricht oder Anträge dazu einbringt, dann kriegt man weder eine Lösung für die Menschen, die unter diesem nicht funktionierenden System leiden, noch eine ordentliche Antwort.
Ich bringe ein anderes Beispiel, um auch ganz konkret zu machen, wo das System nicht funktioniert – und das wissen Sie auch –: Wenn es bei einer alleinerziehenden Frau – wenn jetzt also nicht Mann und Frau zusammen die Familie gründen, sondern es eine alleinerziehende Frau ist – Probleme im System gibt und es keine Möglichkeit gibt, sich beim Mann mitzuversichern, und dadurch der Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld und die Familienbeihilfe nicht vorhanden sind, ist sie nach dem Mutterschutz auch nicht mehr krankenversichert.
Stellen Sie sich eine junge Mutter mit einem kleinen Kind, die nicht krankenversichert ist, vor – und das nicht, weil wir nicht genug Geld in die Hand nehmen, sondern weil die Kritik an dem, wo das System nicht funktioniert, einfach mit einer Handbewegung weggewischt wird. In Wahrheit können wir als Abgeordnete genau das nicht zulassen: dass wir viel Geld in die Hand nehmen und dass es nicht dort ankommt, wo es am dringendsten gebraucht wird.
Ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur konstruktive und einfach verständliche Anträge vonseiten der Regierung bekommen, die wir dann auch gemeinsam mittragen können, sondern auch, dass vonseiten der ÖVP und
auch der Grünen auf die Punkte, die wir nennen, bei denen es schwerwiegende Probleme gibt, auch ernsthaft eingegangen wird. Es ist nämlich kein politisches Kleingeld damit zu wechseln, dass vor allem junge Mütter – insbesondere alleinerziehende Mütter – ewig auf ihr Geld warten müssen, nur weil man der Opposition einfach nicht zuhört. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
21.58
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Großbauer. – Bitte.
Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf am Anfang vielleicht noch kurz auf meinen Vorredner, Kollegen Bernhard von den NEOS, eingehen. Also es werden ja insgesamt 150 000 Fälle pro Jahr bearbeitet. Das System funktioniert gut, wo es aber manchmal hakt, das sind natürlich Einzelfälle. Von 150 000 Fällen gibt es pro Jahr in 35 bis 50 Fällen tatsächlich Probleme, bei denen länger geprüft werden muss, und das sind eben Einzelfälle. Das ist natürlich für diese Betroffenen sehr unangenehm, aber es muss eben auch überprüft werden.
Als Mutter liegt mir das Thema Kinderbetreuung ganz generell natürlich auch selber sehr am Herzen. Mein Sohn ist neun Jahre alt, und ich bin auch selber jeden Tag mit der Herausforderung konfrontiert, alles – Job, Familie, Schule – unter einen Hut zu bringen. Deswegen ist es sehr, sehr wichtig, dass wir alle diese Themen sehr ernst nehmen und auch die Probleme ernst nehmen. Diese Regierung hat sich dieses Themas sehr intensiv angenommen.
Wir debattieren heute die Erhöhung der Zuverdienstgrenze bei Bezug des Kinderbetreuungsgeldes. Diese wird von 7 800 auf 8 100 Euro erhöht. Das bedeutet also nicht nur eine finanzielle Erleichterung für diese Menschen,
sondern dass man auch trotz Erziehungspflichten weiterhin Teil des Berufslebens bleiben kann.
Die Kinderbetreuung ist überhaupt ein großes Thema, ich habe es schon gesagt. Eine sehr stattliche Summe, würde ich sagen, von 4,5 Milliarden Euro wird bis 2030 zusätzlich in Kinderbetreuung investiert. Diese wirklich notwendigen finanziellen Mittel werden zur Verfügung gestellt, damit die Bundesländer, die Gemeinden für den Ausbau der Kinderbetreuung auch genügend Planungssicherheit haben.
Besonders drei Schwerpunkte sind dabei wichtig, nämlich dass die Kinderbetreuungsplätze ausgebaut werden, vor allem auch für Kinder unter drei Jahren, dass es längere Öffnungszeiten gibt – wir müssen natürlich besonders darauf achten, dass man Beruf und Familie auch wirklich vereinbaren kann, und die Bedingungen haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten nun einmal geändert –, und wir wollen auch eine verbesserte Qualität der Betreuung: einerseits kleinere Betreuungsgruppen, andererseits aber natürlich auch bessere Arbeitsbedingungen für das sehr, sehr wichtige Personal. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)
Bei etwas, was ich auch sehr wichtig finde, findet man Vorzeigeprojekte im Tourismus: Gerade im Tourismus werden innovative Kinderbetreuungsprojekte gefördert, denn in manchen Berufsfeldern wie zum Beispiel im Tourismus, in der Gastronomie, aber auch in der Kultur bedarf es einfach flexiblerer Möglichkeiten, weil die Arbeitszeiten auch ganz anders und nicht so geregelt sind und sozusagen nicht zu Normalzeiten stattfinden. Da gibt es auch einige Vorzeigeprojekte, und ich finde es wirklich sehr lobenswert und wichtig, höchst wichtig und auch höchst notwendig, dass man flexiblere Projekte fördert und ins Leben ruft.
Kinderbetreuung ist ein ganz wesentlicher Punkt für uns alle – für unsere Gesellschaft, für die Zukunft, für unsere Kinder, für den Nachwuchs, aber natürlich auch für alle berufstätigen Menschen, damit sie trotz Kinderbetreuung
auch die Möglichkeit haben, zumindest noch geringfügig weiter im Berufsleben zu bleiben. Das ist nicht zuletzt auch wichtig, weil wir damit der Altersarmut entgegenwirken können. – Vielen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
22.02
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Oxonitsch. – Bitte.
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kollegin Neßler hat ja Gott sei Dank zu dem etwas jenseitigen Antrag der FPÖ schon ausführlich Stellung genommen, insofern kann ich mir diese Redezeit sparen.
Ich möchte aber vielleicht ein paar Punkte – oder einen Punkt eigentlich nur – zu Kollegen Sieber anmerken: Es ist ja recht nett, wenn man solche Grafiken präsentiert, auf denen ein kleiner Balken und viele große Balken zu sehen sind, man muss sich nur bewusst machen, dass sich auch hinter dem kleinen Balken viele einzelne Schicksale verstecken (Abg. Sieber: Ich habe das auch gesagt!), und ich glaube, das sollte man tatsächlich einmal wirklich ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Sieber.)
Kinder leben nicht im Vergleich, sie leben im Hier und Jetzt. Ich hätte Sie gestern bei unserem Fest der Adresslosen in der Wiener Stadthalle gerne begrüßt: Wenn Sie gesehen hätten, wie viele Mütter mit ihren Kindern dorthin kommen und sich eines der über 500 Lebensmittelpakete abholen, dann würden Sie vielleicht diese Grafik hier nicht mit dieser Selbstverständlichkeit und in dieser etwas selbstherrlichen Weise präsentieren. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorschläge liegen genug auf dem Tisch. Zum konkreten Geschäftsstück beziehungsweise zu den beiden heute notwendigen Beschlüssen: Ja, wir werden beiden Punkten zustimmen, wenngleich – Kollegin Wimmer hat ja schon
darauf hingewiesen – wir nicht ganz verstehen, warum man das eigentlich so spät macht (Abg. Sieber: Weil es im November bekannt wurde!), gerade in einem Bereich, in dem ja von vielen Beratungsinstitutionen immer wieder angemerkt wird, wie groß der Unsicherheitsfaktor, der Beratungsaufwand in diesem Bereich ist. Man hätte da also mittlerweile auch schon zu einer kreativen Idee kommen können, um einen gewissen Automatismus zu schaffen: Wenn sich A erhöht, erhöht sich B auch. Das kennen wir ja, da muss man keine Raketenwissenschaft studiert haben, das würde sich relativ einfach klären lassen, aber sei’s drum.
Ich möchte aber auf eines hinweisen, und darum ist es ja auch in der vorherigen Debatte schon ein bisschen gegangen: Wenn man sich ansieht, wie mit Anträgen zu diesem Bereich des Kinderbetreuungsgeldes, mit der Vielzahl von Vorschlägen, wie sie gerade von Kollegin Wimmer immer wieder gekommen sind, in der Vergangenheit umgegangen wurde, dann sage ich, das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Das, was wir heute wieder als Antrag einbringen, ist der Vorschlag für diesen erweiterten Beobachtungszeitraum – nicht zuletzt auch aufgrund medialer Berichterstattung, hinter der sich ja auch ein konkretes Schicksal verbirgt, und man hätte in diesem Zusammenhang ja sagen können: Heast, das könnten wir reparieren, das ist ja unsinnig!
Es gibt dazu einen Antrag, den wir schon am 8.7.2020 eingebracht haben. Was hat man gemacht? – Am 5.10.2021 vertagt, am 10.3.2022 vertagt, am 29.9.2022 vertagt, am 6.6.2023 vertagt. Also entweder hat man den Mut, zu sagen, wir halten davon nichts, oder man macht es – aber nehmt es bitte einmal ernst und setzt euch mit diesen Anträgen auseinander! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sieber: ... das werden wir vertagen, auch in Zukunft!)
Es ist ja nicht der einzige, es gibt andere Vorschläge: die Verkürzung der Wartezeit – am 8.7. eingebracht, am 10.3.2021 vertagt, am 29.9. vertagt, am 6.6.2023 vertagt.
Bringt den Mut auf, entweder Beschlüsse zu fassen oder das hier offensiv zu diskutieren und zu sagen: Nein, wir wollen es nicht ändern! – Das kann man auch zur Kenntnis nehmen, dann kann man wenigstens darüber streiten, aber so zu tun, als ob – wir denken eh darüber nach! –, es aber in Wahrheit nicht zu tun (Abg. Sieber: Wir verbessern es ja laufend! Wir machen eine Gesamtreform!), das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist kein Umgangston. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
22.05
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandweiner. – Bitte.
Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Kollege Oxonitsch ist noch nicht so lange im Haus, darum wird er die letzten Verbesserungen vermutlich übersehen haben.
Wir als ÖVP stehen ganz klar hinter dem Kinderbetreuungsgeld. Wir haben da schon viele Verbesserungen erwirkt, und das trägt ganz klar unsere Handschrift. Es gibt natürlich unterschiedliche Varianten, und das ist uns auch sehr wichtig, weil wir den Familien eben diese flexiblen Möglichkeiten bieten wollen. Dass das nicht immer ganz einfach ist und es zu Änderungen kommt, wissen wir auch, aber wir sind stets bemüht, laufend Verbesserungen zu erwirken, damit die Familien eben die Betreuungszeiten auch wirklich selbst organisieren und einteilen können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Mit der heutigen Gesetzesnovelle – meine Vorredner haben es schon mehrfach ausgeführt – wollen wir sicherstellen, dass die anspruchsberechtigten Eltern auch während der Karenz weiterhin einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen können. Daher soll der Grenzbetrag von 7 800 Euro auf 8 100 Euro erhöht werden, das Ganze ab Jänner 2024. Übrigens: Der Grund dafür liegt im November,
jetzt im Dezember setzen wir es um. (Abg. Sieber: Genau! Schneller geht es nicht!)
Herr Kollege Oxonitsch, ich glaube, die SPÖ hat schon einmal länger gebraucht, um einen Parteivorsitzenden zu wählen und das Ergebnis dann richtig auszuzählen, als wir gebraucht haben, um da zu reagieren – das möchte ich an dieser Stelle auch einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Fischer und Neßler.)
Wenn wir über Kinderbetreuungsgeld sprechen, muss man sagen, dazu gehört natürlich auch ein entsprechendes Angebot in der Kinderbetreuung: Kindergärten, Kleinkindbetreuung. Daher bin ich auch froh darüber, dass wir – meine Kollegin Großbauer hat es schon ausgeführt – bis 2030 massiv in die Kinderbetreuung investieren: 4,5 Milliarden Euro bis 2030. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Da darf man ruhig klatschen, das ist eine gewaltige Summe, eine gut investierte Summe. Wir schaffen damit mehr Betreuungsplätze, verbessern die Qualität und unterstützen vor allem auch die Gemeinden bei den laufenden Kosten, zum Beispiel beim Personal. Es ist eben ganz wichtig: dass wir auch ein entsprechendes Angebot schaffen.
Dass wir die Familienpartei sind, haben wir in den letzten Jahren immer wieder bewiesen. Daher möchte ich mich auch bei dir, liebe Frau Ministerin, sehr herzlich für die zahlreichen Maßnahmen, die wir gemeinsam erarbeitet und beschlossen haben, bedanken.
Ich möchte vor allem auch für etwas, das du erst kürzlich präsentiert hast, Danke sagen: zusätzliche 120 Millionen Euro für die Schülerfreifahrt im Gelegenheitsverkehr. Gerade bei uns im ländlichen Raum ist das einfach sehr wichtig, weil wir uns in den letzten Jahren doch immer etwas geplagt haben, Busunternehmen zu finden. Ich glaube, mit dieser 7-prozentigen Tariferhöhung und einer außerordentlichen Anpassung um mehr als 22 Prozent helfen wir den Gemeinden, in
den nächsten Jahren den Schülertransport, den sicheren Schulweg zu organisieren – vielen Dank also dafür. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich schon beim Dankesagen bin: Abschließend darf ich mich bei allen Familien bedanken. Sie sind das Herzstück unserer Gesellschaft, weil sie die Zukunft unseres Landes im wahrsten Sinne des Wortes geschaffen und zur Welt gebracht haben. – Ich kann Ihnen versprechen: Wir werden Sie auch weiterhin bestmöglich unterstützen. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)
22.09
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Kollege Bernhard zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Abgeordnete Großbauer von der Volkspartei hat in ihrer Rede behauptet, dass die vorgetragenen Problemstellungen Einzelfälle seien.
Ich berichtige tatsächlich, dass die Arbeiterkammer von mehreren Tausend Anrufen pro Jahr zu diesen Problemstellungen spricht, dass es zu den Problemen Berichte von der Volksanwaltschaft gibt (Abg. Sieber: Das ist ein Blödsinn, das sind doch keine Fälle, das sind Beratungsanrufe, das sind ja keine Fälle! Es sind natürlich Einzelfälle, 35 bis 50 Fälle sind das!), dass selbst die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes nicht umgesetzt worden sind. Das heißt, es handelt sich um Tausende von Fällen, und da kann man nicht mehr von Einzelfällen sprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Sieber: Das war keine tatsächliche Berichtung, sondern ein tatsächlicher Blödsinn!)
22.10
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Wertung.
Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesminister. – Bitte.
22.10
Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Bevor ich zum Thema komme, möchte ich schon irgendwie den Jahresabschluss – Weihnachten ist ja nahe –, auch wenn es heute schon ein bisschen spät ist, nutzen, um einmal – das kommt mir alles ein bisschen zu kurz – zu sagen, was wir als Bundesregierung in diesem Jahr für einen Reformwillen im Familienbereich bewiesen haben.
Wir investieren gemeinsam mit den Bundesländern bis 2030 4,5 Milliarden Euro in die Kinderbetreuung. Weiters haben wir mit einer Tarifreform den Gelegenheitsverkehr umfassend reformiert: Natürlich gibt es auch dort mehr finanzielle Mittel, damit die Kinder sicher in die Schule kommen. Wir haben das erste Mal in der Geschichte eine Valorisierung der Familienleistungen vorgenommen, darunter fällt natürlich auch das Kinderbetreuungsgeld – eine Maßnahme, die weit über die nächsten Jahrzehnte wirken wird. Ich erinnere an das Reformpaket zum Kinderschutz, zu dem wir eine umfassende Gesetzesnovelle verabschiedet haben, um die Täter härter zu bestrafen und uns gleichzeitig bei der Prävention zu verbessern.
Ich kann die Kritik ehrlicherweise nicht nachvollziehen, weil ich eigentlich den Eindruck habe, dass wir im Ausschuss eine sehr konstruktive Zusammenarbeit haben, dass viele der Kritikpunkte, die Sie im Laufe der Zusammenarbeit mit mir und mit uns erwähnt haben, sehr wohl aufgegriffen wurden.
Wir haben ja beim Kinderbetreuungsgeld in diesem Jahr bereits viele Reformen vorgenommen: Ich erinnere daran, dass wir den Familienzeitbonus jetzt nicht mehr auf das Kinderbetreuungsgeld, das ein Papa bezieht, anrechnen. Ich erinnere daran, dass wir beim Tod eines Elternteils Härtefallklauseln eingeführt haben. Ich erinnere daran, dass wir Antragsfristen verlängert haben, dass wir das administrative Modell Fabian massiv entbürokratisiert haben, und, und, und.
Dazu kommt natürlich auch noch der Aufwand in der Beratung, den Sie ansprechen: Ja, es ist tatsächlich so, dass das Kinderbetreuungsgeld ein umfassendes und durchaus auch komplexes Modell ist, weil wir eben ein flexibles Modell brauchen, denn für die Familien gibt es keine Schablone. Die Familien brauchen für ihre unterschiedlichen Lebens- und Familienkonstellationen eben die Möglichkeit, dass sie es sich individuell gut richten, und ja, das ist dann nicht immer selbsterklärend – das ist richtig. Die Arbeiterkammer berät aber umfassend. – Herr Kollege Bernhard, Sie haben das auch gesagt: Wir haben bei den 400 Familienberatungsstellen in Österreich eine neue Elternberatung eingerichtet, die im Rahmen des neuen Eltern-Kind-Passes, bei dem es Beratungsleistungen gibt, auch ein guter Anker sind. (Zwischenruf der Abg. Seidl.)
Man muss schon die Dimension insgesamt begreifen: Es gibt an die 150 000 Kinderbetreuungsgeldanträge, und ja, da gibt es auch Einzelfälle. Das sind zumeist jene mit Auslandsbezug: wenn ein Elternteil im Ausland lebt, wenn das Kind teilweise im Ausland lebt und es Konsultationen mit den ausländischen Behörden braucht. Das ist dann in der operativen Abwicklung natürlich auch etwas, das mehr Zeitaufwand bedeutet.
Ich kann dahin gehend nur mein Angebot wiederholen – ich habe es schon mehrmals gesagt, und es ist nie auf fruchtbaren Boden gefallen –: Sie können gern die Einzelfälle der Bürgerinnen und Bürger, die an Sie herangetragen werden, an unser Familienressort senden. (Abg. Seidl: Rufen Sie beim Finanzamt an ...!) Dort können wir gerne auch mit den zuständigen Krankenkassen Kontakt aufnehmen und im individuellen Fall Nachschau halten, wo man womöglich Verbesserungen bei den individuellen Fällen – wenigen von über 150 000 – erreichen kann. Das ist serviceorientierte Verwaltung, die in meinem Ressort und auch bei den Krankenkassen sehr gut wahrgenommen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Neßler. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Seidl.)
Frau Abgeordnete Wimmer, ich möchte auch in diesem Plenum noch einmal wiederholen, was wir im Ausschuss besprochen haben: Ich würde da wirklich –
auch im Sinne dessen, dass wir die Menschen nicht verunsichern sollten – ein bisschen Vorsicht walten lassen, auch insgesamt in der Darstellung. Selbstverständlich geht es nicht darum, dass ein Krankenstand automatisch zum Entzug des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes führt, sondern es geht um den Krankengeldbezug, der da Einfluss nimmt. Das sind schon wirklich zwei Paar Schuhe, denn wenn man einen Krankenstand hat, kriegt man in der Mehrheit der Fälle – wie Sie alle womöglich auch aus einem Vorleben wissen – eine Entgeltfortzahlung, die dann selbstverständlich nicht zu einer Minderung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes führt. Ich glaube, das muss man den Menschen schon dementsprechend richtig vermitteln – ansonsten würde man sie verunsichern. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)
Herr Abgeordneter Oxonitsch, warum nehmen wir jetzt, Anfang Dezember, die Erhöhung der Zuverdienstgrenze, die ja heute auch hier eingebracht wird, vor? – Weil diese Zuverdienstgrenze erst im November feststeht. Manche Dinge sind irgendwie komplex und andere weniger, dementsprechend ist dieser Antrag so rasch wie möglich eingebracht worden. Wir bemühen uns natürlich, dass wir da auch ehestmöglich Klarheit für die Familien haben.
Ich glaube, es ist gut, dass wir die Zuverdienstgrenze von 7 800 auf 8 100 Euro erhöhen. Sie wissen, auch in diesem Bereich haben wir Verbesserungen vorgenommen: Seit 1.1.2023 werden ja das pauschale Kinderbetreuungsgeld und auch der Höchstbeitrag beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld automatisch jährlich valorisiert. Auch das ist etwas, das wir reformiert und entbürokratisiert haben. Ich glaube, das könnte man in diesem Zusammenhang auch anerkennen.
Ich möchte auf jeden Fall positiv schließen: Ich danke für die Zusammenarbeit im Ausschuss diese Woche. Ich bin immer, wie Sie hoffentlich auch wahrnehmen, sehr offen für Anregungen. Wie gesagt, das Angebot in Bezug auf individuelle Einzelfälle steht: die Verwaltung, die ja sehr engagiert und motiviert ist und sehr service- und bürgerorientiert arbeitet, auch mit solchen
Fällen zu befassen und im Einzelfall das Beste für die Bürgerinnen und Bürger zu bewerkstelligen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Neßler und Schwarz. – Abg. Matznetter: Für Einzelfälle ist die FPÖ zuständig!)
22.17
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köllner. – Bitte.
Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind selbstverständlich auch dafür, die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7 800 Euro auf 8 100 Euro anzuheben, denn bei der Beibehaltung des bisherigen Grenzbetrags wäre im Jahr 2024 eine geringfügige Beschäftigung aufgrund der Aufwertung im ASVG nicht mehr möglich. Das heißt, über diese Gesetzesänderung brauchen wir auch nicht lange zu diskutieren.
Worüber wir aber sehr wohl diskutieren und reden müssen, sind die Hürden beim Kinderbetreuungsgeld, die wir hier im Hohen Haus immer wieder thematisieren. Sie sind auch heute wieder von Kollegen Bernhard, von Kollegin Wimmer thematisiert worden, sind aber nach wie vor eigentlich noch nicht beseitigt worden. – Frau Ministerin, da gibt es auch in Ihre Richtung Vorwürfe, dass an die Behörden Weisungen erteilt werden, die Eltern nicht nur massive Hürden in den Weg stellen (Bundesministerin Raab: ... keine Weisung erteilt ...!) – lesen Sie die Kritik nach!–, sondern auch EU-rechtswidrig sind.
Bei der Arbeiterkammer könnten Sie beispielsweise auch nachfragen: Da gibt es jährlich Tausende Anrufe wegen Problemen beim Kinderbetreuungsgeld. Die Volksanwaltschaft hat mit Beschwerden zu tun, weil Menschen jahrelang auf das Geld warten, das ihnen zusteht.
Wir alle kennen diese Fälle, beispielsweise jenen einer Mutter, die acht Jahre lang – sage und schreibe acht Jahre lang! – auf eine Entscheidung hat warten müssen, nämlich auf die Entscheidung des OGH, und erst dann recht bekommen hat, und erst dann ist das Kinderbetreuungsgeld ausgezahlt worden.
Frau Ministerin, ich glaube, Sie wissen das auch: Es gibt Familien, die auf diese Gelder angewiesen sind. Das ist für manche existenzbedrohend und daher kein tragbarer Zustand. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich würde sogar noch weiter gehen: Dieser Amtsschimmel ist familienfeindlich und bedeutet nichts anderes als das, was hier schon mehrfach angesprochen worden ist, nämlich dass eine Reform längst überfällig ist. Die angesprochenen Probleme mit überlangen Bearbeitungsdauern, insbesondere bei grenzüberschreitenden Fällen, oder Probleme bei den Nachweisen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen: Das alles sind keine Dinge, die wir als SPÖ oder als Opposition erfunden haben, sondern das sagt auch die Volksanwaltschaft, das sagt die Arbeiterkammer auf Basis der Rückmeldungen der Eltern, und das kritisiert auch der Rechnungshof.
Wir als Opposition haben bereits unzählige Anträge eingebracht, auch gemeinsame Anträge, wir haben bereits mehrfach hier im Plenum diskutiert, aber woran die Reform tatsächlich scheitert, ist mir persönlich schleierhaft. (Beifall bei der SPÖ.)
Fakt ist, Frau Ministerin, es ist dringend an der Zeit, da etwas zu ändern. Familien müssen rasch und möglichst unbürokratisch jene Leistungen erhalten, die ihnen auch zustehen. Wenn Sie als Regierungsparteien, ÖVP und Grüne, das auch so sehen und wenn Sie die Kritik der angesprochenen Organisationen ernst nehmen, dann kommen Sie bitte endlich in die Gänge! (Beifall bei der SPÖ.)
22.20
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reiter. – Bitte.
22.20
Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wie man ja schon vernommen hat, debattieren wir über das Kinderbetreuungsgeldgesetz. Es geht um die Anhebung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld. Wir haben dazu schon einige Punkte gehört, und auf das, was da von meinen Vorrednern so erwähnt oder auch behauptet wurde, möchte ich ein bisschen eingehen.
Herr Abgeordneter Köllner war gerade hier heraußen und hat behauptet, dass Weisungen erteilt werden würden, um Hürden beim Kinderbetreuungsgeld aufzuerlegen. (Abg. Sieber: Vollkommen absurd!) Da muss ich schon sagen: Werfen Sie der Ministerin oder dem Ministerium in dem Fall Rechtsmissbrauch vor? Also ich finde das ein bisschen grenzwertig. (Abg. Sieber: Haben Sie einen Beleg irgendwo für eine Weisung? Haben Sie einen Beleg für den Unsinn? – Ruf bei der SPÖ: Das ist amtlich!) Wenn Sie sich mit so etwas hierherstellen, wäre es gut, Sie würden sich das anschauen und fundiert darlegen, worum es geht, und nicht irgendwelche Behauptungen rauswerfen, weil Sie als Bürgermeister wahrscheinlich auch keine Freude haben, wenn das jemand im Gemeinderat tut. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Wo denn? – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.) – Ja, gut, vielleicht kann man das dann noch ausdiskutieren; und die SPÖ kann das ja gerne vorlegen, wenn sie solche Behauptungen in den Raum stellt.
Generell ist zu sagen, dass die SPÖ eine gesamte Reform im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes fordert. Da geht es um gut 100 000 Fälle im Jahr, wovon es bei 35 bis 50 Einzelfällen wirklich Probleme gibt. Da von einem Systemversagen zu reden, finde ich jetzt auch eher verhaltenskreativ. Da ist es doch viel besser, laufend das System anzupassen, als wegen 35 bis 50 Einzelfällen, denen man wirklich hilft, wenn Not am Mann ist, gleich das ganze System zu ändern.
Sie reden von Tausenden Beratungsfällen der Arbeiterkammer. Ich glaube, man kann einen Beratungsanruf bei der Arbeiterkammer wirklich nicht mit einem konkreten Fall, der im Ministerium vorliegt, gleichsetzen. Da muss man schon ein bisschen unterscheiden und ein bisschen bei der Realität bleiben, so funktioniert das nämlich sonst nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)
Prinzipiell ist dieser Punkt, um den es heute eigentlich geht, relativ simpel. Da sind sich ja alle einig, dass das wichtig und richtig ist. Das ist ja nur ein Baustein, wenn es darum geht, die Kinderbetreuung auszubauen, da Ansätze zu finden, die den Familien und den Kindern helfen, dass wir da weiterkommen.
Da, glaube ich, ist es auch ganz wichtig, zu sagen – und die Ministerin hat das ja auch sehr betont –, dass es darum geht, Wahlfreiheit für die Familien zu schaffen, für diejenigen, die Betreuungspflichten haben, und da vor allem eine informierte Wahlfreiheit, sprich zum einen natürlich die Option zu haben, zu sagen: Wie will ich das für meine Familie machen, was ist das Richtige für uns?, und zum anderen auch zu wissen: Was heißt das, wenn ich daheimbleibe, wenn ich – Stichwort Altersarmut – diese Betreuungspflichten wahrnehme? Auch da muss man einfach auf diese Dinge achten, und es ist ganz wichtig, dass man da gut informiert ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Weiters ist auch sehr wichtig – und das ist mir auch persönlich ein Anliegen –: Wenn man von Wahlfreiheit spricht, muss man auch immer davon reden, dass man mit diesen Stigmatisierungen aufhört, die es auch bei uns in Österreich gibt, denn egal, wie man es tut, kann man es ja sowieso nur falsch machen. Egal, ob die Mutter daheimbleibt, ob sie arbeiten geht, ob der Mann daheimbleibt, irgendeiner macht es immer falsch. Ich glaube, wir müssen von diesen Bewertungen weg. Jeder soll individuell seinen Lebensweg gestalten und sich auch aussuchen können, wie er diese Betreuungspflichten dann auch dementsprechend regeln will.
Damit wir das auch können, müssen wir natürlich auch denen, die dafür zuständig sind, die Werkzeuge in die Hand geben. Da ist die Kinderbetreuungsoffensive sehr wichtig, die die Bundesregierung unter Bundeskanzler Nehammer gemeinsam gestartet hat, um da wichtige Schritte zu setzen, die Gemeinden zu unterstützen, dass man da einfach in den Ausbau investieren kann, bei den Personalkosten unterstützt wird und dann die Rahmenbedingungen schaffen kann, dass Familien das dann wirklich dementsprechend nutzen, denn wenn man mit klaren Zielen in die Strukturen investiert, dann kann man auch stetig ausbauen und für die Familien wirklich vorsorgen, in dem Sinn, wie sie es brauchen.
Die Kinderbetreuung ist für uns als Volkspartei eine zentrale Säule der Familienpolitik. Man muss im Sinne aller Akteure handeln, und die wichtigsten sind da die Eltern und die Kinder und natürlich auch die Ausführenden, da reden wir von den Gemeinden.
Da soll man einfach für alle Familien alle Optionen eröffnen und den Druck herausnehmen, damit man sich frei entscheiden kann, denn nur bestmögliche Rahmenbedingungen für unsere Familien können dann dafür sorgen, dass wir auch ein gutes Miteinander haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
22.25
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stöger. – Bitte.
Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Abgeordnete Carina Reiter hat behauptet, dass es keine Weisungen der Bundesministerin in Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld gibt. Das ist unrichtig.
Auf der Homepage der Volksanwaltschaft kann man nachlesen, dass europarechtswidrige Weisungen vorliegen und dass auch Weisungen an die Sozialversicherungsträger in dieser Frage gegeben werden, die nicht dem entsprechen, was die Gerichte entschieden haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, in 2396 der Beilagen.
Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Rosa Ecker vor.
Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Ziffer 1a in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Wer ist dafür? – Das scheint einstimmig zu sein.
Wir kommen gleich zur dritten Lesung.
Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig und damit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld“.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2397 der Beilagen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
Wir kommen auch zur dritten Lesung.
Wer tut das in dritter Lesung? – Auch das ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (2318 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien gemäß Art. 15a B-VG über die Verwaltungsüberprüfung des Projekts „INTERACT Office Vienna 2021-2027“ durch das Land Wien als Kontrollinstanz gemäß Art. 46 Abs. 3 der Interreg-Verordnung (2385 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 31. und letzten Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Ich bedanke mich bei Frau Bundesminister Raab und begrüße Herrn Bundesminister Totschnig.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hörl. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.
Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister aus Osttirol! (Heiterkeit des Redners.) Die noch verbleibenden Zuhörer und Zuschauer über die Fernsehkanäle! Als letzter Redner darf ich mich nunmehr zur Verwaltung, Abwicklung und Prüfung des Projektes Interact Office Vienna 2021–2027 zu Wort melden.
Wir übertragen mit dieser vorliegenden 15a-Vereinbarung die Prüfung und Verwaltung und die Personalkosten vom Landwirtschaftsministerium wieder auf das Land, auf die Stadt Wien. Nach dem Subsidiaritätsprinzip steigern wir dadurch die Effizienz in der Abwicklung der Kooperation und die Kontrolle und Beratung der zahlreichen Interreg-Projekte.
Das Interact Office Vienna ist Teil des EU-Interact-Programms und als solches verantwortlich für zahlreiche grenzüberschreitende EU-Projekte, von denen die Menschen, die Wirtschaft und auch der Tourismus sehr profitieren. Europäische Netzwerke fördern nämlich die regionale Entwicklung diesseits und jenseits einer nationalen Grenze, die aufgrund des Binnenmarktes ja eigentlich ohnehin immer weniger Bedeutung haben sollte.
Österreich hat natürlich aufgrund der geografischen Lage, umringt von acht Nachbarn, großes Interesse an diesen grenzübergreifenden Programmen. Als Tiroler weiß ich: Über viele Jahre hinweg ist die Zusammenarbeit mit anderen Regionen, nicht nur mit Südtirol, auch in den Alpen, zu einem wesentlichen Impulsgeber geworden. Gerade im Tourismus haben diese EU-Projekte innovative Ansätze zur nachhaltigen Tourismusentwicklung ermöglicht und dazu
beigetragen, gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen der Branche zu finden, wie veränderte Gästebedürfnisse, Klimawandel, Nachhaltigkeit, digitaler Wandel und Fachkräftemangel. (Beifall bei der ÖVP.)
In Vorbereitung der Rede habe ich mir einige dieser Projekte herausgesucht, beispielsweise Linking Alps: eine Verknüpfung von Reiseinformationsdiensten, womit Routings besser organisiert werden, der ÖV besser organisiert wird; oder Smart Altitude: Reduktion von CO2-Emissionen in den Wintertourismusregionen; TranStat: nachhaltige Entwicklung von Skigebieten und deren Siedlungsräumen; und gegen den Facharbeitermangel: Attraktiver Tourismus – Arbeitgeberattraktivität und Imagebildung des Tourismus als Arbeitgeber. Es gibt in dieser Broschüre (in die Höhe haltend) noch viele andere.
Was für den alpinen Raum gilt, gilt in diesem Fall natürlich auch für den Donauraum, wo Millionen Mitteleuropäer in 14 Nachbarstaaten leben und wo Österreich ab 1. November für die EU-Strategie für den Donauraum den Vorsitz übernimmt. Ich denke, wir können da auch vieles an Positivem beitragen, und die Übertragung an die Stadt Wien ist, glaube ich, eine Verwaltungsvereinfachung.
Ich wünsche Ihnen allen nunmehr noch stimmungsvolle Adventtage. Die Wintersportgebiete sind in einem hervorragenden Zustand. Die Pisten sind gewalzt, die Tische sind gedeckt. – Frohe Weihnachten! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schwarz und Loacker.)
22.31
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Feichtinger. – Bitte.
Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der vorliegende Staatsvertrag ist eine Ergänzung zur Vereinbarung über die Fondsabwicklung
zwischen Bund und Ländern, die bereits beschlossen wurde. Diese Vereinbarung betrifft auch den landwirtschaftlichen Bereich. Dem stimmen wir natürlich zu.
Weil wir schon bei den Förderungen sind, kann ich nicht anders – es ist ja auch toll, dass der Landwirtschaftsminister zu solch später Stunde noch kommt –, als den Grünen Bericht noch einmal zu thematisieren. Wir haben ihn schon oft zitiert. Man hat da gesehen, dass große Agrarbetriebe aus den Fördertöpfen überdurchschnittlich unterstützt worden sind.
Die Einkommensschere zwischen der kleinteiligen und den großen Betrieben geht immer weiter auseinander. Das unterste Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe hat im Durchschnitt einen Verlust von 3 200 Euro, im Gegensatz dazu hat das oberste Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe ein Plus von rund 85 000 Euro Einkommen. Nebenerwerbslandwirte – das wissen wir auch, es wird im Grünen Bericht ganz klar gesagt – müssen mit etwas mehr als der Hälfte dieses Einkommens auskommen.
Ein neues Impulsprogramm soll ja die heimische Landwirtschaft wieder ankurbeln und stärken. Der Impuls aber, Herr Minister, soll wirklich in die richtige Richtung gehen. Es sollen diese Fördertöpfe fair und transparent verteilt werden. Ich habe es in verschiedenen Ausschüssen immer wieder erwähnt, das ist uns sehr, sehr wichtig.
360 Millionen Euro sind da im Topf. Das ist nicht wenig, und es ist wichtig, dass das bei den Menschen ankommt, vor allem bei denjenigen, die in der kleinteiligen Landwirtschaft tagtäglich schwer und hart arbeiten. Wir müssen ja auch schauen und es ist ja in unserem Interesse, dass wir diese Landwirtschaft erhalten, denn sie ist es, die unser Land gepflegt erhält und jeden Tag unsere guten Produkte produziert. Darüber sind wir auch sehr froh. (Beifall bei der SPÖ.)
Kurz und prägnant: Die Leistung der kleinteiligen Landwirtschaft müssen wir, auch als kleines Dankeschön an die Landwirte und Landwirtinnen entsprechend honorieren, sie sollen keinesfalls mit einem Minus aussteigen.
In diesem Sinne bitte ich Sie, Herr Minister: Schauen wir, dass wir diese Fördermittel fair, transparent und gleich aufteilen, speziell eben gerade im kleinteiligen landwirtschaftlichen Bereich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
22.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine kurze Wortmeldung kommt noch vom Herrn Minister. – Bitte.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Zur Debatte steht eine 15a-Vereinbarung, die für das Verwaltungskontrollsystem zur Abwicklung und Durchführung von Programmen aus dem Europäischen Regionalfonds notwendig ist.
EU-Kohäsionspolitik, was ist das? – Es geht darum, soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten in den europäischen Regionen auszugleichen. Ziel ist, dass der soziale und wirtschaftliche Zusammenhalt der Territorien mehr oder weniger gestärkt wird und dass unterschiedliche Entwicklungen verringert werden.
Die Finanzierung für diese Programme erfolgt aus dem Efre, aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, und aus dem Fonds für einen gerechten Übergang, dem Just-Transition-Fonds.
Für die Zielsetzung zur Erreichung dieser Kohäsionspolitiken werden zwei große Blöcke aufgelegt. Der erste ist das Thema Investitionen in Beschäftigung und Wachstum in den Mitgliedstaaten und Regionen. Dafür werden Mittel aus dem Efre und dem Fonds für einen gerechten Übergang zur Verfügung gestellt, insgesamt 600 Millionen Euro. National kommen da 300 Millionen Euro an
öffentlichem Geld dazu, plus noch einmal 900 Millionen privates Geld, das sind insgesamt
1,8 Milliarden Euro, die für diese Programme zur Verfügung stehen.
Die zweite große Schiene sind die Interreg-Programme, also Programme für die territoriale Zusammenarbeit in Europa. Mittel in der Höhe von 220 Millionen Euro stehen in der Periode zur Verfügung. Ich möchte da ein Beispiel für Interreg-Programme ansprechen – diese sind sehr wichtig, Abgeordneter Hörl hat das angesprochen –, Intesi nennt sich das. Das ist dazu da, um die Grundversorgung der Bevölkerung in abgelegenen Regionen zu unterstützen, vor allem in den Alpenländern. Da kann ich als Beispiel das Außerfern anführen. Man ermöglicht mit einer Kombination aus digitalen Diensten, mobiler Pflege und sozialer Betreuung alleinstehenden älteren Menschen, dass sie ein selbstbestimmtes Leben führen können – das sind also auch sehr soziale Projekte.
In diesem Zusammenhang die Regierungsvorlage, die nun zur Debatte steht: Die Abwicklung dieser Programme aus dem Europäischen Regionalfonds erfolgt auf Basis von 15a-Vereinbarungen, und unter anderem wird die Überprüfung der transnationalen Interreg-Projekte weitgehend über eine zentrale Prüfstelle erfolgen. Das erfolgt auf Basis dieser 15a-Vereinbarung, die im vergangenen Jahr beschlossen worden ist.
Eines dieser Projekte ist das Interact Office Vienna, das praktisch eine Austauschplattform für alle Interreg-Programme der 27 Mitgliedstaaten ist und eine effiziente Abwicklung unterstützt. Damit das in der neuen Förderperiode wie in der vergangenen Periode stattfinden kann, wird jetzt eine Abänderung der bestehenden 15a-Vereinbarung vorgeschlagen. Diese erfolgt auf Wunsch des Landes Wien und wird natürlich auch von uns unterstützt. Dementsprechend bitte ich um breite Unterstützung dieser Änderung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
22.37
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu später Stunde eine zugegebenermaßen etwas sperrige, trockene Materie. Meine Vorredner inklusive Minister Totschnig haben ja schon darüber berichtet. Das Interact-Programm ist wahrscheinlich der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt, nicht einmal EU-Freaks werden viel davon gehört haben, aber wir haben gehört, es ist eine Austauschplattform, die sich vor allem an jene Regionen wendet, die das Interreg-Programm anwenden.
Ich halte das Interreg-Programm für eine sehr kluge Einrichtung der Europäischen Union, weil es eben die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert. Aus meinem Heimatbundesland: Interreg Österreich-Ungarn, Österreich-Slowakei, Österreich-Slowenien hat es gegeben, und es ist auch in der heutigen Zeit sinnvoll, dass man grenzüberschreitend zusammenarbeitet. Die Aufgabe des Interact-Büros, das es eben in Wien gibt, ist, dass man sozusagen voneinander lernt, dass die Effizienz gesteigert wird, weil ja doch sehr viel Geld hineinfließt, dass Ergebnisse ermittelt werden, die anderen mitgeteilt werden, dass Best-Practice-Beispiele herausgearbeitet werden und man voneinander lernen soll.
Dieses Büro in Wien organisiert Seminare, Workshops, aber auch Beratungsleistungen, betreut Netzwerke, macht Datenbanken, das soll also nachvollziehbar sein. Man höre und staune: Über 1 000 Teilnehmer nehmen jährlich an den Seminaren teil, die von diesem Interact-Büro in Wien organisiert werden. Es gibt vier derartige Büros in Europa, eines eben in Wien, eines jeweils in Finnland, in Spanien und in Dänemark. Finanziert wird das aus dem Efre, aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, mit in etwa 10 Millionen Euro im heurigen Jahr, mit einem Kofinanzierungssatz von 85 Prozent. Es trägt daher auch zum Image von Wien und von Österreich
bei, dass hier derartige Koordinierungsfunktionen zusammenlaufen. Die Beratungsleistung wendet sich vor allem an Ministerien oder Verwaltungsorganisationen oder andere Einrichtungen, die da zusammenarbeiten.
Das Interreg-Programm, wie insgesamt die Regionalförderung, die bei Minister Totschnig ressortiert, trägt den neuen Anforderungen Rechnung: Es geht um Innovation, es geht um Klimaschutz, es geht um nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse, was sehr wichtig ist, gerade in der heutigen Zeit. Das Ergebnis bei der Weltklimakonferenz war jetzt nicht berauschend, aber mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, man muss wirklich Schritt für Schritt vorangehen, auch wenn wir uns größere Erfolge wünschen.
Da ich noch 24 Sekunden Redezeit habe, wünsche ich Ihnen eine geruhsame Nacht, ein gutes Nachhausekommen und für den morgigen Tag alles Gute. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bravoruf des Abg. Haubner.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (erheitert): Er hat mir das Schlusswort genommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, den Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 2385 der Beilagen zu genehmigen.
Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen, dem Außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 3659/A(E) eine Frist bis zum 15. Dezember zu setzen.
Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 3780/A(E) bis 3801/A(E) eingebracht worden sind.
Zuweisung eines Verlangens auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gemäß § 33 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich das Verlangen 8/US auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend (Unruhe im Saal) – ich darf noch kurz um Aufmerksamkeit bitten – „Aufklärung, ob öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden (,Rot-blauer Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss‘)“ dem Geschäftsordnungsausschuss zu.
Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.42 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 22.42 Uhr
|
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien
|